Fenestra prospectiva: Architektonisch inszenierte Ausblicke: Alberti, Palladio, Agucchi 9783110347630, 9783110347548

Built Vistas in the Early Modern Era Vistas across the land, the landscape, and the garden are a particular hallmark o

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German Pages 494 Year 2015

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort: Wie das Fenster zum Bild, der Rahmen zu Architektur wurde
I. Einlei tung: Bauten als Bildgeneratoren
Bauten als Dispositive des Blicks
Aufbau und Argumentation
Eine Vorschau auf die Ergebnisse
Forschungsstand
II. Ideale Orte: Das ‚Hügelthe ater‘ und wei tere traditionelle Topoi idealer Topographie
„Montes mali“ und „montes boni“: Zur Wahrnehmungsgeschichte der Berge
Ein locus classicus: Palladio über die Villa Rotonda und ihren Ort
Ortsbezug in den Theorien Vitruvs, Albertis, Palladios und Daniele Barbaros
Palladios kontextorientierte Architektur – weitere Beispiele
Der antike Topos des ‚Hügeltheaters ‘
Das ‚Hügeltheater‘ bei Plinius dem Jüngeren
Der Kosmos des Kolosseums: Martial und Plinius
Landschaftsbeschreibung und stoische Providentialgeographie bei Plinius d.J
Topische ‚Hügeltheater‘: Vitruv, Vergil, Strabon
Das Fortuna-Heiligtum in Palestrina und sein ‚Bergtheater‘
Exkurs: Kreis und Achsenkreuz. Ideale Orte im antiken Städtelob
Die ‚Hügeltheater‘ der römischen Landvermesser: Illustrationen des Corpus agrimensorum romanorum
Kreisf örmige Idealorte im Mittelalter
Kreisförmige Idealorte als locus amoenus
Mittelalterliche Weltkarten und Darstellungen Jerusalems
Von Jerusalem nach Tenochtitlán
Dantes Paradiso, Boccaccios Valle delle donne und ein Gemälde Botticinis: himmlische und irdische Amphitheater
Petrarcas Rundblicke
Das ‚Hügeltheater ‘ und die Inszenierung von Aussichten in Texten des Quattrocento
Leonardo Brunis Lob der Stadt Florenz: Nabel und Rundschild
Weitere ‚Hügeltheater‘ des Quattrocento: Guarini, Perotti, Filarete
Albertis Aussagen über Lage und Ausblick von Villen: usus, dignitas, voluptas
Das Theater als Weltmodell: Die Theaterszene aus Albertis Momus
Exkurs: Ideale Inseln I – Kythera
Bauten und Berge : Villen und ländliche Residenzen des Quattrocento
Die Villa Medici in Fiesole: die Domkuppel als Nabel
Die Villa von Poggio a Caiano und ihr ‚Hügeltheater‘
Pienza und der Monte Amiata
Exkurs: Tempel und templum in der Malerei – Perugino und Raphaels Sposalizio
Literarische Topoi und landschaftliche Topographie: Die Villa Rotonda und die Tradition ‚idealer Orte ‘ im Cinquecento
‚Ideale Orte‘ und ‚Hügeltheater‘ in Texten des 16. Jahrhunderts
Exkurs: Ideale Inseln II – Utopia
Venedig als kreisrunde Insel: Alvise Cornaros Pläne für die Umgestaltung der Lagune
Das Anfiteatro di verzura des Palazzo Pitti und theaterförmige Innenhöfe manieristischer Villen
Die Villa Rotonda und ihr Ort : Literarische Topik und landschaftliche Topographie
Der Grundriss von Palladios Villa Rotonda als Abbreviatur des ‚idealen Ortes‘
Exkurs: Die Villa Rotonda als Modell und Monade. Wittkowers Palladio-Deutung
Die Villa Rotonda und ihr Ort: der „monticello“ bei Vicenza
Die römische Ikonographie der Villa Rotonda: Roma quadrata
Die Villa Rotonda und ihr Auftraggeber
Topik und Topographie: Villa Rotonda, Rocca Pisana, Villa dei Vescovi
Die Villa dei Vescovi bei Luvigliano und ihr ‚Hügeltheater‘
Die Quadratur des Kreises: Alte Kosmographie und neue Ästhetik der ‚Landschaft‘
Die Villa Rotonda als Synthese innerer und äußerer Relationalität
Trissinos „Palladio“ beschreibt den Palast der Tugend
Modell und Belvedere: Zur Rezeption der Villa Rotonda
„The Breaking of the Circle “: Der Topos des Naturtheaters in der Krise
Giovanni Battista Agucchi über die Aussicht von der Villa Aldobrandini als „molto gran teatro“
Agucchis Lob der Grenze als Entgegnung auf Bruno und Galilei
Ein Rückblick aus der Gegen wart : Eric Owen Moss ’ Aronoff House (1992)
III. Inszenie rte Ausblicke und die fenestra prospectiva
Das offene Fenster : die fenestra prospectiva und das ungeteilt -recht winklige Fenster bei Alberti
Das Gemälde als „finestra aperta“ in De pictura und rechteckige Fenster in De re aedificatoria
Prospectus und fenestra prospectiva in der Antike
Ausblicksfenster in römischen Villenbeschreibungen
Lumen – aer – prospectus. Alberti und die juristische Tradition der fenestra prospectiva im römischen Recht
Alberti , Lukrez und die epikureische Optik
Epikureische Rahmenschau: die Renaissance der Kontingenz
Tag- und Nachtseite Albertis: „demonstratio diurna“ und „demonstratio nocturna“
„Distant views“: Lukrez, Valla und Alberti
Geöffnete Türen: „Ianua aperta“ als Dispositiv und Metapher
Fenestra cance llata : Frühes Christentum und Mittelalter
„Vana vista“: Die Entwertung des Fensterausblickes in Spätantike und Mittelalter
„Perspiciens per cancellos“: Die Hoheliedkommentare der Kirchenväter
Alberti und die mittelalterliche Tradition: Fenster, Schleier, Spiegel
Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento : Urbino , Bellini und Alberti
Die Entstehung der ungeteilt-rechtwinkligen Fensterrahmung all’antica in Italien um 1465
Die Ausblicksfenster des Giardino Pensile von Urbino
Die Genese der ungeteilt-rechtwinkligen Gemälderahmung all’antica
Das Rechteck als neue Form des Fensters
Inszenierte Ausblicke des Herzogspalastes von Urbino: usus, dignitas, voluptas
Bellinis Pala di Pesaro und die fenestrae prospectivae von Urbino
Albertis „finestra aperta“ und die fenestrae prospectivae von Urbino
Albertis „finestra aperta“ und seine Aussagen über die Architektur der Welt
Nach Alberti: Ausblicksfenster und velum
Architektonische Synthesen von Naturtheater und Fensterbild im Cinquecento
Rom: Stanza della Segnatura, Cortile di Belvedere, Villa Madama
Veneto: Die Villa Barbaro in Maser
Florenz: Palazzo Pitti
Neue Paradigmen des Blicks : Prospekt und Panorama
Prospekt und Blickachse: Michelangelos Planungen für den Palazzo Farnese und Vasaris Uffizien
Enfilade und Prospekt
Vogelschau, Fernsicht und Panorama vor 1500
Die Entdeckung des Horizonts: La Ferdinanda in Artimino und die Rocca Pisana bei Lonigo
Das ‚Schiefe Haus‘ von Bomarzo und seine Fenster – „De falso sensu“
Exkurs: Perspektivische Blickachsen und ‚Hügeltheater‘ in Versailles
Ein Rückblick aus der Gegen wart : Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)
IV. Fazit: Naturthe ater und Fensterbild
Naturtheater und Aussichtsfenster als Paradigmen inszenierter Aussichten der frühen Neuzeit
Exkurs: Rationalismus und Rahmenschau im 18. Jahrhundert
Anmerkungen
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 9783110347630, 9783110347548

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Gerd Blum

Fenestra prospectiva

Architektonisch inszenierte Ausblicke: Alberti, Palladio, Agucchi

Studien aus dem Warburg - Haus, Band 15

Herausgegeben von Uwe Fleckner Margit Kern Birgit Recki Bruno Reudenbach Cornelia Zumbusch

Gerd Blum

Fenestra prospectiva

Architektonisch inszenierte Ausblicke: Alberti, Palladio, Agucchi



Mit einem Vorwort von Kurt W. Forster

für Anne, die in den vergangenen Jahren manche Blicke geteilt hat

„Nihil dictum quin prius dictum“ Leon Battista Alberti [S. 209] nach Terenz

Dies ist (meines Wissens) das erste Buch, das sich hauptsächlich dem Thema der architek­ tonisch gerahmten und inszenierten Aussicht widmet. Für seine Gestaltung danke ich Petra Florath. Möge es dazu beitragen, dass nicht nur die Gebäude, sondern auch ihre Umgebungen er­ ­­halten werden.

Inhaltsübersicht

XV



Vorwort (Kurt W. Forster)

I.

EINLEITUNG: BAUTEN ALS BILDGENER ATOREN

 1

II.

IDEALE ORTE: Das ‚HÜGELTHEATER‘ UND weitere TR ADITIONELLE TOPOI IDEALER TOPOGR APHIE

31

III.

INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

155

IV.

FAZIT: NATURTHEATER UND FENSTERBILD

229



Anmerkungen

239



Texte von Alberti und Agucchi in Auszügen und Übersetzung

347



Abkürzungsverzeichnis

357



Literaturverzeichnis

359



Namensregister

451



Abbildungsnachweise

457



Dank

465



INHALTSVER ZEICHNIS



Vorwort:



Wie das Fenster zum Bild, der Rahmen zu Architektur wurde (Kurt W. Forster)

XV

I. Einleitung: Bauten als Bildgeneratoren

Bauten als Dispositive des Blicks

1



Auf bau und Argumentation

14



Eine Vorschau auf die Ergebnisse

26



Forschungsstand

26

II. Ideale Orte: Das ‚Hügeltheater‘ und weitere traditionelle Topoi idealer Topographie

„Montes mali“ und „montes boni“: Zur Wahrnehmungsgeschichte der Berge

31



Ein locus classicus: Palladio über die Villa Rotonda und ihren Ort

32



Ortsbezug in den Theorien Vitruvs, Albertis, Palladios und Daniele Barbaros

36



Palladios kontextorientierte Architektur – weitere Beispiele

40



Der antike Topos des ‚Hügeltheaters‘

43



Das ‚Hügeltheater‘ bei Plinius dem Jüngeren

44



Der Kosmos des Kolosseums: Martial und Plinius

45



Landschaftsbeschreibung und stoische Providentialgeographie bei Plinius d.J.

47



Topische ‚Hügeltheater‘: Vitruv, Vergil, Strabon

48



Das Fortuna-Heiligtum in Palestrina und sein ‚Bergtheater‘

53



Exkurs: Kreis und Achsenkreuz. Ideale Orte im antiken Städtelob

57



Die ‚Hügeltheater‘ der römischen Landvermesser: Illustrationen des Corpus agrimensorum romanorum

58



Kreisförmige Idealorte im Mittelalter

62



Kreisförmige Idealorte als locus amoenus

62



Mittelalterliche Weltkarten und Darstellungen Jerusalems

63



Von Jerusalem nach Tenochtitlán

63



Dantes Paradiso, Boccaccios Valle delle donne und ein Gemälde Botticinis: himmlische und irdische Amphitheater

66



Petrarcas Rundblicke

67



Das ‚Hügeltheater‘ und die Inszenierung von Aussichten in Texten des Quattrocento

69



Leonardo Brunis Lob der Stadt Florenz: Nabel und Rundschild

69



Weitere ‚Hügeltheater‘ des Quattrocento: Guarini, Perotti, Filarete

71



Albertis Aussagen über Lage und Ausblick von Villen: usus, dignitas, voluptas

74



Das Theater als Weltmodell: Die Theaterszene aus Albertis Momus

81



Exkurs: Ideale Inseln I – Kythera

83



Bauten und Berge: Villen und l ändliche Residenzen des Quattrocento

84



Die Villa Medici in Fiesole: die Domkuppel als Nabel

84



Die Villa von Poggio a Caiano und ihr ‚Hügeltheater‘

87



Pienza und der Monte Amiata

93



Exkurs: Tempel und templum in der Malerei – Perugino und Raphaels Sposalizio

95



Literarische Topoi und landschaftliche Topographie: Die Villa Rotonda und die Tradition ‚idealer Orte‘ im Cinquecento

87



‚Ideale Orte‘ und ‚Hügeltheater‘ in Texten des 16. Jahrhunderts

97



Exkurs: Ideale Inseln II – Utopia

100



Venedig als kreisrunde Insel: Alvise Cornaros Pläne für die Umgestaltung der Lagune

102



Das Anfiteatro di verzura des Palazzo Pitti und theaterförmige Innenhöfe 103 manieristischer Villen



Die Villa Rotonda und ihr Ort: Literarische Topik und landschaftliche Topographie

106

Der Grundriss von Palladios Villa Rotonda als Abbreviatur des ‚idealen Ortes‘

106

Exkurs: Die Villa Rotonda als Modell und Monade. Wittkowers Palladio-Deutung

110



Die Villa Rotonda und ihr Ort: der „monticello“ bei Vicenza

112



Die römische Ikonographie der Villa Rotonda: Roma quadrata

116



Die Villa Rotonda und ihr Auftraggeber

118



Topik und Topographie: Villa Rotonda, Rocca Pisana, Villa dei Vescovi

119



Die Villa dei Vescovi bei Luvigliano und ihr ‚Hügeltheater‘

120



Die Quadratur des Kreises: Alte Kosmographie und neue Ästhetik der ‚Landschaft‘

122



Die Villa Rotonda als Synthese innerer und äußerer Relationalität

124



Trissinos „Palladio“ beschreibt den Palast der Tugend

126



Modell und Belvedere: Zur Rezeption der Villa Rotonda

127



„The Breaking of the Circle“: Der Topos des Naturtheaters in der Krise

135

Giovanni Battista Agucchi über die Aussicht von der Villa Aldobrandini als „molto gran teatro“

136



Agucchis Lob der Grenze als Entgegnung auf Bruno und Galilei

141



Ein Rückblick aus der Gegenwart: Eric Owen Moss’ Aronoff House (1992)

148





III. Inszenierte Ausblicke und die fenestra prospectiva Das offene Fenster: die fenestra prospectiva und das ungeteilt-recht winklige Fenster bei Alberti

155

Das Gemälde als „finestra aperta“ in De pictura und rechteckige Fenster in De re aedificatoria

156

Prospectus und fenestra prospectiva in der Antike

157

Ausblicksfenster in römischen Villenbeschreibungen

157

Lumen – aer – prospectus. Alberti und die juristische Tradition der fenestra prospectiva im römischen Recht

158



Alberti, Lukrez und die epikureische Optik

161



Epikureische Rahmenschau: die Renaissance der Kontingenz

161



Tag- und Nachtseite Albertis: „demonstratio diurna“ und „demonstratio nocturna“

162



„Distant views“: Lukrez, Valla und Alberti

164



Geöffnete Türen: „Ianua aperta“ als Dispositiv und Metapher

166



Fenestra cancellata: Frühes Christentum und Mittelalter 168



„Vana vista“: Die Entwertung des Fensterausblickes in Spätantike und Mittelalter

168



„Perspiciens per cancellos“: Die Hoheliedkommentare der Kirchenväter

171



Alberti und die mittelalterliche Tradition: Fenster, Schleier, Spiegel

176



Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

178

Die Entstehung der ungeteilt-rechtwinkligen Fensterrahmung all’antica in Italien um 1465

178



Die Ausblicksfenster des Giardino Pensile von Urbino

181



Die Genese der ungeteilt-rechtwinkligen Gemälderahmung all’antica

186



Das Rechteck als neue Form des Fensters

190



Inszenierte Ausblicke des Herzogspalastes von Urbino: usus, dignitas, voluptas

195









Bellinis Pala di Pesaro und die fenestrae prospectivae von Urbino

200



Albertis „finestra aperta“ und die fenestrae prospectivae von Urbino

201



Albertis „finestra aperta“ und seine Aussagen über die Architektur der Welt

203



Nach Alberti: Ausblicksfenster und velum

205



Architektonische Synthesen von Naturtheater und Fensterbild im Cinquecento

206



Rom: Stanza della Segnatura, Cortile di Belvedere, Villa Madama

207



Veneto: Die Villa Barbaro in Maser

208



Florenz: Palazzo Pitti

209



Neue Paradigmen des Blicks: Prospekt und Panorama

209



Prospekt und Blickachse: Michelangelos Planungen für den Palazzo Farnese und Vasaris Uffizien

210



Enfilade und Prospekt

212



Vogelschau, Fernsicht und Panorama vor 1500

214



Die Entdeckung des Horizonts: La Ferdinanda in Artimino und die Rocca Pisana bei Lonigo

216



Das ‚Schiefe Haus‘ von Bomarzo und seine Fenster – „De falso sensu“

218



Exkurs: Perspektivische Blickachsen und ‚Hügeltheater‘ in Versailles

219



Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)

221

IV. Fa zit: Naturtheater und Fensterbild Naturtheater und Aussichtsfenster als Paradigmen inszenierter Aussichten der frühen Neuzeit

229



Exkurs: Rationalismus und Rahmenschau im 18. Jahrhundert

235



Anmerkungen

239



Anhang

Texte von Alberti und Agucchi in Auszügen und Übersetzung

347

Appendix 1: Leon Battista Alberti, Profugiorum ab aerumna libri (1441/43), Liber III, Auszug und Übersetzung

347

Appendix 2: Giovanni Battista Agucchi, Relatione della Villa Belvedere (1611), Auszug und Übersetzung

352



Abkürzungsverzeichnis

357



Literaturverzeichnis

359



Namensregister

451



Verzeichnis der Abbildungen und Abbildungsnachweise

457



Dank

465



Vorwort: Wie da s Fenster zum Bild, der R ahmen zu Architektur wurde von Kurt W. Forster

In westlichen Kulturen dienen Fenster nicht nur zur Aufhellung von Innenräumen, man trägt sie im eigenen Kopf wie ein Passepartout herum und schaut durch sie ins Wei­ te wie ins Innere. Selbst Kameras und Mobiltelefone, nicht zu reden von Computerpro­ grammen wie Windows, haben unsere Augen längst auf ihre Bildfenster verpflichtet, derweil sich der Wunsch nach dreidimensionalen Wiedergaben nur durch technische Gaukelei erfüllen lässt. Dennoch erinnert die simulierte Tiefe in 3D-Filmen daran, dass Bilder es nicht nur erlauben, in eine Welt hinauszublicken, sondern, dass uns aus dieser Welt auch etwas ins Haus flattern kann. Kaum ein anderes Moment visueller Darstellung erinnert so krass an die Doppelrolle des Fensters wie die provokante Technologie dreidi­ mensionaler Kinematografie, weil sie die Leinwand als Fenster bestätigt, aber auch in den Zu­­schauerraum hinein öffnet. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich bescheidene Öffnungen in den Wänden schritt­ weise erweitert, vervielfacht und zu Fensterreihen verbunden, bis endlich Glasscheiben die Wand selbst verdrängten. Bei uneingeschränkter Durchsicht bilden nur noch Boden und Decke einen Horizont und mit der einen oder anderen Stütze gelegentlich einen Behelfsrahmen. Nun sieht die Welt anders aus als je zuvor. Denn Fenster verbinden ja nicht nur innen und außen, sie teilen auch das Blickfeld in Ausschnitte und fassen diese wiederum zu Sichtflächen zusammen. Trotz der architektur- wie kulturgeschichtlichen Bedeutung des Fensters mit Aussicht wurde bisher der Entstehung und Ausgestaltung des absichtlich gebauten Aussichtsfensters keine monographische Studie gewidmet.1 Gerd Blum legt nun ein Buch vor, das zunächst antike Diskurse über inszenierte Aus­ sichten beleuchtet, bevor es ihre ausgeklügelte Anlage in der italienischen Renaissance­ architektur analysiert. War in der römischen Antike das Land ein Territorium, kartiert nach festem Maß, dem Reisenden durch jene Lande ein Endlosband mit Stationen und Distanzpunkten, 2 so stellt das Gelände sich ein Jahrtausend später zunehmend als Bild dar. Als Bild mit Eigenmaß und Richtung, als Sicht auf die Außenwelt und Einsicht in Gehäuse. Die erzählende freie Anordnung einzelner Orte und Episoden – jede nur Aus­ schnitt aus einem unausgesprochenen Ganzen – hatte sich nun einer konstruierten Per­

XV  |  Vorwort

spektive unterzuordnen. Sie entwöhnte das Auge vom schweifenden Blick und richtete es auf ein Ziel aus, hielt fest und dichtete die Sicht von der uferlosen Weite und Tiefe ab. Statt das Pergament als Miniatur der Erdoberfläche zu begreifen, nimmt die Bildf läche aus Holz oder Leinwand in der Renaissance eine Doppelnatur an: einerseits scheint sie ganz und gar transparent, so dass man ins Bild hineinschauen kann, andererseits wird sie zur abstrakten Fläche, auf welcher die geometrische Konstruktion der Perspektive beruht. Ähnliche Vorstellungen liegen auch den neuartigen Fenstern der Renaissance zugrunde. Erst dank eines Rahmens befestigt sich das Fenster nach innen wie nach außen: entsprechend tritt es aus der Wand hervor, sei es durch seine steinerne Fassung, sei es durch seinen Maßstab. Die Rahmung des Fensters bleibt dabei stets zweideutig, einmal Element der Fassade, einmal Öffnung eines Innenraums. Mit anderen Worten, nichts verbindet ein Gebäude mit seiner Lage und ihrem Charakter in so vieldeutiger Weise wie seine Fenster. Und zwar gerade weil es seine Fenster sind, und weil die nähere und fernere Umgebung allein durch sie in ein ersichtliches Verhältnis zum Gebäudein­ nern treten kann. Zeig mir Deine Fenster und ich weiß, in welcher Lage Du Dich befindest: sind es Schießscharten, Dachluken oder französische Balkonfenster? Welche Aussicht bieten sie und wie können sie verschlossen und befestigt werden? Sind auch gemalte Fenster unter den wirklichen, damit der Takt der Öffnungen gewahrt scheint, sind manche klein und in die Zwischengeschosse versetzt, weil sie ein Treppenhaus belichten? An den beiden Fassaden, die den Vorplatz des Montefeltro-Palastes in Urbino säumen, treten die monu­ mental gerahmten Fenster des Obergeschosses mit den hohen Portalen des Erdgeschos­ ses in eine alternierende Ordnung und bekräftigen die rhythmische Dominanz der Öff­ nungen. Ihre rechteckige marmorne Fassung ist einzigartig, gibt es doch in ganz Florenz damals kein vergleichbares Beispiel, wie Blum herausarbeitet. Der Palast des Feldherrn könnte nicht ziviler und einladender auftreten, als setzten seine Portale lediglich Schwel­ len in einen durchgehend freien Stadtraum, der, gemäß zeitgenössischer Berichte, Fürst und Bürgern gemeinsam war. 3 Wenn Fenster erst einmal zu wirklichen Baugegenständen – d.h. skulptural selbstän­ dig und typologisch kennzeichnend – geworden sind, wie wir es seit der Renaissance bei jedem stattlichen Gebäude erwarten, schaffen sie nicht nur helle Räume und erfüllen damit eine der folgenreichsten Erwartungen der Neuzeit. Fenster stellen vor allem ein Bild dessen her, was jenseits von ihnen liegt. Gottfried Kellers Vers über „Augen, meine lieben Fensterlein,“ deren Wimpern sich an die Schönheit dieser Welt heften, verinner­ licht den Weg von außen nach innen, ein Übergang, der nicht auf eine Schwelle verzichten kann. 4 Fenster bilden eine solche Schwelle, eine selbständig ausgeprägte Durchgangszo­ ne, in welcher hölzerne Flügel, gläserne Flächen und feine Gewebe eine Rolle als Ver­ schluss und Filter spielen. Fenster sind also zugleich ein wunder Punkt der Gebäude und ein charakteristischer Zug ihrer Erscheinung. Auch darin nochmals zweigesichtig und doppelseitig, vor allem aber zwiespältig, denn sie gefährden letztlich die Integrität des

XVI  |  Kurt W. Forster

Bauwerks, derweil sie seine Identität bekräftigen. Man erkennt Gebäude oft an ihren Fen­ stern, doch in den meisten Fällen bleibt einem die Aussicht durch sie versagt. An diesem kritischen Unterschied setzt Gerd Blum an und verfolgt zum ersten Mal die langen Wege, auf denen sich unsere Vorstellung einer Aussicht aus Gebäuden herausgebildet hat. Blum beginnt mit einer fundierten Darstellung des idealtypischen Ortes für Bauten, der in der antiken Literatur im Motiv des ‚Hügeltheaters‘ fassbar wird und auf verzweig­ ten Wegen der Überlieferung immer wieder neu Beachtung fand. Kein Zweifel, dass die­ se Vorstellungen in der Renaissance neu formuliert, geschärft und umgedeutet wurden und bis heute, wenn auch oft unabsichtlich, nachwirken. Weil bestimmte antike Vorstel­ lungen der Lage eines Gebäudes und seiner Beziehung zur Umgebung sich in die kollek­ tive Erinnerung eingesenkt haben, gelingt es Blum, das Verhältnis von Betrachter und Landschaft, von Innen und Außen, auf Schritt und Tritt neu auszuloten. Er greift dabei über den engeren Kreis architektonischer Quellen hinaus und zieht antike Schriften zur Erdkunde und Vermessungskunst in Betracht. Selbst altbekannten Bauwerken gewinnt er überraschend neue Einsichten ab. Insbesondere die Polarität von Naturtheater und künstlich gerahmter Ansicht der Umgebung, die den Ausblick zur Richtschnur der Gebäu­ deorientierung macht, leitet Blum aus agrimensorischen Quellen und den Territorialvor­ stellungen der römischen Antike ab. Er verfährt dabei systematisch, ohne in Pedanterie zu verfallen oder literarische Herleitung mit historischer Wirkung zu verwechseln. Die Feldvermessung, wie auch Rechtspraxis und monetäre Ökonomie, zählte zu den Voraus­ setzungen antikrömischer Zivilisation. Sie wieder anwenden und ihre geometrischen Verfahren beherrschen zu lernen war eine Errungenschaft des 15. Jahrhunderts. Selbst­ verständlich waren Kataster und Landkarten auch unverzichtbare Voraussetzungen für jene spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staaten Italiens, die schwunghaften Handel entwickelten und ihre Politik auf Territorialherrschaft abstützten. Gerd Blum wählt zwei schlagende Beispiele, den Palast der Montefeltro in Urbino und die Villa Rotonda bei Vicenza. Ersteres, um den Bildcharakter der neuen Fensterfor­ men eines Zeitalters zu belegen, das mit der komplexen Geometrie des perspektivischen Bildauf baus und der Kuppel von Santa Maria del Fiore begann, das um 1470 eine freiste­ hende Wand in die hängenden Gärten des Herzogspalastes von Urbino stellte, und im 16. Jahrhundert dann der Villa einen wahren Kult widmete. In perspektivisch konzipier­ ten Bildern fallen Aussicht ins Land und Einsicht ins Bild ineinander. In zahlreichen Vil­ lengebäuden verschränken sich Land, Landschaft und Landschaftsbild miteinander, nicht zuletzt um der villeggiatura jenen Status zu sichern, der sich seit eh nicht nur durch Landbesitz legitimiert. Piero della Francescas Doppelbildnis des Herzogs von Urbino und seiner Gemahlin (Florenz, Galleria degli Uffizi) ist in einer Art Doppelfenster gefasst, stellt das Paar dem Betrachter im Profil gegenüber, lässt jedoch den Blick die herzoglichen Lande überfliegen (Abb. 1). Den Ruhm Federicos als Stratege und Technologe des Krieges zelebrieren die Steintafeln am Sockel des Palastes und die Intarsien seiner Studierstube. Sein Studiolo

XVII  |  Vorwort

1  Piero della Francesca, Doppelbildnis des Federico da Montefeltro und seiner Gemahlin Battista Sforza, Vor­ derseite eines doppelseitigen Diptychons mit rückseitiger Bemalung, wohl nach 1472, Tempera auf Holz, je Tafel 47 × 33 cm, Florenz, Galleria degli Uffizi

ähnelt einem Gehäuse für Hieronymus, ist aber reichlich mit Instrumenten sowohl des Krieges als auch der Künste ausgestattet. 5 Auch eine Aussicht findet sich unter den Intar­ sien der Ostwand des Studiolo (Abb. 122), ähnlich denjenigen, die man durch die Fenster des Palastes und im Hintergrund von Pieros Herrscherportraits erblickt. 6 Das Studiolo kommuniziert mit den Privatgemächern und der Aussichts-Loggia durch Türen, die sich mit ihrer Intarsienverkleidung nahtlos in die Innenausstattung fügen und die Kammer hermetisch schließen. Nur ein einziges Landschaftsbild, zudem durch das Proszenium einer Loggia gefasst, erinnert im Studiolo an die herrliche Aussicht ins Land, wie sie sich nur wenige Schritte entfernt aus der Aedicula der Palastloggia darbietet (Abb. 124–126). Dank der Inszenierung gerahmter Landschaftsbilder im Innern des Palstes und seiner monumental gefassten architektonischen Aussichten aufs Umland potenziert sich das Gemälde Pieros mit der Vorstellung von Macht über eben dieses Land. Wo es jedoch in erster Linie um Entwicklung des Feldbaus, und bald um die Zucht von Seidenraupen und Mais geht, da werden Bewässerung, Transportwege und die Anlage

XVIII  |  Kurt W. Forster

angemessener Landvillen unentbehrlich. Die Architekten, die sich auf diesem schwieri­ gen Feld behaupteten, von Falconetto und Palladio bis Scamozzi, übertrugen die Vorbil­ der aus toskanischer Baupraxis in die Landschaft des Veneto, wo die Landhäuser ver­ mehrt nicht nur der Gutsverwaltung und öffentlichen Darstellung von Familienbesitz dienten, sondern mit Palladio einen Grad an typologischer Identität errangen, der sie für mehrere Jahrhunderte und auch für nordeuropäische Kulturen zu Vor- und Leitbildern bestimmen sollte. Die innige Verbindung zwischen Landbau und Landschaft, zwischen Typologie und Territorium kennzeichnet selbstredend auch deren Architektur. Und zwar nicht nur ihre Ausrichtung auf markante Geländeformen und auf ferner liegende Orientierungspunkte, sondern auch in ihrem Kern. Die wenigen erhaltenen Handskizzen Palladios verdeutlichen auf unmissverständliche Weise, wie sich der Architekt seine Gebäude vorstellte. 7 Anzeichen dafür finden sich auch noch in den Holzschnitten seiner Vier Bücher von 1570, aber die Skizzen sprechen eine deutlichere Sprache, deutete doch Palladio jedes Fenster und jede Tür mit kurzen Doppelstrichen an, die, unseren Gänse­ füsschen ähnlich, Linien durchkreuzen, welche Mauern meinen. Eine erste Skizze von 1547 zu Verbesserungen eines Landhauses, die sein Notar und Freund Vincenzo Arnaldi erbat, beruht auf der axialen Ausrichtung von Türen und Fenstern, einer Praxis, der man auf Entwürfen Palladios immer wieder begegnet (Abb. 2). Bei den Doppelstrichen ist stets mit bedacht, dass sie in Achse zu anderen Öffnungen stehen, so dass man sagen darf, dass Palladio prinzipiell nicht von den Mauern ausging (und ihnen eine entspre­

2  Andrea Palladio, Entwurfskizze für die Villa Arnaldi in Meledo Alto, 1547–1548, Vicenza, Biblioteca Civica Bertoliana, Ms. Gonzati, 28.1.4 (= Ms. 471), fol. 12 verso (Lewis 2000, Kat. Nr. 69 C)

XIX  |  Vorwort

chende Stärke zugeschrieben hätte), sondern im Gegenteil Türen und Fenster als die kon­ stitutiven Bauelemente im Sinne hatte. Deshalb werden alle Öffnungen stets aufeinan­ der bezogen und die Raummaße unter Ausschluss der Mauerstärke kalkuliert. Die Räume eines Gebäudes dieser Art sind als kommunizierende Gefäße konzipiert, die von Achsen durchschossen und daher mit ihren Türen und Fenstern ganz auf die Kontinuität des Geländes ausgerichtet sind. Wie weit man dabei in der Deutung solcher Zusammen­ hänge gehen will, ob man sie in abstrakte, ja geradezu kosmologische Dimensionen rückt – wie Rudolf Wittkower sie vermutete – oder sich auf agrimensorische und landwirtschaft­ liche Realitäten beruft, sei dahingestellt. Wenn dann, wie Gerd Blum bei der Villa Roton­da und anderswo nachzuweisen vermag, die ausgewählten Ansichten der Land­ schaft sich nach Himmelsrichtung und kulturgeografischen Zusammenhängen stark unterscheiden, bereichern sich die geometrischen Verfahren des Entwurfs durch ihre Ausrichtung auf Ausblicke, die er erstmals in ihrer Bedeutung ausgewertet hat. Anhand des Montefeltro-Palastes in Urbino und Palladios Villa Rotonda demons­ triert Blum in augenfälliger Weise seine methodischen Absichten. Türen und Fenstern wachsen hier Doppelrollen als Durchlass und Aussichtsrahmen zu, die in der Neuigkeit der „fenestra prospectiva“ gipfelt. Indem Fenster und Türen usu et visu miteinander kor­ respondieren, stellen sie auch den jeweiligen Zusammenhang zwischen innerer und äußerer Welt her. Blum verfolgt die philosophischen Quellen Albertis bei Lukrez und entfaltet ihre Wandlungen seit der Renaissance, als das antik-epikureische Bewusstsein der Kontingenz und Unendlichkeit mit frühneuzeitlichen Vorstellungen des geordneten Kosmos in Konflikt geriet. Indem er diese philosophischen und theologischen Tangen­ ten an konkrete Bauwerke legt und sie gegen die architektonische Praxis und Theorie ausspielt, eröffnen seine Argumente ihrerseits ein theatrum memoriae. Mit seiner Ein­ schätzung eines Theoretikers wie Giovanni Battista Agucchi macht Blum diese Kon­ flikte nicht nur theoretisch greif bar, sondern lässt uns auch die divergierenden Tenden­ zen erkennen, die fortan die innere Stimmigkeit eines Bauwerks (als Modell und Monade, wie Blum formuliert) mit seiner Eingliederung in die Wirklichkeit (als Belvedere) zu ver­ söhnen versuchen.

XX  |  Kurt W. Forster

I. EINLEITUNG : Bauten al s Bildgener atoren

Bauten als Dispositive des Blicks „Da man von jeder Seite wunderschöne Ausblicke genießt, worunter einige die nahe Umgebung erfassen, andere wiederum weiter reichen und wieder andere erst am Horizont enden, so hat man an allen vier Seiten Loggien errichtet […].“1 Dieses Zitat ist der kurzen Beschreibung entnommen, die Andrea Palladio auf einer Doppelseite der Quattro Libri einer graphischen Darstellung der von ihm entworfenen Villa Almerico-Capra, der sogenannten Villa Rotonda, gegenübergestellt hat (Abb. 3). Das Gebäude gilt bereits seit dem späten 18. Jahrhundert als gebauter Inbegriff, als para­ digmatisches Modell der Architekturauffassung Palladios. 2 Es wurde – vermutlich ab 15663 – als Landhaus für den pensionierten Kleriker Paolo Almerico auf einem flachen Hügel in unmittelbarer Nähe der seit über hundertfünfzig Jahren venezianischen Stadt Vicenza errichtet, zwischen einer weiten Ebene und nahe gelegenen Anhöhen, den Colli Berici (Abb. 4–6). Antike architektonische Vorbilder, wie sie bereits früh benannt worden sind,4 wer­ den in diesem kurzen Text Palladios ebenso wenig angesprochen wie die proportionale Stimmigkeit und innere Logik dieses profanen Zentralbaus, welche die Forschung besonders im letzten Jahrhundert beschäftigt haben. Hervorgehoben wird vielmehr sei­ ne allseitige Öffnung nach außen, auf die besonderen Aussichten, die sich vom gewähl­ ten Ort, von jenem berühmten „monticello“ bei Vicenza aus bieten. Wichtig: Palladio leitet die architektonische Gestalt der Rotonda ursächlich aus ihrer topographischen Lage ab. Sein eingangs zitierter Kausalsatz wird durch eine Beschreibung eben dieser Umgebung des Gebäudes vorbereitet: „Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann. Das Haus liegt auf einem leicht ansteigenden Hügel, der auf der einen Seite vom Bac­ chiglione, einem schiff baren Fluss, begrenzt wird und auf der anderen Seite von

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­ eiteren lieblichen Hügeln umgeben ist, die wie ein großes Theater wirken und alle w bestellt werden, reichlich Früchte sowie ausgezeichnete und gute Weinreben tragen. Da man von jeder Seite wunderschöne Ausblicke genießt, worunter einige die nahe Umgebung erfassen, andere wiederum weiter reichen und wieder andere erst am Horizont enden, so hat man an allen vier Seiten Loggien errichtet […].“5 Palladio charakterisiert die Umgebung der Villa als ein natürliches ‚Theater aus Hügeln‘. Er greift damit auf einen ursprünglich paganen Topos idealer Topographie zurück, der in der römischen Antike wichtiger Bestandteil von Stadt- und Villenbeschreibungen gewe­ sen war und der in Architekturbeschreibungen der italienischen Renaissance häufig auf­ gegriffen wurde. Die Bedeutung dieser überkommenen Topik des ‚Hügeltheaters‘ für die Situierung prominenter Villenbauten im Italien der Frühen Neuzeit wird in der vorlie­

3  Andrea Palladio, Doppelseite aus den Quattro Libri (id., I quattro libri dell’Architettura, Venedig 1570, Lib. II, Cap. III, S. 18 f.)

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genden Studie im Kontext weiterer Topoi des idealen Ortes für die Gründung einer Stadt oder das Grundstück eines Gebäudes rekonstruiert. Darüber hinaus bezieht sich Palladio auf ein weiteres Thema antiker Villenbeschrei­ bungen: den architektonisch gerahmten Ausblick – den durch architektonische Einfas­ sungen inszenierten prospectus auf die landschaftliche Umgebung des herrschaftlichen Landhauses, der über Türen und Ausblicksfenster, über Loggien und Terrassen erschlos­ sen wird. In der vorliegenden Studie wird die Geschichte der Inszenierung architekto­ nisch festgelegter und gerahmter Aussichten auf die Landschaft für die Profanarchitek­ tur der italienischen Renaissance dargestellt, und zwar vor dem Hintergrund der antiken Topoi und Traditionen von idealen Orten und inszenierten Ausblicken, die in diesem Buch nur insofern eingehend beleuchtet werden sollen, als sie zu Beginn der frühen Neuzeit in Italien breit rezipiert worden sind.

4   Andrea Palladio, Villa Almerico-Capra, „La Rotonda“, bei Vicenza, Luftaufnahme

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Bereits im ersten nachchristlichen Jahrhundert ist darüber reflektiert worden, wie Bauten den Anblick ihrer Umgebung, den Ausblick auf ihr ländliches oder städtisches Umfeld als Bild inszenieren können. 6 Mit der Markierung und jeweiligen Festlegung von Aussichtspunkten und mittels der architektonischen Rahmung von Ausblicken ermög­ lichen und inszenieren Bauten architektonisch eingefasste ‚Bilder‘, die nicht materiell fixiert sind, sondern im Auge des Betrachters entstehen. 7 Bauten, die Ausblicke insze­ nieren, können daher gleichsam als Bildgeneratoren begriffen werden. 8 Robin Evans und Wolfgang Kemp haben Bauten wegweisend als Bezugsrahmen von lebensweltlichen Praktiken, von Bewegungen und Handlungen ihrer Bewohner und Besucher und nicht zuletzt auch von Wahrnehmungs- und Sehweisen analysiert. Gebäu­ de können in dieser rezeptionsästhetischen Tradition als architektonische Ermöglichun­ gen und Rahmungen von Handlungen und Wahrnehmungen verstanden werden. 9 In der vorliegenden Studie werden Aussichtsfenster und architektonische ‚Schauöffnungen‘ wie Loggien und Balkone in diesem Sinne als architektonische ‚Dispositive des Blicks‘ aufgefasst. Denn nicht erst apparative optische Dispositive wie Fernrohr, Teleskop und

5  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Vicenza, Ansicht im topographischen Kontext (vor 1968)

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6  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Vicenza, Ansicht im topographischen Kontext (um 1960) nach historischem Glasdia

Camera obscura sind bildgenerierende Medien, die Seheindrücke eröffnen, die ohne die­ se Apparate nicht möglich geworden wären. Bereits Fenster und Türen waren und sind Dispositive des Blicks, sind basale Blickapparate. Ausdrücklich auf Ausblicke orientiert und kunstvoll gerahmt, werden sie seit 1460–1470 zu anspruchsvollen Bildmedien der neuzeitlichen Architektur. Das rechteckige ‚Fenster mit Aussicht‘ ist uns so selbstver­ ständlich geworden, dass die Erfindung des modernen, ungeteilt-rechtwinkligen Aus­ sichtsfensters nach Vorgaben der Malerei und römischer Villenbeschreibungen um 1470 und seine höchst voraussetzungsreiche historische Genese vergessen wurde. Basale architektonische ‚Medien‘ der visuellen Wahrnehmung und der Sichtbarmachung des – ländlichen oder städtischen – Außenraumes sind, so meine These, neben Fenstern und Türen auch andere den Ausblick ermöglichende Öffnungs-Rahmungen und MikroArchitekturen der frühneuzeitlichen Profanarchitektur wie Loggien, Balkone und (Dach-)Terrassen. Die vorliegende Arbeit beruft sich zugleich auf eine literatur- und kulturwissen­ schaftliche Tradition von ‚Rahmen-Diskursen‘ seit Gregory Bateson, Erving Goffman

7a–b  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ausblick von der Nordwest-Loggia auf die Colli Berici (1999) 8a–b  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussichten aus der Südost-Loggia auf die Ebene (1999)

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und Marvin Minsky.10 „Sichtbar gemacht werden soll“ – mit Martina Wagner-Egelhaaf zu sprechen – in meiner Studie die „üblicherweise unsichtbar bleibende Figur des Rah­ mens selbst“,11 wobei hier nicht vor allem gemalte und gezeichnete, sondern gebaute Öffnungen und ihre Aussichten im Zentrum stehen. Der von Michel Foucault begründete Begriff des ‚Dispositivs‘ wiederum wird hier in jener bild- und mediengeschichtlichen Eingrenzung gebraucht, den er erst in der Rezeption der Schriften Foucaults erfahren hat, den aber bereits Foucaults eigene Analyse des Panopticons Jeremy Benthams nahe­ legt.12 In dieser neueren Verwendung des Begriffs, der ich mich anschließe, werden etwa das bereits von Foucault analysierte Panopticon oder aber optische Medien wie Mikro­ skop und Stereoskop als ‚Dispositive des Blicks‘, d. h. als nicht-diskursive Ermöglichun­ gen und Rahmungen von Praktiken der Sichtbarkeit verstanden.13 In diesem Sinn sind gemalte Fenster bereits als „Dispositive“ der Wahrnehmung innerbildlich dargestellter Figuren gedeutet worden.14 Foucault hatte den Begriff des Dispositivs in einem erstmals 1977 veröffentlichten Gespräch zunächst anders, nämlich als „Netz“ („réseau“)15 definiert, das sich zwi­ schen diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken, zwischen Institutionen und „archi­ tekturale[n] Einrichtungen“16 aufspanne und das zugleich Machtverhältnisse fundiere.17 Aus der Perspektive jener kulturwissenschaftlichen Diskussionen der vergangenen Jahrzehnte wiederum, die um den Begriff des framing kreisen,18 lässt sich der − in der vor­ liegenden Studie rekonstruierte − hohe Stellenwert von Ortsbezug und Ausblicks­ inszenierung für die Profanarchitektur der italienischen Renaissance unter folgenden methodischen Voraussetzungen analysieren: Die Wahl des Ortes, die Ausrichtung eines Gebäudes sowie die Gestaltung seiner architektonischen Öffnungen beeinflussen die Wahrnehmung der Außenwelt.19 Dabei werden bestimmte Aspekte des umgebenden Territoriums und des Gartens in den Blick gerückt, andere werden ausgeblendet. Der gerahmte Ausblick kann − als „gebautes Bild“20 − als architektonische Interpretation von Natur gedeutet werden. Er ist Ausdruck wie auch Agens geschichtlich sich wandelnder Wahrnehmungen und Auslegungen des Verhältnisses von Natur und Kultur. Rahmen ( frames) sind in einem metaphorischen Verständnis der Begriffe frame und framing gewöhnlich unhinterfragte, unbewusst wirksame diskursive Vorgaben von Wahrnehmung und Weltanschauung. So haben etwa aus der Antike überkommene, nicht erst seit Petrarca fortgeschriebene Topoi der literarischen Beschreibung von natur­ belassenen und landwirtschaftlich kultivierten Orten und Aussichten als literarische ‚Rahmungen‘ von Seh- und Sichtweisen den Architekten und Auftraggebern der Renais­ sance die Augen geöffnet für solche Qualitäten von empirischen Bauplätzen und ihrer topographischen Umgebung, die etwa den Topoi des locus amoenus, des ‚Hügelthea­ ters‘, der herrschaftlichen Überschau entsprachen. Gleichzeitig jedoch haben diese lite­ rarischen Traditionen jene Aspekten des Territoriums, die solchen Topoi nicht ent- oder sogar widersprachen der Wahrnehmung weitgehend entzogen, so die erst in den kom­ menden Jahrhunderten gewürdigte ‚wilde und erhabene Natur‘ der Gebirge oder jene

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‚pittoresken‘ Qualitäten etwa der Campagna di Roma, die noch in Giovanni Battista Agucchis Beschreibung der Aussichten von der Villa Aldobrandini über Frascati, die am Ende des zweiten Kapitels behandelt wird, keinerlei Rolle spielen. Das historisch sich verändernde mentale framework der Wahrnehmung von Land und Landschaft wurde in der jüngeren Forschung mehrfach erörtert. 21 Die sich wandeln­ den Modi der visuellen Wahrnehmung von Landschaft im Sinne einer ‚Geschichte des Sehens‘ zu rekonstruieren, ist – für die römische und besonders die pompeianische Wand­ malerei, für literarische Zeugnisse des spätrepublikanischen und kaiserzeitlichen Rom sowie hinsichtlich des um 1900 so genannten antiken ‚Naturgefühls‘ – bereits seit dem späten 19. Jahrhundert versucht worden. 22 Dies geschah allerdings oftmals in einer vor­ eiligen Gleichsetzung geschichtlicher und jeweils gegenwärtiger Wahrnehmungsmuster. Die wahrnehmungspsychologischen Forschungen des 20. Jahrhunderts und deren Erkenntnisse zur „Phänomenologie der Wahrnehmung“ haben aufgezeigt, dass das vol­ le Angebot von Sichtbarkeit immer nur partiell, in wechselnden Aspekten wahrgenom­ men und repräsentiert werden kann. 23 Dass solche unterschiedlichen Aspekte zu unter­ schiedlichen Zeiten ‚realisiert‘ werden, haben Hermeneutik und Rezeptionsästhetik bzw. Rezeptionsgeschichte herausgearbeitet. 24 Architektur ist für eine Geschichte des Sehens von besonderem Interesse, da sie diskursive frameworks des Wahrnehmens und Handelns in einem konkret sicht- und greif baren ‚Rahmen‘ der Wahrnehmung und in einem konkret betret- und erfahrbaren Bezugsrahmen des Handelns und der Performanz materialisiert, teils aber auch antizipiert. Architektur wurde, wie oben bereits bemerkt, seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts als Ermöglichung von Praktiken und Wahrnehmungen thematisiert. 25 Mit Bezug auf Fensterrahmungen, Loggien und andere architektonisch gerahmte „Schauöffnungen“ der Ausblicksinszenierung ist die verbrei­ tete Rede von einem kulturellen framework des Blicks bezugnehmend auf architekto­ nische Öffnungen einmal durchaus wörtlich zu nehmen. 26 Architektur ist in diesem Verständnis ein Dispositiv der visuellen Wahrnehmung und performativer Handlun­ gen, ihre sehr unterschiedlich gestalteten Öffnungen ermöglichen und ‚eröffnen‘ sehr unterschiedliche Sichten auf die Umgebung. Jedoch weichen heutige Konzeptionen des Verhältnisses von Architektur und Natur und heutige Sehweisen auf Land und Landschaft von denen der Renaissance stark ab, so dass die Rekonstruktion damaliger Wahrnehmungs- und Interpretationsweisen von Ausblicken in der vorliegenden Studie einen zentralen Stellenwert einnimmt. Häufig ist immerhin die Topographie, welche die erörterten Bauten umgibt, in ihren Grundzügen erhalten geblieben. 27 Dies verdankt sich nicht zuletzt dem − jedoch zunehmend bedroh­ ten − italienischen Denkmal- und Landschaftsschutz, der sich im Falle prominenter Bau­ werke nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf die landschaftliche Umgebung im Sichtfeld des Gebäudes erstreckt – so im Fall des Palazzo Ducale in Urbino und bis vor kurzem der Villa Rotonda Palladios. Wenn auch die Umgebung der Bauten öfter recht gut bewahrt werden konnte, so werden für die historische Rekonstruktion der Konzeption

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und Wahrnehmung architektonisch eröffneter Aussichten in der italienischen Renais­ sance bislang nicht zusammengeführte Forschungsergebnisse aus der Literatur-, Rechtsund Architekturgeschichte, aus der Geschichte von Malerei und Kunsttheorie, aus der Geschichte der Kartographie und Geographie herangezogen. Hinsichtlich des Ortsbezugs und der Ausblicksinszenierung bietet die Profanarchi­ tektur der italienischen Renaissance im Unterschied zur Architektur des alten Ägyp­ ten 28 und der griechischen Antike29 (hier fehlen Schriftquellen zum Thema fast gänz­ lich) und im Unterschied zur Architektur der römischen Antike (hier sind die Bauten und ihr Umraum zumeist sehr stark verändert) die Möglichkeit, solche Bauten zu behan­ deln, die drei Voraussetzungen erfüllen: Sie sind gut erhalten, ihre Umgebung ist nicht selten recht authentisch konserviert, und sie sind in zeitgenössischen Texten beschrie­ ben worden. Die komparative Behandlung von Bauten und ihren Beschreibungen, von empirischer Topographie und literarischer Topik ist ein Grundzug des hier gewählten methodischen Vorgehens. Die Konzepte des ‚Dispositivs‘ und des ‚framing‘ waren der Frühen Neuzeit selbst­ verständlich unbekannt; sehr wohl jedoch waren Auftraggebern und Architekten des italienischen 15. Jahrhundert solche antike Texte zugänglich, in denen architektonisch inszenierte Ausblicke und Aussichtsfenster in ihrer Funktion für die Rahmung von Bli­ cken und damit für die Erzeugung von ‚Bildern‘ von Gärten, bebautem Land und unbe­ bauter ‚Natur‘ auf einem hohen Reflexionsniveau beschrieben werden. Der Vergleich der Ansicht einer Gegend mit einem Gemälde (oder auch einer Land­ karte) wurde in Texten der römischen Antike bereits explizit vollzogen. Für die frühneu­ zeitliche Geschichte des inszenierten Ausblicks waren Villenbeschreibungen des jünge­ ren Plinius und von Statius, die um 100 n. Chr. architektonisch gerahmte Aussichten ausdrücklich und ausführlich beschrieben oder auch erdichtet haben, von zentraler Bedeu­ tung. 30 Der einzige erhaltene Architekturtraktat der Antike, Vitruvs De architectura, bereits um 33 bis 22 v. Chr. abgefasst, handelt hingegen kaum von architektonisch defi­ nierten Aussichten. 31 Auftraggeber, Architekten und Autoren der Renaissance fanden innerhalb des antiken Schrifttums dennoch in den genannten Architekturbeschreibun­ gen von Plinius und Statius, darüber hinaus innerhalb der weit verzweigten ekphrasti­ schen Tradition der Beschreibung von Architektur, und insgesamt innerhalb der – in der vorliegenden Studie ausführlich erschlossenen – antiken Tradition der Beschreibung idea­ ler Orte zwei besonders wirkmächtige Topoi des Ortsbezugs von Architektur vor: die M e t a p h e r d e s ‚ H ü g e l t h e a t e r s ‘ 3 2 und das M o t i v d e s b i l d h a f t g e r a h m t e n F e n s t e r a u s b l i c k e s , d e s ‚ F e n s t e r b i l d e s ‘ sozusagen. Das idealtypische Territori­ um einer Villa wird in der antiken Literatur nämlich zum einen als Theater aus Anhöhen beschrieben, zum anderen als eine durch Portiken, Fenster oder Türen – durch architek­ tonisch gerahmte Öffnungen – erschlossene, bildhafte Aussicht. Dies gilt sowohl für die Beschreibung faktischer (Topographia) als auch die Erdichtung fiktionaler Orte (Topothesia). 33

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Erstgenannter Topos beschreibt das Territorium des Gebäudes als Bau (als Theater), letzterer als Bild. ‚Hügeltheater‘ und ‚Fensterbild‘ figurieren auch in den Schriftquellen der italienischen Renaissance als die beiden Leitmetaphern, mit denen Aussichten von der Architektur auf ihre ländliche Umgebung beschrieben worden sind. Im Zentrum der modernen Architekturforschung stand lange das aus seinem kon­ kreten topographischen Umfeld isolierte Bauwerk – ganz im Unterschied zur traditio­ nellen Architekturbeschreibung und Architekturtheorie, in denen das Umfeld des Bau­ werks ausführlich erörtert worden war. 34 Unter den Vorzeichen der philosophischen Ästhetik des 18. und 19. Jahrhunderts wurden bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus die ‚Hauptwerke‘ der ‚Baukunst‘ der Renaissance stil- und strukturanalytisch als in sich vollendete, autonome Kunstwerke analysiert. Unter den Paradigmen von His­ torismus und Hermeneutik wurden sie hinsichtlich ihrer Genese (anhand von Quellen und Zeichnungen) analysiert. Neuere Forschungen situieren die herrschaftlichen Resi­ denzbauten und Villen der Frühen Neuzeit stärker in ihrem sozialgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Umfeld. 35 Bisher wurde jedoch selten berücksichtigt, dass Archi­ tektur ihre konkrete Umgebung durch die Wahl des Ortes und durch die architekto­ nische Eröffnung und Rahmung von Aussichten interpretiert. 36 Bereits in der römischen Antike ist der Ortsbezug von Gebäuden und Städten aus­ drücklich benannt worden. Für die Architektur der italienischen Renaissance, vor allem für herrschaftliche Villen und fürstliche Residenzen, sind dabei zwei bereits angespro­ chene Motive der antiken Überlieferung, vor allem aus Schriften römischer Autoren, von zentraler Bedeutung: Erstens die Topoi des idealen Ortes als ‚Hügeltheater‘ und die häu­ fig mit diesen Topoi verbundene, ältere Konzeption des Bauwerks als Zentrum und Nabel (umbilicus37) einer als kreisförmig beschriebenen Region und ihrer vier Himmels­ richtungen. Diese antike Topik idealer Orte wird im zweiten Kapitel der vorliegenden Studie insbesondere im Hinblick auf die Platzierung von Villen vorgestellt. Die frühneu­ zeitliche Rezeption dieser antiken Topoi idealer Orte in Texten, in Bildern und in der Architektur des Quattro- und Cinquecento erfährt damit erstmalig eine zusammenhän­ gende Darstellung. Zweitens wird die architektonische Umsetzung jener antiken Texte rekonstruiert, die den Ausblick auf Landschaft und das Aussichtsfenster behandeln. Villenbeschrei­ bungen, die seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert entstanden, enthalten Aus­ sagen über Ausblicksfenster ( fenestrae prospectivae 38) – mithin über Fenster, die weni­ ger als Lichtöffnung dienen, sondern vielmehr auf einen bestimmten Ausblick hin konzipiert sind. In antiken literarischen Schilderungen römischer Landhäuser, zunächst bei Statius und wenig später bei dem wesentlich breiter rezipierten jüngeren Plinius, werden Ausblicke auf Landschaft und Garten sogar als bestimmendes Merkmal von Architektur angeführt. Wie sich prominente Villenbauten und Villenbeschreibungen der Renaissance hinsichtlich der baulichen Realisierung und der literarischen Inszenie­ rung von Aussichten auf beide Autoren und vor allem auf Plinius d. J. beziehen, soll im

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9  „Werkstatt von 1473“, Die Heilung des sechsjährigen Mädchens durch den Hl. Bernhard von Siena, Tempera auf Holz, 78,5 × 56,5 cm, Perugia, Galleria Nazionale dell’Umbria, Inv. 223

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Rückgriff auf die bereits geleisteten Forschungen zur Rezeption beider Schriftsteller im Überblick dargestellt werden. Die jüngere Forschung hat die Bedeutung antiker Villenbeschreibungen für die Ent­ stehung und die Konzeption des architektonisch gerahmten Ausblicks im Quattro- und Cinquecento im Hinblick auf einzelne Bauwerke und Bauaufgaben erörtert. Was letztere angeht, so ist hier besonders die vorzügliche Studie von Jutta Allekotte zum Bautypus der Loggia zu nennen. 39 Dass jedoch Ortsbezug und Öffnung auf das Territorium, auf Land und Landschaft (um einen modernen Begriff zu verwenden, der sich erst seit dem 16. Jahrhundert auszuprägen beginnt) 40 nicht bloß beiläufige, sondern bestimmende Merkmale bedeutender Profanbauten der italienischen Renaissance sind, ist bisher nicht dargestellt worden. Dies gilt für die Villenarchitektur, aber auch für einzelne Palastbauten der italie­ nischen Renaissance, die als herrschaftliche Residenzen genutzt wurden, besonders in Pienza und Urbino. Der hohe Stellenwert inszenierter Aussichten für die Konzeption und Rezeption profaner Bauten wird in einer Fülle von Texten der Frühen Neuzeit in Ita­ lien bezeugt, die teils von prominenten Protagonisten der italienischen Renaissance­ architektur − etwa von Leon Battista Alberti, Filarete, Pius II. (Enea Silvio Piccolomini), Raphael, Giorgio Vasari, Andrea Palladio – abgefasst wurden, aber bisher in ihrer Trag­ weite hinsichtlich des hier zu untersuchenden Themas unterschätzt wurden. Wie zwi­ schen dem Bauwerk und seiner landschaftlichen Umgebung seit der Mitte des Quattro­ cento durch die Wahl des Bauplatzes und durch die Gestaltung architektonischer Öffnungen vielfältige Blickbezüge gestiftet werden, wird jedoch in einer ganzen Reihe zeitgenössischer Texte zur Sprache gebracht. Diese Öffnung der Bauten auf ihre Umgebung hin geschah offenbar in der Absicht, aus der Antike überlieferte und im Mittelalter teils fortgeschriebene Topoi des ‚idealen Ortes‘ in der tatsächlichen Topographie aufzufinden und sichtbar zu machen. Zugleich wurde die neue Ästhetik des als „finestra aperta“41 − als offenes beziehungsweise geöffnetes Fenster – definierten albertianischen Gemäldes auf die Wahrnehmung architektonisch gerahmter Aussichten übertragen. Bereits Petrarca knüpfte an antike Traditionen des genießenden Schauens auf weite Gegenden und auf die Schönheiten des Geländes außerhalb der Stadt an.42 Im Quattro­ cento bildete sich dann eine spezifisch neuzeitliche kulturelle Praxis genießender (später ‚ästhetischer‘) Wahrnehmung von „Natur als Landschaft“ heraus,43 die auch außerhalb der kunsthistorischen Forschung ein Gegenstand einschlägiger kulturwissenschaftli­ cher Kontroversen war44 und die umstritten geblieben ist.45 Bei Alberti und anderen Architekturschriftstellern der Renaissance steht sie unter dem epikureischen Vorzei­ chen der voluptas (also der Lust und des Vergnügens), welche die Kirchenväter und theo­ logischen Autoritäten des Mittelalters verworfen hatten. „Sola videndi cupiditate ductus“46 hat Petrarca nach eigener Aussage den Mont Ventoux bestiegen. Dieser „nur durch das Begehren zu schauen“ geleitete Blick auf die Schönheiten des Geländes war zuvor als

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10  Giovanni Bellini, Marienkrönung für S. Francesco in Pesaro, Pesaro, Museo Civico, ab 1475, Öl auf Holz, Maße der Tafel: 262 × 240 cm. Mit originalem Rahmen und mit ursprünglich aufgesetzter Beweinung Christi (Pinacoteca Vaticana) während Ausstellung 1988

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11  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, eines der Fenster von innen (Zustand des Jahres 1999)

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schiere Augenlust (cupiditas oculorum) abgewertet worden, und noch zur Zeit der Abfassung von Petrarcas Brief, im mittleren Trecento, galt in Florenz der Ausblick aus einer Klosterzelle in einen weiträumigen Garten als eine „troppa vana vista“, also als eine viel zu „eitle“ Angelegenheit.47 Die Aufwertung des Fensterausblicks zeigt sich auch darin, dass eine Vielzahl von Gemälden der Renaissance architektonisch gerahmte Ausblicke auf Land und Landschaft 48 zeigen, die gelegentlich wie ein ‚Bild im Bild‘ präsentiert werden (Abb. 9–10). 49 Welche Rolle dieses neue Interesse an der Sichtbarkeit der damals sog. ‚sublunaren‘ Natur für die gebaute Architektur spielte, wurde bislang nur in Einzelfällen untersucht. Dabei lässt sich an prominenten Profanbauten der italienischen Renaissance häufig noch heute empirisch nachvollziehen, dass Ausblicke auf Landschaft bewusst konzipiert wor­ den sind. Da diese architektonisch inszenierten Aussichten auch in Texten aus der Ent­ stehungszeit der hier analysierten Gebäude ausdrücklich thematisiert werden, sind sie der kunsthistorischen Forschung in weitaus höherem Maße zugänglich als etwa die Aus­ blicke von antiken griechischen Tempeln, über die, wie bereits bemerkt, keine Textzeug­ nisse vorliegen. 50 Auch Seh- und Sichtweisen, die durch die sich wandelnden Formen architektonischer Öffnungen teils architektonisch ‚realisiert’, teils allererst begründet werden, kommen in diesen Texten zur Sprache. Zeitgenössische bildliche Darstellungen der Aussichten der besprochenen Gebäude sind nicht überliefert, aber immerhin sind für einige dieser Gebäude zeitgenössische Landschaftsveduten mit scheinarchitektonischen gerahmten Ausblicken entstanden, man denke nur an Urbino und an die Villa von Maser. Architektonisch inszenierte und malerisch illusionierte Aussichten treten hier jeweils in eine absichtsvoll reflektierte Wechselbeziehung. Aufbau und Argumentation Entwicklungslinien und Wandlungen von Ortsbezug und Ausblickinszenierung in der italienischen Villenarchitektur zwischen Frührenaissance und Manierismus sollen vor dem Hintergrund einer systematischen Präsentation und einer gezielt getroffenen Auswahl architekturtheoretischer, ekphrastischer, literarischer, geographischer Quel­ len und von kartographischen und kunsthistorischen Bildzeugnissen sichtbar gemacht werden. Trotz der Vielzahl der herangezogenen, häufig aus Sicht des Kunsthistorikers eher entlegen publizierten Quellen argumentiert die vorliegende Studie problemorien­ tiert und exemplarisch. Ein enzyklopädischer Anspruch kann und soll nicht verfolgt werden. Das zweite Kapitel der vorliegenden Studie behandelt den Topos des ‚Hügeltheaters‘ als einen zentralen Topos idealer Topographie und des idealen Ortes eines Gebäudes oder einer Stadt während der italienischen Renaissance. Der Topos des ‚Hügeltheaters‘ wird innerhalb eines komplexen Gewebes kulturhistorischer Zeugnisse der Antike, des Mittelalters und der frühen Neuzeit rekonstruiert. Dies geschieht im Hinblick auf litera­

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rische und bildliche Zeugnisse. Im Anschluss daran soll die Bedeutung dieses Topos des idealen Ortes für die konkrete topographische Verortung und die architektonische Gestalt bedeutender profaner Bauten der italienischen Renaissance, insbesondere von Villen in der Toskana, in den Marken, in Latium und im Veneto aufgezeigt werden. Gegen­ stand der Analyse sind vor allem solche Gebäude und ihr Gelände, zu denen sich zeitge­ nössische Beschreibungen oder andere zeitgenössische Schriftquellen aus ihrer Entste­ hungszeit erhalten haben. Denn nur so können die damalige Beschaffenheit des jeweiligen topographischen Kontextes und die Intentionen und Rezeptionsweisen bezüglich archi­ tektonisch inszenierter Aussichten seitens ihrer Auftraggeber, Architekten und Besu­ cher historisch-philologisch rekonstruiert und mit den Eindrücken und Ergebnissen des Besuchs der Bauwerke in ihrem heutigen Kontext abgeglichen werden. Behandelt wer­ den in diesem Kapitel zunächst jene Medici-Villen des Quattrocento im Umfeld von Florenz, welche antike und mittelalterliche Topoi des ‚idealen Ortes‘ früh und folgen­ reich aktualisieren, außerdem der Palazzo Piccolomini in Pienza und schließlich aus­ gewählte Villen des Veneto aus dem Cinquecento, insbesondere Palladios. Im Mittel­ punkt steht hier Palladios sog. Villa Rotonda bei Vicenza, deren Ortsbezug innerhalb ihres architektur- und kulturgeschichtlichen Kontextes – ausgehend von Palladios Be­ schreibung in den Quattro Libri – analysiert wird. Im letzten Teil des zweiten Kapitels werden maßgebliche Leitlinien der Wirkungs­ geschichte des Topos vom idealen Ort als ‚natürlichem Theater‘ bis um 1600 herausgear­ beitet. Am Ende steht eine ausführliche Analyse der um 1600 errichteten Villa Aldo­ brandini „di Belvedere“ in Frascati und insbesondere ihrer umfangreichen Beschreibung durch Giovanni Battista Agucchi aus dem Jahr 1611. Dieser Gelehrte und Kunsttheo­ retiker, der mit Galileo Galilei über astronomische und kosmologische Fragen korres­ pondierte, deutet den Topos des ‚Theaters aus Anhöhen‘ providentialgeographisch aus. Er wendet sich zugleich mit einem Lob der Grenze, das er in einer ungewöhnlich aus­ führlichen Beschreibung des Ausblickes von der Villa entfaltet, gegen die neue Kosmolo­ gie unendlicher Welten, wie sie Giordano Bruno, der während der Bauzeit der Villa, im Jahr 1600, in Rom unter dem Pontifikat des Onkels des Auftraggebers verbrannt wurde, vertreten hatte. Bezüglich einerseits des Fortwirkens des auch im Mittelalter tradierten Topos des ‚Naturtheaters‘, das im zweiten Kapitel erörtert wird, und andererseits der Ausbildung des gegenüber dem Mittelalter weitgehend neuen Motivs des modernen Aussichtsfensters, das im folgenden, dritten Kapitel analysiert wird, soll für das Cinquecento eine ‚Gleich­ zeitigkeit des Ungleichzeitigen‘ herausgearbeitet werden. Was zunächst das fünfzehnte Jahrhundert anlangt, so ist der Topos des kreisförmi­ gen Idealortes bereits zu Anfang des Jahrhunderts in einem frühhumanistischen Text greifbar, während das ungeteilt-rechtwinklige Aussichtsfenster erst später bei Alberti zum Thema wird: Im Jahr 140451 hatte Leonardo Bruni in seinem Lob der Stadt Florenz die traditionelle Topik des zentrierten und kreisförmigen idealen Ortes in das Bewusstsein

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des Humanismus gehoben. Bruni beschreibt die Lage und die nähere und weitere Umge­ bung von Florenz als providentielle Architektur einer kunstfertigen Natura, als kreisför­ migen ‚Bau‘ der Natur gewissermaßen. 52 Erst dreißig Jahre danach entstand, ebenfalls in Florenz, unter dem Eindruck von Werken des frühen Donatello und Masaccios, Albertis neue Konzeption des perspektivischen Bildes und der fenestra prospectiva, welche – wie im Hinblick auf seine Lukrez-Rezeption in der vorliegenden Studie ausgeführt wird – mit einer Weltsicht einhergeht, die gerade nicht die Providenz des Weltgeschehens, son­ dern dessen Kontingenz in den Fokus rückt. 53 Beide Konzeptionen sind konzeptuell konträr, sie koexistieren jedoch bis um 1600. Doch zurück zur Reihenfolge meiner Argumente: Mit der Entstehung des Ausblicks­ fensters im Quattrocento und der Entwicklung des neuzeitlichen ‚Fensters mit Aus­ blick‘ beschäftigt sich das dritte Kapitel. Im Jahr 1435 definierte Leon Battista Alberti erstmals das neue, zentralperspektivisch konstruierte Gemälde als Illusion des Blickes aus einem offenen Fenster, einer ungeteilt-rechteckigen „finestra aperta“. 54 Für unsere Gegenwart ist eine solche Definition des Bildes ebenso selbstverständlich geworden wie das genussvolle Schauen aus ungeteilt-rechtwinkligen ‚Fenstern mit Aussicht’. 55 Für das frühe Quattrocento bedeutete diese Definition jedoch etwas grundlegend Neues. Aus zwei Gründen: (1) Zuvor war der Blick aus dem Fenster mit einem Bild gleichgesetzt worden, nicht aber umgekehrt das Bild mit dem Blick durch ein offenes Fenster. (2) Vor allem besaßen weder anspruchsvolle Gemälde- noch Fensterrahmungen des frühen Quattrocento eine ungeteilt-rechteckige Form; die Fenster waren vielmehr ungeteiltrundbogig oder als Biforienfenster beziehungsweise als drei- und mehrbahnige Öffnun­ gen mit rund- oder spitzbogigem Abschluss ausgebildet. Albertis Definition des Gemäldes als „offenes Fenster“ und, um mit einem Terminus des römischen Rechts zu sprechen, als „fenestra prospectiva“56 beziehungsweise als per­ spektivisch konstruierter Fensterausblick motivierte – zusammen mit der Rezeption der erwähnten antiken Villenbeschreibungen – die Herausbildung des neuzeitlichen Aus­ blicksfensters innerhalb der gebauten Architektur. Die erstmalige architektonische Rea­ lisierung rechteckiger Ausblicksfenster am Palazzo Ducale zu Urbino, einem Hauptwerk der Renaissance-Architektur, das Federico da Montefeltro seit den frühen sechziger ­Jahren des Quattrocento erbauen ließ, steht im Zentrum dieses dritten Kapitels (vgl. Abb. 11–12). In ihm wird die Genese des neuen, rechteckigen Ausblicksfensters, das uns heute völlig geläufig ist, um 1450 jedoch eine Novität gewesen ist, ausführlich dar­ gestellt. Alberti formulierte in De re aedificatoria außerdem eine Systematik architekto­ nisch inszenierter Ausblicke, die – so soll gezeigt werden – in Urbino umgesetzt wurde. Das neuzeitliche, ungeteilt-rechtwinklige Ausblickfenster, das sich mit Beginn des Cinquecento als selbstverständlicher Bestandteil moderner Profanarchitektur durch­ zusetzen beginnt (Abb. 11), erweist sich als Dispositiv einer spezifisch neuzeitlichen Wahrnehmung der Wirklichkeit als eines gerahmten ‚Bildes‘. Das ungeteilt rechtwink­ lige Ausblicksfenster ist ein basales, inzwischen völlig selbstverständliches, aber im spä­

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ten 15. Jahrhundert neues optisches Medium, das eine bildhafte Wahrnehmung der sichtbaren Wirklichkeit ermöglicht. Die auf Ausblicke geöffnete „finestra aperta“ der Neuzeit wurde zuerst in der Malereitheorie Albertis thematisiert, b e v o r sie in den Architekturdiskurs einging. Landschaftsausblicke durch Fenster wurden außerdem in der Malerei dargestellt, b e v o r sie seit den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts dann auch architektonisch realisiert wurden. 57 Es ist heute selbstverständlich, dass Fenster ungeteilt und rechtwinklig sind, und dass sie im Idealfall eine schöne Aussicht eröffnen. Aber das ungeteilt-rechtwinklige Fenster verbreitet sich im Süden in anspruchsvollen Wohnbauten erst nach 1460. So wundert es nicht, wie deutlich Alberti sowohl in der lateinischen als auch der italie­ nischen Fassung seines Architekturtraktates von 1435/36 betonte, dass das neue Gemäl­ de den Blick aus einem rechteckigen Fenster vorstellen solle. Denn der Satz Albertis über das Bild als Fenster war zur Zeit seiner Niederschrift doppelt unvertraut und neu. Nicht nur wurde der Genuss und das Vergnügen durch die Aussicht aus Fenstern erst wenig später in Texten von florentinischen Patriziern und Humanisten gewürdigt; die Fenster der repräsentativen Räumlichkeiten der Florentiner Familienpaläste waren auch keines­ wegs ungeteilt rechtwinklig. Sie waren zumeist von doppelten Rundbogen bekrönt und es war ein dekoratives Säulchen in sie eingestellt. Klarsichtiges Fensterglas war auch noch nicht erfunden; ölgetränktes Papier, Butzen und Holzladen regulierten die Sicht. Aber just im Jahr 1435 hatten die Kanoniker der kürzlich und im neuen antikisieren­ den Stil errichteten Kirche von San Lorenzo die Installation ungeteilt-rechtwinkliger Altargemälde vorgeschrieben, ohne spitzbogige, reich ornamentierte Aufsätze, sondern in antikischer, rechteckiger Renaissance-Rahmung. Einer der ersten Maler dieser Altäre,

12  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, eines der Fenster von innen (Zustand des Jahres 1999)

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Fra Filippo Lippi, hatte diese Vorgabe noch nicht richtig verstanden und eine zweigeteil­ te, von vorgeblendeten Rundbögen in Gestalt des traditionellen Fensters gerahmte Sze­ ne in die antikische Rechteck-Rahmung eingeführt. 58 Alberti selbst (oder Bernardo Rossellino) hatte die Fenster seines für den reichen Bankier Giovanni Ruccelai errichte­ ten Palastes nicht ungeteilt rechtwinklig bauen dürfen, obwohl er dies in seinem Archi­ tekturtraktat eigentlich vorgeschrieben hatte. Lediglich Brunelleschi baute in sein Wai­ senhaus, einen Gründungsbau der neuen Architektur der rinascita, einige rechteckige Fenster ein, alle anderen anspruchsvollen Profanbauten von Florenz öffneten sich zu Albertis Zeit noch mit rundbogigen Fenstern nach außen. Zuerst in der Malerei, ab ca. 1430, aber erst wesentlich später in der gebauten Archi­ tektur, beginnt sich die ungeteilt-rechtwinklige Rahmenform des Fensters und des Fensterbildes zu verbreiten – bereits um 1500 war sie allerdings auch in der Architektur selbstverständlich geworden. In der Malerei war aber bereits um 1450 das ungeteilt

Abb. 13  Die Ausgrenzung des römischen templum im Auguralritus. Schema­ zeichung von Werner Müller (1961)

rechtwinklige Gemälde und die antikische Rahmung mit zwei Pilastern, die ein Gebälk­ stück tragen, verbreitet. Auch zeigen die innerbildlich dargestellten Architekturen vieler Gemälde (und auch Reliefs) dieser Zeit antikisch-rechtwinklige Fenster: als Erfindung aus der Vergangenheit der Antike, die in der Welt bildnerischer Illusionen dargestellt, aber in der wirklich Welt noch keineswegs gebaut wurde. Das neue monoszenische Bild, das einen Ausblick auf die Ferne zu eröffnen scheint, wurde seit 1460 zum Leitmedium auch der neuzeitlichen Architektur und zum Modell des gebauten Ausblicksfensters. Die Auffassung hingegen, dass die ideale Topographie einer Villa als ein von Natur aus regelmäßiger Kreis oder Halbkreis aus Anhöhen anzusehen bzw. auszuwählen sei, geht auf sehr frühe religiöse Vorstellungen zurück – insbesondere auf das alte etruskische und römische Konzept des templum. Dieser Begriff meinte zunächst nicht nur die Beob­ achtungshütte der Vogelschauer und Priester (der Augurn), sondern auch und besonders das geheiligte Sichtfeld des Tempels, den Beobachtungskreis der Augurn, 59 wie es die

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Renaissance aus Varro, Livius, Plutarch und anderen Autoren kannte (vgl. Abb.  13).60 „Tempel“ bzw. „tempio“ wird im Lateinischen hingegen u. a. mit „aedes“ bezeichnet. Bereits in re­publikanischer Zeit wurde dieses Konzept des templum mit der topographi­ schen Situation eines ‚Theaters‘ aus Anhöhen verbunden. Ein solches ‚natürliches Thea­ ter‘ zeigte der Ausblick aus dem römischen Tempel-Heiligtum der Fortuna Primigenia in Praeneste (dem heutigen Palestrina in Latium) auf dessen templum (Abb. 14, 33, 35). Bis­ her wurde nicht beachtet, dass nicht nur die baulichen Überreste, sondern auch der Aus­ blick auf ein weitgespanntes Theater aus Anhöhen, den dieses Sanktuarium bzw. dessen Ruinen boten und bieten, in der italienischen Renaissance rezipiert worden ist. Das Theater aus Hügeln und Bergen als altes, in einem noch ausführlich zu erörternden Vil­ lenbrief des jüngeren Plinius und durch Vitruv kanonisiertes Paradigma idealer Topo­ graphie, als exemplarischer ‚Bau der Natur‘ auch im Mittelalter tradiert, ist bis um 1600

14  Palestrina (Praeneste), Ausblick von der Treppenexedra des Fortuna-Heiligtums auf die von den Volskerund Albanerbergen umschlossene Ebene (1999)

weit verbreitet. Der Topos des ‚Hügeltheaters‘ impliziert die Konzeption einer bereits vor den Eingriffen des Menschen aus sich heraus geordneten ‚Architektur der Natur‘. Er wird häufig mit aristotelischen und platonischen Vorstellungen einer natura artificiosa, einer künstlerisch tätigen und kunstvoll geordneten Natur verbunden. Das Ausblicksfenster hingegen inszeniert den Anblick von Garten und Natur zu einem gerahmten Bild. Das Ausblicksfenster wird in der römischen Literatur wie auch in der Renaissance mit epiku­ reischen Motiven – vornehmlich dem der Augenlust (voluptas oculorum) – verbunden. Die Natur wird hier im Rückgriff auf Epikur und Lukrez als ­kontingent, nicht als a priori geordnet begriffen. Das architektonisch wie ein Gemälde gerahmte Ausblicksfenster der frühen Neuzeit, wie es erstmals im Herzogspalast von Urbino gebaut worden ist, über­ führt einen Naturausschnitt in die visuelle Totalität eines ungeteilt-rechtwinkligen, harmonisch proportionierten Sichtfeldes (Abb. 11). Der ge­rahmte Ausblick, die „Rahmen­

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schau“61 bieten hier den Anschein einer Ordnung der Natur, deren tatsächliche Gegeben­ heit in den Debatten um Nominalismus und Voluntarismus seit dem 14. Jahrhundert fraglich geworden war. Auch wenn es sich bei ‚Hügeltheater‘ und ‚Bildfenster‘ im Grunde um konfligierende Modelle des Ortsbezuges von Architektur handelt, wie zu Beginn des vierten Kapitels dargelegt wird, so koexistieren diese Modelle in der architektonischen Praxis bis ins drit­ te Viertel des 16. Jahrhunderts und werden bis dahin – wie gegen Ende des dritten Kapi­ tels erörtert werden soll – häufiger miteinander verbunden, vor allem in den auf vier Himmelsrichtungen geöffneten ‚Aussichtssälen‘ der Medici-Villa von Poggio a Caiano bei Florenz, der Villa dei Vescovi bei Padua, der Villa Rotonda und der Villa Barbaro Pal­ ladios, aber auch etwa in der Ausrichtung des zentralen Aussichtsfensters der vatika­ nischen Stanza della Segnatura auf die Treppenexedra des Belvederehofes. Die Ausrich­ tung der genannten Fenstersäle auf die vier Kardinalrichtungen bzw. ein rechtwinkliges Achsenkreuz sowie ihre damit markierte Bedeutung als Zentrum und ‚Nabel‘ des Terri­ toriums folgen jenen alten Traditionen des idealen Ortes, wie sie in der römischen Augu­ ralpraxis, Stadtplanung und Feldmesskunst begründet sind. Die genannten cinquecentesken Aussichtssäle sind sowohl der zeitgenössischen Ästhetik gemalter illusionistischer Landschaftsveduten besonders der Wandmalerei, die kürzlich Sören Fischer grundlegend untersucht hat,62 als auch Plinius’ des Jüngeren

15  Giorgio Vasari, Uffizien, Florenz, ab 1560. Blick auf die Testata vom gegenüberliegenden Ufer des Arno (vor 1941)

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16  Giorgio Vasari, Uffizien, Innenhof. Blick von der Loggia am Arno in Richtung Palazzo Vecchio

Beschreibung eines Speisezimmers seiner Villa bei Ostia und Vitruvs „kyzikenischen Sälen“63 verpflichtet. Ihre auf die landschaftliche Umgebung ausgerichteten Fensterbzw. Türöffnungen aktualisieren die antike Tradition der fenestra prospectiva und sind zugleich auf die neue, rinascimentale Vedutenmalerei bezogen. Dies gilt besonders für die bekannte sala a croce von Palladios Villa Barbaro bei Maser, deren Aussichtsfenster mit scheinarchitektonisch gerahmten, gemalten Landschaftsaussichten Paolo Veroneses abwechseln.64 Die Hügel hat die Villa Maser im Rücken, die Ebene im Blick. Nicht nur hier hat gegen Ende des 16. Jahrhunderts die ‚moderne‘ Konzeption der bildhaften „Rahmenschau“65 einer in ihrer Ordnungshaftigkeit fragwürdig gewordenen Welt den alten Topos des Idealortes als eines in Analogie zum vorkopernikanischen Kosmos aufgefassten ‚Hügel­ theaters‘ weitgehend abgelöst, das als von Natur aus geordnet und abgeschlossen ge­ schildert worden war. Diese Ablösung des Topos des ‚Hügeltheaters‘ als Topos idealer Topo­g raphie geschieht zunehmend auch durch die ins ‚Unendliche‘ geweiteten AussichtsPanoramen spätmanieristischer und frühbarocker Villen und Paläste, welche ebenfalls im abschließenden, vierten Kapitel in Auswahl vorgestellt werden. Die Ablösung von der traditionellen Topik des begrenzten und in sich regelhaft struk­t urierten ‚Hügeltheaters‘ zeigt sich seit dem dritten Viertel des Cinquecento in der ge­­­zielten Anlage von Villen auf den Kuppen hoher Hügel, die der Gewinnung weit ausge­

17  Giorgio Vasari, Uffizien, Innenhof. Blick in Richtung Arno

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18  Giorgio Vasari, Uffizien, Innenhof. Blick in Richtung der Testata.

19–20  Antoine Lafréry / Antonio Lafreri, Ansicht des Palazzo Farnese in Rom mit Blick durch die Porticus in Richtung Tiber (Kupferstich), aus: id., Speculum Romanae Magnificentiae, Rom, ca. 1593, o. S. (der Stich wurde erstmals 1560 gedruckt), Abb. 20 Detail

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21  Flämisch-französischer Zeichner, Blick in Hof und Vestibül des Palazzo Farnese in Rom (um 1554 –1560), Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum

spannter, fernräumlicher Aussichten dient, welche durch Loggien erschlossen werden. Deren panoramatische Ausblicke sind bezüglich ihrer Weite und hohen Überschau den ‚Weltlandschaften‘ der manieristischen Landschaftsmalerei vergleichbar.66 Die „Ent­ deckung des Horizontes“67 wird besonders anhand von Bernardo Buontalentis Villa La Ferdinanda in Artimino bei Florenz und Vincenzo Scamozzis Villa Pisani bei Lonigo, der sog. Rocca Pisana aufgezeigt. Bereits Michelangelo Buonarroti hatte einen achsialen Durchblick auf Garten und Landschaft in die Planungen für den Palazzo Farnese an der Via Giulia in Rom inkorpo­ riert. Ein ganzes Gebäude als Blickrahmung konzipiert Giorgio Vasari dann für Florenz. Gemeint ist der urbanistische Eingriff, den Vasari ab 1560 durch die Errichtung der zunächst als „Strada dei Magistrati“ bezeichneten Uffizien im Stadtbild von Florenz vor­ genommen hat (Abb. 15–18). Diese Uffizi (d. h. „Büros“) dienten als Verwaltungsgebäu­ de des frühabsolutistischen Großherzogtums der Toskana, dessen Machtzentrum mit dem zur Residenz des Herrschers umgewidmeten, ehemaligen Palazzo della Signoria als Abschluss einer perspektivischen Raumflucht exponiert wird. Am anderen Ende des bildhaft aufgefassten Prospektes öffnet sich der Blick auf die Hügel von Florenz und auf die etwa gleichzeitig begonnene Zwingburg des Forte di Belvedere jenseits des Flusses

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Arno. Hügel und Festung werden überdies aus der Mitte der ehemals offenen Loggia der Stirnseite des zweiten Stockwerks der Uffizien wie eine Vedute sichtbar, mit der Palazzina der Belvedere-Festung im Zentrum. Die perspektivisch-axiale Anlage des Gebäu­ dekomplexes der Uffizien geht auf die bereits erwähnte Idee Michelangelos für den ­Garten des Palazzo Farnese an der Via Giulia in Rom zurück, die ebenfalls einen gerahm­ ten Ausblick als Fokus der Blickachse beinhaltete (vgl. Abb. 19–21). Das vierte und letzte Kapitel der vorliegenden Studie schließt mit einigen Hinweisen auf die Geschichte inszenierter Ausblicke auf Garten und Landschaft im 17. und 18. Jahr­ hundert. Der ‚französische Garten‘, insbesondere derjenige von Versailles, thematisiert nach gängiger Auffassung mittels perspektivisch angelegter Prospekte eine Progression ins Unendliche,68 seine zeitgenössische Rezeption greift jedoch nochmals, wie kürzlich Pablo Schneider herausarbeiten konnte, auf den Topos des ‚Hügeltheaters‘ zurück (vgl. Abb. 22).69 Im englischen Neopalladianismus des 18. Jahrhunderts mit seinen ‚pittores­ ken‘ Landschaftsgärten zeigt sich dann, wie grundlegend und definitiv im Jahrhundert der Aufklärung die alte Topik des aus sich selbst geordneten und idealen ‚Naturtheaters‘

22  Versailles, Schloss und Schlosspark, Um- und Ausbau ab 1661 (durch Louis Le Vau, Charles Le Brun, und André Le Nôtre), Gemälde von Pierre Patel (um 1668), Öl auf Holz, 115 × 161 cm, Versailles, Musée National des châteaux de Versailles et de Trianon

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vom Konzept einer erst durch den Eingriff des Landschaftsplaners und Gärtners bildhaft und nach Vorlagen der Malerei komponierten Aussicht (‚Vedute‘, ‚Prospekt‘) abgelöst wurde. Die Aussicht auf eine scheinbar natürliche, jedoch durchaus absichtsvoll und durchgreifend gestaltete und inszenierte Gartenlandschaft sollte aus einer nach rationa­ len, ‚palladianischen‘ Gesetzen erbauten Architektur heraus erblickt werden – gleichsam als deren Gegenbild, als das Andere der Architektur. 70 Der palladianische Bau, das regel­ haft konstruierte Gebäude, und das malerische, ‚pittoreske‘ Aussichts-Bild werden nun, auf veränderter naturphilosophischer Grundlage, als Gegensätze empfunden, ganz anders als bei Palladio, Daniele Barbaro und ihren Zeitgenossen. Die beiden Hauptkapitel der vorliegenden Arbeit, die Kapitel II. und III., sind jeweils der Geschichte des ‚Hügeltheaters‘ und des ‚Fensterbildes‘ gewidmet. Beide Kapitel sind chronologisch aufgebaut. Nach kurzer Erörterung der antiken und mittelalterlichen Vor­ gaben konzentrieren sie sich auf die Geschichte beider Traditionen der architektonischen Inszenierung und Thematisierung von Aussichten in ihrer Bedeutung für ausgewählte Bauten und Architekturbeschreibungen des Quattro- und Cinquecento. Diese chrono­ logische Abfolge wird lediglich von zwei Exkursen in das 20. Jahrhundert durchbrochen. Letztere thematisieren die ‚Dekonstruktion‘ der klassischen Konzeption des ‚idealen Ortes‘ und der rinascimentalen fenestra prospectiva in exemplarischen Werken der Kunst und Architektur aus der Gegenwart, bei dem Architekten Eric Owen Moss und bei dem Künstler und Gartenarchitekten Robert Irwin. Durch die vergleichende Gegen­ überstellung von antiken und rinascimentalen Konzeptionen der Öffnung von Archi­ tektur auf Landschaft wie auch durch die Analyse zeitgenössischer Lösungen, die seit den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts in kritischer Auseinandersetzung mit der Tra­ dition entstanden sind, soll der Blick für historische Kontinuitäten, vor allem aber für Wandlungen und Brüche in der Geschichte der durch Architektur gerahmten und ermöglichten Sichten auf ländliches Terrain und landschaftliche Umgebung eröffnet werden. Der architektonisch inszenierte und gerahmte Blick auf Land und Landschaft erweist sich als Reflex auf Veränderungen des philosophischen und wissenschaftlichen „Weltbildes“71, aber auch als prägendes Dispositiv neuer ‚Weltsichten‘.

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Eine Vorschau auf die Ergebnisse Die Hauptergebnisse meiner Untersuchung lauten knapp zusammengefasst wie folgt:   Ortsbezug und Ausblicksinszenierung sind nach den überlieferten Zeugnissen bestimmende, heute jedoch zumeist vernachlässigte Merkmale der Architektur der frühen Neuzeit in Italien.   Das ‚Hügeltheater‘ als idealer Ort und die architektonisch gerahmte Aussicht auf Stadt und Land werden in Texten über italienische Villen und Residenzen der frühen Neuzeit häufig beschrieben – unter Verwendung von Motiven der antiken Architek­ turbeschreibung, Geographie und Kartographie.   Für die Aufwertung und Ausgestaltung gerahmter Ausblicke in der gebauten Architektur spielte die Malerei eine bestimmende Rolle: Ungeteilt rechtwinklige Ausblicksfenster ( fenestrae prospectivae) wurden zuerst auf Gemälden dargestellt, lange bevor sie gebaut wurden.   Hauptwerke der italienischen Architektur der Frühen Neuzeit überführen die literarischen Topoi des ‚Hügeltheaters‘ und des ‚Fensterbildes‘ durch die architekto­ nische Rahmung und Inszenierung der vorgefundenen Topographie zu einer Aus­ sicht ( „prospectus“, „vista“, „veduta“, „prospettiva“) in eine visuell erfahrbare Wirk­ lichkeit.   In der zunehmenden Ablösung des ‚architektonischen‘ Paradigmas einer ‚Natur als Bau‘ durch das pikturale Paradigma einer ‚Natur als Bild‘ spiegeln sich zentrale Wandlungen neuzeitlicher Auffassungen über das Verhältnis von Natur und Kultur. Architektonisch inszenierte Ausblicke sind jedoch nicht nur Ausdruck sich wan­ delnder Konzepte über das Verhältnis von Architektur und ‚Natur‘, sie prägten und prägen auch neuzeitliche Modi der ‚Weltanschauung‘.  Forschungsstand Obwohl das Thema des inszenierten Ausblicks bereits im Jahr 1959 mit einem grundlegenden Aufsatz Heinrich Drerups in die archäologische Fachliteratur einge­ führt72 und in einer Reihe von Einzeluntersuchungen etwa zur Gartenkunst und zum Landschaftsgarten73 sowie zur Architektur der Gegenwart74 untersucht worden ist, fehlt eine gründliche und quellenorientierte Geschichte architektonisch gerahmter Ausblicke auf Landschaft sowohl für die Renaissance als auch für die Architekturgeschichte ins­ gesamt. 75 Ebenso sind die Genese und Geschichte des bis in das 17. Jahrhundert hinein

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höchst wirkungsvollen Topos des ‚Hügeltheaters‘ als Inbild des idealen Ortes für eine Villa (und auch für Städte) vor meinem Beitrag von 2007 nicht untersucht worden. Er spielt in den einschlägigen Untersuchungen von Vincent Scully (1962 und 1991) und von Christian Norberg Schulz (1979 und 1982) zum landschaftlichen Ortsbezug der westlichen Architektur seit der Antike kaum eine Rolle und wird auch in der wegwei­ senden Monographie des Kulturgeographen Denis Cosgrove (1993) nicht in seiner Gel­ tung bis um 1600 behandelt. 76 Wolfgang Kemp hat jüngst von einem „Kontextraub“77 durch die moderne archi­ tekturgeschichtliche Forschung gesprochen. Es gibt mehrere Gründe für die bisherige Vernachlässigung des Ortsbezuges von Architektur und insbesondere der Profanarchi­ tektur der Renaissance und ihrer Ausblicksinszenierungen innerhalb der architektur- und kunsthistorischen Literatur:   Das Fortwirken der Ästhetik des autonomen, in sich geschlossenen Kunstwerks hat seit dem 18. Jahrhundert den Diskurs über Architektur bestimmt. Sah die Archi­ tekturtheorie der frühen Neuzeit Architektur und Natur in einer Strukturanalogie, vermöge derer Architektur als Nachahmung der Natur verstanden wurde, so wurden seit dem 18. Jahrhundert Natur und Architektur zunehmend als gegensätzliche, je autonome Bereiche aufgefasst, wie sich etwa an den Ausblicksinszenierungen von William Jeffersons Landsitz Monticello zeigen lässt, der auf Palladios Villa Rotonda zurückgeht. Aus einer klassizistisch gebändigten, rational proportionierten Archi­ tektur ergeben sich Ausblicke auf das weite Umland, die Jefferson selbst als wild und „erhaben“ („sublime“) beschrieben hat (Abb. 77). 78 Auch im britischen Palladianis­ mus des 18. Jahrhundert werden das Gebäude und der inszenierte Ausblick – ganz im Unterschied zur italienischen Renaissance und zu Palladio – nach gegensätzlichen Paradigmen gestaltet: der „moderne Garten“ der englischen „Gartenrevolution“ (Erwin Panofsky),79 der die (scheinbar) unberührte Natur zum Paradigma erhebt, wird zu malerischen und ‚pittoresken‘ Aussichten inszeniert, während für die Bauten in der Nachfolge Palladios Klassizismus zum Maßstab erhoben wird. Natürlichkeit des Außen und Künstlichkeit des Innen werden nun als Dichotomie inszeniert. Panof­ sky hat daher treffend im Hinblick auf englische Landhäuser und Gärten des 18. Jahr­ hunderts von einem „Widerspruch“ zwischen einem „kompromisslos ‚klassischen‘ Stil in der Architektur mit einem durchaus modernen Stil der landschaftlichen Um­ gebung“ gesprochen. 80 Durch diese zunehmend polare Entgegensetzung der Sphä­ ren von Architektur und Natur geriet die traditionelle Topik idealer Orte, die von einer Strukturanalogie von Architektur und Natur ausging, zunehmend in Vergessenheit. Die genannte Tradition hatte die Baukunst als Nachahmung bereits in der Natur vor­ gegebener Strukturen und Formbildungen aufgefasst, die sich wiederum paradigma­ tisch in kreisförmigen Idealorten und in ‚Hügeltheatern‘ zu verwirklichen schienen.

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  Während die architektonische Struktur von Gebäuden (durch Grundrisse, Auf­ risse, stereometrische Schnitte) leicht in Plänen und Fotografien abgebildet werden kann, sind Ausblicke schwer zu fotografieren und bislang auch kaum fotografiert worden. Daher habe ich alle nicht nur genannten, sondern etwas ausführlicher besprochenen Gebäude vor Ort besucht. Die landschaftliche Situation und die Aus­ blicke einiger der ausführlicher erörterten Gebäude habe ich zudem in einer Foto­ kampagne mit Harald F. Müller und Fabian Winkler dokumentieren können.   Da sich die Forschung insgesamt auf die reiche Wirkungsgeschichte des Archi­ tekturtraktats von Vitruv konzentrierte, der Ausblicke kaum behandelt, ist die Rezep­ tion der antiken Villenbeschreibungen, die sich eingehend mit Ausblicken beschäfti­ gen, für die Renaissance bisher nicht zusammenfassend dargestellt worden. Zwar ist die Bedeutung eines Rückgriffes auf die Plinius-Briefe für eine Fülle von Bauten fest­ gestellt, 81 aber nur in Einzelfällen unter dem Aspekt des inszenierten prospectus erörtert worden. Dies soll nun in meiner Studie geschehen. Auch Architekturbe­ schreibungen der Renaissance wurden wegen der traditionellen Ausrichtung der Forschung auf architekturtheoretische Texte und trotz eines seit etwa dreißig Jahren vermehrten Interesses für diese Textgattung bislang zu wenig beachtet und noch nicht systematisch im Hinblick auf die Thematisierung von Aussichten untersucht. Obwohl eine ganze Reihe von Architekturekphrasen in den wichtigen Büchern von Gerhard Goebel82 und Christine Smith83 sowie in noch anzuführenden Einzelstudi­ en behandelt wurden, sind bislang Äußerungen wichtiger Architekten, Humanisten und Auftraggeber der italienischen Renaissance über Ausblicke kaum wahrgenom­ men worden. 84 Vor allem in älteren Standardwerken zur italienischen Architektur, so etwa bei Jacob Burckhardt, bei Heinrich Wölfflin und in Theodor Hetzers Erinnerungen an italienische Architektur, findet man zwar kurze Passagen über Ausblicke, aber keine systematische Behandlung des Phänomens. 85 Dies gilt ähnlich für die einschlägigen Beiträge zur Ge­ schichte der Villa in der italienischen Renaissance von Bernhard Patzak, Christoph Luit­ pold Frommel, Ludwig H. Heydenreich und David R. Coffin und noch für neueste Stu­ dien zur frühneuzeitlichen Villa. 86 Ausführlicher geht James S. Ackerman in seinem wegweisenden Standardwerk zur Architektur der okzidentalen Villa auf das Phänomen der architektonisch konzipierten „view“ ein, jedoch geschieht auch dies nicht in Form einer systematischen Untersuchung. 87 Das Phänomen des architektonisch inszenierten Ausblicks ist erst für einzelne, innovative Gebäude- und Raumtypen der Renaissance sowie für einzelne Bauten erörtert worden. So wurden Aussichten aus Gebäuden des Typus ‚Garten-Belvedere’, aus Galerien und aus Studioli behandelt. 88 Den Bauaufgaben Loggia und Dachterrasse, die eine Aussicht gewähren können, sind Aufsätze und Mono­ graphien gewidmet worden, so der Loggia – mit Peter Fidlers Untersuchung zur „Loggia

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mit Aussicht“ 89 und der wichtigen, bereits erwähnte Studie über rinascimentalen Log­ gien in Rom von Jutta Allekotte. 90 Auch das Motiv der Arkade91 und die Dachterrasse in der Renaissance92 sind untersucht worden. Was einzelne Bauten anlangt, so sind die Studien von Andreas Tönnesmann und Jan Pieper zu Pienza und seinen Aussichten her­ vorzuheben. 93 Tönnesmann hat in seinem der Piusstadt Pienza gewidmeten Buch bereits 1990 eine wegweisende Analyse der Aussichten vom dortigen Palazzo Piccolomini und ihrer an den Villenbriefen des jüngeren Plinius geschulten Beschreibung durch den Bau­ herren, Pius II. (Enea Silvio Piccolomini), vorgelegt. 94 Kürzlich sind die kulturgeschicht­ lich ausgreifenden Forschungen von Tönnesmann und Bernd Roeck zum Herzogspalast von Urbino95 sowie – für den „Norden der Renaissance“ – die Forschungen von Stephan Hoppe über Ausblicksinszenierungen in Residenzbauten jenseits der Alpen anzufüh­ ren. 96 Wichtig sind auch wegweisende Beiträge zu den Villen Palladios97 sowie jüngst zu den Medici-Villen der Renaissance von Christoph Bertsch, der Ausblicke eingehend erörtert. 98 Einer historisch fundierten Untersuchung des Ortsbezugs und der Inszenierung von Ausblicken in der Architektur der Renaissance stellen sich zwei grundlegende metho­ dische Probleme:   Die landschaftliche Umgebung der Bauten, also das, was gesehen wurde, hat sich in unterschiedlichen Graden verändert: zunächst fernsichtig konzipierte Ausblicke sind etwa durch die spätere Anlage ‚englischer‘ Gärten verstellt, die landschaftliche Umgebung mehr oder weniger umgestaltet worden. Hier musste die ursprüngliche Situation soweit möglich aus den Quellen rekonstruiert werden.   Die Sehgewohnheiten, also die Weisen, wie gesehen wurde, haben sich erheblich verändert. Daraus folgt die Notwendigkeit einer Wiedergewinnung damaliger Wahr­ nehmungshorizonte und ihrer literarischen, naturphilosophischen und bildkünst­ lerischen Vorgaben aus der Tradition.

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II. IDEALE ORTE : Das ‚Hügeltheater‘ und weitere tr aditionelle Topoi ide aler Topogr aphie

„Montes mali“ und „montes boni“1: Zur Wahrnehmungsgeschichte der Berge „Geschwüre der Erde“ – so bezeichnete Augustinus die Berge. 2 Diese hätten erst nach Sündenfall und Sintflut die zuvor vollkommen gerundete Wohlgestalt der Erdkugel ver­ unziert. Marjorie Hope Nicolson hat vor fünfzig Jahren in ihrem klassisch gewordenen Buch Mountain Gloom and Mountain Glory3 weitere Belege einer negativen Einschät­ zung der Berge in der Frühen Neuzeit gesammelt und eine Geschichte der literarischen Darstellung von Bergen vorgelegt, die einem eindimensionalen Entwicklungsschema folgt: Nach langer Ver- und Missachtung der Berge finde erst das Jahrhundert der Aufklä­ rung zu einer positiven Wahrnehmung von Berg und Gebirge.4 Diese bis heute weithin geteilte Annahme eines späten Paradigmenwechsels von einer traditionellen Verachtung zu einer neuen Verherrlichung der Berge im 18. Jahrhundert ist jedoch zu relativieren. Der konstatierte Paradigmenwechsel betrifft nämlich vor allem die Wahrnehmung des Hochgebirges der Alpen, das noch in der Frühen Neuzeit häufig Angst und Schrecken auslöste. Auf seinem Weg zum Konstanzer Konzil schrieb der toskanische Humanist Leonardo Bruni im Jahr 1415 nach einer Alpenüberquerung: „Doch so viele Berge, so viele Felsen, so zahlreiche und lang gestreckte Bergrücken, so viele Gipfel, so viele Höhen stellten sich uns überall in den Weg, dass man sich fragen muss, was die Mutter und Bildnerin der Welt, die Natur, bezweckt haben kann, als sie dies alles erschuf. Mich wenigstens hat ein gewisser Schauder, aber auch Ehrfurcht ergriffen, als ich jene ewigen und aneinanderhängenden Massen betrach­ tete, und ich kann sie mir auch jetzt nicht in Erinnerung rufen, ohne zu schaudern.“5 Seit alters her, seit der Hebräischen Bibel,6 seit dem griechischen Mythos und der römi­ schen Literatur,7 seit dem Neuen Testament, 8 gibt es jedoch auch eine Tradition der „montes boni“. 9 Dass bestimmte Berge seit altorientalischen und biblischen Vorzeiten

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als Wohnsitze oder Offenbarungsorte der Götter oder der Gottheit verehrt werden, ist bekannt – hier mögen die Stichworte Sinai, Olymp und Parnass und für Italien ein Hin­ weis auf die Bergheiligtümer von Praeneste/Palestrina und Tivoli genügen (vgl. Abb. 14, 33–36).10 „Montes boni“ sind also keine Erfindung des 18. Jahrhunderts. Dass seit der klassischen Antike bis in die frühneuzeitliche Geographie hinein Anhöhen und Berge als Werke eines demiurgischen architectus mundi beziehungsweise eines providentiellen Wirkens der natura artificiosa gewürdigt worden sind,11 wurde in der kulturhistorischen Forschung zur Wahrnehmung der Berge bislang zumeist vernachlässigt.12 Entgegen Nicolson finden sich bereits im 14. Jahrhundert bei Petrarca und Boccaccio und in Texten des Quattrocento durchaus Zeugnisse jener „admiratio montium“, jener „Bewunderung der Berge“, von der Conrad Geßner im Jahre 1541 dann bereits explizit spricht.13 Für die Architekturtheorie und Architekturbeschreibung des Quattrocento spielt der positiv konnotierte Ausblick auf Berge, der in der bewunderten Antike seine Voraussetzungen hat, eine wichtige Rolle: So widmete Leon Battista Alberti dem „mon­ tium prospectus“ eine längere Passage seines Architekturtraktates,14 und Pius II. hat den Blick auf das Bergmassiv des Monte Amiata ausführlich beschrieben.15 Auch Filarete bettete seine Stadt Sforzinda in ein von Bergen umgebenes Tal samt „monticello“ ein, dessen Schilderung er breiten Raum gewährt.16 Bis um 1600 ist der Topos des ‚natürlichen Theaters‘ aus Bergen und Anhöhen in Ita­ lien weit verbreitet, wie im Folgenden gezeigt werden soll. Häufig werden architekto­ nisch inszenierte Aussichten aus Villen und ländlichen Residenzen im Rückgriff aus Plinius und Vitruv als Ausblicke auf ein ‚Theater aus Anhöhen‘ beschrieben, so bei Gua­ rino Veronese, Niccolò Perotti, Leandro Alberti, Paolo Giovio, Andrea Palladio, Vincenzo Scamozzi, Ludovico Agostini, Giovanni Battista Agucchi.17 Ein locus classicus: Palladio über die Villa Rotonda und ihren Ort Andrea Palladios suburbaner Palazzo für den Kanonikus Paolo Almerico, als Villa Rotonda bekannt, ist als ein in sich stimmiger, harmonisch proportionierter Zentralbau konzipiert, der sich zugleich auf die umgebende Landschaft öffnet (Abb. 3– 4, 7–8, 65). Die Forschungen zu diesem seit dem 18. Jahrhundert wohl prominentesten Landhaus der Architekturgeschichte beschäftigte sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem mit dessen immanenter Proportionalität18 sowie mit dessen Bau- und Rezeptions­ geschichte.19 Das vorliegende Kapitel untersucht hingegen die von Palladio selbst ange­ sprochene architektonische Inszenierung der Ausblicke auf die nähere und weitere Umgebung des Gebäudes und die Erschließung seiner Umgebung als ‚von Natur aus‘ geordnetem Mikrokosmos. 20 Palladio selbst hat auf einer Doppelseite der Quattro Libri zwei Interpretamente der Rotonda publiziert, die sowohl ihre innere Stimmigkeit als auch ihre Öffnung nach

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außen thematisieren: Auf der rechten Seite (der sog. Aufschlagseite) steht die graphische Darstellung des Gebäudes, die Grundriss, Aufriss und Schnitt kombiniert (Abb. 3). Aus diesem Holzschnitt, in den mittels Ziffern Maßangaben eingetragen sind, lässt sich die weitgehend systematische Proportionierung und die architektonische Struktur des Gebäudes ersehen. In dem auf der linken Seite abgedruckten Text geht Palladio auf den Holzschnitt und dessen Thema der inneren Stimmigkeit allerdings nicht ein: Er be­ schreibt vielmehr die Ausblicke der Rotonda und die Öffnung des Gebäudes auf die umgebende landschaftliche Situation. 21 Gegenüber Sebastiano Serlios Architekturtraktat, einer wichtigen Vorlage Palladios, der 1556 in einer (nicht vollständigen) ‚Gesamtausgabe‘ durch den Bruder des Verlegers der Quattro Libri publiziert worden war, stellt diese Verbindung von Bild und Text eine Neuerung dar. 22 Der Text über ein Gebäude und die zugehörige Abbildung verhalten sich in den frühen klassischen Ausgaben Serlios, die gewöhnlich die Beschreibung eines Ge­ bäudes und den zugehörigen Holzschnitt auf ein und derselben Seite oder Doppelseite bringen, kongruent, da Serlios Texte die auf den Abbildungen gezeigten immanenten Merkmale der Gebäude thematisieren. Den urbanen oder landschaftlichen Kontext be­ schreiben Serlios Texte nicht. Seine Abbildungen zeigen die Umgebung der Gebäude ebenfalls nicht. Denn letztere waren nach den druckgraphischen Darstellungsgepflogen­ heiten des dritten Viertels des 16. Jahrhunderts kaum darstellbar. Im Fall von Palladios Doppelseite zur Villa Rotonda verhalten sich Bild und Text jedoch komplementär, da Text und Bild jeweils unterschiedliche Aspekte des Bauwerkes thematisieren. Der Ortsbezug der Rotonda ist in der Forschung bislang unter dem Horizont von modernen Landschaftskonzeptionen, nicht aber von frühneuzeitlichen Vorstellungen über Ort und Umgebung von Villen und Palästen erörtert worden. Im Folgenden soll der architektonisch konzipierte Landschaftsbezug der Villa in seiner ursprünglichen Form rekonstruiert und innerhalb seines intellektuellen Kontextes analysiert werden. Zu berücksichtigen ist hierbei die oben bereits erörterte, aber nur scheinbar selbstverständ­ liche Tatsache, dass sich die Wahrnehmung von Landschaft und die Diskurse über das Verhältnis von Natur und Architektur seit dem 16. Jahrhundert stark gewandelt haben. 23 Dabei zeigt sich, dass sowohl der Text der Quattro Libri, in dem die Villa AlmericoCapra beschrieben wird, als auch ihr Grundriss-Schema, und schließlich die architekto­ nische Inszenierung ihres landschaftlichen Umfeldes auf eine Reihe von literarischen Topoi sowie auf kartographische und architektonische Schemata des idealen Ortes zurückgehen, insbesondere auf antike, in der Renaissance rezipierte Konzepte der idea­ len Umgebung für ein Gebäude oder eine Stadt. Die Funktion der Architektur Palladios für die faktische und ideologische Inbesitznahme der ländlichen Gebiete des Veneto durch das venezianische Patriziat im Cinquecento ist zwar von Denis Cosgrove in einem grundlegenden Buch erörtert worden. 24 Jene traditionelle Topik ‚idealer Orte‘ und ins­ besondere des ‚Hügeltheaters‘ erfuhr dabei allerdings noch keine adäquate Würdigung, 25 obwohl sie nicht nur die Konzeption der sog. Villa Rotonda, in der Palladio diese Über­

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lieferung architektonisch neu interpretiert, sondern auch den Ortsbezug vorausgehender Profanbauten der italienischen Renaissance geprägt hat. Mit der Rotonda und der Inszenierung ihres Landschaftsbezuges greift Palladio auf kosmologische und naturphilosophische Vorstellungen zurück, die in seinem Umkreis intensiv rezipiert worden sind. Folgt man einer von Rudolf Wittkower begründeten (bzw. nach eigenem Anspruch: rekonstruierten) Interpretationstradition von ‚Zentral­ bauten‘ der Renaissance, so ist die Rotonda als in sich geschlossene architektonische Struktur zugleich ein modellhaftes Abbild der Ordnung des präkopernikanisch auf­ gefassten, begrenzt und kreisförmig ‚gebauten‘ Kosmos intendiert. 26 Bereits in der Mitte der 1570er Jahre war die Rotonda denn auch Vorbild für das Observatorium Tycho Bra­ hes, Uraniborg, auf der schwedischen Insel Ven (Hven), dem eine kosmologische Sym­ bolik eingeschrieben ist (Abb. 23). 27 Im Rückgriff auf sakrale Zentralbauten der Re­ naissance und insbesondere auf Zentralbauten der Antike dürfte die Villa Rotonda durchaus als eine architektonische Verkörperung der „macchina del mondo“ (Palladio)28 intendiert sein. Gleichzeitig aber veranschaulichen ihre Aussichten die vorgegebene landschaftliche Umgebung als einen begrenzten und geordneten Mikrokosmos: als eine Architektur der Natur und als natürliches Theater aus Anhöhen bzw. als ein „molto gran­ de theatro“ von „colli“, um hier Palladio nochmals zu zitieren. Dieser Mikrokosmos ent­ sprach in den Augen Palladios und seiner Zeitgenossen einer theologisch und naturphi­ losophisch vorausgesetzten Regelhaftigkeit des Makrokosmos, die in den Quattro Libri und der Architekturtheorie des Cinquecento ein bestimmendes Thema ist. Die land­ schaftliche Topographie des „sito“ der Rotonda entspricht dabei mit ihrer tatsächlichen Beschaffenheit in einem hohen Maße jener literarischen Topik des ‚Hügeltheaters‘, die ihrer Schilderung durch Palladio in den Quattro Libri zugrunde liegt. Im Fall der Rotonda kommen die empirische Topographie des Bauplatzes und die literarische Topik der Be­ schreibung zur Deckung. Palladios kurzer, zu Beginn der vorliegenden Studie bereits in Auszügen zitierter Text über die Rotonda geht im Vergleich zu anderen Beschreibungen der Quattro Libri aus­ führlich auf die landschaftliche Situation des Gebäudes ein: „Die Lage gehört zu den anmutigsten und erfreulichsten, die man finden kann. Das Haus liegt auf einem leicht ansteigenden Hügel, der auf der einen Seite vom Bac­ chiglione, einem schiff baren Fluss, begrenzt wird und auf der anderen Seite von wei­ teren lieblichen Hügeln umgeben ist, die wie ein großes Theater wirken und alle be­ stellt werden, reichlich Früchte sowie ausgezeichnete und gute Weinreben tragen. Da man von jeder Seite wunderschöne Ausblicke genießt, worunter einige die nahe Umgebung erfassen, andere wiederum weiter reichen und wieder andere erst am Horizont enden, so hat man an allen vier Seiten Loggien errichtet.“

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23  Tycho Brahe, Observatorium Uraniborg (1576–1581), Insel Ven (Hven), Kupferstich aus id., Tychonis Brahe Astronomiae Instauratae Mechanica, Nürnberg: Levinus Hulsius 1602 [EA Wandsbek 1598], o. S.

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Der Architekt bringt das Bauwerk ausdrücklich in einen kausalen Bezug zu seinem Ort, leitet seine Gestalt aus der Beschaffenheit seiner Umgebung ab. Weil sich von der erhöh­ ten Position des Hügels, auf dem die Villa errichtet wurde, nach allen Richtungen die schönsten Aussichten böten, sei diese auf allen vier Seiten mit Loggien ausgestattet wor­ den. Dieser Kausalsatz lautet im Originaltext folgendermaßen: „Perché [nota bene!] gode da ogni parte di bellissime viste, delle quali alcune sono terminate, alcune più lontane, & altre, che terminano con l’Orizonte; vi sono state fatte le loggie in tutte quattro le faccie […].“ – „Weil [!] man von jeder Seite wunderschöne Ausblicke genießt, worunter einige die nahe Umgebung erfassen, andere wiederum weiter reichen und wieder andere erst am Horizont enden, so hat man an allen vier Seiten Loggien errichtet […].“ 29

Ortsbezug in den Theorien Vitruvs, Albertis, Palladios und Daniele Barbaros Palladios Beschreibung der Topographie als Grundlage des Entwurfes für die Villa Rotonda auch im übertragenen Sinne schneidet das Konzept einer nicht nur ortsspezi­ fischen, sondern sogar ortsbestimmten Architektur an. Dieses Konzept war in der Archi­ tekturtheorie bis dahin nur höchst allgemein formuliert, nicht aber im Hinblick auf kon­ krete Gebäude ausgeführt worden. 30 Dass die Gestalt eines bestimmten Gebäudes aus den Gegebenheiten seines Umraums heraus entwickelt werden solle, und dass demnach ein bestimmter Entwurf nur an einem spezifischen Ort sinnvoll realisiert werden könne, ist der Architekturtheorie Vitruvs und dem Vitruvianismus fremd. Außerdem erscheint dieser Gedanke zutiefst anti-palladianisch. Denn der Schlüssel zur weltweiten Wirkung der durch den Buchdruck, zunächst durch die Quattro Libri, verbreiteten Gebäude Palla­ dios liegt ja gerade in der Übertragbarkeit ihrer idealtypischen graphischen Darstellun­ gen auf Gegenden aller Himmelsrichtungen. Die Holzschnitte der Vier Bücher Palladios entkontextualisieren und idealisieren seine Gebäude, obwohl diese sich in ihrer gebauten Realisierung durchaus auf die umgebende Topographie beziehen. Palladio lässt jedoch in seiner Beschreibung der Villa Rotonda in den Quattro Libri das Konzept einer orts-spezi­ fischen, ja sogar einer orts-determinierten Architektur schlaglichtartig aufleuchten.

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  Exkurs zur zeitgenössischen Terminologie – Scully, Serra, Irwin Einer der prominentesten Architekturhistoriker der Gegenwart, Vincent Scully, hat den Ortsbezug von Architektur einflussreich untersucht. In einem Buch von 1962 hat Scully – im Rückgriff auf Paula Philippsons „Griechische Gottheiten in ihren Landschaf­ ten“31 – die Lokalisierung und ortsspezifische Gestaltung griechischer Tempel behan­ delt, insbesondere die Ausrichtung und die Aussicht dieser Heiligtümer auf markante Berge. 32 Der Künstler Richard Serra wiederum, der bei Scully an der Yale University studierte, hat zu Beginn der 1970er Jahre folgenreich das Konzept einer ortsspezifischen Kunst bzw. Plastik („site-specific art“) formuliert. Robert Irwin, der kalifornische Künst­ ler und Gartenarchitekt, führte 1985 zusätzlich die Kategorien „site adjusted“ (orts­a n­ gepasst) und „site determined“ (ortsbestimmt) ein. Diese drei Begriffe erweisen sich auch für die Analyse des Ortsbezuges von Architektur als nützlich. 33  

Vitruv konstatiert im ersten Kapitel des sechsten Buches, dass die große Verschiedenheit der Bauarten der Gebäude in den verschiedenen Ländern durch unterschiedliche Klimata begründet sei. Diese Klimazonen entstünden durch die unterschiedliche Lage der Gegen­ den auf der Erdkugel. Er argumentiert hier im Sinn der antiken Klimatheorie der Kultur. Vitruv gibt aber keinerlei Hinweise auf eine ‚ortsspezifische‘ Gestaltung konkreter Gebäude, lediglich auf die nachträgliche ‚Anpassung‘ immanent stimmig proportionier­ ter Entwürfe an eine jeweilige Umgebung geht er ein. Die innere proportionale Stimmig­ keit eines Gebäudes zu planen setze erlernbare doctrina voraus, die Abstimmung des Entwurfs an „die jeweilige Natur und die Notwendigkeiten der Orte“ erfordere hingegen Scharfsinn und Feingefühl besonders begabter Architekten („ingeniorum acumini­ bus“). 34 Vitruv weist außerdem auf klimatische Bedingungen hin, die bei der Wahl eines Bauplatzes und des Gründungsortes einer Stadt beachtet werden sollten. 35 Alberti dagegen gibt zu Beginn seines Traktates sowohl der regio (der Gegend) als auch der area (dem Grundstück) eine wichtige Bedeutung, indem er diese Begriffe an den Anfang der Reihe seiner sechs „partes“ und „principia“ der Architektur stellt, seiner sechs ‚architektonischen Grundbegriffe‘. 36 Überlegungen über geeignete Gegenden und Grundstücke besitzen bei Alberti hohen Stellenwert. 37 Wie bereits Vitruv führt auch er die unterschiedlichen Bauarten und Gebäudetypen in den verschiedenen Teilen der Welt auf eine Kontextabhängigkeit von Architektur im Allgemeinen zurück. Auch für Alberti ist durchaus nicht jede Form von Architektur an jedem Ort möglich. 38 Allerdings argu­ mentiert Alberti an diesem Punkt nicht im Rückgriff auf die antike Klimatheorie und auf Vitruv. Vielmehr begründet Alberti – mittels einer gewissermaßen soziologischen Argu­ mentation – die Eigenarten lokaler architektonischer Gepflogenheiten in Unterschieden

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der Staatsformen und der gesellschaftlichen Organisation verschiedener Länder. 39 Die Komplexität der Überlegungen Albertis über die Orte und räumlichen Kontexte des (Städte-)Baus hat Gordana Ana Kostich-Lefebvre beeindruckend ausgelotet.40 Die Aussagen Albertis über die wünschenswerte Lage von Städten und Gebäuden – über deren „regione“, „luogo“ und „sito“41 –, wie Cosimo Bartoli in seiner lange einschlä­ gigen italienischen Übersetzung „regio“, „ager“ und „area“ übersetzt,42 sind offenbar schon in der frühen Neuzeit durchaus intensiv rezipiert worden. Dies belegen ausführ­ liche, wohl noch im 16. Jahrhundert entstandene Annotationen in einem Exemplar der Florentiner Erstausgabe von Bartolis 1550 erschienener Übersetzung, die in der Hough­ ton Library an der Universität Harvard auf bewahrt wird.43 Hier führt der anonyme Leser die eben angeführte Aussage Albertis, dass unterschiedliche architektonische Traditio­ nen in der „Verschiedenheit der Menschen“ (der „varietà de gli uomini“) und in ihren Gesellschaftsformen begründet seien, mit einem Hinweis auf die Bedeutsamkeit der von Alberti dort nicht benannten, je unterschiedlichen „natura del luogo“ fort. In seiner Randnotiz ergänzt er einen an Vitruv geschulten Hinweis auf die „diversità de paesi“:44 Auch die Unterschiede der Regionen (nicht nur jene der Menschen und ihrer Staats­ wesen) erforderten „diversi modi d’edificare“. Für einen guten Architekten gehöre es, so der anonyme Leser, zu den „wichtigsten Dingen“ („cose principali“), die Eigenschaften der Gegend und die Besonderheit der Umgebung zu berücksichtigen. Es müsse der „qua­ lità de le regioni“ genügt werden. Einzugehen sei auf die „particularità del sito“. 45 Die verschiedenen Weisen des Bauens sind nach Auffassung des Kommentators demnach nicht nur auf die Vielfältigkeit der Menschen und ihrer Gesellschaftsformen, sondern auch auf die Unterschiede der Gegenden und Orte zurückzuführen. Im Mittelpunkt der Lehre Albertis steht die concinnitas, sprich die immanente Stim­ migkeit der Bauteile untereinander und mit dem Ganzen.46 Sie formuliert vor allem all­ gemeingültige, ortsübergreifende Maßstäbe für eine Erneuerung der antiken Architek­ tur an verschiedenen Orten und in verschiedenen Gegenden. Dennoch waren Albertis Aussagen zu „differentia“ und „diversità“47 von Gebäuden und Gesellschaftsformen einem Leser der frühen Neuzeit offenbar präsenter als seinen modernistisch-universalistischen Apologeten. Um zusammenzufassen: Vitruv und Alberti gehen auf die Wahl einer regio und des eigentlichen Bauplatzes zwar ein. Keineswegs aber leiten beide die Form eines konkreten Gebäudes aus der Beschaffenheit seiner Umgebung ab. Palladio wiederum hat an Danie­ le Barbaros Vitruv-Ausgabe mitgearbeitet.48 In Barbaros 1556 erstmals erschienenem Vitruv-Kommentar wird eine Aufforderung formuliert, ideale architektonische Kon­ zepte den konkreten topographischen Gegebenheiten anzupassen. Barbaro betont, „dass nicht immer denselben Regeln oder Proportionen [„Symmetrie“ im Sinne der vitruvianischen symmetria] gefolgt werden darf, da die [jeweilige] Beschaffenheit des Ortes [„la natura del luogo“] häufig andere Verhältnisse der Maße erfordert […], und

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die [in der Natur des Ortes bedingte] Notwendigkeit zwingt uns, diesen [Maßen] etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen, wie wir es bereits vorgeschlagen hatten. In jenem Fall nämlich, sagt Vitruv, erkennt man die Feinsinnigkeit und das Urteilsver­ mögen des Architekten an, der durch Verringern oder Vergrößern der Maße dem Auge seinen Part zugesteht und damit dem Notwendigen [wohlüberlegt] Genüge tut.“49 Barbaros Kommentar spielt hier, mit dem Hinweis auf das Motiv des Wegnehmens („togliendo“) und Hinzufügens („dando“), nicht nur fast wörtlich auf das Ende von Vitruv VI, 2, sondern ebenso auf Albertis berühmte Definition der concinnitas an. Nach dieser zentralen Kategorie Albertis ist ein Bauwerk dann perfekt, wenn nichts hinzuge­ fügt und nichts weggenommen werden kann50. Während Alberti in seinem Architektur­ traktat concinnitas als allgemeingültiges und geradezu ontologisches Prinzip der inneren Stimmigkeit formuliert hatte, wird diese Kategorie nun durch Barbaro in ihrer allgemei­ nen Gültigkeit dahingehend erweitert, dass er sie auf die Beziehung des Gebäudes zu dessen Kontext ausdehnt. Dadurch relativiert Barbaro zugleich die absolute Geltung jenes von Alberti postulierten Kriteriums der immanenten Stimmigkeit des Gebäudes zugunsten von dessen Abstimmung mit seinem topographischen Kontext. In moderner Terminologie spricht er sich für ein „site adjustment“ aus. Auf Vitruv wie auch auf diese Passage aus Barbaros Vitruv-Kommentar könnte die eben zitierte Randnotiz in der Alberti-Ausgabe von Bartoli in Harvard zurückgehen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Hand des 16. Jahrhunderts stammt und die Alberti vitruvianisch und zugleich im Sinne einer Betonung des Ortsbezugs als Merkmal architektonischer Qualität korrigiert. Palladio selbst hat sich in den Quattro Libri über die Wahl von Orten für Gebäude einerseits im Hinblick auf Villen, 51 andererseits im Hinblick auf Tempel knapp geäu­ ßert. 52 Die Wahl der Säulenordnungen und des Bautypus eines Tempels habe sich nach der Eigenart der zu verehrenden Götter gerichtet; die Wahl des Ortes für einen Tempel ebenfalls nach dem Wesen der in ihm verehrten Gottheit. 53 Laut Palladio wurde dem­ nach in der Antike für einen bereits festgelegten Tempeltypus der geeignete Ort gewählt, nicht aber die Gestalt eines Tempels von der Beschaffenheit seines Bauplatzes und seiner Umgebung abhängig gemacht. Palladio spricht im Rahmen seiner allgemeinen Überle­ gungen zu den Orten der Architektur am Beginn des zweiten und vierten Buches der Quattro Libri denn auch keinesfalls davon, dass sich die Form eines Gebäudes an der Ge­stalt seines Geländes orientieren solle. An einer Stelle über Privathäuser in der Stadt rühmt sich Palladio, für ein ungünstiges, unregelmäßig geschnittenes Grundstück den­ noch ein in sich symmetrisch strukturiertes und harmonisch proportioniertes Gebäude entworfen zu haben. 54 Hier wird die Gestalt des Gebäudes nicht auf die Beschaffenheit des Geländes zurückgeführt, sondern es wird vielmehr die Unregelmäßigkeit des Geländes durch eine geschickt gewählte und in sich stimmige Grundrisskonfiguration kompen­ siert.

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Dass Palladio dennoch keine ‚ortlosen‘ Architekturen errichtete, darauf verweisen schon die Quattro Libri mit ihren ausführlichen Erörterungen über „sito“ und „luogo“ von Villen. 55 Der zitierte Satz aus Palladios Beschreibung seiner Villa Rotonda begründet sogar die Gestalt des Gebäudes aus den Ausblicken, die das Gelände bietet. Palladios kontextorientierte Architektur – weitere Beispiele Dies zeigen jedoch auch jene wenigen überlieferten zeichnerischen Entwürfe Palla­ dios, die den Kontext einer Villenanlage einbeziehen. Howard Burns hat diesen Zeich­ nungen einen ebenso konzisen wie grundlegenden Aufsatz gewidmet. 56 Ein an die Topo­ graphie angepasster Entwurf für die Villa des Marcantonio und Adriano Thiene in Quinto Vicentino von ca. 1542–1546 bezieht die Transportwege der Umgebung mit ein: Das Wohngebäude der Villa wird zum Zentrum der örtlichen Transportwege per Straße und Fluss. Palladio schlägt zudem eine Spiegelung der Durchgangsstraße des Dorfes nach Süden vor und plant eine weitere Brücke über den Fluss Tesina. 57 In den Quattro Libri beschreibt Palladio die Anlage von Alleen für Marcantonio und Adriano Thiene in Quinto Vicentino und für Odoardo Thiene in Cicogna di Villafranca Padovana. 58 Was die erstgenannte Villa betrifft, so wurde tatsächlich nur ein kurzes Stück der Straße von Quinto Vicentino nach Lisiera von ungefähr 500 Meter Länge begradigt, nach einem Landtausch mit den Nachbarn, den Mönchen von San Bartolomeo, im April 1545. 59 Pal­ ladios lediglich anfänglich ausgeführtes Projekt einer Villa für Odoardo und Teodoro Thiene in Cicogna wies auf der Rückseite des geplanten Gutsgebäudes einen halbrunden Platz auf, der wohl auf das Vorbild des ebenfalls halbrunden Platzes vor der Villa Giulia in Rom zurückgreift.60 Palladios Platz fungierte als Sammelpunkt und als Verteiler ver­ schiedener Straßen. Dies geht aus einer auf den 22. August 1564 datierten Karte von Cristoforo Sorte zurück, die im Archivio di Stato di Venezia auf bewahrt wird. 61 Eine Besonderheit stellt auch ein zeichnerischer Entwurf für den Gesamtkomplex der Villa Pisani in Bagnolo di Lonigo dar, auf dem, wie Burns betont, ausnahmsweise der gesamte Komplex dargestellt ist, inklusive einer Zugangstreppe vom Fluss auf das Grundstück sowie des Hofareals. Auf seiner bereits vorgestellten Entwurfsskizze für die Villa des Vincenzo Arnaldi in Meledo Alto (Abb. 2) streicht Palladio den bereits skizzier­ ten Grundriß eines Taubenturms wieder durch, weil er die Ansicht verstellen würde, wie aus Arnaldis Aufzeichnungen hervorgeht.62 Die genannten, von Burns analysierten Beispiele zeigen: Es sind einige ‚ortsbezogene‘ Entwurfszeichnungen Palladios erhalten geblieben. Die meisten zeichnerischen Ent­ würfe Palladios werden allerdings verlorengegangen sein. Einige dieser verlorenen zeich­ nerischen Entwürfe dürften ebenfalls Merkmale des gesamten Umfeldes (der Topogra­ phie, Vorgängerbauten, Straßen etc.) berücksichtigt haben, während die idealisierten Holzschnitte der Villen in den Quattro Libri zwar den Kern der Anlage – das Herrenhaus – häufig annähernd getreu wiedergeben, aber nicht den Wirtschaftshof, separate Wirt­

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schaftsgebäude und auch nicht das umgebende Terrain. Hingegen hat Palladio die Villen und ihre Nebengebäude, wie sie tatsächlich und konkret vor Ort realisiert worden sind, offenbar mit Rücksicht auf das konkrete Grundstück und seinen Kontext entwickelt. Einschränkende Merkmale der tatsächlichen Topographie – Vorgängerbauten, Grund­ stücksgrenzen, bereits ausreichend vorhandene Wirtschaftsgebäude etc. – werden in den Quattro Libri hingegen zugunsten einer vom Kontext abstrahierenden, vorbildhaften Darstellung ignoriert.63 Erst Ottavio Bertotti Scamozzi erhebt im späten 18. Jahrhundert das – modern gespro­ chen – „site adjustment“ zu einem zentralen Merkmal von Palladios Architektur. Er zitiert den eben angeführten Abschnitt aus dem Vitruv-Kommentar Daniele Barbaros direkt zu Beginn seines Fremdenführers Il forestiere istruito 64, um die Unterschiede zwi­ schen den publizierten und den realisierten Gebäuden Palladios, zwischen den idealisier­ ten Darstellungen der Quattro Libri und seinem Bauen in situ zu erklären. In seiner eigenen Beschreibung der Villa Rotonda (vgl. Abb. 3) geht Palladio demnach weiter, als seine Kenntnisse von Vitruv und seine allgemeinen Leitlinien es erlaubten; er beschreibt die Villa als Belvedere mit direktem Bezug zur umgebenden Landschaft und greift zugleich auf Topoi des ‚idealen Ortes‘ und des Ortsbezuges von Architektur zurück, die ihm aus anderen antiken Quellen als Vitruv vertraut waren:   auf den Blick in vier Himmelsrichtungen und entlang von vier Sichtachsen, wie ihn Plinius der Jüngere für das zentrale Speisezimmer seines Laurentinum beschrie­ ben hatte und   auf Konzepte des idealen Ortes als ‚Theater der Natur‘, die ihm aus einer Vielzahl antiker Quellen bekannt waren. Dass Palladio die Gestalt der Villa Rotonda (wie auch der Villa Trissino in Meledo65) auf die umgebende Gegend zurückführt, ist innerhalb der Quattro Libri und überhaupt innerhalb der schriftlichen Überlieferung jedoch eine unorthodoxe, seltene Stellung­ nahme im Sinne einer site determined architecture.66 Geradezu die Unterordnung der Architektur unter die Natur kommt auch in einem Brief des Architekten und Bildhauers Bartolomeo Ammanati über die römische Villa Giulia zum Ausdruck, an deren architek­ tonischer Konzeption er beteiligt war. Ammanati schreibt in diesem Brief von 1555, man habe „mit diesem Palast einem schönen und anmutigen Tal gehorchen wollen.“67 Auch ein Besuch der Palladio-Villen vor Ort und neuerdings die von Gerrit Smienk und Johannes Niemeijer publizierten Luftaufnahmen erweisen, dass Palladio etliche seiner Villen in Grundriss, axialer Struktur und Kubatur dem umliegenden Gelände angepasst hat, 68 obwohl er darauf in seinen Quattro Libri nicht eingeht. Das Umland einiger seiner Landhäuser war keine alte, literarisch geadelte Kulturlandschaft, sondern kürzlich erst gewonnenes Ackerland: Das Agrarland etwa um die Villa Saraceno bei Fina­ le oder um die Villa Emo war erst kurz vor Baubeginn durch neu entwickelte Maßnah­

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men der Trockenlegung und Bewässerung aus Sümpfen und Brachland gewonnen wor­ den – im Zuge jener zweiten Landnahme durch Venedig, die Cosgrove für das Veneto des 16. Jahrhunderts umfassend herausgearbeitet hat und die seit 1556 von einer neu gegrün­ deten Magistratura dei Beni Incolti koordiniert wurde.69 Zugleich folgte die Parzellierung des Landes häufig Vorgaben der römischen Centuriation, erfolgte more romano, wie dies Luftaufnahmen der Villa Saraceno in Finale di Agugliaro und der Villa Emo so eindrucks­ voll zeigen (Abb. 24). 70 Diese Villen mussten neben herrschaftlicher Repräsentation zugleich und vor allem funktionalen Anforderungen genügen. So war die Villa Emo Mit­ telpunkt eines großen Gutes, auf dessen Feldern Mais, das neue Getreide aus den spa­ nischen Kolonien, angebaut wurde.71 Die Rampe, die zum Salone grande führt (Abb. 26), wurde zugleich zum Trocknen und Dreschen der neuen Feldfrucht benutzt, das Attika­ geschoss als Getreidespeicher, die seitlichen Türme als Taubentürme. 72 Die nach neueren Forschungen bereits um 1555 errichtete Villa Emo scheint möglicherweise schon früh mittels baumbestandener Alleen, welche die Quattro Libri nicht zeigen, in die Umge­ bung ausgegriffen zu haben (Abb. 27). 73 Burns hat betont, dass das venezianische Patriziat sowie Adelige und Patrizier des Veneto über teils zwar umfangreiche, aber doch kleinteilig mit den Besitzungen anderer Landbesitzer verzahnte und von diesen öfter unterbrochene Ländereien verfügten – während etwa der französische oder englische Adel große zusammenhängende Gebiete bewirtschaftete. 74 Palladio hat diesen Mangel dadurch kompensiert, dass er die zentralen Empfangsräume und Loggien seiner Villen häufig auf weite Ausblicke hin öffnete, so dass auch Land, das der Bauherr gar nicht besaß, auf sein Herrenhaus zentriert erschien, wie im Falle der Villa Rotonda. Die Villa des Leonardo di Alvise Emo scheint inmitten

24  Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Luftaufnahme im landwirtschaftlichen Kontext nach Smienk/Niemeijer 2012

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25  Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Luftaufnahme im landwirtschaftlichen Kontext (vor 1993)

einer weithin sich bis beinahe ins Unendliche erstreckenden Ebene von Feldern der Emo zu liegen – zugleich wird der Ausblick aus dem großen Saal der Loggia nach Süden, der von einer langen Reihe von Alleebäumen rechts und links ‚perspektivisch‘ gerahmt wird, durch eine markante Bergkuppe terminiert. Diese Anhöhe befindet sich genau auf einer Linie mit der mittigen Öffnung der Gartenseite der zentralen Loggia. Auf sie ist die mittlere Achse der achsensymmetrisch angelegten Villa genau ausgerichtet. Dies ist nur an klaren Tagen sichtbar (Abb. 27). 75 Eine historische Schwarz-Weiß-Fotografie im Archiv des Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio in Vicenza zeigt, was sich nur bei guter Sicht eröffnet: seitlich schließen an diesen Berg links und rechts jeweils langgestreckte Hügelzüge an, so dass das Villengebäude mit seinen langen lateralen Flügeln (vgl. Abb. 25) insgesamt als Echo der fernen Höhenzüge erscheint. 76

Der antike Topos des ‚Hügelthe aters‘ Auf welche Vorlagen griff Palladio bei der Beschreibung seiner Villa Rotonda zurück? Auf Anforderungen Albertis an den idealen Bauplatz einer Villa hat Erik Forssman auf­ merksam gemacht. 77 Dieser wichtige Hinweis erklärt allerdings nicht die auffälligste Wendung im Text Palladios: die von den „Hügeln“, die den „Anblick eines sehr großen Theaters bieten“. Mit ihr charakterisiert Palladio die landschaftliche Umgebung seines Gebäudes mittels einer architektonischen Metapher.78 Rosario Assunto hat auf eine wei­ tere literarische Parallele verwiesen, die sich im Decamerone Boccaccios, vollendet in den fünfziger Jahren des Trecento, findet. Dort wird das „Tal der Frauen“ (Decameron VI, 10)

26  Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Ansicht von frontal vorn (1999)

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27   Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Axiale Aussicht aus dem Mittelrisalit auf eine Hügelkuppe (1999)

als ein natürliches ‚Hügeltheater‘ beschrieben. 79 Das Motiv geht jedoch sowohl bei Boc­ caccio als auch bei Palladio auf die römische Antike zurück, wie im Folgenden im Rück­ griff auf einen früheren Aufsatz des Autors dargelegt werden soll. 80 Das ‚Hügeltheater‘ bei Plinius dem Jüngeren Ein zeitgenössischer gebildeter Leser wurde mit den Worten „colli che rendono l’aspet­ to di un molto grande theatro“ auf eine bekannte literarische Quelle über die pagane Villa der Antike verwiesen. Das Motiv des ‚Hügeltheaters‘ bezieht sich auf eine Passage aus einem der Villenbriefe Plinius’ des Jüngeren – und damit auf einen der prominentes­ ten antiken Texte über die Architektur des herrschaftlichen Landhauses. 81 Plinius beginnt die Beschreibung des situs seiner tuskischen Villa82 mit einem Satz, der für die quattround cinquecenteske Topik des idealen Ortes einer Villa folgenreich werden sollte: „Die Form der Gegend ist sehr schön. Stelle Dir ein riesiges Amphitheater vor, wie es nur die Natur selbst erschaffen kann […].“ 83 Danach wird dieses natürliche Amphitheater – „eine weite und ausgebreitete Ebene, […] von Bergen umschlossen“ 84 – eingehend beschrieben: als ein klar gegliederter land­ schaftlicher Mikrokosmos, der von umlaufenden Hügelketten begrenzt ist. Die frucht­ bare und schöne Gegend, die mit dieser aus dem Bereich menschlicher téchne entnom­ menen Metapher vor dem inneren Auge des Lesers evoziert wird, war schon vor den Eingriffen des Menschen vollkommen. Von Natur aus ist sie regelhaft angelegt, etwa indem sie vom Tiber genau „in der Mitte durchschnitten“ wird. 85 Plinius entwirft eine klar geordnete Idealtopographie, der es jedoch nicht an realistischen Details, an empiri­ scher Wahrscheinlichkeit mangelt. Wegen der Regelmäßigkeit der Gesamtform des Tales und seiner regelhaften Abfolge von Landschaftselementen, die in der streng struk­ turierten Ekphrase abgebildet werden, vergleicht Plinius am Ende der Beschreibung den situs seiner tuskischen Villa nochmals mit einem Werk menschlicher ars – nun nicht der Architektur, sondern der Malerei: „Es wird für Dich ein großer Genuss sein, wenn Du von einem Berge aus auf diese Landschaft hinunterblickst. Denn es wird Dir vorkommen, als sähest Du nicht Län­ dereien, sondern ein in außergewöhnlicher Schönheit gemaltes Bild, an dessen Abwechslungsreichtum und Gliederung Deine Augen sich erquicken werden, wohin auch immer sie blicken.“ 86 Der von Plinius ausführlich beschriebene Landschaftsprospekt befindet sich im Blickfeld seiner Villa87:

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„Die Villa liegt am Fuße eines Hügels und überblickt [diese Gegend] wie von oben. So leicht und allmählich erhebt sie sich auf unmerklich ansteigendem Abhang, dass, obgleich Du nicht zu steigen meinst, Du zugleich siehst, dass Du gestiegen bist.“ Wegen des Abwechslungsreichtums („varietas“) und der Klarheit der Einteilung („des­ criptio“) des von der Villa erblickten Territoriums könne man nicht unterscheiden, ob man eine „formam pictam“ – ein Gemälde bzw. eine Landkarte88 – oder eine wirkliche Gegend vor sich sehe. Der Vergleich zwischen Ausblick und Gemälde ist alt. Aber erst Alberti wird diesen Vergleich umkehren: Bei Plinius wird der Ausblick auf das Gelände mit einem Gemälde (und einem Gebäude, einem Amphitheater) verglichen – bei Alberti umgekehrt das Gemälde mit einem Ausblick. Übereinstimmungen zwischen Plinius und Palladio bestehen nicht nur aufgrund der Beschreibung eines natürlichen Theaters, des leichten Anstiegs zum Landhaus und der Fruchtbarkeit der Umgebung. In Palladios Architekturkonzeption, die er in den Quattro Libri niedergelegt hat, ist ein naturphilosophisches Konzept bestimmend, das bereits Plinius’ Beschreibung der Umgebung seines tuskischen Landhauses prägt: die eingangs angesprochene Strukturanalogie zwischen ars und natura, die mit einer gleichermaßen der menschlichen ‚Kunst‘ als auch der Natur innewohnenden Regelhaftigkeit begründet wird. 89 Palladios Traktat ist von dem traditionellen Leitmotiv einer harmonischen Ent­ sprechung der „bella machina del mondo“ mit dem Bauwerk nachhaltig geprägt, die Pa­l­ ladio im Proemium des vierten Buches ausdrücklich benennt. 90 Die Natur erscheint bei Plinius als Schöpferin eines riesigen, natürlichen Amphi­ theaters, das einem Bauwerk menschlicher ars überlegen ist. Sie wird als Künstlerin cha­ rakterisiert, als – wie es der Stoiker Balbus in Ciceros De natura deorum ausdrückt – „ord­ nende Kraft, deren Geschicklichkeit keine Kunst, keine Hand und kein Werkmeister nachahmen und erreichen kann […].“91 Plinius’ landschaftliches „Amphitheater“ dürfte, wie noch näher auszuführen sein wird, auf Konzepte stoischer Naturphilosophie zurück­ gehen: Die natura rerum hat gemäß einer in der stoischen Naturphilosophie formulier­ ten Konzeption der „Natur als Baumeisterin“ 92 das „amphitheatrum immensum“ als eine ‚erste Architektur‘ geschaffen. 93 Der Kosmos des Kolosseums: Martial und Plinius Die naturphilosophischen Implikationen von Plinius’ Metapher des natürlichen Amphitheaters werden vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund noch deutlicher: Plini­ us’ Beschreibung der Gegend seiner Villa als „amphiteatrum inmensum“ wird gegen 90−100 n. Chr. datiert. Sie bezieht sich implizit auf ein markantes Ereignis seiner Zeit: auf die Errichtung des Amphitheatrum Flavium, des (seit dem Mittelalter so genannten) Kolosseums, und auf dessen festlich-schauerliche Eröffnung im Jahre 80, wie nun aus­ geführt werden soll.

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Theaterbauten sind bildgenerierende Gebäude par excellence. Dies gilt in besonderer Weise für das Amphitheatrum Flavium, das erste in Stein gebaute Amphitheater der Stadt Rom und das größte des römischen Imperiums (Abb. 28). Der Dichter Martial hat den mehrtägigen Eröffnungs-‚Spielen‘, die eine große Zahl von Opfern an Menschen forderten und bei denen nach Cassius Dio „gegen 9000 zahme und wilde Tiere getötet“ wurden, 94 in seinem Liber de Spectaculis ein ebenso kunstvolles wie grausames Denkmal gesetzt, 95 das bereits im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts mehrfach gedruckt worden ist. Plinius der Jüngere wiederum ist jener antike Autor, dem wir das einzige längere bio­ graphische Zeugnis über Martial verdanken – einen Brief, der den frühen gedruckten Martial-Ausgaben regelmäßig vorangestellt wurde. 96 Zweifellos kannte Plinius die Gedichte des Epigrammatikers. 97 Wenn Bauten nicht als in sich geschlossene, autonome Gebilde, sondern als Disposi­ tive begriffen werden, die Handlungen vorstrukturieren und Wahrnehmungs-Modi generieren, so ist das römische Amphitheater hierfür ein ebenso anschauliches wie ab­ gründiges Beispiel: Das Innere des Kolosseums bot jedem Zuschauer eine doppelte, jeweils annähernd totale Übersicht: zum Einen über die Arena mit ihrer elliptischen Spielfläche und zum Anderen über die konzentrischen Zuschauerränge. In der Arena führte man nach dem Zeugnis Martials literarische Stoffe der griechischen Antike in

28  Rom, Amphitheatrum Flavium (sog. Kolosseum), eingeweiht 80 n. Chr. [nach historischer Fotografie um 1890]

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landschaftlicher Szenerie auf. Mythische Erzählungen wurden auf diese Weise mittels zum Tode Verurteilter, die etwa die Rolle eines ‚Orpheus, der vor den Tieren singt‘ ein­ nehmen mussten, zu – horribile dictu – neuartiger Evidenz und Anschaulichkeit gebracht. Durch die makabren Spektakel wurden die Fiktionen des Mythos in die Faktizität des Augenscheins überführt, was Martial besonders hervorhebt. Der Anblick der Zuschauer­ ränge wiederum veranschaulichte sozusagen bildhaft die hierarchisch gestufte Topolo­ gie der römischen Gesellschaftsordnung. 98 Sowohl die aus allen Blickwinkeln gegebene anschauliche Erneuerung und Evidenz der alten Mythen in der Arena, auf der Bühne sozusagen, als auch die Augenfälligkeit der ansonsten unanschaulichen Machtstruktur des Imperium Romanum mittels einer sorg­ fältig angelegten Sitzordnung auf den Rängen verdanken sich einer Architektur, die alles, was innerhalb ihres Gesichtskreises erscheint, zum Bild inszeniert:99 die Zu­schauer und das Spektakel gleichermaßen. L andschaftsbeschreibung und stoische Providentialgeographie bei Plinius d. J. In der Beschreibung seiner tuskischen Villa setzt Plinius der grausamen Ästhetik des Spektakels bei Martial die Evokation einer aus sich selbst geordneten ‚Architektur der Natur‘ entgegen,100 in deren Mitte ein friedvoll-arkadischer locus amoenus, eine blumen­ bestandene und von Bächlein durchzogene Wiese geschildert wird.101 In der Antike wird der Topos des ‚natürlichen Theaters‘ durch das Konzept einer natura artificiosa begründet, wie sie in unterschiedlichen Spielarten in der aristotelischen Physik und der Geographie von De mundo,102 in der Figur des platonischen Weltenbaumeisters und in der stoischen Konzeption einer kunstvoll und teleologisch agierenden Natur, die Cicero im zweiten Buch von De natura deorum zusammenfasst, überliefert ist.103 Plinius’ Beschreibung des von der rerum natura geschaffenen „amphitheatrum inmensum“ ist – wie bemerkt – durch die stoische Naturphilosophie und Providentialgeographie geprägt.104 In christli­ cher Umdeutung dieser Tradition interpretiert Giovanni Maria Cataneo in seinem lange einschlägigen Kommentar zu den Pliniusbriefen von 1506 die plinianische „rerum natu­ ra“105, die Natur also, die das landschaftliche Amphitheater der Umgebung der tuski­ schen Villa laut Plinius geschaffen habe, als „Deus ipse“ – als „Gott selbst“.106 Die Regelhaftigkeit der Architektur als einer Nachahmerin der Natur, als einer „imi­ tatrice della natura“107, liegt für die Architekturtheorie der Antike wie auch der italie­ nischen Renaissance in einer vorausgesetzten Ordnung der Natur und insbesondere der supralunaren Natur, also des Kosmos begründet.108 Erst die sensualistische Architektur­ theorie des 18. Jahrhunderts wird sich von diesem Paradigma verabschieden.109 Die Wir­ kung der plinianischen Metapher des natürlichen Amphitheaters in der italieni­schen Renaissance ist ein Indiz für die Bedeutung dieser Konzeption auch für die architekto­ nische Inszenierung von Ausblicken während der Frühen Neuzeit.

