Europa in Wien: Who is Who beim Wiener Kongress 1814/15
 9783205793229, 9783205794882

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Karin Schneider, Eva Maria Werner

EUROPA IN WIEN

Who is who beim Wiener Kongress 1814/15 In Zusammenarbeit mit Brigitte Mazohl

2015 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR





Gedruckt mit Unterstützung durch

die Leopold-Franzens-Universität Innsbruck die Kulturabteilung der Stadt Wien - MA7 das Land Tirol, Abteilung Kultur

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Wiener Kongress. Gruppenbild der leitenden Staatsmänner. Stich von Jean Godefroy nach einem Gemälde von Jean Baptiste Isabey (1819). Ausschnitt. Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Inv. Nr. 44740-B

© 2015 by Böhlau Verlag GesmbH & Co.KG Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, 1010 Wien. www.boehlau-verlag.com

Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Korrektorat: Philipp Rissel, Wien Einbandgestaltung: Michael Haderer, Wien Layout: Bettina Waringer, Wien Druck und Bindung: BALTO print, Vilnius Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-205-79488-2

Inhalt



EINLEITUNG 7 1.



FRIEDEN ORGANISIEREN. DER KONGRESS IN DER PRAXIS 1.1. Ein Kongress ohne Anfang? 1.2. Von Kommissionen und Komitees 1.3. Auf dem Weg zur Kongressakte oder: Der Abschluss eines Großprojektes 1.4. Abseits des Verhandlungstischs

2. SCHAUPLATZ WIEN: DIE STADT IM BANN DES KONGRESSES 2.1. Verhandeln, diskutieren und entscheiden: Orte der hohen Diplomatie 2.2. Wo die Mächtigen nächtigen 2.3. Orte des Vergnügens 2.4. Straßen und Plätze

3. NICHTS ALS GEREDE? VON FESTEN, GERÜCHTEN UND ZEITUNGEN 3.1. Zwischen Ballkleid und Frack: Das Fest als politische Bühne 3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

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4. WHO IS WHO BEIM WIENER KONGRESS? KURZBIOGRAFIEN 100 5. ANHANG 5.1. Verzeichnis der porträtierten Kongressbesucher 5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses 6.

BIBLIOGRAFIE 6.1. Quellen 6.2. Nachschlagewerke 6.3. Literatur 6.4. Internetressourcen

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346 346 350 352 371

PERSONENREGISTER 373

1. Einleitung



Der Wiener Kongress gilt als eines der wichtigsten historischen Ereignisse im Übergang vom Ancien Régime zur modernen europäischen Staatenwelt.1 Als diplomatische Zusammenkunft ersten Ranges markiert er eine Zäsur in der politischen Geschichte Europas: Das Ende der Napoleonischen Kriege brachte die Notwendigkeit einer territorialen und politischen Neuordnung des Kontinents mit sich. Die Verhandlungen betrafen allerdings nicht nur Probleme staatlicher Souveränität oder legitimer Herrschaft, sondern auch wirtschafts- und gesellschaftspolitische Fragen, wie zum Beispiel die Abschaffung des Sklavenhandels oder die Freiheit der Flussschifffahrt. Die vom Kongress geschaffene Friedensordnung hatte in ihren wesentlichen Zügen bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein Bestand. Doch nicht nur als politisches, sondern auch als gesellschaftliches Großereignis stellt der Wiener Kongress alle vorhergehenden, aber auch nachfolgenden Friedenskonferenzen in den Schatten. Die zahlreichen aufwendigen und prunkvollen Festivitäten, wie etwa Bälle, Jagdveranstaltungen und Schlittenfahrten, die zur Unterhaltung der Gäste durchgeführt wurden, prägen bis heute das Bild des Wiener Kongresses. Beispiellos war die Ansammlung von Monarchen, Staatsmännern, Diplomaten, Aristokraten, Intellektuellen, Künstlern, Finanzexperten und zahlreichen weiteren Wien-Besuchern: Europa war in Wien. Die österreichische Haupt- und Residenzstadt wurde für rund neun Monate zum politischen und gesellschaftlichen Mittelpunkt des Kontinents. Das vorliegende Buch befasst sich mit dieser außergewöhnlichen Situation, indem es die Bedingungen und die Akteure des Wiener Kongresses in den Mittelpunkt der Darstellung rückt: Wie und wo in der städtischen Topografie fand das Großereignis statt? Wer waren seine Protagonisten, und was ist über ihren Aufenthalt in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt bekannt? Während der erste Teil der Studie sich mit den formalen, räumlichen, sozialen und gesellschaftlichen Bedingungen der Zusammenkunft auseinandersetzt, besteht der zweite Teil aus Kurzbiografien ausgewählter Kongressbesucher. 1

Die Literatur zum Wiener Kongress ist anlässlich des zweihundertsten Jubiläums stark angewachsen; vgl. Stauber, Wiener Kongress. Jarrett, Congress of Vienna. Lentz, 1815. Vick, Congress of Vienna. Duchhardt, Wiener Kongress. Aus der älteren Literatur sei hier hervorgehoben Duchhardt, Gleichgewicht, der die Literatur bis 1976 zusammenstellt. Webster, Congress. Ders., Foreign Policy. Griewank, Wiener Kongreß. Kissinger, A World Restored. Nicolson, Wiener Kongreß.

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1. Einleitung

Im ersten Kapitel setzt sich Eva Maria Werner zunächst mit den formalen Aspekten der Verhandlungen auseinander – der Kongress musste seine Form erst finden. Nicht die Arbeit im Plenum, sondern die Gespräche in Kommissionen und Komitees waren prägend für den Wiener Kongress. Ebenso wird der Weg zur Schlussakte geschildert, in welcher die Ergebnisse der Verhandlungen zusammengefasst wurden. Da hierbei rasch deutlich wird, dass nur ein Bruchteil der Kongressbesucher an den offiziellen Gremien beteiligt war, geht Eva Maria Werner auch den Fragen nach, welche weiteren Akteure mit politischen Anliegen nach Wien gekommen waren und ob sie tatsächlich vor verschlossenen Türen standen. Mit den örtlichen Gegebenheiten des Kongressgeschehens befasst sich Karin Schneider im zweiten Kapitel. Im Fokus stehen jene Orte, die für die Teilnehmer des Wiener Kongress eine besondere Rolle spielten. So werden die Zusammenkünfte der einzelnen Komitees und Kommissionen in der städtischen Geografie ebenso lokalisiert wie die Schlafstätten der Diplomaten, Staatsmänner und Monarchen. Anschließend werden die unterschiedlichen Austragungsorte der Kongressvergnügungen beschrieben, die neben Adelspalais, öffentlichen Parks und Jagdrevieren auch private Salons umfassten. Selbst auf den Straßen und Plätzen der Stadt zeitigte der Kongress Auswirkungen: Das Gedränge von Fahrzeugen und Menschen war enorm und Verkehrsstaus standen auf der Tagesordnung. „Nichts als Gerede?“, lautet schließlich die zentrale Frage des folgenden Kapitels, das den Möglichkeiten politischer Kommunikation jenseits des Verhandlungstischs nachspürt. Dazu befasst sich Karin Schneider mit dem Mythos des „tanzenden Kongresses“, indem sie die politische Bedeutung der Festlichkeiten sowohl für die Akteure als auch die Habsburgermonarchie herausarbeitet. Im Anschluss fragt Eva Maria Werner nach Möglichkeiten der Information über das Kongressgeschehen und setzt sich insbesondere mit der Rolle der Presse als Medium der Übermittlung von und Diskussion über politische Fragen auseinander. Sie untersucht in diesem Zusammenhang auch, ob die Geheimdiplomatie angesichts des Bedeutungszuwachses der öffentlichen Meinung in der Wiener Gesellschaft der Kongressjahre noch funktionsfähig war. Durch diese Einblicke in die Bedingungen des Wiener Kongresses erhält das europäische Großereignis Konturen, die weit über die Verhandlungsergebnisse hinausgehen. Das ist nicht möglich, ohne auch die Akteure genauer in den Blick zu nehmen. Während dies im ersten Teil des Buches im Kontext der einzelnen Themenstellungen geschieht, erfahren interessierte Leser und Leserinnen im zweiten Teil der Darstellung Details zum Leben und Wirken zahlreicher Kongressbesucher. Hier präsentieren wir Kurzbiografien von 248 ausgewählten Personen, deren inhaltlicher Schwerpunkt auf der Zeit des Wiener Kongresses liegt.

1. Einleitung

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Die Auswahl aus der großen Anzahl der Kongressbesucher erwies sich als komplexer Vorgang und wurde nach folgenden Kriterien durchgeführt: Als Grundlage dienten uns die bei der Verifikationskommission, welche die Vollmachten der Delegierten registrierte, vorgelegten Beglaubigungsschreiben, die im Österreichischen Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv verwahrt sind.2 Die auf diese Weise entstandene Liste mit rund 130 Personen wurde bis auf Einzelfälle, für die keine biografischen Informationen aufzufinden waren, berücksichtigt. Neben den akkreditierten Bevollmächtigten wurden außerdem jene Delegationsmitglieder aufgenommen, die während der Verhandlungen eine diplomatische Funktion innehatten. Als Grundlage für diese Auswahl diente neben den Kongressprotokollen und den Listen der Kommissions- und Komiteemitglieder das von Klüber abgedruckte Verzeichnis.3 Darüber hinaus wurden diejenigen Personen aufgenommen, die im ersten Teil unseres Buches im Kontext der verschiedenen Sachfragen genannt werden. Zudem bezogen wir bei der Erarbeitung der Kurzbiografien grundsätzlich die anwesenden Monarchen und Thronfolger ein. Schließlich wählten wir weitere Kongressbesucher aus verschiedenen Gruppierungen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aus, um das gesellschaftliche Panorama des Wiener Kongresses zu entfalten. Das Spektrum reicht dabei von Lobbyisten über inoffizielle Vertreter der mediatisierten deutschen Standesherren bis zu Künstlern und Mitgliedern des zeitgenössischen Jetsets. Von den so ausgewählten Personen fertigten wir Biografien an, die – abhängig von den überlieferten Informationen und der politisch-diplomatischen Bedeutung – unterschiedlich lang ausfallen. So legten wir auf die zentralen Akteure des Wiener Kongresses wie Zar Alexander I., Castlereagh oder Metternich mehr Gewicht als etwa auf den Gesandten von Schwarzburg-Rudolstadt, Friedrich ­Wilhelm Freiherr von Ketelhodt. Eine zentrale Quelle für den kongressspezifischen Inhalt der Kurzbiografien stellten die Berichte der Geheimpolizei dar, die von Maurice-Henri Weil und August Fournier zu Beginn des 20. Jahrhunderts veröffentlicht wurden.4 Daneben standen uns die umfangreiche Erinnerungs- und Forschungsliteratur zum Wiener Kongress, aber auch zahlreiche darüber hinaus gehende Studien und biografische Nachschlagewerke zur Verfügung, die im Literaturverzeichnis aufgeführt sind. Aus der Sekundärliteratur war die grundlegende Arbeit von Michael Hundt über die Politik der mindermächtigen deutschen Staaten besonders wichtig für unsere Recherchen. All diese Kurzbiografien entstanden nicht ohne Unterstützung: Wir danken Mag. Marion Koschier, Mag. Dr. Christof Aichner, den Mitarbeiter/innen des 2 3 4

ÖStA, HHStA, St.K., Kongressakten, Kart. 1. Vgl. Anhang 5.2. Klüber, Acten, Bd. 6, S. 586–613. Weil, Dessous. Fournier, Wiener Kongress.

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1. Einleitung

­ sterreichischen Biographischen Lexikons der Österreichischen Akademie der Ö Wissenschaften, namentlich Dr. Christine Gruber, und Getrud Margesin, die uns bei dieser zeitraubenden Arbeit kompetent unterstützt haben. Christof Aichner verfasste zudem auf Basis der Wiener Zeitung ein überaus nützliches „Itinerar“ des Kongresses, in welchem er die An- und Abreisedaten, soweit aus der Presse eruierbar, zusammenstellte. Das gesamte Buch ist zudem in Zusammenarbeit mit Brigitte Mazohl entstanden – sie war von der ersten Idee an mit dabei und hat die Entstehung stets begleitet, wofür wir uns herzlich bedanken! Unserer Auswahl der Akteure des Wiener Kongresses kann und soll trotz der zugrunde gelegten Kriterien ein subjektives Moment nicht abgesprochen werden. Wir hoffen gerade deswegen, ein facettenreiches und vielschichtiges Bild des Wiener Kongresses zu vermitteln. Es war unser Ziel, mit dem Buch in das bunte Treiben der verschiedenen Persönlichkeiten, Orte und Kommunikationssituationen des Wiener Kongresses einzutauchen und das Besondere des historischen Moments zu verdeutlichen: Europa versammelte sich in Wien! Oder, wie es der Kongresssekretär Friedrich Gentz formulierte: „Übrigens genügt Wien jetzt sich selbst; wir wissen nicht mehr und haben auch keine Lust zu erfahren, was in den anderen Ländern vorgeht, denn Alles was mächtig, interessant und beneidenswerth ist, findet sich hier vereinigt und eine dreimonathige Reise von einem Ende Europa’s zum anderen hätte nicht den Werth Dessen, was gegenwärtig ein Mann in günstiger Stellung binnen vierundzwanzig Stunden in Wien beobachten und lernen kann.“5

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Gentz an Caradja, Wien, 7. November 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 459.

1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

1.1. EIN KONGRESS OHNE ANFANG?

Am 30. Mai 1814 setzte der Erste Pariser Frieden einen vorläufigen Schlussstrich unter die Revolutions- und Napoleonischen Kriege,6 die Europa zwei Jahrzehnte lang in Atem gehalten hatten: Frankreich, Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich unterzeichneten den Friedensvertrag; Spanien, Portugal und Schweden traten bei. Mit diesem Dokument legten die Mächte unter anderem den Territorialbestand Frankreichs in den Grenzen von 1792 sowie Napoleons Verbannung nach Elba fest. Entscheidend für den Wiener Kongress war Artikel 32 des Vertragswerks. Er bestimmte, dass innerhalb von zwei Monaten „alle von einer oder der andern Seite in den gegenwärtigen Krieg verwickelt gewesene Mächte Bevollmächtigte nach Wien senden, um auf einem allgemeinen Kongresse die Vereinbarungen in Richtigkeit zu bringen, durch welche die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages vervollständigt werden sollen“.7 Damit war der Wiener Kongress kein Friedenskongress im eigentlichen Sinn des Wortes, sondern folgte auf einen Friedensschluss, um offengebliebene Fragen zu klären. Dies löste zu Beginn der Verhandlungen größere Diskussionen und publizistische Debatten darüber aus, ob man überhaupt von einem Kongress sprechen könne.8 Dass eine solche Zusammenkunft zustande kommen sollte, stand allerdings schon sehr früh fest: Möglicherweise kam es bereits unmittelbar nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Herbst 1813 zu einer Verabredung der verbündeten Monarchen für ein Treffen in Wien.9 Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass im Februar 1814 – noch vor dem Sieg über Napoleon – in Wien die Planungen 6

7 8 9

Vgl. als Überblick über die Ereignisse vor dem Wiener Kongress Erbe, Revolutionäre Erschütterung, S. 279–342, sowie spezieller aus der reichhaltigen Literatur zu den Napoleonischen Kriegen Lieven, Russia. Planert, Der Mythos. Die Vorgeschichte des Wiener Kongresses ist auch Thema in der neueren Kongressliteratur, vgl. Stauber, Wiener Kongress. Jarrett, Congress of Vienna. Friedensvertrag zwischen Frankreich und den alliierten Mächten, geschlossen zu Paris, den 30. Mai 1814, in Auszügen abgedruckt in: Demel, Puschner, Deutsche Geschichte, S. 72–75, hier S. 75; der vollständige Vertrag im französischen Original bei Angeberg (Hg.), Congrès, Bd. 1, S. 161–176. Vgl. Duchhardt, Wiener Kongress, S. 24–25. Vgl. ebd., S. 23.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

für das Rahmenprogramm und die Unterbringung der Gäste begannen.10 Für die Wahl Wiens als Austragungsort des Kongresses existierte kein zwingender Grund, es sprach aber ein Bündel von Faktoren für die habsburgische Haupt- und Residenzstadt: Vorteilhaft erschienen etwa die zentrale Lage in Mitteleuropa, die Gastfreundschaft des österreichischen Kaisers und die Tatsache, dass man die politisierte Öffentlichkeit Londons umgehen konnte.11 Zwischen dem Friedensschluss in Paris und dem vorgesehenen Beginn der Zusammenkunft lagen mehrere Klemens Wenzel Lothar Fürst Metternich (ÖNB Wien) Wochen. Diesen Zeitraum planten Groß­b ritannien, Russland, Preußen und Österreich zur Klärung einzelner offener Punkte – in erster Linie die Aufteilung Sachsens sowie die Neuorganisation der deutschen Territorien – zu nutzen. Bereits in einem Geheimartikel zum Friedensvertrag hatten es sich die vier Großmächte vorbehalten, die Grundlagen für die zu treffenden Entscheidungen unter Ausschluss anderer Mächte festzulegen.12 Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des österreichischen Außenministers Klemens Wenzel Fürst Metternich13 aus dem Mai 1814 zu verstehen, der geplante Kongress werde „weniger zum Negociiren als zum Unterfertigen bestimmt sein und sich in der ersten Hinsicht hauptsächlich auf die Erwägung einiger durch ganz Europa laufenden gesellschaftlichen Erwägungen beschränken“.14 In dieser Bemerkung manifestiert sich die Erwartungshaltung, welche die europäischen Großmächte mit dem Wiener Kongress verknüpften: Nicht diplomatische Verhandlungen über die Neuordnung Europas, sondern die Ratifizierung der Ergebnisse war der Hauptzweck der Zusammenkunft. 10

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ÖStA, HHStA, OMeA, Kart. 217, Zl. 340, Vortrag Trauttmansdorffs, dat. 12. Mai 1815 (mit Rückblick). Vgl. ebd., NZA, Kart. 318, Vortrag an Kaiser Franz I., dat. 25. Februar 1814 und ÖStA, FHKA, HK, Geh. Präs., Geheimes Präsidialprotokoll, Kart. 27, Zl. 489, Abschrift eines Vortrags Trauttmansdorffs an Kaiser Franz, dat. 28. Jänner 1814, in denen allerdings die geplanten Feierlichkeiten und Unterbringungen nicht konkret auf einen Kongress bezogen werden. Vgl. Duchhardt, Wiener Kongress, S. 24, sowie Schneider, Wiener Kongress, S. 179. Angeberg (Hg.), Congrès, Bd. 1, S. 170–171. Vgl. hier und im Folgenden zu den genannten Personen jeweils die Kurzbiografien im zweiten Teil dieses Buches. Metternich an Hudelist, Paris, 24. Mai 1814; in: Müller (Hg.), Quellen, S. 59–60.

1.1. Ein Kongress ohne Anfang?

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Derlei Einschätzungen führten auch zu optimistischen Prognosen hinsichtlich der Dauer des Wiener Kongresses – Metternich etwa ging von sechs Wochen, der preußische König Friedrich Wilhelm III. sogar nur von drei Wochen aus, und auch die Planungen in Wien umfassten zunächst lediglich einen drei- bis vierwöchigen Aufenthalt der europäischen Souveräne.15 Eine gute Möglichkeit, die angedachten Vorentscheidungen zu treffen, bot die Einladung des britischen Prinzregenten nach London. Zar Alexander I., der preußische König und die führenden Minister Österreichs, Preußens und Russlands trafen im Juni 1814 in der englischen Hauptstadt ein. Doch während dieses Aufenthalts wurde vor allem deutlich, wie sehr die Vorstellungen der Parteien auseinanderklafften – inhaltliche Fortschritte wurden einzig hinsichtlich der Zukunft der Niederlande erzielt.16 Da der Zar vor Beginn der Verhandlungen in Wien nochmals nach St. Petersburg reisen wollte und in Großbritannien die Parlamentssession bevorstand, erwiesen sich die im Friedensvertrag genannten zwei Monate bis zum Zusammentritt des Wiener Kongresses endgültig als unhaltbar, und es wurde in London der 1. Oktober 1814 als Eröffnungstermin festgelegt. So trafen im Laufe des Septembers 1814 die Kongressteilnehmer in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein: Angefangen von den Monarchen über ihre Minister und andere Bevollmächtigten bis hin zu weiteren politisch interessierten Parteien, Beobachtern, Händlern und Künstlern fanden sich immer mehr Menschen in Wien zusammen. Einen Höhepunkt stellte der 25. September 1814 dar, als Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen außerhalb der Stadt von Kaiser Franz I. empfangen wurden und sich in feierlichem Zug in die Hofburg begaben.17 Die Anwesenheit der vielen gekrönten Häupter und der leitenden Staatsmänner Europas unterschied den Wiener Kongress deutlich von seinen Vorläufern, wie etwa dem Westfälischen Friedenskongress: Waren dort nur subalterne Beamte tätig gewesen, die sich in einem langwierigen Kommunikationsprozess bei den Autoritäten in den jeweiligen Heimatstaaten rückversichern mussten, ermöglichte die Situation in Wien im Vergleich dazu einen Kongress der kurzen Wege und mündlichen Absprachen.18 Auf eine Eröffnung des Kongresses mussten potenzielle Teilnehmer wie Zuschauer vorerst verzichten. Stattdessen wurde im September 1814 mit in­ 15

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Vgl. Schneider, Wiener Kongress, S. 179. ÖStA, HHStA, OMeA, Kart. 217, Zl. 340, Vortrag Trauttmansdorff an Kaiser Franz I., dat. 12. Mai 1815. Vgl. Fournier, Londoner Präludien. Webster, Congress, S. 68. Stauber, Wiener Kongress, S. 42–43. Vgl. Stauber, Der Wiener Kongress, S. 206–207. Eine ausführliche kunsthistorische Analyse des Einzugs wird in Kürze Rainer Valenta in seiner Wiener Dissertation „Visuelle Medien zur Zeit des Wiener Kongresses“ liefern. Vgl. Duchhardt, Wiener Kongress, S. 14.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Zeitgenössische Karikatur: Kaiser Franz I. von Österreich, Zar Alexander I. von Russland und König Friedrich Wilhelm III. von Preußen beraten gemeinsam, während im Hintergrund Napoleon die Szenerie beobachtet (ÖNB Wien)

offiziellen Vorverhandlungen begonnen.19 Am 16. dieses Monats stellten der russische Vertreter Karl Robert von Nesselrode, der britische Außenminister Robert Stewart Viscount Castlereagh und Metternich erste Überlegungen zum Geschäftsgang an; am 22. September beschloss der nun um die preußischen Delegierten Wilhelm von Humboldt und Fürst Karl August von Hardenberg erweiterte Kreis – von Friedrich Gentz, Mitarbeiter Metternichs und Sekretär des Kongresses „kleiner Ausschuss“ genannt – die Einsetzung zweier Gremien: Das erste sollte für „die großen Interessen Europas, die Beziehungen der Mächte untereinander, die Gebietsteilungen, die Grenzbestimmungen, die Entscheidungen über die von den verbündeten Mächten vorläufig besetzten und verwalteten Länder“ zuständig sein; ihm sollten Vertreter Österreichs, Russlands, Großbritanniens, Preußens, Frankreichs und Spaniens angehören. Allerdings behielten sich die vier Großmächte – bezugnehmend auf den erwähnten Geheimartikel des Ersten Pariser Friedens – vor, diese europäischen Fragen zunächst unter sich zu klären und erst dann Frankreich und Spanien über ihre Beschlüsse zu informieren. Das zweite geplante Gremium sollte sich mit der „Organisation der deutschen Bundesver19

Für die Details zur Organisation und zum Ablauf der Verhandlungen vgl. hier und im Folgenden Mayr, Aufbau. Vgl. auch Webster, Congress, und Stauber, Wiener Kongress, S. 47– 60.

1.1. Ein Kongress ohne Anfang?

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Friedrich Gentz (ÖNB Wien) Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (ÖNB Wien)

fassung“ beschäftigen und aus Delegierten der fünf deutschen Mächte Österreich, Preußen, Bayern, Hannover und Württemberg zusammengesetzt werden.20 Für den 30. September 1814 war geplant, die Vertreter Frankreichs und Spaniens über diesen Stand der Dinge in Kenntnis zu setzen. Doch man hatte die Rechnung ohne den französischen Außenminister und erfahrenen Diplomaten Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord gemacht, der unter keinen Umständen bereit war, sich mit der Frankreich zugedachten Rolle zufrieden zu geben, Beschlüsse nur abzunicken.21 Vielmehr forderte er zum einen die Einberufung einer Vollversammlung aller Delegierten. Allein einem solchen Gremium stünden jene Machtbefugnisse zu, welche die Alliierten für sich in Anspruch nähmen; daher müsse es auch Form und Arbeitsweise des Kongresses bestimmen. Zum anderen erklärte der Franzose, dass weder ein Vier- noch ein Sechs-Mächte-Gremium die angemessene Instanz für die Entgegennahme und Bearbeitung von Aufträgen jener Vollversammlung sein könne, sondern einzig die acht Signatarmächte des 20 21

Das Protokoll der Vierer-Konferenz vom 22. September 1814; in: Dyroff (Hg.), Wiener Kongress, Nr. 1a, S. 32–34, die folgenden Zitate S. 33. Der Ausspruch Gentz’ aus einem Brief von Gentz an Caradja vom 11. Oktober 1814; in: ebd., Nr. 4a, S. 43–45, hier S. 45. Vgl. den Bericht Talleyrands an Ludwig XVIII. vom 4. Oktober 1814 über die Zusammenkunft vom 30. September 1814; in: ebd., Nr. 3a, S. 38–42. Vgl. auch Willms, Talleyrand.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Pariser Friedens als solche fungieren könnten. Portugal und Schweden müssten also zu dem Gremium auch hinzugezogen werden. Bei diesem Schachzug ging es Talleyrand in erster Linie darum, die Position Frankreichs zu stärken: Eine breitere Basis der Verhandlungen einzufordern war seine Chance, sein Land aus dem politischen und diplomatischen Abseits zu holen. Der breit einladende Artikel 32 des Friedensvertrags stärkte ihm dabei den Rücken. Dass er sich dabei als Anwalt der kleinen und mindermächtigen Staaten profilierte, war ein Nebeneffekt. Tatsächlich erzielte Talleyrand mit diesem Vorgehen den gewünschten Erfolg: Er setzte die vier Großmächte so unter Druck, dass diese ihre Planungen hinsichtlich der Organisation der Verhandlungen revidierten. Die von Friedrich Gentz bereits vorbereitete Eröffnungsdeklaration wurde umgeschrieben, und am 8. Oktober 1814 trat erstmals die sogenannte Achter-Konferenz der Vertreter der Signatarmächte des Ersten Pariser Friedens zusammen. Die neue Erklärung, welche dieser Kreis verabschiedete, wurde am 13. Oktober in den beiden österreichischen politischen Blättern, der „Wiener Zeitung“ und dem „Österreichischen Beobachter“, abgedruckt, allen kaiserlichen Gesandtschaften zur Verlautbarung übermittelt und ging so von Wien weiter um die Welt.22 Der Text verkündete die Einleitung vertraulicher Erörterungen „zwischen den Bevollmächtigten sämtlicher Höfe“ und verschob den Kongressbeginn offiziell auf den 1. November 1814. Den mindermächtigen Staaten verdeutlichte die Deklaration, dass sie – so kann man zwischen den Zeilen lesen – in den zentralen Fragen die Beratungsergebnisse der acht Signatarmächte und ihre grundsätzliche Einigung abzuwarten hätten. Prinzipiell wurde ihnen jedoch ein Mitberatungsrecht nicht abgesprochen, auch wenn von der Sanktionsbefugnis einer Kongressversammlung nicht explizit die Rede war. Friedrich Gentz, der Verfasser der Deklaration, war davon überzeugt, sie „mit solcher Zurückhaltung und Umsicht“ formuliert zu haben, „daß alle Interessen dabei berücksichtigt sind und jeder die Hoffnung behält, sich Gehör zu verschaffen“.23 Talleyrand hatte mit der durch seine Interventionen verursachten Verschiebung der Eröffnung und der Begründung der Achter-Konferenz zwar einen Teilerfolg errungen, letztlich waren aber die Form des Kongresses sowie das Procedere bei der Entscheidungsfindung weiterhin offen und die Gestaltungsansprüche der vier Großmächte ungebrochen. So schrieb Gentz schon am Tag des Erscheinens der Deklaration an seinen Vertrauten Adam Müller: „Wann, wie, ob überhaupt je der Congreß als solcher existiren wird, weiß ich nicht.“24 Stattdessen 22 23

24

Österreichischer Beobachter Nr. 286 vom 13. Oktober 1814. Vgl. Kap. 3.2. Gentz an Caradja, dat. Wien 11. Oktober 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 449. Gentz an Adam Müller, dat. Wien 13. Oktober 1814; in: Gentz, Müller, Briefwechsel, S. 178.

1.1. Ein Kongress ohne Anfang?

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blieb der „Kleine Ausschuss“ der vier Großmächte weiter in Aktion und suchte – an Frankreich vorbei und weiter in inoffiziellem Rahmen – nach einer Lösung in Hinblick auf die territoriale Gestaltung Europas. Der zentrale Konfliktpunkt in dieser Phase des Kongresses war die Zukunft von Sachsen und Polen. Über das weitere praktisch-organisatorische Vorgehen herrschte gleichzeitig weiterhin Unklarheit. Noch kurz vor dem offiziellen Eröffnungstermin, am 28. Oktober, ging Gentz von einer allgemeinen Versammlung aus, die allerdings nur selten zusammentreten würde. Denn ihr alleiniger Zweck bestünde darin, „den Beschlüssen des Congresses größere Feierlichkeit zu verleihen“.25 Am 1. November, dem neuen Eröffnungstermin des Kongresses, publizierte die Achter-Konferenz allerdings lediglich eine neue Verlautbarung, in der alle Kongressteilnehmer zur Abgabe ihrer Vollmachten in einem eigens dafür eingerichteten Büro in der Staatskanzlei aufgefordert wurden.26 Die Mitarbeiter der dafür zuständigen Verifizierungskommission – es handelte sich um je ein subalternes Delegationsmitglied Russlands, Großbritanniens und Preußens, das per Los ausgewählt wurde – nahmen zwei Tage später ihre Arbeit auf. Ein formelles Ende unter die Diskussion über die Einberufung einer allgemeinen Kongressversammlung setzte schließlich die Achter-Konferenz vom 13. November, indem sie den Zusammentritt eines solchen Gremiums auf unbestimmte Zeit vertagte.27 Damit war der Grundstein dafür gelegt, dass der Wiener Kongress letztlich ohne Plenum und ohne offizielle Auftakt- und Schlussversammlung verlief. Es war schlicht die Summe bi- und multilateraler Verhandlungen in verschiedenen Formen und Konstellationen, die ihn ausmachte. In diesem Sinne berichtete der schwedische Delegierte Löwenhielm von den Meinungsäußerungen Castlereaghs und Metternichs, „que le congrès n’est à considerer que comme une réunion de toutes les puissances de l’Europe en un meme lieu“.28 Für das „Publikum“, zu dem Friedrich Gentz bezeichnenderweise „auch drei Viertel der Congreßbevollmächtigten“ rechnete,29 war dieser Verlauf eine Enttäuschung – sei es wegen der mit 25

26 27

28 29

Gentz an Caradja, dat. Wien 28. Oktober 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 456. Deklaration vom 1. November 1814; in: Österreichischer Beobachter Nr. 306 vom 2. November 1814. ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 2, Faz. 3, Kommission der Acht, Originale: 12. Protocole de la séance du 13 novembre 1814 des Plénipotentiaires des huit Puissances signataires du Traité de Paris, fol. 22r–25r. Löwenhielm an Engeström, dat. Wien 5. November 1814; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 277–279, hier S. 279. Die inhaltlich ähnlich Aussage Metternichs von einem „Europe sans distances“ wurde von französischer Seite kolportiert, vgl. Brolie (Hg.), Mémoires, S. 419– 425, hier S. 420. Gentz an Caradja, dat. Wien 20. Dezember 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 476–479, hier S. 479.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Artikel 32 des Pariser Friedensvertrags geweckten Hoffnungen auf ein Mitspracherecht oder aufgrund nicht befriedigter Schaulust. Schließlich kursierten sogar Gerüchte, dass während der Verhandlungen, deren Durchführung die Öffentlichkeit im großen Redoutensaal der Hofburg erwartete, die umlaufenden Galerien für Zuhörer geöffnet werden würden.30 Diese Enttäuschung war den Vertretern der Großmächte durchaus bewusst, und Gentz gestand ein, dass „man vielleicht Unrecht gehabt hat, die irrtümlichen Begriffe nicht früher zu berichtigen, welche der ohne Zweifel ein wenig zu unbestimmte Ausdruck Kongreß allerorten verbreitet hatte“.31 Die Erwartungen rund um die Organisation des Kongresses beschäftigten schließlich auch den Eipeldauer, eine im Wiener Dialekt verfasste Zeitschrift mit satirischen Zügen: Mit der Deklaration vom 1. November 1814 sei deutlich, „daß der Cungress richtig sein’n Anfang g’nummen had“: Es gebe jetzt das Büro „wo also alli Gsandten von den übrig’n Höfen und Höferln, – und von der obern und niedern Rein – und von der Mass – und weis ka Mensch wo überall her, ihnere Vollmacht’n aufzeig’n müess’n“. Nun aber glaubten die Wiener, jetzt würden „glei alli z’sammsitz’n zu’n Kungress“. Er – der Eipeldauer – aber habe von einer des Lateinischen kundigen Person gelernt, dass „wann der Congress a Sach wär, wo m’r z’samsitzt, so Müeßt er a Consess heiss’n, denn das heißt auf deutsch a Z’sammsitzung, weil er aber nur a Congress heißt, so is er hald a nur a Z’samtretung, denn das heißt das Wort Congress auf lateinisch, und was in der Z’samtretung aller z’samtret’n wird – das wird’n w’r schun heund oder morgen oder vorgestern no erfahr’n“.32 1.2. VON KOMMISSIONEN UND KOMITEES

Die Achter-Konferenz Einen Kongress im Sinne einer großen Versammlung gab es also nicht. Nachdem der „kleine Ausschuss“ der vier Großmächte in der Anfangsphase – wenn auch informell – die entscheidende Rolle bei den Verhandlungen gespielt hatte, traten ab November auf der Leitungsebene die Zusammenkünfte der acht Signatarmächte des Pariser Friedens in den Vordergrund. Man nenne diese jetzt „allgemeine Konferenzen“, so berichtete Gentz, und sie seien „als der leitende Ausschuss des Kon30 31

32

So Metternich in seinen Erinnerungen aus dem Jahr 1852, abgedruckt in Metternich-Winneburg, Klinkowström (Hg.), Aus Metternich’s nachgelassenen Papieren, S. 208. Gentz an Caradja, dat. Wien 7. November 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 457–459, hier S. 457–458. Briefe des neu angekommenen Eipeldauers, Jahrgang 1815, Drittes Heft, Dritter Brief, S. 38–39.