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Für die Architekturtheorie des Quattro- und Cinquecento ist die erwähnte antike Vorstellung der natura artificiosa110, einer kunstreich produzierenden Natur, ebenfalls von bestimmender Bedeutung. Platons Dialog Timaios, in dem die Welt als ein von har­ monischen Zahlenverhältnissen durchdrungenes, vollkommenes Werk des Demiurgen beschrieben wird, spielt hier eine ebenso große Rolle wie die aristotelische Konzeption einer Strukturanalogie von physis und téchne. Letztere besitzt etwa in Daniele Barbaros Vitruv-Kommentar einen hohen Stellenwert.111 Nachhaltig war auch die Wirkung der ‚physikotheologischen‘ Naturphilosophie der Stoa und insbesondere von Ciceros De natura deorum.112 Der platonische Demiurg beziehungsweise die stoische providentia werden, wie Ernst Robert Curtius gezeigt hat, in der christlichen Tradition schon früh mit Gott als dem architectus mundi gleichgesetzt, der die Welt „in mensura et numero et pondere“113 (also in „Maß, Zahl und Gewicht“) geordnet hat.114 Topische ‚Hügeltheater‘: Vitruv, Vergil, Strabon In Vitruvs Ausführungen über das Mausoleum von Halikarnassos findet sich eben­ falls eine geometrisierende, auf der Form des Halbkreises, auf Symmetrie und Zentralität auf bauende Beschreibung der landschaftlichen Situation eines Gebäudes. Das Terrain

29  Mausoleum von Halikarnassos, Holzschnitt der Florentiner Vitruv-Edition des Fra Giocondo (id. [Hrsg.], Vitruvius iterum et Frontinus a Iocundo revisi repurgatique quantum ex collatione licuit, Florenz 1513, fol. 34)

des Mausoleums – übrigens nach der Beschreibung Plinius’ des Älteren ein auf die vier Himmelsrichtungen ausgerichteter Zentralbau – wird von Vitruv mit einem Theater ver­ glichen115: „Obwohl er [sc. der König Mausolos] nämlich zu Mylasa geboren war, errichtete er sich, als er bemerkt hatte, dass in Halikarnaß ein von Natur befestigter Platz und ein für einen vorteilhaften Handelsplatz geeigneter Hafen vorhanden war, dort einen

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Palast. Dieses Gelände aber ist dem Halbrund eines Theatersitzraumes ähnlich. Daher wurde ganz unten längs des Hafens der Markt angelegt. Durch die Mitte der Höhe des Halbrunds und den Gürtelgang wurde eine sehr breite Straße geführt, in deren Mitte das Mausoleum mit so hervorragenden Kunstwerken geschaffen ist, das es unter die sieben Weltwunder zählt. Ganz oben auf der Burghöhe in der Mitte steht das Heilig­ tum des Mars […]. Ganz oben auf dem rechten Flügel steht ein Heiligtum der Venus und des Merkur.“116

30  Mausoleum von Halikarnassos, Illustration aus der Vitruv-Übersetzung von Cesare Cesariano (id., Di Lucio Vitruvio Pollione de Architectura Libri Dece traducti de Latino in Vulgare affigurati: Commentati […], Como 1521, Lib. II, fol. XLI verso)

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31  Antonio da Sangallo il Giovane, Rekonstruktion des Mausoleums von Halikarnassos, Florenz, Galleria degli Uffizi, GDS, Inv. 894A

Nach Vitruv befand sich der Königspalast auf dem „linken Flügel des Halbrunds“ – die Symmetrie des Geländes und die symmetrische Positionierung dreier Bauten des Mauso­ los in der Mitte und an den Rändern des natürlichen Theaters aus Anhöhen werden von Vitruv also in Analogie gesehen.117 Vitruv geht auch ausdrücklich auf das Thema der Aus­ sicht ein: Von seinem Palast aus habe Mausolos, so schreibt er in De Architectura, das gan­ ze Areal überschauen können.118 Die von Vitruv beschriebene Lage des Mausoleums von Halikarnassos ist mehrfach in De Architectura-Ausgaben des 16. Jahrhunderts dargestellt worden: Am bekanntesten ist die Illustration der Edition Cesare Cesarianos von 1521 (Abb. 30).119 Sie zeigt das Mau­ soleum – wohl im Rückgriff auf Plinius’ des Älteren Naturalis Historia120 – als Zentral­ bau,121 der sich genau über der Mittelachse des Hafens von Halikarnassos erhebt. Letzterer wird als Halbkreis mit ansteigenden Stufenreihen (einer cavea gleich) wiedergegeben. Bereits in dem entsprechenden Holzschnitt der Florentiner Ausgabe von Fra Giovanni Giocondo da Veronas florentinischen Vitruv-Editionen aus den Jahren 1513 und 1522 findet sich ein Beleg für eine ‚geometrisierende‘ Lektüre und Rekonstruktion von Vitruvs Beschreibung der Lage und Umgebung des Mausoleums (Abb. 29).122 Kürzlich hat Howard

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Burns das von Vitruv beschriebene und in der Renaissance, etwa von Antonio da Sangallo dem Jüngeren, mehrfach graphisch rekonstruierte Mausoleum von Halikarnassos mit sei­ nen vier Portiken als mögliches Vorbild der Villa Rotonda Palladios genannt (Abb. 31).123 Auch aus anderen Schriften der antiken Textgattungen der laus locorum und der descriptio locorum124 (also aus Lobschriften und Beschreibungen von Gegenden und Orten) kannte die Renaissance eine Reduktion empirischer Topographie auf geometrische Grundfiguren unter dem Leitmotiv des ‚Theaters‘. So wird in Vergils Beschreibung des von der Natur in idealer Weise disponierten Hafens von Karthago eine Theatermetapher ver­ wendet. Vergils Aeneis beschreibt den Ort des Hafens als „scaena“, als „Bühne“ oder „Schauplatz“.125 Diese Schilderung eines idealtypischen natürlichen Hafens hat bereits ein früher Leser einer berühmten spätantiken Vergil-Handschrift im Vatikan, des sog. Vergil­ ius Romanus, in einer summarischen Randzeichnung graphisch rekonstruiert.126 In der Tradition topisch-idealer, halbkreisförmiger Häfen steht außerdem eines der sog. Odyssee­ fresken vom römischen Esquilin, die allerdings erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun­ derts ergraben worden sind (Abb. 32).127 Vergil beschreibt außerdem den Ort der Leichen­ spiele zum Todestag von Anchises als Tal, das, von bewaldeten Hügeln ringsum umgeben, in seiner Mitte einen „teatri circus“ enthalte.128

32  Zerstörung der Schiffe des Odysseus im Hafen der Laistrygonen, Viertes Bildfeld der sog. Odysseefresken vom Esquilin, ca. 116 × 152 cm, 1. Jh. v. Chr., Vatikanstadt, Vatikanische Museen

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Bereits Strabon spricht in der Beschreibung des römischen Marsfeldes über „Gipfel von Hügeln“, die vom Marsfeld aus betrachtet, das „Bild einer Theaterkulisse darbieten“. Durch Bauten des Pompeius, Caesars und der Familie des Augustus habe das Marsfeld „zusätzlich zu seiner natürlichen Beschaffenheit noch den Schmuck durch mensch­ liche Planung erhalten […]. Denn schon die Größe des Feldes ist beeindruckend […]; *und die ringsum liegenden Bauten, der das ganze Jahr hindurch grünende Boden und die Kränze [bzw. Kronen] von Hügelkuppen über dem Fluss [Tiber], die bis an sein Bett reichen und die den Anblick eines Bühnenbildes im Theater darbieten, ergeben einen Anblick, von dem man sich nur schwer trennt*. Daher [sic!] hat man auch, weil man diese Stelle als die weihevollste empfand, hier die Denkmäler der prominentes­ ten Männer und Frauen angelegt; das bedeutendste ist das sogenannte Mausoleum, ein großer auf einer hohen Basis aus weißem Marmor aufgeschütteter Hügel, der bis zur Spitze mit immergrünen Bäumen bedeckt ist.“129 Guarino Guarini übersetzt Strabons Worte über die Hügel, die das Bild einer Theaterku­ lisse darböten, in seiner lateinischen, lange einschlägigen und vielfach neu aufgelegten Übertragung der Geographica so: „Quid perennes solo herbas, coronatosque usque ad fluminis alveum colles? Sceni­ carum ostentatio picturarum eiusque generis spectacula praestant, ut difficulter et inuitus abscedas.“130 „Was soll ich noch über die immergrünen Wiesen und über die kranzförmigen [wört­ lich: ‚bekränzten‘] Hügel sagen, die sich bis an das Flussbett erstrecken? Der Anschein eines Bühnenbildes und derartige Anblicke sorgen dafür, dass man sich schwerlich und widerwillig davon trennt.“ Guarino, der veronesische Entdecker des Corpus der Plinius-Briefe im heute bekannten Umfang, dürfte bei Lektüre und Übersetzung des griechischen Textes Strabons über die Hügel am Marsfeld in Rom sowohl den plinianischen Topos des ‚Hügeltheaters‘ als auch den ebenfalls bereits erörterten Vergleich einer Gegend mit einem Gemälde aus Plinius’ Beschreibung von dessen tuskischer Villa wiedererkannt haben. Guarino spricht in sei­ ner Übersetzung von Strabons Beschreibung der Aussicht vom römischen Marsfeld auf die umgebenden Hügel jedenfalls ausdrücklich von dem Anschein beziehungsweise der „ostentatio“ (wörtl. „Zurschaustellung“) eines Gemäldes oder Bühnenbildes (einer „pic­ tura“ bzw. einer „pictura scenica“). Indem Guarinos einschlägige Übertragung in Anlehnung an Strabon die Hügel als „coronatos“, also als kranz- und kreisförmig gerundet beschreibt, machte sie eine weite­ re Spielart des antiken Topos des kreisrunden Ortes als Inbild idealer Topographie bekannt, den Hügelkranz. Die idealtypische Kreisform und eine ebenfalls topische, oben

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angesprochene Strukturanalogie von ars und natura liegen auch der späteren Beschrei­ bung des Vadimonis Lacus durch den jüngeren Plinius zugrunde. Plinius schreibt über den heutigen Lago di Bassano in Latium, der zwischen den heutigen Gemeinden Orte und Bomarzo gelegen ist: „Der See sieht wie ein liegendes Rad aus und ist ganz rund; keine Bucht, keine Krüm­ mung, gleichmäßig und wie von Künstlerhand ausgehöhlt und ausgeschnitten.“131 Vergleichbare Passagen über die Werke einer planvoll gestaltenden, im Sinne der stoischen Providentialgeographie aufgefassten Natur finden sich wiederum bereits bei Strabon, so in seiner Beschreibung der Lage von Tolosa, dem heutigen Toulouse: „Mehr als alles andere ist es angebracht [im Hinblick auf das heutige Toulouse, G. B.] noch einmal auf das vorhin erwähnte Zusammenstimmen des Landes mit den Flüs­ sen und dem Meer, dem äußeren ebenso wie dem inneren, hinzuweisen. Wenn man nämlich darüber nachdenkt, dürfte man entdecken, dass dies nicht der unbedeu­ tendste Teil der Trefflichkeit d[ies]es Landes ist, […] dass für die Bedürfnisse des Lebens Alle mühelos mit Allen verknüpft sind und der Profit Allen gemeinsam offen steht […]; man könnte daher sogar meinen, dergleichen zeuge von dem Werk der Vorsehung, da die Örtlichkeiten nicht willkürlich, sondern wie mit einer Art von Berechnung angeordnet sind.“132 Ausonius schließlich schreibt noch im 4. Jahrhundert, die Anhöhen um die Mosel erhö­ ben sich als natürliches „Theater“ („adsurgunt naturalique theatro“133). Er berichtet, dass sich die Einwohner dieser Gegend an der „scaena locorum“134, d.h. an dem „Schauplatz der Orte“ von Fels, Wald und Mosel erfreuten, wobei das Wort „scaena“ ebenfalls auf die Welt des Theaters anspielt. Das Fortuna-Heiligtum in Palestrina und sein ‚Bergtheater‘ Wie Palladios Beschreibung der Rotonda und ihre graphische Darstellung (Abb. 3) den zeitgenössischen Leser der Quattro Libri auf ein Gewebe literarischer Topoi und graphischer Konventionen verwiesen, das es im Folgenden noch weiter zu durchleuchten gilt, so erinnerte die landschaftliche Einbettung der gebauten Villa an die konkrete topo­ graphische Situation und Umgebung von Bauten aus Antike und Renaissance. Mit der Inszenierung eines weiten Ausblickes auf die Anhöhen der Colli Berici bei Vicenza, die Palladio als „sehr großes Theater“ bezeichnet, dürfte er sich neben der Villa dei Vescovi bei Luvigliano insbesondere auf den Ausblick vom Heiligtum der Fortuna Primigenia in Palestrina, dem antiken Praeneste bezogen haben (Abb. 14). Dieses Terras­ senheiligtum mit bekrönendem Tempel, einem kreisrunden Zentralbau, wurde vermut­

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33  Rekonstruktion des oberen Teils des Terrassenheiligtums von Praeneste/Palestrina nach Boëthius/Perkins: Ansicht (oben) und Aussicht (unten)

lich um 100 v. Chr. errichtet (Abb. 33, 35). Es soll kurze Zeit später, nach 82 v. Chr., unter Sulla erneuert worden sein.135 Palladio kannte den – vor den Bombardierungen des zwei­ ten Weltkrieges allerdings weitgehend überbauten – Terrassentempel am Monte Ginestro von mindestens einer seiner Romreisen, jener von 1547, aus eigener Anschauung und er hat ihn zeichnerisch rekonstruiert (vgl. Abb. 34).136 Die oberste Terrasse des ehemaligen Heiligtums von Palestrina eröffnete für einen Besucher der Renaissance, dem die damals verbreitete Topik des ‚natürlichen Theaters‘ vertraut war, eine Aussicht, die ein „molto grande Theatro“ aus Höhenzügen exempla­ risch vor Augen führte – und führt (Abb. 14). Von einem Standpunkt innerhalb der bis heute weitgehend erhaltenen oberen, mittigen Treppen-Exedra des Fortuna-Tempels ist die ungewöhnliche Symmetrie des Ausblicks auf die Ketten der Albaner- und der Vols­ kerberge unübersehbar (vgl. Abb. 33). Diese theaterförmige Treppenanlage wurde zu Palladios Zeit als Vorplatz des Baronalpalastes der Colonna (des späteren Palazzo Colon­ na-Barberini) genutzt, den diese Familie im 15. Jahrhundert errichten liess. Kein Gerin­ gerer als Julius Caesar, „den sie zu ihren Ahnen zählten, habe einst den Palast in Form der Initiale seines Namens (‚C’) errichtet.“137

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34  Andrea Palladio, Ideal-Rekonstruktion des Forums von Praeneste, oberer Teil, Federzeichnung, um 1550–1560. London, Royal Institute of British Architects, IX/8, obere Hälfte

35  Rekonstruktion des Terrassenheiligtums von Praeneste/Palestrina nach Kähler 1970

Diese Höhenzüge der Albaner- und der Volskerberge, welche die Aussicht abschlie­ ßen, bilden – vom axialen Zentrum des Terrassentempels aus betrachtet – einen thea­ terförmigen Halbkreis, der wie mit dem Zirkel gezogen scheint (vgl. Abb. 14, 33). Der kreisförmige Prospekt der Berge wird in den Stufen der beschriebenen, unterhalb des bekrönenden Rundtempels des Heiligtums gelegenen Exedra aufgenommen und somit in der Wahrnehmung des Besuchers zum Kreisrund ergänzt. Es ist mit einiger Wahr­ scheinlichkeit zu vermuten, dass Palladio und möglicherweise auch sein Auftraggeber den Ausblick vom praenestinischen Terrassenheiligtum mit seinen halbkreisförmig angeordneten Höhenzügen in der scheinbar halbkreisförmigen Hügelformation der Colli Berici, wie sie sich von dem Bauplatz der Villa Rotonda darbietet, gewissermaßen wie­ dererkannten – sozusagen in einem verkleinerten Abbild. Palladios Bauherr Almerico hatte vor Planungsbeginn lange in Rom gelebt138 und der Bauplatz stand vor den Planun­ gen für ein konkretes Gebäude bereits fest.139 Der imponierende Anblick und die weitgespannte Aussicht von den Ruinen des For­ tuna-Heiligtums von Palestrina ist schon von Pirro Ligorio um die Mitte des 16. Jahrhun­ derts thematisiert worden.140 Palladio und seine Zeitgenossen dürften die erstaunlich

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symmetrische Konfiguration der Aussicht auf die genannten Bergketten vor dem Hinter­ grund ihrer Kenntnis der traditionellen Topoi des kreisrund begrenzten und regelhaft strukturierten ‚idealen Ortes‘ durchaus wahrgenommen haben. Es liegt nahe, dass Palla­ dio diesen Landschaftsprospekt nicht nur mit dem plinianischen „amphitheatrum inmensum“, sondern auch mit den einschlägigen klassischen Texten über den römischen Auguralraum und das templum assoziiert hat, die von Varro, Livius und Plutarch verfasst worden sind.141 Die beiden letztgenannten Autoren nennt Palladio in seinem Reisefüh­ rer zu den antiken Bauwerken Roms, der erstmals 1554 erschien, als seine Quellen. Pal­ ladio dürfte aus den genannten Autoritäten der römischen Antike ebenfalls bekannt gewesen sein, dass das alte, vorrepublikanische Konzept des templum den heiligen Bezirk des Tempel-Gebäudes umfasste.142 Templum bezeichnete ein begrenztes und zugleich geheiligtes Sichtfeld, das der Augur – vom Tempel-Gebäude oder vom Ort eines zu errichtenden Tempel-Gebäudes aus – durch einen rituellen Akt aus dem sich darbieten­ den Ausblick ausgrenzte (vgl. Abb. 13), indem er laut Varros zweifelhaft überlieferter Angabe folgende Formel aussprach: „Meine Grenzmarken für die templa und tesca sollen so sein, wie ich sie benennen werde. / Jener Baum dort, dessen Ort ich zwar nicht genau angeben kann, den ich aber ganz genau im Sinne habe, / soll meine Grenzmarke für das linke templum und tescum sein. Jener Baum dort, dessen Ort ich zwar nicht genau angeben kann, den ich aber ganz genau im Sinne habe, soll meine Grenzmarke für das rechte templum und tescum sein. / Zwischen diesen Grenzmarken [habe ich die templa und tesca fest­ gestellt] durch Visieren, Ins-Auge-fassen und gedankliche Abgrenzung, (so) wie ich diese Grenzmarken genau im Sinne gehabt habe.“143

36a–b  Tempel des Iuppiter Anxur bei Terracina: Aussicht

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Bereits im Fall des – offenkundig absichtsvoll inszenierten – Ausblicks des Fortuna-Hei­ ligtums in Praeneste (Abb. 14, 33, 35), und auch im Fall der Aussicht von dem bereits zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. errichteten Tempel des Iuppiter-Anxur bei Terracina auf den Monte Lanzo hinter Sperlonga im Osten und den höchsten Berg des Monte Cir­ ceo im Westen144 wird das Sichtfeld des templum von einem ‚Theater‘ aus Anhöhen aus­ gefüllt (vgl. Abb. 36a–b). Plinius’ „amphitheatrum inmensum“ – eine friedliche, aus sich selbst geordnete und vom Menschen kultivierte ‚Architektur der Natur‘ – ist eine natur­ philosophisch ‚aufgeklärte‘ Fortschreibung des auguralen templum und der eben beschriebenen templa von Tempel-Heiligtümern in der Umgebung Roms. Zugleich mag bei Plinius auch eine Anspielung auf den letztlich auf Homer zurückgehenden Topos der Welt als Rundschild vorliegen.145

  Exkurs: Kreis und Achsenkreuz. Ideale Orte im antiken Städtelob Der Kreis als topisch-ideale Form der Gegend wie auch des Grundrisses einer idealen Stadt war der italienischen Renaissance auch aus Stadtbeschreibungen geläufig, die auf Platons Schilderung von Atlantis146 zurückgehen. Besonders der Topos der kreisrund begrenzten Idealstadt147 beziehungsweise ihres kreisförmig umgrenzten Umlandes ist häufig aufgegriffen worden.148 Palladio sah nach eigenem Bekunden und im Rückgriff auf Alberti Stadt und Villa in Analogie,149 und so dürften in seinen Augen antike Aus­ sagen über die idealtypische Umgebung von Städten auch mit Bezug auf die Lokalisie­ rung einzelner seiner Gebäude von Interesse gewesen sein. Das antike Länder- und Städtelob beschreibt die Umgebung einer Stadt mehrfach als kreisrund. Zu nennen ist hier der prominenteste antike Autor von Stadtbeschreibungen, Aelius Aristides (ca. 117–189 n. Chr.). Im Jahr 1566, also zeitnah zum Baubeginn der Rotonda, erscheint eine kommentierte lateinische Übersetzung seiner Orationes in Basel, die Willem Canter herausgibt.150 Aristides’ Lobrede auf die Stadt Athen, sein sog. Panathenaikos, die in ihrem griechischen Originaltext bereits 1513 bei Aldus Manutius in Venedig gedruckt worden war, rühmt eingangs die Lage dieser Stadt. Ausführlich wird beschrieben, wie Athen in der Mitte Griechenlands gleich dem Schildzeichen in der Mit­ te eines Rundschilds sitze und von der ferneren und weiteren Umgebung in mehreren Zirkeln umkreist werde. Die vier Himmelsrichtungen träfen sich in dieser Stadt, deren Position zum beherrschenden Zentrum Griechenlands und der Welt erklärt wird.151 Auf die Rezeption dieses Textes in einer berühmten Beschreibung von Florenz durch Leonar­ do Bruni kurz nach 1400 wird noch einzugehen sein.  

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Die ‚Hügeltheater‘ der römischen L andvermesser: die Illustrationen des Corpus agrimensorum romanorum Die römische Feldmesskunst geht von einem durch ein Messinstrument, die groma, markierten Mittelpunkt aus, von dem aus sie cardo und decumanus als zwei rechtwink­ lige Hauptachsen in die vorgefundene Topographie hinein entwirft.152 Ein bestimmen­ des Strukturelement römischer Landvermessung und Stadtplanung ist daher ein ortho­ gonales Achsenkreuz. Ein solches ist im Grundriss der Rotonda angelegt, wobei dessen Kreuzungspunkt in der graphischen Darstellung der Quattro Libri nicht markiert ist, im Gebäude selbst aber durch eine kreisrunde Faunsmaske im Boden des Mittelsaals als Zen­ trum hervorgehoben wird. Das von einem Kreis umschriebene Achsenkreuz findet sich regelmäßig zu Beginn des Corpus der römischen Landvermesser dargestellt (Abb. 37a). Für Palladios Konzep­ tion des Grundrisses der Rotonda als ein von Kreis und Quadrat umfangenes Achsen­ kreuz, das als Zentrum eines kreisförmig begrenzten landschaftlichen Mikrokosmos angelegt ist, dürften diese aus der Antike überlieferten Schriften der römischen Feld­ messer, das sogenannte Corpus agrimensorum romanorum, eine Rolle gespielt haben. Wie Carl Olof Thulin und Lucio Toneatto gezeigt haben, wurde diese reich illustrierte Kompilation aus spätantiker Zeit, die in einer ganzen Reihe von Handschriften überlie­ fert ist, im späteren 15. und in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Italien mehrmals kopiert und breit rezipiert.153 Nachdem 1528 schon Teile des Corpus ohne Illustrationen veröffentlicht worden waren,154 ist die reich illustrierte editio princeps des gesamten Corpus 1554 in Paris gedruckt worden.155 Die Holzschnitte dieser Ausgabe geben die zahlreichen Illuminationen der sogenannten ersten Handschriftengruppe wieder. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Palladio diese Ausgabe des Pierre Galland (Petrus Gallandius) unbekannt geblieben sein sollte, wenn ihm nicht sogar Handschriften des Corpus zugänglich gewesen sind. Denn Palladio stand nicht nur in engem Kontakt zu wichtigen Protagonisten der Neuordnung der venezianischen terraferma, die sich sicher­ lich für die Landvermessung interessierten, er war auch mit dem Mathematiker Silvio Belli befreundet.156 Wie Palladio Mitglied der Accademia Olimpica in Vicenza, hatte ­Belli im Jahre 1565 ein Werk über die Landvermessung veröffentlicht und dürfte sich darum die 1554 erschienene Ausgabe der römischen Agrimensoren beschafft haben.157 Ein Achsenkreuz, das von einem Kreis umgeben ist, erscheint in den Illuminationen des Corpus agrimensorum romanorum häufig mit Bezug auf die vier Himmelsrichtun­ gen bzw. auf cardo und decumanus (Abb. 37a).158 Die Praxis der römischen Landver­mes­ sung, die von einem zentralen Punkt ausgehend die vier Himmelsrichtungen erschließt, ist im Corpus kosmologisch überhöht worden.159 Ein Kosmos-Schema (Abb. 37b) zeigt die terra quadrata umgeben von den kreisförmigen Planetenbahnen (vgl. auch Abb. 37c).160 Die Ineinanderblendung von Kreis, Quadrat und Kreuz, durch die der Grundriss der Rotonda gekennzeichnet ist, charakterisiert mehrere Diagramme des Corpus (Abb. 37d).161

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Das Corpus agrimensorum ist in zwei Handschriftengruppen überliefert. Die wich­ tigste Handschrift der ersten Gruppe ist der ehemals Heidelberger Codex Palatinus der Biblioteca Vaticana.162 Von diesem abhängig ist der Codex Gudianus in Wolfenbüttel163, der als Vorlage der erwähnten Erstausgabe von 1554 diente. Die älteste und wichtigste Handschrift der zweiten Gruppe ist der ebenfalls illuminierte Codex Arcerianus A, wel­ cher sich ebenso in Wolfenbüttel befindet.164 Sowohl die Illustrationen der auf letzteren zurückgehenden Handschriften der zweiten Gruppe als auch die Illustrationen der ers­ ten Gruppe stellen gebäudeartige Stadtabbreviationen in landschaftlichem Umfeld aus der Vogelschau dar. Das Achsenkreuz von cardo und decumanus wird immer wieder als bestimmende Grundrissfigur runder, quadratischer oder polygonaler Stadtabbreviatio­ nen verwendet, die durch vier Tore das Umfeld erschließen (Abb. 37e–f, i–j, l). Für die Kon­ zeption der Villa Rotonda und die Inszenierung des umgebenden ‚Hügeltheaters‘ könnte die geometrisierende Naturdarstellung der Illuminationen durchaus bedeutsam gewesen sein. Hier sind besonders die Hügel- und Bergketten zu nennen, welche die dargestellten Städte halbbogenförmig umgeben (Abb. 37e–j) oder ringförmig umschließen (Abb. 37h, k). Es handelt sich um Imaginationen einer teleologisch auf den Menschen hin ausgerich­ teten, gleichsam architektonisch geordneten Topographie. Die antike Praxis der Agrimensoren bei der Parzellierung von Agrarland wie auch bei der Gründung von Städten hat die historische Topographie Oberitaliens in einem sol­ chen Maße geprägt, dass sie den Zeitgenossen Palladios und insbesondere seinen mit der landwirtschaftlichen Neustrukturierung in der terraferma beschäftigten Auftraggebern wie Alvise Cornaro und Daniele Barbaro bereits aus der lebensweltlichen Erfahrung ver­ traut war. Das römische Muster der Stadtanlage liegt auch mittelalterlichen Stadtgründungen im Veneto zugrunde. Im Falle der im Jahre 1220–1221 im Bereich römischer Centuria­ tion gegründeten Stadt Cittadella bei Padua wird ein an cardo und decumanus ausgerich­ tetes Achsenkreuz der beiden Hauptstraßen mit einem an das römische pomerium erin­ nernden kreisrunden Mauerring eingefasst.165 Mit der Anlage des römischen Militärlagers – in der Regel als Quadrat oder Rechteck mit vier Toren in vier Himmelsrichtungen – hat sich Palladio in seinen Illustrationen zu Caesar und Polybius mehrfach beschäftigt.166 Das Achsenkreuz der rinascimentalen Zentralbaukirchen Santa Maria della Consola­ zione in Todi und der sog. Madonna di San Biagio bei Montepulciano ist annähernd exakt auf die vier Himmelsrichtungen hin orientiert.167 Das Achsenkreuz der späteren Villa Rotonda ist dagegen nicht exakt auf die vier Kardinalrichtungen ausgerichtet, sondern diagonal zu diesen gestellt.168 Dass ihr Grundriss dennoch mit der Topik von cardo und decumanus als Manifestationen der vier Himmelsrichtungen in Verbindung gebracht wurde, belegen die spätere Rezeption und graphische Darstellungen der Villa. Ein von Francesco Muttoni um die Mitte des 18. Jahrhunderts veröffentlichter Grundriss zeigt das Gebäude entgegen den tatsächlichen Gegebenheiten exakt auf die vier Kardinalpunkte bezogen. Muttonis Text rekurriert dabei ebenfalls auf die vier Himmelsrichtungen.169

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37a  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum. Wolfenbüttel, Herzog August Biblio­ thek, Cod. Guelf. 36.23 Aug. 2 (sog. Codex Arceria­ nus A), fol. 42 verso

37b  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum: Kosmosschema. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 36.23 Aug. 2 (sog. Codex Arcerianus A), fol. 42 recto

37c  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Pierre Galland [Petrus Gallandius] / Adrien Turnèbe (Hrsg.), De agrorum conditionibus, & constitutionibus limitum (...) omnia figura illustrata, Paris 1554, S. 112)

37d  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/Turnèbe 1554, S. 94)

37e  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 91 recto

37f  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/Turnèbe 1554, S. 108)

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37g  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 88 verso

37h  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/Turnèbe 1554, S. 122)

37i  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 90 recto

37j  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum Galland/Turnèbe 1554, S. 107)

37k  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/Turnèbe 1554, S. 106)

37l  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/Turnèbe 1554, S. 105)

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Kreisförmige Ide alorte im Mit tel alter Antike Traditionen kreisrunder ‚idealer Orte‘ wurden im Mittelalter tradiert und fortgeschrieben. Die folgende, knappe Übersicht benennt lediglich solche literarischen Topoi und kartographischen Konventionen idealer Topographie, die für Architektur und Architekturdiskurs der Frühen Neuzeit in Italien eine Rolle spielten. Kreisförmige Idealorte als locus amoenus Topische Landschaftsbeschreibungen und -darstellungen kreisrunder Idealorte des Mittelalters, die in der Forschung bislang vor allem innerhalb der Tradition des locus amoenus analysiert worden sind,170 zeigen ein Ineinanderblenden von natürlicher und menschlicher ars. Sie gehen selten auch auf das plinianische „amphitheatrum“ zurück.171 Plinius’ Villenbriefe waren im Mittelalter, vor der ‚Entdeckung‘ des gesamten heute bekannten Corpus der Pliniusbriefe durch Guarino Guarini im frühen Quattrocento, nicht völlig vergessen.172 Ernst Robert Curtius führt als Beleg die folgenden Verse des moralisierend-satirischen Gedichtes Architrenius von Johannes de Hauvilla aus dem Jahr 1184 an.173 Zu Beginn des sechsten Buch des Architrenius beschreibt de Hauvilla das Ziel seines Helden, die paradiesische Frühlingsinsel Thyle, eine Insel der Seligen, die von den maßgeblichen Philosophen der Antike bewohnt wird. Architrenius findet sich auf einer Insel von „plus quam perfecta venustas“,174 von mehr als perfekter Anmut und Schönheit wieder, und zwar in der Mitte einer kreisförmigen Ebene, die von den antiken Weisheits­ lehrern umstanden wird: „Die Pracht [des Gartens] wird durch Rosenbüsche ununterbrochen fortgesetzt, die vom Altern unberührt bleibenden Lilien wachsen heran, weder der Winter noch der Sommer bringen Verfall, sondern die ewige, ursprüngliche Gottheit des Ortes bringt den Blumen die Jugend des Frühlings und dauert selbst an. Hier, wo die Ebene in einem weiten Kreis gekrümmt ist, blickt man rings auf durch ihre Reihenfolge verbundene Philosophen […].“175 Wie bereits vor ihm Matthäus von Vendôme verbindet Geoffroi de Vinsauf (Galfredus de Vino Salvo) in einer Prosa-Kurzfassung seiner wirkungsmächtigen Poetria nova, die um 1200 entstanden ist, die Beschreibung eines locus amoenus mit der Topik der natura artificiosa:176 „Es ist ein Ort, für dessen angemessenen Schmuck die sich abmühende Natur, nachdem sie das Werk vollbracht hatte, auf die Hilfe der Kunst verzichtete.“177 Der von Geoffroi geschilderte locus amoenus ist kreisförmig gerundet: „in der Mitte einer kreis­ runden Ebene sprudelt ein Quell, ein Baumkreis umgürtet und beschattet die Wasser­ fläche […].“178

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Der genannte Matthäus von Vendôme war ebenfalls Verfasser einer Poetik (einer Ars versificatoria). Seinem Umfeld wird ein Gedicht zugeschrieben, das einen locus amoenus mit einer „arena“ vergleicht.179 Hier wird die Nähe zur antiken Topik des ‚Hügeltheaters‘ besonders deutlich. Boccaccio und Dante wiederum, auf die im Folgenden noch einzuge­ hen sein wird, werden auf die eben skizzierte topische Tradition des kreisförmigen Ideal­ ortes zurückgreifen. Mittelalterliche Weltkarten und Darstellungen Jerusalems Der Renaissance war das von einem Kreis umgebene Achsenkreuz auch aus karto­ graphischen Quellen vertraut: als graphisches Darstellungsschema der idealen Stadt und des idealen Ortes. In den Mappae mundi und in Handschriften des Mittelalters erscheint Jerusalem, das zum Mittelpunkt der Christenheit und zum Nabel der Welt, zum umbilicus mundi erklärt wurde,180 häufig mittels der graphischen Figur eines Achsenkreuzes dargestellt, das von einem Kreis oder – seltener − von einem Quadrat eingefasst wird (vgl. Abb. 38).181 Bezeichnend für die Verbreitung solcher Schemata im Herrschaftsbereich Venedigs noch in der Frühen Neuzeit ist die in mehreren Versionen erhaltene monumen­ tale Weltkarte des Kamaldulensermönches Fra Mauro, der 1459 ein Exemplar mit etwa zwei Metern Durchmesser für die Regierung der Republik angefertigt hatte. Diese Karte zeigt in den Ecken kosmologische Diagramme, wie sie unter anderen aus dem Corpus agrimensorum romanorum vertraut sind, und das Paradies auf kreisförmigem Grundriss mit vier Toren.182 Von Jerusalem nach Tenochtitl án Die Darstellungskonvention der Stadt als Kreis oder Quadrat, die sich mit einem rechtwinkligen Achsenkreuz auf die Umgebung öffnet, wirkt noch in der Kartographie des Cinquecento weiter, deren Zentrum sich in Venedig befand.183 Dies zeigen besonders deutlich graphische Darstellungen der von den Konquistadoren im Jahr 1521 eroberten Stadt Tenochtitlán, der ehemaligen Hauptstadt der Atzteken, dem heutigen Mexico City. Hier lag ein Rückgriff auf mittelalterliche Idealstadtkonventionen, die bei der Wieder­ gabe vertrauter europäischer Städte zunehmend mittels empirisch arbeitender karto­ graphischer Verfahren ersetzt worden waren, besonders nahe, da den Illustratoren der Augenschein und Vermessungsdaten fehlten.184 So wird im dritten Band von Giovanni Battista Ramusios Navigationi et Viaggi, der 1556 in Venedig erschienen ist, sowie in vorausgehenden Publikationen seit 1524 Tenochtitlán als quadratische Stadt in kreisför­ miger Idealgegend dargestellt (Abb. 39).185 Dass sich diese topische Idealstadtvorstellung noch bis in das 17. Jahrhundert hinein auch auf die kartographische Darstellung heimischer Städte auswirkte, zeigen exemplarisch ein Stadtplan Vicenzas von circa 1570–1580 (die sogenannte Carta angelica186) und Jacopo Monticolos Karte Vicenzas von 1611.187 Auch

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38  Jerusalem-Plan des 13. Jh., Kopenhagen, Universitätsbibliothek, Sign. AM 736 I, 4°, fol. 2 recto

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39  Plan von Tenochtitlán. Illustration aus G.B. Ramusio, Navigationi et Viaggi, Venedig 1551–1559, Bd. 3 (1556), o. S.

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kartographische und graphische Traditionen dürften für die zeitgenössische Rezeption des Grundrissschemas der Villa Rotonda eine wichtige Rolle gespielt haben.188 Dantes Paradiso, Boccaccios Valle delle donne und ein Gemälde Botticinis: himmlische und irdische Amphitheater Die angesprochene mittelalterliche Darstellungskonvention für die Repräsentation der Stadt Jerusalem hat – in Verbindung mit dem erörterten Motiv des Amphitheaters als ‚idealer Ort‘ – auch Eingang in einen der wichtigsten Texte des Bildungskanons der ita­ lienischen Renaissance gefunden, in Dantes Divina Commedia. Sowohl dem von Dante geschilderten Irdischen Paradies als „kreisförmigem, durch die Flüsse Eunoe und Lethe in Quadranten unterteilten locus amoenus“ als auch „dem ihm antipodisch gegenüberlie­ genden Irdischen Jerusalem, das auf zeitgenössischen Karten genauso kreisförmig und in Quadranten unterteilt dargestellt wurde“, liegt das beschriebene geometrische Schema eines durch ein Achsenkreuz unterteilten Kreises zugrunde.189 In den abschließenden Gesängen der Divina Comedia wird das Empyreum, die Licht­ rose des Himmlischen Paradieses,190 „als unermessliches Rund, als tausendstufiges, von lichten Gestalten wimmelndes Amphitheater“191 geschildert. Auch das Inferno Dantes wurde in Dante-Kommentaren der frühen Neuzeit ausdrücklich als Amphitheater ge­ deutet.192 Das natürliche Amphitheater des jüngeren Plinius, nicht Dantes Vision eines himm­ lischen Amphitheaters bildet die literarische Vorlage für die bereits genannte Beschrei­ bung der valle delle donne (des „Tals der Frauen“) am Schluß der Novellen des sechsten Tages von Boccaccios Decameron: „[Die] […] Ebene, die den Boden des Tales ausmachte, [war] so rund, als wäre sie mit dem Zirkel abgemessen, obwohl man leicht erkannte, dass sie ein Kunstwerk der Natur, nicht aber menschlicher Hände sei. […] Die Abhänge dieser Hügel stiegen in solchen Abstufungen nieder, wie wir in den Theatern die Sitzreihen von der höchsten Umkränzung bis zu der niedrigsten angeordnet sehen, so nämlich, dass ihre Weite nach unten stets sich vermindert.“193 Sowohl in den angeführten mittelalterlichen Variationen über das antike Motiv des ‚Hügeltheaters‘ wie auch in Boccaccios valle delle donne besitzen die Schilderungen der Topographie keine empirische Plausibilität. Es handelt sich vielmehr um rein fiktive, hochgradig idealisierte Beschreibungen erdichteter Orte – nach der oben angeführten Definition des Servius um Texte der Gattung Topothesia194 ohne jede empirische Plausi­ bilität, um fiktionale Idealtopographien. Francesco Botticinis von Dantes Paradiso angeregtes Gemälde einer Marienkrönung für Matteo und Niccolosa Palmieri der Londoner National Gallery, die etwa in den Jah­

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40  Francesco Botticini, Marienkrönung mit den Stiftern Matteo Palmieri (verst. 1475) und Niccolosa Serragli, Tempera auf Holz, 228,6 × 377,2 cm, ca. 1474 –1477, London, National Gallery

ren  1474−1477 gemalt wurde, zeigt im oberen Bildbereich ein himmlisches Amphi­ theater der Engelshierarchien und Heiligen (Abb. 40). Im unteren, als dessen sublunare Spiegelung, ist ein irdisches ‚Landschaftstheater‘ dargestellt, das symmetrisch von Hügeln begrenzt wird. Topographisch weitgehend korrekt wiedergegebene Ansichten (von Florenz, der Badia zu Fiesole und von Landgütern des Stifter-Ehepaars) sind in die­ se Idealdarstellung eingefügt.195 Das großformatige Gemälde lässt sich somit als Syn­ these mittelalterlicher Traditionen des ‚himmlischen‘ und des ‚irdischen‘ Idealortes ver­ stehen, wobei die sublunare Topographie als Echo der Architektur der himmlischen Hierarchien dargestellt wird. Petrarcas Rundblicke Vor allem jedoch Petrarca knüpfte in seinen bereits einleitend erwähnten Beschrei­ bungen der Ausblicke von Bergen und Bauten an die antike Tradition des genießenden Schauens auf weite Gegenden und auf die Schönheiten des Geländes außerhalb der Stadt an.196 „Sola videndi cupiditate ductus“ hat Petrarca nach eigener Aussage den Mont ­Ventoux am 26. April 1335 bestiegen.197 Der „nur durch das Begehren zu schauen“ gelei­ tete Blick auf die Schönheiten des Geländes war zuvor als schiere Augenlust (cupiditas

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oculorum) diskreditiert worden – wie noch erörtert werden soll. Petrarca bezieht sich am Ende seines berühmten Briefes über die Ersteigung des Mont Ventoux reuig auf ein bekanntes Verdikt des heiligen Augustinus über den eitlen Genuss der Aussicht. Der Bischof von Hippo hatte in einer Passage seiner Bekenntnisse das genussvolle Schauen auf die Schönheiten der Natur als sündhafte Augenlust kritisiert, die von der inneren Kontem­ plation und der inneren, theoretischen Schau Gottes ablenke: „Und da gehen die Menschen hin und bewundern die Höhen der Berge, das mächtige Wogen des Meeres, die breiten Gefälle der Ströme, die Weiten des Ozeans und den Umschwung der Gestirne – und verlassen dabei sich selbst.“198 Nicht nur in seiner berühmten Ventoux-Epistel beschäftigt sich Petrarca mit der Aussicht ins Weite. Er beschreibt auch einen Ausblick von der Burg von Sankt Columban al Lam­ bro in die vier Himmelsrichtungen. In einem Brief 199, der die „Rundsicht“200 von dieser Burg in Oberitalien, östlich von Piacenza, schildert, heißt es: „Ich schreibe auf einem schönen, fruchtbaren Hügel fast in der Mitte des cisalpi­ nischen Gallien. Nach Osten zu liegt San Colombano, eine weithin durch ihre Lage bekannte, von starken Mauern umgebene Burg. Den Fuß des Hügels bespült der Lam­ bro […]. Nach Westen schweift der Blick über ein freies Aussichtsfeld [liberissimus prospectus], wo wohltuende Einsamkeit und Stille herrschen. Ich kenne keinen Ort, der so wenig hoch gelegen, eine so weite und so schöne Rundsicht [spectaculum ter­ rarum] böte. Wenn Du nur etwas die Augen wendest, erblickst Du Pavia, Piacenza, Cremona und, wie die Bewohner sagen, noch andere bekannte Städte, die ich am heutigen trüben Tage nicht habe sehen können; mit meinen Augen aber habe ich die drei genannten erblickt. Im Rücken habe ich die Alpen […].“ 201 Petrarca greift hierbei sowohl auf eine alte, bereits erörterte und mit dem Begriff des templum und des Auguralraumes verbundene Topik des Rundblicks als auch auf eine mittel­ alterliche Tradition des Herrschaftsblickes in die vier Himmelsrichtungen zurück. Jutta Allekotte verweist in diesem Zusammenhang auf ein durch Quellen des 14. Jahrhun­ derts überlieferten römisches Ritual, das auf die Kaiserkrönung in St. Peter folgte und in dem der Fernblick in die vier Himmelsrichtungen als Symbol einer universalen Macht­ fülle des neu gekrönten Imperators fungierte. Nach einem Tractatus de coronatione imperatoris (ca. 1329–1330) und nach Giovanni Cavallinis Polistoria de virtutibus et dotibus Romanorum (ca. 1345–1347) begab sich der Kaiser, so Allekotte, „[…] am Tag nach seiner Krönung auf den Monte Mario, wo er sich in alle Himmels­ richtungen wandte und mit erhobener Hand sagte: ‚Alles, was wir sehen, ist unser und gehorcht unserem Befehl wie die ganze Welt.‘“ 202

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Der Rückgriff auf die bereits angesprochenen Auguralriten des antiken Rom und beson­ ders auf Livius’ Bericht über die Einsetzung des sagenhaften zweiten Königs von Rom, Numa, ist hier offenkundig. 203 Zugleich ist ein Ausblick in die vier Himmelsrichtungen auch aus anderen mittelalterlichen Quellen überliefert: Konrad von Würzburgs 1277 verfasstes Epos Partonopier und Meliur schildert den „Blick von den vier hohen Türmen der Burg in verschiedene Himmelsrichtungen, die vier Prospekte zeigen“. 204 Und bereits Wulfstans Beschreibung der in der Amtszeit von Bischof Elphegus (984–1005) wieder­ aufgebauten Kathedrale von Winchester lobt die Fenster des Ostturms, die einen Rund­ blick „über die vier Himmelsrichtungen der Erde“ gewähren. 205

Da s ‚Hügelthe ater‘ und die Insz enierung von Aussichten in Te x ten des Quat trocento Leonardo Brunis Lob der Stadt Florenz: Nabel und Rundschild Zu Beginn der Neuzeit nimmt der Florentiner Staatskanzler Leonardo Bruni in seiner Laudatio Florentinae Urbis206 aus dem Jahre 1404 eine Reihe von Motiven aus Aelius Aristides’ bereits angeführtem Lob Athens auf – so innerhalb seiner Beschreibung der Villen in der Umgebung von Florenz. Bruni greift hier auf das von Aristides verwendete, bis auf Homer und Vergil zurückgehende ekphrastische Motiv des Rundschildes zurück. Ähnlich wie Aristides die Stadt Athen, so beschreibt nun Bruni die Stadt Florenz als Zen­ trum einer – wenn auch weniger weit aufgespannten – Topographie, die wiederum als Abfolge konzentrischer Kreise charakterisiert wird:207 „Auf die Villen aber folgen Kastelle. Nach den Kastellen aber [Lücke im überlieferten Text], da ist gewiss nichts in jener ganzen Region, welche die Villen umringt, das nicht mit den glänzendsten und berühmtesten Landstädten angefüllt ist. Die Stadt [Florenz] aber liegt im Zentrum, einer Gebieterin [antistes (wörtlich: Hohepriesterin)] und Her­ rin gleich. All jene Plätze aber [Villen, Kastelle, Oppida] sind um sie herum angeordnet, ein jeder an seinem Ort fest gegründet. Zu Recht würde es aus Dichtermund heißen, von einem Kranz funkelnder Sterne sei Luna umgeben. Herrlich anzuschauen ist das Ganze, das daraus entsteht. Denn so wie bei einem Schild, wo Ringe einander [konzen­ trisch] umschließen, der innerste Kreis schließlich den Nabel bildet, welcher der Mit­ telpunkt des ganzen Schildes ist, ebenso sehen wir, dass die Zonen [des Umlands der Stadt Florenz] einander umschließen und umschmiegen und, dass die Stadt [Florenz] die erste dieser Zonen ist und als eine Art Nabel inmitten des ganzen Gefüges liegt. Ein Mauerkranz und Vorstädte umgürten sie. Die Vorstädte wiederum werden von Villen, die Villen ihrerseits von Landstädten umgeben. Diese [Landstädte] umfasst das gesamte äußerste [fernste] Umland in noch weiterem Umfang und Kreis.“ 208

69  | Das ‚Hügeltheater‘ und die Inszenierung von Aussichten in Texten des Quattrocento

41/42  Lucantonio degli Uberti (nach einem Entwurf Francesco Rossellis von ca. 1485?), sog. Kettenplan mit der „Großen Ansicht von Florenz“ (um 1500–1510), zusammengesetzter Holzschnitt von acht Stöcken, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett, Abb. 42 Detail

Im entfernten Rückgriff auf die Schildbeschreibung des Homer, 209 vor allem aber im Rückgang auf Platons noch zu erörternde Beschreibung von Atlantis und auf Aristides’ Lobrede auf Athen beschreibt Bruni kurz nach 1400 die Stadt Florenz als neues Athen, neuen umbilicus und neue Mitte der Toskana – sogar als neues Haupt Italiens, 210 sowie, nun in offenkundig hyperbolischer Rede, als neue Hauptstadt der Welt. 211 Er formuliert damit eine Idee, die für die Darstellung von Brunelleschis Domkuppel auf dem berühm­ ten Kettenplan von Florenz, auf dem das die Kuppel bekrönende Kreuz in der Mitte, näm­ lich annähernd exakt auf der Mittelsenkrechten erscheint, folgenreich wurde (Abb. 41– 42). Dies gilt auch für Vasaris lobende Charakterisierung der Kuppel Brunelleschis. 212

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Auch die Inszenierung von Ausblicken aus der Villa von Poggio a Caiano dürfte hier einen Anhaltspunkt gefunden haben. 213 Noch Vincenzo Scamozzi weist in seiner 1615 publizierten Architettura universale auf die traditionelle Charakterisierung von Florenz als „Nabel Italiens“ („umbilico d’Italia“) hin und verbindet dieses Motiv mit einem Lob der „schönen Aussichten“ aus dieser Stadt auf die „schönen und angenehmen Berge“: „[…] la Città di Fiorenza tenuta l’umbilico d’Italia e nominata la bella per la nettezza delle strade, e per le vaghe viste de’piacevoli monti […].“ 214 Weitere ‚Hügeltheater‘ des Quattrocento: Guarini, Perotti, Filarete Plinius’ Villenbriefe sind seit der Auffindung seines nahezu vollständigen Brief-Cor­ pus durch Guarino Guarini im frühen Quattrocento von Auftraggebern und Architekten von Villen vielfach herangezogen worden. Kurz nachdem Guarino, wie bereits erwähnt, im Jahr 1419 eine Handschrift der Plinius-Briefe in Verona aufgefunden hatte, in der die Bücher I–VII und IX enthalten sind, 215 beschreibt er die Umgebung seiner Villa im Val­ policella mittels eines Rückgriffs auf Plinius’ Beschreibung der Lage seiner tuskischen Villa und auf deren Metapher eines Amphitheaters aus Anhöhen: „Quid regio ipsa? Quam pulchra forma! Apricae valles, non profundae non praecipi­ tes, viridissimis cinctae montibus […]. Ubi colles videre desieris, qui a tergo qui a latere distincti arbusculis quasi theatrum circumstant, lata quaedam a fronte et diffu­ sa planities oculos pascit nec tamen saturat […].“ 216 „Was ist mit der Gegend selbst? Von welch schöner Gestalt ist sie! Sonnenbeschiene­ ne Täler, nicht [zu] tief oder [zu] steil, umgürtet von den grünsten Bergen […]. Sobald man aufgehört hat, die Hügel zu betrachten, die einen von der Rückseite und den Flanken, abgegrenzt durch kleine Bäume, gleichsam wie ein Theater umgeben, weidet vorne eine weite und ausgedehnte Ebene die Augen und sättigt sie doch nicht […].”217 In seinem um die Mitte des Quattrocento entstandenen, jedoch erst 1489 postum ge­ drucktem Cornucopiae, einem enzyklopädisch angelegten Wörterbuch zu Martial, schil­ dert der Humanist Niccolò Perotti den ager seiner Villa Curifugia im weitgehend wörtli­ chen Rückgriff auf Plinius als ein riesiges, von den Händen der Natur geschaffenes Amphitheater aus Bergen: „Agri forma pulcherrima est, quasi amphitheatrum quoddam immensum naturae manibus factum, lata et diffusa planicies montibus cingitur […].“ 218 „Die Gestalt der Gegend ist wunderschön, gleichsam ein Amphitheater, das von den Händen der Natur geschaffen wurde, umgürtet wird die weite und ausgedehnte Ebe­ ne von Bergen […].“ 219

71  | Das ‚Hügeltheater‘ und die Inszenierung von Aussichten in Texten des Quattrocento

Bereits Filarete (Antonio di Pietro Averlino) hatte in seinem Architettonico libro 220 bei der Beschreibung und bildlichen Darstellung des Ortes der nie gebauten Idealstadt Sforzinda auf den Topos des von Anhöhen umkränzten Tales zurückgegriffen. 221 Dabei bezog auch er sich in den wahrscheinlich von ihm konzipierten, aber wohl nicht eigenhändig gezeichneten Illustrationen 222 auf die überkommene Konzeption einer analogen Ent­ sprechung von architektonischem Mikrokosmos und landschaftlichem Makrokosmos. Filarete hatte seit ca. 1458–1461 in Mailand zunächst eine erste Fassung dieses Buches, das die Erbauung und die einzelnen Gebäude der fiktiven Idealstädte Sforzinda und Plusiapolis teils romanhaft erzählend, teils in der Art eines Traktates beschreibt, 223 für Francesco Sforza geschrieben und wohl 1464 fertiggestellt. 224 Eine zweite, erweiter­ te Fassung erarbeitete Filarete wohl ebenfalls noch im Jahr 1464, oder aber bis 1466, für Piero de’ Medici225 (gestorben 1469). 226 Laut Vasari überreichte er diesem den Libro bereits im Jahr 1464. 227 Die bereits erwähnte, wohl bekannteste Illustration des Architettonico libro zeigt den kreisförmigen Grundriss der Stadt Sforzinda, in den zwei Quadrate eingeschrieben sind 228 , umgeben von einem in annähernd halbkreisförmigen Biegungen mäandernden (im Text jedoch als schlangenförmig beschriebenen) Flusslauf innerhalb einer Hügelfor­ mation (Abb. 43). Letztere beschreibt Filarete im Rückgriff auf die Topik des ‚Hügel­ theaters‘, während die gezeichnete Illustration zwar Hügel, aber keine theaterförmige Konfiguration von Anhöhen zeigt. 229 Er charakterisiert den Gründungsort („sito“ 230) der neu zu erbauenden Stadt als ein Tal, das auf allen Seiten „von Bergen umgeben“ ist: „una ualle, circundata da monti […]“. 231 Diese Berge hielten ungünstige Winde ab. Der IchErzähler des Romans Filaretes wird anschließend auf einen „monticello“ am Eingang des Tales geführt, von dem aus das „ganze Tal“ überblickt werden könne. Das Grundstück oder die Baulichkeit seines ortskundigen Begleiters („un certo suo luogo“) befindet sich auf dieser Anhöhe – „rilevato su uno monticello, che tutta quella valle si vedeva“. 232 Wie im Falle von Plinius’ Beschreibung des ‚Hügeltheaters‘ im Blickfeld von dessen tuskischer Villa wird auch das von Filarete beschriebene Tal von einem Fluss mittig durchschnitten. Auf Filaretes Beschreibung des „monticello“ und des Ausblickes von diesem freistehenden Hügel auf den Grund und auf die Umgebung der zu erbauenden Stadt 233 scheint sich Palladio bei seiner Beschreibung der Aussichten vom „monticello“ der Rotonda bis in die einzelnen Formulierungen hinein bezogen zu haben: Bereits Fila­ rete beschreibt einen freistehenden niedrigen Hügel, betont den leichten Anstieg, nennt dessen Umgebung wie später ganz ähnlich Palladio „amena e piacevole“ und wie Palladio hebt Filarete die Obstbäume der Gegend hervor. 234 Filaretes berühmte, eben erörterte bildliche Darstellung des Grundrisses seiner Ide­ alstadt Sforzinda in ihrer landschaftlichen Umgebung (Abb. 43)235 dürfte in der hybriden Mischung eines diagrammatisch-abstrakten und eines mimetischen Darstellungsmodus für Stadt und Terrain von Diagrammen der beziehungsweise nach den römischen Agri­ mensoren geprägt worden sein. 236 Dass Filarete den Ort und die Umgebung der zu erbau­

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43  Filarete, sog. Architettonico libro, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Codex Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 11 verso: Sforzinda im Tal der Inda

enden Stadt Sforzinda ausführlich beschreibt und mit einer Illustration würdigt, belegt nochmals die besondere Bedeutung der antiken Topik des ‚idealen Ortes‘ für Architektur und Stadtplanung im italienischen 15. Jahrhundert. Filarete knüpft innerhalb seines Architettonico Libro an die alte Tradition des kreis­ runden Idealortes auch mit anderen Illustrationen an. Dies gilt für seine Darstellungen von Häfen sowie für die Zeichnung einer Eremitage innerhalb eines kreisförmigen Hai­ nes237. Fünf Illustrationen des Codex Magliabechianus zeigen jeweils Buchten und die in diesen angelegten Häfen. Die Buchten, die für die zu errichtenden Hafenanlagen bestimmt wurden, sind bereits von Natur aus annähernd exakt kreisförmig gerundet. Drei Ansichten stellen den Hafen der neu zu errichtenden, fiktiven Hafenstadt Plusiapolis vor Beginn und nach Ende der Bautätigkeiten dar: Die Zeichnung auf fol. 90 ver­ so stellt die von Hügeln hinterfangene „valle carina“ dar, ein „hübsches Tal“, in dem die neue Stadt errichtet werden soll, davor die ideal kreisförmige Hafenbucht Calio vor dem Beginn der menschlichen Bautätigkeit. Die Illustration von fol. 101 recto des Codex Magliabechianus zeigt wiederum das kreisförmige Hafenbecken, den durch ein Seil mar­ kierten, ebenfalls kreisförmigen Grundriss der zu gründenden Stadt und dahinter die Hügel, welche die Ebene umgeben. Die Zeichnung auf folio 105 recto bietet dann den fertiggestellten Hafen von Plusiapolis. Das Hafenbecken ist nun durch eine Porticus, d. h. durch ein Werk der Architektur, halbkreisförmig eingefasst. Dieser Umgang folgt weit­ gehend dem natürlichen Verlauf der von Natur aus bereits annähernd kreisförmig gerun­ deten Bucht, um diese Rundung zugleich in die ideale und nun exakt geometrisch deter­ minierte Halbkreisform eines Theater-Halbrundes zu transformieren. 238

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Auch die beiden Darstellungen des Arsenale der Stadt Sforzinda und seines Hafens vor und nach dessen Fertigstellung innerhalb einer von der Natur bereits annähernd kreisförmig angelegten Bucht 239 spielen auf den Topos des kreisrunden Idealortes ebenso an wie auf das naturphilosophische Motiv der natura artificiosa. Die Topographie der Häfen wird als eine ‚erste Architektur‘ der Natur dargestellt, in die sich die ‚zweite Archi­ tektur‘ des Menschen einfügt, indem letztere die Struktur der vorgegebene Topographie aufnimmt und in eine idealsymmetrische architektonische Form bringt, die im Terrain bereits vorgegeben ist. Sowohl Entwurfszeichnungen für Gebäude wie auch Darstellungen gebauter Archi­ tekturen zeigen im Quattro- und Cinquecento selten Bauten in ihrer topographischen Situation. Letztere wird auf Architekturzeichnungen dieser Zeit in aller Regel nicht dar­ gestellt. Die Gebäude werden zeichnerisch regelmäßig ohne ihren Kontext dargestellt. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden Francesco di Giorgio Martinis Zeichnungen von Festungen in situ. 240 Eine wichtige Ausnahme sind auch jene soeben vorgestellten Zeichnungen des Architettonico Libro Filaretes, die mit Mia Reinoso Genoni als „Hybrid Images“ 241 bezeichnet werden können, da sie das Gebäude beziehungsweise die Stadt einer­seits und deren topographische Kontexte andererseits in jeweils unterschiedlichen Darstellungsmodi zeigen – also etwa im Falle der eben erörterten, berühmten Darstel­ lung Sforzindas einen Grundriss des Gebäudes und eine teils auf-, teils untersichtig dar­ gestellte hügelige Gegend. Jedoch sind in der Malerei Ansichten von Gebäuden in ihrem topographischen Kontext häufig. Auch architektonisch gerahmte Aussichten auf Land und Landschaft werden in der Malerei häufig dargestellt, nicht aber in architektonischen Entwurfszeichnungen – dies wird erst wesentlich später, prominent etwa bei Schinkel und Le Corbusier zu einem gängigen Verfahren. 242 Albertis Aussagen über L age und Ausblick von Villen: usus, dignitas, voluptas Leon Battista Alberti nimmt eine entscheidende Neubewertung des Topos vom ‚Thea­ ter aus Anhöhen‘ vor. Um seine Aussagen zum „montium prospectus“ würdigen zu können, sollen zunächst seine Ausführungen über Ausblicke insgesamt vorgestellt wer­ den, die Alberti nach seinen Kriterien usus – dignitas – voluptas systematisch entwickelt. Die Aussagen Leon Battista Albertis zu architektonisch inszenierten Ausblicken wurden, weil sie im Verhältnis zum Gesamtkorpus von De re aedificatoria wenig um­ fangreich sind und in diesen Text verstreut und unsystematisch eingefügt scheinen, bisher kaum beachtet. Alberti geht an mehreren Stellen seines Buches auf architekto­ nisch erschlossene Aussichten ausdrücklich ein. Um den Stellenwert dieser Aussagen innerhalb der systematischen Struktur seines Traktates adäquat würdigen zu können, ist es notwendig, kurz auf drei basale Kategorien der Architekturtheorie Albertis einzuge­ hen, mit denen er in seinem Architekturtraktat bekanntlich die vitruvianische Trias von

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Anforderungen an ein gelungenes Bauwerk – firmitas, utilitas und venustas243 – um eine funktionale Triade von utilitas, dignitas und amoenitas/voluptas ergänzt. 244 Alberti fügt somit der vitruvianischen Trias, die in objektiven Eigenschaften des Bauwerks fundiert ist, eine an den Bedürfnissen des Auftraggebers und Bewohners orientierte Begriffs­ triade hinzu. Utilitas (Nützlichkeit) bezeichnet dabei die funktionale Angemessenheit des Bauwerks in Bezug auf eine bestimmte Bauaufgabe. Dignitas (Würde) besitzt ein Gebäude nach Alberti dann, wenn es den sozialen Status seiner Bewohner sichtbar macht, unter Beachtung der ursprünglich rhetorischen Kategorien des decorum und des aptum. Voluptas (Lust, Vergnügen) schließlich meint die Annehmlichkeiten, die Wohnhäuser für hochgestellte Auftraggeber und Bewohner bieten sollen. Auf den ersten Blick scheinen architektonisch inszenierte Ausblicke in Albertis Kon­ zeption der Architektur keine Rolle zu spielen, da sie innerhalb der Erörterung von Grundelementen der Baukunst im ersten Buch seines Traktates nicht angesprochen wer­ den – auch nicht bei Besprechung der apertiones. 245 Dort ist zunächst nur die Rede von Fenstern als reinen Belichtungs- und Belüftungsquellen, nicht aber von solchen, die primär auf einen Ausblick hin konzipiert sind. Um mit noch zu erörternden Termini des römischen Rechtes zu sprechen, ist im zwölften Kapitel des ersten Buches von De re aedificatoria, das von architektonischen Öffnungen handelt, von lumen und aer, nicht aber von prospectus die Rede. Eine genaue Durchsicht des Traktates zeigt jedoch, dass Alberti an anderer Stelle, im Kontext der Behandlung anspruchsvoller Wohnbauten, ver­ schiedene Modi des durch Architektur festgelegten und gerahmten prospectus mit erstaunlicher Systematik behandelt. Dies geschieht unter den Vorzeichen der erwähn­ ten, funktionsorientierten Begriffstrias: Die Termini usus, voluptas und dignitas lassen sich in sämtlichen Passagen des Traktates, in denen Alberti zum Problem des Ausblicks Stellung bezieht, nachweisen und treten dort als Schlüsselbegriffe auf. Der Ausblick als Ausdruck von dignitas und Auslöser von voluptas ist ausschließlich profanen, in der sozialen Hierarchie besonders hoch angesiedelten Bauaufgaben vorbehalten: dem Palast des Herrschers (De re aedificatoria V, 2), der herrschaftlichen Villa (ibid. V, 17) sowie der vornehmen villa suburbana (ibid. IX, 2). Usus (Nutzen) Der utilitas verpflichtet ist die architektonische Gewinnung einer weiten Aussicht als Herrschaftsinstrument des Souveräns: Nur durch eine erhöhte Lage von Städten, Stra­ ßen und Bauwerken oder durch die Anlage von Türmen erlangen der Herrscher und seine Bediensteten den vollständigen Überblick über dessen Besitztümer. Hier geht es vor allem darum, die Bewegung innerer und äußerer Gegner rechtzeitig wahrzunehmen und so das eigene Territorium kontrollieren zu können. 246 Auf die Gewinnung von stra­ tegischer Übersicht, die bei der Anlage von Städten, Militärlagern und Militärstraßen, bei der Burg des Tyrannen und dem Palast des guten Herrschers angezeigt ist, geht Alber­ ti in De re adificatoria mehrfach ein. So schreibt er über die ideale Lage von Städten, die

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„in die Mitte des Gebietes zu legen“ seien, „von wo man eine Grenze übersehen“ kön­ ne, 247 und über die Anlage von Militärstraßen, von denen „alles rings zu übersehen“ und der „Feind von weitem vorherzusehen“ sein solle, 248 sowie über die Anlage der Militär­ lager. 249 Über den Palast des Fürsten heißt es: „Den Palast wird ein Turm überragen, wodurch die Bewegung jedes einzelnen um so sicherer bemerkt wird.“ 250 Usus und voluptas (Nutzen und Genuss) Alberti empfiehlt für die villa suburbana eine mäßig hohe Hanglage, um sowohl einen ungestörten Anblick der Villa von allen Seiten als auch vielfältige Ausblicke aus der Villa heraus sicherzustellen: „Ein solches Gebäude wird erfreuen, wenn es sich, sobald man die Stadt verlassen hat, mit seinem gesamten Erscheinungsbild der Sicht prachtvoll darbietet, so als ob es diejenigen, die sich zu ihm auf den Weg machen, an sich ziehe und auf sie warte. Ich wünschte es deshalb ein bißchen höher gelegen und ich wollte, dass die Straße an dieser Stelle in sanfter Steigung sich etwas erhebe, um den Wanderer zu täuschen, so dass er durch nichts anderes merkt, dass er bergangestiegen sei, als durch den Rundblick auf das Gelände infolge der Höhe des Ortes. Blühende Wiesen ringsum, ein durchaus sonniges Feld, der kühle Waldesschatten und klare Quellen und Bächlein, ein erfri­ schendes Bad, und nichts von dem, dessen ein Landhaus nicht ermangeln darf, wie ich anderwärts sagte, wird fehlen zum Vergnügen und gleicherweise zum Nutzen.“251 Am Ende der eben zitierten Ausführungen über die wünschenswerte Lage der villa suburbana werden die Begriffe voluptas und usus explizit genannt: „[…] Prati spatia circum florida et campus perquam apricus et silvarum umbrae sub­ gelidae et limpidissimi fontes ac rivuli et natationes, et quae alibi villis deberi dixi­ mus, non deerunt ad voluptatem atque ad usum […].“ 252 Die Lage freistehender, durch ihre leicht erhöhte Position allseits sichtbarer Villenbauten auf zentralisiertem Grundriss wie des Landsitzes von Poggio a Caiano, der Villa dei Ves­ covi in Luvigliano und Palladios Villa Rotonda mag mit auf diese Empfehlung Albertis zurückgehen. Dignitas (Würde und Status) Alberti beschreibt außerdem in einer Passage, die für die Ausblicksinszenierungen des Palazzo Ducale in Urbino und des Palazzo Piccolomini in Pienza vorbildlich gewesen sein könnte, 253 den weiten Ausblick vom Palast über das beherrschte Land als Ausdruck der dignitas der Fürsten und Vornehmen, also ihrer besonderen Würde und ihres heraus­ gehobenen gesellschaftlichen Status. Über den Palast des Fürsten heißt es:

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„Der Besitz und das Anwesen des Fürsten wird auf einer besonders würdigen Stelle erbaut werden. Würde wird die Lage auf einer Anhöhe verleihen, von welcher aus man unter den Augen das Meer, die Hügel und die weite Gegend erblicken kann.“ 254 Dignitas und voluptas (Würde und Genuss) Aussagen zu dignitas und voluptas überlagern sich in einer weiteren bekannten Passage zum herrschaftlichen Landhaus in De re aedificatoria, in der von Ausblicken, aber auch vom Anblick des Landhauses die Rede ist: „Im Übrigen möchte ich, dass die Häuser der Vornehmen nicht gerade die frucht­ barste Stelle des Ackerlandes einnehmen, sonst aber die würdigste, von wo aus man alle Zweckmäßigkeit und allen Genuss der Luft, der Sonne und der Aussicht ganz ungezwungen ergreifen kann und ein bequemer Zugang vom Felde zum Hause sich bietet. Der Gast wird bei seiner Ankunft mit den herrlichsten Prunkräumen emp­ fangen. Ihn wird man kommen sehen und er wird die Stadt, Schlösser, das Meer, die ausgegossene Ebene erblicken und bekannte Hügel, die Gipfel der Berge, herrliche Gärten, Fischteiche und fröhliche Jagd unter seinen Augen zur Schau gestellt fin­ den.“ 255 Voluptas (Lust, Genuss und Vergnügen) Die umfangreichste Erörterung von architektonisch inszenierten Ausblicken findet sich ebenfalls im 17. Kapitel des fünften Buches von De re aedificatoria. In dieser Passage geht Alberti ausführlich auf die Aussichten aus einer herrschaftlichen Villa auf umgebende Berge ein: Thema ist der „montium prospectus“ nach allen vier Himmelsrichtungen. Neben den klimatischen Auswirkungen der Lage der Berge256 wird vor allem das unterschiedliche Maß an – visuellem – Vergnügen (voluptas) beschrieben, das die Betrach­ tung von Anhöhen aus einer Villa heraus gewähre. In der hier folgenden Wiedergabe des Textes sind Albertis Angaben zu den Himmelsrichtungen durch GROSSBUCHSTA­ BEN, seine Distanzangaben durch Kursivierung und seine ästhetischen Wertungen nach dem Maß des Genusses durch S p e r r u n g e n hervorgehoben. 257 Diese Textpassage, die eine implizite Umwertung des alten Topos des ‚Theaters‘ und ‚Kranzes‘ aus Bergen bein­ haltet, lässt sich so übersetzen: „Hiermit [mit dem Innenhof und dem Vestibül] werden die Fensterscheiben, Balkone und Säulengänge in Einklang stehen, durch die, während man mit [in jeder Jahres­ zeit] gleichbleibendem Vergnügen [voluptas] hinaussieht, sowohl Sonne als auch Luft empfangen wird, wie es die Jahreszeiten erfordern werden. […] Und die Säulenhalle forderten die Alten gegen Süden zu legen, weil sommers die umlaufende Sonne wegen ihrer höheren Bahn keine Strahlen hineinwirft, winters [wegen ihrer niedrigeren Bahn] die Strahlen aber hineinschickt.

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Die Aussicht auf Berge [montium prospectus], welche im SÜDEN sind, bietet sich dann n i c h t a n g e n e h m dar, wenn sie weit entfernt sind, weil sie auf der Seite, von welcher sie betrachtet werden, von Schatten bedeckt sind und weil sie durch die weißlichen Ausdünstungen dieser Himmelsrichtung verschwommen er­ scheinen. Jedoch bringen die Berge dieser Himmelsrichtung, wenn sie in nächster Nähe sind – gleichsam als ob sie auf den Kopf einstürzen würden – frostige Nächte mit Raureif mit sich. Im Übrigen sind sie aus mittlerer Nähe s e h r a n m u t i g und, weil sie den Südwind abhalten, sehr a n g e n e h m . Im NORDEN vermehrt ein sehr naher Berg den Dunst, indem er den Strahl der Sonne zurückwirft. Ein Berg [im Norden], der aber entfernt und weit weg gelegen ist, ist s e h r a n m u t i g. Denn durch die Reinheit der Luft, welche unter dieser immerwährend hellen Him­ melsrichtung herrscht und durch den Glanz der Sonne, von dem er übergossen wird, wird er s t r a h l e n d u n d w u n d e r b a r anzusehen sein. ÖSTLICHE, in nächster Nähe liegende Berge bringen kühle Vormittagsstunden, WESTLICHE eine taureiche Morgenröte. Beide sind aus mittlerem Abstand i n h ö c h s t e m M a ß e e r f r e u l i c h . Desgleichen sind auch Flüsse und Seen weder vor­ teilhaft, wenn sie allzu nahe sind, noch sind sie a n g e n e h m , wenn sie allzu weit entfernt sind. Dagegen sendet das Meer aus mittlerer Entfernung unreine Dünste aus. Aus nächster Entfernung schadet es weniger, da es die Luft gleichmäßiger erhält. Aus der Ferne wird das Meer überdies z u r A n m u t b e i t r a g e n , weil es die Sehnsucht nach sich hervorruft. Dennoch ist es ein Unterschied, von welcher Himmelsrichtung das Meer sich zeigt. Denn breitet es sich von SÜDEN aus, bringt das Meer Hitze, im OSTEN Feuchtigkeit, im WESTEN Nebel, aus dem NORDEN Kälte.“ 258 Albertis Ausführungen liegt das Achsenkreuz in die vier Himmelsrichtungen als ein topologisches Schema zugrunde, auf dessen antike Provenienz bereits oben eingegangen wurde. 259 Die Ausblicke auf Berge werden im Hinblick auf die vier verschiedenen Himmels­ richtungen beschrieben. Alberti führt zusätzlich drei unterschiedliche Entfernungsgrade an, die auf die spätere Redeweise von „Vorder-“, „Mittel-“ und „Hintergrund“ vor­aus­zu­ wei­­sen scheinen. Alberti verwendet diese Parameter derart systematisch, dass seine ästhe­ tischen Urteile über den „montium prospectus“ in einer Tabelle dargestellt werden können:

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Sehr Nah „proximus“ Süden



(„quasi in caput incumbentes“) Norden

nahe/mittlere Entfernung „ex propinquo“ „ex medio intervallo“

„longe distent“ „distans et procul positus“

+



„gratissimi“



Westen

(verschwimmen im Dunst) „non iocundos“

+

(verschwimmen im Dunst) Osten

fern

(beständige Klarheit der Luft und Helligkeit der Sonne) „laetissimus“

(– )

+

(– ) (zu weit entfernt) nicht „iocunda“

(– )

+

(– ) (zu weit entfernt) nicht „iocunda“

„festivissimi“

„festivissimi“

44  Leon Battista Alberti über den „montium prospectus“. Tabelle des Autors nach De re aedificatoria V, 17

Haptische Qualitäten von rilievo und Konturierung, die in der zeitgenössischen flo­ rentinischen Kunst und Kunstdiskussion eine bestimmende Rolle spielen, 260 schätzt Alberti offenbar auch beim architektonisch erschlossenen Anblick der Natur. Den Aus­ blick auf Berge im Norden, die sich in großer Distanz zum Gebäude befinden, hebt Alberti besonders positiv hervor, da sich ferne Anhöhen, die in dieser Himmelsrichtung liegen, in ihrer durch optische Phänomene wie Dunst und Luftperspektive nicht beeinträchtig­ ten, sozusagen faktischen Gestalt zeigten: mit klaren Umrissen, die nicht durch „weiß­ lichen Dunst“ verschwimmen, und in plastischer Prägnanz, die im Gegenlicht des Sü­ dens stark aufgelöst und abgemildert würde. Obwohl Alberti in dem zuletzt angeführten Zitat aus De re aedificatoria V, 17 impli­ zit auf das antike, bei Plinius greif bare Motiv des Ausblicks durch eine Portikus auf ein ‚Hügeltheater‘ anspielt und obwohl er überhaupt in seinem Architekturtraktat auf Plini­ us’ Villenbriefe mehrfach Bezug nimmt, 261 greift er in seinen Aussagen über architekto­ nisch inszenierte Ausblicke das traditionelle Motiv des natürlichen amphitheatrum als eines von Anhöhen ringförmig umschlossenen idealen Ortes nicht explizit auf. Auch bezieht Alberti sich in diesen angeführten Aussagen nicht auf den Topos der Natur als Künstlerin und als Architektin idealtypischer Orte. Dabei spielt der Topos der Natur als einer Werkmeisterin und Architektin, die der menschlichen Kunst überlegen und für sie vorbildlich ist, in anderen und zwar zentralen Passagen von Albertis Architekturtraktat durchaus eine große Rolle, besonders in den Aussagen über die concinnitas, die Alberti als eine übergreifende und in der natura rerum angelegte Gesetzmäßigkeit definiert, die

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Natur und Kunst gemeinsam ist. 262 Ausblicke erörtert Alberti hingegen nicht mit kosmo­ logisch-ontologischen Kriterien der klassischen Architekturtheorie Vitruvs, sondern mit Hilfe von funktionalen und wirkungsästhetischen Kategorien, die auf das Subjekt bezogen sind (vgl. nochmals die Tabelle auf S. 79). 263 Bei der Erörterung von architekto­ nisch erschlossenen Prospekten verzichtet Alberti hingegen auf eine ontologische Fun­ dierung im Rahmen der Tradition des Landschaftstheaters als Werk einer kunstreichen Natur. Dass Alberti die Topik bekannt war, landschaftliche Formationen als Architektur des deus artifex bzw. der natura artificiosa zu deuten, ist durch seine An­spielungen auf die plinianischen Villenbriefe in De re aedificatoria belegt. 264 Auch kann davon aus­ gegangen werden, dass ihm Vitruvs Schilderung der landschaftlichen Situation des Mau­ soleums von Halikarnassos265 geläufig war. Dies gilt auch für Boccaccios auf Plinius zurückgehende Beschreibung des „valle delle donne“, eines von Landsitzen überblickten locus amoenus, als Theater aus Anhöhen, die Alberti sicherlich kannte. 266 Albertis im vorigen ausführlich erörterte Passage über den montium prospectus in De re aedificatoria ist eine bewusste und markante Umdeutung des alten Topos des ‚Hügel­ theaters‘. Alberti verabschiedet sich von der Vorstellung providentiell angeordneter Anhöhen als einer ersten Architektur der natura. Vielmehr betont er die Wirkung der Berge, wie sie aus einer Portikus eines herrschaftlichen Landhauses dem Blick präsentiert werden sollen. Palladios knappe Beschreibung der Umgebung der Rotonda wiederum erweist sich vor dem Hintergrund der bisher angeführten Texte als ein intertextuelles Gewebe von literarischen Topoi des ‚idealen Ortes‘, vor allem aus Architekturekphrastik und Städte­ lob. Wie bereits Giuseppe Barbieri gezeigt hat, ist Palladios Text über die Rotonda syn­ taktisch stringent strukturiert, mittels eines imaginären Achsenkreuzes und einer Unterscheidung in Vorder-, Mittel- und Hintergrund. 267 Die Ausblicke von den Loggien der Rotonda „in tutte quattro le faccie“ werden – ganz offenbar in Anlehnung an Albertis Passage über den montium prospectus – ausgesprochen systematisch beschrieben. Palla­ dio nennt nicht nur Ausblicke in die vier Himmelsrichtungen, sondern, wie bereits Alberti, auch drei unterschiedliche Grade ihrer Entfernung: „Onde perche gode da ogni parte di bellissime viste, delle quali alcune sono termina­ te, alcune più lontane, & altre, che terminano con l’Orizonte […].“ 268 Ein klares ‚diagrammatisches‘ Schema liegt diesem Satz zugrunde. Es ist durch das Ach­ senkreuz von vier Blickachsen bestimmt, das auch im Grundriss der Villa Rotonda abge­ bildet ist, sowie durch eine Unterteilung des Blickfeldes in drei Entfernungsgrade – in Vordergrund, Mittelgrund und Hintergrund, um in neuerer Terminologie zu sprechen. Palladio zitiert die theoretischen Anforderungen Albertis an einen idealen Blick auf Ber­ ge und macht sie, durch Öffnung seiner Villa mit je einer Portikus auf je eine – wenn auch „gemischte“– Himmelsrichtung, zugleich der empirischen Erfahrung zugäng­­lich. 269

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Das Theater als Weltmodell: Die Theaterszene aus Albertis Momus Eine weitere Umdeutung des Topos, das Theater als mikrokosmisches Inbild der Ordnung der Welt zu begreifen, ist in Albertis Roman Momus zu finden. Was diesen Roman und verwandte literarische Texte Albertis betrifft, so ist seit Eugenio Garin 270 in der Forschung die innere Widersprüchlichkeit von Albertis Weltbild hervorgehoben worden, die nicht allein auf die unterschiedlichen Textgattungen zurückgeführt werden kann, denen seine Schriften zugehören, sondern auf widerstreitende Tendenzen seines Denkens. Alberti hat über einen längeren Zeitraum parallel zwei Bücher verfasst, in denen sich diese widerstreitenden Weltsichten gerade im Hinblick auf das Thema der Architektur artikulieren. Erstens seinen Roman Momus seu De Principe 271 (entstanden 1444–1450), den Alberti selbst im Prolog als Ergebnis seiner Nachtwachen bezeichnet hat, nach Wolfgang Krohn eine „zynisch-satirische Darstellung menschlicher und gött­ licher Dummheit, Leichtgläubigkeit, Hinterlist und Zerstörungslust“. 272 Zweitens den Architekturtraktat De re aedificatoria, der „über die Grundsätze, den Auf bau und die Anwendungsbedingungen der gesamten Baukunst“ 273 handelt und wohl 1452 fertig­ gestellt wurde (in einer Fassung, die später möglicherweise überarbeitet wurde). 274 Während De re aedificatoria auf dem Glauben an eine von Natur aus gut geordnete und gleichzeitig durch den Menschen verbesserungsfähige Welt aufbaut oder doch aufzubauen scheint, 275 entfaltet Alberti in seinem Momus, seinem Roman über den Gott des Spotts als „schwarzen Prometheus“, 276 ein Gegenbild – das Panorama eines gefallenen, durch und durch verkommenen Planeten. Bei dessen Anblick beschließen die olympischen Götter, eine bessere, neue Welt zu erbauen. Jupiter zieht das finale Fazit: „Die Welt, die sie [die Menschen] zur Verfügung haben, gefällt ihnen nicht: Dieser Zustand, diese Situation ist schlimm und unerträglich: ‚Wir müssen eine […] völlig andere Welt erbauen‘.“ 277 Zunächst wendet sich der Weltenherrscher an die Philosophen, doch die konfligie­ renden Lehrmeinungen der diversen Philosophenschulen vermögen die olympischen Götter nicht zu überzeugen. Jupiter beschließt, nun selbst die bereits zur radikalen Erneue­ rung bestimmte Welt aufzusuchen, und betritt bei seiner Visite ein antikes Theater. Er betrachtet nun voller Bewunderung „die zahllosen, mächtigen Säulen aus parischem Marmor, ein gigantisches Werk, das aus den Felsblöcken der höchsten Berge geschaffen war. Jupiter […] sagte sich, obwohl sie unmittelbar vor seinen Augen standen, dass ein solches Werk ein Ding der Unmög­ lichkeit sei; er konnte vor lauter Begeisterung die Augen nicht von ihnen wenden und lobte sie über die Maßen; im stillen klagte er sich wegen der eigenen Unfähigkeit und Dummheit an, weil er sich, anstatt an die Baumeister eines so außerordentlichen Werkes, an die Philosophen gewandt hatte, um mit ihrer Hilfe den Plan für eine neue Welt zu entwerfen.“ 278

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Alberti erklärt hier die Architektur zum „Vorbild der göttlichen Schöpfung“ 279. Der Architekt wird in einem zugespitzten Sinn zum „alter deus“ (so Albertis berühmte For­ mulierung aus De pictura), zu einem zweiten und anderen Gott, der eine bessere Welt hervorbringen kann als diejenige, die der architectus mundi kraft göttlichen Willens erschuf. 280 Obwohl Albertis ‚Götterdämmerung im Theater’, wie sie am Ende des Momus erzählt wird, innerhalb einer paganen Welt spielt, gewinnt sie doch vor dem Hinter­ grund christlicher Konzepte über die ‚Architektur der Welt‘ blasphemische Brisanz. Deren Grund liegt in Albertis kühner Umkehrung der klassischen Analogie von Welt und Werk und des klassischen Primats des gottgeschaffenen Kosmos über das Werk menschlicher ‚Kunst’. 281 Während in Ciceros De natura deorum, wie ausgeführt, die Architektur des Kosmos durch den Vergleich mit menschlichen Bauten erläutert wird und während gemäß der christlichen Tradition Gott das Gebäude der Welt als eine erste Architektur und als Modell der menschlichen Architektur gebaut hat, stellt nun umge­ kehrt Alberti die Architektur menschlicher Architekten dem olympischen Zeus als Modell einer neuen Welt vor Augen. Alberti führt diese, gerade vor dem Hintergrund der christlichen Konzeption des Deus Artifex durchaus blasphemische, absurde Inversion jedoch unmittelbar darauf nochmals ad absurdum: Indem er das monumentale antike Theater samt seiner Götterstatuen nach Jupiters Besuch zum Opfer entfesselter Naturge­ walten macht, lässt er die traditionelle Hierarchie von Welt und Werk, göttlicher und menschlicher Schöpfung, zu ihrem alten Recht kommen, um zugleich die menschliche Hybris der Naturüberwindung durch Technik zu verspotten. 282 Man könnte diese Umkehrung der Umkehrung – die Welt zerstört das Werk – aber auch anders deuten: die natura ist sowohl den Fiktionen menschlicher als auch göttlicher Werkmeister überlegen – dies berührt bereits die Frage nach epikureischen Anteilen des Denkens Albertis, auf die noch einzugehen sein wird. Sowohl in der eben angeführten Theaterszene des Momus als auch mit seinen Aus­ führungen über den Ausblick auf Berge in die vier Himmelsrichtungen innerhalb seines Architekturtraktates rekurriert Alberti auf die alte Topik des „Theatre of Nature“283 und des ‚Hügeltheaters‘, um sie zugleich ihrer alten kosmologischen Fundierung zu berau­ ben. 284

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  Exkurs: Ideale Inseln I – Kythera Wie bereits ausgeführt, findet sich in literarischen Texten der Renaissance und in deren Illustrationen häufig das Schema des rundgefassten Achsenkreuzes als Zentrum einer kreisförmig begrenzten, sublunaren Welt, 285 die gelegentlich wiederum als Spiegel der supralunaren Welt, des Kosmos mit seinen kreisförmigen Planetenbahnen konzipiert ist. In diesem Zusammenhang spielt auch die Tradition der insula amoena 286 eine wichtige Rolle. Der ‚ideale Ort‘ erscheint als runde Insel, als Abbild der terra, die in Antike und Mittelalter häufig als eine vom kreisförmigen Weltozean umflossene Weltinsel dar­ gestellt wurde. In der Hypnerotomachia Poliphili (Venedig 1499) wird die Insel der Venus, Kythera, als locus amoenus und zugleich als ein „architektonisches Gebilde auf kreisrundem Grundriss“ 287 beschrieben und auf einem Holzschnitt (Abb. 45) darge­ stellt. 288 Elemente, die auch für die Konzeption der Villa Rotonda bedeutsam sind, wur­ den hier bereits stringent zusammengeführt: der kreisrunde Idealort, das Motiv des Amphitheaters bzw. Theaters, das Zentrum des ‚idealen Ortes‘ in einem Zentralbau-

45  Grundriß der Insel Kythera, Holzschnitt aus Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, Venedig 1499, fol. t7v

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Tempel und die Analogie von Mikro- und Makrokosmos unter dem Leitmotiv des Krei­ ses. Gerhard Goebel führt aus: „Die Beschreibung der Insel [Kythera] allein […] erstreckt sich über mehr als dreißig Seiten. […] Colonnas imaginäres Kythera ist kreisrund und in drei große Ringe unterteilt. Im Zentrum befindet sich das Amphitheater, in dem Poliphilos Verbin­ dung mit Polia vollzogen wird. […] In der Mitte des Amphitheaters befindet sich ein heptagonaler Tempietto mit sieben Säulen aus verschiedenen Edelsteinen – offenbar die sieben Planeten darstellend […]. Hier im Zentrum erweist sich die Architektur von Kythera mit der immer wiederkehrenden Siebenzahl der Stufen und der immer wiederkehrenden Kreisform als ein Gleichnis der Harmonie des Makrokosmos.“ 289 Die im Grundriss der Rotonda anzutreffende Verschränkung der geometrischen Figuren von Quadrat und Kreis spielt wiederum in einer anderen prominenten Architektur­ beschreibung der Hypnerotomachia eine wichtige Rolle, des Tempels der Venus Physizoa: „Der [Venus-] Tempel ist ein Rundbau, wie er dem Wesen der Venus Physizoa ent­ spricht. […] Colonna beginnt die Tempelbeschreibung mit der Grundrisskonstruk­ tion. Einem Kreis wird ein Quadrat eingeschrieben, diesem wieder ein Kreis […].“ 290 In der 1545 nochmals in Venedig in zweiter Auflage verlegten Hypnerotomachia bezieht sich die Beschreibung der Insel Kythera auf den Gründungstext der utopischen Staats­ fiktion, Platons Beschreibung des Inselreiches Atlantis, auf die in der vorliegenden Stu­ die ebenfalls noch einzugehen sein wird. 291 Dass in der italienischen Renaissance die erörterten literarischen und graphischen Topoi ‚idealer Orte‘ nicht nur in der literari­ schen und bildlichen Repräsentation von Bauten und ihrem Umfeld eine Rolle spielten, sondern auch bei der Wahl des Geländes und bei der Konzeption der baulichen Gestalt realisierter Gebäude berücksichtigt wurden, soll im Folgenden gezeigt werden.  

Bauten und Berge : Villen und l ändliche Residenz en des Quat trocento Die Villa Medici in Fiesole: die Domkuppel als Nabel Die von Lorenzo il Magnifico erbaute Villa von Poggio a Caiano bei Florenz war nicht die erste Medici-Villa, für deren Konzeption die Inszenierung von Ausblicken eine wich­ tige Rolle spielte. Nach James S. Ackerman ist die Medici-Villa in Fiesole die erste nachan­ tike Villa, deren Bauplatz wegen der Aussicht ausgewählt wurde. 292 Der fiesolanische

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Bau und seine terrassierten, später erweiterten Gärten wurden zwischen 1451–1457 errichtet. Er wird traditionell Michelozzo zugeschrieben. 293 Die an dem Florenz zuge­ wandten Hang von Fiesole erbaute Villa verfügte von Anfang an über zwei Aussichtster­ rassen, deren östliche einen umfassenden Überblick über die Stadt Florenz und ihr Umland bietet. Hatte schon Leonardo Bruni kurz nach 1400 empfohlen, die Stadt Flo­ renz und die sie umgebenden Villen von den Anhöhen des Umlandes aus zu betrachten, um Schönheit und Bedeutung der Florentiner Republik zu ermessen, 294 so bietet sich von der fiesolanischen Villa Medici und von ihrer in östlicher Richtung vorgelagerten Terras­ se in der Tat ein umfassender Überblick über Florenz und die umgebenden suburbia, Villen und Bergketten. Als dessen Mitte und ‚Nabel‘ erscheint die riesige Kuppel des Florentiner Doms, die bis 1436 von Brunelleschi errichtet worden war. Das durch Brunis Lob der Stadt Florenz im Rückgriff auf das antike Städtelob eingeführte, oben bereits angesprochene Bild von Florenz als Nabel der Toskana 295 und insbesondere das von Bru­ ni entworfene Bild von Florenz als zentralem Knauf und Buckel eines „Rundschildes“ der die Stadt umkreisenden Regionen, 296 wird im Blick von der östlichen Terrasse der Villa Medici auf Florenz heute noch anschaulich: die Kuppel von Santa Maria del Fiore erscheint als monumentales Zentrum des gesamten Panoramas, das von bergigen Anhö­ hen abgeschlossen wird. Als Beleg einer frühneuzeitlichen Zusammenschau von Bergen und Bauten kann eine Stelle aus Vasaris Vita des Filippo Brunelleschi gelten, in der die Kuppel des Florentiner Domes mit den Bergen um Florenz verglichen wird. Die Kuppel kämpfe geradezu mit dem Himmel („par veramente che ella combatte [col cielo])“ und sie „ragt soweit empor, dass man meint, sie sey den Bergen um Florenz gleich […].“ 297 Christoph Bertsch hat jüngst die Bedeutung der Domkuppel als Blickziel von Aus­ sichten aus Medici-Villen des 15. und 16. Jahrhunderts herausgearbeitet. 298 Die zeitge­ nössische Sicht der Domkuppel als umbilicus der Stadt und der Region wird bereits auf dem erwähnten Kettenplan von Florenz im Berliner Kupferstichkabinett deutlich, der die Domkuppel beinahe exakt auf der Mittelsenkrechte des Blattes zeigt (Abb. 41– 42). Eine ebenfalls um 1470 entstandene Verkündigung Piero Pollaiuolos299 zeigt – durch zwei Fenster eines erhöht gelegenen, prunkvollen Zimmers eröffnete – Ansichten von Florenz (Abb. 46– 47). Innerhalb der linken Biforiums-Öffnung erscheint die – allerdings nicht mittig dargestellte – Domkuppel, hinterfangen von Anhöhen. Diese gemalten Aussich­ ten sind in der Forschung als Darstellungen von Ausblicken aus der Fiesolaner Villa – oder auch benachbarter Villen, insbesondere der Medici-Villa des aber wohl zu niedrig gelegenen Careggi – gedeutet worden. 300 Dass auf dem Berliner Gemälde Biforienfenster dargestellt sind, während die Villa Medici heute ungeteilt rechteckige Fenster aufweist, muss nicht dagegen sprechen, dass sich das Gemälde auf diese Villa in Fiesole beziehen könnte, denn dort wurden Fragmente von Biforien gefunden. 301 Der Humanist Angelo Poliziano lobt in einem Brief an Marsilio Ficino die Aussicht von der Fiesolaner Villa Medici, von der aus man nämlich ganz Florenz übersehen könne („t o t a m t a m e n l i c e t a e s t i m a r e F l o r e n t i a m potest“):

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46  Piero del Pollaiuolo, Verkündigung an Maria, Pappelholz, 152,5 × 176,7 cm, um 1470, Berlin, SMPK, Gemäldegalerie

„Denn obwohl sich das kleine Landgut selbst durchaus etwas abseits im Wald ver­ steckt, kann man dennoch, wenn es beliebt, ganz Florenz von dort aus würdigen.“ 302 Poliziano zitiert mit diesen Worten ein bekanntes Epigramm Martials, das die Aussicht seiner Villa über ganz Rom lobt und dessen Schluss lautet: „t o t a m l i c e t a e s t i m a r e R o m a m “. 303 Ficino wiederum schreibt in einem Brief von 1488 an Poliziano über die „den Augen unterworfene“ Aussicht auf Florenz von den Hügeln von Fiesole aus. 304 Der Auftraggeber der Medici-Villa von Fiesole, Giovanni di Cosimo de’ Medici, zwei­ ter Sohn Cosimos des Alten, 305 hat den Bauplatz nach Meinung der Forschung vor allem wegen der Aussicht gewählt 306 – eine Aussicht, mit welcher der pater patriae selbst nach dem Zeugnis von Polizian nicht wirklich zufrieden war, da nicht alles, was er sehe, der Familie gehöre – ganz im Unterschied zur Aussicht aus seiner Villa von Cafaggiolo. 307

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47  Piero del Pollaiuolo, Verkündigung an Maria, Pappelholz, 152,5 × 176,7 cm, um 1470, Berlin, SMPK, Gemäldegalerie, Detail

Leonardo da Vincis bekannte frühe, von ihm beischriftlich datierte Landschafts­ zeichnung in den Uffizien, die am 5. August 1473, kurz vor den zitierten Äußerungen, entstanden ist, 308 zeigt einen weiten Ausblick auf ein Tal und ein Villen-Kastell, das ­dieses weiträumig überschaut. Schon zuvor war die hier im Medium der Zeichnung voll­ zogene Aufwertung des Fernblicks in der Architektur der Villa Medicea von Fiesole voll­ zogen worden. 309 Die Villa von Poggio a Caiano und ihr ‚Hügeltheater‘ Das erste Landhaus der italienischen Renaissance, das eine Tempelportikus all’antica besitzt, die nach einem um 1480 entstandenen Modell Giuliano da Sangallos unter Lorenzo il Magnifico erbaute Villa von Poggio a Caiano bei Florenz, ist durch eine über­

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wölbte sala centrale gekennzeichnet, die sich auf allen vier Seiten durch vier große Türen auf die umgebende Landschaft öffnet – zweifellos ein Vorbild der Villa Rotonda Palladios. Die Nähe des vorgesetzten ‚Tempelgiebels‘ zur antiken Sakralarchitektur wird durch den berühmten Figurenfries der Portikus noch betont. 310 Ähnlich wie später die Villa dei Vescovi und die Villa Rotonda, befindet sich die Villa auf der Anhöhe eines freistehen­ den, niedrigen Hügels, am Rand einer Ebene und am Fuß einer Hügelkette. Die durch die ‚Tempelportikus‘ ausgezeichnete, der Straße von Florenz nach Pistoia zugewandte Seite des kubischen Baukörpers (Abb. 48a) blickt auf die in mittlerer Distanz beginnenden Hügelformationen des sogenannten Monte di ginestre, die das Sichtfeld der Loggia ganz einnehmen (vgl. Abb. 48b). Die anderen drei Türöffnungen des tonnengewölbten Saales – der ebenso von dem zentralen triclinium in Plinius’ Laurentinum wie von Vitruvs tür­ hohen Fenstern für Speisesäle, seinen „lumina fenestrarum valvata“ inspiriert scheint 311 – sind auf eine weithin sich erstreckende Ebene und die in ihr befindlichen Städte aus­ gerichtet, wie es noch Michel de Montaigne in seinem Journal de Voyage en Italie von 1580/81 beschreibt (vgl. Abb. 48c). Laut Montaigne konnte man aus der Villa von Poggio a Caiano auf Florenz und auf zwei weitere, in den verschiedenen Himmelsrichtungen liegende Städte des florentinischen Herrschaftsbereiches blicken: „J’obliois à dire que des salles de Poggio, on voit Florence, Prato et Pistoïa, de la table […].“ – „Ich vergaß zu erwähnen, daß man von den Sälen von Poggio a Caiano aus, vom Tisch aus, die Städte Florenz, Prato und Pistoia sehen kann […].“312 Dies ist keine literarische Fiktion, sondern Bericht und Beschreibung. Denn aus der Mit­ te des großen, freskierten Saales der Villa schaut man durch die weiten Türen tatsächlich im Westen nach Pistoia, im Norden nach Prato, im Osten nach Florenz. Die Kuppel und der Campanile des Florentiner Domes waren ebenso wie die Türme der genannten Städ­ te vor Anlage des englischen Gartens aus den großen Türöffnungen des salone centrale zu sehen. Der mit diesen Aussichten auf Florenz und zwei wichtige Städte des damaligen Florentiner Staates verbundene Herrschaftsanspruch dürfte Besuchern der Frühen Neu­ zeit offensichtlich gewesen sein. Giorgio Vasari hatte kurz vor Montaigne, in seiner Biographie des Tribolo, die 1568 erstmals innerhalb seiner Künstlerviten publiziert wurde, den Ausblick aus einer Gar­ tenloggia der medicäischen Villa di Castello auf die Villa Poggio a Caiano und auf wich­ tige Städte des neuen toskanischen Gesamtstaates des Herzogs Cosimo I. bereits in ähn­ licher Weise beschrieben. Aus dieser Loggia habe man „die Aussicht […] auf den Palast [von Castello], die Gärten und Brunnen samt der ganzen Ebene davor und weiter ab auch auf die herzogliche Villa von Poggio a Caiano, auf Florenz, Prato, Siena, kurz auf alle Umgebungen im Umkreis vieler Meilen.“313 Bereits ein gelehrter Vasari-Herausgeber des 18. Jahrhunderts, Giovanni Gaetano Bottari, bemerkte, dass Siena von Castello aus in Wirklichkeit gar nicht gesehen werden kann. 314 Vasari spielt mit dieser Fiktion eines

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48a–c  Giuliano da Sangallo, Villa Poggio a Caiano bei Florenz, Ansicht frontal von vorn; Aussicht aus der Hauptloggia; Aussicht aus der Tür der Sala grande in Richtung Pistoia (je 1999)

weiten Herrschaftsblickes auf die Eroberung von Siena durch Cosimo I. im Jahr 1555 an und erweitert die imaginierte Aussicht aus der Gartenloggia von Castello auf das neue, erweiterte Herrschaftsgebiet seines Herrn. Auffällig sind die Affinitäten sowohl der Texte Montaignes als auch Vasaris zu einem schon angeführten und hier nochmals wiedergegebenen Brief Petrarcas, der die Aussicht von der Burg Sankt Columban bei Piacenza schildert:315 „Ich schreibe auf einem schönen, fruchtbaren Hügel fast in der Mitte des cisalpi­ nischen Gallien. Nach Osten zu liegt San Colombano […]. Nach Westen schweift der

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Blick über ein freies Aussichtsfeld [liberissimus prospectus], wo wohltuende Ein­ samkeit und Stille herrschen. Ich kenne keinen Ort, der so wenig hoch gelegen, eine so weite und so schöne Rundsicht [spectaculum terrarum] böte. Wenn Du nur etwas die Augen wendest, erblickst Du Pavia, Piacenza, Cremona und, wie die Bewohner sagen, noch andere bekannte Städte […] mit meinen Augen aber habe ich die drei genannten erblickt. Im Rücken habe ich die Alpen […].“ 316 Die oben erörterte Topik des ‚Hügeltheaters‘ scheint für die Positionierung der Villa von Poggio a Caiano auf ihrem niedrigen, sockelartigen „monticello“ eine wichtige Rolle gespielt zu haben: Die erwähnten Anhöhen des Monte di ginestre, die der Eingangsloggia in mittlerer Distanz gegenüberliegen (Abb. 48b), konnten einem literarisch gebildeten, mit der Topik des ‚idealen Ortes‘ vertrauten Gast der Villa durchaus als ein veritables ‚Hügeltheater‘ erscheinen. Darüber hinaus schließen die weit entfernten Höhenzüge des Apennin, von der umlaufenden Terrasse des piano nobile aus betrachtet, auf den drei übrigen Seiten den Ausblick auf die Ebene und die in ihr befindlichen Städte als ein scheinbar kreisförmiger, ununterbrochen umlaufender Kranz von Bergen ab. Die fernen Berge erschienen, als die Bäume des späteren Landschaftsgartens die Sicht noch nicht verstellten, von der umlaufenden Terrasse der basis villae aus gesehen als ein riesiger,

49  Baldassare Peruzzi, Sala delle Prospettive der Villa Farnesina, Rom, Fresko der Westwand (Ausschnitt)

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scheinbar exakt kreisförmiger Ring von Anhöhen – wie heute, aus den Fenstern des Obergeschoss blickend, noch zu sehen ist. Ein Hinweis auf die schon zitierten Ausfüh­ rungen Leonardo Brunis zur Lage von Florenz, das innerhalb des „Rundschildes“ eines kreisförmig begrenzten Umlandes liege, bietet sich an: „Die Vorstädte [von Florenz] wiederum werden von Villen, die Villen ihrerseits von Landstädten umgeben. Diese [Landstädte] umfasst das gesamte äußerste [fernste] Umland in noch weiterem Umfang und Kreis.“317 Bereits Plinius beschrieb (oder erdichtete) den Speisesaal auf der Mittelachse des Laurentinum, seiner Villa bei Ostia – ein möglicherweise freistehendes Strandtriklinium – als einen Raum, dessen Flügeltüren und Fenster Ausblicke in alle vier Himmelsrichtungen eröffnen. 318 Er verband damit die alte römische Topik der Raumorganisation durch kreuzförmig sich schneidende Achsen mit dem architektonischen Motiv des Ausblicks­ fensters, das in seinen Villenbriefen auch sonst einen hohen Stellenwert einnimmt. 319 Die plinianische Beschreibung eines Speisesaals mit vier Ausblicköffnungen in die vier Himmelsrichtungen dürfte für die Konzeption des salone centrale der Villa von Poggio a Caiano ebenso herangezogen worden sein wie Vitruvs Ausführungen über die „oeci

50  Baldassare Peruzzi, Sala delle Prospettive der Villa Farnesina, Rom, Fresko der Ostwand (Ausschnitt)

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cyziceni“, die kyzikenischen Speisesäle innerhalb des sechsten, den Privatgebäuden gewidmeten Buches seines Architekturtraktates:320 „Es werden auch in Italien nicht übliche Säle gebaut, die die Griechen kyzikenische nennen. Diese werden in Nordrichtung angelegt und zumeist mit einem Blick ins Grüne, und in der Mitte haben sie Flügeltüren. Sie selbst sind so lang und breit, dass zwei Triklinien gegenüber aufgestellt sein können, um die man herumgehen kann. Rechts und links haben sie türähnliche Fensteröffnungen, so dass die Gäste von den Speisesofas aus einen Blick ins Grüne haben. Ihre Höhe wird mit 1 ½ Breite bestimmt.“321 Vitruvs Ausführungen über die „oeci cyziceni“ haben, wie Manfred Luchterhandt zeigen konnte, auch die wohl zwischen 1516 und 1520 von Baldassare Peruzzi mit Landschafts­ prospekten ausgemalte Sala delle Prospettive in der Villa Farnesina in Rom inspiriert. (s.  Abb. 49–50)322 Dieser Saal zeigt an drei Seiten eine gemalte Scheinarchitektur, die sich durch Dop­­pel­säulen­kolonnaden auf fingierte Ausblicke auf Rom und dessen Hügel öffnet. Zuvor schon hatte Leonardo da Vinci in seinem Mailänder Abendmahl, das Jesus und seine Jünger in einem antikischen Speisesaal vor großformatigen rechteckigen Öff­ nungen mit fernsichtigen Landschaftsausblicken zeigt, möglicherweise auf Vitruvs Be­ schreibung griechischer Speisesäle und ihrer „lumina fenestrarum valvata“323 zurück­ gegriffen.

51/52  Pienza, Palazzo Piccolomini, Ausblick aus der rückwärtigen Loggia des piano nobile auf das Tal der Orcia

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Pienza und der Monte Amiata Nicht nur für ein einziges Gebäude, sondern für die Umgestaltung eines ganzen Ortes wurde die Aussicht zum bestimmenden Element der Planung: in Pienza. Als Papst Pius II. (1458–1464) verwandelte Enea Silvio Piccolomini seinen im sienesischen contado gelegenen Geburtsort Corsigniano, ein Dorf, in eine „Piusstadt“: Pienza. In den im Jahr 1462 entstandenen Commentarii beschreibt er seinen dort soeben errichteten Palast. 324 Pius II. greift dabei mehrfach auf die Villenbeschreibungen des jüngeren Plinius zurück, auch was die Beschreibung von Ausblicken auf die Landschaft angeht, wie besonders Andreas Tönnesmann hervorgehoben hat:325 Der Papstpalast von Pienza öffne sich rück­ seitig mit einer dreigeschossigen Loggia nach Süden, auf einen vorgelagerten ‚hängenden Garten‘ und auf die weite Ebene des Tales der Orcia, die vom Bergmassiv des Monte Amiata bekrönt werde (vgl. Abb. 51–53). Von den Loggien des Palazzo aus gesehen erscheint die von Pius ausführlich beschrie­ bene Aussicht auf das Tal der Orcia von einer ununterbrochenen Kette von Anhöhen umrundet, aus dem annähernd mittig die Monte Amiata hervorragt. Bemerkenswert ist allerdings, dass in Pius’ Beschreibung der Aussichten von seinem Palazzo in Pienza der plinianische Topos des dem Blick „unterworfenen“ Territoriums und des Schauens in alle vier Himmelsrichtungen aufscheint, jedoch nicht der Topos des ‚natürlichen Amphi­ theaters’:

53  Pienza, Palazzo Piccolomini, Ausblick aus der rückwärtigen Loggia des piano nobile auf das Tal der Orcia

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„[Der Palast] genießt freien Ausblick nach allen vier Himmelrichtungen […]. Im Westen reicht der Blick über Montalcino und Siena hinweg bis zu den Bergen Pistoias. Nach Norden bieten sich Hügel und Wälder in angenehmer Abwechslung dar, 5000 Schritte in die Tiefe gestreckt. Wer scharfe Augen hat, erkennt den Apennin und Cortona, das nicht weit vom Trasimenischen See auf einer Bergspitze liegt […]. Nach Osten reicht der Ausblick weniger weit – bis nach Montepulciano, das noch immer Siena bedroht. Außerdem sieht man die Berge zwischen dem Tal der Chiana und dem Tal der Orcia. Drei Portiken wenden sich, wie schon gesagt, nach Süden der Sonne zu und gewähren den Anblick des aufragenden, waldreichen [Bergmassivs] des Monte Amiata. Weiter vorn sieht man das unterworfene Tal der Orcia, Wiesen und Hügel, grün je nach Jahreszeit, fruchtbare Äcker und Weingärten, Städte und Burgen auf schroffen Hügeln, die Bäder von Vignone und oberhalb von Radicofani den Mon­ te Pesio, Einlasspforte für die Wintersonne.“326 Der Rückgriff auf literarische Topoi von Ausblicksinszenierungen aus der Welt römi­ scher Senatoren und Imperatoren unterstreicht die herausragende Bedeutung, die der neuernannte Papst Pius II. seinem Heimatort verleihen wollte. Die Einbeziehung von Landschaftsausblicken in die Architektur von Pienza beschränkt sich nicht auf den Palast des Papstes, der als Sommerresidenz diente, sowie auf die Piazza und ihre Landschafts­ prospekte, die sich durch Zwischenräume zwischen der Kathedrale und dem Palast des Papstes rechts beziehungsweise dem Sitz des Bischofs links ergeben. Auch das mittige Hauptchorfenster der Kathedrale, deren Maßwerkfenster der Papst entgegen gebräuchli­ cher Übung mit durchsichtigem Glas und nicht mit buntfarbigen Glasfenstern versehen ließ, ist auf den Anblick der Spitze des Monte Amiata ausgerichtet und wird so in eine monumentale fenestra prospectiva verwandelt. 327 Am Rande sei bemerkt, dass sich eine verwandte Darstellung der Aussicht auf einen innerhalb einer großen gotischen Öffnung ebenfalls mittig platzierten Berg bereits zu Beginn des Jahrhunderts im Turin-Mailänder Stundenbuch, also in der frühen altniederländischen Malerei findet. Die Bergspitze hin­ terfängt hier das Haupt des in einer gotisch gerahmten Türöffnung mittig stehenden, segnenden Christus (Abb. 54). 328 In ihrer Studie über die Loggien Roms in der Renaissance beschreibt Jutta Allekotte die Genese der literarischen Topik eines päpstlichen Herrschaftsblicks auf Stadt und Land, die visuell der Macht des Pontifex „unterworfen“ wurden. 329 Nach einem Bericht des ferrarerischen Gesandten Beltrando Costabili habe sich Papst Leo X., „um die Schriftstücke des […] Botschafters zu prüfen, […] in Begleitung seines Vize­ kanzlers Giulio de’ Medici an die Balustrade gelehnt und dabei sein Antlitz dem Rompanorama zugewandt. Ermöglichte diese Position einerseits ein bequemeres Lesen, so manifestierte sich andererseits im Blick des Papstes auf die Stadt der Blick des Herrschers auf sein Territorium.“330

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54  Miniatur aus dem sog. Turin-Mailänder Stundenbuch der Gebr. van Eyck, ehemals Turin, Biblioteca Nazionale Universitaria, Ms. K.IV.29, fol. 44 verso (verbrannt), Ausschnitt

Paolo Giovio schreibt in seiner 1548 erstmals gedruckten Vita Leos X., dass dieser Papst sich eine dreigeschossige, gen Osten orientierte Loggia errichtet habe, von der er täglich auf die „unterworfene Stadt“ herabzuschauen pflegte. 331 Der Rückgriff auf die von Drerup umfassend erschlossene Tradition des antik-römischen Herrschaftsblickes ex alto ist offenkundig. 332 In den Beschreibungen, die Pius II. von den Prospekten des Palazzo Piccolomini zu Pienza gegeben hat, knüpft der Piccolomini-Papst an jene Ästhetisierung an, mit der zuerst Plinius und Statius den ursprünglich religiös und politisch konnotierten Fernblick der Augurn und Herrscher333 in ihren Ausblicksbeschreibungen überformt hatten.

  Exkurs: Tempel und templum in der Malerei – Perugino und Raphaels Sposalizio Die Verbindung von modellhaftem Zentralbau und Belvedere in Palladios Villa Rotonda dürfte nicht zuletzt auf gemalte Darstellungen von Zentralbauten zurückgehen. Perugi­ nos Fresko der Consegna delle chiavi in der Sixtinischen Kapelle, von 1482, zeigt im Hin­

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55  Raphael, Sposalizio (Vermählung Mariens), Öl auf Holz, 170 × 118 cm, 1504, Mailand, Pinacoteca di Brera

tergrund das Templum Salomonis – als einen Zentralbau, der sich mit vier Loggien auf eine teils urbane, teils ländliche Umgebung öffnet. 334 Seine spätere Darstellung des Spozalizio, heute in Caen, wird von einem ähnlichen Zentralbau vor landschaftlichem Hin­ tergrund dominiert. 335 Das gegen 1504 datierte Gemälde, das sich zur Zeit Palladios in Perugia befand, verbindet das Motiv des überkuppelten Zentralbaus mit vier Loggien mit der Darstellung eines Landschaftsausblickes, den eine dem frontal gezeigten Eingang gegenüberliegende Portikus eröffnet. Diese neue Synthese von antikisierendem Zen­ tralbau und prospectus findet sich auch auf Raphaels etwa gleichzeitig entstandenem, eigenhändig auf 1504 datierten Gemälde gleichen Themas, der Vermählung Mariens, heute in Mailand (Abb. 55). 336 Auch diese Tafel Raphaels zeigt einen Zentralbau mit mit­ tiger Aussichtsöffnung. Sie zeigt zusätzlich eine – bereits in Vitruvs Beschreibung des Mausoleums von Halikarnassos angelegte – Verbindung von Zentralbau und ‚Hügel­

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theater‘ – und damit jene dann erst von Palladio auch architektonisch realisierte Syn­ these der inneren Geschlossenheit eines Zentralbaues mit dessen Öffnung als Belvedere. Raphael rekonstruiert das Templum Salomonis, aber er greift in seiner Darstellung der Umgebung des Gebäudes mit ihren ausdrücklich symmetrischen Hügelketten offenbar auch auf die Topik des templum als Sichtfeld des Tempels und zugleich auf die antike Topik des ‚Hügeltheaters‘ zurück, was bisher nicht erkannt wurde. 337 Zugleich wird im Zentrum des dargestellten Tempel-Gebäudes eine Tür als Ausblicksöffnung sichtbar, eine „ianua aperta“ gewissermaßen, die ikonographisch auf die alte Bezeichnung der Maria als „porta coeli“ beziehungsweise als „fenestra coeli“ zu beziehen ist. 338 Eine Eröffnung landschaftlicher Aussichten spielt für die Konzeption von Innenräu­ men innerhalb der sakralen Zentralbautradition der tatsächlich gebauten italienischen Hochrenaissancearchitektur hingegen wohl kaum eine Rolle. Die landschaftlich expo­ nierte Lage der bekannten Marienwallfahrtskirchen bei Todi, Cortona und Montepulcia­ no fällt zwar auf. Die Bauplätze bieten herrliche Ausblicke und die Kirchen sind als weit­ gehend freistehende Zentralbauten besonders gut sichtbar. 339 Ausblicke aus diesen Kirchen waren aber wohl nicht intendiert und wurden wohl nicht in die Planungen einbezogen – im Unterschied zur Kathedrale von Pienza, deren zentrales, nicht farbig verglastes Chorfens­ ter, wie erwähnt, den Ausblick auf die Spitze des Monte Amiata mittig rahmt. 340 Dieses ‚sakrale Ausblicksfenster‘ ist eine große Ausnahme. Und nach Alberti sind die Fenster der Kirchen so hoch anzubringen, dass man nur den Himmel sehen kann. 341 Um auf die gemalten Darstellungen von ‚Zentralbauten mit Aussicht‘ bei Perugino und Raphael zurückzukommen: Es ist bemerkenswert, dass die Malerei einen auf Ausblicke in die vier Himmelsrichtungen geöffneten Zentralbau über fünfzig Jahre vor seiner erst­ maligen architektonischen Realisierung in der Villa Rotonda antizipiert. 342  

Liter arische Topoi und l andschaf tliche Topogr aphie : Die Vill a Rotonda und die Tr adition ‚ide aler Orte‘ im Cinquecento Ideale Orte und ‚Hügeltheater‘ in Texten des 16. Jahrhunderts Auch in der Geographie des 16. Jahrhunderts spielt die Tradition des ‚Hügeltheaters‘ eine Rolle. Leandro Albertis im Jahre 1550 zeitgleich mit der Erstausgabe von Vasaris Vite in erster Auflage in Bologna erschienene Descrittione di tutta Italia, ein geographi­ sches Standardwerk seiner Zeit, beinhaltet die Beschreibung eines natürlichen Theaters. Die Beschreibung des Nemi-Sees in den Albaner Bergen, der „speculum Dianae“ genannt werde, greift den plinianischen Topos des theaterförmigen Tales unter dem Leitmotiv der traditionellen Strukturanalogie von natura und ars auf:

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„Sicher darf es bei der Lieblichkeit und Schönheit des Ortes niemand wundern, dass er von den Alten Spiegel der Diana genannt wurde. […] So passgenau umfasst der See die Mitte eines vertieften Tales, dessen Umfang ungefähr zwei Meilen beträgt, dass es förmlich einem von der Kunst erschaffenen Theater gleicht. Es war die übrige flache Ebene, bewachsen mit vielen Büschen, auf der Cäsar laut Sueton eine Villa hatte errichten lassen […].“343 Eine durch ihre wie von Menschenhand abgemessene Regelmäßigkeit ausgezeichnete topographische Situation wird somit als der Ort einer Villa beschrieben, die von einem der prominentesten Machthaber des alten Rom bewohnt wurde. Solch eine geometrisie­ rende Stilisierung landschaftlicher Besonderheiten findet sich an vielen Stellen der Descrittione, so auch innerhalb der sich auf Strabon berufenden Beschreibung der Città di Alba Colonia, einer Stadt, die von einem Ring von hohen Bergen umgeben und so von Natur aus dazu bestimmt gewesen sei, von den Römern als Gefängnis genutzt worden zu sein: „Zu Zeiten der Herrschaft des Römischen Imperiums wurde diese Stadt von den Römern als Gefängnis benutzt, um Könige und auch ruchlose Männer sicher fest­ zusetzen, wegen der geeigneten Lage des Ortes, wie Strabon sagt, nämlich auf der Spitze eines kleinen Hügels, umgeben von sehr hohen Bergen und zwar derart, als habe die Natur sie wie einen Damm angelegt.“344

56  Andrea Palladio, Ansicht von Brindisi mit Hafen (id., I commentari di C. Giulio Cesare […], Venedig 1575 [1574?], Illustration nach S. 204, o. S.)

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Leandro Albertis bereits 1551 in zweiter Auflage publizierte und nochmals 1561 in erweiterter Form erschienene Beschreibung Italiens war Palladio und seinem Vicentiner Kreis sicherlich bekannt, zumal sie einen ausführlichen Abschnitt zu Vicenza und dem Vicentino enthält. Der Verfasser weist innerhalb dieser Ausführungen ausdrücklich auf Palladios humanistisch interessierte Förderer Giangiorgio Trissino und Daniele Barbaro hin. 345 Auch Paolo Giovio greift innerhalb seiner 1537 verfassten, jedoch erst 1559 ver­ öffentlichten Beschreibung des Comer Sees bei der Schilderung eines Tales auf die Topik des ‚natürlichen Amphitheaters‘ zurück. 346 Dasselbe gilt für Ludovico Agostinis Beschrei­ bung von Aussichten aus der Villa Imperiale bei Pesaro aus den Jahren 1570–1575. Dort spielt ebenfalls die „forma di teatro“ eine leitmotivische Rolle, auch wenn sie nun nicht mehr im Hinblick auf die natura artificiosa der Berge, sondern auf die natura artificialis des Gartens verwendet wird. 347 Eine geometrisierende Auffassung natürlicher Topographie zeigt sich auch in Palla­ dios Illustrationen zu Cäsars Gallischem Krieg, erschienen als I commentari di Giulio Cesare, Venedig 1574/75. Hier findet man extrem typisierte Darstellungen von Land­ schaftsformationen. Die doppelseitige Wiedergabe des antiken Brundisium (Brindisi) mit seinem Hafen in summarisch stilisierter Umgebung etwa ist hochgradig symme­ trisch idealisiert (Abb. 56). 348 Ein weiterer Kupferstich zeigt das ägyptische Alexandria mit einem beinahe exakt halbkreisförmigen Hafen (Abb. 57). 349

57  Andrea Palladio, Ansicht von Alexandria mit Hafen (id., I commentari di C. Giulio Cesare […], Venedig 1575 [1574?], Illustration nach S. 308, o. S.)

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Stark geometrisiert sind auch die Landschaftsabbreviationen auf Palladios Darstel­ lungen antiker Schlachten nach Polybius. 350 Wegen der Gleichsetzung von landschaftlicher Schönheit und topographischer Regelhaftigkeit hat die Topik des natürlichen Theaters die Renaissance besonders be­ schäftigt. Erstere impliziert, dass der vollkommene Ort einer Villa durch die geometri­ sche Idealfigur eines Halbkreises begrenzt zu sein habe. Bekanntlich galt der Kreis als die edelste Form – ein wichtiger Grund für die Konjunktur des Zentralbaus. Über die Ideal­ form des Kreises spricht Palladio mehrfach selbst. 351

  Exkurs: Ideale Inseln II – Utopia Ein locus classicus des kreisförmigen Idealortes ist Platons Beschreibung von Atlantis in seinem Dialog Kritias, die ebenfalls die erörterte Topik des ‚Rundschildes‘ und der ‚Mit­ te‘ aufruft: „An der Seeküste, gegen die Mitte der ganzen Insel, lag eine Ebene, die schöner und fruchtbarer als irgendeine gewesen sein soll. In der Nähe dieser Ebene aber, wiederum nach der Mitte zu, befand sich […] ein allerwärts niedriger Berg“. 352 Diesen habe Poseidon befestigt, „[…] indem er ihn ringsum durch größere und kleinere Gürtel, abwechselnd von Wasser und Erde, abgrenzte […], die er mitten aus der Insel gleich­ sam herausdrechselte, überallhin gleich weit voneinander entfernt […]. Er selbst ver­ lieh, als ein Gott, ohne Schwierigkeit der in der Mitte liegenden Insel fröhliches Gedeihen […].“353 Platons Inselreich Atlantis354 wurde, wie bereits bemerkt, als eine wichtige Vorlage für antikes und frühneuzeitliches Städtelob – so für die angeführten idealisierten Beschrei­ bungen der Umgebung einer Stadt bei Aristides und Leonardo Bruni – herangezogen. Sein Dialog Kritias war auch eine wichtige Vorlage für Thomas Morus’ Utopia. Letzterer übernimmt in seiner Beschreibung der Insel der Utopier von Platon ebenso die Betonung des Zentrums wie die regelhafte Gestalt der Insel, die allerdings als sichelförmig (und nicht kreisrund) geschildert wird: „Die Insel der Utopier dehnt sich in ihrer Mitte, – hier ist sie nämlich am breitesten – zweihundert Meter weit aus; über eine lange Strecke hin nur wenig schmaler, spitzt sie sich gegen die Enden auf beiden Seiten allmählich zu. Diese Enden der wie nach dem Zirkel angelegten Küste im Umfange von fünfhundert Meilen geben der ganzen Insel die Figur der Mondsichel; ihre Hörner trennt das Meer […].“ [Es gibt einen] „Hafen, von dem aus, zum großen Nutzen der Bewohner, die Schiffe nach allen Sei­ ten fahren können […]. Etwa in der Mitte ragt […] ein einzelner Felsen empor […], auf

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58  Ambrosius Holbein, Darstellung der Insel Utopia, Titelholzschnitt zu Thomas Morus, Utopia, Basel 1548

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dem sich ein Turm erhebt. [Die Hauptstadt Armaurotum] […] markiert gewisserma­ ßen den Nabel der Insel.“355 Dass die Vorstellung eines kreisrund begrenzten ‚idealen Ortes‘ im 16. Jahrhundert weit verbreitetes Bildungsgut war, erweisen umso deutlicher die Holzschnitte zur editio princeps von 1516356 wie auch zur Basler Ausgabe der Utopia von 1518 (Abb. 58). 357 Denn dort wird die Insel – abweichend von Mores Text – kreisrund dargestellt. Eine Turmspitze, die auf dem Basler Holzschnitt von einem Aufsatz in Form eines griechischen Kreuzes bekrönt wird, markiert auf diesen Titelholzschnitten jeweils die genaue geo­ metrische Mitte des Inselkreises. Noch Tommaso Campanellas im Jahr 1602 verfasste Beschreibung von Lage und Auf bau seiner Sonnenstadt (gedruckt 1623)358 folgt Platons Beschreibung von Atlantis in dessen Kritias. Dabei werden die in Brunis Lob der Stadt Florenz nur angedeuteten kosmologischen Bezüge auf die Ordnung des Sternenhimmels ausdrücklich themati­ siert, indem die sieben Kreismauern der Sonnenstadt nach den Planeten benannt sind. 359 Dem Grundrissschema von Campanellas kreisförmig begrenzter Città del Sole liegt ein Achsenkreuz zugrunde: „Die Stadt ist in sieben riesige Mauerringe eingeteilt, die nach den sieben Planeten benannt sind, und man gelangt vom einen zum anderen durch vier Straßen und vier Tore, die nach den vier Himmelrichtungen weisen.“360  

Venedig als kreisrunde Insel: Alvise Cornaros Pläne für die Umgestaltung der Lagune Das Fortwirken der Topik der kreisrunden insula amoena im 16. Jahrhundert mani­ festiert sich auch in einem spektakulären Vorschlag des einflussreichen Patriziers Alvise Cornaro für die Umgestaltung seiner Heimatstadt Venedig in eine kreisförmige Idealin­ sel und für die Erbauung eines Theaters in der Mitte des bacino di San Marco, also der Wasserfläche vor Piazetta und Dogenpalast. 361 In Cornaros Projekt begegnet uns das Theater als mikrokosmisches Modell der Totalität des geordneten Kosmos, der „macchi­ na del mondo“. 362 Die architektonische Form des Theaters galt im Cinquecento „als Schau­ platz, auf dem die Ordnung des universalen Wissens vorgenommen wurde“363, insbeson­ dere seit Giulio Camillo Delminio um 1530 ein hölzernes theatrum mundi in Venedig realisiert und später eines für den König von Frankreich errichtet hatte. In seinem Haupt­ werk L’Idea del Teatro, das postum 1550 bei Lorenzo Torrentino in Florenz (wiederum im Erscheinungsjahr der Vite Vasaris und bei dessen Verleger) und danach zwischen 1552 und 1584 in mindestens zehn Auflagen in Venedig erschien, 364 „kehrte [Giulio Camillo]

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die gewohnte Position von Zuschauern und Darstellern […] um. Während er den Betrachter in der orchestra platzierte, entwickelte er auf sieben Sitzreihen das Abbild des Universums […].“365 Die literarische Topik eines „Theaters der Welt“366 wurde seit Mitte des 16. Jahrhunderts häufig in den Titeln systematisch und enzyklopädisch angelegter Bücher aufgerufen, die eine totalisierende Zusammenschau von Wissensbereichen anstreben. Dieser Topos des Theaters als Inbild von Totalität und Widerspiegelung von Ordnung spielt auch in Cornaros erwähntem Vorschlag für die Umgestaltung Venedigs eine Rolle und wurde nicht zuletzt durch Camillos Schrift verbreitet. Cornaros durchaus ernstgemeinter Plan, die unregelmäßige Topographie der Lagunenstadt Venedig durch Landgewinnung und Aufschüttungen dem literarischen Topos der insula amoena anzu­ verwandeln und an zentraler Stelle dieser neu aufgeschütteten ‚Ideal-Insel‘ ein Theater­ gebäude zu platzieren, zeigt die Strahlkraft der umrissenen Tradition des kreisförmigen ‚idealen Ortes‘ im Denken der Zeit. 367 Das Anfiteatro di verzura des Palazzo Pitti und theaterförmige Innenhöfe manieristischer Villen Palladio griff nicht oder doch kaum ‚verbessernd‘ − etwa durch großangelegte Gar­ tenanlagen368 − in die vorgegebene Topographie ein, während mit dem von Tribolo und Ammanati nach 1550 konzipierten Anfiteatro di verzura im Garten des Palazzo Pitti in

59  Giusto Utens, Ansicht des Palazzo Pitti, Tafelgemälde (Supraporte aus der Villa Medici bei Artiminio), 1599–1602, Florenz, Museo Firenze com’era

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Florenz ein topischer Idealort durch einen gartenarchitektonischen Eingriff erst erschaf­ fen wurde. 369 Damit eröffnete sich aus der Mittelachse des piano nobile heraus ein ideal­ typischer Prospekt auf ein ‚Hügeltheater‘, der offenbar von Plinius’ Beschreibung seiner tuskischen Villa inspiriert wurde – ein passender Rückbezug für einen Palast des Her­ zogs der Toskana. Eine bekannte Vedute des Palazzo Pitti von Giusto Utens zeigt die Gestalt des sog. Anfiteatro di verzura, des Gartenamphitheaters (Abb. 59). Das Ge­mälde von Utens ist um 1599–1602 entstanden. 370 Es handelt sich bei dem Anfiteatro di verzura um ein gänzlich artifizielles ‚Hügeltheater’, das in dem zuvor für den Bau des Palas­ tes ausgebeuteten Steinbruchs angelegt wurde. Der Ausblick aus den ursprünglich offe­ nen Serlianen jener Räume im piano nobile und im zweiten Stock, die auf der zentralen Achse des Palazzo liegen, durchmisst zunächst den ab 1561 durch Ammanati errichteten Innenhof und wird dann von einem ganz von Menschenhand errichteten, amphitheatra­ lischen Mikrokosmos ausgefüllt, der die varietas verschiedener Pflanzen in streng geord­ neten Kompartimenten aufnimmt. Hier spiegeln sich grundsätzliche Unterschiede der Auffassung des Verhältnisses von ars und natura bei Palladio und seinem Kreis einerseits und dem der toskanischen Archi­ tekten des Manierismus andererseits. Werden im Fall Palestrinas, der Villa dei vescovi bei Luvigliano371, und der Villa Rotonda Palladios solche Hügelformationen in den Blick gerückt, die von Natur aus und bereits ohne technische Eingriffe der Form von Men­ schenhand gebauter Theater und Amphitheater ähneln, so geht es in den mediceischen Gärten der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts um ein kunstvolles Verbessern der vor­ gegebenen Topographie, wie besonders eindrücklich das Garten-Amphitheater des Palazzo Pitti belegt. Angestrebt wird in solchen ‚manieristischen‘ Gärten, wie es in einem Brief von Jacopo Bonfadio an Plinio Tomacelli aus dem Jahr 1541 heißt, die Erschaffung einer „terza natura“372, welche die ‚erste‘, vorgegebene Natur der göttlichen Schöpfung und die ‚zweite Natur‘ der menschlichen Kultur, die als Mimesis der ‚ersten Natur‘ auf­ gefasst und daher als ‚zweite Natur‘ bezeichnet werden konnte, übertreffen und kunst­ voll zu einem Dritten vereinen soll. Diese dritte Natur ist das überlegene Werk des Gar­ tenkünstlers (und seines Auftraggebers, wie Daniele Barbaro erklärt). 373 Die „industria“ der Gärtner vermöge, so wiederum Bonfadio, seit alters so viel, dass aus der Natur, der die menschliche Kunst einverleibt worden sei, ein Künstler gemacht worden und dadurch aus Natur und Kunst eine dritte Natur geschaffen worden sei: „[…] l’ industria de paesani ha fatto tanto, che la natura incorporata con l’arte è fatta artefice & connaturale l’arte, & d’amendue è fatta una terza natura […].“ 374 Auch im Hinblick auf Wasserspiele, so der 1556 verstorbene Claudio Tolomei, solle nicht mehr unterschieden werden können, ob ein „natural artifizio“ zu sehen oder ob eine „artifiziosa natura“ wirke, also ob ein von der Natur geschaffenes Kunstwerk zu sehen oder ob eine künstlich erzeugte Natur geschaffen worden sei. 375 Bartolomeo Taegio wie­ derum spricht in seinem 1559 erschienenen Dialog über das Villenleben im Rückgriff auf den zitierten Brief Bonfadios ausdrücklich von einer „terza natura“ als einer Synthese von

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Kunst und Natur: „[…] incorporando l’arte con la natura fa che d’amendue ne riesce una terza natura.“376 Indem die Kunst mit der Natur in einem Körper gewissermaßen ver­ schwistert werde, erreiche man, dass aus Kunst und Natur eine „dritte Natur“ entstehe. Auch hier wird „arte“ offenbar bereits nicht mehr als eine der Natur wie auch den menschlichen Künsten innewohnende téchne verstanden, sondern als ein autonomer, menschlicher Bereich der Kultur, den es erst kunstvoll mit der Natur zu verbinden gelte. Von einer durch Kunst allererst erschaffenen neuen Natur („una nuova natura“) hatte Pietro Aretino bereits in einem Brief an Michelangelo vom 16. September 1537 in ande­ rem Zusammenhang gesprochen. 377 Im Unterschied zur architektonischen Inszenierung vorgegebener Topographie im Fall der Villen von Poggio a Caiano und Luvigliano di Torregliano, von Palladios Villa Rotonda und seiner Villa Emo, soll nun nicht mehr die Regelhaftigkeit der Natur in der vorgefundenen landschaftlichen Szenerie sichtbar gemacht werden: Die symmetrischen, von Menschenhand angelegten Strukturen eines artifiziellen Gartens füllen vielmehr das Sichtfeld aus den zentralen Öffnungen des Hauptgeschosses des Palazzo Pitti ganz aus. Der Anblick unbebauten Terrains und landwirtschaftlich genutzter Landschaft (des „vernacular space“378) wird hingegen ausgeblendet. An die Stelle der natura artificiosa ist, um mit Eugenio Battisti zu sprechen, eine natura artificialis getreten. 379 Der Ausblick auf theaterähnliche Anlagen, allerdings nicht auf ‚Hügeltheater‘ son­ dern auf theaterförmige Innenhöfe spielt auch in der Architektur römischer Villen der Hochrenaissance und des Manierismus eine bedeutende Rolle. Der Blick wird aber weder auf Landschafts- noch auf Garten-Theater gelenkt, sondern auf theaterförmige I n n e n ­ h ö f e (Villa Giulia, 1551–1555 von Bartolomeo Ammanati, Jacopo da Vignola und Vasari errichtet; Casino Pius’ IV. in den heutigen vatikanischen Gärten, 1558–1561, von Pirro Ligorio entworfen). 380 Eine Verknüpfung von Theater- und Aussichtsmotiv findet sich bereits in Raphaels Entwürfen für die Villa Madama, der in seiner Beschreibung des ge­­ planten Bauwerkes auch auf Ausblicke eingeht. 381 In der Villa Giulia und im Casino Pius’ IV. spielt die Aussicht auf das Umfeld kaum mehr eine Rolle, da sich die Aussicht in paradoxer Inversion auf das Innere des Gebäudes richtet. Wie im Falle der Ausrichtung der zentralen Repräsentationsgemächer des Palaz­ zo Pitti auf ein artifizielles ‚Hügeltheater‘ tritt auch bei diesen römischen Villenbauten des Manierismus eine ganz und gar gebaute Vedute – der Einblick in theaterförmige beziehungsweise amphitheatralisch-ovale Innenhöfe – an die Stelle des Ausblickes auf das vorgefundene Terrain. Letzteres war in den früheren Villen von Poggio a Caiano, von Luvigliano und in Palladios Villa Rotonda als ein von Natur aus gleichsam architekto­ nisch geordnetes Theater und damit als Werk einer aus sich selbst heraus kunstreichen natura inszeniert worden. Die menschliche invenzione wird nun als eine der Natur über­ legene, die Mimesis überbietende Erfinder- und Schöpferkraft begriffen. 382 Auch manie­ ristische Gärten, die sich auf weite Ausblicke öffnen, wie der Garten der Villa Lante bei Bagnaia, 383 füllen einen Großteil des Sichtfeldes mit geometrisch angelegten, perspekti­

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visch organisierten, gänzlich artifiziellen ‚Parketts‘. Der „vernacular space“ des umge­ benden landschaftlichen und landwirtschaftlichen Territoriums wird hier zum Hinter­ grund und Fond des konstruierten Sichtfeldes einer natura artificialis, während Palladio die vorgegebene Umgebung als natura artficiosa beschreibt und in den Blick rückt. 384

Die Vill a Rotonda und ihr Ort: Liter arische Topik und l andschaf tliche Topogr aphie Der Grundriss der Villa Rotonda lässt sich schematisch beschreiben als rechtwink­ liges Achsenkreuz, das von einem Kreis eingefasst wird, der wiederum von einem Qua­ drat umschlossen ist (vgl. Abb. 3, 60). Es ist wenig plausibel, diese Verbindung aus Ach­ senkreuz, Kuppelkreis und Landschaftsrund – wie in der Literatur geschehen – auf buddhistische Mandalas zurückzuführen. 385 Palladio bezieht sich vielmehr auf in der vorliegenden Studie rekonstruierte Topoi ‚idealer Orte‘ antiker und mittelalterlicher Pro­ venienz, wie sie sich seit der Antike im Okzident zu verbreiten begannen. Ein zeitgenössischer Leser der Quattro Libri dürfte diesen Grundriss überdies auf ihm bereits bekannte – gebaute oder bildlich repräsentierte – Zentralbauten bezogen haben: zum einen auf solche der Antike bzw. auf nach ihnen angefertigte Zeichnungen. Hervorzuheben sind hier neben dem römischen Pantheon zwei Bauten aus dem Gebäu­ deensemble der von Pirro Ligorio ergrabenen Hadriansvilla in Tivoli, die Palladio mindes­ tens ein Mal, und zwar im Mai 1547,386 besucht hat: das sogenannte Teatro Marit­t imo387 und das sogenannte Belvedere der Akademie. Zum anderen dürfte ein zeit­­genössischer Leser der Vier Bücher Palladios die Rotonda auf sakrale Zentralbauten der Renaissance wie die erwähnte freistehende Kirche der sog. Madonna di S. Biagio bei Montepulciano oder die ebenfalls freistehend in Höhenlage positionierte Kirche S. Maria della Consola­ zione bei Todi sowie auf prominente gezeichnete Entwürfe für überkuppelte Zentralkir­ chen über griechischem Kreuz zurückgeführt haben: Palladios Rotonda ist die erste nachantike Villa mit einem Kuppelsaal. 388 Auch die Verwandtschaft mit dem profanen Zentralbau des sog. Odeo Cornaro von Alvise Cornaro in Padua und seinen gemalten Landschaftsausblicken, den Palladio in den Quattro Libri erwähnt, 389 dürfte in seinem Umkreis bemerkt worden sein. 390 Der Grundriss von Palladios Rotonda als Abbreviatur des ‚idealen Ortes‘ Das Grundrissschema der Villa Rotonda (Abb. 3) und die Inszenierung ihrer land­ schaftlichen Situation beziehen sich, vor dem Hintergrund der geschilderten literari­ schen Topoi ‚idealer Orte‘, 391 zudem auf verbreitete graphische und kartographische Schemata des Idealortes. Die Villa Palladios ist eine architektonische Abbreviatur des

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60  Robert Streitz, Diagramm des Grundrisses von Andrea Palladios Villa Rotonda mit eingezeichneten Kreisen (id., La Rotonde et sa géométrie, Lausanne und Paris 1973, Taf. 7)

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61  Matthäus Merian d.Ä., Darstellung des Kosmos (Robert Fludd, Utriusque cosmi […] Metaphysica, Oppenheim 1617, S. 9)

‚idealen Ortes‘ und zugleich ein zentrierter Mikrokosmos, der in die vier Himmelsrich­ tungen ausgreift und kreisförmig begrenzt ist. Das Schema des Grundrisses ähnelt zeit­ genössischen graphischen Darstellungen der an den vier Kardinalrichtungen orientierten Windrose, wie sie etwa bei Cosimo Bartoli, dem Übersetzer von Albertis Archi­tek­t ur­ traktat, anzutreffen sind. 392 Robert Streitz hat ein dem Grundriss der Villa Rotonda immanentes System konzentrischer Kreise aufgewiesen (Abb. 60). 393 Dieses Schema kon­ zentrischer Kreise wie ebenso der als „molto grande Theatro“ inszenierte, die Villa Rotonda kreisförmig umgebende Mikrokosmos der sublunaren Landschaft bilden damit ein Analogon zum supralunaren Kosmos vorkopernikanischer Konzeption, in dem sich die Erde im Zentrum konzentrischer Planetenumlauf bahnen befindet (Abb. 37c, 61). 394 Die Analogie von Mikro- und Makrokosmos wird schon im Grundriss thematisiert, insofern der Kreis der Kuppel bzw. der sala centrale – folgt man Palladio – als Abbild des Kosmos wie auch seines göttlichen Schöpfers gesehen werden konnte. Nach Palladio ver­ anschaulicht der Kreis die Einheit, das unendliche Wesen, das Allumfassende und die Gerechtigkeit Gottes („la Unità, la infinita Essenza, la Uniformità, & la Giustitia di DIO“). 395

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62  Sog. Homo vitruvianus, Illustration aus Cesare Cesaria­ nos Vitruv-Übersetzung (id., De Lucio Vitruvio Pollione de Architectura libri Dece traducti de Latino in Vulgare affigurati: Commentati […], Como 1521), Lib. III, fol. LI recto

Das durch die Korridore geviertelte Quadrat, das den Baukörper umschließt, konnte wiederum als symbolische Figur der sublunaren Welt betrachtet werden. 396 Diese wurde nach zeitgenössischer Auffassung maßgeblich durch die vier Himmelsrichtungen geprägt, auf welche die Ecken des quadratischen Baukörpers der Rotonda exakt ausgerichtet sind und auf welche die vier Loggien anspielen, sowie durch das Wirken der vier Elemente und der vier Jahreszeiten. 397 Der auf Quadrat und Kreis auf bauende Grundriss der Villa kann überdies im Zusammenhang mit den einschlägigen Renaissance-Illustrationen des vitruvianischen homo ad circulum beziehungsweise homo quadratus gesehen werden (Abb. 62). Allerdings ist bei einer ikonographisch-ikonologischen Deutung von Quadrat und Kreis – nach Palladio „le più belle, e più regolate forme“398 – Vorsicht geboten, denn die Semantik dieser geometrischen Figuren war bereits im 16. Jahrhundert mehrdeutig. 399 Dies zeigt sich zunächst an verschiedenen Stellen der Quattro Libri, die auf inhaltliche Bedeutungen der Figur des Kreises eingehen: Ist er in der soeben angeführten Passage ein Symbol Gottes, so wird der Kreis in der ebenfalls bereits oben zitierten Aussage zum Pantheon als Symbol der „Welt“ (im Sinne von „Kosmos“) und analog im Fall der

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„Tempii del sole, e della luna“ als Darstellung der Planetenbewegungen gedeutet.400 An anderer Stelle bezeichnet Palladio den Kreis mit Bezug auf den römischen Tempel der Vesta hingegen als Symbol der Erde.401 Er erscheint folglich als Symbol des Schöpfers, aber auch der Totalität des Geschaffenen und, wohl im Rückgriff auf Alberti,402 allein der Erde. Diese semantische Vielfalt ließe sich so deuten, dass für Palladio die besondere Funktion eines Gebäudes die ikonographischen Bedeutungen seiner Formen mit­ bestimmte. Gleichzeitig ist sie Ausdruck einer auf vielstimmige und ambivalente Analo­ gien beruhenden ikonologischen Denkweise der Frühen Neuzeit, die eindeutige Fest­ legungen vermeidet. Die Rotonda als „edificio civile con cupola“403 nimmt denn auch ikonographische Motive heidnischer wie christlicher Sakralbauten auf. Dabei scheinen die eben erörterten Bezüge zur umrissenen ‚profanen‘ Tradition des ‚idealen Ortes‘ zu überwiegen.

  Exkurs: Die Villa Rotonda als Modell und Monade. Wittkowers Palladio-Deutung Rudolf Wittkower hat in seiner ebenso einflussreichen wie kontrovers diskutierten Stu­ die Architectural Principles in the Age of Humanism von 1949, deren Kernthesen bereits 1947 sein Schüler Colin Rowe in einem Essay über The Mathematics of the Ideal Villa

63  Jean-Nicolas-Louis Durand, Combinaisons horizontales, de Colonnes, de Pilastres, de Murs, de Portes et de Croisées mit dem Grundriss der Villa Rotonda (id., Précis des leçons d’architecture données a l’École Royale Politechnique, Paris An XI [=1802], 2. Teil, Taf. 1, o. S.)

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vorgestellt hatte,404 die Geometrie der Grundrisse von Villen Palladios analysiert. Sein Diagramm über die Grundrisse der Villen Palladios, in dem die Villa Rotonda als ideale Summe und Synthese erscheint, ist hinlänglich bekannt (Abb. 64). Zugleich hat Witt­ kower am Beispiel der venezianischen Kirche San Francesco della Vigna, deren Grund­ stein am 15. August 1534 gelegt wurde, belegt, dass architektonische Proportionen von Architekten und Autoren der italienischen Renaissance vor dem Hintergrund der vor­ kopernikanischen Astronomie ausdrücklich kosmologisch interpretiert worden sind.405 Nach Wittkower beziehen sich auch die ‚musikalischen‘ Proportionen von Bauwerken Palladios auf die harmonischen Zahlenverhältnisse, die nach dem Verständnis der Renaissance in der Natur und insbesondere in den Planetenbahnen des supralunaren Kosmos anzutreffen sind. Dabei bleibt Wittkowers Analyse der kosmologischen Impli­ kationen der italienischen Renaissancearchitektur und ihrer zeitgenössischen Theorie als eine Analyse des konzeptuellen und ideologischen ‚Überbaus‘ dieser „Herrschafts­ architektur“406 auch heute von Bedeutung, obwohl sich die von Wittkower erörterten

64  Rudolf Wittkower, Schematized Plan of Eleven of Palladio’s Villas (id., Architec­t ural Principles in the Age of Humanism, London 1949, S. 65)

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‚musikalischen‘ Proportionen an den realisierten Bauten und auch in den Grundrissen der Quattro Libri selten nachweisen lassen.407 Dies gilt auch für die Villa Rotonda Palla­ dios.408 Wittkowers vor allem aus schriftlichen Quellen gewonnene Erkenntnisse betreffen demnach kaum die gebaute Praxis der Renaissancearchitektur, wohl aber ihre damaligen Legitimationsdiskurse – auch wenn sich in Wittkowers Darstellung durchaus anachronistische, da aktualisierende Paradigmen aufweisen lassen, weswegen Alina Payne das Buch Wittkowers kurzerhand in Architectural Principles in the Age of Modernism umgetauft hat.409 Wittkower vertrat die Auffassung, dass der Grundriss von Palla­ dios Rotonda die auf das essentiell Notwendige reduzierte Grundformel, die Essenz von Palladios Villengrundrissen verkörpere und damit den „geometrische[n] Schlüssel“ zu allen Villen Palladios biete.410 Der Kunsthistoriker stilisierte die Villa Rotonda, in der Nachfolge Jean-Nicolas-Louis Durands 411 (vgl. Abb. 63), zum ortlosen Modell, zur uto­ pischen Monade einer universalen Architektur, um sie zugleich ihres konkreten Kon­ textes zu berauben, der in der Literatur zur Rotonda vor 1800 jedoch eine bedeutende Rolle gespielt hatte (vgl. nochmals Abb. 64). Wie war es zur Erbauungszeit um die Beschaffenheit des konkreten topographischen Kontextes der Rotonda bestellt, der für Wittkower keine Bedeutung hatte, von Palladio aber ausdrücklich beschrieben worden ist?  