1.2. Von Kommissionen und Komitees

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gresses zu betrachten“.33 Im selben Sinn sprach auch Castlereagh von dem Gremium der Acht als einem „directing body“.34 Die Achter-Konferenz nominierte und beschickte die meisten der zahlreichen Subkommissionen des Kongresses, auf welche noch zurückzukommen sein wird. Deren Beratungsergebnisse wurden der Achter-Konferenz dann wiederum zur Begutachtung und Sanktionierung vorgelegt. Dadurch war sie mit den „questions of wider interest“35 befasst, die von den Themen Sklavenhandel und Flussschifffahrt bis zur Frage der demografisch-statistischen Darstellung der von den alliierten Mächten besetzten Gebiete reichten. Allerdings beschäftigte sich die Achter-Konferenz nicht direkt mit territorialen Fragen und tagte vergleichsweise selten. Zusätzliches Gewicht gewann sie nach der Flucht Napoleons von Elba. Das öffentliche Auftreten der Signatarstaaten des Ersten Pariser Friedens in diesem Kontext, das unter anderem die Acht-Erklärung gegen Napoleon und die Veröffentlichung eines Sitzungsprotokolls beinhaltete,36 führte Gentz rückblickend zu der Bewertung, das Gremium der acht Mächte habe „eine Zeitlang die unfruchtbare Ehre [gehabt], den Kongress darzustellen“.37 Diese Ehre wird ihm in gewisser Weise bis heute zuteil, zeigt doch das seit dem 19. Jahrhundert bei jeglicher Thematisierung des Wiener Kongresses omnipräsente Bild von Jean Baptist Isabey38 die Achter-Konferenz in ihrer theoretischen Maximalbesetzung von 21 Diplomaten und den zwei Sekretären Gentz und Nikolaus Wacken im Februar 1815. In Isabeys Darstellung wie in der Praxis der Sitzungen stand Außenminister Metternich persönlich, der seit dem 31. Oktober 1814 auf Antrag Talleyrands hin als Präsident fungierte, im Zentrum der Achter-Konferenz. Ebenfalls hervorgehoben ist der sitzende Talleyrand.

33

34

35 36 37

38

Gentz an Caradja, dat. Wien 31. Oktober 1814; in: Dyroff (Hg.), Wiener Kongress, Nr. 5c, S. 47f. Bericht Castlereaghs an Liverpool, dat. Wien 21. November 1814; in: Müller (Hg.), Quellen, Nr. 28, S. 199. Webster, Congress, S. 95. Vgl. Kap. 3.2. Gentz, Abhandlung „Darstellung der verschiedenen Beschlüsse und der letzten Ergebnisse des Wiener Kongresses“. Beilage zum Schreiben an Caradja, dat. Wien, 26. Juni 1815; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 540–569, hier S. 544. Nach einer statistischem Auswertung des Bildmaterials in Schulbüchern der Jahre 1997 bis 2003 aus 33 europäischen Staaten gehört das Kongressbild von Isabey gar zu jenen vierzehn Illustrationen, die dort mit signifikantem Abstand am häufigsten wiedergegeben werden, vgl. Popp, Auf dem Weg. Vgl. zu dem Bild Telesko, Jean-Baptiste Isabeys Kongressbild.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Congrès de Vienne. Kupferstich von Jean Godefroy nach einem Gemälde von Jean-Baptiste Isabey, 1819 (ÖNB Wien)

Jean-Baptiste Isabey, Illustrierter Personenschlüssel zu seinem Gemälde „Congrès de Vienne“ (ÖNB Wien)

Die personelle Zusammensetzung der Achter-Konferenz war starken Schwankungen ausgesetzt. Alle 21 Mitglieder kamen de facto in keiner einzigen Sitzung zusammen, was auch auf die An- und Abreisen innerhalb der britischen Delegation zurückzuführen ist.39

39

Vgl. Anhang 5.2.1. mit der Übersicht über die Teilnahmen an der Achter-Konferenz.

1.2. Von Kommissionen und Komitees

21

Die Mitglieder der Achter-Konferenz waren mehrheitlich hochrangige Diplomaten. Österreich wurde in diesem Gremium durch den bereits erwähnten Metternich vertreten, der Unterstützung von Wessenberg erhielt. Zahlenmäßig stark waren die Delegationen Großbritanniens, Frankreichs, Russlands und Portugals. Der britische Außenminister Castlereagh erschien in Begleitung von Cathcart, Clancarty und Stewart; im Februar 1815 stieß Wellington dazu und ersetzte nach zwei Wochen parallelen Aufenthalts den nach England abreisenden Castlereagh. Talleyrand konnte auf die Unterstützung von La Tour du Pin, Noailles und Dalberg rechnen. Die dreiköpfige russische Delegation umfasste neben Razumovskij auch Stackelberg und Nesselrode, während Portugal durch Palmella, Saldanha da Gama und Lobo vertreten wurde. Bescheidener war die preußische Delegation mit Hardenberg und Humboldt. Spanien schließlich wurde durch Labrador und Schweden durch Löwenhielm repräsentiert. Die Mitglieder der Achter-Konferenz kannten sich vielfach schon seit mehreren Jahren oder gar Jahrzehnten: So waren etwa Humboldt und Palmella einander bereits in Rom begegnet, und Wessenberg hatte erst 1813 mehrere Monate in London verbracht. Auch Hardenberg hatte als hannoverscher Kammerrat 1781 einige Monate in London gewohnt, und Palmella hatte seit 1812 den Botschafterposten in der britischen Hauptstadt inne. Talleyrands Mitarbeiter Dalberg, der Neffe des ehemaligen Fürstprimas des Rheinbundes Karl Theodor von Dalberg, hatte die Eheschließung zwischen Marie Luise von Habsburg und Napoleon organisatorisch vorbereitet und war Metternich seit Langem bekannt. Auch nach Russland spannten sich die Fäden persönlicher Beziehungen: Der Schotte Cathcart – Mitglied der britischen Delegation – hatte als Diplomatensohn einen Teil seiner Jugend in St. Petersburg verbracht. Auch in den folgenden Jahren rissen die Kontakte nach Russland nicht ab, und 1812 berief ihn Castlereagh auf persönlichen Wunsch von Zar Alexander I. hin zum britischen Botschafter und Militärbeauftragten. Auch der schwedische Bevollmächtigte Löwenhielm stand dem russischen Zaren nahe – ebenfalls seit 1812 hatte er den schwedischen Botschafterposten in St. Petersburg inne. Zudem hatte Löwenhielm zwischen 1812 und 1814 Zar Alexander auf den Feldzügen gegen Frankreich begleitet. Diese Beispiele ließen sich fortsetzen; sie zeigen eindrücklich, wie eng die Netzwerke zwischen den europäischen Monarchen, Staatsmännern und Diplomaten waren – eine Tatsache, welche die Verhandlungen in der Achter-Konferenz erleichtert haben dürfte. Allerdings unterschieden sich die Handlungsspielräume der einzelnen Delegationen in auffälliger Weise: Während die russischen Delegierten angesichts des starken politischen Engagements von Zar Alexander eingeschränkt waren, hielten sich andere Herrscher, wie etwa der preußische König Friedrich Wilhelm III., aber auch der österreichische Kaiser Franz I. deutlich stärker im Hintergrund. Die

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

übrigen Monarchen der Großen Acht – die Könige Frankreichs, Spaniens, Portugals und Schwedens, aber auch der britische Prinzregent – waren aus verschiedenen Gründen nicht persönlich nach Wien gereist. Sie standen in unterschiedlich engem schriftlichen Kontakt mit ihren Gesandten. Besonders schwierig war die Situation im Fall Portugals, da König Johann VI. in Brasilien residierte und die Berichte beziehungsweise Instruktionen für den Postweg mehrere Wochen benötigten. In dieser Situation nahm sich der Leiter der portugiesischen Delegation, Palmella, die Freiheit heraus, auch gegen seine Instruktion zu handeln. Entgegen dem Wunsch seines Herrschers suchte er aufgrund seiner guten Kenntnisse der europäischen politischen Landschaft nicht die Kooperation mit Russland, sondern mit Großbritannien.40 Castlereagh wiederum berichtete nicht primär dem Prinzregenten, sondern der britischen Regierung und dem Parlament. Die Rolle der öffentlichen Meinung im Vereinigten Königreich war groß, sodass es zu den wichtigsten Aufgaben des britischen Außenministers zählte, sein Vorgehen gegenüber der starken Opposition im Parlament – die wenig Kenntnisse von den Zuständen auf dem Kontinent hatte – zu verteidigen.41 Die Fünfer-Konferenz De facto war aber das zentrale Organ des Kongresses ab Jänner 1815 nicht die Achter-, sondern die Fünfer-Konferenz, die sich aus den vier Hauptmächten plus Frankreich zusammensetzte und über die territoriale Neuordnung des Kontinents entschied. Dass sich die Organisation des Wiener Kongresses dahingehend entwickelte, ist vor dem Hintergrund des Konflikts um Sachsen und Polen zu sehen: Dieses strittige Thema war zunächst lediglich auf informellem Wege, darunter in den Zusammenkünften des „kleinen Ausschusses“, behandelt worden, ohne dass die Diplomaten zu einer Einigung gefunden hätten. In dieser Situation war es zu einer Annäherung zwischen Großbritannien, Österreich und Frankreich gekommen, die im Antrag Castlereaghs und Metternichs auf Aufnahme Talleyrands in das Vierer-Gremium gipfelte.42 Tatsächlich wurde der französische Außenminister vom 12. Jänner 1815 an dauerhaft in die Verhandlungen einbezogen, womit die Fünfer-Konferenz ins Leben getreten war. Sie bestand aus den Delegationsleitern der fünf europäischen Großmächte:43 Neben Talleyrand, Metternich und Castle­ reagh waren noch Wessenberg für Österreich sowie Humboldt und Hardenberg für 40 41

42 43

Vick, Congress of Vienna, S. 206. So beispielsweise hinsichtlich der polnisch-sächsischen Frage; vgl. Webster, Foreign Policy, Bd. 1, S. 350–352. Zu den inhaltlichen Hintergründen rund um die polnisch-sächsische Frage vgl. Stauber, Wiener Kongress, S. 78–90. Jarrett, Congress of Vienna, S. 96–131. Vgl. die Auflistung in Anhang 5.2.2.

1.2. Von Kommissionen und Komitees

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Preußen anwesend. Für Russland nahmen Nesselrode, Razumovskij und Kapodistrias an der Fünfer-­Konferenz teil, wobei in der Mehrzahl der Sitzungen nur zwei der drei Männer Präsenz zeigten. Nach seinem Eintreffen in Wien kam im Februar 1815 W ­ ellington als Ersatz für Castlereagh hinzu, welcher nach circa zweiwöchiger gemeinsamer Präsenz der beiden Briten in Wien die Heimreise antrat. Ende März wurde Wellington wiederum von Clancarty abgelöst. In Einzelfällen konnten zudem weitere Personen zu den Beratungen der Fünfer-Konferenz hinzugezogen werden. Für Frankreich war die vollwertige Aufnahme in den Kreis der Großmächte ein Schritt von großer Tragweite.44 Gleichzeitig beendete diese Maßnahme den Stillstand in den Verhandlungen um die territoriale Neuordnung Europas – in mehr als 40 Sitzungen traf die Fünfer-Konferenz zwischen Jänner und Juni 1815 die zentralen Entscheidungen darüber und sanktionierte die diesbezüglichen Texte für das Schlussdokument des Kongresses. Für Gentz war daher die Fünfer-Konferenz „bis zum Ende der einzige und wirkliche Kongress“,45 und auch Wilhelm von Humboldt teilte diese Einschätzung.46 Unterhalb der Leitungsebene wurden im Laufe des Kongresses insgesamt dreizehn Spezialkommissionen zur Klärung von Detailfragen etabliert.47 Dies war ein diplomatiegeschichtlich zukunftsweisender Weg, der eine der wichtigsten Leistungen des Wiener Kongresses darstellt – ein Weg hin zu „einer Bündelung von Expertise“ und damit zu einer Professionalisierung des Ablaufs.48 Hinsichtlich der Zusammensetzung der Subkommissionen verfuhren die Mächte nach dem Grundsatz, dass die vom jeweiligen Verhandlungsthema betroffenen Staaten an den Gesprächen teilnehmen durften. Allerdings wurde dieser Grundsatz nicht konsequent eingehalten, wie noch gezeigt werden wird. Bei Bedarf wurden in die Komitees oder Kommissionen, denen meist zwischen fünf und acht Mitglieder angehörten, auch Experten integriert. Die Befugnisse und Gestaltungsspielräume der Spezialausschüsse waren sehr unterschiedlich. Sie reichten von der Bereitstellung von statistischem Material bis zur Vorlage fertiger Vertragsentwürfe. Alle Gremien tagten hinter verschlossenen Türen. 44 45 46 47 48

Vertreter Frankreichs waren allerdings bereits seit Herbst 1814 Mitglieder in verschiedenen Sub-Kommissionen des Wiener Kongresses, vgl. Schneider, Zwischen Völkerschlacht und Waterloo. Vgl. zur Position Frankreichs im europäischen Konzert seit dem Ersten Pariser Frieden bis 1852 Marcowitz, Großmacht. Gentz, Abhandlung „Darstellung der verschiedenen Beschlüsse und der letzten Ergeb­ nisse­des Wiener Kongresses“. Beilage zum Schreiben an Caradja, dat. Wien 26. Juni 1815; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 540–569, hier S. 545. Vgl. Stauber, Wiener Kongress, S. 63. Detailliert vorgestellt bei Mayr, Aufbau, S. 89–119, sowie bei Stauber, Wiener Kongress, S. 63–78. Die Teilnehmer sind, soweit aus den Quellen möglich, im Anhang (5.2.3. bis 5.2.11.) dokumentiert. Duchhardt, Wiener Kongress, S. 71. Vgl. ders., Gleichgewicht, S. 135.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Das deutsche Komitee Vorreiter hinsichtlich der Aufnahme der Arbeit und auch in einer gewissen Sonderrolle war das Deutsche Komitee, das ganz im Sinne der erwähnten anfänglichen Planungen der Alliierten vom September 1814 vorerst aus Vertretern Österreichs (Metternich und Wessenberg), Bayerns (Wrede), Württembergs (Linden, später auch Wintzigerode), Preußens (Humboldt und Hardenberg) und Hannovers (Münster und Ernst Christian Hardenberg) zusammengesetzt war.49 Mit Ausnahme Wredes, der dem Militär angehörte, und des universell gebildeten Humboldts handelte es sich durchweg um Männer mit juristischer Ausbildung, die Erfahrung im Staatdienst aufwiesen. Das Gremium begann bereits am 14. Oktober 1814 mit den Beratungen und hatte gut einen Monat später schon 13 Sitzungen absolviert. Dann wurden die Verhandlungen jedoch ausgesetzt – die Spannungen zwischen Preußen und Österreich in der polnisch-sächsischen Causa blockierten ein gemeinsames Vorgehen der beiden Großmächte in der Deutschen Frage. Erst am 23. Mai 1815, nach der Flucht Napoleons von Elba, wurde die Arbeit formell wieder aufgenommen. Allerdings wies das Deutsche Komitee nun eine veränderte Zusammensetzung auf: Neben den ursprünglichen Mitgliedern Österreich, Preußen, Hannover, Bayern (das nun nicht mehr durch Wrede, der das Oberkommando über die bayerischen Truppen innehatte, sondern durch Rechberg vertreten wurde) und Württemberg waren nun auch Vertreter der deutschen Mittel- und Kleinstaaten geladen. So kamen für Sachsen Schulenburg und Globig, für Baden Berstedt, für Hessen-Darmstadt Türkheim, für Luxemburg Gagern und für Holstein die Brüder Bernstorff (im Wechsel) hinzu. Zudem fand eine fünfköpfige Deputation der sogenannten „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“ Berücksichtigung.50 Dieser Zusammenschluss von Vertretern der deutschen Mittel- und Kleinstaaten hatte sich im Herbst 1814 konstituiert. Sein Ziel, das durch konsequente Lobbyarbeit verfolgt wurde, war die Zulassung aller deutschen Staaten zu den Verhandlungen um die zukünftige Bundesakte. Bei den fünf durch Wahl bestimmten Deputationsmitgliedern handelte es sich um Plessen (Mecklenburg-Schwerin), Keller (Hessen-Kassel), Minkwitz (Sachsen-Coburg-Altenburg), Smidt (Bremen) und Berg (Schaumburg-Lippe). Die Öffnung des Deutschen Komitees für die deutschen Mittel- und Kleinstaaten ist auf den Umstand zurückzuführen, dass diese dem erneuerten Militärbündnis gegen Napoleon beigetreten waren. Ab dem 29. Mai waren schließlich alle Delegierten der „Mindermächtigen“ zugelassen, sodass an diesem Tag mit 33 Personen die Teilnehmerzahl des Deutschen Komitees ihren Höchststand e­ rreichte. 49 50

Vgl. zu den Deutschen Konferenzen, ihren Beratungen und Ergebnissen hier und im Folgenden im Detail den Quellenband von Treichel (Bearb.), Quellen, und die Einleitung des Autors ebd. Vgl. zu dieser ausführlich Hundt, Mindermächtige Staaten.

1.2. Von Kommissionen und Komitees

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Württemberg hingegen, das den Entwurf der Bundesakte ablehnte, nahm an den Treffen der zweiten Sitzungsperiode überhaupt nicht teil; der Vertreter Badens erschien aus ähnlichen Beweggründen nur bis zur siebten Sitzung. Bereits am 5. Juni 1815 stand schließlich das Gründungsdokument des Deutschen Bundes zur Abstimmung – rechtzeitig, um die Bundesakte noch der Schlussakte des ­Kongresses beizufügen.

Weitere Subkommissionen des Wiener Kongresses Neben dem Deutschen Komitee existierten noch drei weitere Kommissionen, die sich mit Fragen zu einzelnen Gebieten befassten. Von diesen hatte die Schweizer Kommission die größte Bedeutung. Sie trat erstmals am 14. November 1814 zusammen und beschäftigte sich mit der territorialen Integrität und der militärischen Neutralität der Eidgenossenschaft, aber auch mit innerschweizerischen Grenzstreitigkeiten und Verfassungsfragen. Das Gremium bestand aus Vertretern Österreichs (Wessenberg), Großbritanniens (Stewart und Canning), Frankreichs (Dalberg), Preußens (Humboldt) und Russlands (Stein und Kapodistrias)51 – Delegierte der Eidgenossenschaft selbst waren hingegen nicht zugelassen, sondern wurden lediglich angehört. Die Genua-Kommission war für die Angliederung des Gebiets der früheren Republik Genua an das Königreich Sardinien-Piemont zuständig: Die Achter-Konferenz beschloss am 13. November 1814, den Vertreter Sardinien-Piemonts, San Marzano, und den Delegierten Genuas, Brignole-Sale, dazu einzuladen, über die Art und Weise, wie diese Angliederung zu erfolgen habe, mit Binder für Österreich, Clancarty für Großbritannien und Noailles für Frankreich zu beraten. Die geringe Bedeutung, welche die Großmächte dieser Kommission zumaßen, zeigt sich auch an ihrer Zusammensetzung: Es handelte sich bei den von den Großmächten nominierten Mitgliedern um Delegationsmitglieder von nachgeordnetem Rang. Ähnliches lässt sich für die sogenannte Bouillon-Kommission beobachten. Sie sollte die strittige Frage nach der Herrschaft über das strategisch wichtige, zwischen Frankreich und den Niederlanden gelegene Herzogtum Bouillon lösen. Während Österreich Rademacher, Preußen Humboldt und Frankreich den Generalsekretär der französischen Delegation La Besnardière entsandten, setzte Großbritannien hier auf fremdes Personal, indem es den niederländischen bzw. nassauischen Vertreter Gagern verpflichtete. Weitere Spezialausschüsse waren die bereits erwähnte Verifizierungskommission, welche für die Überprüfung der Vollmachten der Gesandten in dem am 3. November 1814 eröffneten Büro zuständig war, und die Rangkommission, welche eine verbindliche diplomatische Rangordnung der Mächte erarbeiten sollte 51

Zur konkreten personellen Zusammensetzung vgl. Anhang 5.2.4.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

und aus acht Vertretern der Signatarstaaten des Ersten Pariser Friedens bestand. Die Statistische Kommission, zusammengesetzt aus Vertretern Österreichs, Preußens, Hannovers, Frankreichs, Großbritanniens und Russlands, stellte Daten zu Flächen und Einwohnerzahlen zusammen, die für die territoriale Neuordnung benötigt wurden. Am wichtigsten war es dabei, die Basis für die Neukonstituierung Preußens zu liefern. Die von Großbritannien nach längerer Diskussion am 16. Jänner 1815 in der Achter-Konferenz initiierte Abolitionskommission befasste sich mit der Abschaffung des Sklavenhandels. Neben Großbritannien, Portugal, Frankreich und Spanien, die Sklavenhandel betrieben beziehungsweise betrieben hatten, entsandten auch Österreich, Preußen, Russland und Schweden Mitglieder in dieses Gremium. Die Zusammensetzung dieser Kommission ist auf die politischen Interessen und die Einflussnahme des britischen Gesandten Castlereagh zurückzuführen. Er stand in der Frage der Abschaffung des Sklavenhandels unter großem Druck der öffentlichen Meinung in Großbritannien und sicherte auf diese Weise seinem Anliegen die Stimmenmehrheit in dem Gremium.52 Die Flussschifffahrtskommission beschäftigte sich mit der Frage des freien Schiffs- und Warenverkehr auf jenen Flüssen, welche, wie Rhein und Schelde, Ländergrenzen bildeten. Durchfuhrzölle sollten zwar weithin möglich sein, doch traditionelle Zoll- oder Stapelrechte aufgehoben werden. Die Kommission wurde auf Vorschlag Frankreichs hin von der Achter-Konferenz am 14. Dezember 1814 eingerichtet. Darin vertreten waren Österreich, Frankreich, Preußen, Russland, die Niederlande, Baden, Bayern, Hessen-Darmstadt und Nassau. Nachdem sich der Arbeitsbereich der Kommission auf Main und Neckar ausgedehnt hatte, wurde auch Württemberg eingeladen, Vertreter in dieses Gremium zu entsenden. Weitere Ausschüsse, namentlich die Deklarations-, die Militär- und die Akzessionskommission, kamen schließlich im Frühjahr 1815 hinzu53 – sie standen im Zusammenhang mit der Flucht Napoleons von Elba: Während die Akzessionskommission den Beitritt der deutschen Fürsten und Freien Städte zur Allianz der Großmächte gegen Napoleon regelte, war die Militärkommission für die praktische Vorbereitung der Feldzüge zuständig. Erstere setzte sich auf Initiative Österreichs und Preußens hin aus den Vertretern der mindermächtigen Staaten zusammen, welche in einer Note vom 16. November 1814 ihr Mitspracherecht im Deutschen Komitee eingefordert hatten.54 Die Militärkommission bestand 52 53

54

Vgl. Vick, Congress of Vienna, S. 201–212. Vgl. zu diesen und ihrem Personal Mayr, Aufbau, S. 109–119. In den Protokollen des Wiener Kongresses sind keine Angaben zu diesen Kommissionen überliefert. Vgl. Mayr, Aufbau, S. 111–112. Die Note und damit auch die Namen der 23 Delegierten bei Angeberg (Hg.), Congrès, Bd. 1, S. 441–444. Es fehlten Vertreter Hessen-Darmstadts und Badens, hinzu kam der oldenburgische Delegierte Maltzahn.

1.3. Auf dem Weg zur Kongressakte oder: Der Abschluss eines Großprojektes

27

ursprünglich aus den vier hochrangigen und kriegserfahrenen Militärs Knesebeck (Preußen), Schwarzenberg (Österreich), Wellington (Großbritannien) und Volkonskij (Russland), wurde im Laufe der Arbeiten aber beträchtlich erweitert und war die einzige Kommission, an der auch Monarchen, namentlich Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III., persönlich teilnahmen.55 Die Deklarations­ kommission schließlich bestand nur für wenige Tage und erörterte nach der Ächtung Napoleons die Notwendigkeit einer zweiten, gegen diesen gerichteten Deklaration; ihre Mitglieder sind nicht bekannt.56 Schließlich ist noch die Redaktionskommission zur Vorbereitung des Schlussdokuments des Kongresses zu nennen, von der im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kongresses die Rede sein wird. 1.3. AUF DEM WEG ZUR KONGRESSAKTE ODER: DER ABSCHLUSS EINES GROSSPROJEKTES

Napoleons Rückkehr nach Frankreich, die am 26. Februar 1815 mit der Flucht von Elba ihren Anfang nahm, bedeutete den größten Einschnitt in den Verlauf der Wiener Verhandlungen – ein neuer Krieg kündigte sich an, der ganze Kongress stand plötzlich infrage. Am 21. März 1815 schrieb Friedrich Gentz, man wisse noch nicht, wie es mit dem Kongress weitergehen werde, „ob man ihn für aufgelöst oder blos für vertagt erklären wird“ – man sei sich allerdings einig, „die Ergebnisse der vor dieser traurigen Katastrophe erledigten Angelegenheiten als unabänderlich zu betrachten“ und in Wien versammelt zu bleiben.57 Während daher die Vorbereitungen für den neuen Feldzug liefen und schließlich Monarchen mit Teilen ihrer Suite sowie die Angehörigen des Militärs abreisten, um sich den Armeen anzuschließen, tagte der Kongress weiter. Heinz Duchhardt kommt sogar zu dem Schluss, dass – pointiert formuliert – die Rückkehr Napoleons „paradoxerweise zu einem Glücksfall für den Kongress geworden ist, und zwar sowohl kurzfristig als auch hinsichtlich der Dauerhaftigkeit der Friedensordnung, die plötzlich viel konzentrierter angegangen werden musste“.58 Die Dichte der Beratungen und Sitzungen jedenfalls erreichte ein bis dato ungekanntes Ausmaß. So konnten die Verhandlungen zügig abgeschlossen werden: Wie bereits angedeutet war eine eigene Redaktionskommission für die Vorbereitung jenes Dokuments zuständig, das alle getroffenen Entscheidungen enthalten sollte – die 55 56 57

58

Vgl. Mayr, Aufbau, S. 109–111. Vgl. ebd., S. 113–114. Gentz an Caradja, dat. Wien 21. März 1815; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 579–580, hier S. 580. Duchhardt, Wiener Kongress, S. 100.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

Schluss- oder Kongressakte.59 Zunächst wurden zwei vorläufige Kommissionen gebildet:60 Am 8. Februar 1815 nominierte die Fünfer-Konferenz Clancarty und Münster für Großbritannien, Humboldt und Jordan für Preußen, Kapodistrias für Russland, La Besnardière für Frankreich sowie Wacken und Hudelist für Österreich. Abgesehen von Letzterem, einem hohen Beamten der Staatskanzlei, kamen also auch hier wieder Diplomaten zum Einsatz, die sich bereits in anderen Gremien bewährt hatten. Am 6. März 1815 wurde die Redaktionskommission durch die Fünfer-Konferenz verändert: Mit Gentz und La Besnardière wurden zwei Chefredakteure eingesetzt, die durch ein Komitee, bestehend aus Wessenberg für Österreich, La Tour du Pin für Frankreich, Clancarty für Großbritannien, Humboldt für Preußen und Anstett für Russland unterstützt werden sollten. Allerdings fehlte diesem Gremium die Legitimation der Signatarmächte des Ersten Pariser Friedens, sodass die Redaktionskommission erst in der Sitzung der Achter-Konferenz vom 12. März 1815 ihre endgültige Form erhielt: Nunmehr wurde sie von allen Signatarstaaten beschickt und dadurch wesentlich vergrößert. Die grundsätzliche Struktur – Chefredakteure und Komitee – wurde beibehalten. Für die Textarbeit waren nun Gentz (Österreich), La Besnardière (Frankreich) und Anstett (Russland) zuständig. Sie hatten nach Billigung der Verhandlungsergebnisse entweder durch die Fünfer-Konferenz oder die Achter-Konferenz die endgültigen Vertragstexte zu formulieren und den übrigen Mitgliedern der Redaktionskommission – namentlich Wessenberg für Österreich, Labrador für Spanien, La Tour du Pin für Frankreich, Clancarty für Großbritannien, Saldanha für Portugal, Humboldt für Preußen, Stackelberg für Russland und Löwenhielm für Schweden – zur Überprüfung vorzulegen. In der Endphase wurde die Redaktion schließlich von Gentz alleine übernommen, da Anstett erkrankte und La Besnardière aufgrund seiner Nähe zu Napoleon nicht mehr tragbar war. Letzterer verließ Wien bereits im Mai 1815. Humboldt und Clancarty kontrollierten Gentz, und alle Texte gingen schließlich zur Genehmigung durch die Fünfer-Konferenz. Nachdem dieses Gremium am 29. Mai 1815 noch in die andere Richtung tendiert hatte, entschieden die darin vertretenen Staatsmänner und Diplomaten am 6. Juni, dass nur die acht Signatarmächte des Ersten Pariser Friedens das Dokument unterzeichnen sollten und nicht etwa alle akkreditierten Bevollmächtigten.61 Diese wurden allerdings durch einen Artikel zum Beitritt aufgefordert. Hinter dieser Lösung standen nicht zuletzt praktische Erwägungen, war doch 59

60 61

Vgl. hier und im Folgenden zu den Details des Ablaufs rund um Ausfertigung und Ratifikation der Schlussakte sowie die verschiedenen Exemplare Stauber, Wiener Kongress, S. 131–136, und Mayr, Aufbau, S. 114–126. Vgl. zur Zusammensetzung Anhang 5.2.11. Angeberg (Hg.), Congrès, Bd. 2, S. 1263 und 1352.

1.4. Abseits des Verhandlungstischs

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schlicht die Zeit nicht vorhanden, Kopien für die zahlreichen Parteien zu erstellen.62 Am 9. Juni 1815 erfolgte die Paraphierung der Schlussakte mit ihren 121 Artikeln. Dieser Vorgang verlief nicht ganz reibungslos: Unter anderem verweigerte Labrador – wie er es im Vorfeld angekündigt hatte – aufgrund von Vorbehalten gegen einzelne Bestimmungen der Schlussakte die Unterzeichnung für Spanien, und der russische Vertreter Nesselrode war kurz zuvor abgereist, da er nicht ohne persönliche Zustimmung des Zaren unterschreiben wollte. Dennoch ging dieser Tag als Enddatum des Kongresses in die Geschichte ein. Nach der Erledigung letzter Formalitäten und Korrekturen fand allerdings noch am 19. Juni 1815 die Unterfertigung und Besiegelung der acht Exemplare der Schlussakte, welche die einzelnen Staaten erhalten sollten, statt. Mittlerweile hatte selbst Metternich Wien schon in Richtung des alliierten Hauptquartiers verlassen, sodass Gentz ihm von der Zusammenkunft im Vorzimmer von Metternichs Kabinett in der Staatskanzlei schriftlich berichtete: „Gestern abend sind die Originalien des Kongreßinstruments unterzeichnet worden. Diese Sitzung, die in Ew. Durchl. Vorzimmer neben ihrem Kabinett gehalten wurde, hätte feierlich und imposant sein können und sollen; sie war es aber nicht, weil sich jeder zu sehr mit der Sorge für sein eignes Exemplar beschäftigte, und weil uns besonders Lord Clancarty durch seine Pünktlichkeit und Peinlichkeit bald quälte, bald sehr belustigte. Er saß drittehalb Stunden, die Augen auf sein Volumen gerichtet, und untersuchte die Siegel, die Unterschriften und den Zwirn, mit welchem das Ganze genäht war, ehe er sich entschließen konnte, seinen Namen zu unterschreiben. Es ging so weit, daß zu verschiednen Malen ein unwillkürliches allgemeines Gelächter ausbrach. […] Erst um Mitternacht wurde das Protokoll der Sitzung gelesen und hiemit also der Kongreß wirklich geschlossen.“63 Damit endete der Wiener Kongress ähnlich unfeierlich, wie er begonnen hatte. Dazwischen aber lagen Monate, welche die österreichische Haupt- und Residenzstadt in einen Ausnahmezustand versetzten und am, aber auch abseits des Verhandlungstischs, viel Stoff für Gespräche verschiedenster Art über politische Inhalte bargen. 1.4. ABSEITS DES VERHANDLUNGSTISCHS

Außer den Mitgliedern der diversen Kommissionen und Komitees waren noch zahlreiche andere Personen zum Kongress nach Wien gereist, die nicht am Verhandlungstisch saßen und dennoch ein direktes Interesse an den Verhandlungen 62 63

Vgl. Webster, Congress, S. 99–100. Gentz an Metternich, dat. Wien, 20. Juni 1815; in: Wittichen, Salzer (Hg.), Briefe, Bd. 3, S. 305–306.

30

1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

hatten.64 Hier ist zunächst noch einmal die Anwesenheit zahlreicher Monarchen anzusprechen, welche in Wien zu einer einmaligen Situation führte.65 Vom russischen Zaren angefangen über die „deutschen“ Könige bis hin zu den Herrschern von Klein- und Kleinststaaten, wie etwa dem Fürsten von Liechtenstein oder dem Fürsten von Reuß zu Greiz, waren europäische Herrscher versammelt und nahmen, wenn auch nicht direkt an den Sitzungen beteiligt, abseits der Verhandlungen mehr oder minder intensiv Einfluss auf die Geschehnisse. In mehreren Fällen wurden sie von ihren Söhnen und designierten Nachfolgern sowie anderen Verwandten begleitet. Die hohen Herrschaften brachten nicht nur ihre Chefunterhändler, sondern auch weitere untergeordnete Diplomaten sowie Sekretäre und andere Kanzleimitarbeiter mit. Dazu kamen Ärzte, Köche und die gewöhnliche Dienerschaft sowie die persönliche Entourage der Monarchen. Die russische Delegation umfasste beispielsweise 76 Teilnehmer, die preußische 57, und selbst ein Kleinstaat wie Sachsen-Weimar-Eisenach entsandte insgesamt 17 Personen.66 Nicht alle, die ihre Ansprüche in Wien vertreten sehen wollten, konnten oder wollten sich jedoch eine eigene Delegation leisten. In diesen Fällen beauftragten mehrere Parteien denselben Vertreter mit der Wahrung ihrer Interessen. Aufsehen erregte in diesem Zusammenhang Franz von Gärtner, welcher der Verifizierungskommission Kredenzschreiben von 21 Einzelparteien vorlegte, sich auf seiner Visitenkarte als Vertreter von 38 ehemals souveränen Fürsten und Grafen auswies und am Ende des Kongresses für seine Dienste von insgesamt 57 Auftraggebern eine finanzielle Vergütung erhielt.67 Die von Gärtner vorwiegend vertretene Personengruppe der bis 1806 media­tisierten Herrscher68 erhoffte sich vom Wiener Kongress die Restitution ihrer Herrschaftsrechte. Daher reisten zahlreiche Mitglieder dieser Familien und ihre Vertreter 1814 in die österreichische Haupt- und Residenzstadt und versuchten, ihrem Anliegen in Audienzen und Privatgesprächen mit den Vertretern der alliierten Mächte Gehör zu verschaffen. So zeigten etwa der Graf zu Erbach-Erbach, der Graf zu Solms-Laubach, der Fürst von Salm-Kyrburg, die Fürstin zu Fürstenberg oder die Fürstin von Thurn und Taxis Präsenz in Wien. Allerdings erschienen sie ohne offizielle Einladung im Sinne des Ersten Pariser Friedens 64

65 66 67 68

Nähere Informationen zu den genannten und weiteren Personen finden sich in den Kurzbiografien. Vgl. dazu auch Kap. 3.1. So die Angaben im allerdings nicht ganz fehlerfreien Guide des Etrangèrs, S. 22–24, 26–29, 31–32. Vgl. Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 314. Vgl. zu diesen Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 314–320. Gollwitzer, Standesherren. Geyger, Beiträge.

1.4. Abseits des Verhandlungstischs

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zum Kongress: Dort war, wie bereits dargelegt, von einer Teilnahme der kriegsführenden Parteien die Rede gewesen. Während sich also etwa die Vertreter der mindermächtigen deutschen Staaten zu Recht Hoffnung auf Zulassung zum Verhandlungstisch machten und diesen letztlich unter dem Eindruck einer erneuten Kriegsbeteiligung auch gewährt bekamen, standen die Vertreter der mediatisierten Herrschaften buchstäblich vor verschlossenen Türen. Doch nicht nur aus dem Gebiet des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation kamen um ihre Herrschaftsrechte besorgte Parteien beziehungsweise ihre Vertreter nach Wien. So versuchten etwa auch zahlreiche Delegierte der am Rande eines Bürgerkriegs stehenden Schweiz ihre Angelegenheiten beim Kongress voranzutreiben. Neben territorialen Fragen stand die innenpolitische Ordnung der Eidgenossenschaft auf der Agenda: „Auf dem Wiener Kongress fiel [den europäischen Mächten] die vielfach verschlungene Aufgabe zu, Konfliktfreiheit innerhalb des Staatenbundes, die neue Verfassungsordnung, Grenzen und Ansprüche zwischen den Kantonen, Integrität, Gebietsforderungen nach ­außen und den Wunsch der Eidgenossenschaft nach Anerkennung ihrer Neutralität zu regeln und zu sichern.“69 Waren die drei Delegierten der Schweizer Tagsatzung – Montenach, Reinhard und Wieland – bereits untereinander uneins, verkomplizierten sich die Schweizer Angelegenheiten noch zusätzlich durch die Anwesenheit von Vertretern der Stadt Biel, der Stadt Genf und des Kantons Graubünden, um nur einige wenige herauszugreifen. Allein der Kanton Graubünden entsandte mit Albertini, Jassoy, Salis und Salis-Sils vier Delegierte. Der prominenteste Vertreter aus dem Bereich der Schweiz war wohl Frédéric-César de la Harpe, der ehemalige Erzieher des russischen Zaren. Er trat in Wien für die Kantone Aargau, St. Gallen, Tessin und Waadt auf.70 Auch auf der italienischen Halbinsel divergierten die Interessen der verschiedenen Parteien hinsichtlich der künftigen territorialen Neuordnung.71 Besonderes Aufsehen in Wien erregte die Anwesenheit von Eugène Beauharnais, Stiefsohn Napoleons und ehemaliger Vizekönig Italiens, der – eng mit Zar Alexander I. befreundet und auf dessen Unterstützung zählend – auf ein eigenes Herrschaftsterritorium als Entschädigung hoffte. Seine Erwartungen erfüllten sich allerdings nicht, auch wenn Beauharnais aufgrund seines einnehmenden Wesens die persönliche Sympathie zahlreicher zum Kongress versammelter Staatsmänner und Diplomaten genoss. Auch Papst Pius VII. hatte mit Kardinal Consalvi, der wiederum durch den päpstlichen Nuntius Severoli unterstützt wurde, einen Vertreter in Wien, um die Wiederherstellung des Kirchenstaats und die Restauration 69 70 71

Stauber, Wiener Kongress, S. 139. Ebd., S. 137–151. Jarrett, Congress of Vienna, S. 136–138. Vgl. Stauber, Wiener Kongress, S. 151–168.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

der traditionellen Vorrechte des Heiligen Stuhls voranzutreiben.72 Die Politik des Heiligen Stuhls richtete sich unter anderem gegen Joachim Murat. Der ehemalige französische Marschall und Schwager Napoleons hatte 1808 die Herrschaft im südlichen Nachbarstaat Neapel übernommen.73 Im Zuge der absehbaren Niederlage Napoleons nach der Völkerschlacht bei Leipzig hatte Murat allerdings einen Allianzvertrag mit Österreich geschlossen, der ihm und seinen Nachkommen gegen Waffenhilfe die Herrschaft in Süditalien garantierte. Um diesen Vertrag international zu legitimieren, entsandte Murat zwei Delegierte, Campochiaro und Cariati, nach Wien. Diese sahen sich mit den Ansprüchen von König Ferdinand III. von Sizilien konfrontiert, der bis 1806, als ihn napoleonische Truppen gestürzt hatten, in Neapel geherrscht hatte. Er hatte seinen nachgeborenen Sohn Leopold sowie die Delegierten Ruffo und Serracapriòla nach Wien entsandt. So trafen hier zwei Delegationen aufeinander, die um dasselbe Territorium – nämlich Neapel – rangen, eine Situation, die für Aufsehen unter den Teilnehmern des Wiener Kongresses sorgte. Neben den territorialen Fragen war der Wiener Kongress auch Anlaufstelle für zahlreiche weitere Anliegen, deren Bandbreite von gesellschaftspolitischen Fragen über nationale Angelegenheiten bis hin zu wirtschaftlichen Belangen reichte – aus ganz Europa kamen Lobbyisten und andere Interessensvertreter nach Wien, die um Unterstützung und Bestätigung für ihre Sache warben. So setzte sich beispielsweise eine Delegation des deutschen Buchhandels, bestehend aus Johann Friedrich Cotta und Carl Bertuch, dafür ein, dass der Kongress ein Verbot für den Nachdruck von Büchern erlasse.74 Mappes, Hadamar und der Graf von Kesselstadt waren aus Mainz angereist, um das Stapelrecht ihrer an der Mündung des Mains in den Rhein gelegenen Stadt zu sichern.75 Aus dem Bereich der nationalen Missionen ist jene von Matija Nenadović hervorzuheben. Er vertrat die serbische Unabhängigkeitsbewegung und versuchte, dem Streben der Serben nach einem eigenen Staat die Unterstützung der Großmächte zu sichern.76 Ebenfalls für einen eigenen Staat kämpften die zahlreichen in Wien versammelten Vertreter der polnischen Nation, die in Jerzy Czartoryski, einem Jugendfreund von Zar Alexander I., einen einflussreichen Fürsprecher hatten.77 Die jüdischen Gemeinden der Stadt Frankfurt a. M. beziehungsweise der Hansestädte Lübeck, Bremen und Hamburg entsandten zwei Delegationen nach Wien, um für die Rechte der 72 73

74 75 76 77

Vgl. Regoli, Cardinal Consalvi. Vgl. zur Situation von Neapel Stauber, Wiener Kongress, S. 156–161. Jarrett, Congress of Vienna, S. 133–136. Lentz, 1815, S. 264–270. In Kürze: Schneider, Königreich. Vgl. Neugebauer-Völk, Revolution. Vgl. Schütz, Mainzer Deputation. Vgl. Edwards (Hg.), The Memoirs. Vgl. Schneider, Polnische Akteure.

1.4. Abseits des Verhandlungstischs

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Juden zu kämpfen.78 Dies war dringlich, da die Munizipalverwaltungen die in der napoleonischen Zeit erfolgte weitgehende rechtliche Gleichstellung mit der christlichen Bevölkerung wieder rückgängig machen wollten. Auch der deutsche katholische Klerus – nach der napoleonischen Ära in sich gespalten – war durch verschiedene Vertretungen präsent: Auf der einen Seite traten die sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“, Wambold und Helfferich, im Namen des deutschen Klerus, aber ohne offizielles Mandat auf und kooperierten eng mit den Gesandten des Kirchenstaats. Sie traten für die Rückerstattung kirchlicher Güter ein und forderten eine weitgehende Unabhängigkeit der Kirche vom Staat. Stattdessen betonten sie den Primat Roms. Anders ausgerichtet war die Mission von Ignaz Heinrich von Wessenberg, einem Bruder des österreichischen Diplomaten Johann von Wessenberg, der als Generalvikar des Bistums Konstanz fungierte. Er setzte sich im Auftrag des ehemaligen Fürstprimas des Rheinbunds, Karl Theodor von Dalberg, für die Schaffung einer deutschen katholischen Nationalkirche unter der Leitung eines Primas sowie für den Abschluss eines alle deutschen Staaten umfassenden Konkordats ein. Dieses Konstrukt hätte den Einfluss Roms beschränkt und der deutschen katholischen Kirche weitgehende Autonomie gebracht.79 Allerdings beinhaltete auch dieses Konzept immer noch Einflussmöglichkeiten für den Papst, der als Oberhaupt der katholischen Kirche anerkannt wurde, sodass die Differenzen zwischen den beiden Delegationen nicht absoluter, sondern gradueller Natur waren.80 Die Liste der Anliegen, die von verschiedensten Parteien an den Wiener Kongress herangetragen wurden, ließe sich noch lange fortsetzen. Bereits anhand der genannten Beispiele wird allerdings die Aussage von Friedrich Gentz, dass zum „Publikum“ des Kongresses „auch drei Viertel der Congreßbevollmächtigten“ zu rechnen seien, konkret.81 In den meisten Fällen stand den Bevollmächtigten nicht einmal die Option einer Anhörung vor einem der offiziellen Gremien offen. Dementsprechend berichtete etwa der Flügeladjutant Zar Alexanders, Michailovski-Danilevski: „Die Schwächsten bemühten sich privatim und auf Nebenwegen die Stimmen ihren Vortheilen geneigt zu machen, während die Mächte, welche Armeen von Hunderttausenden zur Unterstützung ihrer Ansprüche besaßen, ruhig die Eröffnung der Sitzungen abwarteten.“82 So nutzten die von den Verhandlungen Ausgeschlossenen die Möglichkeiten, durch die Veröffentlichung von Denkschriften, die Eingabe 78 79 80 81 82

Vgl. Salo, Judenfrage. Penßel, Wiener Kongress. Vgl. Bischof, Einheit. Burkard, Wiener Kongress. Vgl. Vick, Congress of Vienna, S. 157–162. Gentz an Caradja, dat. 20. Dezember 1814; in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 476–479, hier S. 479. Michailowsky-Danilewsky, Erinnerungen, S. 80.

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1. Frieden organisieren. Der Kongress in der Praxis

von Memoranden und durch persönliche Audienzen bei wichtigen Persönlichkeiten auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Der dänische Außenminister Rosenkrantz etwa beschreibt in seinem Tagebuch mehrfach die langen Wartezeiten und seine Taktik, sich an strategisch günstigen Stellen zu positionieren, um „zufällig“ einen der Entscheidungsträger des Wiener Kongresses zu treffen.83 Neben solchen direkten Zusammentreffen war der Besuch von Festveranstaltungen und Salons von großer Bedeutung, um im Kommunikationsnetzwerk des Kongresses zu reüssieren.84 Um in Wien politische Ziele zu erreichen, waren neben der Legitimität und Plausibilität der Ansprüche, die zudem nicht den Machtinteressen der Großmächte zuwiderlaufen durften, Beziehungen – ob verwandtschaftlich oder freundschaftlich – unbedingt erforderlich. Brian Vick untersucht in seiner Studie zum Wiener Kongress detailliert die sozialen Beziehungen innerhalb verschiedener am Wiener Kongress präsenter Gruppierungen. Deutlich wird dabei nicht nur, wie dicht die Kommunikation zwischen den einzelnen Exponenten war, sondern auch der Umstand, dass die Parteien in ein weites Personennetzwerk eingebunden waren, das sich durch die zahlreichen Salons manifestierte.85 Prominente Persönlichkeiten wie Metternich bildeten Knotenpunkte der Kommunikation: An ihn wendete sich, wer seine Anliegen vor den Kongress bringen wollte. Die umfangreiche Sammlung von Eingaben, Petitionen und Denkschriften, die im Haus-, Hof- und Staatsarchiv liegt, zeugt davon. Hier finden sich so unterschiedliche Dokumente wie Bittschriften der österreichischen Judenschaft, Druckschriften gegen den Sklavenhandel oder Reklamationen italienischer Prinzen.86 Doch selbst prominente Unterstützer für die eigenen Anliegen waren keine Erfolgsgarantie, wie etwa der Fall der Vertreter der ehemaligen Reichsritterschaft – anwesend waren unter anderem die Herren von Degenfeld-Schönburg, von Hornstein, Rüdt von Collenberg und Zobel zu Giebelstadt – zeigt, die vom einflussreichen Johann Philipp Graf Stadion Rückhalt erhielten und dennoch mit ihrem Wunsch nach Wiederherstellung ihrer souveränen Herrschaftsrechte an den realpolitischen Gegebenheiten scheiterten. Wenn die Unterstützung von Einzelpersonen nicht ausreichte, um das angestrebte politische Ziel zu erreichen, bot der Zusammenschluss zu Interessensgemeinschaften eine Möglichkeit, den Einfluss zu steigern. Dies gelang, wie bereits angedeutet, erfolgreich im Falle der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. Weniger durchschlagskräftig erwies sich in der Praxis der „Verein der Mediatisierten“, der bereits 1813 ins Leben gerufen 83 84 85 86

Rosenkrantz, Tagebuch. Vgl. Kap. 2.3. und vor allem 3.1. Vick, Congress of Vienna, S. 111–152. Zu den Salons vgl. auch Kap. 3.1. ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 6 bis 16. Petition der Juden: Kart. 10, Fasz. 38; Sklavenhandel: Kart. 13, Fasz. 2/2; Reklamationen italienischer Prinzen: Kart. 14, Fasz. 2/3.

1.4. Abseits des Verhandlungstischs

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worden war und im Laufe des Kongresses zunehmend enger zusammenrückte, ohne das Schicksal der Mediatisierten abändern zu können.87 Andere Zusammenschlüsse, die während des Wiener Kongresses begründet wurden und die neben der politischen Implikation auch ein Zeichen für die zunehmende Selbstorganisation der Zivilgesellschaft darstellten, waren etwa die Adelsvereinigung „Die Kette“, welche die Wiederherstellung des alten Reichsadels anstrebte, die Wollzeilergesellschaft, welche sich auf Initiative Jakob Grimms der Sammlung von Märchen, Sagen und Volksliedern widmete, oder die „Gesellschaft der Musenfreunde zur Wiederherstellung und Beförderung der Wissenschaften in Griechenland“, die sich für die Unabhängigkeit Griechenlands vom Osmanischen Reich einsetzte.88 Insgesamt ist damit festzuhalten, dass Themen wie die griechische Frage, die Frage der serbischen Unabhängigkeit, der Rechte der Juden, das Problem des Büchernachdrucks oder des Sklavenhandels in Wien auf die Agenda einer breiten politischen Öffentlichkeit kamen. Die entstehenden Netzwerke und Verbindungen sind ungeachtet ihres konkreten politischen Erfolgs im Rahmen des Wiener Kongresses in ihrer Bedeutung für die Zukunft der jeweiligen Fragen nicht zu überschätzen.89 So waren auch abseits des Verhandlungstischs keineswegs alle Türen für eine zukunftsträchtige Verhandlungstätigkeit verschlossen, wenn auch in weniger direkter Form, als dies ein Eingang in die Kongressakte belegt. In jedem Fall aber galt: Wer nicht am Verhandlungstisch saß, musste im Wien der Kongresszeit viel unterwegs sein – wo dies möglich war, wird im Folgenden thematisiert werden.

87 88 89

Vgl. Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 314–320. Vgl. Schupp, Wollzeilergesellschaft. Kerschbaumer, Schönhärl, Wiener Kongress. Dies haben Kerschbaumer und Schönhärl am Beispiel der griechischen Frage eindrücklich nachgewiesen, vgl. ebd.

2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

2.1. VERHANDELN, DISKUTIEREN UND ENTSCHEIDEN: ORTE DER HOHEN DIPLOMATIE

Die während des Wiener Kongresses geführten Verhandlungen waren vielfältig und komplex, doch die verschiedenen Gesprächsfäden liefen an einem Ort zusammen: in der am Ballhausplatz gelegenen Staatskanzlei.90 In dem zwischen 1717 und 1719 von Johann Lucas von Hildebrandt errichteten Gebäude befanden sich nicht nur Kanzlei- und andere Amtszimmer, sondern auch die Wohn- und Arbeitsräume des österreichischen Außenministers Metternich. Diese lagen im zweiten Stock des Gebäudes91 und bestanden aus einem großen Empfangssaal, dem sogenannten Livreensaal, einem blauen Gesellschaftsraum, einem grünen Empfangssalon, einem Säulensaal mit Stuckatur, einem großen und einem kleinen Speisesaal, dem Arbeitszimmer, der Privatbibliothek, dem Audienzzimmer sowie den Schlafzimmern der Fürstin und des Fürsten. Im dritten Stock waren die Kinderzimmer sowie die Schlafräume für einen Teil der Dienerschaft untergebracht.92 Metternich hatte die Repräsentationsräume anlässlich des Wiener Kongresses neu ausstatten lassen. Aus Paris hatte er persönlich seidene Wandbespannungen, Tapeten und Bronzen mitgebracht.93 Die Bedeutung der Staatskanzlei für den Wiener Kongress kann kaum überschätzt werden: Hier wurden die meisten Sitzungen seiner wichtigsten Gremien – der Fünfer-Konferenz, der Achter-Konferenz sowie des Deutschen Komitees – abgehalten.94 Ebenfalls im Gebäude der Staatskanzlei wurde im November 1814 ein „bureau de protocole“ als allgemeine Kongresskanzlei eingerichtet.95 Diese war Sitz der bereits erwähnten Verifizierungskommission zur Überprüfung der Vollmachten der Delegierten. Auch die Akzessionskommission, welche den Beitritt der deutschen Fürsten und freien Städte zur am 25. März 1815 zwischen Österreich, 90 91

92 93 94 95

Heute: Bundeskanzleramt. Zur Geschichte des Gebäudes als österreichischer Erinnerungsort vgl. Brait, Bundeskanzleramt. Im ersten Stock befanden sich die Räumlichkeiten der Beamten der Staatskanzlei; im Erdgeschoß waren überwiegend Wirtschaftsräume untergebracht. Vgl. Mayr, Staatskanzlei, S. 7. Ebd., S. 7–8. McGuigan, Sagan, S. 335. Vgl. dazu Kapitel 1.2. Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 48.

2.1. Verhandeln, diskutieren und entscheiden: Orte der hohen Diplomatie

37

Staatskanzlei am Ballhausplatz; rechts ein Teil der Hofburg (ÖNB Wien)

Preußen, Russland und Großbritannien geschlossenen Allianz gegen Napoleon umzusetzen hatte, trat in der Staatskanzlei zusammen – erstmals am 12. April 1815.96 Als Konferenzraum diente ein längliches, schmales Zimmer vor dem Arbeitszimmer Metternichs, aber auch die Privatbibliothek Metternichs wurde in das Kongressgeschehen mit einbezogen: Hier erfolgte die Unterzeichnung der Schlussakte am 9. Juni 1815.97 Die Einzelexemplare des Dokuments wurden, wie bereits erwähnt, am 19. Juni im Vorzimmer von Metternichs Kabinett in der Staatskanzlei unterschrieben und besiegelt.98 Die Orte der Zusammenkünfte der übrigen Kommissionen, die zum Teil nur wenige Sitzungen abhielten, sind häufig kaum, teilweise gar nicht zu identifizieren. Wahrscheinlich ist, dass die Sitzungen oft in der Unterkunft des jeweiligen Kommissionsvorsitzenden stattfanden. So tagte etwa die Rangkommission bei ihrer ersten Zusammenkunft am 16. Dezember 1814 im Quartier des spanischen Gesandten Labrador am Minoritenplatz.99 Vielfach scheint es, als ob die Gespräche einzelner Kommissionen an verschiedenen Orten stattgefunden hätten. 96 97 98 99

Mayr, Aufbau, S. 112. Brait, Bundeskanzleramt, S. 178. Mayr, Staatskanzlei, S. 8. Mayr, Aufbau, S. 120. Vgl. Kap. 1.3. Ebd., S. 103. Laut Guide des Etrangèrs, S. 6 und 13, hatte Labrador im selben Haus wie Castlereagh Quartier genommen. Allerdings ist dieser Führer nicht immer zuverlässig: Der bayerische Minister Maximilian von Montgelas etwa, der als Mitglied der bayerischen Deputation genannt wird, kam nicht zum Kongress nach Wien.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Arbeitszimmer Metternichs (ÖNB Wien)

­ ardenberg berichtet in seinem Tagebuch von Sitzungen der Rangkommission, H die am 9. und 10. Februar in seiner Unterkunft durchgeführt worden wären – zudem hätte man sich am 10. noch bei Metternich eingefunden, um dort „sur le Protocolle“ zu beraten.100 Allerdings verschweigt der preußische Staatskanzler die Teilnehmer dieser Sitzungen. Daher scheint es möglich, dass es sich bei den Zusammenkünften in seinem Quartier um vorbereitende Besprechungen der preußischen Delegation gehandelt hatte. An wechselnden Orten tagte auch die Abolitionskommission. Am 17. Jänner 1815 fand eine Vorbesprechung in den Räumlichkeiten Castlereaghs am Minoritenplatz statt.101 Zwischen dem 20. Jänner und dem 8. Februar versammelten sich die Mitglieder der Kommission zu insgesamt vier Sitzungen, vermutlich teilweise ebenfalls in Castlereaghs Quartier. Zumindest eine Zusammenkunft scheint jedoch im Konferenzzimmer des Ballhausplatzes stattgefunden zu haben.102 Weitgehend unklar ist, wo sich die 18 Sitzungen abhaltende Schweizer Kommission versammelte. Nur eine Quellenstelle konnte eruiert werden, nach wel100 Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 816 101 Mayr, Aufbau, S. 102, der sich auf Berichte Binders bezieht. 102 Humboldt an Caroline, dat. Wien 8. Februar 1815; in: Sydow (Hg.), Wilhelm und Caroline, Bd. 4, S. 467.

2.1. Verhandeln, diskutieren und entscheiden: Orte der hohen Diplomatie

39

cher die Mitglieder am 13. März 1815 bei Lord Stewart, dem britischen Botschafter, konferierten.103 Die Rückkehr Napoleons nach Frankreich und die Deklaration der acht Signatarmächte des Pariser Friedens vom 13. März 1815, in welcher ein Feldzug gegen den Korsen angekündigt wurde, zog eine Reihe von Zusammenkünften nach sich, in welchen militärische Fragen behandelt wurden. Eine zentrale Position bei diesen Gesprächen hatte der am 1. Februar in Wien eingetroffene Lord Wellington inne. Er übernahm den Vorsitz der Militärkommission, die zwei Sitzungen in seinem Quartier abhielt.104 Eine weitere Zusammenkunft fand in der Unterkunft des russischen Fürsten Petr Mikhajlovič Volkonskij in der Hofburg statt.105 Neben den Verhandlungen der offiziellen Kommissionen und Komitees kam es vor allem zwischen Oktober und Dezember 1814 zu einer Vielzahl von informellen Besprechungen und Konferenzen. Am 1. Oktober 1814 etwa suchte Hardenberg Metternich in seinem Palais am Rennweg auf. Die beiden Herren befanden sich im Garten des Anwesens und hielten „dort Conferenz [...] über Pohlen und Sachsen“.106 Die Gespräche zwischen dem preußischen Staatskanzler und dem österreichischen Außenminister dürften Anfang Oktober ausgesprochen intensiv und zeitraubend gewesen sein, wie etwa der Verlauf des 5. Oktobers 1814 zeigt: Erst konferierten die beiden Herren miteinander an einem nicht genannten Ort, wahrscheinlich jedoch in der Staatskanzlei. Anschließend dinierte Hardenberg bei Metternich, bevor erneut eine Konferenz am Ballhausplatz stattfand.107 Freilich fanden Besprechungen nicht ausschließlich bei Metternich statt – so etwa lud Castlereagh am 23. Oktober zu einem Treffen, um über die polnische Frage zu beraten.108 Bei Humboldt versammelten sich die Vertreter der vier alliierten Mächte am 1. November, um den weiteren Verlauf des Kongresses zu besprechen.109 Zar Alexander wiederum lud Hardenberg am 5. November zu einer Konferenz „sur les aff[aires] du Congrès, de Saxe, de Pologne, d’Italie“110 in die Hofburg. Neben den Treffen der offiziell an den Verhandlungen beteiligten Staatsmänner konstituierten sich inoffizielle Interessensvertretungen und politische Gruppierungen – etwa die „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und 103 Humboldt an Caroline, dat. Wien 13. März 1815; in: ebd., S. 493. Stewart logierte nach dem Guide des Etrangèrs, S. 7, am Minoritenplatz. 104 Mayr, Aufbau, S. 109 – hier weitere Literatur. 105 Ebd., S. 110. 106 Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 799. 107 Ebd., S. 800. 108 Ebd., S. 802. 109 Ebd., S. 803. 110 Ebd., Hardenberg, S. 803.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Freien Städte“.111 Nachdem bei Mittagstafeln in verschiedenen Gaststätten erste Gespräche stattgefunden hatten, trafen sich die Mitglieder seit dem 14. Oktober 1814 in verschiedenen Privatquartieren der Delegierten; so etwa bei Gagern oder bei Türkheim.112 Die Verhandlungen während des Wiener Kongresses waren also auch räumlich nicht zentral organisiert. Insbesondere in den ersten Monaten fanden kaum offizielle Sitzungen mit einem definierten Teilnehmerkreis statt – vielmehr wurden die politischen Fragen auf allen Ebenen im Weg von Denkschriften und Ad-hoc-Zusammenkünften an nicht festgelegten Orten diskutiert. Erst als sich im Laufe der Wochen die einzelnen Konferenzen, Komitees, Kommissionen und Interessensverbände bildeten, kristallisierten sich auch die einzelnen Tagungsorte heraus: die Staatskanzlei für die zentralen Gremien und einige weitere Kommissionen, sowie die privaten Unterkünfte einzelner Bevollmächtigter für die meisten der Subkommissionen und die informellen Zirkel. In dieser räumlichen Zersplitterung zeigt sich deutlich die improvisierte Verhandlungsstruktur des Wiener Kongresses, die ihre endgültige Form erst im Verlauf der Gespräche selbst annahm. 2.2. WO DIE MÄCHTIGEN NÄCHTIGEN

Der Wiener Kongress lockte Diplomaten und Staatsmänner, Interessensvertreter und Lobbyisten, Abenteurer und Schaulustige aus ganz Europa in die österreichische Haupt- und Residenzstadt. Die genaue Zahl der Besucher ist nicht mehr zu rekonstruieren – in den Quellen und der Literatur ist immer wieder von etwa 100.000 Personen die Rede, welche im damals etwa 250.000 Einwohner zählenden Wien einquartiert waren. Die wenigsten Fremden waren von höchstem und hohem Stand – der größte Teil der anlässlich des Kongresses nach Wien kommenden Personen waren Kammerdiener, Kutscher, Zofen oder sonstige Bedienstete, die im Gefolge ihrer Herrschaften in die Stadt strömten.113 Eine große Gruppe bildeten zudem die politischen Berater, Schreibkräfte und das sonstige Kanzleipersonal, das bei den Verhandlungen assistierte. Die Stadt war überfüllt, sodass Justus Erich Bollmann einen Freund im Dezember 1814 warnte: „Wenn Du noch irgendeine passable Wohnung hier finden willst, so mußt Du mit Deiner Ueberkunft eilen, denn alles ist bis unter die Dächer mit Fremden vollgestopft.“114 Doch nicht nur Menschen mussten untergebracht werden, sondern 111 112 113 114

Vgl. Kap. 1.4. Vgl. Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 106–110. Ders., Lübeck, S. 32. Zamoyski, Rites, S. 255. Oppermann, Hundert Jahre, Bd. 5, S. 220.

2.2. Wo die Mächtigen nächtigen

41

Ankunft von Kongressteilnehmern in Wien, Abbildung aus dem Eipeldauer (ÖNB Wien)

auch der Fuhrpark der Gäste, die häufig mit eigenen Kutschen und Pferden in Wien eintrafen.115

Die Gäste des Kaisers Der österreichische Hof organisierte nicht die Unterbringung aller ausländischen Staatsmänner; nur Kaiser und Könige (und Mitglieder des jeweiligen Hofstaats) sowie Mitglieder der habsburgischen Dynastie wurden – nach Maßgabe des vorhandenen Platzes – in der Hofburg und anderen imperialen Residenzen untergebracht. In der Hofburg logierten neben Kaiser Franz I. und dessen Gemahlin Kaiserin Maria Ludovika dessen Verbündete: der russische Zar Alexander I. sowie der preußische König Friedrich Wilhelm III. Zar Alexander befand sich in Begleitung seiner Gemahlin Elisabeth sowie seines Bruders, des Großfürsten Konstantin. Des Weiteren lebten während des Kongresses noch seine beiden Schwestern, Katharina Pavlovna, verwitwete Herzogin von Oldenburg, sowie Maria Pavlovna, Gattin des Erbprinzen von Sachsen-Weimar-Eisenach, in der Burg. Katharina Pavlovna war, gemeinsam mit ihrem Sohn, in unmittelbarer Nähe ihres kaiserlichen Bruders untergebracht. Neben den alliierten Herrschern und deren Familienmitgliedern war zudem König Friedrich VI. von Dänemark, der sich erst im Jänner 1814 von Napoleon 115

Vgl. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 17.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Raumverteilung im Schweizertrakt der Hofburg (ÖStA Wien) a: Zar von Russland, b: Zarin von Russland, c: Herzogin von Oldenburg, d: Prinz von Oldenburg

abgewandt hatte,116 in der Hofburg einquartiert. Und noch weitere ehemalige Par­ teigänger Napoleons wurden hier untergebracht: König Maximilian I. Joseph von Bayern und König Friedrich I. von Württemberg (der nur bis zum 26. Dezember 1814 in Wien blieb) hatten allerdings bereits 1813 die Fronten gewechselt.117 Eine gewisse Verlegenheit verursachte die Ankunft des preußischen Prinzen Wilhelm, der ebenfalls in der Hofburg logieren sollte, und der nicht in bestem 116 117

Mit dem Friedensvertrag von Kiel vom 14. Jänner 1814. Vgl. Kinzler, Kieler Frieden. Vgl. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 12–13.

2.2. Wo die Mächtigen nächtigen

43

Einvernehmen mit seinem königlichen Bruder stand. Humboldt war besorgt: „Man will [...] ihm Zimmer geben, die nahe an denen des Königs sind, weshalb ich anstehe, ob er sie wird bewohnen wollen, da leicht beide sich gegenseitig genieren.“118 Da die Hofburg bereits dicht mit gekrönten Häuptern besetzt war, existierten kaum mehr freie Räumlichkeiten. Andererseits war es im September 1814 nicht mehr möglich, in der Stadt eine angemessene Wohnung für den Prinzen anzumieten, sodass er schließlich doch wie geplant unterkam.119 Alle diese Gäste verursachten eine einmalige Situation in der Hofburg. Der Flügeladjutant Zar Alexanders, Alexander Ivanovič Michailovski-­Danilevski, beschrieb die Lage folgendermaßen: Er traf „[a]lles in der größten Aufregung an [...], so wie es in einem Privathause, am Tage vor einer großen Schmauserei, herzugehen pflegt. [...] In langen Corridoren und geräumigen Sälen begegneten sich Personen aus allen Europäischen Ländern, mithin alle Sprachen redend und in allen möglichen Uniformen, so daß es in der ersten Zeit eine vollständige Maskerade zu sein schien; es fehlten nur noch der Papst und der Sultan.“120 Die Unterbringung und Verpflegung der Souveräne und deren engster Entourage stellte für die Hofämter eine bisher nicht dagewesene Herausforderung dar. Der Wiener Hof beschäftigte 1500 Personen zusätzlich, um die durch den Kongress entstehenden Arbeiten zu bewältigen. Ein höherer Personalstand war für die Reinigung der Zimmer ebenso notwendig wie für die Leerung der Nachttöpfe, die Herbeischaffung von Brennholz, von kaltem und warmem Wasser sowie von Kerzen, um die Räumlichkeiten zu beleuchten. Großer Aufwand wurde in der Hofküche betrieben, da den Gästen sowohl um 14.00 Uhr als auch um 22.00 Uhr (abhängig vom Tagesablauf) mehrgängige Mahlzeiten serviert wurden.121 Darüber hinaus bedurfte der massiv angewachsene Fuhrpark des Hofes einer Personalaufstockung. Über 100 neue Kutschen, einheitlich dunkelgrün lackiert und mit dem habsburgischen Wappen geschmückt, waren im Vorfeld des Kongresses angeschafft worden. Entsprechend musste der Pferdestand erhöht werden, um den Gästen jederzeit einen Wagen zur Verfügung stellen zu können. Die Vergabe der Kutschen erfolgte durch ein ausgeklügeltes System über die Ausgabe von Reservierungsscheinen.122 Die in der Hofburg untergebrachten Monarchen lebten während des Wiener Kongresses „fein bürgerlich und sittlich mit den Ihrigen“, beobachtete Karl von 118

Humboldt an Caroline, dat. Wien 21. September 1814; in: Sydow (Hg.), Wilhelm und Caroline, Bd. 4, S. 386. 119 Ebd. 120 Michailowsky-Danilewsky, Erinnerungen, S. 76. 121 Zamoyski, Rites, S. 253. 122 Vgl. dazu ausführlich Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 14–18.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Nostitz, Militär und Mitglied der russischen Delegation.123 Der König von Dänemark war mit dem Empfang und der Unterkunft in Wien äußerst zufrieden und betonte die angenehme Atmosphäre in der Hofburg: „On me traite comme si j’étais un des membres de la famille impériale et tout le monde me témoigne de l’amitié et de la confiance“,124 berichtete er seiner Gattin unmittelbar nach seiner Ankunft. Weniger zufrieden war man in Wien allerdings mit dem Verhalten der in der Burg untergebrachten russischen Gäste. Gerüchte über ihre wenig ausprägten Hygienestandards machten ebenso die Runde wie Klagen über ihr schlechtes Benehmen sowie die Gewohnheit, trotz offiziellen Verbots ständig junge Mädchen in ihre Gemächer zu schmuggeln.125 Fürst Petr Mikhajlovič Volkonskij etwa ließ beinahe täglich die neunzehnjährige Josephine Wolters zu sich rufen. Diese trug zu diesen Anlässen Männerkleidung, um nicht durch die Burgwachen am Eintritt gehindert zu werden.126 Doch nicht nur in der Hofburg, sondern auch im Schloss Schönbrunn wurden während des Wiener Kongresses hohe Gäste einquartiert. In der damals weit vom Stadtzentrum entfernten kaiserlichen Sommerresidenz fanden jene Personen Logis, deren Anwesenheit in Wien aus politischen Gründen wenig angebracht erschien: Marie Luise, Gattin Napoleons, ehemalige Kaiserin der Franzosen und die Tochter Kaiser Franz’ I., logierte hier mit ihrem Sohn, Napoleon Franz Bonaparte. Der damals knapp drei Jahre alte Knabe erlangte rasch den Status einer Besucherattraktion für die zahlreichen Zaungäste des Kongresses. Kaum jemand wollte sich die Gelegenheit entgehen lassen, einen Blick auf den Sohn des entthronten französischen Herrschers zu werfen.127 Nachdem in Wien am 7. März 1815 die Nachricht von Napoleons Flucht von Elba eingetroffen war, schien aus staats- und sicherheitspolitischen Gründen die Unterbringung des kleinen Bonaparte im Stadtzentrum, in der Hofburg, angezeigt.128 Noch verfügte Napoleon über Anhänger in Wien, die möglicherweise ein unerwünschtes Interesse am legitimen Nachfolger des Kaisers der Franzosen entwickeln hätten können. Die in Wien stationierten italienischen Regimenter etwa „bezeigen dem kleinen Napoleon einen wahren Enthusiasmus; wo sie ihn in der Kutsche oder am Fenster entdecken, da schreien sie: ‚Evviva il nostro 123 Nostiz, Leben und Briefwechsel, S. 173. 124 König Christian VI. an seine Gattin, dat. Wien 23. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 104. 125 Göhausen an Hager, dat. Wien 9. November 1814; in: ebd., S. 498. 126 Bericht an Hager, dat. Wien 12. Oktober 1814; in: ebd., S. 272. 127 Vgl. z. B. La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 125–136. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 31–34. 128 Vgl. Göhausen und Weyland an Hager, dat. Wien 19. März 1815; in: Weil, Dessous, Bd. 2, S. 351. Weyland an Hager, dat. Wien19. März 1815; in: ebd., S. 357.