Die Villa Rotonda und ihr Ort: der „monticello“ bei Vicenza Die Aussichten und damit der ursprüngliche Ortsbezug der Villa Rotonda sind heute durch Baumbewuchs teilweise verstellt. Auch der Haupteingang ist vermutlich verlegt worden. Ursprünglich dürfte der wichtigste Zugang über eine aus Erde aufgeschüttete, noch vorhandene Rampe auf die alte Römerstraße ausgerichtet gewesen sein. Deren Ver­ lauf folgt die Landstraße von Vicenza nach Padua bis heute (Abb. 66). Über diese Rampe erfolgte auch die Anbindung an den zur Straße etwa parallel verlaufenden, von Palladio erwähnten Lauf des Flusses Bacchiglione. Den Haupteingang der Villa dürfte demnach die nordöstliche Portikus gebildet haben, die auf Fluss und Ebene ausgerichtet ist. Für die­ se Annahme spricht, dass nur die Nordost- und die Südwest-Fassade innerhalb s ä m t l i ­ c h e r Interkolumnien der Portiken Fensteröffnungen aufweisen und dass eine der beiden solchermaßen ausgezeichneten Fassaden in den Quattro Libri abgebildet ist – als die ‚Hauptfassade‘ des vielansichtigen Gebäudes (Abb. 3).412 Beim Aufstieg zum mutmaßlich ursprünglichen Haupteingang im Nordosten erscheint die Villa links und rechts von jeweils abfallenden, sie symmetrisch rahmenden Hügelketten flankiert. Erst durch Vincenzo Scamozzi wurde das Gebäude durch einen schachtartigen Zugang, der zur nordwestlichen, heutigen Eingangsportikus führt, für den ankommen­

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65  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ansicht der Nordwest-Fassade (1999)

den Besucher visuell aus seiner Umgebung ausgegrenzt und zudem auf eine zweidimen­ sionale Fassade reduziert (Abb. 65). Auf der einen Seite wird seither der Anblick der Villa durch die von Scamozzi ausgeführte Barchessa (ein landwirtschaftliches Nebengebäude), auf der anderen Seite durch eine Gartenmauer eingefasst (Abb. 4).413 Sobald man das Gebäude betreten hat, wird der Blick aus dem recht dunklen Kuppel­ saal durch die großen Türen hinaus in die offene Landschaft geführt. Die vier vom zen­

66  Andrea Palladios Villa Rotonda in ihrem landschaftlichen Kontext, Satelliten-Luft­ aufnahme aus „Google Earth“ (2014)

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67a–b Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ausblick von der Nordwest-Loggia auf die Colli Berici (1999) 68a Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussicht aus dem zentralen Saal des piano nobile auf die Südwest-Loggia (1999) 68b–d Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussichten aus der Südost-Loggia auf die Ebene (1999)

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tralen Saal ausgehenden Gänge lenken Blick und Schritt des Besuchers auf die vier Aus­ sichtsloggien (vgl. Abb. 68a).414 Der heute einzig mögliche Ausblick auf die im Text Palladios erwähnten Hügel bietet sich aus der Nordwest-Loggia, die bereits vor 1900 zum Hauptzugang der Villa geworden war. Man blickt aus dieser Loggia auf Ausläufer der Colli Berici, die ein Kreissegment von erstaunlicher Regelmäßigkeit bilden (Abb. 67a–b). Eine Aussicht auf die halbkreisförmige Totalität des gesamten ‚Hügeltheaters‘ bot sich hingegen von der Südwest-Loggia, die dem mutmaßlich ursprünglichen Haupteingang gegenüberliegt. Dieser Landschaftsprospekt auf die Anhöhen in Richtung Lonigo ist heute durch Bäume fast vollständig verdeckt. Sichtbar ist allerdings noch das Zentrum dieses halbrunden Hügelpanoramas: eine Hügelkuppe, die von der südwestlichen Tür­ öffnung annähernd mittig gerahmt wird. Dieses weite, halbkreisförmig gerundete Hügelpanorama eines „molto grande teatro“, das heute von der Villa aus (wegen des erwähnten Baumbewuchses) nicht mehr sichtbar ist, kann von einem unterhalb der Süd­ west-Loggia verlaufenden Weg noch immer gesehen werden. 415 Die beiden weiteren Loggien im Nord- und Südosten schauen auf die Ebene. Die Rotonda öffnet sich in alle vier Richtungen auf eine kreisförmige Landschafts­ szenerie. Deren einer Halbkreis ist, wie erwähnt, durch den von Palladio beschriebenen ‚Horizont‘ einer weiten, ununterbrochenen Ebene, dessen anderer durch das von Palla­ dio benannte ‚Hügeltheater‘ gegeben (Abb. 68b–d).416 Die sublunare Welt der ‚Natur‘ und der Anblick der ‚Landschaft‘ – in Palladios Beschreibung schlichter: das landwirt­ schaftlich kultivierte Land ­– erscheinen, von den Loggien der Villa Rotonda aus betrach­ tet, in der nach Auffassung der Renaissance idealen Form des Kreises, aus dem sich auch die immanente Struktur des Gebäudes entwickelt (Abb. 60). Die Villa Rotonda stellt, auf einer abstrakten Ebene, als eine jedenfalls idealiter durch harmonische Zahlenverhält­ nisse proportionierte architektonische Struktur417 die von Palladio und seinem Umkreis im Kontext bestimmender Strömungen der Renaissancephilosophie und -theologie vorausgesetzte Ordnung des Kosmos architektonisch dar (vgl. Abb. 37c, 61). Zugleich veranschaulicht sie mittels der Inszenierung ihrer Ausblicke auf die landschaftliche Umgebung und besonders auf das von Palladio benannte ‚Hügeltheater‘ das zeitgenössi­ sche Konzept einer auf den Menschen teleologisch konzentrierten Regelhaftigkeit auch der sublunaren Welt. Dabei fallen, wie bereits bemerkt, literarische Topik und empiri­ scher Ort, fallen Topik und Topographie zusammen. Die Mitte des Baus wird zugleich als das Zentrum, als ‚Nabel‘ des gesamten landschaftlichen Mikrokosmos’ der Villa insze­ niert, auf den ihre vier Achsen ausstrahlen. Insgesamt scheint der auf das Bauwerk und seine Besucher zentrierte Mikrokosmos der umgebenden Topographie als ein in der Anschauung erfahrbares Analogon des Makrokosmos konzipiert – des abgeschlossenen, durch Kreise begrenzten und in der Erde zentrierten, noch vorkopernikanischen Kon­ zeptes vom Kosmos. Eine solche „cosmographic perception“418 der Umgebung der Rotonda durch Palladio und seine Zeitgenossen galt es in der vorliegenden Studie zu rekonstruie­ ren. Als ein auf die Landschaft ausgerichtetes Belvedere überführt Palladios Ro­­­tonda

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Konzepte präkopernikanischer Kosmologie und providentiell gedachter Geographie in eine visuelle Erfahrung.419 Dass die in Palladios Text benutzte Theatermetapher eine evidente Veranschauli­ chung abstrakter Konzepte implizieren konnte, legt eine nur indirekt überlieferte Aus­ sage Giulio Camillos nahe, die Wigle van Aytta gen. Viglius Zuichemus im Jahr 1532 in einem Brief über Camillos Teatro della memoria an Erasmus von Rotterdam übermittel­ te. Camillos Teatro della memoria mache unanschauliche, unsichtbare Konzepte des menschlichen Geistes dem körperlichen Auge sichtbar und werde eben deshalb „Thea­ ter“ genannt:420 „Er hat für dieses sein Theater viele Namen, mal nennt er es einen gebauten oder gestalteten Geist oder Seele, mal sagt er, es sei mit Fenstern versehen. Er gibt vor, daß alles, was der menschliche Geist erfassen kann und was wir mit dem körperlichen Auge nicht sehen können, nachdem es durch sorgfältige Meditation gesammelt wor­ den sei, durch gewisse körperhafte Zeichen in einer solchen Weise zum Ausdruck gebracht werden könne, daß der Betrachter mit seinen Augen sogleich alles begreifen kann, was sonst in den Tiefen des menschlichen Geistes verborgen ist. Und wegen dieser körperlichen Anschauung nennt er es Theater.“421 Die römische Ikonographie der Villa Rotonda: Roma quadrata Palladios gezeichnete Architekturphantasien über die Heiligtümer von Palestrina und des Hercules Victor in Tivoli – die Zuordnung einiger der heute in London auf­ bewahrten Zeichnungen zu einer der beiden Anlagen ist umstritten – sind wohl in den sechziger Jahren entstanden, zeitnah zum Baubeginn der Rotonda 1566/67.422 Auf einer dieser Zeichnungen423 hat Palladio den Rundtempel, der das Heiligtum von Praeneste bekrönte, als ein Belvedere rekonstruiert, das von allen seinen Architekturzeichnungen der Villa Rotonda – sowie dem verwandten Projekt der Villa Trissino in Meledo – am nächsten steht (Abb. 34).424 In den Quattro Libri begründet Palladio die architekto­ nische Gestalt einzig dieser beiden Villen mit den Ausblicken, die ihr Bauplatz jeweils bot.425 Auf das antike Rom, und insbesondere auf die Heiligtümer von Palestrina und Tivo­ li an der Peripherie Roms, bezieht sich die Villa Rotonda in mehrfacher Hinsicht. Palladio nimmt, wie Charles Burroughs gezeigt hat, in der Kombination von Zentralbau und ‚Hügeltheater‘ diese antiken Beispiele einer Verbindung von Tempeln auf zentralem Grundriss mit theaterförmigen Exedrenmotiven in subtiler Weise auf.426 Die Villa für Paolo Almerico, die schon in einem Dokument von 1569 als „Rotonda“ bezeichnet wird,427 verweist zudem auf den berühmtesten Zentralbau der römischen Antike, das nach dem Zeugnis der Quattro Libri zu Palladios Zeit schlicht als „Ritonda“ bezeichnete Pantheon in Rom. Wie wiederum aus dem Anfang von Palladios Stadtführer L’antichità

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69  Thomas Jefferson, Project for President’s House, 1792, 53,6 × 36,2 cm (Kimball 126), Boston, Mas­ sachusetts Historical Society, Coolidge Collection of Thomas Jefferson Manuscripts

di Roma (1554) hervorgeht, waren Palladio die Berichte über die Stadtgründung Roms aus Plutarchs Vita des Romulus und aus den Werken anderer einschlägiger römischer Autoren vertraut:428 Romulus habe die Stadt Rom auf viereckigem – oder viergeteiltem – Grundriss als Roma quadrata gegründet429 und einen kreisrunden Mauerring ( pomerium430) gezogen, der sein Zentrum in einer kreisrunden Grube (mundus 431) hatte und vier Toröffnungen aufwies.432 Daher deutet Charles Burroughs die Villa Rotonda mit ihrer kreisrunden Sala centrale und ihrem quadratischen, viergeteilten Baukörper als „an image of the ideal original Rome“.433 Als Anspielung auf die Roma quadrata und als Aus­ druck eines Herrschaftsanspruches in alle vier Himmelsrichtungen interpretierte bereits Thomas Jefferson die Villa Rotonda in einem (nicht realisierten) Entwurf für das President’s House (das heutige White House) in Washington, D.C. (Abb. 69).434 Zur Erinnerung: Bereits Plinius’ Beschreibung eines durch vier Sichtachsen gekenn­ zeichneten triclinium, des Speisezimmers seines Landsitzes Laurentinum435 wie auch den durch sie angeregten Texten Albertis und Palladios liegt eine ‚ästhetische‘ Profanie­ rung der im antiken Rom ursprünglich kosmologisch konnotierten Konzeption eines Achsenkreuzes von vier Ausblicken in die vier Richtungen der terra quadrata zugrunde, wie sie für den römischen Auguralraum, die römische Stadtgründungspraxis und Land­ vermessung prägend war.436

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Die Villa Rotonda und ihr Auftraggeber Forschungen aus den Vicentiner Archiven belegen, dass sich der „monticello“ der Rotonda bereits mindestens seit 1550 im Besitz der Familie des Bauherrn Paolo Almeri­ co befand.437 An jenem Ort hat Almerico schon im Jahre 1553 ein Fest für Lucrezia Gon­ zaga veranstaltet. Das Interesse an der „Vergrößerung der Besitzung um Ponzano ist […] spätestens ab 1557 durch Grundstückskäufe und -tauschgeschäfte belegt, die auch noch in den sechziger Jahren fortgesetzt wurden“.438 Als Beginn der Bauarbeiten werden heu­ te, wie erwähnt, die Jahre 1566/67 angesetzt439. Es haben sich demnach der eigentliche Bauplatz der Villa und in zunehmendem Maße auch umgebende Ländereien im Besitz des Auftraggebers befunden, bevor an das konkrete Projekt einer ‚villa rotonda‘ gedacht wurde. Palladio und Almerico haben demnach nicht etwa die Umgebung von Vicenza erkundet, um einen Bauplatz all’uso dei romani zu finden und dann gegebenenfalls erst zu erwerben. Ihnen scheint vielmehr die besondere ‚topische‘ Qualität der Topographie von Ponzano, wie sie sich von dem Hügel aus darbot, erst aufgefallen zu sein, als sich dieser „monticello“ bereits im Besitz Almericos befand. Palladio selbst betont ausdrück­ lich, dass er die architektonische Gestalt der Rotonda aus den Qualitäten ihres „sito“ erst entwickelt habe. Der Architekt fand demnach zunächst einen nach den Maßstäben seiner Zeit ‚idealen‘ Ort vor und machte dessen besondere Qualitäten danach durch seine Architektur sichtbar. Palladio berichtet, dass der Auftraggeber Paolo Almerico in Rom als Kleriker gewirkt hatte und zum Cittadino Romano erhoben worden war. Almerico nahm, mit dem ‚titulus coloratus‘ eines Referendarius utriusque signaturae versehen, jedoch nur einen unteren Rang innerhalb der Kurie ein. In den Jahren 1561 bis 1572, also bereits während des Bau­ beginns seiner Villa Rotonda, wird er mit dieser Bezeichnung in den römischen Akten geführt. Wie ebenso der Titel eines Civis romanus lässt er auf gute finanzielle Verhält­ nisse schließen.440 Almerico liess sich die Villa, die bekanntlich von Palladio wegen ihrer Nähe zur Stadt zu den Palästen gezählt wird,441 als Alterssitz erbauen. Die Kuppel und die an sakrale Bauten erinnernde Gestalt des Gebäudes spielen möglicherweise auf die klerikalen Ämter des Auftraggebers an,442 der Grundriss und das ‚Hügeltheater‘ all’antica jedoch auf das Rom der Antike. Architektonische Verweise auf Rom hatten für die Vicentiner Oberschicht des 16.  Jahrhunderts auch sonst identitätsstiftende Bedeutung.443 In Abgrenzung zum de facto herrschenden Venedig ging es der Aristokratie und dem Patriziat Vicenzas darum, immerhin noch auf kulturellem Gebiet einige Autonomie zu bewahren, sich dadurch von der politisch dominierenden Serenissima abzugrenzen und die eigene Geschichte als römische Gründung und ehemalige Freie Stadt des Heiligen Römischen Reiches zu beto­ nen. Antiquarische und ikonologische Bezüge auf das imperium romanum hatten in Vicenza durchaus politische Implikationen.444 Gestaltete Palladio das Stadtbild Vicenzas alla romana um, so unternahm er mit der landschaftlichen Verortung der Villa Rotonda

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die imaginäre translatio eines bei Rom gelegenen antiken Sakralbaus – des oberen Rund­ tempels von Praeneste – mitsamt seines landschaftlichen Umfeldes nach Vicenza. Eine fiktive Verlegung topischer Territorien wie des griechischen Tempel-Tales in die Hadri­ ansvilla bei Tivoli nahe Rom war den Zeitgenossen, wie bereits aus Flavio Biondos Italia illustrata hervorgeht, aus der Antike und besonders aus den Schriftquellen zur Hadrians­ villa bekannt, die Palladio besucht und studiert hat.445 Topik und Topographie: Villa Rotonda, Rocca Pisana, Villa dei Vescovi Mittelalterliche Beschreibungen von Natur-Theatern bis hin zu Boccaccios valle delle donne und die topischen insulae amoenae der Renaissance-Literatur besitzen keinerlei empirische Plausibilität. Hingegen stimmen Palladios „Hügel, die den Anblick eines sehr großen Theaters bieten“ in erstaunlichem Maße mit der tatsächlichen topographischen Situation der Villa Rotonda überein: Die Beschreibung der Hügel als „Theater“ war (und ist in abgeschwächter Form noch heute) für die Besucher der Villa auch ohne die Kennt­ nis der erörterten Topoi aus dem bloßen Augenschein heraus nachvollziehbar (vgl. Abb. 67a–b). Palladios Bau bringt durch seine Situierung und durch die architektonische Inszenierung des Blicks auf sein landschaftliches Umfeld literarische Topik und vorgege­ bene Topographie zur Übereinstimmung. Dabei entspricht die empirische Topographie offensichtlich dem ‚topothetischen‘ Idealbild eines ‚Hügeltheaters‘ aus den erörterten Texten. Dies wird aus den neuen, von Gerrit Smienk und Johannes Niemeijer publizier­ ten Luftaufnahmen der Villa Rotonda, die sie in ihrem engeren topographischen Kontext zeigen, immerhin ansatzweise deutlich. 446 In ihrem Buch finden sich allerdings keine Fotografien von Ausblicken von der Rotonda auf das von Palladio beschriebene „Thea­ ter“ aus Hügeln (vgl. unsere Abb. 67a–b) – während die fo­to­g rafische Dokumentation anderer Villen Palladios in diesem Band brillant ist.447 Vincenzo Scamozzi, der 1616 verstorbene ‚Vollender‘ Palladios, wird später in der Beschreibung seiner von der Villa Rotonda inspirierten Rocca Pisana das von Alberti und Palladio entwickelte Beschreibungsschema des ‚Ausblicks in die vier Himmelsrichtun­ gen‘ aufnehmen, indem er die Aussichten von dem Hügel, auf dem er diese Villa errichtet hatte, in einer streng nach den vier Himmelsrichtungen ausgerichteten Abfolge schil­ dert.448 Scamozzis Rocca Pisana wurde nur wenige Jahre nach Baubeginn der Ro­tonda als Sommersitz des einflussreichen venezianischen Patriziergeschlechtes der Pisani errichtet (Abb. 70, 71). Vorbild war die Villa Rotonda, deren Errichtung Scamozzi nach Palladios Tod im Jahr 1580 fortführen sollte. Scamozzis Ausführungen über den Bauplatz der Rocca Pisana belegen nochmals eine ‚geometrisierende‘ Wahrnehmung landschaftlicher Topographie, wie sie oben für das Cinquecento bereits aufgewiesen wurde: „[…] questo colle [auf dem die Rocca Pisana errichtet wurde], e molto gratioso da vedere, per esser di forma quasi rotonda“.449 Anmutig sei der Hügel anzusehen, auf dem die Villa liege, weil

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er von fast exakt kreisförmig gerundeter Form sei. Diese Beschreibung und Wertung der Topographie trifft zu, so topisch sie ist. Aus der Ferne erscheint die Hügelkuppe als erstaunlich exaktes Kreissegment (vgl. Abb. 70). Es ist nach meiner Kenntnis nicht belegt, ob der Hügel unter Scamozzis Leitung durch Erdarbeiten ‚abgerundet‘ worden ist, aber dies ist sehr wahrscheinlich. Die Villa dei Vescovi bei Luvigliano und ihr ‚Hügeltheater‘ Die Villa dei Vescovi in Luvigliano di Torreglia – unweit von Padua am Rande der euganeischen Hügel gelegen – wurde unter der Ägide Alvise Cornaros, des maßgeblichen Protagonisten der neuen venezianischen Leitlinie der santa agricoltura,450 als Sommerre­ sidenz der Bischöfe von Padua vor 1537 durch Giovanni Maria Falconetto errichtet. Sie bezieht sich mit ihrer Hauptfassade und einer der beiden Loggien, die dem piano nobile vorgelagert sind, auf eine gerundete Formation von Hügeln – ein von Natur aus unge­

70  Vincenzo Scamozzi, Villa Pisani („La Rocca Pisana“), Lonigo (Vicen­ za), Ansicht aus der Ebene

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wöhnlich regelmäßig geformtes ‚Hügeltheater‘.451 (Vgl. Abb. 72–73, welche allerdings diese Hügel nur teilweise zeigen). Wie die Villa Rotonda befindet sich auch dieses Land­ haus auf der Höhe eines freistehenden Hügels – man denke an Filaretes und Palladios „monticello“ –, bietet von einer sala centrale aus vier im rechten Winkel ausstrahlende Blickachsen und ist von allen Seiten gut sichtbar. Dies wird wie im Falle der Villa von Poggio a Caiano durch eine imposante basis villae ermöglicht, auf welcher der Baukörper ruht. Vor dem Hintergrund der bereits angeführten Aussagen von Vitruv und dem jün­ geren Plinius zum oecus cyzicenus bzw. zum Strandtriklinium des Laurentinum wurde in der Villa dei Vescovi das traditionelle Motiv der sala a croce als Zielpunkt und Zen­ trum der vier Himmelsrichtungen auf einen Innenhof übertragen, der erst zu einem späteren Zeitpunkt überdacht worden ist.452 Palladio hat sowohl mit dem Grundriss als auch mit dem Ortsbezug seiner Rotonda auf die Villa dei Vescovi zurückgegriffen. Er dürfte die Verweise auf die bei Vitruv und dem jüngeren Plinius geschilderten Speisesä­ le mit Aussicht in die vier Himmelsrichtungen (so rekonstruierte man häufig auch die

71  Vincenzo Scamozzi, Villa Pisani („La Rocca Pisana“), Lonigo (Vicenza), Holzschnitt (id., L´ idea della architettura universale, Venedig 1615, Bd. 1 („parte prima“), lib. III, cap. XIII, S. 273)

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72  Giovanni Falconetto, Villa dei Vescovi bei Luvigliano (Provinz Padua) mit Rebenpf lanzungen, die etwa dem Grundriss des hier nicht sichtbaren ‚Hügeltheaters‘ folgen 73  Giovanni Falconetto, Villa dei Vescovi bei Luvigliano, Ausblicke aus der östlichen Loggia

oeci cyziceni453) sowohl im Fall von Poggio a Caiano als auch bei der Villa dei Vescovi erkannt haben. Bereits Fritz Burger hat die plausible These vertreten, Palladio habe sich auch in der sala a croce der Villa Barbaro von Maser auf Plinius’ Beschreibung des Strand­ trikliniums des Laurentinum bezogen.454 Die Quadratur des Kreises: Alte Kosmographie und neue Ästhetik der ‚L andschaft‘ Denis Cosgrove hat die seit Bernhard Rupprecht gängige These bekräftigt, dass Palla­ dio und einige seiner prominenten Auftraggeber auf die Verschlechterung der politischen und ökonomischen Situation Venedigs und auf den zunehmenden Einfluss gegenrefor­ matorischer Eiferer reagiert hätten, indem sie in der Landnahme und architektonischen Inszenierung der terraferma eine naturreligiös-utopische Sicht auf die Landschaft des Veneto entfaltet hätten. Diese sei antiken kosmologischen Motiven verpflichtet, trage

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durch eine spezifisch zeitgenössische Ästhetik des subjektiven Gefallens an der visuellen Wahrnehmung des Landes als Landschaft jedoch gleichzeitig säkular-sensualistische Züge.455 Cosgroves Ergebnisse bestätigen sich mit Bezug auf die Rotonda, da sich in ihr sakrale und kosmologische Motive der Architekturtradition (Kuppelmotiv, Achsen­ kreuz, ‚Hügeltheater‘) mit einer ‚modernen‘, durch die venezianische Malerei eines Gior­ gione und Tizian geprägten Kultur der Wiedergabe ‚bildhaft‘ wahrgenommener Land­ schaft durchdringen. Letzterer entspricht der durch rechtwinklig gerahmte Öffnungen bildhaft kanalisierte Ausblick aus dem Inneren. Die belvedereartige Erschließung des umgebenden Territoriums durch die vier Türen und die vier Loggien unterscheidet den Entwurf Palladios signifikant von sakralen Zentralbauten der italienischen Renaissance. Palladios knappe Ekphrasis des durch „bellissime viste“ erschlossenen ‚Hügeltheaters‘, das die Rotonda umgebe, beschreibt Land und Landschaft bei Vicenza jedoch unter den klas­ sischen Vorzeichen des ‚idealen Ortes‘ antiker Provenienz, nicht unter den Paradigmen einer neuen, sensualistischen Landschaftsästhetik, wie sie etwa bei Cristoforo Sorte 456 und Pietro Aretino 457 greifbar wird. So schreibt Aretino in einem bekannten Brief an Tizian: 458 „[…] Als ich eben gespeist hatte […] ging ich ans Fenster, lehnte mich mit dem ganzen Oberkörper, ja beinahe mit der ganzen Person hinaus und gab mich der Betrachtung eines herrlichen Schauspiels hin: All die zahllosen Gondeln mit Fremden und Ein­ heimischen genießend, und den Canale Grande […] und die Menge, welche die Regatta ansah, am Rialto, an der Riva dei Camerlenghi, an der Pescaria, an der Fähre von S. Sofia und bei der Casa Mostò. Nun ging der ganze Schwarm und der fröhliche Lärm seines Weges. – […] Da hob ich die Augen zum Himmel. Und seit dem Tage, da Gott ihn schuf, war er nie schöner als dies schwebende Bild von Licht und Schatten. Die Luft war so, wie diejenigen sie malen möchten, die neidisch auf Dich sind, weil sie nicht Du sind –, so wie Du sie siehst, wenn ich’s Dir schildere: Die Häuser vorn, obwohl aus Stein, schienen aus einem überirdischen Stoff gemacht. Sieh die Luft, wie ich sie sah: hier rein und bewegt, dort trüb und stumpf. Und dann sieh das Wunder der Wolken, wie es mir erschien, in ihrer dichten Feuchte, einige im Vordergrunde, dicht über den Dächern der Häuser, einige im Mittelgrunde, und das Ganze in einem Schleier von Silbergrau. Das Wunderbarste aber war ihre Farbe: Die vorn loderten in den Flammen des Son­ nenfeuers, die weiter hinten glühten rötlich in milderem Glanze. Oh, wie schön waren die Lichter und Schatten, mit denen der Pinsel der Natur die Lüfte modellierte und ihnen über den Palästen Distanz gab, so, wie Tizian ihnen, wenn er Landschaften malt, den Charakter der Weite gibt. An einigen Stellen erschien ein bläuliches Grün, an anderen ein grünliches Blau, gemacht aus nichts als aus einer Laune der Natur, der Meisterin aller Meister. Mit ihren Lichtern und ihren Schatten schien die Luft sich zu heben und zu senken und zu bewegen, so daß ich, der ich weiß, wie Dein Pinsel Geist von ihrem Geist ist, dreimal, viermal ausrief: ‚Tizian wo bist Du?‘ Bei meiner Ehre,

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hättest Du, was ich Dir schildere, gemalt, Du hättest in den Menschen das gleiche Staunen erweckt, das mich so hinriß. Im Anschaun schwoll es mir in meiner Seele, daß dem Wunder der Erscheinung nicht Dauer verliehen war.“459 Einer solchen nach dem Vorbild der Malerei und ihrer Rezeption geprägten Ästhetik ‚pikturaler‘ Landschaftswahrnehmung verlieh Palladio in seinen Schriften keinerlei Ausdruck. Dennoch markiert die Rotonda mit ihren vier Ausblicksloggien und mit ihren vier großen‚ bereits aus dem Kuppelsaal sichtbaren, bildhaften ‚Schauöffnungen‘ der vier ‚Türen mit Aussicht‘ in alle vier Richtungen einen Höhepunkt der Öffnung der Villen­ architektur der Renaissance auf ihre landschaftliche Umgebung.460 Die Rotonda hebt − nicht ohne Konflikte − zwei Konzeptionen des architektonischen Naturbezuges in sich auf, welche die italienische Renaissance ausgehend einerseits von der antiken Topik des ‚idealen Ortes‘, andererseits von Leon Battista Albertis „finestra aperta“ und der Land­ schaftsmalerei entwickelt hat. Der „circle of perfection“461 des ‚Theaters der Natur‘ bleibt noch intakt, das Gebäude und sein Umkreis werden inszeniert als Echo einer endlich begrenzten, von Gott vollkommen ‚gebauten‘ Welt. Bei allen kosmologischen und angeb­ lich auch astrologischen Implikationen462 ihrer immanenten Struktur ist die Rotonda als ein Belvedere eine Art ‚Observatorium‘ der s u b l u n a r e n Welt, der Phänomene der landschaftlichen Natur. Zugleich knüpft Palladio mit den als Ausblicksöffnungen ‚bild­ haft‘ konzipierten Türöffnungen an die auf Alberti zurückgehende Renaissance-Tradition der fenestra prospectiva an,463 welche dem Blick weite Aussichten eröffnet und den gewährten Ausblick zugleich in die harmonischen Proportionen architektonischer Rah­ mungen einfasst. Fensterbild und Naturtheater sind auf dem Weg durch die schmalen, kurzen Korridore und innerhalb der Loggien sukzessiv erfahrbar. Die Interkolumnien der Loggien grenzen wiederum ‚Bildfelder‘ aus dem Prospekt aus (Abb. 68a–d). Simultan wahrgenommen werden können das von Palladio beschriebene, erst in den Loggien sicht­ bare ‚Hügeltheater‘ all’antica und die modernen ‚Landschaftsbilder‘ aus den ‚Schauöff­ nungen‘ der Türen nicht.464 Die Villa Rotonda als Synthese innerer und äuSSerer Relationalität Die Villa Rotonda Andrea Palladios erweist sich als Ergebnis einer Synthese innerer und äußerer Relationalität: Sie vermittelt die Geschlossenheit eines Zentralbaues mit der Offenheit auf ihre Umgebung, bietet eine Synthese von Modell und Belvedere. Palladio formuliert eine solche Synthese von Autonomie und Ortsbezug in den Quattro Libri nicht aus. Denn die Tradition der normativen Architekturtheorie bot hierfür weder einen sprachlichen Begriff noch eine konzeptuelle Grundlage. Nach einer berühmten Formel von Edgar Wind sind in den Naturwissenschaften Fra­ gen vorgegeben, und es wird nach einer Lösung gesucht. Hingegen seien im Fall von

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Kunstwerken die Lösungen vorgegeben, und es müsse erst ein Problem rekonstruiert werden, um die Lösung als solche zu verstehen.465 In diesem Verständnis exponiert Pal­ ladio die Villa Rotonda in seiner – ‚einerseits‘ sprachlichen, ‚andererseits‘ bildlichen – Präsentation des Gebäudes auf einer Doppelseite der Quattro Libri gewissermaßen als Lösung eines Problems, das weder die Architekturtheorie der Antike noch die der Renaissance expressis verbis aufgeworfen hatten, das jedoch der klassischen Architek­ turtheorie implizit ist: das Problem der Schaffung eines Ausgleichs von größtmöglicher innerer Stringenz und Geschlossenheit (im Sinne von Symmetrie und Proportion) mit größtmöglicher Offenheit nach außen, das Problem der Synthese von Autonomie und Ortsbezug eines Baukörpers. Dieses implizite Problem der klassischen Architekturtheo­ rie belegen Vitruvs Beschreibung des Mausoleums von Halikarnassos als Zentralbau mit Ausblick auf ein ‚Naturtheater‘, seine ebenfalls bereits angeführten Aussagen über Aus­ sichten und besonders die ‚cyzicenischen‘ Fenstersäle mit ihren „fenestrae valvatae“ zum Einen und seine umfangreichen Ausführungen zur idealen Proportionierung von Bauten zum Anderen. Auch in Albertis Architekturtraktat finden sich sowohl Aussagen zu immanenter Stimmigkeit und concinnitas von Gebäuden als auch zu ihrer Öffnung nach außen und zur Ausblicksinszenierung. Weder bei Vitruv noch bei Alberti werden Aus­ sagen zur inneren proportionalen Geschlossenheit des Baukörpers und zur Öffnung auf Ausblicke systematisch verknüpft. Palladios Doppelseite bietet beide Aspekte. Zugleich verbinden sich in der Villa Rotonda Palladios und in seiner Beschreibung des Baus Moti­ ve der antiken Architekturtheorie (interne Proportionalität) mit solchen römischer Vil­ lenbeschreibungen (Öffnung nach außen) und damit zentrale Themen aus Architektur­ theorie und Architektur-Ekphrasis. Um auf den Anfang dieses Kapitels zurückzukommen: Palladio hat auf einer bereits oben besprochenen Doppelseite der Quattro Libri zwei Interpretationen seiner sog. Villa Rotonda publiziert, die sowohl deren innere Stimmigkeit als auch deren Öffnung nach außen thematisieren: Einerseits die graphische Darstellung des Gebäudes, die Grundriss, Aufriss und Schnitt kombiniert (Abb. 3). Aus diesem Holzschnitt, in den mittels Ziffern Maßangaben eingetragen sind, lässt sich die immanente Proportionierung der architek­ tonischen Struktur der Rotonda ersehen (wobei weder die Zahlen der Ziffern noch die gebauten Proportionen der Villa einem gänzlich stringenten Proportionsmodell folgen 466). Andererseits geht Palladio, wie oben ausführlich erörtert, in seinem knappen beschreibenden Text auf die Gegend ein – auf die Ausblicke der Rotonda und die Öffnung des Gebäudes auf die umgebende landschaftliche Situation.467 Palladio thematisiert durch diese anti­ thetische Kombination von Text und Illustration in den Quattro Libri die Villa Rotonda als eine Synthese von Modell-Monade und Belvedere – als eine Verbindung von ‚innerer Rela­ tionalität‘, von der inneren Geschlossenheit eines Zentralbaues als idealer architektonischer Monade, und von ‚äußerer Relationalität‘ eines Belvedere, das sich nach außen öffnet. Palladio formuliert zwar eine solche Synthese theoretisch nicht aus. Er weist aber mit der Janusköpfigkeit seiner Doppelseite doch auf beide Aspekte hin: auf interne und

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externe Relation; auf den Bau als Modell und Belvedere; auf eine Synthese von Autono­ mie und Ortsbezug. Palladios Schüler Vincenzo Scamozzi beschreibt bzw. illustriert sei­ ne nach dem Vorbild der Villa Rotonda errichtete Rocca Pisana bei Lonigo in seiner Idea dell’architettura universale ausdrücklich sowohl als Belvedere als auch als stereometri­ sche Struktur.468 Die Teile des Baus seien so aufeinander abgestimmt und komponiert, dass man aus der Mitte des zentralen Kuppelsaales vier jeweils mehrfach architektonisch eingefasste Ausblicke erfasse.469 Scamozzis ausführliche Beschreibung der Aussichten und der Umgebung wird durch einen Holzschnitt ergänzt, der die geometrische, imma­ nente Struktur des Gebäudes veranschaulicht (Abb. 71). Trissinos „Palladio“ beschreibt den Palast der Tugend Ansätze zu einer solchen Synthese gibt es bereits in dem 1547 veröffentlichten Ver­ sepos von Palladios Förderer Gian Giorgio Trissino, Italia liberata dai Goti.470 In dessen fünftem Buch beschreibt ein architekturkundiger Engel namens „Palladio“ den Palast der Acratia (Unbeherrschtheit), der ursprünglich der Areta (Tugendhaftigkeit) gehörte. „Palladio“ charakterisiert einerseits dessen Proportionen (die auf dem Säulendurchmes­ ser als Mo­­dul auf bauen) und dessen Symmetrien nach vitruvianischen Mustern: „Queste tre porte per diversa intrata spuntano in uno amplissimo cortile lastricato di porfido e d’ofite, che ha la medesima simmetria del prato; e quel cortile è circondato intorno di larghe logge, con collonne tonde che son tant’alte quanto è la larghezza del pavimento, e sono grosse ancora l’ottava parte e più di quella altezza, ed han sovr’esse capitei d’argento tant’alti quanto la colonna è grossa: e sotto han spire di metal che sono per la metà del capitello in alto.“471 Andererseits beschreibt der Engel „Palladio“ unmittelbar nach Aussagen über die pro­ portionalen Bezüge zwischen einzelnen Architekturgliedern die Ausblicke („viste“) aus den Türen von vier Loggien und von großen Sälen auf Orangengärten: „Da queste quattro logge s’entra poi per una porta in una sala grande, e di quella in un’altra: e tutte quante

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sono guardate da portieri eletti, ed han le viste lor sopra verzieri pieni d’aranzi e d’odorate piante […].“472 In freier Übersetzung lauten die zitierten Verse Trissinos: „Diese drei Türen öffnen sich zu einem weiträumigen Innenhof, der mit Porphyr und Ophit gepflastert ist. Dieser Innenhof hat dieselben Maßverhältnisse wie der Garten und er ist ringsum umgeben von breiten Loggien mit runden Säulen, deren Höhe der Tiefenerstreckung dieser Loggien entspricht. [Diese Säulen] haben außerdem einen Durchmesser, der etwas mehr als den achten Teil ihrer Höhe beträgt. Sie tragen Kapi­ telle aus Silber, deren Höhe dem Säulendurchmesser entspricht; darunter haben sie Basen aus Metall, die halb so hoch wie das Kapitell sind. […]. Von diesen vier Loggien aus tritt man schließlich durch eine Türe in einen großen Saal ein, und durch jenen in einen weiteren: und alle miteinander [sc. die genannten Loggien und Säle] werden von ausgesucht [schönen] Türvorhängen [oder eher: von ausgesuchten Wärtern] be­ wacht und ihre Aussichten erstrecken sich auf Gärten voller Orangenbäume und duftender Pflanzen.“473 In Trissinos nach 1526 entstandenen Beschreibung dieses von dem architekturkundigen Engel „Palladio“ besuchten Palastes wird letzterer bereits als eine Synthese aus einem Belvedere (mit vier Loggien) mit einem architektonischen Modell idealer Proportion dar­ gestellt. Modell und Belvedere: Zur Rezeption der Villa Rotonda Dass Palladios Rotonda keine fensterlose Monade ist, wurde in den frühen Rezeption durchaus wahrgenommen. Bis um 1800 ist das Gebäude zumeist als Synthese von Modell und Belvedere beschrieben worden. Und so wurde es in der Architektur, in gebauten Variationen, rezipiert: Die Rocca Pisana, die Villa Emo Capodilista (ca. 1568–1576), in den heutigen Provinzen von Vicenza bzw. Treviso, Vanbrughs Turm der Winde im Park von Castle Howard in England (Abb. 74) und die um 1680 errichtete, heute zerstörte Maison de plaisance von Marly-Le-Roi in der Nähe von Versailles, Lord Burlingtons Chiswick House (1725–1729) (Abb. 75) und Thomas Jeffersons Monticello in Virginia (Abb. 76–77) – diese nach dem Modell der Villa Rotonda konzipierten und vor 1800 ent­ standenen Bauten gehören sämtlich der Gattung ‚Villa-Belvedere‘ an. Auch das einzige Gebäude der Frühen Neuzeit, das in der Nachfolge der Rotonda errichtet wurde und nicht dem Typus des ‚Villa-Belvedere‘ entspricht, ist immerhin doch, als astronomisches Obser­ vatorium, im übertragenen Sinne ein Belvedere: Tycho Brahes bereits angeführtes Ura­ niborg (Abb. 23).474 In all den genannten Bauten wird die Rotonda als Synthese von

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74  John Vanbrugh, „Temple of the Four Winds“ („Belve­ dere“), 1723–1728, Castle Howard (Yorkshire)

75  Lord Burlington, Chiswick House, Ansicht, nach William Kent, The Designs of Inigo Jones, The First Volume, London 1727, Taf. 21 (Detail)

76  Thomas Jefferson, Monticello, Charlottesville (Virginia), seit 1796, Ansicht der Eingangsseite (Ostfassade)

77  Thomas Jefferson, Monticello, Charlottesville (Virginia), seit 1796, Aussicht (vor 1990)

Belvedere und Modell rezipiert. Erst nach 1800, und besonders ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, beginnt die Rotonda als Modell für die unterschiedlichsten Bauauf­ gaben (Zollhaus, Forschungsinstitut, Kirche, Hospital, Museum usw.) herangezogen zu werden und zugleich zur verschlossenen Modell-Monade verkürzt zu werden. Die Rotonda erscheint nun zunehmend als Inbild der Architektur Palladios insgesamt und als universales Modell nicht allein für ein ‚Villa-Belvedere‘, sondern für vollkommene Architektur überhaupt. Jean-Nicolas-Louis Durands Précis des Leçons von 1802 markie­ ren diesbezüglich einen Wendepunkt. In der Illustration Combinaisons horizontales, de

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78  Claude-Nicolas Ledoux, Château d’Éguière (id., L’Architecture considérée sous le rapport de l’art, des mœurs et de la législation, 2 Bde., Paris 1804 u. 1847, Bd. 2 (Paris 1847), Taf. 319

79  Claude-Nicolas Ledoux, Rotonde de la Villette, Paris, 1786/87 (ehemaliges Zollwachhaus)

80   Carl Gotthard Langhans, Tieranatomisches (zootomisches) Theater der ehem. Königlichen Tierarzneischule, 1789/90, Querschnitt und halber Grundriss aus dem Jahr 1789

81  Carl Ludwig Engel, Lutherische Kathedrale, Helsinki (postum 1852 vollendet)

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82  Giovanni Salucci, Grab­ kapelle der Königin Katharina von Württemberg auf dem Württem­ berg bei Stuttgart (1819)

83  Jürgen Joedicke, Klinikum Nürnberg II (Bauzeit 1986–1994, Entwurf ca. 1982), Grundriss der Gesamtanlage

Colonnes, de Pilastres, de Murs, de Portes et de Croisées, die auf dem Grundriss der Villa Rotonda basiert, erscheint sie als universal gültiges Modell für die unterschiedlichsten Bauaufgaben (Abb. 63).475 Hier wird eine Tradition begründet, welche die Rotonda als Muster immanenter Geschlossenheit und Vollkommenheit ohne Ortsbezug ansieht. Sie lässt sich bis zu Wittkower, dem die Rotonda als Idealverkörperung des geometrischen Schlüssels aller Villen Palladios erschienen war (Abb. 64),476 und zu William J. Mitchells Buch The Logic of Architecture von 1989 verfolgen.477 In der ‚gebauten Rezeption‘ der Rotonda nach 1800 wird deren Öffnung auf ihre Umgebung denn auch häufig nicht (oder nur kaum) aufgenommen: genannt seien für die Zeit um 1800 Claude-Nicolas Ledoux’ Entwurf für das Château d’Eyguières und seine

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84  Karl Marzell Heigelin, Illustration der Entwurfsmethode am Beispiel eines Krankenhauses (id., Lehrbuch der höheren Baukunst, 3 Bde., Leipzig 1828–1832, hier Bd. 3 [1832], Taf. 5)

Pariser Zollhäuser von 1786/87, das in den Jahren 1789/90 errichtete Tieranatomische Theater der Königlichen Tierarzneischule von Carl Gotthard Langhans in Berlin478 und die von Carl Ludwig Engel geplante, aber erst 1852 vollendete Lutherische Kathedrale in Helsinki (Abb. 78–81). Im Fall des Tieranatomischen Theaters kann man aus dem Haupt­ saal nur in den Himmel schauen. Der durch den alten Haupteingang eintretende Besu­ cher wird direkt in das anatomische Theater mit seinen amphitheatralisch aufsteigenden Rängen geführt, das keinen Ausblick auf die damals parkartige Umgebung eröffnet. Das Tieranatomische Theater ist nach dem Vorbild der Villa Rotonda konzipiert worden und zugleich als deren Inversion. Das von Palladio in der äußeren Umgebung erblickte Theater,

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85  Gunnar Asplund, Stadtbibliothek in Stockholm, 1920–1928, Grundriss

das „molto grande teatro“ der Hügel, erscheint hier als amphitheatralischer Innenraum in der Tradition der anatomischen Theater, etwa jenes von Padua. Eine Ausnahme bestä­ tigt auch hier die Regel: für die Konzeption der Grabkapelle der Königin Katharina von Württemberg, die 1819 von Giovanni Salucci auf dem Württemberg bei Stuttgart errichtet wurde, sind die weiten Ausblicke konstitutiv (Abb. 82).479 Vor allem jedoch wird die Rotonda Palladios nach 1800 als fensterlose Monade und als ortloses Modell verstanden und rezipiert. Karl Marzell Heigelin hat in einer Illustration der Entwurfsmethode am Beispiel eines Krankenhauses (Abb. 84) innerhalb seines in Leipzig zwischen 1828 und 1832 erschienenen Lehrbuch[es] der höheren Baukunst 480 die Villa Rotonda als Vorbild einer Krankenhausanlage variiert – eine Anregung, die noch Jürgen Joedicke mit dem Klinikum Nürnberg II (Bauzeit 1986–1994, Entwurf ca. 1982) aufgenommen zu haben scheint (Abb. 83). Bezeichnend, dass Joedicke ausschließlich über die immanenten Proportionen des Vorbildes spricht, nicht aber über dessen Öff­ nung nach außen.481 Ähnlich beziehen sich auch Gunnar Asplunds Stadtbibliothek in Stockholm, die er dort zwischen 1924 und 1928 errichtete (Abb. 85) und der 1986 kon­ zipierte Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle von Oswald Mathias Ungers (1996 fertiggestellt) 482 ausschließlich auf die immanente Struktur der Rotonda (Abb. 86–87). Im Fall von Ungers’ Galerie der Gegenwart für die Hamburger Kunsthalle ist, ganz gegen die Intentionen Palladios, die Villa Rotonda zum Modell der geschlossenen Monade

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86  Oswald Mathias Ungers, Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle (Entwurf 1986), Ansicht, Schnitt und Grundriss 87  Oswald Mathias Ungers, Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle (Entwurf 1986), Grundriss

eines musealen White Cube geworden483 – eine Reduktion auf Immanenz, die sich bereits seit 1800 feststellen lässt. Gelegentlich ist die Rotonda jedoch bereits in der Frühen Neuzeit als ‚Modell‘ im Sin­ ne eines exemplarischen Vorbildes für die Lösung architekturimmanenter Probleme der inneren Logik und Stimmigkeit gedeutet worden – und bereits vor Wittkower, auch als Modell im Sinne eines Kosmos-Modells, eines Abbildes kosmologischer Vorstellungen, zuerst durch Tycho Brahe mit seinem bereits erwähnten Observatorium Uraniborg (1576– 1581) auf der Insel Ven (vgl. Abb. 23). Zwar schreibt schon Giovanni Battista Maganza im Jahr 1583, die Rotonda sei „il più bel moello che facesse mai il Palladio“.484 Aber Maganza verwendet hier Modello („moel­ lo“) wahrscheinlich noch im Sinne von ‚Entwurf ‘.485 Jedoch wird die Villa Rotonda bereits im 17. Jahrhundert, von dem britischen Reisenden John Raymond, als Palladios Meisterwerk und als Essenz seines Schaffens wahrgenommen, wobei diese Wertung eine Ausnahme darstellt: noch im 18. Jahrhundert wurden die Basilica und das Teatro Olimpico in Vicenza häufig an erster Stelle der Bauten Palladios genannt, dann erst folg­ ten die Villa Rotonda und weitere Palazzi und Villen. Raymond schreibt hingegen schon 1648:

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„Palladius made this his Master-piece; for tis so contriv’d, that it containes Geometrically a Round, a Crosse, and a Square.“486 Sir Roger Pratt erwähnt in seinen postum edierten Reiseerinnerungen um 1650 die Villa Rotonda nicht explizit, sondern, wohl in Anspielung sowohl auf die Villa Rotonda als auch besonders die Rocca Pisana Scamozzis, die Villa mit zentralem Kuppelsaal als besonderen Typus einer Villa im Vicentino beziehungsweise im Veneto.487 Alexander Pope wählt im Jahr 1715 die Villa Almericos als durchaus antipalladianisches Modell einer eklektischen Architektur, indem er einen Temple of Fame – der übrigens durch einen „wide Prospect“ gekennzeichnet sei – erdichtet: einen (zugleich auf das Mausoleum von Halikarnassos anspielenden) Zentralbau mit vier Portiken, die in einem jeweils unter­ schiedlichen Stil gehalten sind.488 Jedoch ist die Villa Rotonda Palladios bis um 1800 (und wieder seit den späten sech­ ziger Jahren des 20. Jahrhunderts) auch häufig als Belvedere beschrieben worden. Erst um 1800 wird die Rotonda zunehmend dekontextualisiert, wie sich bereits in der zwei­ ten Auflage von Ottavio Bertotti Scamozzis Il Forestiere istruito von 1780 abzeichnet. In ihr wurden jene Passagen der ersten Auflage aus dem Jahr 1761, die Ausblicke und Orts­ bezug der Rotonda ausdrücklich behandelten, weitgehend gestrichen. 489 Während Beschreibungen vor 1800 die Ausblicke der Rotonda zumeist benennen, wurde seit Magrinis quellenkundlich wegweisender Palladio-Monographie von 1845 über Burgers Palladio-Buch von 1909 bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein der topographische Kontext der Villa Rotonda kaum überhaupt erwähnt490 – ein Zeugnis jenes „Kontextraubes“, von dem Wolfgang Kemp im Hinblick auf die wissenschaftliche Architekturgeschichtsschreibung gesprochen hat.491 James S. Ackerman kehrte dann zur Dualität der Interpretation der Villa Rotonda sowohl als Modell als auch als Belvedere zurück. In den Jahren 1966/67 veröffentlichte er zwei Bücher über Palladio. In dem einen wird die Rotonda sowohl ‚immanent‘, als neuartige Verbindung der antiken Wür­ deformen von Kuppel und Portiken, als auch als „Belvedere“ gedeutet,492 in dem anderen noch stärker und fast ausschliesslich in der letztgenannten Funktion beschrieben: „This is not, it appears, a villa at all, in the sense that the others are, but a Belvedere.“493 Auch seit Camillo Semenzatos der Rotonda gewidmetem Band des Corpus Palladianum von 1968 beginnt das Thema des Ortsbezuges wieder größere Beachtung zu fin­ den, insbesondere bei Erik Forssman, Rosario Assunto und Denis Cosgrove.494 Der Ortsbezug der Villa Rotonda ist demnach zwischen 1800 und 1950 beinahe ‚ver­ gessen‘ worden.495 Eine Anregung der frühen, von Giangiorgio Zorzi496 und von Cinzia M. Sicca497 mustergültig erschlossenen Rezeption der Villa Rotonda in Beschreibungen von Reisenden und Architekten ist sogar gänzlich verschüttet worden: der Hinweis des bereits angeführten John Raymond auf den römischen Tempel des Janus Quadrifrons als eine Anregung der Villa Rotonda:

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„Half a mile farther by the riverside […] is the Rotonda of Conte Mario Capra so cald from the Cupola at the top, or likenesse it hath with the Pantheon at Rome, though in my opinion it more resembles the Temple of Janus Quadrifrons, for it hath foure faces and foure Gates. Palladius made this his Master-piece; for tis so contriv’d, that it containes Geometrically a Round, a Crosse, and a Square.“498

„The Bre aking of the Circle“: Der Topos des Naturthe aters in der Krise Indem die neue Kosmologie die Kreise der überlieferten Analogien von Makro- und Mikrokosmos zerbrach499 und schließlich unendlich weite Horizonte unendlich vieler Welten eröffnete, 500 schwand seit der Mitte des 16. Jahrhunderts allmählich die Geltung der Tradition des ‚Hügeltheaters‘ als Topos einer idealen Topographie aus kreisrund oder oval geschwungenen, klar begrenzten Konfigurationen von Hügeln und Bergen, die als Bauten der ‚ersten‘ Architektur einer natura artificiosa begriffen worden waren. Der „circle

Abb. 88 Abraham Ortelius, Theatrum orbis terrarum, Antwerpen 1570, Titelblatt

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of perfection“501, als vollkommener Ring von Bergen oder Hügeln, aber eben nicht als per­ fekte Kreislinie eines offenen Horizontes, hat als Paradigma von Ausblicksinszenierun­ gen im 17. Jahrhundert zwar noch nicht ausgedient. Dieses Paradigma befindet sich aber nun in einer Krise, die sich bereits seit Mitte des Cinquecento abzeichnet. Der Begriff ‚Theater‘ war in Giulio Camillos Schrift Teatro della memoria von 1550 noch räumlich, als Gebäude ausgelegt worden, um eine ebenso enzyklopädische wie evi­ dente Präsentation des Wissens zu ermöglichen.502 Seit dem mittleren 16. Jahrhundert beginnt er sich nun, wie zuvor bemerkt, als Bezeichnung und als Titel enzyklopädisch angelegter Bücher durchzusetzen. 503 Das Titelblatt von Abraham Ortelius’ Theatrum orbis terrarum – dieser erste gedruckte kartographische Weltatlas erschien gleichzeitig mit Palladios Quattro Libri im Jahr 1570 – zeigt die Titelworte „THEATRUM ORBIS TER­ RARUM“, entgegen der Bedeutung von „orbis“ (der Kreis, das Rund, die runde Scheibe) in eine schlichte, plane Rechteckfläche eingemeißelt, die aufwendig architektonisch ge­­ rahmt wird (Abb. 88). Die rahmende Kleinarchitektur nimmt dabei jene in ihrer Genese noch ausführlich zu erörternde Rahmenformel des neuzeitlichen Gemälderahmens mit rahmender Säulen- oder Pilastertravée und flachem Gebälkabschluss auf, wie sie sich in Florenz um die Mitte des 15. Jahrhunderts ausgebildet hatte und anschließend, ausgehend von Urbino, als gängige Formel der Fensterrahmung in der Architektur der Hochrenais­ sance etablierte. 504 Das Titelblatt zu Ortelius’ Weltatlas ist ein Beispiel dafür, wie seit dem letzten Drittel des Cinquecento der ‚Bau‘ der Welt zunehmend als Bild, das ‚Theater der Natur‘ zunehmend als gerahmtes Tableau erfasst wird. 505 Giovanni Battista Agucchi über die Aussicht von der Villa Aldobrandini als „molto gran teatro“ Die ausführlichste Beschreibung einer architektonisch inszenierten Aussicht, die nach meinem Wissen aus der frühen Neuzeit überliefert ist, wurde in den ersten Mona­ ten des Jahres 1611 verfasst. Giovanni Battista Agucchis506 Schilderung der weiten „vedu­ ta“ von der oberhalb der Stadt Frascati im Auftrag von Agucchis Dienstherren, des Kar­ dinals Pietro Aldobrandini in den Jahren 1601−1604 durch Giacomo della Porta errichteten Villa Aldobrandini „di Belvedere“507 (Abb. 89–90) ist in einer Relatione di Villa Belvedere enthalten, die insgesamt 54 Manuskriptseiten umfasst. 508 Die Relatione ist in Briefform gehalten. Als Autor gibt Agucchi nicht sich selbst, sondern den Bauherrn der Villa an, den einst mächtigen Nepoten des bereits 1605 verstorbenen Papstes Cle­ mens VIII., den genannten Kardinal Pietro Aldobrandini. Ihm diente Agucchi damals als Maggiordomo. Adressat der Relatione ist Herzog Carlo Emanuele I von Savoyen. 509 Monsignore Giovanni Battista Agucchi (1570–1632) selbst war ein hoher Kleriker (zuletzt war er päpstlicher Nuntius in Venedig). Darüber hinaus trat er als einflussreicher Kunstliebhaber und -theoretiker in Erscheinung, war Förderer und Freund der Carracci und Domenichinos. Seine kunsttheoretischen Ansichten sollten in Belloris Idea del

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89  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. Gesamtansicht. Illustration aus Domenico Barrière, Villa Aldobrandina Tuscolana, Rom 1647

90  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. Ansicht

­ ittore folgenreich aufgegriffen werden. 510 Zugleich war er, in den Worten Panofskys, ein P „amateur astronomer“ mit ausgeprägten kosmologischen Interessen und Anhänger der Lehren Tycho Brahes. Spätestens seit seiner römischen Begegnung mit Galileo Galilei im Frühjahr oder Frühsommer 1611 wurde er ebenso zu einem, so Panofsky, „understanda­ bly somewhat apprehensive admirer of Galileo“511, mit dem er nachweislich in den Jahren 1611–1613 korrespondierte. 512

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91  Gabriel Lory (Sohn), A Frascati, vue de la plaine de Rome prise de la ville Aldobrandini, Aquarell, 312 × 624 mm, Bern, Kunstmuseum, Inv. A 4604

Agucchis in der Zeit des beginnenden Austausches mit Galileo abgefasste Relatione über die Villa Aldobrandini in Frascati greift in ihrem ausführlichen Lob der Aussicht aus der Villa auf den klassischen Topos des Theaters aus Anhöhen zurück. In Agucchis Text werden – bereits in Form einer Rückschau und in wohl bewusstem Anachronismus – nochmals jene antiken naturtheologischen und naturphilosophischen Motive aufgebo­ ten, welche der weiten Verbreitung des ‚Hügeltheaters‘ als Signum idealer Topographie in Spätmittelalter und früher Neuzeit zugrunde lagen, und in einem Lob der Grenze zusammengeführt, das zugleich eine Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kos­ mologie eines Giordano Bruno und eines Galileo Galilei reflektiert. Jener Abschnitt der Relatione, den er der Aussicht widmet (vgl. Abb. 91, 92), ist in Appendix 2 der vorliegenden Studie wiedergegeben. An seinem Beginn bemerkt Agucchi, dass sich an jedem Ort der Villenanlage, aus den Fenstern des Gebäudes und insbesonde­ re aus dem dritten Stockwerk der „casa o palazzo“, eine „bella […] veduta“ böte. Anschlie­ ßend betont er die Einheitlichkeit und Totalität des Ausblicks. Im Norden und Osten sehe man einen großen Teil des Apennin, weiter im Westen die Stadt Rom und ihre Umgebung sowie im Südwesten das Meer. Alles, was sich in diesem sehr weiten und ausgedehnten Landstrich befände, scheine dem Gebäude als „piazza et ornamento“ (als Vorplatz und Schmuck) zugeordnet. Die Beschreibung dieser „bellisima vista“ erhebt den Anspruch auf topographische Exaktheit und ist zugleich topisch überformt. Dabei

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92  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. „Barchetta-Brunnen“ mit Ausblicken über Frascati und die Campagna. Kupferstich aus Giovanni Battista Falda, Le fontane delle ville di Frascati, nel Tuscolano, con li loro prospetti (Le fontane di Roma, Bd. 2), Rom, ca. 1677–1689

beachtet Agucchi eine fünfgliedrige Reihenfolge: Er beschreibt – und dies besonders eingehend – eine kreisförmige Anordnung von Bergzügen und Bergen, welche die im Sichtfeld der Villa gelegene Gegend „wie eine Krone“ schmücke und umkränze: Die Anhöhen und Berge „[…] rendono il sito inanzi à Frascati che circolare più che altro appa­ risce, et anco questo di adornamento gli accrescono quasi che una corona gli facciano“. 513 Anschließend wird der Ausblick auf die tyrrhenische See mit ihren Booten und Schiffen beschrieben, dann die Campagna di Roma, die sich innerhalb dieses wie von Künstler­ hand angeordneten Kreises von Bergen und Gebirgen erstrecke. Danach wird der Blick auf die Stadt Rom gelenkt und die sie überragende Kuppel des Petersdoms hervorgeho­ ben. Es folgt ein physikotheologisches Fazit, das die geschilderte Aussicht als „grandis­ simo teatro“ charakterisiert und als Werk des „gran Architetto dell’Universo“ bezeich­ net. Als Blickpunkt und Begrenzung der gesamten „veduta“ wird eingangs die (weit ent­ fernte und nach mündlicher Auskunft an klaren Tagen sichtbare, bei meinen Besuchen jedoch nicht erkennbare) „montagna di Viterbo“ genannt. Zwar dehne sich die Aussicht über 50 Meilen, sie ende jedoch an diesem „Gebirge von Viterbo“ (gemeint sind wohl der über tausend Meter hohe Monte Cimino und die anderen Anhöhen der Monti Cimini). Das Gebirge von Viterbo sei mit „schöner Überlegung und Absicht von der Natur gegenüber dem Berg von Frascati postiert worden […], um letzterem eine Grenze zu setzen und

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damit alles Übrige, was unter diesem Berg von Frascati gelegen ist, eben diesem Berg von Frascati seinen Gehorsam erweise“. Somit könne das Auge nicht ermüden. Es sehe genau jenes Ausmaß an Weite, das es zu sehen begehre − und nicht mehr: „Questa veduta, benché sia di un grandissimo paese, così bene vien terminata che l’occhio non pure non si stancha et non receve incomodo, ma pare che tanto vada inanzi quanto à punto egli desidera et non più niente. Ha la campagna dinanzi così grande che si può dire che per dritta linea si stenda intorno à cinquanta miglia ordina­ rie et quivi termina nella montagna di Viterbo che pare à bello studio incontro al monte di Frascati dalla natura posta per farli termine da lontano, e tutto il resto di sotto a lui presti obedientia.“514 „Diese Aussicht wird, obwohl sie sich über ein sehr weites Gebiet erstreckt, so gut begrenzt, dass das Auge dennoch nicht ermüdet und kein Unbehagen empfindet; mir scheint [vielmehr], dass sie nur so weit reicht, wie das Auge es wünscht, und nicht weiter. Sie [die Aussicht] erfasst ein Land, das so weit ist, dass man sagen kann, es dehne sich auf gerader Linie über etwa 50 gewöhnliche Meilen aus, und das dort [am Fuß der] Bergkette von Viterbo endet, die von der Natur mit schöner Absicht dem Berg von Frascati gegenübergesetzt worden zu sein scheint, damit sie ihm [dem Berg von Frascati und zugleich dem Blick des in oder vor der Villa Aldobrandini stehenden Besuchers, Verf.] aus der Ferne zur Grenze werde und alles andere, unterhalb Gelege­ ne, ihm Gehorsam erweise.“515 Weiter nach Norden erhebe sich der „monte di Santo Resto“ (der Mons Soracte des Horaz, heute Monte Soratte), der sich in einer Lücke zwischen den Bergen von Viterbo und dem Apennin (d.h. den nahen, gut sichtbaren Bergen im Nordosten) erhebe. Gegen Westen werde die Aussicht durch die „montagna della Tolfa“ begrenzt. Diese bilde in dieser Himmelsrichtung den Abschluss der Aussicht („fa finimento a questa veduta“). Die beschriebenen drei Höhenzüge (der Apennin, die „montagna di Viterbo“ und schließlich die „montagna della Tolfa“) schließen sich – jedenfalls in der idealisierten Schilderung Agucchis – mittels eines „rincontro di tre monti separati“ zu einem Halb­ kreis („mezzo circolo“) zusammen. Sie formen somit einen so schönen Abschluss („un finimento cosí bello“), dass es scheint, als ob diese Berge mit Kunst und Maß angeordnet worden seien, um einen solchen Effekt der Begrenzung zu erzielen: „et pare che con arte à misura siano ad un tal effetto assestati.“ Agucchi beschreibt eine symmetrische Anord­ nung jener drei Bergmassive, durch die der Ausblick begrenzt werde. Diese geschlossene Symmetrie ist in situ und in einschlägigen bildlichen Darstellungen der veduta aus der Villa auf die Landschaft allerdings n i c h t anzutreffen (Abb. 91–92).

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Agucchis Lob der Grenze als Entgegnung auf Bruno und Galilei Agucchi hebt, gerade im Vergleich zu früheren Beschreibungen von Ausblicken aus Villen des Quattro- und Cinquecento, die besondere Weite der Aussicht hervor. Er ent­ faltet jedoch keine ‚barocke Ästhetik des Unendlichen‘, wie sie Michail V. Alpatov und Allen S. Weiss für die Gärten des 17. Jahrhunderts, insbesondere für Versailles, (re)kon­ struiert haben. 516 Agucchi hebt vielmehr mehrfach und eindringlich hervor, dass die weite Ebene durch Berge und Höhenzüge begrenzt werde und dass gerade in dieser Begrenzung das besondere Vergnügen an der Aussicht von der Villa Aldobrandini begrün­ det sei. Insgesamt werden die Berge als Grenze („termine“, „finimento“) der Aussicht be­ schrieben, der moderne Begriff des Horizontes als Übergang vom Sichtbaren zum Unsicht­ baren beziehungsweise vom Endlichen ins Unendliche wird von Agucchi nicht verwen­ det. Agucchis Beschreibung impliziert den Begriff des Horizontes vielmehr in seiner alten Bedeutung als ‚Begrenzer‘ 517 und nicht als moderne Schwelle einer Entgrenzung, als die der Horizont seit dem 17. Jahrhundert zunehmend dargestellt und beschrieben wurde. 518 Trotz seiner Weite sei das dem Blick von der Villa Aldobrandini aus dargebo­ tene Land − wir zitierten diese Stelle bereits − durch die Berge doch so gut begrenzt, dass das Auge „nur so weit zu schweifen“ brauche, „wie es ihm lieb ist und nicht darüber hinaus“. „Et non più niente“ – diese Wendung im Text Agucchis gibt das implizite Motto sei­ ner Beschreibung der Aussicht von der Villa Aldobrandini an. Agucchis Lob der Grenze deutet die von ihm beschriebene allseitige Begrenzung des Blickes durch Berge als ein vom Weltarchitekten und Deus artifex in der natürlichen Topographie aufgerichtetes ‚non plus ultra‘. 519 Das gegenläufige Motto ‚plus ultra‘ hatte als Devise des Kaisers Karl V. im sechzehnten Jahrhundert bekanntlich Karriere gemacht. 520 „Più oltre non“ – an anderer Stelle der Relatione bezieht sich Agucchi wörtlich auf die berühmte Warnung Dantes vor der Grenzüberschreitung beziehungsweise vor der Durchquerung der Säulen des Herkules: „che l’uom più oltre non si metta“. 521 Die beiden imposanten ‚Säulen des Herkules’, die sich oberhalb des rückwärtigen Brunnentheaters (des sog. Teatro delle Acque) im Garten der Villa Aldobrandini befinden (vgl. Abb. 93–94, 96), interpretiert Agucchi denn auch als Hüterinnen einer Grenze. Unter nahezu wörtli­ chem Rückgriff auf den angeführten Vers der Divina Comedia schreibt Agucchi: „Queste colonne pare che dicano al acqua, a guisa di Hercole à naviganti: Non più oltre […]“. 522 Die Säulen des Herkules werden kurze Zeit später übrigens das Titelkupfer eines der Gründungswerke der modernen Wissenschaft, der Instauratio Magna des Francis Bacon

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von 1620 zieren: nun allerdings als triumphal überschrittene und zurückbleibende Grenzmarken eines unaufhaltsamen plus ultra (Abb. 95). – Gegen Ende seiner literari­ schen Evokation der „bellissima vista“ aus der Villa Aldobrandini benennt Agucchi zwar nochmals die Weite der Aussicht, die einen großen Teil der tyrrhenischen Küste und – innerhalb jenes Durchmessers von fünfzig Meilen – die Campagna Romana und in deren Mitte den caput mundi selbst umfasse. Aber auch hier greift Agucchi auf traditionelle Topoi des endlich begrenzten, in sich zentrierten Ortes zurück. Er spielt auf den Topos des umbilicus mundi an und insbesondere auf den Topos der Stadt als Mitte von kreisför­ mig sie umgebenden Regionen, wie er ihn in der rhetorischen Tradition des Städtelobes, namentlich bei Aelius Aristides und bei Leonardo Bruni, vorgebildet fand. Aristides’ Lobrede auf die Stadt Athen, deren griechischer Text bereits 1513 bei Aldus Manutius gedruckt worden war, erschien im Jahr 1566 in lateinischer Übersetzung. 523 Ausführlich beschreibt dieser oben ausführlicher gewürdigte Rhetor des zweiten Jahrhunderts in sei­ nem bereits von Leonardo Bruni und Pius II. herangezogenen Panathenaikos, wie Athen in der Mitte Griechenlands gleich dem Schildzeichen in der Mitte eines Rundschilds

93  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. Die Säulen des Herkules über dem Teatro delle Acque

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94  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. Die Säulen des Herkules mit Blick auf die rück­ wärtigen Loggien des Gebäudes

sitze und von der ferneren und weiteren Umgebung in mehreren Zirkeln umkreist wer­ de. Die vier Himmelsrichtungen träfen sich in dieser Stadt, deren Position zum beherr­ schenden Zentrum Griechenlands und der Welt erklärt wird. 524 An das im zweiten Kapitel der vorliegenden Studie erörterte topische Motiv kreisför­ miger Bergzüge, die eine zentral gelegene Stadt wie ein Schildrand umrahmen und ihr Gebiet harmonisch begrenzen, 525 knüpft Agucchi an. Bereits Leonardo Bruni hatte in seiner Beschreibung von Florenz samt Umgebung auf Aristides und auf sein Konzept der Stadt als Mitte einer Region zurückgegriffen und zugleich Florenz als „Nabel“ und „Ach­ se“ ihrer ganzen Region sowie den heutigen Palazzo Vecchio (den ehemaligen Palazzo del­ la signoria oder dei Priori) als beherrschendes Bauwerk besonders hervorgehoben. 526 Agucchis Beschreibung von Rom als von der Peterskuppel Michelangelos überragter, inmitten der Campagna romana gelegener „capo della vera religione“ folgt dieser Topik der Mitte, auf die Agucchi auch in seinem etwa zeitgleich mit der Beschreibung der Villa Aldobrandini entstandenen Discorso del mezzo von 1611 zurückkommt, der u.a. astro­ nomische und kosmologische Überlegungen enthält. In diesem Text entfaltet er seine

95  Francis Bacon, Instauratio magna, hier Teil 2: Novum organum, London: John Bill [und Bonham Norton] 1620, Titelblatt (gesto­ chen von Simon van de Passe), Radierung und Kupferstich

96  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“. Blick von rückwärtiger Loggia auf das Teatro delle Acque

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Leitidee der mezzanità, die im aristotelischen Verständnis der ‚goldenen Mitte‘ auch ethi­ sche Implikationen beinhaltet. Im Rückgriff auf Aristides und Bruni erläutert Agucchi sein Konzept der mezzanità an der Position einer Hauptstadt in ihrem Umfeld: die Hauptstadt ist in der Mitte des Landes, das wichtigste Gebäude ist in der Mitte der Stadt, das schönste Monument in der Mitte eines Platzes gelegen und so fort. Und so sei auch Gott als die Mitte zu bestimmen. 527 Um auf Agucchis Relatione und damit auf seine Beschreibung der aldobrandinischen Villa über Frascati zurückzukommen: Nach dem eben erörterten Rückgriff auf Zentrali­ täts-Topoi des Städtelobes schließt Agucchi seine ausführliche Schilderung der „veduta“ aus der Villa Aldobrandini mit folgendem Fazit ab, das auf den Topos des natürlichen Theaters aus Bergen und Anhöhen rekurriert und zugleich auf die traditionelle Meta­pher des Weltarchitekten, des „gran Architetto dell’Universo“: „[…] et io ne ho vedute delle maggiori et più vaste, ma non mi è paruto che niuna sia da mettere à paragone di vaghezza con questa, et di una satisfattione che reca senza poter­ si dire che sia se non una bella et misurata positura et proportione fatta dal gran Archi­ tetto dell’Universo. Et à me pare di poter somigliare questo sito ad un grandissimo teatro che facendo cir­ colo per la maggior parte et corona vadia ad accostarsi da tutte doi le bande al monte di Frascati et che gli faccia quella parte nel teatro, che la scena, che gli Antichi orchestra chiarmono, far suole, sporgendosi in testa di questo sito alquanto in fuori, e staccando­ si dal resto per meglio vedere et esser veduto.“ „[…] und ich habe noch bedeutendere und weitläufigere Aussichten gesehen, aber mir scheint, dass keine mit dieser Aussicht vergleichbar sei, was ihre Schönheit und was die Befriedigung angeht, die sie schenkt. Man kann nichts anderes sagen, als dass ihre schöne und maßvolle Lage und Proportion ein Werk des großen Architekten des Universums sei. Und mir scheint, dass diese Gegend mit einem riesigen Theater verglichen werden kann, das kreisförmig wie eine Krone den Berg von Frascati von beiden Seiten fast vollständig umschließt. Diese Gegend dient dem Berg von Frascati als jener Teil des Theaters, den die Alten orchestra und den wir scena [sic!] nennen, da dieser Berg [an dessen Hang die Villa errichtet wurde] sich in vorderster Lage über diese Gegend erhebt. Dieser Berg hebt sich von der übrigen Umgebung ab, um besser zu sehen und gesehen werden zu können.“528 Agucchi verwendet hier aus dem Architektur- und Kunstdiskurs seiner Zeit vertraute Termini und Wendungen („vaghezza“, „bella et misurata positura et proportione“) für die Charakterisierung der landschaftlichen Umgebung der Villa Aldobrandini. Dabei greift er auf den Topos des Theaters aus Anhöhen als den idealen Ort einer Villa, auf die

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diesem implizite Analogie von ars und natura sowie auf das Motiv des Deus artifex zurück. Aus der Sicht von Agucchis Providentialgeographie werden die von dem „gran Archi­ tetto dell’ Universo“ errichteten Berge und Hügel nicht erst als Orte von sakralen Bauten oder etwa von Kreuzwegen529 zu ‚monti sacri‘. Denn sie sind bereits selbst paradigmati­ sche erste ‚Architekturen‘ der Natur und ihres ersten Baumeisters, vor ihrer baulichen Bestückung. 530 Für die Naturphilosophie und Architekturtheorie der Frühen Neuzeit war die hier zugrundeliegende antike Vorstellung einer Analogie von physis und téchne von bestimmender Bedeutung − dies zeigt sich auch in Agucchis Beschreibung von Ber­ gen mittels der architektonischen Metapher des Theaters. 531 Der platonische Demiurg sowie die stoische providentia werden, wie ausgeführt, in der christlichen Tradition schon früh mit Gott als dem architectus mundi gleichgesetzt, der die Welt „in mensura et numero et pondere“532 geordnet hat. 533 In diesem Sinne deutet Giovanni Maria Cata­ neo in seinem lange einschlägigen Kommentar zu den Pliniusbriefen von 1506 jene „rerum natura“534, die das landschaftliche Amphitheater („amphitheatrum inmensum“) der Umgebung der tuskischen Villa des Plinius geschaffen habe, wie bereits angeführt, als „Deus ipse“. 535 Vor dem Hintergrund der traditionellen Analogie von ars und natura interpretiert Agucchi das zitierte plinianische Paradoxon eines „Amphitheaters, wie es nur die Natur schaffen kann“ nochmals providentialgeographisch. Der Ausblick aus der Villa Aldo­ brandini wird als ein endlich begrenzter, vom Architekten der Welt planvoll geordneter Mikrokosmos aufgefasst. Dies entspricht einer traditionellen, auch von Agucchi selbst in seinem Discorso del mezzo entfalteten kosmologischen Konzeption, die den Mikrokos­ mos in Analogie zum − als begrenzt konzipierten − Makrokosmos setzte, welcher von der Sphärenharmonie der Planetenbahnen erfüllt schien. 536 Im Vergleich zu Beschreibungen von architektonischen Ausblicken, die im Quattro- und Cinquecento verfasst wurden, fällt auf, wie deutlich Agucchi das Motiv der G r e n z e betont. Die Begrenzung der „ve­ duta“ durch Berge wird als geplante Grenzsetzung durch den „gran Architetto dell’Uni­ verso“ interpretiert. Dieses Lob der Grenze beinhaltet Bezüge zur Zeit- und Wissenschaftsgeschichte. Agucchi war bereits vier Jahre im Dienst der Familie Aldobrandini, als Giordano Bruno, der die U n e n d l i c h k e i t des Kosmos behauptet hatte, im Jahr 1600 und während des Pontifikates des Aldobrandini-Papstes Clemens’ VIII., auf dem römischen Campo de’ Fiori verbrannt wurde. Galileo Galilei wiederum weilte während des Abfassungszeitraumes der Relatione in Rom, um seine Thesen zu verteidigen. An den astronomischen und kos­ mologischen Fragen seiner Zeit war Agucchi lebhaft interessiert. Er lernte Galilei, wie ebenfalls bereits bemerkt, im Frühjahr 1611 in Rom persönlich kennen und korrespon­ dierte mit ihm spätestens seit September jenes Jahres. Im selben Jahr 1611 verfasste Agucchi sowohl den Discorso del mezzo mit seinen astronomischen Themen als auch die Relatione über die Villa Aldobrandini. Als Anhänger des geozentrischen Modells Tycho

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Brahes beharrte er wie dieser und auch Johannes Kepler in seiner 1606 veröffentlichten Schrift De stella nova in pede serpentarii537 nachdrücklich auf der Endlichkeit des Kos­ mos. Dabei sind Agucchi die Thesen Brunos über die unzähligen Welten und die unend­ liche Ausdehnung des Kosmos sicherlich bekannt gewesen. Letztere waren zwar nicht der Hauptgrund zur Verurteilung Brunos durch die römische Inquisition, die aufgrund einer ganzen Reihe von als häretisch befundenen Auffassungen erfolgte. 538 Allerdings dürfte ein besonders gehässiger Brief über die Hinrichtung Brunos von Kaspar Schoppe (Gasparus Scioppius), eines Augenzeugen der Verbrennung des Nolaners, belegen, dass bei gebildeten Zeitgenossen Brunos dessen Thesen über die unzähligen Welten und die Unendlichkeit des Alls jedenfalls in den Grundzügen bekannt waren:

97  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Rück­ seite, Ansicht vom rück­ wärtigen Hügel aus

„Heute ist er also zum Scheiterhaufen oder Brandpfahl geführt worden. Als hier dem schon Sterbenden das heilige Kruzifix vorgehalten wurde, wandte er mit verachten­ der Miene sein Haupt und ist so getröstet elendiglich eingegangen, ich glaube wohl, um in jenen anderen, von ihm erdichteten Welten zu berichten […].“539 Agucchis Beschreibung der Aussicht von der Villa Aldobrandini bleibt mit ihrem Lob der Grenze und der Begrenzung hingegen der traditionellen Lehrmeinung der Aristoteliker verpflichtet, dass die Natur das Unendliche als das Unvollkommene meide. 540 In einem Brief vom 13. Juli 1613 beglückwünscht Agucchi denn auch Galilei zu seinen Ent­ deckungen, warnt den Astronomen aber zugleich vor einer Bestimmung des Weltalls als unendlich und tritt für das geozentrische, einen begrenzten Kosmos implizierende Sys­ tem Tycho Brahes ein. Agucchi spricht sich in diesem Schreiben an Galilei ausdrücklich

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gegen eine „infinita grandezza nel mondo“ aus. 541 In dem genannten Brief ist der Bezug auf Bruno unübersehbar. Die Ablehnung von Brunos Lehre eben jener „infinita grandez­ za nel mondo“ prägt implizit auch Agucchis Relatione über die Villa Aldobrandini. Wäh­ rend Bruno die Erscheinung des Horizontes als Grenze gerade als Beleg des trügerischen Charakters unserer visuellen Wahrnehmung einer in Wahrheit nur scheinbar begrenz­ ten Welt anführte, 542 deutet Agucchi die Begrenzung des Gesichtskreises durch Berge als providentielle Beschränkung und Umhegung eines Mikrokosmos, der auf den Urheber eines vollkommenen und zugleich planvoll begrenzten Makrokosmos verweist. Wie in seinem Discorso del mezzo beharrt Agucchi mit den theozentrischen und geozentrischen Subtexten seiner Beschreibung der Aussicht von der Villa Aldobrandini auf einem pro­ videntiell geordneten und abgeschlossenen Kosmos, obwohl der gesprengte Riesengie­ bel des Gebäudes eine offene Form geradezu dramatisch exponiert (Abb. 97).

98  Giovanni Agucchi, „MEDII CUPPEDINE VICTAE“, Zeichnung für seine Impresa (Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Mss. Gal., Discepoli, Tom. 136, fol. 110 recto)

Diese Haltung bringt Agucchi auch mit seiner Imprese zum Ausdruck, die sich auf die von Galilei entdeckten vier Jupitermonde bezieht (Abb. 98). Das Motto der Imprese, „MEDII CUPPEDINE VICTAE“ – „vom Drang nach der Mitte besiegt“, zitiert eine aus dem Zusammenhang gerissene Wendung aus Lukrez (De rerum naturae I, Vers 1081 f.), und zwar wohl ironischerweise g e g e n dessen Auffassung, dass es gerade keine Mitte des Universums gebe, dass das All unendlich sei und aus unzähligen Welten bestehe. Auch Agucchis Beschreibung des Ausblickes der Villa Aldobrandini in Frascati liest sich mit ihrer Charakterisierung der Berge als providentiell angeordneter Begrenzungen wie ein Gegenentwurf zu Brunos Schrift Vom unendlichen All und den Welten, in der dieser Lukrez’ Lehre vom unendlichen All ausgiebig und ausdrücklich zustimmend zitiert. Bruno schreibt:

147  | Die Villa Rotonda und ihr Ort: Literarische Topik und landschaftliche Topographie

„Führe die Kenntnis vom unendlichen Universum zum Sieg. Zerfetze die konkaven und konvexen Flächen, die so viele Elemente und Himmel von innen und außen begrenzen. Mach uns die Kugelschalen und Fixsterne zum Gespött. Zerbrich jene vom gemeinen Volk in seiner Blindheit wertgehaltenen Diamantmauern des ersten Beweglichen und des letzten Konvexen […]. Der Erde werde es genommen, einziges und eigentliches Zentrum zu sein. […] Möge jede der unendlich vielen herrlichen und großen Welten immer wieder aufs neue zugleich mit ihrer Abfolge und Ordnung unendlich viele geringere Welten nähren. Zerschlage die äußeren Beweger zugleich mit den Grenzen dieser Himmel. Öffne uns die Tür, durch welche wir die Ununter­ schiedenheit dieses Gestirns gegenüber den anderen schauen.“543 Am Ende des eben angeführten Zitates greift Bruno auf das noch zu erörternde Motiv der einst verschlossenen, nun aber offenen Tür als Metapher der Eröffnung neuer Erkenntnis und der Überwindung des Mythos aus Lukrez’ De rerum natura zurück: „Aprine la porta per la qual veggiamo l’indifferenza di questo astro da gli altri.“544

Ein Rückblick aus der Gegenwart: Eric Owen Moss’ Aronoff House (1992) Der kalifornische Architekt Eric Owen Moss hat in seinen Bauten und Schriften, so in seinem Buch Gnostic Architecture von 1999, die traditionelle, aber bereits seit dem 18. Jahrhundert wiederholt kritisierte Auffassung, dass die Architektur eine prästabilierte Ordnung der Welt ab- und nachbilde, 545 nachdrücklich hinterfragt. Diese traditionelle Auffassung von Architektur als mikrokosmische Abbildung eines wohlgeordneten Makrokosmos liegt, wie oben gezeigt wurde, sowohl der Konzeption des Zentralbaus der Villa Rotonda als auch ihrem Ortsbezug zugrunde. Ohne auf die stark rezipierten Diskur­ se der Nachkriegszeit über ideale Proportionen der westlichen modernistischen Archi­ tektur, etwa bei Le Corbusier und bei dem, auf Wittkowers bereits angeführte Forschungen zurückgreifenden Colin Rowe546 explizit einzugehen, erkennt Moss in mo­der­nistischen Begründungsdiskursen, die gute architektonische Proportionen immer noch, implizit jedenfalls, in einer prästabilierten ‚Architektur der Welt‘ fundieren, fragwürdige Fort­ schreibungen überlieferter Rechtfertigungsdiskurse der Baukunst. Letztere beruhen für Moss auf einer überholten Kosmologie, die auf den Deus artifex fixiert sei und unserem zeitgenössischen Weltbild widerspräche. 547 Begründet die antike und frühneuzeitliche Architekturtheorie die Ordnung des Bauens aus der harmonischen Ordnung des Kosmos, so kehrt Moss diesen Gedanken um. Das der vormodernen Architekturtheorie impli­zite Konzept eines Deus artifex, eines „gran Architetto dell’Universo“548 ist nach Moss’ Auf­ fassung „an instance of a culture exteriorizing itself and calling the result God“. 549

148  |  II.  Ideale Orte

99  Henry Moore, Helmet No. 2, Bronzeguss, poliert und patiniert, auf quadratischem ­M armorsockel, 34 × 24 × 24 cm, 1950, Bochum, Kunstmuseum

Moss betrachtet Architektur nicht als Mimesis vom ‚Bau‘ des Kosmos, sondern als Erfin­ dung des Menschen, dessen Kulturtechniken erst die Vorstellung eines ‚Weltbaumeis­ ters‘ ermöglicht hätten. Die Konzeption eines ‚Weltgebäudes‘ ist für ihn lediglich die Projektion der Architektur des Menschen auf eine vermeintliche ‚Architektur der Welt‘. Moss’ nicht realisierter Entwurf für das Aronoff Guesthouse von 1992 – geplant für ein Anwesen bei Los Angeles in Hanglage mit weiten Blicken auf die Santa Monica Mountains – soll hier als kritische, ‚dekonstruktivistische‘ Paraphrase der Rotonda gedeutet werden (Abb. 101a–c). Moss geht zwar in seinen Äußerungen zu seinem Projekt auf die Villa Rotonda nicht ein, jedoch scheint mir der spielerische Rückgriff auf diesen Prototyp der Renaissance-Architektur, dessen Kenntnis bei diesem architectus doctus als selbstverständlich vorausgesetzt werden kann, offensichtlich. In ähnlicher Deutlichkeit wie in Palladios Rotonda treten – bei allen historischen Differenzen – in Moss’ Entwurf die pragmatischen Funktionen des Bauwerks gegen­ über  einer modellhaft inszenierten Wechselbeziehung von Kultur und Natur zurück. Moss’ dezentrierter Zentralbau kann in dreifacher Weise als ‚Dekonstruktion‘ der Roton­ da verstanden werden:   als Dekomposition ihrer baulichen Gestalt und somit als Dekonstruktion ihrer harmonischen ‚internen Relationalität‘;   als Dekomposition der mit der Villa Rotonda verbundenen Konzeption eines harmonischen Bezuges des Bauwerks auf seinen Ort und damit als Alternative zur

149  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Eric Owen Moss’ Aronoff House

‚externen Relationalität‘ klassischer Prägung, die Bauwerk und umgebende Topo­ graphie aufeinander abstimmt;   als Infragestellung des in der Villa Rotonda selbst wie auch in ihrer landschaft­ lichen Situierung verwirklichten klassischen Konzeptes von Architektur als Abbild einer prästabilierten Ordnung der Welt. Was die bauliche Gestalt angeht, so gehen beide Landhäuser auf die gleichen geometri­ schen bzw. stereometrischen Grundelemente Kreis (bzw. Kugel) und Quadrat (bzw. Kubus) zurück. Im Falle des Aronoff-House sind diese allerdings fragmentiert und auf­ gesprengt. Bei Moss findet zudem eine Inversion der den Grundriss der Rotonda bestim­ menden Formen des Kreises und des Quadrates statt: Der Grundriss der Villa Palladios ist quadratisch mit dem kreisrunden Kuppelsaal in der Mitte (Abb. 100); der aufgebrochene Umriss des Aronoff Guesthouse ist kreisförmig und schließt ein Quadrat ein (Abb. 101a). Die Stufen des Aronoff Guesthouse können zudem als Fragmente der Vortreppen der Rotonda aufgefasst werden. Ist jedoch die Struktur der Rotonda beinahe durchgängig sym­ metrisch, so wird beim Aronoff-House jede Symmetrie möglichst vermieden. 550 Das Metall-Modell des Aronoff Guesthouse (Abb. 101a–c) zeigt beim Herumgehen sehr unterschiedliche und jeweils überraschend neue Ansichten, die eine Vorstellung sei­ ner Gesamtgestalt von einem bestimmten Standpunkt aus unmöglich machen. In der dynamischen Zersplitterung des Baukörpers und mit der jeweils unvorhersehbaren Dar­ bietung überraschender neuer Ansichten ist das Gebäude zugleich Modell eines radikal modernen Weltbezuges, der nicht in einem prästabilierten Kosmos gegründet ist, son­ dern in subjektiven und kontingenten Konstruktionen von Wirklichkeit. Wie die Rotonda, so besäße auch das gebaute Aronoff Guesthouse eine starke Außen­ beziehung. Das ausgeführte Bauwerk würde jedoch das umgebende Terrain nicht auf sich als Mittelpunkt beziehen, sondern erschiene (wie ein Modell des Gebäudes mitsamt sei­ nes Baugrundstücks veranschaulicht 551) als ein gewissermaßen im Rollen angehaltener, artifizieller Fremdkörper. Die Ausblicke vom vorgesehenen Bauplatz aus haben nach Aussage des Architekten für die bauliche Gestalt des Aronoff Guesthouse eine zentrale Rolle gespielt.552 Moss geht es nach eigener Aussage außerdem um „[…] the space between inside and outside where geometries dance. The space in between is flexing. The inside of the outside and the outside of the inside.“553 Moss’ Aronoff Guesthouse ist durch eine dynamische Durchdringung von Innen- und Außenraum gekennzeichnet. Das realisierte Gebäude würde höchst verwirrende Aussi­ chten eröffnen. Im Inneren des Bauwerkes würden die gewohnten Wahrnehmungskoor­ dinaten der Außenwelt durch vielfältig gezackte, verschobene, fragmentierte Fenster und Öffnungen irritiert, wie sie ähnlich auch in der ‚dekonstruktivistischen‘ Architektur

150  |  II.  Ideale Orte

100  Andrea Palladio, Seite aus den Quattro Libri (id., I quattro libri dell’Architettura, Venedig 1570, Lib. II, Cap. III, S. 18 f.)

101a–c  Eric Owen Moss, Modell des Aronoff Guesthouse für ein Anwesen in Tarzana, CA (1992)

151  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Eric Owen Moss’ Aronoff House

eines Daniel Libeskind oder einer Zaha Hadid eine prominente Rolle spielen. Moss’ Architekturen kreieren neuartige, unvertraute ‚Bilder‘ ihrer Umgebung durch eine Ver­ fremdung und Verzerrung jener gewohnten Wahrnehmungskonventionen, wie sie im rechtwinkligen framing architektonischer Öffnungen vorgegeben sind. Dieses rechteck­ ige framing ist – wie wir noch sehen werden – seit der italienischen Renaissance zu einem Standard westlicher und westlich geprägter Architektur geworden, den Moss häufiger konterkariert. Dies kann der Ausblick aus einem ‚gekippten‘ Fenster in einem realisierten Bau von Moss (Abb. 102), das in der Casa pendente in Bomarzo präfiguriert scheint, veranschaulichen (Abb. 103–104). 554 Moss hat sein Aronoff Guesthouse auf die frühen Helmet-Plastiken des Bildhauers Henry Moore zurückgeführt, in denen Kopf und Helm ineinander übergehen (Abb. 99). 555

102  Eric Owen Moss, Lawson-Westen-House, Brentwood, CA, 1988–1993, Ausblick aus einem Fenster

Auch das Aronoff Guesthouse implementiert eine unauflösliche Verschränkung der Innensphäre des Subjektes und der Außensphäre der Objektwelt, indem die geome­ trischen Begrenzungen des Baus aufgebrochen werden und Baukörper und Umraum ineinandergreifen. Es handelt sich bei diesem Projekt um eine betont zeitgenössische Konzeption des Außenbezuges der Architektur und des Subjektes. Sie geht nicht zuletzt auf eine Auseinandersetzung mit der Philosophie des Dekonstruktivismus zurück: Moss thematisiert in seiner im doppelten Sinne modellhaften Architektur-Skulptur des Aronoff House die kulturelle Konstruiertheit von Subjekt und Welt und ihrer Wechsel­

152  |  II.  Ideale Orte

beziehungen. Moss interpretiert die konventionalisierten architektonischen frameworks des Körpers und seiner Wahrnehmung, die vor allem in der italienischen Renaissance kanonisiert worden sind, durch eine ‚dekonstruktivistische‘ Umformung neu. Er hinter­ fragt zudem die seit der Autonomieästhetik der Moderne fixierten Grenzen zwischen Werk und Kontext, wie dies zuvor Jacques Derrida in dem Parergon-Kapitel seines Buch­ es über die Wahrheit in der Malerei erprobt hatte. 556 Während Palladio das Subjekt in seiner Welt festigte und zentrierte, erschüttert Moss die neuzeitliche Selbstgewissheit des Ich und seine ‚kartesianische‘ Distanz zur Außen­ welt. Moss stellt die Geltung der neuzeitlichen und nicht zuletzt von Palladio begründeten „Klassischen Sprache der Architektur“ (Summerson)557 in Frage und relativiert zugleich

103  Bomarzo (Latium), sog. Giardino dei Mostri, Blick aus dem Schiefen Haus (sog. Casa pendente)

104  Bomarzo (Latium), sog. Giardino dei Mostri, Schiefes Haus

den Anspruch des Modernismus, durch die Anwendung vermeintlich universal gültiger architektonischer Gesetze zum ‚International Style‘ prädestiniert zu sein. Dem klassischen westlichen Konzept von Architektur als Abbild einer geordneten Welt setzt Moss eine Haltung entgegen, die Architektur als ebenso fiktionales wie auf Konventionen gegründetes kulturelles Konstrukt auffasst. Verbinden sich bei Palladios Rotonda Bau und Ort zu einem abgeschlossenen Mikrokosmos, betont Moss im Entwurf seines Aronoff Guesthouse Differenzen und Gegensätze zwischen Architektur und Natur.

153  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Eric Owen Moss’ Aronoff House

III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPEC TIVA

Da s off ene Fenster : die fenestra prospectiva und da s ungeteilt- recht winklige Fenster bei Alberti Das ungeteilte und rechtwinklige Fenster mit Aussicht, die fenestra prospectiva, ist eine Innovation der Profanarchitektur der italienischen Renaissance und ein fortwirken­ des Motiv der neuzeitlichen Architektur. Dennoch hat es in der Architekturgeschichts­ schreibung wenig Beachtung gefunden. Die Geschichte der Konzeption architektonisch inszenierter Ausblicke auf Landschaft in der Architekturtheorie und Architektur des Quattrocento ist bislang ebenfalls nicht umfassend behandelt worden.1 Auch die Bedeutung von Albertis Architekturtraktat für architektonische Inszenie­ rungen von Ausblicken ist noch wenig bekannt. 2 Albertis bemerkenswert systematische Aussagen über die Aussicht ( prospectus) aus Bauwerken auf die Landschaft, die sich in seinem Architekturtraktat De re aedificatoria finden, wurden in der vorliegenden Studie bereits vor dem Hintergrund ihrer antiken Quellen vorgestellt. Nun sollen sie auf Bauten des späteren Quattrocento – insbesondere auf den Herzogspalast von Urbino – bezogen werden (Abb. 107–108). Dabei wird sich zeigen, dass in dem Palast von Federico da Mon­ tefeltro die Aussagen des Architekturtraktates Albertis über architektonisch inszenierte Landschaftsprospekte wie in keinem anderen Bauwerk der italienischen Renaissance berücksichtigt worden sind. Gleichzeitig wird mit den Ausblicksfenstern des Palastes von Urbino auf Albertis Vergleich des Gemäldes mit einer „finestra aperta“ zurückgegriffen, der in seinem Male­ reitraktat De pictura 3 enthalten ist (vgl. Abb. 11 und 12). Die Ausblicksfenster des Palast­ gartens, des sogenannten Giardino Pensile, erweisen sich als sehr frühe (wohl erste) architektonische Realisierungen des neuzeitlichen, ungeteilt-rechteckigen Ausblicks­ fensters, das sich zu einem der zentralen Wahrnehmungsdispositive der Neuzeit und zu einer ‚symbolischen Form‘ des westlichen Weltbildes entwickeln wird (Abb. 109 und 112).4

155  | Das offene Fenster: die fenestra prospectiva und das ungeteilt-rechtwinklige Fenster bei Alberti

Das Gemälde als „finestra aperta“ in De pictura und rechteckige Fenster in De re aedificatoria Alberti hat seinen Vergleich des gemalten Bildes mit einer „finestra aperta“ (einem „geöffneten“ oder „offenen“ Fenster) in den beiden Fassungen des Malereitraktates for­ muliert. Der Vergleich lautet in der von Alberti im Jahr 1436 fertiggestellten italieni­ schen Version des Traktats: „Principio, dove io debbo dipingere scrivo un quadrangulo di retti angoli […], el qua­ le reputo essere una finestra aperta per donde io miri quello que quivi sarà dipinto.“ Eine wörtliche Übersetzung der italienischen Version lautet so: „Als erstes, dort wo ich malen muss, zeichne ich ein Viereck mit rechten Winkeln […], das ich für ein offenes/geöffnetes Fenster halte, durch das ich sehe, was hier gemalt sein wird.“5 In der undatierten lateinischen Fassung des Traktates, die nach gängiger Meinung kurz zuvor entstanden ist, heißt es: „Principio in superficie pingenda […] quadrangulum rectorum angulorum inscribo, quod quidem mihi pro aperta finestra est ex qua historia contueatur […].“ „Als erstes schreibe ich der zu bemalenden Oberfläche ein Viereck mit rechten Win­ keln ein […], welches nämlich für mich für ein offenes Fenster steht, aus dem die historia gesehen werden kann.“6 Neu ist hier nicht nur der Vergleich eines Gemäldes mit einem Fensterausblick, sondern zudem, wie bereits bemerkt, dass Alberti ein r e c h t e c k i g e s Format des Fensters for­ dert. In De re aedificatoria wünscht Alberti ebenfalls rechtwinklige Fensteröffnungen: „In huismodi apertionibus alii alia probarunt lineamenta; sed probatissimi, ubi licuit, non nisi quadrangulis et rectilineis usi sunt.“ „Bei Öffnungen dieser Art [gemeint sind Fenster und Türen] ist die Ansicht über deren Zeichnung eine verschiedene, doch die hervorragendsten Künstler bedienten sich, wo es möglich war, nur der viereckigen und geradlinigen Öffnungen.“ 7  Bündig fasst Alberti seine Auffassung über die Fensterformen der Antike im siebten Kapitel des 12. Buches von De re aedificatoria zusammen: „Fenestras et hostia veteres nusquam nisi quadrangula adiunxere“ („Fenster und Türen machten die Alten nur vier­ eckig“). 8 Diese Behauptung Albertis trifft in dieser Ausschließlichkeit auch nach dem

156  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Kenntnisstand des Quattrocento nicht zu. 9 Der apodiktische Satz zeigt, dass Alberti der Fensterform besondere Bedeutung zumaß und, dass er – ganz entgegen den architek­ tonischen Gepflogenheiten seiner Zeit, aber den neuesten Entwicklungen in Malerei und Reliefkunst folgend – das ungeteilt-rechtwinklige Fensterformat (jedenfalls in der The­o­­rie) bevorzugte und forderte. Um die fundamentale Bedeutung von Albertis Definition des Gemäldes als „offenes Fenster“ für die Karriere des neuzeitlichen Ausblicksfensters in der Architekturgeschich­ te erfassen zu können, sollen im folgenden zunächst deren historische Voraussetzungen in antiken Traditionen des Rechts, der Architekturtheorie und der Naturphilosophie geklärt werden. Prospectus und fenestra prospectiva in der Antike Alberti deutet in seiner Definition des Gemäldes als „finestra aperta“ antike Kon­ zeptionen des prospectus und der fenestra prospectiva, die ihm aus kaiserzeitlichen Vil­ lenbeschreibungen10 und aus dem römischen Recht bekannt waren, folgenreich um. Die architektonisch gerahmte Aussicht spielt zwar bei Vitruv kaum eine Rolle.11 Sie ist aber ein bestimmendes Thema römischer Villenbeschreibungen – insbesondere der Villen­ briefe des jüngeren Plinius,12 die − wie bereits erwähnt − Alberti nachweislich rezipiert hat,13 und der von Poggio Bracciolini während des Konstanzer Konzils, im Jahr 1417, wiederaufgefundenen Silvae des Statius.14 Ausblicksfenster in römischen Villenbeschreibungen Zwei den prospectus – die Aussicht auf Landschaft – betreffende Topoi dieser antiken Ekphrasen sind von Auftraggebern und Architekten herrschaftlicher Profanbauten der italienischen Renaissance häufig herangezogen worden: zum einen das natürliche Amphitheater bzw. Theater aus Höhenzügen als idealer Ort einer Villa, dessen Rezeption im vorigen Kapitel erörtert wurde, zum anderen die bewusste Rahmung landschaftlicher Prospekte durch Fenster ( fenestrae prospectivae) und Türen, die auf eine Aussicht hin konzipiert sind. Die Fenster bzw. Flügeltüren an den vier Seiten des Speiseraumes seiner Villa in Lati­ um, des Laurentinum, werden von Plinius in ihrer Funktion für die Ausblicksinszenie­ rung beschrieben: „Ringsum hat [das triclinium] Flügeltüren oder Fenster, die nicht kleiner als Flügel­ türen sind, und blickt so an den Seiten und an der Front gleichsam auf drei Meere; nach hinten blickt es [das triclinium] auf das cavaedium, die porticus, den Hof, erneut die porticus, dann das atrium, Wälder und weit entfernte Berge zurück […].“15

157  | Das offene Fenster: die fenestra prospectiva und das ungeteilt-rechtwinklige Fenster bei Alberti

Die Ausblicke von den Fenstern einer zotheca (eines Kabinetts zum Schlafen bei Tage) werden als jeweils besondere Landschaftsveduten geschildert: „Zu Füßen das Meer, im Rücken Villen, am Kopfende Wälder; diese Landschafts­ ansichten [facies locorum] unterscheidet und vereinigt sie [sc. die zotheca] mit eben­ so vielen Fenstern […].“16 Auf Fenster mit landschaftlichem Ausblick geht auch Statius in seiner Beschreibung der Villa des Pollius Felix bei Sorrent ein. Statius beschreibt in den Silvae 17 die Sehenswür­ digkeiten im Inneren dieser Villa in folgender Reihenfolge:   Kunstwerke – Gemälde und Statuen.18   Ausblicke – auf verschiedene Inseln und herausgehobene landschaftliche Punk­ te des Golfes von Neapel: 19 „[…] diversis servit sua terra fenestris […].“ 20   Marmore und ihre bildhaft wahrgenommene Musterung – der bedeutendste Raum der Villa, der in gerader Linie auf Neapel blickt und die beschriebenen Kunst­ werke enthält, ist mit verschiedenen griechischen Marmorsorten geschmückt, deren Äderung als Gemälde der Natura geschildert wird. 21 Ohne es ausdrücklich zu thematisieren, vergleicht Statius hier die verschiedenen Fens­ terausblicke aus der Villa des Pollius Felix mit Bildern – solchen von menschlicher als auch natürlicher ars erschaffenen. In Plinius’ Beschreibung seiner tuskischen Villa 22 wird die Aussicht auf das natürliche Amphitheater, wie erörtert, ebenfalls mit einem Bild von Künstlerhand verglichen. Bisher wurde nicht bedacht, dass der Vergleich zwischen Gemälde und Fensterausblick, wie ihn Alberti in De pictura formulierte, in den antiken Villenekphrasen und den in ihnen beschriebenen fenestrae prospectivae bereits angelegt ist. Alberti kehrte die Richtung dieses Vergleiches jedoch (wohl erstmals) um: Nicht der Ausblick wird mit einem Gemälde – wie bei Plinius und Statius – verglichen, sondern, wie bemerkt, umgekehrt das Gemälde mit einem Ausblick gleichgesetzt. Im Folgenden soll die Behandlung des prospectus und der fenestra prospectiva im antiken römischen Recht erörtert werden, auf die Alberti bei seinen Aussagen über Fens­ ter – jedenfalls teilweise – zurückgegriffen hat. lumen – aer – prospectus. Alberti und die juristische Tradition der fenestra prospectiva im römischen Recht Das römische Nachbarschaftsrecht unterscheidet bei der Behandlung architekto­ nischer Öffnungen zwischen lumen, aer und prospectus. 23 Benannt werden damit einer­ seits die elementaren praktischen Funktionen von Fenstern, zu beleuchten und zu belüf­ ten, andererseits die zusätzliche Möglichkeit, durch Fenster eine Aussicht zu eröffnen.

158  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Alberti, der an der renommierten juristischen Fakultät von Bologna studierte und dort, wohl 1428, in kanonischem Recht promovierte, 24 war diese Unterscheidung dreier Funktionen des Fensters aus der römischen Rechtslehre bekannt, wie Stellen aus De re aedificatoria zeigen. 25 Alberti dürfte den prospectus als Bestandteil des römischen Nachbarschaftsrechtes aus dem Corpus Juris Civilis, und zwar aus den Digesten (oder Pandekten) gekannt haben, wo zwischen Dienstbarkeiten eines Grundstückes, einerseits hinsichtlich der Beleuch­ tung und andererseits hinsichtlich der zu unterbleibenden Verbauung eines Ausblicks, unterschieden wird: den „servitutes ne luminibus officiatur“ und den „servitutes ne prospectui offendatur“. 26 Der Codex Iustinianus enthält außerdem eine in griechischer Sprache verfasste Bauordnung des byzantinischen Kaisers Zeno aus dem 6. Jahrhundert, in der zwischen „Fenster[n], die, die man ‚z u m A u s b l i c k‘ nennt“ und solchen, die man „‚z u m L i c h t e i n l a s s ‘ nennt“ unterschieden wird: „θυρίδας […] τὰς καλουμένας π α ρ α κ υ π τ ι κ ὰ ς καὶ φ ω τ α γ ω γ ο ῦ ς .“27 (Die entsprechenden Termini sind gesperrt her­ vorgehoben.) Während der Erlass Zenos im Osten Bestandteil des Codex Iustinianus blieb und auch in die Hexabiblos von Harmenopulos – das Werk eines griechischen Juristen des 14. Jahr­ hunderts, der das byzantinische Corpus iuris civilis kurzgefasst hat – aufgenommen wur­ de, geriet diese Konstitution Zenos im Westen während des Mittelalters in Vergessen­ heit. 28 Sie wurde dort erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts wieder in das Textcorpus des Codex Iustinianus eingefügt – sowohl in der griechischen Fassung des Erlasses als auch in lateinischer Übersetzung. 29 Ein interessanter Beleg für die frühe lebensweltliche Verwendung des Begriffes „pro­ spectus“ in einem juristischen Kontext des späteren 15. Jahrhundert, nicht lange nach dem Tod Albertis, ist in einem Notariatsakt von 1486 über eine Streitsache zwischen Antonius qd. Angeli Palutii de Albertonibus und Laurentius qd. Raphaelis, einem Kano­ niker von S. Giovanni in Laterano, überliefert. Die Kontrahenten besaßen an der römi­ schen Piazza Giudea, im Rione Campitelli, einander gegenüberliegende Häuser. Einer der beiden lässt sich durch diesen Akt garantieren, dass das gegenüberliegende Haus – um seinen Fensterausblick zu sichern – nicht über die Höhe seiner Fenster hinaus errichtet und dass über der geschlossenen Mauer nur eine offene Loggia erbaut werden dürfe, „adeo quod remaneat prospectus et frontispitium ex fenestris dicte domus.“30 Der Begriff „prospectus“ war Alberti natürlich bekannt und wurde von ihm in der Bedeutung „Ausblick von einem Haus“ verwendet. Aus den ihm zugänglichen Texten des Codex Iustinianus kannte Alberti die eingangs erwähnte Unterscheidung von lumen, aer und prospectus, wie sich auch aus den weiter oben analysierten Abschnitten des Architekturtraktates ergibt. 31 Die lateinische Übersetzung, die sich für den griechischen Terminus „παρακυπτικαί“ in den erwähnten Paragraphen des Justinianischen Kodex eingebürgert hat, fenestra prospectiva, kann Alberti hingegen nicht geläufig gewesen sein. Denn der Begriff fenestra

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prospectiva wurde erst nach der Mitte des 16. Jahrhunderts als lateinische Übersetzung von „παρακυπτικαί“ aus dem nur in griechischer Sprache überlieferten Erlass Zenos aus dem Codex Iustinianus geprägt. 32 Erst seit 1569, seit der lateinischen Übersetzung des Anto­ nius Contius, ist im Codex Iustinianus von fenestrae prospectivae und von fenestrae ­luciferae die Rede. 33 Der cinquecenteske Begriff fenestra prospectiva mit seinem im klassischen, mittel­ alterlichen und frühneuzeitlichen Latein sonst nicht nachweisbaren Adjektiv prospectivus ist demnach in seiner sprachlichen Prägung von der prospectiva der Renaissance­ malerei inspiriert, die Alberti erstmals beschrieben hat. 34 Dass Alberti die juristische Definition von „παρακυπτικαί“ (im Sinne von ‚Ausblicksfenster‘) aus in griechischer Sprache verfassten, byzantinischen Handschriften des Codex Iustinianus bekannt war, die im zeitlichen Umfeld des Unionskonzils und der Einnahme Konstantinopels durch die Ottomanen nach Italien gelangt waren, ist hingegen durchaus möglich. So könnte ihm bereits während seiner Florentiner Jahre, d. h. vor oder während der Abfassung des Malereitraktates ca. 1435/36, eine Handschrift zugänglich gewesen sein, die sich heute als Codex Laurentianus pluteus IX, 8 in der Biblioteca Medicea Laurenziana in Florenz befindet. Diese Handschrift war spätestens 1508–1510 in der Bibliothek der Medici eingestellt, wie ein Inventar belegt. 35 Auch ein Band aus der Bibliothek Pius’ II. kommt als Quelle in Frage. 36 Außerdem könnte Alberti zu einem späteren Zeitpunkt den Erlass Zenos aus einer Handschrift kennengelernt haben, die heute als Codex Marcianus gr. 179 in der Bibliote­ ca Marciana zu Venedig auf bewahrt wird. Dieser Codex, der ebenfalls annähernd authen­ tisch den griechischen Urtext wiedergibt, 37 stammt aus dem Besitz des Kardinals Basili­ us (Johannes) Bessarion. Er weist einen handschriftlichen Besitzvermerk des Kardinals auf, der nach Oktober 1468 eingetragen wurde. Der Band könnte sich jedoch schon frü­ her in Bessarions Bibliothek befunden haben. 38 Alberti wiederum war vielleicht des Griechischen mächtig, 39 und es ist möglich, dass er den heute in der Marciana befindli­ chen Codex in der Bibliothek Bessarions eingesehen hat. Bessarion war er erstmals wäh­ rend des Unionskonzils (d. h. erst kurz nach Abfassung des Malereitraktates) begegnet, und mit ihm stand er während seiner römischen Jahre in Kontakt.40 Wenngleich nicht belegt werden kann, dass Alberti den Erlass Zenos über die Aus­ blicksfenster kannte, ist es sicher dokumentiert, dass sich der genannte Codex Marcianus gr. 179 aus dem Besitz Bessarions zur mutmaßlichen Erbauungszeit des Giardino Pensi­ le in Urbino im Palast von Federico da Montefeltro befand. Er gelangte, wie aus den genauen Archiv-Recherchen von Lotte Labowsky hervorgeht, anlässlich des Besuchs Bessarions bei Federico da Montefeltro im Jahr 1472 nach Urbino und befand sich dort bis 1474.41

160  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Alberti, Lukre z und die epikureische Op tik Leon Battista Alberti gehört zu den ersten humanistischen Autoren, die das 1417 von Poggio Bracciolini wiederentdeckte, jedoch erst seit etwa 1430 rezipierte, epikureische Lehrgedicht De rerum natura von Lukrez literarisch verarbeiten. Die früheste Überset­ zung einiger Verse aus De rerum natura in das Italienische stammt von Alberti.42 Es ist bisher nicht abschließend geklärt worden, welche Rolle die epikureische Phi­ losophie insgesamt im Weltbild Albertis spielt, das heißt, ob Alberti zentrale Leitlinien der „Lucretian Renaissance“43 und damit der von Seiten der Kirche verurteilten Lehre der Epikureer teilte, welcher Lukrez wortmächtig und anschaulich Gestalt verliehen hatte – insbesondere die epikureischen Überzeugungen, dass der Welt kein göttlicher Plan zugrunde liegt, dass keine göttliche Vorsehung das Weltgeschehen beeinflusst. Diese Frage betrifft letztlich auch den Atheismus. Dieser wurde den Epikureern seiner Zeit von ihren Kritikern, wie Allison Brown dargelegt hat, teils nicht zu Unrecht zugeschrieben. Atheismus war Lukrez bereits von Laktanz zur Last gelegt worden.44 Epikureische R ahmenschau: die Renaissance der Kontingenz Da Albertis Schriften nach dem Urteil der jüngeren Forschung keine kohärente Welt­ sicht erkennen lassen, sind die weltanschaulichen Hintergründe, die bei Alberti zu einer Ablösung des ‚Weltgebäudes‘ durch das ‚virtuelle Tableau‘ der gemalten Fensteraussicht als neuer, paradigmatischer Repräsentation von Welt führen, schwer zu greifen. Beson­ ders in Albertis literarischen Texten Momus, Theogonius und den Profugiorum ab aerumna libri sieht die Mehrzahl der Forscher die „Abwesenheit einer göttlichen Pro­ videnz“45 thematisiert. Vor diesem Hintergrund ist bemerkenswert, dass Alberti nicht nur zu den ersten Humanisten gehört, die auf Lukrez’ erst 1417 wiederentdecktes epiku­ reisches Lehrgedicht De rerum natura zurückgreifen, sondern dass er sich auch in seiner B i l d t h e o r i e auf diese ebenso antiteleologische wie antitheologische Schrift bezieht. In seinem Malereitraktat steht Albertis Konzeption des Gemäldes als ungeteiltrechteckige „finestra aperta“ im Kontext optischer Darlegungen. Lukrez wiederum be­ schreibt architektonisch gerahmte Ausblicke durch ungeteilt-rechtwinklige Öffnungen, um die atomistische Optik der Epikureer zu erläutern. Seit Cicero, Plinius und Statius war das Thema des Fensterausblickes regelmäßig mit dem epikureischen Motiv der voluptas oculorum und der „voluptas prospiciendi“46 verknüpft worden. Die Verbindung von epikureischer Augenlust und euklidisch-geometrischer Abstraktion, die Albertis Bildtheorie prägt, könnte u. a. auf Lukrez’ optische Analysen von Aussichten durch architektonische Öffnungen zurückgehen, wie im Folgenden aufgewiesen werden soll. 47 Insgesamt steht Albertis Aufwertung des Ausblicks aus dem Fenster in einem antimeta­ physischen und epikureischen Kontext. Der historische Hintergrund seines Denkens ist dabei wohl nicht zuletzt im Voluntarismus und Nominalismus des 14. Jahrhunderts ver­

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ortet – philosophischen Strömungen, denen die Welt, deren Ordnung durch metaphysi­ sche Universalbegriffe nicht erfassbar schien, als kontingent galt.48 Alberti hat schon vor dem Momus in einem seiner düstersten Texte, dem die Philosophie der Stoa kritisch reflektierenden Dialog Profugiorum ab aerumna libri, die Ablösung des gerade in der Stoa, so in Ciceros De natura deorum49 eingeführten architektonischen Paradigmas einer providentiellen ‚Architektur der Welt‘ durch ein pikturales Paradigma für Weltmodelle reflektiert (siehe Appendix 1). Die antiken Künste, die pagane und besonders die stoisch geprägte Philosophie und Literatur beschreibt Alberti in dieser für das Verständnis sei­ nes Denkens zentralen Textpassage als ein in sich kohärentes Lehrgebäude: als einen Tempel der Weisheit. Doch dieser ist nun zerfallen. Die Erkenntnis der Natur durch die „filosofi stoici“ der Antike und deren gedanklicher ‚Weltenbau‘ ist heute nicht mehr rekonstruierbar. Es bleibt für Alberti Aufgabe seiner Gegenwart, aus den Versatzstücken dieses zerfallenen ‚Weltgebäudes‘ ein schönes und stimmig ineinandergefügtes Mosaik („pavimento“), ein stimmiges Gemälde („pittura“) zu komponieren. Dieses Mosaik, eine „certa prescritta e designata forma e pittura“, gelte es als ein flächiges Tableau so anzu­ ordnen, dass es als eine neue, bildhafte Einheit durch relationale Stimmigkeit über­ zeuge. 50 Tag- und Nachtseite Albertis: „demonstratio diurna“ und „demonstratio nocturna“ Insbesondere in dem oben erwähnten Dialog Theogonius, den Intercoenales und im satirischen Roman Momus wurde eine sogenannte Nachtseite Albertis51 erkannt, die sich in seinen Kunsttraktaten, im Architekturtraktat und in Della famiglia nicht äußert 52 . Die erstgenannten, nach Auffassung der Forschung etwa gleichzeitig entstandenen literari­ schen Schriften sind in der Deutung der letzten Jahrzehnte wegen ihres abgründig absur­ den, jeden metaphysischen Trostes entbehrenden Weltbildes mit Texten von Franz Kaf­ ka53 und Samuel Beckett 54 verglichen worden. Innerhalb des seiner ‚Tagseite‘ zugehörenden Architekturtraktates ist Alberti hin­ gegen den Leitlinien jener kanonischen philosophischen Schulen verpflichtet, die, zumal in ihren christlichen Fortschreibungen, die materialistischen und antimetaphysischen Lehren der Epikureer ablehnen. Dies gilt besonders für Albertis Aussagen über die concinnitas, die er als eine Gesetzmäßigkeit der schönen Stimmigkeit definiert. 55 In diesem Kontext bezieht sich Alberti auf Leitmotive sowohl des Aristotelismus (die innere Zweckmäßigkeit der Natur), der Stoa (die Welt als Werk einer natura artificiosa, einer Werkmeisterin und Architektin, die der menschlichen Kunst überlegen und für sie vor­ bildlich ist) und des Platonismus (Proportionen als Spiegel der Weltharmonie). Wie sich die optimistischen und auf einer ontologischen Basis ruhenden Aussagen Albertis, die er in seinen Traktaten entfaltet, zu seiner ‚Nachtseite‘ im allgemeinen und zu seiner Lukrez-Rezeption im besonderen verhalten, konnte bisher nicht aufgeklärt

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werden: Handelt es sich bei der ‚Nachtseite‘ Albertis um ein Komplementärphänomen zu seiner (dominierenden) ‚Tagseite‘ oder um ein abgründiges Fundament seiner Schriften – und auch insofern um ihren „Bodensatz“56? Hier soll lediglich erörtert werden, welche Rolle Rückgriffe auf Lukrez und insbeson­ dere auf seine Optik einerseits für Albertis Konzeption des Gemäldes als vorgebliche Aussicht aus einem ungeteilt-rechtwinkligen „offenen Fenster“ in De pictura und ande­ rerseits für die apparative Simulation von Aussichten auf Land und Meer in den Guck­ kästen („demonstrationes“) spielen, die in der sog. Autobiographie Albertis als eigene Erfindung beschrieben werden. Diese Vita Albertis gilt nun als Werk eines italienischen Zeitgenossen und anonymen Verehrers Albertis. 57 Bei den „demonstrationes“ unterschei­ det Alberti zwischen Tages- und Nachtansicht, zwischen „demonstratio diurna“ und „demonstratio nocturna“ und damit zwischen ‚optischen Kammern‘, die einen land­ schaftlichen Ausblick bei Tage beziehungsweise bei Nacht simulieren. Albertis Rückgriffe auf Lukrez’ Verse über prospectus (Ausblick) und über perspectiva (so der mittelalterliche Name für die Wissenschaft der Optik, wie er zu Albertis Zeit noch gebräuchlich war) sind bisher übersehen worden. Was De pictura angeht, wurde allerdings bemerkt, dass Alberti gleich zu Beginn der zweiten, der italienischen Fassung seines Malereitraktates von 1436, innerhalb des an Brunelleschi gerichteten Widmungs­ briefes, auf Lukrez anspielt. 58 In seinen Elementa picturae bezeichnet Alberti außerdem den Punkt als ein winziges, dem Atom ähnliches Element der Malerei, das so klein sei, dass niemals eine Hand ein kleineres machen könne. 59 Hier dürfte ein Zusammenhang mit der Wiederentdeckung des Lukrez und mit dem epikureischen Atomismus vorlie­ gen; allerdings hat Alberti, wie Eckhard Keßler bemerkt hat, auch in einer kurzen Notiz De punctis et lineis apud pictores, 60 in der nochmals vom Atom die Rede ist, eine natur­ philosophische Begründung seiner Übertragung des Begriffs ‚Atom‘ auf die Malerei nicht vorgenommen. Das Atom scheint von Alberti lediglich als Metapher für das kleinste Ele­ ment der geometrischen Bildkonstruktion verwendet worden zu sein.61 Alberti definiert, wie schon angesprochen wurde, das neue, zentralperspektivisch konstruierte Gemälde erstmals als Illusion eines Ausblickes durch ein ungeteilt-recht­ winkliges Fenster – nicht beachtet wurde bisher, dass er dabei auf die Optik des Lukrez zurückgreifen konnte. Innerhalb von Lukrez’ Ausführungen über die Natur des Sehens und die Gesetze der Optik spielt die „Rahmenschau“, der Ausblick aus architektonischen Öffnungen, namentlich aus Türen, eine zentrale Rolle.62 Alberti dürfte hier einen Anhalts­ punkt für seine Definition des Gemäldes als Illusion einer Aussicht durch die rechtwink­ lig begrenzte architektonische Öffnung einer „finestra aperta“ gefunden haben. Zunächst soll nun die Thematisierung des Aus- und Überblicks in Lukrez’ Lehrgedicht in aller Kürze vorgestellt werden, um anschließend auf Albertis möglichen Rückgriff auf dessen Optik einzugehen. Lukrez schildert in seinem etwa 150 Jahre vor den Villen­ beschreibungen von Plinius und Statius verfassten epikureischen Lehrgedicht De rerum natura drei unterschiedliche Arten von Ausblicken:

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  Den Überblick auf weites Land und Meer.   Geöffnete Türen als Metaphern der durch Epikur neu eröffneten Erkenntnis.   Den Blick durch geöffnete Türen nach außen als Gegenstand optischer Erörte­ rungen. „Distant views“: Lukrez, Valla und Alberti In der neueren Lukrez-Forschung findet das Motiv des Ausblicks und Überblicks ins Weite, den Lukrez als Gleichnis für die auch innerlich distanzierte Überschau über das Getriebe der Welt und das Schauspiel der Natur mehrfach beschreibt,63 zunehmende Beachtung.64 Der Überblick aus sicherer Distanz, von den „templa serena“ des epikurei­ schen Weisen aus, auf das sinnlose Treiben der Menschen, auf Kampf und Seefahrt wird schon in den ersten Zeilen des zweiten Buches von De rerum natura geschildert, auf welche die Alberti-Vita (seine sog. Autobiographie) anspielt. Lukrez’ berühmt-berüch­ tigte Verse lauten in der Übersetzung von Hermann Diels: „Wonnevoll ist’s bei wogender See, wenn der Sturm die Gewässer Aufwühlt, ruhig vom Lande zu sehn, wie ein andrer sich abmüht, Nicht als ob es uns freute, wenn jemand Leiden erduldet, Sondern aus Wonnegefühl, dass man selber vom Leiden befreit ist. Wonnig auch ist’s ohn’ eigne Gefahr die gewaltigen Schlachten, Die durch das Blachfeld toben im Kriege, mit Augen zu schauen. Doch nichts Süßeres gibt’s als die heiteren Tempel zu hüten, Welche die Lehre der Weisen auf sicheren Höhen errichtet. Ruhevoll kannst du von dort auf das Treiben der Andern herabsehn, Wie sie da schweifen und irren, den Pfad zum Leben zu finden, Wie das Talent wetteifert, wie Adelsstolze sich streiten, Wie sie bei Tag und bei Nacht mit erheblicher Mühsal streben, Aufzusteigen zum Gipfel der Macht und den Staat zu beherrschen!“65 Den Voraussetzungen und dem Fortwirken dieser Verse hat Hans Blumenberg ein bekanntes Buch gewidmet, ohne allerdings auf Alberti einzugehen. 66 Albertis vermeint­ liche Autobiographie greift mit der im folgenden zitierten Beschreibung seiner ‚opti­ schen Kammern‘67, wie kurz zuvor Lorenzo Vallas De voluptate, auf diese späterhin berühmte Passage sowie auf weitere Verse im zweiten Buch von De rerum natura zu­ rück,68 die vom Schiff bruch und dem trügerischen Anblick des Meeres handeln, dessen „lächelnde Stille“ und „spiegelnde Fläche […] verräterisch lockt“ (II, 559 f.). Alberti rekurriert bei dem Bericht über seine Guckkästen („demonstrationes“) auf den epikure­

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ischen Topos der Meeresstille als Metapher des von Schmerzen, falscher Furcht und fal­ schem Ehrgeiz ungestörten Gemütes des Weisen, um zugleich den unheilvollen Aus­ gang einer vermeintlich ruhigen und sicheren Lage anzudeuten. 69 Außerdem bezieht er sich auf die binäre Polarität von Tag und Nacht, die im zweiten Buch von De rerum natura mehrfach eine Rolle spielt. In der Alberti-Vita ist zu lesen: „Er schrieb kleine Abhandlungen über die Malerei und schuf mit malerischen Mitteln selbst unerhörte und die Betrachter unglaublich dünkende Werke, die er in einem kleinen Kasten einschloß und durch ein winziges Loch hindurch zur Schau stellte. Dort konnte man gewaltige Gebirge und riesige, eine ungeheure Meeresbucht umschließende Territorien sehen, außerdem dem Blick entzogene, so weit entlegene Gegenden, daß dem Betrachter die Sehkraft zu versagen drohte. Diese Werke nannte er ‚Demonstrationen‘. Und sie waren so beschaffen, dass Kenner und Laien gleicher­ maßen behaupteten, keine gemalten, sondern reale Naturerscheinungen zu sehen. Es gab zwei Arten von Demonstrationen. Die einen nannte er Tages-, die anderen Nachtdemonstrationen. Bei den Nachtdemonstrationen sieht man Arcturus, die Pleiaden, den Orion und andere funkelnde Sternbilder, der Mond steigt über den steil ragenden Klippen und Bergen auf und beginnt zu leuchten, die Sterne, die den Tag ankündigen, glühen hell. Bei den Tagesdemonstrationen überstrahlte jener Glanz nach allen Seiten weithin den unermeßlichen Erdkreis, der nach der (wie Homer sie nennt) frühgeborenen Aurora aufleuchtet. Einige vornehme Griechen, die das Meer wie ihre Westentasche kannten, versetzte es in äußerste Bewunderung; denn als er sie dieses geformte Weltgebäude durch ein winziges Loch, wie ich beschrieben habe, anschauen ließ und sie fragte, was sie sähen, antworteten sie: ‚Oh, wir sehen eine Flotte von Schiffen mitten in den Wogen, die vor Mittag bei uns sein wird – wenn sie nicht durch die Wolken und das drohende Unwetter, das in Richtung Sonnenaufgang treibt, in Bedrängnis gebracht werden sollte; ferner sehen wir, daß das Meer sich zu kräuseln begonnen hat und es Anzeichen für eine dräuende Gefahr gibt, weil die Meeresoberfläche allzu stechend die Sonnenstrahlen reflektiert.‘“70 Lorenzo Valla hatte bereits einige Jahre zuvor, 1431, in der ersten, unter dem Titel De voluptate in Umlauf gebrachten Fassung seines epikureischen Hauptwerkes De vero falsoque bono, Lukrez’ Motiv des ‚Schiff bruches mit Zuschauer‘ aufgenommen und dessen Entgegensetzung von Tag und Nacht fortgesponnen. Albertis „demonstrationes“ schei­ nen nicht allein auf das berühmte Proömium zum zweiten Buch des Lukrezschen Lehr­ gedichtes zurückzugreifen, sondern auch auf Vallas später in De vero falsoque bono (bzw. Vom wahren und falschen Guten) umbenannte Schrift De voluptate. Unmittelbar vor der im Folgenden zitierten Stelle führt Valla einige – wohl aus Laktanz entnommene – Verse aus De rerum natura wörtlich an.71 Dies geschieht im Kontext von Überlegungen, die Schiff bruch72 und Sturm73 als Beweise fehlender göttlicher Vorsehung erörtern.

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Diese Verweise auf Lukrez erscheinen innerhalb der Exposition eines epikureischen Kerngedankens von Vallas Buch: der Natur gemäß zu leben heißt, die Gaben der Natur genießen. Direkt im Anschluss an das Lukrez-Zitat ist bei Valla74 zu lesen: „Im Übrigen hat […] die Natur den Sterblichen jede Menge an Gutem vorgesetzt und es liegt einzig an uns herauszufinden, wie man sich dessen weislich bediene. Wie, andere rüsten sich zum Kriege? Da bleib’ du nur fein in deiner Mußeklause, jeden­ falls, so lange das nützlicher ist. Jene da vertrauen sich dem Meere an? Vom Ufer schau’ du nur sichren Fußes zu, des Gewoges des Meeres spottend, oder besser, dem derer da draußen. Diese hier machen die Nacht zum Tage, treiben sich ab aus nichts als Gewinnsucht? Genieß’ Du nur in Ruhe des Erworbenen. […] Ja, derlei Abwechs­ lungen, wie sie auch in Tag und Nacht, heitrem und wolkigem Wetter, Sommer und Winter zum Vorschein kommen, unterstehen geradezu der Lust.“75 Vallas Verknüpfung des indifferenten Fernblicks des Weisen bei Lukrez mit der Abwechs­ lung von Tag und Nacht als Beispiel von angenehmer varietas scheint Alberti in seinen ‚demonstrationes‘ aufgegriffen zu haben. Geöffnete Türen: „Ianua aperta“ 76 als Dispositiv und Metapher Der Blick durch geöffnete Türen wird bei Lukrez als Metapher der Eröffnung neuer Erkenntnis durch die epikureische Philosophie beschrieben. Gleich zu Beginn von De natura deorum ist davon die Rede, dass der Philosoph Epikur als Erster begehrt habe, „die verschlossnen Pforten der Mutter Natur im gewaltigen Sturm zu erbrechen.“77 Schon zu Anfang des Lehrgedichtes begegnen die die Motive der offenen Türe und des Aus- und Überblicks, mittels derer Lukrez, so A. Borbein, „[…] die befreiende Wirkung der epikureischen Lehre schildert: Innerhalb des unendlichen Alls besitzt die Welt der Menschen feste Grenzen. Epikur überwand diese moenia mundi und sah, dass hinter ihnen keine übernatürlichen Kräfte drohen, sondern das Naturgeschehen rational erfahrbaren Gesetzen folgt. Der Philosoph – so Lukrez I, 62 ff. – ließ sich durch Göttermythen, Blitz und Donner nicht schrecken, sondern entriegelte die Tore der Natur und drang über die Tore der Welt hinaus.“78 Ausführlich beschreibt Lukrez außerdem den Ausblick aus einer Türöffnung – und damit zwar nicht das offene Fenster, aber doch die geöffnete Tür. Dies geschieht im Kontext optischer Erörterungen, in denen die Gültigkeit des epikureischen Atomismus mittels einer naturwissenschaftlichen Erklärung des räumlichen Sehens erwiesen werden soll. Der Ausblick durch eine Tür dient als Exempel für die Stichhaltigkeit der atomistischen Theorie des Sehens und über die „Bilder der Dinge“ („rerum simulacra“, IV, 30), denen das

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vierte Buch gewidmet ist. Für Lukrez ist ja die Lehre von den simulacra zugleich die Leh­ re vom Sehen, da dieses von den „simulacra“ verursacht werde (IV, 238 f.), die sich stän­ dig von den Dingen ablösten. 79 Bereits zuvor, im dritten Buch von De rerum natura, wird der Durchblick durch Türen im Kontext ‚psychologischer‘ Erörterungen behandelt. 80 Im Zusammenhang mit Albertis Definition des Gemäldes als Illusion des Durchblicks durch eine „finestra aper­ ta“ ist allerdings das vierte Buch, das die ‚Optik‘ des Lukrez beinhaltet, besonders bemer­ kenswert. Eine Passage aus diesem Buch von De rerum natura könnte für Albertis „fine­ stra aperta“ ein Vorbild gewesen sein. Der Blick durch eine Tür nach außen wird bei Lukrez mit einem Spiegelbild verglichen, um mittels der Grundsätze von Epikurs ato­ mistischer Optik und Simulakrentheorie eine Frage zu klären, die auch Alberti, wenn auch auf anderer theoretischer Grundlage, 81 beschäftigen wird: Aufgrund welcher opti­ scher Gesetzmäßigkeiten wird die Entfernung zu den gesehenen Gegenständen beim Ausblick durch eine architektonische Öffnung jeweils richtig wahrgenommen? Ein Pro­ blem, das Alberti allerdings nicht im Hinblick auf die Wahrnehmung, sondern vor allem auf deren bildliche Darstellung behandeln wird. Der Anfang dieser komplexen Darle­ gung aus Lukrez’ De rerum natura sei hier zitiert:82 „Aber wohlan, nun höre, weshalb in dem Spiegel das Abbild Jenseits immer sich zeigt. Denn es scheint ja gänzlich entrückt uns. Ähnlich erkennen wir wohl, was draußen ist, wirklich im Durchblick, Wenn uns die offene Türe nach außen gestattet das Durchsehn; So wird vieles, was draußen geschieht, vom Hause aus sichtbar.“ 83 Dann fährt Lukrez (wiederum in der Übersetzung von Diels) fort: „Denn auch hier ermöglicht das Sehn die gedoppelte Luftschicht. Denn wir erblicken zuerst diesseitige Luft vor der Türe, Danach kommen zur Rechten und Linken die doppelten Pfosten, Dann durchstreichet die Augen das äußere Licht und die zweite Luft, und alles, was draußen im Durchblick wirklich zu sehn ist.“ 84 Diese exemplarische Erläuterung der epikureischen Simulacra-Optik am Beispiel des Ausblickes durch eine architektonische Öffnung wird begleitet von theoretischen Erör­ terungen der Lehre von der „doppelten Luftschicht“ 85, die Alberti allerdings nicht näher beschäftigt zu haben scheint. Lukrez betont abschließend nochmals, dass sich zum einen die Bilder, die „draußen und jenseits der Türe erscheinen“ und zum anderen „das Bild in einem Spiegel aus d e n s e l b e n Gesetzen erklären.“ 86 Lukrez dienen sowohl der Blick aus der Tür als auch der Blick in den Spiegel als Exem­ pel für die Fähigkeit der atomistischen Optik, vertraute Phänomene des Sehens wissen­

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schaftlich zu erklären. Wie Lukrez, so vergleicht auch Alberti den Blick aus dem offenen Fenster 87 mit der räumlichen Illusion eines Spiegels 88 – und außerdem mit einer spiegeln­ den Wasserfläche89 und mit einem räumlich korrekt konstruierten Gemälde. 90 Auch von einem Schleier ist bereits bei Lukrez die Rede. 91 Dass Lukrez überdies mehrfach das Qua­ drat und das Viereck als Sinnbilder optischer Evidenz92 und visueller Zusammenschau des Verschiedenartigen 93 anspricht, könnte für Albertis Konzeption des Gemäldes als Illusion eines rechteckigen Fensterausblickes von Bedeutung gewesen sein. Im Proem des dritten Buches knüpfte Lukrez an das bereits im Proömium seines Lehrgedichts verwendete Motiv des eröffneten Ausblickes als Metapher und Modell der ‚Eröffnung neuer Erkenntnis‘ und des Übertretens von Grenzen des Wissens an, bevor er im vierten Buch einen konkreten Ausblick durch eine Tür mittels der atomistischen Simulakrenlehre analysiert:94 „Denn sobald dein System, das Erzeugnis göttlichen Geistes, Über das Wesen der Dinge die laute Verkündigung anhebt, Scheucht es die Angst von der Seele. Da weichen die Mauern des Weltalls Und ich erblick’ im unendlichen Raum das Getriebe der Dinge. Da enthüllt sich der Gottheit Macht und die friedlichen Sitze […].“ 95 Vor dem Hintergrund, dass Lukrez den ‚Ausblick‘ als Metapher für neu eröffnete Erkennt­ nis und Evidenz verwendet, erhält auch die Rede Albertis von der „finestra aperta“ mög­ licherweise eine Nebenbedeutung – jene der Eröffnung zuvor verstellter Erkenntnis und Evidenz. Bereits bei Seneca konnte Alberti eine Verwendung des Adjektivs „apertus“ in diesem Sinn finden: „Die Zeit aber wird kommen, da unsere Enkel sich wundern, daß wir so offenkundige Dinge nicht wußten.“ 96 „Veniet tempus quo posteri nostri tam aperta nos nescisse mirentur.“ 97

Fenestra cancell ata : Frühes Christentum und Mit tel alter „Vana vista“: Die Ent wertung des Fensterausblickes in Spätantike und Mittelalter Im Mittelalter war der Blick aus dem Fenster zumeist (aber durchaus nicht ausschließ­ lich) negativ konnotiert – als Anlass von schierer Augenlust, von unzulässiger voluptas oculorum. 98 Diese Auffassung geht auf die frühen Kirchenväter zurück, die häufig aus sozial hochgestellten Familien stammten und noch innerhalb einer heidnischen Wohn­ kultur aufgewachsen waren, in der luxuriöse Privatbäder sich mit großen Fenstern auf

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das Sonnenlicht und auf Ausblicke hin öffneten. Diese großen Fenster hatte allerdings bereits Seneca als Zeichen von Dekadenz kritisiert: „Ich habe das Landhaus [des Scipio] und [darin] das Bad gesehen, eng und dunkel, wie zu den alten Zeiten üblich: nichts außer dem Düsteren schien unseren Vorfahren warm. […] In diesem Bad des Scipio sind kleine Ritzen eher als Fenster aus der stei­ nernen Mauer ausgespart […]. Jetzt aber nennt man alle Bäder ‚Ungezieferwinkel‘, wenn sie nicht so angelegt sind, dass sie die Sonne des ganzen Tages durch riesige Fenster aufnehmen, wenn die Badegäste sich nicht gleichzeitig waschen und bräunen können und wenn sie nicht von der Badewanne aus das Land und das Meer betrachten können.“ 99 Der christlichen Spätantike galt es hingegen als Zeichen besonderer Gottgefälligkeit und Askese, wenn Eremiten in ihren Zellen auf Fenster völlig verzichteten: „[…] in den Monastica des vierten und fünften Jahrhunderts lesen wir, dass die ‚prin­ cipes eremitarum‘ es als eine besonders harte Form der Selbstkasteiung ansahen […], ihr ganzes Leben in einer fensterlosen oder doch sehr düsteren Zelle zuzubringen.“100 Augustinus hatte zuvor in einem bekannten Abschnitt seiner Bekenntnisse die Kultivie­ rung des genussvollen Schauens auf die äußeren Schönheiten der Natur als sündhafte Augenlust angeprangert, die von der inneren Kontemplation, von der inneren Besinnung auf sich selbst und von der inneren, theoretischen Schau Gottes ablenke. Hier sei nur ein Satz herausgegriffen: „Und da gehen die Menschen hin und bewundern die Höhen der Berge, das mächtige Wogen des Meeres, die breiten Gefälle der Ströme, die Weiten des Ozeans und den Umschwung der Gestirne – und verlassen dabei sich selbst.“101 Wie wirkungsvoll diese Tradition der Abwertung des genussvollen Schauens auf Garten und Landschaft noch in der Mitte des 14. Jahrhunderts war, als Petrarca und Boccaccio bereits die Schönheit von Ausblicken auf Land und ‚Landschaften‘ ausdrücklich priesen, zeigt der folgende Auszug aus der Vita einer Reklusen namens Paola, die um die Mitte des Trecento gegenüber dem Kloster S. Maria degli Angeli in Florenz lebte. Paola und eine Gefährtin besichtigen einen verfallenen Garten innerhalb der Stadt als möglichen Ort für ihre neue Klause. Die Rekluse lehnt den Garten, trotz bester Lage, als Gründungsort für das geplante Inklusorium ab, denn das „vedere il mondo“ und eine eitle Aussicht („vana vista“) schade dem Geist der Gläubigen. Paola fürchtete, dass das Bauen auf diesem Grundstück zu viel Gelegenheit geben würde zum wohlgefälligen Schauen und zur Ablenkung des Geistes:

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„Essendo caduto il muro dell’orto, venne dentro suora Paola con alquante donne e cercò la casa per tutto il terreno: e poi ella e una sua compagna con alquanti de’ maggiori venne in dormentorio; e poi capitorno in sul locutorio vecchio e pissolino, che è il pri­ mo che si trova; e quando ella vi fu, veggiendo che si vedeva così la terra d’intorno, temette che non fosse troppo cagione di vagagione e di dilatamento di mente, e però disse: O carissimi, questo è troppo gran dilatare, e troppa vana vista; guardate che ques­ to vedere non vi tolga, nè scemi lo spirito e l’amore et il ristrignimento con Dio: e dimo­ strò che il vedere il mondo, e la troppa larghezza, era non poco danno allo spirito.“102 Die vielfältigen architektonischen Rahmungen mittelalterlicher Statuen und Buchillu­ minationen, die teilweise auf die Tradition der fenestra apparitionis und der Thronbalda­ chine aus dem antiken und byzantinischen Kaiserkult zurückgehen, präsentieren sich zumeist als Rahmenformeln eines Sich-Zeigens, die einen Anblick, jedoch keinen Aus­ blick gewähren. Apostel und Heilige blicken in den Kirchenraum hinein.103 Das Ausblicks­ fenster, das Fenster nicht als Einlassöffnung etwa einer Vision, sondern als Rahmung eines Blickes auf Land und Meer, ist hingegen in der mittelalterlichen Malerei vor 1420 meines Wissens nach nicht dargestellt worden – während es im Norden seit ca. 1420 (man denke an die Gebrüder van Eyck und Robert Campin) und im Süden ab ca. 1460 (seit Filippo Lippi, Giovanni Bellini und Botticelli u. a.) immer wieder gemalt wird. In der pro­ fanen Architektur des hohen und späten Mittelalters wurden allerdings gelegentlich repräsentative Ausblicksloggien errichtet, so im Fall der noch anzusprechenden Kom­ munalpaläste von Siena und Gubbio104 oder des römischen Lateranpalastes.105 Der Blick aus Fenstern hochgestellter repräsentativer Wohnsitze wird denn auch in der ‚weltlichen‘ epischen Dichtung des Hochmittelalters beschrieben,106 obwohl das ‚profane‘ Blicken aus dem Fenster – wie bereits bemerkt – in anderen, besonders theo­ logisch eingefärbten Zeugnissen abgelehnt wird.107 Zugleich sind Fenster aber schon seit dem späten 12. Jahrhundert in der Darstellung von Visionen präsent, innerhalb derer sie einen Zugang zur göttlichen Offenbarung anzeigen, so in den Apokalypse-Illustrationen der Hildegard von Bingen.108 Auch in der Rechtspraxis des Mittelalters spielt das nach außen geöffnete Fenster eine Rolle.109 In profanen Residenzen des Spätmittelalters im Norden werden architektonisch inszenierte Ausblicke an der Schwelle zur Neuzeit plan­ voll inszeniert, wie Stephan Hoppe gezeigt hat.110 Das Sich-Zeigen im Fenster und der Blick aus dem Fenster haben in den hochmittel­ alterlichen Epen häufig eine erotische Konnotation. Die erwartungsvollen Ausschau nach dem oder der Geliebten ist wichtiges Thema.111 Die Schilderung eines genussvollen Blickens aus dem Fenster auf das Land scheint hingegen auch hier nicht vorzukommen. Die prominentesten und aufwendigsten Leistungen der mittelalterlichen FensterArchitektur sind die Glasfenster der Kirchen und das sie strukturierende Maßwerk. Die­ se ‚Bildfenster‘ verhindern den Ausblick auf die Außenwelt und lassen lediglich das far­ big gebrochene Sonnenlicht in das Gebäude ein, das als „Abbild jenes intelligiblen

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Lichtes, das das Sein ist“112 verstanden wurde. Zugleich bieten diese Fenster den Anblick eines farbigen Bildfeldes, das teils ornamental gefüllt wurde, teils eine oder mehrere Per­ sonen, teils eine historia oder mehrere, häufig viele erzählende Szenen zeigt. Spätantike und mittelalterliche Kirchen erlauben keinen Ausblick nach draußen. Das hat nicht nur damit zu tun, dass die römische Technik der Herstellung von größeren Glasscheiben nicht mehr beherrscht, sondern auch damit, dass ein Ausblick gar nicht gewünscht wurde. Wolfgang Kemp schreibt hierzu: „Immer waren die Fenster ein Medium der Ausgrenzung des Außen gewesen – man beachte, dass Alberti seine berühmte Gleichung Bild = Fenster nur aufstellen kann, indem er das Fenster eine finestra aperta sein läßt, ein geöffnetes Fenster, durch das er die historia betrachtet. Das geschlossene Fenster bezieht sich auf das Innen, nicht auf das Außen. Seine farbige Welt kommt auf den Betrachter zu und konstituiert sich nicht im Durchblick.“113 Die figürlichen Glasfenster der Gotik ermöglichen die Anschauung von Licht und Farbe, die als Abglanz der Schönheit eines Gottes aufgefasst wurde, der bei Joh 1, 1–12 als „Licht der Welt“ und im Nizänischen Glaubensbekenntnis als „lumen de lumine“ (Licht vom Licht) apostrophiert wird. Zugleich weisen die Glasfenster mittels ihrer geometrischen Gliederung durch Armierungen aus Eisen und Blei, später auch durch ihr steinernes Maßwerk eine planimetrische Ordnung der Fensterfläche auf. Außerdem sind ihre erzäh­ lenden Bildfelder durch formale Korrespondenzen gegliedert und geordnet, die, wie Wolf­ gang Kemp und Steffen Bogen aufgewiesen haben, eine providentielle und heilsgeschicht­ liche, häufig typologische Tiefenstruktur der mittels der Glasfenster dargestellten Ereignisse veranschaulichen.114 Auch die geometrischen Muster der Armierung und des Maßwerkes konnten in patristischer Tradition als Verbildlichung providentieller Ord­ nung verstanden werden, wie nun dargelegt werden soll. „Perspiciens per cancellos“: Die Hoheliedkommentare der Kirchenväter Hans-Jürgen Horn hat in zwei fundamentalen Beiträgen gezeigt,115 dass patristische Aussagen zu Fenstern vor allem innerhalb von Auslegungen des Verses 2, 9 des Hohe­ liedes Salomons („respiciens per fenestras, prospiciens per cancellos“) greif bar sind. In den patristischen Hohelied-Kommentaren werden das Fenster und die Fenstergitter von Hld 2, 9 als, wenn auch teilweise verstellte, „Vermittlung[en] zwischen der endlichen Welt und der Ewigkeit Gottes“116 zumeist positiv bewertet. Diese positive Wertung betrifft allerdings nicht einen Blick aus dem Fenster hinaus. Wird im Hohelied doch der Einblick des außen vor dem Haus der Braut stehenden Bräutigams durch die Gitter eines Fensters in das Innere des Zimmers der Sponsa hinein geschildert:

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„Horch! Mein Geliebter war soeben angekommen, Hinspringend über Berge und über Hügel hüpfend. Schon glich mein Liebster dabei einem Reh oder einem jungen Hirsch. Er stellt sich hinter unsere Mauer und späht durchs Fenster Und blickt durchs Gitter“.117 „vox dilecti mei; ecce iste venit saliens in montibus transiliens colles. similis est dilectus meus capreae hinuloque cervorum en ipse stat post parietem nostrum despiciens [oder: respiciens] per fenestras, prospiciens per cancellos.“118 Die ‚Gitter‘ verstellen den Blick der Braut auf den als Typus Christi verstandenen Bräu­ tigam und stehen damit für den nach Auffassung der Kirchenväter noch teilweise ver­ stellten, noch unvollkommenen Zugang der Hebräischen Bibel (des ‚Alten Testamentes‘) zum Logos – so argumentiert bereits Origenes im Rückgriff auf eine einschlägige Passage aus dem Korintherbrief sowie auf Platons Höhlengleichnis.119 Das Netzwerk des Fens­ tergitters hindert laut Origenes den Ausblick der Braut auf den Bräutigam: „So ist das Wissen, das die Seele von ihm erwerben kann, [nach Origenes] ausschnitthaftes Stück­ werk.“120 Der himmlische Bräutigam zeige sich, Origenes zufolge, den Seelen der Gläu­ bigen des ‚Alten Bundes‘ noch nicht offen („et nondum quidem apertum [sic!]“), sondern durch „[…]‚ das Gitterwerk der Fenster‘ schauend, mahnt er die Seele und fordert sie auf […], zu versuchen, ihn nicht mehr durch Fenster und Gitter, auch nicht rätselhaft im Spiegel, sondern, hervorkommend, von Angesicht zu Angesicht zu schauen.“121 „[…] sed quasi per retia prospiciens hortetur eam et provocet [...] exire ad se foras et conari, ut non iam per fenestras et retia neque per speculum in aenigmate sed pro­ cedens foras facie ad faciem videat eum.“122 Origenes deutet die ‚Netze‘ der Septuaginta (gr. „ δ ί κ τ υ α “, in der lat. Version seines Hohelied-Kommentars mit „retia“ übersetzt), die später in der Vulgata als Gitter („can­ celli“) bezeichnet werden, insgesamt ambivalent: Das in Hld 2, 9 beschriebene Fenster lasse den Bräutigam zwar sichtbar werden, aber die Seele könne diesen durch die „retia“ (bzw. die „δίκτυα“ des griechischen Textes) gleichsam nur „per speculum in aenigma­ te“123 sehen.124 Das vergitterte Fenster „enthüllt und verhüllt zugleich.“125 Nach Hippolyt und Gregor von Nyssa sind die „Gitter“ von Hld 2, 9 hingegen nicht nur negativ, sondern vor allem positiv zu bewerten, nämlich als Symbol der Weissagun­

172  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

gen der Propheten und von Gottes Rechtssatzungen.126 Hippolyt und Gregor deuten das netzförmige Fenstergitter der Septuaginta, durch die sich der hinter der Mauer stehende himmlische Bräutigam zeigt, ambivalent: als ein „Gitter“, das den Blick auf die unver­ mittelte Erscheinung des Bräutigams zwar verstellt und das göttliche Licht der Offen­ barung dämpft und bricht, das aber zugleich die Prophezeiungen und Gesetze des Alten Testamentes in ihrer providentiellen Struktur versinnbildlicht. Diese Deutung ad bonam partem ist nach Horns Ausführungen gegenüber Origenes neu. In Hippolyts Hohelied­ kommentar heißt es: „Wenigen Gerechten wurde wie durch ein Fenster der Name Gottes gepredigt. Aber die Gitter sind die Gesetze, welche [zwar schon] nur den Einen Gott predigten, aber die Dreieinigkeit [noch] geheimnisvoll, weil sie Kinder und noch unvollkommen waren.“127 Nach Horn wird die Deutung des in Hld 2, 9 genannten Fensters und seines Fenstergitters als Symbol der alttestamentlichen Offenbarungen Gottes in der georgischen Fassung und in einer griechischen Paraphrase des Hoheliedkommentars Hippolyts weiter ausgeführt: „In der Tradition jüdischer Schriftexegese wird unter Verweis auf Jes 24, 18128 das Fenster als Himmelsfenster gesehen, die Wand ist das den Menschen von Gott Tren­ nende. Die Fenster sind der Einlaß für den göttlichen Logos, der sich den Propheten des alten Bundes offenbarte; mit anderen Worten: Das Fenster ist ein Bild für die Predigt der Propheten.“129 Ähnlich wie bei Hippolyt werden auch in Gregor von Nyssas um 390 entstandenem Hoheliedkommentar130 die „Gitter“ des Fenster-Verses aus dem Hohelied als ein Sinn­ bild der Gesetzgebung des Alten Bundes gedeutet: „Die ‚Fenster‘ sind die Propheten, die das Licht ins Innere tragen, die ‚Gitter‘ aber sind das Gef lecht der Gesetzessatzungen; durch sie beide falle der Glanz des wahren Lich­ tes in das Innere [sc. der Seele]. In vollkommenem Glanz wird aber das Licht erst erstrahlen, wenn das wahre Licht durch seine Teilnahme an der menschlichen Natur den in Dunkelheit und Todesschatten Sitzenden erscheint. Früher pflanzten uns Gesetz und Propheten, indem sie unsere Seele durch die gedachten Fenster erhellten, das Verlangen ein, die Sonne im Freien zu schauen.“131 Die angeführten Deutungen der „Gitter“ des Fenster-Verses des Hoheliedes als Symbol für die Rechtssatzungen des Alten Testamentes oder auch für die Verkündigung des Neuen Testaments findet sich auch an anderer Stelle, so bei Nilus von Ancyra132, bei Cyrill von Alexandrien133 sowie abgewandelt bei Michael Psellos.134

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Nilus Ancyranus deutet die Fenster als „Worte der Propheten“ und spricht zugleich vom „Netzwerk der apostolischen Verkündigung“.135 Er bringt allerdings auch eine Deu­ tung der „Netze“ ad malam partem – als Sinnbild der Verführungen des Teufels, der Christus in der Wüste „mit seinen Verführungen gleichsam wie mit Netzen zu umgar­ nen“ versucht.136 Der Herr „zerriss die Schlingen und Netze mit seinen wohltreffenden Antworten, schaute gleichsam über sie hinweg.“137 Inwiefern die patristische Deutung des Hoheliedverses 2, 9 auf Konzeption und Re­ zeption mittelalterlicher Glasfenster und ihrer symmetrisch geregelten, geometrischen Unterteilungen mittels Stegen, Armierung und Maßwerk einwirkte, scheint bisher nicht untersucht worden zu sein.138 Die angeführten Deutungsmuster der patristischen Exe­ gese ad bonam partem von Hld 2, 9 lassen sich leicht auf die Fenster und ‚Gitter‘ der Glasfenster des 12. und 13. Jahrhunderts übertragen: Auch die farbig ausgefüllten Öff­ nungen der mittelalterlichen Glasfenster und mehr noch die einzelnen, erzählenden Bildfelder ihrer Gliederungssysteme sind, um mit Origenes zu sprechen, „ausschnitt­ haftes Stückwerk“139, insofern sie ‚Ausschnitte‘ aus Bibel und Hagiographie zeigen. Hin­ gegen veranschaulichen die Bildfelder der gesamten Fensterlichte in ihrer planimetrisch organisierten Zusammenschau häufig einen übergreifenden heilsgeschichtlichen Zu­ sammenhang.140 Während des Mittelalters ist die Deutung des Fensters als Sinnbild der biblischen bzw. göttlichen Offenbarung lebendig geblieben. Eine wichtige exegetische Position ist jene des Honorius Augustodunensis (12. Jh.), für den die Fenster „die Apostel sind“, durch die das Licht der Erkenntnis in das Kirchengebäude gelange: „Fenestrae, quae lumen in domum mittunt, sunt apostoli, qui lumen cognitionis Dei in Ecclesiam domum Dei fuderunt.“141 Der karolingische Autor Haymo von Auxerre, Verfasser einer der wirkungsvollsten Hohelied-Kommentare durch das ganze Mittelalter, hatte hingegen die Fenster auf die göttliche Natur Christi bezogen, da dieser wie durch ein Fenster die ganze Welt sehen könne, ohne gesehen zu werden.142 Noch für die Karriere des Ausblicksfensters in der frühniederländischen Malerei und in der florentinischen Frührenaissance spielt das Hohelied eine Rolle, wie Clara Gottlieb und Robert Baldwin gezeigt haben.143 Die Frage, welche Wirkung die patristische Deutung der „δίκτυα“ bzw. „retia“ des Hoheliedes als Symbole der providentiellen Ordnung der Offenbarungen Gottes im Hinblick auf die gebauten und mit Glasmalerei versehenen Fenstern des hohen und späten Mittelalters entfalteten, bedürfte hingegen noch einer eigenen, speziellen Untersuchung. In hochmittelalterlichen Glasfenstern wird die symmetrische Gliederung der Fens­ terlichte durch Armierung beziehungsweise durch Maßwerk als – durch typologisch und narrativ planvoll aufeinander abgestimmte und kompositionell verknüpfte, erzählende Glasmalereien aufgefüllte – Matrix zur Veranschaulichung der von Gott vorab geplanten Ordnung der Heilsgeschichte eingesetzt.144 Hier liegen durchaus Parallelen zur patristi­ schen Auffassung des Fenstergitters des Hohenlied als „Geflecht der Gesetzessatzungen“

174  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

105  Chartres, Kathedrale, nördliches Seitenschiff, Josefs-Fenster, untere Hälfte, um 1210

(Gregor von Nyssa) vor. In den hochmittelalterlichen Glasfenstern mit ihren historiae wird ein planimetrisches Gliederungssystem der Fensterlichte – eine flächige ‚Komposi­ tion‘ geometrischer Formen – zum Ausdruck einer vermeinten göttlichen Heilsord­ nung.145 Für Wolfgang Kemp und Steffen Bogen hingegen fließen die äußeren formalen Ord­ nungen der Armierung und des Maßwerks zwar in das Ordnungsgefüge der Bilderzäh­ lung ein. Entscheidend aber sei die Wechselwirkung zwischen der geometrischen Glie­ derungsstruktur des Gesamtfensters und der Komposition der einzelnen Erzählfelder sowie deren – etwa typologische oder antithetische – Koordination.146 Bogen hat dies in einer Analyse des Josefsfensters (Abb. 105) expliziert, das sich im nördlichen Seitenschiff der Kathedrale von Chartres befindet. In dessen Glasmalereien werden die einzelnen Szenen der alttestamentlichen Josefserzählung innerhalb eines geometrischen Ord­ nungssystems sichtbar, das mittels Armierungen und durch Bleistege gegliedert wird und das durch die formal artikulierten und semantisch relevanten Beziehungen zwi­ schen den Bildfeldern mit ihren Einzelszenen aus der Josefserzählung bedeutsam wird.

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Die einzelnen Ereignisse der Josefslegende werden in der Bibel (selbstverständlicher­ weise) sukzessiv erzählt; das geometrische Ordnungssystem des Chartreser Fensters er­ möglicht jedoch eine simultane Überschau des komplexen, aber auf der Fläche der Fens­ terlichte sinnfällig geordneten biblischen Geschehens und seiner einzelnen Momente. Die geometrische Gliederung der Fensterlichte und vor allem die kompositionellen Bezüge zwischen den Bildfeldern sollen zugleich die heilsgeschichtliche Ordnung des Geschehens, seine providentielle Planung durch Gott sichtbar machen.147 Steffen Bogen beschreibt im Hinblick auf dasjenige Bildfeld des Glasfensters, auf dem der Sternentraum des Josef dargestellt ist (Abb. 105 unten), formale Analogien zwischen der Aufteilung des Kreissegmentes, das innerhalb dieses Bildfeldes den Sternenhimmel darstellt, durch Bleistege und der Aufteilung des gesamten Fensters durch Stege und Armierung. Somit besteht in dem Chartreser Fenster eine gleichnishafte Analogie zwi­ schen der von Gott nach Auffassung der mittelalterlichen Theologie planvoll disponier­ ten Ordnung des Kosmos (s. das bekannte alttestamentliche „omnia in misura, numero et pondere disposuisti“148) und der geometrischen Disposition des Fensters, in der gewissermaßen das provi­dentielle „Geflecht der Gesetzessatzungen“ (Gregor von Nyssa) zur Anschauung kommt.149 Hatte Origenes den durch Gitter verstellten, indirekten Blick aus dem Fenster, das bekannte Paulus-Wort zitierend, mit dem Blick in einen Spiegel verglichen, so bezeich­ nete Hugo von St. Victor die Kathedralfenster von Chartres als „heilige Schleier“, als „sacra velamina“.150 Sowohl Fenster als auch Spiegel und Schleier sind ebenfalls zentrale Begriffe der neuen Bildtheorie Albertis. Dass Alberti ein ungeteilt-rechtwinkliges und „offenes“ Fenster fordert, dass er das Bild nicht im paulinischen, sondern im Sinne der paganen Optik als Spiegel versteht und, dass sein „velum“ keine providentielle, sondern eine pragmatisch motivierte geometrische Gliederung aufweist – dies wird vor dem Hin­ tergrund der geschilderten mittelalterlichen Traditionen einer symbolischen Ausdeu­ tung von Fenster, Spiegel und Schleier als durchaus säkulare Umdeutung alter christlicher Topoi des Bildes greif bar. Alberti und die mittelalterliche Tradition: Fenster, Schleier, Spiegel Die wohl folgenreichste Innovation von Albertis De pictura ist eine neuartige Mathe­ matisierung der bildlichen Darstellung durch die Zentralperspektive. Ihre Vorausset­ zung besteht darin, dass Alberti erstmals einen imaginären Durchschnitt151 durch eine Sehpyramide legt und dass letztere den Sehkegel der mittelalterlichen Optik ablöst. Der fiktive Schnitt durch die Sehpyramide (De pictura I, 12–13) wird auf der faktischen Oberfläche des Bildträgers abgebildet. Alberti identifiziert ihn, wie bereits erwähnt, mit einem Gemälde (De pictura I, 12 und 19),152 mit einer durchsichtigen Glasscheibe (De pictura I, 12)153 und mit einer „finestra aperta“ (De pictura I, 19)154. Außerdem konkre­

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tisiert Alberti den abstrakten Begriff des ‚Durchschnitts‘ mittels der Beschreibung eines einfachen Apparates für die bildliche Darstellung: des velum (De pictura II, 31–32).155 Das velum führt die mathematischen Implikationen von Albertis Konzeption der „finestra aperta“ unmittelbar vor Augen. Es ist ein Schleier aus transparentem Gewebe, der in einen rechteckigen Rahmen eingezogen wird. In den durchsichtigen Stoff wird mit gröberen Fäden ein Koordinatensystem aus Horizontalen und Vertikalen eingewoben (vgl. Abb. 106).156 Alberti lobt das velum sowohl als ein Hilfsmittel zur perspektivischmathematischen Systematisierung des Sichtbaren als auch als Instrument zu dessen Darstellung auf einer planen Fläche.157 Das apparative Dispositiv des velum exponiert eine gerahmte Sichtfläche, die im Unterschied zu den wechselnden Gegenständen, die auf den textilen Schleier ‚projiziert‘ werden und innerhalb seiner Rahmung erscheinen, invariabel und identisch bleibt. Alberti nennt die Unveränderlichkeit der Fläche des velum als Voraussetzung, die Darstellung des Sichtbaren mathematisch zu beherrschen (De pictura II, 31–32).158 Die drei von Alberti für seine Charakterisierung des Durchschnitts durch die Seh­ pyramide herangezogenen optischen Dispositive − das Fenster, der Spiegel und der Schleier (velum) − spielten, wie oben dargelegt wurde, bereits in der Fenstertheologie der Kirchenväter und des Mittelalters, aber auch, wie oben ebenfalls gezeigt, in der Optik des Lukrez eine zentrale Rolle. Vor dem dargestellten spätantiken und mittelalterlichen Hin­ tergrund christlicher Exegesen wird das Neue der Anweisung erst deutlich, ein offenes beziehungsweise ein geöffnetes Fenster zu malen.159Albertis Definition des Gemäldes kann sicherlich als Säkularisierung im Sinne einer Ablösung von der Bildtheologie des Mittelalters160 und im Sinne einer Erneuerung der antiken fenestra prospectiva und einer Aufwertung der heidnischen cupiditas oculorum verstanden werden. Ob auch, wie oben angedeutet, ein Anspruch auf Evidenz und unmittelbare Anschauung einer Wahrheit mitschwingt (in diesem Sinne hatte schon Seneca das Adjektiv „apertus“ verwendet),161

106  Albrecht Dürer, „Zeichner des weiblichen Modells“ aus der Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt, Nürnberg, 2. Auf lage 1538, fol. Q3 verso

177  |  Fenestra cancellata: Frühes Christentum und Mittelalter

kann hier nicht weiter verfolgt werden. Albertis Konzeption des erzählenden Bildes, der historia, als „offenes Fenster“ kann jedenfalls als visuelle Einlösung der rhetorischen Kategorien von perspicuitas und evidentia verstanden werden.162 Die Verknüpfung von Fensterblick und historia in Albertis De pictura ist nicht gänz­ lich neu, exponierte doch ein wichtiges Bildmedium des 12. und 13. Jahrhunderts, das Glasfenster, häufig erzählende Szenen innerhalb von Fensteröffnungen. Alberti plädiert allerdings sowohl für ungeteilt-rechteckige Gemäldeformate als auch für ungeteiltrechtwinklige Fenster. Und er thematisiert nicht den Blick auf das Fenster und seine flächigen Glasbilder, sondern den Blick aus dem Fenster hinaus. Bildr ahmen und Fensterr ahmungen im Quat trocento : Urbino, Bellini und Alberti Als „Das Normalfenster der Neuzeit“163 gilt das ungeteilte, rechtwinklig begrenzte Fenster – bei einem Rundgang durch italienische Städte der Jahre 1435/36 war davon allerdings an anspruchsvollen Bauten noch nichts festzustellen, noch kaum etwas um 1465–1582, in den Jahren der Errichtung der wichtigsten Teile des Palazzo Ducale von Urbino, in die auch Albertis Tod (1472) fällt (s. Abb. 107). Für die Zeit der Abfassung des 1436 datierten Traktates Della pittura trifft die Feststellung James S. Ackermans zu, dass sich zu Albertis Zeit die Rahmungen von Fenstern und Gemälden bemerkenswert ähn­ lich sahen.164 Denn um 1435 waren in Italien weder Fensterrahmungen noch Bildrah­ men ungeteilt-rechteckig. In seiner berühmten, zu Beginn dieses Kapitels zitierten Defi­ nition des Gemäldes als rechtwinkliges und ungeteiltes „offenes Fenster“ geht Alberti demnach von einem Format aus, dass in den dreißiger Jahren weder als Rahmenform von repräsentativen Fenstern noch von anspruchsvollen Gemälden verbreitet war. Die Entstehung der ungeteilt-recht winkligen Fensterrahmung all’antica in Italien um 1465 Jedoch ist Ackermans Feststellung einer Ähnlichkeit von Gemälde- und Fensterrah­ mungen für die Zeit um 1465 (und damit für die letzten Lebensjahre Albertis) nicht mehr zutreffend, als das ungeteilt rechteckige Format inzwischen für Gemälde verbrei­ tet, als Fensterform in Italien jedoch immer noch unüblich war. Der ab 1465 umgestaltete, bis 1482 weitgehend neu errichtete Herzogspalast von Urbino markiert hier einen Wendepunkt, auf den im Folgenden noch einzugehen sein wird. Wohnbauten mit repräsentativem Anspruch, die vor Mitte der siebziger Jahre in Italien entstanden sind, besaßen in den Hauptgeschossen in aller Regel keine recht­ eckigen Fensterrahmungen und keine ungeteilt-rechteckigen Fensteröffnungen.165 Dies gilt auch für den vermutlich von Alberti entworfenen, bereits 1446 in Auftrag gegebe­

178  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

nen Palazzo Rucellai in Florenz.166 Die Kontinuität der mittelalterlichen finestre a colonnelli 167 – zumeist rundbogige Biforien oder andere mehrbahnige Fenster – in den mittel­ italienischen Profanbauten seiner Zeit erklärt den Nachdruck, mit dem Alberti das ungeteilt-rechteckige Format des Fensters auch in seinem 1452 wohl weitgehend abge­ schlossenen Architekturtraktat empfiehlt.168 In der Tat wird an repräsentativen Wohn­ bauten das ungeteilt-rechteckige, all’antica gerahmte Fenster noch um 1465 mit ganz wenigen Ausnahmen nicht an prominenter Stelle – sondern nur im Erdgeschoss – ver­ wendet.169 Die folgende Aufzählung dieser Ausnahmen im Profanbau dürfte nicht gänz­ lich vollständig sein; entscheidend ist, dass die weitaus größere Zahl der Stadtpaläste, anderer anspruchsvoller Profanbauten und auch der ville suburbane ungeteilt-rechteckige, all’an­t ica gerahmte Fenster im piano nobile und den Obergeschossen vor 1465 n i c h t aufweist. Die mir bekannten Ausnahmen sind (neben dem Palazzo Ducale von Urbino):   Florenz, Ospedale degli Innocenti (1419 von Brunelleschi begonnen), Ober­ geschoss, Ädikulafenster (1439 ausgeführt).170   Revere, Castello Gonzaghesco, 1447 (Beginn des Umbaus) bzw. 1451–1458 (Leitung der Arbeiten durch Luca Fancelli): Fensterrahmen mit umlaufender Pro­ filierung und Gesimsabschluss.171   Fiesole, Villa Medici, 1451–1457 (traditionellerweise Michelozzo zugeschrie­ ben);172 möglicherweise auch die Medici-Villen in Cafaggiolo (Michelozzo, ab 1451) und Careggi (Michelozzo, ca. 1457–1459): Fensterrahmen mit umlaufender Profilie­ rung und Gesimsabschluss.173   Fiesole, Badia, Wohnung der Medici, 1460–1462: Fensterrahmen mit umlau­ fender Profilierung und Gesimsabschluss.174   Mantua, Umgestaltung des Palazzo del Podestà, 1462 (durch Luca Fancelli und Giovanni Antonio da Arezzo): Fensterrahmen mit umlaufender Profilierung und Gesimsabschluss.175   Neapel, Palazzo Carafa di Maddaloni, 1466 fertiggestellt: profilierte Rahmung mit verkürztem Gebälk.176   Pesaro, Palazzo Sforza, 1465 (oder 1457–1464): Travéefenster.177   Siena, Palazzo Bandini-Piccolomini, um 1465: Ädikulafenster.178   Siena (Umgebung), Villa ‚Il Pavone‘ (nicht erhalten), vor 1465: Ädikukulafenster.179 Diese Aufzählung bestätigt, dass der Palazzo Ducale in Urbino zu den frühesten Gebäu­ den des Quattrocento gehört, die an prominenter Stelle ungeteilt-rechteckige Fensteröff­ nungen mit antikisierender Rahmung aufweisen, und dass dieses Format der Fenster­ rahmung in der italienischen Frührenaissance an repräsentativen Gebäuden zuvor sehr wenig und nur ganz ausnahmsweise gebräuchlich war.180 Der Palast von Urbino ist der wichtigste und einflussreichste Bau, an dessen Fassaden das neue, ungeteilt-rechtwink­ lige und all’antica gerahmte Fenster repräsentativ verwendet wird (vgl. Abb. 108).

179  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

107  Urbino, Palazzo Ducale, Ansicht im urbanen Kontext (historische Aufnahme)

108  Urbino, Palazzo Ducale, Turm­f assade (historische Aufnahme)

180  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Dieser Befund mag überraschen. Denn schon zu Beginn des Cinquecento wird das ungeteilt-rechteckige, antikisierend gerahmte Fenster zu einem Standardelement des italienischen Palazzo. Erst seitdem ist es selbstverständliches Kennzeichen des ‚italie­ nischen Renaissancepalastes‘.181 Vom ungeteilt-rechteckigen Fenster als „Normalfens­ ter“ konnte jedoch zwischen 1465 und 1482, der Zeit der wichtigsten Baumaßnahmen in Urbino, noch keine Rede sein. In der konsequenten und ausschließlichen Anwendung rechteckiger, all’antica gerahmter Öffnungen ohne Unterteilung besteht nicht der einzige Rückgriff auf Albertis Vorstellungen von Fenstern, der den urbinatischen Palazzo Ducale für die Geschichte des Fensters folgenreich werden ließ. Erstmals seit der Antike wird ebenfalls in Urbino die Tradition des Ausblicksfensters, der fenestra prospectiva, wieder architektonisch auf­ genommen (Abb. 12 u. 109) – und zugleich Albertis auf die Malerei bezogene Forderung nach der Eröffnung eines Fensters mit Aussicht auf die Architektur bezogen. Die Ausblicksfenster des Giardino Pensile von Urbino Der sogenannte „Hängende Garten“ oder Giardino Pensile des Herzogspalastes in Urbino wurde wohl zwischen 1474–1482 (Abb. 12, 111), spätestens seit 1476, unter der Leitung von Francesco di Giorgio Martini errichtet.182 Er nimmt den Zwischenraum ­zwischen zwei Flügeln des Palastes ein und wird durch eine hohe Mauer abgeschlossen (Abb. 12). Der innenhofartige Palastgarten steht damit zwar in der Nachfolge des hortus conclusus und des abgeschlossenen Gartens mittelalterlicher Prägung, öffnet sich aber in neuartiger Weise mit fünf großen hochrechteckigen Fensteröffnungen, in die Sitzbänke eingelassen sind,183 auf die Landschaft beziehungsweise auf einen der Stadt und dem Palast gegenüberliegenden Hügel, den sog. Colle delle Vigne (Abb. 12, 109).184 Die Fens­ tertravéen sind außen und innen mit korinthischen Pilastern und Gebälk gerahmt.185 Laurana folgte bereits mit jenen früheren Travéefenstern der Stadtfassaden des Palastes, welche als Vorlage für die Fenster des Giardino Pensile dienten, einer Empfehlung Alber­ tis, der für die Fenster von Privatpalästen die korinthische Ordnung vorgeschlagen hat­ te:186 „Fenestras ornabis opere corinthio“ (etwa: „Die Fenster wirst Du mit korinthi­ schem Architekturornament schmücken“).187 Elisabeth Heil hat in ihrer Studie zur Geschichte der rinascimentalen Fensterrah­ mungen in Italien aufgezeigt, dass die wenigen rechtwinkligen Travéefenster der zwei­ ten Hälfte des 15. Jahrhunderts an Profanbauten überwiegend korinthische Pilaster auf­ weisen und diesen Umstand auf Alberti zurückgeführt.188 In der Terminologie Heils ist ein „Travéefenster“ ein Ädikulafenster ohne Bekrönung durch Dreiecks- oder Segment­ giebel.189 Damit besteht ein Travéefenster aus seitlichen Säulen oder „seitlichen Pilas­ tern“, die „ein Gebälkstück tragen“190 sowie aus einer Sohlbank, besitzt aber keine Bekrö­ nung mittels Segment- oder Dreiecksgiebel. Die Fenster des urbinatischen Herzogspalast sind nach dieser Definition als solche Travéefenster anzusprechen.