2.2. Wo die Mächtigen nächtigen

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­Napoleone!’“129 Tatsächlich kursierten Gerüchte über eine geplante Entführung des Kindes, welche angeblich durch einen gewissen Oberst Anatol de Montesquiou ausgeführt werden sollte. Die Pläne wurden durchkreuzt, der Oberst ausgewiesen und seine Mutter, welche die Erzieherin des Knaben war, verabschiedet.130 Ebenfalls in Schloss Schönbrunn waren Erbprinz Anton von Sachsen sowie dessen Gattin Marie Therese, eine Tochter Kaiser Leopolds II., untergebracht. Der Aufenthalt des Paares in Wien entbehrte aufgrund des prekären Status’ des Königreichs Sachsens nicht einer gewissen Brisanz. Während des Wiener Kongresses hielt sich das sächsische Thronfolgerpaar diskret im Hintergrund. Auch der König von Sachsen selbst, Friedrich August I., nahm – nach preußischer Gefangenschaft und vorübergehendem Quartier in Pressburg/Bratislava – ab Anfang Mai 1815 an den Verhandlungen teil. Untergebracht war Friedrich August I. freilich nicht in der Haupt- und Residenzstadt oder in Schönbrunn, sondern im etwa 20 km südlich von Wien gelegenen Schloss Laxenburg.131 Die politische Distanz zwischen den Alliierten und dem sächsischen Herrscher drückte sich, ebenso wie bei Erzherzogin Marie Luise sowie dem Erbprinzenpaar von Sachsen, in der räumlichen Entfernung aus. Quartiere in der Stadt Nur ausgewählte Gäste wurden, wie oben ausgeführt, in der Hofburg einquartiert. Die meisten deutschen Fürsten mussten sich hingegen selbstständig eine Unterkunft besorgen und dafür aufkommen. Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach etwa mietete eine aus 12 bis 13 Zimmern bestehende Unterkunft im „Müllerischen Gebäude am rothen Thurm“. Die Räumlichkeiten bestachen durch ihre hervorragende Aussicht aus dem zweiten Stock auf den Donaukanal und das Treiben an seinen Ufern. Die Urteile über diese Wohnung fielen gemischt aus: Während ein Mitglied der herzoglichen Entourage „das Logis [als] anständig“ einschätzte, mäkelte der Herzog selbst, es wäre „assez médiocre“.132 Der Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, der sich aufgrund seines militärischen Einsatzes gegen Napoleon großer Bekanntheit erfreute,133 hatte keine Wohnung in der Stadt selbst, sondern in der Vorstadt in der Praterstraße gefunden.134 Der Kurfürst von Hessen-Kassel bezog Räumlichkeiten auf der Seilerstätte, an der Ostseite der Innenstadt, während Ernst III., Herzog von 129 Konfidentenbericht zum Vortrag vom 6. Mai 1815, dat. Wien 5. Mai 1815; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 467. 130 McGuigan, Sagan, S. 419–420. 131 Patzer (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 99. 132 Egloffstein, Carl August, S. 19. 133 Vgl. Multhoff, Friedrich Wilhelm, S. 502. 134 Vgl. Guide des Etrangèrs, S. 11.

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S­ achsen-Coburg-Saalfeld, mit seinen Brüdern Ferdinand und Leopold in der Oberen Bäckerstraße logierte.135 Auch die diplomatischen Gesandten und Staatsmänner hatten für ihre Quartiere selbst aufzukommen. Abhängig vom Charakter und den Vorlieben der Gesandten, wie auch vom Selbstverständnis ihrer jeweiligen Regierung sowie deren finanziellen Möglichkeiten waren die Unterkünfte in Größe und Ausstattung äußerst heterogen. Die Bandbreite reichte von ganzen Palais über ausgesprochen großzügig bemessene Wohnungen bis zu ein oder zwei Zimmern in Privatwohnungen oder Gasthäusern. Die bevorzugte Adresse der Politiker, Staatsmänner und Diplomaten war die Innere Stadt; Unterkünfte außerhalb der Stadtmauern, in den Vorstädten, galten als nicht standesgemäß.136 Dementsprechend zeigt das anlässlich des Kongresses gedruckte Adressenverzeichnis „Guide des Etrangèrs“, dass die größte Zahl der Delegierten eine Wohnung im Bereich des heutigen Ersten Bezirks angemietet hatte; einzelne Personen allerdings wohnten auf der Wieden,137 sowie in der Jägerzeile (heute: Praterstraße)138 und in der Taborstraße.139 Freilich sind die Angaben in diesem Mitte Oktober 1814 erschienen Adressverzeichnis nicht immer richtig. Auch wenn der Zeitungsverleger Johann Friedrich Cotta begeistert auf die Publikation dieses nützliches Hilfsmittels reagierte,140 fällte der Staatsrechtler Johann Ludwig Klüber in seiner zeitnahen Publikation der Akten des Wiener Kongresses das ernüchternde Urteil: „sehr mangelhaft in aller Hinsicht“.141 Die Mietpreise der Wohnungen waren erheblich gestiegen, seit bekannt geworden war, dass der Kongress in Wien stattfinden würde. Zudem herrschte in Wien ein grundsätzlicher Mangel an Wohnraum. Bereits im Juni 1814 kletterten die Preise für kleine Wohnungen in der Inneren Stadt, „bestehend aus Zimmer, Kammer und Küche im dritten oder vierten Stockwerk“ auf mindestens 300 Gulden jährlich.142 Bis zum September stiegen die Mieten noch weiter: Für ein möbliertes Zimmer wurden bis zu 500 Gulden nicht mehr jährlich, sondern 135 Vgl. ebd., S. 31. 136 Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 84. 137 Heute: Vierter Bezirk. Hier hatte etwa der Gesandte Hessen-Kassels, Dorotheus Ludwig Christian Graf von Keller ein Quartier in der Alleegasse (heute: Argentinierstraße) 79 angemietet. Vgl. Guide des Etrangèrs, S. 17. 138 Wilhelm Justus Eberhard von Schmidt-Phiseldeck hatte sein Quartier in der Taborstraße. Vertreter der italienischen Staaten und des Königs von Neapel Joachim Murat, wie auch einer der schwedischen Delegierten wohnten in der Leopoldstadt in der Praterstraße; vgl. Guide des Etrangèrs, S. 11, 13, 20, 33. 139 Heute beide Straßen im Zweiten Bezirk. 140 AZ Nr. 301 vom 28. Oktober 1814. 141 Klüber, Acten, Bd. 6, S. 586. 142 Fournier, Geheimpolizei, S. 161 (FN).

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pro Monat verlangt.143 Angesichts dieser Teuerungskurve konnten der Lübecker Gesandte Johann Friedrich Hach und der Genfer Bevollmächtigte und Bankier Jean-Gabriel Eynard noch eine vergleichsweise günstige Unterkunft mieten, auch wenn sich beide über die Preise beklagten. Hach war am 17. September in Wien eingetroffen. Nach einigen Tagen intensiver Suche fand er schließlich um 500 Gulden monatlich eine repräsentative Wohnung mit vier Zimmern sowie einem Vorzimmer am Graben, Nr. 662.144 Eynard, der mit seiner Gattin nach Wien gereist war, hatte bereits im Voraus über einen Bekannten eine Unterkunft reserviert. Die Wohnung bestand aus drei kleinen Zimmern und kostete 600 Gulden pro Monat.145 Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach hatte für seine 12 bis 13 Zimmer umfassende Wohnung einen Mietzins von 1500 Gulden (wohl pro Monat) zu entrichten – einen Preis, welchen Mitglieder seiner Entourage als durchaus „wohlfeil“ beurteilten.146 Die Aufforderung der österreichischen Regierung an die Bevölkerung, Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, brachte Anfang 1815 eine vorübergehende Entspannung des Wohnungsmarkts. Die Bereitschaft, Platz zu schaffen und Zimmer zu vermieten, war durchaus vorhanden: „Menschen, die kurz vorher über Mangel an Raum für sich und ihre Familien geklagt hatten, fanden auf einmal Platz genug, einen oder zwei Fremde für monatlich hundert oder auch zweihundert bis dreihundert Gulden und darüber zu beherbergen.“147 Lange Verzeichnisse mit verfügbaren Zimmern und Wohnungen wurden in der Folge publiziert. Da jeder Wohnungsbesitzer an den hohen Mietpreisen verdienen wollte, war paradoxerweise und entgegen dem allgemeinen Trend kurzfristig sogar ein Überangebot an Quartieren zu verzeichnen.148 Insgesamt war die Wohnungsnot in erster Linie ein Phänomen der Anfangszeit des Wiener Kongresses. In den ersten Novembertagen scheinen zahlreiche Schaulustige, die keine weiteren Geschäfte zu erledigen hatten, die Stadt bereits wieder verlassen zu haben. Sie hatten ihre Ziele, nämlich die Monarchen und andere prominente Persönlichkeiten von Angesicht zu Angesicht zu sehen, sowie einer der Feierlichkeiten beizuwohnen, erreicht. Am 3. November meldete daher die Augsburger Zeitung: „Schon ­stehen viele Wohnungen wieder leer, und in den Speisehäusern ist hinlänglicher Raum.“149 143 144 145 146 147

Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 84. Ders., Lübeck, S. 26. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 3. Egloffstein, Karl August, S. 19. Stimmungsbericht zum Vortrag vom 28. Februar 1815, dat. Wien 26. Februar 1815; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 404. 148 Ebd. 149 AZ Nr. 307 vom 3. November 1814.

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150 151 152 153 154 155 156

Schmidt an Hager, dat. 7. Oktober 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 239. Varnhagen, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 246. Ebd., S. 232. La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 375. Potthoff, Kossenhaschen, Deutsche Gaststätte, S. 180. La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 375. Vgl. Guide des Etrangèrs, S. 9–11, 21.

Die Teuerung – die nicht nur Unterkünfte, sondern auch Dinge des täglichen Bedarfs betraf – bereitete vor allem den Delegierten der kleinen Höfe sowie der mediatisierten Herrschaften und Freien Städte finanzielles Ungemach. Bereits Anfang ­Oktober 1814 berichtete die Geheimpolizei über deren Klagen und Geldnöte.150 Doch selbst Gäste, die über eine ausreichende finanzielle Ausstattung verfügten, aber am Zenit der Wohnungsknappheit im Oktober in Wien eintrafen, sahen sich bei der Beschaffung eines Quartiers vor große Schwierigkeiten gestellt, denn die für Diplomaten akzeptablen Räumlichkeiten waren zum größten Teil vergeben. Diesem Problem hatten sich beispielsweise Karl August und Rahel Varnhagen zu stellen. Während für Karl August bereits frühzeitig im „Gasthaus zur Österreichischen Kaiserin“ ein Zimmer reserviert worden war, traf Rahel erst gegen Ende Oktober, von Berlin kommend, in der Kaiserstadt ein. Zwar war es Karl August gelungen, eine angemessene Wohnung zu mieten, doch wurde ihm die Übernahme derselben „widerrechtlich“ verweigert. Nach längerer Suche konnte Rahel schließlich vorübergehend eine beengte und schmucklose Unterkunft im Savoy’schen Damenstift beziehen.151 Zahlreiche Delegierte mieteten sich keine eigene Wohnung, sondern quartierten sich in Gasthäusern ein. Beliebt war beispielsweise das bereits erwähnte „Gasthaus zur Österreichischen Kaiserin“, wo nicht nur einzelne Mitglieder der preußischen Delegation, so etwa der erwähnte Karl August Varnhagen,152 logierten, sondern auch Diplomaten verschiedener mindermächtiger Staaten. Zudem etablierte sich hier, abseits der im exklusiven Kreis der Großmächte durchgeführten Verhandlungen, ein offener gesellschaftlicher Zirkel. Vertreter verschiedener Staaten und souveräner Herrschaften sowie „Personen von Bedeutung, welche sich der prunkenden Etikette der Diners des österreichischen Hofes entziehen wollten“,153 gaben sich „zur Tischzeit“ im großen Saal ein Stelldichein.154 Die Gespräche bestachen, so der französische Autor La Garde, nicht durch ihr politisches Niveau, sondern durch den „Aufwand von Witz, Geist und Sarkasmen“.155 Als Quartiere wurden zudem der „Römische Kaiser“, die „Ungarische Krone“, die Adresse Bauernmarkt 617 oder die bereits erwähnte Müllersche Galerie häufig und gerne genutzt. Auch das Bürgerspital, ursprünglich Wohnort der städtischen Armen und Kranken, diente als Unterkunft für Mitglieder der diplomatischen Abordnungen. Hier waren einzelne bayerische, dänische oder oldenburgische Delegationsangehörige untergebracht.156

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Das prachtvollste und repräsentativste Quartier außerhalb der kaiserlichen Residenzen bezog wohl der britische Außenminister Castlereagh. Er kam am 13. September 1814 in Begleitung seiner Gattin sowie deren Schwester in Wien an und mietete vorerst eine Etagenwohnung im Haus „Im Auge Gottes“ am Petersplatz.157 Die Unterkunft, die über 14 Zimmer verfügte,158 erwies sich jedoch angesichts der zahlreichen gesellschaftlichen und repräsentativen Verpflichtungen des britischen Außenministers als unzureichend. Wie ein Agent der Geheimpolizei berichtete, war Castlereagh „très mécontent de l’installation qu’on lui a donné [...]“.159 Daher übersiedelte er in die erste Etage des Gebäudes am Minoritenplatz Nr. 50. Dort befand sich eine 22-Zimmer-Wohnung, die seinen Ansprüchen eher gerecht wurde.160 An Mietkosten fiel pro Monat die stattliche Summe von 500 Pfund bzw. 2400 Gulden161 an; damit war ein großer Teil des von der britischen Regierung bewilligten Reisebudgets von 15.000 Pfund für diesen Posten zu kalkulieren.162 Unter der Adresse am Minoritenplatz war neben Castlereagh und seiner Familie auch ein Teil der britischen Delegation untergebracht. Darüber hinaus logierten hier Mitglieder der spanischen Deputation, wie etwa der bevollmächtigte Minister Labrador. Dieser bezog die Wohnung des spanischen Geschäftsträgers in Wien, Chevalier Perez de Castro, der vorübergehend in eine Mietwohnung in der Altlerchenfelderstraße zog. Zudem stellte er dem spanischen Vertreter seine Kutsche zur Verfügung.163 Nur ein Haus weiter, am Minoritenplatz Nr. 51, hatte sich darüber hinaus ein Teil der Gesandtschaft des Königreichs Sizilien, welche die bourbonische Ansprüche vertrat,164 einquartiert. 157 In der Wiener Innenstadt trugen zur Zeit des Kongresses zwei Häuser den Hausnamen „Im Auge Gottes“: das Gebäude Petersplatz 8 und jenes mit der Adresse Mölkersteig 2. Die von Lady Castlereagh gegebene Wegbeschreibung, wie auch der Umstand, dass der britische Bevollmächtigte laut Guide des Etrangèrs im Haus „Auge Gottes“ am „Peter“ wohnte, lässt auf das Haus am Petersplatz schließen; vgl. Harrer, Wien, Bd. 1, S. 190, Bd. 7, S. 147. Metternich an Lorel, Wien, 15. September 1814, zit. nach McGuigan, Sagan, S. 320. 158 Siber an Hager, dat. Wien 27. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 128. 159 Rapport an Hager, dat. Wien 16. September 1814; in: ebd., S. 84. 160 Nicolson, Wiener Kongress, S. 151–152. Siber an Hager, dat. Wien 27. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 128. 161 Hundt, Mindermächtige Staaten, S. 84. 162 Zamoyski, Rites, S. 262. 163 Bericht über die Überwachung des Chevalier de Castro, dat. Wien 22. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 78. Guide des Etrangèrs, S. 12–13. 164 Auch der von Napoleon eingesetzte König von Neapel, Joachim Murat, hatte eine Delegation nach Wien geschickt, um seine Ansprüche vertreten zu lassen. Deren Mitglieder waren an verschiedenen Adressen in der Innenstadt untergebracht. Vgl. Guide des Etrangèrs, S. 20.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Castlereagh reiste am 14. Februar 1815 zur Eröffnung der Parlamentssitzung nach London ab und wurde als Leiter der britischen Delegation durch Wellington ersetzt. Der Sieger von Vittoria war bereits am 1. Februar in Wien eingetroffen und nahm in den 14 Tagen bis zur Abreise Castlereaghs in der britischen Botschaft in der Johannesgasse sein Quartier.165 Damit befand er sich in unmittelbarer Nähe zur diplomatischen Vertretung Frankreichs und in der Nachbarschaft des französischen Bevollmächtigten Talleyrand. Nachdem aber die herrschaftliche Wohnung am Minoritenplatz frei geworden war, übersiedelte er166 und wohnte dort bis zu seiner Abreise aus Wien am 29. März. Nicht nur Großbritannien, sondern auch das geschlagene Frankreich bedurfte einer repräsentativen Vertretung auf dem Wiener Kongress. Daher ließ sich der französische Bevollmächtigte Talleyrand unter anderem vom damals berühmtesten Koch der Welt, Marie-Antoine Carême,167 sowie dem Musiker und ehemaligen Mitarbeiter von Joseph Haydn, Sigismund von Neukomm, begleiten. Er reiste zudem in Begleitung der Gattin seines Neffen, Dorothea de Talleyrand-Périgord,168 welche seinen Haushalt führte. Die junge, schöne Comtesse besaß Witz und Geist und war eine unterhaltsame Gesellschafterin. Darüber hinaus verfügte sie als geborene Prinzessin von Kurland über hervorragende gesellschaftliche Verbindungen.169 Talleyrand nahm, gemeinsam mit zwölf engen Mitarbeitern, Quartier im Palais Kaunitz in der Johannesgasse, in unmittelbarer Nähe des Stephansdoms.170 Dieses ehrwürdige Gebäude hatte allerdings bereits seit längerer Zeit keine hohen Gäste mehr beherbergt und befand sich in desolatem Zustand. Die Innenausstattung war heruntergekommen und entsprach nicht den Erwartungen der Gäste: Betten und Matratzen etwa waren den Motten anheimgefallen und mussten ersetzt werden.171 Bescheidener war das Quartier des preußischen Delegationsleiters Karl ­August von Hardenberg. Dieser logierte zentral am Graben Nr. 1188 in einer Wohnung im sogenannten Spielmann’schen Haus.172 Hardenberg wurde bei den Verhandlungen von Wilhelm von Humboldt unterstützt, der bereits am 8. August in Wien eingetroffen war. Dennoch hatte er Probleme, eine angemessene Unterkunft 165 Zamoyski, Rites, S. 404. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 3. Februar 1815; in: Weil, Dessous, Bd. 2, S. 127. 166 Nicolson, Wiener Kongress, S. 233. 167 Lentz, 1815, S. 118, zieht die Anwesenheit Carêmes in Wien allerdings in Zweifel. 168 Weitere Titel: Seit 1817 Duchesse de Dino, seit 1838 Duchesse de Talleyrand, seit 1845 Duchesse de Sagan. 169 Vgl. zu ihrer Person Erbe, Dorothea Herzogin von Sagan. 170 Nicolson, Wiener Kongress, S. 156. 171 Rapport an Hager, dat. Wien 20. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 96. 172 Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 796.

2.2. Wo die Mächtigen nächtigen

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zu finden: Nach seiner Ankunft quartierte er sich vorübergehend im „Römischen Kaiser“ ein – doch am 14. August war er immer noch auf der Suche nach einer passenden Wohnung.173 Schließlich bezog Humboldt Räumlichkeiten in der Münzerstraße 620 (heute: Bauernmarkt). Auch die meisten Mitglieder der russischen Deputation bewohnten Quartiere in der Stadt. Freiherr vom und zum Stein etwa traf am 14. September in Wien ein und bezog eine Unterkunft in den Appartements der Prinzessin Pauline von Hohenzollern-Hechingen in der zentral gelegenen Unteren Breunerstraße Nr. 1196. In diesem Haus wohnten zudem Hans Christoph Ernst von Gagern, Vertreter des Hauses (Nassau-)Oranien und der Niederlande, sowie Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein, Deputierter des Herzogtums Nassau. Mit Letzterem verband Stein ein wechselvolles persönliches Verhältnis, das ursprünglich durch Feindschaft geprägt gewesen war: 1804 hatte Marschall die Besitzungen des Reichsfreiherren Stein im Zuge der Mediatisierung der Reichsritterschaften durch nassauische Soldaten besetzten lassen. Erst die intensive Zusammenarbeit bei der Erarbeitung der nassauischen Verfassung von 1814 führte zu einer Lösung der Spannungen.174 Auch mit Gagern war Stein gut bekannt, da dieser bis 1811 nassauischer Staatsminister gewesen war.175 Stein war sehr unzufrieden mit seinem Quartier, das er als „extrêmement eingeschränkt und lichtlos“ beschreibt. Bei seiner Frau beschwerte er sich: „[J]e n’ai jamais le soleil et le cabinet de toilette est si obscur, qu’il faut avoir de lumière presque la journée durante.“176 Das Raumklima, so klagte er, gliche jenem eines Kellers und sei seiner Gesundheit abträglich.177 Wenn er jemals in Wien leben müsste, versicherte er schließlich, würde er in die Vorstadt – gemeint sind die Stadtteile außerhalb der Ringmauern – ziehen.178 Die Quartiere der Monarchen und die Unterkünfte der Diplomaten der Großmächte waren für aufmerksame Beobachter leicht daran zu erkennen, dass Mitglieder der höfischen Garden als Wachposten vor ihnen stationiert waren. Erblickten diese einen uniformierten Passanten, traten sie vor und präsentierten ihre Waffen.179 173

Humboldt an Caroline, dat. Wien 14. August 1814; in: Sydow (Hg.), Wilhelm und Caroline, Bd. 4, S. 376. 174 Vgl. Hahn, Marschall von Bieberstein. 175 Vgl. Wentzcke, Gagern. Duchhardt, Stein, S. 256. 176 Stein an seine Frau, dat. Wien 17. September 1814; in: Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein, Bd. 5, S. 147. 177 Stein an seine Frau, dat. Wien 8. Oktober 1814; in: ebd., S. 163. 178 Stein an seine Frau, dat. Wien 17. September 1814; in: ebd., S. 147. 179 Zamoyski, Rites, S. 253.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Insgesamt brachte die räumliche Enge der Quartiere zahlreiche Unbequemlichkeiten mit sich und förderte das Improvisationstalent. Elise von Bernstorff, Gattin des dänischen Gesandten in Wien, berichtete beispielsweise von einem Abendessen, welches sie für König Friedrich VI. von Dänemark ausgerichtet hatte. Zu diesem und ähnlichen Anlässen musste sie stets ihr Schlafzimmer räumen, das aufgrund seiner Auskleidung mit rotem Damast als Empfangszimmer für die hohen Gäste diente.180 Die Raumnot in Wien war während des Kongresses, wie die Beispiele zeigen, allgegenwärtig. Die wenigsten Staatsmänner und Diplomaten waren mit ihren Unterkünften, die sich auf engstem Raum in der Inneren Stadt befanden, uneingeschränkt zufrieden. Auch mit großen finanziellen Mitteln war es kaum möglich, angemessene Quartiere zu finden. Daher wurden auch wenig repräsentative, kleine und enge Räumlichkeiten als Wohnungen für die Teilnehmer des Kongresses genutzt. In zahlreichen Gebäuden der Stadt waren, so zeigen die Beispiele, darüber hinaus Mitglieder verschiedener Deputationen untergebracht, welche die Straßen und Plätze Wiens belebten und an den zahlreichen Vergnügungen während der Kongresszeit partizipierten.

2.3. ORTE DES VERGNÜGENS

Zentrale Orte prachtvoller Festlichkeiten waren die imperialen Residenzen ­Wiens: die kaiserliche Hofburg und – in geringerem Ausmaß – Schloss Schönbrunn. Organisiert wurden die höfischen Lustbarkeiten durch ein eigenes ­Komitee im Obersthofmeisteramt, das von Obersthofmeister Ferdinand Fürst von Trauttmansdorff-Weinsberg geleitet wurde. Da die Dauer des Kongresses ursprünglich auf etwa zwei Monate angesetzt gewesen war, umfasste das vorbereitete kaiserliche Festprogramm nur die Monate Oktober und November 1814 – der Advent im Dezember galt als Fastenzeit, während welcher Vergnügungen gemieden werden sollten. Versehen mit einem vorläufigen Budget von 400.000 Gulden, das bald massiv erhöht werden musste, plante das Komitee seit Beginn des Jahres 1814 minutiös die verschiedenen Veranstaltungen.181 Nicht nur der kaiserliche Hofstaat sowie die Diplomaten und Staatsmänner des Wiener Kongresses, sondern auch die Wiener Bevölkerung wurde in das Festprogramm einbezogen. Deren Schaulust war integraler Bestandteil eines angemessenen, publikumsgesättigten Ambientes; darüber hinaus profitierte die Bevölkerung von den zahlreichen Gast- und Festmählern sowie der Verköstigung 180 Freksa, Wiener Kongreß, S. 21. 181 Vgl. die Unterlagen sowie die Korrespondenz des Komitees mit Kaiser Franz I. im HHStA, NZA, Kart. 318.

2.3. Orte des Vergnügens

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Der Tanzhain im Apollosaal (Wien-Museum)

der gekrönten Häupter in der Hofburg, da die Überreste der Tafel an die Einwohner der Stadt verteilt wurden.182 Doch nicht nur der Hof oder die Mitglieder der Aristokratie und der sogenannten Zweiten Gesellschaft veranstalteten Bälle. In der Stadt selbst gab es zahlreiche öffentliche Tanzlokale, die ein luxuriöses Ambiente aufwiesen und von den Teilnehmern des Wiener Kongresses aufgesucht wurden. Zu diesen Etablissements zählte etwa das „Sperl“ in der Leopoldstadt oder die „Mehlgrube“ am Neuen Markt. Den größten und prachtvollsten Raum, der 8000 bis 10.000 Personen fassen konnte, bot der 1808 eröffnete „Apollosaal“ in der Zieglerglasse. Die Innengestaltung verband den Exotismus der Zeit mit einem Lustgarten: „Im Inneren, welches unermessliche Räume zeigte, fand man die prachtvollen Säle eines Palastes, die Gebüsche eines Gartens. Aus einem mit grellen Farben prangenden türkischen Gartenhause kam man in die Hütte eines Lappländers. Alleen, mit frischem Rasen besäumt, mit Rosenstücken und wohlriechenden Stauden bepflanzt, boten dem Auge die lachendste Abwechslung.“ Im Speisesaal boten idyllische Kulissen und das Plätschern von Wasser den Sinnen der Gäste Entspannung: „In der Mitte des Saals, wo man soupierte, erhob sich ein ungeheuerer Felsen, auf welchem murmelnde Quellen sich zu Bächen vereinigten, unter Blumen dahinflossen und sich endlich in Becken hinabstürzten, die von Fischen wimmelten.“183 Dem Ambi182 Schönholz, Traditionen, Bd. 2, S. 104–105. 183 La Garde, Gemälde, Bd. 2, S. 122.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

ente des jeweiligen Saalabschnitts war eine bestimmte Beleuchtung zugeordnet, sodass es neben hell leuchtenden Lustern Alabasterlampen gab, die das milde Licht des Mondes imitierten. Der Apollosaal war der luxuriöseste Ballsaal Wiens, in dem sich die Diplomaten und Staatsmänner des Wiener Kongresses amüsieren konnten. Doch neben den Tanzveranstaltungen war auch der Besuch von Konzerten und musikalischen Aufführungen ein beliebtes Freizeitvergnügen der Kongressgesellschaft. Auf diese Weise konnte die österreichische Hauptstadt ihren Ruf als Musikstadt festigen. Im Herbst 1814 fanden mehrere Konzerte statt, welche die Zuhörer tief beeindruckten – so etwa die Aufführung von Händels Oratorium „Samson“, das am 16. Oktober in der Reitschule gegeben wurde.184 Wie die Bälle und anderen Vergnügungen wiesen die musikalischen Aufführungen gewaltige Dimensionen auf: bei dem Konzert am 16. Oktober waren beispielsweise ca. 700 Musiker im Einsatz.185 Auch der damals umstrittene Ludwig van Beethoven erlebte eine Sternstunde während des Kongresses: Am 29. November dirigierte er mit großem Erfolg seine Kantate „Der glorreiche Augenblick“ sowie das Orchesterwerk „Wellingtons Sieg oder Die Schlacht bei Vittoria“. An dieser Aufführung waren angeblich 1000 Musiker beteiligt.186 Zentrale und häufig frequentierte Treffpunkte waren darüber hinaus die zahlreichen Theaterbühnen der Stadt.187 In einem der Häuser – dem Theater am Kärntnertor – präsentierten sich die alliierten Monarchen am 25. September 1814 überdies erstmals gemeinsam der Öffentlichkeit.188 Doch nicht nur in den imperialen Residenzen und städtischen Palais, den Konzertsälen und Theatern, sondern auch in den Parks und in den Wien umgebenden Wäldern und Feldern fanden Unterhaltungen mit teilweise speziellem Charakter statt. Der Prater, ein Naturpark jenseits des Donaukanals, war mit seinen Gaststätten und Vergnügungsbetrieben, seinen Reitbahnen und Alleen ein beliebtes Ausflugsziel der Wiener Bevölkerung.189 Bei schönem Wetter herrschte reges Leben in den Lokalen, und der circus gymnasticus, den der Kunstreiter Christoph de Bach 1808 in einem Holzbau auf der Zirkuswiese eingerichtet hatte, lockte bis zu 3000 Besucher an. Großes Aufsehen und Staunen erregten auch die „aero­ statische[n] Luftfahrten der Professoren Männer und Kraskowitsch“, die ebenfalls 184 185 186 187

Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 801. Haslinger, Congress, S. 298. Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 59–60. Haslinger, Congress, S. 304. Vgl. die Auflistung der Theateraufführungen in Schlüsselberger (Hg.), Der Wiener Kongress. 188 Spiel, Wiener Kongress, S. 170. 189 Vgl. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 23–25.

2.3. Orte des Vergnügens

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Flanieren im Prater (ÖNB Wien)

im Prater durchgeführt wurden.190 Die Atmosphäre war entspannt und fröhlich, wie ein russischer Offizier berichtete: „Auf dieser reizenden Promenade ertönt fast täglich Musik, glänzende Equipagen fahren umher, junge Leute stolzieren auf stattlichen Rossen, liebliche Mädchen bieten Blumensträuße feil, und eine zahllose Menge gutherziger Deutscher, die – wie es scheint – von keinen Leidenschaften erregt werden, sitzen an runden Tischen oder gehen in den dunklen Castanienalleen spazieren.“191 Während die Bevölkerung auf den Nebenwegen promenierte, diente die Hauptallee den Schönen und Reichen als Laufsteg. Lord Stewart, der britische Botschafter in Wien und Halbbruder Castlereaghs, fuhr regelmäßig mit seinem vielbeachteten englischen Viererzug über die knapp vier Kilometer lange, schnurgerade Strecke.192 Doch nicht nur er, sondern „die elegante Welt“193 bewegte sich in ihren exklusiven und modischen Kutschen zwischen Lusthaus und den Vergnügungsbuden des Wurstelpraters auf und ab. Ein Beobachter schilderte den Eindruck, welchen ein solches Gefährt hinterlassen konnte: „Die Equipagen à l’anglaise, mit 4 Pferden. Der Kutscher sitzt mit Strümpfen und Bänderschuhen nachläßig von der Seite auf dem Bock, oder im leichten Whisky, 2 Grooms 190 191 192 193

Ma-Kircher, Wien 1814/15, S. 17–18. Michailowsky-Danilewsky, Erinnerungen, S. 94. Nicolson, Wiener Kongress, S. 190. Egloffstein (Hg.), Bertuch, S. 177.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

­ interdrein in Oberröcken mit farbigen Kragen und Aufschlägen und Borden h (bunt) besetzt. Die Hüte mit Schnurren und Schleifen.“194 Die zweite bedeutende öffentliche Grünanlage war der Augarten, wo sich ein bekanntes und beliebtes Speisehaus befand. Während des Kongresses wurde diese Gaststätte vor allem von den Delegierten der deutschen Staaten gerne aufgesucht, sodass sich hier eine wichtige Informationsbörse etablierte.195 Aufsehen erregte das von Sir Sidney Smith zugunsten christlicher Gefangener in den nordafrikanischen Gebieten ebenfalls im Augarten veranstaltete Wohltätigkeitspicknick. Diese Art der Spendensammlung war neu auf dem Kontinent, und daher war nicht allen Teilnehmern bewusst, dass trotz Kauf eines Billets das Essen separat bezahlt werden musste. Als der Kellner abrechnen wollte, stellte sich heraus, dass weder der König von Bayern noch die Mitglieder seiner Entourage Bargeld bei sich hatten. Schließlich erschien Zar Alexander als Retter in der Not und erlöste König Joseph Maximilian aus seiner Verlegenheit. Auch der anschließende Tanz entbehrte – aus der Sicht der erlauchten Gäste – nicht einer gewissen Peinlichkeit. Nur wenige Damen aus adeligen Familien nämlich hatten zu diesem Anlass den Weg in den Augarten gefunden – dafür jedoch zahlreiche Frauen aus bürgerlichen Kreisen. So währte das Vergnügen nur kurz, da sich die Souveräne und hohen Gäste bald zurückzogen.196 Ein weiteres Freizeitvergnügen der in Wien versammelten Monarchen war eine spezielle Form der Treibjagd. Ziel dieser Unterhaltung war der Abschuss einer möglichst großen Zahl von Tieren, welche daher im Vorfeld der Veranstaltung in eigenen Gehegen zusammengetrieben wurden. Während der Jagd wurden sie an den nach ihrem Rang geordneten Mitgliedern der Jagdgesellschaft vorbeigetrieben, welche die Tiere kaum verfehlen konnten. Geschossen wurden bei diesen Anlässen nicht nur Hasen und Fasane, sondern auch Wildschweine, Rehe, Hirsche oder Dachse. An diesen Veranstaltungen nahmen bis zu 8000 Zuschauer teil.197 Nicht alle Besucher des Wiener Kongresses standen dieser Form der Jagd positiv gegenüber. Der Genfer Bankier Jean-Gabriel Eynard zeigt sich, im Gegenteil, recht indigniert über das Schauspiel, das sich ihm am 10. November geboten hatte: „Je ne vois rien de plus dégoûtant, de plus révoltant qu’un parail plaisir; il n’y a aucun adresse, aucun risque, aucun exercice à prendre et on fait réellement le métier d’un boucher en chassant de cette manière.“198 194 Ebd. 195 Hundt, Lübeck, S. 31. 196 La Garde, Gemälde, Bd. 2, S. 89–103. 197 Vgl. Patzer, (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 47, 54–55, 61, 65–66. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 116. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 28. 198 Ebd.