181  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

109  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, Innenwand, Einzelfenster (Zustand des Jahres 1999)

110  Urbino, Palazzo Ducale, sog. „Iole“-Flügel, Biforienfenster, um 1460–1465

Die Fenster des Giardino Pensile in Urbino haben nicht die übliche Funktion, Licht (lumen) und Luft (aer) in einen ansonsten dunklen Innenraum einzulassen (s. Abb. 11– 109, 112).191 Auch sollen sie keinen Schutz vor der Witterung bieten. Sie gewähren jedoch einen Ausblick (prospectus).192 Die Aussicht auf den gegenüberliegenden Hügel wird durch Fenstereinfassungen gerahmt, die den Landschaftsausschnitt bildhaft vom Betrachter distanzieren. Die Landschaft ist durch diese fenestrae prospectivae erst ab einer mittleren Ferne zu sehen, kein Vordergrund wird sichtbar. Der Ausschnitt des Ter­ ritoriums wird in der simultan überschaubaren und wohlproportionierten Totalität der Fensteröffnung, deren Maße den Vorgaben in Albertis Architekturtraktat entsprechen, wie ein Gemälde, als ‚Bild‘, präsentiert (Abb. 11, 109).193 Diese Bildhaftigkeit wird durch einen unprofilierten Binnenrahmen betont, der die Fensteröffnung umgibt.194 Zudem wird sie durch die erörterte Pilastertravée – durch „seitliche Pilaster, die ein Gebälkstück tragen“195 – in einer Weise eingefasst, wie sie aus zeitgenössischen Gemälderahmungen vertraut war. Hingegen sind die Fenster des Palastes in den Innenräumen nicht durch Travéerahmen, sondern durch einfachere profilierte Rahmungen eingefasst. Die solcherart bildhaft gerahmte, rechteckige Sichtöffnung ist eine Ordnungsvor­ gabe, die der Anschauung des flächenhaft distanzierten Landschaftsausschnittes eine mathematische Ordnung, eine virtuelle Planimetrie einbeschreibt (vgl. Abb. 109). Ein Baum etwa, der – von einer bestimmten Position des Betrachters aus – in der Mitte der

182  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

111  Urbino, Palazzo Ducale, Intarsierte Türf lügel der Sala degli Angeli, um 1470– 1480

112  Urbino, Palazzo Ducale, Axonometrische Darstellung von Renato Bruscaglia (1969)

Fensteröffnung erscheint, bildet nicht von Natur aus ein hervorgehobenes Zentrum, sondern erst durch die geometrische Fassung des Rahmens. Das Motiv eines Baumes, der beinahe exakt die Mittelsenkrechte einnimmt, findet sich übrigens in der selbst mittig zentrierten Landschaftsvedute der Studiolo-Ostwand (Abb. 122) und auch in einem Relief (Il mondo sublunare) des Agostino di Duccio in der Cappella dei Pianeti des Tempio Malatestiano zu Rimini (Abb. 113), bereits vor 1457 ent­ standen.196 Hingewiesen sei hier nochmals auf einen architektonisch gerahmten Pro­ spekt durch eine rechtwinklige Öffnung mit annähernd mittigem Baum auf der bereits erwähnten, etwa zugleich mit dem urbinatischen Palastgarten entstandenen Verkündigung des Isabella Stewart Gardner Museum in Boston (Abb. 114).197 Das harmonisch proportionierte Sichtfeld der Fenster des Giardino Pensile enthält ein latentes geometri­ sches Raster der planimetrischen Hauptteilungen des Rechtecks (vgl. auch Frontispiz).

183  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

113  Agostino di Duccio, „Il mondo sublunare“, Relief, 1449–1457, Rimini, Tempio Malatestiano, Cappella dei Pianeti

Diese werden auch in Gemälden der Zeit kompositionell stark hervorgehoben, besonders explizit in Werken Piero della Francescas, der am Hof von Urbino beschäftigt war.198 Dem Ausblick auf eine distanzierte, wie ein flächiges Bild inszenierte Natur wird im Falle der fenestrae prospectivae des Palastgartens eine virtuelle Ordnungsstruktur einge­ schrieben, die in der empirischen Wirklichkeit ohne die Vorgabe des rechteckigen Rah­ mens nicht sichtbar wäre. Hier kann von einer latenten Mathematisierung der Sichtbar­ keit der Natur durch die neuzeitliche „finestra aperta“ gesprochen werden, die mit der „rationalization of sight“199 durch die Zentralperspektive zu vergleichen ist. Die These, dass die fenestrae prospectivae des urbinatischen Palastgartens der Naturwahrnehmung die neue, mathematisch fundierte Ästhetik des Gemäldes albertianischer Prägung ein­ schreiben, wird durch die morphologische Genese der urbinatischen Fenstertravéen wie der frühen ungeteilt-rechtwinkligen Fensterrahmungen all’antica überhaupt bestätigt.

184  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

114  Piermatteo d’Amelia (?) bzw. Meister der Gardner-Verkündigung, Verkündigung an Maria, ca. 1475–1480, Boston, Isabella Stewart Gardner Museum

Sie gehen nicht in erster Linie auf die Formen von Fenstern aus Antike, Protorenaissance und Frührenaissance zurück. 200 Auch Portale des 15. Jahrhunderts sind nicht die wich­ tigste Quelle. 201 Die Travéefenster nehmen vielmehr ein Schema der zeitgenössischen Rahmung von Gemälden auf: Die Fenster des Giardino Pensile greifen in erster Linie auf das Rahmengehäuse der pilastergerahmten tavola quadrata all’antica 202 mit Gebälk­ abschluss zurück.

185  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

Die Genese der ungeteilt-recht winkligen Gemälderahmung all’antica Die pilasterflankierte Travée-Rahmung wurde seit ca. 1435 als Rahmenformel ein­ zelner Altargemälde verwendet, um 1450 war sie für das neue monoszenische Altarge­ mälde bereits standardisiert, wie Christoph Merzenich herausgearbeitet hat. 203 In den sechziger und siebziger Jahren war sie schließlich zu einem vertrauten Dispositiv der Gemälderahmung geworden. 204 Vorstufen antikisierender Travée-Rahmen sind bei Gemälderahmungen bereits um 1435 greifbar, 205 so bei Fra Angelico (Abb. 116) – dreißig

115  Donatello, Madonna des Hauses Pazzi, Marmorrelief, Berlin, SMPK, Bode-Museum, Skulpturensammlung, um 1417/18

Jahre bevor sie erstmals an Fenstereinfassungen, in Pesaro und Urbino, verwendet wer­ den. Schon Masaccios Fresko der Trinität von 1425–1428 wird durch eine monumentale, freskierte Pilaster-Travée mit abschließendem Gebälk eingerahmt. Pilaster mit Gebälk­ abschluss rahmen eine Reihe von skulptierten Figurennischen und Sakramentstaberna­ keln der ersten Hälfte des Quattrocento. 206 Die Pilastertravée tritt als Einzelform und in Reihung zudem vor 1460 in freskierten Scheinarchitekturrahmungen auf. 207 Jedoch wird sie, die Wiederholung sei erlaubt, in jener Zeit nicht als Fensterrahmung verwendet. In dieser Funktion ist die Fenstertravée („seitliche Pilaster, die ein Gebälkstück tragen“ 208), wie dargestellt, nur in Urbino und am nahegelegenen Palazzo Sforza zu Pesaro anzu­ treffen. 209 Die antikisierende tavola quadrata und ihre Rahmung durch eine Pilastertravée mit horizontalem oberem Abschluss können daher nicht auf Travéefenster der Frührenais­

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116  Fra Angelico, Verkündigung an Maria, um 1435, Maße mit dem originalem Rahmengehäuse: 227 × 218,5 cm, Cortona, Museo Diocesano

sance zurückgehen. 210 Hingegen ist die pilastergerahmte Travée – zumeist mit Aufsatz – für die Rahmung von Figurennischen (seit Donatellos Ludwigsnische an Or San Michele in Florenz, ca. 1423211), für Sakraments-Tabernakel (seit Donatellos Tabernakel für St. Peter in Rom, ca. 1433), 212 und für die Rahmung von skulptierten Reliefs schon früh ver­wen­ det worden, insbesondere bei Donatellos Cavalcanti-Verkündigung (Abb. 117) in Santa Croce in Florenz213 und frühen Madonnen dieses Bildhauers (vgl. Abb. 115)214 sowie bei einem auf 1433 datierten Relief der Verkündigung an Maria des Meisters Ludovicus im Dom von Arezzo. 215 Aus den Forschungen von M. Greenhalgh und M. Trudzinski geht hervor, dass die Rahmungen solcher Reliefs nicht auf antike Fensterrahmen zurückgehen dürften – was

187  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

117  Donatello, Verkündigung an Maria (sog. Cavalcanti-Tabernakel), Marmor, teils vergoldet, Florenz, Santa Croce, um 1435

ikonographisch aufgrund der traditionellen allegorischen Deutung Mariens als fenestra coeli, als Fenster zum Himmel, 216 durchaus naheläge –, sondern auf antike römische Tabernakel und andere Kleinarchitekturen aus dem Sepulkralkontext. 217 Geteiltes versus ungeteiltes Sichtfeld; komposite versus ungeteilt-rechteckige Öff­ nungen; gotische versus antikisierende Rahmung – nach Maßgabe dieser Parameter lässt sich eine historische Entwicklungstendenz der „Formatreduktion“ (Felix Thürlemann) beschreiben, an der Skulptur, Malerei und Architektur des Quattrocento in einer durch­ aus signifikanten Abfolge beteiligt sind: Zunächst wird diese Formatreduktion in der Skulptur und Malerei, dann in der Architektur vollzogen. Italienische Gemälde besitzen bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts hinein zumeist spitzbogige oder halbbogenförmige Abschlüsse. Dadurch ergeben sich durch Kreisseg­ mente abgeschlossene obere Felder, die nicht selten als ‚himmlische Zonen‘ konzipiert

188  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

sind, indem sie etwa eine Darstellung Gottvaters zeigen. Für die nördliche Buchmalerei des frühen 15. Jahrhunderts hat Thürlemann aufgezeigt, wie – besonders in den Très Riches Heures des Duc de Berry – das halbkreisförmige Bogenfeld, das die Mehrzahl der Darstellungen und insbesondere die ‚Monatsbilder‘ mit ihren frühen Landschaftsdar­ stellungen überwölbt, für Darstellungen des Sternenhimmels und seiner kosmischen Ordnung verwendet wird. 218 Auch Fenster repräsentativer Wohnbauten des Quattrocento besaßen zumeist spitzoder rundbogige Abschlüsse. In der Begründung, die der Architekt Filarete um 1460 in seinem bereits ausführlich erörterten Architekturroman für diesen Sachverhalt gegeben hat, wird das alte kosmologische Motiv der idealen Kreisform nicht benannt. Filarete argumentiert vielmehr (nach heutigen Begriffen) wirkungsästhetisch und gewisserma­ ßen wahrnehmungspsychologisch: „Es unterliegt keinem Zweifel, dass jedes Ding, das den Blick auf irgendeine Weise behindert, nicht so schön ist wie dasjenige, dem das Auge frei folgen kann, wobei nichts die Sicht verdeckt. Wenn Du einen vollen Rundbogen siehst, umfasst ihn das Auge − oder wenn Du lieber die ‚Sicht‘ [‚la vista‘] sagst −, während Du ihn anschaust, auf den ersten Blick und durcheilt das Blickfeld ohne jedes Hindernis. So verhält es sich auch mit dem Halbrundbogen. Während du ihn noch anschaust, läuft das Auge oder die ‚Sicht‘, ohne auf ein Hindernis zu stoßen, von einem Ende des Halbkreises zum andern. Nicht so beim Spitzbogen […].“ 219 Die all’antica-Rahmung eines ungeteilt rechtwinkligen Fensters bzw. Sichtfeldes durch eine pilasterflankierte Ädikula liegt Filarete noch fern, war aber zuvor – und dies ganz im Widerspruch zur architektonischen Praxis seiner Zeit – von Alberti gefordert worden. Sie entwickelt sich zuerst in den Rahmenarchitekturen von Skulpturen, Reliefs und Gemälden sowie in Kleinarchitekturen. 220 Um abschließend zusammenzufassen: Die pilasterflankierte Ädikularahmung der tavola quadrata all’antica 221 wird, was die Male­ rei anlangt, ab ca. 1435 als Rahmung einzelner Altargemälde verwendet, um 1450 ist sie dann für das neue monoszenische Altargemälde222 und für die von Alberti besonders geschätzten Terrakottaaltäre223 bereits gängig. In den sechziger und siebziger Jahren ist die antikisierende Travée schließlich zum Standardrahmen der Altartafel geworden (vgl. Abb. 10, 116). 224 Nun erst beginnt sich das ungeteilt-rechtwinklige, all’antica gerahmte Fenster auch in gebauten Architekturen zu verbreiten, während es in den bildlich dargestellten Archi­ tekturen (man denke an Lorenzo Ghibertis Paradiestür am florentinischen Baptisterium oder an Gemälde von Piero della Francesca oder Fra Carnevale) schon um die Mitte des Quattrocento anzutreffen ist.

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Das Rechteck als neue Form des Fensters Alberti kannte das auf einen Ausblick hin konzipierte Fenster aus Texten der römi­ schen Antike über Architektur. Vergleicht jedoch Plinius der Jüngere den Ausblick auf eine Gegend mit einem Gemälde (oder einer Landkarte), 225 so kehrt Alberti die Richtung dieser Relation erstmals um: Er vergleicht das Gemälde mit einem Fenster und rückt somit das Thema des Ausblicksfensters, das in der antiken Literatur der Architektur vor­ behalten war, in das Zentrum seiner Theorie des Bildes. Als Ergebnis der vorliegenden Studie sei festgehalten: Die ungeteilt-rechtwinklige „finestra aperta“ des Malereitraktates ist ebenso wie das im Architekturtraktat geforder­ te rechteckige, all’antica gerahmte Fenster keine Kanonisierung einer lebensweltlich vorgegebenen Form, sondern die Setzung einer neuen Norm. Das gebaute ungeteiltrechtwinklige Fenster ist, was Italien anbelangt, eine Innovation der Profanarchitektur des letzten Drittels des Quattrocento. Die architektonische Inszenierung der Aussicht durch Fenster und Loggien folgte dabei einer Ästhetik des Bildes bzw. des Gemäldes, die zuerst in der Malerei entwickelt worden war. Als Alberti 1435/36 das Gemälde als Illusion des Ausblickes durch ein offenes bzw. geöffnetes Fenster – durch eine rechteckige und ungeteilte „finestra aperta“ – definierte, waren weder die Fenster der anspruchsvollen Wohnräume des städtischen Bürgertums ungeteilt-rechteckig, noch war das Blicken aus dem Fenster eine sozial kanonisierte (wenn auch sicherlich alltäglich geübte) Praxis. 226 Auch eine durchgehende und transpa­ rente Verglasung von Fenstern war noch nicht möglich (Abb. 118). 227 Noch Michel de Montaigne berichtet 1580–1581 aus Florenz, dass die allermeisten Fenster nicht verglast waren. In der Schweiz habe auch das kleinste Haus Glasfenster; in Italien fehlten die Scheiben: „Cela montre qu’ils n’ont pas en Italie les orages si frequans que nous; car cela, de n’avoir autres fenetres que de bois quasi en toutes les maisons ce seroit une incommo­ dité insupportable […].“ 228 Um kurz zusammenzufassen: Das ungeteilt-rechteckige, antikisierend gerahmte Fens­ ter an Privatpalästen, das Alberti in seinem Architekturtraktat vorschlägt, war um die Mitte des 15. Jahrhunderts an den Hauptgeschossen anspruchsvoller Paläste nicht anzu­ treffen. Auch der von Alberti wohl selbst entworfene Pa­lazzo Rucellai in Florenz zeigt Biforienfenster. 229 Dieser Sachverhalt belegt, dass die Forderungen Albertis an die rechtwinklige Gestalt imaginärer (in De pictura) und gebauter Fenster (in De re aedificatoria) gerade nicht mit der Realität übereinstimmten. Eine Diskrepanz von Forderung und Faktum ist, was die Fensterrahmungen angeht, auch noch für den zumeist angenommenen Zeitpunkt der Fertigstellung von Albertis Architekturtraktat im Jahre 1452 festzustellen. 230

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118  Meister des Cassone Adimari (?), Gioco del Civettino, Florenz, Museo di Palazzo Davanzati / Museo della casa fiorentina antica, Inv. 18

In den letzten Lebensjahren Albertis und während der Bauzeit des urbinatischen Palazzo Ducale ist das ungeteilt-rechteckige Format für Gemälde und Reliefs inzwischen weit verbreitet, wird jedoch für Fenster anspruchsvoller Wohnbauten in Italien gerade erst eingeführt. Wie bereits dargestellt, ist der Palast Federico da Montefeltros in Urbino – etwa zeitgleich mit dem Palast der verbündeten und durch Heirat verbundenen Sforza im benachbarten Pesaro – eine der ersten herrschaftlichen Residenzen des Quattrocento, die ungeteilt-rechtwinklige, antikisch gerahmte Fensteröffnungen im piano nobile auf­ weisen. 231 Die aufwändig gerahmten „Travéefenster“ 232 am urbinatischen Herzogspalast und am Sforza-Palast in Pesaro dürften die Zeitgenossen vor allem an inzwischen ver­ breitete Rahmenformen von Bildwerken (Gemälden, Reliefs und Skulpturen) erinnert haben. Sie gehen wohl kaum auf die wenigen erhaltenen rechtwinkligen Fensterrah­ mungen der Antike wie etwa an der Porta dei Borsari in Verona zurück. Einzeltravéen, die der Rahmenform der neuen tavola quadrata all’antica, aber auch den urbinatischen Fensterrahmungen entsprechen, sind als Fensterrahmungen aus der Antike sehr selten

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erhalten geblieben, 233 und keine dieser erhaltenen antiken Fensterrahmungen konnte als Vorbild der urbinatischen Fenster überzeugend benannt werden. Auch in der florenti­ nischen Protorenaissance gibt es keine exakten Vorbilder. 234 So besitzt das florentinische Baptisterium in seinem mittleren Geschoss zwar einige Fenster, die über eine Rahmung all’antica mit Säulen und Gebälk verfügen. Diese werden aber von Dreiecks- oder Seg­ mentgiebeln bekrönt. Es handelt sich hier also eher um Ädikulen, nicht um „Travéefens­ ter“ nach der Definition Heils. 235 Die antikisierende Pilastertravée tritt jedoch als Einfassung von ‚rahmenden‘ Klein­ architekturen (Figurennischen, Tabernakelrahmen) und von Portalen, vor allem jedoch zunehmend von Altargemälden bereits seit den zwanziger Jahren des Quattrocento auf. 236 Erst etwa vierzig Jahre später wird sie als Fenstereinrahmung verwendet – in Urbi­ no und (wohl etwas früher) am Palazzo Sforza in Pesaro. 237 Die Geschichte des neuzeit­ lichen Fensters belegt demnach die Normativität des Fiktionalen: Das „offene“ bezie­ hungsweise „geöffnete“, ungeteilt rechtwinklige Fenster wird zunächst in der Malerei dargestellt, bevor es architektonisch verwirklich wird. Bereits Alberti schreibt in diesem Sinne in der italienischen Fassung seines Malereitraktates: „Wenn ich mich nicht irre, nahm der Architekt von niemand Anderen als dem Maler die Architrave, die Basen, die Capitäle, die Säulen, die Gesimse und ähnliche Dinge herüber, und Regel und Kunst des Malers leiten jeden Handwerker und Bildhauer, jede Werkstatt und jede Kunstfertigkeit.“ 238

119  Gelehrtenstube mit Fensterausblick und Andachtsbild, Holzschnitt aus Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, Venedig 1499, fol. D7v

Schlagartig verdeutlicht dies ein Holzschnitt der 1499 gedruckten Hypnerotomachia Poliphili, der ein Studierzimmer mit halbrund abgeschlossenem Biforienfenster und ungeteilt rechtwinkligem, all’ antica gerahmten Gemälde zeigt (Abb. 119).

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In seinem Malereitraktat wünschte Alberti bereits für das ungeteilt-rechtwinklige, monoszenische Gemälde eine antikisierende Rahmung mit freistehenden Säulen, mit Basis und Giebel („circumsculptae columnae et bases et fastigia“ 239), bevor dreißig Jahre später vergleichbare Fensterrahmungen architektonisch realisiert werden. Die verbreitete Auffassung, dass die rechtwinkligen Gemälderahmen des frühen 15. Jahrhunderts architektonisch vorgegebene und alltäglich vertraute Fensterrahmun­ gen nachahmen, jüngst nochmals von Hans Belting bekräftigt, 240 ist unzutreffend – jedenfalls für Italien. Erst seit etwa 1510–1520 werden ungeteilt-rechteckige Fenster zu einem standardisierten Bestandteil repräsentativer römischer und florentinischer Palaz­ zi. 241 Auch das Blicken aus dem Fenster wird nun zunehmend als ein Modus kultivierten Verhaltens der Oberschichten geschildert. Die Villenbücher des mittleren Cinquecento bieten hier besonders reiches Quellenmaterial, wie Fischer jüngst zeigen konnte. 242 Seit den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhundert wurde das ungeteilt-rechtwinklige, all’antica gerahmte und nun häufig als Tabernakel ausgebildete Fenster im Palastbau Ita­ liens und Europas zu jenem „Normalfenster der Neuzeit“ 243, das es bis heute geblieben ist. Ungeteilt-rechtwinklige und antikisch gerahmte Fensteröffnungen beginnen sich erst im letzten Jahrzehnt des fünfzehnten Jahrhunderts im Villen- und Palastbau zu ver­ breiten. Kanonisch werden sie mit dem Obergeschoss der Cancelleria, der römischen Villa Chigi (der heutigen Villa Farnesina), mit den römischen Palastbauten Raffaels und seines Umkreises und mit dem Palazzo Farnese in Rom. 244 In Rom waren im 15. Jahr­ hundert Rechteckfenster mit Kreuzeinsätzen, aber eben keine ungeteilt-rechteckigen Fenster in den repräsentativen Obergeschossen verbreitet gewesen. 245 Solche ‚römischen‘ Kreuzstockfenster (wohl nordalpiner Provinienz) sollen nach Lingohr auch als „finestre guelfe“ bezeichnet worden sein. 246 Erst während der ersten Hälfte des Cinquecento wird das ungeteilt-rechtwinklige Fenster zu einem verbreiteten, bald selbstverständlichen Dis­ positiv architektonisch inszenierter und in den Bildkünsten zunächst vorgeprägter, dann auch reflektierter Weltsicht. 247 In den architektonischen Entwürfen Michelangelos wird diese allgemeine Tendenz zum Rechteck als der neuen kanonischen Form architek­ tonischer Öffnungen dann aufgegriffen und wohl auch vorangetrieben. 248 Das Rechteck wird in der Frühen Neuzeit zum Normalformat des Bildes wie auch des Fensters – zum Normalformat bildhafter Repräsentation sowohl mittels gemalter Bilder als auch in den gerahmten ‚Bildern‘ architektonisch inszenierter Ausblicke. Diese „For­ matreduktion“ 249 in Architektur und Bildkünsten ist ein ebenso bemerkenswerter wie kaum bemerkter Vorgang: Bis heute ist das Rechteck als Dispositiv kulturell vermittelter Sichtbarkeit solchermaßen selbstverständlich wie verbreitet geblieben, dass seine Ge­ schichte bisher kaum Beachtung fand. Eine bei Vasari erst 1568 berichtete Anektode über den 1520–1523 errichteten Palazzo Bartolini Salimbeni (Abb. 120) belegt jedoch, wie umstritten das ungeteilt recht­ winklige Tabernakel-Fenster noch um 1520 in Florenz gewesen ist. An den Palazzi Barto­ lini Salimbeni, Lanfredini, Pandolfini und Sertini werden in Florenz erstmals im frühen

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120  Baccio d’Agnolo, Palazzo Bartolini Salimbeni in Florenz, Fassade, errichtet 1520–1523

16. Jahrhundert ungeteilt-rechtwinklige Fenster realisiert. 250 Vasari schreibt ­diese Pio­ nierleistung hingegen ganz konkret dem Architekten Baccio d’Agnolo und dessen Palaz­ zo Bartolini Salimbeni zu. 251 Dieser Palast habe als erster Palast von Florenz „finestre quadre con frontispizii“ 252 (etwa: „rechteckige Fenster mit Rahmenformen in Gestalt einer Ädikula“) erhalten. Vasari schreibt: „Und weil dies der erste Palast war mit viereckigen Fenster-Frontispizien [Fensterä­ dikulen] und einer Tür, deren Säulen einen Architrav samt Fries und Tympanon tru­ gen, wurden diese Dinge in Florenz im Gespräch und durch Sonette sehr getadelt, und man heftete Festons von grünem Laub an diese Fassade, wie an Kirchen bei Fest­ lichkeiten, indem man sagte, eine solche Fassade passe besser für einen Tempel als für einen Palast […].“ 253 Auf dem Gesims über dem Hauptportal liest man heute die Inschrift „Carpere prompti­ us quam imitari“ – „Zu kritisieren ist dieses Werk leichter als nachzuahmen“ oder auch „Leichter hier etwas herauszupflücken, als das Ganze nachzuahmen“ –, von der allerdings

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erst der bereits genannte Giovanni Gaetano Bottari in seiner kommentierten Edition der Vasari-Viten von 1759/60 berichtet. 254 Das Familien-Motto der Bartolini Salimbeni, „Per non dormire“ („Um nicht zu schlafen“, „Besser ist es, nicht einzuschlafen“) ziert die horizontalen Balken der in die Fensterlichten markant eingestellten steinernen Fenster­ kreuze, deren vertikalen Untergliederungen Säulchen vorgeblendet sind. 255 Die Fenster­ öffnungen des Palazzo spielen somit nicht nur auf die erwähnten römischen Kreuzstock­ fenster des Quattrocento an, 256 sondern auch auf Albertis Palazzo Ruccelai. Und sie gewinnen durch ihre eingemeisselten Inschriften auch eine metaphorische Dimension: als stets offene „Augen“ des Hauses und seines wachsamen Bauherrn (Abb. 120). Inszenierte Ausblicke des Herzogspalastes von Urbino: usus, dignitas, voluptas Zurück zum Beginn der Karriere des ungeteilt-rechtwinklichen Fensters und der gebauten fenestra prospectiva. Wie die funktionalen und ‚wirkungsästhetischen‘ Aus­ sagen Albertis über den prospectus im Palazzo Ducale in Urbino umgesetzt wurden, soll im Folgenden nach einer kurzen Einführung in die Baugeschichte dargelegt werden. Luciano Laurana übernahm 1465/66 die Planungen für den urbinatischen Palast Federi­ co da Montefeltros, 257 das heißt für die Umgestaltung der bestehenden und den Bau der neu zu errichtenden Teile der Residenz des kriegserfahrenen Söldnerführers und Condottiere (Abb. 108, 112). Während der sogenannte ‚Iole‘-Flügel des Palastes noch Biforienfenster (Abb. 110) aufweist, zeigen die seit Übernahme der Planungen durch Luciano Laurana entstandenen Baulichkeiten ungeteilt rechtwinklige Fenster. 258 Letztere sind von einer korinthischen Travéerahmung eingefasst (Abb. 109). 259 Diese großen all’antica gerahmten Fenster gehö­ ren, wie ebenfalls bereits ausgeführt, zu den ersten ungeteilt-rechteckigen Fenstern in den Hauptgeschossen eines anspruchsvollen Wohnbaues der italienischen Renaissance über­ haupt. Die durch Laurana und die spätestens seit dem Jahr 1476260 durch Francesco di Gior­ gio Martini konzipierten oder jedenfalls ausgeführten Teile des Palastes sind auch sonst durch den Architekturtraktat Albertis maßgeblich geprägt. 261 Parallelen zu Forderungen Albertis in De re aedificatoria sind unübersehbar sowohl in der Gesamtdisposition des Palastes als auch bei einzelnen Elementen des Bauwerkes. 262 Dies gilt besonders für die mit korinthischen Pilastern eingefassten Fensterrahmungen und ihre Proportionen. 263 Allerdings gibt es auch durchaus Abweichungen von Albertis Vorgaben. 264 So wurde bemerkt, dass der asymmetrische und verschachtelte Grundriss der fürstlichen Privatge­ mächer um das Studiolo (vgl. Abb. 112) wohl kaum mit Albertis Konzeption der concinnitas in Übereinstimmung gebracht werden könne. 265 Bei ihren Gängen durch die Räume des Palazzo wurden die Besucher Federicos durch eine Reihe von bildlichen Darstellungen auf die architektonisch inszenierten Aussichten

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121  Urbino, Palazzo Ducale, Studiolo des Federico da Montefeltro, Intarsien der Stirnwand, fertiggestellt 1476

vorbereitet, die sich aus den herrschaftlichen Gemächern auf seine nähere und weitere Umgebung eröffnen. 266 Es handelt sich um perspektivische Darstellungen von architek­ tonischen Prospekten − die fingierten Prospekte der Intarsienarbeiten in den Türflügeln (vgl. Abb. 111) und die gemalten Veduten, die sich heute in Baltimore, Berlin und Urbino befinden 267 − und um fingierte, gerahmte Aussichten auf Landschaft. Diese vorgetäusch­ ten Aussichten waren in ihrer Weiträumigkeit und Fernwirkung höchst innovativ. Zu nennen ist neben der intarsierten Landschaftsvedute des Studiolo des Herzogspalastes (Abb. 121–122) das wohl bereits 1467–1470 entstandene Porträtdiptychon Piero della Francescas (Abb. 1), welches das Herrscherpaar vor einem Ausschnitt des von ihm re­g ier­ ten Territoriums zeigt und sich damals im Herzogspalast befand. 268 Die weithin sichtbare facciata dei torricini ist einerseits auf den Anblick aus der Ferne und von der Zufahrtsstraße aus konzipiert, die direkt unter der Turmfassade in einen großen, von Federico über aufwendigen Substruktionen errichteten Platz einmündet (Abb. 107– 108). Andererseits ist sie auf den weiten Ausblick auf das Umland hin ausgerichtet. Die Art und Weise, wie hier Ausblicke aus den Öffnungen verschiedener, hierar­ chisch differenzierter Bauteile des Palazzo Ducale auf die landschaftliche Umgebung inszeniert werden, weist deutliche Bezüge zu den im zweiten Kapitel erörterten Passagen aus Albertis Architekturtraktat auf.

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122  Urbino, Palazzo Ducale, Studiolo des Federico da Montefeltro, Intarsien der Stirnwand, fertiggestellt 1476, Detail

Usus Die Forderung, dass vom Palast des Fürsten „die Bewegung jedes einzelnen sicher bemerkt werden soll“ 269, findet in der Anlage der Türme ihre Umsetzung. Die geböschte Basiszone der Turmfassade, ihre Verwandtschaft mit befestigten Stadttoren 270 und der Zinnenkranz, der ursprünglich beide Türme verband, spielen auf Festungsarchitektur an. 271 Der Ausblick von der Brustwehr der Rundplattformen der Türme – den am höchs­ ten aufragenden Elementen des Bauwerkes – diente der kontrollierenden Überschau über das Territorium und ist insofern der Sphäre des usus zugehörig. Der Fürst selbst wird selten auf die Türme gestiegen sein, sie dienten den Wächtern als Ausguck. 272 Dignitas Die Ausblicksloggia des piano nobile in der Mittelachse der Turmfassade dürfte für aus­ gewählte Gäste am Ende eines Rundganges durch den Palast gestanden haben, den Clau­ dia Cieri Via rekonstruiert hat. 273 Diese Loggia folgt der bereits im zweiten Kapitel zitier­ ten Empfehlung Albertis, dass der Fürst seinen sozialen Status – seine dignitas – durch eine architektonisch inszenierte Übersicht auf sein Territorium zum Ausdruck bringen solle. 274 Zugleich eröffnen die Loggien die von Alberti ebenfalls angesprochene Möglich­ keit, dem Betrachter auch den visuellen Genuss (voluptas) des Rundblicks über das

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123  Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus einem Vorraum des Studiolo (dem sog. Vestibolo del Duca) auf eine Loggia der Facciata dei Torricini

124  Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus einer Loggia der Facciata dei Torricini

beherrschte Land zu eröffnen (Abb. 123–126). Von Ausblicken und vom Genuss an Aus­ sichten ist auch in etwa zeitgenössischen Beschreibungen von Landsitzen der Este bei Ferrara die Rede. 275 Die urbinatischen Ausblicksloggien als Ausdruck des Machtanspruchs wurden durch Loggien italienischer Palazzi Comunali, insbesondere derjenigen von Siena und Gub­ bio, 276 sowie durch die Terrassen und Loggien mittelalterlicher päpstlicher Paläste in Viterbo, 277 im Lateran 278 und im Vatikan (mittelalterlicher Vorgängerbau der Loggien des Raffael) vorbereitet. 279 Zwischen 1460 und 1470 werden Loggien mit Aussicht zuneh­ mend zum Bestandteil repräsentativer mittelitalienischer Wohnbauten. 280 Voluptas Die Errichtung eines Giardino Pensile trug zusammen mit den Ausblicken auf die weite Landschaft, die durch die Loggien der Turmfassade erschlossen werden, dazu bei, dass der Palazzo Ducale von Urbino mit den Merkmalen eines Herrschafts- und Verwaltungs­ zentrums solche der villa suburbana vereinte. Diese Verbindung von Palast und Villa wurde kurz zuvor ähnlich im Palazzo Piccolomini in Pienza verwirklicht (vgl. Abb. 51–53). Beide Residenzen greifen mit ihren sehr unterschiedlich artikulierten Stadt- und Land­ seiten Lösungen aus der spätrepublikanischen und kaiserzeitlichen Architektur der

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125  Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus einer Loggia der Facciata dei Torricini

126  Urbino, Palazzo Ducale, Aussicht

römischen Aristokratie auf, in deren stadtrömischen Residenzen sich Merkmale von Palast und Villa überlagerten. Die der villa suburbana eigentümliche Ausrichtung auf den Garten und die ländliche Umgebung wurde dabei dem städtischen Wohnbau inkorpo­ riert: „Domus est quae nulli villarum mearum cedat.“ 281 Für die Konzeption und zeitgenössische Rezeption des urbinatischen Giardino Pen­ sile dürfte die Verarbeitung antiker Texte, die den Fensterausblick mit dem epikureischen Stichwort der voluptas in Verbindung bringen, durchaus eine Rolle gespielt haben. Der Garten wurde in den Jahren unmittelbar nach Drucklegung der bereits angeführten laudes prospectus erbaut; kurz nach den Erstausgaben von Plinius’ Epistolae (1471), von Statius’ Silvae (1472), von Lukrez’ Lehrgedicht (um 1471) sowie der Epistulae ad familiares (1467) und der Briefe an Atticus (1470) von Cicero, 282 die ebenfalls auf Fensteraus­ blicke eingehen. Die Lukrez-Handschrift der urbinatischen Bibliothek Federicos trägt einen Eigentumsvermerk aus den Jahren nach 1474. 283 Lukrez’ Lehrer Epikur galt als „magister otii“, der als erster einen Garten innerhalb einer Stadt erbaut habe. 284 Der urbi­ natische Palast wiederum ist von Zeitgenossen mit einer Stadt verglichen worden. 285 Zur erwähnten negativen Bewertung des Blickens aus dem Fenster als unzulässige voluptas oculorum bei den Kirchenvätern dürfte, wie bemerkt, beigetragen haben, dass in der antiken Literatur der Ausblick aus Fenstern und Türen auf Garten oder Landschaft

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ausgesprochen häufig im Zusammenhang mit der Philosophie Epikurs und deren zentra­ ler, bei den Epikureern ausdrücklich positiv konnotierter Kategorie der voluptas behan­ delt wird. Voluptas ist geradezu eine Leitvokabel der antiken Beschreibungen von archi­ tektonisch gerahmten Ausblicken auf die ländliche Umgebung von Bauten. Dies gilt für die Villenbriefe des Plinius ebenso wie für die Silvae des Statius und noch, wie angeführt, für Sidonius Apollinaris. Innerhalb der bereits erörterten Beschreibung der Villa des Pol­ lius Felix durch Statius, die Hubert Cancik als „epikuräische Villa“ 286 gedeutet hat, wird das Wort „voluptas“ ausdrücklich innerhalb jener Verse genannt, welche die Fensteraus­ blicke auf die markantesten ‚Landmarken‘ des Golfes von Neapel schildern. 287 Jedes der Fenster biete dem Blick ein je eigenes Vergnügen („sua cuique voluptas“ 288). Bellinis Pala di Pesaro und die fenestrae prospectivae von Urbino Eine Ambivalenz zwischen raumerschließendem Ausblick und flächenhaftem Bild, wie sie die Fenster des urbinatischen Palastes und seines Giardino Pensile kennzeichnet, wird auch in einem Altargemälde von Giovanni Bellini thematisch, 289 welches sich noch heute im benachbarten Pesaro befindet (Abb. 10). Bellinis Marienkrönung für San Fran­ cesco in Pesaro ist nach Angaben der neueren Literatur etwa gleichzeitig, eher etwas früher als die Fenster des Giardino Pensile entstanden (ca. 1471–1475?). 290 Dokumente aus dem Jahr 1474 und vom 30. September 1476 legen nach Maria Rosaria Valazzi und Hans Aurenhammer eine Beauftragung Bellinis im Jahr 1474 und eine Beteiligung der mit Federico verschwägerten Sforza nahe. 291 Bellinis Pala di Pesaro (Abb. 10) wurde jedenfalls sicher nach 1471, nämlich als Variation über ein auf dieses Jahr datiertes Gemäl­ de von Marco Zoppo für die Kirche S. Giovanni Battista zu Pesaro mit einer Madonna mit vier stehenden Heiligen samt halbrund gerahmtem Landschaftsausblick gemalt. 292 Bellinis Gemälde besitzt seinen originalen antikisierenden Rahmen mit flankieren­ den Pilastern und einem Abschlussgebälk all’antica, der den Fenstereinfassungen des urbinatischen Palastgartens strukturell verwandt ist. 293 Die Pilasterspiegel sind aller­ dings nicht all’antica ausgeführt, sondern mit kleinen, hochrechteckigen Bildtafeln be­­ setzt. 294 Jesus und Maria sitzen in einer freistehenden, marmornen Thronarchitektur (wie sie tatsächlich nie gebaut wurde). Sie eröffnet mit einem großen, quadratischen Fen­ ster einen Blick auf die dahinterliegende Landschaft. Das dadurch in das Zentrum der Tafel gerückte Motiv des Fensters spielt auf die traditionelle allegorische Deutung Mari­ ens als fenestra coeli an. 295 Der Landschaftsprospekt im Fenster, das wie die pala selbst von einer pilasterflankierten Travée eingerahmt wird, 296 changiert zwischen der Illusion eines Durchblicks und eines in die Öffnung eingelassenen Gemäldes. Man bemerkt nur bei genauerem Hinsehen, dass sich die Hügelzüge der Landschaft hinter den seitlichen Heiligen, die sie weitgehend verstellen, fortsetzen. 297 Die Thronnische mit ihrer fenestra prospectiva weist eine erstaunliche Ähnlichkeit zu den Fensterarchitekturen des Giardino Pensile von Urbino auf. Carolyne C. Wilson

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ging davon aus, dass die Thronarchitektur der Pala di Pesaro Bellinis auf die Fensterrah­ mungen des urbinatischen Palazzo Ducale zurückgehe. 298 Die Zwiespältigkeit der Vedute in der Lehne des Thrones zwischen Gemälde und Ausblick kann vor dem Hintergrund der Malereitheorie Albertis und seiner Definition des neuen Gemäldes als „finestra aperta“ interpretiert werden, die wahrscheinlich sowohl das Gemälde Bellinis als auch die Fenster im Garten Federicos inspiriert hat. 299 Dass am Palazzo Ducale die antike Tradition des rechteckigen, auf einen Ausblick hin ausgerichteten Fensters aufgegriffen wird und dass dessen fenestrae prospectivae mit Hilfe eines Rahmungsschemas zeitgenössischer Gemälde (und anderer frührinascimen­ taler Kleinarchitekturen) ausgezeichnet werden, verweist auf Albertis Malereitraktat De pictura. Denn im urbinatischen Palastgarten erscheint nun – in einer Umkehrung von Albertis Definition – die tatsächliche „finestra aperta“ wie ein Gemälde. Es ist wahr­ scheinlich, aber nicht durch Schriftquellen gesichert, dass Bellini den Malereitraktat Albertis kannte, wie Eugenio Battisti und Johannes Grave nahelegen. 300 In Urbino dürf­ te Albertis Schrift über die Malerei ebenfalls bekannt gewesen sein. Ihre lateinische Fas­ sung richtete sich laut Baxandall an den Lehrer Federico da Montefeltros, an Vittorino da Feltre. 301 Albertis „finestra aperta“ und die fenestrae prospectivae von Urbino Wie bereits ausgeführt, werden im Herzogspalast von Urbino die Aussagen Albertis über inszenierte Ausblicke aus dem Architekturtraktat und über die „finestra aperta“ aus seiner Schrift über die Malerei architektonisch rezipiert und interpretiert. Albertis Kon­ zeption des Bildes als „finestra aperta“ wird nun auf die Architektur übertragen: das Fen­ ster wird zum ‚Bild‘ inszeniert. Wohl in den frühen siebziger Jahren des Quattrocento appliziert man im Garteninnenhof des Palazzo Ducale die seit etwa 1435 zunehmend gebräuchliche Travéerahmung des neuen Gemäldes auf den architektonisch inszenierten Anblick der Natur. Hier wird, wie bemerkt, das ungeteilt-rechtwinklige Aussichtsfenster erstmals seit der Antike wieder architektonisch realisiert. Die Fenster der Gartenwand werden nicht nur an der Außenseite, sondern auch innen – und damit bezogen auf einen im Garten stehenden und aus dem Fenster schauenden Betrachter – mittels einer aus Gemälderahmungen der Zeit vertrauten Rahmenformel eingefasst. Dies, obwohl reprä­ sentative Fensterumrahmungen gemeinhin der Außenseite einer Fassade oder Wand vorbehalten blieben (und bleiben). 302 Im Sichtfeld und damit in der Fensterlichte der nach den Maßangaben Albertis proportionierten Fensterrahmungen303 des Giardino Pensile erscheint ein ‚Bild‘ der ländlichen Umgebung, dessen Anschein von Ordnung sich nicht der faktischen Beschaffenheit des Territoriums, sondern dessen bildmäßigen Inszenie­ rung verdankt (Abb. 11, 108). 304 Ähnlich wie bei dem von Alberti im Malereitraktat beschriebenen, rechtwinklig gerahmten velum ist auch die rechteckige Rahmung der Fensteröffnungen des Giardino

201  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

Pensile als eine gleichbleibende Ordnungsvorgabe für die veränderlichen Erscheinungen des Landschaftsausblickes wirksam, die von Abstand und Stellung des Betrachters zum Fenster, von Wetter und Sonnenstand abhängen. Die in den Fenstern gerahmte Aussicht ähnelt einem Bild, „dolce e bene da essa natura dipinto“ (Alberti). 305 Sie konnte gleichsam als ein Gemälde wahrgenommen werden, als eine „nobile e gran pittura […] per man de la natura e di Dio composta“306, wie Baldassare Castiglione in seinem Libro del Cortegiano formuliert. Castiglione hat dieses Buch vom Hofmann in Urbino verfasst, also in unmit­ telbarer Kenntnis der Architektur des Palastes. Im ersten Buch des Libro ist ein bekanntes Lob der Malerei enthalten, dem die eben zitierte Formulierung entnommen ist. Dort ist zu lesen: „Wer diese Kunst nicht schätzt, scheint mir wahrlich von der Vernunft weit entfernt zu sein. Denn man kann sagen, daß das Kunstwerk der Welt, wie wir sie mit dem weiten, von hellen Sternen glänzenden Himmel erblicken, mit der Erde in der Mitte, von Meeren umgürtet, mit Bergen, Tälern und Flüssen abwechslungsreich gestaltet und mit verschiedenen Bäumen und schönen Blumen und Kräutern ge­ schmückt, eine edle und große, von der Hand der Natur und von Gott komponierte Malerei sei. Wer sie nachahmen kann, scheint mir großen Lobes wert zu sein; und man kann dazu nicht ohne Kenntnis vieler Dinge gelangen, wie wohl weiß, wer es ver­ sucht.“307 Um auf die Ausblicksfenster des Herzogpalastes von Urbino zurückzukommen: Der prospectus aus den Fenstern des Giardino Pensile gelangt innerhalb des Sichtfeldes einer harmonisch proportionierten und simultan überschaubaren Fensteröffnung zur Anschau­ ung, die durch Pilastertravée und umlaufende, unprofilierte Binnenrahmung eingefasst wird. Damit kann der geometrische Ausschnitt des Territoriums – wie ein Gemälde – in genussvoll distanzierter Schau wahrgenommen und beurteilt werden, als „eine edle und große, von der Hand der Natur und von Gott komponierte Malerei.“ Die Gleichsetzung der finestra aperta mit einem flächigen Durchschnitt durch die Sehpyramide, wie sie Albertis De pictura vorgenommen hatte, macht die sozusagen ma­ thematischen Implikationen der Fensterausblicke von Urbino deutlich. Die fenestrae prospectivae des urbinatischen Palastgartens überführen einen bestimmten Teil des (dreidimensional) Sichtbaren in die simultane Totalität eines flächigen (zweidimensio­ nalen) und überschaubaren Bildes. Für die Wiederentdeckung des antik-römischen Aus­ blicksfensters in Urbino spielt der Rückgriff auf Albertis Aussagen zum Fenster sowohl aus De re aedificatoria als auch aus De pictura eine wichtige Rolle. Somit hat Alberti nicht nur als ein maßgeblicher Begründer neuzeitlicher Konzeptionen des Bildes zu gelten, sondern ebenso – und zwar unter vergleichbaren ästhetischen und erkenntnistheoreti­ schen Vorzeichen – als Mitbegründer einer neuen Konzeption des g e b a u t e n Fensters: des neuzeitlichen Fensters mit Aussicht, der fenestra prospectiva. 308

202  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

War der Blick aus dem Fenster im Mittelalter als Anlass einer voluptas oculorum zumeist negativ konnotiert, 309 wird er im Verlauf des Quattro- und der ersten Hälfte des Cinquecento zu einem Bestandteil kultivierten höfischen Benehmens. So schreibt Pietro Bembo in seinen Asolaner Gesprächen über den Garten der Caterina Cornaro bei Asolo und über die Möglichkeit, aus zwei großen Fensteröffnungen in der Gartenmauer einen Aus­ blick zu genießen: „Dieser reizende Garten war von wunderbarer Schönheit. […] Eine umlaufende Taxushecke […] reichte bis zur Brusthöhe eines Mannes, der sich darauf lehnen konn­ te, so dass man von allen Teilen den Blick darüber hinausschweifen lassen konnte. […] An einer Seite des Gartens öffneten sich in weißem Marmor zwei große Fenster am letzten Ende, so dass man, weil die Mauer sehr dick war, an jeder Seite sitzend von der Höhe über die Ebene blicken konnte.“310 Die Ausblicksfenster des urbinatischen Palastgartens präsentieren Ausschnitte des her­ zoglichen Territoriums in der Totalität eines von virtuellen geometrischen Teilungen durchzogenen und bildhaft umrahmten Sichtfeldes (Abb. 11, 108). Sie schreiben den bildhaft gerahmten Wirklichkeitsausschnitt dadurch einer architektonisch vorgege­ benen, mathematisch proportionierten, rahmenden Ordnungsvorgabe ein, die Subjekt und Sichtfeld zugleich klar voneinander distanziert. Albertis „finestra aperta“ und seine Aussagen über die Architektur der Welt Den A n s c h e i n einer Ordnung zu suggerieren, an deren wirklichem, providentiell gegründeten ‚Sein‘ nachdrücklich gezweifelt wird, dies lässt sich als ein implizites Mo­ vens der Aufwertung von gerahmter Aussicht und architektonisch eingefasstem Aus­ blick bei Leon Battista Alberti rekonstruieren. In Texten Albertis, die seiner sogenannten Nachtseite zugehören, so in seinem Roman Momus und in seinem Dialog Theogonius, wird eben diese „Abwesenheit einer göttlichen Providenz“311 thematisiert. Von daher verwundert es wenig, dass Alberti zu den ersten Humanisten gehörte, die auf Lukrez’ im Jahr 1417 wiederentdeckte Schrift De rerum natura zurückgriffen – ein Faktum, das Stephen Greenblatt in seinem jüngsten Buch über die Geburt der Neuzeit aus dem Geist des epikureischen Atomismus nicht erwähnt. 312 Insgesamt werden die Gründe von Albertis Aufwertung des Ausblicks aus dem Fens­ ter – seit Plinius und Statius regelmäßig mit dem epikureischen Hauptthema der voluptas verknüpft und in der mittelalterlichen Tradition auch daher negativ konnotiert – vor einem philosophiegeschichtlichen Hintergrund seines Denken verstanden klarer: vor der Krise des traditionellen aristotelisch-scholastischen Weltbildes im 14. Jahrhundert, die durch den Voluntarismus und den Nominalismus eines Johannes Duns Scotus und

203  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

eines Wilhelm von Ockham bewirkt und die sicherlich auch durch die große Pest des mittleren Trecento313 begünstigt worden war. Der theologische Voluntarismus des 14. Jahrhunderts betrachtete die Welt als eine kontingente, dem unergründlichen Willen Gottes entspringende Setzung. Der Nominalismus wiederum wandte sich – insbesonde­ re in seiner Zuspitzung durch Ockham und seine Schüler an wichtigen Universitäten des 14. Jahrhunderts – gegen die traditionelle Auffassung, dass die einzelnen Erscheinungen der Welt durch metaphysische Universalbegriffe verlässlich erfasst und geordnet werden könnten. 314 Alberti hatte bereits in seinem Dialog Profugiorum ab aerumna libri (ca.  1441–1443) die Ablösung des alten Topos des Tempels als Inbegriff einer stoisch konzipierten Weltordnung durch ein pikturales Paradigma gefordert, bevor er, wie aus­ geführt, in seinem Roman Momus den ebenfalls architektonischen Topos vom ‚Welt­ theater‘ als Inbild kosmisch-providentieller Ordnung ad absurdum führte. Für Alberti ist es eine Aufgabe seiner Gegenwart, aus den Versatzstücken des zerfallenen ‚Weltgebäu­ des‘ des antiken ‚Tempels der Philosophie‘ ein Mosaik („pavimento“), also ein B i l d, zu komponieren, das er als eine „certa prescritta e designata forma e pittura“315 (also als eine „gewisse vorbestimmte und vorgezeichnete Form eines Gemäldes“ [wörtlich: als „Form und Gemälde“]) und damit als ein flächiges ‚Tableau‘ charakterisiert, dessen farblich stimmige Komposition er hervorhebt (siehe Appendix 1). Dieses Mosaik sei aus den Trümmern der antiken Architektur des Wissens so anzuordnen, dass es als eine neue, b i l d h a f t e Einheit durch relationale Stimmigkeit überzeuge, ohne doch in einer ‚Archi­ tektur der Welt‘ und in einer umfassenden philosophischen Weltsicht gegründet zu sein. Alberti schreibt: „Die scharfsinnigen Menschen aus Asien und vor allem aus Griechenland waren alle­ samt über viele Jahre Erfinder aller Künste und Wissenschaften, und in ihren Schrif­ ten bauten sie einen regelrechten Tempel und Wohnsitz für Pallas und [damit für] jene Pronoea, die Göttin der Stoiker, und sie erweiterten die Wände mit der Unter­ suchung des Wahren und des Unwahren; sie errichteten die Säulen durch das Erken­ nen und Aufschreiben der Wirkungen und Kräfte der Natur; sie fügten das Dach hinzu, um ein so großes Werk vor feindlichen Stürmen zu schützen. Und dieses war die Geschicktheit, das Übel zu fliehen und das Gute zu begehren und zu erlangen sowie das Laster zu verabscheuen, die Tugend zu begehren und zu lieben. Aber was geschieht? Gerade das Gegenteil des oben Gesagten. Jener sammelte die geringen Überreste und setzte daraus den Fußboden zusammen. In der Tat, dort, wo ich wie dieser oder jener eine kleine und private Herberge schmücken wollte, nahm ich von jenem öffentlichen und vortrefflichsten Bau das, was mir als für meine Pläne geeignet erschien, und teilte es in mehrere Stückchen, die ich dorthin verteilte, wo es mir beliebte. Und so entstand dieser [mosaizierte bzw. inkrustierte Bilder-]Boden nach dem Motto dieser Redewendung: Nihil dictum quin prius dictum (Nichts wird gesagt, was nicht bereits zuvor gesagt worden ist).

204  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Und man sieht, dass solche gelehrten Dinge von vielen vereinnahmt und in vielen ihrer Schriften gebraucht und verstreut werden, so dass heute derjenige, der darüber sprechen möchte, nichts anderes zu tun hat, als sie zu sammeln und zu ordnen und sie dann – mit einiger Verschiedenheit von den anderen und der [notwendigen] Anpassung an sein eigenes Werk – zu verbinden, fast als sei es seine Aufgabe, darin jenen nachzuahmen, der woanders den Fußboden machte. Sobald ich solche Dinge derartig zusammengefügt sehe, dass sie mit ihren Farben zu einer gewissen vorbe­ stimmten und vorgezeichneten Form eines Gemäldes [wörtlich ‚zu einer gewissen vorbestimmten und vorgezeichneten Form und Gemälde‘, wobei ‚forma picta‘ auch Landkarte bedeuten kann] passen, und wenn ich zwischen ihnen keine tiefe Kluft, keine ungeformte Leere sehe, finde ich daran Gefallen und befinde, man sollte sich nichts weiter wünschen.“316 Nach Alberti: Ausblicksfenster und velum An die Stelle einer naturphilosophischen Fundierung von Architektur und Kunst in einer vorgegebenen Ordnung der Dinge treten bei Alberti die auf Wirkung, auf Augen­ schein und Augenfälligkeit abzielenden Paradigmen der perspicuitas und der evidentia. 317 Das ungeteilt-rechtwinklige Ausblicksfenster und das albertianische velum aus De pictura sind in diesem Zusammenhang gleichermaßen als architektonische bzw. appa­

127  „Der Zeichner am Fenster“, Holzschnitt aus Hieronymus Rodler [u. Johann II. von Pfalz-Simmern(?)], Eyn schön nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens mit dem Zirckel, Richtscheidt oder Linial, Simmern 1531, fol. Hii verso

205  |  Bildrahmen und Fensterrahmungen im Quattrocento: Urbino, Bellini und Alberti

rative Medien einer bildhaften Zusammenschau greif bar. Dürer hat denn auch in seiner Unterweisung der Messung die Urszene der neuzeitlichen Malerei dargestellt und beide Motive (des velums und des Fensters) verbunden: Der Maler fixiert mithilfe des Raster­ netzes eines solchen velum die Umrisse eines weiblichen Aktes, der die natura zu per­ sonifizieren scheint. Auf deren Wirken könnte auch jenes Bäumchen anspielen, das in die hinter dem Maler sichtbare Fensteröffnung eingestellt ist (Abb. 106). 318 Eine 1531 veröffentlichte Illustration zu dem von Hieronymus Rodler (vielleicht gemeinsam mit Herzog Johann II. von Pfalz-Simmern) verfassten perspektivischen Lehrbuch Eyn schön nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens mit dem Zirckel, Richtscheidt oder Linial überträgt das rechtwinklige Koordinatenraster des albertianischen velum auf die verglaste Fensterlichte einer großen, rechteckigen „fenestra prospectiva“, durch die ein Zeichner auf eine weite Landschaft schaut (Abb. 127). 319 Verschlossen die mittelalterlichen ‚Bildfenster‘ mit ihren Glasgemälden den Ausblick auf die Außenwelt und exponierten sie hierarchisch gestufte Ordnungen aus distinkten Flächenelementen jeweils durchaus unterschiedlicher formaler und symbolischer Qua­ lität (wie Kreis, Quadrat, Vierpass usw.), 320 so eröffnet das innerhalb des Sicht­feldes in gleiche rechteckige Kompartimente unterteilte Ausblicksfenster Rodlers den Blick auf einen Ausschnitt des Landschaftsraumes, der von einem seriellen Raster überfangen beziehungsweise ‚eingefangen‘ wird. Das Subjekt erblickt die Objekte der Außenwelt im Modus distanzierter „Rahmenschau“. Von einem sicheren Standpunkt aus erschließt sich ein „Weltbild“, das ein Fragment der Wirklichkeit als bildhaft gerahmte und geometrisch erfassbare Ganzheit erscheinen lässt. 321

Architektonische Synthesen von Naturthe ater und Fensterbild im Cinquecento Gegen Ende des 16. Jahrhunderts lösen spezifisch moderne Konzeptionen der Aus­ blicksinszenierung die traditionelle Topik des ‚Hügeltheaters‘ ab. Neben dem rechtwink­ lige Ausblicksfenster sind hier weitere Modi der piktoralen „Rahmenschau“ zu nennen: der bildhaft gerahmte Prospekt, die perspektivische Raumflucht und die zunehmend ins ‚Unendliche‘ geweitete panoramatische Aussicht. Zunächst wurde außerdem gelegentlich eine Synthese beider genannter Traditionen von Ortsbezug und Ausblicksinszenierung, also von ‚Theater der Natur‘ und Fensterbild, angestrebt: Einige Bauten weisen Ausblicksfenster oder -loggien auf, welche ein dreidi­ mensionales, nun aber (garten-)architektonisch errichtetes ‚Theater‘ – sei es eine Treppen­ exedra wie im Fall des vatikanischen Cortile del Belvedere, ein künstlich angelegtes ‚Hügeltheater‘ wie im Fall des Anfiteatro di verzura hinter dem Palazzo Pitti oder ein halb­ kreisförmiges Theatro delle Acque wie im Fall der Villa Aldobrandini bei Frascati – bild­ haft einrahmen.

206  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Rom: Stanza della Segnatura, Cortile di Belvedere, Villa Madama Der im Rom der Hochrenaissance errichtete Cortile del Belvedere Bramantes war mit seiner Treppenexedra auf ein zentrales Ausblicksfenster im vatikanischen Palast bezogen: Im Sichtfeld des großen Fensters der Stanza della Segnatura war nämlich eine mittigsymmetrische Ansicht des Belvedere-Hofes mit seiner theaterförmigen Treppenexedra zu sehen. 322 Diese ‚Vedute‘ ist auf einem Fresko von Perino del Vaga in der Engelsburg dargestellt (Abb. 83b). Eine Verknüpfung von Theater- und Aussichtsmotiv findet sich bereits in Raphaels Entwürfen für die Villa Madama, der laut seiner Beschreibung des geplanten Bauwerkes einen axial gerichteten Ausblick aus einer Loggia auf „schönes Land, den Tiber und auf Rom“ einplante: „Da questo loco si può vedere per retta linea la strada che va dalla villa al ponte Mol­ le, el bel paese, el Tivere et Roma.“323 In Raphaels Brief ist von Glasfenstern („finestre invetriate“) und von der Aussicht auf das Land („la veduta del paese“) die Rede. Auch ein in den Hang eingelassenes Theater hätte den Besuchern der Villa Madama weite Ausblicke eröffnet. 324

128  Perino del Vaga, Naumachie im Cortile del Belvedere, Fresko, Rom, Castel Sant’Angelo

207  | Architektonische Synthesen von Naturtheater und Fensterbild im Cinquecento

Veneto: Die Villa Barbaro in Maser Auch Palladio hat in der Villa Rotonda die Tradition des Naturtheaters aufgegriffen und zugleich Aussichten durch türhohe Ausblicksöffnungen bildhaft inszeniert. Die sala a croce der Villa Barbaro von Maser weist fenestrae prospectivae auf, die mit den gemal­ten Ausblicksfenstern Veroneses alternieren. Mit seinen vier Sichtöffnungen ist dieser sa­lone, wie schon Fritz Burger bemerkte, dem vierachsigen Aussichtsraum des Strand­ trikliniums im Laurentinum Plinius’ des Jüngeren nachempfunden. 325 In der sala a croce der Barbaro-Villa wechseln sich faktische und fingierte Ausblicke, wechseln sich ‚Fenster­ bilder‘ und ‚Bildfenster‘ ab, wobei die Horizontlinien der gemalten und der ‚rea­len‘ Aus­ blicke auf derselben Höhe liegen (Abb. 129). Eine vierte, durch achsial gereihte Tür­ öffnungen gerahmte Sichtachse ist auf das rückwärtige Nymphäum der Villa gerichtet, eine theaterförmige Exedra, die in den Hügel hinter der Villa einschneidet.

129  Maser, Villa Barbaro (Andrea Palladio und Daniele Barbaro), Sala a croce mit den Fresken Paolo Veroneses

In seinen 1587 in Ravenna gedruckten Veri precetti della pittura berichtet Giovanni Battista Armenini im Abschnitt über die malerische Dekoration von Loggien über eine kürzliche Reise in die Lombardei. Dort habe er Loggien gesehen, die durch eine doppelte Aussicht („doppia vista“) sowohl auf gemalte („finti“) als auch auf „wirkliche“ („vere“) Wälder und Berge erfreuten: „(...) da una banda si scorgono i monti e le selve vere, e dall’altra si veggono esser finti da quelli diversi et allegri, dove che così l’occhio e la men­ te di doppia vista si godono.“326 Eine solche „doppia vista“ kennzeichnet bereits die sala a croce der Villa von Maser.

208  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Florenz: Palazzo Pitti Ein ‚Theater‘ wird auch im Falle des florentinischen Palazzo Pitti zum ‚Bild‘ insze­ niert, dessen bereits erwähntes Anfiteatro di verzura von Tribolo und Ammanati eben­ falls nach der Jahrhundertmitte konzipiert wurde. Der bereits im zweiten Kapitel erwähnte Blick aus den ursprünglich offenen Serlianen jener Räume des piano nobile, die auf der zentralen Achse des Palazzo Pitti liegen, durchmisst zunächst den ab 1561 durch Ammanati errichteten Innenhof und wird dann durch einen ganz von Menschenhand errichteten Mikrokosmos eines ‚Garten-Amphitheaters‘ ausgefüllt, der die varietas ver­ schiedenster Pflanzen in streng geordneten Kompartimenten präsentiert (Abb. 59).

Neue Par adigmen des Blick s : Prospekt und Panor ama Eine Verbindung der jeweils auf antike Traditionsstränge zurückgehenden Motive des ‚Hügeltheaters‘ einerseits und der fenestra prospectiva andererseits liegt auch den erörterten, auf vier Himmelsrichtungen geöffneten ‚Aussichtssälen‘ der Villa von Poggio a Caiano, der Villa dei Vescovi bei Padua sowie der Rotonda Palladios mit ihren bereits besprochenen ‚Hügeltheatern‘ zugrunde. Auch der rückwärtige Ausblick aus dem Zentrum des piano nobile der Villa Aldobrandini über Frascati, die um die Wende zum 17. Jahr­ hundert erbaut wurde, zeigt, wie am Ende des zweiten Kapitels angeführt, ein ‚Theater‘: den Anblick eines Nymphäums, des sogenannten Theatro delle acque, das in den rech­ teckigen Sichtfeldern einer rückwärtigen Loggia sichtbar wird (Abb. 93–94, 96). Bis um 1600 sind für architektonisch inszenierte wie auch für literarisch beschriebe­ ne Aussichten die Topoi des ‚Naturtheaters‘ und des bildhaft gerahmten Ausblicksfens­ ters gleichermaßen prägend – diese Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen wurde bereits oben erörtert. Dagegen mehren sich seit der Mitte des 16. Jahrhunderts die Anzeichen einer Ablösung des traditionellen Topos des ‚Hügeltheaters‘ als Inbild idealer Topogra­ phie. Die zunächst in der Malerei entwickelten neue Paradigmen des Ausblicksfensters und der „Rahmenschau“, deren Genese in diesem Kapitel dargestellt wurde, finden im Verlauf des 16. Jahrhunderts mit den Ausblicksfenstern und Ausblicksloggien auch in gebauten Architekturen zunehmende Verbreitung. 327 Architektonisch inszenierte Aus­ blicke beginnen selbstverständlicher oder jedenfalls erwünschter Bestandteil der Lebens­ welt höherer Stände zu werden. Dies erweisen auch die Freskenzyklen den Villen mit ihren illusionierten Ausblicken. 328 Solche freskierte Ausblicke lassen sich bereits in das Quattrocento zurückverfolgen. Sie werden nun gängig. Schriftliche Quellen wie Gesandt­ schaftsberichte und Gelegenheitsschriften belegen das Interesse an architektonisch erschlossenen Ausblicken in lebensweltlichen Kontexten. 329 Auch die Gartenliteratur ist hier zu nennen. 330 Vincenzo Scamozzis L’idea della architettura universale, die in Venedig 1615 erschienen ist, zeigt den differenzierten Wortschatz für landschaftliche

209  | Neue Paradigmen des Blicks: Prospekt und Panorama

130  Giuseppe Vasi nach Giuseppe Zocchi, Veduta degli Ufizi, o sia Curia Fiorentina presa dalla Loggia presso Arno (Scelta di XXIV Vedute delle principali contrade, piazze, chiese, e palazzi della Città di Firenze, Florenz 1744, Tav. 20), Radierung und Kupferstich

Aussichten, über den dieser Nachfolger Palladios verfügte. So schreibt Scamozzi inner­ halb von Ausführungen über besonders geeignete und über teils seit alters, teils zu seiner Zeit besonders gelobte Bauplätze von „vedute de’bei Colli, Monti, Valli, e verdure“, von „bellissime viste de Colli, e Monti“, und von „le belle prospettive de’ Colli, e Monti termi­ nate, & anco indeterminate“. 331 In der letzten der eben zitierten Wendungen aus Scamozzis Idea deutet sich an, wie die Blickmodi des perspektivischen Prospektes („prospettive“) und des weiten, scheinbar ‚unendlichen‘ Panoramas („prospettive […] indeterminate“) im frühen siebzehnten Jahrhundert zunehmend an die Stelle des vollendet-endlichen ‚Natur­ theaters‘ treten. Prospekt und Blickachse: Michelangelos Planungen für den Palazzo Farnese und Vasaris Uffizien Giorgio Vasaris Projekt für das neue, herzogliche (später großherzogliche) Verwal­ tungszentrum der Toskana und von Florenz, für die sogenannten Uffizien (von ital. uffizi für ‚Büros‘ ), veranschaulicht exemplarisch die neue Bedeutung des perspektivischen

210  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Blickparadigmas für die Architektur seit dem mittleren Cinquecento. Ihre seriellen Fassa­ denmodule sind eine retrospektive Synthese aus den Fassaden des Baptisteriums von Flo­ renz und des Ricetto Michelangelos. 332 Das langgestreckte, zweiflügelige Gebäude wurde im Jahr 1559, wenige Jahre nach dem Sieg der herzoglichen Truppen über das Heer der florentinischen Republikaner und ihrer Verbündeten im August 1554 und der Kapitula­ tion des belagerten Siena im April 1555 als Verwaltungszentrale des konsolidierten und erweiterten Staates Cosimos I. de’ Medici333 begonnen und damals als „Strada dei Magis­ trati“ bezeichnet (Abb. 15–18, 130). Der Innenhof der Uffizien mit seinen beiden seri­ ellen Fassaden bildet ein perspektivisches Scharnier zwischen dem Palazzo Vecchio und der Piazza della Signoria als Orten der alten republikanischen Ordnung auf der einen Seite und auf der anderen Seite der wenig später errichteten Palazzina des Forte di Belve­ dere jenseits des Flusses Arno sowie der Hügellandschaft unter San Miniato. 334 Die Aus­ sichtsloggia an der Stirnseite der Uffizien, direkt am Arno gelegen, öffnet sich nach beiden Seiten, auf Stadt und Land gleichermaßen. Für einen stadteinwärts blickenden, in oder unter dieser Loggia befindlichen Betrach­ ter rahmen die perspektivischen Fluchten der Innenfassaden des Uffizien-Korridors den Turm des Palazzo della Signoria: es ergibt sich eine perfekt inquadrierte veduta, wie sie eine bekannte Darstellung Giuseppe Zocchis aus dem 18. Jahrhundert festhält (Abb. 130). Zugleich wird dem Blick aus der – mit ihrer Fassadengliederung auf einen antiken Tri­ umphbogen anspielenden – Loggia auf die Piazza della Signoria eine perspektivische Pro­ gression eingeschrieben, als deren Ziel ein von den beiden Uffizienflügeln gerahmtes Bild des alten republikanischen Rathauses aus dem Trecento mit seinem markanten Turm als Symbol der besiegten, der ‚alten Ordnung‘ erscheint. Manfred Wundram hat von einer „schwindelerregenden Tiefenflucht“ ge­sprochen, 335 die ihrer seriellen Logik nach unend­ lich fortsetzbar ist. Diese Tiefenflucht unterwirft den Palazzo della Signoria, als Symbol der republikanischen Verfassung des mittelalterlichen und bürgerschaftlichen Florenz, einem perspektivischen Blickregime und erhebt ihn als neue Residenz des (Groß-)Her­ zogs zugleich zum Blickziel. Die frühabsolutistischen Implikationen dieses perspekti­ visch organisierten Prospektes hat jüngst Matteo Burioni konzise herausgearbeitet. 336 Im Blick aus der zum Arno hin gelegenen Loggia an der Stirnseite der Uffizien, die sich als Belvedere-Loggia auf den jenseits des Flusses gelegenen Bereich der Stadt öffnet, wird die bereits erwähnte Palazzina des Forte di Belvedere sichtbar: als zentraler Blick­ punkt einer veduta, die auch die zu San Miniato hin aufsteigenden, ländlichen Anhöhen umschließt. Mit der Janusköpfigkeit der Loggia der testata der Uffizien (Abb. 15, 18, 130) als Verbindungsglied zwischen Stadt und Land (und als Scharnier zwischen Residenz und Festung) knüpft Vasari an die Tradition der quattrocentesken Residenzen von Pien­ za und Urbino, an den Florentiner Palazzo Pitti und an Michelangelos römischen Palazzo Farnese an – an städtische Residenzen, die sich sowohl auf eine vordere städtische als auch auf eine hintere ‚ländliche‘ Szenerie hin öffnen und die somit einen Herrschaftsanspruch auf Stadt und Land zum Ausdruck bringen (Abb. 19–21).

211  | Neue Paradigmen des Blicks: Prospekt und Panorama

Die Palazzina erhebt sich innerhalb des Forte del Belvedere auf der gegenüberliegen­ den Arnoseite als architektonische Markierung der durch Cosimo I. neu errichteten Herrschaft der Medici auf der Kuppe des höchsten sichtbaren Hügels. Sie wurde bereits in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts, also vor Errichtung der Zwingburg der Mediciherzöge über Florenz, eben des Forte di Belvedere, in den Jahren 1585–1590, am äußersten Rand der Boboli-Gärten erbaut, 337 vielleicht von Ammanati, der auch an der Konzeption den Uffizien beteiligt war. 338 In einer unterirdischen Kammer beherbergte sie, schwer bewacht, den Schatz der Medici. 339 Oben bietet sie den Anschein einer villa suburbana. Die Palazzina und ihre Loggien bieten wiederum zwei janusköpfige Ausbli­ cke: einen imponierenden Ausblick über die Stadt und mehrere Medici-Villen jenseits des Arno sowie rückseitig über die Hügel diesseits des Arno. Sie eröffnet dem Blick über den Arno somit ein ‚Panorama‘ der mediceischen Bautätigkeit seit dem Quattrocento sowohl in der Stadt selbst als auch innerhalb ihrer suburbanen Umgebung. 340 Einen Ausblick, der sich in einer sukzessiv wahrzunehmenden Tiefenflucht entfalten und der zugleich ein „auf einen Blick“ simultan erfassbares, architektonisch gerahmtes ‚Bild‘ darbieten sollte, hatte nach Vasaris Zeugnis bereits Michelangelo kon­ zipiert. Michelangelo beabsichtigte hinter dem Palazzo Farnese eine Brücke über den Tiber zu den Gärten der Villa Farnesina zu bauen und – im Rückgriff auf eine Stelle aus Plinius’ Beschreibung seines Laurentinum 341 – eine weite Blickachse anzulegen. Diese sollte zudem die antike Skulpturengruppe des Farnesischen Stiers (als Brunnenschmuck) einbegreifen. Diese Aussicht hätte sich bereits demjenigen, der aus dem Gewirr städ­ tischer Straßen in das Eingangstor des Palazzo Farnese eingetreten wäre, auf einen Schlag als architektonisch gerahmtes und auf einen Blick sichtbares ‚Bild‘ darbieten sollen (Abb. 19–21). Vasari schreibt:342 „Damals gab Michelangelo auch an, man solle in gerader Linie mit dem Brunnen eine Brücke über den Tiber bauen, so dass man von dem Palaste nach Trastevere zu einem anderen, der Familie Farnese zugehörigen Garten und Palast gelangen, und von der Haupttür, die nach Campo di Fiore führt, auf einen Blick den Hof, den Brunnen, Stra­ da Giulia, die Brücke und die Herrlichkeit der jenseitigen Gärten bis zu der Türe [dem Gartentor], die [das] nach der Straße von Trastevere führt, überschauen könne […].“343 Enfilade und Prospekt Das später in Borrominis sogenannter Galleria prospettica des Palazzo Spada in Rom paradigmatisch verwirklichte Prinzip der aus seriell hintereinander angeordneten Sicht­ öffnungen bestehenden, perspektivisch sich verjüngenden Blickachse wurde bereits im 15. Jahrhundert in der Malerei verwirklicht. Und zwar in Bildern durchaus sakraler The­ matik. Hier sei nur an Piero della Francescas Verkündigung des Polittico di Sant’Antonio, heute in der Nationalgalerie in Perugia, und die bereits angesprochene Verkündigung des

212  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Isabella Stewart Gardner Museums in Boston erinnert, deren Fluchtpunkt von einer fer­ nen fenestra prospectiva umrahmt wird (Abb. 114). Kurz darauf finden wir das architek­ tonische Dispositiv der Enfilade, das in der axialen Aneinanderreihung von Türen von Innenräumen besteht, in der ebenfalls bereits erörterten Medici-Villa von Poggio a Caia­ no mit der Ausrichtung der Türen des piano nobile auf je eine Aussichtsöffnung in den vier Himmelsrichtungen bereits ansatzweise architektonisch verwirklicht. In Poggio a Caiano eröffnen sich von Türen gerahmte Blickachsen entlang der beiden Hauptachsen des Achsenkreuzes, das den piano nobile strukturiert. Ihr Mittelpunkt liegt im salone centrale. Diese Sichtachsen erschließen zugleich weite landschaftliche Aussichten, die durch die großen Außentüren eröffnet werden. In Pienza und in den Stanzen des Vatikans wurde das Prinzip der Enfilade ebenfalls früh verwirklicht. Wolfgang Kemp hat kürzlich betont, dass der Villa Rotonda Palladios mit ihrem „Kreuz aus Korridoren“ eine besondere Bedeutung bei der Herausbildung der Enfilade als eines bestimmenden Strukturprinzips frühmoderner Grundrisse von Herr­ schaftsbauten zukommt. 344 Der Palazzo Piccolomini in Pienza, Poggio a Caiano und die Villa Rotonda zeigen, dass das Prinzip Enfilade von Beginn an mit dem Motiv des Aus­ blicksfensters und der Aussichtsloggia verbunden ist. Die barocke, raumgreifendere Enfilade als ‚Aneinanderfädelung‘ der Türen von Innenräumen auf einer Achse, so dass bei geöffneten Türen eine langgestreckte Raumflucht entsteht, die zugleich als Simultanbild ineinandergeschachtelter Türöffnungen wahrgenommen wird, ist hier bereits angelegt. Die frühe Verbindung von Enfilade und Aussichten auf das Land mag darauf zurück­ gehen, dass das Phänomen einer Blickachse, die durch eine Reihe von achsial gereihten architektonischen Öffnungen gerahmt wird und eine Aussicht auf das Land eröffnet, bereits – wie erörtert – von Plinius dem Jüngeren in der Beschreibung seines Laurentinum an prominenter Stelle geschildert worden war: „Ringsum hat [das triclinium] Flügeltüren oder Fenster, die nicht kleiner als Flügel­ türen sind, und blickt so an den Seiten und an der Front gleichsam auf drei Meere; nach hinten blickt es [das triclinium] auf das cavaedium, die porticus, den Hof, erneut die porticus, dann das atrium, Wälder und weit entfernte Berge zurück […].“345 Das „Prinzip Enfilade“346 wird auch in Johannes Furttenbachs Architectura civilis von 1628 ausdrücklich mit dem Motiv des architektonisch gerahmten Aussichts-Prospektes verbunden. In Furttenbachs Entwurf für ein Schloss werden „16 Raumeinheiten zu einer kompletten inneren Umlauf bahn verkettet“. Kemp vergleicht diese Enfilade mit der ach­ sialen Anordnung von Türen in der Villa Rotonda. 347 In Furttenbachs Schlossentwurf sind – nach dessen eigenen Worten – „die Thüre[n] und Fenster also gerichtet worden, dass man an allen Orthen durch den gantzen Pallast hindurch sehen / und des frischen Luffts genießen mag.“348

213  | Neue Paradigmen des Blicks: Prospekt und Panorama

Die mit der Wahrnehmung solcher Fluchten und Aussichten verbundene „Augenlust“ hebt Furttenbach ausdrücklich hervor: „Wann nun in dem Saal E Sommerzeiten ein Pancket gehalten / und die Tafel bei E gestelt wird / lasse ich den vernünfftigen selbert argumentirn, was für ein Augenlust durch das Portal F in den Garten / zur rechten Seiten in den Theatro, oder in die Sce­ na di Comoedia, und zur linken Seiten in das Antiquarium zu prospectiern erweckt werden. Im umbwenden aber mögen alle durch den Palast hereingehende Personen wargenommen werden […].“349 „Prospectiern“ – statt „schauen“: dieser Begriff macht deutlich, wie sich die zentralper­ spektivische „Durchsehung“350 um 1600 zu einem verbreiteten Sehmodus auch außer­ halb der Malerei entwickelt hat. Ausblicke auf Land und Stadt werden bereits in der zwei­ ten Hälfte des 16. Jahrhunderts häufiger als „prospettive“ bezeichnet. 351 1566 spricht Giovanni Tarcagnota da Gaeta in seinem Lob Neapels vom Ausblick aus einer durchfensterten Loggia als einer „bella prospettiva“. 352

131  Illumination mit „Fliegendem Kartographen“ aus Francesco Berlinghieri, Le septe giornate della geographia, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. Urb. Lat. 273, fol. 4 recto (Frontispiz), Detail

Vogelschau, Fernsicht und Panorama vor 1500 Der Horizont erscheint seit dem 17. Jahrhundert zunehmend nicht mehr als Begren­ zung, sondern als entgrenzende Schwelle – eine Sichtweise, der in der Landschaftsmale­ rei seit Leonardo, in den ‚Weltlandschaften‘ des 16. Jahrhunderts und, weniger beachtet, bereits in der Kartographie und Malerei im Umkreis des urbinatischen Hofes von Fede­

214  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

rico da Montefeltro um das Jahr 1470 vorgearbeitet worden war. Während die panorama­ tischen, aus hoher Vogelschau gegebenen Hintergründe der Tafeln des Porträt-Dipty­ chons des Federico da Montefeltro und der Battista Sforza von Piero della Francesca allgemein bekannt sind (Abb. 1), 353 hat Philine Helas auf Buchillustrationen zu geogra­ phischen Werken des dritten Viertels des Quattrocento aufmerksam gemacht, die bereits ganze ‚Weltlandschaften‘, ja eine Hälfte des Globus in panoramatischer Vogelschau zei­ gen. Ein bezeichnendes Motiv ist dabei der ‚fliegende Kartograph‘. In den Florentiner Illustrationen zu dem Federico da Montefeltro und Lorenzo de’ Medici gewidmeten Werk Le septe giornate della geographia von Francesco Berlinghieri erscheinen ganze

132  Francesco Rosselli (zugeschrieben), Predigt des Fra Marco da Montegallo (ca. 1480–1490), Florenz, Uffizien, GDS

215  | Neue Paradigmen des Blicks: Prospekt und Panorama

Kontinente in der Vogelschau (Abb. 131), allerdings klar und deutlich und noch nicht ‚luftperspektivisch‘ verunklärt. 354 Dass auch hier mit der Überschau in traditioneller Weise ein herrschaftlicher An­ spruch verbunden war, belegt auf geradezu groteske Art ein einleitender ‚Apologus‘ Marsilio Ficinos in einem Exemplar der Septe giornate della geographia aus der ehemali­ gen Bibliothek Federico da Montefeltros in der Biblioteca Apostolica Vaticana, der den Söldnerführer als jupitergleichen Weltenherrscher anspricht. 355 Auf das spätere Quattrocento geht ebenfalls eine Francesco Rosselli zugeschriebene Kaltnadelradierung mit der Predigt des Fra Marco da Montegallo (ca. 1480–1490) zu­ rück, auf deren ‚Weltenlandschaft‘ ebenfalls Philine Helas aufmerksam gemacht hat (Abb. 132). 356 Hier wird der fokussierende Blickmodus einer perspektivischen Tiefen­ flucht, welche durch eine Straße mit flankierenden Häuserreihen eröffnet wird, mit dem totalisierenden Blickmodus eines panoramatischen Überblicks – auf den ganzen Mittel­ meerraum – kombiniert. Beide Blickmodi werden als Paradigmen der Ausblicksinszenie­ rung durch gebaute Architektur erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wirksam. Die Entdeckung des Horizonts: L a Ferdinanda in Artimino und die Rocca Pisana bei Lonigo Seit den siebziger Jahren des Cinquecento werden Villen nun häufig auf die zuvor als klimatisch unvorteilhaft geltende Kuppe von Höhen gesetzt:357 So ergeben sich neuartige, sowohl panoramatisch ausgespannte als auch politisch-programmatisch aufgeladene Aussichten, etwa von der Medici-Villa bei Artimino, unweit von Florenz. Über deren Eingang perpetuiert eine Büste des Großherzogs dessen herrscherlichen Blick über das vor ihm sich ausbreitende, ihm unterstehende Land – ähnlich wie im Fluchtpunkt des Uffizien-Korridors ein Standbild Cosimos I. Vincenzo Scamozzi erbaute die Rocca Pisani bei Lonigo im Veneto, eine Variation über Palladios Rotonda, ebenfalls in alles beherr­ schender Höhe, auf einer hohen Hügelkuppe und nicht, wie üblich, an der Flanke einer Anhöhe oder auf einem niedrigen Hügel. Die späteste der Medici-Villen der Renaissance, die Villa bei Artimino, bietet ein grandioses „Panorama“ (um hier allerdings einen Begriff zu benutzen, den es in dieser Zeit laut Ausweis des Vocabulario della Crusca von 1612 noch nicht gab). 358 Als Groß­ herzog der Toskana ließ Ferdinando I. (1549–1609) zwischen 1594 und 1601 die als Jagdschloss genutzte Villa, ihm zu Ehren auch „La Ferdinanda“ genannt, von Bernardo Buontalenti errichten. Unweit von Poggio a Caiano gelegen, befindet sich die Villa auf der Kuppe eines markanten Berges, des Monte Albano, der die Landschaft nach allen vier Himmelsrichtungen überschaut und von dem man nach Osten einen weiten Blick über das Arnotal und Florenz genießt. 359 Ähnlich wie die Rocca Pisana Scamozzis (vgl. Abb. 70) weicht auch diese Villa von der klassischen, unter anderem von Alberti geforderten halb­ hohen Hanglage ab. Ihr Bauplatz ist auch kein klassischer, von Hügeln umhegter „mon­

216  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

ticello“ wie bei Filarete und Palladio, 360 kein niedriger Hügel, sondern die Villa ist direkt auf der Kuppe eines hohen, alleinstehenden und durchaus windigen Hügels angelegt. Die Ferdinanda ist nicht nur Summe der Medici-Villen in architektonischer Hinsicht, indem sie aus spielerisch verwendeten Zitaten früherer Medici-Villen zusammengesetzt erscheint. 361 Sie besaß in einem der beiden Säle des Erdgeschosses, in den Stichkappen der Flachtonnen, auch eine gemalte Summe aller wichtigen zuvor erbauten Medici-Vil­ len: die 14 Lünettenbilder des Malers Giusto Utens (1599–1602), die Ansichten je einer der Medici-Villen aus der Vogelperspektive präsentieren (vgl. Abb. 59). 362 Zudem sind von der Villa von Artimino aus nicht nur Florenz, die in den 1570er Jahren erbaute Palazzina des Forte di Belvedere und dahinter Fiesole im Osten zu sehen, sondern auch die Medici-Villen von Poggio a Caiano, von Petraia und Castello (im Nordosten). 363 Ebenso wie die Villa von Artimino (erbaut ab 1594) ist schon die Rocca Pisana Sca­ mozzis (vollendet 1576) entgegen den Empfehlungen der antiken und der frühneuzeit­ lichen Autoren zum Villenbau auf der Kuppe eines hohen Hügels über Lonigo errichtet worden. Obwohl Scamozzis bereits oben erörterte Beschreibung der Ausblicke aus der Rocca Pisana364 und die von Giovanni Battista Agucchi im Jahre 1611 verfasste Beschrei­ bung der Villa Aldobrandini und ihres Prospektes über die römische Campagna samt den Kuppeln Roms365 der klassischen Topik des ‚idealen Ortes‘ als Kreuzungspunkt der vier Himmelsrichtungen beziehungsweise des ‚Hügeltheaters‘ (im Falle Agucchis) folgen, lässt sich die überlieferte Topik von begrenzten Kreisen aus Anhöhen, wie sie in den traditionellen laudes prospectus formuliert worden war, angesichts der Weite der pano­ ramatischen, durch die exponierte Höhenlage gewonnenen Ausblicke dieser drei Villen in der konkreten Erfahrung nur mehr schwerlich einlösen. Mit Albrecht Koschorke könnte man im Falle aller drei Villen von einer architekto­ nischen „Entdeckung des Horizontes“ sprechen: einer Entdeckung des Horizontes nicht in dem alten Verständnis des ‚Begrenzers‘, sondern als Schwelle zwischen dem EndlichSichtbaren und dem Unendlich-Unsichtbaren. Agucchis (bereits erörtertes) Insistieren auf der alten Bedeutung von ‚Horizont‘ als Abschluss und Grenze sucht diese neue Erfahrung durch traditionelle Topoi zu relativieren. In den Jahren, in denen Giordano Bruno die Unendlichkeit des Kosmos lehrte, wird der alte Topos der von Anhöhen um­ grenzten Idealtopographie in Agucchis Beschreibung der Aussichten von der Villa Aldo­ brandini aus dem Jahr 1611 gegen diese Öffnung des Weltbildes aufgeboten und zugleich brüchig: „Plus ultra“ – so lautet nun zunehmend die Devise, auch bei der architektonischen Gewinnung weiter Aussichten. 366 Ein frühabsolutistischer Herrschaftsanspruch wird mittels einer gewissermaßen drohend eingenommenen Höhenlage auf der Kuppe hoher Hügel durch die erörterten Villen von Artimino, Lonigo und Frascati zum Ausdruck gebracht. 367 Der Palazzo Farne­ se von Caprarola bei Rom manifestiert einen solchen Herrschaftsanspruch durch hohe Hügellage über einer visuell zum Attribut des Palastes degradierten Ansiedlung beson­ ders markant. 368 Auch der Expansionismus des ‚Zeitalters der Entdeckungen‘, der Auf­

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bruch durch die Säulen des Herkules, das Verwerfen von Dantes Mahnung „che l’uom più oltre non si metta“369 findet im Blick der regionalen Potentaten auf das von ihnen beherrschte Territorium in panoramatischer, scheinbar unendlicher Überschau ihr opti­ sches Korrelat. Dabei entbehrte es bereits bei Federico da Montefeltro nicht der Komik, wenn die Übersicht des lokalen Potentaten mit der Allschau des Weltenherrschers ver­ glichen wird. 370 Das ‚Schiefe Haus‘ von Bomarzo und seine Fenster – „De falso sensu“ Vicino Orsinis ‚Heiliger Wald‘ in Bomarzo ist nach Horst Bredekamp einer epikurei­ schen Weltanschauung verpflichtet. 371 Ein freistehendes Eingangstor, das sich heute nicht mehr am ursprünglichen Standort befindet, ermöglichte einen Durchblick auf die Gartenanlage, bevor die Eintretenden im sacro bosco die Orientierung verloren. 372 Die­ ses ‚Ausblickstor‘ mag von Lukrez’ oben erörterter „ianua aperta“ inspiriert sein. Das gigantische ‚Höllenmaul‘, aus dessen Dunkel sich ein Blick ins Helle öffnet (vgl. De rerum natura IV, 311a–352: „Ex tenebris in luce“)373 und das ‚schiefe Haus‘, die casa pendente oder casa inclinata (vgl. ibid. IV, 512a–522: „De falso sensu“) gehen hingegen sicherlich auf das vierte Buch von De rerum natura zurück, wie bislang m. W. noch nicht erkannt wurde. Zudem werden Monster bei Lukrez ausführlich und in einer an den Giardino dei Mostri von Bomarzo gemahnenden Weise als fantastische Realisationen einer Gegen­ welt geschildert, die entstünde, wenn die Naturgesetze nicht gälten (I, 700–729). In unserem Zusammenhang ist das spektakulär gekippte ‚Schiefe Haus‘ mit seinen aus der Horizontale und Vertikalen geneigten Fenstern von besonderer Bedeutung (Abb. 103– 104). Es bezieht sich auf eine Stelle aus der ‚Optik‘ des Lukrez, die in dessen Lehrgedicht auf einen Diskurs über das Viereck als sinnlich leicht fassliche Form folgt (IV, 505–512): „Wie ja auch schließlich beim Bau, wenn das Grundlineal nicht gerade, Wenn auch das Richtmaß falsch und mit schiefen Winkeln gebaut ist Oder das Bleilot endlich auch nur um ein Tüttelchen abweicht, Da muß alles vertrackt und windschief werden am Hause, Alles verpfuscht und vorn wie hinten zum Dache nicht passend, Daß schon einzelne Teile mit Einsturz drohen, ja wirklich Stürzen; verfehlt war eben von Grund aus die ganze Berechnung. So müßt’ auch jedwedes System verpfuscht und verkehrt sein, Falls dir die Sinne, auf die du gebaut, sich als irrig erwiesen.“374 Dieser Abschnitt trägt in einer alten, von Diels übernommenen Kapitelüberschrift den Titel „De falso sensu“. Am irritierenden Ausblick aus dieser Casa Pendente mit ihren rechteckigen, aber wie auch das Häuschen nicht lotrecht ausgerichteten Fenstern erweist

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sich die wahrnehmungsstabilisierende und ordnungsstiftende Funktion der rechtecki­ gen und orthogonal ausgerichteten fenestra prospectiva und der an Vertikale und Hori­ zontale ausgerichteten ‚Rahmenschau‘ Albertis wie in einem Gegenbild – durch die Verfremdung einer um 1560 bereits ‚normalen‘ Erfahrung, des Blickens durch recht­ wink­lige und lotrechte Öffnungen. 375

  Exkurs: Perspektivische Blickachsen und ‚Hügeltheater‘ in Versailles Im 17. Jahrhundert inszenieren die ‚französischen Gärten‘ und insbesondere derjenige von Versailles mit perspektivischen Prospekten eine Progression ins Unendliche, jeden­ falls im Blick des 20. Jahrhunderts. 376 Frühe Darstellungen von Versailles hingegen zei­ gen sich, wie im Rückgriff auf jüngere Forschungen von Pablo Schneider im Folgenden skizziert werden soll, durchaus der Topik des begrenzten Kranzes aus Bergen als traditio­ nellem Idealort verpflichtet. Dabei hatte der Bauplatz in den Augen der Zeitgenossen und der frühen Rezeption durchaus nicht die Eigenschaft eines idealen Ortes traditioneller Auffassung: „Diesem riesigen Palast fehlt nur noch eine günstigere Lage, um als der schönste der Welt gelten zu können“ schrieb der Architekt Jacques-François Blondel und führte weiter aus: „Dieses Schloss ist auf einer Anhöhe errichtet, die sich inmitten eines von Höhenzügen begrenzten Tals erhebt, was den Anschein erweckt, das Schloss liege in einer Niederung.“377 Der Herzog von Saint-Simon wiederum kritisierte: Versailles „ist ein höchst trister und unfruchtbarer Ort, der keinen Ausblick, keine Wälder, kein Was­ ser und keinen guten Boden bietet, weil dort Treibsand und Sumpf vorherrschen.“378 Das vorgefundene Terrain in der Umgebung des Gebäudes wird denn auch nicht weitgehend unversehrt belassen (was insbesondere die Villenanlagen Palladios und Scamozzis kenn­ zeichnete). Vielmehr wird der für Schloss und Park ausgewählte Grund an der Peripherie von Paris einem im Voraus konzipierten Blickregime angepasst: Bevor die Gärten nach den Plänen Le Nôtres realisiert werden konnten, bedurfte das gesamte Gelände einer weitgehenden Um- beziehungsweise Neugestaltung. 379 Beispielsweise musste die Hügel­ kuppe, auf der das Schloss stand, ausgeglichen werden, damit sie dem Prinzip der Sym­ metrie entsprach. Des Weiteren musste auf der Stadtseite der Hügel von Montbauron abgetragen werden, weil er der vom Schloss ausgehenden, zunächst schnurgeraden Stra­ ße nach Paris im Weg war. 380 Schlussendlich wurden Millionen von Kubikmetern Erde abgetragen. 381 Den Quellen ist zu entnehmen, dass insgesamt bis zu 36.000 Arbeiter an Schloss und Garten tätig waren. 382 Frühe bildliche Darstellungen des Gartens von Versailles greifen auf den Topos des ‚Hügeltheaters‘ zurück und betonen den perspektivischen Expansionismus der Park­ achsen nicht (Abb. 133). Auf diesen frühen Repräsentationen werden symmetrische Höhenzüge dargestellt, welche die axiale Tiefenflucht der Blickachsen ausdrücklich

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133  Versailles, Schloss und Schlosspark, Um- und Ausbau ab 1661 (durch Louis Le Vau, Charles Le Brun, u. André Le Nôtre), Gemälde von Pierre Patel (um 1668), Öl auf Holz, 115 × 161 cm, Versailles, Musée National des châteaux de Versailles et de Trianon

begrenzen, sie gewissermaßen einhegen. 383 Dabei sind diese Anhöhen in Wirklichkeit auf der Hauptachse von Ost nach West gar nicht oder nur bei sehr gutem Wetter und sehr weit in der Ferne sichtbar. Namentlich auf Pierre Patels Gemälde von ca. 1668 werden sie jedoch näher gerückt und vergrößert (Abb.  133). 384 Offenbar wird in diesen frühen Dar­ stellungen auf den alten Topos des ‚Hügeltheaters‘ und das alte Lob der Grenze ange­ spielt, indem das Schloss und sein Park von hohen Bergen umgeben scheinen. Dabei wäre es umgekehrt in den frühen bildlichen Darstellungen durchaus möglich gewesen, die Tiefenerstreckung der Hauptachse in der Ebene stärker zu betonen. Von Madeleine de Scudéry (1607–1701) hingegen ist innerhalb einer Beschreibung des Schlosses von Versailles ein zeitgenössisches Lob der Undeutlichkeit überliefert, das ganz im Gegensatz steht zu den erörterten Paradigmen der Ausblicksinszenierung in der italienischen Renaissance, zu denen Klarheit, Begrenztheit, Fassbarkeit und Rilievo des Gesehenen zählten: „Wenn auch der Abstand zu groß erscheint, um die Einzelheiten als solche zu erken­ nen, so wohnt doch diesen vergoldeten Dächern, diesen Parterres, allen diesen Bos­ ketts und Fontänen eine eigenartige Großartigkeit inne, speziell durch die Undeut­ lichkeit, die sich in der Fernperspektive einstellt.“ 385  

220  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (197 3/74) Die Übertragung von Wahrnehmungsweisen von Artefakten auf ‚Erfahrungsstruk­ turen‘ der Wirklichkeit ist ein zentrales Thema der Kunst des kalifornischen Künstlers Robert Irwin (geb. 1928). Diese Übertragung wird unter den Bedingungen des Muse­ ums und des White Cube in der Regel dadurch erschwert, dass das moderne, ‚autonome Kunstwerk‘ aus der außerkünstlerischen Wirklichkeit ausgegrenzt wird. So wird es seit dem 19. Jahrhundert häufig in fensterlosen Räumen mit Oberlicht gezeigt, während etwa die oben erörterten fiktiven Galerien des Philostrat und Statius oder noch das Alte Museum Schinkels auf der Museumsinsel in Berlin Ausblicke auf ländliche oder städti­ sche Umgebung bieten und einbeziehen. 386 Die verbreitete Haltung, das Artefakt zu einer zweiten Wirklichkeit zu verdinglichen, die in keiner Wechselwirkung zur außer­ künstlerischen Realität steht, sondern als ein ästhetisches Refugium betrachtet wird, beschränkt sich nicht auf nichtfigurative Werke der ‚Konkreten Kunst‘. Auch das auf Wirklichkeit verweisende Potential der gegenständlichen Kunst wird in ihrer musealen Präsentation in der „weißen Zelle“ gewöhnlich ausgeblendet: Ihr Weltbezug scheint im Prozess der bildlichen Darstellung aufgehoben und abgeschlossen zu sein. Zwar könnte beispielsweise die Darstellung von Bäumen auf einem Gemälde des Impressionismus eine Betrachterin oder einen Betrachter dazu anregen, seine eigene Wahrnehmung von Bäumen auf Qualitäten hin zu befragen, die er im Bild gesehen hat. 387 Dies wird jedoch dadurch behindert, dass das Bild dem Betrachter die Wirklich­ keit als eine − vom privilegierten Blickpunkt des Künstlers aus − schon Gesehene anbie­ tet. Kunstbetrachtung unter den Bedingungen des ‚White Cube‘ kann Welterfahrung nicht nur eröffnen, sondern auch, wie etwa Henri Matisse festgestellt hat, schematisieren und verstellen: „Ich habe die Besucher, die zu mir nach Vence kamen, oft gefragt, ob sie den Akan­ thus an der Straßenböschung gesehen hätten. Niemand hatte ihn gesehen; alle hätten das Akanthusblatt an einem korinthischen Kapitell bemerkt, aber in der Natur hin­ derte sie die Erinnerung an das Kapitell, den Akanthus zu sehen.“388 Seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird den ‚Rezipienten‘ jedoch eine bereits von Künstler oder Künstlerin vollzogene Sicht der Welt in Gestalt mimeti­ scher Bilder in einer besonderen Weise dann verweigert, wenn Aussichtsöffnungen als Bestandteile von ‚Rauminstallationen‘ konzipiert werden. Sei es, dass letztere, wie von Irwin, Maria Nordman und Dan Graham, in Innenräumen eingerichtet werden, oder, wie ebenfalls von Graham, als Pavillons im Außenraum errichtet werden. 389 Während die Wirklichkeit in ihrem faktischen Bestand unverändert bleibt, werden die Bedingun­ gen, unter denen einzelne Betrachter während des Aufenthaltes in einer solchen ‚Instal­

221  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)

lation‘ beispielsweise einen Baum sehen, verändert, um einen neuartigen Blick auf die sichtbare Welt zu eröffnen. Mit dieser Intention haben Künstler der amerikanischen Westküste den Ausblick aus dem Fenster in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts neu interpretiert. Neben Robert Irwin seien hier James Turrell und Maria Nordman genannt. 390 Nordman, deren Raum mit zwei Türen sich nach einer Station auf der Kasseler Documenta von 1977 heute in Bochum (in der Situation Kunst für Max Imdahl) befindet, thematisiert das Fenster als ästhetische Grenze von Natur und Kultur, so bereits in ihrem Workroom 1969– in Los Angeles. 391 Robert Irwins Varese Portal Room von 1973/74 in der Villa des Kunstsammlers Giu­ seppe Panza di Biumo in Varese392 – eigentlich ein Window Room – kann sowohl als eine Neudeutung der architektonischen fenestra prospectiva als auch als eine Umdeutung von Albertis Definition des Bildes als „finestra aperta“ werden (Abb. 134). 393 Irwin veränder­ te hier nicht die vorgegebene Situation − den Park, auf den das Fenster des Raumes394 blickt (Abb. 134). Auf lapidare Weise werden lediglich die Rahmenbedingungen verändert, unter denen die äußere Wirklichkeit wahrgenommen wird. Irwin exponiert kein Abbild der Realität, keine Illusion eines geöffneten Fensters im Verständnis Albertis. Der Betrach­ ter steht vielmehr einer tatsächlichen „finestra aperta“ gegenüber, welche die umgebende Wirklichkeit (hier: einen Teil des Gartens der Villa) als Bild zeigt. Die hochrechteckige Fensterlichte ist nicht verglast (Abb. 134). Es fehlt der gewohn­ te, mittels Scharnieren zu öffnende Fensterrahmen, der das Verschließen mit Glas erlaubt. Das Fenster ist eine bloße Öffnung in der Wand, die durch eine breite, im stump­ fen Winkel in die Wand eingeschnittene Laibung gerahmt wird. Während der Betrachter in seitlicher Position zum Fenster in die Ferne − auf den Park und auf eine weite Land­ schaft jenseits des Parks − hinaussieht, nimmt er bei frontaler Betrachtung vor allem nahsichtiges Laubwerk wahr, das den Blick in die Ferne versperrt. Die Vielgestaltigkeit des Laubes und sein Farbenreichtum stehen in einem entschiedenen Kontrast zur Unfar­ bigkeit und Geometrie des kargen Raumes und der puristischen Fensterlaibung. 395 Zwar ist die Gestalt der Fensterlaibung sehr einfach, dennoch kann sie unterschied­ lich aufgefasst werden. Die wechselnden Erscheinungsmöglichkeiten der Laibung beein­ flussen deren Sichtweise und zugleich die Erscheinungsweise des von ihr gerahmten Naturausschnitts. Drei anschauliche Interpretationen der Laibung können unterschie­ den werden, die sich im Prozess der Anschauung von Irwins Fenster allerdings sowohl sukzessiv abwechseln als auch simultan durchdringen:   Die Laibung verjüngt sich von innen nach außen. Gemäß einer dieser faktischen Gegebenheit folgenden Sichtweise weisen die Kanten, an denen die eingeschnittenen Wandsegmente aneinanderstoßen, nach draußen. Dieses „perspektivische“ Sehen hat eine räumlich zwischen ‚näher‘ und ‚ferner‘ unterscheidende Auffassung des Na­ turausschnitts in der alltäglich vertrauten Weise zur Folge. 396

222  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

  Allerdings kann die räumliche Deutung der Laibung umschlagen. Gemäß dieser Auffassung scheint die Begrenzung des Sichtfeldes sich vor der äußeren Umgrenzung der Laibung, also vor der Innenwand des Zimmers zu befinden. Indem die Laibung nunmehr als ein nach vorn sich verjüngender ‚Rahmen‘ erscheint, wird der sichtbare Wirklichkeitsausschnitt zu einer virtuellen Fläche enträumlicht und als ‚Bild‘ wahr­ genommen.   Drittens kann sich die Laibung, welche sowohl die Innenwand als auch den Aus­ blick hell überstrahlt, bei längerer Anschauung zu einem Lichtband von großer Leuchtkraft entmaterialisieren. Die Laibung wird dann als ein beinahe flächiges Gebilde aufgefasst, innerhalb dessen die Eckkanten als zweidimensionale Schrägen erscheinen. Je mehr sich die Erscheinung der Laibung im Prozess der Anschauung entstofflicht, enträumlicht und damit ‚entbegrifflicht‘ 397, erscheint auch das Laub­ werk nicht mehr räumlich. Schließlich lässt es sich nicht mehr unter die Gegen­ standsvorstellung ‚Laub‘ subsumieren. Durch das Schwinden der Gegenstandsvor­ stellung erscheint es vielmehr als ein vitales Gewebe von Farb- und Formimpulsen, das von wechselndem Licht durchleuchtet wird, gewissermaßen, um an einen Begriff Benedetto Croces anzuknüpfen, als eine vorbegriffliche Macchia. 398 Irwins Fenster ist ein ungeteiltes Rechteck. Es besitzt damit die seit dem frühen 16. Jahr­ hundert zunehmend kanonisierte Gestalt des „Normalfensters der Neuzeit“399. Seine Laibung erinnert außerdem an die Darstellungskonvention des perspektivischen Raum­ kastens, ein Paradigma perspektivischer Raumdarstellung bereits seit dem Trecento. Im deutlichen Unterschied zu inszenierten Ausblicken der Renaissance zeigt sich bei Irwin jedoch ein Gegensatz zwischen der klaren Geometrie des Fensters und der organischen Vielfalt des gewählten Naturausschnittes, der sich keiner Geometrisierung fügt. Indem die einfache Gestalt der Fensterlaibung allerdings verschiedene und sogar sich wider­ sprechende Deutungen zulässt, ist sie in der Anschauung letztlich ebenso wenig be­ herrschbar wie der gerahmte Sichtbarkeitsausschnitt selbst. Eine solche ambige Konzeption geometrischer und ‚perspektivischer‘ Form ist wohl nur in Kenntnis nichtfigurativer Malerei des Modernismus möglich. Zu nennen sind hier besonders die Homages to the Square von Josef Albers.400 Die latente Perspektivität der Bilder dieser Serie kann Albers’ Gemälde Mitered (‚Winkelbetonung‘) deutlich machen (Abb. 135).401 In der Betrachtung von Albers’ Huldigungen an das Quadrat schlägt die Gewissheit der geometrischen Ordnung des „factual fact“ in das „actual fact“ (um in der Diktion Albers’ zu sprechen) einer die Wahrnehmung überfordernden Durchdringung visueller Interpretationen um.402 In ähnlicher Weise verwandelt sich auch bei Irwins Fenster der vertraute Fensterausblick auf distanzierte und bildhaft überschaubare Wirk­ lichkeit in einen Einblick in die Vitalität der Natur, die als eine das Begriffs- und Ord­ nungsvermögen der Perzeption übersteigende natura naturans inszeniert wird.

223  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)

134  Robert Irwin, Varese Portal Room, 1973/74, Varese, Villa Giuseppe Panza di Biumo, Detail: Fensterlaibung und Ausblick in den Park

224  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

135  Josef Albers, Homage to the Square: Mitered, 1962, Öl auf Hartfaser, 122 × 122 cm, Bottrop, Josef Albers-Museum

225  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)

Irwins zeitgenössische und irritierend ‚wörtliche‘, nämlich gebaute Version der alber­ tianischen „finestra aperta“ zeigt den Blick aus dem Bau, aus dem Artefakt auf die Wirk­ lichkeit, nicht als ein für alle Male feststehendes Bild, als perspektivischen Durchblick auf eine Welt, die der Wahrnehmung als fester Bestand vorausliegt. Indem die Rahmung des einen Fensters verschiedene − sich abwechselnde, aber auch sich durchdringende − Sicht­ weisen erlaubt, exponiert es einander abwechselnde und sich durchdringende ‚Bilder‘ des einen umgrenzten Wirklichkeitsausschnitts. Irwins Fenster macht Wirklichkeit als ein Potential erfahrbar, das nur in wechselnden ‚Bildern‘ wahrgenommen werden kann, ohne sich doch in diesen jeweils ganz zu zeigen. Da sich zudem die Erscheinungsweisen des Laubwerks in einer abgründigen, vorbegrifflichen Phänomenalität überlagern, wird Wirklichkeit als eine Summe von potentiellen Erscheinungsmöglichkeiten erfahrbar. Irwins Kunst befördert und erfordert eine bewusste Wahrnehmung der künstlerisch unveränderten Wirklichkeit, die im phänomenologischen Sinne Vorwissen über das Sicht­ bare ‚einklammert‘.403 Er selbst spricht von einer „phenomenal art“404 und hebt seine Be­ schäftigung mit der Phänomenologie Maurice Merleau-Pontys hervor. Eine eingehende Auseinandersetzung mit Merleau-Ponty, besonders mit der Phänomenologie der Wahrnehmung und seinem späten Essay über Paul Cézanne geht auch aus den Notizbüchern des Künstlers aus den Jahren 1976/77 hervor, die sich im Getty Research Institute in Los Angeles befinden.405 Die ‚Entbegrifflichung‘ der Naturwahrnehmung, die Irwins archi­ tektonischer Eingriff in Varese veranlasst, steht dabei in der Tradition der impressionis­ tischen Malerei und besonders der Kunst Paul Cézannes, auf den sich der Künstler aus­ drücklich berufen hat.406 Das Neuartige an Irwins architektonischer Intervention besteht im Vergleich zur Malerei darin, dass sie kein Resultat künstlerischer Darstellung als Repräsentation eines faktisch Abwesenden zeigt. Sie ermöglicht vielmehr eine von jedem Betrachter individu­ ell zu realisierende Aktualisierung von Erscheinungsmöglichkeiten der sichtbaren Wirk­ lichkeit. Während etwa die Malerei Cézannes dem Betrachter das Resultat eines vom Künstler vollzogenen Einstellungswandels gegenüber der sichtbaren Welt bietet, ist es im Fall von Irwins Fenster am Betrachter selbst, diesen Einstellungswandel zu vollzie­ hen. Der Betrachter sieht die Wirklichkeit selbst und er selbst sieht die Wirklichkeit.407

Albertis „finestra aperta“ ist früher Ausdruck einer auch sonst geistesgeschichtlich be­ zeugten Rationalisierung und Geometrisierung der Naturwahrnehmung und des Natur­ begriffs.408 Irwins Varese Portal Room kann dagegen als Manifestation einer seit dem späten neunzehnten Jahrhundert sowohl in Strömungen der Kunst als auch der Philoso­ phie dokumentierten phänomenologischen Haltung verstanden werden. Die Phänomeno­ logie hat, wie vor ihr die Malerei, jene perspektivisch geprägten Wahrnehmungsmuster relativiert,409 die auch Irwin auf neuartige Weise mit seinem Varese Portal Room in Frage stellt, und zwar ironischerweise mittels einer durchaus ‚perspektivischen‘ Laibung.

226  |  III. INSZENIERTE AUSBLICKE UND DIE FENESTRA PROSPECTIVA

Die Fensterausblicke des Giardino Pensile von Urbino bzw. von Irwins Portal Room bezeugen im Vergleich die kulturgeschichtliche Bedingtheit solcher Inszenierungen von Fensteraussichten. Letztere wie auch die Wirkung gebauter Fenster auf geschichtliche Wandlungen der Wahrnehmung können Themen historischer Forschung werden. Gleich­ zeitig besitzt der architektonisch inszenierte Ausblick eine besondere Aktualität. Sie hängt mit dessen schon angesprochenem „Realitätscharakter“410 zusammen: Sowohl das Fenster des erst vor etwa vierzig Jahren entstandenen Varese Portal Room als auch die Fenster des vor etwa fünfhundertvierzig Jahren erbauten urbinatischen Palastgartens modifizieren die Sicht des heutigen Betrachters. Die jeweils spezifische architektonische Rahmung des jeweils gewählten Ausblicks bedingt spezifische „Erfahrungsstruktu­ ren“411 der Außenwelt. Betrachterin oder Betrachter sehen einen Ausschnitt der Wirk­ lichkeit, der auch aus anderer Position, ohne die Vorgabe eines architektonischen Rahmens und demzufolge in anderer Weise wahrgenommen werden kann, unter ganz bestimmten, architektonisch konstruierten Wahrnehmungsbedingungen. Der Vergleich von Irwins Aussichtsfenster in Varese mit den fenestrae prospectivae des Giardino Pensile von Urbi­ no macht erfahrbar, dass die scheinbar vertraute Wirklichkeit so, aber auch anders erschei­ nen kann, indem ihre Wahrnehmung mittels unterschiedlicher frameworks unterschied­ lich strukturiert wird.

227  |  Ein Rückblick aus der Gegenwart: Robert Irwins Fenster in Varese (1973/74)

IV. Fa zit: Naturthe ater und Fensterbild

Naturtheater und Aussichtsfenster als Paradigmen inszenierter Aussichten der frühen Neuzeit Bei ‚Hügeltheater‘ und ‚Bildfenster‘ handelt es sich, wie aus den beiden vorigen Kapi­ teln deutlich werden sollte, um im Grunde konfligierende Modelle des Ortsbezuges von Architektur und ihrer Öffnung auf das landschaftliche Umfeld. Das auf die Kreisform – als Inbild idealtypischer Vollkommenheit – gegründete ‚Hügeltheater‘ ist nach Auffas­ sung der Geographie und Geologie des 15. und 16. Jahrhunderts in der Natur vorgege­ ben. Als Produkt einer kunstreichen natura artificiosa, als ‚erste Architektur‘ einer selbst kunstvoll hervorbringenden Natur konnte es nach der Auffassung dieser Zeit an beson­ deren Orten vorgefunden werden: es füllt den Gesichtskreis als ein der idealen Kreis­ form angenähertes Gebäude der ‚kunstreichen Natur‘ aus. Das ‚Hügeltheater‘ wurde als eine Ganzheit aufgefasst, in der sich die Ordnung der natura und des Kosmos spiegelte. Es wurde in Analogie zum vorkopernikanisch aufgefassten Makrokosmos konzipiert und als von Natur aus abgeschlossener und umhegter Mikrokosmos wahrgenommen und beschrieben. Das neuzeitliche Ausblicksfenster besitzt als Grundform in der Regel hingegen das Rechteck. Sein nach architekturtheoretischen Vorgaben harmonisch proportionierter Rahmen macht lediglich einen Ausschnitt der landschaftlichen Umgebung sichtbar. Als ‚Ganzheit‘ erscheint dieser erst, indem das im Sichtfeld des Fensters präsentierte kon­ tingente Fragment der Sichtbarkeit in die Ordnungsvorgabe eines architektonisch ge­ rahmten und harmonisch proportionierten Sichtfeldes einbeschrieben wird. Es erscheint damit gleichsam als ein von Menschenhand komponiertes Gemälde – wie dies oben für die Ausblicksfenster des Herzogspalastes von Urbino gezeigt wurde. Nach Erwin Panofsky trägt das neue, zentralperspektivisch konstruierte Tafelgemälde als regelhaft aufgebaute Illusion einer Aussicht durch ein Fenster zur „Befestigung und Systematisierung der Außenwelt“ sowie zur „Erweiterung der Ichsphäre“ bei.1 Das Aus­ blicksfenster der neuzeitlichen Architektur als zunehmend alltäglich verbreitetes Medium

229  |  IV. Fazit: Naturtheater und Fensterbild

der „Rahmenschau“ 2 dürfte bei der lebensweltlichen Etablierung des neuzeitlichen Dua­ lismus von Subjekt und Objekt ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt haben. Denn der dis­ tanzierte Blick auf ein simultan überschaubares „Weltbild“3 sichert dem Subjekt seinen Standpunkt; zugleich gewinnt es Abstand zu einem umrahmten und fokussierten Feld ‚objektiv gegebener Gegenstände‘, das als in sich geschlossene Ganzheit inszeniert wird. Max Imdahl hat die planimetrische Ordnung des „komponierten Bildes“ der frühen Neuzeit in Italien im Anschluss an Joachim Ritter als eine Form von „Kontingenzbewälti­ gung“ interpretiert.4 „Befestigung und Systematisierung der Außenwelt“5 sowie „Kon­ tingenzbewältigung“6 – beide Deutungen des neuen, perspektivisch konstruierten und planimetrisch komponierten Tafelgemäldes gelten auch für die gebauten fenestrae prospectivae der italienischen Renaissancearchitektur: für die neuen Ausblicksfenster, welche dem gerahmten ‚Bild‘ der Außenwelt eine virtuelle geometrische Komposition einschrei­ ben. Dies geschieht im Hinblick auf eine Wirklichkeit, deren Ordnung, wie erwähnt, seit der großen Pest in der Mitte des Trecento und seit den Nominalismus- und Voluntaris­ musdebatten des 14. Jahrhunderts fragwürdig geworden war. Die latente Mathematisierung und „Rationalisierung“ des Sehens7 während der italie­ nischen Renaissance, als deren einflussreichster Anwalt Alberti gilt, vollzieht sich nicht nur innerhalb der fingierten Fenster der Malerei, sondern auch im Blick aus dem tatsäch­ lichen Fenster. 8 Die Wiederentdeckung der antiken fenestra prospectiva wird in den Jah­ ren um 1470, während derer in Italien die Verbreitung des modernen, ungeteilten Recht­ eckfensters in der Architektur beginnt, von gemalten Landschaftsausblicken begleitet, die als ein ‚Bild im Bild‘ in fingierter architektonischer Rahmung präsentiert werden. Bemer­ kenswert, dass diese frühen ‚Landschaftsveduten‘ auf Gemälden sakraler Thematik anzu­ treffen sind, die häufig auf das traditionelle Mariensymbol der fenestra coeli zurück­ greifen. 9 Prägnante Beispiele sind neben Giovanni Bellinis Pala di Pesaro (Abb. 10) die ur­­sprünglich in der Palastkapelle des Herzogs von Mantua befindliche Altartafel eines Marientodes von Mantegna (Madrid, Museo del Prado, um 1461) und die für Santa Maria in Porto zu Ravenna bestimmte Altartafel einer Madonna mit Heiligen von Ercole de’ Roberti aus dem Jahr 1481, die sich heute in der Mailänder Brera befindet. Auch Peru­ ginos etwas spätere Vision des Hl. Bernhard in der Münchener Pinakothek gehört in diesen Zusammenhang.10 Eine – kontrovers zugeschriebene – Tafel der Heilung eines Mädchens durch den Hl. Bernardino von Siena in der Galleria Nazionale dell’Umbria zu Perugia, die durch eine gemalte Inschrift für 1473 gesichert ist, exponiert einen landschaftlichen Aus­ blick als architektonisch gerahmtes ‚Bild im Bild‘ (Abb. 9). Auch dieses Gemälde ist kurz vor Errichtung des Palastgartens von Urbino entstanden.11 Die Aufwertung der profanen „voluptas prospiciendi“12 und der Fensteraussicht durch die Villen- und Residenzarchitektur einerseits und andererseits die Sakralisierung des Ausblicksfensters in den genannten Altargemälden – die Gleichzeitigkeit beider Phä­ nomene ist ein bezeichnendes kulturhistorisches Faktum. Die diesseitige Welt wird in der Neuzeit als unbegrenztes Potential des Genusses und der Beherrschung ‚entdeckt‘13

230  |  IV. Fazit: Naturtheater und Fensterbild

und zugleich in begrenzte und überschaubare Bilder transformiert. Die gebaute fenestra prospectiva ist Modell und Medium neuzeitlicher Sichtbarkeit und ‚Weltanschauung‘14: eine rahmende und ordnende Rezeptionsvorgabe der Weltwahrnehmung. In den ange­ führten Gemälden erscheint die neue Öffnung des profanen Raumes auf weite Horizon­ te vermittelt mit dem überkommenen Glauben an die Ordnung und Begrenztheit der Welt.15 Alberti hat „fenestrae apertae“ auch in der Bibel finden können: als Himmelsfenster bei Jesaja 24, 18 („Fenestrae sunt apertae in caelis“)16 und als Ausblicksfenster eines alttesta­ mentlichen Speisezimmers, das sich laut Daniel 6, 10 mit „fenestris apertis“ nach Jeru­ salem öffnete. Alberti scheint allerdings ein pagan-profanes Konzept des geöffneten Fensters im Blick gehabt zu haben, das auf die Herausforderung der Sinnoffenheit nicht mit theologischen Argumenten, sondern mit den ‚ästhetischen‘ Verfahren scheinbar un­ mittelbarer Anschaulichkeit reagierte. Deren historische Vermitteltheit war dem Huma­ nisten durchaus bewusst, wie die oben zitierte Stelle aus dem Dialog Profugiorum ab aerumna libri über den zerfallenen Tempel der Antike und über das neue Bild der Welt als Mosaik aus Bruchstücken zeigt (siehe Appendix 2).17 Leitbilder Albertis waren hier, wie bereits angeführt, die rhetorischen Kategorien der evidentia18 und der perspicuitas19 und im Hinblick auf die Bildkünste die augenscheinlich überzeugende Anordnung von Kompositions-Elementen. Dass es sich hier um Paradig­ men einer Wirkungsästhetik avant la lettre handelt, die nicht mehr als Nachahmung einer präexistenten Weltordnung und Weltarchitektur aufzufassen sind, brachte der Humanist in der oben zitierten Stelle aus dem Dialog Profugiorum ab aerumna libri aus­ drücklich zur Sprache. 20 Inszenierte Aussichten sind für Alberti keine notwendigen Bestandteile von Archi­ tektur überhaupt, sondern sie gehören vor allem zu sozial hochrangigen Bauaufgaben. Bentmann und Müller haben herausgearbeitet, auf welche Weise etwa die von Veronese gemalten, fingierten Ausblicke aus der Sala a Croce in Palladios Villa Barbaro in Maser den Ausblick zum Medium sozialer Distinktion erheben. Diese Überlegungen der bei­ den genannten Autoren lassen sich darüber hinaus gut auf die dort tatsächlich gebauten fenestrae prospectivae übertragen, die den Blick auf das umliegende Ackerland der Villa und die weite Ebene freigeben. 21 Bentmann und Müller zitieren wiederum Walter Ben­ jamin, der den Zusammenhang von ästhetischem Genuss und herrschaftlicher Distanz zur Welt des Faktischen für die Ausblicksfenster der neuzeitlichen Villenarchitektur folgendermaßen charakterisiert: „Daß keine Galaloge so unerschwinglich ist wie das Eintrittsbillet in Gottes freie Natur, dass selbst sie, von der wir doch lernten, daß sie so gern sich Vagabunden und Bettlern, Lumpen und Stromern schenkt, ihr trostreichstes, stillstes und lauterstes Antlitz dem Reichen verwahrt, wenn sie durch die großen tiefliegenden Fenster in seine kühlen, schattigen Säle dringt, – das ist die unerbittliche Wahrheit, die die italie­

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nische Villa den lehrt, der zum ersten Male durch ihre Pforten trat, um einen Blick auf See und Gebirge zu werfen, vor dem, was er dort draußen gesehen hat, verblasst wie das Kodakbildchen vor dem Werk eines Lionardo. Ja, ihm hängt die Landschaft im Fensterrahmen, nur ihm hat Gottes Meisterhand sie signiert.“22 Nach Robert D. Romanyshyn ist eine solche Distanzierung des Subjektes von der Welt auf das Engste mit dem Perspektiv-Paradigma verbunden: „In the space of linear perspective the viewer is imagined to be looking at the world as if through a window. […] behind the window we have become distant and detached, a self separated and isolated from the world, a neutral observer and recorder of the world’s events.“23 Alberti schreibt bereits ausführlich über architektonisch inszenierte Ausblicke und erör­ tert Aussichten systematisch. Die ‚kontextuellen‘ Kategorien „regio“ und „area“ figurie­ ren am Anfang der Reihe seiner ‚architektonischen Grundbegriffe‘. 24 In Filaretes Architettonico Libro stehen der Ausblick über das Terrain und die Wahl des Ortes am Anfang des Bauens. Die Villa Medicea von Fiesole, die Papststadt Pienza und der Herzogspalast von Urbino stehen in Italien am Beginn der neuzeitlichen Geschichte architektonisch gerahmter Ausblicke, deren bewusste Inszenierung die Gestalt repräsentativer profaner Bauten zunehmend mitprägt. Auch Raphael berücksichtigt Aussichten bei seinen Pla­ nungen für die Villa Madama. Michelangelo rückt eine architektonisch gerahmte Aus­ sicht in das Zentrum seines Entwurfes für den römischen Palazzo Farnese (vgl. Abb. 19–21). Palladio begründet die Gestalt der Villa Rotonda aus der Gewinnung von Ausblicken auf ihre Umgebung und zitiert mit der Metapher des ‚Hügeltheaters‘ einen seinerzeit ver­ breiteten, heute verschütteten Topos idealer Topographie. Giovanni Battista Agucchi schließlich behandelt in seiner ausführlichen Beschreibung der Villa Aldobrandini bei Frascati das Gebäude und sein Gelände, den Bau und seine Ausblicke gleichberechtigt. Auch weniger prominente Bauten und Architekturbeschreibungen aus dem Quattround Cinquecento, die in den vorausgehenden Kapiteln analysiert wurden, belegen die Kernthesen dieser Studie:   Ortsbezug und Ausblicksinszenierung spielen für die Situierung und die archi­ tektonische Gestalt profaner Bauten der frühen Neuzeit in Italien eine zentrale, bis­ lang jedoch wenig beachtete Rolle.   Bauplatz, umgebendes Territorium sowie Ausblicke auf Land und Landschaft werden in Texten des 15. und 16. Jahrhunderts über italienische Villen und Residen­ zen regelmäßig beschrieben. Dies war in antiken Traditionen der Architekturbeschrei­ bung vorgegeben, geriet aber nach dem 18. Jahrhundert weitgehend in Vergessenheit.

232  |  IV. Fazit: Naturtheater und Fensterbild

Die deskriptiven Quellen aus der italienischen Renaissance wurden hier erstmals zusammengestellt und ausgewertet.   Das ‚Hügeltheater‘ als ‚idealer Ort‘ zum einen und die architektonisch gerahmte Aussicht als ‚ideales Bild‘ von Land und Landschaft zum anderen sind zwei unter­ schiedliche Modi der Ausblicksinszenierung, die beide auf antike (vor allem auf stoische respektive epikureische) Traditionen zurückgehen und die in der italie­ nischen Renaissance weite Verbreitung fanden, wie hier gezeigt und belegt wurde.   Die Verbreitung des Topos des ‚Hügeltheaters‘ als Inbild idealer Topographie ist nur vor dem Hintergrund geographischer, naturphilosophischer und literarischer Diskurse sowie von Bildtraditionen der frühen Neuzeit verständlich, in denen Hügel und Berge als regelhafte und selbst bereits ‚architektonische‘ Produkte einer natura artificiosa gedeutet worden sind. In diesem Zusammenhang wurden von den hier angeführten Architekten, Auftraggebern und weiteren Autoren der frühen Neuzeit Vorstufen des sogenannten „Design argument“ vertreten, welche die Welt als erste Architektur einer natura artificiosa bzw. des Deus artifex deuteten.   Die überkommenen antiken Topoi des ‚Hügeltheaters‘ und des ‚Fensterbildes‘ werden während der italienischen Renaissance im Blick auf die tatsächlich vorgege­ bene Topographie architektonisch ‚realisiert‘ und in den Erfahrungshorizont der eigenen Gegenwart versetzt. Im Unterschied zu mittelalterlichen und trecentesken Traditionen werden nun idealtypische Topoi in der empirischen Topographie auf­ gesucht und literarische Traditionen in visuelle Erfahrungen überführt. Die im Tre­ cento als „troppa vana vista“ 25 diskreditierte Aussicht auf Land und Landschaft wird als „veduta“, „prospettiva“26 und „bella vista“27 seit dem Ende des Quattrocento zuneh­ mend zum selbstverständlichen Be­­standteil repräsentativer Wohnbauten, insbeson­ dere von Villen.   Für die Einführung gerahmter Ausblicke in die Architektur der Renaissance waren die neue perspektivische Malerei des Quattrocento und die albertianische Definition des Gemäldes als ungeteilt-rechtwinklige „finestra aperta“ wegweisend: Ungeteilt-rechtwinklige, all’antica gerahmte Ausblicksfenster werden zuerst in Male­ rei und Reliefkunst ab ca. 1420 dargestellt, bevor sie – mit deutlicher zeitlicher Ver­ zögerung – in der gebauten Architektur auftreten.   Die Genese und Karriere des neuzeitlichen Ausblicksfensters und insbesondere seine Bedeutung bei Alberti wird erst vor dem Hintergrund der Kontingenzerfahrun­ gen durch Nominalismus und Voluntarismus sowie der Neubelebung epikureischer Traditionen verständlich, die eine providentiell geplante ‚Ordnung der Dinge‘ leug­

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neten. Nach dem Muster der Malerei werden ab ca. 1470 in den neuen Aussichtsfens­ tern und Ausblicksloggien ‚Bilder‘ der Außenwelt vermittelt, die durch die Ordnungs­ vorgabe der rahmenden Architektur selbst geordnet erscheinen (Abb. 11, 123–125). Damit wurde die Suggestion einer Ordnung der Dinge inszeniert, an deren tatsäch­ licher Existenz zunehmend gezweifelt wurde.   In der zunehmenden Ablösung des ‚architektonischen‘ Paradigmas einer ‚Natur als Bau‘ durch das pikturale Paradigma einer ‚Natur als Bild‘ spiegeln und entwickeln sich zentrale Motive der neuzeitlichen ‚Weltanschauung‘ und des neuzeitlichen ‚Weltbildes‘. Hierzu zählen der Übergang von einem theo- und heliozentrischen zu einem anthropo- und geozentrischen Weltbild, die konzeptuelle Transformation einer „geschlossenen Welt zum unendlichen Universum“ 28 sowie die Aufwertung und gleichzeitige architektonische Einhegung von Kontingenz und Augenschein. In der vorliegenden Studie sollte gezeigt werden, dass der konkrete topographische Kon­ text sowohl für die Konzeption als auch für die historische Rezeption von Villen und ländlichen Residenzen der italienischen Renaissance konstitutiv war, wobei die Aussicht und deren architektonische Rahmung eine zunehmende Bedeutung gewannen. Es ist demnach historisch unangemessen, diese Bauten als ortlose Monaden auf ihre imma­ nenten Qualitäten zu reduzieren, wie dies im Falle der Rezeption der Villa Rotonda Pal­ ladios seit etwa 1800 bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zu konstatieren ist. Und zwar historisch unangemessen sowohl mit Bezug auf die Intentionen von Auf­ traggebern und Architekten der frühen Neuzeit in Italien als auch hinsichtlich der quel­ lenmäßig überlieferten Rezeptionsweisen dieser Zeit. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich Konsequenzen für die historische Erforschung dieser Bauten, aber auch für unseren Umgang mit diesen Gebäuden in der Gegenwart. Dies betrifft zunächst die Denkmal­ pflege und den Schutz der Umgebung und des Sichtfeldes der hier analysierten Gebäude. Dies betrifft aber auch die Geltung einiger der hier erörterten ‚Meisterwerke‘ aus dem Kanon der Renaissancearchitektur und damit der ‚Weltarchitektur‘. Ob und in welcher Weise rinascimentale Gebäude wie die Villa Rotonda auch heute noch als ein normatives Modell (wie bei Ungers) oder als ein Widerpart (wie bei Moss) der gegenwärtigen Archi­ tektur betrachtet werden können, darüber kann und sollte man sich streiten. Eine Schluss­ folgerung dürfte sich allerdings aus dem vorgelegten Material ergeben: Wenn man die Villa von Poggio a Caiano, die Rotonda oder die Villa Aldobrandini bei Frascati noch heute als zukunftsweisende Modelle der Architektur ansehen möchte, dann nicht als ortlose Module, sondern als immanent komplexe und z u g l e i c h n a c h a u ß e n g e ö f f n e t e Synthesen von Selbstbezug und Ortsbezug, von Modell und Belvedere, von Bau­ körper und Bildgenerator.

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  Exkurs: Rationalismus und Rahmenschau im 18. Jahrhundert Der gerahmte ‚Prospekt‘ durch Baum- und Raumfluchten und das bildhaft gerahmte ‚Tableau‘ einer Aussicht durch Fenster werden zu prägenden Modi architektonisch wie bildkünstlerisch realisierter Sichtbarkeit in Barock und Aufklärung. Das neuzeitliche Ausblicksfenster und der perspektivisch konstruierte, auf bestimmte Aussichtspunkte hin tableauartig komponierte ‚Prospekt‘ sind in Architektur und Gartenkunst des 17. und 18. Jahrhunderts bestimmende Modi der Inszenierung von Ausblicken. Der in seiner Wirkung von der Antike bis in die Frühe Neuzeit hier erstmals umfas­ send erschlossene Topos des ‚Hügeltheaters‘ und die ihm implizite Strukturanalogie von Architektur und Natur ist jedoch seit dem 18. Jahrhundert durch die Autonomie-Ästhe­ tik der Aufklärung nahezu in Vergessenheit geraten. Letztere sieht nun die Architektur einerseits und die ‚Natur‘ (bzw. den architektonisch gewährten Ausblick auf Land und ‚Landschaft‘) andererseits als polare Gegensätze. Die der Topik des ‚Hügeltheaters‘ tradi­ tionell implizite Analogie von Architektur und natura artificiosa wird radikal in Frage gestellt und verabschiedet. 29 Das Jahrhundert der Aufklärung begreift das Bauwerk als einen in sich geschlossenen Formen-Kosmos und sieht die umgebende Natur als das ‚Andere‘ der Architektur. Der Anblick der Umgebung ländlicher Villen und Residenzen wird nun als piktural gerahmter und abgeschlossener Prospekt, als ‚ideale Landschaft‘ nach dem Vorbild der Landschaftsmalerei inszeniert. Der neue ‚englische‘ Garten wird zu Szenerien komponiert, die im Blick aus dem Landhaus in den Park (wie auch beim Schauen auf das Landhaus vom Park aus) an Gemälde, besonders an Ideallandschaften von Claude Lorrain erinnern sollen. 30 Im englischen Neopalladianismus mit seinen Landschaftsgärten wird die alte Topik des aus sich selbst geordneten und idealtypisch strukturierten ‚Naturtheaters‘ vom Kon­ zept einer erst durch den Eingriff des Landschaftsplaners und Gärtners zum Bild insze­ nierten ‚Vedute‘ abgelöst. Die ‚ideale‘, ‚pittoreske‘ Landschaft und die „Rahmenschau“31 des 18. Jahrhunderts stehen dabei letztlich in der albertianischen Tradition der finestra aperta und der fenestra prospectiva. Der Anblick einer scheinbar natürlichen, jedoch absichtsvoll inszenierten Gartenlandschaft sollte aus der nach rationalen, palladiani­ schen Gesetzen erbauten Architektur heraus gleichsam als deren Gegenbild (und nicht mehr als deren Analogon) erblickt werden. Wie schon für die Entstehung der neuzeitli­ chen fenestra prospectiva in der Architektur des 15. Jahrhunderts waren hier wiederum Vorbilder der Malerei maßgebend, nun der Landschaftsmalerei eines Claude Lorrain und Nicolas Poussin. Der englische Palladianismus greift auf die Architektursprache Palladios zurück, ohne jedoch dessen ‚geometrische‘ und ‚architektonische‘ Konzeption von Geographie und Topographie und insbesondere die palladianische Deutung des Topos des ‚Hügel­ theaters‘ als Inbegriff idealer Topographie zu rezipieren32 – ein Anzeichen jener ‚Qua­

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dratur‘ bzw. ‚Inquadratur‘ des alten kosmologischen „Circle of perfection“, 33 welche die Ausblicksinszenierung in der Profanarchitektur seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun­ derts mehr und mehr bestimmt hatte. Gemeint ist die zunehmende Ablösung vom kreis­ förmig konzipierten Idealort antiker Provenienz, der seine hervorragendste Inszenierung in Palladios Rotonda gefunden hat, durch perspektivisch fluchtende Prospekte, durch weite Panoramen und durch eine an der Malerei geschulte „Rahmenschau“ auf bildhaft inszenierte Ausblicks-Veduten. Die Ausbildung einer Ästhetik des autonomen, in sich geschlossenen Kunstwerks hat seit dem 18. Jahrhundert auch den Diskurs über Architektur bestimmt. Sah die Architek­ turtheorie der frühen Neuzeit die Hervorbringungen von Architektur und Natur in einer Strukturanalogie (vermöge derer Architektur als Nachahmung der Natur verstanden wurde), so werden seit dem 18. Jahrhundert Natur und Architektur zunehmend als gegensätzliche, je autonome Bereiche aufgefasst. William Jeffersons Landsitz Monticello geht zwar in Gestalt und Namen auf Palladios Villa Rotonda und ihre Beschreibung in den Quattro Libri zurück (Abb. 76–77), seine Lage wurde aber nach ganz anderen Kriterien als jenen Palladios gewählt: Aus einer klas­ sizistisch gebändigten, rational proportionierten Architektur ergeben sich Ausblicke aus großer Höhe auf das weite Umland, die Jefferson selbst als ursprünglich, wild und „sub­ lime“, als Antithese zur gebändigten Rationalität seiner Architektur beschrieben hat. 34 Bereits im britischen Palladianismus des 18. Jahrhundert werden das Gebäude und der inszenierte Ausblick – ganz im Unterschied zur italienischen Renaissance und zu Palla­ dio – nach gegensätzlichen Paradigmen gestaltet: für den „moderne Garten“ der „eng­ lischen Gartenrevolution“ (Panofsky) wird die Illusion einer unberührten, gerade n i c h t nach geometrischen und architektonischen Regeln inszenierten Natur zum Paradigma erhoben. Park und Landschaftsgarten werden zu malerischen und ‚pittoresken‘ An- und Aussichten inszeniert, während die Bauten selbst den klaren Klassizismus Palladios zum Maßstab erheben. Die Hochschätzung Palladios und seiner Zeitgenossen für möglichst von Natur aus und vor menschlichen Eingriffen ‚architektonisch‘ strukturierte und zu­ gleich wie künstlich angelegt erscheinende ‚Hügeltheater‘ wird jedoch nicht rezipiert. 35 Natürlichkeit des Außen und Künstlichkeit des Innen werden nun als Dichotomie inszeniert. Panofsky hat von einem „Widerspruch“ zwischen einem „kompromisslos ‚klassischen‘ Stil in der Architektur mit einem durchaus modernen Stil der landschaftli­ chen Umgebung“ gesprochen. 36 Durch diese zunehmend antithetische Trennung der Sphären von Architektur und Natur geriet die traditionelle Topik idealer Orte zuneh­ mend in Vergessenheit. Innerhalb dieser Topik war die Baukunst als Nachahmung bereits in der Natur vorgegebener Strukturen und Formbildungen aufgefasst worden, die sich paradigmatisch in kreisförmigen Idealorten und in ‚Hügeltheatern‘ zu verwirklichen schienen. Die oben erörterten Topoi der natura artificiosa (einer selbst kunstreich her­ vorbringenden Natur) und ebenso der natura artificialis (einer augenscheinlich künst­ lich angelegten ‚Natur‘) haben seit dem 18. Jahrhundert häufig ausgedient. 37

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Nicht mehr die ‚Architektur der Natur‘, die Malerei des Menschen ist das Leitbild des englischen Gartens. Erinnert sei an ein bekanntes Zitat des Fürsten Hermann von Pück­ ler-Muskau: „[…] denn ein Garten im großen Style ist eben nur eine Bildergallerie, und Bilder ver­ langen ihren Rahmen.“38  

Die in den vorangehenden Kapiteln vorgenommene vergleichende Gegenüberstellung von Renaissance-Konzeptionen der Öffnung von Architektur auf Landschaft mit ihren antiken Vorgaben zum Einen und mit zwei exemplarischen Werken der Installations­ kunst der 1970er Jahre und der ‚dekonstruktivistischen‘ Architektur der 1990er Jahre, die in kritischer Auseinandersetzung mit der Renaissance-Tradition entstanden sind, zum Anderen, kann den Blick für historische Kontinuitäten des architektonisch fokus­ sierten Blicks auf Land und ‚Landschaft‘ ebenso schärfen wie für dessen Wandlungen und Brüche. Architektonisch inszenierte Ausblicke wurden in der vorliegenden Studie sowohl als Reflexe auf Veränderungen des philosophischen und wissenschaftlichen Weltbildes als auch als prägende Dispositive neuer Seh- und Sichtweisen während der Frühen Neuzeit in Italien analysiert. Im 20. Jahrhundert wird das latent geometrisierte und bildhaft distanzierte „Weltbild“ des neuzeitlichen Ausblicksfensters als kulturelle Vereinnahmung einer entfremdeten, einer technisch vernutzten Natur zunehmend in Frage gestellt. 39 Diese Kritik wendet sich gegen die Tradition des Bildfensters albertia­ nischer Prägung. Bereits Heinrich Mann schrieb, wohl mit ironischem Unterton: „Mit Hilfe der selbstgestalteten Welt hat man die wirkliche genügend geordnet und geklärt, um sich jetzt eine Ansicht von ihr zu bilden.“40 Zugleich erlebt das Ausblicksfenster in der Architektur des 20. Jahrhunderts eine bemer­ kenswerte Karriere und wird zur Leitform einer ‚befreienden‘ Entgrenzung des Gebäu­ des. Dies gilt für die modellhaften Glashäuser von Mies van der Rohe 41 und Philip John­ son42 und überhaupt für die gläserne Curtain-Wall, mittels derer die Fassade gleichsam zu einem großen Fenster, zu einer durchsichtigen Wand wird. Mies und Le Corbusier haben architektonisch gerahmte Ausblicke in ihren Collagen und Zeichnungen ausdrück­ lich dargestellt, wie für letzteren eine Ausstellung des Museum of Modern Art in New York kürzlich eindrucksvoll belegte.43 Rahmenschau und umgrenztes, ungeteilt-recht­ winkliges ‚Bildfenster‘ sind bestimmende Dispositive der Sichtbarkeit der Gegenwart geblieben – bis hin zu den virtuellen Fenstern des Bildschirms und zu dem ComputerBetriebssystem Windows, welche der Medientheoretiker Lev Manovich und die Kultur­ wissenschaftlerin Anne Friedberg als Derivate der finestra aperta Albertis deuteten.44

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Nachdem der kalifornische Light-and-Space-Künstler Robert Irwin zu Anfang der 1970er Jahre, in der Villa Panza di Biumo in Varese, ein ‚Fenster mit Aussicht‘ mit einer perspektivisch mehrdeutigen Laibung umgeben und zum Kunstwerk erklärt hatte (Abb. 134), bauen zeitgenössische Architekten wie Peter Zumthor und Valerio Olgiati Aussichtsfenster, die wie bildhaft verflachte Screens und Monitore anmuten.45 Diese ‚Bildfenster‘ regen einen neuen Blick auf die Architekturgeschichte an – und auf Archi­ tektur als Bildmedium.46 Wenn die erörterten Bauten der Frühen Neuzeit noch für uns modellhaft sein sollten, dann nicht als ortlose Strukturen, sondern als Synthesen von Selbstbezug und Ortsbezug, von Monade und Belvedere.

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Anmerkungen

Vorwort: Wie da s Fenster zum Bild, der R ahmen zu Architektur wurde 1  Die Literatur zum Bild als Illusion einer Aussicht ist erheblich (siehe z.B. Anne Friedberg, The Virtual Window. From Alberti to Microsoft, Cambridge [Mass.] u. London 2006), aber eine Studie des Fensters als g e b a u t e r Rahmen einer Aussicht stand bisher aus. 2  Vgl. Kai Brodersen, Terra cognita. Studien zur römischen Raumerfassung (Spudasmata, Bd. 59), 2. Auflage, Hildesheim et al. 2003 (1.  Auf lage 1995); id. u. Richard Talkert (Hrsg.), Space in the Roman World. Its Perception and Presentation (Antike Kultur und Geschichte, Bd. 5), Münster 2004, wo u.a. die Peutingerschen Tafeln kontrovers diskutiert werden. Erwiesen scheint indessen, dass antik-römische Kartografie ein B i l d der Geografie zu schaffen versuchte. 3  Robert Kirkbride, Architecture and Memory. The Renaissance Studiolo of Federico da Montefeltro, New York 2008, S. 101–106. 4  Es sei denn, diese Schwelle würde durch einen gewaltsamen Eingriff aufgehoben, wie Heinrich von Kleist ihn in seiner Reaktion auf Gemälde Caspar David Friedrichs imaginierte, als er in seiner Rezension die plötzliche, rahmenlose Tiefe der Bilder erklärte, „als ob Einem die Augenlieder [sic] weggeschnitten wären“ (Heinrich von Kleist, Empfindungen vor Friedrichs Seelandschaft, in: Roland Reuß u. Peter Staengle (Hrsg.), Heinrich von Kleist. Sämtliche Werke und Briefe. Münchener Ausgabe, 3 Bde., München u. Frankfurt am Main 2010, Bd. 2, S. 362 f.). 5  Claudia Brink, Arte et marte: Kriegskunst und Kunstliebe im Herrscherbild des 15. und 16. Jahrhunderts in Italien (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 91), München u. Berlin 2000 und Kirkbride 2008, insbes. Kapitel 6, The Urbino Studiolo as an Engine for Governance, S. 101–178. 6  Suggestive Vergleiche von Pieros gemalten Landschaften mit den Fernsichten aus Federico da Montefeltros Residenzen sind im Internet zugänglich: http://www.montefeltroveduterinasci­ mentali.eu/en/landscape. 7  Andrea Palladio, Entwurfskizze für die Villa Arnaldi in Meledo Alto, 1547/48, Vicenza, Biblioteca Civica Bertoliana, Ms. Gonzati, 28.1.4 (= Ms. 471), fol. 12 verso. Weitere Beispiele finden sich in den Skizzen für eine Villa (Vicenza, Archivio di Stato, Notarile, Giovanni Maddalena, b. 458, 25.  Juni 1562), und auf dem Studienblatt RIBA SC219/Xi/22 recto. Zur Skizze für die Villa Arnaldi siehe Bruce Boucher, Howard Burns u. Lynda Fairbairn (Hrsg.), Andrea Palladio 1508– 1580. The Portico and the Farmyard (Ausstellungskatalog London, Hayward Gallery, 21. August – 12. Oktober 1975), London 1975, S. 222 (H. Burns); Douglas Lewis, The Drawings of Andrea Palladio, 2. erw. Auf lage, New Orleans 2000, Kat. Nr. 69 C (S. 154 f.); Howard Burns u. Valeria Cafá,

239  | Anmerkungen zum Vorwort: S. XV–XX

Villa Arnaldi a Meledo, schizzi del complesso, in Burns u. Guido Beltramini (Hrsg.), Andrea Palladio e la villa veneta. Da Petrarca a Carlo Scarpa (Ausstellungskatalog Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio, 5. März – 3. Juli 2005), Venedig 2005, S. 337 f. und S. 40 der vorliegenden Studie.

I. EINLEITUNG : Bauten al s Bildgener atoren 1  Andrea Palladio: Die vier Bücher zur Architektur, aus dem Italienischen übertr. u. hrsg. v. Andreas Beyer u. Ulrich Schütte, 3. überarb. Auf lage, München u. Zürich 1988 (im Folgenden zitiert als Palladio, Die Vier Bücher, ed. Beyer/Schütte 1988), Buch II, Kap. III, S. 132. Vgl. Andrea Palladio, I Quattro Libri dell‘Architettura, Venedig 1570 (Reproduktion in Faksimile, hrsg. v. Ulrico Hoepli, Mailand 1990), im Folgenden zitiert als Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990), Libro II, Cap.  III, S.  18: „Onde perche [sic!] gode da ogni parte di bellissime viste, delle quali alcune sono terminate, alcune più lontane, & altre, che terminano con l’Orizonte; vi sono state fatte le loggie in tutte quattro le faccie […]“. 2  Siehe in der vorliegenden Studie S. 133 f. 3  Zur Baugeschichte und Datierung der Rotonda vgl. Martin Kubelík, Christian Goedicke u. Klaus Slusallek, La Rotonda di Andrea Palladio: un mito oggetto di indagini obiettive (Stathme, Bd. 2), 2. Auflage, Mailand 2003; Lionello Puppi, Andrea Palladio. Das Gesamtwerk, hrsg. v. Donata Bat­ tilotti, aktualisierte u. erw. Neuausgabe, Stuttgart u. München 2000 (ital. Erstausgabe 1973), S. 497 (D. Battilotti); Guido Beltramini u. Antonio Padoan (Hrsg.), Andrea Palladio. Bildatlas zum Gesamtwerk, München 2002, S. 65–68, sowie Howard Burns, Palladio e la villa, in: Guido Beltra­ mini u. Howard Burns (Hrsg.), Andrea Palladio e la villa veneta. Da Petrarca a Carlo Scarpa (Ausstel­ lungskatalog Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio, 5. März – 3. Juli 2005), Venedig 2005, S. 65–103, S. 67. 4  Siehe S. 106 u. 135 der vorliegenden Studie. 5  Palladio, Die Vier Bücher, ed. Beyer/Schütte 1988, Buch II, Kap. III, S.  132. – „Il sito è de gli ameni, e dilettevoli che si possano ritrovare: perché è sopra un monticello di ascesa facilissima, & è da una parte bagnato dal Bacchiglione fiume navigabile, e dall’altra è circondato da altri amenis­ simi colli, che rendono l’aspetto di un molto grande Theatro, e sono tutti coltivati, & abondanti di frutti eccelentissimi, & di buonissime viti: Onde perche gode da ogni parte di belissime viste, delle quali alcune sono terminate, alcune piu lontane, & altre, che terminano con l’Orizonte; vi sono state fatte le loggie in tutte quattro le faccie“ (Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Libro II, Cap. III, S. 18). 6  Grundlegend: Heinrich Drerup, Bildraum und Realraum in der römischen Architektur, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung 66 (1959), S. 147–174; vgl. auch Franz Jung, Gebaute Bilder, in: Antike Kunst 27 (1984), S. 71–122. Wichtige Hinweise zur Thema­ tisierung des architektonisch inszenierten Ausblicks in der Kunst- und Architekturgeschichts­ schreibung und bei Architekten des 20.  Jahrhunderts bietet Michael Hesse, Philip Johnsons Glashaus in New Canaan. Moderne als Postmoderne, in: Max Imdahl (Hrsg.), Wie eindeutig ist ein Kunstwerk?, Köln 1987, S.  131–151, S.  178–183 u. S.  189–191. Zum kulturgeschichtlichen Phä­ nomen der ‚Rahmenschau‘: August Langen, Anschauungsformen in der deutschen Dichtung des 18.  Jahrhunderts. Rahmenschau und Rationalismus, Jena 1934 (Neudruck Darmstadt 1965). Den gerahmten Ausblick im Kontext des kulturwissenschaftlichen Konzeptes des framing behandelt in literaturwissenschaftlicher Perspektive Cathrin Senn, Framed Views and Dual Worlds. The Motif of the Window as a Narrative Device and Structural Metaphor in Prose Fiction (Europäische Hoch­ schulschriften, Reihe 14, Bd. 375), Frankfurt am Main 2001.

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7  Dazu Pisana Posocco, Mies van der Rohe e il pittoresco. L’invenzione di paesaggi architettonici e di macchine per guardare, in: Parametro 36 (2006), Nr. 264/265 („Sul pittoresco“), S. 90–107; Mar­ gherita Azzi Visentini, ‚Veder … lontano‘ e da lontano ‚esser veduti‘. Il rapporto tra interno ed esterno, tra edifici, giardini e paesaggio, nelle ville venete dell’età barocca, in: Arte lombarda N.S. 145, 3 (2005), S. 4 –22; Gerd Blum, Epikureische Aufmerksamkeit und euklidische Abstraktion. Alberti, Lukrez und das Fenster als bildgebendes Dispositiv, in: Horst Bredekamp, Christiane Kruse u. Pablo Schneider (Hrsg.), Imagination und Repräsentation. Zwei Bildsphären der Frühen Neuzeit, München 2010, S.  79–118. – Siehe als (knapp gehaltene) historische Übersicht, die sich explizit dem Thema der inszenierten Aussicht auf Landschaft, vor allem in der Geschichte der Malerei, aber knapp auch in der Architektur- und Gartengeschichte widmet: Gina Crandell, Nature Pictorialized: ‚The View‘ in Landscape History, Baltimore (Md.) u. London 1993 sowie Hansjörg Küster, Schöne Aussichten: Kleine Geschichte der Landschaft, München 2009. 8  Gerd Blum, Naturtheater und Fensterbild. Architektonisch inszenierte Aussichten der frühen Neuzeit, in: Andreas Beyer, Matteo Burioni u. Johannes Grave (Hrsg.), Das Auge der Architektur. Zur Frage der Bildlichkeit der Baukunst, München 2011, S. 177–219. 9  Methodisch grundlegend für eine Analyse von Architektur als Dispositiv von Handlungen und Wahrnehmungen: Robin Evans, Figures, Doors, Passages, in: Architectural Digest 4 (1978), S.  267–278, wiederabgedruckt in id., Translations from Drawing to Building and other Essays (AA Documents, Bd. 2), London 1997 (2. Auf lage 2003); Bill Hillier, Space is the Machine. A Configurational Theory of Architecture, Cambridge (Mass.) 1996; und kürzlich besonders Wolfgang Kemp, Architektur analysieren. Eine Einführung in acht Kapiteln, München 2009. Siehe bezüglich der Renaissance auch den wichtigen Artikel von Deborah Howard, Ritual Space in Renaissance Venice, in: Scroope 5 (1993), S. 4 –11. – Zur Geschichte ‚performativer‘ Deutungen von Architektur: Kemp 2009, S. 192–200 u. 213–218. 10  Vgl. zu Bateson, Goffman u. Minsky knapp und konzise den grundlegenden Beitrag von Mar­ tina Wagner-Egelhaaf, Rahmen-Geschichten. Ansichten eines kulturellen Dispositivs, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 82, 1 (2008), S.  112–148, 113  f. (mit Bibliographie). Siehe auch folgende Anm. 18 der vorliegenden Studie. 11  Ibid., S. 113. 12  Vgl. Michel Foucault, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt am Main 1994 (dt. Erstausgabe 1976, frz. Originalausgabe 1975), S. 256–292. 13  Vgl. zum Rahmen als „kulturelles Dispositiv“ in jenem medientheoretischen Verständnis, das sich mit dem Begriff des Dispositivs erst in der Foucault-Rezeption verbunden hat: WagnerEgelhaaf 2008, bes. S. 114. 14  David Ganz, Oculus interior. Orte der inneren Schau in mittelalterlichen Visionsdarstellungen, in: Katharina Philipowski u. Anne Prior (Hrsg.), anima und sêle. Darstellungen und Systematisierungen von Seele im Mittelalter, Berlin 2006, S.  113–144, bes. S.  126 ff. Siehe jüngst Martino Stierli, Die Visualität der Loggia: Überlegungen zu einer Ikonologie architektonischer Rahmung und Zurschaustellung, in: Medienwandel – Medienwechsel – Medienwissen. Historische Perspektiven. NCCR Mediality, Newsletter 10 (2013), S. 3–17 (online abruf bar). 15  Michel Foucault et al., Le jeu de Michel Foucault [1977] in: id., Dits et écrits. 1954–1988, 4 Bde., hrsg. v. Daniel Defert u. François Ewald, Bd. 3: 1976–1979, Paris 1994, S. 298–329, S. 299. 16  Deutsche Übersetzungen des zitierten Gesprächs: Michel Foucault et al., Ein Spiel um die Psychoanalyse. Gespräch mit Angehörigen des Département de Psychanalyse der Universität Paris VIII in Vincennes, in: id., Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit, Berlin 1978, S. 118– 175, 120; id. et al., Das Spiel des Michel Foucault, in: id., Schriften in vier Bänden, hrsg. v. Daniel Defert u. François Ewald, Bd. 3: 1976–79, Frankfurt am Main 2003, S. 391– 429, S. 392.

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17  Vgl. zu Foucaults Begriff des Dispositivs: Christoph Hubig, ‚Dispositiv‘ als Kategorie, in: Internationale Zeitschrift für Philosophie 1, 1 (2000), S. 34 –77; Giorgio Agamben, Che cos’è un disposi­ tivo, Rom 2006. 18  Vgl. zu dieser Konzeption einführend: Marvin Lee Minsky, A Framework for Representing Knowledge, in: Dieter Metzing (Hrsg.), Frame Conception and Text Understanding (Research in Text Theory, Bd. 5), Berlin u. New York 1980, S.  1–25; s. v. „Schema und Schematheorie“ (Claudia Riehl), in: Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie, Ansätze – Personen – Grundbegriffe, Stuttgart 1998, S. 478 f. (mit Bibliographie); Rüdiger Campe, Vor Augen Stellen. Über den Rahmen rhetorischer Bildgebung, in: Gerhard Neumann (Hrsg.) Poststrukturalismus. Eine Herausforderung für die Literaturwissenschaft, Stuttgart u. Weimar 1997, S.  208–225; Martina Wagner-Egelhaaf, Gott und die Welt im Perspektiv des Poeten. Zur Medialität der literarischen Wahrnehmung am Beispiel Barthold Hinrich Brockes, in: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 71, 2 (1997), S.  183–216; David Ganz, Rezension von: Christoph Merzenich, Vom Schreinerwerk zum Gemälde. Florentiner Altarwerke der ersten Hälfte des Quattrocento. Eine Untersuchung zu Material, Konstruktion und Rahmenform, in: sehepunkte 2, 4 (2002), 15.04.2002 (online abgerufen am 15.06.2005). Vgl. über Fensterausblicke als frames innerhalb literarischer Texte Langen 1934; Senn 2001; Wagner-Egelhaaf 2008. − Zur „Phänomenologie des Rahmens“: José Ortega y Gasset, Meditationen über den Rahmen, in: id., Über die Liebe. Meditationen, Stuttgart 1984, S.  61–72 (1. Auflage 1921); Meyer Schapiro, Über einige Probleme in der Semiotik der visuellen Kunst: Feld und Medium beim Bild-Zeichen [engl. 1970], in: Gottfried Boehm (Hrsg.), Was ist ein Bild? (Bild und Text), München 1995, S. 253–274 (1. Auf lage 1994); Georg Simmel, Der Bilderrahmen. Ein ästhetischer Versuch, in: id.: Zur Philosophie der Kunst. Philosophische und kunstphilosophische Aufsätze, Potsdam 1922, S. 46–54; Victor Ieronim Stoichita, Das selbstbewußte Bild. Vom Ursprung der Metamalerei, München 1998 (franz. Originalausgabe Paris 1993), S. 30–83 u. passim; Hilde Zaloscer, Versuch einer Phänomenologie des Rahmens, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 19 (1974), S. 189–224. 19  Vgl. Dagobert Frey, Der Realitätscharakter des Kunstwerks, in: id., Kunstwissenschaftliche Grundfragen. Prolegomena zu einer Kunstphilosophie, Wien 1946 (Reprint Darmstadt 1984). 20  Jung 1984, S. 71–122. 21  Siehe die folgenden Anmerkungen I.40 u. I.44 f. 22  Vgl. etwa: Wilhelm-Heinrich Riehl, Das landschaftliche Auge, in: id. (Hrsg.), Culturstudien aus drei Jahrhunderten, Stuttgart 1862, S. 57–79; Karl Woermann, Die Landschaft in der Kunst der alten Völker. Eine Geschichte der Vorstufen und Anfänge der Landschaftsmalerei, München 1876; Ludwig Friedländer, Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms, in der Zeit von Augustus bis zum Ausgang der Antonine, hrsg. v. Georg Wissowa, 4 Bde., 10. Auf lage, Leipzig 1921–23 (1. Auf lage 1862–71), zitiert nach Reprint 1996, hier Bd. 2, S.  318–398, bes. S.  375–398; s. v. „Naturgefühl“ (Ernst Bernert), in: Georg Wissowa, Wilhelm Kroll u. Karl Mittelhaus (Hrsg.), Paulys Realencyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft, 24 Bde., Stuttgart 1894 –1963, Bd. 16.2 (Stuttgart 1935), Sp. 1813 ff. (zitiert nach Neudruck Stuttgart 1965). 23  Zu Maurice Merleau-Pontys Buch Phänomenologie der Wahrnehmung (Erstausgabe Phénoménologie de la perception, Paris 1945) und zu seiner Rezeption: Bernhard Waldenfels, Das Zerspringen des Seins. Ontologische Auslegung der Erfahrung am Beispiel der Malerei, in: Alexandre Métraux u. id. (Hrsg.), Leibhaftige Vernunft. Spuren von Merleau-Pontys Denken, München 1986, S.  144 –161. – Zu neueren wahrnehmungspsychologischen Forschungen zur Landschaftswahr­ nehmung: Brigitte Franzen u. Stefanie Krebs (Hrsg.), Landschaftstheorie. Texte der Cultural Land­ scape Studies, Köln 2005, S. 284 –303. 24  Zusammenfassend: Hans Robert Jauss, Literaturgeschichte als Provokation, 10. Auf lage, Frank­ furt am Main 1992; Wolfgang Kemp (Hrsg.), Der Betrachter ist im Bild. Kunstwissenschaft und Rezeptionsästhetik, Köln 1985.

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25  S. Anm. I.9 der vorliegenden Studie. Zur Geschichte performativer Deutungen von Architek­ tur: Kemp 2009, S. 192–200 u. 213–218. 26  Um hier den in anderem Zusammenhang von Wolfgang Kemp formulierten Begriff der „Schau­ öffnung“ aufzugreifen. Vgl. Wolfgang Kemp, Die Räume der Maler. Zur Bilderzählung seit Giotto, München 1996. 27  Als Einführung in die Geschichte der italienischen Kulturlandschaft nach wie vor grundle­ gend: Emilio Sereni, Storia del paesaggio agrario italiano, 6. Auf lage, Rom 1993 (1. Auf lage 1961). 28  Zu Bezugnahmen auf die vorgegebene Topographie in der Architektur Altägyptens einfüh­ rend: Vincent Scully, Architecture. The Natural and the Manmade, New York 1991, S.  23–37. S.  a. Joachim Friedrich Quack, Geographie als Struktur in Literatur und Religion, in: Faried Adrom (Hrsg.), Altägyptische Weltsichten. Akten des Symposiums zur Historischen Topographie und Toponymie Altägyptens vom 12.–14. Mai 2006 in München (Ägypten und Altes Testament, Bd. 68), Wiesbaden 2008, S. 131–157. Vgl. zu einem frühen Beispiel des Bezugs altägyptischer Architektur auf eine, wohl damals umgestaltete, natürliche Landmarke: Timothy Kendall, Le Djebel Barkal: le Karnak de Koush, in: Cathérine Berger-El Naggar, La Nubie. L’archaéologie au Soudan, Dijon 1994, S. 46–53; id., The Monument of Taharqa on Gebel Barkal, in: Steffen Wenig (Hrsg.), Neueste Feldforschungen im Sudan und in Eritrea (Meroitica. Schriften zur altsudanesischen Geschichte und Archäologie, Bd. 21), 2004, S. 1– 46. Für diese Literaturhinweise danke ich Joachim Friedrich Quack. 29  Zur Topographie von Tempeln und Sanktuarien des antiken Griechenland einschlägig: Vin­ cent Scully, The Earth, the Temple and the Gods. Greek Sacred Architecture, 1. Auf lage, New Haven u. London 1962; id., The Earth, the Temple and the Gods. Greek Sacred Architecture, Revised Edition, New Haven u. London ca. 1979; id., The Earth, the Temple and the Gods: Greek Sacred Architecture, 2.  Auflage der „Revised Edition“, San Antonio (Tex.) 2013; Susan E. Alcock u. Robin Osborne (Hrsg.), Placing the Gods. Sanctuaries and Sacred Space in Ancient Greece, Oxford 1994. Vgl. a. HansJoachim Gehrke, Die Geburt der Erdkunde aus dem Geist der Geometrie. Überlegungen zur Entstehung und zur Frühgeschichte der wissenschaftlichen Geographie bei den Griechen, in: Jochen Althoff, Mar­ kus Asper u. Wolfgang Kallmann (Hrsg.), Gattungen wissenschaftlicher Literatur in der Antike, Tübingen 1998, S. 163–193. S. auch Richter 1994, Queyrel 2006 und Sielhorst 2015, S. 41 f. 30  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 44 – 48 u. S. 157–160 u. passim. 31  Vgl. Anm. III.11 der vorliegenden Studie. 32  Vgl. Gerd Blum, Palladios Villa Rotonda und die Tradition des ‚idealen Ortes‘. Literarische Topoi und die landschaftliche Situierung von Villen der italienischen Renaissance, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 70 (2007), S. 159–200. 33  Servius zu Vergil, Aeneis I, 159: „Topothesia est, id est fictus secundum poeticam licentiam locus. Ne autem videatur penitus a veritate discedere, Hispaniensis Carthaginis portum descripsit. Ceterum hunc locum in Africa nusquam esse constat, nec incongrue propter nominis similitudi­ nem posuit. Nam topographia est rei verae descriptio“; zitiert nach Maurus Servius Honoratius, Aeneidos Librorum I-V commentarii (Servii Grammatici qui feruntur in Vergilii Carmina commen­ tarii [3 Bde.], Bd. 1), hrsg. v. Georg Thilo, Leipzig 1881 (Reprint Hildesheim, Zürich u. New York 1986), S.  66 (Hervorhebungen von G. B.). – Erasmus von Rotterdam nimmt dieses Begriffspaar auf, siehe: Christiane Lauterbach, Gärten der Musen und Grazien: Mensch und Natur im niederländischen Humanistengarten, 1522–1655 (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 111), München 2004, S. 65, Anm. 13. 34  Siehe Gordana Ana Kostich-Lefebvre, Regio: Leon Battista Alberti and the Theory of Region in Architecture, Diss. Univ. of Pennsylvania 2005 (Typoskript; online über ProQuest), sowie die ein­ schlägigen Anweisungen des spätantiken Autors und Rhetoriklehrers Menander von Laodikeia zur Beschreibung von Städten, die mit dem topographischen Kontext der Stadt zu beginnen hät­ ten: Menander Rhetor [Ausgabe der diesem zugeschriebenen Schriften], hrsg., übers. u. komm. v. Do­­nald Andrew Russell, Oxford 1981, u. in der vorliegenden Studie Anm. I.48 sowie S. 57 u. 84 f.

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35  Klassische Beiträge: Boucher/Burns/Fairbairn 1975; Reinhard Bentmann u. Michael Müller, Die Villa als Herrschaftsarchitektur. Eine kunst- und sozialgeschichtliche Analyse, Frankfurt am Main, erw. Neuausgabe 1992 (1. Auf lage 1970); James S. Ackerman, The Villa. Form and Ideology of Country Houses, Princeton (N.J.) 1990; Denis Cosgrove, The Palladian Landscape. Geographical Change and Its Cultural Representations in Sixteenth Century Italy, University Park (Penn.) 1993; italienisch u. mit verbesserter Abbildungsqualität: id., Il paesaggio palladiano. La trasformazione geografica e le sue rappresentazioni culturali nell’Italia del XVI secolo, hrsg. v. Francesco Vallerani, Verona u. Vicen­ za 2000; sowie Jean Guillaume (Hrsg.), Architecture, jardin, paysage. L’ environnement du château et de la villa aux XVe et XVIe siècles. Actes du colloque tenu à Tours du 1er au 4 juin 1992 (Centre d’Études Supérieures de la Renaissance, De architectura, s.n.), Paris 1999. 36  Diese Beiträge werden im folgenden erörtert. Das jüngst erschienene, quellengesättigte Buch von Christoph Bertsch, Villa, Garten, Landschaft. Stadt und Land in der florentinischen Toskana als ästhetischer und politischer Raum, Berlin 2012, geht mehrfach und ausführlich, teils bereits in Aus­ einandersetzung mit meinen Thesen, auf das Thema des Ausblicks ein (mit aktueller Bibliogra­ phie). Es konnte hier in den Fußnoten leider nur noch teilweise berücksichtigt werden. Ausdrück­ lich verwiesen sei a. auf das kürzlich erschienene Buch von Gerrit Smienk u. Johannes Niemeijer (Hrsg.), Palladio, the Villa and the Landscape, Basel 2011 (deutsche Ausgabe: ibid. 2012). Der höchst wertvolle Band bietet Luftaufnahmen ausgewählter Villen Palladios innerhalb ihres topographi­ schen Kontextes und kluge Analysen ihres Bezuges zur umgebenden Topographie und landwirt­ schaftlichen Nutzf läche. Diese wichtige Publikation geht allerdings auf Topoi idealer Topographie zur Zeit Palladios nicht ein, und ihre Bibliographie ist (zu) knapp gehalten. – Grundlegend ist ein Artikel von Howard Burns, Palladio’s Designs for Villa Complexes and their Surroundings, in: Guil­ laume 1999, S. 45–74. Burns analysiert anhand von Entwurfszeichnungen Palladios, wie sich der Architekt in seinen Villenentwürfen in hohem Maße von den konkreten topographischen und landwirtschaftlichen Gegebenheiten des konkreten Bauplatzes und von dessen Umgebung leiten ließ, was in den Quattro Libri, nur ansatzweise thematisiert wird. Siehe in der vorliegenden Studie S. 40– 43. 37  Wilhelm Heinrich Roscher, Omphalos. Eine philologisch-archäologisch-volkskundliche Ab­­ handlung über die Vorstellungen der Griechen und anderer Völker vom „Nabel der Welt“ (Abhandlun­ gen der Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Bd. 29, Nr. 9), Dresden 1913; Bruno Kauhsen, Omphalos. Zum Mittelpunktsgedanken in Architektur und Städtebau, dargestellt an ausgewählten Beispielen (Beiträge zur Kunstwissenschaft, Bd. 37), München 1990; Gerd Blum, Joseph Kosuth, Lokalisierte Welt, Singen / Located World, Singen: ‚Entmystifizierung und Wiederherstellung von Bedeutung‘, in: Jean-Christophe Ammann et al. (Hrsg.), Hier Da Und Dort. Kunst in Singen. Internationales Kunstprojekt im öffentlichen Raum (Ausstellungskatalog Singen am Hohent­ wiel, 5. Mai – 8. Oktober 2000), Darmstadt 2000, S. 152–158. 38  Codex Iustinianus 8, 10, 12, §2–§3. An dieser Stelle des justinianischen Kodex werden fenestrae prospectivae von fenestrae luciferae unterschieden. Vgl. in der vorliegenden Studie S. 160. 39  Jutta Allekotte, Orte der Muße und Repräsentation. Zu Funktion und Ausstattung römischer Loggien (1470–1527), Diss. Univ. Bonn 2005 (Typoskript). Vgl. a. Anm. II.201 der vorliegenden Studie. 40  Zur Begriffsgeschichte von Landschaft und paesaggio s. v. „Landschaft, III. Der ästhetischphilosophische Begriff “ (Rainer Piepmeier), in: Joachim Ritter et al. (Hrsg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, 12 Bde., Darmstadt 1971–2004, Bd. 5, Darmstadt 1980, Sp. 10–27; s. v. „Landschaft“ (Hilmar Frank u. Eckhard Lobsien), in: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden, hrsg. v. Karlheinz Barck et al., Stuttgart u. Weimar 2000–2003, Bd. 3 (2001), S. 617–664; jüngst Birgit Ulmer, Die Entdeckung der Landschaft in der italienischen Literatur an der Schwelle zur Moderne (Dialoghi/Dialogues, Bd. 15), Frankfurt am Main et at. 2010 (zugl. Diss. Univ. Stuttgart 2009), S.  13–51. Vgl. zu polyglotten Wörterbüchern des 16.  Jahrhunderts und frühen 17. Jahrhunderts im Norden die konzisen Ausführungen von Nils Büttner, Die Erfindung der Landschaft. Kosmographie und Landschaftskunst im Zeitalter Bruegels (Rekonstruktion der Künste, Bd. 1), Göttingen 2000, S.  9–11. Das Lemma „paesaggio“ gibt es im Vocabulario degli

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Accademici della Crusca (1.  Auf lage 1562) noch nicht. Vgl. zum Begriffsfeld lateinischer Äquiva­ lente wie „regio“, „terra“, „terrenum“ bei Alberti und seinen Vorlagen die wichtige Studie von Kostich-Lefebvre 2005. S. a. S. 38 u. Anm. I.48 der vorliegenden Studie sowie, am Rande: Ann C. Vasaly, The Spirit of Place: The Rhetorical Use of ‚Locus‘ in Cicero’s Speeches, Diss. Indiana University, Bloomington 1983 (Typoskript). 41  Della pittura I, 19. Zitiert nach Leon Battista Alberti, Opere volgari, hrsg. v. Cecil Grayson, 3  Bde., Bari 1960–73, Bd. 3: Trattati d’arte, ludi rerum mathematicarum, grammatica della lingua toscana, opuscoli amatori, lettere (darin enthalten: De pictura/Della pittura), Bari 1973, S. 36. Diese einschlägige synoptische Ausgabe der 1435, wohl zuvor entstandenen lateinischen Fassung des Traktates sowie der wohl ein Jahr später von Alberti selbst angefertigten italienischen Überset­ zung wird im Folgenden zitiert als Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973. Vgl. Horton 2010 u. Piccio Simonelli 1971. Siehe a. S. 156 der vorliegenden Studie. 42  Zu Petrarcas Brief an den Pariser Theologen Dionigi di Borgo San Sepolcro und der darin beschriebenen Besteigung des Mont Ventoux, die er am 26. April 1335 unternommen haben will, sowie zu der Debatte um die Bewertung dieser Beschreibung als ‚unmittelbares‘ Zeugnis eines neu erwachten ‚Naturgefühls‘ oder aber als höchst vermitteltes intertextuelles Konstrukt s. Bernhard König, Petrarcas Landschaften. Philologische Bemerkungen zu einer neuen Deutung, in: Romanische Forschungen 92 (1980), S. 251–282; Walter Haug, Francesco Petrarca – Nicolaus Cusanus – Thüring von Ringoltingen. Drei Probestücke zu einer Geschichte der Individualität im 14. und 15.  Jahrhundert, in: id., Brechungen auf dem Weg zur Individualität. Kleine Schriften zur Literatur des Mittelalters, Tübingen 1995, S.  332–372 (der Brief wird dort als ein Konstrukt aus Zitaten analysiert); Ruth Groh u. Dieter Groh, Die Außenwelt der Innenwelt. Zur Kulturgeschichte der Natur 2, Frankfurt am Main 1996, S.  17–84; Wolfgang Riedel, Der Blick vom Mont Ventoux. Zur historischen Kontur der Landschaftsauffassung in Petrarcas Epistola familiaris IV, 1, in: Wilfried Loth (Hrsg.), Jahrbuch des Kulturwissenschaftlichen Institutes des Wissenschaftszentrums Nordrhein-Westfalen in Essen 1996, Bielefeld 1997, S.  77–108 (sehr gründlicher und quellenreicher Beitrag); Karlheinz Stierle, Die Entdeckung der Landschaft in Literatur und Malerei der italienischen Renaissance, in: Heinz Dieter Weber (Hrsg.), Vom Wandel des neuzeitlichen Naturbegriffs (Konstanzer Bibliothek, Bd. 13), Kon­ stanz 1989, S.  33–52; u. id., Francesco Petrarca. Ein Intellektueller im Europa des 14.  Jahrhunderts, München, Wien 2003, S.  235–344 („Petrarcas Orte und Landschaften“). Stierle betont die Authentizität eines subjektiven Erlebnisses Petrarcas und arbeitet zugleich dessen philosophische Voraussetzungen im Nominalismus heraus. S. hierzu außerdem konzise und knapp id., Der Blick auf die Welt. Francesco Petrarca und Jan van Eyck – die Entstehung der Landschaftsmalerei aus dem Geist des Nominalismus, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 144, 24./25. Juni 2006, S. 77. Vgl. zu dieser Debatte kritisch abwägend Allekotte 2005, S.  81–88, u. in der vorliegenden Studie S.  67–69. – S. zu dem um 1900 die deutschsprachige Diskussion prägenden Begriff des ‚Naturgefühls‘ Bernert 1965 (1935), sowie Anm. I.22 der vorliegenden Studie. 43  Jacob Burckhardt, Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch, Neudruck der Urausgabe, hrsg. v. Konrad Hoffmann, Stuttgart 1985 (Erstausgabe Basel 1860), S. 201–209 (das Zitat ist die Überschrift eines Abschnittes aus dem Kapitel „Die Entdeckung der Welt und des Menschen“). – Einführend zu historischen Wandlungen diskursiver Konzeptionen des Verhältnisses von Natur und Kultur in der Neuzeit außerhalb des engeren Rahmens der modernen Konzeption von „Land­ schaft“: Clarence J. Glacken, Traces on the Rhodian Shore. Nature and Culture in Western Thought from Ancient Times to the End of the Eighteenth Century, Berkeley et al. 1967 (Reprint Berkeley 1976), u. Dieter Groh, Schöpfung im Widerspruch. Deutungen der Natur und des Menschen von der Genesis bis zur Reformation, Frankfurt am Main 2003. 44  Im deutschsprachigen Kontext lange einschlägig, später Gegenstand heftiger Debatten: Joachim Ritter, Landschaft. Zur Funktion des Ästhetischen in der modernen Gesellschaft, in: id., Subjektivität, 2. Auf lage, Frankfurt am Main 1989, S. 141–163 (Erstdruck in: Schriften der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster, Bd. 54, Münster 1963). Gegen Ritter wandten sich u.a. Jürgen Habermas, Der philosophische Diskurs der Moderne. Zwölf Vorlesungen, Frankfurt am Main 1985, S. 89 ff. u. Ruth Groh u. Dieter Groh, Weltbild und Naturaneignung.

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Zur Kulturgeschichte der Natur 1, Frankfurt am Main 1991. – Jüngere Beiträge: Thomas Kirchhoff (Hrsg.), Vieldeutige Natur. Landschaft, Wildnis und Ökosystem als kulturgeschichtliche Phänomene, Bielefeld 2009; id. u. Ludwig Trepl, Landschaft, Wildnis, Ökosystem: Zur kulturell bedingten Vieldeutigkeit ästhetischer, moralischer und theoretischer Naturauffassungen. Einleitender Überblick, in: id. (Hrsg.), Vieldeutige Natur. Landschaft, Wildnis und Ökosystem als kulturgeschichtliche Phänomene, Bielefeld 2009, S.  13–66; Dorá Drexler, Landschaft und Landschaftswahrnehmung. Ein Vergleich englischer, französischer, deutscher und ungarischer Landschaftsverständnisse, in: Laufener Spezialbeiträge  6 (2011), S.  18–25; Ludwig Trepl, Die Idee der Landschaft. Eine Kulturgeschichte von der Aufklärung bis zur Ökologiebewegung, Bielefeld 2012. 45  Neuere Beiträge zur Geschichte wechselnder Konzeptualisierungen von Land und Landschaft zeigen, dass die erst im 18.  Jahrhundert kanonisierte Konzeption der bildhaften, nach Modellen der Malerei rezipierten und dann (ebenfalls im 18.  Jahrhundert) sogenannten pittoresken ‚Land­ schaft‘, die sich in der frühen Neuzeit auszuformen beginnt, nur eine historische Sichtweise auf das Land vor und zwischen den Städten darstellt. Siehe hierzu die maßgeblichen Publikationen von Denis Cosgrove, Social Formation and Symbolic Landscape, with a New Introduction, 2. Auf lage, Madison (Wisconsin) 1998 (1.  Auf lage 1984), u. Chris Fitter, Poetry, Space, Landscape. Toward a New Theory, Cambridge 1995. Vgl. auch Paul Groth u. Chris Wilson, Die Polyphonie der Cultural Landscape Studies [2003], in: Brigitte Franzen u. Stefanie Krebs (Hrsg.), Landschaftstheorie. Texte der Cultural Landscape Studies, Köln 2005, S. 58–90. – Zu den Cultural Landscape Studies, die – auf­ bauend u.a. auf Vorarbeiten Carl O. Sauers – in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, in den USA begründet wurden und den idealistischen Landschaftsbegriff der seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Europa um das ‚Naturgefühl‘ kreisenden Debatte kritisch erweiterten: Fran­ zen/Krebs 2005 u. id. (Hrsg.), Mikrolandschaften. Landscape Culture on the Move, Münster 2006. 46  Francesco Petrarca: Familiarum rerum libri IV, 1 [26.4.1336?], zitiert nach id., Prose (La let­ teratura italiana. Storia e testi, Bd. 7), hrsg. v. Guido Martellotti et al., Mailand u. Neapel 1955, S. 810–1027, S. 810. Vgl. id., Die Besteigung des Mont Ventoux, lat./dt., übers. u. hrsg. v. Kurt Stein­ mann (Reclams Universal-Bibloiothek, Bd. 887), Stuttgart 1995, S. 4 f. 47  Siehe die aus dem mittleren Trecento überlieferte Kritik einer Florentiner Rekluse namens Paola an dem wegen der „troppa vana vista“ für ihre Klause nicht geeigneten Bauplatz (vgl. dazu S. 159 der vorliegenden Studie). 48  Zur Kategorie ‚Landschaft‘ in der frühen Neuzeit vgl. neben den in Anm. I.40 u. I.43 f. sowie II.24 der vorliegenden Studie genannten Beiträgen drei wichtige Bücher: Karen Hope Goodchild, Towards an Italian Renaissance Theory of Landscape, Diss., Univ. of Virginia 1998; Büttner 2000; Tanja Michalsky, Projektion und Imagination. Die niederländische Landschaft der Frühen Neuzeit im Diskurs von Geographie und Malerei, Paderborn 2011 (teilw. zugl. Habilitationsschrift Düsseldorf 2005), bes. S.  22–38. Zu frühneuzeitlichen Begriffen und Termini für Terrain und Territorium (regio, ager, situs u.a.) im Italien des 15.  Jahrhunderts siehe Kostich-Lefebvre 2005. Siehe auch: Luciana Miotto, Natura, campagna e paesaggio nella teoria albertiana dell’architettura, in: La campagna in città: letteratura e ideologia nel Rinascimento. Scritti in onore di Michel Plaisance, hrsg. v. Giu­ ditta Isotti Rosowsky, Florenz 2003, S. 11–29. 49  Vgl. etwa Giovanni Bellinis Pala di Pesaro, ca. 1470–1480 (Pesaro, Museo Civico); Die Heilung des sechsjährigen Mädchens durch den Hl. Bernhard von Siena aus der sog. ‚Werkstatt von 1473‘ (Perugia, Galleria Nazionale, Inv. 223; unsere Abb. 9); Peruginos Vision des Hl. Bernhard (München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek); Piermatteo d’Amelia (?) bzw. Meister der Verkündigung des Isabella Steward Gardner Museums, Verkündigung an Maria, ca. 1475–1480 (Boston, Isabella Steward Gardner Museum; unsere Abb. 114); Neroccio de’ Landi (Siena, 1447– 1500), Verkündigung an Maria, ca. 1480, früher Francesco di Giorgio Martini zugeschrieben (New Haven [Conn.], Yale University Art Gallery; Abb. bei Daniel Arasse, L’annonciation italienne: une histoire de perspective, Paris 1999, S.  216, Abb. 129); Andrea Mantegna, Marientod, ca. 1460 (Madrid, Museo del Prado). Vgl. in der vorliegenden Studie S. 209 f., S. 229–231.

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50  Vgl. Anm. I.29 der vorliegenden Studie. 51  Bei der Datierung folge ich Tobias Leuker, Bausteine eines Mythos – Die Medici in Dichtung und Kunst des 15.  Jahrhunderts, Köln, Weimar u. Wien, 2007 (zugl. Habilitationsschrift Univ. Augs­ burg 2003), S. 17– 47 („Leonardo Brunis Laudatio f lorentine urbis vor dem Hintergrund der älte­ ren florentinischen Propaganda“), bes. S. 17. 52  Siehe S. 47–53 der vorliegenden Studie zur antiken und frühneuzeitlichen Tradition der sto­ ischen Providentialgeographie und zu architektonischen Topoi des Diskurses über die planvoll schaffende Natur, die natura artificiosa. 53  Hierzu jüngst Stephen Greenblatt, The Swerve: How the World Became Modern, New York et al. 2011; erschienen dt. unter dem wenig treffend übersetzten Titel: Die Wende. Wie die Renaissance begann, München 2012. 54  Leon Battista Alberti, Della pittura I, 19, zitiert nach Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 36. Vgl. dazu S. 156 f. der vorliegenden Studie. 55  Grundlegend: Friedberg 2006, u. Samuel Y. Edgerton, The Mirror, the Window and the Telescope: How Renaissance Linear Perspective Changed our Vision of the Universe, New York et al. 2009. Vgl. zu Edgertons Buch die konzise Rezension von Jasmin Mersmann (H-Artist vom 23.9.2009; http://arthist.net/reviews/277, aufgerufen am 28.07.2014). 56  Codex Iustinianus 8, 10, 12. Vgl. in der vorliegenden Studie S. 158–60. 57  Vgl. Kap. III. der vorliegenden Studie. 58  Vgl. S. 186–89 u. Anm. III.204 der vorliegenden Studie. 59  S. v. „Templum“ (Friedhelm Prayon), in: Hubert Cancik u. Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, 16 Bde., Stuttgart u. Weimar 1996–2003, Bd. 12/1 (2002), Sp. 130 f. 60  Zusammenstellung der einschlägigen antiken Belegstellen bei Werner Müller, Die heilige Stadt. Roma quadrata, himmlisches Jerusalem und die Mythe vom Weltnabel, Stuttgart 1961, S. 21–52, u. Joseph Rykwert, The Idea of a Town. The Anthropology of Urban Form in Rome, Italy and the Ancient World, Princeton (N.J.) 1976, S.  27–71. Siehe in der vorliegenden Studie S.  56, Anm.  II.429–31 u. 436. Das Buch Müllers ist ideologisch stark eingefärbt, und zwar tief braun: Werner Müller war seit 1940 Mitglied der SS im Persönlichen Stab des „Reichsführers SS“. Er habilitierte sich 1942 in Völkerkunde an der Reichsuniversität Straßburg und war in der „Stiftung Ahnenerbe“ Leiter der Abteilung „Lehr- und Forschungsstätte für Ortung und Landschaftssinn­ bilder“. Müller forschte nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung der Deutschen For­ schungsgemeinschaft und als Fachreferent an der Universitätsbibliothek Tübingen. Vgl. s. v. „Mül­ ler, Werner“ (Berthold Riese) in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 18, Berlin 1997, S. 482– 484. Eine Untersuchung der ideologischen Implikationen seiner auch auf dem Gebiet der Amerikanistik ein­ flussreichen Forschungen wurde bisher nicht vorgelegt. 61  Vgl. Langen 1965 (1934). 62  Sören Fischer, Das Landschaftsbild als gerahmter Ausblick in den venezianischen Villen des 16.  Jahrhunderts: Sustris, Padovano, Veronese, Palladio und die illusionistische Landschaftsmalerei, Petersberg 2014 (zugl. Diss. Univ. Mainz 2011). Sören Fischer danke ich sehr für die freundliche Überlassung des Manuskriptes und dreier Fotografien. Vgl. auch id., The Allegorical Landscape: Alvise Cornaro and his Self-Promotion by the Landscape Paintings in the Odeo Cornaro in Padua, in: Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed e-Journal (2013), o. S. 63  Vgl. Vitruv, De architectura VI, III über die bereits erwähnten kyzikenischen Säle. Diese wiesen laut Vitruv „lumina fenestrarum valvata“ auf, die auf einen Blick ins Grüne („viridia“) berechnet waren (Vitruv, Zehn Bücher über Architektur [De architectura libri decem], hrsg. u. übers. v. Curt

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Fensterbusch, 5. Auf lage, Darmstadt 1991, 278 f.). Fensterbusch übersetzt „lumina fenestrarum valvata“ mit „Flügeltüren“. Seine Vitruv-Übersetzung wird im Folgenden zitiert als Vitruv, De Architectura, ed. Fensterbusch 1991. – Siehe jüngst zu „Open Doors and Welcoming Atria“ in der venezianischen Architektur und Architekturtheorie des Cinquecento Margaret Muther D‘Evelyn, Venice and Vitruvius: Reading Venice with Daniele Barbaro and Andrea Palladio, New Haven u. Lon­ don 2012, S. 117–157, das Zitat (d.h. die Kapitelüberschrift) S. 117. 64  Vgl. S. 134 und Anm. II.489 der vorliegenden Studie. 65  Vgl. Langen 1964 (1934). 66  Vgl. Büttner 2000; id., Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006; Michalsky 2011. 67  Um hier einen bekannten literaturwissenschaftlichen Titel zu zitieren: Albrecht Koschorke, Die Geschichte des Horizonts, Grenze und Grenzüberschreitung in literarischen Landschaftsbildern, Frankfurt am Main 1990. 68  Vgl. Allen S. Weiss, Mirrors of Infinity: the French Formal Garden and 17th-Century Metaphysics, New York 1995. Vgl. Michail V. Alpatov, Versailles, in: id., Studien zur Geschichte der westeuropäischen Kunst, 2. Auf lage, Köln, 1996, S. 250–275 (russ. Erstausgabe 1935). 69  Vgl. Pablo Schneider, Die Tugend der Endlichkeit. Repräsentationsprobleme unter Ludwig XIV, in: Horst Bredekamp u. Pablo Schneider (Hrsg.): Visuelle Argumentationen. Die Mysterien der Repräsentation und die Berechenbarkeit der Welt, München 2005, S.  121–139 (im Folgenden zitiert als Schneider 2005a); id., Die erste Ursache. Kunst, Repräsentation und Wissenschaft zu Zeiten Ludwig XIV. und Charles Le Bruns (Humboldt-Schriften zur Kunst- und Bildgeschichte, Bd. 13), Berlin 2010; u. in der vorliegenden Studie S. 229 f. 70  Vgl. einführend Rudolf Wittkower, Palladio and English Palladianism (The Collected Essays of Rudolf Wittkower, Bd. 1), London 1974; John Harris, The Palladian Revival. Lord Burlington, His Villa and Garden at Chiswick (Ausstellungskatalog Montréal, Canadian Centre for Architecture / Pittsburgh, Heinz Architectural Center / London, Diploma Galleries, 19. Juli 1994 – 2. April 1995), New Haven u. London 1994. Siehe auch die wichtige Studie von Carsten Ruhl, Palladio bears away the Palm. Zur Ästhetisierung palladianischer Architektur in England, Hildesheim et al. 2003 (zugl. Diss. Univ. Bochum 2000), u. einen aufschlussreichen Beitrag Erwin Panofskys über die englische „Gartenrevolution“: Die ideologischen Vorläufer des Rolls-Royce-Kühlers, in: id., Die ideologischen Vorläufer des Rolls-Royce-Kühlers & Stil und Medium im Film, Frankfurt am Main u. New York 1993 (engl. Erstausgabe: id., The ideological antecedents of the Rolls-Royce-radiator & Style and medium in the motion pictures, in: Proceedings of the American Philosophical Society 107, 4 [1963], S. 273–288). 71  Martin Heidegger, Die Zeit der Weltbildes (Vortrag, gehalten 1938), in: id., Holzwege, 8. Auf la­ ge, Frankfurt am Main 2003, S. 75–114. Vgl. a. Jean-Louis Déotte, Video und Cogito. Die Epoche des perspektivischen Apparates, Zürich u. Berlin 2001, sowie in der vorliegenden Studie S. 229–237. 72  Vgl. Drerup 1959a. Siehe zuvor das gehaltvolle und immer noch nützliche Kapitel „Die Rei­ sen der Touristen“, in: Friedländer 1921–23 (1996), bes. S.  375–398: „Das Interesse für Natur und das Naturgefühl überhaupt“. − Wichtige spätere Beiträge: Zoja Pavlovskis, Man in an Artificial Landscape, The Marvels of Civilization in Imperial Roman Literature (Mnemosyne, Suppl., Bd. 25), Leiden 1973; Eckhard Lefèvre, Plinius-Studien I. Römische Baugesinnung und Landschaftsauffassung in den Villenbriefen (2.17; 5,6), in: Gymnasium 84 (1977), S. 519–541; Jutta Römer, Naturästhetik der frühen römischen Kaiserzeit, Frankfurt am Main 1981 (mit Bibliographie); Harm-Jan van Dam, Statius, Silvae Book II. A Commentary (Mnemosyne, Bibl. Classica Batava, Suppl., Bd. 81), Leiden 1984, bes. S.  188–191; Harald Mielsch, Die römische Villa, Architektur und Lebensform, München 1987, bes. S. 137–140; Reinhard Förtsch, Archäologischer Kommentar zu den Villenbriefen des jüngeren Plinius (Beiträge zur Erschließung hellenistischer und kaiserzeitlicher Skulptur und Archi­ tektur, Bd. 13), Mainz 1993 (zugl. Diss. Univ. Göttingen 1988/89), S.  22–27; Andreas Krüger, Die lyrische Kunst des Publius Papinius Statius in Silvae II,2: Villa Surrentina Pollii Felicis, Frankfurt

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am Main 1998 (zugl. Diss. Univ. Tübingen 1993); Carol Elisabeth Newlands, Statius’ Silvae and the Poetics of Empire, Cambridge (Engl.) et al. 2002. 73  Vgl. August Grisebach, Der Garten. Eine Geschichte seiner künstlerischen Gestaltung, Leipzig 1910, S. 25–32; Norbert Knopp, Das Garten-Belvedere. Das Belvedere Liechtenstein und die Bedeutung von Ausblick und Prospektbau für die Gartenkunst, München 1966. − Studien zum Landschaftsgar­ ten im 18. Jahrhundert behandeln das Thema des inszenierten Ausblickes eingehend: Günter Her­ zog, Hubert Robert und das Bild im Garten, Worms 1989; Adrian von Buttlar, Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989; id., Gedanken zur Bildproblematik und zum Realitätscharakter des Landschaftsgartens, in: Gartenkunst 2, 1 (1990), S.  7–19; John Dixon Hunt, Gardens and the Picturesque, Cambridge (Mass.) u. London, 1992; id., The Picturesque Garden in Europe, London 2003 (mit kommentierter Bibliographie). Jüngst zu Gärten und zu Ausblicken auf Gärten im Film: Nina Gerlach, Gartenkunst im Spielfilm. Das Filmbild als Argument, München und Paderborn 2012 (zugl. Diss. Univ. Heidelberg 2010). 74  Siehe etwa Giannino Cusano, La finestra e la comunicazione architettonica, Bari 1979; Wolf Tegethoff, Die Villen und Landhausprojekte von Mies van der Rohe. Wohnen in einer neuen Zeit, 2 Bde., Krefeld 1981, bes. Bd. 1, S. 127–131; Hesse 1987. 75  Nochmals hingewiesen sei auf die einzige (und knappe) historisch ausgreifende Übersicht zum Thema der inszenierten Aussicht von Gina Grandell: Nature Pictorialized. „The View“ in Land­ scape History, Baltimore (Md.) u. London 1993. – Es ist bezeichnend, dass der 1981 erschienene, umfangreiche Artikel „Fenster“ im Reallexikon zur Deutschen Kunst (Haas/Reinle/Kobler 1981) auf Ausblicke nicht eingeht. Dies gilt ebenso für die ebenfalls gehaltvolle Studie von Sabine Lietz, Das Fenster des Barock (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 54), München 1982 (zugl. Diss. FU Berlin 1980), ebenfalls mit ausführlicher, nicht auf die Barockzeit beschränkter Bibliographie. Als Überblick nützlich: Rolf Selbmann, Eine Kulturgeschichte des Fensters von der Antike bis zur Moderne, Berlin 2010. 76  Vgl. Scully 1991; id., 1962. Eine zweite, überarbeitete Auf lage von The Earth, the Temple and the Gods erschien 1979; ein Nachdruck dieser Ausgabe wurde 2013 publiziert (Scully 1979 und 2013). Siehe auch Christian Norberg-Schulz, Genius loci. Landschaft – Lebensraum – Baukunst, Stuttgart 1982 (ital. Erstausgabe 1979); Cosgrove 1993 u. id. 2000 (ibid, Kap. X, S. 311–146, ist zwar mit „Il paesaggio come teatro“ überschrieben, geht aber auf die topische Tradition des ‚Hügel­ theaters‘ nicht ein); siehe auch die bibliographischen Angaben bei Margherita Azzi Visentini, Die italienische Villa. Bauten des 15. und 16.  Jahrhunderts, Stuttgart 1997 (ital. Erstausgabe 1995), S. 355. 77  Kemp 2009, S. 372. 78  Vgl. Ackerman 1990, S. 201. 79  Panofsky 1993 (1963), S. 61 f. 80  Vgl. ibid. und in der vorliegenden Studie S. 235–37. 81  S. Tanzer 1924 sowie die in Anm. II.20 genannten Titel und s. v. „Villa“ (Veronica Biermann), in: Hubert Cancik u. Helmuth Schneider (Hrsg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, 16 Bde., Stuttgart u. Weimar 1996–2003, Bd. 15, 3 (2003), Sp. 1037–1044, 1041. Jüngst, mit ausführli­ cher Bibliographie: Fischer 2014b. Vgl. auch Blum 2008, Anm. 5. 82  Gerhard Goebel, Poeta faber. Erdichtete Natur in der italienischen, spanischen und französischen Literatur der Renaissance und des Barock, Heidelberg 1971; Winfried Nerdinger (Hrsg.), Architektur wie sie im Buche steht: fiktive Bauten und Städte in der Literatur (Ausstellungskatalog, München, Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne, 8. Dezember 2006 –  11. März 2007), Salzburg 2006. 83  Christine Smith, Architecture in the Culture of Early Humanism. Ethics, Aesthetics and Eloquence 1400–1470, New York u. Oxford 1992.

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84  Vgl. Arwed Arnulf, Architektur- und Kunstbeschreibungen von der Antike bis zum 16. Jahrhundert (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 110), München u. Berlin 2003. 85  Jacob Burckhardt, Der Cicerone – Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Jakob Burckhardt Werke, Kritische Gesamtausgabe, Bd. 2 u. 3 [JBW 2–3]), hrsg. v. Bernd Roeck, Chri­ stine Tauber u. Martin Warnke, Basel u. München 2001 (Erstausgabe Basel 1855), hier Bd. 2: Architektur und Skulptur, bes. S. 322–328, und passim; Heinrich Wölff lin, Renaissance und Barock: eine Untersuchung über Wesen und Entstehung des Barockstils in Italien, 4. Auf lage, München 1926 (1.  Auflage 1888), S.  166; Grisebach 1910, 25–32; Theodor Hetzer, Erinnerungen an italienische Architektur, hrsg. v. Gertrude Berthold, Godesberg 1951 (Neuausgabe in id., Italienische Architektur (Schriften Theodor Hetzers, Bd. 6), Stuttgart 1990, S.  371– 417, sowie „Textskizzen“, S.  418– 444). – Vgl. den knappen Überblick über die ältere deutschsprachige kunstgeschichtliche Literatur bei Knopp 1966, S. 7 f. 86  Vgl. Bernhard Patzak, Die Renaissance- und Barockvilla in Italien. Ein Versuch einer Entwicklungsgeschichte, 3 Bde., Leipzig 1908–13; Christoph Luitpold Frommel, Die Farnesina und Peruzzis architektonisches Frühwerk, Berlin 1961 (zugl. Diss. Univ. München 1961); Ludwig Heinrich Heydenreich, La villa. Genesi e sviluppo fino a Palladio, in: Bolletino del Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio 11 (1969), S. 11–22; David R. Coffin, The Villa in the Life of Renaissance Rome, Princeton (N.J.) 1979; Christoph Luitpold Frommel, Living all’antica: Palaces and Villas from Brunelleschi to Michelangelo, in: Henry A. Millon u. Vittorio Magnago Lampugnani (Hrsg.), The Renaissance from Brunelleschi to Michelangelo. The Representation of Architecture (Ausstellungs­ katalog London/Venedig 1994), London 1994, S. 183–204; Azzi Visentini 1997; Mirka Benes u. Dianne Harris (Hrsg.), Villas and Gardens in Early Modern Italy and France, Cambridge (Engl.) 2001 (mit einer instruktiven Übersicht über die Geschichte der Erforschung frühneuzeitlicher Villen und Gärten im 20. Jh. von M. Benes); Tracy L. Ehrlich, Landcape and Identity in Early Modern Rome. Villa Culture at Frascati in the Borghese Era, Cambridge (Engl.) 2002. 87  Vgl. Ackerman 1990. − Siehe außerdem Paul Ortwin Rave, Das Museo Giovio zu Como, in: Miscellanea Bibliothecae Hertzianae (Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Bd. 16), München 1961, S. 275–284; Craig Hugh Smyth, The Sunken Courts of the Villa Giulia and the Villa Imperiale, in: Lucy Freeman Sandler (Hrsg.), Essays in Memory of Karl Lehmann, New York 1964, S.  304–313; Thomas Frangenberg, Der Betrachter, Studien zur florentinischen Kunstliteratur des 16. Jahrhunderts, Berlin 1990, S. 148 ff. 88  Knopp 1966; Wolfram Prinz, Die Entstehung der Galerie in Frankreich und Italien, Berlin 1970 (Neuausgabe: id., Galleria: storia e tipologia di uno spazio architettonico, Modena 2006); Wolfgang Liebenwein, Studiolo. Die Entstehung eines Raumtyps und seine Entwicklung bis um 1600, Ber­ lin  1977, bes. S.  13 ff. (Neuausgabe: id., Studiolo. storia e tipologia di uno spazio culturale, nuova edizione aggiornata, hg. von Claudia Cieri Via, Modena 2005); David James Stanley II, The Origin and Development of the Renaissance Belvedere in Central Italy, Ann Arbor 1980 (zugl. Diss. Penn­ sylvania State University 1978, Typoskript), u. Christian Elling, Function and Form of the Roman Belvedere, Kopenhagen 1950; James S. Ackerman, The Belvedere as a Classical Villa, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 14 (1951), S. 70–91; Deoclecio Redig de Campos, Il Belvedere di Innocenzo VIII, in: Triplice omaggio a Sua Santità Pio XII, Vatikanstadt 1958, Bd. 2, S.  289–317; David R. Coffin, Pope Innocent VIII and the Villa Belvedere, in: Irving Lavin u. John Plummer (Hrsg.), Studies in Late Medieval and Renaissance Painting in Honor of Millard Meiss, 2 Bde., New York 1977, Bd. 1, S. 88–97; Angela Marino, Logge e altane come belvedere: dai castelli emiliani ai palazzi romani, in: Paolo Portoghesi u. Francesca Bocchi (Hrsg.), Il castello. Origini, realtà, fantasia (Ausstellung­ skatalog Ferrara, Castello Estense, 27. April – 18. August 1985), Ferrara 1985, S. 112–119. Siehe auch die wichtigen Ausführungen von Allekotte 2005, Kap. II (S. 73–133) und von Peter Stephan, Das Obere Belvedere in Wien. Architektur und ikonographisches Konzept. Das Schloss des Prinzen Eugen als Abbild seines Selbstverständnisses, Wien 2010. 89  Peter Fidler, Loggia mit Aussicht. Prolegomena zu einer Typologie, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 40 (1987), S. 83–101. Jüngst: Stierli 2013.

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90  Allekotte 2005. 91  Johann Friedrich Geist, Arcades: The History of a Building Type, Cambridge (Mass.) 1985. 92  Anke Fissabre, Dachterrassen der Renaissance, 2 Bde., Diss. RWTH Aachen 2009 (Typoskript). Siehe a. id., Dachterrassen der Renaissance: „Cosa più maravigliosa che gl’orti pensili di Babbilonia“, in: Architectura 41, 1 (2011), S. 27– 46. 93  Andreas Tönnesmann, Pienza, Städtebau und Humanismus (Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Bd. 26), München 1990 (aktual. und erw. Neuausgabe: id., Pienza. Städtebau und Humanismus, 3. Auf lage, Berlin 2013; im Folgenden zitiert als Tönnesmann 2013a); Jan Pieper, Pienza. Der Entwurf einer humanistischen Weltsicht, Stuttgart u. London 1997, bes. die wich­ tigen Ausführungen auf S. 208–233. Siehe a. Andreas Tönnesmann, Enea Silvio und der Berg, in: id., Die Freiheit des Betrachters. Schriften zu Architektur, Kunst und Literatur, Zürich 2013, S.  100– 113 (im Folgenden zitiert als Tönnesmann 2013b). 94  Tönnesmann 1990, bes. S. 63 ff. und Tönnesmann 2013a, S. 107 ff. 95  Id., Le palais ducal d`Urbino, Humanisme et réalité sociale, in: Jean Guillaume (Hrsg.), Architecture et vie sociale, L’organisation intérieure des grandes demeures à la fin du moyen âge et à la renaissance (Actes du colloque tenu à Tours du 6 au 10 juin 1988), Tours 1994, S. 137–153; Bernd Roeck u. id., Die Nase Italiens. Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, Berlin 2005. 96  Stephan Hoppe, Die Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Neue Datierungen und Interpretationen, in: Mittelalter. Schloss Heidelberg und die Pfalzgrafschaft bei Rhein bis zur Reformationszeit, hrsg. durch die Staatlichen Schlösser und Gärten BadenWürttemberg (Redaktion: Volker Rödel), Regensburg 2000, S.  183–208; id., Wie wird die Burg zum Schloß? Architektonische Innovation um 1470, in: Heiko Laß (Hrsg.), Von der Burg zum Schloß, Landesherrlicher und Adeliger Profanbau in Thüringen im 15. und 16. Jahrhundert, Jena 2001, S. 95–117. 97  Camillo Semenzato, La Rotonda di Vicenza (Corpus Palladianum, Bd. 1) Vicenza 1968; Erik Forssman, ‚Del sito da eleggersi per le fabriche di villa‘: interpretazione di un testo palladiano, in: Bollettino del Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio 11 (1969), S. 149–162; Ger­ da Gollwitzer, Interazione tra l’uomo e il paessaggio esemplificata nelle ville venete, in: Bolletino del Centro Internazionale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“ 18 (1976), S. 49–63; Rosario Assun­ to, La Rotonda e il paesaggio: architettura nella natura e architettura della natura, in: La Rotonda (Novum Corpus Palladianum, Bd. 1), hrsg. v. Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio, Mailand 1988, S.  9–18; Manfred Wundram u. Thomas Pape, Andrea Palladio (1508–1580), Architekt zwischen Renaissance und Barock, Köln 1988, S. 186–202; Paul Holberton, Palladio’s Villas. Life in the Renaissance Countryside, London 1990, bes. S. 111 ff. (Kap. „Site, Sight and Height“). Siehe a. Cosgrove 1993 u. id. 2000 und jüngst: Stierli 2013. 98  Christoph Bertsch, Politischer und ästhetischer Raum. Anmerkungen zum Verhältnis von Stadt und Land in der florentinischen Toskana zwischen Trecento und frühem Quattrocento, in: Geschichte als Gegenwart. Festschrift zum 75. Geburtstag von Magdalena Hörmann Weingartner (Schlern-Schrif­ ten, Bd. 352), hrsg. v. Leo Andergassen u. Lukas Madersbacher unter Mitarbeit v. Julia Thurn und Taxis, Innsbruck 2010, S.  47–66; Bertsch 2012. Siehe a. James S.  Ackerman, The Medici Villa in Fiesole, in: Centre National de la Recherche Scientifique (Hrsg.), „Il se rendit en Italie“, Etudes offertes à André Chastel, Paris 1987, S.  49–56; Simone Martini u. Donata Mazzini, Villa Medici a Fiesole. Leon Battista Alberti e il prototipo di villa rinascimentale / Villa Medici, Fiesole. Leon Battista Alberti and the Prototype of the Renaissance Villa, Florenz 2004.

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II. IDEALE ORTE 1  Zwischen „montes boni“ und „montes mali“ (bzw. auch zwischen „montes Dei“ und „montes saeculi“) unterscheidet bereits Augustinus, Ennarationes in Psalmos, In Psalmum CXXIV Ennaratio 5, bzw. id., In Psalmum XLV Enarratio 7 (PL 36, Sp. 1651 bzw. ibid., Sp. 519). Vgl. Albert E. Win­ gell, The Forested Mountaintop in Augustine and Dante, in: Dante Studies 99 (1981), S. 9– 48, S. 42, Anm. 23, sowie Jens Awe, Berge mit Licht- und Schattenseiten. Über die Anfänge einer positiven Bergwahrnehmung von der Neuzeit bis zum 18. Jahrhundert, in: Walter Regel u. Hartmut Köhler (Hrsg.), … hoch gerühmt, fast vergessen, neu gesehen … Der italienische Maler und Poet Salvator Rosa. Studien zur Neubewertung, Würzburg 2007, S. 75–108, und zur Rezeption der biblischen Stellen, die Ber­ ge positiv konnotieren, seit den Kirchenvätern bis in die Physikotheologie des 18.  Jahrhunderts: Groh 2003 u. Jacek Wo´zniakowski, Die Wildnis. Zur Deutungsgeschichte des Berges in der europäischen Neuzeit, Frankfurt am Main 1987 (poln. Erstausgabe 1974). – Erst nach Abfassung des Textes wurde ich aufmerksam auf: s. v. „Berg“ (Hartmut Böhme), in: Ralf Konersmann (Hrsg.), Wörterbuch der philosophischen Metaphern, 3. erw. Auflage, Darmstadt 2011, S. 49–63. 2  „Colles et montes, tumores terrarum sunt.“ (Augustinus, Enarrationes in Psalmos, In Psalmum CIII Ennaratio 2; PL 36, Sp. 1356). Vgl. hierzu Awe 2007, S.  75–108, S.  78, Anm.  12. Dass hier besser wohl nicht von „Anfängen“, sondern von Fortschreibungen biblischer und antiker Traditio­ nen gesprochen werden sollte, zeigen die grundlegenden Studien von Groh 2003 u. von Wo’zniakowski 1987. Siehe a. kürzlich: Bettina Hausler, Der Berg. Schrecken und Faszination, Mün­ chen 2008. 3  Marjorie Hope Nicolson, Mountain Gloom and Mountain Glory. The Development of the Aesthetics of the Infinite, Seattle 1959. Vgl. hier S.  89 ff. zur bei Augustinus angesprochenen und unter den Kirchenvätern umstrittenen Frage, ob Berge bereits vor der Sintflut existierten. − Der Haupttitel des Buches von Nicolson („Mountain Gloom and Mountain Glory“) zitiert zwei Kapitelüberschriften („Mountain Gloom“ und „Mountain Glory“) aus John Ruskin, Modern Painters, 5 Bde., London 1846–60, hier Bd. 4 (London 1856), Part V: Of Mountain Beauty, Überschriften zu Kap. 14 u. 20 (S. 325 u. S. 353). 4  Für wertvolle Hinweise danke ich den Organisatoren und Teilnehmern des Achten Internatio­ nalen Sommerkurses der Bibliothek Werner Oechslin: Heilige Berge / Heilige Landschaft, Einsiedeln, 8.–12. Juli 2007, insbesondere Anja Buschow-Oechslin, Werner Oechslin, David Leatherbarrow u. Dalibor Vesely. Siehe Werner Oechslin (Hrsg.), Heilige Landschaft – Heilige Berge (Achter Internatio­ naler Barocksommerkurs Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln 2007), Zürich 2014. Auch Wolfgang Hübner, Münster, bin ich für Hinweise zu Dank verpflichtet. 5  Leonardo Bruni, Brief an Niccolò Niccoli vom 30. Dezember 1415. Zitiert nach Klaus Voigt, Italienische Berichte aus dem spätmittelalterlichen Deutschland. Von Francesco Petrarca zu Andrea de’ Franceschi, 1333–1492 (Kieler Historische Studien, Bd. 17), Stuttgart 1973, S. 48–50, S. 49. Siehe zu dieser Stelle auch: Jan Keupp u. Jörg Schwartz, Konstanz 1414–1418. Eine Stadt und ihr Konzil, Darmstadt 2013, S. 134. 6  Die biblischen Stellen in (zumeist positiver) allegorischer Deutung: Hieronymus Lauretus, Silva allegoriarum totius sacrae scripturae, Barcelona 1570. Fotomechanischer Nachdruck der 10. Ausgabe, Köln 1681, hrsg. v. Friedrich Ohly, München 1971, S. 688–690 (s. v. „mons“). – Bereits Gregor von Nyssa hatte in seinem um 390–400 n. Chr. verfassten Homilien zum Hohelied Salomonis nega­ tive und positive allegorische Deutungen des Berges zugleich angeführt: Gregor von Nyssa, In Canticum Canticorum Homiliae – Homilien zum Hohenlied, gr./dt., übers. v. Franz Dünzl (Fontes Christiani, Bd. 16), 3 Bde., Freiburg im Breisgau 1994, hier Bd. 2, S.  309 (ad malam partem), S. 313, S. 365 f. (ad bonam partem) u. passim. 7  Vgl. zur antiken Tradition der Würdigung der Berge drei vorzügliche Beiträge: Richard Buxton, Imaginery Greek Mountains, in: The Journal of Hellenic Studies 112 (1992), S. 1–15; Philip R. Hardie, Imago Mundi. Cosmological and ideological aspects of the shield of Achilles, in: The Journal of Hellenic

252  | Anmerkungen zu Kap. II: S. 31–154

Studies 105 (1985), S.  11–31; Wolfgang Hübner, Der Schildrand als Grenze, in: Rainer Albertz, Anke Blöbaum u. Peter Funke (Hrsg.), Räume und Grenzen. Topologische Konzepte in den antiken Kulturen des östlichen Mittelmeerraums, München 2007, S.  161–184 (mit aktueller Bibliographie). – Zu den naturphilosophischen Hintergründen einschlägig: Glacken 1967. S. auch s. v. „Gebirge/ Berge“ (Holger Sonnabend), in: Mensch und Landschaft in der Antike. Lexikon der Historischen Geographie, Stuttgart 1999, S. 160–163, S. 161: „Nach alter griechischer Auffassung waren die Berge darüber hinaus nicht nur Sitz, sondern auch Werk der Götter: Herodot (Historien 7, 129) zufolge waren die Thessaler der Meinung, ihre Bergwelt sei von Poseidon geschaffen worden.“ Sonnabend ist hier nicht ganz präzise, denn diese Meinung bezieht sich nach der genannten Stelle aus Herodot auf eine nachträgliche Veränderung der Formation der Berge durch Erdbeben, für die Poseidon verantwortlich gemacht wurde. 8  Lauretus, Silva, ed. Ohly 1971, S. 688–690 (s. v. „mons“). 9  Siehe o. Anm. II.1. Vgl. Wingell 1981, S. 9– 48 u. S. 42, Anm. 23; Awe 2007. 10  Zu den genannten Bergheiligtümern: Filippo Coarelli (Hrsg.), Studi su Praeneste (Reprints di archeologia e di storia antica, Bd. 1), Perugia 1978; id., I Santuari del Lazio in età repubblicana (Studi NIS Archeologia, Bd. 7), Rom 1987; Heinz Kähler, Hadrian und seine Villa in Tivoli, Berlin 1950; id., Der römische Tempel, Berlin 1970; id., Das Fortunaheiligtum von Palestrina (Praeneste), in: Coa­ relli 1978, S.  221 ff. (Erstdruck in: Annales Universitatis Saraviensis 7 [1958], S.  189–240); Jörg Martin Merz, Das Heiligtum der Fortuna in Palestrina und die Architektur der Neuzeit, München 2001. – Zur Positionierung von Tempeln im Hinblick auf Berge: Scully 1962; id. 1991; Alcock/ Osborne 1994. Siehe a.: Paul Huber, Heilige Berge. Sinai, Athos, Golgota. Ikonen, Fresken, Miniaturen, Zürich, Einsiedeln u. Köln, 1980. 11  Nach wie vor einschlägig zur Geschichte der frühneuzeitlichen Providentialgeologie: Frank Dawson Adams, The Birth and Development of the Geological Sciences, London 1938 (Reprint New York 1954). Zur Geographie der frühen Neuzeit in Italien: Domenico Defilippis, La rinascita della corografia tra scienza ed erudizione, Bari 2001; Philine Helas, Der ‚fliegende Kartograph‘. Zu dem Federico da Montefeltro und Lorenzo de’ Medici gewidmeten Werk ‚Le septe giornate della geographia‘ von Francesco Berlinghieri und dem Bild der Erde im Florenz des Quattrocento, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 46 (2002), S.  270–319; Giancarlo Petrella, L’officina del geografo. La „Descrittione di tutta Italia“ di Leandro Alberti e gli studi geografico-antiquari tra Quattro e Cinquecento. Con un saggio di edizione (Bibliotheca erudita, Bd. 23), Mailand 2004; Massimo Donat­ tini, L’Italia dell’Inquisitore. Storia e geografia dell’Italia del Cinquecento nella Descrittione di Leandro Alberti, Bologna 2007. Eine konzise Zusammenfassung der Theorien zur Bergentstehung, die dem mittleren Cinquecento geläufig waren, gibt die rare Schrift von Valerio Faenzi (Valerius Faventies, eigtl. Camillo Faenza), De Montium Origine, Venedig 1561. Jüngst erschien ein Nachdruck: Valerio Faenzi, Sull’origine delle montagne / De montium origine, hrsg. v. Paolo Macini u. Ezio Mesini, Ver­ bania 2006. Wenig beachtet, jedoch wichtig zur Geschichte der Providentialgeographie: Manfred Büttner, Die Geographia generalis vor Varenius. Geographisches Weltbild und Providentialehre (Erd­ wissenschaftliche Forschungen, Bd. 7), Wiesbaden 1973 (zugl. Habilitationsschrift Univ. Bochum 1970). 12  Vgl. hierzu Blum 2007, S. 159–200. Für die Analyse von Bauten innerhalb ihres architekto­ nischen Kontextes grundlegend: Kemp 2009, S. 369– 415. Zum „Kontextraub“ (W. Kemp) in der architekturgeschichtlichen Literatur seit dem 19.  Jahrhundert ibid., S.  372 und S.  27 f. u. 134 f. der vorliegenden Studie. 13  Die Formulierung „admiratio montium“ findet sich im einem Brief des berühmten Schweizer Naturforschers Conrad Geßner an seinen Freund Jakob Vogel (Jacobus Avienus) in Glarus, in dem er über seine Bewunderung der Berge spricht. Siehe Conrad Gesner, Büchlein von der Milch und den Milchprodukten (…) mit einem Brief an Jakob Vogel über die Berge [De lacte et operibus lactariis libellus, Philologus pariter ac Medicus, cum Epistola ad Jacobum Avienum Glaronensem de montium admiratione], Nachdruck der Erstausgabe Zürich 1541, dt. Übersetzung v. Siegfried Kratzsch, hrsg. v. CarlLudwig Riedel, Mönchengladbach 1996. Der Brief an Vogel findet sich zu Anfang des libellus

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(deutsche Übersetzung: ibid., S. 5–11). – Siehe auch: William Augustus Breevort Coolidge, Josias Simler et les Origenes de l’alpinisme jusqu’en 1600, Grenoble 1904; Arno Borst, Alpine Mentalität und europäischer Horizont im Mittelalter, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 92 (1974), S.  1– 46. − Vgl. zum italienischen Diskurs in Trecento und Quattrocento: Riedel 1997, S. 77–108, u. – als kenntnisreiche Zusammenstellung und Übersetzung von Quellen immer noch sehr nützlich –: Anna Mühlhäusser, Die Landschaftsschilderung in Briefen der italienischen Frührenaissance (Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, Bd. 56), Berlin/ Leipzig 1914 (zugl. Diss. Univ. Freiburg im Breisgau 1914). 14  Gerd Blum, Fenestra prospectiva. Das Fenster als symbolische Form bei Leon Battista Alberti und in Urbino, in: Joachim Poeschke u. Candida Syndikus (Hrsg.), Leon Battista Alberti. Humanist, Kunsttheoretiker, Architekt (Akten des internationalen Kongresses, Münster, 29.–30. Oktober 2004), Münster 2008, S. 77–122. Siehe auch Kostich-Lefebvre 2005. Vgl. außerdem: Blum 2010, S. 79–118. 15  Vgl. Tönnesmann 1990 u. id. 2013a. Vgl. außerdem, mit wichtigen Ausführungen zu Land­ schaftsbezügen namhafter Profanbauten der italienischen Renaissance und zu deren literarischen Quellen: Pieper 1997, S. 208–36, S. 216, u. in der vorliegenden Studie S. 92–94. 16  Vgl. Antonio Averlino detto il Filarete, Trattato di architettura, hrsg. v. Anna Maria Finoli u. Liliana Grassi, 2 Bde., Mailand 1972, hier Bd. 1, S. 57 (s. dazu Anm. I.220 dieser Studie). 17  Vgl. z.B. Plinius, Epistulae V, 6, 7 u. Vitruv, De Architectura II, VIII, 23–30. 18  Vgl. Rudolf Wittkower, Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus, 3. Auf lage, München 1983 (engl. Erstausgabe 1949), S. dazu ferner die Ausführungen auf S. 34 u. 110–112 der vorliegenden Studie. 19  Eine jüngere umfangreiche Bibliographie zur Villa Rotonda findet sich bei Beltramini/Pado­ an 2002, S. 530–554. 20  Zum Landschaftsbezug der Rotonda: Assunto 1988, S. 9–18; Holberton 1990, S. 121; Pierre de la Ruffinière Du Prey, The Villas of Pliny From Antiquity To Posterity, Chicago u. London 1994, S. 17; Cosgrove 2000, S. 321 ff. 21  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. III, S. 18. 22  Die einzelnen Libri Serlios erschienen ab 1537; eine erste (nicht vollständige, die Bücher I-V paraphrasierende) Sammelausgabe der einzelnen Libri Serlios wurde, Daniele Barbaro gewidmet, bei Francesco de’ Franceschi in dem genannten Jahr 1556 in Venedig publiziert. Letzterer verlegte auch die zweite italienische Auf lage und die lateinische Ausgabe des Vitruv-Kommentars Danie­ le Barbaros von 1567. Siehe hierzu Hanno-Walter Kruft, Geschichte der Architekturtheorie. Von der Antike bis zur Gegenwart, 3. erw. Auf lage, München 1991, S. 81–83 u. S. 94 f. sowie die folgende Anm. II.22 der vorliegenden Studie. Siehe zu Palladios Rotonda und Serlio bereits erhellend: Fritz Burger, Die Villen des Andrea Palladio, Leipzig 1909, S. 53 ff. Jüngst nun zu Serlios Traktaten und ihren Holzschnitten: D‘Evelyn 2012, S. 13–23. Vgl. auch die von Giovanni Domenico Scamozzi betreute, klassische Ausgabe von 1584: Sebastiano Serlio, Tutte l’Opere d’Architettura, hrsg. v. Gio­ vanni Domenico Scamozzi, Venedig: Francesco de’Franceschi, 1584 (Reprint, 2 Bde., Sala Bolo­ gnese, 1978). Siehe auch: S. Serlio, Tutte l’opere d’architettura et prospettiva. Dove si mettono in disegno tutte le maniere di Edificij, et si trattano di quelle cose, che sono più necessarie à sapere gli Archi­tetti. Diviso in sette libri, hrsg. v. Giovanni Domenico Scamozzi, 4. erw. Auf lage (1. Auf lage 1584), Venedig 1619 (Reprint: Ridgewood [N.J.] 1964). 23  Zu historischen Wandlungen der literarischen Konzeptualisierung bzw. bildlichen Darstel­ lung von Landschaft siehe Fitter 1995; Malcolm Andrews, Landscape and Western Art, Oxford 1999; Edward S.  Casey, Representing Place: Landscape Painting and Maps, Minneapolis u. London 2002. Einführend zu historischen Wandlungen diskursiver Konzeptionen des Verhältnisses von Natur und Kultur in der Neuzeit: Glacken 1967; Groh/Groh 1991; Groh 2003. Vgl. a. o. Anm. I.41 u. I.43 f.

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24  Vgl. Cosgrove 1993 u. Cosgrove 2000. 25  Dies hängt mit einer langjährigen Fixierung der Forschungen zum Landschaftsverständnis der Antike und der Renaissance auf die Topik des locus amoenus (seit Ernst Robert Curtius, Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, Bern 1948, S. 191–209) und auf die „Entdeckung der landschaftlichen Schönheit“ zusammen (seit Burckhardt 1985 [1860], S. 274). Vgl. dagegen: Wil­ liam J. Thomas Mitchell, Theses on Landscape, Chicago 1994; Fitter 1995; Franzen/Krebs 2005. 26  Vgl. Wittkower 1983 u. in der vorliegenden Studie S. 34 u. S. 110–112. Kritisch zu Wittko­ wers kosmologischer Interpretation ‚des Zentralbaus‘ und von Zentralbauten der italienischen Renaissance: Jens Niebaum, Anfänge und Ausbreitung des kirchlichen Zentralbaus in der Renaissance (teilw. zugl. Diss. Univ. Bonn 2007), im Erscheinen, u. id., Leon Battista Alberti: Begründer einer Theorie des ‚Zentralbaus‘ in der Renaissance?, in: Poeschke/Syndikus 2008, S. 243–256. Jens Nie­ baum danke ich für wichtige Hinweise. – Wittkowers Buch bleibt als Rekonstruktion eines wich­ tigen Legitimationsdiskurses der Renaissance-Architektur (und der Architekten der frühen Neu­ zeit) auch dann einschlägig, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Forderungen dieses Diskurses an den ausgeführten Bauten nicht realisiert worden sind. 27  Vgl. Brahes eigene Beschreibung seines zwischen 1576 und 1581 errichteten Observatoriums Uraniborg, erschienen als Appendix von id., Tychonis Brahe Astronomiae Instauratae Mechanica, Nürnberg: Levinus Hulsius 1602 [EA Wandsbek bei Hamburg 1598], o. S. (engl. Übersetzung: id., Tycho Brahe’s Description of his instruments and scientific work as given in Astronomiae instauratae mechanica, hrsg. von Hans Ræder, Bengt u. Elis Strömgren, Kopenhagen 1946, S. 121–132). Siehe a. John Robert Christianson, Tycho Brahe, in: Carsten Bach-Nielsen (Hrsg.), Danmark og renæssancen 1500–1650, Kopenhagen 2006, S. 174 –185; id., On Tycho’s island. Tycho Brahe and his assistants, 1570–1601, Cambridge 2000. – Bereits Wolfram Prinz weist auf Übereinstimmungen des Grundrisses von Uraniborg mit der Villa Rotonda hin: id., Schloss Chambord und die Villa Rotonda in Vicenza: Studien zur Ikonologie, Berlin 1980, S. 70–80: Die Villa Rotonda als Inbild des Parnaß (S. 76), als Kosmos-Metapher und Sonnenuhr (S. 79); zu Tycho Brahe: ibid., S. 76 u. S. 79. Vgl. a. Martin Kemp, Temples of the Body, Temples of the Cosmos, in: Brian S.  Baigrie (Hrsg.), Picturing Knowledge. Historical and Philosophical Problems Concerning the Use of Art in Science, Toronto 1996, S. 40–85. 28  Sie ist dabei „di figura del Mondo, cioè Ritonda“, wie Palladio das Pantheon, „hoggi detto la Ritonda“, beschrieben hat. (Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. IV, Cap. III, S. 73). 29  Diesem und dem voraufgehenden Zitat liegt folgender Text zugrunde: „Il sito è de gli ameni, e dilettevoli che si possano ritrovare: perché è sopra un monticello di ascesa facilissima, & è da una parte bagnato dal Bacchiglione fiume navigabile, e dall’altra è circondato da altri amenissimi colli, che rendono l’aspetto di un molto grande Theatro, e sono tutti coltivati, & abondanti di frutti eccelentissimi, & di buonissime viti. […] Perché gode da ogni parte di bellissime viste […]; vi sono state fatte le loggie in tutte quattro le faccie […]“ (ibid., Lib. II, Cap. III, S.  18). Die Übersetzung nach Palladio, Vier Bücher, ed. Beyer/Schütte 1988, S. 132. 30  Hierzu kürzlich die wichtigen Ausführungen bei Kemp 2009, Kap. 8: „Der Kontext“, S. 369– 415. Monographien zum Ortsbezug von Architektur erschienen erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Vgl. Norberg Schulz 1982 (ital. EA 1979); Scully 1962; Tomáš Valena, Über den Ortsbezug in der Architektur, Berlin 1994; Massimo Birindelli, Ortsbindung. Eine architekturkritische Entdeckung des Petersplatzes des Gian Lorenzo Bernini, Braunschweig 1987. Bereits Camillo Sitte, Der Städtebau nach seinen künstlerischen Grundsätzen, Braunschweig 1983 (EA Wien 1889), S. 35 ff., forderte ein „Hineinkomponieren in die Umgebung“. Vgl. a. Valena 2014. 31  Vgl. Paula Philippson, Griechische Gottheiten in ihren Landschaften (Symbolae Osloenses, Fasci­ culi suppletorii, Bd. 9), Oslo 1939. Vgl. den Hinweis auf diese Studie bei Scully 1962, S.  3, Anm. 10 u. S. 216.

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32  Siehe Scully 1962; id. 1979; id. 2013. Das epochenübergreifende Fazit seiner Forschungen: id., 1991. 33  In der deutschen, von Clara Weyergraf-Serra redaktionell betreuten Ausgabe von Serras Schriften werden in einer Fußnote Vorlesungen Scullys erwähnt, die der Künstler während seines Studiums an der Yale University gehört habe: Richard Serra, Schriften, Interviews. Sammlung (1970–1989), Bern 1990, S. 45, Anm. 3 (dort auch Hinweis auf das 1962 in erster Auf lage erschie­ nene Buch Scullys über den Ortsbezug griechischer Tempelanlagen; vgl. Scully 1962). Die genannte Fußnote ist in der späteren englischsprachigen Ausgabe Richard Serra, Writings/Interviews, Chicago 1994 nicht mehr enthalten (vgl. ibid., S. 33). – Serra selbst berichtet außerdem in einem späteren Interview, dass er die Vorlesungen Scullys während seiner Studienzeit in Yale „all the time“ besucht habe: Kynaston McShine, A Conversation about Work with Richard Serra, in: id. u. Lynne Cooke (Hrsg.), Richard Serra, Sculpture: Forty Years (Ausstellungskatalog, New York, Museum of Modern Art, 3. Juni – 10. September 2007), New York 2007, S. 15– 42, S. 17. – Vgl. zu Serras Begriff von „site-specific work“ zusammenfassend Serra 1990, S.  227 f., u. Serra 1994, S. 202 f. Zu den von Robert Irwin formulierten Kategorie von „site adjusted“ und „site determined art“ siehe Robert Irwin, Being and Circumstance. Notes Towards a Conditional Art, hrsg. v. Lawrence Weschler, Larkspur Landing (Calif.) 1985, S.  26 f. Zur Geschichte und Theorie ortsbezogener Skulptur seit den 1960er Jahren siehe Miwon Kwon, One Place after Another. Site-Specific Art and Locational Identity, Cambridge (Mass.) 2002; Johan Frederik Hartle, Der geöffnete Raum. Zur Politik der ästhetischen Form, München 2006 (zugl. Diss. Univ. Münster 2004) sowie Brigitte Franzen, Kasper König u. Carina Plath (Hrsg.), Skulptur Projekte Münster 07 (Ausstellungskatalog Münster, Westfälisches Landesmuseum, 16. Juni – 30. September 2007), Köln 2007 (mit ausführlicher kom­­mentierter Bibliographie). 34  Vgl. zur Ortsbestimmtheit der „genera aedificiorum“: Vitruv, De Architectura VI, I. Vitruv über die Anpassung von immanent perfekt proportionierten Entwürfen an die „locorum naturas aut necessitates“: ibid., VI, II (dort auch die angeführten Zitate). Zur antiken Klimatheorie der Kultur einführend: Glacken 1967. 35  Vitruv zur Wahl geeigneter Orte: Vitruv, De Architectura I, IV–VII, ed. Fensterbusch 1991, S. 44 –73. 36  Alberti, De re aedificatoria Lib. I, Cap. 2. Der Architekturtraktat wird hier nach den folgenden Ausgaben zitiert: Leon Battista Alberti, L’Architettura [De re aedificatoria]. Testo latino e traduzione a cura di Giovanni Orlandi. Introduzione e note di Paolo Portoghesi (Trattati di Architettura, Bd. 1), 2 Bde., Mailand 1966, im Folgenden zitiert als Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966), sowie Leon Battista Alberti, Zehn Bücher über die Baukunst, hrsg. u. übers. v. Max Theuer, Darmstadt 1991 (Nachdruck der Ausgabe Wien 1912), im Folgenden zitiert als Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991. – Zu Albertis sechs „partes“ und „principia“ der Architektur in De re aedificatoria I, 2 vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 22. 37  Besonders: Alberti, De re aedificatoria I, 2–8; IV, 2; V, 11; V, 17; VI, 4; VI, 1. 38 

Alberti, De re aedificatoria IV, 1.

39  Alberti, De re aedificatoria IV, 1. 40  Vgl. Kostich-Lefebvre 2005. Für den freundlichen Hinweis auf die wichtige Studie von Kostich-Lefebvre danke ich David Leatherbarrow, Philadelphia. Vgl. auch: Magda Saura, Architecture and the Law in Early Renaissance Urban Life. Leon Battista Alberti’s ‚De re aedificatoria‘, Diss. Univ. of California, Berkeley 1988 (Typoskript, Ann Arbor 1988). Siehe auch Miotto 2003. 41  Leon Battista Alberti, L’architettvra di Leonbatista Alberti, tradotta in lingua fiorentina da Cosimo Bartoli. Con la aggiunta de’ disegni, Florenz: Lorenzo Torrentino 1550, S.  100 (von Bartoli hinzu­ gefügte italienische Überschrift zu De re aedificatoria IV, 2, wo geeignete Orte von zu gründenden Städten behandelt werden). – Diese Ausgabe Bartolis wird im Folgenden zitiert als Alberti,

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L’architettvra, ed. Bartoli 1550. Sie erschien im selben Jahr wie die Erstausgabe der Künstlerviten Vasaris, bei demselben Verleger. 42  Bartoli übersetzt „regio“ mit „regione“ und „area“ mit „sito“: vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 22; Alberti, L’architettura, ed. Bartoli, S. 18 (Übersetzung von De re aedificatoria I, 2). „Ager“ übersetzt er mit „luogo“: vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S.  279, und Alberti, L’architettvra, ed. Bartoli, S.  101 (Überset­ zung von De re aedificatoria IV, 2). Vgl. zu den topographischen Termini Albertis auch Saura 1988 und Kostich-Lefebvre 2005. 43  Alberti, L’architettura, ed. Bartoli 1550. Die Signatur dieser annotierten Ausgabe lautet: Har­ vard College Library, Houghton f *IC.Al147.Ei550b. Vgl. in diesem Exemplar a. die Annotationen zu De re aedificatoria IV, 1 (auf S. 97), und zu De re aedificatoria IV, 2 (auf S. 100; S. 103; S. 105). 44  Postille zu Alberti, L’architettura, ed. Bartoli 1550, Houghton f *IC.Al147.Ei550b, S. 97 (zu De re aedificatoria IV, 1). 45  Ibid., Houghton f *IC.Al147.Ei550b, S.  97 (zu De re aedificatoria IV, 1). Diese ausführliche Randnotiz setzt Albertis Aussage, die große Fülle und Verschiedenheit der Gebäude sei vor allem aus der Vielfalt der Menschen und ihrer staatlichen Einrichtungen geboren („[…] la grande abbon­ danza, & varietà delli edificii [...] sono nate da la varietà de gli uomini […]“, ibid.), folgendermaßen fort: „& da la diversità de paesi, & ricercano diversi modi d’edificare. che [?] istesso essendo buono architetto, consider[ano?] fra le cose principali la qualità de le regioni, e la particularità del sito […].“ Vgl. die Alberti gegenüber kritische (und teils schwer lesbare) Randnotiz am Ende von IV, 2 (ibid., S.  105 oben): „Dificilis[ssi]mo anzi impossibile mi pare di poter trovare un sito secondo l’intenzione del’autore: io vorrei [?], ch’egli n’havesse mostrato come [?] supplicare [?] con l’arte a i mancamenti de la natura.“ 46  Alberti, De re aedificatoria IX, 5 (Vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, S. 810–824). Einführend: Kruft 1991, S. 44 –54. Zum Begriff der concinnitas: Joach­ im Poeschke, Zum Begriff der ‚concinnitas‘ bei Leon Battista Alberti, in: Frank Büttner u. Christi­ an Lenz (Hrsg.), Intuition und Darstellung. Erich Hubala zum 24. März 1985, München 1985, S. 45–50; Veronica Biermann, Ornamentum, Studien zum Traktat „De re aedificatoria“ des Leon Battista Alberti (Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 111), Hildesheim et al. 1997 (zugl. Diss. Techn.Univ. Berlin 1995), bes. S.  188–211: Kap. IV.4c („Ornamentum und concinnitas“); Paul von Naredi-Rainer, Architektur und Harmonie. Zahl, Maß und Proportion in der abendländischen Baukunst, Köln 1999, S. 185–196. 47  Vgl. die bemerkenswerte, überschriftsartige Zusammenfassung des ersten Kapitels des vier­ ten Buches von De re aedificatoria durch Bartoli, in der von „differentia“ und „diversità“ die Rede ist (Alberti, L’architettvra, ed. Bartoli 1550, S. 97). 48  Siehe die Einleitung Manfredo Tafuris in: Vitruvio. I dieci libri dell’architettura. Tradotti e commentati da Daniele Barbaro, 1567, con un saggio di Manfredo Tafuri e uno studio di Manuela Morresi, Mailand 1997 (Reprint der ital. Ausgabe Venedig 1567). Die erste Auf lage von Barbaros Vitruv-Kommentar erschien 1556 in Venedig. Eine lateinische Ausgabe und eine zweite italieni­ sche Auflage wurden, wie bereits erwähnt, im Jahr 1567 gedruckt, ebenfalls in Venedig. Vgl. Kruft 1991, S. 95. Siehe zur Editionsgeschichte: Louis Cellauro, Daniele Barbaro and his venetian editi­ ons of Vitruvius of 1556 and 1567, in: Studi veneziani N.S. 40 (2000), S.  87–134; id., Disegni di Palladio e di Daniele Barbaro nei manoscritti preparatori delle edizioni del 1556 e del 1567 di Vitruvio, in: Arte veneta 56 (2000), S. 52–63; u. jüngst D‘Evelyn 2012, bes. S. 23–26 u. 51 f. 49  Vitruv, Architettura, ed. Barbaro 1567 (1997), S. 282: „[…] che non sempre si deve servare le istesse regole, e simmetrie, perche la natura del luogo richiede spesso altra ragione di misure, e la necessità ci astringe a dare o levare di quelle che proposto avevamo. Però in quel caso, dice Vitru­ vio, si vede molto la sottigliezza, e il giudizio dell’Architetto, il quale togliendo, o dando di più alle

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misure, lo fa in modo, che l’occhio ha la parte sua, e regge la necessità con bella, e sottile ragione“ (zu Vitruv, De Architectura, VI, 2). 50  „Constat enim corpus omne partibus certis atque suis, ex quibus nimirum si quam ademeris aut maiorem minoremve redegeris aut locis transposueris non decentibus, fiet ut, quos isto in cor­ pore ad formae decentiam congruebat, vitietur“ (Alberti, De re aedificatoria IX, 5; vgl. id., De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, S. 813). – „Es besteht nämlich jeder Körper aus bestimmten, ihm zugehörigen Gliedern. Nimmt man nun eines davon weg, macht es größer oder kleiner, oder ordnet es an einer unrichtigen Stelle ein, so geschieht es natürlich, daß alles, was an diesem Körper in Wohlgestalt der Form übereinstimmte, verdorben wird.“ (Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 491). Vgl. auch S. 162 der vorliegenden Studie. 51  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. 12 („Del sito da eleggersi per le fabriche di Villa“). Siehe ausführlich über Bauplatz, Umgebung und Ortswahl: Vincenzo Scamozzi, L’idea della architettura universale, 2 Bde., Venedig 1615 (Reprint Bologna 1982, 2 Bde.), Bd. 1 (= „Parte I“), Libro II, Cap. VI–VII, S. 116–120 u. passim. 52  Ibid., Lib. IV, Cap. 1. 53  Ibid. 54  Ibid. II, 17. 55  Ibid. II, 12. 56  Burns 1999. Wichtige Hinweise für die folgenden Abschnitte dieses Kapitels verdanke ich Tanja Winter. 57  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, II, 15, S. 64, u. Burns 1999, S. 50–53, bes. S. 51 f. (auch zur wahrscheinlichen Beteiligung Giulio Romanos an den Planungen). Siehe Palladios Zeichnung für seine Villa für Marcantonio und Adriano Thiene in Quinto Vicentino, die in Oxford auf bewahrt wird (Worcester College Library, Inigo Jones Album, sheet I/90, H.T. 89). Diese durch die Darstellung der konkreten Topographie der geplanten Villa innerhalb des Werkes Palla­ dios einzigartige Grundrisszeichnung ist abgebildet bei Burns 1999, S.  68 u. bei Puppi 2000, S. 262, Abb. 322. Burns schreibt über dieses Blatt Palladios: „His point of departure is the site […]“ (Burns 1999, S.  51). Lewis 2000, S.  125 f., hier S.  125, hebt die „topographic accurarcy“ dieser Zeichnung hervor. Vgl. zu Palladios Entwürfen für die Villa des Marcantonio und Adriano Thiene in Quinto Vicentino außerdem: Puppi 2000, S. 261 f. u. Donata Battilotti in Puppi 2000, S. 452 (Entwurfszeitraum um 1542–1546); Guido Beltramini in Beltramini/Padoan 2002, S. 125–126 (Entwurfszeitraum 1542–1542) u. 279 f.; Howard Burns in Beltramini/Burns 2005, S.  329 f. (Entwurfszeitraum 1541–1542). 58  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, III, 1, S.7. Vgl. Palladio, Die Vier Bücher, ed. Beyer/ Schütte 1988, III, 1, S. 209–210: „Diese Art von Straßen außerhalb der Stadt finden sich zahlreich im Vicentinischen, und unter anderem ist besonders jene berühmt, die in Cigogna, einem Landsitz des Grafen Odoardo Thiene, verläuft, und auch die, die in Quinto, dem Landsitz des Grafen Otta­ vio Thiene, von mir angelegt worden und durch den Fleiß und die Betriebsamkeit der genannten Herren geschmückt worden sind.“ Vgl. zur unvollendeten Villa Thiene in Cicogna: Burns 1999, S. 60–62; Puppi 2000, S. 311–313 u. Donata Battilotti in Puppi 2000, S. 478 f.; Guido Beltrami­ ni in Beltramini/Padoan 2002, S.  168–170 (Entwurf wohl kurz vor 1556), sowie Bibliographie (von Almuth Goldhahn), S.  291; Howard Burns in Beltramini/Burns 2005, S.  339–341 (Ent­ wurfszeitraum 1555–1563). Zur Planung von Straßen für die Thiene: Puppi 2000, S.  312 u. Donata Battilotti in Puppi 2000, S. 452. 59  Zum Landtausch mit den Mönchen von San Bartolomeo siehe Giovanni Zaupa, Andrea Palladio e la sua committenza. Denaro e Architettura nella Vicenza del Cinquecento, Rom u. Reggio Calabria 1990, S.  111, u. Burns 1999, S.  52 u. S.  63. Zaupa, 1990. S.  107–120, erörtert den Vicentiner Palast und die genannte Villa der Brüder Marcantonio und Adriano Thiene ausführlich.

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60  Bereits Vasari hatte 1568 in seiner Vita des Jacopo Sansovino die rückwärtige Exedra von Palladios Villa in Maser auf den Brunnenhof der Villa Giulia bezogen, an deren Planung der Are­ tiner selbst beteiligt war. Vgl. Giorgio Vasari, Le vite de’ più eccellenti pittori, scultori e architettori nelle redazioni del 1550 e 1568, Testo a cura di Rosanna Bettarini, Commento secolare a cura di Paola Barocchi, 6 Bde., Florenz 1966–88 (im Folgenden zitiert als Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/ Bettarini 1966–88), Bd. 6, S.  197. Der Hinweis auf diese Stelle bei Burns 1999, S.  59. Siehe zu Palladios Entwürfen für die Villa Thiene in Cicogna auch Burns 1999, S. 60–62, bes. S. 64 (über deren möglichen Rückgriff auf die Villa Giulia). 61  Archivio di Stato di Venezia, Provveditori sopra i Beni Inculti, Disegni, Vicenza, rot. 245, mazzo 57/A, disegno 5 (nicht selbst eingesehen). Das Detail mit dem halbrunden Platz ist abgebildet bei Puppi 2000, S.  479 u. bei Beltramini/Burns 2005, S.  341; dort auch der Hinweis auf die Villa Giulia in Rom (Howard Burns). 62  Royal Institute of British Architects, XVI/7 (laut Burns 1999, S.  68: ca. 1541/42 entstan­ den). Vgl. zu Palladios Entwürfen für die Villa Pisani in Bagnolo: ibid., S. 49 f. (auch die Zeichnung London, RIBA XVI/19 sei ein Entwurf für diese Villa); Guido Beltramini in Beltramini/Padoan 2002, S.  116–119; Howard Burns in Beltramini/Burns 2005, S.  298 f.; Burns in Guido Beltra­ mini u. Howard Burns (Hrsg.), Palladio (Ausstellungskatalog Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“ / London, Royal Academy of Arts, 20. September 2008 – 17. Januar 2010), Venedig 2008, S. 64 –68. – Zur Skizze für die Villa Arnaldi siehe Anm. 7 des Vorwortes von Kurt W. Forster in diesem Band. 63  Detaillierte Hinweise auf die hier angeführten, die Villen der Thiene in Cicogna di Villafran­ ca Padovana und Quinto Vicentino sowie die Villa Pisani in Bagnolo betreffenden Archivalien und Entwürfe verdanke ich neben Howard Burns’ grundlegendem Aufsatz von 1999 der besonderen Großzügigkeit von Tanja Winter (Berlin), deren in der Ausarbeitung befindliche Dissertation über das „Bauen im Bestand“ bei Palladio wichtige Aufschlüsse über den Ortsbezug der Villen Palladios und über die Inkorporation bestehender Vorgängerbauten in die neuen Baukörper verspricht und auf deren briefliche Mitteilungen ich mich in den vier vorausgehenden Absätzen beziehe. 64  Ottavio Bertotti Scamozzi, Il Forestiere Istruito delle cose più rare di architettura e di alcune pitture della Città di Vicenza, Vincenza 1761 (nach Exemplar der ULB Münster), S. 8. Im Jahr 1780 erschien, ebenfalls in Vicenza, die stark abweichende zweite Auf lage. Siehe hierzu in der vorlie­ genden Studie Anm. II.489. 65  Palladio: I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. 15, S. 60 und die folgende Anm. II.425. 66  In der Terminologie Robert Irwins könnte mutatis mutandis von „site determined architectu­ re“ gesprochen werden, siehe Irwin 1985, S. 27. Vgl. zu Richard Serras Begriff von „site-specific work“ zusammenfassend Serra 1990, S. 227 f., Serra 1994, S. 202 f., u. Kwon 2002. 67  „[…] perchè col palazzo si è voluto obedire ad una bella, et amena valle.“ Dieses Zitat findet sich in einem Brief Bartolomeo Ammanatis an Marco Mantova Benavides (Pesaro, Biblioteca Oli­ veriana, ms. 374, Bd. 2, ff. 91–96). Den Brief hat bereits Salvatore Betti publiziert: Descrizione della villa di Papa Giulio III. Lettera inedita di Bartolomeo Ammanati architetto, in: Giornale Arcadico IV (1819), S. 387–398. Er ist ebenfalls wiedergegeben bei Azzi-Visentini 1997, S. 159, nach der ich hier zitiere. Siehe zu diesem Brief und zur topographischen Einbettung der Villa Giulia: Matthias Quast, Zur Planung römischer Villenanlagen der zweiten Hälfte des Cinquecento: Die Organisation des Terrains, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 38 (1994), S. 247–280. 68  Vgl. Smienk/Niemeijer 2011 u. 2012. 69  Vgl. Cosgrove 1993 u. 2000. Siehe auch Beltramini u. Burns 2008. 70  Smienk/Niemeijer 2011, S. 22, 25, 45 (sowie id. 2012, S. 21, 25, 44 f.). 71  Vgl. Donata Battilotti, Andrea Palladio. Die Villen, Mailand 1990, S. 117.

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72  Siehe Puppi 2000, S. 352 f., sowie bes. D. Battilotti in ibid., S.475– 477, und auch die biblio­ graphischen Angaben bei Beltramini/Burns 2005, S. 315. Vgl. auch Villa Emo. Rilievi di M. Zocconi, A. Pereswet-Soltan (Rilievi delle fabbriche di Andrea Palladio, Bd. 1), Vicenza 1977 (im Folgen­ den zitiert als Villa Emo 1977). 73  Smienk/Niemeijer 2011, S.  25 u. S.  106–117 (eine Quelle, welche die Planung dieser Allee durch Palladio oder deren Anlage im Cinquecento belegen würde, wird allerdings nicht ange­ führt). In der Umgebung von Villen der Thiene in Quinto und Cicogna hat Palladio Alleen geplant, wie er in den Quattro Libri anführt (siehe Burns 1999, S. 60–65 u. S. 40 der vorliegenden Studie). Zu möglichen Planung einer Allee, die zur Villa Pisani bei Bagnolo führt, durch Palladio siehe Burns 1999, S. 63. 74  Vgl. Burns 1999, S. 45. 75  Vgl. Smienk/Niemeijer 2011, Abb. S. 112 oben. 76  Ausgezeichnete Analyse und Bilddokumentation der topographischen Einbindung der Villa Emo bei Vgl. Smienk/Niemeijer 2011, S. 106–117 (sowie Smienk/Niemeijer 2012, S. 106–17). 77  Forssman 1969, S. 149–162, S. 160, mit Hinweis auf De re aedificatoria IX, 2, über die Lage der villa suburbana (vgl. De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, 793). Vgl. auch De re aedificatoria V, 17 (ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 415). 78  Befragt man die 1980 erschienene kommentierte Ausgabe der Quattro Libri, so erhält man folgende lapidare Auskunft: „Theatro: il termine, caro alla letteratura cinquecentesca, si riferisce all’ampio giro di visuale favorito dal colle (dal greco τò θέατρον).“ Vgl. Andrea Palladio, I quattro libri dell’architettura, hrsg. v. Licisco Magagnato u. Paola Marini, Mailand 1980, S. 457. − Vgl. zum Renaissance-Konzept des Theaters als mikrokosmischem Abbild des geordneten Makrokosmos, das gerade im Venedig des 16. Jahrhunderts große Verbreitung gefunden hat: Lina Padoan Urban, Teatri e ‚teatri del mondo‘ nella Venezia del Cinquecento, in: Arte Veneta 20 (1966), S. 137–146; Giu­ seppe Barbieri, ‚Co’l giuditio e con la mente esperta‘: l’architettura e il testo, in: Lionello Puppi (Hrsg.), Andrea Palladio. Il testo, l’immagine, la cittá (Ausstellungskatalog Vicenza, Gallerie di Palazzo Leoni Montanari, 30. August – 9. November 1980), Mailand 1980, S.  17–26; Manfredo Tafuri, ‚Roma instaurata‘. Strategie urbane e politiche pontificie nella Roma del primo ’500, in: Christoph Luitpold Frommel, Stefano Ray u. Manfredo Tafuri (Hrsg.), Raffaello architetto, Mailand 1984, S. 59–106; Cosgrove 1993; Horst Bredekamp, Die Fenster der Monade. Gottfried Wilhelm Leibniz’ Theater der Natur und der Kunst, Berlin 2004, S. 34 –39; und kürzlich: Christel Meier-Staubach, Enzyklopädie und Welttheater. Zur Intertheatralität von Universalwissen und weltpräsentierender Performanz, in: Martin Schierbaum (Hrsg.), Enzyklopädistik zwischen 1550 und 1650. Typen und Transformationen von Wissensspeichern und Medialisierungen des Wissens (Pluralisierung und Autorität, Bd. 18), Mün­ ster 2009, S. 3–39. Der grundlegende Artikel, für dessen großzügige Überlassung bereits vor sei­ ner Drucklegung ich der Autorin sehr zu danken habe, enthält eine vorzügliche Bibliographie. 79  Assunto 1988, S. 9–18, S. 12–15. 80  Blum 2007; siehe auch Blum 2010. 81  Siehe Holberton 1990, S.  121; Ruffinière Du Prey 1994, S.  17; Sonia Maffei (Hrsg.), Paolo Giovio. Scritti d’arte. Lessico ed ecfrasi (Scuola Normale Superiore di Pisa, Centro di Ricerche Informa­ tiche per i Beni Culturali / Accademia della Crusca: Strumenti e Testi, Bd. 5), Pisa 1999, S. 24– 47, S. 25, Anm. 75. – Plinius’ Villenbriefe sind seit der Wiederentdeckung des Briefcorpus durch Gua­ rino Veronese im Jahr 1419 von Auftraggebern und Architekten von Villen häufig herangezogen worden. Sie bilden die literarische Vorlage sowohl für die von Assunto angeführte Beschreibung der „valle delle donne“ aus der Novelle Boccaccios als auch für die von Forssman erörterte Passage aus Albertis De re aedificatoria IX, 2. Vgl. Lise Bek, Ut ars natura – ut natura ars. Le ville di Plinio e il concetto del giardino nel Rinascimento, in: Analecta Romana Instituti Danici 7 (1974), S.  109–156. Die editio princeps der Briefe des jüngeren Plinius erschien 1471 in Venedig (vgl. Miroslav Flodr, Incunabula Classicorum. Wiegendrucke der griechischen und römischen Literatur, Amsterdam 1973, S.  248);

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eine ganze Reihe weiterer Ausgaben folgten im 15. und 16. Jahrhundert. Seit 1506 liegen die Plini­ us-Briefe in der häufig nachgedruckten und bis ins 18.  Jahrhundert rezipierten kommentierten Ausgabe Giovanni Maria Cataneos vor. 1548 hat Lodovico Dolce italienische Übersetzungen aus­ gewählter Briefe veröffentlicht (Epistole di G. Plinio […]. Tradotte per m. Lodovico Dolce […], Venedig 1548), in denen die Villenbriefe über das Laurentinum und die Tusci allerdings nicht enthalten sind. – Palladio bezieht sich in den Quattro Libri an anderer Stelle explizit auf den jüngeren Plinius: Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, cap. 16, S.  69. – Zur Rezeption der Villen­ briefe von Plinius in der italienischen Architektur und Architekturekphrastik s. Ruffinière Du Prey 1994; Biermann 2003, Sp. 1037–1044; Paul Davies u. David Hemsoll, Le Ville di Plinio il giovane e la loro influenza sui progetti di ville veneti, in: Guido Beltramini u. Howard Burns (Hrsg.), Andrea Palladio e la villa veneta. Da Petrarca a Carlo Scarpa (Ausstellungskatalog Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“, 5. März – 3. Juli 2005 ), Venedig 2005, S. 200 f.; Maffei 1999, S. 20– 47. Zur Rezeption der Briefe Plinius’ des Jüngeren im Humanismus des 15. und 16. Jahrhunderts vgl. Federico Federico Gamberini, Materiali per una ricerca sulla dif­ fusione di Plinio il giovane nei secoli XV e XVI, in: Studi classici e Orientali 34 (1984), S. 133–170. – Zur Plinius-Rezeption in Pienza und in den Commentarii Pius’ II. vgl. die wegweisende Studie von Tönnesmann 1990, S. 63–66. 82  Vgl. Plinius minor, Epistulae V, 6, 7–14. – Zu den Villenbriefen des Plinius s. Lefèvre 1977, S. 519–554; Mielsch 1987, S. 137–140; Förtsch 1993; Henriette Pavis d’Escuriac, Nature et campagne à travers la correspondance de Pline le Jeune, in: Gérard Siebert (Hrsg.), Nature et paysage dans la pensée et l’environnement des civilisations antiques (Actes du Colloque de Strasbourg, 11–12 juin 1992), Paris 1996, S. 183–192. 83  Plinius minor, Epistulae V, 6, 7. Vgl. Gaius Plinius Caecilius Secundus, Epistulae/Briefe, lat./dt., hrsg. v. Helmut Kasten, München u. Zürich 1984, S.  260: „Regionis forma pulcherrima: imagi­ nare amphitheatrum inmensum quale sola rerum natura possit effingere […].“ Die Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 9. 84  Ibid. 85  Plinius minor, Epistulae V, 6, 12. Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 10. – Die klare syntaktische Gliederung der plinianischen Beschreibung dieses idealen Ortes hat Lefèvre 1977 herausgearbeitet. 86  „Magnam capies voluptatem, si hunc regionis situm ex monte prospexeris. neque enim terras tibi, sed formam ad eximiam pulchritudinem pictam videberis cernere: ea varietate, ea descriptione quocumque inciderint oculi, reficientur.“ − Plinius minor, Epistulae V, 6, 13. Übersetzung nach ed. Kasten 1984, S. 263 (vom Verfasser leicht modifiziert). 87  „Villa in colle imo sita prospicit ex summo“ (ibid. V, 6, 14). 88  Einschlägige moderne Kommentare deuten „formam pictam“ als Bezeichnung für eine Land­ karte; vgl. Plinio il Giovane, Lettere scelte con commento archeologico di Karl Lehmann-Hartleben (Testi della Scuola Normale Superiore di Pisa, Bd. 3), Florenz 1936, S. 51; Adrian Nicholas Sher­ win-White, The Letters of Pliny, A Historical and Social Commentary, 2. Auflage, Oxford 1985 (1. Auf­ ­lage 1966), S.  323, jeweils ad loc. Kommentare der frühen Neuzeit interpretierten „formam pic­ tam“ dagegen eher als Gemälde oder Zeichnung. Vgl. die sehr nützliche Zusammenstellung der älteren Kommentare zu dieser Stelle in Gottlieb Cortius u. Paulus Daniel Longolius (Hrsg.), Caii Plinii Caecilii Secundi epistolarum libros decem, cum notis selectis Jo. Mar. Catanaci, Jac. Schegkii, Jac. Sirmondi, Is. Casauboni, Henrici Stephani, Conradi Rittershusii, Cl. Minois, Casp. Barthii, Aug. Buchneri, Jo. Schefferi, Jo. Frid. Gronovii, Christ. Cellarii aliorumque, Amsterdam 1734, ad loc. – Salvatore Settis, Le pareti ingannevoli. La villa di Livia e la pittura di giardino, 2. Auf lage, Rom 2005 (1.  Auf lage 2002), S.  10, übersetzt „gemaltes Bild“. Kai Brodersen wendet sich hingegen explizit gegen die Lesart „Landkarte“: Brodersen 2003 (1995), S. 157 u. S. 237. 89  Vgl. Giuseppe Barbieri, Andrea Palladio e la cultura veneta del Rinascimento, Rom 1983; Cosgrove 1993, insb. Kap. 8–9.

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90  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, Proemio, das Zitat S. 3. 91  Cicero, De natura deorum II, 81 (Übersetzung zitiert nach: Marcus Tullius Cicero, Vom Wesen der Götter, nach der Übersetzung v. R. Kühner, hrsg. v. Otto Güthling, Leipzig 1928, S. 117). 92  Vgl. Friedrich Solmsen, Nature as Craftsman in Greek Thought, in: Journal of the History of Ideas 24 (1963), S. 473– 496. 93  In Ciceros De natura deorum vergleicht Balbus als Exponent der Stoa Natur und Architektur vor dem Hintergrund der beiden Bereichen eigenen Regelhaftigkeit und Proportionalität: Wie jemand, der distinctio, utilitas, pulchritudo und ordo der Gestirne und ihrer Bahnen betrachte, von der vorausbestimmten Ordnung der Schöpfung überzeugt sein müsse, so werde der, welcher „[…] in ein Haus oder ein Gymnasium oder einen Marktplatz käme und da in allen Dingen Planmäßig­ keit, Maßhaltung und Anordnung [ratio, modus, disciplina] sähe […], einsehen, es sei jemand da, der diese Dinge leite […]. So muß er noch weit mehr bei so großen Bewegungen und bei so großen Abwechslungen [der Gestirne, G. B.], bei dem geordneten Gang so vieler und großer Dinge […] notwendigerweise annehmen, daß ein vernünftiger Geist die so großen Bewegungen der Natur lenke […]“ (Cicero, De natura deorum II, 15, zitiert nach: Cicero, De natura deorum, ed. Güthling 1928, S. 162 f.). 94  Vgl. Cassius Dio, Römische Geschichte 66, 25, 1 (Gutschmid-Zählung). Übersetzung hier zitiert nach: id., Römische Geschichte, übers. v. Otto Veh, 5 Bde., Düsseldorf 2007, Bd. 5, S.  166. Vgl. zu Cassius’ Dios Kritik an den öffentlichen Spielen: Heleen Groot, Zur Bedeutung der öffentlichen Spiele bei Tacitus, Sueton und Cassius Dio. Überlegungen zur Selbstbeschreibung der römischen Gesellschaft (Antike Kultur und Geschichte, Bd. 12), Münster et al. 2008 (zugl. Diss Frankfurt am Main 2006), S. 93–111 u. passim. 95  Vgl. jüngst: Kathleen M. Coleman (Hrsg.), Liber spectaculorum M. Valerii Martialis (with Intro­ duction, Translation, and Commentary), Oxford 2006; William Fitzgerald, Martial. The World of the Epigram, Chicago u. London 2007. 96  Plinius, Epistulae III, 21. 97  Vgl. jedoch auch ibid., S. 184 –186. 98  Vgl. Keith Hopkins u. Mary Beard, The Colosseum, Cambridge (Mass.) 2005; Domenico Augenti, Spettacoli del Colosseo nelle cronache degli antichi, Rom 2001; Filippo Coarelli, The Colosseum, hrsg. v. Ada Gabucci, übers. v. Mary Becker, Los Angeles 2001. − Das Thema im Kontext philosophiegeschichtlicher und philosophischer Ref lexionen: Peter Sloterdijk, Globen, 2 Bde., Frankfurt am Main 1999, hier Bd. 1: Makrosphärologie. Globen. Vgl. außerdem: Richard Sennett, Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation, Berlin 1995, S. 111–130. 99  Vgl. Donat de Chapeaurouge, Eine Circus-Rekonstruktion des Pierro Ligorio, in: Antike und Abendland 18 (1973), S.  89–96; Wolfgang Liebenwein, Quamdiu stat Colisaeus… Das Kolosseum als Bild der Welt, in: id. et al. (Hrsg.), Hours in a library (Zentrum zur Erforschung der Frühen Neu­ zeit Frankfurt am Main, Mitteilungen, Beiheft, Bd. 1), Frankfurt am Main 1994, S. 7–22; zu kos­ mologischen Implikationen der Wagenrennen: Hübner 2003, S. 145–150. 100  Vgl. aber Plinius, Epistulae VI, 34 (s. ed. Kasten 1984, S.  368–370). – Zur Wirkungsge­ schichte der Metaphorik des ‚Welttheaters‘ im 16.  Jahrhundert, zum einen unter negativen Vor­ zeichen, im Hinblick auf das Kolosseum, zum anderen unter positivem Vorzeichen, als Bild der Architektur der Weltordnung vgl. Meier-Staubach 2009. 101  In Niccolò Perottis Cornucopiae Linguae Latinae (Erstausgabe Venedig 1489; siehe Flodr 1973, S.  246) wird Martials Beschreibung des Amphitheatrum Flavium mit Plinius’ des Jüngeren Satz über das ‚natürliche Amphitheater‘ konfrontiert. Vgl. Niccolò Perotti, Cornucopiae Linguae Latinae, Basel 1536 (nach Exemplar der ULB Münster), s. v. „Amphitheatrum“, Sp. 79–81, 80. 102  Aristoteles, Über die Welt, erl. u. übers. v. Otto Schöneberger, Stuttgart 1991.

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103  Vgl. S. 45 u. Anm. II.93 der vorliegenden Studie u. Solmsen 1963; Glacken 1967; Kai Bro­ dersen, Mastering the World. Ancient Geography, Andover 1999; Wolfgang Hübner (Hrsg.), Geographie und verwandte Wissenschaften (Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike, Bd. 2), Stuttgart 2000; Sonnabend 1999, S. 160–163. 104  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 45. 105  Plinius, Epistulae V, 6, 7. 106  Giovanni Maria Cataneo, C. Plinii Caecilii Epistolarum libri novem […] cum enarrationibus Jo­­ hannis Mariae Catanei, Mailand 1506 (nach Ausgabe Universitätsbibliothek Pisa), fol. LXXXVIII verso – Zur Geschichte der Geologie des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit in Italien: Adams 1954 (1938); Alexander Perrig, Die theoriebedingten Landschaftsformen in der italienischen Malerei des 14. und 15. Jahrhunderts, in: Wolfram Prinz (Hrsg.), Die Kunst und das Studium der Natur vom 14. zum 16. Jahrhundert, Weinheim 1987, S. 41–60; Frank Fehrenbach, Licht und Wasser. Zur Dynamik naturphilosophischer Leitbilder im Werk Leonardo da Vincis (Tübinger Studien zur Archäo­ logie und Kunstgeschichte, Bd. 16), Tübingen 1997 (zugl. Diss. Univ. Tübingen 1995). Zur Geo­ graphie der italienischen Renaissance: Numa Broc, La geografia del Rinascimento, hrsg. v. Claudio Greppi, Modena 1989; Defilippis 2001; Petrella 2004; Donattini 2007. Eine konzise Zusammen­ fassung der Theorien zur Bergentstehung, die dem mittleren Cinquecento geläufig waren, gibt die rare, bereits erwähnte und kürzlich neu aufgelegte Schrift von Valerio Faenzi, De montium origine, Venedig 1561 (Reprint 2006). 107  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. I, Cap. XX, S. 51. 108  Vgl. zu dieser Tradition die folgenden Anmerkungen der vorliegenden Studie sowie: Jean Bergevin, Déterminisme et géographie: Hérodote, Strabon, Albert le Grand et Sebastian Münster (Tra­ vaux du Département de géographie de l‘Université Laval, Bd. 8), Sainte-Foy, Québec 1992 (zugl. Diss. Université Laval 1988 unter dem Titel De la géographie avant les géographes). 109  Vgl. Ruhl 2003, S. 93–106, u. in der vorliegenden Studie S. 27 u. S. 236. 110  Vgl. Eugenio Battisti, Natura artificiosa to natura artificialis, in: David R. Coffin (Hrsg.), The Italian Garden. First Dumbarton Oaks Colloquium on the History of Landscape Architecture, Washington, D.C. 1972, S. 1–36. 111  Kruft 1991, S. 95–100. Aristoteles verdeutlicht in seiner Physik die von ihm postulierte, heu­ te schwer nachvollziehbare Strukturgleichheit des Naturschaffens mit der Herstellung von Arte­ fakten durch den Menschen am Beispiel eines Hauses: „Wäre zum Beispiel ein Haus ein Naturpro­ dukt, es käme dann genauso auf demselben Weg zustande, wie es faktisch durch die menschliche Arbeit hergestellt ist. Würden umgekehrt die Naturgebilde auch durch Menschenarbeit zustande kommen können, sie würden in derselben Weise zustande kommen, wie sie in der Natur sich bilden“ (Arististoles, Physica II, 8. Zitiert nach: Aristoteles, Physikvorlesung, übers. v. Hans Wag­ ner, 4. Auflage, Berlin 1983, S. 52 f.). 112  Zu deren Wirkungsgeschichte bis ins 18. Jahrhundert: Groh/Groh 1991, S. 11–71; Glacken 1967; Groh 2003. 113  So die bekannte Formulierung aus dem AT: Weish 11, 21. 114  Vgl. Curtius 1948, S. 527–529. 115  Vitruv, De Architectura II, VIII, 23–30: „Cum esset enim natus Mylasis et animadvertisset Halicarnasso locum naturaliter esse munitum, emporeumque idoneum portum utile, ibi sibi domum constituit. Is autem locus est theatri curvaturae similis. Itaque in imo secundum portum forum est constitutum; per mediam autem altitudinis curvaturum praecinctionemque platea ampla latitudine facta, in qua media Mausoleum ita egregiis operibus est factum, ut in septem spectaculis nominetur. In summa arce media Martis fanum habens […] In cornu autem summo dextro Veneris et Mercuri fanum […]“ (Vitruv, De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 108–110).

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116  Ibid., S. 109–111. Vgl. Zum Mausoleum des Maus[s]olos einführend: Kai Brodersen, Die sieben Weltwunder. Legendäre Kunst- und Bauwerke der Antike (Beck’sche Reihe, Bd. 2029), München 1996, S.  78–83. Zu seiner Rezeption im 16.  Jahrhundert: Burns 2005, S.  65–103, S.  97  f., u. Rudolf H. W. Stichel, Halikarnassos und das Maussolleion. Zwei übersehene Abbildungen des 16. Jahrhunderts, in: Istanbuler Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institutes 39 (1989) S. 561–568. 117  Vitruv, De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 111. Vgl. Kristian Jeppesen et al., The Maussoleion at Halikarnassos, 5 Bde., Bd. 2: The Written Sources, Aarhus 1986. 118  Vitruv, De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 111. 119  Cesariano Cesare Cesariano, Di Lucio Vitruvio Pollione de Architectura libri Dece traducti de Latino in Vulgare affigurati…, Como 1521, Liber secundus, fol. XLI verso. Vgl. den Reprint: Carol Herselle Krinsky (Hrsg.), Vitruvius De Architectura. Nachdruck der kommentierten ersten italienischen Ausgabe von Cesare Cesariano (Como, 1521) (Bilddokumente, Quellenschriften und ausgewählte Texte zur europäischen Kunstgeschichte, Bd. 1), München 1969. – Daniele Barbaro hat in seiner nach Vorlagen Palladios illustrierten Vitruv-Ausgabe die zitierte Passage übersetzt und dabei die achsiale Symmetrie der geschilderten topographischen Situation betont. Ich zitiere die zweite ita­ lienische Auf lage: „Perciòche dissendo egli Milasio, & auendo ueduto il luogo di Halicarnasso munito per natura, & auere idoneo bazzaro, & il porto commodo, in quel luogo si fece la stanza. Questo luogo è simile alla curuatura d’un Teatro, & nella parte da basso, appresso il porto è il Foro, & permezo la curuatura, & la cinta dell’altezza, ui è una piazza grandissima, nel mezo della quale è fabbricato il mausoleo de si fatta, & nobil’opera, che è numerato tra i setti spettacoli del mondo. Nel mezo dell’altra rocca è il tempio di Marte […], ma nella sommità del destro corno è il tempio di Venere, & di Mercurio […]“ (Vitruv, Architettura, ed. Barbaro 1567 [1997], S. 87). 120  Plinius d.Ä., Historia naturalis XXXVI, 4, 30–31. 121  Bei Plinius d.Ä ist allerdings von einem Zentralbau mit unterschiedlich langen Flügeln die Rede. Betont wird seine Ausrichtung auf die vier Himmelrichtungen: „ab oriente caelavit Scopas, a septentrione Bryaxis, a meridie Timotheus, ab occasu Leochares […]“ (Plinius maior, Historia naturalis XXXVI, 4, 31). – Zum möglichen Zusammenhang zwischen einer gezeichneten Rekon­ struktion des Mausoleums von Antonio Sangallo d.J. in den Uffizien und Palladios Rotonda: Burns 2005, S. 97 (Abb. der Zeichnung: ibid., S. 88). 122  Giovanni Giocondo da Verona [gen. Fra Giocondo], Vitruvius iterum et Frontinus a Iocundo revisi repurgatique quantum ex collatione licuit, 2. Auf lage, Florenz: Philippus de Giunta 1513 (1.  Auflage 1511) [eingesehen habe ich lediglich die 3. Auf lage, Florenz 1522, in der ULB Mün­ ster], fol. 34 (1522: fol. 38 recto). Vgl. Kruft 1991, S. 73 u. Abb. 27. 123  Vgl. Burns 2005, S. 97. 124  Vgl. zu diesen literarischen Gattungen: Quintilian, Institutio oratoria IV, 3, 12–16. 125  Aeneis I, 157–73, 164 f.: „tum silvis scaena coruscis desuper horrentique atrum nemus inmi­ net umbra“. Vgl. Hans-Dieter Reeker, Die Landschaft in der Aeneis (Spudasmata, Bd. 27), Hildes­ heim 1971, S. 12–24; Franz Witek, Vergils Landschaften. Versuch einer Typologie literarischer Landschaft (Spudasmata, Bd. 111), Hildesheim, Zürich u. New York 2006 (teilw. zugl. Diss. Univ. Salzburg 1978), S. 36– 41. 126  Cod. Vat. Lat. 3867, fol. 82 recto; siehe Eberhard König (Hrsg.), Vergilius Romanus. Codex Vaticanus Latinus 3867, Faksimileausgabe und Kommentar (Codices e Vaticanis selecti quam simil­ lime expresse, Bd. 66), 3 Bde., Stuttgart u. Zürich 1985/86, hier Bd. 2 [Verkleinerte Wiedergabe des Originals, 1985], fol. 82 recto (= Aeneis I, 145–162). Die Handschrift befand sich seit Mitte des 15. Jahrhunderts, sicher jedoch seit 1475 im Vatikan (vgl. N.N., Vorwort, in: ibid., Bd. 3 [Beiträge], S. 22 f.; zur Randzeichnung mit schematischer Rekonstruktion des Hafens: ibid., S. 124 f.). Carlo Bertelli sieht hingegen keinen Bezug der Randzeichnung zum Text der Aeneis, sondern zur Archi­ tektur der Abteikirche von Saint-Denis, wo die Handschrift zuvor auf bewahrt worden war (id.,

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Die Illustrationen des Vergilius Romanus im historischen und künstlerischen Kontext, in: ibid., Bd. 3 (Kommentar, 1986), S. 103–150, hier S. 124 f. 127  Vgl. Ralf Biering, Die Odysseefresken vom Esquilin (Studien zur antiken Malerei und Farb­ gebung, Bd. 2), München 1995, S.  190 (Datierung in das späte 1. Jh. n. Chr.), Abb. S.  63–70 u. Tafel VII, u. Peter Heinrich von Blanckenhagen, The Odyssey Frieze, in: Mitteilungen des Deutschen Archäoligischen Instituts, Römische Abteilung 70 (1963), S. 100–146. 128  Aeneis V, 286–289. Siehe David Roy Wright, Some Medici Gardens of the Florentine Renaissance, in: John Dixon Hunt (Hrsg.), The Italian Garden: Art, Design and Culture (Cambridge Studies in Italian History and Culture, Bd. 14), Cambridge (Engl.) 1996, S. 34 –59, S. 45. 129  Strabon, Geographica, Lib. V, 3, 8 (Hervorhebungen vom Verfasser). Strabon schreibt im grie­ chischen Wortlaut über die Hügel, die den Anblick eines Bühnenbildes im Theater darböten: „*[…] καὶ τὰ περικείμενα ἔργα καὶ τὸ ἔδαφος ποάζον δι᾽ ἔτους καὶ τῶν λόφων στεφάναι τῶν ὑπὲρ τοῦ ποταμοῦ μέχρι τοῦ ῥείθρου σκηνογραφικὴν ὄψιν ἐπιδεικνύμεναι δυσαπάλλακτον παρέχουσι τὴν θέαν*“ – „τῶν λόφων στεφάναι“ bedeutet hier „Kränze bzw. Kronen von Hügelkuppen“. Der griechische Text Strabons und die (hier leicht modifizierte) deutsche Übersetzung von Stefan Radt werden zitiert nach: Strabons Geographika, mit Übers. u. Komm. hrsg. v. Stefan Radt, 10 Bde. erschienen, Göttin­ gen 2001, hier Bd. 2, Göttingen 2003, S.  77  f. (Radt übersetzt „Kranz von Hügeln“). – Vgl. zu Strabons Beschreibung des Campus Martius in Rom: Timothy P. Wiesemann, Strabo on the Campus Martius, in: Liverpool Classical Monthly 4 (1979), S.  129–134. Ethel Mense und Christian Peters danke ich für wertvolle philologische Hinweise. 130  Die Übersetzung Guarinos wird hier zitiert nach Strabonis Geographicorum lib. XVII, Basel 1539, S.  158 (nach Ex. ULB Münster). Die Erstausgabe von Guarinos (und Georgius Tiphernas’) Übersetzung Strabons erschien laut Flodr bereits im Jahr 1469 in Venedig. Vgl. Flodr 1973, S. 289. 131  „[…] lacus est in similitudinem iacentis rotae circumscriptus et undique aequalis: nullus sinus, obliquitas nulla, omnia dimensa paria, et quasi artificis manu cavata et excisa“ (Plinius, Epistulae VIII, 20, 4). Vgl. Plinius, Epistolae, ed. Kasten 1984, S. 478– 450. 132  Übersetzung: Strabon, Geographika, ed. Radt 2003, S.  488– 491. Zu Strabo und seinen Rückgriffen auf die stoische Physikotheologie vgl. Glacken 1967, S. 61: „The Stoic statement also is the best exposition in classical antiquity of the application of the design argument to the earth as a habitable planet. Few noteworthy additions were made to it by later writers in antiquity. The geographer, Strabo, says that the region around the modern city of Toulouse is so harmoniously arranged […] that one might well credit the workings of a Providence, such a disposition of these regions not resulting from chance, but from the thought of some intelligence.“ – Zu Strabon: ­F rancesco Prontera (Hrsg.), Strabone. Contributi allo studio della personalità e dell’opera, Perugia 1984; Germaine Aujac, Strabon et son temps, in: Hübner 2000, S.  103–141; Germaine Aujac, La geografia nel mondo antico, Neapel 1984 (frz. Erstausgabe 1975). – Sonnabend 1999, S. 160–163. ­Siehe außerdem: Buxton 1992, S. 1–15, und s. v. „Topographie“ (Eckart Olshausen), in Sonnabend 1999, S. 560 f. 133  Ausonius, Mosella, Vers 156. Zitiert nach id.: Mosella, hrsg. u. in metrischer Übersetzung vorgelegt v. Bertold K. Weis, 2. Auf lage, Darmstadt 1994, S. 36 f., 36 (lateinischer Text), 37 (deut­ scher Text). 134  Ausonius, Mosella, Vers 169. Weis übersetzt „scaena locorum“ als „Schauplatz der Land­ schaft“ (Ausonius 1994, S. 37). 135  Siehe Merz 2001, S. 23 f. („gegen 100 v. Chr.“). 136  Guido Beltramini, Palladio. Lebensspuren, mit einer biographischen Skizze v. Paolo Gualdo (1615) und einer Einführung v. Andreas Beyer (Salto, Bd. 161), Berlin 2009 (it. Originalausgabe Venedig 2008), S.  44  f. Palladio war 1545, 1546/47, vielleicht 1549 und 1554 in Rom (ibid.,

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S.  44). Ein Aufenthalt Palladios in Palestrina ist für Mai 1547 durch einen Brief Marco Thienes bezeugt (ibid., S. 45). 137  Merz 2001, S.  13. Siehe auch ibid., S.  39. Nach Zerstörungen des Jahres 1437 wurde „das antike Theaterhalbrund wiederhergestellt“, als Teil des neu errichteten, unter Francesco Colonna (um 1453–1538) fertiggestellten Palazzo Colonna (ibid., S. 41), wobei „das Podium des Halbkreis­ portikus (…) die Sockelzone des Erggeschosses“ bildete (ibid.). 138  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 118. 139  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 118 f. 140  „Praeneste […] è situata nella montagna, in un bellissimo prospetto, et vede il Mare di lon­ tano del sino Amideno sul Tyrrheno […].“ (Turin, Archivio di Stato, Ligorio Antichità, vol. XIV, fol. 92–96, 92.) Vgl. Merz 2001, S. 62 u. S. 226. Jörg Martin Merz danke ich sehr für die freundliche Überlassung seiner Transkription dieses Textes. 141  Konzise Zusammenstellung der Quellen und Zusammenfassung des älteren Forschungs­ standes bei Wolfgang Hübner, Himmel und Erdvermessung, in: Okko Behrends und Luigi Capo­ grossi Colognesi (Hrsg.), Die römische Feldmeßkunst. Interdisziplinäre Beiträge zu ihrer Bedeutung für die Zivilisationsgeschichte Roms (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, III, Bd. 193), Göttingen 1992, S. 140–171, Kürzlich: Hübner 2007 (mit aktueller Bibliographie). Ebenfalls einschlägig: Rykwert 1976. Vgl. zum römischen Auguralraum außerdem: Müller 1961; Hubert Cancik, Rome as a Sacred Landscape. Varro and the End of Republican Religion in Rome, in: Visible Religion 4/5 (1985/86), S.  250–265; Brodersen 2003; Schubert 1996, Riedel 1996, u. Philip Jacks, The Antiquarian and the Myth of Antiquity. The Origins of Rome in Renaissance Thought, Cambridge 1993. Kürzlich einige aufschlussreiche Bemerkungen bei Steffen Bogen u. Felix Thür­ lemann (Hrsg.), Rom. Eine Stadt in Karten von der Antike bis heute, Darmstadt 2009, S. 14 f. 142  Vgl. Müller 1961, S. 37– 40; Rykwert 1976, S. 45– 49. 143  Varro, De lingua latina VII, 8. Übersetzung: Müller 1961, S.  40. Der lateinische, in seiner Überlieferung hochproblematische Text lautet in der ibid. auf der Basis der Rekonstruktion Eduard Nordens sowie von Karl Lattes Verbesserungsvorschlägen vorgelegten Wiederherstellung: „Tem­ pla tescaque m(eae) f(ines) ita sunto / quoad ego easte lingua nuncupavero. / ollabor arbos quirquir est quam me sentio dixisse / templum tescumsque m(ea) f(inis) esto in sinistrum. / ollabor arbos quirquir est quam me sentio dixisse / templum tescumsque m(ea) f(inis) esto dextrum. / inter ea (s fines) conregione, conspicione, cortiumione / utique ea (s fin)e(s) rectissime sensi“ (ibid.). Siehe Eduard Norden, Aus altrömischen Priesterbüchern (Acta Reg. Societatis Humaniorum Litterarum Lundensis, Bd. 29), Lund 1939, S. 3–109 u. S. 281–286, bes. S. 97, u. Karl Latte, Augur und Templum in der varronischen Auguralformel, in: Philologus 97 (1948), S. 143–159. 144  Vgl. zu dieser Tempelanlage: Coarelli 1987, 113–140; Kähler 1950; id. 1970: id. 1978, S. 221 ff. 145  Vgl. Hübner 2007, S.  161–186 (mit aktueller Bibliographie); Nicolas Horsfall, Illusion and Reality in Latin Topographical Writing, in: Greece and Rome 32 (1985), S.  197–208 (zu Topothesia u. zu Servius’ Vergilkommentar: ibid., S. 199 f.), u., grundlegend: Hardie 1985 sowie id., Virgil’s Aeneid. Cosmos and Imperium, Oxford 1986. 146  Vgl. Platon, Kritias 113b ff. 147  Vgl. Platon, Nomoi 746a. 148  Vgl. Cosgrove 1993, S. 144, S. 266 f. u. S. 277. 149  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. 13, S. 46: „Del Compartimento delle case di Villa“. Vgl. Alberti, De re aedificatoria I, 9 u. passim.

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150  Aelii Aristidis Adrianensis oratoris clarissimi orationum tomi tres nunc primum latine versi, hrsg. v. Willem Canter, Basel: Peter Perna u. Heinrich Petris 1566. 151  Aristides’ rhetorisch ausgefeilte, umfangreiche Beschreibung der Lage der Stadt Athen para­ phrasiere ich hier nach Berthe Widmer, Enea Silvios Lob der Stadt Basel und seine Vorlagen, in: Basler Zeitschrift für Altertumskunde 58/59 (1959), S. 111–138, S. 121, in teils wörtlicher Übernahme. Vgl.: Aristides, Panathenaica oratio, ed. Canter 1566, S. 158 f.: „Idem deinde est regionis in Grae­ cia situs, qui urbis in regione, quandoquidem media iacet ipsa in illa media […]. Tertia deinceps verticis instar e medio oppido eminet ea, quae urbs olim, nunc arx dicitur, non quod ea sit urbs ultima pars, sed quod circa ipsam reliquum sit urbis corpus circunfusum, medio eodem ac summo concurrente; in quo iam universum consistit ornamentum et summa regionis oportunitas. Sicut enim in orbibus clypei in se invicem incurrentibus quintus umbilicum implet, qui est omnium pulcherrimus; sic et Graecia est in medio totius terrae, Atticamque in suo medio complectitur, in. In qua deinde media iacet Urbs, et in huius medio arx […].“ Willem Canters Übersetzung von 1566 wird hier zitiert nach: Francesco Paolo Luiso (Hrsg.), Le vere lode de la inclita et gloriosa città di Firenze composte in latino da Leonardo Bruni e tradotte in volgare da Frate Lazaro da Padova, Flo­ renz 1899, S.  XXIX  f. − Die moderne Übersetzung von Behr mitsamt dem Kontext: „Thus although the land is in the beginning of Greece proper, it is nonetheless in the midst of all Greece. For, in whatever direction you would move from it, are at hand the most famous races of the Greeks. And just as its own territory is adjacent to a city, so the whole of Greece is adjacent to Attica […] But as if to the bearing of a shield, all things Greek from every extreme are directed to this centrally located land, and on all sides Greeks encircle its territory […]. As if this city had been naturally disposed as an opponent and enemy of the barbarian race […]. The city occupies the same position in its territory as the land does in Greece; for it lies in the very centre of a central land […]. And as a third centrality, there rises clear aloft through the midst of the city, what was the old city and now is the present Acropolis, like a mountain peak, not to be the last part of the city, but so that all the remaining body of the city encloses it, where the high and the central point coincide, a thoroughgoing adornment and the final boundary marker of the good position of the land. For as on a shield, where circular layers of hide have been put on in succession to one another, the Acropolis is the fifth at the boss, the fairest of all, which concludes the whole sequence: if Greece is in the centre of the whole earth, and Attica is in the centre of Greece, and the city in the centre of its territory, and again its namesake in the centre of the city. […] the region on the one side of it it can be defined as north, and on the other side as south, and east and west whatever is upland and lowland, and it can be said that the territory itself is as it were at the crossway of all points, a kind of common ground, where all the sectors are blended, beneath, one might say, the very Acropolis of heaven and the empire of Zeus, and which in fact is the lot of Athena and a place proper to her deeds and nurslings. […] Indeed, the creators, to whom belonged the task, set Attica at this point of earth, sea and air“ (Panathenaica oratio 158–161D). Siehe Aristides in Four Volumes, 4 Bde., Bd. 1: Panathenaic Oration and In Defence of Oratory, hrsg. v. Charles A. Behr, London u. Cambridge (Mass.) 1973, S. 19–25. 152  Vgl. Oswald Ashton Wentworth Dilke, The Roman Land Surveyors. An Introduction to the Agrimensores, Newton Abbott 1971 (Reprint 1992); Rykwert 1976; Müller 1961, S. 9 ff.; Hübner 1992; Charlotte Schubert, Land und Raum in der römischen Republik. Die Kunst des Teilens, Darm­ stadt 1996; Melissa Thorson Hause, Text, Bild und Raumvorstellung in De limitibus constituendis des Hyginus Gromaticus, in: Markus Bauer u. Thomas Rahn (Hrsg.), Die Grenze. Begriff und Inszenierung, Berlin 1997, S. 279–299. 153  Vgl. Carl Olof Thulin, Humanistische Handschriften des Corpus Agrimensorum Romanorum, in: Rheinisches Museum 66 (1911), S. 417– 451, u. besonders: Lucio Toneatto, Codices artis mensoriae. I manoscritti degli antichi opuscoli latini d’agrimensura, 3 Bde., Bd. 1: Tradizione diretta – Il medioevo, Spoleto 1994/95, S.  55 ff., zur Rezeption des Corpus agrimensorum im Rom der Renaissance: ibid., S. 61 ff. 154  Johannes Sichard (Hrsg.), Codicis Theodosiani libri XVI quibus sunt ipsorum principum autoritate adjectae novellae Theodosii, Valentiniani, Martiani, Maioriani, Severi […]. Hiis nos adjecimus […] L.

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Volusii Metiani lib. De asse. Iulii Frontini lib. de controversiis limitum cum Aggeni Urbici commentariis, Basel: Henricus Petrus, 1528 (nicht eingesehen). 155  Pierre Galland [Petrus Gallandius] u. Adrien Turnèbe [Adrianus Turnebus] (Hrsg.), De agrorum conditionibus et constitutionibus limitum Siculi Flacci, Julii Frontini, Aggeni Urbici, Hygini gromatici. Omnia figura illustrata, Paris 1554 (hier zitiert nach Exemplar der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel). Vgl. zu dieser Ausgabe Toneatto 1994/95, S. 120. Vgl. a. Sextus Iulius Frontinus, De coloniis libellus, Rom u. Venedig 1563 (nicht eingesehen). 156  Silvio Belli, Libro di misurar con la vista […], Venedig 1565 (mit beachtenswerten Abbildun­ gen). Zu Belli siehe Cosgrove 1993, S.  314  f., u. Elisabeth von Samsonow, Geo-pictura. Landvermessungsmarken als Elemente des malerischen Raumes bei Jan van Eyck, in: Christiane Kruse u. Felix Thürlemann (Hrsg.), Porträt – Landschaft – Interieur. Jan van Eycks Rolin-Madonna im ästhetischen Kontext (Literatur und Anthropologie, Bd. 4), Tübingen 1999, S. 93–114, S. 102 ff. 157  Ibid., S. 102 ff. Nach Samsonow entwickelte Belli ein Verfahren, die Erdoberf läche mit dem bloßen Auge zu vermessen – ein Zeugnis der Geometrisierung der Wahrnehmung, die im vorlie­ genden Text bereits öfter anklang. Siehe zu einem geometrisierenden Modus des Sehens als visu­ elle Gewohnheit des italienischen Quattrocento und ihren soziokulturellen Voraussetzungen Michael Baxandall, Die Wirklichkeit der Bilder. Malerei und Erfahrung im Italien des 15. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1987 (engl. Originalausgabe 1972), S. 143–150. 158  Vgl. Galland/Turnèbe 1554, S. 91, S. 97 u. passim. 159  Siehe Schubert 1996, S. 5 ff. 160  Vgl. hierzu Müller 1961, S. 16, mit Hinweis auf Vitruv, De architectura IX, VI, 4. Auch fin­ den sich in den Handschriften der Agrimensoren weitere kosmologische Schemata (siehe unsere Abb. 25c). S. Galland/Turnèbe 1554, S. 114 f., u. Carl Olof Thulin (Hrsg.), Corpus agrimensorum romanorum, vol. I, fasc. I: opuscula agrimensorum veterum [nur dieser Teilband erschienen], Leipzig 1913, fig. 99–101a. 161  Vgl. Galland/Turnèbe 1554, S. 99, S. 124, u. Thulin 1913, fig. 68a, 73a u. 85a. 162  Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564. 163  Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, Codex Gudianus 105. 164  Wolfenbüttel, Herzog-August-Bibliothek, Cod. Guelf. 36.23 Aug. 2. Vgl. die Faksimile-Aus­ gabe: Hans Butzmann, Corpus Agrimensorum Romanorum. Codex Arcerianus A der Herzog-AugustBibliothek zu Wolfenbüttel. Cod. Guelf. 36.23A (Codices graeci et latini, Bd. 22), Leiden 1970. 165  Touring Club Italiano (Hrsg.), Guida d’Italia: Guida Veneto, 6. Auf lage, Mailand 1992, S. 585 f. u. fig. 26. Vgl. zur römischen Landvermessung und Landaufteilung im heutigen Veneto: Luciano Bosio (Hrsg.), Misurare la terra. Centurazione e coloni nel mondo romano: il caso veneto, Modena 1984 sowie Smienk 2011, Abb. S. 25 und 45. 166  Vgl. John R. Hale, Andrea Palladio, Polybius and Julius Caesar, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 40 (1977), S. 240–255. Einschlägig zu den Polybius- und Caesar-Illustrationen Palladios kürzlich: Guido Beltramini (Hrsg.), Andrea Palladio e l’architettura della battaglia. Con le illustrazioni inedite alle storie di Polibio, Venedig 2009. 167  Diesen freundlichen Hinweis verdanke ich Jens Niebaum. Vgl. Georg Satzinger, Antonio da Sangallo der Ältere und die Madonna di San Biagio bei Montepulciano (Tübinger Studien zur Archäo­ logie und Kunstgeschichte, Bd. 11), Tübingen 1991 (zugl. Diss. Univ. Tübingen 1988), S. 31 ff. u. S. 69 f. 168  Semenzato 1968, S. 69, begründet dies u. a. mit Erfordernissen des Lichteinfalls; Wolfram Prinz, Appunti sulla relazione ideale tra la villa Rotonda e il cosmo, nonché alcune osservazioni su un mascherone posto al centro del pavimento della sala, in: Bollettino del Centro Internazionale di Studi di

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Architettura Andrea Palladio 22 (1980), S.  279–287, mit der Berücksichtigung vitruvianischer Regeln für die Orientierung von neugegründeten Städten, um ungünstigen Windeinfall zu ver­ meiden. 169  „La Fabbrica, di cui parliamo, è collocata sopra un Colle ameno circondato da quattro [sic!] pubbliche strade, che girano attorno il Parco, dentro il quale ella giace. Il Parco in quattro lati [sic!] è cinto da un Muro […]“ (Francesco Muttoni, Architettura di Andrea Palladio Vicentino. Di nuovo ristampata […] con le osservazioni dell’Architetto N.N. […], Venedig 1740– 48, 8 Bde., Bd. 1, VIII, S. 12 u. Tavola XII, zitiert nach Reprint Trient 1973). 170  Zur Topik des locus amoenus in Antike, Mittelalter und früher Neuzeit: Curtius 1948, S. 191–209; Gerhard Schoenbeck, Der locus amoenus von Homer bis Horaz, Köln 1962 (zugl. Diss. Univ. Heidelberg 1962); Dagmar Thoss, Studien zum locus amoenus im Mittelalter (Wiener roma­ nistische Arbeiten, Bd. 10), Wien u. Stuttgart 1972 (zugl. Diss. Univ.Wien 1970); Petra Hass, Der locus amoenus in der antiken Literatur. Zu Theorie und Geschichte eines literarischen Motivs, Bamberg 1998 (zugl. Diss. Univ. Erlangen 1998). Jüngst zum Topos des locus amoenus in der italienischen Literatur von Petrarca und Boccaccio bis zu Ariost: Monika Fekete, Il topos del Locus Amoenus nella letteratura italiana del medioevo e del rinascimento, Cluj-Napoca 2008 (zugl. Diss. Univ. Cluj 2008). Kritisch zu Curtius’ Konzept des locus amoenus im Hinblick auf das Mittelalter: Thoss 1972. – Zu bukolischen Landschaften im Mittelalter jüngst: Bernd Roling, Das bedrohliche ­Arkadien: Der Feenhügel in der Theologie und Geschichtsschreibung des Mittelalters, in: Jens Pfeiffer (Hrsg.), ‚Landschaft‘ im Mittelalter? – Augenschein und Literatur (Das Mittelalter, Bd. 16), Berlin 2011, S. 72–84. 171  So beschreibt Ausonius, wie bereits erwähnt, im 4. Jahrhundert n. Chr. die Mosellandschaft als natürliches ‚Theater‘. Vgl. in der vorliegenden Studie S. 53. Zur Nachwirkung des ‚natürlichen Theaters‘ bzw. kreisrunder Idealorte innerhalb der Topik des locus amoenus im lateinischen Mit­ telalter s. Curtius 1948, S. 204. 172  Vgl. Curtius 1948, S.  204; Arnulf 2003, S.  88, bes. Anm.  315; Riedel 1997 (mit weiterer Literatur). Zur Rezeption der Villenbriefe des Plinius im Mittelalter: Herbert Hunger u. Martin Bodmer (Hrsg.), Die Textüberlieferung der antiken Literatur und der Bibel, 2. Auf lage, München 1988 (1. Auflage 1961), S. 414.; Michael von Albrecht, Geschichte der römischen Literatur: von Andronicus bis Boethius. Mit Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Neuzeit, 2 Bde., München et al. 1994, hier Bd. 2, S. 915 f.; s. v. „Plinius“ (Franz Brunhölzl), in: Lexikon des Mittelalters, 10 Bde., München u. Zürich 1977–99, Bd. 7 (1995), Sp. 22 f. Vgl. zur descriptio loci in der mittelalterlichen Dichtungs­ theorie und Dichtung und besonders zu Matthäus von Vendôme: Thoss 1972 mit ausführlicher Bibliographie der älteren Literatur. – Zur Landschaftsschilderung im hohen Mittelalter: Milène Wegmann, Naturwahrnehmung im Mittelalter im Spiegel der lateinischen Historiographie des 12. und 13. Jahrhunderts (Lateinische Sprache und Literatur des Mittelalters, Bd. 40), Bern et al. 2005; Jan A. Aertsen u. Andreas Speer (Hrsg.), Raum und Raumvorstellungen im Mittelalter (Miscellanea Mediaevalia, Bd. 25), Berlin u. New York 1998, S. 763–792; Riedel 1997. Vgl. a.: Albert Zimmer­ mann u. Andreas Speer (Hrsg.), Mensch und Natur im Mittelalter (Akten der 27. Kölner Mediaevi­ stentagung, 11.–14.9.1990 = Miscellanea Mediaevalia, Bd. 21,1 u. 2), Berlin u. New York 1992; Sylvia Tomasch u. Sealy Gilles (Hrsg.), Text and territory: geographical imagination in the European Middle Ages, Philadelphia 1998; Peter Ainsworth (Hrsg.), Regions and Landscapes: Reality and Imagination in Late Medieval and Early Modern Europe, Oxford et al. 2000; Peter Dilg (Hrsg.), Natur im Mittelalter. Konzeptionen – Erfahrungen – Wirkungen (Akten des 9. Symposiums des Mediävisten­ verbandes Marburg 2001), Berlin 2003; Karl-Heinz Spieß u. Ralf-Gunnar Werlich, (Hrg.): Landschaften im Mittelalter, Stuttgart 2007 − Ältere Beiträge: Rainer Gruenter, Landschaft. Bemerkungen zur Wort- und Bedeutungsgeschichte, in: Germanisch-Romanische Monatsschrift N.F. 3 (1953), S.  110–120; id., Das wunnecliche tal, in: Euphorion 55 (1961), S.  341– 404; id., Zum Problem der Landschaftsdarstellung im höfischen Versroman, in: Euphorion 56 (1962), S.  248–278; Manfred Gsteiger, Die Landschaftsschilderungen in den Romanen Chretiens de Troyes. Literarische Tradition und künstlerische Gestaltung, Bern 1958; Dieter von der Nahmer, Über Ideallandschaften und Kloster-

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gründungsorte, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 84 (1973), S. 195–270. 173  Johannes de Hauvilla, Architrenius, übers. u. hrsg. v. Winthrop Wetherbee (Cambridge Medi­ eval Classics, Bd. 3), Cambridge (Engl.) 1994, VI, 2, Verse 22–27. Vgl. zu dieser Beschreibung einer insula amoena: Curtius 1948, S.  204 u. Bernd Roling, Das Moderancia-Konzept des Johannes de Hauvilla, in: Frühmittelalterliche Studien 37 (2003), S. 167–258, bes. S. 203–215 (mit ausführlicher Bibliographie), der diesen ‚idealen Ort‘ als mikrokosmisches Abbild des Makrokosmos deutet (ibid., S. 203). Über Vorlagen und Vorläufer dieser Beschreibung eines locus amoenus, u.a. im Anticlaudianus des Alanus ab Insulis, siehe ibid., S.  203  f. u. Anm.  175. – Über Beschreibungen von Bildern und Orten als Abbildung des Kosmos in mittelalterlichen Ekphrasen: Heiko Wandhoff, Ekphrasis. Kunstbeschreibungen und virtuelle Räume in der Literatur des Mittelalters, Berlin 2003, S. 39– 47 u. S. 117–180. 174  Johannes de Hauvilla, Architrenius, ed. Wetherbee 1994, VI, 2, Vers 21. 175  „Perpetuatur honos rosulis, intacta senectae / Lilia pubescunt, senium nec bruma nec aes­ tas/ Advehit, et veris aeternativa juventam/ Floribus ipsa loci deitas nativa perennat. / Hic ubi planities patulum lunatur in orbem, / Philosophos serie junctos circumspicit […]“ (Johannes de Hauvilla, Architrenius, VI, 2, Verse 22–27, zitiert nach ed. Wetherbee 1994, S. 144 f. Die dt. Über­ setzung verdanke ich Sybille Glatz). 176  Vgl. zu Geoffroi de Vinsauf: Edmond Faral, Les arts poétiques du XIIe et du XIIIe siècle, Paris 1924, S. 15–33, S. 194 ff., S. 262–265, u. Ernest Gallo, The Poetria nova and its sources in early rhetorical doctrine, Den Haag et al. 1971. 177  Geoffroi de Vinsauf, Documentum de modo et arte dictandi et versificandi, § 19, Vers 3 f.: „Est locus in cujus sudans Natura decorum, / Cum fecisset opus, noluit artis opem […].“ Zitiert nach Faral 1924, S. 263–320, das Zitat: S. 274. Vgl. Thoss 1972, S. 43– 49, S. 45 (hier, wohl versehent­ lich, „decorem“). Vgl. die engl. Übers.: Geoffrey of Vinsauf, Documentum de modo et arte dictandi et versificandi / Instruction in the method and art of speaking and versifying (Medieval philosophical texts in translation, Bd. 17), hrsg. v. Roger P. Parr, Milwaukee 1968. Zur Rezeption des Galfredus jüngst: Marjorie Curry Woods, Classroom Commentaries: Teaching the ‚Poetria nova‘ across Medieval and Renaissance Europe, Columbus (Ohio) 2010. Für wertvolle Hinweise danke ich Ethel Mense. – Zur Natura als „natura formatrix“ und als „Bildnerin des locus ameonus“ siehe Thoss 1972, S. 52–56. Nach Thoss ist der Topos der „natura formatrix“ seit Bernhardus Silvestris ein Charakte­ ristikum des locus amoenus in Dichtungstheorie und Dichtung des lateinischen Mittelalters (ibid., S. 51 ff.). 178  „Libera planities signatur imagine spherae, / Murmurat in medio vox salientis aquae. / Circu­ lus arboreus faciem cortinat aquarum.“ (Geoffroi de Vinsauf, Documentum de modo et arte dictandi et versificandi, § 19, Verse 5–7, zitiert nach Faral 1924, S. 274). Vgl. Thoss 1972, S. 46: „Der größte Unterschied zu den […] Musterstücken des Matthäus […] besteht darin, dass eine präzise Vorstel­ lung des Ortes vermittelt wird; die verschiedenen Elemente werden nicht einzeln und voneinander unabhängig beschrieben, sondern auf einem bestimmten Grundriß angeordnet und zueinander in lebendige Beziehung gebracht; der Ort selbst ist eben und kreisförmig, die Quelle ist in der Mitte, die Bäume umstehen sie ebenfalls kreisförmig […]“. 179  Abgedruckt bei Thoss 1972, S. 48 u. bei Edmond Faral, Le ms. 511 du ‚Hunterian Museum‘ de Glasgow, in: Studi medievali N.S. 9 (1936), S. 18–119, S. 34. 180  Vgl. Roscher 1913; Bruno Reudenbach (Hrsg.), Jerusalem, du Schöne. Vorstellungen und Bilder einer Heiligen Stadt (Vestigia bibliae, Bd. 28), Bern et al. 2008; Ingrid Baumgärtner, Reiseberichte, Karten und Diagramme. Burchard von Monte Sion und das Heilige Land, in: Geschichtsvorstellungen. Bilder, Texte und Begriffe aus dem Mittelalter. Festschrift für Hans-Werner Goetz zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Steffen Patzold et al., Wien et al. 2012, S. 460–507. Vgl. a. die folgende Anm. II.190.

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181  Vgl. Müller 1961, Abb. 6a–8a, u. John Abel Pinto, Origins and Development of the Iconographic City Plan, in: Journal of the Society of Architectural Historians 25 (1976), S. 35–50. Dieser Tradi­ tion noch verpf lichtet ist der Rundplan von Nürnberg aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, der sog. Glockendonsche Plan (Holzschnitt nach 1560; siehe Müller 1961, Abb. 25b). – Das Schema des griechischen Kreuzes im Kreis bzw. im Quadrat ist seit der Spätantike christologisch umgedeutet worden: „Die Form des Kreuzes deckt sich mit uralten Bild des ‚mundus tetragonus‘, der viergeteil­ ten Welt, und symbolisiert so die Weltherrschaft Christi“ (Naredi-Rainer 1999, S.  67). − Vgl. zu mittelalterlichen Kosmos-Schemata Andreas Gormans, Geometria et ars memorativa. Studien zur Bedeutung von Kreis und Quadrat als Bestandteile mittelalterlicher Mnemonik und ihrer Wirkungsgeschichte, Diss. RWTH Aachen 1999, u. Steffen Bogen u. Felix Thürlemann, Jenseits der Opposition von Text und Bild. Überlegungen zu einer Theorie des Diagrammatischen, in: Alexander Patschovsky (Hrsg.), Die Bildwelt der Diagramme Joachims von Fiore. Zur Medialität religiös-politischer Programme im Mittelalter, Stuttgart 2003, S.  1–22; Kathrin Müller, Visuelle Weltaneignung. Astronomische und kosmologische Diagramme in Handschriften des Mittelalters (Historische Semantik, Bd. 11), Göttin­ gen 2008 (zugl. Diss. Univ. Hamburg 2006). Kürzlich, mit gründlicher Bibliographie: Berthold Hub, La planimetria di Sforzinda: un’interpretazione, in: id. (Hrsg.), Architettura e Umanesimo: Nuovi studi su Filarete (Arte Lombarda N.S. 155, 1 [2009]), Mailand 2009 (im Folgenden zitiert als Hub 2009b). 182  Diese heute in der Biblioteca Marciana zu Venedig auf bewahrte Weltkarte dürfte Palladio bekannt gewesen sein. Vgl. zu dieser venezianischen Weltkarte: Roberto Almagià u.Tullia Gaspar­ rini Leporace, Il mappamondo di Fra Mauro, Rom 1956; Gerald R. Crone, Maps and Their Makers. An Introduction to the History of Cartography, Folkestone u. Hamden (Conn.) 1978, S.  26 ff., u. Ingrid Baumgärtner, Kartographie, Reiseberichte und Humanismus. Die Erfahrung des venezianischen Kamaldulensermönches Fra Mauro (†1459), in: Das Mittelalter 3 (1996), S.  161–197; zu den Dia­ grammen in deren Ecken: John Brian Harley u. David Woodward (Hrsg.), Cartography in prehistoric, ancient, and Medieval Europe and the Mediterranean (The History of Cartography, Bd. 1), Chica­ go 1987, S.  307. Ähnliche Schemata liegen auch dem wohl von Daniele Barbaro entworfenen Giardino botanico in Padua zugrunde. Vgl. Peter Schiller, Der botanische Garten in Padua. Astrologische Geographie und Heilkräuterkunde zu Beginn der modernen Botanik (Centro tedesco di Studi Veneziani, Quaderni, Bd. 37), Venedig 1988; Else M. Terwen-Dionisius, Date and Design of the Botanical Garden in Padua, in: Journal of Garden History 14 (1994), S. 213–235. 183  Vgl. Harley 1987; Cosgrove 1993, S. 245 ff. 184  Siehe zu Darstellungen Tenochtitláns im Cinquecento: Cosgrove 1993, S. 342 f.; Tilo Scha­ bert, Die Architektur der Welt. Eine kosmologische Lektüre architektonischer Formen, München 1997, S. 59 f.; Rykwert 1976, S. 197 f. 185  Giovanni Battista Ramusio, Navigationi et viaggi, 3 Bde., Venedig: Giunti 1550–56, Bd. 3, Venedig 1556, o. S. (Vgl. id., Navigationi et viaggi, Reprint der Ausgabe Venedig 1550–59 (I mill­ enni), hrsg. v. Marica Milanesi, 6 Bde., Turin 1978–88, hier Bd. 6 (1988), o. S. – Auf Kreis, Quadrat und Achsenkreuz basiert in ähnlicher Weise schon die Darstellung der Stadt Tenochtitlán in bei­ den Ausgabe von Cortés’ Briefen aus dem Jahre 1524: Hernán Cortés, La preclara narratione di Ferdinando Cortese della Nuoua Hispagna del Mare Oceano […], Venedig 1524 (mir nicht zugäng­ lich) bzw. id., Praeclara Ferdinandi Cortesii de nova maris oceani Hyspania narratio, Nürnberg 1524. Eine ausgezeichnete Abb. der graphischen Darstellung Tenochtitláns in der letztgenannten Nürn­ berger Ausgabe nach dem Exemplar der Getty Research Library in Los Angeles bei Cynthia Bur­ linham u. Bruce Whiteman (Hrsg.), The World from Here. Treasures of the Great Libraries of Los Angeles (Ausstellungskatalog Los Angeles, Hammer Museum, 17. Oktober 2001 – 13. Januar 2002), Los Angeles 2001, S.  293. Vgl. a. die entsprechende Illustration in: Benedetto Bordone, Isolario, Venedig 1528, Libro I, X recto. – Manfredo Tafuri, Il teatro come città virtuale, da Appia al Totaltheater, in: Lotus international 17 (1977), S. 30–53 (im Folgenden zitiert als Tafuri 1984a), S. 46 f., geht davon aus, dass Alvise Cornaro bei seinem Plan der Umgestaltung Venedigs auf die Darstel­ lung Tenochtitláns  in Benedetto Bordones Isolario zurückgegriffen hat, in dem (ibid., Libro II,

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fol. XIX verso–XXX recto) auch die Darstellung Venedigs einer kreisförmigen Idealgestalt ange­ nähert wurde. 186  Abb. bei Puppi 2000, S. 280. 187  Vgl. Cosgrove 1993, Abb. S. 144. 188  Dabei ist die neuere Einsicht zu berücksichtigen, dass „i disegni, i dipinti e le carte incorni­ ciarono buona parte del discorso architettonico e paesaggistico della cultura veneziana“ (Cosgrove 2000, S. 247). Vgl. Ibid., 263 f.: „La cartografia e la rappresentazione grafica del paesaggio non solo si sviluppò dal punto di vista tecnico, ma si diffuse ampiamente come un modo di vedere la terra e di rappresentare lo spazio.“ 189  So Goebel 1971, S. 31. 190  Paradiso XXX–XXXIII. Hierzu: Wolfgang Augustyn, Dantes Paradiso und die Bildtradition zum Himmlischen Jerusalem, in: Deutsches Dante-Jahrbuch 83 (2008), S. 93–113. – Vgl. zu Dantes Rückgriffen auf geographische ‚Weltbilder‘ seiner Zeit auch: Peter Armour, Dante e l‘imago mundi del primo Trecento, in: Patrick Boyde u. Vittorio Russo (Hrsg.), Dante e la scienza: Atti del Convegno Internazionale di Studi organizzato dall‘Opera di Dante e dalla Biblioteca Classense di Ravenna, Raven­ na, 28–30 maggio 1993 (Interventi Classensi, Bd. 16), Ravenna 1995, S. 191–202. 191  Vgl. Goebel 1971, S. 31. 192  Vgl. Henrik Engel, Dantes Inferno. Zur Geschichte der Höllenvermessung und des Höllentrichtermotivs, München u. Berlin 2006, S. 22–35 u. passim. 193  „[…] il piano, che nella valle era, così era ritondo come se a sesta fosse stato fatto, quantunque artificio della natura e non manual paresse: e era di giro poco più che un mezzo miglio, intorniato di sei montagnette di non troppa altezza, e in su la sommità di ciascuna si vedeva un palagio quasi in forma fatto d’un bel castelletto. Le piagge delle quali montagnette così disgradando giuso verso il pian discendevano, come ne’ teatri veggiamo dalla lor sommità i gradi infino all’infimo venire suc­ cesivamente ordinati, sempre ristrignendo il cerchio loro.“ Giovanni Boccaccio, Decameron VI, 10, „Conclusione“. Zit. nach Giovanni Boccaccio, Decameron. Edizione critica secondo l’autografo Hamiltoniano, hrsg. v. Vittore Branca, Florenz 1976, S. 438 f. 194  Siehe obere Anm. I.33 der vorliegenden Studie. 195  Vgl. Rolf Bagemihl, Francesco Botticinis Palmieri Altarpiece, in: The Burlington Magazine 138 (1996), S. 308–314. 196  Francesco Petrarca, Familiarum rerum libri IV, 1 [26.4.1336?], zitiert nach id., Prose, ed. Mar­ tellotti 1955, S.  810–1027, S.  810. Vgl. id., Besteigung des Mont Ventoux, ed. Steinmann 1995, S. 4 f. Siehe zum Forschungsstand o. Anm. I.42 der vorliegenden Studie. –Vgl. zu Petrarcas wohl eigenhändigen Miniaturen mit topographischen Abbreviationen: Raffaela Fabiani Giannetto, Writing the garden in the age of humanism: Petrarch and Boccaccio, in: Studies in the History of Gardens and Designed Landscapes 23 (2003), S. 231–257. 197  Das vollständige Zitat lautet: „Altissimum regionis huius montem, quem non immerito Ventosum vocant, hodierno die, sola videndi insignem loci altitudinem cupiditate ductus, ascen­ di.“ – „Den höchsten Berg dieser Gegend, den man nicht zu Unrecht Ventosus, ‚den Windigen‘, nennt, habe ich am heutigen Tage bestiegen, allein vom Drang besselt, diesen außergewohnlich hohen Ort zu sehen.“ Der lat. Text sowie die dt. Übersetzung zitiert nach: Petrarca, Besteigung des Mont Ventoux, ed. Steinmann 1995, S. 4 f. 198  Augustinus, Confessiones, X, 8, 15 (id., Confessiones. Bekenntnisse [lat./dt.], hrsg. v. Joseph Bernhart, München 1980 [Reprint Darmstadt 1984], S. 509). Vgl. Allekotte 2005, S. 81 u. Groh 2003, S.  293–300. Siehe außerdem: Günther Bös, Curiositas. Die Rezeption eines antiken Begriffes durch christliche Autoren bis Thomas von Aquin, Paderborn 1995.