2.4. Straßen und Plätze

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Wie auch die Verhandlungen und die Unterkünfte der Kongressteilnehmer verteilten sich die Festlichkeiten über die gesamte Stadt Wien. Im Zuge von Militärmanövern und Jagden wurde aber auch das Umland in die Kongressaktivitäten mit einbezogen. Organisiert wurden die Unterhaltungen nicht nur vom Wiener Hof, sondern auch von Mitgliedern der Aristokratie, Lobbyisten sowie Mitgliedern der sogenannten Zweiten Gesellschaft.199 Die unterschiedlichen Typen der Lustbarkeiten forderten jeweils spezifische Örtlichkeiten: Vom Ballsaal über die Praterallee bis zu den Wäldern des Lainzer Tiergartens reicht das Spektrum der Orte, an welchen Belustigungen stattfanden und Freizeit genossen werden konnte. 2.4. STRASSEN UND PLÄTZE

Die Stadt Wien präsentierte sich den Besuchern des Wiener Kongresses noch in ihren mittelalterlichen Strukturen: Die Innere Stadt, umgürtet von den Fortifikationsanlagen, war ein Gewirr enger, gewundener Straßen und Gassen. Sackgassen und Durchgangshäuser trugen zum labyrinthischen Eindruck bei. Die Straßen erschienen den auswärtigen Besuchern folglich als überaus schmal und kurvig. Ortsunkundige Kutscher sowie die Gäste sahen sich immer wieder mit stockendem Verkehr und einem Straßenlabyrinth konfrontiert, das die Ankunft am Zielort erschwerte. Eynard berichtet darüber in seinem Tagebuch: „[L]a ville étant très petite, nous avons rencontré à chaque instant des embarras qui nous forçaient de nous arrêter assez longtemps. Nous avons tourné et retourné dans tous le sens“, bis das Ziel, das Haus des Arztes Jean de Carro, schließlich erreicht war.200 Anlässlich der Monarchen- und Diplomatenzusammenkunft hatte sich die Stadt zwar herausgeputzt: Zahlreiche Häuser in der Inneren Stadt sowie an der Jägerzeile (heute: Praterstraße) waren instand gesetzt worden.201 Doch die Enge der Gassen sowie die Höhe der Häuser erweckten den Eindruck, in einer Schlucht zu wandeln. Diese Atmosphäre verursachte bei einigen Besuchern des Kongresses Beklemmungen. Stein etwa war davon überzeugt, dass der Mangel an Sonnenlicht seiner Gesundheit abträglich sein könnte.202 Positiver als diese Äußerlichkeiten wurde das in Wien erhältliche Angebot an Waren und Luxusartikeln – zumindest von britischen Damen – wahrgenommen. Lady Castlereagh war begeistert über die Stadt im Allgemeinen und die Geschäfte in der Mariahilferstraße und am Kohlmarkt im Besonderen, die sie bei einer 199 200 201 202

Die politisch besonders bedeutsamen Salons werden in Kapitel 3.1. behandelt. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 3. Patzer (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 34. Stein an seine Frau, dat. Wien 8. Oktober 1814; in: Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein, Bd. 5, S. 163.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

e­ rsten kurzen Besichtigung auf dem Weg in die (erste) Unterkunft des britischen Außenministers im „Auge Gottes“ entdeckt hatte. Beinahe hätte sie sich, ver­ sicherte sie Metternich, in ihrer Schaulust den Hals verrenkt.203 Weniger enthusiastisch äußerte sich Jean Gabriel Eynard in seinem Tagebuch: „Après dîner, nous avons parcouru dans la ville, qui nous a paru petite; il y a de beaux palais, mais les rues sont trop étroites et rarement droites; les boutiques ne peuvent se comparer en rien à celles de Paris.“204 Ob mit Paris nun vergleichbar oder nicht – die Geschäfte liefen gut für die Ladenbesitzer. Entsprechend den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten kauften die Gäste des Wiener Kongresses Gegenstände des täglichen Bedarfs ebenso ein wie Luxusgüter, sodass die Stadt nach den Worten Stolberg-Wernigerodes einem Kramladen glich: „Es kömmt mir immer vor, als wär’ ich auf einen [sic] türkischen Bazar, wenn ich so die Straßen auf u. ab paradire“, notierte er in sein Tagebuch.205 Für die Wiener Bevölkerung sowie jene Personen, welchen der Einblick in die Verhandlungen der verschiedenen Gremien verwehrt war, bestand der Wiener Kongress vorwiegend aus den anwesenden prominenten Persönlichkeiten, den Festlichkeiten sowie den Zeremonien und Unterhaltungen, welche im öffentlichen Raum stattfanden. So sahen sie etwa im Einzug der Monarchen Österreichs, Preußens und Russlands am 25. September 1814 über die Praterstraße den Beginn der diplomatischen Zusammenkunft. Öffentliche Feste im Augarten und Prater, eine Schlittenfahrt im Jänner 1815, die ausführlichen Schilderungen von Festlichkeiten in den zeitgenössischen Zeitungen sowie das rege Leben auf den Straßen und Plätzen der Stadt prägten das Erscheinungsbild des Wiener Kongresses nachhaltig. Die Wiener Hofburg, wo, wie erwähnt, zahlreiche Monarchen untergebracht waren, wimmelte während des Kongresses vor Menschen. Hohe und niedere Hofbedienstete, Garden und Wachen, Aristokraten und Schaulustige sowie die stets bereitgehaltenen Kutschen füllten den Hofraum aus. Ende September 1814 musizierte jeden Abend eine andere Militärkapelle.206 Ein Augenzeuge schilderte den Eindruck, welchen das eifrige Treiben auf ihn machte, folgendermaßen: „Nach der Seite des ‚Schweizerhofes’, der nach dem Josephsplatze mündet, auf welchem die dienstthuenden Hofequipagen, die berittene Hofdienerschaft, die Ordonnanzen hielten, die Garden aufzogen, wogte dicht, dass kein Apfel fallen konnte, die Menschenfluth fort und fort nach den zunächst gelegenen Palästen, wo sich allenthalben Knoten des rauschenden Netzes schürzten. Nach der anderen Seite, dem ‚Amalienhof’ zu, standen lichter die Haufen, und stiller ward es, je näher 203 204 205 206

Metternich an Lorel, dat. Wien 15. September 1814, zit. nach McGuigan, Sagan, S. 320. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 4. Stolberg-Wernigerode, Tagebuch, S. 27. Patzer (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 36.

2.4. Straßen und Plätze

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man durch die Portale dem ‚Platz hinter der Burg’ kam [...]“207 Derber beschrieb der E ­ ipeldauer die Szenen, welche sich im Herbst 1814 um die Wiener Hofburg abspielten: „D’ Wiener stengen hietzt zu hundert und hunderten weiß’n ganzen lieb’n g’schlag’nen Tag aufn Burgplatz, und hald’n dort grossen Marck, sö hab’n aber auf den Marck nix als Maulaffen feil - - und wo si nur was rührt, so poseln’s ganzi schaarenweiß hin, damit ihnen ja nix entgeht, und weil die Zimmer und Saal in der ganzen Burg rund herum auf’n Abend mit lauter gschliff’nen Perllustern beleucht seyn, so stellen se si (wann’s gar nix anders z’thuen wiss’n) hin, und zähl’n d’ Kerz’n ab, dö auf’n Lustern aufg’steckt seyn.“208 Doch nicht nur in der Burg, sondern auch auf den Straßen war der Verkehr während des Kongresses außerordentlich stark.209 Carl Bertuch versuchte seinem Vater einen Eindruck von den belebten Gassen und Plätzen zu vermitteln: „Denke [sic] Sie sich den verdoppelten Trouble einer Leipziger Oster Messe, u. Sie haben ein schwaches Bild des hiesigen Treibens.“210 Ähnliche Beobachtungen machte auch Karl August Varnhagen, der bereits öfter in Wien gewesen war, aber die Stadt beinahe nicht wiedererkannte. Neben dem allgemeinen Gedränge fiel ihm vor allem der hohe Stand der Personen ins Auge, die im Gewühl auf den Straßen anzutreffen waren: „Bewegung und Gedräng überall, und was für Bewegung und Gedräng! der höchsten, vornehmsten Gäste, der namhaftesten, ausgezeichnetsten Personen, aus allen Gegenden hieher zusammengeströmt, aus den gebildeten, ansehnlichen, reichen Klassen. Europa hatte den Glanz seiner Throne und Höfe, das Machtansehen seiner Staaten, die Spitze seiner politischen und militairischen Verherrlichung, die höchste Bildung seiner Gesellschaft, ja die reichsten Blüthen aller Vornehmheit, Schönheit, der Kunst und des Geschmacks hieher geliefert [...].“211 Tatsächlich waren auf den Straßen, Gassen und Plätzen nicht nur die weniger prominenten Kongressgäste und die Bevölkerung der Stadt unterwegs. Mit etwas Glück konnte man den anwesenden Staatsmännern, Monarchen und Fürsten persönlich begegnen, wie das Beispiel von Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach zeigt: Als Durchlaucht „zu Fuß durch einige Straßen gingen, so fanden sich im Begegnen so viele Bekannte und Verehrer der Durchlauchtigkeit, daß Höchstsie bis zum Kohlmarkt ganz umringt waren und jeder Fürst, Graf, Baron pp. zog nun mit durch die Straßen.“212 207 Schönholz, Tradition, Bd. 2, S. 107–108. 208 Briefe des neu angekommenen Eipeldauers, Jahrgang 1814, Elftes Heft, Zweiter Brief, S. 55–56. 209 Zum erhöhten Verkehrsaufkommen vgl. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 19–21. 210 Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 242. 211 Varnhagen, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 230. 212 Vogel an Voigt, dat. 18. September 1814, zit. nach Egloffstein, Carl August, S. 21.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Das Gedränge auf den Straßen war nach Bertuch auch darauf zurückzuführen, dass die Menschen kaum zu Hause waren: „Nach 7 Uhr galoppire ich schon die Straßen, und bin bis 9 Uhr oft 6–700 Stufen auf u. abgestiegen – denn gegen 10 Uhr trifft man Niemanden mehr zu Hause.“213 Herzog Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach beispielsweise begann den Tag um etwa 7.30 Uhr mit dem Emfang von Gästen und der Abstattung von Besuchen. Spätestens um 11 Uhr war er nicht mehr in seinem Logis anzutreffen, da er Einladungen zu Mittagstafeln, anschließend zu Abendunterhaltungen Folge leistete. Einen Eindruck der Aktivitäten vermittelt ein Schreiben eines seiner Mitarbeiter: „Durchl. Herzog speißen heute beym Fürsten Lichtenstein, zu welchem Diner auch die Majestäten sich einfinden, Abends ist Souper und Ball bey Zichy, morgen Diner, Souper und Ball bey Rasumowski, künftigen Mittwoch noch ein größerer Ball bey Metternich als er schon gegeben.“214 Zentraler Treffpunkt unter freiem Himmel in der Innenstadt war – neben der Hofburg – der Graben. Auf der breiten Ost-West-Achse mischten sich Passanten und Schaulustige, Straßenhändler und Dirnen, Staatsmänner und Monarchen, Tage- und Taschendiebe, arme und reiche Bewohner der Stadt. Überall standen Personengruppen, die sich die neuesten Gerüchte über den Gang der Verhandlungen sowie über persönliche Konflikte zwischen den führenden Staatsmännern mitteilten.215 Bunte Trachten, elegante Kleider, Kniebundhosen und moderne Fracks sowie schneidige Uniformen zogen die Blicke auf sich.216 Der Eipeldauer beschrieb die Szenerie auf dem Graben und in anderen Straßen der Innenstadt in seiner typischen Diktion: „Hietzt fall’n d’Fremden schun völli Strich weiß in Wien ein, Herr Vetter, wie in’n Herbst d’Zugvögel, und da wimmelt’s in all’n Gassen und Gasseln in der Stadt um d’Liechtstund’ umer, als wann m’r in ein’n Amaßhaufen umerg’stierd häd, und da hörd m’r alli Sprachen durchanander schnadern wie bein Barbelanischen Thurmbau, und da hab’n hald a Mengi anderi Damensen, Fräulern, und Madamselln den nämlich’n Gedanken, wie mein Baronessinn, und gengen hald a auf’n Grabn stattn Palle Royal spazier und da had m’r a meiniger Bekennter – (gar a Hauptpfifikus) derzählt, daß wann m’r jetzt a so a Dam a Bissel mit einer ausländischen Aussprach um s’nächsti Besti fragt, so bringt m’rs gar nimmer von Leib [...]“217 Eine beliebte Umgebung für Spaziergänge waren die Basteien, die als Aussichtspunkte auf die vor dem Glacis liegenden Vorstädte, den Prater und die 213 214 215 216 217

Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 242. Vogel an Voigt, dat. 22. Oktober 1814, zit. nach Egloffstein, Carl August, S. 22. La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 374. Vgl. Trollope, Briefe, S. 176–178. Briefe des neu angekommenen Eipeldauers, Jahrgang 1814, Elftes Heft, Dritter Brief, S. 40– 41.

2.4. Straßen und Plätze

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Donauauen genutzt wurden.218 Hier traf man Kaiser, Könige, Prinzen und Prinzessinnen, Fürsten und Fürstinnen bei der Promenade an, die, miteinander ins Gespräch vertieft, die jüngsten politischen Ereignisse und Gerüchte Revue passieren ließen. Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. waren im Dezember 1814 regelmäßig nachts auf den Basteien bei Spaziergängen anzutreffen.219 Nicht umsonst galten die Basteien als politische Börse. Etwas aus dem erlauchten Rahmen fiel allerdings ein badischer Forstmeister namens Karl Drais, der hier seine neueste Erfindung, die Draisine, dem Publikum zu präsentieren gedachte.220 Diese Novität erweckte Staunen und Neugierde. Perth notierte in seinem Tagebuch: „Es gewährte auf jeden Fall einen ganz besonderen Anblick, einen Wagen, vor dem keine Pferde gespannt sind, so schnell dahinrasseln zu sehen, und wäre vor 50 Jahren ein solcher Wagen zu einem Dorfe hineingefahren, die Bauern würden sich bekreutziget haben, und niemand hätte ihnen den Wahn benehmen können, dass diesen Wagen der Teufel regiert.“221 Besonders Zar Alexander streifte häufig durch die Stadt, um den Alltag in Wien zu beobachten: „Er geht sehr oft in Civil um unerkannt zu bleiben, ohne Begleiter, den Hut tief in die Stirne gedrückt [...] Dieses Incognito soll er auch gerne Abends, bey dem Mondscheine auf dem Graben und Kohlmarkte annehmen.“222 Im Dezember 1814 spazierte der russische Herrscher häufig Arm in Arm mit Eugène de Beauharnais durch die Stadt.223 Nach mehreren Monaten in Wien war es dem russischen Kaiser allerdings kaum mehr möglich, unerkannt zu bleiben. Seine ursprünglich große Beliebtheit hatte während der Dauer der Verhandlungen gelitten, sodass sein öffentliches Erscheinen seit Jänner 1815 mit gewissen Gefahren verbunden war: Die Zahl der Polizeibeamten, die über seine Sicherheit wachten, war verdreifacht worden, damit er von der Bevölkerung auf seinen täglichen Spaziergängen nicht beleidigt würde.224 Jeder Einwohner Wiens war also in der einen oder anderen Art durch den Kongress betroffen. Es war kaum möglich, das Kongressgeschehen zu ignorieren, das sich über die gesamte Stadt verteilte und zahlreiche Aspekte des Alltagslebens tangierte: Neben den Mieten stiegen die Steuern, der Verkehr auf den Straßen nahm zu, die Gerüchteküche brodelte, und die Stadt schien aus allen Nähten zu platzen. 218 219 220 221 222 223

Vgl. Trollope, Briefe, S. 133–136. Nostitz, Leben und Briefwechsel, S. 130. Varnhagen, Denkwürdigkeiten, Bd. 3, S. 271–272. Zitiert nach Ma-Kircher, Wien 1814/15, S. 8. Ebd., S. 70. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 18. Dezember 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 695. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 25. Dezember 1814; in: ebd., S. 730. 224 Talleyrand, Correspondance inédite, S. 240.

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2. Schauplatz Wien: Die Stadt im Bann des Kongresses

Einzelne Punkte in der städtischen Geografie allerdings hatten eine besondere Bedeutung für den Wiener Kongress: Die Staatkanzlei am Ballhauplatz bot den wichtigsten Gremien des Kongresses Raum; in der Hofburg waren Kaiser und Könige untergebracht; in den imperialen Schlössern und öffentlichen Grünanlagen fanden aufwendige Festlichkeiten statt; Jagden wurden in den kaiserlichen Jagdgebieten im städtischen Umland veranstaltet. Zwischen diesen Kommunikationszentren entfaltete sich ein reger Verkehr auf den Straßen und Plätzen der Stadt, wo jederzeit Monarchen, Fürsten, Staatsmänner und Diplomaten angetroffen werden konnten. Die politische Dimension dieses Settings wird im Folgenden noch einmal Thema sein. Es ist jedoch bereits deutlich geworden, wie stark der Kongress durch die große Zahl der Teilnehmer das Leben in der Stadt Wien prägte, die während der neun Monate dauernden Verhandlungen das politische und soziale Zentrum Europas bildete. Es verwundert daher nicht, dass Friedrich Gentz nach Abschluss des Kongresses traurig feststellte, die Stadt Wien habe sich „in eine Einöde verwandelt“.225

225 Gentz an Metternich, dat. Wien 20.6.1815 (2. Brief); in: Wittichen, Salzer (Hg.), Briefe, Bd. 3, S. 308.

3. Nichts als Gerede?

Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

3.1. ZWISCHEN BALLKLEID UND FRACK: DAS FEST ALS POLITISCHE BÜHNE

Der Wiener Kongress vereinte auf augenfällige Art und Weise Politik und Unterhaltung. Während die Diplomaten und Staatsmänner Verhandlungen über die territoriale und politische Neuordnung Europas führten, fanden in rascher Folge Bälle, Festessen, Jagden oder Konzerte statt.226 Diese auch für das Publikum fühlbare Spannung inspirierte den Fürsten de Ligne zu dem Bonmot: „Des Ministres se disputent, les grands personnages s’amusent.“227 In der populären Wahrnehmung des Kongresses überstrahlen die Festlichkeiten häufig die politische Dimension des Ereignisses. Das Bild des tanzenden Kongresses prägte und prägt das Image der diplomatischen Zusammenkunft. Dies ist auf die zahlreichen Feste und Vergnügungen zurückzuführen, die insbesondere im Herbst 1814 stattfanden. Wieder ist der Fürst de Ligne zu nennen, der in diesem Zusammenhang den geistreichen Ausspruch tätigte „le congrès danse, mais il ne marche pas“.228 Dem Faktum, dass die höfisch-festlichen Aktivitäten auch in der Endphase des Ancien Régime keine allein dem Amüsement gewidmeten Geselligkeiten waren, wird hingegen kaum Rechnung getragen. In der Tat hatten Festlichkeiten stets auch eine politische Implikation, indem sie den politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Eliten eine Möglichkeit zur Selbstdarstellung, Selbstvergewisserung und informellen Kommunikation boten.229 Die Festlichkeiten und gesellschaftlichen Zusammenkünfte sind folglich in ihrem Anspruch und ihrer Funktion heutigen Public-Relations-Maßnahmen und gesellschaftlichen „Events“ nicht 226 Vgl. das Diarium in Schlüsselberger (Hg.), Der Wiener Kongress, S. 481–489. Haslinger, Congress, S. 288–326. Aretin, Wiener Kongreß. 227 Rapport Nr. 16 an Hager, dat. Wien 2. November 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 452. 228 Konfidentenberichte vom 20. und 27. November 1814; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 264, 273. 229 Vgl. Frevert, Haupt (Hgg.), Neue Politikgeschichte. Der These von Teune, Revolution, die Festlichkeiten dienten der europäischen Aristokratie ausschließlich dazu, das durch die Revolution verlorene „Vertrauen in die eigene Stärke durch die Institutionalisierung von Sozialkapital wieder aufzubauen“ (S. 200), kann in dieser Pointiertheit nicht zugestimmt werden.

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unähnlich: In zwangloser Atmosphäre wurden die durch die politischen Gegensätze entstandenen Spannungen gelockert; zudem waren sie nützlich, „um auf wirksamen Wegen den Kreis von Menschen zu erreichen, deren Meinung damals einflußreich war“.230 Es lohnt sich daher, einen genaueren Blick auf die Vielzahl an Festlichkeiten und gesellschaftlichen Zusammenkünfte zu werfen, die während des Wiener Kongresses stattfanden. Sie wurden, wie bereits dargestellt, von den verschiedensten Personen veranstaltet, vertraten einen unterschiedlichen Anspruch und wiesen daher einen überaus heterogenen Charakter auf. Es sind jedoch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Kernfunktionen festzustellen: Auf einer symbolischen Ebene markierten die Festlichkeiten nach der langen Kriegsära den Beginn einer Friedensepoche, welche von der Einigkeit und dem Zusammenhalt der europäischen Dynastien geprägt war. Gleichzeitig sollten die Festivitäten das Ansehen des Kaisertums Österreichs als neu entstandene Großmacht im Zentrum Europas steigern. Dies zeigt sich bei der Analyse der Überlegungen, welche der Zusammenstellung des Festablaufs zugrunde lagen. Stets im Vordergrund des Diskurses stand der Eindruck, welchen die Feierlichkeiten bei den anwesenden Monarchen und Staatsmännern erwecken würden. Das ausgeklügelte symbolträchtige Programm musste in jedem Fall dem Dekorum und dem Anspruch des österreichischen Kaiserhofs genügen.231 Es galt, auf diese Weise die Macht, die Würde und die jahrhundertealte Tradition des Hauses Habsburg und des durch die Dynastie regierten Kaisertums Österreich zu repräsentieren und sinnfällig darzustellen.232 Die Botschaft von Frieden und Einigkeit vermittelte etwa jenes Ereignis, das den Auftakt der Festlichkeiten des Wiener Kongresses bildete: der Einzug der verbündeten Monarchen in Wien am 25. September 1814. Kaiser Franz I. ritt Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. entgegen und empfing sie außerhalb Wiens an der Taborbrücke. Am vereinbarten Treffpunkt angekommen, stieg Zar Alexander vom Pferd und umarmte den widerstrebenden Kaiser Franz herzlich; König Friedrich Wilhelm III. wurde mit Handschlag willkommen geheißen. Anschließend reichten sich die Monarchen unter dem Jubel der Menge die Hände – eine Pose, die tausendfach in Abbildungen verbreitet die Einigkeit unter den Alliierten eindrücklich demonstrierte.233 Anschließend zogen die Monarchen in feierlichem Zug durch die Straßen Wiens in die Hofburg. Umrahmt wurde dieses Ereignis von militärischem Pomp: Kanonenschüsse weckten die Einwohner Wiens am frühen Morgen, eine Militärparade verlieh dem Zug der Monarchen 230 Nicolson, Wiener Kongress, S. 233–234. 231 Vgl. die Unterlagen sowie die Korrespondenz des Komitees mit Kaiser Franz I. im HHStA, NZA, Kart. 318. 232 Vgl. Mazohl, Schneider, Translatio imperii. 233 Vgl. Bourgoing, Wiener Kongress, S. 82.

3.1. Zwischen Ballkleid und Frack: Das Fest als politische Bühne

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Kaiser Franz begrüßt Zar Alexander I. und König Friedrich Wilhelm III. an der Taborbrücke (ÖNB Wien)

­ artialischen Glanz. Auch der Beteiligung der zivilen Bevölkerung an den Kämpm fen gegen Napoleon wurde durch Miliz-Einheiten zu Beginn und am Ende der Parade gedacht. In der Hofburg angelangt, wurden die Monarchen von dreißig weiß gekleideten Mädchen begrüßt. Diese überreichten Blumenkränze, deklamierten Gedichte und erschienen als Symbole der Unschuld und einer glücklichen Zukunft.234 Auf das zahlreich erschienene einheimische und ausländische Publikum machten die Symbolik und der entfaltete Prunk großen Eindruck.235 Monarchenbegegnungen dieser Art, wie sie in Wien zelebriert wurden, waren zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine Novität. Noch im 18. Jahrhundert hatten es die Souveräne vorgezogen, sich bei Treffen durch Bevollmächtigte vertreten zu lassen. Erst während der napoleonischen Zeit, wie etwa in Erfurt 1808, war es zu ersten Treffen dieser Art gekommen.236 Baronin de Montet, die den Einzug von einem Balkon 234 Vick, Congress of Vienna, S. 21–22. 235 Siber an Hager, dat. Wien 26. September 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 115. Eine ausführliche Beschreibung unter anderem bei Patzer (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 38–39. 236 Vick, Congress of Vienna, S. 23.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

Die Villa Metternich am Rennweg (ÖNB Wien)

in der Praterstraße aus betrachten konnte, zeigte sich jedenfalls begeistert und berichtet in ihren Erinnerungen: „L’empereur du Russie et le Roi de Prusse ont dû être frappés de la magnificence de la spectacle qui s’offrait à leur vue: les plus belles troupes du monde, habillées à neuf, étaient rangées dans ces belles et longues allées du Prater. Toute la population de Vienne, joyeuse et parée, bordait les rues et avenues; le cortège de l’empereur d’Autriche était magnifique, la musique des régiments incomparable. Le plus brillant soleil augmentait encore l’éclat de cette journée.“237 Während Obersthofmeister Trauttmansdorff den Einzug der Monarchen für die Blicke der Öffentlichkeit konzipierte,238 waren die Bälle bei Hof und der österreichischen Aristokratie einem weniger breiten Publikum vorbehalten. Dennoch sind auch hier in Konzeption und Ausstattung dieselben symbolischen Momente – Friede, Einheit, Glanz des Gastgebers – zu beobachten. Explizit stand etwa der Ball, den Metternich am 18. Oktober 1814 in seinem Sommerhaus am Rennweg gab, unter dem Motto des Friedens. Demselben symbolischen Anspruch war auch die Redoute vom 2. Oktober 1814 verpflichtet, welche den Auftakt des höfischen Festprogramms bildete und in den Räumlichkeiten der Hofburg stattfand. Die Reitschule wurde durch 7000 Wachskerzen hell erleuchtet. Rund um die 237 Montet, Souvenirs, S. 112. 238 Vgl. Vick, Congress of Vienna, S. 21.

3.1. Zwischen Ballkleid und Frack: Das Fest als politische Bühne

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Die Große Redoute vom 2. Oktober 1814 (ÖNB Wien)

prachtvoll mit Orangenbäumchen und Blumen geschmückten Redoutensäle waren Galerien und Zimmer geöffnet, um so den geladenen 10.000 bis 12.000 Personen Raum zu bieten. Überall befanden sich Erfrischungen, an welchen sich die Gäste laben konnten. Das Gedränge war enorm, da die mit dem Einsammeln der Eintrittskarten betrauten Hofbediensteten dieselben gleich wieder an Interessenten verkauften und dadurch ihren Lohn aufbesserten. Die Majestäten erschienen gegen 23.00 Uhr, durchwanderten die Säle und nahmen auf einer eigens errichteten Estrade Platz.239 Für die geladenen Diplomaten waren diese Anlässe vielfach mehr Pflicht als Vergnügen. Die Anwesenheit war ein Gebot der Höflichkeit und der Etikette, aus deren Zwängen es kein Entrinnen gab und die auf Körper und Geist ermüdend wirken konnten.240 Vor allem das Gedränge stellte eine Bewährungsprobe für Geduld und Kondition dar. Humboldt beschrieb pointiert den Empfang der preußischen Delegation bei Hofe am 30. September 1814: „[D]ie Menschenmenge war 239 Patzer (Hg.), Wiener Kongreßtagebuch, S. 46–47. Schönholz, Traditionen, Bd. 2, S. 106. Kurzel-Runtscheiner, Der Kongress fährt, S. 27. 240 Stein bemerkte, seine eigene periphere Position glücklich schätzend: „Les fêtes qu’on donne occupent beaucoup plus ceux qui appartiennent aux cours et à leurs suites qu’aux habitants de la ville, donc que la vie de ces derniers, auxquels j’appartiens, est beaucoup moins fatigante que celle des premiers.“ Vgl. Stein an seine Frau, dat. Wien 16. Oktober 1814; in: Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein, Bd. 5, S. 166–167; vgl. auch Bourgoing, Wiener Kongress, S. 26.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

so entsetzlich im Saal selbst, daß die Operation, die jeder vorzunehmen hatte, bloß ganz simpel darin bestand, daß man, ohne sich zu rühren, dastand und sich den Schweiß von der Stirn fließen ließ.“241 Die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten in der Hofburg waren einfach nicht weitläufig genug, um die große Zahl der Gäste zu fassen. Gespräche konnten daher kaum geführt werden.242 Diese Veranstaltungen boten jedoch Gelegenheit, in schmucke Gala-Uniformen beziehungsweise modische Ballroben gekleidet sich als Teil der damaligen Haute-Volée zu präsentieren243 und politische Ansprüche zu demonstrieren. So erschienen die „kleinen fürstlichen Herren“, deren Souveränitätsansprüche auf dem Wiener Kongress kaum durchsetzbar waren, „am reichsten“ geschmückt zum Ball paré am 9. Oktober 1814.244 Das außergewöhnlichste Fest des Wiener Kongresses war das am 23. November 1814 durchgeführte Karussell, das aufgrund des großen Erfolgs (und einer Erkrankung des Zaren, der an der ersten Aufführung nicht teilnehmen konnte) mehrfach wiederholt wurde. Diese Nachahmung eines Ritterturniers, das durch die verwendeten Requisiten auch an die Türkenkriege erinnerte, war (neben der aufkommenden Mittelalterbegeisterung zu Beginn des 19. Jahrhunderts) eine Reminiszenz an die große Vergangenheit Österreichs unter Kaiser Maximilian I. und verwies auch auf die erfolgreiche Zurückdrängung der Osmanen im 18. Jahrhundert. Als Ritter gewandete Aristokraten führten verschiedene Kunststücke zu Pferde vor und ritten ein Turnier. Die Damen der Gesellschaft zeigten sich in aufwendige Roben gekleidet und mit allen in Wien erhältlichen Edelsteinen geschmückt.245 Ein besonderes Erlebnis sowohl für Teilnehmer als auch Zuschauer war zudem eine Schlittenfahrt, die am 22. Jänner 1815 durchgeführt wurde und die von der Hofburg durch die Innenstadt bis nach Schloss Schönbrunn führte. In prachtvoll ausgeführten Schlitten, mit luxuriöser Polsterung und Hunderten Schellen, begaben sich die geladenen Gäste mit Musikbegleitung an zahlreichen Schaulustigen vorbei in die kaiserliche Sommerresidenz, wo eine Ballettaufführung und 241 Humboldt an Caroline, dat. Wien 1. Oktober 1814; in: Sydow (Hg.), Wilhelm und Caroline, Bd. IV, S. 391. 242 Vgl. Hundt, Lübeck, S. 43. 243 Hardenberg über die Redoute vom 2. Oktober 1814: „Cohüe – beaucoup de belles femmes“. Vgl. Stamm-Kuhlenberg (Hg.), Hardenberg, S. 799. Über die große Hitze und das Gedränge auf Hofbällen vgl. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 116–117, sowie Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 51. 244 Ebd., S. 30. 245 Eine ausführliche Beschreibung dieses Ereignisses findet sich in beinahe allen Quellen zum Wiener Kongress; vgl. z. B. Patzer (Hg.), Wiener Kongresstagebuch, S. 69. La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 300–315.

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Beginn der Schlittenfahrt am 22 Jänner 1815. Die Abfahrt erfolgt hier fälschlicherweise vom Großen Burghof aus – tatsächlich sammelten sich die Schlitten am Josephsplatz (ÖNB Wien)

daran anschließend ein Fest stattfanden.246 Die außergewöhnliche Veranstaltung an sich, insbesondere aber die große Zahl der verwendeten Prunkschlitten, erzielte eine große Wirkung, wovon zahlreiche bildliche Darstellungen zeugen.247 Nicht nur Positives wurde dazu jedoch vermerkt: Mit 1. Jänner 1815 war die Erwerbssteuer um 50 Prozent erhöht worden. Anlässlich der Schlittenfahrt murrte die kongressmüde Bevölkerung: „Da fahrn sie mit unseren fünfzig Prozent, und wir müssen alles von Tag zu Tag teurer bezahlen!“ 248 Doch noch weitere Außenveranstaltungen wurden während des Kongresses durchgeführt: Auch die großen Grünflächen Wiens bildeten, wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, die Kulisse höfischer Feste. Am 18. Oktober 1814 etwa fand im Prater die Feier anlässlich des Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig statt. Im Mittelpunkt der Inszenierung standen Militär und Religion:249 Im Beisein mehrerer Truppenbataillone, der Monarchen sowie deren Suiten zelebrierte der Wiener Erzbischof ein öffentliches Hochamt. Die Verbindung der religiösen Zeremonie mit dem militärischen Aufmarsch bezeugte in augenfälliger Weise die 246 La Garde, Gemälde, Bd. 2, S. 169–187. 247 Vgl. die Sammlungen in der ÖNB (Bildarchiv und Graphiksammlung) sowie im Kunsthistorischen Museum (Wagenburg und Monturendepot). 248 Vgl. Rapport vom 24. Jänner 1815; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 348. 249 Vgl. dazu ausführlich Vick, Congress of Vienna, S. 31–34.

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Militärfest im Prater anlässlich des Jahrestags der Völkerschlacht bei Leipzig (ÖNB Wien)

Gottgefälligkeit des Sieges über Napoleon. Die Verquickung der beiden Sphären gipfelte in einer Artilleriesalve im Augenblick der Konsekration, um den „Soldatengott“250 zu begrüßen. Unter dem Jubel der Bevölkerung folgte eine Truppenparade. Alliierte Fürsten und Prinzen nahmen an der Spitze der ihnen verliehenen Regimenter teil und bezeugten so die militärische Einigkeit unter den Verbündeten und die militärische Stärke Österreichs. Diesen Eindruck gewann jedenfalls Zar Alexander, der sich davon angeblich wenig angetan zeigte, denn „er habe in der Haltung der Truppen, in der lebendigen Teilnahme der Zuschauer, in dem Überfluß, der sich im Ganzen gezeigt, etwas, was seine Meinung von der Schwäche Österreichs widerlegt, gefunden und was ihn in seinen hohen Ideen von Unwiderstehlichkeit gestört“.251 Auch bei Stein rief die Inszenierung die intendierte Wirkung hervor: „Militärische fête; sie war sehr glänzend, die Truppen schön, die Anordnung des Ganzen vortrefflich, der Eindruck, welchen das Ganze von dem Balkon des Lusthauses ab gesehen machte, groß und schön.“252 250 La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 54. 251 Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein, S. 324. 252 Ebd.

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Auch die zweite große Grünanlage Wiens, der Augarten, diente als Kulisse für Vergnügungen. Verschiedene Attraktionen wie Wettrennen, Pferderennen, sportliche Übungen, die Aufführung von Nationaltänzen oder ein Heißluftballon lockten am 6. Oktober die Monarchen und Fürsten ebenso wie die Bevölkerung in den Park. Die Feier war als Volksfest konzipiert, das die nationale Vielfalt und zugleich die Einheit der Habsburgermonarchie verdeutlichen sollte. Der symbolische Höhepunkt war die Speisung von 400 Veteranen der Napoleonischen Kriege unter den Klängen von Militärmusik. Die anwesenden Monarchen gingen unter den Männern umher und plauderten mit ihnen. Ähnlich wie beim Fest im Prater standen auch hier die Erinnerung an den Sieg über Napoleon und die Einigkeit der alliierten Herrscher im Mittelpunkt. Während im Prater allerdings eine glänzende Militärparade von Macht und martialischer Schlagkraft kündete, verwies die Inszenierung des Volksfests im Augarten auf die Beteiligung der einfachen Bevölkerung an den Kämpfen. Diese Deutung wird unterstützt durch den Umstand, dass auch Tiroler Schützen, welche maßgeblich am Aufstand von 1809 beteiligt gewesen waren, im Augarten ihre Treffsicherheit mit der Armbrust demonstrierten. Nach Einbruch der Dunkelheit wurde die Anlage festlich beleuchtet. Den spektakulären Abschluss des Abends bildete ein Feuerwerk, das vor dem Schloss im Augarten abgebrannt wurde.253 Andere Unterhaltungen, welche der Wiener Hof unter freiem Himmel für die hohen und höchsten Gäste organisierte, waren martialischer und dienten der Präsentation der militärischen Macht der Habsburgermonarchie: In Anwesenheit der Souveräne fanden am 3. und 7. Oktober 1814 Militärmanöver in Simmering und in Bruck an der Leitha statt. In Niederösterreich errichteten Pioniere Erdwälle, die anschließend von Mineuren wieder zerstört wurden.254 Erzherzog Karl, Sieger über Napoleon bei Aspern, stand am 10. Oktober im Mittelpunkt: Der Feldherr besichtigte mit dem russischen Zaren sowie den Königen von Preußen und Dänemark das Schlachtfeld von 1809, erklärte den Monarchen den Verlauf der Kämpfe und erläuterte, wie es zur Niederlage Napoleons gekommen war.255 Das Ende der Koalitionskriege, welche rund zwei Jahrzehnte lang Europa in ein Schlachtfeld verwandelt hatten, sowie der Anspruch des Kaisers von Österreich, seinen illustren Gästen den Reichtum und die Macht der Habsburgermonarchie und somit den eigenen Rang vor Augen zu führen, waren wahrlich keine unbedeutenden Anlässe für solch aufwendig gestaltete Feste. Diese bildeten den prunkvollen Rahmen der letzten, den herkömmlichen Formen verhafteten Monarchenzusammenkunft des Ancien Régime.256 253 254 255 256

La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 131–136. Haslinger, Congress, S. 292 und 294. Ebd., S. 294. Vgl. Paulmann, Pomp, S. 421.

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Doch zeichnete sich bereits am Wiener Kongress jener Paradigmenwechsel ab, welchen die Monarchenzusammenkünfte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durchliefen:257 Die zeremoniellen Regeln und Rangfragen wurden zugunsten einer ungezwungenen, freien Unterhaltung zurückgedrängt. Auch den Zeitgenossen war dieser grundsätzliche Wandel im persönlichen Umgang der Herrscher miteinander nicht entgangen, der besonders deutlich bei den exklusiv den Monarchen, regierenden Fürsten und deren engsten Mitarbeitern vorbehaltenen Kammerbällen zutage trat: „Früher war es nicht Gebrauch, dass sie [die gekrönten Häupter] persönlich zusammenkamen; in Wien aber ereignete sich von dem bisher Bestandenen das Gegenteil. Die Monarchen waren dort mit ihren Gemahlinnen, einige sogar auch mit ihrer Familie eingetroffen. Unter ihnen herrschte in den Abendversammlungen eine solche Harmonie und Eintracht, wie man sie von Personen erwarten konnte, die durch verwandtschaftliche Bande verbunden waren [...].“258 Die Monarchen besuchten freilich nicht nur die exklusiven Kammerbälle, sondern auch zahlreiche andere Feste, wo sie sich öffentlich amüsierten. Dieses Verhalten erschien dem Genfer Deputierten Pictet de Rochemont als kurios: „[...] des souverains en frac et en souliers à attaches, dansant des valses et s’empressant autour des femmes comme nos étudiants en philosophie.“ Die Platznot auf den dicht gefüllten Tanzflächen konnte gar zu körperlichen Übergriffen auf die gekrönten Häupter führen: „Si on se recule, on risque de marcher sur le pied d’un empereur“259, klärte er seine Tochter über mögliche Peinlichkeiten bei den Hoffesten auf. Dieses mit monarchischer Dignität kaum zu vereinbarende Verhalten stieß auf heftige Kritik der Genfer Bankiersgattin Anna Eynard: „How wrong they are, these Potentates, to go out like this without dignity, without anything to distinguish them, for it is then that one sees them as men just like any other, and even as less, for they have been placed in the position of being able to achieve more.“260 Die allgegenwärtige Präsenz der Monarchen konnte auch zu peinlichen Situationen anderer Art führen: Außenminister Metternich veranstaltete am 10. Jänner 1815 einen Ball, auf welchem Jean-Gabriel Eynard den preußischen König beinahe mit einem Diener verwechselt und ihn um ein Glas Champagner gebeten hätte. Der Bankier kommentierte sein Versehen lakonisch: „[...] comme on est

257 Vgl. ebd., passim. 258 Michailowsky-Danilewsky, Erinnerungen, S. 119. Allerdings schlug Zar Alexander zur Vermeidung protokollarischer Diskussionen vor, dass die gekrönten Häupter nach ihrem Alter gestaffelt ihren Rang einnehmen sollten; vgl. Michailowsky-Danilewsky, Erinnerungen, S. 120. 259 Cramer (Hg.), Correspondance diplomatique, Bd. 1, S. XXI (Einleitung). 260 Eynard, Tagebuch, zit. nach Zamoyski, Rites, S. 312.

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a­ ccoutumé à trouver les rois partout, j’ai été médiocrement surpris.“261 Die Bewahrung der Würde der Monarchen erwies sich angesichts der ständigen öffentlichen Präsenz als schwierig. Talleyrand stellte daher fest: „Trouver trois ou quatre Rois et davantage de Princes à des bals, à des thés chez de simples particuliers de Vienne, me paraît bien inconvenable.“262 Die Festlichkeiten waren, so zeigen diese Beispiele, nicht nur ein Ort des Vergnügens, sondern auch eine Bühne, auf welcher sich die Monarchen, aber auch die in Wien anwesenden Staatsmänner und Diplomaten präsentierten. Ihr Verhalten wurde vom Publikum beobachtet und bewertet. Als Zar Alexander etwa in einer Phase verstärkter persönlicher Spannungen mit Metternich (Oktober 1814) auf einem Ball auffällig lange das Gespräch mit dem österreichischen Außenminister pflegte, fiel dieses Einvernehmen zwischen den beiden bekannten Kontrahenten auf und erregte großes Aufsehen.263 Aufmerksame Besucher zogen außerdem aus ihren Beobachtungen bei den Festen Schlüsse über den Gang der Verhandlungen. Bereits die An- beziehungsweise Abwesenheit bestimmter Gäste wurde als Indikator für deren Verlauf gewertet. So waren zu einem Ball des russischen Bevollmächtigten Stackelberg im Herbst 1814 weder Franzosen noch Engländer geladen – nach Ansicht Eynards „un mauvais signe pour l’arrangement des affaires“.264 Auch Mimik und Gestik der leitenden Staatsmänner waren Gegenstand der Interpretation. Eynard etwa beobachtete am 20. November 1814 ein Gespräch zwischen Metternich und Castlereagh: „Pendant tout le temps de notre visite, je n’ai pas quitté les yeux de dessus ces deux messieurs; à leurs gestes j’ai cru observer qu’ils paraissaient d’accord; on voyait parfaitement à l’expression de leurs figures qu’ils ne différaient pas d’opinion [...].“265 Den Fortgang der Verhandlungen über die polnisch-sächsische Frage suchte der Bankier knapp drei Wochen später während eines Abendessens bei Castlereagh zu ergründen. Metternich erschien um 11 Uhr, und „lord Castlereagh passa de suite avec lui dans son cabinet, où ils restèrent ensemble jusqu’à minuit et demi; lorsqu’ils revinrent, M. de Metternich avait l’air assez préoccupé. Lord Castlereagh eut ensuite une assez longue conversation avec M. Pozzo di Borgo [...]. Toutes les mines diplomatiques avaient l’air triste [...].“266 261 262 263 264 265 266

Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 251–252. Pallain (Hg), Correspondance inédite, S. 103. Rapport vom 17. Oktober 1814; in: Fournier, Geheimpolizei, S. 189. Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 157. Ebd., S. 146. Ebd., S. 199. Weitere Beispiele, wie genau Eynard die Mimik und Gestik der Monarchen und leitenden Staatsmänner beobachtete, ebd., S. 237–238.

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Die Lust an derartigem Orakeln und das Interesse des Publikums an den Festlichkeiten insgesamt nahmen allerdings proportional zur Dauer des Kongresses ab. Am 11. Jänner 1815 etwa besuchte das Ehepaar Eynard einen Ball, zu welchem auch die Monarchen erwartet wurden. Die Veranstaltung sollte um 21.30 Uhr beginnen – doch um 22.00 Uhr waren noch kaum Gäste anwesend. Als um 22.30 Uhr die Souveräne eintrafen, waren die für 1000 Personen angelegten Räumlichkeiten mit etwa 20 Ballbesuchern schütter gefüllt. Im Herbst 1814 hatte sich die Situation noch völlig anders präsentiert: Damals waren bereits eine Stunde vor dem Eintreffen der Monarchen die anderen Gäste vollzählig erschienen, um einen möglichst guten Platz zur Beobachtung der Souveräne zu ergattern.267 Nicht alle nach Wien angereisten Diplomaten und Staatsmänner besaßen überhaupt ausreichend Zeit und Energie, die Festlichkeiten exzessiv zu besuchen. Über dieses Privileg verfügten die zu den Verhandlungen wenig bis gar nicht herangezogenen Delegierten der Mittel- und Kleinstaaten sowie die große Zahl der Zaungäste ohne politisches Mandat.268 Diese Personengruppe stellte wohl die größte Zahl der Festbesucher; mit dem für die Großmächte nicht unerwünschten Nebeneffekt, dass sie durch die regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen von den eigentlichen politischen Verhandlungen abgelenkt wurden.269 Zugleich waren die Festlichkeiten für diese Personengruppe, wie bereits angedeutet, eine willkommene Tauschbörse für Informationen und Gerüchte aus zweiter Hand und boten eine Möglichkeit, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.270 Nicht nur auf den großen Festen des Hofes und der Aristokratie trafen sich die Gesandten der Großmächte wie die Vertreter der mindermächtigen Staaten, sondern sie verkehrten auch regelmäßig in den verschiedenen Salons, die sich seit Beginn des Kongresses als informelle Kommunikationsräume etabliert hatten. Diese ohne offizielle Einladung stattfindenden Zusammenkünfte konnten bis zu 200 Personen umfassen und boten das ideale Umfeld zum Austausch von Informationen sowie zum Anknüpfen von Kontakten.271 Die letztgenannte Möglichkeit war insbesondere für die Delegierten der kleinen Staaten bedeutsam, da die wenig formalisierten Hierarchien in den Salons die Kontaktaufnahme zu Staatsmännern oder Diplomaten maßgeblich erleichtern konnten.272 Ein stark frequentierter Salon war jener der gebürtigen Berliner Jüdin Fanny (Franziska, geb. Itzig), die mit dem Wiener Bankier Nathan Adam Arnstein ver267 268 269 270 271 272

Ebd., S. 254–256. Webster, Congress, S 86. Kandler, Feste, S. 247. Vgl. Kap. 1.4. Hundt, Lübeck, S. 42. Vick, Congress of Vienna, S. 132.

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Fanny (Franziska) von Arnstein (ÖNB Wien)

heiratet war.273 In den Räumlichkeiten des Palais am Hohen Markt versammelten sich abends häufig mehr als 100 Personen.274 Eynard beschreibt eine der Gesellschaften folgendermaßen: „Il [Arnstein] reçoit la première société de Vienne. Il y avait [...] une bonne portion des ministres du congrès [...].“275 Arnsteins boten ihren Gästen nicht nur einen Raum für Gespräche, sondern auch Konzerte, Tanz und andere Unterhaltungen.276 Für das körperliche Wohl wurde ebenfalls gesorgt: Die Gastgeber ließen Tee, Limonade, Mandelmilch, Eis und leichtes Gebäck servieren277 und schufen eine Atmosphäre ungezwungener Geselligkeit, die auf übermäßigen Prunk verzichtete.278 Der Buchhändler Bertuch, äußerst angetan, berichtete in seinem Tagebuch: „Soeben komme ich mit Cotta vom Diner der Arnsteiners [sic], wo es mir zu gefallen anfängt. Die Baronin Arnsteiner [sic] ist in der That eine Frau von bestem Weltton, voll Geist, und Attention für ihre Gesellschaft. [...] Es war eine Gesellschaft von 22 Personen. [...] Ich werde das Haus 273 Vgl. Spiel, Fanny von Arnstein, bes. S. 423–426. Vick, Congress of Vienna, S. 136–137. 274 Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 28. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 14. Dezember 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 674. 275 Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 84. 276 Am 10. Jänner 1815 etwa Wachsfigurenkabinett mit lebenden Figuren, detaillierte Beschreibung bei Egloffstein (Hg.), Bertuchs Tagebuch, S. 96. 277 Ebd., S. 45. 278 Vgl. ebd., S. 245.

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mehr besuchen, es ist vielleicht in Hinsicht der feinen ungezwungenen Geselligkeit mit das Erste in Wien.“279 Selbst Personen, die gesellige Zusammenkünfte grundsätzlich mieden, frequentierten das Haus Arnstein gerne. Der in den Diensten von Sachsen-Weimar-Eisenach stehende General von Wolzogen etwa klagte über sein großes Arbeitspensum, von welchem er sich nicht durch Zerstreuungen ablenken lassen wollte. „Nur in dem Hause des jüdischen Banquiers Arnstein, dessen Frau, eine geborene Itzig aus Berlin, sehr liebenswürdig war und sich, unterstützt von ­einer geistreichen Tochter und einer schönen Nichte, Fräulein Saaling, vortrefflich dazu eignete, einem Salon vorzustehen, erschien ich häufig und hatte daselbst die beste Gelegenheit, mit allen Diplomaten und ausgezeichneten Fremden, die hier stets ein- und ausgingen, genauer bekannt zu werden.“280 Bei den Mitgliedern der preußischen Delegation war der Salon besonders beliebt. Staatskanzler Hardenberg berichtet in seinem Tagebuch regelmäßig von seinen Visiten im Haus des Bankiers.281 So besuchte er am 24. Dezember, gemeinsam mit dem größten Teil der preußischen Delegation, das Weihnachtsfest,282 sowie am 10. Jänner eine Unterhaltung, bei welcher „Wachsfiguren mit lebenden Menschen vorgestellt“283 wurden. Die politische Dimension jener geselligen Zusammenkünfte interessierte auch die Geheimpolizei: „Mme Arnstein et Mme Eskeles284 tiennent toutes sortes de propos scandaleux rien que pour préparer l’opinion en faveur de la Prusse. [...] En un mot, ces dames sont scandaleusement prussiennes [...]“285 So sehr Fanny von Arnstein die preußische Politik unterstützte, so groß war ihre Abneigung gegen Napoleon. Als sich im März 1815 ein Besucher ihres Salons positiv über den ehemaligen Kaiser der Franzosen äußerte, führte das zu einer heftigen Kontroverse mit der Gastgeberin. Diese fühlte sich durch diese Auseinandersetzung so gereizt, dass sie nach Informationen der Geheimpolizei aufgrund einer Nervenkrise eine Nacht lang nicht schlafen konnte und noch am 279 Ebd., Bertuch, Tagebuch, S. 28 und 245. 280 Wolzogen, Memoiren, S. 275. Hervorhebungen im Original-Druck. 281 Hardenberg war Gast am 23. September 1814, am 2. Oktober 1814, am 22. November 1814, am 25. November 1814, am 20. Jänner 1815, am 1. Februar 1815, am 15. Februar 1815, am 19. März 1815 und am 2. April 1815; vgl. Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 797, 803, 805, 806, 813, 814, 816, 819, 820. 282 Ebd., S. 809; Konfidentenbericht an Hager, dat. 25. Dezember 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 735–736, berichtet, dass alle Gäste ein Geschenk vom Weihnachtsbaum erhielten – ein Brauch, der zur Zeit des Kongresses in Österreich nicht üblich war. 283 Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 811. 284 Cäcilie (Zipperche), Schwester Fanny von Arnsteins, verheiratet mit dem Bankier Bernhard von Eskeles, der ebenfalls zahlreiche Staatsmänner des Wiener Kongresses empfing. 285 Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 18. Dezember 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 695.

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Folgetag leidend war.286 Trotz der propreußischen Haltung Fannys zeichnete sich der Arnstein’sche Salon durch seine Internationalität aus. Hier versammelten sich Gäste aus Dänemark, Schweden, den deutschen Staaten, Großbritannien, Russland, Preußen, Sizilien oder Italien.287 Ein regelmäßiger Gast war darüber hinaus der Herzog von Dalberg, welcher der französischen Delegation angehörte.288 Auch Kardinal Consalvi, der Vertreter des Heiligen Stuhls, der päpstliche Nuntius Severoli sowie weitere katholische Geistliche erschienen regelmäßig zu den Veranstaltungen der jüdischen Bankiersgattin.289 Politisch nicht weniger bedeutsam als die Zusammenkünfte im Haus Arnstein waren die Geselligkeiten, die im Palais Palm stattfanden. Hier residierten zwei der bekanntesten, anziehendsten und politisch einflussreichsten Frauen des Wiener Kongresses: Wilhelmine, Herzogin von Sagan und Katharina, Fürstin von Bagration. Während die Sagan im rechten Flügel untergebracht war, logierte die Bagration im linken. Beide Frauen unterhielten je einen eigenen Salon, der von den Staatsmännern und Politikern des Wiener Kongresses häufig frequentiert wurde. In den Quellen erscheinen die Salons der Sagan und der Bagration primär als Orte des Skandals und der Intrige: „On est indigné de la conduite scandaleuse de ces deux femmes qui mettent leurs intrigues amoureuses au service de leurs intrigues politiques. Leur débauche est devenue un instrument au service de la politique.“290 Beide Frauen schenkten, wie es scheint, nicht nur Metternich, sondern auch Zar Alexander ihre Gunst, was kritisch kommentiert wurde: „On continue à dire qu’Alexandre est le jouet de la Sagan, de la Bagration, et de son entourage.“291 Das schlechte Verhältnis, das während des Wiener Kongresses zwischen Metternich und Zar Alexander herrschte, sei nicht unmaßgeblich auf den Einfluss dieser beiden Frauen zurückzuführen, so die Fama.292 Den Einfluss dieser Frauen allerdings nur auf ihre Verführungskünste zu reduzieren, hieße ihre politische Bedeutung zu verkennen. Die Zusammenkünfte bei der Fürstin Bagration galten als „Sammelplatz der Beau Monde“,293 aber auch zahlreicher russischer Diplomaten.294 Das enge Verhältnis zwischen Metternich und Wilhelmine von Sagan, die eine langjährige Liebes- und Freundschaftsbeziehung verband, verleitete viele 286 287 288 289 290 291 292 293 294

Note an Hager, dat. Wien 31. März 1815; in: ebd., Bd. 2, S. 409–410. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 16. November 1814; in: ebd., Bd. 1, S. 543. Note an Hager, dat. Wien 26. September 1814; in: ebd., Bd. 1, S. 120. Spiel, Fanny von Arnstein, S. 427. Vick, Congress of Vienna, S. 136–137. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien, 21. Jänner 1815; in: Weil, Dessous, Bd. 2, S. 64. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien, 24. Jänner 1815; in: ebd., S. 80. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien, 25. Jänner 1815; in: ebd., S. 102. Stamm-Kuhlmann (Hg.), Hardenberg, S. 797. Note an Hager, dat. Wien 6. Oktober 1814; in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 233.

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­ iplomatische Gesandte zu der Annahme, von ihr Informationen über die polid tischen Absichten des österreichischen Außenministers erhalten zu können: „Talleyrand passe toutes ses soirées chez la duchesse de Sagan où il se flatte d’apprende les secrètes pensées de Metternich“,295 meinte ein Informant der Geheimpolizei, die Anzahl der Besuche Talleyrands etwas übertreibend. Aufgrund dieser Visiten, aber auch durch den Umstand, dass Wilhelmine von Sagan die Schwester von Talleyrands Begleiterin Dorothea de Talleyrand-Périgord war, entwickelte sich der Salon zum Treffpunkt der französischen Delegation.296 Darüber hinaus war die Gastgeberin eng verwandt mit dem preußischen Adel.297 Dies lenkte wiederum Vertreter Preußens in ihren Salon, was Wilhelmine den Ruf einbrachte, unter der Leitung Wilhelm von Humboldts politisch zu agitieren.298 Ihre Beziehungen zu Preußen waren in jedem Fall eng: Nach dem Ende des Kongresses erhielt sie von König Friedrich Wilhelm III. den Luisenorden für ihre Verdienste um die Errichtung eines Lazaretts sowie für ihre hohen Geldspenden während der Napoleonischen Kriege.299 Überhaupt besaß Wilhelmine von Sagan einen umfangreichen Kreis an persönlichen Bekannten in ganz Europa. Durch dieses Netzwerk beteiligte sie sich an politischen Debatten und versuchte, ihren Ansichten Geltung zu verschaffen – so auch auf dem Wiener Kongress, auf welchem sie als erbitterte Feindin Napoleons auftrat. Die Möglichkeiten intensiver Kommunikation, welche die Salonkultur bot, riefen allerdings auch Kritiker auf den Plan, wie etwa den Freiherrn vom Stein. Dieser mied gesellige Zusammenkünfte grundsätzlich, um nicht in seinen eigenen politischen Überzeugungen schwankend zu werden. In den Salons, so meinte er nämlich, „on ne peut manquer d’être compromis, puisqu’on se voit prêter des opinions, des sentiments, des démarches, auxquelles on n’a point pensé“.300 Generell billigte er den Salons und den sozialen Netzwerken, die sich dort ausbildeten, keine positiven Effekte auf den Gang der politischen Verhandlungen zu: „Les Salons ont une influence pernicieuse sur les affaires, puisqu’ils réunissent les personnes en place, et les intrigants et les curieux, facilitent les communications, les indiscrétions, et la réaction des affaires sur la vie sociale est tout aussi pernicieuse, comme elle cause de la gêne, de l’irritation et bannit la gaieté et la confiance.“301 Daher beschränkte Stein seine Anwesenheit auf einzelne Diners 295 296 297 298 299 300

Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 7. Oktober 1814; in: ebd. S. 243. Spiel, Fanny von Arnstein, S. 422. McGuigan, Sagan, S. 330. Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien 21. Jänner 1815; in: Weil, Dessous, Bd. 2, S. 64. McGuigan, Sagan, S. 330. Stein an seine Frau, dat. Wien 17. Dezember 1814; in: Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein 5, S. 222. 301 Ebd.

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Dorothea de Talleyrand-Périgord (ÖNB Wien)

und die wichtigen großen Feste.302 Diese hatten seines Erachtens den besonderen Vorteil, dass er sich nach Belieben zurückziehen konnte, denn „les heures tardives ne me conviennent absolument point“.303 Die Problematik der Salonkommunikation war auch Eynard bewusst, der anlässlich eines Besuches bei Arnsteins bemerkte: „J’y ai recueilli mille nouvelles qui se contredisent [...].“ Nur in einem sei sich die Gesellschaft an diesem Abend einig gewesen: „[C]ependant tout le monde est malheureusement d’accord à dire que les affaires du congrès s’annoncent assez mal.“304 Die politischen Möglichkeiten von Festen und geselligen Zusammenkünften wurden, wie die Beispiele zeigen, von den Zeitgenossen unterschiedlich bewertet und genutzt. Doch wird deutlich, dass die Festlichkeiten nicht rigoros von den politischen Verhandlungen zu trennen sind. Der Wiener Hof nutzte die Festlichkeiten, um Macht und Würde des österreichischen Kaisertums sowie die Einigkeit mit seinen Verbündeten zu demonstrieren. Die Monarchen präsentierten sich dem internationalen Publikum, das ihr Verhalten nicht nur kritisch bewer302 Nur selten durchbrach Stein sein Prinzip, die Festlichkeiten zu meiden. Am 21. Jänner 1815 besuchte er etwa einen Ball, „auquel même l’événement très extraordinaire a eu lieu que j’ai dansé deux polonaises avec les deux grandes-duchesses“. Vgl. Stein an seine Frau, dat. Wien 26. Jänner 1815; in: Botzenhart (Bearb.), Freiherr vom Stein 5, S. 253. 303 Stein an seine Frau, dat. Wien 8. Oktober 1814; in: ebd., S. 163. 304 Chapuisat (Hg.), Journal d’Eynard, S. 84.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

Charles Joseph de Ligne (ÖNB Wien)

tete, sondern daraus auch Rückschlüsse auf die Verhandlungen zu ziehen suchte. Salons etablierten sich als politische Kommunikationszentren, wo gleichermaßen wichtige Informationen und haltlose Gerüchte die Runde machten. In diesem Bereich war es auch Frauen möglich, Einfluss auf den politischen Diskurs während des Wiener Kongresses zu nehmen. Die geselligen Zusammenkünfte waren ein zweiter Wirkungskreis der Diplomatie auf dem Parkett von Ballsälen und Salons. Damit erfüllten sie eine wichtige Assistenzfunktion gegenüber den offiziellen Verhandlungen. Der Fürst de Ligne beobachtete im Herbst 1814 ganz richtig: „Der Teppich der Politik ist ganz mit Festlichkeiten durchwebt. [...] Eine seltsame Sache das, die man hier zum ersten Male sieht: die Vergnügungen erringen hier den Frieden.“305

305 La Garde, Gemälde, Bd. 1, S. 26–27.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

3.2. WER WEISS WAS? VON INFORMATIONEN, GERÜCHTEN UND DISKUSSIONEN

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Informationen und Informationsquellen Die offiziellen Verhandlungen des Wiener Kongresses fanden, wie bereits ausgeführt, im kleinsten Kreis statt.306 Dies barg ein Problem für all die übrigen Personen, die zur Vertretung ihrer Interessen nach Wien gekommen waren, ebenso wie für die Wiener Bevölkerung, die wissen wollte, was in ihrer Stadt vor sich ging: Es fehlte ihnen an Informationen hinsichtlich des Gangs der Konsultationen und der politischen Entscheidungen. Nicht nur waren die Kongressbesucher fast alle von den Beratungen ausgeschlossen, auch die Presse konnte nur bedingt weiterhelfen. Die Situation in Wien stellte sich für ausländische Korrespondenten folgendermaßen dar: „So reich wir hier an Festen und deren Beschreibung sind, so arm sind wir an Nachrichten, nach welchen doch das Publikum eigentlich dürstet, nemlich an Ausschüssen über die Mittel, worüber man zur Gründung der Ruhe von Europa entschieden hat oder auch noch unterhandelt.“307 Die Artikelschreiber und Zulieferer behalfen sich daher unter anderem damit, dass sie das Problem selbst zum Thema machten. Dies konnte zum einen dazu dienen, den dürren Gehalt ihrer Berichterstattung über die Verhandlungen zu erklären, zum anderen aber auch dazu, die Arbeit der Mächtigen zu unterstützen. So war beispielsweise in der Augsburger Allgemeinen Zeitung zu lesen, die handelnden Diplomaten müssten „verschlossen wie das Grab“ sein, „weil auch sie nur das wissen, was sie thun, weil sie ungestört dessen Wirkung abwarten müssen, und dieser durch unzweckmäßige Verbreitung nicht vorgreifen können“.308 Ein anderer Korrespondent scheute zur Rechtfertigung der Geheimdiplomatie nicht den Vergleich mit der Situation in England, dessen Parlamentarismus und Pressefreiheit liberalen Kreisen vielfach als Vorbild galten: „Einige wünschen, die Minister am Kongresse möchten offener zu Werke gehen, und alles mittheilen, was zur Sprache kommt; Andere halten es mit Recht für sehr klug, diesen Gegenstand so lange verschleiert zu lassen, bis er so fest beschlossen, als vorher reiflich überlegt worden ist. Auch ist jene Oeffentlichkeit selbst in England, das man immer zum Muster anführt, nicht ohne viele Ausnahmen zu finden, und bei den Debatten, wo sie wirklich besteht, erschwert sie den Gang der Geschäfte weit öfter, als sie ihn erleichtert. Eben so, wo nicht noch mehr, dürfte dis jetzt in Deutschland der Fall seyn, wo nicht, wie in England, unter dem Schutze einer längst befestigten Konstitution debattirt wird, sondern wo nach der Gründung dieser Konstitution selbst noch gerungen 306 Vgl. Kap. 1. 307 AZ Nr. 301 vom 28. Oktober 1814, „Aus einem ‚öffentlichen Blatt‘ aus Wien, 20. Okt.“. 308 AZ Nr. 351 vom 17. Dezember 1814, „Eine Nürnberger Zeitung schreibt aus Wien vom 9 Dec.“.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

wird. Umlagert von einem Heer von Journalisten, die als wahre Tachygrafen309 allen, die laut sprechen, jedes Wort vom Munde schreiben und hurtig druken lassen, ist es den Ministern nicht zu verübeln, wenn sie verschlossener als sonst sind; weil es, gelinde gesagt, wenigstens höchst ungelegen ist, über jedes Wort, das man ausspricht, gleich eine ganze Welt zum Richter zu haben.“310 Wo konnte man aber Informationen finden, wenn man sie dennoch haben wollte? Quellen gab es gemäß einem Bericht in der Allgemeinen Zeitung eigentlich nur vier, nämlich „in der Burg (Wohnung der Kaiser und Könige), hinter der Burg (Wohnung des Fürsten Metternich), auf dem Graben (Wohnung des Fürsten Hardenberg), und im Auge Gottes (Wohnung des Lord Castlereagh)“,311 doch seien diese unzugänglich. Optimistischer war ein anderer Schreiber; er sah in einer bestimmten Gruppe von Wien-Besuchern gute zukünftige Informanten und zudem höhere Interessen im Spiel. Denn, so erläuterte er, „zwischen dem Publikum und dem eigentlichen Kongreß steht eine Reihe von Männern, die zwar nicht in den Vordergrund der Handlung kommen, aber doch der Handlung zuschauen; diese scheinen weniger zurückhaltend und gebunden zu seyn; dis sind die ehemaligen alten deutschen Publizisten, die am Reichstag einst arbeiteten, von den kleinen Fürsten und Grafen gebraucht wurden, ihre Rechte zu vertreten, und gegen das Publikum so barmherzig sind, unschädliche Noten später oder vielleicht von oben beabsichtigt, mitzutheilen.“312 Gemeint waren damit wohl Personen wie der ehemalige Gesandte am Reichstag Hach, aber auch die ehemaligen Reichhofsratsagenten Borsch und Ditterich, die nun als Bevollmächtigte auf dem Kongress wirkten. Sie waren es gewohnt, die Interessen verschiedener Gruppierungen zu vertreten und verfügten bereits über ein ausgebautes Netzwerk; gleichzeitig handelte es sich nicht um Diplomaten im engeren Sinne, was das erhoffte freiere und offenere Agieren erklärt. Die österreichische Regierung und die Presse Über diese konkrete Hoffnung auf Information hinaus liefert der Korrespondent mit seiner Einschätzung aber ein wichtiges Stichwort – entscheidend für die Presseberichterstattung, welche der Wiener Bevölkerung und den auswärtigen Gästen zur Verfügung stand, war bis zu einem gewissen Grad, was „von oben beabsichtigt“ war. Die Beamten der zuständigen Behörden der österreichischen Staatsführung, mit den Hauptverantwortlichen Metternich und Gentz, hatten sehr konkrete Vorstellungen über Pressepolitik:313 Die Presse sollte unter s­ trenger 309 310 311 312 313

Schreiber eines Kurzschriftsystems des griechischen Altertums. AZ Nr. 301 vom 28. Oktober 1814, „Aus einem ‚öffentlichen Blatt‘ aus Wien, 20. Okt.“. AZ Nr. 285 vom 12. Oktober 1814, „nach Schreiben aus Wien vom 4. Oct in öff. Blättern“. AZ Nr. 351 vom 17. Dezember 1814, „Eine Nürnberger Zeitung schreibt aus Wien vom 9 Dec“. Vgl. dazu ausführlicher und mit weiterer Literatur Werner, Gentz gegen Görres. Dies., Von Reform zu Reform.

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Wiener Zeitung Nr. 306 vom 2. November 1814 (ÖNB Wien)

Kontrolle stehen, geplant von der Regierung nur ganz gezielt Informationen preisgeben und auf keinen Fall diskutieren und „räsonieren“, wie es in der Quellensprache heißt. Staatskanzlei und Polizeihofstelle versuchten an verschiedenen Punkten anzusetzen, um diese Prinzipien umzusetzen. Am Erfolg versprechendsten musste dies bei den inländischen Zeitungen sein, die zu steuern in ihrer Macht lag. So erging während des Kongresses die Instruktion an die Herausgeber der Zeitungen in den Provinzen, dass „keine den Kongreß, und überhaupt keine die Staatspolitik betreffenden Artikel eingeschaltet werden dürfen, welche nicht zuvor in der Wiener Zeitung oder den Öst. Beobachter aufgenommen, folglich bereits vorläufig der Beurtheilung der höheren Verwaltung unterzogen worden sind“.314 Bei den genannten Blättern handelte es sich um die beiden politischen Tages­ zeitungen Wiens.315 Während die Wiener Zeitung durch einen Pachtvertrag auf 314 HHStA Wien, St.K. Noten an die PHSt 1813–1815, Kart. 4, Note vom 2. März 1815. 315 Zur Wiener Zeitung vgl. Winkler, Gentz. Stamprech, Die älteste Tageszeitung. Beiträge in der Jubiläumsnummer der Wiener Zeitung vom 8. August 1903. Zum Österreichischen Beobachter vgl. Mühlhauser, Geschichte.

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das Engste an die Auflagen der Regierung gebunden war, befand sich die Redaktion des Österreichischen Beobachters in einer formal unabhängigen Position von der Regierung. Sie stimmte sich aber so genau mit der Staatskanzlei, deren Beamter der leitende Redakteur Joseph Anton Pilat auch war, ab, dass das Blatt völlig unter staatlicher Kontrolle blieb und auch in der Öffentlichkeit einen entsprechenden Ruf genoss. Dieser Hintergrund barg die Gefahr, dass alles, was zu lesen erlaubt war, als Position der Regierung interpretiert wurde. Da man eine Öffnung in Richtung eines Meinungsjournalismus in politisch heiklen Zeiten wie den Kriegsjahren oder auch der Phase der Kongressverhandlungen ohnehin nicht wagen wollte, blieben die Möglichkeiten politischer Informationsvermittlung stark eingeschränkt, wie später noch genauer dargestellt werden soll. Auf diese Weise konnte das große Ziel der Verantwortlichen nicht erreicht werden: die Nachfrage nach ausländischen Blättern zu minimieren oder gar zu eliminieren. Eine verbleibende Möglichkeit war es daher, auf deren Inhalte Einfluss zu nehmen. Dies wurde auf verschiedene Weise versucht: Man platzierte gezielt Artikel oder bot die Kooperation über regierungszugehörige Korrespondenten an. Auch konnten Drohkulissen bezüglich eines möglichen Verbots in ­Österreich aufgebaut oder auf höherer Ebene bei der Regierung des Herkunftslandes der jeweiligen Zeitung interveniert werden.316 Die ausländischen Zeitungen tatsächlich generell zu verbieten, kam zu Zeiten des Kongresses längst nicht mehr infrage – eine derart unpopuläre Maßnahme konnte sich keine Regierung leisten. Eine Beschränkung auf für die Regierung akzeptable Zeitungen war aber möglich. So wurde jährlich beziehungsweise zeitweise halbjährlich ein sogenannter Preistarif herausgegeben, dem zu entnehmen war, welche Zeitungen im aktuellen Jahr erlaubt sein würden. Dadurch, dass die Zeitungen nur über das Oberste Hofpostamt beziehungsweise die entsprechenden Ämter in den Provinzen bezogen werden konnten, sicherten sich die Behörden eine zusätzliche Kontrollmöglichkeit: Die Namen der Abonnenten waren eruierbar. Auch behielten sie sich trotz des Preistarifs in einigen Fällen Einschränkungen in der Verwendung vor, um den Kreis der Leser klein zu halten: Einige Blätter durften abonniert, nicht jedoch in Kaffee- oder Wirtshäusern öffentlich ausgelegt werden. Zusätzlich konnten nicht im Preistarif enthaltene Zeitungen gegebenenfalls gegen polizeiliche Erlaubnis ausgegeben werden. Das geschah aber mit so beträchtlicher Verzögerung, dass diese Möglichkeit wenig attraktiv war. Schließlich war auch der Preis ein Argument, der das Interesse an ausländischen Zeitungen mindern sollte – sie waren durch eine Stempelsteuer viel teurer als die inländischen Blätter. Die Allgemeine Zeitung aus Augsburg kostete beispielsweise drei Mal so viel wie der Österreichische Beobachter. Geradezu 316 Vgl. z. B. zur Einflussnahme auf Frankfurter Zeitungen Kammerer, Pressepolitik, S. 212–215.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

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unerschwinglich waren englische Gazetten, deren Abonnement nochmals mit dem Zehnfachen des Preises der Allgemeinen Zeitung zu Buche schlug.