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199  Petrarca, Familiarium rerum libri, XVII, 5, 11–13. Vgl. Francesco Petrarca, Lettres familières (Les classiques de l’Humanisme: Textes, Bd. 24), hrsg. v. Pierre Laurens u. Alain-Philippe Segonds, 5 Bde., Paris 2005, hier Bd. 5: Livres XVI–XIX, S. 175–177. 200  Vgl. Riedel 1997, S. 77–108, S. 89. 201  Zitiert in der Übersetzung von Mühlhäusser 1914, S.  17. – Vgl. auch Giovanni Rucellai, Il zibaldone quaresimale, fol. 62b verso–63a verso. (Vgl. Francis W. Kent, Alessandro Perosa, u. Nico­ lai Rubinstein (Hrsg.), Giovanni Rucellai ed il suo Zibaldone [Studies of the Warburg Institute, Bd. 24, 1/2], 2 Bde., London 1960 u. 1981, Bd. 1: Il Zibaldone quaresimale. Pagine scelte, hrsg. v. Alessandro Perosa, London 1960, S.  21: Beschreibung einer Gartenloggia der Villa di Quaracchi mit Ausblicken auf vier Achsen vom Speisetisch aus.) Vgl. zu Rucellais Beschreibung der Ausblic­ ke aus dieser Loggia die wegweisende Studie von Bek 1974, S. 109–156 und jüngst Bertsch 2012, S. 106–144 und id. 2013. 202  Allekotte 2005, S. 94 f. Laut ibid., S. 95, Anm. 89 beginnt in beiden Quellen der Spruch des Kaisers mit „Omnia quae videmus nostra sunt […].“ 203  Livius, Ab urbe condita I, 18. Vgl. Rykwert 1976, S.  45. – Zum ‚herrscherlichen‘ Blick von oben (siehe hierzu Bernert 1935 u. Riedel 1997) gibt es außerdem eine Parallele in Petrons Bür­ gerkriegsgedicht c. 122, Verse 153 f., wo Caesar von den Alpen auf das Land Italien blickt, das er mit seinen Truppen einzunehmen gedenkt. Für diesen freundlichen Hinweis danke ich Wolfgang Hübner. 204  Konrad von Würzburg, Partonopier und Meliur, Verse 2251–2395 (siehe Gruenter 1962, S. 268 ff., das Zitat S. 268); vgl. Riedel 1997. 205  „Quinque tenet patulis segmenta oculata fenestris / Per quadrasque plagas pandit ubique vias.“ Zitiert nach Panofsky 1993, S. 92. 206  Vgl. die kritische Ausgabe: Leonardo Bruni, Laudatio Florentine Urbis, (Millennio Medievale, Testi, Bd. 7), hrsg. v. Stefano U. Baldassarri, Florenz 2000 (im Folgenden zitiert als Bruni, Laudatio, ed. Baldassarri 2000). Die Lobrede Brunis ist bereits im 15. Jahrhundert in das Volgare über­ setzt worden. Vgl. Bruni, Lode, ed. Luiso 1899. Diese aufschlussreiche Übersetzung wurde von dem unter Papst Sixtus IV. an der Kurie tätigen Dominikaner Fra Lazzaro da Padova angefertigt, stammt somit aus dem hier interessierenden 15.  Jahrhunderts. Das Vorwort Luisos enthält eine synoptische Auf listung der Rückgriffe Brunis auf Aelius Aristides. Die Übersetzung des Fra Laz­ zaro da Padova wurde 1974 nochmals publiziert: Leonardo Bruni, Panegirico della città di Firenze, testo italiano a fronte di Frate Lazaro da Padova, presentazione di Giuseppe De Toffol, Florenz 1974. – Vgl. auch die englische Übersetzung: In Praise of Florence: the Panegyric of the City of Florence and an Introduction to Leonardo Bruni‘s Civil Humanism, hrsg. v. Alfred Scheepers, Amster­ dam 2005. 207  Vgl. zu Brunis Rückgriff auf Aristides bei der Beschreibung der Lage von Florenz: Bruni, Lode, ed. Luiso 1899, S. XXIX f.; Widmer 1959, S.122; Hans Baron, Imitation, Rhetoric, and Quattrocento Thought in Bruni’s Laudatio, in: id., From Petrarch to Leonardo Bruni. Studies in Humanistic and Political Literature, Chicago 1968, S. 151–171; Antonio Santosuosso, Leonardo Bruni Revisited: A Reassessment of Hans Baron’s Thesis on the Influence of the Classics in the ‚Laudatio Florentinae Urbis‘, in: J. G. Rowe (Hrsg.), Aspects of Late Medieval Government and Society. Essays Presented to J. R. Lander, Toronto 1986, S. 25–51; Einleitung des Herausgebers in: Bruni, Laudatio, ed. Baldassar­ ri 2000; Tobias Leuker, Einspruch durch Beschlagnahmung – Leonardo Brunis Auseinandersetzung mit der ‚Romrede‘ und kleineren Stadtpanegyriken des Aelius Aristides in der ‚Laudatio Florentine urbis‘ und in der ‘Rede auf Nanni Strozzi’, in: Neulateinisches Jahrbuch 7 (2005), S. 183–196. Vgl. a. Volker Breidec­ ker, Florenz oder ‘die Rede, die zum Auge spricht’: Kunst, Fest und Macht im Ambiente der Stadt, Mün­ chen 1990, S. 127 f., S. 127: „Was dem Athener bloß kunstgriffige Metaphern waren, erfährt der Wahlflorentiner Bruni […] hingegen als reale visuelle Attraktionen.“ Zu Brunis Bezugnahme auf

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Aristides und der für beide Autoren vorbildhaften Beschreibung von Atlantis bei Platon (Platon, Nomoi 746a u. id., Kritias 113b ff.) siehe Smith 1992, S. 176–180. 208  „Post villas autem castella sunt. Castella autem … imo vero nichil est ex omni illa regione que villas cingit que non splendissimis ac celeberrimis referta sit oppidis! Urbs autem media est tanquam antistes quedam ac dominatrix; illa vero circum adstant suo queque loco constituta. Et lunam a stellis circumdari poeta recte diceret quispiam fitque ex eo res pulcherrima visu. Que­ madmodum enim in clipeo, circulis sese ad invicem includentibus, intimus orbis in umbelicum desinit, qui medius est totius clipei locus, eodem hic itidem modo videmus regiones quasi circulos quosdam ad invicem clausas ac circumfusas, quarum urbs quidem prima est, quasi umbelicus qui­ dam totius ambitus media. Hec autem menibus cingitur atque suburbiis. Suburbia rursus ville circumdant, villas autem oppida; atque hec omnis extima regio maiore ambitu circuloque comple­ ctitur“ (zitiert nach Bruni, Laudatio, ed. Baldassarri 2000, S. 10 f., § 21). – Für wertvolle Hinweise zur Übersetzung danke ich Hans-Jürgen Horn, Ethel Mense, Heiner Kampert und Burkhart Car­ dauns herzlich. Vielleicht könnten, worauf mich Hans-Jürgen Horn hinweist, mit den Worten aus Dichtermund Verse Sapphos gemeint sein. Vgl. Sappho, Poetarum lesbiorum fragmenta, frg. 98, 7–9 (id., Poetarum lesbiorum fragmenta, hrsg. v. Edgar Lobel u. Denys Page, Oxford 1963 [1. Auf­ lage 1955], S. 96). 209  Vgl. Ilias 18, 478 ff. 210  Bruni, Lode, ed. Luiso 1899, S. 19 f. 211  Ibid., S. 17. 212  Siehe in der vorliegenden Studie S.  85. Dem Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz in Berlin danke ich dafür, das Unikat des Kettenplans (der hinter Glas gerahmt ist), mittels Maßbandes vermessen zu dürfen. 213  Siehe zu Poggio a Caiano in der vorliegenden Studie S. 87–89. 214  Vgl. Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1 (= „Parte I“), Libro II, cap. XVI­ II, S.  157  f. – Vgl. zum sog. Kettenplan von Florenz: David Friedman, ‚Fiorenza‘: Geography and Representation in a Fifteenth Century City View, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 64 (2001), S. 56–77. 215  Zuvor waren nur die Bücher I, 1–V, 6 (mit Ausnahme von IV, 26) bekannt: Maffei 1999, S. 24. 216  Guarino, Epistolario I, n. 145; vgl.: Epistolario di Guarino Veronese (Monumenti storici pubbli­ cati della R. Deputazione Veneto-Tridentina di Storia Patria. Ser. 4, Miscellanea Ser. 3, Bd. 8), hrsg. v. Remigio Sabbadini, 3 Bde., Venedig 1915–19, hier Bd. 1, S. 240. Siehe Maffei 1999, S. 25 sowie Davies/Hemsoll 2005. 217  Übersetzung: Christian Peters. 218  Siehe etwa Niccolò Perotti, Cornucopiae, sive linguae latinae commentarii diligentissime recogniti atque ex archetypo emendati, Tusculum 1522 (EA 1489), Sp. 651 [ad Martialis ep. XVIII] (hier zitiert nach Online-Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek München). Siehe zu dieser Stelle Maffei 1999, S. 30. Siehe auch Anm. II.101 der vorliegenden Studie. 219  Übersetzung: Christian Peters. 220  Die Bezeichnung Architettonico libro stammt von Filarete selbst, er benutzt sie in der Wid­ mung an Piero de’ Medici (Mia Reinoso Genoni, Vedere e n’tendere: Word and Image as Persuasion in Filarete’s Architettonico Libro, in: Architettura e Umanesimo: Nuovi studi su Filarete (=Arte Lombarda N.S. 155, 1 [2009]), S. 23–38, S. 36). Zu Filaretes Architettonico Libro immer noch instruk­ tiv: Peter Tigler, Die Architekturtheorie des Filarete (Neue Münchner Beiträge zur Kunstgeschichte, Bd. 5), Berlin 1963 (teilw. zugl. Diss. Ludwigs-Maximilians-Univ. München 1960), zur Frage der Genese der beiden Versionen des Textes S. 7–17. Wichtige neuere Studien: Mia Reinoso Genoni, Filarete in Word and Image: Persuasion and Invention in the ‚Architettonico Libro‘, Diss. New York

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University, New York 2007 (Typoskript); id. 2009 u. Bertold Hub (Hrsg.), Architettura e Umanesimo: Nuovi studi su Filarete (Arte Lombarda N.S. 155, 1 [2009]), Mailand 2009. 221  Filaretes Architettonico Libro wird hier nach den folgenden Editionen und Übersetzungen zitiert: Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Grassi 1972 (kritische Ausgabe); John R. Spen­ cer (Hrsg.), Filarete‘s Treatise on architecture, being the treatise by Antonio di Piero Averlino, known as Filarete (Yale publications in the History of Art, Bd. 16), 2 Bde., New Haven u. London 1965 (Fak­ simile der „Medici-Version“ [s. folgende Anm. 294 der vorliegenden Studie] und deren engl. Über­ setzung); Wolfgang von Öttingen (Hrsg.), Antonio Averlino Filarete’s Tractat über die Baukunst, nebst seinen Büchern von der Zeichenkunst und den Bauten der Medici (Quellenschriften für Kunst­ geschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit, N.F., Bd. 3), Wien 1890 (Teiledi­ tion und dt. Teilübersetzung sowie dt. Paraphrasen). 222  So Reinoso Genoni 2007, Kap. 2, und id. 2009, S. 28. 223  Eine konzise Zusammenfassung von Inhalt und Auf bau von Filaretes Buch sowie eine über­ zeugende These über eine maßgebliche Erweiterung eines ersten ‚Urtraktates‘ in oder kurz nach 1461 bietet ein exzellenter Aufsatz von Valentina Vulpi, Finding Filarete. The Two Versions of the libro architettonico, in: Lauren Golden (Hrsg.), Raising the Eyebrow: John Onians and World Art Studies. An Album Amicorum in his Honour (BAR International Series, Bd. 996), Oxford 2001, S. 329–339. 224  Eine unvollständige und als wenig zuverlässig geltende Kopie dieser ‚Sforza-Version‘ wird in Florenz auf bewahrt: Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Codex Palatinus Ms. E. B. 15. Im folgenden abgekürzt zitiert als Codex Palatinus Ms. E. B. 15. Siehe Tigler 1963, S. 7–17, John R. Spencer in Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. 1, S.  XVII; Liliana Grassi in Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Grassi 1972, S. CX f. 225  Die vollständigste Kopie der ‚Medici-Version‘ befindet sich ebenfalls in Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Codex Magliabechianus Ms. II, I, 140. Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965 bietet als Bd. 2 eine Faksimileausgabe dieser – wichtigsten – Handschrift. Letztere wird im Folgenden zitiert als Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140. Siehe zu diesem Codex: John R. Spencer in Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. 1, S. XVII; Liliana Grassi in Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Grassi 1972, S. CX f.; Genoni 2007, Kap. 2. 226  Die Datierung beider Versionen ist umstritten. Siehe John R. Spencer, La datazione del trattato del Filarete desunta del suo esame interno, in: Rivista d’arte 31 (1956), S.  93–103 (1461–1464 für beide Versionen); Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. 1., S. XVII f.; Tigler 1963, S. 3, 7 f. (ebenfalls 1461–1464 als Abfassungszeit beider Versionen); Liliana Grassi in Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Grassi 1972, S. XI–XIII, XIII (1458–1464 für beide Versionen, die ersten 21 Bücher bereits 1462 verfasst); Luisa Giordano, On Filarete’s „Libro architettonico“, in: Vaughan Hart et al. (Hrsg.), Paper Palaces. The Rise of the Renaissance Architectural Treatise, New Haven u. London 1998, S.  51–65, S.  52 (Hinweise auf die ältere Literatur); Vulpi 2001, S.  338  f. („1458– 1464“; einschließlich Buch 13 von 1458–1461 verfasst; die ersten 21 Bücher wohl bereits 1462 fertiggestellt; Bücher 22–24 zwischen 1461–1464 angefügt; 1463/64 Anfügung des an Piero de’ Medici gerichteten letzten Buches 25); Reinoso Genoni 2007, Kap. 2; und Reinoso Genoni 2009, S.  23, S.  26  f. („1461–64“ für das Sforza-Manuskript und „1464 –1466?“ für das Medici-Manu­ skript). 227  Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. 3 (Testo), S. 246. 228  Siehe kürzlich zu den symbolischen Implikationen des Grundrisses von Sforzinda: Hub 2009b. 229  Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 11 verso, (vgl. Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Grassi. 1972, Bd. 2, Tav. 6 und das Faksimile: id., Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. 2, fol. 11v.). Siehe auch Codex Palatinus Ms. E. B. 15, f. 15 verso.

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230  Filarete, Baukunst, ed. von Öttingen 1890, S. 79. 231  Ibid., S. 80–84, das Zitat S. 80. Siehe auch: Filarete, Trattato di architettura, ed. Finoli/Gras­ si 1972, Bd. I, S. 54 –60, S. 54 f. (fol. 11 recto); Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965, hier Bd. I: The Translation, S. 25–26. 232  Filarete, Baukunst, ed. von Öttingen 1890, S. 80; id., Trattato di Architettura, ed. Finoli/Gras­ si 1972, Bd. 1, S.  55 (Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 12 recto); id., Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. I, S. 23. 233  Vgl. Pieper 1997, S.  216  f. Dort weitere wichtige Ausführungen zur Lage von Filaretes Sforzinda. Siehe auch Reinoso Genoni 2007 und Reinoso Genoni 2009, S. 23–38, S. 28–31. 234  „Questa montagna si leva su di questo piano non troppo alta, anzi, dolcemente si viene alzando, e tutta amena e piacevole, e così poi s’innalza tanto, che quelli venti, come t’ho detto, non la possono offendere. E così questa parte è bene arborata di diverse piante fruttifere“ (Filarete, Baukunst, ed. von Öttingen 1890, S. 82; id., Trattato di Architettura, ed. Finoli/Grassi 1972, Bd. 1, S. 55 (Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 12 recto); id., Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. I, S. 23). 235  Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 11 verso. 236  Vgl. zur genannten Illustration aus dem Architekturtraktat Filaretes: Pieper 1997, S. 216, u. jüngst Reinoso Genoni 2007; Reinoso Genoni 2009a; Hub 2009b. 237  Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 117 verso. 238  Siehe zum Hafen von Plusiapolis jüngst: Leila Whittemore, City and Territory in Filarete’s Libro architettonico, in: Bertold Hub (Hrsg.), Architettura e Umanesimo: Nuovi studi su Filarete (=Arte Lombarda N.S. 155, 1 [2009]), Mailand 2009, S. 47–55. 239  Vor den Bautätigkeiten: Cod. Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 157 recto; nach Fertigstel­ lung: fol. 158 recto. 240  Vgl. Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Codex Magliabechianus Ms. II, I, 141, fol. 58 rec­ to, datiert c. 1485–1492. Abb. in: Francesco di Giorgio Martini, Trattati di architettura, ingeneria e arte militare, hrsg. v. Corrado Maltese, 2. Bde., Mailand 1967, hier Bd. 2, Tafel 253 und bei Renoso Genoni 2009, Abb. 16. Vgl. a. Giovanni Battista Belluzzi (zugeschr.): Aquarellierte Zeichnung von Poggio Imperiale (Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Codex Magliabechianus Ms. II, I, 280, fol. 19). Abb. in: Luciana Masi, Nuove risultanze della ricerca d’archivio per la storia dell’architettura militare fiorentina nel Quattrocento: Brolio, Colle Val D’Elsa, Firenzuola e Poggio Imperiale, in: Architettura. Storia e documenti 112 (1987), S. 97–111, S. 101. 241  Siehe Reinoso Genoni 2009, S. 28 und passim. 242  Siehe zuletzt: Kurt W. Forster, Bau, Bild und Bühne, wie Schinkel seine Architektur veranschaulicht, in: Hein-Thomas Schulze Altcappenberg (Hrsg.), Karl Friedrich Schinkel (Ausstellungskatalog Berlin, Kupferstichkabinett, Staatliche Museen zu Berlin / München, Kunsthalle der Hypo-Kul­ turstiftung München, 7. September 2012 – 12. Mai 2013), Berlin 2012, S.  63–72 u. Jean-Louis Cohen (Hrsg.), Le Corbusier: An Atlas of Modern Landscapes (Ausstellungskatalog New York, Muse­ um of Modern Art / Barcelona, CaixaForum / Madrid, CaixaForum, 15. Juni 2013 – 19. Oktober 2014), London 2013. 243  Vitruv, De Architectura I, II, 2 (id., De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 44 f.). 244  Vgl. zu dieser Trias Albertis: Kruft 1991, S.  48  f. Zur Neubewertung der voluptas durch Alberti und Valla: Frank Zöllner, Leon Battista Albertis ‚De pictura‘: die kunsttheoretische und literarische Legitimierung von Affektübertragungen und Kunstgenuss, in: Georges-Bloch-Jahrbuch des Kunstgeschichtlichen Seminars der Universität Zürich 4 (1997), S.  23–39, u. Charles Burroughs, From Daedalus‘s cave to Florence cathedral: Alberti, architectural bodies, and bodies in architecture, in: Joach­ im Poeschke u. Candida Syndikus (Hrsg.), Leon Battista Alberti. Humanist, Architekt, Kunsttheoreti-

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ker, Münster 2008, S.  171–184. Vgl. a. Wolfgang Liebenwein, Honesta Voluptas. Zur Archäologie des Genießens, in: Andreas Beyer, Vittorio Magnago Lampugnani u. Gunther Schweikhart (Hrsg.), Hülle und Fülle. Festschrift für Tilmann Buddensieg, Alfter 1993, S.  337–357. Zur traditionellen Abwertung der voluptas oculorum s. Groh 2003, S. 293–300. Vgl. außerdem in der vorliegenden Studie S. 168 f. 245  De re aedificatoria I, 12. Vgl. Werner Oechslin, Leon Battista Albertis apertio – die Öffnung schlechthin / Leon Battista Alberti’s apertio – the Opening Absolute, in: Daidalos 13 (1984), S. 29–39. 246  Vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, IV, 2, S.  278; IV, 5, S. 278 u. passim; vgl. auch Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, II, 12, S. 45, sowie Bentmann/ Müller 1992, S. 47–60 u. passim. 247  Alberti, De re aedificatoria IV, 2, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, S. 279, u. Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 183 f. 248  Alberti, De re aedificatoria IV, 5, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, S. 278; vgl. auch ibid., VIII, 1. 249  Alberti, De re aedificatoria V, 10, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, S.  374–375; Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 24. 250  „Aedibus specula supermineat, qua evestigio cuiusvis motus fiat certior“ (De re aedificatoria V, 3, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 345, u. Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 227). 251  De re aedificatoria IX, 2: „Delectabit istis [istic (?)] aedificatio, si tum primum ex urbe egres­ sis tota se facie videndam obtulerit laetam, acsi ad se proficiscentes illectet atque praestoletur. Velim ea re elatula; et velim in eum locum via praesurgat clivo molli adeo, ut vadentes fallat, quo­ ad conscendisse non ex alia re quam circumspectato agro id ex altitudine loci sentiant. Prati spatia circum florida et campus perquam apricus et silvarum umbrae subgelidae et limpidissimi fontes ac rivuli et natationes, et quae alibi villis deberi diximus, non deerunt ad voluptatem atque ad usum […]“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, S.  793. Deutsche Übersetzung: Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 479; den ersten Satz der Übersetzung Theu­ ers habe ich verändert). Vgl. zu dieser Passage aus De re aedificatoria und ihrer Bedeutung für Pal­ ladio: Forssman 1969, S. 149–162, bes. S. 160. – Hans-Jürgen Horn danke ich für wertvolle Hin­ weise. 252  Ibid.; vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, S.  793. Vgl. zu dieser Passage aus De re aedificatoria: Forssman 1969, S. 149–162, bes. S. 160. 253  Vgl. zu Pienza: Tönnesmann 1990, S. 64–68. Zu Rückgriffen auf Alberti bei der Konzeption des Palazzo Ducale skeptisch Hartmut Biermann, War Leon Battista Alberti je in Urbino?, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 65 (2002), S. 493–521. Vgl. in der vorliegenden Studie III.261 f. Zu Alber­ tis vermuteter Rolle für die Konzeption der Villa Medicea in Fiesole s. Martini/Mazzini 2004, S. 125–131 u. S. 169–171. 254  De re aedificatoria V, 2: „Principum consessus et triclinia dignissimo statuentur loco. Digni­ tatem afferet loci celsitudo et sub oculis spectatum mare colles et ampla regio“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S.  343; Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 226). 255  De re aedificatoria V, 17: „Caeterum tecta ingenuorum velim occupent locum agri non fera­ cissimum sed alioquin dignissimum, unde omnis aurae solis aspectusque commoditas et voluptas liberrime capiatur. Faciles ad se ex agro porrigit aditus; venientem hospitem honestissimis excipiet spatiis; spectabitur, spectabitque urbem oppida mare fusamque planitiem, et nota collium monti­ umque capita, ortorum delitias, piscationum venationumque illecebras sub oculis habebit exposi­ tas“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 415). Die Übersetzung der hier wiedergegebenen Textpassage aus De re aedificatoria durch Max Theuer (Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 272) birgt in philologischer Hinsicht einige Probleme, die entsprechende Korrek­

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turen nahelegen. So übersetzt Theuer den Anfang der Stelle „Caeterum tecta ingenuorum […]“ mit „Im übrigen möchte ich, dass die Häuser der Freien […]“, was im klassischen Latein durchaus seine Berechtigung hätte; im Italien des 15. Jahrhunderts dürfte die angemessene Übersetzung für „ingenuus“ wohl eher „vornehm“ gewesen sein, da die Opposition ‚Sklave – freier Mann‘ keine dominante Bedeutung mehr besaß. Für die hier angeführten Hinweise zur Übersetzung dieser Passage gilt mein Dank Prof. Dr. Hans-Jürgen Horn, Köln. 256  Auch Kriterien des usus bzw. der commoditas sind maßgeblich; diesbezügliche Bemerkungen Albertis zu den klimatischen Auswirkungen der Lage einer Villa folgen antiken Vorgaben. Vgl. Glacken 1967, S.  80–115 u. S.  429– 460 (zu Alberti: ibid., S.  430– 432). – Hinweise auf weitere Quellen: Isabella Nuovo, Il tema della ‚villa‘ in Leon Battista Alberti e nella riflessione umanistica: dall’otium letterario allo svago cortigiano, in: La parola del testo 4 (2000), S. 131–149 u. S. 341–380. 257  De re aedificatoria V,17: „Cum his [mit dem Innenhof und dem Vestibül, G. B.] convenient specularia fenestrarum, meniani, porticus, quibus, una spectandi cum voluptate, et soles et auras, prout tempora postulabunt, hauriant. […] Et porticum veteres ad meridiem ponendam censuere, quod aestate sol sublimiore ambiens ciclo non immittat radios, hyeme subimmittat. Montium pro­ spectus, qui sunt AD MERIDIEM, quod ea parte, qua spectantur, umbra operti sint, quodque albente eius caeli vapore caligantes reddantur, n o n usque se i o c u n d o s praebent, si longe distent; at iidem, proximiores et quasi in caput incumbentes si sint, pruinosas praebent noctes et umbras praegelidas; alioquin ex propinquo g r a t i s s i m i et, quod haustros intercludant, commodissimi sunt. PRO SEPTENTRIONE proximus mons radium solis remittens vaporem adauget; distans vero et procul positus l a e t i s s i m u s est: nam aeris puritate, quae sub ea caeli plaga perpetuo serena viget, et solis fulgore, quo perfunditur, i l l u s t r i s e t m i r i f i c e spectatus redditur. SUBSOLANI montes proximi frigentes horas antilucanas, OCCIDUI rorulentam auroram prae­ bent; ambo ex medio intervallo f e s t i v i s s i m i . Itidem et Flumina et lacus neque sunt commoda nimium propinqua, n e q u e s u n t i u c u n d a , ubi nimium distent. At contra Mare ex mediocri spatio sales impuros f lat; ex proximo minus laedit, quan­ do aequabiliore perseveret aere; ex longinquo illud insuper a d g r a t i a m c o n f e r t , quod deside­ rium ciet sui. Tamen interest, qua caeli parte sese ostentet: nam patens A MERIDIE adurit mare, SUB ORIENTE humectat, AD OCCIDENTEM caligat, EX SEPTENTRIONE praefriget.“ Zitiert nach Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 418– 421 (Hervorhebungen von G. B.). 258  Die Übersetzung dieser Passage bei Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 274 f., wurde als Grundlage einer leicht modifizierten Übersetzung herangezogen. Adelheid Conte bin ich für ihre philologischen Hinweise zur Übersetzung dieser Stelle aus De re aedificatoria zu Dank verpflichtet. 259  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, II, 3, S. 18. Siehe auch Enea Silvio Piccolomi­ ni, Commentarii, IX, 23 (Wiedergabe des Textes und Übersetzung bei Tönnesmann 1990, S. 120– 127, bes. S.  124 –127). Vgl. Enea Silvio Piccolomini [Pius II.], Commentarii rerum memorabilium quae temporibus suis contigerunt, 2 Bde., hrsg. v. Mino Marchetti, Siena 1997. 260  Vgl. etwa Julius von Schlosser, La letteratura artistica [Die Kunstliteratur]. Manuale delle fon­ ti della storia dell’arte moderna, übers. v. Filippo Rossi. 3. aktual. Ausgabe v. Otto Kurz, Florenz u. Wien 1964, S.  125; Baxandall 1987 (1972), S.  145–150; Yih-Fen Wang-Hua, ‚Rilievo‘ in der Malerei und Bildhauerkunst der Frühneuzeit, Diss. Univ. Köln 1999 (Typoskript in Florenz, Kunst­ historisches Institut). 261  Siehe in der vorliegenden Studie Anm. III.13. 262  Vgl. De re aedificatoria IX, 5. Die rhetorischen, naturphilosophischen und kosmologischen Bezugspunkte des albertianischen Begriffs der concinnitas sind vielfältig; in unserem Argumenta­

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tionszusammenhang ist entscheidend, dass Alberti in seinen Äußerungen über das Komponieren in Malerei und Architektur die Ordnung des Kunstwerks mit der Ordnung der Welt und ihrer Lebewesen in Bezug setzt: Und zwar so, dass die menschliche ars in den Strukturen ihrer Hervor­ bringungen die Ordnung der Welt und ihrer Geschöpfe letztlich nachahmt. Proportionale Stim­ migkeit ist sowohl das oberste Gesetz der Natur und ihrer Lebewesen als auch Grundlage des Kunstschönen. Vgl. einführend Kruft 1991, S.  44 –54. Zu den ‚ontologischen‘ Grundlagen von Albertis Architekturtheorie siehe Poeschke 1985, S. 45–50, und die klassische Studie von Witt­ kower 1983 (Erstausgabe 1949), S. 28–50 u. S. 92–95, sowie Thomas Puttfarken, The Discovery of Pictorial Composition. Theories of Visual Order in Painting 1400–1800, New Haven u. London 2000, S. 65–68. Siehe auch s. v. „Komposition“ (Frank Fehrenbach), in: Ulrich Pfisterer (Hrsg.), Metzler Lexikon Kunstwissenschaft, Stuttgart 2003, S. 178–183, bes. S. 180. 263  Siehe zu wirkungsästhetischen Aussagen in Albertis Schriften: Joachim Poeschke, ‚Quod animum excitat‘ – Zur Wahrnehmung und Wirkung von Architektur in der Frührenaissance, in: Poesch­ ke/Syndikus 2008, S. 197–207. Vgl. a. Poeschke 1985, S. 45–50; Biermann 1997. 264  Siehe zu Plinius-Bezügen bei Alberti in der vorliegenden Studie Anm. III.13. Vgl. zu dieser Tradition in der Malerei: Jacob Wamberg, Art as Fulfilment of Nature. Rock Formations in Ferrarese Quattrocento Painting, in: Marianne Pade u. Lene Waage Petersen, La Corte di Ferrara e il suo mecenatismo 1441–1598 / The Court of Ferrara and its Patronage. Atti del convegno internazionale, Copenhagen, maggio 1987, Kopenhagen 1990, S. 129–149. 265  Vgl. Vitruv, De Architectura II, VIII, 10–15 (id., De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 109–113). 266  Vgl. Boccaccio, Decameron, ed. Branca 1976, VI, 10 („Conclusione“), S. 438 f. Vgl. dazu Bek 1974, S. 109–156). 267  Auf diese Analyse sei nachdrücklich hingewiesen: Barbieri 1993, insb. S. 214 ff. 268  Siehe o. Anm. I.1 in der vorliegenden Studie. 269  Jedenfalls waren drei Portiken der Villa Rotonda auf Anhöhen ausgerichtet, wie noch zu zeigen sein wird. 270  Vgl. Eugenio Garin, Il pensiero di Leon Battista Alberti. Caratteri e contrasti, in: Rinascimento N.F. 12 (1972), S. 3–20. 271  Vgl. die Einleitung von Michaela Boenke zu Leon Battista Alberti, Momus seu de principe/ Momus oder vom Fürsten, lat./dt. (Humanistische Bibliothek, II, Bd. 29), übers., komm. u. eingel. v. Michaela Boenke, München 1993, S. IX–XXXVI. (Im Folgenden zitiert als Alberti, Momus, ed. Boenke 1993 [Text des Momus] bzw. Boenke, Einleitung, 1993). Außerdem zum Momus und zur Nachtseite Albertis: Tenenti 1978; Cancro 1978, Paolo Marolda, Crisi e conflitto in Leon Battista Alberti, Rom 1988; Mark Jarzombek, On Leon Baptista Alberti: his literary and aesthetic theories, Cambridge (Mass.) u. London 1989; Horst Bredekamp, Der Künstler als Flugauge und Seiltänzer der Selbsterschaffung, Rezension von Anthony Grafton, Leon Battista Alberti. Baumeister der Renaissance, Berlin 2002 (engl. Originalausgabe New York 2000), in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 139, 19. Juni 2002, S. 18. 272  Wolfgang Krohn, Technik, Kunst und Wissenschaft. Die Idee einer konstruktiven Naturwissenschaft des Schönen bei Leon Battista Alberti, in: Frank Fehrenbach (Hrsg.), Leonardo da Vinci: Natur im Übergang – Beiträge zu Wissenschaft, Kunst und Technik, München 2002, S. 37–56, S. 45. 273  Ibid. 274  Zur neueren Debatte um die Datierung des Momus und des Architekturtraktates vgl. die Hinweise bei Luca Boschetto, Leon Battista Alberti e Firenze. Biografia, Storia, Letteratura, Florenz 2000, S. 147 f., S. 147, Anm. 1. Siehe auch: Albanese 2012.

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275  Wie sich die helle und die Nachtseite von Albertis Denken und besonders die Aussagen von Architekturtraktat und Momus zueinander verhalten, ist eine zentrale Frage der Alberti-For­ schung. Man beachte folgende Sätze aus dem Momus Albertis: „Da fragte Charon, wobei er auf diese und jene Götterstatue zeigte: ‚Sag, Gelastus, hältst du auch nichts von diesen, einzeln genommen, und verehrst sie, wenn sie alle zusammenstehen?‘ Gelastus antwortete lächelnd: ‚Wenn ich allein wäre, würde ich vielleicht lachen, aber im Beisein vieler anderer Personen würde ich sie anbeten.‘“ (Alberti, Momus, ed. Boenke 1993, S. 363). 276  Joan Gadol, Leon Battista Alberti. Universal Man of the Early Renaissance, Chicago 1969, S. 223. 277  Alberti, Momus, ed. Boenke 1993, S. 213. Vgl. Krohn 2002, S. 46. 278  „Haec Hercules, sed dii spreto Hercule in theatrum ingressi, atque inprimis luppiter pario ex marmore ingentes innumerasque columnas maximorum montium frusta, gigantum opus, admiratur, et tantas numero e tam vastas et in eam regionem locorum aut tractas esse aut erectas obstupescebat intuens, easque tametsi coram intueretur tamen fieri negabat posse tantum opus et prae admiratione et vidisse et laudasse plus satis non intermittebat, atque secum ipse suas ineptias accusabat consiliique tarditatem deplorabat, qui hos tales tam mirifici operis architectos non adivisset potius quam philosophos, quibus uteretur ad operis futuri descriptionem componendam. Evenisse qui­ dem quod aiunt, ut quem semel sapere aliqua in re tibi ipse persuaseris, hunc semper sapere et in omni re doctum esse facile credas. Haec Iuppiter. Tandem lustrata urbe hominum turmae sua per diversoria corpori se coenisque dederant. Quae cum ita essent, incidit in mentem diis ut futuros postridie mane ludos scaenamque cuperent inspectare. ‚Ergo, et quid agimus?‘ inquiunt inter se ‚Num ad nostras redibimus sedes, an istic spectaculis visendis considebimus?‘ Spectaculorum erant omnes cupientissimi, sed alii alibi, aut caelo, aut templis pernoctandum statuebant. Postre­ mo placuit sententia illius qui deorum quodam, ut opinor, fato admonuit ut se quisque in suum quod in theatro esset simulacrum converteret, quo abeundi redeundique viam et laborem vitarent quove cum dignitate et sine ullius iniuria dignissimis locis conquiescerent. […]“ (Alberti, Momus, ed. Boenke 1993, S. 323). 279  Krohn 2002, S. 47. 280  Vgl. zu dieser Stelle aus dem Momus: Martin Kemp, The Mean and Measure of All Things, in: Jay A. Levenson (Hrsg.), ‚Circa 1492‘: Art in the Age of Exploration (Ausstellungskatalog Washing­ ton D.C., National Gallery of Art, 12. Oktober 1991 – 12. Januar 1992), New Haven 1991, S.  95–112, S.  96  f. Vgl. zum philosophischen Kontext: Hans Blumenberg, „Nachahmung der Natur.“ Zur Vorgeschichte des schöpferischen Menschen, in: id., Wirklichkeiten, in denen wir leben, Stuttgart 1981, S.  55–103 (Erstausgabe in: Studium Generale 10 [1957], S.  266–283), bes. S.  55–59. − In kunsttheoretischen Texten des 15. und 16.  Jahrhunderts wird erst vereinzelt ein Gedanke artikuliert, der für die Kunst und Kunsttheorie der Moderne von zentraler Bedeutung werden sollte: Künstler können in Malerei, Skulptur und Architektur Werke schaffen, welche sogar die besten Werke der Natur und jedenfalls die Hervorbringungen einer gefallenen und alternden Welt übertreffen. (Vgl. zum mundus senescens und zur natura lapsa Groh 2003, S. 17 f., S.  114 –128 u. passim.) In Albertis satirischem Roman Momus wird der Gedanke einer zweiten, besseren Weltschöpfung durch Kunst früh formuliert. Ebenfalls bereits um 1450 hatte Nikolaus von Kues argumentiert, dass die menschliche ars im Falle des Handwerks und der Technik keine Nachahmung, sondern (wenn auch an der ars infinita Gottes ausgerichtete) Neuschöpfung sei, wobei er dies am Beispiel eines Löffels aufzeigte, der sola humana arte entstanden sei (vgl. Blumen­ berg 1981 [1957], S. 55). – Die Ordnung des Kunstwerks als Nachvollzug göttlicher Weltordnung einerseits oder andererseits eine vom Künstler gestiftete Ordnung als Vorbild einer neuen besse­ ren Weltordnung: Albertis Aussagen zu diesem Thema changieren, wenn man sie zur Gänze über­ blickt, zwischen diesen beiden Richtungen eines Analogieverhältnisses. Vgl. Krohn 2002. 281  Gerd Blum, Der Künstler als Modell für Gott. Die Umkehrung der Analogie von Gott und Künstler bei Leon Battista Alberti, Anton Francesco Doni und Giorgio Vasari, in: Christoph Bertsch u. Viola

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Vahrson (Hrsg.), Gegenwelten (Ein Forschungs- und Ausstellungsprojekt der Stiftung Universität Hildesheim und der Universität Innsbruck […]), Innsbruck und Wien 2014, S. 304 –315. 282  Zum philosophischen Kontext siehe Blumenberg 1981 (1957), S.  55–103; Vgl. zum Fort­ wirken dieser Umkehrung Gerd Blum, Michelangelo als neuer Mose: Vasari, Nietzsche, Freud, Thomas Mann, in: Josef Früchtl (Hrsg.), Schöner Neuer Mensch II (Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft 53,1 [2008]), S. 73–106. 283  Vgl. Ann Blair, The Theatre of Nature. Jean Bodin and Renaissance Science, Princeton (N.J.) 1997, u. Bredekamp 2004, S. 34 –39. 284  Zu religiös konnotieren Konzepten von Land und ‚Landschaft‘, von denen Alberti sich abhebt, siehe obere Anm. II.141 der vorliegenden Studie sowie, für den Norden, Boudewijn Bak­ ker, Landscape and Religion from Van Eyck to Rembrandt, Farnham 2012. 285  Vgl. zur Auf lösung dieses vorkopernikanischen Weltbildes im Hinblick auf die „Entdec­ kung des Horizontes“: Koschorke 1990. 286  Hierzu grundlegend: Goebel 1971. 287  Vgl. ibid., S. 57 ff. Vgl. a. Marco Ariani, Descriptio in somniis: racconto e ékphrasis nella Hypnerotomachia Poliphili, in: Vittorio Casale u. Paolo D’Achille (Hrsg.), Storia della lingua e storia dell’arte in Italia: dissimmetrie e intersezioni (Atti del III Convegno ASLI, Associazione per la Storia della Lingua Italiana, Roma, 30–31 maggio 2002), Florenz 2004, S.  153–160. Vgl. a. Gerhard Goebel, Alberti als Traumarchitekt, in: Nerdinger 2006, S. 70–74. – Von der Hypnoteromachia Poliphili gibt es eine vollständige englische Übersetzung: Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili. The Strife of Love in a Dream, übers. v. Joscelyn Godwin, London 1999. Vgl. zur Hypnerotomachia a. Burlingham/Whiteman 2001, S. 122 f. 288  Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, ubi humana omnia non nisi somnium esse docet (…), Venedig 1499, fol. t7 verso (hier zitiert nach Reprint 1980: Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili. Edizione critica e commento, hrsg. v. Giovanni Pozzi, 2 Bde., Padua 1958 [Reprint 1980], S. 305). 289  So Goebel 1971, S.  51  f., über die Insel Kythera, wie sie in der Hypnerotomachia Poliphili geschildert wird. Diese Insel sei „[…] Idealfall einer insula amoena, Synthese aus Platons Atlan­ tidenstadt, Dantes Irdischem Paradies, und den imaginären Inseln von Claudians Epithalamium bis zum Paradiso degli Alberti. Die Beschreibung der Insel allein […] erstreckt sich über mehr als dreißig Seiten“ (ibid., S. 51). 290  So ibid., 51 f. 291  „An der Seeküste, gegen die Mitte der ganzen Insel, lag eine Ebene, die schöner und fruchtba­ rer als irgendeine gewesen sein soll. In der Nähe dieser Ebene aber, wiederum nach der Mitte zu, befand sich […] ein allerwärts niedriger Berg“ (Platon, Kritias 113c). Diesen Berg befestigte Poseidon, „indem er ihn ringsum durch größere und kleinere Gürtel, abwechselnd von Wasser und Erde, abgrenzte […], die er mitten aus der Insel gleichsam herausdrechselte, überallhin gleich weit vonein­ ander entfernt […]. Er selbst verlieh, als ein Gott, ohne Schwierigkeit der in der Mitte liegenden Insel fröhliches Gedeihen […]“ (ibid. 113d–e). Zitiert nach: Platon, Sämtliche Werke, nach der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher und Hieronymus Müller mit der Stephanus-Numerierung, hrsg. v. Walther F. Otto et al., 6 Bde., Hamburg 1959, hier Bd. 5, 223  f. Vgl. Goebel 1971, S.  16: „So entstand der konzentrisch gegliederte, also kreisförmige Grundriss einer idealen Planstadt, – und zwar zunächst als paradiesische Insel auf der Insel, als befestigte insula amoena. Erst unter den Nachfahren des Poseidon-Sohnes Atlas wird die Stadt um die in der Mitte gelegene Königsburg ausgebaut […]. Inmitten der Königsburg wird der Tempel des Gründergottes Poseidon und seiner Geliebten Kleito errichtet […].“

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292  Vgl. Ackerman 1990, S. 73ff. Einschlägig weiterhin: Miranda Ferrara u. Francesco Quinte­ rio, Michelozzo di Bartolomeo, Florenz 1984, S. 255. Vgl. a. Ruffinière Du Prey 1994, S. 51; Aman­ da Lillie, Giovanni di Cosimo and the Medici Villa in Fiesole, in: Andreas Beyer u. Bruce Boucher (Hrsg.), Piero de’Medici ‚il Gottoso‘ (1416–1469). Kunst im Dienste der Mediceer – Art in the Service of the Medici, Berlin 1993, S. 189–206. 293  Zu Zuschreibung und Baugeschichte s. ausführlich Martini/Mazzini 2004; Raffaela Fabiani Giannetto, The Medici Gardens of Fifteenth-century Florence. Conceptualization and Tradition, Diss. Univ. of Pennsylvania 2004 (Typoskript, online über ProQuest); u. id., Medici Gardens. From Making to Design (Penn Studies in Landscape Architecture), Philadelphia (Pa.) 2008. 294  Vgl. Bruni, Lode, ed. Luiso 1899, S. 15; Bruni, Praise of Florence, ed. Scheepers 2005, S. 85. Vgl. zu Brunis Beschreibung des Palazzo della Signoria als Mitte von Florenz und seines Umlandes: Marvin Trachtenberg, Dominion of the Eye. Urbanism, Art, and Power in Early Modern Florence, Cambridge et al. 1997, S. 267. 295  Vgl. Bruni, Lode, ed. Luiso 1899, S. 19 f. 296  Ibid., S. 19 f. 297  Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. 3: Testo, S. 180 (Vita des Brunelleschi). Die dt. Übersetzung wird hier leicht verändert zitiert nach: Giorgio Vasari, Leben der ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister, von Cimabue bis zum Jahre 1567, übers. v. Ludwig Schorn u. Ernst Förster [in Wirklichkeit jedoch v. Adeline Seebeck], Stuttgart u. Tübingen 1849, neu hrsg. u. eingel. v. Julian Kliemann, 6 Bde., Worms 1983 (im Folgenden zitiert als Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983), hier Bd. 2, 1, S. 203). 298  Vgl. hierzu: Bertsch 2010 u. Bertsch 2012, S.  48–52, S.  195–198 u. passim. Christoph Bertsch danke ich für wertvolle, weiterführende Hinweise und wunderbare Gespräche während eines von ihm und Jörg Stabenow geleiteten Studienkurses des Kunsthistorischen Instutes in Flo­ renz zu „Villa, Garten und Landschaft: Monumente der villeggiatura in der Toscana“ (2003) sowie auf einer gemeinsamen Exkursion der Universität Innsbruck und der Kunstakademie Münster im Jahr 2006. 299  Berlin, SMPK, Gemäldegalerie. 300  Vgl. Mazzini/Martini 2004, S.  100, Anm.  77, u. Kornelia Imesch, Magnificenza als architektonische Kategorie. Individuelle Selbstdarstellung versus ästhetische Verwirklichung von Gemeinschaft in den venezianischen Villen Palladios und Scamozzis, Oberhausen 2003, S. 41 u. S. 50. 301  So Ferrara/Quinterio 1984, S. 255. 302  „Tum villula ipsa devia cum pene media sylva delitescat, totam tamen licet aestimare Flo­ rentiam potest.“ Angeli Politiani et aliorum virorum illustrium epistolarium libri duodecim, Basel 1522, lib. X., epist. 13; vgl. Ackerman 1990, S.  76  f. u. S.  289  f., Anm.  22. Der Brief findet sich teilweise abgedruckt bei Martini/Mazzini 2004, S. 83 f. Dort auch Zeilen aus Polizians Rusticus, welche die Aussicht von der Villa thematisieren (ibid., S. 84). 303  Vgl. Martial, Epigrammata 64, 11–13: „Hinc septem dominos videre montis / et totam licet aestimare Romam/Albanos quoque Tusculosque colles.“ Zur von Giulio Romano als Rekonstrukti­ on der Villa Martials erbauten Villa Turini-Lante in Rom, auf dem Gianicolo, in deren AussichtsLoggia eine Tafel mit dem zitierten Epigramm angebracht ist, vgl. Allekotte 2005, S.  75  f. u. 79  f. und Imesch 2003, S.  42. Zur Blickführung aus der Villa Turini-Lante schreibt Allekotte 2005, S.  75  f.: „[…] Raffaels Schüler Giulio Romano [setzte] ganz ähnliche Effekte bei der Konzeption der Villa Turini-Lante ein. Auch hier wird die am Eingang festgelegte richtungsweisende Blick­ achse zur Aussichtsloggia und deren Rompanorama kurz vor Erreichen des Ziels durch die promi­ nente Fenstertrias des Saals unterbrochen, welche die Sicht nach Norden auf den Vatikanhügel freigibt. Den Höhepunkt des Sehgenusses jedoch sollte der Besucher […] erst angesichts der spek­

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takulären Aussicht der Loggia erfahren.“ – Zur Villa Turini-Lante auf dem römischen Gianicolo: Henrik Lilius, Villa Lante al Gianicolo. L’architettura e la decorazione pittorica (Acta Instituti Roma­ ni Finlandiae, Bd. 10), 2 Bde., Rom 1981; Fritz-Eugen Keller, Bemerkungen zur Villa suburbana des Baldassare Turini (Villa Lante), in: André Chastel u. Christoph Luitpold Frommel (Hrsg.), Raffaello a Roma: il convegno del 1983, Rom 1986, S. 349–355 ; Christoph Luitpold Frommel, Villa Lante e Giulio Romano artista universale, in: Giulio Romano (Atti del Convegno Internazionale di Studi su Giulio Romano e l`espansione europea del Rinascimento, Mantua, 1.–5.10.1989), Mantua 1991, S. 127–153; id., Giulio Romano e la progettazione di Villa Lante, in: Eva Margareta Steinby (Hrsg.), Ianiculum – Gianicolo, Rom 1996, S. 120–140. 304  „Cum superioribus diebus ego Picus noster Mirandulanus vir virtute miradus, Fesulanos, imo Subfesulanos coles peragraremus, prospicebamus obiter subiectum oculis totum Florentiae urbis agrum habitationem certe felicem, si modo duo tantum incommoda caute devitentur, medii fluminis Arni nebulae, acres monti oppositi venti“ (Marsilio Ficino, Opera omnia, Basel 1576, S.  893 bzw. id., Opera omnia, con una lettera introd. di Paul Oskar Kristeller e una premessa di Mario Sancipriano, Nachdruck der Gesamtausgabe Basel 1576 (Monumenta politica et philosophi­ ca rariora, I, 7–10), 2 Bde. (in drei Teilbänden), Turin 1959, hier Bd. 1 (2. Teilband), S.  893. Vgl. Martini/Mazzini 2004, S.  84, u. Ackerman 1990, S.  77. – Mit seiner Wortwahl spielt Ficino auf eine antike Tradition insbesondere der römischen Villenbeschreibung an, die den Überblick über das Land als Ausdruck der Beherrschung des Territoriums versteht, das zum ‚Subjekt‘, zum Unterwor­ fenen des Blicks wird. So schreibt Seneca über die Ausblicke einer hochgelegenen Villa Cäsars: „Videbatur hoc magis militare ex edito speculari late longeque subjecta“ (Seneca, Epistolae morales, 51, 11), u. Plinius, Epistulae I, 3, 1 über die Lage seiner Villa über dem Comer See, der als „subjectus et serviens lacus“ bezeichnet wird (weitere Stellen gesammelt bei Drerup 1959a; vgl. auch Drerup 1959b, Riedel 1997 u. Allekotte 2005, S. 93 f.). 305  Vgl. Lillie 1993; Frommel in Martini/Mazzini 2004, S. 7. 306  In den eben angeführten Briefen von Poliziano und Ficino ist ebenso von klimatischen Gründen die Rede. 307  „Cosimo predetto soleva dire, che la casa loro di Cafagiuolo in Mugello vedeva meglio che quella di Fiesole, perche? Ciò che quella vedeva era loro, il che di Fiesole non avvevia.“ Polizian zitiere ich hier nach Albert Wesselski (Hrsg.), Angelo Polizianos Tagebuch (1477–1479). Mit vierhundert Schwänken und Schnurren aus den Tagen Lorenzos des Großmächtigen und seiner Vorfahren, Jena 1929, S. 3 f. (mit deutscher Übersetzung) und nach Ackerman 1990, S. 290, Anm.  24. Vgl. jüngst Bertsch 2012, S. 49. 308  Feder und Tinte, 19 x 28,5 cm, Florenz, Galleria degli Uffizi, GDS, Inv. 8 P. Zum Datum vgl. Martin Kemp, Leonardo, Oxford 2004, S. 217 f. 309  So Ackerman 1990, S. 77. 310  Zur Baugeschichte, Konzeption und Ausstattung der Villa vgl. die überarbeitete italienische Ausgabe der einschlägigen Dissertation von Philip Ellis Foster, A Study of Lorenzo de’ Medici’s Villa at Poggio a Caiano, 2 Bde., New York et al. 1978 (zugl. Diss. New Haven 1974); id., La villa di Lorenzo de’ Medici a Poggio a Caiano, Pisa 1992 (stark überarbeitete Neuausgabe von id. 1978), sowie Luigi Corsetti u. Alessandro Pinzani, Poggio a Caiano. Guida storico-artistica, 2. Auf lage, Prato 1996; Enrico Colle, Roberta Passalacqua u. Vincenzo Vaccaro, La Villa Medicea di Poggio a Caiano, Livorno 2000. Konzise Zusammenfassung zentraler Probleme bei Azzi Visentini 1997, S. 59–72. 311  Vgl. Vitruvs bereits zitierte Ausführungen (VI, III, 10) über die oeci cyziceni, griechische Speisesäle, mit ihren „türähnlichen Fensteröffnungen, so dass die Gäste von den Speisesofas aus einen Blick ins Grüne haben“ (De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 279). Siehe hierzu aus­ führlicher in der vorliegenden Studie Anm. I.63.

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312  Michel de Montaigne, Journal de Voyage en Italie, hrsg. v. Arthur Armaingaud, 2 Bde., Paris 1929, hier Bd. 2, S. 45: „J’obliois à dire que des salles de Poggio, on voit Florence, Prato & Pistoïa, de la table […].“ S. die diesem Satz nicht entsprechende dt. Übersetzung in: Michel de Montaigne, Tagebuch der Reise nach Italien über die Schweiz und Deutschland von 1580 bis 1581, übers. u. hrsg. v. Hans Stilett, Frankfurt am Main 2002, S. 225: „Ich vergaß zu erwähnen, daß man von den Sälen in Poggio aus, wenn man sich auf einen Tisch stellt […], Florenz, Prato und Pistoia sehen kann.“ Im Text Montaignes ist jedoch lediglich davon die Rede, dass man die genannten Städte vom Tisch aus sehen könne. 313  Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. 5, S.  198–226, S.  221 u. die Überset­ zung bei Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, Bd. 4, S.  77, die ich leicht verändert habe. Zu Vasaris ausführlicher Beschreibung der Villa von Castello innerhalb seiner Biographie Tribolos (Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. 5: Testo, S.  209–211 u. Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, S. 73–86) siehe jetzt Bertsch 2012, S. 205–212. 314  Vgl. Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, Bd. 4, S. 77, Anm. 31. 315  Vgl. Petrarca, Familiarium rerum libri XVII, 5, 11–13; s. Petrarca, Familiares, ed. Laurens/ Segonds 2005, hier Bd. 5: Livres XVI–XIX, S. 175–177. Vgl. a. Riedel 1996, S. 89. 316  Zitiert in der Übersetzung von Mühlhäusser 1914, S. 17. 317  Zu der für die Situierung der Villa von Poggio a Caiano möglicherweise bedeutsamen Rezep­ tion des Corpus agrimensorum romanorum am Hof von Lorenzo il Magnifico vgl. die Hinweise bei Toneatto 1994, S. 58. – Zu den antiken Traditionen topischer Topographie, denen Leonardo Bru­ nis frühere Beschreibung der Umgebung von Florenz unter dem Leitmotiv des Rundschildes ver­ pflichtet ist: Hübner 2007, S. 161–186 (mit Bibliographie). 318  „[…] undique valvas aut fenestras non minores valvis habet atque ita a lateribus, a fronte quasi tria maria prospectat; a tergo cavaedium, porticum, aream, porticum rursus, mox atrium, sil­ vas et longinquos respicit montes.“ (Plinius, Epistulae II, 17, 5); vgl. Plinius, Epistolae, ed. Kasten 1984, S. 108. 319  Vgl. Drerup 1959a u. 1959b; Lefèvre 1977 sowie in der vorliegenden Studie III.2.1. 320  Hartmut Biermann u. Elmar Worgull, Das Palastmodell des Giuliano da Sangallo für Ferdinand I, König von Neapel. Ein Rekonstruktionsversuch, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen N.F. 21 (1979), S.  91–118, weisen auf Vitruvs „kyzikenische Säle“ als Quelle für die Konzep­t ion des Mittelsaales der Villa von Poggio a Caiano hin. 321  „Fiunt autem etiam non italicae consuetudinis oeci, quos Graeci cyzicenos appellant. Hi con­ locantur spectantes ad septrentionem et maxime viridia prospicientes, valvasque habent in medio. Ipsi autem sunt ita longi et lati, uti duo triclina cum circumitionibus inter se spectantia possint esse conlocata, habentque dextra ac sinistra lumina fenestrarum valvata, uti de lectis per spatia fenestrarum viridia prospiciantur. Altitudinis eorum dimidia latitudinis addida constituuntur.“ − s. Vitruv, De Architectura VI, III, ed. Fensterbusch 1991, S. 278. Übersetzung: ibid., S. 279. Vgl. zu dieser Stelle und zur Rezeption von Vitruvs oeci cyziceni bis ins frühe Cinquecento: Amedeo Maiuri, Gli oeci vitruviani in Palladio e nella casa pompeiana ed ercolanese, in: Palladio N.S. 2 (1952), S. 1–7; Förtsch 1993, S. 103 f.; Hartmut Biermann, Lo sviluppo della villa toscana sotto l’influenza umanistica della corte di Lorenzo il Magnifico, in: Bollettino del Centro Internazionale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“ 11 (1969), S. 36– 46, S. 41; Manfred Luchterhandt, Im Reich der Venus. Zu Peruzzis ‚Sala delle Prospettive‘ in der Farnesina, in: Römisches Jahrbuch für Kunstgeschichte 31 (1996), S.  207–243, S.  230–239. Biermann/Worgull 1979 weisen auf Vitruvs „kyzikenische Säle“ als Quelle für die Konzeption des Mittelsaales der Villa von Poggio a Caiano hin. 322  Vgl. Luchterhandt 1996. 323  Vitruv, De Architectura VI, III, ed. Fensterbusch 1991, S. 279.

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324  Publiziert in Tönnesmann 1990, S.  121–127; Pieper 1997, S.  237  f., 242  f. (mit deutscher Übersetzung). 325  Siehe hierzu Allekotte 2005, S.  77 ff. und die grundlegenden Analysen der von Pius II. beschriebenen Landschaftsausblicke des Palazzo Piccolomini und von der Piazza von Pienza bei Tönnesmann 1990, S. 63–70 u. bei Pieper 1997, S. 208–33. Vgl. kürzlich Arnold Esch, Landschaften der Frührenaissance. Ein Ausflug mit Pius II, München 2008 und jüngst Tönnesmann 2013a und id. 2013b. 326  „Tres porticus meridianum solem excipientes in Amiata, ut diximus, altissimo et nemoroso monte visum terminant, subiectamque Urciae vallem, et viridantia prata, collesque suo tempore gramineos, et frugiferos agros, et vineta, et in praeruptis rupibus arces atque oppida intuentur, et Balnea quae vocant Venionis, et montem Pesium, Radicofano celsiorem et brumalis ostium solis.“ Die Übersetzung ebenfalls nach Tönnesmann 1990, S. 125 f. 327  Vgl. hierzu Pieper 1997, S.  211, 305 (mit Berücksichtigung des Ausblicks) u. Tönnesmann 1990, S.  43, S.  45 sowie Tönnesmann 2013a, S.  71  f., S.  75, (ohne Berücksichtigung des Aus­ blicks). – Vgl. Tönnesmann 1990, S.  45: „Die Fenster waren immer schon farblos verglast (…).“ Und: „Die Maßwerkfenster sind innen wie gerahmte Bilder, ohne erkennbaren Bezug zur umge­ benden Architektur, in die Wand gesetzt“ (ibid.). – Zum Begriff „fenestrae prospectiva“ vergleiche in der vorliegenden Studie S. 158–60. 328  Ehemals Turin, Biblioteca Nazionale Universitaria, Ms. K.IV.29, fol. 44 verso. Vgl. Eberhard König (Hrsg.), Die Blätter im Louvre und das verlorene Turiner Gebetbuch: RF 2022–2025, Département des Arts Graphiques Musée du Louvre, Paris, und Handschrift K.IV.29, Biblioteca Nazionale Universitaria, Torino (Faksimile und Kommentar), 3 Bde., Luzern 1994, hier Bd. 3: Das verlorene Turiner Gebetbuch / Les Heures de Turin disparues [Wiedergabe der verbrannten Illustrationen nach der Ausgabe von Paul Durrieu, Heures de Turin, Paris 1902], Taf. XXV. Eine weitere Abb. der nicht mehr erhaltenen Miniatur auch bei Anne H. van Buren et al. (Hrsg.), Heures de Turin-Milan (Museo Civico d’Arte Antica, Torino, Inv. Nr. 47), 2 Bde., Luzern 1994 –96, hier Bd. 2: Kommentarband, Luzern 1996, S. 668. 329  Vgl. zur Verwendung des Adjektives „subiectus“ in Beschreibungen von Aussichten: Drerup 1959a (grundlegend) u. Allekotte 2005, S. 91 ff. sowie Anm. II.304 der vorliegenden Studie. 330  Beltrando Costabili an Alfonso d’Este, 25. April 1517, hier wiedergegeben in der Paraphrase von Allekotte 2005, S.  93. Vgl. John Shearman, Raphael in Early Modern Sources, 2 Bde., New Haven u. London 2003, Bd. 1, S. 266. 331  „Der Papst, so heißt es, habe eine dreigeschossige, gen Osten orientierte Loggia errichtet, von der er täglich auf die ‚unterworfene Stadt‘ herabzuschauen pf legte. Mit der militärisch gefärbten Formulierung „subiectam urbem“ griff Giovio auf den gleichen antiken Topos der ‚unterworfenen Landschaft‘ zurück, den […] auch Pius II. für die Beschreibung der Aussicht aus seinem Palast in Pienza wählte“ (Allekotte 2005, S. 93). Vgl. Paolo Giovio, De vita Leonis Decimi pont. max. libri 4, 1. Aufl., Florenz: Lorenzo Torrentino 1548, S. 104 f. (und zeitnahe spätere Auf lagen bei Torren­ tino) u. John Shearman, Raphael in Early Modern Sources, 2 Bde., New Haven u. London 2003, Bd. 2, S. 954. 332  Zur Geschichte des Herrschaftsblickes und zu ähnlichen Formulierungen in der römischen Literatur siehe: Drerup 1959a. 333  Vgl. in der vorliegenden Studie Anm. I.141 u. S. 68. 334  Siehe zur Rezeption von Darstellungstraditionen des salomonischen Tempels in der Früh­ renaissance und bei Raffael jüngst: Alexander Nagel u. Christopher S. Wood, Anachronic Renaissance, New York 2010, S. 62–70 u. S. 174 –184. 335  Siehe dazu Jens Niebaum, Loggia und Zentralbau: Bildarchitektur im Werk Peruginos, in: Andreas Schumacher (Hrsg.), Perugino – Raffaels Meister (Ausstellungskatalog München, Alte Pinakothek

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München, 13. Oktober 2011 – 15. Januar 2012), Ostfildern 2011, S.  79–105. Vgl. auch den im selben Ausstellungskatalog erschienenen, ausgezeichneten Aufsatz zu Peruginos Landschaften, mit konziser Zusammenfassung des Forschungsstandes: Annette Hojer, „Die wahre Methode ihrer Ausführung“: Peruginos Landschaften und das Naturideal des Humanismus, in: ibid., S. 51–77. 336  Das Gemälde befand sich ursprünglich in San Francesco in Città di Castello und wird heute in der Mailänder Pinacoteca di Brera auf bewahrt. Vgl. Jürg Meyer zur Capellen, Raphael. A Critical Catalogue of his Paintings, bisher 3 Bde. erschienen, Landshut 2001–2008, Bd. 1, Landshut 2001, S.  140  f. (Nr. 9), u. Jörg Traeger, Renaissance und Religion. Die Kunst des Glaubens im Zeitalter Raphaels, München 1997, S. 327–386. 337  Etliche Landschaften im Hintergrund von Gemälden Peruginos und Raffaels entsprechen mit ihrer auffällig symmetrischen Disposition von Anhöhen dem Topos des „Hügeltheaters“. Vgl. bereits die früher dem jungen Raffael zugeschriebene Kreuzigung Peruginos in der National Gal­ lery of Art in Washington, D.C., die auf 1482–1485 datiert wird (Andrew W. Mellon Collection 1937.1.27.a). 338  Vgl. in der vorliegenden Studie Anm. III.216 u. S. 200. 339  Georg Satzinger hat jedoch in seiner Analyse von Antonio da Sangallos Zentralbau der Wall­ fahrtskirche San Biagio (Madonna di San Biagio) bei Montepulciano auf die gute Sichtbarkeit des Bauwerks innerhalb der umgebenden Landschaft und vor dem Hintergrund der nahen, aber höher gelegenen Stadt Montepulciano für die aus den Städten Chiusi und Pienza in Richtung Montepul­ cianos Anreisenden hingewiesen (Satzinger 1991, S. 31–33. u. S. 69–72). Diese exponierte Sicht­ barkeit ergibt sich nicht zuletzt durch die Positionierung der Kirche auf einer „künstlich aufge­ schütteten ebenen Plattform“ (ibid., S. 32) auf einer kleinen Hügelkuppe. – Für die von der nahen Stadt Montepulciano aus der Porta dei Grassi hinabgehenden Besucher wird der Blick zunächst auf den Bau, und zwar auf das Portal der Turmfassade gelenkt. Ein Ausblick auf die umgebende hüge­ lige Landschaft ergibt sich erst von besagter Plattform aus. Auf dieser angekommen, wird der Blick der von der Stadt herabgekommenen Besucher noch vor dem Betreten des Kirchengebäudes „zwi­ schen Kirche und Nebengebäuden hindurch, mit dem Brunnen als Repoussoir, in die weite Land­ schaft gelenkt.“ (ibid., S. 31). 340  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 188 u. Gottlieb 1981. 341  De re aedificatoria V, 12. 342  In ähnlichem Vorgriff hatte Alberti in seinem Malereitraktat von 1435/36, in dem er das Gemälde als Darstellung einer rechtwinkligen fenestra prospectiva definierte, die erstmalige archi­ tektonische Realisierung rechteckig begrenzter Ausblicksfenster in nachantiker Zeit im Giardino Pensile des Palazzo Ducale von Urbino vorweggenommen, der etwa vierzig Jahre später entstan­ den ist. Vgl. in der vorliegenden Studie Kap. III, S. 190–194 u. passim. 343  „Certamente non si deve maravegliare alcuno, se così Specchio di Diana fosse detto dagli antichi, per l’amenitá & bellezza, de’l luogo ove è posto. […] Abbraccia questo lago la metà della concavata Valle, quale gira intorno due miglia, tanto misuramente che pare quasi un Theatro fatto dall’arte. Era l’altra parte piana piena di molti boschi, ove disse con auttorità di Suetonio che Cesa­ re cominciasse la villa […].“ Zitiert nach: Leandro Alberti, Descrittione di tutta Italia, erste Auf lage, Bologna 1550, fol. 138 verso (Übersetzung u. Hervorhebung von G. B.; nach Exemplar des Insti­ tutes für Kunstgeschichte der Universität Münster). 344  „Ne[i] tempi della maestà de’l Romano Imperio era questa città dali [sic!] Romani usata si come una Carcere da servare sicuramente li rei, & malvaggi uomini per la agevolezza de’l luogo dice Strabone, per essere posta sopra il picciolo colle, circondato d’altissimi monti, che pare vi siano stati posti dalla natura intorno si come un Argine.“ Ibid., fol. 135 recto (Übersetzung u. Hervorhe­ bungen von G. B.). − Vgl. eine ähnliche teleologische Deutung von Bergen, hier der Alpen, als natürliches Bollwerk gegen Einfälle der Barbaren, in Flavio Biondos Italia Illustrata, Liber I, 3: „Qua vero [sc. Italia] in septentrionem vergit, montes altissimi, Alpes lingua Gallica a celsitudine dicti,

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illam a barbarorum, ut inquit Cicero, incursu naturae benignitate communiunt […].“ Zitiert nach: Flavio Biondo, Italy illuminated / Italia illustrata [lat./engl.] (The I Tatti Renaissance library, Bd. 20), hrsg. v. Jeffrey A. White, 2 Bde., Cambridge (Mass.) 2005, hier Bd. 1: Book I–IV, S. 12. 345  Vgl. Alberti 1550, fol. 421 recto  ff. 346  Editio princeps der bereits 1537 verfassten Schrift: Paolo Giovio, Descriptio Larii Lacus, Vene­ dig 1559. Vgl. die kommentierte Neuausgabe: id., La descrizione del Lario, 1537 (La biblioteca per­ duta, Bd. 17), hrsg. v. Franco Minonzio, Mailand 2007, S.  34. Giovio beschreibt hier außerdem, ebenfalls einen traditionellen Topos aufgreifend, einen Hafen „in forma di mezzaluna“ (ibid., S.  11). Der in dieser Schrift Giovios zu findende Vergleich einer geographischen Formation mit dem Buchstaben ‚Y‘ (ibid., S.  33) geht ebenfalls auf Topoi antiker Geographie und Landvermes­ sung zurück. Siehe Åke Josephson, Casae litterarum. Studien zum Corpus Agrimensorum Romanorum, Diss. Univ. Uppsala 1950, u. id., Casae litterarum. Opuscula ex corpore Agrimensorum Romanorum selecta. Recensuit et Germanice vertit, Uppsala 1951. 347  Vgl. Ludovici Agostini, Giornate Soriane (Pesaro, Biblioteca Oliveriana, Ms. Oliv. 191, fol. 1 recto). Hier zitiert nach Ludovico Agostini, Le Giornate Soriane, hrsg. v. Laura Salvetti Firpo, Rom 2004, S. 6–8. Den freundlichen Hinweis auf diese Stelle verdanke ich Sören Fischer, der sich, wie bereits erwähnt, im Rahmen seiner kürzlich abgeschlossenen Dissertation mit gemalten Ausblic­ ken in Villen des venezianischen 16. Jahrhunderts grundlegend befasst hat; s. Fischer 2014b. Vgl. a. Sören Fischer, Das Odeo Cornaro, die Villa Farnesina und der Oecus kyzikenos: Wandmalerei und Architektur im Spannungsfeld zwischen vitruvianischer Textexegese und Interpretation, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 77, 2014, S. 199–220. 348  Vgl. Andrea Palladio, I commentari di C. Giulio Cesare […], Venedig 1574/75. nach S.  204. Siehe folgenden Teilreprint: Andreina Ballarin (Hrsg.), Il Cesare di Andrea Palladio (Ausstellungs­ katalog Vicenza, Museo di Palazzo Chiericati), Vicenza 1981, S. 98, Tav. BB. 349  Ibid., nach S. 308 u. S. 108, Tav. GG. 350  Zu diesen Illustrationen vgl. Beltramini 2009b, außerdem Hale 1977 und s. v. „Ancient Battles.“ (Guido Beltramini), in: Beltramini/Burns 2008, S. 342–356. 351  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, 6. 352  Platon, Kritias 113 c. 353  Id., Kritias 113 d–e. 354  Die Übersetzung zitiert nach: Platon, Werke, ed. Otto 1959, hier Bd. 5, 223  f. Vgl. Goebel 1971, S. 16 und S. 57 u. S. 100 der vorliegenden Studie. 355  Thomas More, Utopia, in: The Complete Works of St. Thomas More, hrsg. v. Edward Surtz u. Jack H. Hexter, 15 Bde., Bd. 4: Utopia, New Haven u. London 1965, S. 110. Vgl. a. Wolfgang Neu­ ber, Sichtbare Unterwerfung. Zu den herrschaftsstrategischen Raumvorstellungen in frühneuzeitlichen Idealstadtentwürfen und Utopien, in: Cornelia Jöchner (Hrsg.), Politische Räume. Stadt und Land in der Frühneuzeit, Berlin 2003, S.  11, u. Eva-Maria Seng, Stadt – Idee und Planung. Neue Ansätze im Städtebau des 16. und 17.  Jahrhunderts (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 108), München u. Berlin 2003 (zugl. Habilitationsschrift Halle u. Wittenberg 2000), S. 161 f. 356  Vgl. Thomas More [Thomas Morus], Utopia, o. O. u. o. J. [Löwen 1516], Leeds 1966 (Faksimi­ le), Liber II (ohne Paginierung). Sehr gute Abbildung bei Burlingham/Whiteman 2001, S.  321 (dort auch neuere bibliographische Angaben). 357  Vgl. Tilman Falk (Hrsg.), Ambrosius Holbein to Hans Holbein The Younger (Hollstein’s German Engravings, Etchings and Woodcuts, 1400–1700, Bd. 14), Rosendaal 1988, S. 52–54. 358  Vgl. Tommaso Campanella, Civitas Solis, Frankfurt 1623; id., Die Sonnenstadt, übers., hrsg. u. mit einem Nachwort versehen v. Christiane Wyrwa, München 1988, S. 6. Vgl. a. id., Der utopische

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Staat, übers. u. mit einem Essay hrsg. v. Klaus J. Heinisch (Rowohlts Klassiker der Literatur und der Wissenschaft. Philosophie des Humanismus und der Renaissance, Bd. 2), Hamburg 1960 (Reprint 1993). 359  Vgl. Neuber 2003, S. 11 f., u. Michael Winter, Compendium Utopiarum. Typologie und Bibliographie literarischer Utopien, Teilbd. 1: Von der Antike bis zur deutschen Frühaufklärung (Repertorien zur deutschen Literaturgeschichte, Bd. 8), Stuttgart 1978 (zugl. Diss. Univ. Saarbrücken 1978), S. 55 f. – Zur Tradition kreisförmiger Idealstadtgrundrisse: Hub 2009b. 360  Campanella, Sonnenstadt, ed. Wyrwa 1988, S. 6. 361  Cosgrove 1993, S. 86: „I progetti più radicali per realizzare geograficamente la perfezione di Venezia furono esplicitamente teatrale. Essi furono proposti dal Alvise Cornaro intorno al 1560 con lo scopo di modificare i corsi dei fiumi che sfociavano nella laguna, di chiudere tutti le bocche lagu­ nari eccetto quella del Lido, di circondare Venezia con un’orditura circolare di baluardi in modo tale da rendere la sua forma più regolare e più conforme agli frequenti progetti contemporanei ispirati alla città ideale rinascimentale. In seguito, egli propose di costruire un teatro, in stile classico romano, isolato, proprio nella parte centrale del bacino di San Marco, finalizzato all’istruzione morale e al divertimento di tutti i cittadini.“ Vgl. Tafuri 1984a, S.  46  f. u. Cosgrove 1993, Kap. IX, sowie Urban 1966, S. 137–146; Barbieri 1980, S.17–26. – Weitere Beispiele von erdichteten insulae amoenae und kreisrunden Idealstädten finden sich bei Goebel 1971. 362  Vgl. Tafuri 1984a, S. 42 ff. u. Cosgrove 1993, S. 86. 363  Klaus Minges, Das Sammlungswesen der frühen Neuzeit. Kriterien der Ordnung und Spezialisierung, Münster 1998 (zugl. Diss. Univ. Freiburg 1993), S. 59, mit Bezug auf die einschlägigen Kapi­ tel bei Frances A. Yates, The Art of Memory, Chicago u. London 1966, S. 130 ff. 364  Vgl. Yates 1966, S.  134, Anm.  20. Zu Camillos theatro della memoria siehe außerdem die gehaltvollen Ausführungen von Gianfranco Miletto, Glauben und Wissen im Zeitalter der Reformation. Der salomonische Tempel bei Abraham ben David Portaleone (1542–1612), Berlin u. New York 2004 (zugl. Habilitationsschrift Halle und Wittenberg 2003), S. 69–88. 365  Minges 1998, S. 60, vgl. die Rekonstruktion von Yates 1966, S. 134. 366  Ibid. Zur Vorgeschichte des Topos des „Welttheaters“: Curtius 1948, S. 148–154 367  Jüngst hat D’Evelyn der „City as Theatre“ in der venezianischen Architektur und Architek­ turtheorie des Cinquecento ein Kapitel ihrer Studie über Palladio in Venedig gewidmet, mitsamt einer kargen Bibliographie: D'Evelyn 2012, S. 265–303, (Kap. „The City as Theatre“). 368  Siehe Burns 1999 u. Howard Burns, „Gardens“, in: Beltramini/Burns 2008, S. 136–145. 369  Vgl. Gabriele Capecchi, Il Giardino di Boboli. Un anfiteatro per la goia dei granduchi, Florenz 1993. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die halbrunden Garten- und Hofanla­ gen des Manierismus. Vgl. zur Villa Giulia und weiteren Bauten des Cinquecento im Zusammen­ hang mit Camillos Idea del Teatro: Minges 1998, S. 60 ff. 370  Heute befinden sich die Veduten im Florentiner Museo Firenze com’era. Siehe zu Utens’ Ansichten medicäischer Villen einführend Daniela Mignani, Le Ville Medicee di Giusto Utens, Flo­ renz 1980. 371  Vgl. in der vorliegenden Studie S. 120–21. 372  Der Brief Jacopo Bonfadios von August 1541 ist abgedruckt in id., Le lettere e una scrittura burlesca. Edizione critica con introduzione e commento di Aulo Greco (L’ Ippogrifo, Bd. 14), Rom 1978, S. 93–98, das Zitat S. 96. Er wurde laut Aulo Greco (ibid., S. 47) erstmals veröffentlicht in: Lettere volgari di diversi nobilissimi hvomini, et eccelentissimi ingegni, scritte in diverse materie, nuou­ amente ristampate, e in piu luoghi corrette, 3 Bde., Venedig: [Antonio u. Paolo] Manuzio 1542–48, Bd. 1: Venedig 1545, fol. 9–12 (mehrere Neuauf lagen zwischen 1547 u. 1567: vgl. ibid., S.  47).

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Siehe etwa Lettere volgari di diversi nobilissimi hvomini, et eccelentissimi ingegni, scritte in diverse materie, nuouamente ristampate, e in piu luoghi corrette, 3 Bde., Venedig: [Antonio u. Paolo] Manuzio 1542–1548, Bd. 2: Venedig 1548, fol. 8 verso–11 verso, fol. 10 verso (geprüft online: Digitalisat der BSB München). Vgl. a. Giuseppe Barbieri, La nascita della ‚terza natura‘. I nomi del giardino e il rapporto con la natura alla metà del Cinquecento, in: Arte/Documento 6 (1992), S. 135– 138; John Dixon Hunt, The idea of the garden, and the three natures, in: Joachim Wilke / Kulturamt der Landeshauptstadt Stuttgart (Hrsg.), Zum Naturbegriff der Gegenwart (problemata, Bd. 133), 2 Bde., Stuttgart 1994, Bd. 1, S. 304 –325. 373  Vgl. Vitruv, Architectura, ed. Barbaro 1567 (1997), fol. a2. – Cicero bezieht in De natura deorum II, 152 seinen Begriff einer „zweiten Natur“ („altera natura“; Cicero, De natura deorum, ed. Gerlach/Bayer 1990, S. 326 f.) auf die „cultural landscape“ von Landwirtschaft und Verkehrswe­ gen (so Hunt 2003, S.  312); bei Bonfadio und, wie im Folgenden gezeigt wird, für Bartolomeo Taegio, meint „seconda natura“ im weiteren Sinne auch den Bereich der menschlichen Künste und Kultur insgesamt. 374  Bonfadio 1978, S. 96. 375  Claudio Tolomei, Sette libri delle lettere, Venedig: Gabriel Giolito de Ferrari 1565, S. 41 (zitiert nach Digitalisat Univ. Complutense Madrid). 376  Bartolomeo Taegio, La villa. Un dialogo, Mailand 1559, wiederabgedruckt in: Cesare Mozza­ relli, L’antico regime in villa. Con tre testi milanesi, Rom 2004, S. 49–162, das Zitat S. 98. Siehe auch Fritz Barth, Die Villa Lante in Bagneia, London u. Stuttgart 2001 (zugl. Diss. ETH Zürich 2001), S. 282, Anm. 7. 377  „[…] ne le man vostre vive occulta l'Idea d'una nuova natura“ (Pietro Aretino, Lettere, Libro III, hrsg. v. Paolo Procaccioli [Edizione Nazionale delle Opere di Pietro Aretino, Bd. IV, 3], Rom 1999, No. 191, Hervorhebung von G. B.). Siehe auch Battisti 1972. Der Titel dieses bereits ange­ führten Aufsatzes Battistis ist programmatisch: „Natura artificiosa to natura artificialis“. 378  Vgl. John Brinckerhoff Jackson, Discovering the Vernacular Landscape, New Haven 1984. 379  Vgl. Battisti 1972, S. 1–36. 380  Vgl. zur Blickführung in römischen Villen und Gärten des Manierismus: Knopp 1966 u. Azzi Visentini 1997. Zur Villa Giulia und ihrem topographischen Kontext: Quast 1994. 381  Vgl. in der vorliegenden Studie Anm. III.323 u. Allekotte 2005, S. 75 f.: „Gemäß dem Plan U 314 A eröffnet sich dem Besucher [von Raphaels Villa Madama, G. B.] gleich beim Betreten der Anlage ein perspektivisch durch die reiche Raumfolge der Längsachse geführter Durchblick bis in den Garten am gegenüberliegenden Ende. In der Mitte des Rundhofes tritt dann – ganz im plinia­ nischen Sinne – eine zweite Blickachse gen Nordosten auf das Tibertal hinzu, die zugleich die bis dahin gegebene Dominanz der Längsachse neutralisiert. Eine nicht weniger eindrucksvolle Raum­ inszenierung sollte sich dem Zuschauer vom höchsten Punkt des hangseitigen Theaters darbieten, welches im Entwurf den Ausgangspunkt der Querachse markiert. Der Rekonstruktion von Wolf­ gang Jung zufolge hätte der Blick die Bühnenbauten, den runden Hof und das Treppenhaus durch­ wandert, um schließlich in der Mittelarkade der Talloggia und dem dahinterliegenden Tibertal zu münden. Architektur und Landschaft wären somit zur dauerhaften Theaterkulisse geworden.“ 382  Zwei klassische Studien: Erwin Panofsky, Idea. Ein Beitrag zur Begriffsgeschichte der älteren Kunsttheorie, 2. verb. Auf lage, Berlin 1960 (1. Auf lage 1924); Blumenberg 1981 (1957), S. 55–103, bes. S.  55–59 über „Vorahmung“ vs. Nachahmung. Kürzlich zur Aufwertung der inventio in der römischen Hochrenaisance: Anne Bloemacher, Raphael and Marcantonio Raimondi. The Empty Tablet as a Plurivalent Sign, in: Chicago Art Journal (2008), S.  20– 41. – Nach Vasari hatte bereits Raphael „sogar die Natur […] durch seine Farben besiegt“ (Giorgio Vasari. Kunsttheorie und Kunstgeschichte. Eine Einführung in die Lebensbeschreibungen berühmter Künstler anhand der Proemien,

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übers. v. Viktoria Lorini, hrsg. v. Mattheo Burioni u. Sabine Feser, Berlin 2004, S.  101 [Proemio della terza parte delle vite]). Vgl. a. Blum 2014c. 383  Vgl. Barth 2001. 384  Vgl. zu diesem Begriffspaar: Battisti 1972. 385  Gegen diese Behauptung von André Corboz, Per un’ analisi psicologica della villa palladiana, in: Bollettino del C.I.S.A. [Centro Internazionale di Studi di Architettura] Andrea Palladio 15 (1973), S. 249–266, hat sich schon Kurt W. Forster, Is Palladio’s Villa Rotonda an Architectural Novelty?, in: id. u. Martin Kubelik (Hrsg.), Palladio: ein Symposium, Rom 1980, S.  27–34, S.  27 ff., ausgespro­ chen. 386  Vgl. Merz 2001, S. 69. Zu den Rombesuchen Palladios und seinem Besuch in Palestrina im Jahr 1547: Beltramini 2009a, S. 44 f. 387  Palladio hat dessen Grundriss in einer Zeichnung interpretiert (London, Royal Institute of Architects, IX/12). 388  Vgl. Wolfgang Lotz, La Rotonda. Edificio civile con cupola, in: Bollettino del Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio 4 (1962), S. 69–73. 389  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, I, XXVII, S. 61. 390  Kurt W. Forster hat außerdem auf einen profanen Zentralbau des Mittelalters als mögliche Quelle der Rotonda hingewiesen: die in der erweiterten, dritten  Auf lage von Leandro Albertis Descrittione di tutta Italia von 1561 ausführlich beschriebene Zisa in Palermo, ein palatium der normannischen Könige. Siehe Forster 1980. Zur Zisa: Hans-Rudolf Meier, Die normannischen Königspaläste in Palermo. Studien zur hochmittelalterlichen Residenzbaukunst (Manuskripte für Kun­ stwissenschaft in der Wernerschen Verlagsgesellschaft, Bd. 42) Worms 1994 (zugl. Diss. Univ. Basel 1992). 391  Vgl. Blum 2007 u. id. 2014. 392  Vgl. die Illustration in Cosimo Bartoli, Del modo di misurar le distantie, le superficie […] e tutte le altre cose terrene, che possono occorrere a gli huomini. Secondo le vere regole d’Euclide et de gli altri lodati scrittori, Venedig 1564 (Reprint Portland 1972), fol. 97 recto. Siehe zu Bartolis Über­ setzung von Albertis Architekturtraktat S. 38 f. der vorliegenden Studie. 393  Robert Streitz, La Rotonde et sa géométrie, Paris 1973, Taf. 3. 394  S. in der vorliegenden Studie Abb. 37c u. Abb. 61. 395  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, II, 6 u. Hub 2009b. 396  Zur Bedeutung von Kreis und Quadrat in der ars memorativa: Prinz 1980, u. besonders Gor­ mans 1999. Zur Bedeutung von Kreis und Quadrat in Diskursen des 16.  Jahrhunderts: Charles Burroughs, Palladio and Fortune. Notes on the Sources and the Meaning of the Villa Rotonda, in: Architectura. Zeitschrift für Geschichte der Baukunst 18 (1988), S.  59–91, u. Hub 2009b (mit Bibliogra­ phie zur Ikonologie von Kreis und Quadrat). 397  Vgl. Kurt Jauslin, Ein Haus für Canonicus Almerigo. Palladios Villa Rotonda als Rekonstruktion des Ästhetischen, Dortmund 1995; Naredi-Rainer 1999, S.  66–69. Semenzato 1968, S.  94, deutet den Kubus als „simbolo della terra“ (vgl. dagegen allerdings Palladio, Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, XXIII, S. 90) und die Kugel als „simbolo del cielo“. Burroughs 1988, S. 59–91, bietet eine geist­ volle Interpretation der Rotonda als Symbol einer fortuna stabilis, die in der ikonologischen Ausdeu­ tung geometrischer Formen sehr weit geht. Die Freskendekorationen anderer Villen Palladios bieten Ansatzpunkte für eine Interpretation des quadratischen Baukörpers der Villa im Sinne Semenzatos (siehe die Darstellungen der vier Elemente und Weltteile und deren kreuzförmiges Dispositions­

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schema in Fresken der Villa Barbaro und der Villa Emo). Auf die Fresken der Rotonda und ihre pro­ blematische Chronologie und Interpretation kann hier nicht eingegangen werden. 398  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, II, 6. 399  Siehe Burroughs 1988, S.  87, zu Pierio Valerianos Erörterung der verschiedenen allegori­ schen Bedeutungen von Kreis und Kugel in seinen Hieroglyphica (vollst. Erstausgabe Basel 1556, kurz zuvor Teilausgabe Florenz: Torrentino 1556). 400  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, IV, X, S. 36. 401  Ibid., IV, XXIII, S. 90. 402  Vgl. Alberti, De re aedificatoria VII, 3. 403  Lotz 1962. 404  Vgl. Wittkower 1983 (engl. Erstausgabe London 1949) und schon zuvor, sich auf seinen Lehrer Wittkower berufend: Colin Rowe, The Mathematics of the Ideal Villa [1947], wieder abge­ druckt in: id., The Mathematics of the Ideal Villa and Other Essays, Cambridge (Mass.) 1976, S. 11–34. Vgl. Lionel March, Architectonics of Humanism. Essays on Number in Architecture, London 1998, S.  242–266; Branco Mitroviˇc, A Palladian Palinode. Reassessing Rudolf Wittkower’s Architectural Principles in the Age of Humanism, in: Architectura 31 (2001), S. 113–131. Vgl. a. Werner Oechslin, ‚Out of History‘? – Peter Eisenmans ‚Formal Basis of Modern Architecture‘, in: id. (Hrsg.), Peter Eisenman. Die formale Grundlegung der modernen Architektur, Zürich u. Berlin 2005, S.  12–64, bes. S. 20–26; Francesco Benelli, Rudolf Wittkower studioso delle Ville di Palladio, in: Franco Barbieri et al. (Hrsg.), Palladio. 1508–2008. Il simposio del cinquecentenario, Venedig 2008, S. 49–55; Niebaum 2008, S. 243–256; id. 2014. 405  Vgl. Wittkower 1983, bes. S. 83–86. 406  Bentmann/Müller 1992. 407  Vgl. Deborah Howard u. Malcom Longair, Harmonic Proportion and Palladio’s ‚Quattro Libri‘, in: Journal of the Society of Architectural Historians 41 (1982), S.  116–143; Branco Mitroviˇc, Palladio’s Theory of Proportions and the Second Book of the ‚Quattro Libri dell’Architettura‘, in: Journal of the Society of Architectural Historians 49 (1990), S. 279–292; George L. Hersey u. Richard Freed­ man, Possible Palladian Villas, Cambridge (Mass.) 1992; Jauslin 1995; Diego H. Feinstein, Palladio und das Problem der musikalischen Proportionen in der Architektur, in: Erik Forssman (Hrsg.), Palladio: Werk und Wirkung, 2. Auf lage, Freiburg i. Br. 1999, S. 83–112. 408  Vgl. Jean-Marc Bonhôte, Résonance musicale d’une villa de Palladio, in: Musica disciplina 25 (1971), S. 171–176; Streitz 1973; Malcolm/Longair 1982. Vgl. a. o. Anm. 503. – Auf Abweichun­ gen zwischen den in den Quattro Libri genannten Proportionen und den tatsächlichen Maßen der Villa Rotonda weist bereits Ottavio Bertotti Scamozzi, Il Forestiere 1761, S. 30–37 hin. 409  Vgl. Alina A. Payne, Rudolf Wittkower and architectural principles in the age of modernism, in: Journal of the Society of Architectural Historians 53 (1994), S. 322–342. Ebenfalls kritisch zu Witt­ kowers kosmologischer Interpretation des Zentralbaus: Niebaum 2008, S. 243–256 und id. 2015. 410  Wittkower 1983, S. 61. 411  Siehe S. 128–130 und Anm. II.475 der vorliegenden Studie. 412  Diese Beobachtung verdanke ich freundlicher mündlicher Mitteilung von Kurt W. Forster. Auch die Ansichtsseiten der Kamine im Inneren sind auf die Nordost-Südwest-Achse hin ausge­ richtet (diesen Hinweis wiederum verdanke ich Conte Mario Valmarana). Die Faunsmaske ist jedoch auf den heutigen Haupteingang hin orientiert; sie kann allerdings gedreht worden sein. Für die Tatsache, dass die aufgeschüttete Rampe, die vom Bacchiglione auf die Nordost-Loggia führt, der ursprüngliche Hauptzugang gewesen ist, spricht auch die geschilderte ‚szenographische‘ Ein­

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bindung der Nordost-Ansicht in eine Kulisse abfallender Hügel, welche diese Fassade symme­ trisch flankieren. Gegen den Bacchiglione-Zugang als ehemaligem Haupteingang scheinen jedoch die schmaleren Gangbreiten der nach Nordosten ausgerichteten Achse zu sprechen. − Die von den Capra wohl in der ersten Hälfte des 17.  Jahrhunderts angebrachte Inschrift der Nordwest-Loggia zeichnet diesen heutigen Haupteingang als solchen aus (siehe Mario Saccardo, Odorico e Mario Capra committenti del perfezionamento della Rotonda, in: La Rotonda 1988, S.  41– 43, S.  42, Anm. 10). Die Inschrift deutet den Ausblick von der Villa als Herrschaftsblick über den Landbe­ sitz. – Zur Baugeschichte der Portiken der Rotonda vgl. Kubelík/Goedicke/Slusallek 2003. 413  Laut einem Besitzinventar der Familie Capra war das Wirtschaftsgebäude rechts des heuti­ gen Aufgangs zur Villa (eine sog. Barchessa) im Jahr 1609 bereits fertiggestellt. Vgl. Puppi 2000, S.  497. Nach Puppi, ibid., S.  383, „könnte man vielleicht sogar annehmen, dass der Entwurf der Barchessa auf Vincenzo Scamozzi zurückgeht, die dem palladianischen Denken ja ebenfalls fremd ist, und im übrigen tiefer liegt und vom Hauptgebäude separiert ist.“ Bereits Muttoni 1740– 48, Bd. 1, Kap. VIII, S.  12, hält die Barchessa für eine gelungene Erfindung Scamozzis, weil sie die Aussicht („veduta“) auf das Hauptgebäude unbehindert lasse und die Schönheit („venustà“) der Rotonda nicht störe. – Für eine Zuschreibung der Konzeption der Barchessa an Scamozzi spricht zudem, dass Scamozzi im ersten Nachfolgebau der Rotonda, seiner Rocca Pisana, die Mehransich­ tigkeit des Zentralbaukörpers zugunsten der Betonung einer Hauptansicht reduziert (so Rainald Franz, Vincenzo Scamozzi (1548–1616). Nachfolger und Vollender Palladios, Petersberg 1999, S.  25  f.). Laut Martin Kubelik, dem ich für mündliche Auskünfte danke, wurde die Rotonda erst 1606–1608 durch Scamozzi weitgehend fertiggestellt; vgl. Kubelík/Goedicke/Slusallek 2003. 414  Vgl. Wundram/Pape 1988, S. 195 f. 415  Vgl. zu diesem heute verstellten Ausblick auch Ruffinière Du Prey 1994, S. 17. 416  Da die Landschaft um die Villa bisher in ihren Grundzügen weitgehend unverändert geblie­ ben ist, wären die von Palladio beschriebenen Ausblicke durch eine Ausdünnung des neueren Baumbestandes leicht wiederherzustellen. 417  Zu den Abweichungen des Baus zu den im Holzschnitt der Quattro Libri eingezeichneten Proportionen siehe Bonhôte 1971; Howard/Longair 1981; Mitroviˇc 1990; Feinstein 1999. 418  Eine Begriffsprägung von Chris Fitter. Siehe Fitter 1995, S.  19 u. passim – In den näheren intellektuellen Umkreis Palladios hat nach Manfredo Tafuri die neue, heliozentrische Kosmologie des Cinquecento kaum Eingang gefunden; s. hierzu Tafuris Vorwort zu Vitruv: Vitruv, Architettura, ed. Barbaro 1567 (1997), S. XXVIII–XXXI. 419  Vgl. zu neuen Modi der Landschaftswahrnehmung in der italienischen Renaissance: Ernst Cassirer: Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance (Studien der Bibliothek War­ burg, Heft 10), Leipzig u. Berlin 1927 (hier zitiert nach Reprint Darmstadt 1987), S. 152 ff. u. in der vorliegenden Studie Anm. 16. – Die Beziehungen der Rotonda zu Belvedere-Loggien der ita­ lienischen Renaissance (s. o. Anm.  89 f.) bedürften einer näheren Untersuchung. Denkbar wäre ein Rückgriff auf die sog. Vedetta von Girolamo Gengas Villa Imperiale in Pesaro und auf den Ent­ wurf einer Gartenloggia von Francesco di Giorgio Martini im Codex Saluzzianus 148 der Bibliote­ ca Reale in Turin, fol. 25. (Nach Terwen-Dionisius 1994, Anm. 27, hatte Daniele Barbaro Abschrif­ ten nach Francesco di Giorgio Martini in seinem Besitz.) Zur Villa Imperiale: Catherine King, Architecture, gender and politics: the Villa Imperiale at Pesaro, in: Art History 29 (2006), S. 796−826, S.  964−965. Jan Pieper, Die Doppelvilla der Imperiale. Römische Hochrenaissance im Herzogtum Urbino, Aachen 2012. − Vgl. zur Geschichte des Garten-Belvedere: Knopp 1966; Stanley 1980; Elling 1950. Siehe auch Merz 2001, S.  80 (dort Hinweis auf die Vedetta der Villa Imperiale bei Pesaro) u. die wichtigen Ausführungen von Allekotte 2005, Kap. II (S. 73–133). 420  Der Brief des Viglius Zuichemus an Erasmus datiert vom 8. Juni 1532 (vgl. Opus epistolarum Desiderii Erasmi Roterdami, hrsg. v. Percy Stafford Allen, Oxford 1906–58, 12 Bde., Bd. 10: 1532– 1534 (1941), S. 29).

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421  „Hoc autem theatrum suum auctor multis appellat nominibus, aliquando mentem et ani­ mum fabrefactum, aliquando fenestratum: fingit enim omnia quae mens humana concipit, quaeque corporeis oculis videre non possumus, posse tamen diligenti consideratione complexa signis deinde quibusdam corporeis sic exprimi, utunusquisque oculis statim percipiat quicquid alioqui in profundo mentis humanae demersum est. Et ab hac corporea etiam inspectione thea­ trum appellavit.“ Zitiert nach: Opus epistolarum Desiderii Erasmi Roterdami, hrsg. v. Percy Stafford Allen, Oxford 1906–58, 12 Bde., Bd. 10: 1532– 1534, Oxford 1941, S. 29–30. Die Übersetzung wird hier zitiert nach Frances A. Yates, Gedächtnis und Erinnern. Mnemonik von Aristoteles bis Shakespeare, Berlin 2001, S.  124  f. [kursive Hervorhebung von G. B.]. In der Erstausgabe: Yates 1966, S. 132. 422  Vgl. Merz 2001, S. 69 ff.; Paolo Fancelli, Palladio e Praeneste. Archeologia, modelli, progettazione, Rom 1974; Puppi 2000, S.  388. Dagegen datiert Burns 1999, S.  72, Fig. 20, die Zeichnung London, R.I.B.A X/16 auf die Jahre 1545– 47. Burns weist darauf hin, dass Palladio die gesamte Tempelanlage des Hercules Victor für einen Wohnkomplex gehalten habe und den eigentlichen Tempelbau für den Palast (ibid., S. 61). 423  Die Zeichnung befindet sich ebenfalls in London in der Sammlung des Royal Institute of British Architects, RIBA IX/8 (vgl. Merz 2001, S. 62 ff.). 424  Vgl. hierzu ibid., S.  80. Puppi 2000, S.  385 u. S.  388, interpretiert die Zeichnung als Dar­ stellung des Grundrisses des Tempels des Hercules Victor in Tivoli und verweist auf die kontrover­ se Deutung des Blattes in der Forschung. 425  Lage und Ausblicke seiner Villa Trissino in Meledo, deren Grundriss große Ähnlichkeiten mit jenem der Rotonda aufweist, beschreibt Palladio in ähnlicher Weise wie seine Villa Rotonda: „Il sito è bellissimo: percioche è sopra uno colle, il quale è bagnato da un piacevole fiumicello, & è nel mezo di una multo spaziosa pianur & à canto ha un assai frequente strada […] Et perche ciascuna faccia ha bellissime viste, vivanno quattro loggie di ordine Corinthio […]“ (Palladio: I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. 15, S.  60). Vgl. Palladio, Die Vier Bücher, ed. Beyer/ Schütte 1988, Buch II, Kap. 15, S. 181: „Die Lage ist wunderschön, da es auf einem Hügel, der von einem kleinen Fluss gestreift wird, inmitten einer weitläufigen Ebene liegt und an seiner Seite eine ziemlich befahrene Strasse vorbeiführt. […] Da eine jede Seite herrliche Ausblicke bietet, sind vier Loggien von korinthischer Ordnung an ihren vier Seiten angebracht.“ 426  Burroughs 1988, S. 59 91 u. S. 62–64. Vgl. a. Lynda Fairbairn in: Boucher/Burns/Fairbairn 1975, S. 199. 427  Giovanni Mantese, Paolo Almerigo, committente della Rotonda, in: La Rotonda 1988, S.  29– 41, S. 33. Im Anschluss an Palladios Quattro Libri verwende ich die Schreibweise Almerico. 428  Andrea Palladio, Le antichità dell‘alma citta di Roma: raccolte brevemente da molti autori antichi e moderni; aggiuntovi un discorso sopra i fuochi de gli antichi, Venedig 1554, nennt in seinem Vor­ wort an die Leser (fol. 1 recto) als seine antiken Quellen Dionysius von Halikarnassos, Livius, Plinius, Plutarch, Appian von Alexandria, Valerius Maximus, Eutropius. Vgl. zu den Quellen von Andrea Palladio, Le antichità di Roma 1554, fol. 1 verso–3 verso, wo er über die Gründung und frühe Gestalt von Rom handelt: Vaughan Hart u. Peter Hicks (Hrsg.), Palladio’s Rome: a Translation of Andrea Palladio’s Two Guidebooks to Rome, New Haven u. London 2006, Introduction, S. XLV u. ibid., S. 193, Anm. 9. 429  Vgl. Varro, De lingua latina V, 45; Plutarch, Vita des Romulus IX; und die detaillierte Zusam­ menstellung der antiken Quellen bei Müller 1961, S. 22–35. 430  Vgl. Varro, De lingua latina V, 143; Livius, Ab urbe condita I, 44, 4; Plutarch, Quaestiones romanae 11. 431  Plutarch, Quaestiones romanae 11 sowie die bei Müller 1961, S. 24 f. genannten Belegstellen.

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432  Allerdings vertritt Palladio am Anfang seines Buches L’antichità di Roma die Auffassung, die Roma quadrata des Romulus habe nur drei Tore besessen: Andrea Palladio, Le antichità di Roma, 1554, fol. 2 recto (Bii)  f.; id., L’antichità di Roma, 1567 [Reprint] (La biblioteca perduta, Bd. 16), hrsg. v. Francesco Paolo Fiore, Mailand 2006, fol. 2 recto; Hart/Hicks 2008, S. 12. Die Motive der Roma quadrata und des kreisrunden pomerium sind bei dem von Palladio angeführten Plutarch nicht kohärent verbunden: so Schabert 1997, S.  52 ff. Zur legendären Gründung der Stadt Rom vgl. a. Müller 1961, S. 52; Rykwert 1976; Grandazzi 1992; Jacks 1993; Fraschetti 2002. Kürzlich: Bogen/Thürlemann 2009, S, 14 f. u. Hub 2009b, Anm. 76. 433  Burroughs 1988, S. 89. 434  Vgl. Jefferson: Project for President’s House, ca. 1792 (Kimball 126), Boston, Massachusetts Historical Society, Coolidge Collection of Thomas Jefferson Manuscripts. Vgl. Egon Verheyen: ‚The Splendor of its Empire‘: Reconsidering Jefferson’s Role in the Planning of Washington, in: Erich Hubala u. Gunter Schweikhart (Hrsg.), Festschrift Herbert Siebenhüner zum 70. Geburtstag am 10. März 1978, Würzburg 1978, S. 183–206. Zu Palladio und Jefferson: Kurt W. Forster, Thomas Jefferson (1743–1826), in: Beltramini/Burns 2008, S. 398 f. 435  Vgl. Plinius, Epistulae II, 17, 7. Siehe in der vorliegenden Studie S.  157 sowie S.  88, 121 f., 208, 212. 436  Vgl. Varro, De lingua latina VII, 8 u. V, 143; Livius, Ab urbe condita I, 18, 7–10. Vgl. zu wei­ teren römischen Quellen Cancik 1985/86, S.  250–265, sowie Müller 1961, S.16 ff.; Rykwert 1976; Riedel 1997, S. 77–108. 437  Vgl. Mantese 1988, S. 29– 41, S. 29. 438  Battilotti 2000, S. 497; vgl. Donata Battilotti, Nuovi documenti per Palladio con un’aggiunta archivistica al Fasolo, in: Arte Veneta 31 (1977), S. 232–239, S. 234, u. Mantese 1988, S. 29 ff. 439  Vgl. Burns 2005, S. 65–103, S. 97 (mit bibliographischen Angaben). 440  So jüngst Christoph Weber, Die päpstlichen Referendare 1566–1809. Chronologie und Prosopographie (Päpste und Papsttum, Bd. 31), 3 Bde., Stuttgart 2003/04, Bd. 1, Stuttgart 2003, S. 401, der Almerico, der aus einer bereits im Spätmittelalter prominenten Vicentiner Familie stammte, fälschlich mit einer Herkunft aus Cesena versieht. Siehe zu Almerico den wichtigen Beitrag von Mantese 1988. Herman H. Schwedt danke ich für freundliche Hinweise. 441  Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. III, S. 18. 442  Von diesen ist in den Quattro Libri ausdrücklich die Rede (ibid.). 443  Vgl. Cosgrove 1998, S. 124 ff. Vgl. auch Puppi 2000, S. 7–27. 444  Siehe: Giuseppe Faggin, Giangiorgio Trissino e L’Impero, in: Neri Pozza (Hrsg.), Convegno di studi su Giangiorgio Trissino (Vicenza 31 marzo – 1 aprile 1979, Accademia Olimpica), Vicenza 1980, S.  23–37; Barbieri 1980; Frances A. Yates, Astrea. L’idea di impero nel Cinquecento, Turin 1978; Uta Barbara Ullrich, Der Kaiser im ‚Giardino dell’ Impero‘. Zur Rezeption Karls V. in italienischen Bildprogrammen des 16. Jahrhunderts (Humboldt-Schriften zur Kunst- und Bildgeschichte, Bd. 3), Berlin 2006 (Kap. III.3. „Karl V. in der Provinz: Vicenza“), S.  217, Anm.  108; James S.  Grubb, Firstborn of Venice: Vicenza in the Early Renaissance State, Baltimore et al. 1988. – Die Erstausgabe von Giangiorgio Trissinos Italia liberata (Rom 1547) ist Karl V. gewidmet (s. Wittkower 1983, S. 52; Barbieri 1980, S. 210). 1530 darf Trissino bei der Krönung Karls in Bologna im engsten Kreis assistieren und den Krönungsmantel halten (Barbieri 1980, S.  196). Auf die Beschreibung des Schlosses der Acratia in Trissinos Italia liberata und auf ihre Bedeutung für Palladios Villa Roton­ da siehe in der vorliegenden Studie S. 126 f. Vgl. zur Trissinos Architekturbeschreibungen einfüh­ rend: Goebel 1971, S. 77–79, sowie Lionello Puppi (Hrsg.), Scrittori vicentini d’architettura del secolo XVI (G. G. Trissino, O. Belli, V. Scamozzi, P. Gualdo), Vicenza 1973.

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445  Siehe zu den Repräsentationen antiker topographischer Sehenswürdigkeiten bzw. von Pro­ vinzen des römischen Reiches in der Hadriansvilla bereits Flavio Biondos Italia illustrata (Erstaus­ gabe 1474): Biondo 2005, Bd. 1, S. 137 (Regio 3, 32). Vgl. auch Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, hier Bd. 1 (= „Parte I“), Lib. II, Cap. VI, S.  116 („[…] la famosa Villa d’Adriano Imperatore: ove imitando tutte le provincie dell’Imperio fece sontuosissimi edifici […]“). Vgl. hierzu Klaus Stähler, Saturnia terra. Bilder heiliger Landschaften, in: Johannes Hahn u. Christian Ronning (Hrsg.), Religiöse Landschaften (Alter Orient und Altes Testament, Bd. 301), Münster 2002, S. 105 f., u. S. 124. – Zu Palladios Besuchen in Rom und Umgebung (1541, 1547, evtl. 1549, u. 1554) und zu seinen Zeichnungen nach der Hadriansvilla vgl. o. Anm. II. 386 sowie Beltrami­ ni 2009, S. 44 f. u. S. 117 sowie Lewis 2000. 446  Vgl. Smienk/Niemeijer 2011, S. 12 u. 118–131, besonders Abb. S. 128 oben (siehe auch die dt. Ausgabe Smienk/Niemejer 2012, S. 12 u. 118–131). 447  Vgl. ibid. 448  Vgl. Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1 (= „Parte I“), Lib. III, Cap. XIII, S. 272. 449  Ibid. 450  Zu Palladio und Alvise Cornaro vgl. Puppi 2000, S.  12 ff., u. Annalisa Tessarolo, Socrate, Alvise Cornaro, Andrea Palladio…: Virtù dell’agricoltura nella tradizione economica, in: Studi veneziani N.S. 30 (1995), S. 153–165. Jüngst Sören Fischer, Das Odeo Cornaro, die Villa Farnesina und der Oecus kyzikenos: Wandmalerei und Architektur im Spannungsfeld zwischen vitruvianischer Text­ exegese und Interpretation, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 77 (2014), S. 199–220. 451  Diese Beobachtung verdanke ich einem freundlichen Hinweis von Guido Beltramini. 452  Vgl. Gunter Schweikhart, Studien zum Werk des Giovanni Maria Falconetto [1968], in: id., Die Kunst der Renaissance. Ausgewählte Schriften, hrsg. von Ulrich Rehm u. Andreas Tönnesmann, Köln, Weimar u. Wien 2001, S.  3–20, S.  14  f. (Die Villa dei Vescovi habe ursprünglich einen quadratischen Hof im Zentrum besessen und führe eine Zentralbaukonzeption weiter, die in Alvi­ se Cornaros Odeo Cornaro vorbereitet sei). Siehe a. Azzi Visentini 1997, S.  242–246 (mit Biblio­ graphie), bes. S. 245. 453  Vgl. Luchterhand 1996, S. 230–239. 454  Vgl. Burger 1909, S. 108. 455  Vgl. Bernhard Rupprecht, Villa: Zur Geschichte eines Ideals, in: Hermann Bauer et al. (Hrsg.), Wandlungen des Paradiesischen und Utopischen. Studien zum Bild eines Ideals (Probleme der Kunst­ wissenschaft, Bd. 2), Berlin 1966, S.  210–250; Ackerman 1990; Bentmann/Müller 1992 u. Cosgrove 1993, bes. das Fazit S. 323 ff. 456  Vgl. Cosgrove 1998, S. 248 ff. 457  Vgl. Stoichita 1998, S. 52 ff. 458  „(A. M. Tiziano) Avendo io, Signor Compare, con ingiuria de la mia usanza cenato solo; o, per, dir meglio, in compagnia de i fastidi di quella quartana che piú non mi lascia gustar sapore di cibo veruno, mi levai da tavola sazio de la disperatione con la quale mi ci posi. E cosí appoggiate le braccia in sul piano de la cornice de la finestra, e sopra lui abbandonato il petto, e quasi il resto di tutta la persona, mi diedi a riguardare il mirabile spettacolo che facevano le barche infinite, le quali, piene non men di forestieri che di terrazzani, ricreavano non pure I riguardanti, ma esso canal grande ricreatore di ciascun che il solca. E subito che forní lo spasso di due gondole, che con altrettanti bracaiuoli famosi fecero a gara nel vogare, trassi molto piacere del la moltitudine che per vedere la rigatta si era fermata nel ponte del Rialto, ne la riva de i Camerlinghi, ne la Pescaria, nel Traghetto di Santa Sophia, e nel da Casa da Mosto. E mentre queste turbe e quelle con lieto applau­

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so se ne andavano a le sue vie, ecco ch’io quasi uomo che fatto noioso a se stresso non sa che farsi de la mente, non che de i pensieri, rivolgo gli occhi al cielo, il quale da che Iddio lo creò, non fu mai abbellito da cosí vaga pittura di ombre e di lumi. Onde l’aria era tale, quale vorrebbono esprimerla coloro che hanno invidia a voi, per non poter esser voi, che vedete, nel raccontarlo io, imprima i casamenti, che benché sien pietre vere, parevano di materia artificiata; e dipoi scorgete l’aria ch’io compresi in alcun luogo pura e viva; in altra parte torbida e smorta. Considerate anco la maraviglia ch’io ebbi de i nuvoli composti d’umidità condensa. I quali in la principal veduta, mezzi si stavano vicini a i tretti de gli edificii, e mezzi ne la penultima. Peroché la diritta era tutta d’uno sfumato pendente in bigio nero. Mi stupii certo del color vario di cui essi si dimostravano. I piú vicini arde­ vano con le fiamme del foco solare, e i piú lontani rosseggiavano d’uno ardore di minio non cosí bene acceso. O con che belle tratteggiature i pennelli naturali spingevano l’aria in là discostandola da i palazzi co il modo, che la discosta il Vecellio nel far de i paesi. Appariva in certi lati un verde azurro, e in alcuni altri un azurro verde veramente composto da le bizarrie de la natura maestra di i maestri. Ella con i chiari e con gli scuri isfondava e rilevava in maniera ciò che la pareva di rileva­ re e di sfondare, che io, che so come il vostro pennello è spirito de i suoi spiriti, e tre e quattro voltre esclamai: ‚Oh Tiziano, dove sete mo’?‘. Per mia fé che se voi aveste ritratto ciò ch’io vi con­ to, indurreste gli uomini ne lo stupore che confuse me; che nel contemplare quel che v’ho contato, me nutrii l’animo che piú non durò la maraviglia di sí fatta pittura. Di Maggio in Venezia MDXLIIII. Pietro Aretino“ (Aretino an Tizian, Venedig, Mai 1544). Der italienische Text folgt: Aretino, Lettere, ed. Procaccioli 1999, S. 78–80. Grundlegend, von mir zu spät bemerkt: Busch 1999. 459  Die Übersetzung folgt Emil Waldmann, Tizian, Berlin 1922, S. 201 f. Siehe zu diesem Brief Aretinos jüngst: Aleida Assmann, Bilder im Kopf. Präfiguration, Prämediation, Resonanz, in: Gerd Blum et al. (Hrsg.), Pendant Plus. Praktiken der Bildkombinatorik, Berlin 2012, S. 47–63, 55 f. 460  Pevsners Feststellung, dass in „Palladios Landhäusern […] zum ersten Male die Architektur in ihrer engen Beziehung zur Landschaft verstanden und dementsprechend gestaltet worden ist“ (Nicolaus Pevsner, Europäische Architektur, erw. dt. Ausgabe, Darmstadt 1997 [engl. Erstausgabe 1943], S. 180), ist im Hinblick auf die in der vorliegenden Studie erörterten früheren Villen und Residenzen zu relativieren. 461  Vgl. Marjorie H. Nicolson, The Breaking of the Circle. Studies in the Effect of the ‚New Science‘ upon Seventeenth-Century Poetry, New York 1960. 462  Vgl. Prinz 1980 u. Peter Schiller, Sapiens dominabitur astris. Studien über den Zusammenhang von Architektur und Himmelskunde bei Andrea Palladio, Diss. Univ. Freiburg 1985. 463  Vgl. in der vorliegenden Studie Kap. III. 464  Goethe hat in seiner Italienischen Reise über die Verbindung antiker und moderner Motive bei Palladio bemerkt, der Architekt habe Modernes und Antikes „untereinander gearbeitet“ und mache „durch die Gegenwart seiner Werke […] vergessen […], dass er nur überredet.“ Darin liege „die Force des großen Dichters, der aus Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes Dasein uns bezaubert.“ (Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, hrsg. u. komm. v. Her­ bert von Einem [Goethes Werke (Hamburger Ausgabe), Bd. 11], München 1982, S.  53). Vgl. a. Andreas Beyer u. Norbert Miller (Hrsg.), Johann Wolfgang Goethe – Die italienische Reise (Münchner Goethe-Ausgabe, Bd. 15), München u. Wien 1992 u. Andreas Beyer, Kunstfahrt und Kunstgebilde. Goethes Italienische Reise als klassizistische Programmschrift, in: Sabine Schulze (Hrsg.), Goethe und die Kunst (Ausstellungskatalog Frankfurt am Main, Schirn Kunsthalle / Weimar, Kunstsammlun­ gen zu Weimar 21. Mai – 30. Oktober 1994), Ostfildern 1994, S. 447– 454, sowie den Vortrag von Andreas Beyer „Goethe and Palladio. Anatomy of an Admiration“ auf der Tagung What Modern Times have Made of Palladio (Yale School of Architecture, New Haven, 13–14.2.2009). 465  Vgl. Edgar Wind, Zur Systematik künstlerischer Probleme, in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 18 (1925), S. 438– 486. Vgl. Bernhard Buschendorf, Einige Motive im Denken Edgar Winds [Nachwort], in: Edgar Wind, Heidnische Mysterien in der Renaissance, Frankfurt am Main 1987, S. 396– 415.

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466  Vgl. in der vorliegenden Studie Anm. III.407 f. 467  Vgl. Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, II, III, 18. 468  Vincenzo Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1 (= „Parte I“), Lib. III, Cap XIII, S. 272. 469  „Questa fabrica è talmente concertata, che stando nel mezzo della sala si hanno le quattro vedute in croce da quattro gran portoni, e dalla Loggia, e da’Salotti d’ove viene il lume horizonta­ le nella Sala, & anco dal di sopra, e la maggior parte delle apriture d’una faccia incontrano quelle dell’altra: laqual cosa si deve osservare, massime ne`luoghi da diporto; così per le vedute, come per il purificar dell’aria“ (ibid.). 470  Editio princeps: Giangiorgio Trissino, Italia liberata dai Goti, Rom 1547. Das Versepos wur­ de bereits im Jahre 1526 begonnen. – Palladio war Trissino seit 1536 verbunden; er begleitete ihn 1541, 1545 und 1546/47 auf drei Romreisen und 1547 nach Palestrina. Vgl. hierzu Beltramini 2009a, S. 44 f. 471  Giangiorgio Trissino, Italia liberata dai Goti, Lib. V. Hier zitiert nach Giovanni Giorgio Tris­ sino, L’italia liberata dai goti, London/Livorno 1779, S. 161 f. 472  Giangiorgio Trissino: Italia liberata dai Goti, Lib. V. Zitiert nach Trissino 1779, S. 161 f. 473  Übersetzung: Ethel Mense. 474  Eine weitere Ausnahme möglicherweise: Nicodemus Tessin der Jüngere, Entwurf für den Apollo-Tempel im Park von Versailles (1712–1714). Siehe zu diesem Entwurf und zur Rezeption der Rotonda den wichtigen Aufsatz von Cinzia M. Sicca, La fortuna della Rotonda, in: La Rotonda 1988, S. 139–166, S. 157. 475  Vgl. Jean-Nicolas-Louis Durand, Précis des leçons d’architecture données a l’École Royale Politechnique, Paris An XI [=1802], 2. Teil, Taf. 1, o. P. (hier zitiert nach Reprint der Neuausgabe 1819, Bd. 1, Teil 2, Taf. 2, o. P., Unterschneidheim 1975). Vgl. zu Durands Palladio-Rezeption: Werner Oechslin, Palladianismus. Andrea Palladio – Kontinuität von Werk und Wirkung, Zürich 2008, S.  285–296. Zu Ledoux’ Palladio-Rezeption einführend: ibid., S.  19  f., S.  189  f., S.  266, u. Ruhl 2003, S. 178. 476  Vgl. Wittkower 1983 u. obige Anm. 77. 477  Vgl. William J. Mitchell, The Logic of Architecture: Design, Computation and Cognition, Cam­ bridge (Mass.) et al. 1998 (1. Auflage 1990). 478  Vgl. Jens-Oliver Kempf, Die Königliche Tierarzneischule in Berlin von Carl Gotthard Langhans, Berlin 2008 (zugl. Diss. RWTH Aachen 2005); Horst Bredekamp, Die Wissenschaft als Bauherr. Skizzen zur Architekturgeschichte der Humbold-Universität. Kapitel 1: Veterinärmedizin (Vortrag 1998, online: http://edoc.hu-berlin.de/buecher/arthistory/bredekamp-horst/HTML/Brede­ kamp-ch1.html, abgerufen am 30.11.2009). 479  Klaus Jan Philipp, „Teutschgothischer“ versus „ächt antiker“ Geschmack. Die Planungsgeschichte der Grabkapelle auf dem Württemberg bei Stuttgart im Jahr 1819/20, in: Annette Dorgerloh u. Michael Niedermeier (Hrsg.), Klassizismus – Gotik. Karl Friedrich Schinkel und die patriotische Baukunst, München et al. 2007, S. 261–277. 480  Karl Marzell Heigelin, Lehrbuch der höheren Baukunst, 3 Bde., Leipzig 1828–32, hier Bd. 3 (1832), Taf. 5. 481  Vgl. Jürgen Joedicke, Prinzipien der Architektur. Palladio einmal anders gesehen, in: Erik Forssman (Hrsg.), Palladio, Werk und Wirkung, Freiburg (Breisgau) 1997, S. 241–260.

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482  Vgl. Oswald Mathias Ungers, Aphorismen zur Architektur, in: id., Bauten und Projekte 1991– 1998, Stuttgart 1998, S. 8–22, bes. S. 8 (Proportionsstudie zu Palladios Villa Rotonda im Vergleich zu Ungers’ Fassade der Kunsthalle in Hamburg), u. ibid., S. 147–157 (Galerie der Gegenwart, Erweiterung der Kunsthalle Hamburg, 1986–1996). Vgl. a. id., Wettbewerbsentwurf für die Neugestaltung der Museumsinsel, Hamburg (1986), in id., Architektur 1971–1990, mit einem Beitrag von Fritz Neumeyer, Stuttgart 1991, S. 176–179. 483  Vgl. jedoch Ungers’ Wohnhaus in der Südeifel (s. Oechslin 2008, S. 320 [mit Abb.]). 484  Bzw. wörtlich: „el pì bel moello/che fesse mè Pallabio“ (Giovanni Battista Maganza d.Ä. gen. Magagnò, Rime rustiche, Erstausgabe Venedig 1583) hier zitiert nach Giangiorgio Zorzi, Le ville e i teatri di Andrea Palladio, Venedig 1969, S. 134 f. Zorzi benutzte folgende Ausgabe: Giovanni Battista Maganza, Agostino Rava u. Bartolommeo Rustichelli, La quarta parte de le rime di Magagnò, Menon e Begotto in lingva rvstica Padovana, Venedig: Giorgio Bizzardo 1610 (von mir nicht eingesehen). 485  Wahrscheinlich wird hier modello noch ganz pragmatisch als disegno (so: Vocabolario della crusca 1612, s. v. „modello“) und noch nicht als „master-piece“ des Meisters schlechthin verstan­ den. Siehe folgende Anm.  und Vocabolario degli Accademici della Crusca. Riproduzione anastatica della prima edizione Venezia 1612, hrsg. v. Domenico De Martino, Florenz 2008 sowie die OnlineAusgabe: Vocabolario degli Accademici della Crusca, hrsg. v. Paola Barocchi et al. (Florenz: Accade­ mia della Crusca u. Pisa: Scuola Normale Superiore, ca. 2001 [Online-Ausgabe: vocabolario.signum. sns.it]), jeweils ad vocem. 486  John Raymond, An Itinerary Contayning a Voyage, made throuh Italy, in the yeare 1646, and 1647. Illustrated with divers figures of antiquities. Never before published, London 1648, S. 224 f. (Her­ vorhebungen von Raymond). Hingegen wird die Rotonda ohne Rücksicht auf ihre immanente Struktur als Belvedere beschrieben von Francesco Scotto (Scoto), Itinerario delle Regioni d’Italia, Padova 1654, S.  42. Scottos Text ist abgedruckt innerhalb einer vorzüglichen Zusammenstellung früher Erwähnungen und Beschreibungen der Villa Rotonda bei Zorzi 1969, S. 127–142, S. 138. 487  Vgl. Roger Pratt, Of several fair buildings in Italy and France, in: Robert William Theodore Gun­ ther (Hrsg.), The Architecture of Sir Roger Pratt. Charles II’s Commissioner for the Rebuilding of London after the Great Fire. Now Printed for the First Time from the Note-Books, 2. Auflage New York 1972 (1. Auflage 1928), S. 289–292, bes. S. 290 f. 488  Siehe Ruhl 2003, S 269–271. 489  Siehe Bertotti Scamozzi, Il Forestiere 1761, S. 28–30, 38, u. id., Il forestiere istrutto nelle cose più rare di architettura e di alcune pitture della città di Vicenza: arricchito di 36 tavole incise in rame, nuova edizione, Vicenza 1780, S. 27–36. Vom selben Verfasser und ebenfalls sehr einf lussreich: Le fabbriche e i disegni di Andrea Palladio raccolti ed illustrati da Ottavio Bertotti Scamozzi, 4 Bde., Rom 1776–83, Bd. 2 (1778), S.  9–13 u. fig. I–IV (hier zitiert nach Reprint hrsg. v. Rotary Club Vicenza-Berici und Centro Internationale di Studi di Architettura „A. Palladio“, Vicenza 1996 [CD-Rom]). Zu den unterschiedlichen Aussagen beider Auf lagen des Forestiere und zur Themati­ sierung der Villa Rotonda als monadisches Modell und/oder als Belvedere in der älteren PalladioLiteratur habe ich bereits auf der Tagung What Modern Times have Made of Palladio (Yale School of Architecture, New Haven, 13.–14.2.2009) unter dem Titel The Belvedere as Model. Palladio on SiteSpecific-Architecture vorgetragen. Bertotti Scamozzi betont in der ersten Auf lage seines Forestiere, dass die Meisterschaft der Villa Rotonda nicht nur in ihrer „invenzione“ liege (Bertotti Scamozzi, Il Forestiere 1761, S. 38), sondern, dass die Villa sich vortreff lich auf die gegebene topographische „situazione“ beziehe („tanta bene adattata alla situazione“, ibid.). Er betont, dass Palladio ein Architekt gewesen sei „che seppe addatare all’amenità del sito una Fabbrica, che a quello cor­ risponde“ (ibid.). 490  Antonio Magrini, Memorie intorno la vita e le opere di Andrea Palladio. Pubblicate nell’inau­ gurazione del suo monumento in Vicenza li 19 agosto 1845 colla serie di ventisette scritture del medesimo architetto in parte inedite, Padua 1845; Burger 1909.

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491  Vgl. Kemp 2009, S. 372. 492  Vgl. James S. Ackerman, Palladio, London et al. 1966 (zitiert nach Reprint London u. New York 2008), S. 68–73, das Zitat S. 70. Vgl. id., Palladio, 3. Auf lage (mit einer aktualisierten Auswahlbi­ bliographie), London et al. 2008, S. 68–73, das Zitat S. 70. James S. Ackerman danke ich für wich­ tige Hinweise. 493  Vgl. James S. Ackerman, Palladio’s Villas, New York 1967, 16 f., das Zitat S. 17. 494  Forssman 1969; Assunto 1988; Cosgrove 1993 u. 2000. 495  Für wertvolle Hinweise danke ich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung What Modern Times have Made of Palladio (Yale School of Architecture, New Haven, 13.–14.2.2009), und ihren Organisatoren Kurt W. Forster und Daniel Sherer. 496  Zorzi 1969, S. 127–142. 497  Sicca 1988, S. 139–166. 498  Raymond 1648, S.  224  f. (Hervorhebungen von Raymond). Zum römischen Tempel des Janus Quadrifrons und seiner Rezeption: Frank Fehrenbach, Compendia Mundi. Gianlorenzo Berninis Fontana dei Quattro Fiumi (1648–51) und Nicola Salvis Fontana di Trevi (1732–62) (I Mandorli, Bd. 7), München et al. 2008 (teilw. zugl. Habilitationsschrift Univ. Basel 2002), S. 93–96. 499  Vgl. den Titel des Buches von Nicolson 1960: The Breaking of the Circle. 500  Einschlägig: Alexandre Koyré, Von der geschlossenen Welt zum unendlichen Universum, Frank­ furt am Main 1969, Karsten Harries, Infinity and Perspective, Cambridge (Mass.) u. London 2001. Siehe a. Nicolson 1960 sowie Adrian W. Moore (Hrsg.), Infinity (The International Research Library of Philosophy, Bd. 1), Aldershot et al. 1993. Außerdem: David Summers, Horizons, or Infinities Without End / Horizonte oder Unendlichkeiten ohne Ende, in: Eduard Führ (Hrsg.), Himmel und Erde: Festschrift für Karsten Harries, Cottbus 2007 [Elektronische Ressource: http://www.tu-cott­ bus.de/BTU/Fak2/TheoArch/wolke/deu/Themen/themen.html]. Weiterhin: Weiss 1995. Judith Veronica Field, The invention of infinity. Mathematics and art in the Renaissance, Oxford et al. 1997, enthält entgegen der Aussage des Titels kaum Ausführungen zu frühneuzeitlichen Konzepten von Unendlichkeit (vgl. Frédéric Elsigs Rezension in: Bibliothèque d’humanisme et renaissance 61 [1999], S. 217–219). Siehe außerdem Mohammad Ali Bhatti, A concept of an illusion of infinity in time and space in „The divine providence“, a ceiling decoration at the Palazzo Barberini and in „The first anniversarie“ and „The second anniversarie“, Diss. Ohio University, Athens 1998 (Typoskript, Ann Arbor 2007). 501  Nicolson 1960, S. 7 u. passim. Vgl. a. Koschorke 1990 u. Hub 2009b. 502  Vgl. Yates 1966 u. in der vorliegenden Studie S. 116 und Anm. II.364. 503  Vgl. Meier-Staubach 2009 (mit Bibliographie) u. Markus Friedrich, Das Buch als Theater. Überlegungen zu Signifikanz und Dimensionen der Theatrum-Metapher als frühneuzeitlichem Buchtitel, in: Theo Stammen (Hrsg.), Wissenssicherung, Wissensordnung und Wissensverarbeitung: das europäische Modell der Enzyklopädien (Colloquia Augustana, Bd. 18), Berlin 2004, S. 205–232. 504  Vgl. Annette Weber, Ark and Curtain. Monuments for a Jewish Nation in Exile, in: Bianca Kühnel (Hrsg.), The Real and Ideal Jerusalem in Jewish, Christian and Islamic Art. Studies in Honour of Bezalel Narkiss on the Occasion of his Seventieth Birthday (=Jewish Art 23/24 [1997/98]), Jerusalem 1998, S. 89–99. 505  Aus der jüngeren reichhaltigen Literatur zur Kartographie des späten 16.  Jahrhunderts sei hier ein Beitrag genannt, der das Frontispiz von Ortelius’ Atlas eingehend und höchst instruktiv behandelt: Tom Conley, Pierre Boaistuau’s Cosmographic Stage. Theater, Text, and Map, in: Mary Beth Rise (Hrsg.) Renaissance Drama in the Age of Colonization (Renaissance Drama, N.S., Bd. 23), Evanston (Ill.) 1992, S. 59–86. Kürzlich zur Kartographie der Frühen Neuzeit: Gisela Engel, Tanja

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Michalsky u. Felicitas Schmieder (Hrsg.), Aufsicht – Ansicht – Einsicht. Neue Perspektiven auf die Kartographie an der Schwelle zur Frühen Neuzeit, Berlin 2009; Michalsky 2011. Siehe o. Anm. II.182 der vorliegenden Studie. 506  Zu Agucchi siehe: Silvia Ginzburg Carignani, Giovanni Battista Agucchi e la sua cerchia, in: Olivier Bonfait u. Christoph Luitpold Frommel (Hrsg.), Poussin et Rome. Actes du colloque à l’Académie de France à Rome et l’à la Bibliotheca Hertziana 16–18 novembre 1994, Paris 1996, S. 273–291, u. Roberto Zapperi u. Pietro Toesca, Agucchi, Giovanni Battista, in: Dizionario biografico degli italiani, 78 Bde., Bd. 1, Rom 1960, S. 504 –506. Die einschlägige zeitgenössische Biogra­ phie Agucchis findet sich in Iacopo Filippo Tomasini, Elogia virorum literis et sapientia illustrium […], Padua 1644 (hier zitiert nach Exemplar ULB Münster), S.  13–28 („Ion. Battista Agucchius“). − Zu Agucchis Bedeutung für die Geschichte der Bildbeschreibung und zu seiner ekphrastischen Technik: Raphael Rosenberg, Von der Ekphrasis zur wissenschaftlichen Bildbeschreibung. Vasari, Agucchi, Félibien, Burckhardt, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 58 (1995), S. 297–318. 507  Zur Villa Aldobrandini in Frascati, die von Giacomo della Porta errichtet und nach dessen Tod von Carlo Maderna fertiggestellt wurde: Carl Ludwig Franck, Die Barockvillen in Frascati (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 28), München 1956; Klaus Schwager, Kardinal Pietro Aldobrandinis Villa di Belvedere in Frascati, in: Römisches Jahrbuch der Bibliotheca Hertziana, Bd. 19 (1961/62), S.  289–382; Cesare D’Onofrio, La Villa Aldobrandini di Frascati, Rom 1963; AzziVisentini 1997, S. 210–218; Ehrlich 2002, S. 78–112, S. 79 (mit einer neuen, hier übernommenen, Datierung der Bauarbeiten). – Zum Ausblick der Villa: Knopp 1966, S.  28; Harald Keller, Die Kunstlandschaften Italiens, München 1960, S. 157; Ehrlich 2002, S. 83 f.; Blum 2014. 508  Zu Datierung und Autorschaft siehe D’Onofrio 1963, S.  80 (die Relatione habe mit Zeich­ nungen versehen werden sollen und sei als Guide durch die bereits berühmte Villa und ihre Gar­ tenanlagen gedacht gewesen) u. S.  110. Die Relatione, die im Archiv des Hauses Aldobrandini erhalten geblieben ist, wurde abgedruckt bei ibid., S. 82–115. – Die kursivierten Hervorhebungen in den im Folgenden zitierten Formulierungen und Sätzen aus der Relatione stammen von mir. 509  Zum Adressaten: D’Onofrio 1963, S. 80. Laut D’Onofrio, ibid., S. 79, war Agucchi bereits seit 1604 Maggiordomo des Kardinals Pietro. 510  Vgl. Giovanni Pietro Bellori, Le vite de’ pittori, scultori, ed architetti moderni, Rom 1672 (Reprint Perugia 1992) u. Denis Mahon, Studies in Seicento Art and Theory (Studies of the Warburg Institute, Bd. 16), London 1947 sowie Montanari 2005, S. 5 f. u. passim. 511  Erwin Panofsky, Galileo as a Critic of the Arts, Den Haag 1954, S. 38– 41 (Appendix II: „Mon­ signore Giovanni Battista Agucchi and his Discourse del Mezzo“), die Zitate S.  38. – Panofsky veröffentlichte eine überarbeitete, um diesen Appendix gekürzte, jedoch an anderen Stellen erweiterte Fassung dieses Buches in Isis 47, 1 (1956), S. 3–15. Vgl. hierzu jüngst: Panofsky 2012. 512  Vgl. Antonio Favaro, Amici e corrispondenti di Galileo Galilei, Parte X: Giovanni Battista Agucchi, in: Atti del Reale Istituto Veneto di Scienze, Lettere ed Arti 63, 2 (1903/04), S.  167–187, bes. S.  171: Agucchi lernte Galileo während dessen römischen Aufenthalt, d.h. zwischen dem 29. März und dem 4. Juni 1611, kennen. Der erhaltene Briefwechsel beginnt am 9. September 1611 (ibid., S. 172) und endet mit dem 13. Juli 1613 (ibid., S. 182 f.). Diese Ausgabe der Korrespondenz Gali­ leos ist in einem Reprint erschienen: Antonio Favaro, Amici e Corrispondenti di Galileo, hrsg. v. Paolo Galluzzi, 3 Bde., Florenz 1983, Bd. 1, S.  373–395 (wobei in diesem Reprint, jedenfalls in der von mir konsultierten Ausgabe der UB Tübingen, die Seiten 369–385 fehlen). – Laut Tomasi­ ni 1644, S.  28, verfasste Agucchi für die Congregazione della propaganda fede einen Trattato di Cosmografia, der für die globale Mission bestimmt war. 513  Giovanni Battista Agucchi, Relatione della Villa Belvedere, in: D’Onofrio 1963, S. 89. 514  Ibid. 515  Übersetzung u. Hervorhebungen von G. B.

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516  Vgl. Alpatov 1996, S. 250–275, u. Weiss 1995. Siehe auch Nicolson 1959. Gegen diese Deu­ tungen des Gartens von Versailles: Schneider 2005a, S.  121–139, sowie kürzlich id., Die erste Ursache. Kunst, Repräsentation und Wissenschaft zu Zeiten Ludwig XIV. und Charles Le Bruns (Hum­ boldt-Schriften zur Kunst- und Bildgeschichte, Bd. 13), Berlin 2010. Pablo Schneider danke ich sehr für wertvolle Hinweise. 517  Horízein = eine „Grenze setzen bzw. trennen“; Horízon (Part. Präs. Aktiv) benennt denjeni­ gen, der eine Grenze setzt bzw. der trennt; hiervon dt. „Horizont“. 518  Vgl. Koschorke 1990. 519  Vgl. zur Geschichte des Mottos „(Non) Plus ultra“: Karlheinz Stierle, Dantes Divina Commedia an der Schwelle zur frühen Neuzeit, in: Reingard M. Nischik u. Caroline Rosenthal (Hrsg.), Schwellentexte der Weltliteratur (Texte zur Weltliteratur, Bd. 4), Konstanz 2002, S. 103–125. 520  Vgl. Earl E. Rosenthal, Plus ultra, non plus ultra, and the columnar device of Emperor Charles V, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 34 (1971), S.  205–228; id., The invention of the columnar device of Emperor Charles V at the Court of Burgundy in Flanders in 1516, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 36 (1973), S. 198–230. 521  Dante, Commedia, Inferno XXVI, 109, zitiert nach: Dante Alighieri, La Divina Commedia, con commento di Anna Maria Chiavacci Leonardi, 3 Bde., Mailand 1991, hier Bd. 1, S. 785. 522  Agucchi, Relatione ed. D’Onofrio 1963, S. 104. Vgl. zur von Agucchi zitierten Dante-Stelle – wiederum sehr erhellend – Stierle 2002. 523  Aristides, Panathenaica oratio, ed. Canter 1566 und in der vorliegenden Studie S. 57. 524  Aristides’ rhetorisch ausgefeilte, umfangreiche Beschreibung der Lage der Stadt Athen para­ phrasiere ich hier nochmals nach Widmer 1959, S. 111–138, S. 121, deren Zusammenfassung ich in den beiden vorangehenden Absätzen teils wörtlich folge. Vgl. Aelius Aristides, Panathenaica oratio 158–161D, u. Aristides, ed. Behr 1973, Bd. 1, S. 19–25. 525  Vgl. Hübner 2007. 526  Brundi, Laudatio, I (zu deren Editionen siehe o. Anm. 206 der vorliegenden Studie). Vgl. zu Brunis Rückgriff auf Aristides bei der Beschreibung der Lage von Florenz in der vorliegenden Stu­ die Anm. II.207. Zu Brunis Bezugnahme auf Aristides und die für beide Autoren vorbildhafte Beschreibung von Atlantis in Platons Kritias siehe a. Smith 1992, S. 176–180. 527  Vgl. Giovanni Battista Agucchi, Del Mezzo. Discorso accademico, Florenz, Biblioteca Naziona­ le Centrale, Mss. Galileiani, Discepoli, Tomo 136, fol. 95–110, fol. 99 verso u. Panofsky 1954, S. 39. Agucchis Discorso ist über den Online-Katalog der BNCF als Digitalisat aufruf bar. 528  Agucchi, Relatione, ed. D’Onofrio 1963, S. 89 f. Übersetzung des Verfassers. 529  Vgl. zum Sacro Monte von Marallo die gehaltvolle Studie von Christine Göttler, Last Things. Art and the Religious Imagination in the Age of Reform, Turnhout 2010. Vgl. a. Oechslin 2014. 530  Vgl. Petrella 2004 u. Donattini 2007 sowie Büttner 1973. 531  Vgl. einführend: Solmsen 1963, S. 473– 496, u. Battisti 1972, S. 1–36 sowie in der vorlieg­ enden Studie S. 45, 47 f., u. Anm. II.92 f. 532  Weish 11, 21 (Die Abkürzungen biblischer Bücher hier und im Folgenden nach den Loccu­ mer Richtlinien). 533  Vgl. Curtius 1948, S. 527–529. 534  Plinius minor, Epistulae V, 6, 7. 535  Plinius, ed. Cataneo 1506, fol. LXXXVIII verso.

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536  Vgl. hierzu: Agucchi, Discorso del Mezzo, fol. 101 verso  ff. 537  Johannes Kepler, De stella nova in pede serpentarii, Prag 1606. Vgl. Koyré 1969, S.  63–86 („Johannes Keplers Verwerfung der Unendlichkeit“). – Galileo war im Hinblick auf die Endlich­ keit oder eine mögliche Unendlichkeit des Kosmos unentschieden (ibid., S. 93–96). – Zu Agucchis Rückgriff auf das System Tycho Brahes s. Emil Wohlwill, Galilei und sein Kampf für die copernicanische Lehre, 2 Bde., Hamburg u. Leipzig 1909 u. 1926, Bd. 1 (1909), S. 491 f., u. Panofsky 1954, S. 40 f. 538  Vgl. einführend Hans Blumenberg, Die Genesis der kopernikanischen Welt, 3 Bde., Frankfurt am Main 1985, hier Bd. 2: Typologie der frühen Wirkungen, S.  436– 440, bes. S.  436, u. Angelo Mercati (Hrsg.), Il Sommario del processo di Giordano Bruno (Studi e Testi, Bd. 101), Vatikanstadt 1942. Vgl. auch Harries 2001, S. 246. 539  Die Übersetzung des Briefes vom 17. Februar 1600 an Conrad Rittershausen wird zitiert nach Elisabeth von Samsonow, Giordano Bruno, München 1995, S. 465– 469, S. 468. Vgl. zu Kas­ per Schoppe: Klaus Jaitner, Ursula Jaitner-Hahner u. Johann Ramminger (Hrsg.), Kaspar Schoppe. Autobiographische Texte und Briefe, 2 Bde., München 2004, Bd. 1: Philotheca Scioppiana. Eine frühneuzeitliche Autobiographie 1576–1630, Teilband 1, S. 3–230 (Einleitung), bes. S. 36 (lat. Wortlaut der zitierten Passage aus dem Brief Schoppes). 540  Vgl. Jonathan Lear, Aristotelian Infinity, in: Moore 1993, S. 55–78. 541  Brief Agucchis an Galileo aus Rom, 13. Juli 1613, Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale, Mss. Galileiani, P. VI, T. IX, car. 70–71, hier 71. Abgedruckt in: Galileo Galilei, Le Opere (Edizio­ ne Nazionale delle Opere), 20 Bde., hrsg. v. Antonio Favaro, Bd. 11: Carteggio 1611–1613, Florenz 1889 (Reprint Florenz 1966), S. 532–535, S. 534. 542  Giordano Bruno, Über das Unendliche, das Universum und die Welten, übers. u. hrsg. v. Chri­ stiane Schultz, Stuttgart 1994 (ital. Erstausgabe Venedig 1584), S. 34 (der Horizont bietet einen bloßen Anschein der Endlichkeit innerhalb einer in Wirklichkeit doch unendlichen Welt); id., Opere italiane, 2 Bde., hrsg. von Nuccio Ordine, hier Bd. 2: De l’infinito universo et mondi, hrsg. v. Giovanni Aquilecchia et al., Turin 2007 (ital. Erstausgabe Venedig 1584), S.  7–168, S.  35. Vgl. Anne Eusterschulte, Giordano Bruno zur Einführung, Hamburg 1997, S.  47  f., u. Harries 2001, S. 250. 543  Bruno, Über das Unendliche, ed. Schultz 1994, S. 185. Vgl. a. Bruno, De l’infinito universo, ed. Aquilecchia 2007, S. 166; Giordano Bruno, Dialoghi italiani, 2 Bde., hrsg. v. Giovanni Aquilecchia u. Giovanni Gentile, Florenz 1985, S. 365. Siehe auch die neuere Übersetzung: id., De l‘infinito, universo et mondi / Über das Unendliche, das Universum und die Welten. Italienisch – Deutsch, übers., kommentiert u. hrsg. von Angelika Bönker-Vallon (Giordano Bruno, Werke, Bd. 4), Hamburg 2007. 544  Bruno 1985, S. 365. Vgl. Bruno, Über das Unendliche, ed. Schultz 1994, S. 185 (Hervorhe­ bung vom Verfasser). 545  Vgl. Kruft 1991, S. 251–309, u. zur Kritik durch den Sensualismus: Ruhl 2003, S. 93–106. 546  Siehe in der vorliegenden Studie S. 110–12. 547  Vgl. Eric Owen Moss, Gnostic Architecture, New York 1999, Abschnitt 3.14 (o. S.) u. passim. Siehe zu kosmologischen Motiven in Kunst und Architektur von Modernismus und Postmoderne: Gerd Blum u. Johan Frederik Hartle, The Cosmos is too Large. The nostalgia of progress / Der Kosmos ist zu groß. Fortschrittsnostalgie bei Harald F. Müller, in: id. (Hrsg.), Harald F. Müller. First Cuts, Zürich 2013, S. 27–129. 548  Agucchi, Relatione ed. D’Onofrio 1963, S.  89. Vgl. zu Deus artifex und artifex divinus: s. v. „Gott/Künstler“ (Steffen Bogen), in: Metzler Lexikon Kunstwissenschaft, Stuttgart u. Weimar 2003, S. 129–132.

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549  Moss 1999, Abschnitt 3.14 (o. S.). 550  Wertvolle Hinweise zur Gestalt des Aronoff-House verdanke ich einer wissenschaftlichen Hausarbeit von Katrin Gast, Universität Konstanz (Wintersemester 1998/99): „Als weiteres gemeinsames Element [sc. der Bauten von Palladio und Moss] neben Kreis und Würfel fallen die Treppen ins Auge. Die Rotonda besitzt vier Portiken, die mit ihren Treppen symmetrisch vor allen vier Fassaden angeordnet sind. Beim Aronoff-House sind die Treppen überallhin versprengt wor­ den und sowohl außerhalb als auch innerhalb des Gebäudes anzutreffen, wobei […] nicht auszu­ machen [ist], wo genau die Abgrenzung zwischen Außen und Innen zu suchen ist. […] Weder bei der Villa Rotonda noch beim Aronoff-House ist auf den ersten Blick ersichtlich, an welcher Stelle sich der (Haupt-)Eingang befindet. Bei der Rotonda liegt das an der Symmetrie, beim Aronoff Guesthouse an der Asymmetrie“. 551  Abb. in Eric Owen Moss. Buildings and Projects 2, hrsg. v. Brad Collins, New York 1996, S. 138. 552  Zum Aronoff-House hat sich der Architekt geäußert: Eric Owen Moss, Eric Owen Moss (Architectural Monographs, Bd. 29), London 1993, S. 102; id. 1996, S. 136 ff. Siehe auch die Home­ page seines Büros: http://www.ericowenmoss.com/index.php?/content/projects. Die Kurzbes­ chreibung auf Moss’ Website lautet: „Aronoff Guesthouse, Tarzana, California: This guest house was designed like a toy for the Aronoffs, their employees, guests, and children. The building can be climbed on, examined, and used as a viewing platform. The building location and the configu­ ration of floors and windows maximizes spectacular and diverse views of the forest surrounding this site in the Santa Monica mountains.“ (Abgerufen am 5.4.2006.) Moss’ Projekt des Aronoff Guesthouse ist nicht zu verwechseln mit seinem Aronoff Complex (Calabasas, Kalifornien). 553  Eric Owen Moss zitiert nach: Peter Vidler, Warped Space. Art, Architecture, and Anxiety in Modern Culture, Cambridge (Mass.) 2002, S.  192. Siehe auch Moss 1999, 3.15 (o. S.). Vgl. zum Werk von Moss auch id., Buildings and Projects 3, Preface by Richard Meier, hrsg. v. Brad Collins, New York 2002 (mit Bibliographie) u. Paola Giaconia, Eric Owen Moss. The Uncertainty of Doing / L’incertezza del fare, Mailand 2005. 554  Vgl. Lawson u. Westen House (1993), Brentwood, Kalifornien (siehe Moss 1996, S. 149). 555  Vgl. Moss 1999, Abschnitt 1.5 (o. S.) u. passim. 556  Vgl. Jacques Derrida, La vérité en peinture, Paris 1978, u. id., Die Wahrheit in der Malerei, Wien 1992, S. 31–176. Einführend: Christopher Norris u. Andrew Benjamin, What Is Deconstruction?, 2. Auflage, London 1996 (1. Auf lage 1988), S. 17 f. 557  John Summerson, Die klassische Sprache der Architektur (Bauwelt-Fundamente, Bd. 63), Wies­­ baden 1983 (engl. Originalausgabe London 1963).

III. Insz enierte Ausblicke und die Fenestra Prospectiva 1  Siehe zum Forschungsstand die S. 28 f. u. Anm. I.85–98 der vorliegenden Studie. 2  Vgl. Blum 2008, id. 2010 und Miotto 2003. 3  De pictura I, 19; vgl. Leon Battista Alberti, Das Standbild. Die Malkunst. Grundlagen der Malerei [De Statua. De Pictura. Elementa picturae], hrsg., eingel., übers. u. komm. v. Oskar Bätschmann u. Christoph Schäublin, unter Mitarbeit v. Kristine Patz, Darmstadt 2000, S.  224  f. (diese Ausgabe wird im Folgenden zitiert als Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000). – Weite­ re Ausgaben des Malereitraktates: Leon Battista Alberti, Leon Battista Alberti’s kleinere kunsttheoretische Schriften, hrsg. v. Hubert Janitschek (Quellenschriften für Kunstgeschichte […], Bd. 11), Wien 1877 (erste dt. Übersetzung der it. Fassung); id., On Painting and On Sculpture. The Latin Texts of De pictura and De statua, hrsg. v. Cecil Grayson, London 1972 (mit engl.Übersetzung); id., Alberti, De

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pictura, ed. Grayson 1973 (kritische Ausgabe der lat. und der it. Fassung; auch Reprint Bari 1975); id., Über die Malkunst [Della pittura], hrsg., eingel., übers. u. komm. v. Oskar Bätschmann u. Sandra Gianfreda, Darmstadt 2002; id., De pictura. Redazione volgare (Edizione nazionale delle opere di Leon Battista Alberti, 2/1, Bd. 1), hrsg. v. Lucia Bartolini, Florenz 2011. 4  Zum Begriff der ‚symbolischen Formen‘, die hier im Anschluss an Ernst Cassirer nicht nur als Ausdruck präexistenter Auffassungen, sondern auch als neue ‚Weltanschauungen’ erst hervor­ bringende Modi des Weltzuganges betrachtet werden: Ernst Cassirer, Philosophie der symbolischen Formen, 3 Bde., Berlin 1923–29 (Reprint Darmstadt 1994); John Michael Krois, Cassirer. Symbolic Forms and History, New Haven u. London 1987; Heinz Paetzold, Ernst Cassirer. Von Marburg nach New York. Eine philosophische Biographie, Darmstadt 1995, S. 76–79; id., Fiedler und Cassirer, in: Stefan Majetschak (Hrsg.), Auge und Hand. Konrad Fiedlers Kunsttheorie im Kontext, München 1997, S. 209–222, bes. S. 212–219; Peter Müller, Ernst Cassirers „Philosophie der symbolischen Formen“, Darmstadt 2010. Kritisch zu den metaphysischen und hegelianischen Implikationen der Rede vom Symbol als Verkörperung eines ‚Geistes’ der Zeiten und ‚Völker’: Raphael Rosenberg, Das Symbol – Ein problematisches Paradigma der deutschsprachigen Kunstgeschichte, in: Uwe Kiessler (Hrsg.), Architektur im Museum, 1977–2012. [Festschrift für] Winfried Nerdinger, München 2012, S.  222–231. Siehe a. s. v. „Style“ (Ernst H. Gombrich), in: International Encyclopedia of the Social Sciences, Bd. 15, New York 1968, S. 352–361, bes. 357 f. 5  Della pittura I, 19, zitiert nach Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, Bd. 3, S. 36; dt. Überset­ zung des Verfassers. 6  De pictura I, 19, hier zitiert nach Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000, S. 224. Übersetzung vom Verfasser. – Die verbreitete Meinung der Forschung, die italienische Fas­ sung des Traktats sei eine spätere eigene Übersetzung Albertis ist jüngst nochmals mit guten Gründen abgelehnt worden. Die Fassung in Volgare sei vielmehr die erste Version: Heather A. Hor­ ton, „Equally unknown and unimaginable among the ancients“. Brunelleschi’s Dome and Alberti’s Lingua Toscana, in: California Italian Studies 2 (2010), o. S.  (online: http://escholarship.org/uc/ item/9009k258). 7  De re aedificatoria I, 12, zitiert nach Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd.1, S. 83, die Übersetzung nach Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 59. 8  De re aedificatoria VII, 12 (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 2, S. 619. Die Übersetzung nach Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 386). Zur Rolle Albertis für die Ausbildung ungeteilt rechteckiger rinascimentaler Fensterformen siehe zusammenfassend Candida Syndikus, Leon Battista Alberti. Das Bauornament, Münster 1996 (zugl. Diss. Univ. Würz­ burg 1990), S. 285–330 u. Elisabeth Heil, Fenster als Gestaltungsmittel an Palastfassaden der italienischen Früh- und Hochrenaissance (Studien zur Kunstgeschichte, Bd. 92), Hildesheim, Zürich u. New York 1995 (zugl. Diss. Univ. Würzburg 1993), S. 246. Candida Syndikus danke ich für wertvolle Hinweise. 9  Vgl. Heil 1995, S. 157–159, S. 185 f. u. S. 218. 10  Alberti dürfte zudem eine Reihe jener einschlägigen Aussagen spätrepublikanischer und kai­ serzeitlicher Autoren über architektonisch gerahmte Ausblicke zugänglich gewesen sein, die der Archäologe Heinrich Drerup in einem bereits erwähnten, grundlegenden Aufsatz zusammenge­ stellt hat (Drerup 1959a). 11  In seinem Traktat „De architectura“ gibt Vitruv nur wenige Hinweise auf das Problem des architektonisch inszenierten Ausblicks: Knappe Ausführungen finden sich z.B. in VI, III, 10, wo er über die oeci cyziceni, also die kyzikenischen Säle, schreibt, deren Fenster gezielt so konzipiert seien, dass sie eine Aussicht auf die umgebende Landschaft ermöglichen, und in I, 7, 1, wo emp­ fohlen wird, wichtige Tempel an exponierten Punkten innerhalb der Stadt zu errichten, damit letztere von dort aus weitgehend zu überblicken sei (vgl. Vitruv, De Architectura VI, III, 10 u. ibid., I, VII, 1 [id., De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S. 278 f. u. ibid., S. 70 f.]).

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12  Vgl. Plinius, Epistulae II, 17 u. V, 6. 13  Verwiesen wird zumeist auf folgende Stellen in Albertis „De re aedificatoria“: V, 17 (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 415– 421) u. X, 2–3 (ibid., Bd. 2, S. 789– 801). Auch an anderer Stelle im Architekturtraktat ist ein Rückgriff auf die Villenbriefe festzustel­ len, so wohl in I, 5 (Gesundheit der Bewohner als Zeichen der klimatischen Güte einer Gegend); IV, 5 (Aussicht von einer Straße); VIII, 1 (abwechslungsreiche Aussichten auf Landschaft von einer Militärstraße); IX, 3 (‚rundes Vestibül‘); IX, 4 (Bepf lanzung des Ziergartens). Zur Plinius-Rezep­ tion bei Alberti vgl. auch Ruffinière Du Prey 1994, S. 41 u. S. 50, sowie den Kommentar der Her­ ausgeberin zu Giovios frühem Villenbrief von 1504, in: Giovio, Scritti d’arte, ed. Maffei 1999, S. 28 f. 14  Alberti war während seiner Florentiner Jahre, d.h. kurz vor oder während der Abfassung des Malereitraktates mit dem Entdecker der Silvae, Poggio Bracciolini, bekannt und legte ihm eigene Texte zur Prüfung vor (vgl. dazu Anthony Grafton, Leon Battista Alberti, Baumeister der Renaissance, Berlin 2002 [engl. Originalausgabe New York 2000], S. 97 ff.). – Zur Rezeption der Silvae des Sta­ tius (editio princeps 1472) im Quattrocento grundlegend Michael D. Reeve, Statius’ Silvae in the Fifteenth Century, in: The Classical Quarterly N.S. 27 (1977), S.  202–225. Vgl. auch Klein 1987, S. 22–27 u. Arnulf 2003, S. 504 –507, außerdem Hilaire Kallendorf u. Craig Kallendorf, Conversations with the Dead. Quevedo and Statius, Annotation and Imitation, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 63 (2000), S. 131–168. 15  Plinius, Epistulae II 17, 5. Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 5. 16  Ibid. II, 17, 21: „A pedibus mare, a tergo villae, a capite silvae: tot facies locorum totidem fines­ tris et distinguit et miscet.“ Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 7. 17  Statius, Silvae II, 2, 1–25. 18  Ibid. II, 2, 63–73. 19  Ibid. II, 2, 73–85. 20  Ibid. II, 2, 75. 21  Ibid. II, 2, 83–93. So ist von einem Marmor die Rede, „der grün schimmert und weiche Gräser nachahmt [„imitatur“] im harten Gestein.“ (II, 2, 90). Die Trias ‚Ausblick – Gemälde – kostbare Steine‘ bringt auch Philostratos in seinen Εικόνες zur Sprache, und zwar im Rahmen der einleiten­ den Kurzbeschreibung der Räumlichkeiten, in denen sich die beschriebenen Gemälde befinden sollen: „[…] nach Westen hin [war] eine Säulenhalle in etwa vier oder sogar fünf Geschossen mit der Aussicht zum Thyrrenischen Meer gebaut […]; sie glänzte zwar auch mit all den Steinen, die dem Luxus behagen, ihre vornehmste Zierde aber waren Bilder auf eingelassenen Tafeln, die mit feinem Gefühl gesammelt schienen […].“; hier zitiert nach Philostratos, Εικόνες [Die Bilder], gr./ dt., nach Vorarbeiten v. Ernst Kalincka hrsg., übers. und erl. v. Otto Schönberger, München 1968, S. 87. Nach Schönberger (ibid., S. 64) gelangt unter Nikolaus V. (1447–1455) eine Handschrift der Εικόνες in die Vaticana, zwei weitere werden unter Sixtus IV. (1471–1484) eingestellt. – Auch in Plinius’ Villenbriefen wird der Ausblick aus der Villa mit einer „forma picta“ verglichen (Epist. V, 6, 13; siehe in der vorliegenden Studie S. 44 f.) und werden Marmorverkleidungen und Wandge­ mälde im Kontext von Ausblicksbeschreibungen erörtert (V, 6, 22; vgl. Riedel 1997, S.  102  f.). Vgl. zur Wirkung der antiken Tradition dieser ‚Marmorbilder‘: Georges Didi-Huberman, Fra Angelico. Unähnlichkeit und Figuration, München 1995; Raphael Rosenberg (Hrsg.), Turner – Hugo – Moreau. Entdeckung der Abstraktion (Ausstellungskatalog Frankfurt am Main, Schirn-Kunsthalle, 6. Oktober 2007 – 6. Januar 2008), München 2007; Claudia Blümle, Natura Pictrix. Zur Wiederentdeckung der Steinbilder durch Jurgis Baltrušaitis und Roger Caillois, in: Nadia Schneider (Hrsg.), Markus Müller: Nutzen und Nachteil (Ausstellungskatalog Kunsthaus Glarus, 5. Februar – 7. Mai 2006) Zürich 2006, S. 25–32. 22  Vgl. Plinius, Epistulae V, 16.