Die ausländischen Zeitungen Trotz all der erwähnten Maßnahmen waren die ausländischen Zeitungen die Schwachstelle des österreichischen Zensur- und Pressesystems, denn die Aufnahme in den Preistarif bedeutete, dass sie damit für das laufende Jahr für unbedenklich erklärt und zum privaten Abonnement freigegeben waren, so wie sie aus dem Ausland eintrafen – also ohne dass nach der Zensur im Herkunftsland eine zusätzliche Zensur in Österreich erfolgte. Ein Verbot einzelner Nummern war folglich nicht möglich, ohne größeres Aufsehen zu erregen.317 Ein Blick in die Preistarife zeigt, welche Zeitungen in Wien überhaupt erhältlich waren. Auffällig ist, dass hier zwischen 1814 und 1815 beträchtliche Unterschiede vorlagen.318 Zum Zeitpunkt der Drucklegung des Preistarifs von 1814 herrschte noch Krieg. In dieser Situation erlaubten die Behörden keine französischen Zeitungen, die alle durch den Gegner Napoleon gleichgeschaltet und voll von Propaganda gegen die Alliierten waren. Aber auch die freizügigen englischen Zeitungen, welche unerwünschte Diskussionen anregen konnten, waren untersagt. Im Friedenszustand stellte sich die Lage anders dar, sodass man bereits während des Jahres 1814 neue Planungen anstellte. Im November erging die Weisung, dass die Pariser Zeitungen „rechtlichen und verständigen Personen nicht vorzuenthalten seyen, nur wäre nicht zu gestatten, daß sie in öffentlichen Orten gehalten würden“.319 1815 sind dann mehrere Blätter beider Länder im Preistarif enthalten. Aus England waren es die Branchengrößen The Times und The Morning Chronicle sowie die probourbonische Exilzeitung Courier de Londres.320 Aus Frankreich erhielten der Moniteur, das Journal de l’Empire, die Gazette de France und das Journal de Paris321 eine Zulassung – auffälligerweise genau jene vier Blätter, die Napoleon 317

Vgl. dazu z. B. Note Hagers an Metternich, dat. 24. Jänner 1815: ÖStA, HHStA, St.K., Noten von der PHSt 1814 VII–1815 VI, Kart. 30. 318 Die Liste von 1815 überliefert in ÖStA, HHStA, St.K., Noten von der PHSt, Kart. 31, F. 369– 370r, die Liste von 1814 in ÖStA, Hofkammerarchiv, Camerale Österreich Fasz. 9/2 1814 Juli. 319 Nach einem Schreiben des Oberstburggrafen Kolowrat an den Chef der PHSt, Baron von Hager, Prag, dat. 30. März 1815, in welchem Ersterer die Weisung des Letzteren zitiert; ÖStA, AVA, PHSt 6/1815, F. 493. 320 Vgl. zur Exilpresse Burrows, French Exile Journalism, zur englischen Presse Barker, Newspapers. 321 Vgl. Trinkle, The Napoleonic press, S. 32–41 und 130–133. Die ehemals populärste und verbreitetste royalistische Zeitung, in der vor- und nachnapoleonischen Zeit unter dem Namen Journal des Débats, war von Napoleon konfisziert worden und lebte jetzt unter den alten Besitzern und Herausgebern wieder auf. An zweiter Stelle hinsichtlich Verbreitung stand die Gazette de France, die älteste Pariser Zeitung mit ebenfalls royalistischen

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

nicht verboten, sondern in seine Dienste genommen hatte, und keines der nach seinem Sturz fast augenblicklich aus dem Boden schießenden neuen Blätter. Bis auf den Moniteur waren dies alles royalistische Zeitungen, welche die Bourbonen unterstützten, aber das deutlich weitere Spektrum der nach Napoleons Sturz wiederbelebten französischen Presse von ultraroyalen, über bonapartistischen bis zu liberalen Blättern keineswegs widerspiegelten. Auch der Moniteur, Napoleons hauptsächliches Propagandainstrument, passte sich der neuen Zeit an, kehrte aber nach Napoleons Rückkehr wieder zur alten Diktion zurück. Noch unberührt von den neuesten politischen Ereignissen überlegte man im Frühjahr 1815 in der Staatskanzlei sogar die Rücknahme der Regelung, dass die französischen Blätter nicht öffentlich gehalten werden dürften.322 Um überhaupt Artikel aus der englischen oder französischen Presse lesen zu können, musste man diese Blätter aber ohnehin nicht unbedingt für teures Geld abonnieren, denn es entsprach den damaligen Gepflogenheiten des Zeitungsmachens, ausgewählte Berichte aus anderen Gazetten zu übernehmen. So praktizierten es auch die deutschsprachigen Zeitungen, von denen tatsächlich in beiden Jahren eine ganze Reihe aus verschiedenen deutschen Staaten in Wien erhältlich war. Auffällig ist auch hier die Ausweitung des Erlaubten vom Kriegsjahr 1814 mit 17 deutschen politischen Blättern auf immerhin 24 im Folgejahr. Zu den beliebtesten deutschen Zeitungen in ­Österreich zählte die bereits mehrfach zitierte Allgemeine Zeitung aus Augsburg. Sie gehörte dem Verleger Johann Friedrich Cotta, der auch selbst nach Wien reiste, um über den Kongress zu berichten.323 Der kritische rheinische Publizist Joseph Görres urteilte über die Zeitung, sie werde „an Vollständigkeit der Nachrichten […] von keiner andern übertroffen“.324 Zudem hob er die Zusammenstellung der Informationen und die gelegentlichen Urteile positiv hervor – dass es solche urteilenden Meinungsäußerungen gab, war in der damaligen Presse noch keine Selbstverständlichkeit. Ein Titel springt allerdings im Preistarif von 1815 besonders ins Auge: der Rheinische Merkur. Die berühmte Zeitung eben jenes Joseph Görres , die zensurfrei325 in der gerade erst von den französischen Truppen geräumten Rheinprovinz erschien

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Wurzeln. Sie überlebte als nur eine von vier Pariser politischen Zeitungen ohne Bruch die napoleonische Zeit als Werkzeug für Nachrichten der Regierung und unterstützte nach Napoleons Fall wieder die Monarchie. Antwort Hagers, dat. Wien, 14. April 1815, in: ÖStA, AVA, PHSt 6/1815, F. 492. Vgl. dazu vor allem Rintelen, Zwischen Revolution. Zur AZ insgesamt vgl. a. Heyck, Allgemeine Zeitung. Müchler, „Wie ein treuer Spiegel“. Moran, Towards a century of words. Breil, Augsburger „Allgemeine Zeitung“. Cotta hatte zudem die Aufgabe übernommen, für ein Verbot des Nachdrucks auf dem Kongress einzutreten, vgl. zu seinem politischen Engagement insgesamt Neugebauer-Wölk, Revolution. Görres, Rheinischer Merkur Nr. 80 vom 1. Juli 1814. Zur Frage, inwieweit hier von Pressefreiheit die Rede sein konnte, vgl. die differenzierten Betrachtungen von Schneider, Pressefreiheit, S. 190–204.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

Johann Friedrich Cotta (ÖNB Wien)

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Josef Görres (ÖNB Wien)

und sich die Verbesserung der Rechte des Volkes und die Förderung patriotischer Gesinnung zum Ziel gesetzt hatte, war tatsächlich in Österreich, anders als etwa in Bayern oder Württemberg, nicht verboten. Metternich, so der Chef der Polizei­ hofstelle Baron von Hager, habe sich gegen ein Verbot entschieden, da auch vieles „im guten Sinn“ in der Zeitung enthalten sei, „insbesondere aber weil sie dem österreichischen Kaiserhause nicht ungünstig sey“.326 Hager zielte mit dieser Aussage vor allem auf die Tatsache, dass sich Görres im Merkur wiederholt für eine Übertragung der deutschen Kaiserwürde auf den österreichischen Kaiser ausgesprochen hatte.

Die Leser Zeitungen wie der Österreichische Beobachter, die Allgemeine Zeitung und der Rheinische Merkur waren, so unterschiedlich sie sich auch ausnahmen, alle auf das gehobene Publikum ausgerichtet – einfache Leute griffen, wenn überhaupt, eher zu Blättern wie der in Österreich ebenfalls beliebten Augsburger Postzeitung327 oder gar zum Eipeldauer, der allerdings mit einer politischen Tages­ 326 Baron von Hager an den Oberstburggrafen in Prag, dat. Wien 28. April 1815; ÖStA, AVA, PHSt 6/1815. Auch Hager selbst sah dies, vgl. seine Bemerkung gegenüber Metternich, dass Österreich im Rheinischen Merkur, „wie schon aus dem Titel ‚Kaiser und Reich‘ hervorzugehen scheint, noch ziemlich gut im Vergleich mit den übrigen Staaten behandelt wird“ (Note Hagers an Metternich, dat. Wien, 24. Jänner 1815: ÖStA, HHStA, St.K., Noten von der PHSt 1814 VII–1815 VI, K. 30). 327 Die ehemals gerade in Österreich äußerst beliebte Zeitung mit ihrem volkstümlichen Tenor war allerdings spätestens seit dem Jahr 1812 im Niedergang begriffen und kam daher nicht an frühere Aufmerksamkeit heran, vgl. Hart, Geschichte.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

zeitung schon nichts mehr gemein hatte. Eine Sonderstellung hatte die Wiener Zeitung inne, die durch das Privileg für Inserate für verschiedene Bevölkerungsund Gästegruppen von Interesse war. Die Zahl der in Wien kursierenden Blätter für die Jahre des Kongresses zu eruieren, ist kaum möglich. Dazu kommt, dass für die damalige Zeit pro Zeitungsexemplar mit bis zu zwölf Lesern gerechnet werden muss328 – in der Dichte des Kongressgeschehens waren es sicherlich noch weit mehr. Bekannt ist der Absatz von Österreichischem Beobachter und Wiener Zeitung außerhalb Wiens: Der Beobachter wurde im Jahr 1815 allein außerhalb der Haupt- und Residenzstadt 4000 Mal, die Wiener Zeitung 2532 Mal abonniert.329 Es ist zu vermuten, dass die Zahl der Abnehmer in Wien bei jeweils mindestens weiteren 2000 Personen gelegen haben dürfte, womit insbesondere der Beobachter eine für damalige Zeiten hohe Auflage erreichte.330 Über den Österreichischen Beobachter schreibt der Redakteur der Wiener Zeitung, „daß die fremden Gesandtschaften selbst auf alle Art ein Blatt unterstützen, das einer so ausgezeichneten Gunst von Seite des Ministers der auswärtigen Angelegenheiten sich erfreuet“.331 Von der Allgemeinen Zeitung weiß man, dass sie im Juni 1815 eine Auflage von 2900 Stück hatte,332 von welcher circa die Hälfte für den Absatz im Kaisertum Österreich bestimmt war.333 Alle anderen Zeitungen dürften nicht auf solche Zahlen gekommen sein. Dass Auflagezahlen für die Bedeutung, die einer Zeitung zukommen konnte, letztlich aber nicht allein entscheidend waren, zeigt das Beispiel des Rheinischen Merkurs. Er erregte in Wien wie andernorts großes Aufsehen. Doch als Baron von Hager sich angesichts der vermehrten Bedenken eine Liste der Leser erstellen ließ, umfasste diese für Wien in der zweiten Hälfte des Jahres 1815 gerade einmal 29 Abonnenten, wobei von dieser Zahl der Redakteur des Österreichischen Beobachters, Joseph Pilat, das Hofkriegspräsidium und die Polizeihofstelle selbst als Bezieher im staatlichen Interesse abzu328 Vgl. Welke, Presse, S. 140–142. 329 So die Angabe des Buchdruckers Strauß im Verhör mit dem Präsidenten der PHSt Hager, vgl. dessen Note an die Hofkammer dat. 30. September 1815: ÖStA, AVA, PHSt 6/1815. 330 Mühlhauser, Der Österreichische Beobachter, schreibt von einer Auflage von 7000 Stück zu Beginn des Jahres 1816, allerdings ohne Beleg. Der Rheinische Merkur beispielsweise hatte 1814/15 lediglich eine Auflage von 3000 Stück, vgl. die Übersicht mit Vergleichszahlen für Auflagehöhen von Zeitungen bei Schäfer, Ernst Moritz Arndt, S. 258–259. Die oben genannten Zahlen für den Österreichischen Beobachter decken sich mit den Angaben für das Jahr 1813 bei Foit, Die publizistische Tätigkeit, S. 100, der allerdings ebenfalls keine Belege erbringt. 331 Der Verleger und die Redaktion der Wiener Zeitung an Hudelist, 23. März 1815: ÖStA, HHStA, St.K., Wissenschaft, Kunst und Literatur 13, F. 550–551. 332 Fischer, Die Augsburger „Allgemeine Zeitung“, S. 54. 333 Vgl. Hanousek, Die Stellung, S. 82.

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ziehen sind.334 Dass aber die Zeitung trotz seiner geringen Zahl an Abonnenten, die noch dazu mehrheitlich der Oberschicht entstammten, weite Kreise zog, legt beispielsweise ein Bericht aus Prag nahe: Der Merkur dürfe zwar „nicht an öffentlichem Orte gehalten werden, sein Inhalt aber wird unter gegenwärtigen Geistverhältnissen so anziehend gefunden, daß er auch im Privatwege von Hand zu Hand geht, und zu mannigfachen Raisonnements Anlaß gibt, immer aber auf die öffentliche Meinung ungünstig einwirkt“.335 Durch die Weitergabe über Privatpersonen gelange er trotz des Verbots sogar als Lektüre in Wirts- und Kaffeehäuser, so der besorgte Informant zu einem späteren Zeitpunkt.336 Auch für Wien gab es ähnliche Gerüchte, beispielsweise dass der Merkur „in mehreren öffentlichen Örtern, nahmentlich im Gewölbe des Zuckerbäckers Wohlfahrt am Michaelerplatze gelesen wurde“.337 Die Berichterstattung zum Wiener Kongress in der österreichischen Presse Auch wenn die Behauptung Heinrich von Treitschkes, der Österreichische Beobachter habe „in neun Monaten einen einzigen Artikel über die Geschäfte der erlauchten Versammlung“ gebracht,338 nicht haltbar ist, so bestand die Berichterstattung der österreichischen Blätter, die sich direkt auf die Kongressverhandlungen bezog, in der Tat aus wenigen Texten. Weit größeren Raum nahmen zum Beispiel die Listen der an- und abreisenden Gäste ein, aber auch die Beschreibungen der Feste und Feierlichkeiten, deren politischer Gehalt an anderer Stelle dieses Buches zur Sprache kommt. Die Artikel über die Verhandlungen wurden allerdings an wohl gewählten Schlüsselpunkten der Kongressgeschichte lanciert, sodass sie beträchtliche Aufmerksamkeit erregten. Die wenigen politischen Nachrichten ließ Gentz dann meist – zum Leidwesen der Redaktion der Wiener Zeitung339 – dem Österreichischen Beobachter zuerst zukommen. Den Anfang machten hier zwei Deklarationen, die im Zusammenhang mit der Eröffnung des Kongresses standen und unter anderem über die Presse bekannt gemacht 334 Auflistung der Obersthofpostamthauptzeitungsexpedition, dat. 13. Dezember 1816: ÖStA, AVA, PHSt 6/1815. Weitere Abonnenten aus anderen Teilen der Monarchie kamen hinzu, für Prag existiert eine gesonderte Liste mit den Namen von 18 Beziehern. 335 Schreiben des Oberstburggrafen in Prag an Baron von Hager, dat. 23. April 1814: AVA Wien, PHSt 6/1815. 336 Schreiben des Oberstburggrafen in Prag an Baron von Hager, dat. 16. Dezember 1815: AVA Wien, PHSt 6/1815. 337 Dekret Hagers an die Polizeioberdirektion in Wien, dat. 2. September 1815: AVA Wien, PHSt 6/1815. 338 Treitschke, Der Wiener Kongreß, S. 17. 339 Vgl. die Beschwerde des Verleger und der Redaktion der Wiener Zeitung an Hudelist, dat. 23. März 1815: HHStA Wien, Staatskanzlei, Wissenschaft, Kunst und Literatur 13, F. 550–551.

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­wurden.340 Sie verkündeten die Einleitung „vertrauliche[r] Erörterungen“, die Verschiebung des Kongressbeginns auf den 1. November 1814 und schließlich die Eröffnung eines Büros zur Überprüfung der Vollmachten der Kongressteilnehmer.341 Dieser Verlauf musste für die zahlreichen nach Wien gereisten Vertreter verschiedener Staaten und Interessensgruppen eine Enttäuschung sein – dass man sich auf offizieller Seite dessen bewusst war und Erklärungsbedarf sah, zeigt der erläuternde Artikel, der am 24. November 1814 erschien. Die Bedeutung, welche die Behörden diesem Text zumaßen, wird daran deutlich, dass Metternich ihn persönlich verfasste. Dennoch wollte man ihn nicht als offiziellen Beitrag verstanden wissen und wählte daher den Weg, einen anonymen Artikel in der Prager Zeitung zu platzieren, der dann als von dort in den Österreichischen Beobachter übernommen gekennzeichnet werden sollte. Peinlicherweise deckte eine „Frankfurter Zeitung“ bald auf, dass der Artikel in der Prager Zeitung einen Tag später als im Beobachter erschien, sodass das Vorgehen der österreichischen Regierung bloßgestellt war.342 Eine Beurteilung wie jene durch Hans von Gagern, der Artikel sei „in Österreichischem Namen und Zweck […] und mit künstlicher Beschönigung“343 geschrieben, verwundert da nicht. Metternich legte jedenfalls alles zum Geschäftsgang des Kongresses recht ausführlich offen. Die acht Mächte hätten sinnvollerweise entschieden, „auf dem schnellsten und wirksamsten Wege, nämlich dem confidentiellen, zu verhandeln“ 344. Außerdem behielten sich „die in diese verschiedenen Unterhandlungen eingreifenden Mächte […] vor, die Resultate derselben, welche nur in ihrer Verbindung mit dem Ganzen auf definitive Gültigkeit Anspruch haben können, nach Beendigung sämmtlicher Geschäfte, unter die allgemeine Garantie aller Theilnehmer zu stellen“ – eine Hoffnung weckende und gleichzeitig aktuell die Gemüter beruhigende Aussage in Hinblick auf eine breitere Partizipation am Kongressgeschehen. Das Ziel, damit die Neugierde der Öffentlichkeit hinsichtlich des Kongresses zu befriedigen, wurde allerdings nicht in allen Augen erreicht. Vielmehr, so schrieb ein Informant an die Polizeihofstelle, habe der Artikel eine diametral entgegengesetzte Wirkung entfaltet.345 Konsequenterweise folgte auf die Begründung der Geheimverhandlungen ein großes Loch in der sich direkt auf die Verhandlungen beziehenden Presseberichterstattung der Wiener Zeitungen. Zwar konnten gelegentlich aus der 340 Vgl. Kap. 1. 341 ÖB Nr. 286 vom 13. Oktober 1814 und Nr. 306 vom 2. November 1814. 342 Vgl. AZ Nr. 2 vom 2. Jänner 1815, gemäß einem „Schreiben aus Wien vom 21 Dec., in der Würzburger Zeitung“. 343 Gagern, Mein Antheil an der Politik, Bd. 2, S. 52. 344 ÖB Nr. 323 vom 24. November 1814. 345 Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien, 26. November 1814, in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 598.

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politischen Berichterstattung über Vorgänge im Ausland Rückschlüsse auf das Kongressgeschehen gezogen werden. So mehrten sich die Informationen, sobald eine Causa der Tagesordnung des Kongresses mehr oder weniger abgeschlossen war, die Geheimdiplomatie also ihr Werk vollbracht hatte. Zum Beispiel las man am 21. Februar 1815 in der Rubrik „Preußen“ des Österreichischen Beobachters Nr. 52 ­einen erstaunlich genauen Bericht „aus glaubwürdiger Quelle“ über eine auf dem Kongress erzielte Übereinkunft bezüglich der „künftigen Territorial-Verhältnisse der preußischen Monarchie“. Letztlich öffnete aber erst die völlige Veränderung der Situation durch die Flucht Napoleons von der Insel Elba und die damit verbundene Bedrohung des Friedens die Türen zu den Verhandlungen wieder einen Spalt weit: Eine dreiteilige pressepolitische Initiative gehörte zu den Reaktionen der Alliierten. Nachdem die Öffentlichkeit über die Tatsache, dass Napoleon geflohen war und erneut die Konfrontation suchte, nicht zuerst durch die Zeitungen informiert wurde und ein Informant dem Chef der Polizeihofstelle bereits zu mehr Offenheit zur Beruhigung der Gemüter geraten hatte,346 erschien am 15. März 1815 die Erklärung, welche die acht Signatarmächte zwei Tage zuvor in ihrer Sitzung verabschiedet und zu veröffentlichen beschlossen hatten. Sie erklärten darin, Napoleon habe sich „von den bürgerlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen ausgeschlossen, und als Feind und Störer der Ruhe der Welt, den öffentlichen Strafgerichten Preis gegeben“. Gleichzeitig brachten sie ihren Willen zur Ergreifung gemeinschaftlicher Maßnahmen für den Erhalt des Friedens zum Ausdruck. Erneut wurde damit ein Text zur Beruhigung der Gemüter veröffentlicht. Zudem erhielt der Text einen ausführlichen Kommentar – mit einem ganzseitigen Artikel im Österreichischen Beobachter vom folgenden Tag aus der Feder von Friedrich Gentz.347 Gentz meinte hier unter anderem Gerüchten widersprechen zu müssen, dass ein Zusammenhang zwischen Napoleons Flucht und „eingebildeten Mißverständnissen“ der Alliierten bestehe. Vielmehr betonte er deren Einigkeit und hob ihre grundsätzliche Bereitschaft, gegen jegliche Bedrohung des Friedens einzutreten, hervor. Die Deklaration werde über ihren konkreten Zweck hinaus „als ein würdiges Denkmal in der Geschichte der Zeit bestehen, und dem Geiste des Congresses, der Eintracht und dem hohen Sinne der Souveräns, und der Weisheit ihrer Minister zur bleibenden Ehre gereichen“. Damit jedoch noch nicht genug, sahen sich die Alliierten zwei Monate später genötigt, ihre Position nochmals zu unterstreichen: Am 18. Mai 1815 erschien ein mehrseitiger Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Achter-Konferenz vom 12. des Monats im Beobachter.348 Thema der Sitzung war die Frage, ob angesichts der Entwick346 Konfidentenbericht an Hager, dat. Wien, 11. März 1815, in: Weil, Dessous, Bd. 2, S. 316–317. 347 ÖB Nr. 75 vom 16. März 1815. 348 ÖB Nr. 138 vom 18. Mai 1815.

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Österreichischer Beobachter Nr. 75 vom 16. März 1815 (ÖNB Wien)

lung der Lage und der Reaktionen aus Paris auf die Deklaration vom 13.  März „mit der Absicht, die öffentliche Meinung zu gewinnen und irre zu führen“ eine neue Deklaration gegen Napoleon notwendig sei. Dies wurde letztlich angesichts der unveränderten Position gegenüber Napoleon verworfen, doch ging es bei dieser Veröffentlichung um weit mehr als um eine diesbezügliche Sachinformation. Das Dokument war de facto, wie Gentz es klar auf den Punkt brachte, „ein Kriegsmanifest, über dessen Sinn man sich in Frankreich nicht täuschen können wird“.349 Neben dieser außenpolitischen Funktion hatte es noch einen zweiten, an die Öffentlichkeit gerichteten Zweck: Die Wahl der Form, die scheinbar Einblick in die Verhandlungen gewährte, suggerierte eine völlig neue Einbeziehung der ­Öffentlichkeit in das Kongressgeschehen. So sollten Kongressbesucher wie Wiener Bevölkerung und andere Abonnenten nicht nur durch ein starkes gemeinsames Auftreten der Alliierten beruhigt, sondern auch in deren Handeln mit einbezogen und so als eine Art Solidargemeinschaft mit den Mächtigen für den neuen Krieg gewonnen werden. Dieser Krieg bestimmte in der Folgezeit die Berichterstattung: Extrablätter und Armeebulletins prägten die Wiener Zeitungen, und die Propagandamaschi349 Gentz an Caradja, dat. Wien, 21. Mai 1815, in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 631–635, hier 632.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

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nerie lief auf Hochtouren.350 Zum Kongress selbst galt es nur noch sein Ende und seine Ergebnisse zu vermelden. Ein abschließender Kommentar von Friedrich Gentz, der am 13. Juni 1815 veröffentlicht wurde, rühmte angesichts des Kriegszustandes die Ergebnisse recht verhalten und warb um Verständnis angesichts der widrigen Umstände. Er schrieb, um über die Resultate des Kongresses urteilen zu können, müsse man „die Umstände, unter denen er zusammentrat, und die Begebenheiten, die während der letzten Monate in seine Wirksamkeit eingriffen, zu würdigen wissen“ – es habe gegolten, „einander ganz entgegen gesetzte Ansprüche so vieler Interessenten auszugleichen, Staaten, die in den Ungewittern der letzten zwanzig Jahre zu Grunde gegangen waren, wieder aufzubauen, andere, für das ­europäische System besonders wichtige, die einen großen Theil ihrer Besitzungen verloren hatten, zu ergänzen, zu gleicher Zeit den Forderungen der Gerechtigkeit und der Staatsklugheit genüge zu leisten, und weder das allgemeine Interesse über dem Einzelnen, noch das Einzelne über dem Allgemeinen aus den Augen zu verlieren.“351 Am 27. Juni 1815 begann mit dem Abdruck der Bundesakte schließlich die Veröffentlichung der Kongressergebnisse352 – jetzt, da alles zum Abschluss gebracht war, durfte das Publikum die Ergebnisse auch in Augenschein nehmen.

Die Berichterstattung zum Wiener Kongress in der ausländischen Presse Dies alles war sicherlich von Interesse, um die Haltung der österreichischen Regierung zu studieren. Wer aber aktuelle Informationen zum Verlauf des Kongresses haben wollte, konnte mit der Berichterstattung der österreichischen Zeitungen nicht zufrieden sein. Ein Spitzel berichtete dementsprechend von Kongressteilnehmern, welche ausländische Zeitungen abonnierten, da diese das einzige Mittel für sie seien, „de savoir ce qui se passe au Congrès, dont la Wiener Zeitung ne peut rien dire“.353 Doch konnten sie tatsächlich mehr bieten als die Blätter vor Ort? Sie machten zwar mehr Worte – wie eingangs angedeutet bestand ihre Berichterstattung vor allem zu Beginn des Kongresses allerdings mehr aus Gerüchten denn aus Informationen: Ganz Wien scheint eine einzige Gerüchteküche gewesen zu sein. Der Korrespondent einer Nürnberger Zeitung beschrieb diese Situation wie folgt: „Es bleiben nur Privatverbindungen übrig: allgemeiner Glaube des Publikums, was dieses erlauscht, erfolgert aus ähnlichen Erscheinungen; statt gar nichts nimmt man dis Wenige mit Dank auf, und wenn sich unter zehn Sagen auch nur eine bewährt, so hat es doch unterhalten.“354 Der Autor des 350 351 352 353 354

Vgl. dazu Kammerer, Pressepolitik, S. 199–200. Friedrich Gentz: Wien, den 12. Juni, in: ÖB Nr. 164 vom 13. Juni 1815. ÖB Nr. 178 vom 27. Juni 1815. B. an Hager, Wien, 25. Oktober 1814, in: Weil, Dessous, Bd. 1, S. 386–387, hier S. 387. AZ Nr. 351 vom 17. Dezember 1814 – „Eine Nürnberger Zeitung schreibt aus Wien vom 9. Dec.“.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

Artikels betont zwar auch den politischen Wert der Gerüchte insofern, „daß sehr häufig sich der Gang spiegelt, den die Angelegenheiten nehmen wollten, wenn sie ihn auch nicht nahmen, und daß eine getreue Darstellung des täglichen Glaubens in Wien, den Auswärtigen wenigstens den treuen Genuß Wiens selbst gibt“.355 Diese Ausführungen scheinen jedoch eher der Verzweiflung geschuldet, nichts anders zu berichten zu haben. Insgesamt gab es an Gerüchten jedenfalls nichts, was es nicht gab. Die Allgemeine Zeitung notierte schon in der Übersicht auf der Titelseite als Inhalt der Rubrik Österreich „Mannigfache Sagen aus Wien“.356 Gerüchten nach sollte beispielsweise der österreichische Kaiser am 29. November 1814 zum deutschen Kaiser ernannt werden357 oder ein Krieg gegen die Hohe Pforte kurz bevorstehen.358 Viel beschäftigte die Gerüchteküche sich auch mit einer bevorstehenden Ankunft des Königs von Sachsen, wohl am häufigsten wurden Gerüchte über die polnisch-sächsische Frage insgesamt sowie über ein baldiges Ende des Kongresses, die bevorstehende Abreise der Souveräne und über die deutschen Angelegenheiten in Umlauf gebracht. Auch deutlich Abwegigeres war zu lesen, wie etwa, dass man „nächstens eine Generalkonvention aller Staaten halten [wolle], auf welcher ganz Europa, nebst Kleinasien und Nordafrika, in zwölf große Reiche eingetheilt werden solle“.359 Zum Teil scheinen Gerüchte auch absichtlich zur Hebung des Kurses gestreut worden zu sein, wie zumindest die Allgemeine Zeitung behauptet.360 Besonders bekannt für Gerüchte war die sogenannte Chronik des allgemeinen Wiener Kongresses, die in Frankenthal erschien, aber laut Impressum „von einer Gesellschaft zu Wien anwesender Gelehrter und Geschäftsmänner“ herausgegeben wurde. Die Herausgeber wurden von ihren Kollegen als „Spekulanten im Zeitungsfache“ denunziert – es werde sich später erweisen, „daß Alles, was der Verfasser der Chronik für Darstellung und Aufschlüsse ausgab, durchaus grundlos, und von den in seinem Journal erzählten Anekdoten auf Hundert kaum Eine wahr gewesen ist“.361 Dies hinderte die anderen Zeitungen allerdings 355 Ebd. 356 AZ Nr. 323 vom 19. November 1814. 357 AZ Nr. 322 vom 18. November 1814: Bericht aus der Chronik des Wiener Kongresses vom 3./4. November mit der Vorbemerkung, dies seien „wohl noch sehr der Bestätigung bedürfende Neuigkeiten und Gerüchte“. 358 AZ Nr. 358 vom 24. Dezember 1814 – nach einem Bericht der Würzburger Zeitung „einer hier ziemlich allgemeinen Sage zufolge“. 359 AZ Nr. 35 vom 4. Februar 1815, Rubrik Großbritannien – ein sonderbares „Mährchen“ aus dem Morning Chronicle. 360 AZ Nr. 345 vom 11. Dezember 1814. 361 AZ Nr. 4 vom 4. Jänner 1815, Aus dem Österreichischen Beobachter, „entlehnt aus dem französischen Amtsblatte, so wie dieses wieder früher aus dem Journal general de France“.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

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nicht an einer breiten Rezeption, wenn auch oft „mit warnenden Randglossen“362 hinsichtlich des fragwürdigen Wahrheitsgehalts der Nachrichten – zu groß war offenbar die Nachfrage nach Informationen, als dass man hiervon lieber gänzlich Abstand genommen hätte. Dennoch wäre es mehr als verkürzt, die Kongressberichterstattung auf die offiziellen Artikel der Wiener Zeitungen und Gerüchte in der übrigen Presse zu reduzieren. Zum einen konnten gerade die ausländischen Zeitungsberichte aus der Ferne politische Informationen liefern, welche die Konsequenzen der Wiener Verhandlungen betrafen und daher auch in direktem Zusammenhang mit diesen standen. Ein Schreiber berichtete das explizit: „Eigentlich erfahren wir hier sehr mittelbar, nemlich erst aus der Ferne, was hier beschlossen wurde. So war die Erhebung Hannovers zu einem Königreich vermuthlich früher in London als in Wien bekannt.“363 Zeitungsartikel konnten sogar dazu dienen, Gerüchte zu bestätigen. So notiert der Rechnungsbeamte Matthias Perth in seinem Tagebuch, als die Nachricht vom Sieg in der Schlacht bei Waterloo Wien erreicht hatte, er wünsche sich von Herzen, „daß dieses fröhliche Gerücht morgen die öffentlichen Blätter bestättigen mögen“.364 Auch das Gerücht über Napoleons Thronentsagung verbreitete sich erst von Mund zu Mund und „mit Ungeduld erwartet man nun die Zeitungsblätter des morgigen Tages um das Bestimmtere zu vernehmen“.365 Zum Zweiten wurden die Zeitungsberichte aus Wien im Verlauf des Kongresses immer gehaltvoller und vielfach auch wahrheitsgetreuer. Ab Ende November mehrten sich die politischen Nachrichten, wenn auch durchsetzt von unzähligen Fehlinformationen, wie die bereits genannten Beispiele zeigen. Immer wieder sickerten auch, wie es der eingangs zitierte Korrespondent einer Nürnberger Zeitung gehofft hatte, Dokumente – vor allem Noten der mindermächtigen Staaten – durch.366 Gelegentlich waren auch wichtige Geheimdokumente darunter, wie an einer Stelle Friedrich Gentz berichtete: Im Auftrag von Lord Castlereagh hatte er bereits im Februar 1815 eine Art Resümee des Kongresses verfasst, „sowohl um so viel als möglich das Vorgehen dieser Versammlung zu rechtfertigen, als auch hauptsächlich, um dem Publikum bekannt zu geben, welche Absichten die Souveräne für die Zukunft hegen“.367 Nachdem Gentzens Entwurf sowohl beim 362 Bericht Cottas unter „* Wien, 29 Nov“ in der AZ Nr. 340 vom 6. Dezember 1814. 363 AZ Nr. 328 vom 24. November 1814. 364 Perth am 25. Mai 1815: Perth, Wiener Kongresstagebuch, S. 103–104. Sein Wunsch erfüllte sich am nächsten Tag. 365 Perth am 1. Juli 1815, ebd., S. 105. 366 Vgl. z. B. Note der deutschen Fürsten und Freien Städte an den königlich hannöverschen Minister Graf von Münster, AZ Nr. 333 vom 29. November 1814. 367 Brief von Gentz an Caradja, dat. Wien, 24. April 1815, in: Metternich (Hg.), Oesterreichs Theilnahme, S. 529–531, hier 529–530. Als Beilage ebd., S. 531–534, auch der Original-Text dieses Schriftstücks.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

russischen Kaiser als auch „in einer ministeriellen Conferenz“ positive Resonanz gefunden hatte, wurden Abschriften an Hardenberg, Talleyrand und Nesselrode verteilt und ansonsten vorerst Geheimhaltung des Dokuments bis zu einer späteren Veröffentlichung vereinbart. Dennoch, so mutmaßt Gentz, wurde „die eine oder die andere dieser Abschriften zu einer indiscreten Mittheilung mißbraucht“, denn wenig später erschien das Dokument ins Deutsche übersetzt in einer Frankfurter Zeitung mit der Anmerkung, dasselbe sei in Wien im Umlauf, und man halte Gentz für den Verfasser.368 Von dort fand es wiederum ins Französische übersetzt und aus Gentzens Sicht „daher ganz verpfuscht“ den Weg in die französische Presse und weiter in die englische. Dies machte den Plan einer Veröffentlichung zum geeigneten Zeitpunkt zunichte. Insgesamt besserte sich die Informationslage nach Lösung der Polen-Sachsen-Frage nochmals deutlich – nicht nur die Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen konnte man jetzt der Presse entnehmen, sondern auch immer wieder Details über deren Zustandekommen, das sich damit im Nachhinein der Öffentlichkeit offenbarte.369 Dieses Muster wiederholte sich in anderen Fragen, wie zum Beispiel den deutschen Angelegenheiten: Stärker, aber keineswegs völlig im Dunkeln und damit auch zahlreichen Spekulationen ausgesetzt blieb der jeweils aktuelle Gang der Verhandlungen, während nach Lösung der Streitpunkte vieles offengelegt wurde. Drittens schließlich waren den ausländischen Blättern auch politische Meinungsäußerungen und Kommentare zu entnehmen. Bereits im November entfaltete sich in der englischen Presse „eine dem englischen Minister in Wien unangenehme prosächsische Propaganda“,370 die den englischen Kurs in der polnisch-sächsischen Frage tatsächlich beeinflusste. Ein Artikel zum Thema in der Times, der am 29. November 1814 auch in der Allgemeinen Zeitung wiedergegeben wurde, brachte die ganze Problematik deutlich zur Sprache: Die Wiederherstellung Polens sei grundlegend für die Wiederherstellung des europäischen Gleichgewichts. Letztlich sei ein unabhängiges Polen aber weder ausführbar noch jemals geplant gewesen, und es gehe in der ganzen Causa vor allem um die Frage nach der Russland zugebilligten Macht.371 Auch hinsichtlich der österreichischen Pressepolitik und der dortigen Öffentlichkeit konnten kritische Äußerungen in der Presse fallen. So vermisste ein Korrespondent in den Wiener Blättern „die Note, wodurch der Großherzog von Baden in seinen Staaten die Landstände wieder herzustellen erklärt“ und kommentierte dazu, dergleichen sei nur möglich, 368 Ebd., S. 530. 369 Vgl. z. B. Note Hardenbergs vom 20. Dezember 1814 in der Beilage zur AZ Nr. 27 vom 4. März 1815. 370 Griewank, Der Wiener Kongress, S. 227. 371 AZ Nr. 333 vom 29. November 1814, gemäß einem Artikel in der Times.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

Rheinischer Merkur Nr. 171 vom 31. Dezember 1814 (ULB Düsseldorf)

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weil die österreichische Regierung ihre Leute kenne: Wenn sie nicht wolle, „daß das Volk von Politik rede, so darf sie nur den Zeitungsredakteuren verwehren, die Flamme anzublasen; sie verlöscht dann von selbst“.372 Ein anderes großes Thema in der Allgemeinen Zeitung wie in anderen deutschen Blättern waren die deutschen Angelegenheiten. Herrschte diesbezüglich in der Allgemeinen Zeitung zu Beginn des Kongresses noch eine hoffnungsvolle Stimmung vor, wurde diese immer düsterer. So blickte der aus Wien berichtende Verleger Cotta „mit beängstigtem Gemüth“ auf den Jahreswechsel 1814/15, „da die politischen Angelegenheiten sich so verwikelt darstellen, dass Mancher eine frohe Auseinandersetzung kaum zu hoffen wagt“.373 Am profiliertesten im Bereich der politischen Kommentare und des Meinungsjournalismus war unter den deutschsprachigen Zeitungen der Rheinische Merkur. Er brachte, was damals noch Seltenheitswert hatte, in jeder Ausgabe einen ausführlichen politischen Leitartikel, statt geografisch sortiert Nachrichten, meist aus verschiedenen anderen Zeitungen zusammengestellt, wiederzugeben. Das beobachteten die österreichischen Behörden nicht ohne Sorge. Dem Chef der 372 AZ Nr. 2 vom 2. Jänner 1815, nach einem in der Würzburger Zeitung abgedruckten Schreiben aus Wien. 373 AZ Nr. 6 vom 6. Jänner 1815. Vgl. dazu ausführlicher Rintelen, Zwischen Revolution, S. 215– 222.