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23  Zur Unterscheidung von lumen, aer und prospectus im römischen Nachbarrecht vgl. den fun­ damentalen Aufsatz von Hans-Jürgen Horn, Respiciens per fenestras, prospiciens per cancellos. Zur Typologie des Fensters in der Antike, in: Jahrbuch für Antike und Christentum 10 (1967), S.  30–60. Vgl. a. s. v. „Fenster (kulturgeschichtlich)“ (id.), in: Reallexikon für Antike und Christentum, Bd. 7, Stuttgart 1970, Sp. 732–747. 24  Vgl. Girolamo Mancini, Vita di Leon Battista Alberti, Florenz 1911, S. 47 ff. (Zur Bedeutung des Zivilrechtes in Albertis Studium ibid., S.  56) u. grundlegend: Saura 1988. Siehe auch Heiner Mühlmann, Ästhetische Theorie der Renaissance. Leon Battista Alberti, Bonn 1981 (zugl. Diss. Univ. München 1968), S. 73–77 u. Oechslin 1984, S. 34 (zu Albertis Begriff der apertio im Kontext juri­ stischer Definitionen). Zu Albertis juristischen Studien auch im Hinblick auf „De re aedificatoria“: Giovanni Rossi, Lo scaffale giuridico nella biblioteca di Leon Battista Alberti, in: Roberto Cardini, Lucia Bertolini u. Mariangela Regoliosi (Hrsg.): Leon Battista Alberti. La biblioteca di un umanista (Ausstel­ lungskatalog Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana, 8. Oktober 2005 – 7. Januar 2006), Florenz 2005, S. 165–174. 25  De re aedificatoria I, 12: „Nun muß ich über die Öffnungen sprechen. Es gibt zwei Arten von Öffnungen. Denn die einen geben Licht [lumen] und Luft [aer], die anderen Dingen und Menschen Ein- und Austritt im Haus.“ Vgl. Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 57. Hier geht Alberti expli­ zit nur auf die beiden ersten Bestandteile der antiken Trias lumen – aer – prospectus ein. Allerdings klingt wenig später das Thema des Ausblicks an: „Wenden sie [die Fenster] sich gesunden Lüften zu, so kann man sie sehr groß machen und ihre Öffnung so anlegen, dass der Luftzug den Körper der Einwohner umweht. Dies wird am ehesten der Fall sein, wenn die Fensterbrüstung niedrig ist, so dass man gesehen werden kann und auch die in der Nachbarschaft Herumgehenden sieht.“ – „[…] ut videri et videre per vicos ambulantes possis.“ (ibid., S. 58, bzw. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlan­ di/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 81 [Hervorhebungen von G. B.]). – Hingegen greift Alberti an zwei anderen Stellen des Traktates, die im Kontext der Erörterung von Ausblicken auf Landschaft ste­ hen, die Trias ‚Licht – Luft – Aussicht‘ auf: Erstens in De re aedificatoria V, 17: „aura“ – „sol“ – „aspectus“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 415). Theuer über­ setzt (Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S.  272): „Luft – Sonne – Aussicht“ („aspectus“ ist doppeldeutig, könnte die ‚Ansicht‘ oder auch die durch die ‚würdige‘ Lage begünstigte ‚Aussicht‘ bezeichnen). Im Verlauf dieser Passage über die herrschaftliche Villa ist dann jedoch ausdrücklich vom „montium prospectus“ die Rede (vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 419 u. id., Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 274). Zweitens: De re aedificatoria V, 18: „Doch das Landhaus und die Stadtwohnung der Begüterten unterscheiden sich darin, dass für die Rei­ chen das Landhaus die Sommerwohnung darstellt, sie aber das Stadthaus mehr dazu verwenden, den Winter darin zu verbringen. Daher nehmen sie vom Lande alle Annehmlichkeiten des Lichtes, der Luft, der Umgebung und der Aussicht in Anspruch […].“ – „[…] omnem lucis aurae spatii prospectusque amoenitatem captant […].“ (Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 283, sowie id., De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 433 [Hervorhebungen von G. B.]). 26  Corpus iuris civilis, Digesten, 8, 2, 15: „Zwischen der Dienstbarkeit, dass das Fensterlicht des Nachbarn nicht verbaut werden darf [ne luminibus officiatur] und der, dass die Aussicht nicht beein­ trächtigt werden darf [ne prospectui offendatur], ist ein Unterschied zu beachten. Denn der Inhaber des Aussichtsrechtes kann mehr verlangen, nämlich, dass ihm die angenehme und freie Aussicht [gratiorem prospectum et liberum] nicht verbaut wird, der Inhaber des Fensterrechtes dagegen nur, dass ihm die Fenster nicht verdunkelt werden […]“ (Corpus iuris civilis, Text und Übersetzung auf der Grundlage der von Theodor Mommsen und Paul Krüger besorgten Textausgaben, 5 Bde., übers. u. hrsg. v. Okko Behrends et al., Heidelberg 1990–2012, Bd. 2: Digesten 1–10, Heidelberg 1995, S. 674). – Vgl. auch Digesten 8, 2, 16: „Lumen id est, ut caelum videretur, et interest inter lumen et prospectum: nam prospectus etiam ex inferioribus locis est, lumen ex inferiore loco esse non potest.“ – „Fensterrecht bedeutet, dass man den Himmel sehen kann, und es besteht ein Unterschied zwi­ schen Fensterrecht und Aussichtsrecht; denn Aussicht kann man auch aus tiefer gelegenen Örtlich­ keiten genießen, Fensterlicht kann von tiefer gelegenem Ort nicht einfallen“ (ibid., S. 674). Vgl. zu Albertis Kenntnis der „servitutes ne luminibus officiatur“: De re aedificatoria IX, 9 (Alberti, Bau-

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kunst, ed. Theuer 1991, S. 519 bzw. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Portoghesi 1966, Bd. 1, S. 861; vgl. Rossi 2005, S. 173). Saura 1988 geht auf das Thema der fenestra prospectiva nicht ein. 27  Corpus iuris civilis, Codex Iustinianus 8, 10, 12, § 2. Dieselben Begriffe auch ibid. § 3. Vgl. dazu: Corpus iuris civilis. Volumen secundum: Codex Iustinianus, recogn. et retractavit Paulus Krueger, 15. Auflage, Dublin u. Zürich 1970 (Nachdruck der 11. Auf lage 1954), S. 171–172, sowie die folgen­ de Übersetzung: Das Corpus Juris Civilis in’s Deutsche übersetzt von einem Vereine Rechtsgelehrter und herausgegeben von Dr. Carl Eduard Otto, Dr. Bruno Schilling und Dr. Carl Friedrich Ferdinand Sintenis, Bd. 6: Codex, Siebentes bis Elftes Buch, übersetzt von Dr. Carl Friedrich Ferdinand Sintenis, Leipzig 1832, S.  171–173. – Den freundlichen Hinweis auf die fenestra prospectiva im römischen Recht verdanke ich Prof. Dr. Alfonso M. Iacono, Pisa. 28  Zu spät werde ich aufmerksam auf einen Beitrag zur Hexabiblos, der sich mit dem Thema der Aussicht beschäftigt: Salvatore Riccobono, Prospectus montium. La citazione del Libro III Quaestionis di Papiniano in Armenopulo, in: N.N., Studi giuridici in onore di C. Fadda (=Archivio Giuridico Filippo Serafini 76, 1 [1906]), Neapel 1906, S. 289–308. 29  Die freundlicherweise von Dr. Leif Böttcher vorgenommene Durchsicht der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Glossen zum Codex Iustinianus ergab, dass innerhalb dieser die Konstituti­ on Zenos bis in die Mitte des 16.  Jahrhunderts weder auftaucht noch kommentiert wurde. Eine lateinische Übersetzung dieses Erlasses ist erst aus der Mitte des 16.  Jahrhunderts überliefert. Die griechisch abgefasste Konstitution Zenos war zu Albertis Zeit dagegen im Osten bekannt. Im Quat­ trocento gelangten, wie oben dargelegt, byzantinische Codices mit dem Edikt Zenos in humanisti­ sche Bibliotheken. Jedoch ist eine Rezeption des Titels Zenos bis in die Mitte des Cinquecento nicht bezeugt (siehe die folgende Anm. III.32 f.). 30  Zitiert nach Arnold Esch, Un notaio tedesco e la sua clientela nella Roma del Rinascimento, in: Archivio della Società romana di storia patria 124 (2001), S.  175–209, S.  207, Anm.  109; Esch 2008. Der Notariatsakt stammt aus den Libri di imbreviature des Notars Johannes Michaelis (Archivio di Stato di Roma, Notai Capitolini). Den Hinweis verdanke ich Jens Niebaum. 31  Siehe in der vorliegenden Studie o. Anm. III.25. 32  In der Mitte des 16.  Jahrhunderts bringt der bekannte Rechtsgelehrte Antonius Augustinus (1516–1586) diesen Erlass Zenos in das Bewusstsein der westlichen Juristen zurück, nachdem er ihn in den bereits damals in Venedig und Florenz befindlichen Codices Marcianus gr. 179 und Laurent. plut. IX, 8 aufgefunden hatte. Vgl. dazu Valentino Capocci, Nota per la storia del testo della costituzione perì kainotomíon dell’imperatore Zenone, in: Studia et documenti historiae et iuris 7 (1941), S. 155–181; Biondo Biondi, La l. 12 cod. de aed. priv. 8, 10 e la questione delle relazioni legislative tra le due parti dell’impero, in: Bullettino dell’istituto di diritto romano „Vittorio Scialoja“ N.S. 3, 44 (1936/37), S. 363–384, S. 367. – Über seinen Fund in dem Codex der Biblioteca Marciana schreibt A. Augustinus 1546 an Laelio Torelli (so Biondi 1936/37, S.  365  f.). Der Erlass Zenos wurde erstmals 1551 auf Griechisch und in lateinischer Übersetzung von Franciscus Hotomannus gedruckt; vgl. hierzu Biondi 1936/37, S. 366, u. Friedrich A. Biener, Geschichte der Novellen Justinians, Berlin 1824 (Reprint 1970), S.  566. Antonius Augustinus selbst veröffentlichte den Text erst 1567 (Biondi 1936/37, S. 367). – Prof. Dr. Martin Schermaier, ehemals Institut für Rechtsge­ schichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Abteilung Römisches Recht (nun­ mehr Universität Bonn), und Dr. Leif Böttcher danke ich sehr für freundliche Auskünfte. 33  Codex Iustinianus 8, 10, 12, §2–§3. Der Rechtsgelehrte Antonius Contius übersetzt während seiner Arbeit an einer neuen Edition des Codex Iustinianus, die 1569 in Lyon erscheint, diesen Erlass nochmals ins Lateinische und integriert ihn in das Textcorpus, wobei er ihn an der bis heute ver­ bindlichen Stelle als C. 8, 10, 12 einfügt. Contius ist es auch, der den lateinischen Terminus fenestra prospectiva prägt. Vgl. hierzu Biondi 1936/37, S.  367  f. –Jüngst zu „fenestrae luciferae“ bzw. zu „Well-lighted Windows“ in der venezianischen Architektur und Architekturtheorie des Cinque­ cento: D‘Evelyn 2012, S. 157–191, das Zitat (i.e. die Kapitelüberschrift) S. 157 (die Bibliographie dieses Buches ist im Hinblick auf Fenster recht knapp gehalten).

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34  Der von Antonius Contius geprägte Terminus fenestra prospectiva enthält in seinen Bestandtei­ len die beiden folgenreichsten Merkmale von Albertis neuer Definition des Gemäldes in De pictura, die das Gemälde als perspektivisch konstruierte Illusion eines offenen Fensters bestimmt. 35  Vgl. Edmund B. Fryde, Greek manuscripts in the private library of the Medici, 1469–1510, 2 Bde., Aberswyth 1996, hier Bd. 1, S.  115 u. passim sowie Bd. 2, S.  610–612. Über den Verbleib der Handschrift im Quattrocento ist nach den einschlägigen Monographien und laut freundlicher brieflicher Auskunft von Dr. Franca Arduini und Dr Giovanna Rao (Biblioteca Laurenziana, Flo­ renz) nichts bekannt. In den erhaltenen Inventaren Florentiner Bibliotheken des Quattrocento scheint sie nicht aufweisbar zu sein. Bei Nigel G. Wilson, Da Bisanzio all’ Italia. Gli studi greci nell’umanesimo italiano, Edizione italiana rivista e aggiornata, Alessandria 2000 wird der Codex Laurent. plut. IX, 8 nicht erwähnt, auch bei Berthold Louis Ullman u. Philip A. Stadter, The public library of Renaissance Florence. Niccolò Niccoli, Cosimo de’ Medici and the Library of San Marco (Medioevo e Umanesimo, Bd. 10), Padua 1972, und bei Francis Ames-Lewis, The Library and the Manuscripts of Piero di Cosimo de’ Medici, New York u. London 1984 (zugl. Diss. Courtauld Insti­ tute of Art, London 1978) wird der Band der Laurenziana nicht aufgeführt. 36  Der aus dem römischen Kloster San Silvestro al Quirinale stammende Codex der Biblioteca Vaticana mit der Signatur Pio II gr. 15 aus der Bibliothek Pius’ II. enthält heute allerdings die Para­ graphen 1–3 des Titels Zenos nicht mehr, da ein Blatt verloren ist (so Capocci 1941, S. 176 f.). 37  Siehe zu dieser Handschrift: Capocci 1941, S. 181 u. Biondi 1936/37, S. 365. 38  Bessarions Haus mit der umfangreichen Bibliothek lateinischer und griechischer Klassiker war nach Ginzburg der „wirkliche Mittelpunkt des römischen Humanismus“ (Carlo Ginzburg, Erkundungen über Piero, Berlin 1983 [ital. Erstausgabe Turin 1981], S. 59). – Zu Bessarions Biblio­ thek vgl. die vorzügliche Studie von Lotte Labowsky, Bessarion’s Library and the Biblioteca Marciana. Six Early Inventories (Sussidi eruditi, Bd. 31), Rom 1979. Zu Besssarions Anschaffungen nach 1468/69, auch zu nachträglichen Besitzvermerken aus dieser Zeit vgl. ibid., S.  19–35 u. S.  480. Zu den griechischen Beständen in Bessarions Bibliothek auch: Elpidio Mioni, La formazione della biblioteca greca del Bessarione, in: Gianfranco Fiaccadori et al. (Hrsg.), Bessarione e l’Umanesimo (Ausstellungskatalog Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana, 27. April – 31. März, 1994), Neapel 1994, S. 229–240. 39  Zu den wahrscheinlichen Griechischkenntnissen Albertis: Mancini 1911, S. 44; Lucia Berto­ lini, Grecus sapor: tramiti di presenze greche in Leon Battista Alberti, Rom 1998, u. id., Per la biblioteca greca dell’Alberti, in: Cardini/Bertolini/Regoliosi 2005, S. 101–103. 40  Vgl. Mancini 1911, S. 85 (vgl. a. ibid., S. 359, S. 379, S. 384 u. S. 446). 41  Siehe den auf ihrem Weg von Rom nach Venedig zeitweise in Urbino gelagerten Büchern vgl. Labowsky 1979, S. 35–37, S. 49–55, S. 218 u. S. 436. 42  Diese finden sich innerhalb des Dialogs Theogenius von 1440/41. Vgl. Susanna Gambino Longo, Savoir de la nature et poésie des choses: Lucrèce et Épicure à la Renaissance italienne, Paris 2004, S.  34, u. id., Alberti lettore di Lucrezio: motivi lucreziani nel ‚Theogenius‘, in: Albertiana 4 (2001), S. 69–84. – Zu Albertis Auseinandersetzung mit Lukrez siehe auch: Mariangela Regoliosi, Per un catalogo degli auctores latini dell’Alberti, in: Cardini/Bertolini/Regoliosi 2005, S. 105–113, hier S. 107. Zum Rückgriff auf Lukrez in Albertis Widmungsbrief von Della pittura: Smith 1992, S. 19–39. Alberti ist übrigens nicht enthalten in der klassischen Anthologie von Texten über die Optik aus der italienischen Renaissance, die Vasco Ronchi herausgegeben hat: Vasco Ronchi (Hrsg.), Scritti di ottica: Tito Lucrezio Caro e altri (Classici italiani di scienze techniche e arti, s. n.), Mailand 1968. 43  De rerum natura wurde 1417 von Poggio Bracciolini (in einem Kloster, das er von Konstanz aus während des Konzils bereiste) entdeckt, aber erst seit ca. 1430 zugänglich, da Niccolò Niccoli den Band jahrelang ausgeliehen hatte und nicht an Poggio zurückgab: so Eckhard Keßler, Ein Werk, ein Autor und ihre verwirrende Geschichte, Einleitung zu: Lorenzo Valla, Von der Lust oder Vom wah-

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ren Guten / De voluptate sive de vero bono, hrsg. v. Peter Michael Schenkel, München 2004, S.  I– LXXXI. Bereits 1414 ist die vollständige Fassung der Viten des Diogenes Laertius in Italien greif­ bar, die eine Vita Epikurs enthält (hierzu Longo 2004, S.  21). Zur Lukrez-Rezeption im Quattrocento: Eugenio Garin, Ricerche sull’ Epicureismo del Quattrocento, in id., La cultura filosofica del rinascimento italiano, Florenz 1961, S.  72–92; Michael D. Reeve, The Italian Tradition of Lucretius, in: Italia medievale e umanistica 23 (1980), S. 27– 48; Enrico Flores, Le scoperte di Poggio e il testo di Lucrezio, Neapel 1980; Cosmo Alexander Gordon, A Bibliography of Lucretius (St Paul’s Bibliographies, 13), hrsg. v. Edward John Kenney, 2. verb. Auf lage, London 1985, S. 49–50; Ali­ son Brown, Lucretius and the Epicureans in the Social and Political Context of Renaissance Florence, in: I Tatti Studies 9 (2001), S. 11–62; Michael von Albrecht, Lukrez in der europäischen Tradition, in: Gymnasium 110 (2003), S.  333–361; Michael D. Reeve, Lucretius in the Middle Ages and early Renaissance: transmission and scholarship, in: Stuart Gillespie u. Philipp Hardie (Hrsg.), The Cambridge Companion to Lucretius, Cambridge 2007, S.  205–213; Stephan J. Campbell, Giorgione’s Tempest, Studiolo culture and the Renaissance Lucretius, in: Renaissance Quarterly 56, 2 (2003), S. 299–332; Valentina Prosperi, „Di soavi licor gli orli del vaso“: la fortuna di Lucrezio dall’umanesimo alla controriforma, Turin 2004; id., Lucretius in the Italian Renaissance, in: Stuart Gillespie u. Philipp Hardie (Hrsg.), The Cambridge Companion to Lucretius, Cambridge 2007, S.  214 –226; Gerard Passannante, The Lucretian Renaissance: ancient poetry and humanism in an age of science, Diss. Princeton Univ. 2007 (Typoskript, online über ProQuest); Alison Brown, The Return of Lucretius to Renaissance Florence, Cambridge (Mass.) 2010. Jüngst: Greenblatt 2011 u. id. 2012. 44  Zu den Aussagen von Laktanz über Lukrez’ Irreligiosität beziehungsweise seine Leugnung göttlicher Providenz siehe jüngst Susanne Gatzemeier, Ut ait Lucretius. Die Lukrezrezeption in der lateinischen Prosa bis Laktanz (Hypomnemata, Bd. 189), Göttingen 2013 (zugl. Diss. Univ. Leipzig 2011), S.  274 –293. Siehe auch Brown 2001. – Mit der Frage nach der (fehlenden?) Religiosität Albertis hat sich Michel Paoli eindringlich beschäftigt: L’idée de la nature chez Leon Battista Alberti 1404–1472 (Bibliothèque Franco Simone, 29), Paris 1999, S.  87–118. Instruktiv auch: Alberti, Momus, ed. Boenke 1993, Einleitung, bes. S. 14 f. 45  Kurt Flasch, Das philosophische Denken im Mittelalter. Von Augustin zu Machiavelli, Stuttgart 1988, S. 551. 46  Sidonius Apollinaris, Epistolae II, 2, 11. Vgl. Gai Sollii Apollinaris Sidonii Epistvlae et carmina (MGH, Scriptores: Auctores antiquissimi, Bd. 8), hrsg. v. Christian Lütjohann, Berlin 1887, S. 25, u. Christian Leonhard Leucht, Tractatus novus de jure fenestrarum, von Licht- und Fenster-Recht, 2. Auflage, Nürnberg 1726 (zugl. Diss. Univ. Nürnberg ca. 1717; hier zitiert nach Exemplar der ULB Münster), S. 91. Siehe auch: Carol Elizabeth Newlands, The transformation of the ‚locus amoenus‘ in Roman poetry, Diss. Univ. of California Berkeley 1984, S. 154 –199, bes. S. 171–174. 47  Insbesondere auf De rerum natura IV, 279–291. Max Bense spricht (in einem anderen Zusam­ menhang als demjenigen der vorliegenden Studie, im Hinblick auf seine Essays zur zeitgenössi­ schen Kunst) von einem „Doppelblick der epikureischen Linse der Aufmerksamkeit und der eukli­ dischen Linse der Abstraktion“ (Max Bense, Das Auge Epikurs. Indirektes über Malerei, Stuttgart 1979, S. 9). 48  Für wertvolle Hinweise zu diesem Hintergrund des Denkens Albertis, auf die im folgenden zitierte Stelle aus den Profugiorum ab aerumna libri sowie für die großzügige Überlassung eines unveröffentlichten Typoskriptes zu Reaktionen des Renaissancehumanismus auf die Herausfor­ derungen durch Voluntarismus und Nominalismus danke ich Eckhard Keßler, München. Zum Kontext vgl. Eckhard Keßler, Die verborgene Gegenwart und Funktion des Nominalismus in der Renaissance-Philosophie. Das Problem der Universalien, in: id. u. Ian Maclean (Hrsg.), Res et verba in der Renaissance (Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung, Bd. 21), Wiesbaden 2002, S.  53–76 u. id., Die Philosophie der Renaissance. Das 15.  Jahrhundert, München 2008, S.  12 f., 77 f., 146–150 u. passim. 49  Siehe obere Anm. II.93.

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50  Alberti schreibt, was die genannte relationale Stimmigkeit angeht: „[…] tutte [le cose] corri­ spondere a un tuono, tutte aguagliarsi a un piano, tutte estendersi a una linea, tutte conformarsi a un disegno […].“ Vgl. Leon Battista Alberti, Profugiorum ab erumna libri, hrsg. v. Giovanni Ponte, Genua 1988 (im Folgenden zitiert als Alberti, Profugiorum ab erumna libri, ed. Ponte 1988), S. 83, sowie die dt. Übersetzung der hier relevanten Textpassage im Anhang dieser Studie (Appendix, Text 1). Zu dieser zentralen Stelle Roberto Cardini, Alberti o della scrittura come mosaico, in: Car­ dini/Bertolini/Regoliosi 2005, S. 91–94. Jüngst über die Profugiorum ab aerumna libri: Matthias Schöndube, Leon Battista Alberti, ‘Della tranquillità dell’animo’. Eine Interpretation auf dem Hintergrund der antiken Quellen (Beiträge zur Altertumskunde, Bd. 292), Berlin et al. 2011 (teilw. zugl. Diss. Univ. Köln 2010/11). Über den Topos der Rede als Mosaik: Eric MacPhail, The mosaic of speech: a classical topos in Renaissance aesthetics, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 66 (2003), S. 249–263. 51  Vgl. u.a.: Eugenio Garin, Leon Battista Alberti. Alcune intercenali inediti, in: Rinascimento 4 (1964), S. 125–258; Garin 1972, S. 3–20. 52  Vgl. in der vorliegenden Studie o. Anm. II.271. 53  In Kaf kas Roman Das Schloss heißt der Dorfsekretär und Bote Klamms Momus. Vgl. einfüh­ rend Hans Dieter Zimmermann, Kafka für Fortgeschrittene, München 2004, S. 183 f. 54  Vgl. Flasch 1988, S.  550  f.: man sei versucht, Alberti einen Beckett des 15.  Jahrhunderts zu nennen, käme aber der historischen Betrachtung näher, wenn man Albertis „Alpträume“, die „Passagen voller düsterer Schreckbilder, Visionen des Grauens und der Absurdität“ enthielten, wie Eugenio Garin, mit Hieronymus Bosch vergleiche. 55  Vgl. Alberti, De re aedificatoria IX, 5. Vgl. Naredi-Rainer 2008, S.  185–196 (mit Bibliogra­ phie). 56  Bredekamp 2002. 57  So jüngst Karl A. E. Enenkel, Die Erfindung des Menschen. Die Autobiographik des neuzeitlichen Humanismus von Petrarca bis Lipsius, Berlin u. New York 2008, Kap. VII.: „Der Ursprung des Renaissance-Übermenschen (uomo universale): die ‚Autobiographie‘ des Leon Battista Alberti“ (S. 189–228, bes. S.  202). Text und Übersetzung der sog. Autobiographie Albertis werden hier angeführt nach: Leon Battista Alberti, Vita, hrsg. v. Christine Tauber, Frankfurt am Main 2004 (im Folgenden zitiert als Alberti, Vita, ed. Tauber 2004). 58  Vgl. Smith 1992, S. 19–39. 59  Vgl. Elementa picturae C 1. Vgl. Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000, S. 341 f. 60  Ebenfalls dort abgedruckt u. übersetzt: ibid., S. 367 f. 61  Ich folge in meinen Ausführungen zur Thematisierung des Atoms bei Alberti den Darlegun­ gen von Keßler 2008, S.  48. Auf den Abschnitt über Albertis Denken (ibid., S.  42–50) sei hier nachdrücklich hingewiesen. 62  Vgl. zu diesem Begriff: Langen 1965 (1934). 63  Phillip H. De Lacy, Distant Views: The Imagery of Lucretius (2), in: Classical Journal 60 (1964), S. 49–55. 64  Vgl. Gillespie/Hardie 2007. 65  Lukrez, De rerum natura II, 1–14: „Suave mari magno turbantibus aequora ventis / e terra magnum alterius spectare laborem, / non quia vexari quemquamst iucunda voluptas, / sed quibus ipse malis careas quia cernere suave est; / suave etiam belli certamina magna tueri / per campos instructa, tua sine parte pericli; / sed nihil dulcius est, bene quam munita tenere / edita doctrina

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sapientum templa serena, / despicere unde queas alios passimque videre / errare atque viam palantis quaerere vitae, / certare ingenio, contendere nobilitate, / noctes atque dies niti praes­ tante labore / ad summas emergere opes rerumque potiri.“ (Der lat. Text u. die dt. Übersetzung zitiert nach: Lukrez, Von der Natur, lat./dt. [Sammlung Tusculum], hrsg. u. übers. v. Hermann Diels, mit einer Einführung u. Erläuterungen v. Ernst Günther Schmidt, 2. Auf lage, München 1993 [Erstausgabe Berlin 1923/24], S.  94  f.; diese Edition wird im Folgenden angegeben als: Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993). 66  Vgl. Hans Blumenberg, Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher, Frankfurt am Main 1997 (1. Auflage 1979). 67  Alberti, Vita, ed. Tauber 2004, S. 53 f. 68  Zu nennen ist hier auch die Schilderung einer Fernperspektive in Lukrez, De rerum natura II, 317–332. Vgl. die Beiträge von Monica Gale, Lucretius and previous poetic traditions, in: Stuart Gil­ lespie u. Philipp Hardie (Hrsg.), The Cambridge Companion to Lucretius, Cambridge 2007, S. 60–75, bes. S. 64, u. Joseph Farrell, Lucretian architecture. The structure and argument of the De rerum natura, in: Stuart Gillespie u. Philipp Hardie (Hrsg.), The Cambridge Companion to Lucretius, Cambridge 2007, S. 76–91, bes. S. 84. 69  Vgl. Blumenberg 1997, S. 13. 70  „Scripsit libellos De Pictura; tum et opera ex ipsa arte pingendi effecit inaudita et spectatori­ bus incredibilia, quae quidem parva in capsa conclusa pusillum per foramen ostenderet. Vidisses illic montes maximos vastasque provincias sinum immane[m] maris ambientes, tum e conspectu longe sepositas regiones, usque adeo remotissimas, ut visenti acies deficeret. Has res demonstra­ tiones appellabat, et erant eiusmodi, ut periti imperitique non pictas, sed veras ipsas res naturae intueri decertarent. Demonstrationum erant duo genera, unum quod diurnum, alterum quod noc­ turnum nuncuparet. Nocturnis demonstrationibus vides Arturum, Pleiades, Oriona et istiusmodi signa micantia, illucescitque excelso a rupium et verrucarum vertice surgens luna ardentque ante­ lucana sidera. Diurnis in demonstrationibus splendor passim lateque irradiat immensum terrarum orbem is, qui post irigeniam, ut ait Homerus, Auroram fulget. Quosdam Graecorum proceres, quibus mare foret percognitum, in sui admirationem pellexit. Nam cum illis mundi hanc fictam molem per pusillum, ut dixi, foramen ostenderet ac rogaret et quindam vidissent: ‚Eia – inquiunt illi – classem navium in mediis undis intuemur; eam ante meridiem apud nos habebimus, ni istic, qui ad orientem solem nimbus atque atrox tempestas properat, offenderit; tum et mare inhorruis­ se intuemur periculique signa sunt, quod a sole nimium acres mare advorsum iactat radios‘“ (Alberti, Vita, ed. Tauber 2004, S. 53). 71  Vgl. Valla, De voluptate, ed. Schenkel 2004, S. 51. 72  Ibid., S. 47. 73  Ibid., S. 51. 74  Ibid., S.  52. Vgl. Lorenzo Valla, De vero falsoque bono. Critical Edition, hrsg. v. Maristella de Panizza Lorch, Bari 1970, S. 19. – Die zitierte Stelle war nach Panizza Lorch bereits in den ersten Fassungen des Traktates (1431–1433) enthalten (ibid., S.  159). – Im Zusammenhang der vorlie­ genden Studie ist bemerkenswert, dass Andreas Beyer die Inschriften auf den Fensterrahmungen des 1466 fertiggestellten Palazzo Carafa di Maddaloni in Neapel, die zu den frühesten ungeteiltrechteckigen Fensterrahmungen an einem repräsentativen Palast der italienischen Renaissance gehören, mit Vallas De voluptate in Verbindung gebracht hat: Andreas Beyer, Parthenope. Neapel und der Süden der Renaissance (Kunstwissenschaftliche Studien, Bd. 84), Berlin u. München 2000, S. 63–136, S. 92. 75  „Ceterum ut doceam vos tota ut aiunt via errare, natura mortalibus quam plurima bona pro­ posuit. Nostrum es illis bene uti scire. Alii se ad bella accingunt? Tu ocium non relinquas, dunta­ xat cum utilius est. Illi se mari comittunt? Tu e litore securis oculis irrideas f luctus seu potius

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fluctuantes. Hi propter lucra dies noctibus fatigando iungunt? Tu fruaris quietus parto. Est hic sterilitas, pestilentia? Alio te conferas ubi letior vite conditio est. Adeo hec varietas cedet voluptati ut evenit in diesbus et noctibus, sereno et nubilo, estate et hieme“ (Valla, De voluptate, ed. Schen­ kel 2004, S. 52 f.). 76  Vgl. Lukrez, De rerum natura IV, 272 (Konjektur von Hermann Diels). Vgl. Titus Lucretius Carus, De rerum natura, lat./dt., hrsg. v. Hermann Diels, Erstausgabe mit einem Geleitwort v. Albert Einstein, 2 Bde., Berlin 1923/24, hier Bd. 1: T. Lucreti Cari De rerum natura libri sex (1923), S.  192. Siehe zu Diels Konjektur „ianua aperta“: Titus Lucretius Carus: De rerum natura Libri Sex., ed. with Prolegomena, Critical Apparatus, Translation and Commentary by Cyril Bailey, 3 Bde., 3. Auflage, Oxford 1963, hier Bd. 3, S. 1215: „‚transpectum … apertum‘: ‚an open vision through it‘; a slightly akward phrase, and Diels may be right in conjecturing aperta sc. ianua.“ − Vg. außer­ dem: William Ellery Leonard u. Stanley Barney Smith, Titus Lucretius Carus: De rerum natura Libri Sex, ed. with Introduction and Commentary, Madison u. London 1968, S. 546 (ad Lucr. IV, 270): „It is important to note that Lucretius assumes the observer to be within the house.“ Leonard u. Smith übersetzen „transpectum apertum“ mit „a unrestricted view“ (ad Lucr. IV, 270). 77  Lukrez, De rerum natura I, 70  f.: „[…] effringere ut arta naturae primus portarum claustra cupiret.“ (zitiert nach Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993, S. 10 f.). 78  Adolf H. Borbein, Zur Deutung von Scherwand und Durchblick auf den Wandgemälden des zweiten pompejanischen Stils, in: Bernard Andreae u. Helmut Kyrieleis (Hrsg.), Neue Forschungen in Pompej und den anderen vom Vesuvausbruch 79 n. Chr. verschütteten Städten (Internationales Kolloquium Essen, 11.–14. Juni 1973), Recklinghausen 1975, S. 61–70, hier S. 63–64. 79  Vgl. Gérard Simon, Der Blick, das Sein und die Erscheinung in der antiken Optik, München 1992 (1. Auflage 1991). 80  Im dritten Buch (III, 359 ff.) greift Lukrez bei der ablehnenden Erörterung der stoischen Auf­ fassung, die Augen seien passive „Fenster der Seele“ (und nicht aktiv tätige Organe) auf die Tür­ metapher zurück. Vgl. Drerup 1959a, S.152 f., u. P. Titi Lucreti Cari. De Rerum Naturae III, Einfüh­ rung, Text, Übersetzung u. Kommentar v. P. Michael Brown, Warminster, Wiltshire 1997, S. 135. 81  Hierzu Hans Belting, Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks, München 2008, S. 185–189. 82  Lukrez, De rerum natura IV, 269–325. 83  Lukrez, De rerum natura IV, 269–273: „Nunc age, cur ultra speculum videatur imago / per­ cipe; nam certe penitus semota videtur. / quod genus illa foris quae vere transpiciuntur, / ianua cum per se transpectum praebet apertum, / multa facitque foris ex aedibus ut videantur […]“ (zitiert nach Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993, S. 308 f.). 84  Lukrez, De rerum natura IV, 274–278: „[…] is quoque enim duplici geminoque fit aëre visus/ primus enim citra postes tum cernitur aër, / inde fores ipsae dextra laevaque secuntur,/ post extra­ ria lux oculos perterget et aër / alter, et illa, foris quae vere transpiciuntur“ (zitiert nach Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993, S. 310 f.). 85  „Aer duplex“: ibid., IV, 274. 86  Ibid., 279–291. 87  Vgl. Alberti, De pictura 1, 19. 88  Ibid., 2, 26 u. 46; vgl. Lukrez, De rerum natura IV, 98 u. IV, 151 ff. 89  Vgl. Alberti, De pictura 2, 26; vgl. Lukrez, De rerum natura IV, 98. 90  Vgl. Alberti, De pictura 1, 12 u. 19.

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91  Vgl. Lukrez, De rerum natura IV, 147; vgl. Alberti, De pictura 1, 31–32. 92  Vgl. De rerum natura IV, 230–239 u. IV, 505–512. 93  Vgl. De rerum natura I, 778–779. 94  Vgl. Philip R. Hardie, Lucretius and later Latin literature in antiquity, in: Gillespie/Hardie 2007, S. 111–130. – Siehe dagegen Smith 1992, S. 239, Anm. 14. 95  Lukrez, De rerum natura III, 14 –17: „[…] naturam rerum divina mente coorta, / diffugiunt animi terrores, moenia mundi / discedunt, totum video per inane geri res“ (zitiert nach Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993, S. 192 f.). 96  Lucius Annaeus Seneca, Naturwissenschaftliche Untersuchungen in acht Büchern [Naturales Quaestiones], eingel., übers. u. erl. v. Eva u. Otto Schönberger, Würzburg 1990, S. 194 (Naturales Quaestiones VII, 25, 4). 97  Seneca, Naturales Quaestiones VII, 25, 4 (Hervorhebung innerhalb des Zitates von G. B.). 98  Vgl. Achatz von Müller, Der Politiker am Fenster. Zur historischen Ikonographie eines ‚lebenden Bildes‘, in: Gottfried Boehm (Hrsg.), Homo Pictor (Colloquium Rauricum, Bd. 7), München u. Leip­ zig 2001, S. 323–340, bes. S. 324 –327. Vgl. auch Thomas Lentes, Vita Perfecta zwischen Vita Communis und Vita Privata. Eine Skizze zur klösterlichen Einzelzelle, in: Gert Melville u. Peter von Moos (Hrsg.), Das Öffentliche und das Private in der Vormoderne, Köln 1998, S. 125–164; Ganz 2006, bes. S. 126 ff. – Fenster und Ausblicke in der höfischen Epik: Riedel 1996; Wandhoff 2003; u. beson­ ders: Karina Kellermann, Der Blick aus dem Fenster. Visuelle Aventiuren in den Außenraum, in: Eli­ sabeth Vavra (Hrsg.), Virtuelle Räume. Raumwahrnehmung und Raumvorstellung im Mittelalter, Ber­ lin 2005, S. 325–341. 99  „Vidi villam … [et] balneum angustum, tenebricosum ex consuetudine antiqua: non videbatur maioribus nostris caldum nisi obscurum. […] In hoc balneo Scipionis minimae sunt rimae magis quam fenestrae muro lapideo exsectae […]: at nunc blattaria vocant balnea, si non ita aptata sunt, ut totius diei solem fenestris amplissimis recipiant, nisi lavantur simul et colorantur, nisi ex solio agros et maria prospiciunt“ (Seneca, Epistulae morales ad Lucilium 86, 4–8). 100  Horn 1967, S. 45. 101  Augustinus, Confessiones X, 8, 15 (ed. Bernhart 1980, S. 509). Vgl. Groh 2003, S. 293–300; Bös 1995. 102  Zitiert nach Cécile Caby, De l’érémitisme rural au monachisme urbain. Les camaldules en Italie à la fin du Moyen Âge, Rom 1999, S. 359, Anm. 166. Diesen freundlichen Hinweis verdanke ich Jens Niebaum. Die Hervorhebungen im Zitat von G. B. 103  Vgl. Horn 1967, S. 49 f., Ernst Kantorowicz, Le lever du roi, Paris 2004 (ursprünglich erschie­ nen als: Oriens augusti – Lever du roi, in: Dumberton Oaks Papers 17 [1963], S.  117–178); Johann Konrad Eberlein, Apparitio regis, revelatio veritatis. Studien zur Darstellung des Vorhangs in der bildenden Kunst von der Spätantike bis zum Ende des Mittelalters, Wiesbaden 1982. Vgl. a. Ute Klein­ mann, Rahmen und Gerahmtes: das Spiel mit Darstellung und Bedeutung. Eine Untersuchung des illusionistischen Rahmenmotivs im Œuvre Gerrit Dous, Frankfurt am Main 1996 (zugl. Diss. Univ. Bochum 1996), S. 69–71. Zu Rahmenformen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Buchmale­ rei: Vera Beyer, Signifikante Uneinheitlichkeit. Verhältnisse von Bildfeld und Randillustration in persischen und niederländischen Manuskripten, in: David Ganz u. Felix Thürlemann (Hrsg.), Der Plural der Bilder. Mehrteilige Bildformen zwischen Mittelalter und Gegenwart (Bild + Bild, Bd. 1), Berlin 2010, S.  67–86. Vgl. auch id., Rahmenbestimmungen. Funktionen von Rahmen bei Goya, Velázquez, van Eyck und Degas, Paderborn 2008 (zugl. Diss. Univ. Hamburg 2005). Im Erscheinen: Claudia Blümle, Der Trieb des Halbversteckten. Zum Vorhang in der Malerei, Berlin u. Zürich, vorauss. 2015. 104  Siehe in der vorliegenden Studie o. Anm. III.276.

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105  Vgl. Tönnesmann 1994, S. 140. 106  Vgl. Kellermann 2005. 107  Siehe Von Müller 2001. 108  Vgl. über „Rahmentraum und Rahmenfenster“ (so die Überschrift des entsprechenden Kapitels seiner grundlegenden Studie): David Ganz, Medien der Offenbarung. Visionsdarstellungen im Mittelalter, Berlin 2008 (zugl. Habilitationsschrift Konstanz 2005/06), S.  197–206, bes. S.  204 –206, sowie über Fenster bzw. Oberlicht auf der Eingangsminiatur des Codex des Liber divinorum operum Hildegards von Bingen in Lucca, S. 247–252. Siehe zum Fenster in Visionsbil­ dern des Mittelalters und der Renaissance auch Ganz 2006 u. Gottlieb 1981. 109  „Aber auch nachdem das Gericht im Spätmittelalter ein ‚Stubengericht‘ geworden [war und die Gerichtsverhandlungen in geschlossenen Räumen stattfanden, G. B.], erinnert das Offenhal­ ten von Thüren oder Fenstern der Gerichtsstube an das einstige Tagen der Versammlung in freier Luft“ (Karl von Amira, Grundriss des germanischen Rechts, 2. verb. Auf lage, 2. Abdruck, Strassburg 1901, S. 154; unverändert übernommen in id., Grundriss des germanischen Rechts, 3. verb. u. erw. Auflage, Strassburg 1913, S. 253). Diesen freundlichen Hinweis verdanke ich Claudia Blümle. 110  Vgl. Hoppe 2001, S. 105 (mit Literaturangaben). 111  Kellermann 2005. 112  So Rosario Assunto, Die Theorie des Schönen im Mittelalter, Köln 1982, S.  63. Siehe dort über die topische ‚Lichtmetaphysik‘ der Gotik: S.  98 ff. Eine einführende Übersicht über Entwicklung, Klimax und Krise der neueren ‚lichtmystischen‘ Gotik-Interpretation im Rückgang auf Dionysius Pseudo-Areopagita seit Erwin Panofsky gibt jüngst, mit umfangreichen bibliographischen Angaben: Leonhard Helten, Mittelalterliches Maßwerk. Entstehung–Syntax–Typologie, Berlin 2006, S. 145–152. 113  Wolfgang Kemp, Sermo corporeus. Die Erzählung der mittelalterlichen Glasfenster, München 1987, S. 18 f. Siehe zum mittelalterlichen Glasfenster als Ausblicks-Barriere und als Medium des göttlichen Lichts: Brigitte Kurmann-Schwarz,  „Fenestre vitree […] significant Sacram Scripturam“. Zur Medialität mittelalterlicher Glasmalerei des 12. und 13.  Jahrhunderts, in: Rüdiger Becksmann (Hrsg.), Glasmalerei im Kontext, Bildprogramme und Raumfunktionen (Akten des XXII. Internatio­ nalen Colloquiums des Corpus Vitrearum, Nürnberg, 29. August – 1. September 2004), Nürnberg 2005, S. 61–73. 114  Vgl. ibid.; Steffen Bogen, Träumen und Erzählen. Selbstreflexion der Bildkunst vor 1300, Mün­ chen 2001, S. 261–300 sowie ibid., S. 121–160, u. id., Verbundene Materie, geordnete Bilder. Reflexion diagrammatischen Schauens in den Fenstern von Chartres, in: Bildwelten des Wissens. Kunsthistorisches Jahrbuch für Bildkritik 3, 1 (2006), S.  72–84. Steffen Bogen danke ich sehr für seine wertvollen Hinweise. 115  Vgl. Horn 1967 u. id. 1970. Vgl. zu den Hohelied-Kommentaren der Spätantike und des Mit­ telalters: Friedrich Ohly, Hohelied-Studien. Grundzüge zu einer Geschichte der Hohelied-Auslegung des Abendlandes bis um 1200, Wiesbaden 1958; Helmut Riedlinger, Die Makellosigkeit der Kirche in den lateinischen Hoheliedkommentaren des Mittelalters (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und ­Theologie des Mittelalters, Bd. 38, H. 3), Münster 1958; Ernst Dassmann, Ecclesia vel anima. Die Kirche und ihre Glieder in der Hoheliederklärung bei Hippolyt, Origenes und Ambrosius von Mailand, in: Römische Quartalschrift für die christliche Altertumsskunde und Kirchengeschichte 61 (1966), S.  121– 143; Rosemarie Herde, Das Hohelied in der lateinischen Literatur des Mittelalters bis zum 12. Jahrhundert (Münchener Beiträge zur Mediävistik und Renaissance-Forschung, Bd. 3), Spoleto 1968; Anne W. Astell, The Song of Songs in the Middle Ages, London 1990; E. Ann Matter, The Voice of My Beloved. The Song of Songs in Western Medieval Christianity, Philadelphia 1990; Denys Turner, Eros and allegory: Medieval exegesis of the Song of Songs (Cistercian studies series, Bd. 156), Kalamazoo 1995; Rossana E. Guglielmetti (Hrsg.), Il cantico dei cantici nel medioevo: atti del convegno internazionale dell’Università degli Studi di Milano e della Società Internazionale per lo Studio del Medioevo

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Latino, Gargnano sul Garda, 22–24 maggio 2006 (Millennio Medievale, Bd. 76), Florenz 2008. Vgl. zum Hohelied in seinem historischen Kontext: Yair Zakovitch, Das Hohelied. Ausgelegt von Yair Zakovitch (Herders Theologischer Kommentar zum Alten Testament), hrsg. v. Erich Zenger, Freiburg et al. 2004, S. 148 f. u. S. 153–155 (Exkurs: „Das Motiv der ‚Fensterschau‘“). 116  Horn 1967. 117  Hld 2, 5–9. 118  Canticum Canticorum Salomonis 2, 5–9. Der Text hier wiedergegeben nach Biblia sacra: iuxta Vulgatam versionem, hrsg. v. Robert Weber et al., 5. verb. Auf lage, Stuttgart 2007, S. 997 f. In den Handschriften des Mittelalters begegnen „respiciens“ und „despiciens“: Die neueste, 18-bändige kritische Vulgata-Ausgabe der Benediktiner von San Girolamo in Rom, der u.a. die heute verbrei­ tete Handausgabe der Vulgata (ed. Weber 2007) folgt, hat im Leittext „despiciens“, gibt im Vari­ antenapparat aber auch Textzeugnisse für „respiciens“ (vgl. ibid., S. 998). Die sog. Vulgata Clementina, 1592 im Auftrag von Clemens VIII. als verbindliche Ausgabe publiziert und bis ins 20. Jh. die Grundlage für die meisten Ausgaben, hat dagegen „respiciens“, weshalb man diese Form noch häufig zitiert findet. – Peter Schmidt danke ich für diese freundlichen Hinweise, die ich hier meist wörtlich wiedergebe. Einen Einblick in die Versionsprobleme der Vulgata gibt z.B.: Laura Light, Versions et révisions du texte biblique, in: Pierre Riché u. Guy Lobrichon (Hrsg.), Le Moyen-Âge et la Bible (Bible de tous les temps, Bd. 4) Paris 1984, S. 55–93. 119  Negative Deutung der „Gitter“ von Hld 2, 9 ebenfalls bereits bei Origenes, De orat. 29, 9: „Die Gitter sind die Versuchungen, aus denen Christus befreit.“ Vgl. Origenes, „Zwei Homilien zum Hohelied“, in: Karl Suso Frank (Hrsg.), Origenes und Gregorius I, Das Hohelied (Christliche Meister, Bd. 29), eingel. u. übers. v. id., Einsiedeln 1987. 120  Horn 1967, S. 53 f. Vgl. zum Gedanken der Fragmentierung eines Anblicks durch Fenster auch eine Beschreibung der Apostelkirche in Konstantinopel von Nicolaus Mesarites, die zwischen 1198 und 1203 verfasst wurde. Beschrieben wird eine Christusdarstellung in der Kuppel. Die Fragmen­ tierung der Gestalt Christi zu einer Halbfigur wird mit der Fragmenthaftigkeit der Gotteserkenntnis des Gläubigen in Verbindung gebracht (so Carla Gottlieb, The Window in Art. From the Window of God to the Vanity of Man. A Survey of Window Symbolism in Western Painting, New York 1981, S. 106 f.). 121  Origenes, In Cant. comm. 2, 9. Übersetzung nach Horn 1967, S.  56. Vgl. Origenes, Homilien zum Hohelied, ed. Frank 1987. 122  Origenes, In Cant. comm. 2, 9. (Wilhelm Adolf Baehrens, Ueberlieferung und Textgeschichte der lateinisch erhaltenen Origeneshomilien zum Alten Testament, Leipzig 1916, S.  219, hier zitiert nach Horn 1967, S. 56, Anm. 156). 123  I Kor 13. 124  Siehe Horn 1967, S. 55 u. ibid., Anm. 146: Laktanz bezieht sich in seiner Deutung von Hld 2, 9 ausdrücklich auf die Fensterverglasung. 125  Horn 1967, S. 57. 126  So Horn 1967, S. 58. Vgl. auch Michael Psellos, Expositio in Canticum canticorum, ad locum (PG 122, Sp. 586 B–D). In englischer Übersetzung bei Gottlieb 1981, S.  100: „Yet you should understand by the wall the Old Law, which injects into mankind shadow and errors, whereas by the windows and the nets the oracles of the prophets [are meant].“ 127  Hippolyt, Kommentar zum Hohelied 2, 9. Die Stelle im Zusammenhang: Am Anfang des ‚Lie­ des der Lieder‘ (1, 3) wird auf den Wohlgeruch der Öle angespielt; auch später geht es noch einmal um den Duft von Weihrauch, Myrrhen und von Spezereien aller Art (3, 6). Vor diesem Hinter­ grund zitiert Hippolyt Phil. 4, 18 und verbindet diesen Gedanken mit Hld 2, 9. Er schreibt: „Woher duftet es gut? Paulus sagt: ‚Mein Geruch ist ebenso gut wie derjenige Gottes.‘ Siehe es duftete von den Mauern noch stärker als von den Fenstern, welche unter den Gittern waren. Die

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Mauer ist die Zeit, während welcher die Gesetze (in Israel) verkündigt wurden, aber vor den Men­ schen (Heiden) verborgen waren. Wenigen Gerechten wurde wie durch ein Fenster sein Name gepredigt. Aber die Gitter sind die Gesetze, welche (zwar) nur den Einen Gott predigten, aber die Dreieinigkeit (nur) geheimnisvoll, weil sie Kinder und Unmündige (unvollkommen) waren“. Sie­ he Hippolytus Romanus, Exegetische und homiletische Schriften (Hippolytus Romanus, Werke, Bd. 1), hrsg. v. Gottlieb Nathanael Bonwetsch (Griechische christliche Schriftsteller, Bd. 1), Leipzig 1897, S.  364  f. Der Canticumkommentar des Hippolytos ist nur fragmentarisch erhalten: Es gibt slavi­ sche, armenische und syrische Fragmente. Der zitierte Text stammt, wie mir Hans-Jürgen Horn mitteilt, aus einem umfänglichen, armenisch überlieferten Fragment, das die Kommentierung Hippolyts zu Hld 1, 5 bis 5, 1 enthält. Der Editor Hippolyts in der Reihe der Griechischen christlichen Schriftsteller, Gottlieb Nathanael Bonwetsch, zitiert dieses Fragment in einer deutschen Über­ setzung, die für ihn angefertigt wurde. Vgl. Horn 1967, S. 53, dort in Anm.  142 weitere bibliogr. Hinweise. Siehe zu Hippolyts Hohelied-Exegese auch: Ohly 1958, S. 16. Zu strukturell ähnlichen Deutungen in der griechischen Patristik: Gottlieb 1981, S. 106 f. (dort Hinweise auf Philo von Car­ pasia und Cyrill von Alexandrien). Hans-Jürgen Horn bin ich auch hier für großzügige briefliche Hinweise sehr dankbar, die ich in dieser Anmerkung teils annähernd wörtlich übernehme. 128  „Veni, consiste, propheta, testificare et dic: ‚Fenestrae apertae sunt in caelis‘“. 129  Horn 1967, S. 33 f. 130  Vgl. von Nyssa 1994, hier Bd. 1, S. 31–39. 131  Ibid., S. 58. (die dort wiedergegebene Übersetzung habe ich nach Angaben in einem Brief von Hans-Jürgen Horn an den Verf. vom 22.11.2006 leicht verändert). Vgl. Gregor von Nyssa, In Canticum canticorum (Gregorii Nysseni Opera, Bd. 6), hrsg. v. Hermann Langerbeck, Leiden 1960, S. 144 f. u. Horn 1967, S. 58: „Der Bezug zwischen der Gefangenschaft des Menschen in der end­ lichen Welt und seiner eschatologischen Hoffnung auf Freiheit, der bereits bei Origenes angelegt war, wird zu einem typologischen Verhältnis weiter ausgestaltet. Gesetz und Propheten kannten die Wahrheit nur stückhaft. Die Unterweisung der Apostel erst ließ den Logos in ganzer Fülle und weithin strahlend in Erscheinung treten. Wir gehen wohl kaum fehl in der Annahme, dass diese […] Praefiguration ihre Anwendung auf Cant 2, 9 rein assoziativ der Erwähnung der ‚δίκτυα‘ ver­ dankt. Da ‚δίκτυον‘ eigentlich ‚Wurfnetz‘ heißt, lag die Gedankenverbindung zu den Aposteln als Fischern nahe. Außerdem bot sich der parallele Bau des Verses für eine solche Auslegung an. Nei­ los von Ankyra und Cyrill von Alexandrien bieten in zwei Fragmenten ihrer Kommentare, die Prokop von Gaza in seiner Canticumkatene überliefert hat, diese Deutung“ (Horn 1967, S. 58). − Nach Gregor von Nyssa verhindert die Mauer die Erkenntnis Gottes durch den im Inneren des Hauses wohnenden Menschen zunächst. „Die providentia Gottes aber sorgt dafür, dass die Mauer aufgebrochen wird und Licht in das Dunkel fällt. Bewirkt wird dies einmal durch die Propheten und ihre Verkündigung, sodann durch das Gesetz des Alten Bundes. Daher die Fenstermetaphorik und ihre Verbindung mit Gesetz und Propheten. Bei Gregor steht ‚Gef lecht‘: ‚δίκτυον‘. Dieses Wort ‚δίκτυον‘ also, das der Lateiner mit ‚cancellus‘ wiedergibt, heißt eigentlich soviel wie ‚Fischernetz‘. Daher liegt die Flechtwerkmetapher nahe.“ (Freundliche brief liche Mitteilung von Hans-Jürgen Horn vom 22.11.2006.) Vgl. Gregor von Nyssa, Homilien zum Hohenlied, ed. Dünzl 1994, hier Bd. 2, S.  313–315, das Zitat S.  314: „[…] denn entsprechend verstehen wir die ‚Fenster‘ als die Propheten, die das Licht einlassen, die ‚Gitter‘ aber als das Gef lecht der im Gesetz enthaltenen Befehle; durch beides dringt der Glanz des wahren Lichtes ins Innere ein.“ Vgl. zur allegorischen Auslegung der ‚Gitter‘ auch ibid., S. 319 (ad Cant 2, 10–13b). 132  Zu Nilus’ Kommentar zum Fenstervers Hld 2, 9 aus indirekter Überlieferung: Horn 1967, S.  58, Anm.  167  f. – Neilos von Ancyras Hoheliedkommentar wurde inzwischen wieder aufge­ funden und ediert: Nilus von Ancyra, Kommentar zum Hohelied, bearb. v. Hans-Udo Rosenbaum (Patristische Texte und Studien, Bd. 57), Berlin u. New York 2004. Vgl. a. die bei Procopius Gazae­ us überlieferten Textauszüge aus Nilus’ Hohelied-Kommentar: id., „In Cantica Canticorum selec­ tarum expositionum epitome“, in: id., Opera quae reperiri potuerunt omnia [PG 87], hier Sp. 1599 f. [lat.] / 1600 f. [gr.]) u. Philo Carp., In Cant 2, 9 (PG 40, Sp. 67 [lat.] u. Sp. 68 [gr.]).

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133  Vgl. Horn 967, S. 58, Anm. 167 f. u. Philo Carp., In Cant 2, 9 (PG 40, Sp. 67 [lat.] u. Sp. 68 [gr.]). Der bei Philo von Carpasia wiedergegebene Textauszug aus Cyrill von Alexandrien verbin­ det die Fenster mit den Propheten und die „Díktya“ mit den „Rechtssatzungen“ des Alten Testa­ mentes. 134  Siehe Anm. III.126 der vorliegenden Studie. 135  Nilus von Ancyra, In canticum canticorum XXVII, 14 [58]. S.  Nilus von Ancyra, HoheliedKommentar, ed. Rosenbaum 2004, S. 81. 136  Ibid., 16 [58]. S.  Nilus von Ancyra, In canticum canticorum XXVII, 14 [58]. S.  Nilus von Ancyra, Hohelied-Kommentar, ed. Rosenbaum 2004, S. 81. 137  Ibid., 17 [58]. S.  Nilus von Ancyra, In canticum canticorum XXVII, 14 [58]. S.  Nilus von Ancyra, Hohelied-Kommentar, ed. Rosenbaum 2004, S. 82. 138  „Die typologische Deutung des Fensters im Hohelied scheint nun ihrerseits wieder auf die Symbolik des Kirchenbaus eingewirkt zu haben, wobei schwer abzugrenzen ist, inwieweit die Vorstellungen von Cant. 2, 9 direkt oder aber auf dem Umweg über die Spiritualisierung anderer, näher mit dem Bauwerk verknüpfter Schriftquellen wie 1. Reg 6, 4 architektonisch bedeutsam wurden.“ (Horn 1967, S. 58). Horn verweist hier u.a. auf eine syrische sog. Sughita, auf die Kathe­ drale von Edessa, etwa aus der Mitte des sechsten  Jahrhunderts und auf Beda Venerabilis, De ­templo Salomonis liber, cap. 7 (PL 91, Sp. 750  f.). Vgl. auch Friedrich Ohly, Synagoge und Ecclesia. Typologisches in Mittelalterlicher Dichtung, in: Miscellanea Mediaevalia 4 (1966), S. 351–369 (wie­­ derabgedruckt in: id., Schriften zur mittelalterlichen Bedeutungsforschung, Darmstadt 1977, S. 312– 337). Die kürzlich erschienene Darstellung und Erörterung bisheriger architekturikonologischer Interpretationen des mittelalterlichen Maßwerks durch Leonhard Helten lässt darauf schließen, dass die Hohelied-Exegese für die ikonologische Deutung der mittelalterlichen Fensterarchitektur bisher nicht herangezogen worden ist. Siehe Helten 2006, S. 143–160. 139  Zitiert nach Horn 1967, S. 53 f. 140  Vgl. Wolfgang Kemp, Parallelismus als Formprinzip. Zum Bibelfenster der Dreikönigenkapelle des Kölner Doms und verwandten Werken, in: Kölner Domblatt 56 (1991), S.  259–294. Siehe auch id. 1987, Bogen 2001, S. 261–300 sowie ibid., 121–160, u. id. 2006. 141  Id., Expositio in Cantica Canticorum (PL 172), Sp. 391A. 142  Diese freundlichen Hinweise verdanke ich Peter Schmidt, dessen Habilitation über die Illu­ strationen mittelalterlicher Hohelied-Kommentare handelt (m. W. noch unveröffentlicht). 143  Vgl. Carla Gottlieb, „Respiciens per fenestras“. The symbolism of the Mérode-Altarpiece, in: Oud Holland 85 (1970), S. 65–84; Robert Baldwin, A Window from the Song of Songs in Conjugal Portraits by Fra Filippo Lippi and Bartholomäus Zeitblom, in: Source 5, 2 (1986), S. 7–14. 144  Zur Entwicklung der Gliederungssysteme der Fenster im 12. Jahrhundert s.a. Louis Grodec­ ki, Romanische Glasmalerei, Stuttgart 1977, S. 21 ff. Über den Zusammenhang mit wissenschaftli­ chen und theologischen ‚Demonstrationsfiguren‘: Robert Suckale, Thesen zum Bedeutungswandel der gotischen Fensterrose, in: Karl Clausberg et al. (Hrsg.), Bauwerk und Bildwerk im Hochmittelalter, Gießen 1981, S.  259–294. – Über diagrammatische Strukturen und symbolischer Geometrie in figürlichen Kompositionen des Mittelalters vgl. Madeline Harrison Caviness, Images of Divine Order and the Third Mode of Seeing, in: Gesta 22 (1983), S. 99–120. 145  Vgl. zu diagrammatischen Kompositionsformen mittelalterlicher Kunst: Bogen/Thürle­ mann 2003, S. 1–22, u. Bogen 2006. 146  Vgl. Kemp 1987; Bogen 2001, S. 261–300 sowie ibid., S. 121–160, u. id. 2006. 147  Vgl. hierzu Bogen 2001, S. 279 ff. u. Bogen 2006.

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148  Weish 11, 21. 149  Vgl. o. Anm. III.131 der vorliegenden Studie. 150  Otto von Simson, The Gothic Cathedral (Bollingen Series, Bd. 48), New York 1956, S.  120, Anm. 87. 151  „Intersegazione, intercisione/intercisio“. Siehe Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 26 f., u. Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000, S. 216. 152  Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S.  26  f. u. 36  f.; Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/ Schäublin/Patz 2000, S. 214 u. S. 224. 153  Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 26 ff.; Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/ Patz 2000, S. 214. 154  Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 36–37; Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäub­ lin/Patz 2000, S. 224. 155  Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 54 –55; Vgl. Gerhard Wolf, Schleier und Spiegel. Traditionen des Christusbildes und die Bildkonzepte der Renaissance, München 2002, bes. S. 212 f. u. pas­ sim; Klaus Krüger, Das Bild als Schleier des Unsichtbaren. Ästhetische Illusion in der Kunst der frühen Neuzeit in Italien, München 2001, S. 29–34 u. passim. 156  An dieser Stelle ist, wie auch andernorts, der lateinische Text des Malereitraktates gegenüber Albertis eigener italienischen Fassung präziser: Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 54 f. 157  Ibid., S.  54  f. Wertvolle Hinweise zu Albertis Aufassung der Bildfläche verdanke ich einem unveröff. Vortragstypokript (Zum Bildverständnis Leon Battista Albertis) von Angeli Janhsen, Freiburg i. Br. 158  „Habet enim haec veli intercisio profecto commoda in se non pauca, primo quod easdem semper immotas superficies referat, nam positis terminis illico pristinam pyramidis cuspidem reperies, quae res absque intercisione sane perdifficillima est“ (Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 55; Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000, S. 248). 159  Vgl. Gottlieb 1981, S. 102. 160  Vgl. Wolf 2002; Krüger 2001. 161  Siehe in der vorliegenden Studie die obere Anm. III.96. 162  Vgl. Gottfried Boehm, Der Topos des Anfangs. Geometrie und Rhetorik in der Malerei der Renaissance, in: Ulrich Pfisterer u. Max Seidel (Hrsg.), Visuelle Topoi. Erfindung und tradiertes Wissen in den Künsten der italienischen Renaissance (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz, Max-Planck-Institut, 4. F., Bd. 3), Berlin u. München 2003, S. 48–60. 163  S. v. „Fenster“ (Walter Haas, Adolf Reinle u. Friedrich Kobler), in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. 7, München 1981, Sp. 1253–1466, hier Sp. 1327. 164  „Windows and paintings looked remarkably alike in Alberti’s time […].“ S. James S. Acker­ man, Alberti’s Light, in: Irvin Lavin u. John Plummer (Hrsg.), Studies in Late Medieval and Renaissance Painting in Honor of Millard Meiss, 2 Bde., New York 1977, hier Bd. 1, S.  1–27, S.  19. – Zu Abfolge und Datierung der beiden Versionen von Albertis Malereitraktat siehe o. Anm. III.6 der vor­ liegenden Studie sowie Picchio Simonelli 1971. 165  Die Florentiner Palazzi zeigen in den Obergeschossen noch bis an das Ende des Quattrocento Rundbogenfenster. So weist Brunelleschis Palazzo della Parte Guelfa gerahmte Rundbogenfenster auf, der 1444 begonnene Palazzo Medici und noch der 1489 begonnene Palazzo Strozzi haben Bifo­ rienfenster. Vgl. Heil 1995, S. 5–75, u. Syndikus 1996, S. 284 f.; Manfred Wundram, Frührenaissance (Kunst der Welt: Die Kulturen des Abendlandes, Bd. 43), Baden-Baden 1970, S. 123, hat auf

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die „Einfügung eines Gebälkes in die Fensteröffnungen“ der Fassade des Palazzo Rucellai hingewie­ sen, ein Vorgehen, das durchaus als Schritt zur Ablösung des Biforienfensters durch rechteckige Fenster angesehen werden kann. Vgl. Andreas Tönnesmann, Der Palazzo Gondi in Florenz (Römische Studien der Bibliotheca Hertziana, Bd. 1), Worms 1983 (zugl. Diss. Univ. Bonn), S. 64–87, Kap. V. 2: „Die Fassade des Palazzo Medici und ihre Nachfolge bis 1500“, S. 71 ff. 166  Siehe kürzlich: Christoph Luitpold Frommel, La progettazione di palazzo Rucellai, in: Leon Battista Alberti. Architetture e committenti. Atti dei Convegni internazionali del Comitato nazionale VI centenario della nascita di Leon Battista Alberti, Firenze/Rimini/Mantova, 12–16 ottobre 2004 (Inge­ nium, Bd. 12), Bd. 1, Florenz 2009, S. 49–80. 167  Finestre a colonnelli waren in Siena in Bauordnungen (von 1297 und 1309/10) für Palazzi rings um den Campo vorgeschrieben; der Text abgedruckt bei Wolfgang Braunfels, Mittelalterliche Stadtbaukunst in der Toskana, 3. Auf lage, Berlin 1966 , S. 250 [Dok. 1 u. 2]; vgl. a. ibid., S. 121 f. (die Verordnungen sind 1465 noch bindend) u. Matthias Quast, Fensterverschlüsse im Sieneser Profanbau zwischen dem 14. und dem 16. Jahrhundert und ihre Rolle bei der Entwicklung der Fassadenarchitektur, in: Burgen und Schlösser 43 (2002), S. 141–151, hier S. 199. 168  Vgl. De re aedificatoria I, 12: „In huismodi apertionibus alii alia probarunt lineamenta; sed probatissimi, ubi licuit, non nisi quadrangulis et rectilineis usi sunt.“ – „Bei Öffnungen dieser Art ist die Ansicht über deren Zeichnung eine verschiedene, doch die hervorragendsten Künstler bedienten sich, wo es möglich war, nur der viereckigen und geradlinigen Öffnungen“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Porthogesi 1966, Bd.1, S.  83; Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 59). Siehe a. De re aedificatoria VII, 12: „Fenestras et hostia veteres nusquam nisi quadrangula adiunxere.“ – „Fenster und Türen machten die Alten nur viereckig“ (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Porthogesi 1966, Bd. 2, S. 619; Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 386). Zur Rol­ le Albertis für die Ausbildung ungeteilt rechteckiger rinascimentaler Fensterformen siehe zusam­ menfassend Syndikus 1996, S. 285–301, u. Heil 1995, S. 246. 169  Vgl. Haas, Reinle/Kobler, 1981, Sp. 1329, Heil 1995, S. 5–150 u. Syndikus 1996, S. 284 – 302. Nach Heil entsteht um 1450 der vermeintlich antikisierende Typus des (geteilt-)rechteckigen Kreuzstockfensters (Heil 1995, S. 153–181) und vereinzelt des ungeteilten, umlaufend gerahm­ ten Rechteckfensters (ibid., S. 218–245); ungeteilte, umlaufend gerahmte Rechteckfenster sind ab ca. 1450 an den Hoffassaden Florentiner Palazzi anzutreffen (ibid., S. 222). Ädikulafenster werden während des Quattrocento im Profanbau zunächst nur zögerlich eingesetzt und an Palastfassaden frühestens seit 1465 realisiert, so z.B. an der Fassade des Palazzo Bandini-Piccolomini (vgl. dazu ibid., S.  247–280, u. Syndikus 1996, S.  284 –300). Francesco di Giorgio fordert sie schließlich ausdrücklich für Paläste (Heil 1995, S. 270–272). Eine weitere Spielart des im Quattrocento noch seltenen ungeteilt-rechteckigen Fensters ist das pilastergerahmte Travéefenster, das um 1465 in Pesaro und Urbino entsteht (so Heil 1995, S 183–211). 170  Das Datum belegt eine zeitgenössische Rechnung: Vgl. hierzu Syndikus 1996, S.  284, Anm. 1146. 171  Nach Heil 1995, S.  224–227, handelt es sich hier um die erste anspruchsvolle italienische Renaissancefassade, die ausschließlich ungeteilt-rechteckige Fenster aufweist. Vgl. Syndikus 1996, S.  279– 281 u. Paolo Carpeggiani, Il palazzo gonzaghesco di Revere, Mantua 1974; James Lawson, The Palace at Revere and the Earlier Architectural Patronage of Lodovico Gonzaga, Marquis of Mantua (1444–78), Diss. Univ. Edinburgh 1979, u. id., The Building History of the Gonzaga Palace at Revere, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 29 (1985), S. 197–228. 172  Zur Villa Medici in Fiesole siehe Martini/Mazzini 2004 sowie Fabiani Giannetto 2004 u. id. 2008. Die Fensterrahmungen der Obergeschosse scheinen nicht authentisch zu sein: Martini/ Mazzini 2004, S. 32 f. u. S. 149, sowie Ferrara/Quinterio 1984, S. 255; Ruffinière Du Prey 1994, S.  51. Bei Restaurierungsarbeiten im westlichen Teil des Obergeschosses wurden eingemauerte Biforien (einer oberen Loggia?) sichtbar (Ferrara/Quinterio 1984, S. 255).

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173  Vgl. zu beiden Villen James S. Ackerman 1990, S. 63–73. Die Villa in Careggi zeigt nach Heil 1995, S. 222, die um die Mitte des Jahrhunderts innovative Form des all’antica gerahmten, unge­ teilten Rechteckfensters, das mit dem vorspringenden Abschlussgesims und der konsolgestützten Sohlbank „neue Elemente in der Fenstergestaltung des Quattrocento“ einführe. 174  Vgl. Heil 1995, S.  240. Vgl. Howard Saalman, Filippo Brunelleschi. The Buildings (Studies in architecture, Bd. 27), London 1993, S. 175–179. 175  Vgl. Heil 1995, S. 226. Siehe zum Umbau des Palazzo del Podestà: Piero Gazzola, Il palazzo del Podestà a Mantova a Mantova e i lavori eseguiti dalla Banca Agricola Mantovana nel centenario della fondazione, Mantua 1973; Corinna Vasi c´ Vatovec, Luca Fancelli architetto. Epistolario gonzaghesco. Prefazione di Franco Borsi (Biblioteca di architettura: Saggi e documenti, Bd. 19), Florenz 1979, S. 148 ff.; Heil 1995, S. 226 f., sowie Anna Maria Lorenzoni, Il principe e l’architetto. Luca Fancelli al servizio di Ludovico II Gonzaga, in: Cesare Mozzarelli (Hrsg.), La corte di Mantova nell’ età di Andrea Mantegna (Biblioteca del Cinquecento, Bd. 75), Rom 1997, S. 235–242. Den Hinweis auf den Palazzo del Podestà in Mantua verdanke ich Kurt W. Forster. – 1465 ist Luciano Laurana am Hof der Gonzaga in Mantua beschäftigt; vgl. dazu Roeck/Tönesmann 2005, S. 123. 176  Siehe Beyer 2000, S. 63–136, bes. S. 93 f. 177  Nach mündlich mitgeteilter Auffassung von Christoph Luitpold Frommel wohl schon kurz vor den Travéefenstern des Palazzo Ducale in Urbino entstanden. – Siehe zum Palazzo Sforza in Pesaro: Heil 1995, S. 206–209, S. 206: „1465 datiert der einzige bekannte Kontrakt über ein vier Fuß hohes Gesims, vermutlich das Kranzgesims. 1465 und 1466 hält sich auch Laurana in Pesaro auf.“ Vgl. Sabine Eiche, Alessandro Sforza and Pesaro. A Study in Urbanism and Architectural Patronage, Diss. Princeton Univ. 1983 (Typoskript, Ann Arbor 1985), S.  209–213. Eiche vertritt die These, dass die ersten Travéefenester des Palazzo Sforza in Pesaro bereits um 1457–64 datieren und daher den urbinatischen Fenstern vorangehen. Vgl. Sabine Eiche, Massimo Frenquellucci u. Mari­ stella Casciato, La corte di Pesaro dalle case malatestiane alla residenza roveresca, in: Maria Rosaria Valazzi (Hrsg.), La corte di Pesaro. Storia di una residenza signorile, Modena 1987, S. 13–55, hier S. 24. 178  Traditionell Francesco di Giorgio Martini zugeschrieben. Sonja Müller, Palast- und Villenbau in Siena um 1500, Darmstadt 1999 (zugl. Diss. Univ. Darmstadt 1996), S. 46, verweist in Zusammen­ hang mit dem Palazzo Bandini-Piccolomini auf die Casa Calusi-Giannini und bezieht deren Fenster­ rahmungen aus dem späten Quattrocento auf die Rahmungen von Altartafeln dieser Zeit. Heil 1995, S. 261–263, datiert den Palazzo Bandini-Picolomini um 1465 (S. 262). 179  Siehe Heil 1995, S. 261–263. Gerda Bödefeld, Die Villen von Siena und ihre Bauherren. Architektur und Lebenswirklichkeit im frühen 16. Jahrhundert, Berlin 2003 (zugl. Diss. Univ. Kassel 2001) weist darauf hin, dass die Steuererklärungen eine Bauzeit ab 1453 belegen; nach Ausweis dieser Doku­ mente muss die Villa 1465 fertiggestellt gewesen sein (ibid., S. 31 f.). 180  Zu frühen rechteckigen Palastfenstern vgl. auch die wichtigen Ausführungen von Michael Lingohr, Der Florentiner Palastbau der Hochrenaissance. Der Palazzo Bartolini Salimbeni in seinem historischen und architekturgeschichtlichen Kontext, Worms 1997 (zugl. Diss. FU Berlin 1992), S. 103–108. 181  Vgl. Giorgio Vasari il Giovane, Porte e finestre di Firenze e di Roma (Manuskript mit Illustra­ tionen), Florenz, Uffizien, GDSU, 4715A – 4944A, abgedruckt in: Franco Borsi (Hrsg.), Il disegno interrotto. Trattati medicei d’architettura, 2 Bde., Florenz 1980 (Documenti inediti di cultura tosca­ na, Bd. 4), Bd. 2: Tavole, S. 69–107; Christoph Luitpold Frommel, Der römische Palastbau der Hochrenaissance (Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Bd. 21), 3 Bde., Tübingen 1973; Gino Chierici, Il palazzo italiano dal secolo XI al secolo XIX, 2. erw. Auf lage Mailand 1964 (1. Auf la­ ge Mailand 1957); Mario Bucci, Palazzi di Firenze. Fotografie di Raffaello Bencini, 4 Bde., Florenz 1971–74. – Zur zunehmenden Bevorzugung rechtwinkliger Öffnungs- und Rahmungsformate in den architektonischen Entwürfen Michelangelos: Golo Maurer, Fatiche su carta. Michelangelo disegnatore di architettura, in: id. u. Alessandro Nova (Hrsg.), Michelangelo e il linguaggio del disegno

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d’architettura (Collana del Kunsthistorisches Institut in Florenz, Max-Planck-Institut, Bd. 16), Venedig 2012, S. 32–52, bes. S. 41–52 („2. Michelangelo e il rettangolo“). Golo Maurer danke ich für wert­ volle Hinweise und freundliche Überlassung des zweiten Teils seines Manuskriptes über Michelangelo und das Rechteck vor Abdruck von dessen italienischer Übersetzung. 182  Nach Rotondi waren die Substruktionen des Giardino Pensile bei Lauranas Abreise noch nicht fertiggestellt. Sie seien von Francesco di Giorgio – also zwischen 1474 und 1482 – vollendet und erweitert worden (Rotondi ging noch von 1474 statt 1476 als Beginn des urbinatischen Aufenthal­ tes Francescos aus). Vgl. Pasquale Rotondi, The Ducal Palace of Urbino. Its Architecture and Decoration, London 1969, S.  68 (gekürzte Ausgabe des immer noch fundamentalen Standardwerkes: id., Il Palazzo Ducale di Urbino, 2 Bde., Urbino 1950/51, hier Bd.1, S. 315). Brunella Teodori, Note critiche e storia dei ristauri del giardino pensile, in: Maria Luisa Polichetti (Hrsg.), Il Palazzo di Federico da Montefeltro (Ausstellungskatalog Urbino), 2 Bde., Urbino 1985, Bd. 1, S. 529–553, eine deutlich an Sta­ tius’ Silvae angelehnte Beschreibung des Porcellio de’ Pandoni (datiert „um 1474“, ibid., S. 529), die den Garten bereits um 1474 schildert, als wäre er vollendet. Diese Ekphrase kann allerdings seine Fertigstellung antizipieren (der Text abgedruckt bei Luisa Fontebuoni, Regesto documentario, in: Maria Luisa Polichetti (Hrsg.), Il Palazzo di Federico da Montefeltro (Ausstellungskatalog Urbino), 2 Bde., Urbino 1985, Bd. 1, S.  355– 421, hier S.  364  f.). – Die Frage, wer für die Konzeption des Giardino Pensile zeichnete, ob Luciano Laurana (1465/66–1472) oder Francesco di Giorgio (1476– 1482), ist umstritten. Teodori 1985, S.  550, Anm.  3, gibt eine instruktive Zusammenstellung der Meinungen zur Zuschreibung. – Die imposanten Substruktionen des Giardino Pensile samt den unterirdischen Stallungen sind Zeugnisse einer durch anspruchsvolle Technologie erreichten Natur­ beherrschung. Zum Zusammenhang von Naturbeherrschung und inszenierter Landschaftswahr­ nehmung in der zeitgenössischen Architektur der Stadt Pienza, die ebenfalls umfangreiche Sub­ struktionen aufweist, siehe Tönnesmann 1990, S. 63 ff., bes. S. 73. – Zur Datierung des urbinatischen Palastgartens vgl. den einschlägigen Beitrag von Francesco Paolo Fiore, Siena e Urbino, in: id. (Hrsg.), Storia dell’architettura italiana. Il Quattrocento, Mailand 1998, S.  272–313 (jeweils mit Bibliogra­ phie), S. 295 f.; nach Werner Lutz, Luciano Laurana und der Herzogspalast von Urbino, Weimar 1995, S.  80 sowie S.  161–163, ist er erst in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre fertiggestellt worden, jedoch ibid., S.  106: „bald nach 1474 vollkommen vollendet.“ – Reeve 2007, S.  223, weist darauf hin, dass die beiden aus der urbinatischen Bibliothek erhaltenen Manuskripte der Silvae des Statius vor 1473 entstanden seien; eines (Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex urb. lat. 667) ist dem 1473 verstorbenen Alessandro Sforza, dem Herrscher von Pesaro, gewidmet. Erstdruck der Silvae: Vene­ dig 1472 (ibid., S. 207). 183  Zur Rekonstruktion des Giardino Pensile Rotondi 1969, S. 68 u. Teodori 1985, S. 533–537. 184  Ein ähnlich ambivalentes Verhältnis zwischen der Abgeschlossenheit eines Gartens und sei­ ner Öffnung auf eine Landschaft durch Fenster beschreibt Pietro Bembo in seinen 1505 erstmals erschienenen Asolani (Pietro Bembo, Gli Asolani, I, 5). Die Fenster des Gartens der Caterina Cornaro bei Asolo sind bei Bembo, der die Villenbriefe des Plinius rezipiert hat, ebenfalls aus „marmi bianchissimi“ gearbeitet und weisen Sitzbänke auf (siehe Bek 1974, S. 154). Vgl. auch Aulo Giano Parra­ sios Epikedion auf Ippolita Sforza V, 6: „quid sepire iuvat vitreis specularibus hortos“ (zitiert nach Klein 1987, S.  82). Plinius’ Villenbriefe thematisieren, wie erwähnt, Fensterausblicke mehrfach. Federico besaß schon vor seiner Ernennung zum Herzog eine Handschrift der Pliniusbriefe. Vgl. Ludwig Heinrich Heydenreich, Federico da Montefeltro as Building Patron: Some Remarks on the Ducal Palace of Urbino, in: Jeanne Courtauld (Hrsg.), Studies in Renaissance and Baroque Art Presented to Anthony Blunt on His Sixtieth Birthday, London et al. 1967, S. 1–6, in diesem Aufsatz vertritt Heyden­ reich die These, mit dem Studiolo habe sich Federico auf das Laurentinum des Plinius bezogen (sie­ he auch Heydenreich 1967, S.  160  f., Anm.  18). Vgl. a. Luciano Cheles, The Studiolo of Urbino. An Iconographic Investigation, Wiesbaden 1986, S.  22–23, u. Ruffinière Du Prey 1994 , S.  22  f. (Das Motiv des Ausblicks in die Ferne vom Garten aus ist vorgebildet auch in Longos, Daphnis und Chloe 6, 1,3–3,1; vgl. Settis 2005, S. 40– 47.) Grundlegend zur Ikonographie des Studiolo: Virginia Grace Tanzer, The Iconography of the ‚Studiolo‘ of Federico da Montefeltro in Urbino, 2 Bde., Diss. Brown University 1985 (Typoskript, Ann Arbor 1987).

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185  Im übrigen Palast befindet sich die Travéerahmung nur am Außenbau, nicht an den Innenwän­ den (wobei die inneren Mauern des Giardino Pensile kein Innen im herkömmlichen Sinn eingren­ zen, da dieser nicht überdacht ist). 186  Alberti fordert, Fenster analog zu den Türen auszustatten, und empfiehlt anschließend die korinthische Ordnung für Fenstereinfassungen privater Paläste (De re aedificatoria IX, 3); vgl. Heil 1995, S. 187 f. Die Travéen der Westfassade des Palazzo Ducale von Urbino entsprechen den von Alberti genannten Proportionen in De re aedificatoria IX, 3 (Heil 1995, S.  194); vgl. auch Lutz 1995, S. 161–163 u. S. 82 f. 187  Alberti, De re aedificatoria IX, 3 (Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Porthoghesi 1966, Bd. 2, S. 801). Siehe Heil 1995, S. 261–263. 188  Ibid., S. 188–195, bes. S. 188. 189  Vgl. Heil 1995, S. 185. 190  Heinrich Klotz, Filippo Brunelleschi. Seine Frühwerke und die mittelalterliche Tradition, 2. Auf­ lage Stuttgart 1990 (1. Auf lage 1970), S. 47. 191  Vgl. zur antiken Terminologie: lumen – aer – prospectus S. 138–140 der vorliegenden Studie. 192  Ein weiterer Grund für den Einbau der Fenster ist sicher auch die auf den Anblick von außen berechnete Gliederung der langgestreckten Gartenwand durch die Fensterrahmungen und eine Ver­ einheitlichung der Ansicht des gesamten Palastes. Das Fenster ist zudem ein Hoheitssymbol, in dem von alters her Herrscher ihren Untertanen erscheinen und so ihre Distanz zu den niedriger Gestellten ausdrücken. Umso bemerkenswerter die von Sixten Ringbom, Filippo Lippis New Yorker Doppelporträt: Eine Deutung der Fenstersymbolik, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 48 (1985), S. 133– 137, erörterte Miniatur aus einem urbinatischen Manuskript der Disputationes Camaldulenses, die um 1475 entstanden ist und die Federico da Montefeltro und Cristoforo Landino in einer rechtwinkli­ gen, ungeteilten Fensteröffnung zeigt. 193  Alberti, De re aedificatoria IX, 3, vgl. Alberti, De re aedificatoria, ed. Orlandi/Porthogesi 1966, Bd. 2, S. 801, u. Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 484; siehe hierzu Heil 1995, S. 194, u. Lutz 1995, S. 82 f. u. S. 161. Die Maße der Fensteröffnung – also des Sichtfeldes – entsprechen genau einer Proportion, die Albertis Architekturtraktat für die apertio der Fenster in Längswänden angibt: Die Höhe misst sieben Viertel der Breite (IX, 3). Vgl. Heil 1995, S. 194, u. auch Lutz 1995, S. 161–163. Auch die ungerade Anzahl der Fenster und ihre korinthischen Pilaster stimmen mit den Angaben Albertis überein. Diese sind allerdings insoweit frei umgesetzt, als der Traktat die genann­ te Proportion nur für Längswände mit drei Fenstern vorsieht. 194  Heil 1995, S.  194: „glatte Pfosten und ein glatter Sturzbalken“; dieses Motiv ist wohl vom Herzogspalast von Revere abgeleitet; zu dessen Portal siehe Heil, ibid., S. 224–226; Syndikus 1996, S. 279–281. 195  Klotz 1990, S. 47. 196  Siehe Marco Campigli, Luce e marmo. Agostino di Duccio, Florenz 1999, Taf. 27, u. Stanko Kokole, Agostino di Duccio in the Tempio Malatestiano 1449–1457: Challenges of Poetic Invention and Fantasies of Personal Style, Diss. Johns Hopkins Univ., Baltimore 1997 (Typoskript, zitiert nach Ex. Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster). 197  Vgl. Arasse 1999, Abb. 125 u. o. Anm. I.49. 198  Vgl. etwa Michael Baxandall, Patterns of Intention. On the Historical Explanation of Pictures, New Haven u. London 1985, S.  105–135 (zur Taufe Christi von Piero della Francesca in London, National Gallery); Angeli Janhsen, Perspektivregeln und Bildgestaltung bei Piero della Francesca, München 1990 (zugl. Diss. Univ. Bochum 1987), S. 79–91 (zur Auferstehung Christi Pieros in Borgo San Sepolcro). Dieses Fresko Pieros besitzt als gemalte Rahmung zwei Säulen, die ein Gebälkstück

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tragen. Es wird auf die Jahre 1458 bzw. 1467 datiert (vgl. Ronald Lightbown, Piero della Francesca, New York, London u. Paris 1992, S. 197). Die perspektivische Ansichtigkeit der Szenerie und des Bildraumes wird konterkariert durch die hieratische Komposition der Fläche zwischen den Säulen und die Betonung der Mittelsenkrechten, der Mittelwaagerechten und des absoluten Bildmittel­ punktes, der sich im Nabel Christi zu befinden scheint. Vgl. zur Dialektik von Raumkonstruktion und Flächenkomposition in der Malerei der italienischen (Proto-)Renaissance Max Imdahl, Giotto, Arenafresken. Ikonographie – Ikonologie – Ikonik, 2. Auf lage, München 1988, bes. S. 22 f. (zu Pieros Geißelung Christi in Urbino), u. Puttfarken 2000, bes. S. 3–96. – Die Frage, wie gemalte Architek­ turen die Travéefenster des Palazzo Ducale vorbereitet haben, bedürfte näherer Untersuchung. 199  William M. Ivins, On the Rationalization of Sight. With an Examination of Three Renaissance Texts on Perspective, New York 1938 (Reprint 1973). 200  Heil 1995, S. 186: „Für Einzeltravéen, die eine Tafel oder Öffnung einfassen, sind aus der An­­­tike kaum Beispiele bekannt.“ Heil 1995, S.  193, verweist – wenig überzeugend – auf das Augus­t ustor im nahen Rimini. Vgl. a. die Nischenädikulen der römischen Brücke in Rimini (John B. Ward-Perkins, Roman Imperial Architecture (The Pelican History of Art, s. n.), Harmonsworth 1981, S.  178, Abb. 107). Hingewiesen sei auch auf die Porta dei Borsari zu Verona (ibid., S.  180, Abb. 108). 201  Als Vorbild in Frage käme allerdings das Eingangsportal des Palazzo del Banco Mediceo in Mai­ land (wohl 1453–1464). Siehe Georgia Clarke, Roman House – Renaissance Palaces. Inventing Antiquity in Fifteenth-Century Italy (Architecture in Early Modern Italy), Cambridge 2003, S.  248 (vgl. ibid., Abb. 156, S.  253). Einziges weiteres mir bekanntes Beispiel eines Frührenaissance-Portals ohne Bekrönung durch Ädikula oder voltarella ist Rossellinos 1446 datiertes Portal der Sala del Con­ sistorio im Palazzo Pubblico zu Siena. Es wird allerdings von Säulen flankiert. Vgl. Syndikus 1996, Abb. 257 (den freundlichen Hinweis verdanke ich Candida Syndikus. Sehr verwandt mit den urbi­ natischen Fenstern ist das pilasterflankierte Hauptportal des erwähnten Castello Gonzaghesco in Revere, mit Binnenrahmung wie in Urbino. Es wird allerdings von einer Ädikula bekrönt (Syndikus 1996, Abb. 286). Ibid., S. 252–283, werden Frührenaissance-Portale mit antikisierender Rahmung eingehend erörtert. Bei diesen entwickelt sich die all’antica-Rahmung von architektonischen Öff­ nungen rascher als bei Fenstern, dennoch sind all’antica-Portale in aller Regel nicht als pilasterge­ rahmte Travéen ausgebildet. – Siehe auch die Travéeportale Michelozzos im retrocoro im San Marco zu Florenz mit kannelierten korinthischen Pilastern aus den Jahren 1438– 43. Siehe Heil 1995, S. 187, u. Harriet McNeal Caplow, Michelozzo, 2 Bde., New York 1977 (zugl. Diss. Columbia Univer­ sity 1970), hier Bd. 2, Fig. 219. 202  Vgl. zu deren Genese die fundamentale Studie von Merzenich 2001, bes. S.  95–106 (mit Bibliographie), sowie id., Ein Altarwerk für Ser Michele di Fruosino und die Verkündigung in San Lorenzo zu Florenz, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 41, 1/2 (1997), S. 68–91. S. a. Victor M. Schmidt, Filippo Brunelleschi e il problema della tavola d‘altare, in: Arte cristiana N.S. 80 (1992), S. 451– 466; Hubert Locher, Das gerahmte Altarbild im Umkreis Brunelleschis. Zum Realitätscharakter des Renaissance-Retabels, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 56 (1996), S. 487–507. 203  Vgl. Christoph Merzenich, Vom Schreinerwerk zum Gemälde. Florentiner Altarwerke der ersten Hälfte des Quattrocento. Eine Untersuchung zu Konstruktion, Material und Rahmenform, Berlin 2001, S. 109. 204  Wie laut Merzenich 2001, S.  106 u. S.  109, ein Auftragsbuch Neri di Biccis aus dem Jahr 1453 belegt. Merzenich 1997 setzt sich kritisch mit Locher 1993 und der älteren Literatur zur Entstehung der Renaissance-Pala auseinander. Nach Locher ist die pilastergerahmte Rahmenfor­ mel der Renaissance-Pala in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Albertis Malereitraktat (1435/36) erstmals 1434 im Kreis Brunelleschis in San Lorenzo zu Florenz entwickelt worden (Vgl. hierzu auch Anm. III.202 u. III.221 der vorliegenden Studie). Dies ist laut Merzenich 1997, S.  74 –82, unzutreffend, da die Verkündigung Filippo Lippis aus der Martelli-Kapelle in San Lorenzo keinen

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originalen Rahmen aufweise und eine diptykale Binnengliederung besessen habe. Vgl. hierzu auch Merzenich 2001, S. 105 f. 205  Ibid., S. 109, hält die These der Existenz „rein rinascimentaler Altarformen schon in den 30er Jahren [für] obsolet“, weist aber auf eine frühe tavola quadrata hin, die in Auseinandersetzung mit Donatellos Ludwigstabernakel von 1423 an Orsanmichele und mit Masaccios Fresko der Trinität (wohl 1427 vollendet) entstanden sei: Fra Angelicos Verkündigung in Cortona, um 1435, mit origi­ nalem Rahmengehäuse. Weitere Beispiele von tavole quadrate vor 1450 (ibid., Abb. 122, 133, 135, 138 u. 139) haben nach Merzenich noch wenig gemeinsam mit der tavola quadrata all’antica (ibid., S.  107). Das Gesamtschema stimmt allerdings überein. Zu frühen tavole quadrate vor 1450 mit hybriden, teils mittelalterlichen, teils antikisierenden Rahmenformen als Vorstufen der tavola quadrata all’ antica ibid., S. 106–109. Vgl. a. Werner Jacobsen, Die Maler von Florenz zu Beginn der Renaissance (Italienische Forschungen der Kunsthistorischen Institute in Florenz, 4. F., Bd. 1), München u. Berlin 2001, Abb. 116 u. 140. 206  Vgl. Michaela Kalusok, Tabernakel und Statue. Die Figurennische in der italienischen Kunst des Mittelalters und der Renaissance (Beiträge zur Kunstgeschichte des Mittelalters und der Renaissance, Bd. 3), Münster 1996, S. 147–207, außerdem Joachim Poeschke, Donatello. Figur und Quadro, Mün­ chen 1980, S. 42 ff. 207  Siehe die Aufzählung von Beispielen bei Heil 1995, S. 185, Anm. 2. Im Umkreis des Palazzo Ducale kann auch auf die Pilasterrahmungen der Reliefs Agostino di Duccios im Tempio Malatestia­ no in Rimini (entstanden zwischen 1449 und 1457 und die Darstellung Sigismondo Malatestas (in der Cappella delle Relique) von Piero della Francesca, signiert und datiert 1451, verwiesen werden. Agostino verbindet in der Cappella dei Pianeti das Pilastermotiv mit fernsichtigen Landschaftsreliefs. Piero della Francescas Fresko im Tempio Malatestiano wiederum zeigt Sigismondo Maletesta vor einer Pilastertravée, die wohl ursprünglich von einer gemalten Marmorinkrustation hinterfangen war (vgl. hierzu Mario Salmi, La pittura di Piero della Francesca, Novara 1979, S. 54). 208  Klotz 1990, S. 47. 209  Siehe zur Formenverwandtschaft von Nischen und Fenstern in Antike und Mittelalter: Kalu­ sok 1996, S. 95. 210  Man kann das Travéefenster wie auch die Travéerahmung der Renaissance-Pala als Reduktion einer Ädikulaform begreifen. Insofern bezieht sich die neue all’antica-Rahmung der Gemälde auch auf Ädikulafenster der Protorenaissance wie jene am Baptisterium in Florenz (und auf die Ädikulen im Inneren des Pantheon sowie auf Rahmungen von Öffnungen antik-römischer Architektur). 211  Vgl. ibid. u. Kalusok 1996, S. 147–207, außerdem Poeschke 1980, S. 42 ff. 212  Zum Frührenaissance-Tabernakel einschlägig: Hans Caspary, Das Sakramentstabernakel in Italien bis zum Konzil von Trient. Gestalt, Ikonographie und Symbolik, kultische Funktion, München 1965 (zugl. Diss. Univ. München 1961). Vgl. auch: Francesco Caglioti, Altari eucaristici scolpiti del primo Rinascimento: qualche caso maggiore, in: Jörg Stabenow (Hrsg.), Lo spazio e il culto. Relazioni tra edificio ecclesiale e uso liturgico dal XV al XVI secolo, Venedig 2006. S. 53–89, u. id., Paolo Romano. Mino da Fiesole e il tabernacolo di San Lorenzo in Damaso, in: Scritti in ricordo di Giovanni Previtali (Prospettiva 53–56 [1988/89]), Florenz 1990, S. 245–255; Thomas Pöpper, ‚… una certa opera di marmoro che vulgare se chiama tabernaculo‘: Zu zwei identifizierten römischen Sakramentstabernakeln nebst einem Exkurs zu Andrea Bregno, Giovanni de Larigo und den Fenster-Aedikulen des Palazzo Raffaele Riario (La Cancelleria) in Rom, in: Jahrbuch der Berliner Museen N.F. 45 (2003), S. 39–63. 213  Das Tabernakel der Cavalcanti-Verkündigung besitzt allerdings einen Segmentbogen-Aufsatz, der in Voluten ausläuft. Joachim Poeschke, Die Skulptur der Renaissance in Italien, Bd. 1: Donatello und seine Zeit, München 1990, S.  95, datiert das Werk „um 1435“. Vgl. ibid., S.  106  f. Zur CavalcantiVerkündigung siehe auch Ulrich Pfisterer, Donatello und die Entdeckung der Stile, 1430–1445 (Römi­ sche Studien der Bibliotheca Hertziana, Bd. 17), München 2002, S. 232–267.

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214  Vgl. Anna Jolly, Madonnas by Donatello and his Circle (European University Studies, Series 28: History of Art, Bd. 319), Frankfurt am Main et al. 1998. Merzenich 2001, S.  107, verweist zudem auf toskanische Terracotta-Altärchen. Vgl. auch Anm. III.217 u. III.223 der vorliegenden Studie. 215  Vgl. Pfisterer 2002, S. 238 f. 216  Zur Ikonographie Mariens als fenestra coeli und als porta coeli siehe grundlegend Gottlieb 1981. Siehe a. Krüger 2001, S. 46–59; Goffen 1989, S. 132 f. 217  Vgl. Michael Greenhalgh, Donatello and his Sources, London 1982, S. 84–88; Meinolf Trudzin­ ski, Beobachtungen zu Donatellos Antikenrezeption, Berlin 1986, S. 67–73; Pfisterer 2002, S. 238. 218  Vgl. zu „Formaterweiterung“ und „Formatreduktion“ zu Beginn des 15. Jahrhunderts: Felix Thürlemann, Die Miniatur und ihr Jenseits: zu den Formaterweiterungen in den ‚Très Riches Heures‘ der Brüder Limburg, in: David Ganz (Hrsg.), Ästhetik des Unsichtbaren. Bildtheorie und Bildgebrauch in der Vormoderne (KultBild: Visualität und Religion in der Vormoderne, Bd. 1) Berlin 2004, S. 240– 259. 219  Der italienische Text Filaretes aus dem Codex Magliabechianus II, I, 140 bei Filarete, Baukunst, ed. von Öttingen 1890, S. 273 f. Siehe auch Filarete, Treatise, ed. Spencer 1965, Bd. 1, S. 103 (fol. 59 verso). Die deutsche Übersetzung wird hier wiedergegeben nach Wladyslaw Tatarkiewicz, Geschichte der Ästhetik, 3 Bde., Basel u. Stuttgart 1987 (Erstausgabe Warschau 1967), hier Bd. 3: Die Ästhetik der Neuzeit. Von Petrarca bis Vico, S. 80. 220  Vgl. Arnaldo Bruschi, Brunelleschi e la nuova architettura fiorentina, in: Francesco Paolo Fiore (Hrsg.), Storia dell’architettura italiana: il Quattrocento, Mailand 1998, S. 38–113. 221  Diese Formulierung findet sich in einem Dokument des Kapitels von S. Lorenzo aus dem Jahr 1434, das Jeffrey Ruda veröffentlicht hat: id., A 1434 Building Programme for S. Lorenzo in Florence, in: The Burlington Magazine 120 (1978), S. 358–361. Darin ist die Rede von je einer „tabula quadrata sine civoriis“ für die Altarbilder der Seitenkapellen. Vgl. zur Geschichte der „tavola quadra“ im Quattrocento: Merzenich 2001, bes. S. 95–106 (mit Bibliographie), sowie id. 1997, S. 68–91, u. Schmidt 1992, S. 451– 466; Locher 1993, S. 487–507. 222  Vgl. Merzenich 2001, S. 109 u. Blum 2008a. 223  Vgl. Giancarlo Gentilini, Sulle prime tavole d’altare in terracotta, dipinta e invetriata, in: Arte cristiana 80 (1992), S. 439– 450. 224  Vgl. Merzenich 2001, S. 105–109, u. Anm. S. 186–89 der vorliegenden Studie. 225  Vgl. Plinius, Epistulae V, 6, 13. Vgl. dazu Anm. 134. 226  Vgl. Horn 1970 u. besonders von Müller 2001. 227  Vgl. zu Fensterverschlüssen besonders in Siena, jedoch mit wertvollen Angaben zu Florenz und der Toskana: Quast 2002, S. 141–151 (mit bibliographischen Angaben). Zur Geschichte des Fensterglases einführend: Friedberg 2006, S. 105–115. 228  Zitiert nach Montaigne, Voyage en Italie, ed. Armaingaud 1929, hier Bd. 2, S. 38. Vgl. die dt. Übersetzung, zitiert nach id., Tagebuch, ed. Stilett 2002, S.  237: „Dies zeigt, daß in Italien die Stürme nicht so häufig sind wie bei uns, denn sonst wäre es unerträglich, in fast allen Häusern nur Holzläden vorzufinden.“ Den freundlichen Hinweis auf diese Textstelle verdanke ich Jasmin Mersmann. 229  Vgl. Syndikus 1996, S. 284 f.; Wundram 1970, S. 123, hat, wie bereits bemerkt, die „Einfü­ gung eines Gebälkes in die Fensteröffnungen“ der Fassade des Palazzo Rucellai beschrieben, was durchaus als Schritt zur Ablösung des durch das Vorbild des Palazzo della Signoria nobilitierten Biforienfensters durch rechteckige Fenster angesehen werden kann. Zu den Florentiner Biforien als Formeln einer spezifisch florentinischen Repräsentation und Architektursprache siehe Andreas

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Tönnesmann, Zwischen Bürgerhaus und Residenz: zur sozialen Typik des Palazzo Medici, in: Andreas Beyer u. Bruce Boucher (Hrsg.), Piero de‘ Medici „il Gottoso“: 1416–1469 (Artefakt, Bd. 6), Berlin 1993, S. 71–88; Beyer 2000, S. 90–92; Roeck/Tönesmann 2005, S. 96. S. a. o. Anm. 166. 230  Zur Diskussion über die Datierung der Fertigstellung von De re aedificatoria und Momus siehe Boschetto 2000, S. 147, Anm. 1. 231  Vgl. Blum 2008a, S. 106 f. Sabine Eiche vertritt die These, dass die ersten Travéefenester des Palazzo Sforza in Pesaro bereits um 1557–1564 datieren und daher den urbinatischen Fenstern vor­ angehen. Vgl. Eiche/Frenquellucci/Casciato 1987, S. 24. 232  Heil 1995, S.  188. – In der Terminologie Heils 1995, S.  185, ist ein „Travéefenster“ ein Ädikula­fenster ohne Bekrönung durch Dreiecks- oder Rundgiebel. 233  Vgl. Heil 1995, S.  186. Siehe zu römischen Fensterformen und deren Rezeption im Quat­ trocento: ibid., S. 157–159, S. 185 f. u. S. 218. Vgl. a. Reinhard Herbig, Das Fenster in der Architektur des Altertums. Baugeschichtliche Studien, Athen 1929 (Teilpublikation der Diss. Univ. Heidel­ berg 1929, deren Typoskript ich mir auch in der UB Heidelberg nicht zugänglich machen konnte) u. id., Fensterstudien an antiken Wohnbauten in Italien, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Institutes, Römische Abteilung 43 (1928), S. 261–321; id., Fenster an Tempeln und monumentalen Profanbauten, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 44, 3/4 (1929), S. 224 –262 (Teilpublikationen der Diss. Univ. Heidelberg 1929). – S. a. Blum 2008a, S. 114. 234  Vgl. Bruschi 1998, S. 38–113. 235  Vgl. Syndikus 1996, S. 253. 236  Siehe die Aufzählung von Beispielen bei Heil 1995, S. 185, Anm. 2. Auch FrührenaissancePortale sind den Travéefenstern vorgängig. Vgl. zu den wenigen ‚Travéeportalen‘ der Frührenais­ sance: Blum 2008a, S. 112, Anm. 121. Siehe auch die, heute im sog. retrocoro der Kirche verbau­ ten, ‚Travéeportale’ Michelozzos in San Marco zu Florenz mit kannelierten korinthischen Pilastern aus den Jahren 1438– 43 (Heil 1995, S. 187 u. MacNeal Caplow 1977, hier Bd. 2, Fig. 219). 237  Vgl. Blum 2008a, S. 106 f. 238  „Prese l'architetto, se io non erro, pure dal pittore gli architravi, le base, i chapitelli, le colon­ ne, frontispicij e simili tutte altre cose; e con regola e arte del pittore tutti i fabri, iscultori, ogni bottega e ogni arte si regge.“ Zitiert nach: Alberti, Kunsttheoretische Schriften, ed. Janitschek 1877, S. 90 f. Die Übersetzung Janitscheks habe ich leicht abgeändert. 239  De pictura II, 50, s. Alberti, Malkunst, ed. Bätschmann/Schäublin/Patz 2000, S. 290. 240  So kürzlich Belting 2008, S. 263. 241  Vgl. die wichtigen Ausführungen von Lingohr 1997, S. 103–108 (mit ausführlichen biblio­ graphischen Angaben). 242  Vgl. etwa Pietro Bembos Beschreibung des sog. „Barco“ der Königin von Zypern bei Asolo: Carlo Dionisotti (Hrsg.), Prose e rime di Pietro Bembo, Turin 1960, S. 322: „[…] marmi bianchissimi di due finestre […], large e aperte e delle quali, perció che il muro v’era grossissimo, in ciascun lato sedendo si potea mandar la vista sopra il piano a cui elle d’alto riguardano.“ Siehe a.: Stoichita 1998, S. 52–54 und S. 123 f. der vorliegenden Studie (zu Aretinos oben angeführter Beschreibung eines Fensterausblickes). 243  Haas/Reinle/Kobler 1981, Sp. 1327. 244  Vgl. Heil 1995; Frommel 1973; Lingohr 1997 und das in den Abbildungen seiner ersten Auf­ lage besonders qualitätvolle Werk von Chierici 1964 (1957). Sehr gute Abbildungen Florentiner Paläste des Fotografen Raffaelo Bencini bei Bucci/Bencini 1971–74.

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245  Lingohr 1997, S. 103. 246  Ibid., S. 107. 247  Vgl. Vasari il Giovane 1980 und Faietti 2012. 248  Zur zunehmenden Bevorzugung rechtwinkliger Öffnungs- und Rahmungsformate in den architektonischen Entwürfen Michelangelos sei nochmals auf Maurer 2012, S.  31–52 hingewie­ sen. 249  Thürlemann 2004. 250  So Lingohr 1997, S. 103. 251  Die grundlegende Monographie zum Palazzo Bartolini Salimbeni: ibid. Gute Abbildungen des Palazzo und seiner Fenster bei Bucci/Bencini 1971–74, Bd. 3: Il Quartiere di Santa Maria Novella (1973). 252  Vasari, Le Vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. IV (Testo), S.  611 (Vita des Baccio d’Agnolo). 253  Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, Bd. 3, 2, S.  270. Die Übersetzung habe ich abgeändert. 254  Vgl. Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, Bd. 3, 2, S. 271, Anm. 1. Hingegen zeigt eine illustrierte Zusammenstellung von Fensterrahmen durch Giorgio Vasari d.J. ausschlies­ slich rechteckige Fenster: vgl. Vasari il Giovane 1980. 255  Siehe die Abbildungen bei Lingohr 1995 und Bucci/Bencini 1971–74, hier Bd. 3 (1973). 256  Kreuzstockfenster waren nicht nur jenseits der Alpen, sie waren auch im Rom des 15. Jahr­ hundert weit verbreitet (vgl. Lingohr 1995, S. 103 u. S. 107). 257  Siehe Fiore 1998b; Janez Höfler, Der Palazzo Ducale in Urbino unter den Montefeltro (1376– 1508). Neue Forschungen zur Bau- und Ausstattungsgeschichte, Regensburg 2004, S.  123 ff.; Roeck/ Tönesmann 2005, bes. S. 131–174; u. Anm. III.182 u. III.258 der vorliegenden Studie. 258  Vgl. Ludwig Heinrich Heydenreich, Architecture in Italy, 1400–1500, revised by Paul Davies (The Yale University Press Pelican History of Art Series [N.F.], Bd. 7), New Haven u. London 1996 (zuerst erschien in: Ludwig Heinrich Heydenreich u. Wolfgang Lotz, Architecture in Italy, 1400– 1600 [Pelican History of Art, Bd. 38], Harmondsworth 1974), S. 78, hält, wie auch Fiore 1998b, S.  295  f., die Fensterrahmungen des Palazzo Ducale für Entwürfe Luciano Lauranas, der von 1465/66–1472 die Planungen in Urbino leitete (Heydenreich 1996, S.  77). Sowohl die Fenster der Stadtfassade als auch des Giardino Pensile sind wohl erst nach seinem Weggang, unter der Leitung Francesco di Giorgios ausgeführt worden; siehe Rotondi 1969, S.  68. – Heydenreich 1996, S. 48, geht von verlorenen Zeichnungen aus, die Laurana nach seinem Weggang hinterlas­ sen habe. In einem Brief des Ottavio Ubbaldini von 1466 ist außerdem bekanntlich von einem „modello dessa casa“ die Rede (Saalman 1971, S. 49; vgl. Roeck/Tönnesmann 2005, S. 123). Dem Anteil Lauranas am Palazzo Ducale widmet sich Lutz 1995. Vgl. Fiore 1998b, S.  291–296, u. ­C hris­toph Luitpold Frommel, Il Palazzo Ducale di Urbino e la nascita della residenza principesca del Rinascimento, in: Francesco Paolo Fiore (Hrsg.), Francesco di Giorgio alla corte di Federico da Montefeltro: atti del convegno internazionale di studi, Urbino, monastero di Santa Chiara, 11–13 ottobre 2001 (Biblioteca dell’ Archivum Romanicum, 1, Bd. 317), 2 Bde., Florenz 2004, S. 167–196. 259  Vgl. Heil 1995, S 183–211, die den Terminus Travéefenster in die Diskussion einführte. 260  Vgl. Fiore 1998b, S. 295. Frommel 2004. 261  Zur kontroversen Frage, ob Alberti bei der Gestaltung des Palazzo Ducale rezipiert wurde (was bei der Fülle der Übereinstimmungen zum Architekturtraktat m.E. außer Frage stehen soll­ te) und ob er Federico gar beriet, kann ich hier lediglich auf wenige wichtige Beiträge verweisen:

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Arturo Calzona, Leon Battista Alberti e Luciano Laurana. Da Mantova a Urbino o da Urbino a Mantova?, in: Fiore 2004, Bd. 1, S. 433– 492 (mit neuem Quellenmaterial); Luciana Miotto, L. B. Alberti e il palazzo di Federico da Montefeltro, in: Albertiana 7 (2004), S. 41–78; Frommel 2004, S. 167– 196. Zu Beziehungen zwischen Alberti und Federico jüngst: Roeck/Tönesmann 2005, S.  124  f., S. 160 f. u. passim - Skeptisch zu einer möglichen persönlichen Beteiligung Albertis hingegen Bier­ mann 2002, S. 493–521. Zur Baugeschichte des Herzogspalastes siehe auch Roeck/Tönnesmann 2005 u. Frommel 2007, S. 69–73. 262  Posthum schreibt Federico da Montefeltro an Cristoforo Landino um 1475 über Alberti: „Nihil fuit familiarius neque amantius amicitia qua Batista et ego eramus coniuncti […].“; das Zitat abgedruckt bei Fontebuoni 1985, S.  365. Für Shirley Stark, Urbino, Palazzo Ducale, in: Jan Białostocki (Hrsg.), Propyläen Kunstgeschichte, Bd. 7: Spätmittelalter und beginnende Neuzeit, Berlin 1984, S. 398 f., S. 398, ist der urbinatische Herzogspalast eine „fast wortgetreue Verwirklichung der Vision Albertis von der ‚aedes principum‘“. – Saalman 1971, S. 51, formuliert diese verbreitete Auffassung so: „The palace itself is […] a textbook illustration of Alberti’s idea of the princely palace (defensibility, dignity, humanist interiors, gardens, theatre, division of patron’s from ladies’ wing) […].“ Vgl. Lise Bek, Towards Paradise on Earth. Modern Space Conception in Architecture. A Creation of Renaissance Humanism (Analecta Romana Instituti Danici, Supplementa, Bd. 9), Kopenhagen 1980, S.  118–129, u. Tönnesmann 1994, S.  137–153. Der Aufsatz Tönnesmanns handelt u.a. über den Einf luss der albertianischen Konzeption des Herrschaftsblickes auf die Kon­ zeption der Turmfassade und die Verlegung des Marktplatzes unter ihren Aufsichtsbereich, die Federico vornehmen ließ (ibid., S. 140). 263  Alberti fordert, Fenster analog zu den Türen auszustatten, und verlangt die korinthische Ordnung für Fenstereinfassungen privater Paläste (De re aedificatoria IX, 3); vgl. Heil 1995, S. 187 f. Die Travéen der Westfassade entsprechen den von Alberti genannten Proportionen in De re aedificatoria IX, 3 (Heil 1995, S. 194); vgl. auch Lutz 1995, S. 161–163 u. S. 82 f. 264  Fiore 1998b. 265  Vgl. Ruffinière Du Prey 1994 , S. 22 f. 266  Vgl. Roeck/Tönnesmann 2005, S. 171–174; Claudia Cieri Via, Ipotesi di un percorso funzionale e simbolico nel Palazzo Ducale di Urbino attraverso le immagini, in: Giorgio Cerboni Baiardi, Giorgio Chittolini u. Pietro Floriani (Hrsg.): Federico da Montefeltro, Lo stato, le arti, la cultura (Biblioteca del Cinquecento, Bd. 30), 3 Bde., Rom 1986, hier Bd. 2, S.  47–64; Brink 2000, S. 81–106; Charles Burroughs, The Italian Renaissance Palace Facade, Structures of Authority, Surface of Sense (RES Monographs in Anthropology and Aesthetics), Cambridge 2002, S.  108–121. Die drei letztgenannten Beiträge erörtern die Landschafts- und Architekturveduten des Studiolo, der Türintarsien und der Gemälde im Palazzo, gehen jedoch auf die architektonisch inszenierten Aus­ sichten auf die den Palast tatsächlich umgebende Landschaft nur am Rande ein (Brink 2000, S. 100). Korrespondenzen zwischen der Landschaftsvedute des Studiolo und dem Ausblick auf die vom Studierzimmer aus betretbare Loggia der Doppelturmfassade behandelt hingegen Virginia Grace Tenzer, The Iconography of the ‚Studiolo‘ of Federico da Montefeltro in Urbino, 2 Bde., Diss. Brown University, Providence (R.I.) 1985 (Typoskript Ann Arbor 1985), hier Bd. 1, S. 198–200. 267  Allerdings ist die Provenienz der beiden Tafeln in Berlin und Baltimore nicht abschließend geklärt. Siehe einschlägig Richard Krautheimer, Le tavole di Urbino, Berlino e Baltimora riesaminate, in: Rinascimento da Brunelleschi a Michelangelo. La rappresentazione dell’architettura, hrsg. v. Henry Millon u. Vittorio Magnago Lampugnani (Ausstellungskatalog London/Venedig 1994), Mailand 1994, S. 233–257, zum Provenienz-Problem S. 256 u. Anm. 8. 268  Vgl. Christiane J. Hessler, Piero della Francescas Panorama, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 55 (1992), S. 161–179. 269  Vgl. De re aedificatoria V, 3 (Alberti, Baukunst, ed. Theuer 1991, S. 227). 270  Vgl. Lutz 1995, S. 81.

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271  Ibid., S.103: „Der architektonische Formenapparat der Turmfassade entstammt der Festungs­ architektur. So wird die geböschte Basiszone vom oberen Bereich durch ein wulstförmiges Marmor­ gesims abgetrennt. Diese Art der Wandgliederung ist für den zeitgenössischen Festungsbau typisch. Auch die Ecktürme mit ihrem von einem Konsolkranz getragenen Rundplattformen finden hier ihre Vorbilder.“ 272  Vgl. Stanislaus von Moos, Turm und Bollwerk. Beiträge zu einer politischen Ikonographie der italienischen Renaissancearchitektur, Zürich et al. 1974. 273  Vgl. Cieri Via 1986, hier Bd. 2, S. 47–64. 274  Die Loggien sind nach Lutz steingewordene Motive aus der zeitgenössischen ephemeren Festarchitektur (Lutz 1995, S.103). Nicht zuletzt durch die Anspielung auf die „Hoheitsformel eines türmeflankierten Portales“ gewinnt die gesamte Turmfassade repräsentativen Charakter und bringt auf diese Weise die hervorragende Würde (dignitas) des Bauherren zum Ausdruck (vgl. Lie­ benwein 1977, S. 95). – Lutz 1995, S. 104, erörtert auch die Bezüge zum 1455–71 errichteten Tri­ umphtor am Castelnuovo in Neapel. 275  Vgl. die wohl um 1460 entstandene Beschreibung des estensischen Schlosses Belriguardo bei Ferrara durch Tito Strozzi, Borsias III, V, 29 f.: „At procul e speculis et ab alto culmine turris / prospectare iuvat campos collesque remotos […].“ Vgl. die folgende Edition: Die Borsias des Tito Strozzi. Ein lateinisches Epos der Renaissance, erstmals hrsg., eingel. u. komm. v. Walther Ludwig (Humanistische Bibliothek Reihe 2: Texte, Bd. 5), München 1977, S. 107. Strozzi greift auf Statius’ Silvae und ihre Villenbeschreibungen zurück: Ludwig, ibid., S. 260–263. Auf Statius’ Silvae bezie­ hen sich auch die Beschreibungen von Landsitzen der Este durch Giovanni Sabadino degli Arien­ ti in seiner Schrift De thriumphis religionis. Vgl. Werner L. Gundersheimer (Hrsg.), Art and Life at the Court of Ercole I d’Este: The ‘De triumphis religionis’ of Giovanni Sabadino degli Arienti (Traveaux d`Humanisme et Renaissance, Bd. 127), Genf 1972. Sabadino degli Arienti lobt die Aussichten (ibid. S. 29 ff.). Vgl. zu Sabadinos im Jahr 1497 entstandenen Architekturbeschreibungen Imesch 2003, S.  42  f. – Federico da Montefeltro besuchte 1457 den estensischen Landsitz Belfiore bei Ferrara (so Roeck/Tönnesmann 2005, S.  108), in dessen Lob Sabadino degli Arientis Beschrei­ bungen „kulminieren“ (so Imesch 2003, S. 43). 276  Vgl. zum Palazzo Pubblico in Siena einführend John White, Art and Architecture in Italy 1250–1400 (The Pelican History of Art, Bd. 28), Harmondsworth 1966, S.  160–162 (die große Loggia im obersten Geschoss mit weitem Blick über den contado wurde 1304 begonnen: ibid., S. 161). Zum Palazzo dei Consoli in Gubbio (beg. 1322) und zum dortigen Palazzo Pretorio (beg. 1339) siehe ibid., S. 176–179, bes. S. 177: „At the top, a loggia provides […] one of the best–exploi­ ted panoramic views in Umbria.“ Gubbio stand unter der Herrschaft Federicos da Montefeltros. – Zu Parallelen im nordalpinen Residenzbau vgl. Hoppe 2001, S. 105 (mit Literaturangaben). 277  Gary M. Radke, Form and Function in Thirteenth-Century Papal Palaces, in: Guillaume 1994, S. 11–24, u. id., Viterbo. Profile of a Thirteenth-Century Papal Palace, Cambridge 1996. 278  Andreas Tönnesmann 1994, S.  140, verweist auf die Loggien des Lateranpalastes Boni­ faz’ VIII. 279  Deoclecio Redig de Campos, I Palazzi Vaticani (Roma cristiana, 18), Bologna 1967. 280  Vgl. Allekotte 2005 zur Funktion und Ausstattung römischer Loggien (1470–1527), die ein ausgezeichnetes Kapitel über „Die Aussicht als ornamentum der Loggia“ enthält. Siehe a. Bek 2005, S. 95–114, u. Fidler 1987, S. 83–101. 281  Vgl. Emanuele Papi, ‚Domus est quae nulli villarum mearum cedat.‘ (Cic. Fam. 6, 8, 15). Osservazioni sulle residenze nel Palatino alla metá del I secolo a. C, in: Horti Romani (Atti del convegno inter­ nazionale, Roma, 4–6 maggio 1995 = Bullettino della Commissione archeologica comunale di Roma, Suppl., Bd. 6), hrsg. v. Maddalena Cima u. Eugenio La Rocca, Rom 1998, S. 45–82. Die editio princeps der Epistulae ad familiares Ciceros erschien 1467 in Rom. Vgl. Flodr 1973, S. 104.

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282  Jahreszahlen der Erstausgaben werden hier laut Flodrs (nach Autoren alphabetisch geordne­ tem) Kompendium wiedergegeben (Flodr 1973). Allerdings nennt Flodr als editio princeps von Statius’ Silvae die Ausgabe Rom: Arnold Pannartz, 13. August 1475 (ibid., S. 289). Die editio princeps ist jedoch bereits 1472 erschienen und in einem berühmten, von Polizian annotierten Exem­ plar der Biblioteca Corsiniana in Rom erhalten (so Reeve 1977, S. 205). – Cicero handelt in seinen Briefen an Atticus über Fensterausblicke – im Kontext einer, in seinem Fall ablehnenden, Erörte­ rung der epikuräischen Optik. Er schreibt an Atticus, der in einem nicht erhaltenen Brief kritisiert hatte, dass die Fenster eines Gebäudes, das Cicero durch den Architekten Cyrus erbauen ließ, zu klein seien: „Du tadelst die engen Fenster; damit tadelst Du aber gleichzeitig die Cyropädie, denn als ich mich genauso äußerte, erwiderte Cyrus, bei breiten Fenstern sei das Bild des Gartens nicht so lieblich: angenommen, der Blickpunkt sei A, das Wahrgenommene BC, die Strahlen BA, CA – Du verstehst schon, worauf das hinaus soll. Wenn das Sehen so vor sich ginge, daß von dem Gegenstande ausgestrahlte Bilder auf unsere Netzhaut fielen, dann hätten diese Bilder allerdings ihre liebe Not mit diesen Fensteröffnungen; aber so ist es ja nun nicht; vielmehr beruht das Sehen auf der bekannten Ausstrahlung der Augen; da geht es dann ja ganz vorzüglich“ (Att. 2,3,2; die Übersetzung nach Marcus Tullius Cicero, Briefe an Atticus, lat./dt. (Sammlung Tusculum), hrsg. und übers. v. Helmut Kasten, München 1959 (Reprint 1980), S.  93–94). Cicero spielt hier laut Drerup 1959a, S.  150, auf die epikureische Immissionstheorie an, dergemäß die simulacra der Dinge, die sich als atomare Feinstgebilde ständig von den Gegenständen lösen, mit mechanischem Aufprall auf das Auge treffen. Gälte diese Theorie, dann wären die Fenster für Cicero in der Tat zu klein. Da jedoch – gemäß der stoischen Emmisionstheorie des Sehens – das Auge Sehstrahlen aussende, seien die Fensteröffnungen von angemessener Größe (ibid.). In Ciceros Epistulae ad familiares wird der Ausblick aus dem Fenster im Zusammenhang von Bauluxus und Hedonismus diskutiert. Drerups Paraphrase von Fam. 7, 1, 1 lautet: „So hat Ciceros Villennachbar bei Pompej M. Marius, wie es scheint, einen Geländedurchbruch graben lassen, der ihm den Ausblick auf Sta­ biae öffnete – lediglich, um während der Morgenlektüre den Ausblick durch sein Fenster zu genie­ ßen“ (Drerup 1959a, S. 150). 283  Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Urb. Lat. 640. Siehe zu diesem Band, der einen Eigentumsvermerk aus der Zeit nach der Erlangung der Herzogswürde von Federico aufweist: Cosimo Stornajolo, Codices Urbinates Latini (Bibliothecae Apostolicae Vaticanae codices manu scripti recensiti, s.n.), 3 Bde., Rom 1902–21, hier Bd. 2 (1912), S. 154 f. 284  Vgl. Alastair Small u. Carola Small, John Evelyn and the Garden of Epicurus, in: Journal of the Warburg and Courtauld Institutes 60 (1997), S. 194 –214. 285  Baldassare Castiglione, Il libro del Cortegiano (Erstausgabe Venedig 1510), I, 5, zitiert nach Il libro del Cortegiano del Conte Baldesar Castiglione, hrsg. v. Vittorio Cian, Florenz 1947, S 33. 286  Hubert Cancik, Eine epikuräische Villa. Statius Silvae 2,2: Villa surrentina, in: Der altsprachliche Unterricht 11 (1968), S. 62–75. 287  Vgl. Cancik 1968, S.  62–75, bes. S.  72–73: Pollius, der „über jeden Wunsch erhaben“, von „der hohen Burg seines Geistes“ auf die Geschäfte der Menschenwelt hinabschaue, verkörpere den epikureischen Weisen (ibid., S. 72) und sei den „Geboten Epikurs“ verpf lichtet (S. 73). Nach Krü­ ger 1998, S. 25–27 u. bes. S. 122–126, charakterisiert Statius den Pollius als Eklektiker, der sto­ ische und epikureische Ideale gleichermaßen verfolge. Vgl. jüngst Newlands 2002, S. 154 –199 u. bes. S. 171–174 (zum epikureischen Hintergrund der Beschreibung von Fensterausblicken auf den Golf von Neapel). Keiner der genannten Beiträge bringt allerdings das Motiv der Fensteraussicht (Verse 72–82) mit den besprochenen Schilderungen von Türausblicken bei Lukrez in Verbindung. – Auch in der Beschreibung, die Statius, Silvae III, 1, von der Villa des Epikureers Manlius Volpi­ scus gibt, wird das epikureische Schlagwort „voluptas“ gleich eingangs genannt (Vers 9). Vgl. Bat­ tisti 1972. 288  Statius, Silvae II, 2, 73.

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289  Vgl. Eugenio Battisti, Ricostruendo la complessità, in: Maria Rosaria Valazzi (Hrsg.), La Pala ricostituita. L’incoronazione della Vergine e la cimasa vaticana di Giovanni Bellini (Ausstellungskata­ log Pesaro, Museo Civico, August – November 1988), Venedig 1988, S. 6–14, bes. S. 12–14. Vgl. kürzlich: Johannes Grave, Reframing the ‚finestra aperta‘. Venetian Variations on the Comparison of Picture and Window, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 72, 1 (2009), S. 49–68. 290  Die genaue Datierung der Pala di Pesaro ist umstritten (die Vorschläge reichen zumeist von ca. 1471 bis in die Mitte der siebziger Jahre). Vgl. hierzu Anchise Tempestini, Giovanni Bellini, München 1998, S. 96–101, Rona Goffen, Giovanni Bellini, New Haven u. London 1989, S. 122 (ca. 1471–74), u. die Beiträge in Valazzi 1988. Eine Datierung in die 80er Jahre vertrat Battisti 1988, S. 8. Carolyn C. Wilson, Bellini’s Pesaro Altarpiece. A Study in Context and Meaning, Diss. New York Univ. 1977 (Typoskript, Ann Arbor 1989), legt sich in der Datierung nicht fest (siehe auch die Zusammenfas­ sung ihrer Dissertation durch die Autorin in: Marsyas 19 (1977), S. 71 f.). 291  Valazzi 1988, S.  35–39; Hans Aurenhammer, Reflexionen des Sehens in Gemälden Giovanni Bellinis, in: David Ganz u. Stefan Neuner (Hrsg.), Mobile Eyes. Peripatetisches Sehen in den Bildkulturen der Vormoderne (Eikones, s.n.), München 2013, S. 199–242, bes. S. 322, Anm. 26. 292  Marco Zoppo, Madonna mit vier stehenden Heiligen, Berlin, Staatliche Museen Stiftung Preu­ ßischer Kulturbesitz, Gemäldegalerie (datiert 1471). Vgl. jüngst Aurenhammer 2013, S. 212 f. und seinen Vortrag „Landschaften am Altar. Deutungsprobleme der Naturdarstellung in der italieni­ schen Malerei des 15.  Jahrhunderts“, den er auf der von ihm und Kathrin Müller ausgerichteten Tagung „Nahsicht, Fernsicht. Kunst und die Erfahrung der Natur in Italien vom 14. bis zum 16. Jahrhundert“ an der Universität Frankfurt am Main am 11. Juli 2014 gehalten hat. Die Publi­ kation der Kongressakten ist in Vorbereitung. 293  Vgl. zu den Übereinstimmungen und Unterschieden: Debra Pincus, Bellini and Sculpture, in: Peter Humfrey (Hrsg.), The Cambridge companion to Giovanni Bellini, Cambridge (Engl.) et al. 2004, S. 122–142, S. 130–135. 294  Die Pilaster erinnern gerade durch die Anbringung dieser hochrechteckigen Bildfelder mit Heiligen-Darstellungen noch an die Rahmenformen von Polyptichen, ähnlich wie Fra Angelicos Hochalter von San Marco in Florenz. Vgl. dazu Merzenich 2001, S. 108. 295  Zur Ikonographie Mariens als fenestra coeli und porta coeli siehe o. Anm. III.216 der vorlie­ genden Studie. 296  Hierzu Wilson 1977a, S. 153, u. Battisti 1988, S. 12 f. 297  Der Ausblick durch das Fenster der Thronnische wird aus dem landschaftlichen Kontinuum isoliert, indem die horizontalen Wolkenzüge links und rechts von der Thronarchitektur nicht fortgeführt werden. Die in der Fensterlichte sichtbare Landschaft erscheint zudem bildhaft kom­ poniert. So nimmt der oberste Turm der Festung die Mittelsenkrechte ein. Ein kleinerer Turm oberhalb der krönenden Hand Christi schließt mit seinem Dach nur unwesentlich oberhalb der Mittelwaagerechten ab. Die streng horizontalen schmalen Wolkenzüge, welche hinter der Festung zu sehen sind, teilen das obere Drittel des Bildes von den beiden unteren Dritteln ab. Die Dekor­ bänder mit je zwölf eingelegten Steinmedaillons, welche die vier Seiten der Fensterlichte umge­ ben, veranschaulichen die planimetrischen Verhältnisse. Es wird jedoch ebenso deutlich, dass es sich bei dem dargestellten Landschaftsprospekt nicht um ein Gemälde handelt, da sich die Land­ schaft hinter den Heiligen, die zu beiden Seiten stehen, fortsetzt. 298  Wilson deutet einerseits an, dass ein Bezug der Thronarchitektur zu den Travéefenstern der Laurana-Periode vorliege, andererseits bezieht sie „the mysterious seating of Christ and the Vir­ gin“ auf die „small, quarter-circle seats placed in the corners of the lower recesses of the interior window frames at Urbino“ und verweist besonders auf die Fenster der Sala della Iole, die ca. 1466 fertiggestellt worden seien (Wilson 1977a, S.  147). Die Sala della Iole besitzt jedoch im Unter­ schied zu den Fenstern des Gartens Biforienfenster. Außerdem liegt ein Bezug zu den ebenfalls rechteckigen Fenstereinfassungen des Giardino Pensile näher, da auch dessen Fenster eine Aus­

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sicht auf Landschaft gewähren und Sitze aufweisen. Diese Sitze sind allerdings auf der Rekon­ struktion bei Rotondi 1969 (Bd. 1, nach S. 314) nicht dargestellt. Hingegen ist in der Beschreibung Bernardino Baldis von 1580 (zit. nach Rotondi 1969, Bd. 1, S. 318) von „sedili pur di pietra“ die Rede. Vgl. a. Teodori 1985, S.  533. Wie die Fenster des Giardino Pensile befindet sich überdies auch Bellinis gemalte fenestra prospectiva nicht in einem Innenraum. 299  Bezeichnenderweise zeigte auch die „tavoletta“, auf der Brunelleschi die zentralperspekti­ vische Darstellungstechnik noch vor Alberti erstmals demonstriert hatte, einen Ausblick aus dem Hauptportal des Florentiner Domes auf das Baptisterium (s. Antonio di Tuccio Manetti, The Life of Brunelleschi, hrsg. v. Howard Saalman, University Park u. London 1970, S. 42. Vgl. Martin Kemp, The Science of Art. Optical Themes in Western Art from Brunelleschi to Seurat, New Haven u. London, 1990, S. 12 f. u. S. 344). Für die freundliche Erinnerung an Manetti danke ich Michael Lüthy. Zur Rezeption Albertis in Bellinis Gemälde: Wilson 1977a, S. 148 u. S. 163; Grave 2009. 300  Vgl. Battisti 1988; Grave 2009. 301  Baxandall hat darauf hingewiesen, dass die lateinische Fassung von Albertis Malereitraktat zwar dem Fürsten von Mantua, Gianfrancesco Gonzaga, gewidmet ist, aber wohl an seinen Biblio­ thekar Vittorino da Feltre und dessen Kreis gerichtet war (Michael Baxandall, Giotto and the Orators. Humanist Observers of Painting in Italy and the Discovery of Pictorial Composition 1350–1450, 3. Auflage, Oxford 1988 [1. Auf lage 1971]), S. 127 f.). Vittorino leitete in Mantua eine berühmte Schule, die casa giocosa, die der junge Federico da Montefeltro besuchte. Eine Anwesenheit Lucia­ no Lauranas in Mantua wiederum ist noch 1466 bezeugt (Heydenreich 1996, S. 80). Zu Lauranas Arbeiten für die Gonzaga in Gonzaga und zu Parallelen zwischen den Palästen von Gonzaga und Urbino: Lutz 1995, bes. S. 106–117. 302  Vgl. Gérard Wajcman, Fenêtre. Chroniques du regard et de l’intime, Lagrasse 2004. Vgl. zum Buch Wajcmans die Rezension von Johannes Grave in: Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft 72, 1 (2007), S. 153–159. 303  Heil 1995, S. 192–195. 304  Vgl. die bibliographischen Angaben bei Blum 2008a, S. 95–114, u. Frommel 2004. 305  Alberti spricht an dieser Stelle des Malereitraktates über das velum. Die Malerei, so heißt es in der italienischen Version, repräsentiere dasjenige, „quale puoi vedere nel nostro quale di sopra dicemmo velo, dolce e bene da essa natura dipinto.“ Siehe Alberti, De pictura, ed. Grayson 1973, S. 100. 306  Baldassare Castiglione, Il libro del Cortegiano, I, 49, zitiert nach Castiglione, Cortegiano, ed. Cian 1947, S. 123. 307  Die deutsche Übersetzung zitiert nach: Baldesar Castiglione, Das Buch vom Hofmann, übers., eingel. u. erl. v. Fritz Baumgart, Bremen 1960, S. 89. Siehe a. Baldassare Castiglione, Der Hofmann. Lebensart in der Renaissance, aus dem Italienischen v. Albert Wesselski, mit einem Vorwort v. Andreas Beyer, Berlin 1999 (Erstausgabe der Übersetzung von Wesselski 1907). − Vgl. außerdem Castiglione, Cortegiano, ed. Cian 1947, S. 123: „E veramente, chi non estima questa arte [des disegno], parmi che molto sia dalla ragione aliena; ché la machina del mondo, che noi veggiamo coll’amplo cielo di chiare stelle tanto splendido, e nel mezzo la terra dai mari cinta, di monti, val­ li e fiumi variata, e di sí alberi e vaghi fiori e d’erbe ornata, dir si po che una nobile e gran pittura sia, per man della natura e di Dio composta; la qual chi po imitare, parmi esser di gran laude degno: né a questo pervenir si po senza la cognizion di molte cose, come ben sa chi lo prova“. 308  Zudem waren in Urbino, wie erörtert, die Texte von Plinius und Statius über die fenestrae prospectivae römischer Villen zugänglich. Siehe o. Anm. III.182 u. III.184. 309  Siehe in der vorliegenden Studie S. 163 f.

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310  Pietro Bembos Gli Asolani erschien 1505 bei Manuzio in Venedig. Die Übersetzung wird hier zitiert nach Marie Luise Gothein, Geschichte der Gartenkunst, 2 Bde., Jena 1926, hier Bd. 1, S. 231. Vgl. a. Bembo, Prose, ed. Dionisotti 1960, S.  322: „[…] marmi bianchissimi di due finestre […], large e aperte e delle quali, perció che il muro v’era grossissimo, in ciascun lato sedendo si potea mandar la vista sopra il piano a cui elle d’alto riguardano.“ Vgl. außerdem: Pietro Bembo, Asolaner Gespräche. Dialog über die Liebe, hrsg. u. übers. v. Michael Rumpf, Heidelberg 1992, S. 19. Zu Dar­ stellungen von Raffael und aus seinem Umkreis von Frauen am Fenster, die auf ähnlichen Stein­ bänken wie jenen des Giardino Pensile von Urbino sitzen: Faietti 2012. 311  Flasch 1988, S. 551. Vgl. auch Paoli 2001, S. 87–118. 312  Vgl. Greenblatt 2011 (bzw. dt.: id. 2012). 313  Immer noch einschlägig: Millard Meiss, Painting in Florence and Siena after the Black Death, Princeton (N.J.) 1951. 314  Vgl. zum philosophiegeschichtlichen Kontext: Flasch 1988, Kap VI., u. Keßler 2002. Siehe außerdem s. v. „Theological Voluntarism“ (Mark Murphy), in: Edward N. Zalta (Hrsg.), The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Fall 2012 Edition, online); s. v. „The Medieval Problem of Univer­ sals“ (Gyula Klima), in: ibid; s. v. „Nominalism in Metaphysics“ (Gonzalo Rodriguez-Pereyra), in: ibid. Zu Ockhams Optik, welcher selbst der ‚Evidenz‘ des Sehens skeptisch gegenüberstand: Kath­ erin H. Tachau, Vision and Certitude in the Age of Ockham. Optics, Epistemology and the Foundations of Semantics 1250–1345, Leiden et al. 1988, u. Belting 2008, S.  144 –150. Siehe auch obere Anm. I.42. 315  Alberti, Profugiorum ab erumna libri, ed. Ponte 1988, die Zitate S. 81. Zu dieser Stelle: Car­ dini 2005. Vgl. zum Tempel als Topos der Weltordnung: Kemp 1996a. 316  Alberti, Profugiorum ab erumna libri, ed. Ponte 1988, S. 82 f. Der italienische Text samt deut­ scher Übersetzung ist im Anhang (Appendix 2) der vorliegenden Studie abgedruckt. 317  Vgl. Gottfried Boehm, Studien zur Perspektivität. Philosophie und Kunst in der frühen Neuzeit, Diss. Univ. Heidelberg 1969, u. id. 2003, S. 48–60; Martin Kemp, Behind the Picture. Art and Evidence in the Italian Renaissance, New Haven u. London 1997; Poeschke 2008a. 318  Vgl. Joseph Leo Koerner, The Moment of Self-Portraiture in German Renaissance Art, Chicago 1993, S.  445  f. Siehe Albrecht Dürer, Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt, 2.  Auflage, Nürnberg 1538, fol. Q3 verso. Zu dieser in der editio princeps von 1525 noch nicht enthaltenen Illustration: Albrecht Dürer. Das druckgraphische Werk, hrsg. vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, bearb. v. Rainer Schoch, Matthias Mende und Anna Scherbaum, 3  Bde., München et al., 2001–2004, hier Bd. 3 (2004), S.  275–276 („Zeichner des weiblichen Modells“). – Joseph Leo Körner danke ich für freundliche Hinweise. 319  Vgl. Hieronymus Rodler [u. Johann II. von Pfalz-Simmern?], Eyn schön nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens mit dem Zirckel, Richtscheidt oder Linial, Nachdruck der Ausg. Simmern 1531 (Instrumentaria artium, Bd. 4), mit einer Einf. v. Trude Aldrian, Graz 1970, fol. H ii (S. 88) sowie S. VI–VIII u. X–VV der Einl.; Samuel Y. Edgerton, Die Entdeckung der Perspektive, München 2002 (engl. Erstausgabe 1991), S.  108. Die underweisung der kunst des Messens bringt zwei weitere Interieurs, auf denen architektonisch gerahmte Aussichten gezeigt sind: ibid., fol. E iv verso (S. 56) u. F ii verso (S. 64). 320  Vgl. Harrison Caviness 1983, S. 99 f., u. grundlegend Kemp 1987; Bogen 2001, S. 121–160, sowie S. 261–300. Zusammenfassend: id. 2006, S. 72–84. 321  Siehe in der vorliegenden Studie auch S.  183 f. u. 229 f. – Zu „Rationalismus und Rahmen­ schau“ vgl. Langen 1934. Siehe auch Heidegger 2003 (1938), S. 75–114, u. Déotte 2001. 322  Vgl. Dalibor Vezely, Architecture in the Age of Divided Representation. The Question of Creativity in the Shadow of Production, Cambridge (Mass.) 2004, S.  168–173, u. Paul F. Watson, On a

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Window in Parnassus, in: Artibus et historiae 16, 8 (1987), S. 127–148 u. S. 142–144, bes. S. 128– 130. 323  Florenz, Archivio di Stato, Archivio Mediceo avanti il Principato, filza 94, n. 162 (Kopie des Briefes von Raphael). Zitiert nach Raffaello. Gli scritti. Lettere, firme, sonetti, saggi tecnici e teorici, hrsg. v. Ettore Camesasca, Mailand 1993, S.  332–355, („Lettera su villa Madama – 1519, primavera?“), S. 346. Vgl. Hartmut Biermann, Der runde Hof. Betrachtungen zur Villa Madama, in: Mitteilungen des Kunsthistorischen Institutes in Florenz 30 (1986), S. 493–536; Renato Lefevre, Su una lettera di Raffaello riguardante Villa Madama, in: Studi Romani 17 (1969), S. 425– 437; id., Villa Madama, 2. Auf la­ ge Rom 1984 (Erstausgabe 1973); Christoph Luitpold Frommel, Die Villa Madama, Rom, in: id. et al. (Hrsg.), Raffael. Das architektonische Werk, Stuttgart 1987, S. 311–356, bes. S. 325; Guy Dewez, Villa Madama, A Memoir Relating to Raphael’s Project, London 1993, bes. S. 21–32; Allekotte 2005, S. 75 f. 324  Vgl. Allekotte 2005, S.  75  f.: „Gemäß dem Plan U 314A eröffnet sich dem Besucher [von Raphaels Villa Madama, G. B.] gleich beim Betreten der Anlage ein perspektivisch durch die reiche Raumfolge der Längsachse geführter Durchblick bis in den Garten am gegenüberliegenden Ende. In der Mitte des Rundhofes tritt dann – ganz im plinianischen Sinne – eine zweite Blickachse gen Nordosten auf das Tibertal hinzu, die zugleich die bis dahin gegebene Dominanz der Längsachse neutralisiert. Eine nicht weniger eindrucksvolle Rauminszenierung sollte sich dem Zuschauer vom höchsten Punkt des hangseitigen Theaters darbieten, welches im Entwurf den Ausgangs­ punkt der Querachse markiert. Der Rekonstruktion von Wolfgang Jung zufolge hätte der Blick die Bühnenbauten, den runden Hof und das Treppenhaus durchwandert, um schließlich in der Mit­ telarkade der Talloggia und dem dahinterliegenden Tibertal zu münden. Architektur und Land­ schaft wären somit zur dauerhaften Theaterkulisse geworden.“ Vgl. Wolfgang Jung, Über szenographisches Entwerfen. Raffael und die Villa Madama, Braunschweig u. Wiesbaden 1997. 325  Vgl. Plinius, Epistulae II, 17, 5. Vgl. Zum Plinius-Bezug: Burger 1909, S.  108 und Fischer 2014b, S.  113–26, bes. 117–19. Zu Veränderungen des Umlandes innerhalb des Blickfeldes der Fenster dieses Raumes gegenüber der vermuteten ehemaligen Situation: Burns 1999, S.  58 f. – Eine Analyse der Einbindung der Villa Barbaro in ihren topographischen Kontext bei Smienk/ Niemeijer 2011, S.  94 –105. Siehe auch die Standardwerke Beltramini/Burns 2005; Beltramini/ Burns 2008; Guido Beltramini, Howard Burns u. Marco Gaiani (Hrsg.), Andrea Palladio. Le ville, Vicenza 1997 [CD-Rom]; Beltramini/Padoan 2002; Puppi ed. Battilotti 2000, jeweils ad locum. 326  Giovanni Battista Armenini, De’ veri precetti della pittura (...), Ravenna: Francesco Tebaldini, 1587, hier zitiert nach: Paola Barocchi (Hrsg.), Scritti d‘arte del Cinquecento, 3 Bde., Mailand u. Nea­ pel 1971–77 (La letteratura italiana: Storia e testi, Bd. 32), hier Bd. 3 (1973), 2586 f. (nach OnlineAusgabe der Scuola Normale Superiore di Pisa). Der Abschnitt über die Dekoration von Loggien („Che delle loggie si imitano le pitture secondo ch‘è il luogo ov‘elle sono fabricate [...])“: ibid., S. 2582–2587. Die zitierte Stelle lautet im Zusammenhang:„Io ho poi veduto non è gran tempo, per Lombardia scorrendo, di molte loggie, che dove sono aperte scuoprono i monti e le ‚selve‘, et oltre i belli andari che vi sono di partimenti finti di stucco e messi d‘oro, vi sono ancora finte nel­ le facce incontro ai pilastri gl‘istessi ordini de‘ collonnati e delli archi che vi sono veri, di modo che fingendo in quei spazi poi prospettive con palagi, con selve e con fonti, et intorno montagne e pae­ si bellissimi, riescono molto allegre e piacevole agli occhi, conciosia che da una banda si scorgono i monti e le selve vere, e dall‘altra si veggono esser finti da quelli diversi et allegri, dove che così l'occhio e la mente di doppia vista si gode“ (ibid., S.  2586  f.). Den Hinweis auf diese Stelle ver­ danke ich einem Vortrag von Fabian Jonietz („Supraurbane Naturerfahrungen“), der über den florentinischen Palazzo Vecchio und seine Umgestaltung im 16. Jh. handelte. Der Vortrag, der Ausblicke aus der neuen Residenz des Herzogs bzw. Großherzogs Cosimo I. behandelt, soll in den Akten der Tagung „Nahsicht, Fernsicht. Kunst und die Erfahrung der Natur in Italien vom 14. bis zum 16. Jahrhundert“ (Universität Frankfurt am Main, 10.–12.07.2014) erscheinen (hrsg. v. Hans Aurenhammer u. Kathrin Müller). 327  Vgl. Azzi Visentini 2005.

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328  Grundlegend jüngst: Fischer 2014b. 329  Vgl. Bentmann/Müller 1992 und zu illusionierten Ausblicken an den Wänden von Loggien des Quattrocento: Allekotte 2005. Eine Fülle von Belegen aus Quellen des frühen 16.  Jahrhun­ derts: ibid., S. 73–133. Siehe auch S. 94, S. 203 und Anm. II.458 der vorliegenden Studie. 330  Siehe einführend Knopp 1966 und das Themenheft über „Site and Sight“ des Journal of ­Garden History 14, 1 (1994) sowie Azzi Visentini 2005. 331  Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1 (=Parte I), Lib. II, Cap. VI, S. 117 (die beiden ersten Zitate) u. S. 119. 332  Vgl. hierzu u. zu den Uffizien mit ihren seriell gereihten Fassadenmodulen: Gerd Blum, ­Giorgio Vasari. Der Erfinder der Renaissance, München 2011, S. 209–219 (die identisch wiederhol­ ten Fassadenmodule der Uffizien als Synthese aus den Fassadenmodulen des Baptisteriums und aus den Ricetto-Innenfassaden der Biblioteca Laurenziana, also des vermeintlichen Beginns und – in der Darstellung Vasaris – eines Klimax der f lorentinischen Baukunst). Weiterführende Über­ legungen zu diesem Thema habe ich im März 2014 an der Yale University vorgetragen. Ein Aufsatz hierzu ist in Vorbereitung. 333  Zu diesem kürzlich die ausgezeichnete Studie: Stefanie B. Siegmund, The Medici State and the Ghetto of Florence. The Construction of an Early Modern Jewish Community, Stanford (Calif.) 2006. 334  Vgl. S. 20– 4 der vorliegenden Studie sowie Nello Bemporad, Il forte Belvedere e il suo restauro, in: Bollettino d’arte 4. S. 42 (1957), S. 122–134; Amelio Fara, Notizie documentarie su ville buontalentiane, in: Bollettino ingegneri 26, 10 (1978), S. 3–18; id., L’architettura fortificata nella delimitazione del giardino di Boboli: un fronte bastionato d’Oltrarno, la forma delle cittadelle e la fortezza di Belvedere, in: Boboli 90: atti del Convegno internazionale di studi per la salvaguardia e la valorizzazione del giardino, hrsg. v. Cristina Acidini Luchinat u. Elvira Garbero Zorzi, 2 Bde., Florenz 1991, Bd. 2, S. 403– 409. 335  Manfred Wundram, Kunstführer Florenz, überarb. Neuauflage, Stuttgart 1993, S. 112–114, das Zitat S. 112. 336  Vgl. Matteo Burioni, Vasaris Uffizien. Transformation stadträumlicher Bezüge am Übergang von der Republik zum Prinzipat, in: Stefan Schweizer (Hrsg.), Bauen als Kunst und historische Praxis. Architektur und Stadtraum im Gespräch zwischen Kunstgeschichte und Geschichtswissenschaft (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, Bd. 26), Göttingen 2006, S. 205–247; u. id., Das Wappen als Nullpunkt der Repräsentation. Der teleskopische Traum der Uffizien, in: Horst Bredekamp, Chri­ stiane Kruse u. Pablo Schneider (Hrsg.), Imagination und Repräsentation. Zwei Bildsphären der Frühen Neuzeit, München 2010. Einführend: Wundram 1993, S.  112–114. Vgl. a. Leon Satkowski, Giorgio Vasari. Architect and Courtier, Princeton (N.J.) 1993, S.  25–59. – Das Konzept eines frühen Absolutismus ist in den letzten Jahren im Hinblick auf das Regime Cosimos I. relativiert worden: vgl. Blum 2011, S. 100 f., S. 196 f., S. 273, Anm. 3, u. S. 281, Anm. 70. 337  Touring Club Italiano (Hrsg.), Guida d’Italia: Firenze e Provincia, 7. völlig überarb. Auf lage, Mailand 1993, S. 525. Siehe auch o. Anm. III.334. 338  Jüngst zu Ammanatis gezeichneter Kritik an (und auf ) einer Zeichnung Vasaris zu den Uffi­ zien: Michael W. Cole, Ambitious Form. Giambologna, Ammanati, and Danti in Florence, Princeton (N.J.) u. Oxford 2010, S. 58–60. 339  Vgl. o. Anm. III.334. 340  Für diesen freundlichen Hinweis danke ich Prof. Dr. Christoph Bertsch, Innsbruck. Vgl. jüngst zu konzipierten Ausblicken von Medici-Villen und den Villen anderer führender Florenti­ ner Familien auf die Stadt Florenz und die Domkuppel die wichtige Studie von Bertsch (2012) sowie Bertsch 2010. Es dürfte sich lohnen, Christoph Bertschs Hinweise auf konzipierte Blickbe­ züge zwischen mediceischen Villen vor allem des Cinquecento weiter nachzugehen.

335  | Anmerkungen zu Kap. III.: S. 155–227

341  Plinius, Epistulae II, 17, 5: Bei Plinius heißt es: „Ringsum hat [das triclinium] Flügeltüren oder Fenster, die nicht kleiner als Flügeltüren sind, und blickt so an den Seiten und an der Front gleich­ sam auf drei Meere; nach hinten blickt [es] auf das cavaedium, die porticus, den Hof, erneut die porticus, dann das atrium, Wälder und weit entfernte Berge zurück […].“ Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 5. 342  „Et allora Michelagnolo ordinò che si dovessi a quella dirittura fare un ponte che attraver­ sassi il fiume del Tevere, acciò si potessi andare da quel palazzo in Trastevere a un altro lor giardi­ no e palazzo, perché, per la dirittura della porta principale che volta in Campo di Fiore, si vedessi a una oc[c]hiata il cortile, la fonte, strada Iulia et il ponte e la bellezza dell’altro giardino, fino all’altra porta che riusciva nella strada di Trastevere […]“ (Vasari, Le vite, ed. Barocchi/Bettarini 1966–88, Bd. 6, S.  82). Vgl. – jeweils ohne Hinweis auf Plinius – James S.  Ackerman, The Architecture of Michelangelo, 2 Bde., London 1961, Bd. 1, S. 86–88; Luigi Salerno, Luigi Spezzaferro u. Manfredo Tafuri, Via Giulia. Una utopia urbanistica del 500, 2. Auf lage, Rom 1975, S. 101–108; Le Palais Farnèse, hrsg. v. d. École Française de Rome, 5 Bde., Rom 1981, hier Bd. 1, S. 119–123 (Lui­ gi Spezzaferro u. Richard J. Tuttle) u. S. 168 f. (Christoph Luitpold Frommel). Vgl. die zeitgenös­ sischen Ansichten des Hofes mit eingezeichneten Ausblicken bei Frommel 1973, hier Bd. 3, S. 59, Abb. a. und c. (siehe unsere Abb. 19–21). 343  Vasari, Leben, ed. Schorn/Förster/Kliemann 1983, Bd. 5, S. 364. Bereits Raffael hatte in sei­ nem Brief über die Villa Madama von 1519 eine achsiale Reihung von Blickzielen beschrieben. Siehe in der vorliegenden Studie S. 207 u. Anm. III.323 f. 344  Vgl. Kemp 2009, S.  195  f., das Zitat S.  195. Vgl. Evans 1978, S.  267–278. Evans hat die Bedeutung des „Corridors“ für die neuzeitliche Raumkonzeption hervorgehoben: hierzu Kemp 2009, S. 213–218. 345  Plinius, Epistulae II, 17, 5. Übersetzung nach Förtsch 1993, S. 5. 346  Kemp 2009, S. 198. 347  Ibid. 348  Josef Furttenbach, Architectura civilis, Ulm 1628, S. 21. Zitiert nach Kemp 2009, S. 198. 349  Ibid., S. 22. Zitiert nach Kemp 2009, S. 198. 350  Dürers schriftlicher Nachlaß, auf Grund der Originalhandschriften und theilweise neu entdeckter alter Abschriften, hrsg. v. Konrad Lange u. Franz Fuhse, Halle 1893, S.  319, zitiert nach Erwin Panofsky, Die Perspektive als symbolische Form, in: id., Aufsätze zu Grundfragen der Kunstwissenschaft, hrsg. v. Hariolf Oberer u. Egon Verheyen, Berlin 1974, S. 99–204, hier S. 99. Vgl. zu Panofs­ kys Aufsatz jüngst: Emmanuel Alloa, Ist die Perspektive eine symbolische Form?, in: Gertrud Koch (Hrsg.), Perspektive – Die Spaltung der Standpunkte. Zur Perspektive in Philosophie, Kunst und Recht, München 2010, S. 13–27. 351  Vgl. o. Anm. III.326, III.331 und IV.26 der vorliegenden Studie. 352  Giovanni Tarcagnota, Del sito, et lodi della citta di Napoli, con vna breve historia de gli re svoi, & delle cose piu degue altroue ne‘ medesimi tempi auenute, Neapel: G.M. Scotto, 1566, fol. 2 verso f., das Zitat fol. 3 recto. Diesen Hinweis verdanke ich einem Vortrag von Tanja Michalsky, „Das Bild der Natur in den Italienbeschreibungen des 15. und 16.  Jahrhunderts“, die sie auf der Tagung „Nahsicht, Fernsicht. Kunst und die Erfahrung der Natur in Italien vom 14. bis zum 16. Jahrhun­ dert“ an der Universität Frankfurt am Main am 11. Juli 2014 gehalten hat. Die Publikation der Kongressakten ist in Vorbereitung (hrsg. v. Hans Aurenhammer u. Kathrin Müller). Das Zitat Tar­ cagnotas gebe ich wieder nach: Tanja Michalsky, Gewachsene Ordnung: zur Chorographie Neapels in der Frühen Neuzeit, in Robert Felfe u. Kirsten Wagner (Hrsg.), Museum, Bibliothek, Stadtraum: räumliche Wissensordnungen 1600-1900, Berlin et al. 2010, 261–286, S. 265, Anm. 10. 353  Vgl. Hessler 1992, S. 161–179.

336  | Anmerkungen zu Kap. III: S. 155–227

354  Vgl. Helas 2002, S.  270–319. Jüngst wiederabgedruckt in: Christoph Bertsch u. Philine Helas, Florenz in der Neuzeit. Stadt der guten Augen und bösen Zungen, Berlin 2013, S. 189–234. 355  Helas 2002, S. 272; Bertsch/Helas 2013, S. 192. Zur topischen ‚Allschau‘ und ‚Überschau‘ des Zeus: Bernert 1935 u. Riedel 1997. 356  Vgl. Philine Helas, Die Predigt in der Weltenlandschaft. Zur Agitation van Fra Marco da Montegallo für den Monte die Pietà in einem Stich von Francesco Rosselli (ca. 1485), in: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 31 (2004), S. 105–144. Jüngst wiederabgedruckt in Bertsch/Helas 2013. 357  Palladio, Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, Lib. II, Cap. XII, S. 45– 46, empfiehlt die Anlage von Villen auf Bergen. S. id., Vier Bücher, ed. Beyer/Schütte 1988, II, XII, S. 161–163, 162 f. 358  Zur Begriffs- und Kulturgeschichte des Panoramas einschlägig: Heinz Buddemeier, Panorama, Diorama, Photographie. Entstehung und Wirkung neuer Medien im 19. Jahrhundert. Untersuchungen und Dokumente (Theorie und Geschichte der Literatur und der schönen Künste, Bd. 7), München 1970, u. Sehsucht: das Panorama als Massenunterhaltung des 19. Jahrhunderts (Ausstellungskatalog Bonn, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, 28. Mai – 10. Oktober 1993), hrsg. v. Marie-Louise von Plessen, Frankfurt am Main et al. 1993. 359  Vgl. Gerda Bödefeld u. Berthold Hinz, Die Villen der Toscana und ihre Gärten. Mit einem Beitrag von Richard Harprath, Köln 1991, S. 152 360  Siehe in der vorliegenden Studie S. 1 f. und S. 72. 361  Vgl. Webster Smith, Studies on Buontalenti’s Villas, Diss. New York Univ., New York 1958 (Typoskript), S.  109–115; Suzanne Brown, La Villa Medicea „La Ferdinanda“ di Artimino, Florenz 1969; Moos 1974; Enrico Cassarino, La Villa Medicea di Artimino (Biblioteca de ‚Lo Studiolo‘, Bd. 14), Florenz 1990 (s. dazu die Rezension von Annalisa Marchi, in: Prato 31, 77 [1990], S. 135); Richard Harprath, Die Medici und ihre Villen, in: Bödefeld/Hinz 1991, S. 37–83; Matthias Quast, La villa di Artimino del Buontalenti: rilettura tipologico-stilistica, in: Monika Cämmerer (Hrsg.), Kunst des Cinquecento in der Toskana (Italienische Forschungen des Kunsthistorischen Institutes in Flo­ renz, 3. F., Bd. 17), Florenz 1992, S. 365–371, hier S. 37–83 u. S. 60; Azzi Visentini 1997; Isabel­ la Lapi Ballerini, Le Ville Medicee. Con un intervento di Mario Scalini, Florenz 2003, S. 114 –116. 362  Heute befinden sich die Veduten im Florentiner Museo Firenze com’era. Siehe zu diesen Veduten einführend Mignani 1980. Vgl. jüngst Bertsch 2012, S. 183–185. 363  Diesen freundlichen Hinweis verdanke ich Christoph Bertsch. Zu Ausblicken von f lorenti­ nischen Villen der Renaissance siehe Bertsch 2012, sowie Bertsch 2010. 364  Siehe in der vorliegenden Studie S. 119 f. 365  Siehe in der vorliegenden Studie S. 136– 40, 139. 366  Vgl. Stierle 2002, Rosenthal 1971 u. id. 1973. 367  Siehe S. 119 f. (Rocca Pisana bei Lonigo), S. 136– 45 (Villa Aldobrandini über Frascati) in der vorliegenden Studie. 368  Vgl. mit Bibliographie der älteren Literatur: Loren Partridge, The Farnese Circular Courtyard at Caprarola. God, Geopolitics, Genealogy, and Gender, in: The Art Bulletin 83 (2001), S. 259–293. 369  Dante, Commedia, Inferno XXVI, 109. 370  Vgl. Helas 2002. 371  Vgl. Horst Bredekamp, Vicino Orsini und der ‚Heilige Wald‘ von Bomarzo. Ein Fürst als Künstler und Anarchist. (Grüne Reihe: Quellen und Forschungen zur Gartenkunst, Bd. 7), 2 Bde., Worms 1985, Bd.1, S. 27, S. 39, S. 51 f., S. 63–65, S. 109 u. passim.

337  | Anmerkungen zu Kap. III.: S. 155–227

372  Bredekamp 1985, Bd. 2, S. 119. Abbildung des Tores in seiner Situation um 1960 bei Arnal­ do Bruschi, Nuovi dati documentari sulle opere orsiniane di Bomarzo, in: Quaderni dell’Istituto di Storia dell’Archittetura (Universitá di Roma. Facoltá di architettura) 55–60 (1963), S.  13–58, hier S. 42, Abb. 39. 373  Vgl. Small/Small 1997, S. 210 f. 374  Lukrez, De rerum natura IV, 512a–522: „De falso sensu: Denique ut in fabrica, si pravast regula prima, / normaque si fallax rectis regionibus exit, / et libella aliqua si ex parti claudicat hilum, / omnia mendose fieri atque obstipa necessu est / prava cubantia prona supina atque abso­ na tecta, / iam ruere ut quaedam videantur velle, ruantque / prodita iudiciis fallacibus omnia primis, / sic igitur ratio tibi rerum prava necessest / falsaque sit, falsis quae cumque ab sensibus ortast“ (der lat. Text u. die dt. Übersetzung zitiert nach: Lukrez, Von der Natur, ed. Diels 1993, S. 330 f.). Lukrez wird nicht genannt in der umfangreichen Studie von Maurizio Calvesi, Gli incantesimi di Bomarzo. Il sacro bosco tra arte e letteratura, Mailand 2000. 375  Nach Bruschi thematisiert die casa pendente von Bomarzo ein „contraddire alle leggi fisiche naturali “ (Bruschi 1963, S.  43, Hervorhebung von G. B.). Vgl. a. den Hinweis von Horst Brede­ kamp, dass sich das (wohl 1565–1571 errichtete) ‚schiefe Haus‘ auf ein Emblem des Achilles Boc­ chius beziehe (Bredekamp 1985, Bd. 1, S. 61 u. Bd. 2, Abb. 30). Auch dieses Emblem dürfte auf die im Folgenden zitierte Stelle bei Lukrez zurückgehen. 376  Vgl. Weiss 1995; Alpatov 1996 (1935), S. 250–275. Einschlägig zu Versailles: Alfred Marie, Naissance de Versailles, 2 Bde., Paris 1968; Jean-Marie Pérouse de Montclos, Versailles. Fotografien von Robert Polidori, Köln 1996; Michael Hesse, Klassische Architektur in Frankreich. Kirchen, Schlösser, Gärten, Städte 1600–1800, Darmstadt 2004; Michael Brix, Der barocke Garten. Magie und Ursprung. André Le Nôtre in Vaux-le-Vicomte, Stuttgart 2004; Ian Thompson, The Sun King’s Garden. Louis XIV, André Le Nôtre and the Creation of the Gardens of Versailles, London 2006. Für wichtige Hinweise danke ich Michael Hesse und Bettina Marx. Vgl. auch Anm. III.380 u. III.382 der vor­ liegenden Studie. 377  Jacques-François Blondel, L’architecture française ou Recueil de plans, d’élèvations […], 4 Bde., Paris 1752–56 (Reprint Genf 1973), zitiert nach Pérouse de Montclos 1992, S.  24 –27 („Die Lage“), S. 25. 378  Louis de Rouvroy [Duc de Saint-Simon], Mémoires, Nouvelle Edition (Bibliothèque de la Pléiade), hrsg. v. Yves Coirault, 8 Bde., Paris 1983–88, hier Bd. 5: 1714–1716, S. 532. Vgl. Louis de Rouvroy [Herzog von Saint-Simon], Die Memoiren, hrsg. u. übers. v. Sigrid von Massenbach, 5 Bde., Frankfurt am Main et al. 1977. 379  Vgl. Jean Baptiste Leroux, The Gardens of Versailles, London 2002, S. 31. 380  Vgl. Pierre-André Lablaude, The Gardens of Versailles, Paris 1995, S. 38. 381  Vgl. Pérouse de Montclos 1996, S. 24 –27 („Die Lage“), u. Thompson 2006, S. 59–73 („The unpromising site“). 382  Vgl. Lablaude 1995, S.  39. Vgl. zur Anlage von Schloß und Gärten von Versailles kürzlich Alexandre Gady, Versailles, la fabrique d‘un chef-d‘œuvre, Paris 2011 und Stefan Schweizer, André le Nôtre und die Erfindung der französischen Gartenkunst. Berlin 2013. 383  Pablo Schneider 2005a, S.  121–139. Vgl. id., Die komposite Welt des Parterre d‘Eau der Gartenanlage von Versailles 1672–1683. Charles Le Brun im Spannungsfeld von Kunst und Wissenschaft, in: Die Gartenkunst 2 (2000), S.  257–274; id., Die Kraft der Augenzeugenschaft. Die Schloß- und Gartenanlage von Versailles im Spiegel ausgewählter Beschreibungen, in: Frühneuzeit-Info 15, 1/2 (2004), S.  29– 41. – Zu der von Ludwig XIV. verfassten Guide durch die Gärten von Versailles: Doris Kolesch, Spaziergänge im Park von Versailles. Zum Zusammenspiel von Motion und Emotion im klassischen französischen Garten, in: Brigitte Franzen u. Stefanie Krebs (Hrsg.), Mikrolandschaften/

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Mikrolandscapes – Landscape on the Move, Münster 2006, S. 347–365, u. id., Theater der Emotionen. Ästhetik und Politik zur Zeit Ludwigs XIV., Frankfurt u. New York 2006. 384  Für freundliche mündliche Hinweise danke ich Pablo Schneider, Berlin. 385  Madeleine de Scudéry, Promenade de Versailles, Paris 1669, S.  52. Zitiert nach der Überset­ zung von Hans Rose, Spätbarock, München 1922, S.  20. Vgl. a. Madeleine de Scudéry, La promenade du Versailles dediée au Roi (Sources classique, Bd. 39), Paris 2002, u. Katharina Krause, Wie beschreibt man Architektur? Das Fräulein von Scudéry spaziert durch Versailles, Freiburg 2002, S. 58 f. 386  Vgl. Brian O‘Doherty, Inside the White Cube / In der weißen Zelle, Berlin 1996 (Internationaler Merve Diskurs), hrsg. v. Wolfgang Kemp, mit einem Nachwort v. Markus Brüderlin, Berlin 1996 (engl. Originalausgabe 1976); Bernhard Waldenfels, Der herausgeforderte Blick. Zur Orts- und Zeitbestimmung des Museums, in: id., Der Stachel des Fremden, Frankfurt am Main 1990, S. 225–242. Vgl. a. Gerd Blum u. Johan Frederik Hartle, Zelle, Raster, Würfel. Überlegungen zu Michel Foucault, Peter Halley und Gregor Schneider, in: Christoph Bertsch u. Silvia Höller (Hrsg.), Cella. Strukturen der Ausgrenzung und Disziplinierung (Ausstellungskatalog Rom, Complesso monumentale di S.  Michele a Ripa, 6.–28. November 2009), Innsbruck, Wien u. München 2010, S. 207–215. 387  Giacometti hat auf die Frage, „was Kunst sei“, während eines Museumsbesuches geantwortet: „ein Mittel, um besser zu sehen.“ S.  Pierre Schneider, Im Louvre mit Alberto Giacometti, in: Axel Matthes (Hrsg.), Wege zu Giacometti (Batterien, Bd. 30), München 1987, S. 161. 388  Henri Matisse, Das Leben mit den Augen eines Kindes betrachten [1953], in: id., Über Kunst, hrsg. v. Jack D. Flam, Zürich 1982, S. 262. Am Anfang dieses Textes schreibt Matisse: „Alles was wir im Leben sehen, wird mehr oder weniger entstellt durch erworbene Gewohnheiten. Dieser Sachverhalt ist vielleicht besonders spürbar in einer Zeit wie der unsrigen, wo Kinos, Reklame und Zeitschriften uns täglich eine Flut von fertigen Bildern aufdrängen. Diese Konfektionsbilder sind für das Auge das, was das Vorurteil für den Geist ist.“ Das oben angeführte Zitat über den Akanthusbusch zeigt, dass nach Matisse’ Auffassung diese „Konfektionsbilder“ auch aus der Kunst kommen können. Bei Alber­ to Giacometti finden sich vergleichbare Äußerungen: „Früher sah ich durch die Brille der bestehen­ den Künste. Ich ging in den Louvre, um die Bilder und Skulpturen der Vergangenheit anzusehen und ich fand sie schöner als die Wirklichkeit. Ich bewunderte die Bilder mehr als die Wahrheit. Wenn ich heute in den Louvre gehe, scheinen mir alle diese Darstellungen der äußeren Welt […] eher par­ tiell und unsicher. Ich frage mich, wie zum Teufel sie das wohl gesehen haben. Und was mich ver­ wundert und übersteigt, sind nicht die Gemälde oder Skulpturen, sondern die Betrachter. Ich schaue nur noch die betrachtenden Leute an. Sie ähneln in nichts oder fast nichts der Darstellung, die von ihnen gemacht wurde. Sie sind um soviel außergewöhnlicher, dass ich schon habe flüchten müssen […]“ (zitiert nach Schneider 1987, S. 162). 389  Zu Irwin und Nordman siehe die folgende Anm. Zu Dan Grahams Thematisierung des Fen­ sters und zu seinen Pavillons: Annette Urban, Interventionen im public/private space. Die Situationistische Internationale und Dan Graham, Berlin 2013 (zugl. Diss. Ruhr-Universitat Bochum 2008), S. 425–540. 390  Zum kalifornischen „Light and Space-Movement“ der siebziger Jahre: Germano Celant, Ambiente/Arte. Dal Futurismo alla Body-Art, Venedig 1977; Ian Butterfield, The Art of Light and Space, New York 1993; Carina Plath, Die Suche nach Authentizität – Diskussion einer Kunst als Erfahrung ausgehend von einem Werk von Maria Nordman, Diss. Ruhr-Universität Bochum 2000 (Typoskript); Kurt W. Forster, ‚Now you see it, now you don’t‘: Ein Blick auf Zufall und Kalkül, in: Bice Curiger (Hrsg.), The Expanded Eye. Sehen – entgrenzt und verflüssigt (Ausstellungskatalog Zürich, Kunsthaus, 16. Juni – 3. September 2006), Stuttgart u. Ostfildern 2006, S. 25–36; Ulrike Gehring, Bilder aus Licht. James Turrell im Kontext der amerikanischen Kunst nach 1945, Heidelberg 2006 (zugl. Diss. Univ. Frankfurt am Main 2002). Kürzlich zu Irwin: Vanessa Hirsch, Malerei und Installation bei Robert Irwin. Vom Bild-Raum zum Raum-Bild, Berlin 2007 (zugl. Diss. HumboldtUniv. Berlin 2004), u. Robert Irwin, Primaries and Secondaries (Ausstellungskatalog San Diego,

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Museum of Contemporary Art, 21. Oktober 2007 – 13. April 2008), San Diego (Calif.) 2008 (im Folgenden zitiert als Irwin 2008). 391  Über Nordmans Raum mit zwei Türen siehe die Beiträge von Stefan Gronert u. Thomas Janzen in: Karen van den Berg (Hrsg.), Situation Kunst für Max Imdahl, Düsseldorf 1993; Plath 2000, sowie: Georg Imdahl, Das Ereignis des Lichts. Maria Nordmans ‚Werk zwischen zwei Städten‘ in Münster, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 117, 23. Mai 1991, S. 37. Zu Nordmans Workroom 1969– : Maria Nordman, De Musica. New Conjunct City Proposals, Münster et al. 1993, S.  30–35. Auch in einer Reihe von weiteren Arbeiten der Künstlerin spielen Fensterausblicke eine zentrale Rolle, so in De Lucerna (Kunstmuseum Luzern, 1992) Siehe: ibid., S. 78 ff., u. Gerd Blum, Vom Museum in die Welt. Maria Nordman in Luzern, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 126, 1. Juni 1992, S. 35. 392  Vgl. Christopher Knight, Richard Koshalek u. Giuseppe Panza (Hrsg.), Arte Anni Sessanta e Settanta. Collezione Panza, Mailand 1987, S. 242 (Projektzeichnung von 1973) sowie Abb. 102. 393  Weder bei Knight/Koshalek/Panza 1987 noch bei erster Durchsicht der Robert Irwin Papers und der Giuseppe Panza Papers der Special Collections des Getty Research Institute in Los Angeles konnte ich eine Erklärung für den Titel Portal Room finden. 394  Auf die komplexen Zusammenhänge der insgesamt drei Räume, die Irwin in Varese gestal­ tet hat, kann hier ebensowenig eingegangen werden wie auf die Architektur des Portal Room, die auf den Fensterausblick hinführt. 395  Die in der vorliegenden Studie abgedruckte Fotografie (Abb. 134) zeigt Äste nur eines großen Baumes, der noch vor der heute sichtbaren, ebenfalls nicht weit vom Fenster entfernten Baumgrup­ pe stand (Knight/Koshalek/Panza 1987, Taf. 102). Dieser Baum existiert heute nicht mehr. Wie zuvor dessen Äste, so füllt nun das Laub mehrerer Bäume das Sichtfeld nahezu vollständig aus. Wenn sich auch die konkrete Beschaffenheit des Ausblickes geändert hat, so ist seine formale Cha­ rakteristik – die Nahsicht – durchaus erhalten geblieben. Giuseppe Panza di Biumo antwortete auf die Frage, ob das Fenster von Irwin in Varese bleiben müsse, dass es sich verlegen ließe, wenn der Künstler zustimmen würde: „La finestra […] di Irwin, deve rimanere a Varese?“ – „Si può trasferire in un altro posto, se l'artista acconsente […]“ (Knight/Koshalek/Panza 1987, S. 49). 396  Eine Inkunabel einer solchen ‚perspektivischen‘ Auffassung des ungeteilt-rechteckigen Fen­ sters ist Donatellos Relief der sog. Pazzi-Madonna in Berlin (Abb. 115 der vorliegenden Studie). 397  Die von Lawrence Weschler verfasste Irwin-Biographie trägt bezeichnenderweise den von Paul Valéry entlehnten Titel: Seeing is Forgetting the Name of the Thing One Sees. A Life of Contemporary Artist Robert Irwin, Berkeley (Calif.) et al. 1982. Zur Ref lexion über eine konnotationsfreie bzw. „entbegriff lichte“ Wahrnehmung im späteren neunzehnten Jahrhundert etwa zeitgleich mit Irwins Installationen in Varese erschienen: Max Imdahl, Cézanne – Braque – Picasso, Zum Verhältnis zwischen Bildautonomie und Gegenstandssehen [1974], in: id., Gesammelte Schriften, 3 Bde., Bd. 3: Reflexion-Theorie-Methode, hrsg. v. Gottfried Boehm, Frankfurt am Main 1996, S.  303–380, S. 309 ff. 398  Vgl. zu Croces Begriff der „macchia“: Hans Sedlmayr, Die „Macchia“ Bruegels, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien N.F. 8 (1934), S. 137–160. 399  Haas/Reinle/Kobler 1981. 400  Zu Irwin und Albers vgl. a.: Rosalind Krauss, Overcoming the Limits of Matter: On Revising Minimalism, in: John Elderfield (Hrsg.), American Art of the 1960s (Studies in Modern Art, Bd. 1), New York 1991, S. 122–141. 401  Öl auf Hartfaser, 122 x 122 cm, Josef Albers Museum, Bottrop (1962). Das Gemälde stellt eine Ausnahme innerhalb der Serie der Huldigungen an das Quadrat dar, da die in allen Gemälden dieser Serie latent wirksamen Diagonalen hier explizit ‚dargestellt‘ sind.

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402  Ich folge hier Max Imdahl, Josef Albers, „Huldigung an das Quadrat“ [1975], in: id.1996, Bd. 1: Zur Kunst der Moderne, S. 286–288 sowie dem nicht in die Gesammelten Schriften Imdahls auf­ genommenen Beitrag: id., Moderne Kunst und visuelle Erfahrung: von der Gewißheit der Ungewißheit, in: Klaus Hierholzer u. Heinz-Günter Wittmann (Hrsg.), Phasensprünge und Stetigkeit in der natürlichen und kulturellen Welt, Stuttgart 1988, S. 169–188. Siehe zu den beiden genannten Begriffen: Josef Albers, Interaction of Color, 2 Bde., New Haven u. London 1963, Bd. 1, S. 71. 403  Irwin seine Position theoretisch in Irwin 1985 formuliert. – Einen Überblick über das Werk Irwins bis 1993 gibt: Russell Ferguson (Hrsg.), Robert Irwin (engl. Ausstellungskatalog Los Angeles, Museum of Contemporary Art / Köln, Kölnischer Kunstverein / Paris, Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris, 20. Juni 1993 – 12. Juni 1994), New York 1993. Siehe kürzlich: Irwin 2008. 404  Irwin 1985, S.  29. Zur ‚phänomenologischen‘ Ausrichtung seiner Kunst hat sich Irwin in einem Interview mit Carina Plath geäußert (Carina Plath, Sitting down like Einstein… Ein Gespräch mit Robert Irwin, in: Kunst-Bulletin (Juni 1994), S. 30–37, bes. S. 35). Carina Plath danke ich sehr für wertvolle Hinweise. 405  In diesem anlässlich einer Ausstellung im Jahre 1992 von der New Yorker Pace Gallery ausge­ legten knappen, mir vorliegenden Lebenslauf verweist Irwin auf seine Beschäftigung sowohl mit Merleau-Ponty (für das Jahr 1978) als auch mit Husserl. Irwins bereits erwähnte Notizbücher sowie die dort ebenfalls auf bewahrten Briefe und Aufzeichnungen Robert Irwins und seines Auftragge­ bers Giuseppe Panza di Biumos bezüglich des Varese Portal Room konnte ich in den Special Collec­ tions des Getty Research Institute in Los Angeles einsehen (sowohl innerhalb der Robert Irwin Papers als auch der Giuseppe Panza Papers). Ich möchte diese zumeist unveröffentlichten Dokumente an anderer Stelle im Hinblick auf Irwins Arbeiten in Varese eingehender erörtern. 406  Irwin hat als Motto des einleitenden, programmatischen Textes von Being and Circumstance (Irwin 1985) einen ins Englische übertragenen Satz Paul Cézannes aus den Gesprächen mit Emile Bernard gewählt: „One must make an optic, one must see nature as no one has seen it before you“ (ibid., S.9). Vgl. Bernard 1921. 407  Vgl. Irwin 1985, S.  29. Eine Installation, die der Künstler 1994 im Kölnischen Kunstverein eingerichtet hat, war ebenfalls auf einen Fensterdurchblick auf Bäume ausgerichtet. Vgl. die Beschrei­ bung Marianne Stockebrands in: Robert Irwin (dt. Ausstellungskatalog Köln, Kölnischer Kunstver­ ein, 10. April – 12. Juni 1994), Köln 1994, S. 9 ff. Der Katalog enthält eine kommentierte Auswahl­ bibliographie. 408  Als Wegbereiter dieser Prozesse erscheint Alberti etwa in Joan Gadols umfassender Monogra­ phie: Gadol 1969. Vgl. u.a.: Hartmut Kugler, Perspektive als symbolische Form in der mittelalterlichen Dichtung: Panofsky und die germanistische Mediävistik, in: Bruno Reudenbach (Hrsg.), Erwin Panofsky. Beiträge des Symposions Hamburg 1992 (Schriften des Warburg-Archivs im Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg, Bd. 3), Berlin 1994, S. 201–211; Ivins 1938; Bernd Busch, Belichtete Welt. Eine Wahrnehmungsgeschichte der Fotografie, München 1989, S. 61–92; Alfonso M. Iacono, Aspetti epistemologici della critica al dualismo in Gregory Bateson, in: Sergio Manghi (Hrsg.), Attraverso Bateson: Ecologia della mente e relazioni sociali, Mailand 1991, S. 255–265; Alfonso Maurizio Iaco­ no, Le tecnologie ad alta definizione e il ruolo delle immagini nelle forme dell’apprendimento e della communicazione, in: Gilberto Tinacci Mannelli (Hrsg.), Il rapporto uomo-macchina nelle tecnologie multimediali avanzate. Prospettive interdisciplinari (Ricerca Scientifica e Tecnologia, Bd. 4), Florenz 1995, S. 63 f. 409  Eine phänomenologische Kritik am Geltungsanspruch der neuzeitlichen Zentralperspekti­ ve hat u.a. Maurice Merleau-Ponty geäußert, mit dem sich Irwin, wie bereits erwähnt, beschäftigt hat. Vgl. zu Merleau-Pontys Auffassung der Perspektive: Waldenfels 1986, S. 144 f. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Zentralperspektive ebenfalls bei Jean Francois Lyotard, Discours, Figure (Collection d’esthétique, Bd. 7), Paris 1978, bes. S. 163–189. Zur „Perspektivität“ bei Husserl siehe Boehm 1969, S. 100–112 (Kap. VI). Vgl. a. id., Paul Cézanne. Montagne Sainte-Victoire, Frankfurt am Main 1988.

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410  Vgl. zum Begriff des „Realitätscharakters“: Frey 1946, S. 107 ff. 411  Max Imdahl, Probleme der Optical Art: Delaunay – Mondrian – Vasarely [1967], in: id., Gesammelte. Schriften, 3 Bde., Bd. 3: Reflexion – Theorie – Methode, hrsg. v. Gottfried Boehm, Frankfurt am Main 1996, S. 96–232, hier S. 202. Zu Wechselwirkungen zwischen Bildstrukturen und Wahr­ nehmungsweisen sowie Weltanschauungen siehe Max Imdahl, Bildbegriff und Epochenbewußtsein [1987], in: id: Gesammelte Schriften, 3 Bde., Bd. 3: Reflexion – Theorie – Methode, hrsg. v. Gottfried Boehm Frankfurt am Main 1996, S. 518–557.

IV. Fa z it: Naturthe ater und Fensterbild 1  Panofsky 1974 (1924), S. 99–204, S. 123. 2  Vgl. Langen 1965 (1934). 3  Vgl. Heidegger 2003 u. Friedberg 2006, sowie obere Anm. I.71 u. S. 229–37 der vorliegenden Studie. 4  Vgl. Imdahl 1988a (1980), bes. S. 17–19 u. Imdahl 1988b sowie Imdahl 1996 (1987). 5  Panofsky 1974 (1924). 6  Vgl. Imdahl 1988a, S. 17–19. 7  Vgl. Ivins 1938. 8  Vgl. Koschorke 1990, S. 70–75; Stefan Rasche, Das Bild an der Schwelle. Motivische Studien zum Fenster in der Kunst nach 1945 (Theorie der Gegenwartskunst, Bd. 15), Münster, Hamburg u. Lon­ don 2003 (zugl. Diss. Univ. Münster 2001), S. 13–30; Belting 2008, S. 185–189. 9  Vgl. Gottlieb 1981; Krüger 2001, bes. S. 46–59. 10  München, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothek, um 1490–1494. 11  Inv. 223. Vgl. zu diesem Gemälde: Sylvia Ferino Pagden, Painted Architecture, in: Henry A. Mil­ lon u. Vittorio Magnago Lampugnani (Hrsg.), The Renaissance from Brunelleschi to Michelangelo. The Representation of Architecture, London 1994, S. 446– 448, u. den Katalogeintrag zu dem Zyklus der Wunder des Hl. Bernardino von Siena, dem die genannte Tafel zugehört, von Vittoria Garibaldi, ibid., S. 448– 451. 12  Sidonius Apollinaris, Epistulae II, 2. Vgl. zur „voluptas prospiciendi“: Leucht 1726, S. 91. 13  Vgl. Burckhardt 1985, S. 201–209 (Kapitel „Die Entdeckung der Welt und des Menschen“); Cassirer 1927, S. 11 f. u. S. 195 f.; Koschorke 1990, S. 11–172. 14  Vgl. Busch 1989, S. 61–92; Steven Johnson, Interface Culture. Wie neue Technologien Kreativität und Kommunikation verändern, Stuttgart 1999, S.  91–123; Lev Manovich, The Language of New Media, Cambridge (Mass.) 2001, S.  95–111. Zur Konzeption des Fensters als mediales Dispositiv anregend die essayistisch gehaltenen Ausführungen von Hans Jürgen Krysmanski, Windows. Notizen zur Geschichte einer Metapher, in: id., Popular Science. Medien, Wissenschaft und Macht in der Postmoderne, Münster et al. 2001, S.  117–133. Neuere Beiträge: Friedberg 2006, Selbmann 2009 u. Edgerton 2009. Eine Monographie zur Wirkungsgeschichte von Albertis „finestra aperta“ im 20. Jahrhundert hat Margarete Pratschke, Berlin, angekündigt. Siehe auch Anm. I.55 der vorliegen­ den Studie. – Marzia Faietti hat jüngst in einem gehaltvollen Aufsatz eine Zeichnung Rapheals als kritische Auseinandersetzung mit Alberti gedeutet. Siehe Faietti 2012.

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15  Letzterer hat seine ästhetische Fortschreibung in der neuzeitlichen, von Alberti theoretisch grundgelegten Konzeption des komponierten Gemäldes gefunden. Das Fragment eines quantum continuum von Landschaft in die Totalität eines ganzheitlich komponierten Flächenausschnittes zu überführen, ist laut Imdahl ein zentrales Verfahren der neuzeitlichen Landschaftsmalerei, etwa eines Claude Lorrain. Siehe hierzu Max Imdahl, Bild – Totalität und Fragment, in: Lucien Dällen­ bach u. Christiaan L. Hart Nibbrig (Hrsg.), Fragment und Totalität, Frankfurt am Main 1984, S. 115–123; id. 1996. 16  Vgl. Alberti, De re aedificatoria VII, 12. 17  Siehe Cardini 2005. 18  Vgl. Kemp 1997a. Dt. Ausgabe: Martin Kemp, Der Blick hinter die Bilder. Text und Kunst in der italienischen Renaissance, Köln 1997. 19  Vgl. Boehm 2003, S. 48–60, u. id. 1969; Kemp 1997a. 20  Siehe Cardini 2005. 21  Vgl. Bentmann/Müller 1992, S. 47–59. 22  Walter Benjamin, Illuminationen (Ausgewählte Schriften, Bd. 1), Frankfurt am Main 1977, S. 298. 23  Robert D. Romanyshyn, Technology as Symptom and Dream, London u. New York 1989, S. 67. 24  Alberti, De re aedificatoria I, 2. Vgl. in der vorliegenden Studie S. 37 f. 25  Siehe die in der vorliegenden Studie auf S.  169 f. wiedergegebene, der Florentiner Rekluse Paola zugeschriebene Kritik an einem wegen „troppa vana vista“ für ihre Klause nicht geeigneten Bauplatz aus dem mittleren Trecento (vgl. auch Anm. III.102 der vorliegenden Studie). 26  Vgl. etwa die Benennung von Aussichten bei Scamozzi, Architettura universale 1615, ed. 1982, Bd. 1 (= „Parte I“), Lib. II, Cap. VI, S. 117 („vedute“, „viste“) u. S. 119 („prospettive“). Sca­ mozzi bezeichnet die architektonisch Aussicht(en) vom Bauplatz seiner Rocca Pisana bei Lonigo als „bellissima prospettiva“ bzw. als „bellissime vedute.“ Die architektonisch gerahmten Ausblic­ ke aus der Mitte des zentralen Kuppelsaales bezeichnet er ebenfalls als „vedute“. Siehe id., Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1 (= „Parte I“), Libro III, Cap. XIII, S. 272. Armenini spricht von „prospettive“ und „vista“ (s. o. Anm. III.326 der vorliegenden Studie). 27  Vgl. die Fülle von Belegen bei Allekotte 2005, S. 73–133. 28  Koyré 1969. 29  Grundlegend: Kruft 1991, S. 251–309; Ruhl 2003, S. 93–106 u. passim; Hunt 1993, S. 323 f. 30  Vgl. Langen 1965 (1934); Buttlar 1990, S. 7–19; Harris 1994; Wagner-Egelhaaf 1997; Schnei­ ­ er 2005a, S. 121–139. Kürzlich zur „Rahmenschau“ insbesondere des 18. Jahrhunderts: Wagnerd Egelhaaf 2008. 31  Langen 1965 (1934). 32  Vgl. Wittkower 1974; Harris 1994. Siehe auch die bereits erwähnten Beiträge von Panofsky 1963 u. Ruhl 2003. 33  Nicolson 1960, S. 7 u. passim. 34  Vgl. Ackerman 1990, S. 201; Forster 2008. 35  Vgl. Wittkower 1974; Harris 1994; Ruhl 2003, bes. 181–280. Siehe auch die erhellenden Einleitungssätze in Panofsky 1993. Studien zum Landschaftsgarten im 18.  Jahrhundert behan­ deln das Thema des inszenierten Ausblickes eingehend, etwa: Herzog 1989; Buttlar 1989; id. 1990, S. 7–19; Hunt 1992; id. 2003.

343  | Anmerkungen zu Kap. IV.: S. 229–238

36  Panofsky 1993, die Zitate S. 61 f. Vgl. in der vorliegenden Studie S. 27. 37  Vgl. zu diesem Begriffspaar Battisti 1972. 38  Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Andeutungen über Landschaftsgärtnerei verbunden mit der Beschreibung ihrer praktischen Anwendung in Muskau [1834], hrsg. v. Graf Lennart Bernadotte u. Albrecht Kruse-Rodenacker, Stuttgart 1977, S. 26. Vgl. auch ibid., S. 103, die Rede von „verschie­ dene pittoresken Aussichten“ und die Schilderung einer nach Entwürfen Schinkels errichteten Gloriette, die „vier verschiedene Bogenöffnungen“ biete, „deren jede ein andres Gemälde [gemeint ist ein je unterschiedlicher Ausblick in den Park] gleichsam in einen Rahmen fasst“. 39  Vgl. Heidegger 2003 u. Déotte 2001. Zur Kritik von Marcel Duchamp am Paradigma der per­ spektivischen „finestra aperta“: Herbert Molderings, Ästhetik des Möglichen. Zur Erfindungsgeschichte der Readymades Marcel Duchamps, in: Gert Mattenklott (Hrsg.), Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste. (Zeitschrift für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft, Sonderheft 4), Hamburg 2004, S. 103–137. 40  Heinrich Mann, Der Schriftsteller und der Staat (Ansprache, gehalten und veröffentlicht 1931), in: id., Essays, Hamburg 1960, S. 316–320. 41  Vgl. Yilmaz Dziewior, Mies van der Rohe. Blick durch den Spiegel (Kunstwissenschaftliche Biblio­ thek, Bd. 27), Köln 2005 (zugl. Diss. Univ. Berlin 2005), u. Tegethoff 1991. 42  Siehe jüngst Kurt W. Forster, The Autobiographical House: Around a Haunted Hearth, in: Emmanuel Petit (Hrsg.): Philip Johnson. The Constancy of Change (Ausstellungskatalog New York, Museum of Modern Art, 2009), New Haven u. London 2009, S. 38–59, sowie den wegweisenden Beitrag von Michael Hesse von 1987 (id. 1987), u. id., Moderne und Klassik. Kunstzitat und Kunstbewußtsein bei Philip Johnson, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 63 (2000), S. 372–386. 43  Cohen 2013. 44  Vgl. Manovich 2001, S. 95–111 sowie Friedberg 2006, S. 26–139 u. passim (jeweils mit aus­ führlichen bibliographischen Angaben zur mediengeschichtlichen Diskussion über die Wirkung von Albertis „finestra aperta“) u. in der vorliegenden Studie Anm.  II.14. Zu den Überlagerungen mehrerer ‚Windows‘ siehe Margarete Pratschke, ‚Overlapping windows‘ – Architektonische Raumkonzepte als Vorbilder des digitalen Bildraums grafischer Benutzeroberflächen, in: Jörg H. Gleiter, Nor­ bert Korrek u. Gerd Zimmermann (Hrsg.), Die Realität des Imaginären. Architektur und das digitale Bild: 10. Internationales Bauhaus-Kolloquium Weimar 2007 (Schriften der Bauhaus Universität Wei­ mar, Bd. 120), Weimar 2008, 211–218. 45  S. Gerd Blum, Das Fenster als Bild. Wie die Renaissance die Aussicht entdeckte – und wie Bauten heute Bilder generieren, in: Neue Zürcher Zeitung, Internationale Ausgabe, Nr. 56, 8. März 2014, S. 28. 46  Vgl. Blum 2011b u. Andreas Beyer, Matteo Burioni, Johannes Grave (Hrsg.), Das Auge der Architektur. Zur Frage der Bildlichkeit der Baukunst, München 2011 sowie Stierli 2013. Der schweizerische Architekt und Designer Otto Kolb (1921–1996) konzipierte laut Rahel Hartmann Schweizer besonders in seinen Wohnbauten der ersten Nachkriegsjahre seine „Fenster als Bild“. Siehe id., 2013, S. 76–86, das Zitat S. 85. Rahel Hartmann Schweizer danke ich für wertvolle Hinweise herzlich. Siehe zum gebauten „Fenster als Bild“ auch Jung 1984 u. Blum 2014a.

344  | Anmerkungen zu Kap. IV: S. 229–238

Anhang

Te x te von Alberti und Agucchi in Auszügen und Übersetzung

Appendix 1 Leon Battista Alberti, Profugiorum ab aerumna libri, (ca. 1441–1443), Liber III (Auszug), nach: Ders., Profugiorum ab erumna libri, hg. von Giovanni Ponte, Genua 1988, S. 80–831

[S. 80] „Così disse Agnolo, e poi di nuovo, tacendo, oltre s’avviò passeggiando. Adun­ que Niccola, uomo acutissimo, verso me ritenne el passo e disse: – Concederemo noi, Battista, qui ad Agnolo quel che e’ dice che ‘l suo disputare sino a qui sia stato senza ordi­ ne? E tanta copia di varie, degnissime e rarissime cose, accolte da lui, diremole noi non esposte in luogo e porte e assettate dove bello si condicea e convenia? Molti apresso de’ nostri maggiori Latini e ancor molti presso de’ Greci, Agnolo, scrissero simile parte e luo­ ghi di filosofia. Non però vidi in tanta frequenzia alcuno di loro più che voi composto e assettato. E notai in ogni vostra argumentazione e progresso del disputare esservi una incredibile brevità, iunta con una maravigliosa copia e pienezza di gravissimi e accom­ modatissimi detti e sentenzie. E quello che a me pare da pregiare in chi scrive o come voi qui disputa e ragio- [S. 81] na di queste dottrine dovute a virtù e atte a viver bene e beato, Agnolo, si è quello che in prima in voi mi parse bellissimo. Non so se fu Cipreste, del quale Vitruvio scrive tanta lode, o se fu altro architetto inventore di questo pingere e figurare, come oggi fanno, el pavimento. Ma costui, qualunque e’ fu trovatore di cosa sì vezzosa, forse fu a quel tempio ornatissimo di [Lücke in den Manuskripten], quale tutta l’Asia construsse in anni non meno che settecento; e vide costui a tanto edificio coacer­ vati e accresciuti e suoi parieti con squarci grandissimi di monti marmorei, e videvi di qua e di là colonne altissime; e videvi sopra imposti e travamenti e la copertura fatta di

1  Der Text ist nochmals abgedruckt und kommentiert bei Roberto Cardini, Alberti o della scrittura come mosaico, in: Cardini/Bertolini/Regoliosi 2005, S. 91–94, S. 92 f.

347  | Appendix 1

bronzo e inaurata; e vide che dentro e fuori erano e gran tavolati di porfiro e diaspro, a suoi luoghi distinti e applicati; e ogni cosa gli si porgea splendido; e miravavi ogni sua parte collustrata e piena di maraviglie: solo el spazzo stava sotto e piedi nudo e negletto. Adonque, e per coadornare e per variare el pavimento dagli altri affacciati del tempio, tolse que’ minuti rottami rimasi da’ marmi, porfidi e diaspri di tutta la struttura, e coat­ tatogli insieme, secondo e loro colori e quadre compose quella e quell’altra pittura, vestendone e onestandone tutto el pavimento. Qual opera fu grata e iocunda nulla meno che quelle [S. 82] maggiori al resto dello edificio. Così avviene presso de’ litterati. Gl’in­ gegni d’Asia e massime i Greci, in più anni, tutti insieme furono inventori di tutte l’arte e discipline; e construssero uno quasi tempio e domicilio in suoi scritti a Pallade e a quel­ la Pronea, dea de’ filosofi stoici, ed estesero e pareti colla investigazione del vero e del falso; statuironvi le colonne col discernere e annotare gli effetti e forze della natura, apposervi el tetto quale difendesse tanta opera dalle tempeste avverse; e questa fu la peri­ zia di fuggire el male, e appetire e conseguire el bene, e odiare el vizio, chiedere e amare la virtù. Ma che interviene? Proprio el contrario da quel di sopra. Colui accolse e minuti rimasugli, e compòsene el pavimento. Noi vero, dove io come colui e come quell’altro volli ornare un mio picciolo e privato diversorio, tolsi da quel publico e nobilissimo edi­ ficio quel che mi parse accommodato a’miei disegni, e divisilo in più particelle distri­ buendole ove a me parse. E quinci nacque come e’ dicono: Nihil dictum quin prius dictum. E veggonsi queste cose litterarie usurpare [sic!]2 da tanti, e in tanti loro scritti adoperate e disseminate, che oggi a chi voglia ragionarne resta altro nulla che solo el racco- [S. 83] glierle e assortirle e poi accoppiarle insieme con qualche varietà dagli altri e adattezza dell’opera sua, quasi come suo instituto sia imitare in questo chi altrove fece el pavimen­ to. Qual cose, dove io le veggo aggiunte insieme in modo che le convengano con suoi colori a certa prescritta e designata forma e pittura, e dove io veggo fra loro niuna grave fissura, niuna deforme vacuità, mi diletta, e iudico nulla più doversi desiderare. Ma chi sarà sì fastidioso che non approvi e lodi costui, quale in sì compositissima opera pose sua industria e diligenza? E noi, Agnolo, che vediamo raccolto da voi ciò che presso di tutti gli altri scrittori era disseminato e trito, e sentiamo tante cose tanto varie poste in uno e coattate e insite e ammarginate insieme, tutte corrispondere a un tuono, tutte aguagliar­ si a un piano, tutte estendersi a una linea, tutte conformarsi a un disegno, non solo più nulla qui desideriamo, né solo ve ne approviamo e lodiamo, ma e molto ve ne abbiamo grazia e merito. Aggiugni che non tanto el tessere e connodare in un sieme varii detti e grave sentenzie apresso di voi fu cosa rara e maraviglia, ma fu e in prima quasi divino el

2  Es handelt sich hier offensichtlich um einen Druckfehler; im Anmerkungsapparat schreibt der Hrsg. Giovanni Ponte usurpate. Vgl. außerdem dieselbe Passage in der älteren Edition des Textes von Cecil Grayson: Leon Battista Alberti, Opere volgari, hrsg. v. Cecil Grayson, 3 Bde., Bari 1960– 73, hier Bd. 2: Rime e Trattati morali (darin enthalten: Profugiorum ab aerumna libri III), Bari 1966 (im Folgenden zitiert als Alberti, Profugiorum ab aerumna libri, ed. Grayson 1966), hier S.  161, Zeile 27.

348  | Anhang

concetto e descrizione di tutta la causa agitata da voi, qual compreendesti faccenda da niuno de’ buoni antiqui prima attinta, e mostrasti in che modo si propulsino e in che modo si escludano le maninconie.“

„So sprach Agnolo, und dann schickte er sich schweigend wieder an, weiter spazieren zu gehen. Daraufhin verlangsamte Niccola, ein sehr scharfsinniger Mann, mir gegenüber seinen Schritt und sagte: ‚Werden wir, Battista, dem Agnolo wirklich gewähren [das zu sagen,] was er sagt, [nämlich] daß seine Disputation bis hierhin ohne Ordnung gewesen sei? Und werden wir von einer solchen Fülle von verschiedenen, in höchstem Maße würdigen und erlesenen, von ihm versammelten Dingen sagen, sie seien nicht an einem Ort dargelegt und untergebracht und angeordnet, wo es schön passt und sich schickt? Viele unserer größten lateinischen Autoren, Agnolo, und ebenso viele der Griechen schrieben über ähnliche Probleme und Gebiete der Philosophie. Doch unter diesen habe ich keinen gesehen, der angesichts solcher Fülle strukturierter und geordneter gewesen wäre als Ihr. Und ich bemerkte in jedem Eurer Gedankengänge und im Fortschreiten der Erörterung eine unglaubliche Kürze und Prägnanz, die mit einer bewundernswerten Fülle und Vollständigkeit von höchst erhabenen und angemessenen Aussprüchen und Sentenzen verbunden war. Und das, was mir bei jenem als schätzenswert erscheint, der über diese Lehren, die der Tugend verpflichtet sind und zum guten und glückseligen Leben befähigen, schreibt oder – wie Ihr hier – disputiert und spricht, Agnolo, ist das, was mir als erstes bei Euch als besonders gut erschien. Ich weiß nicht, ob es Cipreste3 war, über den Vitruv viel Lob äußert, oder ob ein ande­ rer Architekt das heute übliche Bemalen und Gestalten des Fußbodens erfand. Doch wer auch immer der Erfinder einer solch anmutigen Arbeit gewesen ist, er hat sich vielleicht bei jenem reich geschmückten Tempel von [Ephesos 4] aufgehalten, den ganz Asien in nicht weniger als 700 Jahren erbaut hat. Und dieser [Erfinder] sah, daß die Wände des so bedeutenden Bauwerkes mit riesigen Blöcken von Marmorbergen aufgerichtet und ver­ stärkt worden waren, und er sah auf beiden Seiten sehr hohe Säulen; und daraufgelegt sah er Gebälke und die Dachverkleidung aus vergoldeter Bronze; und er sah, daß innen und außen herrliche Verkleidungen aus Porphyr und Jaspis angebracht waren, [jeweils] an dem ihnen vorbestimmten Ort. Alles bot sich ihm strahlend dar; und er bewunderte jeden einzelnen, hell erstrahlenden und mit Wunderwerken gefüllten Teil [des Tem­ pels]. Nur der Boden unter den Füßen war nackt und vernachlässigt. Um nun also den 3  Nach Cecil Grayson handelt es sich hier um den bei Vitruv (De Architectura I, VI, 4) erwähnten Andronikos von Kyrrhos (bei Vitruv: Andronicus Cyrrestes), den Erbauer des sog. Turms der Winde in Athen (Vitruv, De Architectura, ed. Fensterbusch 1991, S.  60  f.). Vgl. dazu Graysons Ausführungen in: Alberti, Profugiorum ab aerumna, ed. Grayson 1966, S. 437, Anm. 160. Vitruv bringt ihn allerdings nicht in Zusammenhang mit der hier von Alberti erörterten Erfindung des Fußbodenmosaiks. 4  Lücke in den Manuskripten; die Ergänzung „Ephesos“ stammt von Grayson (ibid.).

349  | Appendix 1

Fußboden ebenfalls zu schmücken und von den anderen Schauseiten des Tempels zu unterscheiden, nahm er die winzig kleinen Scherben, die von den Marmor-, Porphyrund Jaspis[werken] des ganzen Baus übrig geblieben waren, und indem er sie je nach Far­ be und Form zusammenfügte, entwarf er ein Bild nach dem anderen, und mit ihnen bedeckte er den gesamten Fußboden und schmückte ihn würdevoll. Dieses Werk war nicht weniger willkommen und beliebt als die größeren Werke des restlichen Baus. So geschieht es bei den Gelehrten und Literaten: Die scharfsinnigen Menschen aus Asien und vor allem aus Griechenland waren allesamt über viele Jahre Erfinder aller Künste und Wissenschaften, und in ihren Schriften bauten sie einen regelrechten Tem­ pel und Wohnsitz für Pallas und [damit für] jene Pronoea5, die Göttin der Stoiker, und sie erweiterten die Wände mit der Untersuchung des Wahren und des Unwahren; sie errichteten die Säulen durch das Erkennen und Aufschreiben der Wirkungen und Kräfte der Natur; sie fügten das Dach hinzu, um ein so großes Werk vor feindlichen Stürmen zu schützen. Und dieses war die Geschicktheit, das Übel zu fliehen und das Gute zu begeh­ ren und zu erlangen sowie das Laster zu verabscheuen, die Tugend zu begehren und zu lieben. Aber was geschieht? Gerade das Gegenteil des oben Gesagten. Jener sammelte die geringen Überreste und setzte daraus den Fußboden zusammen. In der Tat, dort, wo ich wie dieser oder jener eine kleine und private Herberge schmücken wollte, nahm ich von jenem öffentlichen und vortrefflichsten Bau das, was mir als für meine Pläne geeignet erschien, und teilte es in mehrere Stückchen, die ich dorthin verteilte, wo es mir belieb­ te. Und so entstand der Boden nach dem Motto dieser Redewendung: Nihil dictum quin prius dictum (Nichts wird gesagt, was nicht bereits zuvor gesagt worden ist). Und man sieht, daß solche gelehrten Dinge von vielen vereinnahmt und in vielen ihrer Schriften gebraucht und verstreut werden, so daß heute derjenige, der darüber sprechen möchte, nichts anderes zu tun hat, als sie zu sammeln und zu ordnen und sie dann – mit einiger Verschiedenheit von den anderen und der [notwendigen] Anpassung an sein eigenes Werk – zu verbinden, fast als sei es seine Aufgabe, darin jenen nachzuah­ men, der woanders den Fußboden machte. Sobald ich solche Dinge derartig zusammen­ gefügt sehe, daß sie mit ihren Farben zu einer gewissen vorbestimmten und vorgezeichne­ ten Form eines Gemäldes [wörtlich „Form und Gemälde“] passen, und wenn ich zwi­schen ihnen keine tiefe Kluft, keine ungeformte Leere sehe, finde ich daran Gefallen und befin­ de, man sollte sich nichts weiter wünschen. Doch wer wird so niederträchtig sein, daß er jenen nicht anerkennt und lobt, der seinen Fleiß und seine Sorgfalt in ein solches, in höchstem Maße geordnetes Werk setzte? Und wir, Agnolo, die wir von Euch das versammelt sehen, was bei all den ande­ ren Schriftstellern verstreut und zerrissen war, und die hören, wie so viele so verschie­ dene Dinge, die vereint und bezwungen und eingefügt und eingegliedert wurden, alle 5 

Pallas und Pronoia oder Pronoea sind Beinamen der Athena.

350  | Anhang

einem Ton entsprechen, sich alle einer Fläche angleichen, sich alle in einer Linie erstrec­ ken, sich alle einer Zeichnung anpassen, [wir] wünschen uns hier nicht nur nichts ande­ res, nicht nur stimmen wir zu und loben Euch, sondern wir danken Euch sehr dafür und rechnen es Euch hoch an. Es sei hinzugefügt, daß nicht so sehr das Weben und Verknüp­ fen von verschiedenen Aussprüchen und Sentenzen zu einem Ganzen bei Euch etwas Seltenes und Wunderbares war; vielmehr – und in erster Linie – waren das Konzept und die Beschreibung des ganzen von Euch erörterten Sachverhaltes fast göttlich, den Ihr so durchdrungen habt, wie es von keinem der großen Alten erreicht worden ist, und Ihr habt gezeigt, auf welche Weise man die Melancholie vertreiben und vermeiden kann.‘“

351  | Appendix 1

Appendix 2 Giovanni Battista Agucchi, Relatione della Villa Belvedere (1611), zit. nach Cesare D’Onofrio, La Villa Aldobrandini di Frascati, Rom 1963, S. 82–115, hier S. 87–91 (Beschreibung der Aussicht von der Villa) „Sopra questo piano, che quasi sopra tre ripari di terra sostenuta da muri è inalzato, anzi come sopra una gran base, sta posta la casa o palazzo [fol. 5 recto] che dir vogliamo, il quale non pur gode della bellissima vista che à tutto il sito del monte è conceduta, ma come egli è posto più alto di ogni altro di qualsivoglia villa di Frascati et disposto di maniera avanti di lui ogni sito, che à vederlo aiuti, rimira al giuditio di tutti la campagna et ciò che al occhio si rappresenta meglio di ogni altra casa et villa che qui d’intorno per molte miglia sia. Et è così bella questa veduta che, stando in questo posto in qual si voglia parte et in ogni fenestra della casa et particolarmente sopra tre ringhiere di essa, scuopre gran parte delli Appennini verso tramontana et levante; in faccia più à ponente la città di Roma et la sua campagna; tra ponente et mezzogiorno il mare; per la campagna castelli, terre, città, e tutto quello che in vastissimo et grandissimo paese si trova pare che a ques­ ta casa faccia piazza et ornamento. Ma la veduta è così bella che io per me havendone osservate molte non mi è paruto che nessuna l’uguagli, onde mi aviso che non sarà discaro a Vostra Altezza se la descriverò più minutamente. Questa veduta, benché sia di un grandissimo paese, così bene vien terminata che l’occhio non pure non si stancha et non receve incomodo, mi pare che tanto vada inanzi quanto à punto egli desidera et non più niente. Ha la campagna dinanzi così grande che si può dire che per dritta linea si stenda intorno à cinquanta miglia ordinarie et quivi [fol. 5 verso] termina nella montagna di Viterbo che pare à bello studio incontro al monte di Frascati dalla natura posta per farli termine da lontano, e tutto il resto di sotto a lui presti obedientia. Sono gli Apennini più vicini et meno à Frascati come più et meno si stendono verso tramontana et scostandosi dalla montagna di Viterbo vengono à lasciar tra essi et detta montagna una gran apertura la quale, anco per non infastidir l’occhio, dal monte di Santo Resto che dalli altri è spichato più di quaranta miglia lontano si termina et si comparte onde minore et più divisa remane. Dall’altra parte pure incontro, ma verso ponente, fa finimento à questa veduta la montagna della Tolfa che anco essa staccata dalle altre tra quella di Viterbo et il mare vien situata et questa sarà da Frascati qualche cosa più di quel­ la di Viterbo lontana, così per la distanza come perche non gli stà dirimpetto per dritta linea. Questo rincontro di tre monti separati l’uno dal’altro e con la lontananza più humili paiono benché assai alti siano, con le aperture che tra di loro restano fanno come in un mezzo circolo con una debita lontananza un finimento così bello che non è facile à descriverlo et pare che con arte à misura siano ad un tal effetto assestati.

352  | Anhang

Dalla banda di ponente inclinando à mezzogiorno lontano forsi venti miglia un gran pezzo del lito del Tirreno mare et il mare istesso si scuopre: la lontananza del quale, vedendo prima tanta terra, adorna la veduta et non la [fol. 6 recto] stancha come per lo più à me pare che il mare far soglia, et di quivi tutte le vele che passano così distintamente si vedono che chiunque per diletto far il volesse il potrà sempre annoverare. Tra questo gran spatio che è tra il mare et l’Appennino et tra Frascati et la Montagna di Viterbo, il diametro del quale sarà più di 50 miglia, giace la campagna di Roma che grande et vasta cosa pare et con ciò sia cosa che questi termini insieme con gli Appennini non siano ugualmente posti, rendono il sito inanzi à Frascati che circolare più che altro apparisce, et anco questo di adornamento gli accrescono quasi che una corona gli facciano. È la campagna di Roma non piana ma di diversi colli et di siti differenti variata et in pochi lochi tanto di piano troverassi che quatro miglia duri vero è che i colli poco alti sono, ma essendo il sito di Frascati di gran lunga più eminente talmente gli soprasta che non appariscono li colli et la varietà del paese, ma ugguagliandosi all’occhio pare la cam­ pagna o piana tutta, o ondeggiante di sorte che vaghezza gli recha, et essendo in molte parte di alberi spogliata, la vista ha gran spatio di spatiarvi. In essa si vede riseder l’antica et imperatrice città di Roma dominatrice delle genti, vincitrice del mondo et capo della vera Religione che questo solo potria far singolare la veduta di Frascati et delle sue ville. Si scuoprono le parti di essa, et si come se inalza quivi il capo della Chiesa militante così si dimostra pomposamente la Chiesa [fol. 6 verso] materiale et inalzandosi la nobilissima fabrica di S.  Pietro et levando anco essa il capo come prima Chiesa del mondo quanto può l’occhio scorgere si dimostra, mettendo fuori alla veduta di molte miglia la sua grandissima et altissima cuppola che di altezza supera qualsivoglia antica fabrica della quale à noi remanga in qualunque maniera memoria, con tanti et si belli ornamenti che dir non si possano, opera per lo più del gran Michelangelo Bonarota. Ho lineato, non dissegnato, et accennato non descritto a Vostra Altezza la bellezza, la leggiadria et la dispositione di questa veduta, non essendo possibile, che la penna la figuri come ella è veramente, ne può altro che l’occhio, che solo la gode, all’intelletto rappresen­ tarla et io ne ho vedute delle maggiori et più vaste, ma non mi è paruto che niuna sia da mettere à paragone di vaghezza con questa, et di una satisfattione che reca senza potersi dire che sia se non una bella et misurata positura et proportione fatta dal gran Architetto dell’Universo. Et à me pare di poter somigliare questo sito ad un grandissimo teatro che facendo circolo per la maggior parte et corona vadia ad accostarsi da tutte doi le bande al monte di Frascati et che gli faccia quella parte nel teatro, che la scena, che gli Antichi orchestra chiarmono, far suole, sporgendosi in testa di questo sito alquanto in fuori, e stac­ candosi dal resto per meglio vedere et esser veduto. Tutte queste cose, che sono esposte a si bella vista, sono singolarmente esposte alla veduta della mia villa et della casa di essa, conciosiacosache per confessione di tutti nella più bella parte del monte risieda.“

353  | Appendix 2

„Auf dieser Ebene, die sich über drei Terrassen aus Erdreich erhebt, das von Mauern gestützt wird, ragt das Haus oder der Palast – wie wir ihn nennen wollen – gleichsam wie auf einer gewaltigen Basis auf, so dass er sich nicht nur der wunderschönen Aussicht erfreut, die dem ganzen Berg in dieser Lage gewährt wird; sondern, da er [der Palast] sich höher als jegliche Villa von Frascati befindet und da jeder Bereich des Umlandes („sito“) so vor ihm angeordnet ist, dass die Sicht auf ihn gefördert werde, gibt dieser Palast nach dem Urteil aller den Blick auf das Umland und auf alles, was sich dem Auge darbietet, besser frei als jedes andere Haus oder jede Villa, die sich dort im Umkreis vieler Meilen befindet. Und diese Aussicht ist so vortrefflich, dass man, wenn man in jedem beliebi­ gen Teil und in jedem Fenster des Hauses und besonders auf den genannten drei Terras­ sen6 desselben steht, einen großen Teil des Apennin in Richtung Norden und Osten ent­ decken kann. Gegenüber [und] mehr in Richtung Westen [sieht und erkennt man] die Stadt Rom und ihr Umland; zwischen Westen und Süden das Meer; in der Umgebung die Burgen, Felder, Städte. Und alles, was sich in dieser ausgedehnten Landschaft befin­ det, scheint diesem Haus als Vorplatz und Schmuck zu dienen. Die Aussicht ist sogar so schön, dass ich, obwohl ich meinerseits viele davon gesehen habe, den Eindruck hatte, dass keine ihr gleichkomme; daher glaube ich, dass es Eurer Hoheit nicht unlieb sein wird, wenn ich sie genauer beschreibe. Obwohl er sich über ein weites Gebiet erstreckt, wird dieser Ausblick so gut begrenzt, dass das Auge dennoch nicht ermüdet und kein Unbehagen empfindet; mir scheint [vielmehr], dass sie nur so weit reicht, wie das Auge es wünscht, und nicht darüber hinaus. Sie [die Aussicht] erfasst ein Land, das so weit ist, dass man sagen kann, es dehne sich auf gerader Linie über etwa 50 Meilen aus, und das dort [am Fuß der] Bergkette von Viterbo endet, die von der Natur mit schöner Absicht dem Berg von Frascati gegenübergesetzt worden zu sein scheint, damit sie ihm [dem Berg von Frascati und zugleich dem Blick des in oder vor der Villa Aldobrandini stehenden Besuchers, G. B.] aus der Ferne zur Grenze werde und alles ande­ re, unterhalb Gelegene, ihm Gehorsam erweise. Der Apennin nähert sich Frascati mehr oder weniger an und erstreckt sich [dann] weiter in nördlicher Richtung; und indem er sich vom Gebirge von Viterbo7 entfernt, lässt er zwischen sich selbst und der genannten Bergkette [von Viterbo] eine breite Öff­ nung entstehen, die, um das Auge nicht zu stören, beim Berg von Santo Resto8 endet, der mehr als vierzig Meilen von den anderen Bergen entfernt ist und die sich somit teilt, so dass sie kleiner und gegliederter wirkt. Auf der anderen, ebenfalls gegenüberliegenden Seite, aber gegen Westen, schließt das Gebirge der Tolfa diesen Ausblick ab, das – auch etwas von den anderen [Bergen bzw. Bergketten] abgesetzt – zwischen dem Gebirge von 6  Es könnten auch die drei Balkone der Nordwest-Fassade (d. h. der Hauptschauseite) gemeint sein. 7  Wohl der 1053 Meter hohe Monte Cimino und die anderen Anhöhen der Cimini. 8  Der im Tibertal südöstlich von Cività Castellana gelegene Monte Soratte (der antike Mons Soracte, dem Horaz eine berühmte Ode [carmen I, 9] gewidmet hat).

354  | Anhang

Viterbo und dem Meer gelegen ist; und dieses [Gebirge der Tolfa] mag etwas weiter von Frascati entfernt sein als das Gebirge von Viterbo, sowohl weil der Abstand größer ist als auch weil es Frascati nicht in direkter Linie gegenübersteht. Dieses Zusammentreffen dreier voneinander getrennter Berge9, die aus der Entfernung fast bescheiden wirken, obschon sie sehr hoch sind, mit den zwischen ihnen liegenden Öffnungen lässt – einem Halbkreis gleich und in gebührender Entfernung – einen so schönen Abschluss entste­ hen, dass es nicht leicht ist, ihn zu beschreiben; und es scheint so, als seien sie [die Berge und Öffnungen] mit Kunst und Maß geordnet worden, um diese Wirkung zu erzielen. Vom äußersten Westen nach Süden hin bietet sich auf einer Länge von etwa zwanzig Meilen ein großer Teil der tyrrhenischen Küste und des Meeres dar: Es schmückt, nach­ dem man so viel Land gesehen hat, von Ferne die Aussicht und lässt sie nicht langweilig werden, wie es das Meer – so scheint mir – sonst meistens zu tun pflegt; und die Segel­ boote, die hier vorbeifahren, können so deutlich gesehen werden, dass ein jeder, der sich ein Vergnügen daraus machen wollte, sie zählen könnte. In diesem weiten Raum zwischen Meer und Apennin und zwischen Frascati und dem Gebirge von Viterbo, dessen Durchmesser mehr als fünfzig Meilen betragen dürfte, liegt die Campagna Romana, die groß und weit erscheint; und da diese Grenzmarken [der Berge und Anhöhen] nicht auf einer Linie mit dem Apennin liegen, gestalten sie die Gegend vor Frascati so, dass sie mehr oder weniger kreisrund erscheint, und lassen ihr auch dieses zur Zierde gereichen, indem sie ihr gleichsam zu einer Krone werden. Die Campagna Romana ist nicht flach, sondern durch zahlreiche Hügel und unter­ schiedliche Höhenlagen abwechslungsreich gestaltet; und nur an wenigen Orten wird man ebenes Gelände finden, das sich weiter als vier Meilen erstreckt; es ist [wohl] wahr, dass die Hügel nicht besonders hoch sind, aber da die Lage von Frascati weitaus erhabner ist, überragt [Frascati] sie [die Campagna Romana] derartig, dass die Hügel und die Ver­ schiedenheit des Landes nicht offenbar werden; vielmehr erscheint die campagna dem Auge vollkommen eben oder leicht gewellt, was ihr noch mehr Anmut verleiht, und da sie zum großen Teil von Bäumen frei ist, kann der Blick weit über sie hinwegschweifen. In ihr [d.h. im Zentrum der Campagna Romana] sieht man die antike und kaiserliche Stadt Rom residieren, Herrscherin über die Völker, Siegerin über die ganze Welt und Haupt der wahren Religion; und das allein würde ausreichen, um die Aussicht von Fras­ cati und seinen Villen einzigartig zu machen. Man erkennt unterschiedliche Teile der Stadt, und so wie das Haupt der Ecclesia militans alles überragt, so zeigt sich auch auf prunkvolle Weise diese materielle Kirche; und so, wie sich die altehrwürdige Kathedrale von S. Pietro erhebt und auch sie als erste Kirche der Welt ihr Haupt emporstreckt, zeigt sie sich, soweit das Auge zu blicken vermag, wobei sie ihre großartige und extrem hohe Kuppel nach außen präsentiert, die auf viele Meilen sichtbar ist und jegliches antike Bau­

9  D. h. die Monti della Tolfa im Westen, der Monte Cimino bei Viterbo im Norden und der Mon­ te Soratte im Osten.

355  | Appendix 2

werk, das uns in irgendeiner Weise in Erinnerung geblieben ist, an Höhe übertrifft, und die so vielen und so schönen Schmuck aufweist, dass man ihn kaum beschreiben kann: hauptsächlich ein Werk des großen Michelangelo Buonarroti. Ich habe Eurer Hoheit [Herzog Carlo Emanuele I von Savoyen10] die Schönheit, die Anmut und die Anordnung dieser Aussicht lediglich umrissen, nicht genau geschildert, und nur angedeutet, nicht [eingehend] beschrieben, da es unmöglich ist, sie mit der Feder so wiederzugeben, wie sie in Wirklichkeit ist; denn nur das Auge, das allein sie genießen kann, vermag sie dem Intellekt darzustellen; und ich habe noch größere und weitläufigere Aussichten gesehen, aber mir scheint, dass keine mit dieser Aussicht ver­ gleichbar sei, was ihre Anmut betrifft und die Befriedigung, die sie schenkt, und man kann nichts anderes sagen, als dass ihre schöne und maßvolle Lage und Proportionie­ rung ein Werk des großen Architekten des Universum sei. Und mir scheint, dass diese Gegend mit einem riesigen Theater verglichen werden kann, das, gleichsam einen Kreis und eine Krone bildend, sich dem Berg von Frascati von beiden Seiten [d.h. aus westl. und nordöstl. Richtung] her nähert, und diesem [dem Berg von Frascati] als jener Teil des Theaters dient, den die Antiken „orchestra“ nannten, also als Bühne, während er [der Berg von Frascati] über diese Gegend emporragt und sich von der übrigen Umgebung abhebt, um besser sehen und gesehen werden zu können. All diese Dinge, die sich einem so schönen Ausblick darbieten, werden der Aussicht von meiner Villenanlage und deren Haus in einzigartiger Weise dargeboten, so dass jedermann bekennt, dass meine Villa die beste Lage am Berg einnimmt.“

10  Siehe D’Onofrio 1963, S. 79–81.

356  | Anhang

Ver zeichnis der Abkür zungen

BNCF

Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze

C.I.S.A.

Centro Internazionale di Studi di Architettura [„]Andrea Palladio[“] [Vicenza]

GDS

Gabinetto Disegni e Stampe [Florenz, Galleria degli Uffizi]

MGH

Monumenta Germaniae Historica [http://www.dmgh.de]

PL

Patrologia Latina (= Jacques Paul Migne [Hrsg.], Patrologiae cursus completus sive bibliotheca universalis, integra, uniformis, commoda, oeconomica, omnium SS. patrum, doctorum scriptorum que ecclesiasticorum qui ab aevo apostolico ad usque Innocentii III tempora f loruerunt, 217 Bde. u. 4 Indexbände, Paris, 1844 –1864 [zitiert nach Reprint Turnhout, 1963] u. 5 Bde. Supplementa, Paris, 1958–1974)

PG

Patrologia Graeca (= Jacques Paul Migne [Hrsg.], Patrologiae cursus completus: seu Bibliotheca universalis, integra, uniformis, commoda, oeconomica omnium SS. patrum, doctorum, scriptorumque ecclesiasticorum, sive latinorum, sive Graecorum, qui ab aevo apostolico ad aetatem Innocenti III (ann. 1216) pro Latinis et ad Photii tempora [ann. 863] pro Graecis f loruerunt, 161 Bde., Paris, 1857–1866, sowie 2 In­dex­­bände, hrsg. v. Theodor Hopfner, Paris 1928)

Plut.

pluteus / pluteo [bei Signaturen der Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz]

ProQuest ProQuest Dissertations & Theses Database [Ann Arbor, Michigan, USA (OnlineDatenbank)] RIBA

Royal Institute of British Architects [London]

SMPK

Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz [Berlin]

ULB

Universitäts- und Landesbibliothek [Münster i. W.]

357  |  Verzeichnis der Abkürzungen

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359  | Literaturverzeichnis

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360  | Anhang

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449  | Literaturverzeichnis

In die vorliegende Studie wurden folgende, zumeist bereits publizierte Texte des Autors in über­ arbeiteter Form ganz oder teilweise aufgenommen: Gerd Blum, Vom Museum in die Welt. Maria Nordman in Luzern, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 126, 1. Juni 1992, S. 35 id., Joseph Kosuth, Lokalisierte Welt, Singen / Located World, Singen: ‚Entmystifizierung und Wiederherstellung von Bedeutung‘, in: Jean-Christophe Ammann et al. (Hrsg.), Hier Da Und Dort. Kunst in Singen. Internationales Kunstprojekt im öffentlichen Raum (Ausstellungskatalog Singen am Hohent­ wiel, 5. Mai – 8. Oktober 2000), Darmstadt 2000, S. 152–158 id., Palladios Villa Rotonda und die Tradition des ‚idealen Ortes‘. Literarische Topoi und die landschaft­ liche Situierung von Villen der italienischen Renaissance, in: Zeitschrift für Kunstgeschichte 70 (2007), S. 159–200 id., Fenestra prospectiva. Das Fenster als symbolische Form bei Leon Battista Alberti und in Urbino, in: Joachim Poeschke u. Candida Syndikus (Hrsg.), Leon Battista Alberti. Humanist, Kunsttheoretiker, Architekt (Akten des internationalen Kongresses, Münster, 29.–30. Oktober 2004), Münster 2008, S. 77–122 id., Epikureische Aufmerksamkeit und euklidische Abstraktion. Alberti, Lukrez und das Fenster als bildgebendes Dispositiv, in: Horst Bredekamp, Christiane Kruse u. Pablo Schneider (Hrsg.), Imagination und Repräsentation. Zwei Bildsphären der Frühen Neuzeit, München 2010, S. 79–118 id., Idealer Ort und inszenierter Ausblick. Architektur und Landschaft in der italienischen Renaissance (unveröff. Habilitationsschrift, Universität Basel 2010) id., Giorgio Vasari. Der Erfinder der Renaissance. Eine Biographie, München 2011, bes. S. 209–219 id., Naturtheater und Fensterbild. Architektonisch inszenierte Aussichten der frühen Neuzeit, in: An­ dreas  Beyer, Matteo Burioni u. Johannes Grave (Hrsg.), Das Auge der Architektur / The Iconicity of Architecture. Zur Frage der Bildlichkeit der Baukunst, München 2011, S. 177–219 id., Das Fenster als Bild. Wie die Renaissance die Aussicht entdeckte – und wie Bauten heute Bilder generieren, in: Neue Zürcher Zeitung, Internationale Ausgabe, Nr. 56, 8. März 2014, S. 28 id., Berge als Bauten und Begrenzung. Giovanni Battista Agucchi, Giordano Bruno, Galileo Galilei und die Aussicht der Villa Aldobrandini über Frascati, in: Stiftung Bibliothek Werner Oechslin (Hrsg.), Heilige Landschaft – Heilige Berge (Achter Internationaler Barocksommerkurs Stiftung Bibliothek Werner Oechslin, Einsiedeln 2007), Zürich 2014, S. 130– 45 id., Der Künstler als Modell für Gott. Die Umkehrung der Analogie von Gott und Künstler bei Leon Battista Alberti, Anton Francesco Doni und Giorgio Vasari, in: Christoph Bertsch u. Viola Vahrson (Hrsg.), Gegenwelten. Ein Forschungs- und Ausstellungsprojekt der Stiftung Universität Hildesheim und der Universität Innsbruck […] mit dem Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim und Schloss Ambras, Innsbruck, Innsbruck und Wien 2014, S. 304 –15 id., Das Territorium als Theater: Antike Topoi idealer Topographie und ihre Bedeutung für die Archi­ tektur der italienischen Renaissance, erscheint in: Christel Meier-Staubach et al. (Hrsg.), Visualität, Theatralität und Zeremoniell – Übergänge und Grenzen der Medien (Akten der Tagung des SFB 496 „Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Fran­ zösischen Revolution“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, 17.03.2011– 19.03.2011), erscheint voraussichtlich 2015 id. u. Johan Frederik Hartle, The Cosmos is too Large. The Nostalgia of Progress / Der Kosmos ist zu groß. Fortschrittsnostalgie bei Harald F. Müller, in: id. u. Hartle (Hrsg.), Harald F. Müller. First Cuts, Zürich 2013, S. 27–129

450  | Anhang

Namensregister

Ackerman, James S. 28, 84, 134, 178 d’Agnolo, Baccio 194, Anm. III. 252 Agostini, Ludovico 32, 99 Agucchi, Giovanni Battista 7, 15, 32, 136–147, 217, 232, Anm. II. 506, Anm. II. 509, Anm. II. 512, Anm. II. 522, Anm. II. 527, Anm. II. 541, Anm. II. 537 Albers, Josef 223, 225, Anm. III. 400 f. Alberti, Leandro 32, 97, 99, Anm. II. 390 Alberti, Leon Battista XX, 11, 15–18, 32, 36–39, 43, 45, 57, 74–82, 97, 108, 110, 117, 119, 12 4 f., 155–168, 171, 176–179, 181 f., 189–193, 195–197, 201–205, 216, 219, 222, 226, 230–233, Anm. I. 40 f., Anm. II. 37, Anm. II. 42, Anm. II. 45, Anm. II. 46, Anm. II. 2 44, Anm. II. 253, Anm. II. 256, Anm. II. 258, Anm. II. 262, Anm. II. 263, Anm. II. 271, Anm. II. 275, Anm. II. 280, Anm. II. 284, Anm. II. 342, Anm. II. 392, Anm. III. 6, Anm. III. 8, Anm. III. 10, Anm. III. 13, Anm. III. 14, Anm. III. 2 4, Anm. III. 25, Anm. III. 26, Anm. III. 25, Anm. III. 29, Anm. III. 34, Anm. III. 39, Anm. III. 42, Anm. III. 42, Anm. III. 48, Anm. III. 50, Anm. III. 54, Anm. III. 57, Anm. III. 61, Anm. III. 156, Anm. III. 157, Anm. III. 164, Anm. III. 168, Anm. III. 186, Anm. III. 193, Anm. III. 204, Anm. III. 261, Anm. III. 262, Anm. III. 263, Anm. III. 299, Anm. III. 301, Anm. III. 305, Anm. III. 408, Anm. IV. 14, Anm. IV. 15, Anm. IV. 44, Anhang: Appendix 1, Fußnote 3 de Albertoni, Antonio (Antonius, Sohn des verstorbenen Angelo Paluzzo degli Albertoni) 159 Aldobrandini, Pietro 136 Allekotte, Jutta 11, 29, 68, 94, Anm. I. 42

451  | Namensregister

Almerico, Paolo (auch Almerigo) 1, 32, 55, 116, 118, 134, Anm. II. 440 Alpatov, Michail V. 141 d’Amelia, Piermatteo (Meister der StewartGardner-Verkündigung) 185 Ammanati, Bartolomeo 41, 103–105, 209, 212, Anm. II. 67, Anm. III. 338 Angelico, Fra (Guido di Pietro) 186 f., Anm. III. 205, Anm. III. 294 degli Arienti, Giovanni Sabadino Anm. III. 275 Aristides, Aelius 57, 69 f., 100, 142–144, Anm. II. 151, Anm. II. 206, Anm. II. 207, Anm. II. 52 4, Anm. II. 526 Armenini, Giovanni Battista 208, Anm. IV. 26 Arnaldi, Vincenzo XIX, 40, Vorw. Anm. 7 Asplund, Gunnar 132 Assunto, Rosario 43, 134, Anm. II. 81 Augustinus, Antonius 169, Anm. III. 32 Augustinus, von Hippo 31, 68, Anm. II. 3 Aurenhammer, Hans 200 van Aytta, Wigle, gen. Viglius Zuichemus 116 Bacon, Francis 143 Barbaro, Daniele 20 f., 25, 36, 38 f., 41, 48, 59, 99, 122, 208, 231, Anm. II. 22, Anm. II. 49, Anm. II. 119, Anm. II. 182, Anm. II. 397, Anm. II. 419, Anm. III. 325 Bartoli, Cosimo 38 f., 108, Anm. II. 41, Anm. II. 42 f., Anm. II. 47, Anm. II. 392 Bateson, Gregory 5, Anm. I. 10 Battisti, Eugenio 105, 201, Anm. III. 290 Beckett, Samuel 162 Bellini, Giovanni 12, 200 f., 230, Anm. I, 49, Anm. III. 298, Anm. III. 299 Belting, Hans 193 Bembo, Pietro 203, Anm. III. 184, Anm. III. 2 42, Anm. III. 310

Benjamin, Walter 231 Bense, Max Anm. III. 47 Bentham, Jeremy 6 Bentmann, Reinhard 231 Berlinghieri, Francesco 214 f. Bertelli, Carlo Anm. II 126 Bertsch, Christoph 29, 85, Anm. I. 36, Anm. III. 340 Bessarion, Basilius (Johannes) 160, Anm. III. 38 Biondo, Flavio 119 Biumo, Conte Giuseppe Panza di 222, 224, 238, Anm. III. 395, Anm. III. 405 Blondel, Jacques-François 219 Blumenberg, Hans 164 Boccaccio, Giovanni 32, 43 f., 63, 66, 80, 119, 169, Anm. II. 81, Anm. II. 170 Bogen, Steffen 171, 175 f. Bonfadio, Jacopo 104, Anm. II. 373, Anm. II. 372 Borbein, Adolf 166 di Borgo San Sepolcro, Dionigi Anm. I. 42 Bosch, Hieronymus Anm. III. 54 Bottari, Giovanni Gaetano 88, 195 Botticini, Francesco 66 f. Bracciolini, Poggio 157, 161, Anm. III. 14, Anm. III. 43 Brahe, Tycho 34 f., 127, 133, 137, 145 f., Anm. II. 27, Anm. II. 537 Bramante, Donato 207 Brown, Allison 161 Brunelleschi, Filippo 18, 70 f., 85, 163, 179, Anm. II. 297, Anm. III. 165, Anm. III. 204, Anm. III. 299 Bruni, Leonardo 15 f., 31, 57, 69 f., 85, 91, 100, 102, 142 ff., Anm. I. 50, Anm. II. 5, Anm. II. 206, Anm. II. 207, Anm. II. 294, Anm. II. 317, Anm. II. 526 Bruno, Giordano 15, 138, 141, 145 –148, 217 Buonarroti, Michelangelo 23 f., 105, 143, 193, 211 f., 232, 353, 356, Anm. III. 181, Anm. III. 2 48, 216 Burckhardt, Jakob 28 Burger, Fritz 122, 134, 208 Burioni, Matteo 211 Burns, Howard 40, 42, 51, Anm. I. 36, Anm. II. 63, Anm. II. 422 Burroughs, Charles 116 f., Anm. II. 397 Caesar, Gaius Iulius 52, 54, 59, Anm. II. 166, Anm. II. 203 Camillo, Giulio, gen. Delminio 102 f., 116, 136, Anm. II. 364, Anm. II. 369 Cancik, Hubert 200

452  | Anhang

Canter, Willem 57, Anm. II. 152 Carlo Emanuele I von Savoyen 136, 356 Fra Carnevale (Bartolomeo di Giovanni Corradini) 189 Cassirer, Ernst Anm. II. 419, Anm. III. 4 Castiglione, Baldassare 202 Cataneo, Giovanni Maria 47, 145, Anm. II. 81 Cézanne, Paul 226, Anm. III. 406 Cicero, Marcus Tullius 45, 47 f., 82, 161 f., 199, Anm. II. 93, Anm. II. 344, Anm. II. 373, Anm. III. 282 Cieri Via, Claudia 197 Clemens VIII. Papa 136, Anm. III. 118 Coffin, David R. 28 Contius, Antonius 160, Anm. III. 33, Anm. III. 34 Cornaro, Alvise 59, 102 f., 106, 120, Anm. II. 185, Anm. II. 361, Anm. II. 450, Anm. II. 452, Anm. III. 184 Cosgrove, Denis 27, 33, 42, 122 f., 134 Cosimo I. de’ Medici, (Groß-)Herzog der Toscana 86, 88 f., 211 f., 216, Anm. III. 326, Anm. III. 336 Costabili, Beltrame (auch Beltrando) 94, Anm. II. 330 Croce, Benedetto 223, Anm. III. 398 Curtius, Ernst Robert 48, 62, Anm. II. 25, Anm. II. 170 Cusanus, Nicolaus (Nikolaus von Kues) Anm. II. 280 Cyrill von Alexandrien 173, Anm. III. 127, Anm. III. 131, Anm. III. 133 Delminio siehe Camillo, Giulio Derrida, Jacques 153 Diels, Hermann 164, 167, 218, Anm. III. 76 Dio, Cassius 46, Anm. II. 94 Donatello (Donato di Niccolò di Betto Bardi) 16, 186 ff., Anm. III. 205, Anm. III. 396 Drerup, Heinrich 26, 95 Anm. III. 10, Anm. III. 282 Duc de Berry (Jean de Valois, duc de Berry) 189 di Duccio, Agostino 183 f., Anm. III. 207 Duns Scotus, Johannes 203 Durand, Jean-Nicolas-Louis 110, 112, 128, Anm. II. 475 Dürer, Albrecht 177, 206 Eiche, Sabine Anm. III. 231, Anm. III. 177 Elphegus, von Winchester (Bischof von Winchester, reg. 984–1006) 69 Engel, Carl Ludwig 129, 131 Epikur 19, 161–164, 166 f., 199 f., Anm. III. 43, Anm. III. 47, Anm. III. 282, Anm. III. 287

Erasmus von Rotterdam 116, Anm. I. 33, Anm. II. 420 Evans, Robin 4, Anm. III. 344 Faenzi, Valerio (Valerius Faventies) Anm. II. 11, Anm. II. 106 Falconetto, Giovanni Maria XIX, 120, 122 Federico II. da Montefeltro (Graf, später Herzog von Urbino) XVIII, 16, 155, 160, 191, 195 ff., 199 ff., 215 f., 218, Vorw. Anm. 6, Anm. III. 184, Anm. III. 192, Anm. III. 261 f., Anm. III. 275 f., Anm. III. 283, Anm. III. 301 da Feltre, Vittorino 201, Anm. III. 301 Ferdinando I. de’ Medici 216 Ficino, Marsilio 85 f., 216, Anm. II. 304, Anm. II. 306 Filarete, Antonio di Pietro Averlino, gen. 11, 32, 72 ff., 121, 189, 217, 232, Anm. II. 220, Anm. II. 221, Anm. II. 223, Anm. II. 225, Anm. II. 233, Anm. II. 236, Anm. III. 219 Fischer, Sören 20, 193 Fitter, Chris Anm. II. 418 Forssman, Erik 43, 134, Anm. II. 81 Forster, Kurt W. Anm. II. 390 Fra Angelico (Guido di Pietro) 186 f., Anm. III. 205, Anm. III. 294 Fra Carnevale (Bartolomeo di Giovanni Corradini) 189 Fra Lazaro da Padova Anm. II. 206 Fra Filippo Lippi 18, 170, Anm. III. 204 Francesca, Piero della XVII f., 184, 189, 196, 212, 215, Anm. III. 198, Anm. III. 207 Friedberg, Anne 237 Frommel, Christoph Luitpold 28, Anm. III. 177, Anm. III. 342 Furttenbach, Johannes 213 f. Galilei, Galileo 15, 137 f., 145 ff., Anm. II. 512, Anm. II. 537, Anm. II. 541 Galland, Pierre (Petrus Gallandius) 58, 60 f. Garin, Eugenio 81, Anm. III. 54 Geoffroi de Vinsauf 62 Geßner, Conrad 32, Anm. II. 13 Ghiberti, Lorenzo 189 di Giorgio Martini, Francesco 74, 181, 195, Anm. I. 49, Anm. II. 419, Anm. III. 169, Anm. III. 178, Anm. III. 182 Giovio, Paolo 32, 95, 99, Anm. II. 331, Anm. II. 346, Anm. III. 13 Goebel, Gerhard 28, 84 Goffman, Erving 5, Anm. I. 10 Gonzaga, Gianfrancesco I. Anm. III. 301 Gonzaga, Lodovico III. (auch Luigi III.) Anm. III. 175, Anm. III. 301

453  | Namensregister

Gonzaga, Lucrezia 118 Gottlieb, Clara 174 Graham, Dan 221, Anm. III. 389 Grave, Johannes 201 Grayson, Cecil Appendix 1, Anm. 2 f. Greenblatt, Stephen 203 Gregor von Nyssa 172 f., 175 f., Anm. II. 6, Anm. III. 316 Guarini, Guarino 52, 62, 71 Habermas, Jürgen Anm. I. 44 Hadid, Zaha 152 Harrison Caviness, Madeline 174 f. Haymo von Auxerre 174 Heigelin, Karl Marzell 131 f. Heil, Elisabeth 181, 192, Anm. III. 169, Anm. III. 171, Anm. III. 173, Anm. III. 200, Anm. III. 232 Helas, Philine 215 f. Herodot Anm. II. 7 Hetzer, Theodor 28 Heydenreich, Ludwig H. 28, Anm. III. 258, Anm. III. 184 Hippolyt (von Rom) 172 f., Anm. II. 127 Holbein, Ambrosius 101 Honorius Augustodunensis 174 Hope Nicolson, Marjorie 31 f. Hoppe, Stephan 29, 170 Horn, Hans-Jürgen 171, 173, Anm. III. 23, Anm. III. 127, Anm. III. 131, Anm. III. 138 Hugo von St. Victor 176 Irwin, Robert 25, 37, 221–22 4, 226 f., 238, Anm. II. 34, Anm. II. 66, Anm. III. 389, Anm. III. 390, Anm. III. 394, Anm. III. 395, Anm. III. 397, Anm. III. 403, Anm. III. 404, Anm. III. 405, Anm. III. 406, Anm. III. 409 Jefferson, Thomas 117, 127 f. Jefferson, William 27, 236 Joedicke, Jürgen 130, 132 Johann II., Herzog von Pfalz-Simmern 205 f. Johannes de Hauvilla 62 Johnson, Philip 237 Kafka, Franz 162, Anm. III. 53 Karl V. von Habsburg. 141, Anm. II. 444 Keller, Gottfried XVI Kemp, Wolfgang 4, 27, 134, 171, 175, 213, Anm. I. 26 Kleist, Heinrich von Vorw. Anm. 4 Kolb, Otto Anm. IV. 46 Koschorke, Albrecht 217

Kostich-Lefebvre, Gordana Ana 38, Anm. II. 39 Krohn, Wolfgang 81 Labowsky, Lotte 160 Lafréry, Antoine (Lafreri, Antonio) 22 Langhans, Carl Gotthard 129, 131 Laurana, Luciano 181, 195, Anm. III. 175, Anm. III. 177, Anm. III. 182, Anm. III. 258, Anm. III. 298, Anm. III. 301 Laurentius qd. Raphaelis (Laurentius, Kanoniker der Lateranbaslika, Sohn eines Raphael, erwähnt 1486) 159 Fra Lazaro da Padova Anm. II. 206 Le Corbusier (Jeanneret-Gris, CharlesÉdouard) 74, 148, 237 Ledoux, Claude-Nicolas 129 f., Anm. II. 475  Leo X. Papa 94 Leuker, Tobias Anm. I. 51 Libeskind, Daniel 152 Ligorio, Pirro 55, 105 f. Lippi, Fra Filippo 18, 170, Anm. III. 204 Lord Burlington (Richard Boyle, 3 rd Earl of Burlington) 127 f. Lorenzo de’ Medici, gen. Il Magnifico 87, 214, Anm. II. 317 Lorrain, Claude 235, Anm. IV. 15 Lory, Gabriel (d. J.) 138 Luchterhandt, Manfred 92 Ludovicus, Meister aus Arezzo 187 Lukrez (Titus Lucretius Carus) XX, 16, 19, 147 f., 161–168, 177, 199, 203, 218, Anm. III. 42, Anm. III. 43, Anm. III. 44, Anm. III. 65, Anm. III. 68, Anm. III. 77, Anm. III. 80, Anm. III. 83 f., Anm. III.95, Anm. III. 287, Anm. III. 374, Anm. III. 375 Maderna, Carlo Anm. II. 507 Maganza, Giovanni Battista 133 Mann, Heinrich 237 Manovich, Lev 237 Manutius, Aldus 57, 142 Martial (Martialis, Marcus Valerius) 46 f., 71, 86, Anm. II. 101, Anm. II. 303 Masaccio (Tommaso di Ser Cassai) 16, 186, Anm. III. 205 Meister des Cassone Adimari 191 Meister der Stewart-Gardner-Verkündigung (Piermatteo d’Amelia?) 185 Meister Ludovicus von Arezzo 187 Meister von 1473 (auch sog. Werkstatt von 1473, Perugia) 10, 230, Anm. I. 49 Menander von Laodikeia gen. Menander Rhetor Anm. I. 34

454  | Anhang

Merian d.Ä., Matthäus 108 Merleau-Ponty, Maurice 226, Anm. I. 23, Anm. III. 405, Anm. III. 409 Merzenich, Christoph 186, Anm. III. 204, Anm. III. 205, Anm. III. 214 Michelozzo, di Bartolom(m)eo Michelozzi 85, 179, Anm. III. 201, Anm. III. 236 Mies van der Rohe, Ludwig 237 Minsky, Marvin Lee 6, Anm. I. 10 Mitchell, William J. 130 Montaigne, Michel Eyquem de 88 ff., 190, Anm. II. 312, Anm. III. 228 Montefeltro, Federico da, siehe Federico II. da Montefeltro (Graf, später Herzog von Urbino) Montegallo, Fra Marco da 215 Monticolo, Jacopo 63 Moore, Henry 149, 152 Morus, Thomas 100 f. Moss, Eric Owen 25, 148–153, 234, Anm. II. 552, Anm. II. 553 Müller, Harald F. 28 Müller, Michael 231 Müller, Werner 18, Anm. I. 60 Muttoni, Francesco 59, Anm. II. 413 Niccoli, Niccolò Anm. II. 5, Anm. III. 43 Niemeijer, Johannes 41 f., 119 Nilus von Ancyra (Neilos von Ancyra, Nilus Ancyranus) 173 f., 194, Anm. III. 131, Anm. III. 132 Norberg-Schulz, Christian 27 Nordman, Maria 221 f., Anm. III. 389, Anm. III. 391 Ockham, Wilhelm von 204, Anm. III. 314 Olgiati, Valerio 238 Origenes von Alexandria 172 ff., 176 f., Anm. III. 119, Anm. III. 131 Orsini, Vicino 217 Ortelius, Abraham 135 f., Anm. II. 205 Palladio, Andrea (Andrea di Piero della Gondola) XIX, XX, 1–5, 7, 11, 15, 20 f., 25, 27, 29, 32 ff., 36, 38–45, 51, 53–59, 72, 76, 80, 88, 95–100, 103–119, 121–128, 130–134, 136, 149 ff., 153, 208 ff., 213, 216 f., 219, 231 f., 234 ff., Anm. I. 36, Anm. II. 48, Anm. II. 22, Anm. II. 28, Anm. II. 57, Anm. II. 60, Anm. II. 62, Anm. II. 63, Anm. II. 73, Anm. II. 81, Anm. II. 119, Anm. II. 121, Anm. II. 136, Anm. II. 166, Anm. II. 182, Anm. II. 251, Anm. II. 367, Anm. II. 386, Anm. II. 387, Anm. II. 397, Anm. II. 416,

Anm. II. 418, Anm. II. 422, Anm. II. 425, Anm. II. 432, Anm. II. 434, Anm. II. 444, Anm. II. 445, Anm. II. 450, Anm. II. 460, Anm. II. 464, Anm. II. 470, Anm. II. 475, Anm II. 482, Anm. II. 489, Anm. II. 550 Palmieri, Matteo 66 f. Palmieri, Niccolosa 66 Panofsky, Erwin 27, 137, 229, 236, Anm. II. 511, Anm. III. 112, Anm. III. 350 Parisius, Petrus Paulus (Pietro Paolo Parisio; siehe auch Aulo Giano Parrasio) Anm. III. 184 Parrasio, Aulo Giano (Aulus Ianus Parrhasius; siehe auch Petrus Paulus Parisius) Anm. III. 184 Patel, Pierre 2 4, 219 f. Patzak, Bernhard 28 Payne, Alina 112 Perotti, Niccolò 32, 71 Perugino, Pietro 95, 97, 230, Anm. II. 335, Anm. II. 337 Peruzzi, Baldassare 90 ff. Petrarca, Francesco 6, 11, 14, 32, 67 f., 89, 169, Anm. I. 42, Anm. II. 170, Anm. II. 196 Philippson, Paula 37 Philo von Carpasia Anm. III. 127, Anm. III. 133 Philostrat (Flavius Philostratos) 221, Anm. III. 21 Piccolomini, Enea Silvio (Pius II. Papa) 11, 15, 29, 32, 76, 92 - 95, 142, 160, 179, 198, 213, Anm. II. 325, Anm. II. 331, Anm. III. 36, Anm. III. 169, Anm. III. 178 Pieper, Jan 29 Pius II. Papa s. Enea Silvio Piccolomini Plato (Platon) 48, 57, 70, 84, 100, 102, 162, 172, Anm. II. 207, Anm. II. 289 Plinius d.Ä. (Gaius Plinius Caecilius Maior, auch Plinius maior) 48, 50, Anm. II. 121 Plinius d. J. (Gaius Plinius Caecilius Secundus, auch Plinius minor) 8 f., 19, 20, 28 f., 32, 41, 44–48, 52 f., 57, 62, 66, 71 f., 79 f., 88, 91, 93, 95, 104, 117, 121 f., 145, 157 f., 161, 163, 190, 199 f., 203, 208, 212 f., Anm. II. 81, Anm. II. 101, Anm. II. 172, Anm. III. 13, Anm. III. 21, Anm. III. 184, Anm. III. 308, Anm. III. 325, Anm. III. 341 f. Plutarch 19, 56, 117, Anm. II. 428, Anm. II. 432 Poliziano, Angelo 85 f., Anm. II. 306 del Pollaiuolo, Piero 85–87 Pope, Alexander 134 della Porta, Giacomo 136, Anm. II. 507 Poussin, Nicolas 235 Pratt, Sir Roger 134 Psellos, Michael 173

455  | Namensregister

Pückler-Muskau, Hermann Fürst von 237 Raffael siehe Raphael (Raffaelo Sanzio) Raimondi, Marc Antonio (Marcantonio) 40, Anm. II. 57, Anm. II. 59 Ramusio, Giovanni Battista 63, 65 Raphael (Raffaelo Sanzio) 11, 95 ff., 105, 207, 232, Anm. II. 382, Anm. III. 32 4 Raymond, John 133 f. Reinoso Genoni, Mia 74 Ritter, Joachim 230, Anm. I. 44 Rittershausen, Conrad Anm. II. 539 de’ Roberti, Ercole 230 Roeck, Bernd 29 Romanyshyn, Robert D. 232 Rosselli, Francesco 70, 215 Rossellino, Bernardo 18, Anm. III. 201 Rowe, Colin 110, 148 Rupprecht, Bernhard 122 Salucci, Giovanni 130, 132 Sangallo d.J., Antonio da 50 f., 87, 89, Anm. II. 121, Anm. II. 339 Sansovino, Jacopo Anm. II. 60 Satzinger, Georg Anm. II. 167, Anm. II. 339 Sauer, Carl O. Anm. I. 45 Scamozzi, Ottavio Bertotti 41, 134, Anm. II. 64, Anm. II. 413, Anm. II. 489, Anm. IV. 26 Scamozzi, Vincenzo XIX, 23, 32, 71, 112 f., 119 ff., 126, 134, 209 f., 216 f., 219 Lo Scheggia (Giovanni di Ser Giovanni; siehe auch Meister des Cassone Adimari) 191 Schinkel, Karl Friedrich 74, 221, Anm. IV. 38 Schneider, Pablo 2 4, 218, Anm. II. 516 Schoppe, Kaspar 146, Anm. II. 539 Scudéry, Madeleine de 220 Scully, Vincent 27, 37, Anm. II. 34 Semenzato, Camillo 134, Anm. II. 397 Serlio, Sebastiano 33, Anm. II. 22 Serra, Richard 37, Anm. II. 34, Anm. II. 66 Serragli, Niccolosa 67 Sforza, Alessandro, Herr von Pesaro Anm. III. 321 Sforza, Battista, Herzogin von Urbino XVIII, 191, 200, 215 Sforza, Francesco I., von Mailand 72, Anm. II. 226 Sicca, Cinzia M. 134, Anm. II. 44 Sidonius Apollinaris 200 Sitte, Camillo Anm. II. 30 Smienk, Gerrit 41 f., 119 Smith, Christine 28, Anm. III. 76 Sonnabend, Holger Anm. II. 7

Sorte, Cristoforo 40, 123 Statius, Publius Papinius 8 f., 95, 157, 158, 161, 163, 199 f., 203, 221, Anm. III. 14, Anm. III. 182, Anm. III. 275, Anm. III. 282, Anm. III. 287, Anm. III. 308 Strabon von Amaseia 52 f., 98, Anm. II. 129, Anm. II. 130, Anm. II. 132 Streitz, Robert 107 f. Sulla 53 Taegio, Bartolomeo 104, Anm. II. 373 Tessin, Nicodemus (d.J.) Anm. II. 474 Theuer, Max Anm. II. 251, Anm. II. 255, Anm. III. 25 Thiene, Adriano 40, 58, 60, 63, 73, Anm. II. 57 f. Thürlemann, Felix 188 f. Thulin, Carl Olof 58 Tolomei, Claudio 104 Tomacelli, Plinio 104 Toneatto, Lucio 58 Tönnesmann, Andreas 29, 93, Anm. III. 262 Torrentino, Lorenzo 102 Trissino, Gian Giorgio (auch Giangiorgio) 41, 99, 116, 126 f., Anm. II. 425, Anm. II. 444, Anm. II. 470 Turnèbe, Adrien (de), auch Adrianus Turnebus 60 f. Turrell, James 222

Valla, Lorenzo 164 ff., Anm. II. 244, Anm. III. 74 Vanbrugh, John 127 f. Vasari, Giorgio 11, 20 f., 23, 71 f., 85, 88 f., 97, 102, 105, 193 ff., 209, 211 f., Anm. II. 41, Anm. II. 60, Anm. II. 313, Anm. II. 382, Anm. III. 254, Anm. III. 332, Anm. III. 338 Vasi, Giuseppe 210 Vergil (Publius Vergilius Maro) 51, 69 Veronese, Guarino 32, Anm. II. 81 Veronese, Paolo 21, 208, 231 da Vignola, Jacopo 105 Vitruv (Marcus Vitruvius Pollio) 8, 19, 21, 28, 32, 36–39, 41, 48–51, 80, 88, 91 f., 96, 109, 121, 125 f., 157, Anm. I. 63, Anm. II. 22, Anm. II. 31, Anm. II. 119, Anm. II. 168, Anm. II. 311, Anm. II. 320, Anm. II. 321, Anm. III. 11 Vogel, Jakob Anm. II. 13

degli Uberti, Lucantonio 70 Ungers, Oswald Mathias 132 f., 234, Anm. II. 482 Utens, Giusto 103 f., 216, Anm. II. 370

Würzburg, Konrad von 69 Wagner-Egelhaaf, Martina 6 Weiss, Allen S. 141 Weschler, Lawrence Anm. III. 397 Weyergraf-Serra, Clara Anm. II. 34 Wilson, Carolyne C. 200, Anm. III. 298 Wind, Edgar 12 4 Winkler, Fabian 28 Wittkower, Rudolf XX, 34, 110 ff., 130, 133, 148, Anm. II. 26, Anm. II. 262, Anm. II. 404, Anm. II. 409 Wölfflin, Heinrich 28 Wulfstan, Erzbischof von York, gest. 1023 69 Wundram, Manfred 211

del Vaga, Perino 207 Valazzi, Maria Rosaria 200 Valena, Tomáš 36

Zocchi, Giuseppe 210 f. Zorzi, Giangiorgio 134 , Anm. II. 484 Zumthor, Peter 238

456  | Anhang

VER ZEICHNIS DER ABBILDUNGEN UND ABBILDUNGSNACHWEISE

Umschlag: Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, Aussenwand, eines der Fenster von innen (Zustand des Jahres 1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Frontispiz: Sebastiano Serlio, Tutte l’opere d’architettura et prospettiva. Dove si mettono in disegno tutte le maniere di Edificij, et si trattano di quelle cose, che sono più necessarie à sapere gli Architetti. Diviso in sette libri, hrsg. v. Giovanni Domenico Scamozzi, 4. Auflage, Venedig 1619, fol. 16 verso (letzte Seite des Primo Libro) [Reprint Ridgewood (N.J.) 1964] Abb. 1  Piero della Francesca, Doppelbildnis des Federico da Montefeltro und seiner Gemahlin Battista Sforza, Vorderseite eines doppelseitigen Diptychons mit rückseitiger Bemalung, wohl nach 1472, Tempera auf Holz, je Tafel 47 × 33 cm, (Rahmung nicht original), Florenz, Galleria degli Uffizi [Florenz, Galleria degli Uffizi. Mit freundlicher Genehmigung des Ministero per i Beni e le Attivitá Culturali / der Soprintendenza speciale per il Patrimonio storico, artistico, ed etnoantro­ pologico e per il Polo museale della città di Firenze; con divieto di ulteriore riproduzione / jede weitere Reproduktion ist untersagt] Abb. 2  Andrea Palladio, Entwurfskizze für die Villa Arnaldi in Meledo Alto, 1547–1548, Vicenza, Biblioteca Civica Bertoliana, Ms. Gonzati, 28.1.4 (= Ms. 471), fol. 12 verso (Lewis 2000, Kat. Nr. 69 C) [Vicenza, Biblioteca Civica Bertoliana. Su concezione della Biblioteca Civica Bertoliana; con divieto di ulteriore riproduzione / jede weitere Reproduktion ist untersagt] Abb. 3  Andrea Palladio, Doppelseite aus den Quattro Libri (id., I quattro libri dell’Architettura, Venedig 1570, Lib. II, Cap. III, S. 18 f.) [Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, S. 18 f.] Abb. 4  Andrea Palladio, Villa Almerico-Capra, „La Rotonda“, bei Vicenza, Luftaufnahme [La Rotonda 1988, S. 8; mit Retusche innerhalb des Daches der Barchessa vorn rechts] Abb. 5  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Vicenza, Ansicht im topographischen Kontext (um 1960) nach historischem Glasdia [Archiv des Verfassers] Abb. 6  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Vicenza, Ansicht im topographischen Kontext (vor 1968) [Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio, Fototeca (Ausschnitt); abgebildet bei Semenzato 1968] Abb. 7a–b  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ausblick von der Nordwest-Loggia auf die Colli Berici [Aufnahmen und Copyright: Harald F. Müller, 1999] Abb. 8a–b  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussichten aus der Südost-Loggia auf die Ebene [Auf­ nahmen und Copyright: Harald F. Müller, 1999] Abb. 9  „Werkstatt von 1473“, Die Heilung des sechsjährigen Mädchens durch den Hl. Bernhard von Siena, Tempera auf Holz, 78,5 × 56,5 cm, Perugia, Galleria Nazionale dell’Umbria, Inv. 223 [Garibaldi/Innamorati 2004, S. 46, Abb. 26] Abb. 10  Giovanni Bellini, Marienkrönung für S. Francesco in Pesaro, Pesaro, Museo Civico, ab 1475, Öl auf Holz, Maße der Tafel: 262 × 240 cm. Mit originalem Rahmen und mit ursprünglich aufgesetzter Beweinung Christi (Pinacoteca Vaticana) während Ausstellung 1988 [nach Faltblatt der Ausstellung; siehe identische Abb. bei Valazzi 1988, S. 52 (Tafel 1)]

457  |  Verzeichnis der Abbildungen und Abbildungsnachweise

Abb. 11  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, eines der Fenster von innen (Zustand des Jahres 1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 12  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, durchfensterte Außenwand von innen (Zustand des Jahres 1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 13  Die Ausgrenzung des römischen templum im Auguralritus. Schemazeichung von Wer­ ner Müller (1961) [Müller 1961, S. 42] Abb. 14  Palestrina (Praeneste), Ausblick von der Treppenexedra des Fortuna-Heiligtums auf die von den Volsker- und Albanerbergen umschlossene Ebene (1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller (Montage aus drei separaten Fotografien)] Abb. 15  Giorgio Vasari, Uffizien. Blick auf die Testata vom gegenüberliegenden Ufer des Arno (vor 1941) [Universität Wien, Institut für Kunstgeschichte, Fotosammlung, XII/18, Inv. 158416 (Hinterlassenschaft Graf Amadei)] Abb. 16  Giorgio Vasari, Uffizien, Florenz, ab 1560, Innenhof. Blick von der Loggia am Arno in Richtung Palazzo Vecchio [Historisches Grossdia aus dem Archiv des Verfasser] Abb. 17  Giorgio Vasari, Uffizien, Innenhof. Blick in Richtung Arno. [Historisches Grossdia aus dem Archiv des Verfassers] Abb. 18  Giorgio Vasari, Uffizien, Innenhof. Blick in Richtung der Testata. [Historisches Grossdia aus dem Archiv des Verfassers] Abb. 19  Antoine Lafréry / Antonio Lafreri, Ansicht des Palazzo Farnese in Rom mit Blick durch die Porticus in Richtung Tiber (Kupferstich), aus: id., Speculum Romanae Magnificentiae, Rom, ca. 1593, o. S. (der Stich wurde erstmals 1560 gedruckt) [nach Voll-Digitalisat der Universitätsbibliothek Heidelberg] Abb. 20   Detail aus Abb. 19 Abb. 21  Flämisch-französischer Zeichner, Blick in Hof und Vestibül des Palazzo Farnese in Rom (um 1554 –1560), Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum [Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum] Abb. 22  Versailles, Schloss und Schlosspark, Um- und Ausbau ab 1661 (durch Louis Le Vau, Charles Le Brun, u. André Le Nôtre), Gemälde von Pierre Patel (um 1668), Öl auf Holz, 115 × 161 cm, Versailles, Musée National des châteaux de Versailles et de Trianon [Gady 2011, S. 25] Abb. 23  Tycho Brahe, Observatorium Uraniborg (1576–1581), Insel Ven (Hven), Kupferstich aus id., Tychonis Brahe Astronomiae Instauratae Mechanica, Nürnberg: Levinus Hulsius 1602 [EA Wandsbek 1598], o. S. [Universitäts- und Landesbibliothek Münster] Abb. 24  Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Luftaufnahme im landwirtschaftlichen Kontext nach Smienk/Niemeijer 2012 (aufgenommen ca. 2005) [Smienk/Niemeijer 2011, S. 25 (Aus­ schnitt)] Abb. 25   Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Luftaufnahme im landwirtschaftlichen Kontext vor 1993 [Vicenza, Centro Internazionale di Studi di Architettura Andrea Palladio, Fototeca] Abb. 26   Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Ansicht von frontal vorn (1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 27   Andrea Palladio, Villa Emo, Fanzolo, Axiale Aussicht aus dem Mittelrisalit auf eine Hügelkuppe (1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 28  Rom, Amphitheatrum Flavium (sog. Kolosseum), eingeweiht 80 n. Chr., nach historischer Fotografie um 1890 [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotosammlung, X/14, Inv. 666150 (Hinterlassenschaft Graf Amadei)] Abb. 29  Mausoleum von Halikarnassos, Holzschnitt aus der Florentiner Vitruv-Edition des Fra Giocondo (id. [Hrsg.], Vitruvius iterum et Frontinus a Iocundo revisi repurgatique quantum ex collatione licuit, Florenz 1513, fol. 34) [Nach Abdruck des Holzschnitts in der dritten Auflage von 1522: id. (Hrsg.), M. Vitruvii de Architectura Libri decem (…), Florenz: per haeredes Philippi Iuntae, 1522, fol. 38 recto; Universitäts- und Landesbibliothek Münster] Abb. 30  Mausoleum von Halikarnassos, Illustration aus der Vitruv-Übersetzung von Cesare Cesariano (id., Di Lucio Vitruvio Pollione de Architectura Libri Dece traducti de Latino in Vulgare affigurati: Commentati […], Como 1521, Lib. II, fol. XLI verso) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 31  Antonio da Sangallo il Giovane, Rekonstruktion des Mausoleums von Halikarnassos, Florenz, Galleria degli Uffizi, GDS, Inv. 894A [Florenz, Galleria degli Uffizi, Gabinetto Disegni e

458  | Anhang

Stampe. Mit freundlicher Genehmigung des Ministero per i Beni e le Attività Culturali / Soprin­ tendenza speciale per il Patrimonio storico, artistico, ed etnoantropologico e per il Polo museale della città di Firenze, con divieto di ulteriore riproduzione / jede weitere Reproduktion ist unter­ sagt] Abb. 32  Zerstörung der Schiffe des Odysseus im Hafen der Laistrygonen, Viertes Bildfeld der sog. Odysseefresken vom Esquilin, ca. 116 × 152 cm, 1. Jh. v. Chr., Vatikanstadt, Vatikanische Museen [Biering 1995, Taf. VII] Abb. 33  Rekonstruktion des oberen Teils des Terrassenheiligtums von Praeneste/ Palestrina nach Boët­ hius/Perkins: Ansicht (oben) und Aussicht (unten) [Coarelli 1987, S. 55, Abb. 17] Abb. 34  Andrea Palladio, Ideal-Rekonstruktion des Forums von Praeneste, oberer Teil, Federzeich­ nung, um 1550–1560. London, Royal Institute of British Architects, IX/8, obere Hälfte [Merz 2001, S. 80] Abb. 35  Rekonstruktion des Terrassenheiligtums von Praeneste/Palestrina nach Kähler 1970 [Kähler 1970, Abb.1] Abb. 36a–b  Tempel des Juppiter Anxur bei Terracina: Aussicht [Kähler 1970, Taf. 20 f.] Abb. 37a  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 36.23 Aug. 2 (sog. Codex Arcerianus A), fol. 42 verso [Herzog August Bi­bliothek Wolfenbüttel] Abb. 37b  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum: Kosmosschema. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 36.23 Aug. 2 (sog. Codex Arcerianus A), fol. 42 recto [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37c  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Pierre Gal­ land [Petrus Gallandius] / Adrien Turnèbe (Hrg.), De agrorum conditionibus, & constitutionibus limitum (…) omnia figura illustrata, Paris 1554, S. 112) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37d  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 94) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37e  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 91 recto [Foto und Copyright: Biblioteca Aposto­ lica Vaticana] Abb. 37f  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 108) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37g  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Apo­ stolica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 88 verso [Foto und Copyright: Biblioteca Apostolica Vaticana] Abb. 37h  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 122) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37i  Illustration aus dem Corpus agrimensorum romanorum, Vatikanstadt, Biblioteca Aposto­ lica Vaticana, Codex Pal. lat. 1564, fol. 90 recto [Foto und Copyright: Biblioteca Apostolica Vatica­ na] Abb. 37j  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 107) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37k  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 106) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 37l  Illustration aus der editio princeps des Corpus agrimensorum romanorum (Galland/­ Turnèbe 1554, S. 105) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 38  Jerusalem-Plan des 13. Jh., Kopenhagen, Universitätsbibliothek, Sign. AM 736 I, 4°, fol. 2 recto [Müller 1961, Abb. 7a] Abb. 39  Plan von Tenochtitlán. Illustration aus G.B. Ramusio, Navigationi et Viaggi, Venedig 1551–1559, Bd. 3 (1556), o. S. [Benevolo 1990, S. 659, Abb. 981] Abb. 40  Francesco Botticini, Marienkrönung mit den Stiftern Matteo Palmieri (verst. 1475) und Niccolosa Serragli (in Witwentracht), Tempera auf Holz, 228,6 × 377,2 cm, ca. 1474 –1477, London, National Gallery [Blum 2011b, S. 188] Abb. 41  Lucantonio degli Uberti (nach einem Entwurf Francesco Rossellis von ca. 1485?), sog. Kettenplan mit der „Großen Ansicht von Florenz“ (um 1500–1510), zusammengesetzter Holz­

459  |  Verzeichnis der Abbildungen und Abbildungsnachweise

schnitt von acht Stöcken, Berlin, SMPK, Kupferstichkabinett [Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin: Copyright: Jörg P. Anders] Abb. 42   Detail aus Abb. 41 Abb. 43  Filarete, sog. Architettonico libro, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Codex Magliabechianus Ms. II, I, 140, fol. 11 verso: Sforzinda im Tal der Inda Abb. 44  Leon Battista Alberti über den Ausblick auf Berge („montium prospectus“), Tabelle des Verfassers nach De re aedificatoria V, 17 Abb. 45  Grundriß der Insel Kythera, Holzschnitt aus Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poli­ phili, Venedig 1499, fol. (Angabe nach Lagenzählung) t7v [Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, ed. ­Pozzi 1958, S. 305] Abb. 46  Piero del Pollaiuolo, Verkündigung an Maria, Pappelholz, 152,5 × 176,7 cm, um 1470, Berlin, SMPK, Gemäldegalerie [Arasse 1999, S. 163, Abb. 93] Abb. 47  Piero del Pollaiuolo, Verkündigung an Maria, Pappelholz, 152,5 × 176,7 (um 1470), Detail, Berlin, SMPK, Gemäldegalerie [Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin; Copyright: Jörg P. Anders] Abb. 48a–c   Giuliano da Sangallo, Villa Poggio a Caiano bei Florenz, Ansicht frontal von vorn; Aussicht aus der Hauptloggia; Aussicht aus der Tür der Sala grande in Richtung Pistoia (je 1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 49  Baldassare Peruzzi, Sala delle Prospettive der Villa Farnesina, Rom, Fresko der Westwand (Ausschnitt) [Luchterhandt 1996, Farbtafel] Abb. 50  Baldassare Peruzzi, Sala delle Prospettive der Villa Farnesina, Rom, Fresko der Ostwand (Ausschnitt) [Luchterhandt 1996, Farbtafel] Abb. 51  Pienza, Palazzo Piccolomini, Ausblick aus der rückwärtigen Loggia des piano nobile auf das Tal der Orcia [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotothek, ID 60175] Abb. 52   Pienza, Palazzo Piccolomini, Ausblick aus der rückwärtigen Loggia des piano nobile auf das Tal der Orcia [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotothek, ID 64925] Abb. 53   Pienza, Palazzo Piccolomini, Ausblick auf das Tal der Orcia [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotothek, ID 60174] Abb. 54  Miniatur aus dem sog. Turin-Mailänder Stundenbuch der Gebr. van Eyck, ehemals Turin, Biblioteca Nazionale Universitaria, Ms. K.IV.29, fol. 44 verso (verbrannt) [König 1994, Bd. 3, Taf. XXV; Foto: Universitäts- und Landesbibliothek Münster] Abb. 55   Raphael, Sposalizio (Vermählung Mariens), Öl auf Holz, 170 × 118 cm, Mailand, Pinacoteca di Brera [Archiv des Autors] Abb. 56  Andrea Palladio, Ansicht von Brindisi mit Hafen (id., I commentari di C. Giulio Cesare […], Venedig 1574/1575, Illustration nach S. 204, o. S.) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 57  Andrea Palladio, Ansicht von Alexandria mit Hafen (id., I commentari di C. Giulio Cesare […], Venedig 1574/1575, Illustration nach S. 308, o. S.) [Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel] Abb. 58  Ambrosius Holbein, Darstellung der Insel Utopia, Titelholzschnitt zu Thomas Morus, ­Utopia, Basel 1548 [Falk 1988, S. 52] Abb. 59  Giusto Utens, Ansicht des Palazzo Pitti, Tafelgemälde (Supraporte aus der Villa Medici bei Artiminio), 1599–1602, Florenz, Museo Firenze com’era [Archiv des Autors] Abb. 60  Robert Streitz, Diagramm des Grundrisses von Andrea Palladios Villa Rotonda mit eingezeichneten Kreisen (id., La Rotonde et sa géométrie, Lausanne und Paris 1973, Taf. 7) [Streitz 1973, Taf. 7] Abb. 61  Matthäus Merian d.Ä., Darstellung des Kosmos (Robert Fludd, Utriusque cosmi … Metaphysica, Oppenheim 1617, S. 9) [Universität Wien, Institut für Kunstgeschichte, Fotothek, nach Exemplar einer österreichischen Privatsammlung] Abb. 62  Sog. Homo vitruvianus. Illustration aus Cesare Cesarianos Vitruv-Übersetzung (id., De Lucio Vitruvio Pollione de Architectura libri Dece traducti de Latino in Vulgare affigurati: Commentati …, Como 1521), Lib. III, fol. LI recto [Cesariano/Vitruv 1521, ed. Krinsky 1969, fol. LI recto] Abb. 63  Jean-Nicolas-Louis Durand, Combinaisons horizontales, de Colonnes, de Pilastres, de Murs, de Portes et de Croisées mit dem Grundriss der Villa Rotonda (id., Précis des leçons d’architecture données a l’École Royale Politechnique, Paris An XI [=1802], 2. Teil, Taf. 1, o. S.) [nach Reprint der Neuausgabe 1819, 2 Bde., Unterschneidheim 1975, Bd. 1, Teil 2, Taf. 2, o. S.]

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Abb. 64  Rudolf Wittkower, Schematized Plan of Eleven of Palladio’s Villas (id., Architectural ­ rin­ciples in the Age of Humanism, London 1949, S. 65) [Wittkower 1949, S. 65; Foto: Universität P Wien, Institut für Kunstgeschichte, Fotothek] Abb. 65  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ansicht der Nordwest-Fassade (1999) [Foto und Copy­ right: Harald F. Müller, 1999] Abb. 66  Andrea Palladios Villa Rotonda in ihrem landschaftlichen Kontext, Satelliten-Luft­ aufnahme aus „Google Earth“ (2014) [Map Data © 2014 Google] Abb. 67a–b  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Ausblick von der Nordwest-Loggia auf die Colli Berici [Aufnahmen und Copyright: Harald F. Müller, 1999] Abb. 68a  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussicht aus dem zentralen Saal des piano nobile auf die Südwest-Loggia [Foto und Copyright: Harald F. Müller, 1999 (Montage aus zwei einzelnen Aufnahmen)] Abb. 68b–d  Andrea Palladio, Villa Rotonda, Aussichten aus der Südost-Loggia auf die Ebene [Aufnahmen und Copyright: Harald F. Müller, 1999] Abb. 69  Thomas Jefferson, Project for President’s House (Washington, D.C.), 1792, 53,6 × 36,2 cm (Kimball 126), Boston, Massachusetts Historical Society, Coolidge Collection of Thomas Jefferson Manuscripts [Copyright Coolidge Collection of Thomas Jefferson Manuscripts, Massa­ chusetts Historical Society, by permission] Abb. 70  Vincenzo Scamozzi, Villa Pisani („La Rocca Pisana“), Lonigo (Vicenza), Ansicht aus der Ebene [Foto und Copyright: Harald F. Müller, 1999. Siehe ähnlich auch Schneider 1985, Abb. S. 47] Abb. 71  Vincenzo Scamozzi, Villa Pisani („La Rocca Pisana“), Lonigo (Vicenza), Holzschnitt aus id., L’idea della architettura universale, Venedig 1615, Bd. 1 („parte prima“), lib. III, cap. XIII, S. 273 [Scamozzi, Architettura universale (1615), ed. 1982, Bd. 1, lib. III, cap. XIII, S. 273] Abb. 72  Giovanni Falconetto, Villa dei Vescovi bei Luvigliano (Provinz Padua) mit Rebenpflan­ zungen, die etwa dem Grundriss des auf dieser Fotografie selbst nicht sichtbaren „Hügeltheaters“ folgen [Archiv des Verfassers nach Werbebroschüre] Abb. 73 Giovanni Falconetto, Villa dei Vescovi bei Luvigliano, Ausblick aus der östlichen Loggia gen Süden und gen Nord-Osten [Aufnahmen und Copyright: Sören Fischer] Abb. 74  John Vanbrugh, „Temple of the Four Winds“ („Belvedere“), 1723–1728, Castle Howard (Yorkshire) [Hart 2008, S. 113, Abb. 168] Abb. 75  Lord Burlington, Chiswick House, Ansicht, nach William Kent, The Designs of Inigo Jones, The First Volume, London 1727, Taf. 21, Detail [nach Reprint New York 1967] Abb. 76  Thomas Jefferson, Monticello, Charlottesville (Virginia), seit 1796, Ansicht der Ein­ gangsseite (Ostfassade) [Ackerman 1990, S. 195] Abb. 77  Thomas Jefferson, Monticello, Charlottesville (Virginia), seit 1796, Aussicht (vor 1990) [Ackerman 1990. S. 201] Abb. 78  Claude-Nicolas Ledoux, Château d’Éguière (id., L’Architecture considérée sous le rapport de l’art, des mœurs et de la législation, 2 Bde., Paris 1804 u. 1847, Bd. 2 (Paris 1847), Taf. 319 [Nach Digitalisat des Gesamtwerks durch das Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, online abruf bar über Katalog der UB Wien] Abb. 79  Claude-Nicolas Ledoux, Rotonde de la Villette (ehemaliges Zollwachhaus), Paris, 1786/87 [Oechslin 2008, S. 193] Abb. 80  Carl Gotthard Langhans, Tieranatomisches (zootomisches) Theater der ehem. Königlichen Tierarzneischule, 1789–90, Querschnitt und halber Grundriss aus dem Jahr 1789 [Velin 1983, S. 55] Abb. 81  Carl Ludwig Engel, Lutherische Kathedrale, Helsinki (postum 1852 vollendet) [Archiv des Autors] Abb. 82  Giovanni Salucci, Grabkapelle der Königin Katharina von Württemberg auf dem Württem­ berg bei Stuttgart (1819) [Archiv der Autors; Vordergrund retuschiert] Abb. 83  Jürgen Joedicke, Klinikum Nürnberg II (Bauzeit 1986–1994, Entwurf ca. 1982), Grund­ riss der Gesamtanlage [Forssman 1997, S. 255] Abb. 84  Karl Marzell Heigelin, Illustration der Entwurfsmethode am Beispiel eines Kranken­ hauses (id., Lehrbuch der höheren Baukunst für Deutsche, 3 Bde., Leipzig 1828–1832, hier Bd. 3

461  |  Verzeichnis der Abbildungen und Abbildungsnachweise

(1832), Taf. 5) [Nach Exemplar der Stadtbibliothek Köln; Foto: Universitäts- und Landesbiblio­ thek Münster] Abb. 85  Gunnar Asplund, Stadtbibliothek in Stockholm, 1920–1928, Grundriss [Wasmuths Mo­natshefte für Baukunst, 1 (1929), S. 65; Universität Wien, Fotothek des Institutes für Kunst­ geschichte] Abb. 86  Oswald Mathias Ungers, Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle (Entwurf 1986), Ansicht, Schnitt und Grundriss [Ungers 1991, S. 176] Abb. 87   Oswald Mathias Ungers, Erweiterungsbau der Hamburger Kunsthalle (Entwurf 1986), Grundriss [Ungers 1998b, S. 148] Abb. 88  Abraham Ortelius, Theatrum orbis terrarum, Antwerpen 1570, Titelblatt [Universitätsund Landesbibliothek Münster nach Faksimile] Abb. 89  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Gesamtansicht. Illustration aus Domenico Barrière, Villa Aldobrandina Tuscolana, Rom 1647 [Einsiedeln, Stiftung Bibliothek Werner Oechs­l in] Abb. 90  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Ansicht [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotosammlung, XII/70] Abb. 91  Gabriel Lory (Sohn), A Frascati, vue de la plaine de Rome prise de la ville Aldobrandini, Aquarell, 31,2 × 62,4 cm, Bern, Kunstmuseum, Inv. A 4604 [Copyright Kunstmuseum Bern] Abb. 92  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, sog. „Barchetta-Brunnen“ mit Ausblicken über ­Frascati und die Campagna. Kupferstich aus Giovanni Battista Falda, Le fontane delle ville di Frascati, nel Tuscolano, con li loro prospetti (Le fontane di Roma, Bd. 2), Rom, ca. 1677–1689 [Einsiedeln, Bibliothek Werner Oechslin] Abb. 93  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, die „Säulen des Herkules“ über dem Teatro delle Acque [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotosammlung, XII/70, Inv. 9902] Abb. 94  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Die Säulen des Herkules mit Blick auf die rückwärtigen Loggien des Gebäudes [D’Onofrio 1963, S. 121, Abb. 86] Abb. 95  Francis Bacon, Instauratio magna, hier Teil 2: Novum organum, London: John Bill [und Bonham Norton] 1620, Titelblatt (gestochen von Simon van de Passe), Radierung und Kupfer­ stich [The British Museum, London; Copyright: The Trustees of the British Museum] Abb. 96  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Blick von der rückwärtigen Loggia auf das ­Teatro delle Acque [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotosammlung, XII/70, Inv. 111041] Abb. 97  Frascati, Villa Aldobrandini „di Belvedere“, Rückseite, Ansicht vom rückwärtigen Hügel aus [Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien, Fotosammlung, XII/70, Inv. 157893] Abb. 98  Giovanni Agucchi, MEDII CUPPEDINE VICTAE, Zeichnung für seine Impresa (Florenz, Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze, Mss. Gal., Discepoli, tom. 136, fol. 110 recto) [Panofsky 1954, Abb. 16] Abb. 99  Henry Moore, Helmet No. 2, 1950, Bronzeguss, poliert und patiniert, auf quadratischem Marmorsockel, 34 × 24 × 24 cm, Bochum, Kunstmuseum [Archiv des Autors] Abb. 100   Andrea Palladio, Seite aus den Quattro Libri (id., I quattro libri dell’Architettura, Venedig 1570, Lib. II, Cap. III, S. 18 f.) [Palladio, I Quattro Libri, ed. Hoepli 1990, S. 18 f.]   Abb. 101a–c  Eric Owen Moss, Modell des Aronoff Guesthouse für ein Anwesen in Tarzana, CA, 1992 [Courtesy and Copyright of Eric Owen Moss Architects] Abb. 102  Eric Owen Moss, Lawson-Westen-House, Brentwood, CA, 1988–1993, Ausblick aus einem Fenster [Courtesy and Copyright of Eric Owen Moss Architects] Abb. 103   Bomarzo (Latium), sog. Giardino dei Mostri, Blick aus dem Schiefen Haus [Bredekamp 1985, Bd. 1, Taf. 12 (Fotograf: Wolfram Janzer)] Abb. 104  Bomarzo (Latium), sog. Giardino dei Mostri, Schiefes Haus (sog. Casa pendente) [Bredekamp 1985, Bd. 1, Taf. 11 (Fotograf: Wolfram Janzer)] Abb. 105   Chartres, Kathedrale, nördliches Seitenschiff, Josefs-Fenster, Ausschnitt: untere Hälfte des Fensters, um 1210 [Deremble/Deremble 2003, S. 39] Abb. 106   Albrecht Dürer, „Zeichner des weiblichen Modells“ (id.‚ Underweysung der messung mit dem zirckel und richtscheyt, Nürnberg, 2. Auflage 1538, fol. Q3 verso) [Dürer, Druckgraphisches Werk 2001–2004, Bd. 3 (2004), S. 275]

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Abb. 107   Urbino, Palazzo Ducale, Ansicht im urbanen Kontext (historische Aufnahme) [Univer­ sität Wien, Institut für Kunstgeschichte, Fotosammlung, XIII/38, Inv. 165094] Abb. 108  Urbino, Palazzo Ducale, Turmfassade (historische Aufnahme) [Universität Wien, Insti­ tut für Kunstgeschichte, Fotosammlung, XIII/38] Abb. 109  Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, Aussenwand von innen, Einzelfenster (Zustand des Jahres 1999) [Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller] Abb. 110  Urbino, Palazzo Ducale, sog. „Iole“-Flügel, Biforienfenster, um 1460–1465 [Rotondi 1969, Abb. 75] Abb. 111  Urbino, Palazzo Ducale, Intarsierte Türflügel der Sala degli Angeli, um 1470–1480 [Ro­­tondi 1969, Abb. 166] Abb. 112  Renato Bruscaglia, Axonometrische Darstellung des Palazzo Ducale in Urbino [Rotondi 1969, Abb. 54 (Beschriftung entfernt und Aussenwand grau eingefärbt)] Abb. 113  Agostino di Duccio, „Il mondo sublunare“, Relief, 1449–1457, Rimini, Tempio ­M alatestiano, Cappella dei Pianeti [Foto und Copyright: Fratelli Alinari IDEA Spa, Florenz (Alinari Ar­chives, Florence, Codice CAL-F-010777-0000)] Abb. 114  Piermatteo d’Amelia (?) bzw. Meister der Gardner-Verkündigung, Verkündigung an Maria, ca. 1475–1480, Boston, Isabella Stewart Gardner Museum [Arasse 1999, S. 210, Abb. 125] Abb. 115  Donatello, Sog. Madonna des Hauses Pazzi, Marmorrelief, Berlin, um 1417–18, SMPK, Bode-Museum, Skulpturensammlung, [Poeschke 1990, Abb. 59] Abb. 116  Fra Angelico, Verkündigung an Maria, um 1435, Maße mit dem originalem Rahmen­ gehäuse: 227 × 218,5 cm, Cortona, Museo Diocesano [Arasse 1999, S. 135, Abb. 74] Abb. 117  Donatello, Verkündigung an Maria (sog. Cavalcanti-Tabernakel, Marmor, teils vergoldet, um 1435, Florenz, Santa Croce [Poeschke 1990, Abb. 85] Abb. 118  Meister des Cassone Adimari / Giovanni di Ser Giovanni gen. Lo Scheggia (?), Gioco del Civettino, Desco da parto, ca. 1440–1450. Florenz, Museo di Palazzo Davanzati / Museo della casa fiorentina antica, Inv. 18 [Foto und Copyright: Fratelli Alinari IDEA Spa, Florenz (Alinari Ar­chives, Florence. Codice SEA-S-F11984-0006)] Abb. 119  Gelehrtenstube mit Fensterausblick und Andachtsbild, Holzschnitt aus Francesco Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, Venedig 1499, fol. D7v [Colonna, Hypnerotomachia Poliphili, ed. Pozzi, S. 437] Abb. 120  Baccio d’Agnolo, Palazzo Bartolini Salimbeni, Florenz, Fassade, errichtet 1520–1523 [Foto und Copyright: Kunsthistorisches Institut in Florenz (Max Planck-Institut), Fotothek] Abb. 121  Urbino, Palazzo Ducale, Studiolo des Federico da Montefeltro, Intarsien der Stirnwand, fertiggestellt 1476 [Cheles 1986, S. 144, Abb. 49 (nach älterer Vorlage von ca. 1930), leicht retuschiert] Abb. 122  Urbino, Palazzo Ducale, Studiolo des Federico da Montefeltro, Intarsien der Stirnwand, Mittelteil, fertiggestellt 1476 [Raggio/Wilmering 1999, Bd. 1, S. 153, Abb. 5.129 (Ausschnitt)] Abb. 123  Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus einem Vorraum des Studiolo (dem sog. Vestibolo del Duca) auf eine Loggia der Facciata dei Torricini [Rotondi 1969, Abb. 199] Abb. 124   Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus Loggia der Facciata dei Torricini (ca. 1920–1930 oder vor 1951) [Rotondi 1969, Abb. 218; Erstveröffentlichung in Rotondi 1950/51] Abb. 125   Urbino, Palazzo Ducale, piano nobile, Ausblick aus Loggia der Facciata dei Torricini (ca. 1920–1930 oder vor 1951) [Foto und Copyright: Fratelli Alinari IDEA Spa (Alinari Archives, Florence. Codice: ACA-F-037886-0000: La campagna marchigiana, vista da una terrazza del Palazzo Ducale di Urbino)] Abb. 126   Urbino, Palazzo Ducale, Ausblick (ca. 1920–1930 oder vor 1951) [Foto und Copyright: Fratelli Alinari IDEA Spa (Alinari Archives-Alinari Archive, Florence. Codice: ACA-F-037966- 0000: Panorama delle colline marchigiane, visto dai bastioni del Palazzo Ducale di Urbino, nelle Marche)] Abb. 127  „Der Zeichner am Fenster“, Holzschnitt aus Hieronymus Rodler [u. Johann II. von Pfalz-Simmern(?)], Eyn schön nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens mit dem Zirckel, Richtscheidt oder Linial, Simmern 1531, fol. Hii verso [Hieronymus Rodler, Eyn schön

463  |  Verzeichnis der Abbildungen und Abbildungsnachweise

nützlich büchlin und underweisung der kunst des Messens mit dem Zirckel, Richtscheidt oder Linial, Nachdruck der Ausg. Simmern 1531, mit einer Einf. v. Trude Aldrian, Graz 1970, S. 88] Abb. 128  Perino del Vaga, Naumachie im Cortile del Belvedere, Fresko, Rom, Castel Sant’Angelo [Archiv des Autors] Abb. 129 Maser (Treviso), Villa Barbaro (Andrea Palladio und Daniele Barbaro), Sala a croce mit den Fresken Paolo Veroneses. [Aufnahme und Copyright: Sören Fischer] Abb. 130  Giuseppe Vasi nach Giuseppe Zocchi, Veduta degli Ufizi, o sia Curia Fiorentina presa dalla Loggia presso Arno (Scelta di XXIV Vedute delle principali contrade, piazze, chiese, e palazzi della Città di Firenze, Florenz 1744, Tav. 20), Radierung und Kupferstich [London, The British Museum, Inv. 1922,0410.142.23 (Reprint 1754); Copyright: The Trustees of the British Museum] Abb. 131  Illumination mit „Fliegendem Kartographen“ aus Francesco Berlinghieri, Le septe giornate della geographia, Vatikanstadt, Biblioteca Apostolica Vaticana, Cod. Urb. Lat. 273, fol. 4 recto (Frontispiz), Detail [Helas 2002, S. 277, Abb. 15] Abb. 132  Francesco Rosselli (zugeschrieben), Predigt des Fra Marco da Montegallo (ca. 1480– 1490), Kaltnadelradierung, Florenz, Uffizien, GDS [Helas 2004, S. 106, Abb. 1] Abb. 133  Versailles, Schloss und Schlosspark, Um- und Ausbau ab 1661 (durch Louis Le Vau, Charles Le Brun, u. André Le Nôtre), Gemälde von Pierre Patel (um 1668), Öl auf Holz, 115 × 161 cm, Versailles, Musée National des châteaux de Versailles et de Trianon [Gady 2011, S. 25] Abb. 134  Robert Irwin, Varese Portal Room, 1973/74, Varese, Villa Giuseppe Panza di Biumo, Detail: Fensterlaibung und Ausblick in den Park [nach Farb-Ektachrome von ca. 1973 in den Giuseppe Panza Papers der Getty Research Library, Los Angeles. Copyright: The Getty Research Institute, Los Angeles, Special Collections (Nr. 9400819)] Abb. 135  Josef Albers, Homage to the Square: Mitered, 1962, Öl auf Hartfaser, 122 × 122 cm, Bottrop, Josef Albers-Museum [Archiv des Autors]

464  | Anhang

DANK

Die ersten Impulse zu dieser Studie erhielt ich vor über fünfundzwanzig Jahren an der Ruhr-Universität Bochum, in einem Gespräch mit dem Künstler Platino und dem Kunsthistoriker Max Imdahl. Platino berichtete über die Gestaltung und Bemalung sei­ ner hermetischen, monochrom roten Wohn- und Atelierräume und Imdahl fragte ange­ sichts von Fotografien und Farbproben: „Was passiert, wenn Sie aus dem Fenster sehen?“ Eine nur scheinbar schlichte Frage. Imdahl machte mich auch früh auf einen einschlägi­ gen Aufsatz des Archäologen Heinrich Drerup zum Thema des inszenierten Ausblickes in der römischen Antike aufmerksam. Ein Stipendium an der Scuola Normale Superiore di Pisa für das akademische Jahr 1992/93 ermöglichte Gespräche mit Paola Barocchi und Salvatore Settis, an deren Hilfsbereitschaft und Aufmerksamkeit ich dankbar zurückdenke. Auch erinnere ich mich gerne der Großzügigkeit von Alfonso M. Iacono (Universität Pisa), der mich auf den Terminus fenestra prospectiva innerhalb des Codex Iustinianus aufmerksam machte und an inspirierende Gespräche mit Maria Beltramini über das damals neu erwachende Interesse am literarischen Genre der Architekturbeschreibung und das wichtige Buch von Christine Smith. In dieser Zeit gewährte Anna Marchi Mazzini großzügig Einlass in die Medici-Villa in Fiesole. Gottfried Boehm (Universität Basel) danke ich für langjährige verlässliche Unter­ stützung und für inspirierende und weit ausgreifende Hinweise auf philosophische, philologische und literaturwissenschaftliche Fragen und Forschungen. Ihm und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern seines Basler Promotions-Kolloquiums verdanke ich unschätzbare Anregungen für Fragestellung und Konzeption dieses Buches. Seit den Jahren des Promotionsstudiums in Basel konnte ich zudem auf die intellektuelle Groß­ zügigkeit des leider verstorbenen Andreas Tönnesmann (ETH Zürich) zählen, dessen Studien über Pienza und Urbino für mich wegweisend waren. In diesen frühen Jahren war Frank Fehrenbach ein wegweisender Gesprächspartner, zumal hinsichtlich der Bedeutung der Naturphilosophie für die Konzeptionen von Land und ‚Landschaft‘ in der frühen Neuzeit.

465  | Dank

Durch zwei Kurzstipendien des Centro Internazionale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“ in Vicenza (im September 1994 für den XXXVI. Corso internazionale sull’architettura di Andrea Palladio und im Mai 1995 für das XIV. Seminario di storia dell’architettura: Villa veneta. Siti e contesti, 1400–1600) wurde der Fortgang der Arbeit maßgeblich gefördert. Besonders dankbar denke ich an die weiterführenden Anregungen von Guido Beltramini zurück, der mir auch in den folgenden Jahren wichtige Gedankenanstöße mit auf die Reise gab. Mein Dank für wertvolle Anregungen gilt den Mitgliedern des Graduiertenkollegs Die Renaissance in Italien und ihre europäische Rezeption. Kunst – Geschichte – Literatur an der Universität Bonn, das mich in den Jahren 1995–1997 als Kollegiaten aufnahm. Ein besonderer Dank gilt der Gerda Henkel Stiftung in Düsseldorf für unbürokratische materielle und ideelle Förderung. Eckhard Keßler, dessen magistrale Vorlesungen zur (Natur-)Philosophie der Renais­ sance ich über zwei Semester hin hören konnte, und Michaela Boenke, Adelheid Conte, Sabrina Ebbersmeyer und Cees Leijenhorst bin ich aus der Zeit meines Aufenthaltes in München für philosophiegeschichtliche und philologische Anregungen sehr dankbar. Iris Lauterbach gab am Zentralinstitut für Kunstgeschichte wichtige Hinweise. Christi­ an Lenz (Bayerische Staatsgemäldesammlungen) bin ich für wertvolle Unterstützung und kluge Anregungen dankbar. Während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz in den Jahren 1998–2001 hatte ich das große Glück, mit Felix Thürlemann, mit Steffen Bogen, Christiane Kruse, Jürgen Stöhr, Marius Rimmele und Steffen Siegel zusammenarbeiten zu dürfen. Dem Gedankenaustausch im Konstanzer Forschungskol­ loquium um Felix Thürlemann verdanke ich wertvolle Anregungen. Für wichtige Hin­ weise sei auch meinen damaligen Konstanzer Studierenden, insbesondere Katrin Gast, Nadine Scheu, Eva Rommelfanger und Ines Zahler geb. Bauer gedankt. Der Universität Konstanz verdanke ich außerdem einen fruchtbaren und horizonter­ weiternden Gedankenaustausch mit Kolleginnen und Kollegen des dortigen Fachberei­ ches Literaturwissenschaft. Gerne denke ich an ein gemeinsames Seminar mit Barbara Feichtinger über „ideale Orte“ in Literatur und Architekturbeschreibung seit der Antike zurück. Die Universität Konstanz ermöglichte auch eine Foto- und Videokampagne mit Harald F. Müller und Fabian Winkler, die 1999 in das Veneto, in die Toskana, in die Marken und nach Latium führte. Diese Fotokampagne wäre ohne die Großzügigkeit von Contessa Maria Teresa Olcese, Conte Leonardo Emo Capodilista, Conte Pietro Leopoldo Ferri de Lazara, Rosa Maria Valazzi (Soprintendenza per il Patrimonio Storico, Artistico ed Etnoantropologico delle Marche in Urbino), Conte Lodovico Valmarana, Conte Mario Valmarana sowie der Denkmalschutzbehörden von Florenz und Latium und der Ammi­ nistrazione Aldobrandini (Rom und Frascati) nicht zustande gekommen. Den genann­ ten Personen und Institutionen danke ich für die großzügige Erlaubnis, die in ihrem Besitz befindlichen Villen beziehungsweise die von ihnen betreuten Gebäude besuchen

466  | Dank

und fotografieren zu dürfen. Für die freundliche Erteilung der Abbildungserlaubnis für seine Fotografien danke ich Harald F. Müller, der den Fortgang der Arbeit von Anfang an mit dem scharfen und kenntnisreichen Auge des Künstlers und Kenners und mit der hilfreichen Großzügigkeit des Freundes verfolgt hat. Die Einladung von Kurt W. Forster zu einem Vortrag innerhalb des von ihm geleite­ ten XLIII. Corso sull’architettura palladiana: „Palladio e i Moderni“ am Centro Internazio­ nale di Studi di Architettura „Andrea Palladio“ in Vicenza im Jahr 2001 eröffnete neue Horizonte, insbesondere durch Gespräche mit Andreas Beyer, Howard Burns, Ilaria Abbandandolo, Martin Kubelik, Maria Vittoria Pellizzari und Conte Mario Valmarana. Mit dem erwähnten Studienkurs begann ein freundschaftlicher Gedankenaustausch mit Kurt W. Forster, dem die vorliegende Studie Entscheidendes verdankt. Kurt hat weite Teile des Manuskriptes in früheren Stadien gelesen und eine unerschöpfliche Fülle von Anregungen gegeben, denen ich wenigstens teilweise gerecht geworden zu sein hoffe. Der Möglichkeit als Gast an einem Studienkurs des Kunsthistorischen Institutes in Florenz (Max Planck-Institut) zu Villa, Garten und Landschaft: Monumente der villeggia­ tura in der Toskana im Jahre 2003 teilzunehmen, verdanke ich wichtige Hinweise und Gespräche, insbesondere den bis heute anhaltenden, freundschaftlichen Gedankenaus­ tausch mit Christoph Bertsch (Universität Innsbruck). Auch bei einer unvergesslichen gemeinsamen Exkursion zu Villen der Toskana mit Christoph und unseren Studieren­ den aus Münster und Innsbruck habe ich viel gelernt. Andreas Beyer, Matteo Burioni und Johannes Grave danke ich für die Einladung, meine Thesen anlässlich der Basler Tagung The Iconicity of Architecture (2007) einem internationalen Kreis von Forscherinnen und Forschern vorzustellen. In den letzten Jahren konnte ich eine Reihe von Ergebnissen meiner hier vorgelegten Studie anlässlich von auswärtigen Vorträgen diskutieren, zuerst an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Horst Bredekamp, Christiane Kruse und Pablo Schneider danke ich für die Einladung, einige meiner Thesen im Rahmen der Berliner Tagung Imagi­ nation, Repräsentation und das Neue. Zur Imaginations- und Technikgeschichte frühneuzeitlicher Bilder (Humboldt-Universität Berlin, 2007) vorzutragen. Horst Bredekamp ver­­ danke ich wegweisende Hinweise zu Bomarzo und zu Lukrez, Pablo Schneider zu Versailles. Anja Buschow Oechslin und Werner Oechslin danke ich für die großzügige Einla­ dung zu einem Vortrag bei einem Internationalen Barocksommerkurs der Stiftung Bibliothek Werner Oechslin über Heilige Landschaft – Heilige Berge (ebenfalls 2007) in Einsiedeln. Besonders denke ich hier an Gespräche mit David Leatherbarrow, Peter Ste­ phan und Dalibor Vezely zurück. Kurt W. Forster und Daniel Sherer verdanke ich die Einladung, Funde und Forschun­ gen zur janusköpfigen Rezeption der Villa Rotonda als Belvedere und Modell-Monade auf der Tagung What Modern Times Have Made of Palladio an der Yale University in New Haven im Jahr 2009 vorstellen und diskutieren zu können. Wichtige Hinweise verdan­

467  | Dank

ke ich Gesprächen mit James S. Ackerman und Preston Scott Cohen, die ich anlässlich eines anschließenden Forschungsaufenthaltes in der Houghton Library an der Harvard University führen konnte. In Yale verdanke ich außerdem Mia Reinoso Genoni wertvol­ le Anregungen zu Filarete. Dort konnte ich auch im vergangenen Jahr meine Überlegun­ gen zu Vasaris Uffizien vorstellen. Kathrin Müller und Hans Aurenhammer verdanke ich die freundliche Einladung zur Tagung „Nahsicht, Fernsicht. Kunst und Erfahrung der Natur in Italien vom 14. zum 16. Jahrhundert“ (Universität Frankfurt am Main; Publikation in Vorbereitung). Tomáˇs Valena danke ich für die Einladung zur epochenübergreifenden Tagung „Ort und Orts­ bezug in der Architektur“ an die Hochschule München. Die beiden exzellenten Tagungen von 2014 halfen mir, mein Buch auf den neuesten Stand zu bringen. Aus meinem akademischen Umfeld in Münster erhielt ich wertvolle Anregungen; an der Kunstakademie Münster bin ich insbesondere Claudia Blümle, Ulrich Erben, Erich Franz, Stefan Hölscher, Georg Imdahl, Max J. Kobbert und Klaus Stähler sowie den stu­ dentischen Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Seminaren und Kolloquien, insbe­ sondere Franz Ulrich Göttlicher, Clemens Bodo Goldbach, Jun Jiang, Barbara Marx, Mar­ tine Reher und Qiwei Zhang für wertvolle Anregungen und Gespräche dankbar. Claudia Blümle verfolgt in ihren Forschungen zu ihrem Buch „Der Trieb des Halbversteckten. Zum Vorhang in der Malerei“ einen komplementären Gestus zu jener frühneuzeitlichen Rhetorik der Öffnung und Eröffnung, die im zweiten Kapitel der vorliegenden Studie im Hinblick auf die Architekturgeschichte des Fensters dargestellt wird. Georg Imdahl dan­ ke ich sehr für sprachliche und stilistische Hinweise. Den ehemaligen Rektoren und dem gegenwärtigen Rektor – Manfred Schneckenbur­ ger, Udo Scheel, Maik Löbbert – und dem Kanzler meiner Hochschule, Frank Bartsch, bin ich für die noble und umsichtige Förderung der kunsthistorischen Forschung und Lehre an der Kunstakademie Münster dankbar. An der hiesigen Münster School of Archi­ tecture (Fachhochschule Münster) danke ich Julia Bolles-Wilson und Herbert Bühler für den anregenden Austausch. Peter Wilson gab mehrfach wertvolle Hinweise. Das Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster und seine ausgezeichnete Bibliothek haben mich stets gastfreundlich empfangen. Joachim Poeschke und Candida Syndikus danke ich für die Einladung, zu einer Tagung über Leon Battista Alberti. Humanist, Kunsttheoretiker, Architekt (2004) einen Vortrag beizutragen und ihnen und den Teilnehmern für wertvolle Hinweise. Jörg Martin Merz hat mir wertvolles Material aus seinem Archiv großzügig zugänglich gemacht. Jens Niebaum verdanke ich wichtige methodische Hinweise und Quellenangaben. Kristina Deutsch, Claudia Echinger-Mau­ rach, Jürg Meyer zur Capellen, Johannes Myssok, Manfred Luchterhandt und Thomas Weigel bin ich für ihre Hinweise sehr dankbar. Wolfgang Hübner erwies sich als ein kritischer und geduldiger Leser von stupender Gelehrsamkeit, dem ich für seine Mühe und Hilfsbereitschaft sehr danken möchte. Martin Schermaier, ehemals am Institut für Rechtsgeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, Abteilung Römi­

468  | Dank

sches Recht (nunmehr Universität Bonn) und Leif Böttcher danke ich sehr für umfang­ reiche und überaus freundlich erteilte rechtsgeschichtliche Auskünfte. Christel MeierStaubach danke ich für die inspirierende Einladung, meine Thesen im Kreis des Forschungskolloquiums am Institut für Mittellateinische Philologie der Universität Münster zu diskutieren und für die Einladung zu einem Vortrag bei der Tagung „Visuali­ tät, Theatralität und Zeremoniell – Übergänge und Grenzen der Medien“ des „SFB 496 Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur Französischen Revolution“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Jahr 2011. Auch an Gespräche mit Thomas Leinkauf, Thomas Lentes und Bernd Roling denke ich gerne zurück. Dem Gedankenaustausch mit Martina Wagner-Egelhaaf verdanke ich wichtige methodische und rezeptionsgeschichtliche Hinweise. Ethel Menses gründ­ licher Lektüre verdanke ich kluge und kenntnisreiche philologische und kunsthistori­ sche Hinweise. Eine zweisemestrige Gastprofessur am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg (2007–2008) bot die Gelegenheit, meine Forschungen im Rah­ men einer Vorlesung vorzustellen. Für wertvolle Hinweise und Gespräche danke ich hier insbesondere Dagmar Eichberger, Michael Hesse, dessen Forschungen zu Philip Johnsons Glass House mich bereits in Bochum beeindruckt hatten, Michael Hoff, Joa­ chim Friedrich Quack und Golo Maurer. Maria Effinger von der UB Heidelberg, die eine kunsthistorische Bibliothek von Weltniveau bewahrt und kenntnisreich erweitert, dan­ ke ich sehr für unbürokratische Hilfe bei der Buch- und Abbildungsbeschaffung. Anregende Gespräche und ausgezeichnete Arbeitsbedingungen ermöglichte mir 2010– 2011 ein einjähriges Forschungsstipendium des Exzellenzclusters „Kulturelle Grund­ lagen von Integration“ am Kulturwissenschaftlichen Kolleg der Universität Konstanz, das auch die Drucklegung der vorliegenden Studie großzügig gefördert hat, sowie ein Aufenthalt als Gast des Ehepaares Alexander und Elisabeth Stiegeler in der Hofhalde 1. Für die Begleitung des Habilitationsverfahrens an der Philosophisch-Historischen Fakultät der Universität Basel, bei der ich eine frühere Fassung des vorliegenden Buches als Habilitationsschrift einreichte, in den Jahren 2010–2011 danke ich Andreas Beyer und Gottfried Boehm. In methodischer Hinsicht bin ich Wolfgang Kemp (Universitäten Hamburg und Lüneburg), dessen Aufsätze und Bücher mich seit langem begleiten und der mit seinem Buch Architektur analysieren eine magistrale Methodenlehre der Architekturforschung vorgelegt hat, zu großem Dank verpflichtet, für wertvolle Hinweise und großzügige Gesprächsbereitschaft. Hans-Jürgen Horn (Universität Mannheim) hat die bis heute grundlegenden Aufsätze zur Geschichte der patristischen und mittelalterlichen Deu­ tung des Fensters geschrieben. Es ist ein besonderer Glücksfall, in ihm einen Leser von umfassender und beeindruckender philologischer Bildung und von großer Hilfsbereit­ schaft gewinnen zu dürfen.

469  | Dank

Zu besonderem Dank bin ich jenen Forscherinnen und Forschern verpflichtet, die mir ihre unveröffentlichten Texte vor Drucklegung zur Verfügung gestellt haben: Jutta Allekotte, deren leider noch unveröffentlichte Dissertation über römische Loggien der Renaissance einen Markstein kulturgeschichtlich gesättigter Architekturforschung dar­ stellt, Matteo Burioni, dessen wichtiges Buch über den Architekten und Autor Vasari über den engeren Bereich der Architekturforschung hinausweist, Golo Maurer, dessen Überlegungen zum Rechteck bei Michelangelo die gegenwärtige Valenz formgeschicht­ licher Zugänge erweist, Christel Meier-Staubach, deren Publikationen zeigen, wie recht Panofsky hatte, als er Kunsthistorikern ein Studium der Mittellateinischen Philologie empfahl, Carina Plath, Kennerin des kalifornischen Light and Space Movement, Tanja Win­ter, deren Dissertation über Palladios Bauen im Bestand mit Spannung erwartet wird, Sören Fischer, dessen wichtige Dissertation über illusionistische Landschaftsmalerei in vene­­zianischen Villen des 16. Jahrhunderts eben erschienen ist. Der Gedankenaustausch mit Martino Stierli (Universität Zürich) stellte eine große Bereicherung dar; sein Forschungsprojekt „Architectures of Display“ verspricht wichti­ ge neue Aufschlüsse über das Thema der architektonisch gerahmten Aussicht über den hier bearbeiteten Zeitraum hinaus. Den langjährigen Freundinnen und Freunden danke ich sehr für Inspiration und Unterstützung: Christine Beese, Bastian Eclercy, Stefan Hölscher, Angeli Janhsen, Tho­ mas Janzen, Harald F. Müller, Platino, Heike Roll, Heidrun Rosenberg, Barbara Sielhorst, Herman H. Schwedt, Ines Zahler begleiteten das Projekt seit Jahren mit Rat und Tat. Mit Raphael Rosenberg konnte ich einige der in der vorliegenden Studie erörterten Bauten auf einer unvergesslichen halbjährigen Italienreise zu Beginn meines Studiums besu­ chen und immer wieder Aspekte von Inhalt und Gliederung besprechen. Diesen Gesprä­ chen verdanke ich entscheidende Anregungen. Für wichtige Hinweise danke ich Flavia di Serego Alighieri, Aleida Assmann, Marzia Faietti, Philine Helas, Stephan Hoppe, Michael Lüthy, Noemi Kiss, Joseph Leo Körner, Hans-Rudolf Meier, Uschi Motte, Riccardo Nicolosi, Maria Nordman, Luca Soverini, und Elisabetta Terragni und Heiko Wandhoff. Die Ergebnisse eines Forschungsprojek­ tes von Marzia Faietti (Florenz, Galleria degli Uffici, GDS) über das Fenster in der Kunst der Renaissance versprechen wertvolle Aufschlüsse. Folgenden Bibliotheken und Institutionen bin ich für freundliche Unterstützung zu besonderem Dank verpflichtet: Basel, Universitätsbibliothek; Berlin, SMPK, Kupfer­ stichkabinett; Cambridge, Mass., Houghton Library of the Harvard College Library; Ein­ siedeln, Stiftung Bibliothek Werner Oechslin; Florenz, Kunsthistorisches Institut in Florenz (Max-Planck-Institut); Florenz, Biblioteca Medicea Laurenziana und Biblioteca Nazionale di Firenze; Heidelberg, Universitätsbibliothek und Bibliothek des Institutes für Europäische Kunstgeschichte; Konstanz, Universitätsbibliothek; Los Angeles, Getty Research Institute; Pisa, Biblioteca universitaria und Bibliothek der Scuola Normale Superiore di Pisa; Rom, Bibliotheca Hertziana (Max-Planck-Institut); München, Zentral­

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institut für Kunstgeschichte; Münster, Bibliothek für Architektur und Kunst und Biblio­ thek der Kunstakademie Münster; Münster, Universitäts- und Landesbibliothek und Bibliothek des Institutes für Kunstgeschichte; New Haven, Conn., Yale University, Beinecke Rare Books Library; Venedig, Biblioteca Nazionale Marciana. Für die freundliche und kompetente Hilfe bei der Bildbesorgung und Bildbearbei­ tung danke ich Susann Henker (Institut für Europäische Kunstgeschichte der Univer­ sität Heidelberg), René Steyer und Martin Engel (Institut für Kunstgeschichte der Uni­ versität Wien, Fotothek), meinen studentischen MitarbeiterInnen Lioba Knape, Qiwei Zhang und Chao-Kang Chung (Kunstakademie Münster) sowie den im Verzeichnis der Abbildungen genannten Institutionen herzlich. Ein besonderer Dank geht an Claudia Niemann (Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster) und an Jürgen Lenzing (ULB Münster). Bei der Vorbereitung von Aufsätzen für den Druck und bei der Bearbeitung dieses Manuskriptes haben mich Andrea Raehs in Berlin und in Münster Ethel Mense, Christi­ an Peters, Sandra Pulina, Jan Rischke und Julia Schoenen tatkräftig und umsichtig unterstützt. Für wertvolle Hinweise bei der Übersetzung der beiden im Anhang wie­ dergegeben Textauszüge danke ich außerdem Enrica Cintio, Tobias Leuker, Loredana Marini und und Ilda Mutti. Tanja Jenni in Wien danke ich für das umsichtige und kluge Endlektorat. Eine Gastprofessur an der Universität Wien bot den in fachlicher und menschlicher Hinsicht schönsten Rahmen, das Buch abzuschliessen. Grazia Buchwald, Gertraud und Dieter Bogner, Heidrun und Raphael Rosenberg, Birgit und Viktor M. Schwarz bin ich für wertvolle Hinweise dankbar. Im Bibliothekssaal des Warburg-Hauses in Hamburg durfte ich im Jahr 2010 den Wissenschaftspreis der Aby-Warburg-Stiftung entgegennehmen. Wie aus der schönen Laudatio von Wolfgang Kemp hervorging, wurde mir der Preis nicht zuletzt für meine Aufsätze über architektonisch inszenierte Aussichten verliehen, die in dieses Buch in erweiterter und aktualisierter Form eingegangen sind. An jenem Abend kam ich, unter der kosmologisch motivierten Kuppel von Aby Warburgs Bibliothekssaal, mit Uwe Fleckner in ein produktives Gespräch über naturphilosophische und kulturgeschicht­ liche Implikationen architektonisch inszenierter Aussichten. Uwe Fleckner und den Herausgeberinnen und Herausgebern der Reihe danke ich sehr für die Einladung, dieses Buch im Rahmen der „Studien aus dem Warburg-Haus“ zu veröffentlichen. Dem vormaligen Akademie­Verlag, insbesondere Mar­t in Steinbrück, danke ich sehr für die angenehme Zusammenarbeit – und dem Verlag Walter de Gruyter, insbesondere Katja Richter und Verena Bestle, die die Drucklegung dieses Buches moti­ vierend und besonnen betreut haben. Dass Petra Florath die Gestaltung dieses Buches übernahm, ist ein großer Glücksfall. Ich danke ihr für ihre Umsicht und Geduld. Abbil­ dungen erkennt sie als Bilder. In Floraths Zusammenstellungen entfalten sie ein Bezie­ hungsgeflecht, das Ausblicke auf noch zu erforschende Zusammenhänge eröffnet.

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Meine verstorbenen Eltern, Christa Ruth und Frieder Blum, hatten vor vierzig Jahren die Idee, einen Sommerurlaub an der Adria mit einem Besuch in Urbino zu verbinden. Mein Bruder Marc, der Architekt, hat mir mit seiner Solidarität und Begeisterungsfähigkeit neue An- und Aussichten eröffnet, diesseits und jenseits des Atlantiks. Anne Bloemacher, der ich wichtige Hinweise verdanke, ist dieses Buch mit großem Dank, in Liebe und eingedenk eines besonderen Datums gewidmet. Münster, 4. 5. 2015

Dieses Buch wurde gefördert mit Mitteln des im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder eingerichteten Exzellenzclusters der Universität Konstanz „Kulturelle Grundlagen von Integration“. Überarbeitete Fassung der Habilitationsschrift des Autors (Universität Basel, Philosophisch-Historische Fakultät, 2010)

ISBN 978-3-11-034754-8 e-ISBN (PDF) 978-3-11-034763-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-038037-8 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abruf bar. © 2015 Walter De Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Urbino, Palazzo Ducale, Giardino Pensile, eines der Fenster von innen (Zustand des Jahres 1999), Aufnahme und Copyright: Harald F. Müller Satz: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com