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3. Nichts als Gerede? Von Festen, Gerüchten und Zeitungen

Polizeihofstelle, Baron von Hager, war beispielsweise eine Artikelserie ein besonderer Dorn im Auge, in welcher eine „zahlreiche Gesellschaft fremder Standespersonen und Kongreßdeputirten, die sich in einem hiesigen fürstlichen Hause vereiniget finden, redend und über die politischen Verhältnisse Europas ein jeder nach seiner Ansicht und nach seinem Interesse absprechend aufgeführt“ wurde. Die angeführten Meinungen empfand Hager als „sehr derb und beleidigend für manche Staaten und ihre Minister“. 374 Allerdings war der Merkur voll von politischen Meinungen und Reflexionen, sei es über „Die kuenftige teutsche Verfassung“, vergleichend „Ueber die westphälischen Friedensverhandlungen und den jetzigen Congreß zu Wien“375 oder schlicht über diverse aktuelle Themen in der immer wiederkehrenden Rubrik „Uebersicht der neuesten Zeitereignisse“. Stets stellte Görres sich dabei in den Dienst der deutschen Sache und in den Dienst des Volkes, wenn er beispielsweise dafür plädierte, im Streit um Sachsen die ­Lösung von der Meinung der Bevölkerung, die es zu befragen gelte, abhängig zu machen.376 Der Wiener Kongress zwischen Geheimdiplomatie und öffentlichem Diskurs So weit wie Görres ging sonst niemand. Doch insgesamt war die Presse­ berichterstattung zum Wiener Kongress sehr breit: Da waren auf der einen Seite die seltenen Artikel in der österreichischen Presse, die – ausgehend von der Regierung – vor allem eine beruhigende und allenfalls rechtfertigende Wirkung auf die Öffentlichkeit haben sollten, ohne vom Prinzip der Geheimdiplomatie abzuweichen und ohne dem Volk ein politisches Mitspracherecht zuzubilligen. Auf der anderen Seite stand die ausländische Presse. Ihre Artikel reichten von „Märchen“ und „Sagen“ zum Kongressgeschehen, über offizielle Verlautbarungen und sachliche Informationen bis hin zu politischen Kommentaren und Diskussionen. Daneben bestanden weitere Kanäle der Kommunikation, wie die Salons, die Feste, aber auch die Straße, auf die an anderer Stelle dieses Buches eingegangen wird. Es war nicht leicht, den Gang der Verhandlungen in Wien mitzuverfolgen, vor allem nicht, tatsächliches Geschehen von nichtigem Gerücht zu unterscheiden, Irrweg von wirklichem Verlauf des Kongresses. Fest aber steht eines: Die Behauptung Heinrich von Treitschkes, es habe sich kein Mensch in Wien für die politische Tätigkeit des Kongresses interessiert und niemand habe die eingeschränkte Berichterstattung des Österreichischen Beobachters sonderbar 374 Note Hagers an Metternich, dat. Wien, 24. Jänner 1815; in: ÖStA, HHStA, St.K., Noten an die PHSt 1813–1815, Kart. 30. 375 Rheinscher Merkur Nr. 104 vom 18. August 1814 und folgende Nummern bzw. Nr. 158 vom 4. Dezember 1814 und folgende Nummern. 376 „Uebersicht über die neuesten Zeitereignisse“, Rheinischer Merkur Nr. 171 vom 31. Dezember 1814.

3.2. Wer weiß was? Von Informationen, Gerüchten und Diskussionen

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­gefunden,377 entbehrt jeglicher Grundlage. Eine reine Geheimdiplomatie funktionierte hier nicht mehr. Auch wenn von den Verantwortlichen die lesende Bevölkerung immer noch als „Publikum“ betrachtet und angesprochen wurde – ein Anspruch auf Information und sogar Mit-Diskussion war nicht zu unterdrücken. So wurden auch die Statements der österreichischen Regierung letztlich Beiträge zu einer politischen Debatte.

377 Treitschke, Der Wiener Kongress, S. 17.

4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Albertini, Christoph von * 12. Februar 1774 (La Punt-Chamues), + 23. Dezember 1848 (Chur) Mitglied der Delegation des Kantons Graubünden

Nach dem Studium der Rechte in Gießen und Marburg gehörte Albertini ab 1799 der pro-österreichischen Schweizer Interimsregierung an. Im Jahr darauf diente er als Oberstleutnant in der Kompanie des Grafen Rudolf von Salis-Zizers. Nachdem er sich in Chur niedergelassen hatte, wurde Albertini 1808 eingebürgert und im selben Jahr Mitglied des Kleinen Rats sowie Mitbegründer der Zinstragenden Ersparniskasse. 1813 folgte seine Berufung zum Gesandten bei der Tagsatzung. Anfang 1815 reiste er als Mitglied einer von der Graubündner Regierung entsandten Deputation gemeinsam mit (→) Salis-Sils, (→) Salis und (→) Jassoy zum Wiener Kongress. Ziel dieser letztlich erfolglosen Mission war es, eine Entschädigung für die 1797 verlorenen Untertanenlande zu erlangen beziehungsweise Chiavenna und Bormio zurückzugewinnen. Von 1815 bis 1830 war Albertini Mitglied des Bündner Großen Rats und bekleidete zwischen 1818 und 1829 insgesamt sechs Mal den Posten des Churer Bürgermeisters. Er setzte sich im Besonderen für eine Reform des Transitwesens und den Straßenbau ein. Albertini verstarb im Dezember 1848 in Chur.

Alexander I. Pavlovič, Zar von Russland

* 23. Dezember 1777 (St. Petersburg), + 1. Dezember 1825 (Taganrog)

Der Sohn von Zar Paul I. und Maria Fjodorovna, geborene Prinzessin Sophie von Württemberg, erhielt eine sorgfältige Erziehung durch den Schweizer Pädagogen (→) La Harpe. 1793 wurde Alexander mit (→) Elisabeth Alexejevna, geborene Prinzessin Louise von Baden, vermählt. Nach der Ermordung seines Vaters infolge einer Adelsverschwörung bestieg er 1801 den russischen Thron. Napoleon gegenüber ursprünglich positiv eingestellt, entwickelte sich Alexander seit 1811/12 zum Gegner Frankreichs. Der Winterfeldzug von 1812 war der Beginn der endgültigen Niederlage Frankreichs im 6. Koalitionskrieg. Alexander traf am 25. September 1814 gemeinsam mit König (→) Friedrich Wilhelm III. von Preußen, mit welchem er bereits zuvor in Brünn/Brno

Alexander I. Pavlovič, Zar von Russland

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zusammen­getroffen war, in Wien ein und wurde von Kaiser (→) Franz I. vor den Mauern der Stadt empfangen. Für die Zeit seines Aufenthalts erhielt er in der Hofburg ein Quartier. Auf dem Kongress trat Alexander insbesondere im Zusammenhang mit der Sachsen-Polen-Frage in Erscheinung: Während er König Friedrich Wilhelm III. in dessen Ambitionen auf Sachsen unterstützte, hoffte der Zar, einen entsprechend großen Anteil der Preußen zugehörigen polnischen Gebiete zu erlangen und so den Einflussbereich Russlands nach Westen auszudehnen. In diesem Zusammenhang plante er die Wiedererrichtung eines polnischen Staatsgebildes, das in Abhängigkeit von Russland auf Basis einer Verfassung regiert werden sollte. Da Österreich und Großbritannien diesen Absichten ablehnend gegenüberstanden, kam es im Herbst 1814 zu einem Stillstand der Gespräche. Erst durch die Einbeziehung von Frankreichs Außenminister (→) Talleyrand, der sich wie Österreich und Großbritannien für den (teilweisen) Erhalt Sachsens engagierte, konnte ein Kompromiss in dieser Frage erzielt werden. Neben seinem Engagement in der polnisch-sächsischen Frage setzte sich Alexander unter dem Einfluss seines ehemaligen Erziehers La Harpe für die Neutralität der Eidgenossenschaft ein. Neben den grundsätzlichen politischen Differenzen wurden die Wiener Verhandlungen zusätzlich durch die persönliche Abneigung zwischen Alexander und (→) Metternich kompliziert. Der österreichische Außenminister hatte die politischen Pläne des Zaren seit dem Jahr 1813 immer wieder kritisiert und teilweise vereitelt. Die Versuche Alexanders, Metternich zu stürzen, waren allerdings aufgrund der Loyalität von Kaiser Franz I. nicht von Erfolg gekrönt. Großes Interesse bezeugte Alexander, der allem Militärischen positiv gegenüberstand, an Feldmarschall Fürst (→) Schwarzenberg, den er in den ersten Wochen des Kongresses auffällig hofierte. Jenseits der Verhandlungen präsentierte sich Alexander als lebenslustiger Mensch und volksverbundener Monarch. Auf den anlässlich des Wiener Kongresses organisierten Bällen trat er als eifriger Tänzer hervor, der sich körperlich so engagierte, dass er einmal einen Schwächeanfall erlitt. Die Geheimpolizei berichtete darüber hinaus von seinen zahlreichen Liebesaffären während des Kongresses. Häufig spazierte er – entweder in Begleitung oder alleine – durch die Stadt, um mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Dennoch war Alexander bei jenen, die ihn näher kennengelernt hatten, meist nicht beliebt, denn er galt als intrigant, verschroben und herrschsüchtig; und je länger der Kongress andauerte, desto häufiger wurden solch ungünstige Urteile. Nach der Rückkehr Napoleons nahm Alexander persönlich an Sitzungen der Militärkommission teil und verließ Wien am 25. Mai 1815. Er reiste über Stuttgart zum Hauptquartier der alliierten Streitkräfte, die sich erneut zum Kampf gegen Napoleon sammelten. Nach dem Sieg über den Korsen bei Waterloo am

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

18.  Juni 1815 begab sich Alexander nach Paris, um dort den Frieden mit Frankreich zu verhandeln. Vielfach beschrieben ist die persönliche Wende des Zaren hin zu einem religiösen Mystizismus, die sich gegen Ende der Kongresszeit vollzog. Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist die von Alexander im Herbst 1815 in Paris initiierte Heilige Allianz, ein Bündnis der Staaten Europas auf Basis christlicher Brüderlichkeit. Die reformfreudige Haltung des Kaisers wich in den Jahren nach dem Wiener Kongress einem Misstrauen gegenüber seinen Untertanen und führte zur Etablierung rigider Kontrollorgane. In diesem Sinne unterstützte Alexander die Niederschlagung der Revolutionen im Königreich beider Sizilien sowie im Königreich Sardinien-Piemont im Jahr 1821; zudem missbilligte er den Aufstand der Griechen gegen die osmanische Herrschaft. Der Zar starb 1825 in Taganrog am Schwarzen Meer, wo er anlässlich eines Kuraufenthalts seiner Gattin weilt.

Anstett, Johann Protasius von

* 1766 (Straßburg), + 14. Mai 1835 (Frankfurt a. M.) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Nach dem Studienabschluss trat Anstett erst in russische Militär-, dann in diplomatische Dienste. Längere Zeit diente er in der russischen Gesandtschaft in Wien. 1812 wurde er zum Direktor der diplomatischen Kanzlei des Oberbefehlshabers der russischen Armee ernannt. In dieser Funktion unterzeichnete er 1813 den russisch-preußischen Bündnisvertrag von Kalisch. Auch an der Erarbeitung der Reichenbacher Konvention zwischen Großbritannien, Preußen und Russland 1813 war Anstett, zusammen mit (→) Nesselrode, beteiligt. Am Kongress von Prag nahm er als Bevollmächtigter Russlands teil. Anstett begleitete Zar (→) Alexander I. 1813/14 auf dem Feldzug gegen Napoleon nach Paris und nahm anschließend am Wiener Kongress teil. Am 19. September 1814 traf er in der Haupt- und Residenzstadt der Habsburgermonarchie ein und fand ein Quartier in der Weihburggasse 983. An den Verhandlungen nahm Anstett als Mitglied der Statistischen Kommission und der (zweiten) Redaktionskommission teil. Zudem wurde er (gemeinsam mit (→) Gentz und (→) La Besnardière) zu einem der Chefredakteure der Schlussakte in der dritten Redaktionskommission ernannt, konnte dieser Aufgabe aber aufgrund eines Gichtanfalls nicht nachkommen. Neben seiner Sitzungstätigkeit verfasste Anstett im Auftrag Zar Alexanders Memoranden und Denkschriften, etwa über die polnische Frage. Der Wiener Geheimpolizei, informiert beispielsweise durch den Vermieter Anstetts, fiel der russische Diplomat durch seinen verschwenderischen Lebensstil

Anton Aloys, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen

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und seine notorische Unzufriedenheit auf – so klagte dieser über die Undankbarkeit Österreichs und Russlands, die seine Dienste nicht angemessen honorieren würden. Der Sekretär scheute sich nicht, der Geringschätzung, die er gegenüber seinem Vorgesetzten Nesselrode empfand, Ausdruck zu verleihen. Bei der Geheimpolizei hegte man daher die Hoffnung, Anstett durch Schmeicheln seiner Eitelkeit für Österreich zu gewinnen – dieser Wesenszug wäre seine schwache Seite. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba beteiligte sich Anstett erneut im Gefolge von Zar Alexander am Feldzug und am Vormarsch nach Paris, wo er als Mitglied des Militärkomitees, das unter dem Vorsitz (→) Wellingtons stand, an der Erarbeitung der Konvention betreffend die Okkupationsarmee mitwirkte. 1818 ernannte ihn Zar Alexander zum Vertreter Russlands am Deutschen Bundestag in Frankfurt a. M., wo Anstett 1835 verstarb.

Anton Aloys, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen

* 20. Juni 1762 (Sigmaringen), + 17. Oktober 1831 (Sigmaringen)

Aufgewachsen vor allem auf den niederländischen Gütern seiner Mutter, trat Anton Aloys am 20. Dezember 1785 die Herrschaft im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen an. Zwei Jahre später erbte er auch die niederländischen Besitzungen seiner Mutter, für deren Verlust in den Revolutionskriegen er 1803 eine Entschädigung erhielt. Aufsehen erregte seine Ehe mit Amalie Zephyrine von Salm-Kyrburg, die ihn kurz nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes verließ, da sie das Leben in Paris dem in der Provinz vorzog. Zu einer Scheidung kam es jedoch nie. Die intensiven Kontakte, die Amalie unter anderem zu Joséphine Bonaparte pflegte, nutzten Anton Aloys sehr: Hohenzollern-Sigmaringen entging mit dem Beitritt zum Rheinbund 1806 nicht nur der Mediatisierung, sondern profitierte darüber hinaus von Napoleons Gunst. Sein Sohn Karl Anton heiratete 1808 Antoinette Murat, ein Mündel von Joachim Murat. Trotz dieser Nähe zu Frankreich wechselte Aloys Anton rechtzeitig auf die Seite der Alliierten, und der Wiener Kongress, den er vom 28. September 1814 bis zum 6. April 1815 besuchte, verlief profitabel für ihn: Die Souveränität des Fürstentums blieb erhalten und die früheren Besitzungen in Bayern und den Niederlanden wurden rückerstattet. Laut Berichten der Geheimpolizei war der Fürst für sein anständiges Betragen in Wien gut angesehen. Seinen Lebensabend verbrachte Anton Aloys wieder in der Nähe seiner Frau, die 1808 nach Sigmaringen zurückgekehrt war und dort mit eigener Hofhaltung lebte. Der Fürst verstarb 1831.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Anton Clemens, Erbprinz von Sachsen

* 27. Dezember 1755 (Dresden), + 6. Juni 1836 (Pillnitz)

Anton war der jüngere Bruder des kinderlosen Königs (→) Friedrich August I. von Sachsen. Da dieser das Bündnis mit Napoleon nicht rechtzeitig gelöst hatte, war die Zukunft seines Königreichs einer der zentralen Verhandlungsgegenstände am Wiener Kongress. Der aus dieser Frage resultierende Konflikt zwischen Österreich und Großbritannien auf der einen, Preußen und Russland auf der anderen Seite blockierte bis zum Jänner 1815 die Verhandlung weiterer Fragen und führte schließlich zur Aufnahme Frankreichs als gleichberechtigten Partner in die Fünfer-Konferenz. Im Gegensatz zu seinem Bruder hielt sich Anton während des gesamten Kongresses in Wien auf. Bereits Ende August 1814 war er in der Hauptstadt der Habsburgermonarchie eingetroffen und lebte, zusammen mit seiner Gemahlin (→) Maria Theresia, einer Schwester von Kaiser (→) Franz I., in Schloss Schönbrunn. Im Kongressgeschehen nahm das Paar eine Randposition ein; tatsächlich scheint es in Schönbrunn ein abgeschiedenes Leben geführt zu haben. Nach dem Tod Friedrich Augusts I. 1827 bestieg Anton den Thron des durch den Wiener Kongress nicht unerheblich geschrumpften Königreichs Sachsen. Infolge der französischen Julirevolution von 1830 kam es auch in Sachsen zu Unruhen. Daher sah sich Anton 1831 gezwungen, seinen Neffen Friedrich August zum Mitregenten zu ernennen und eine Verfassung zu erlassen. Er starb am 6. Juni 1836 in Pillnitz.

Arenberg, Prosper Ludwig Herzog von

28. April 1785 (Enghien), + 27. Februar 1861 (Brüssel)

Prosper Ludwig hatte im Jahr 1803 die Regierung des Herzogtum Arenberg-Meppen von seinem Vater übernommen, welcher so eine Annexion durch Frankreich verhindern wollte. 1806 trat Prosper Ludwig dem Rheinbund bei und erhielt in diesem Zusammenhang das Amt Dülmen als zusätzliches Territorium. Er heiratete 1808 eine Nichte von Napoleons Gattin Joséphine. 1810 wurde das Herzogtum Arenberg-Meppen dem französischen Kaiserreich und dem Großherzogtum Berg einverleibt. Der Herzog kämpfte für Napoleon in Spanien, wo er 1811 schwer verwundet wurde. Er geriet in britische Gefangenschaft, aus der er erst im Mai 1814 entlassen wurde. Im September 1814 begab sich Prosper Ludwig nach Wien, wo ihn sein Bevollmächtigter (→) Schmaus de Livonegg bereits erwartete. Ziel der Delegation war es, die Rechte des Herzogs an den 1813 von preußischen Truppen besetzten Gebieten Meppen, Dülmen und Recklinghausen sowie den Stammlanden in

Arnstein, Fanny (Franziska) von

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der Eifel einzufordern. Zu diesem Zweck verfasste Prosper Ludwig persönliche Schreiben an (→) Metternich und Kaiser (→) Franz I. Allerdings war ihm kein Erfolg beschieden; seine Ambitionen scheiterten nicht zuletzt daran, dass er als Freund Napoleons galt. So wurden mit Vertrag vom 29. Mai 1815 die Territorien zwischen Preußen und Hannover aufgeteilt. Frustriert reiste Prosper Ludwig, der sich fortan mit der Würde eines Standesherrn begnügen musste, aus Wien ab. Als solcher war er Mitglied der Ersten Kammer der Ständeversammlung des Königreichs Hannover und erhielt 1854 einen erblichen Sitz im Preußischen Herrenhaus.

Arnstein, Fanny (Franziska) von

* 29. November 1758 (Berlin), + 8. Juni 1818 (Dreihaus bei Wien) Salonière

Als Itzig Vögele in eine reiche und kultivierte jüdische Familie in Berlin geboren, übersiedelte Fanny durch ihre Heirat mit dem Bankier Nathan Adam Arnstein 1776 nach Wien. Im Palais Arnstein am Hohen Markt etablierte sich bald ein großbürgerlich-liberal ausgerichteter Salon nach Berliner Vorbild, den die intellektuelle, politische und gesellschaftliche Elite Wiens gerne aufsuchte. Während des Wiener Kongresses befand sich in diesen Räumlichkeiten das gesellschaftliche Hauptquartier der preußischen Delegation, deren Mitglieder hier mittags und abends zum Essen geladen waren. Die politischen Ziele Preußens unterstützte die geborene Berlinerin und eingeschworene Feindin Napoleons entschlossen. Neben den Mitgliedern der preußischen Deputation wie (→) Karl August von Hardenberg oder (→) Humboldt wurde der Salon von zahlreichen prominenten Zeitgenossen, wie (→) Wellington, Erbprinz (→) Georg von Mecklenburg(-Strelitz) oder Kardinal (→) Consalvi aufgesucht. Doch nicht nur Gespräche wurden im Palais am Hohen Markt geführt; hier fanden auch Bälle, die Nachstellung von Tableaux vivants oder, im Dezember 1814, ein vielbesuchtes Weihnachtsfest statt. Zu diesem Anlass wurde der Legende nach der erste Christbaum Wiens aufgestellt. Während der Zeit des Kongresses wurde darüber hinaus jeden Dienstag zu Tanz und Musik geladen. Die Quellen insbesondere preußischer Herkunft berichten von der angenehmen und interessanten Atmosphäre im Haus Arnstein; die österreichischen Behörden freilich beobachteten die politischen Agitationen Fannys zugunsten Preußens mit Missfallen. Fanny von Arnstein war jedoch nicht nur eine der bekanntesten Salonièren ihrer Zeit, sondern gehörte auch zu den wichtigsten Förderern des Wiener Musiklebens zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Sie zählte zu den Begründern der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Fanny von Arnstein starb 1818 im Wiener Vorort Dreihaus.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Bagration, Katharina Pavlovna Fürstin (Katharina Pavlovna Skavronskaja) * 7. Februar 1783 (Russland), + 21. Mai 1857 (Venedig) Salonière

Die Urgroßnichte von Zarin Katharina I. wuchs am Hof in St. Petersburg auf und erhielt dort eine umfassende Ausbildung. Mit 17 Jahren wurde sie mit dem deutlich älteren General Pjotr Ivanovič Bagration verheiratet. Nach der missglückten Verschwörung gegen Zar Paul I. musste das Paar Russland verlassen. Während ihr Gatte bereits 1801 nach Russland zurückkehrte, blieb Katharina Bagration in Westeuropa, wo sie zahlreiche Reisen an verschiedene Höfe unternahm. Mehrere Beziehungen mit Aristokraten und Staatsmännern prägten diesen Lebensabschnitt, in welchem sie auch eine Affäre mit (→) Metternich begann, der damals als Gesandter Österreichs am sächsischen Hof diente. Die gemeinsame Tochter, Marie-Clementine, wurde 1810 geboren. 1805 hatte sich Katharina Bagration endgültig von ihrem Gatten getrennt, der 1812 in der Schlacht von Borodino den Tod fand. Wann Katharina Bagration anlässlich des Wiener Kongresses in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt eintraf, ist nicht überliefert; belegt ist jedoch, dass sie seit Ende September den linken Flügel des Palais Palm bewohnte. Dort etablierte sie einen Salon, den zahlreiche Teilnehmer des Wiener Kongresses frequentierten. Damit trat Katharina Bagration in Konkurrenz zu den Zusammenkünften bei (→) Wilhelmine von Sagan, die im selben Palais ebenfalls einen Salon unterhielt. Katharina arbeitete während des Kongresses insbesondere ihrem Cousin Zar (→) Alexander I. zu und organisierte zahlreiche Feiern und Feste für diesen, sodass sie in dem Ruf stand, für ihn zu spionieren. Finanziell bedeutete der Kongress eine große Belastung für Katharina Bagration; im Juni 1815 stand sie vor dem Ruin, ihre Wechsel wurden nicht mehr anerkannt. Durch den persönlichen Einsatz von (→) Serracapriòla gelang es schließlich, eine Akzeptanz ihrer Wechsel in St. Petersburg zu erreichen. Nach dem Kongress lebte Katharina Bagration in Paris, wo sie wieder einen einflussreichen literarischen Salon führte. Sie starb 1856 auf einer Reise nach Italien in Venedig und liegt auf dem Friedhof von San Michele begraben.

Baldacci, Anton Maximilian Dominik von

* 14. Oktober 1762 (Wien), + 9. Juli 1841 (Wien)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Nach dem Besuch des Theresianums trat Baldacci 1781 in den österreichischen Finanzdienst ein und arbeitete von 1789 bis 1802 für das Staats- und Konferenzministerium. 1805 übernahm er das Amt des Kabinettsreferenten von Kaiser

Barbier, Adrian Nicolaus von

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(→) Franz I. und avancierte damit zu einem seiner wichtigsten Ratgeber. Baldacci war ein entschiedener Anhänger des Zentralismus und stand (→) Stadion nahe. Napoleon und dessen Politik lehnte er massiv ab. Nachdem Baldacci als Anhänger der „Kriegspartei“ 1809 zum Krieg gedrängt hatte, verlor er zwar vorübergehend an Einfluss, gewann das Vertrauen des Kaisers jedoch bald wieder zurück. 1810 wurde er zum zweiten Vizekanzler der Vereinigten Hofkanzlei und 1811 zum Präsidenten des Generalrechnungsdirektoriums ernannt. In den Feldzügen gegen Napoleon seit 1813 trat er durch seine Fähigkeiten in der Organisation des Heeresnachschubs und der Verwaltung der besetzten Gebiete hervor. Diese Kompetenzen empfahlen ihn auch für die Militärkommission des Wiener Kongresses, welche den Feldzug von 1815 gegen Napoleon organisierte. Seine erfolgreiche Tätigkeit in diesem Gremium wurde, folgt man den Berichten der Geheimpolizei, sowohl von Mitgliedern der russischen als auch der preußischen Delegation positiv hervorgehoben. Auf dem Kongress fiel Baldacci darüber hinaus durch seinen Widerstand gegen das von (→) Cotta und (→) Bertuch angestrebte Verbot des ­Büchernachdrucks auf. Nach 1815 widmete sich Baldacci bis 1839 wieder dem Amt des Präsidenten des Generalrechnungsdirektoriums. In dieser Funktion begründete er die offizielle Statistik der österreichischen Monarchie. Er starb 1841 in Wien.

Barbier, Adrian Nicolaus von

* 10. Juli 1758 (Brüssel), + 12. Oktober 1840 (Wien) Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Barbier trat 1777 in den österreichischen Staatsdienst ein und machte dort ­Karriere: 1791 wurde er zum Rechnungskammerrat, 1794 zum Domänen- und Finanzrat und 1802 zum Hofrat bei der k.k. allgemeinen Hofkammer ernannt. 1809/10 nahm Barbier an den Verhandlungen zwischen Österreich und Frankreich in Ofen teil. In der Folgezeit stieg er zum Vizepräsidenten der Hofkammer auf und wurde zum Wirklichen Geheimen Rat ernannt. 1814 nahm er im Gefolge der Obersten Armeeverwaltung am Feldzug gegen Frankreich teil. Beim Wiener Kongress war Barbier Mitglied der Militärkommission. Nach dem Kongress lebte Barbier zunächst in Paris, übernahm 1828 eine diplomatische Mission in Brüssel und wurde schließlich 1830 zum Gouverneur der österreichischen Nationalbank berufen. Diese Position hatte er bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1837 inne. Barbier starb 1840 in Wien.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Baruch, Jakob

* 1763 (Mergentheim), + 19. April 1827 (Frankfurt a. M.) Lobbyist für die Rechte der Juden von Frankfurt a. M.

Jakob Baruch wuchs als Sohn von Simon Baruch, der als Hofagent für den Deutschen Orden tätig war, in Mergentheim und Bonn auf. 1781 übersiedelte er nach Frankfurt a. M., wo er ein Wechselgeschäft eröffnete und als Bankier in Erscheinung trat. Durch seine Eheschließung mit Julie Gumperz heiratete er in eine angesehene Familie ein. Einer seiner Söhne war der Schriftsteller Ludwig Börne. Innerhalb der Frankfurter jüdischen Gemeinde hatte Baruch eine führende Position inne und vertrat diese auch in politischen Angelegenheiten. So erschien er etwa 1803 am Reichstag in Regensburg, um gegen die Handelsbeschränkungen für Juden auf der Frankfurter Messe aufzutreten. 1814 entsandte ihn die jüdische Gemeinde gemeinsam mit (→) Gumprecht (der im Frühjahr 1815 von dem in Wien lebenden (→) Uffenheimer abgelöst wurde) zum Wiener Kongress, um dort die Rechte der Frankfurter Juden zu vertreten. Diese hatten 1811 durch eine Ablösezahlung an den damaligen Stadtherrn Karl Theodor von Dalberg dieselben bürgerlichen Rechte erhalten wie die christlichen Mitbürger. 1813 restaurierte der Magistrat jedoch die traditionelle Munizipalverfassung, wodurch die Juden wieder in ihren herkömmlichen Rechtstatus zurückfielen. Um Intrigen des Vertreters der Stadt Frankfurt (→) Danz entgegenzuwirken, gaben die beiden jüdischen Delegierten bei der Ankunft in Wien an, geschäftlich auf Reisen zu sein. Mitte Oktober 1814 überreichten sie (→) Metternich eine Denkschrift mit dem Titel „Bitte und Vorstellung der Deputierten der Frankfurter Judenschaft um Bestätigung des mit dem ehemaligen Fürst Primas über das dortige Bürgerrecht errichteten Vertrags“, welche der österreichische Außenminister wohlwollend zur Kenntnis nahm. Die Wiener Polizei wachte genau über die beiden Fremden und hätte sie Ende Oktober beinahe ausgewiesen, wäre nicht Metternich für sie eingetreten. Unterstützung erhielt die jüdische Delegation darüber hinaus von den Vertretern Preußens (auch mit (→) Karl August von Hardenberg standen sie über Bittschriften in Kontakt) sowie den Brüdern Rothschild, deren Stammhaus sich in Frankfurt a. M. befand. Das Resultat der Verhandlungen im Deutschen Komitee, das die endgültige Klärung des rechtlichen Status der Juden im Deutschen Bund dem Bundestag überließ, stellte Baruch nicht zufrieden. Vom 27. Mai und vom 5. Juni 1815 sind Schreiben Baruchs an Metternich überliefert, in welchen er seine Enttäuschung über diesen Abschnitt der Bundesakte deutlich zum Ausdruck brachte. Tatsächlich bedeutete die Weiterleitung an den Bundestag keine Klärung der rechtlichen Lage der Juden in Frankfurt a. M. Erst 1824, aber noch zu Lebzeiten

Baumbach-Nassenerfurth, Carl Ludwig Friedrich August von

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Baruchs, erlangten die jüdischen Bewohner dort die privatrechtliche – wenn auch nicht politische – Gleichstellung.

Baumbach-Nassenerfurth, Carl Ludwig Friedrich August von * 19. März 1772, + 10. November 1844

Vertreter des Herzogtums Sachsen-Hildburghausen

Baumbach war ab 1792 Regierungsassessor sowie Regierungsmitglied der sachsen-gotha-altenburgischen Regierung in Altenburg. 1794 zum Regierungsrat erhoben, stieg er 1800 zum Regierungs- und Konsistorialrat auf. 1807 wurde er zum Regierungspräsidenten der sachsen-hildburghausischen Regierung in Hildburghausen ernannt. Parallel dazu war er bis 1818 Mitglied des Geheimen Ratskollegiums und vertrat Sachsen-Hildburghausen als Bevollmächtigter auf dem Wiener Kongress. In der österreichischen Haupt- und Residenzstadt traf er am 28. September 1814 ein; seine Unterkunft hatte er in der Bischofsgasse 674. Er war Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ und nahm für Sachsen-Hildburghausen an den Sitzungen des Deutschen Komitees während dessen zweiter Sitzungsperiode teil. Zwischen 1818 und 1821 war Baumbach Prinzenerzieher in Meiningen und wurde im Anschluss Geheimer Rat. Von 1821 bis 1823 fungierte er als Präsident der dortigen Kriegskommission und hatte von 1832 bis zu seinem Tod das Amt des Präsidenten der meiningischen Ministerialkanzlei inne.

Beauharnais, Eugène de

* 3. September 1781 (Paris), + 21. Februar 1824 (München) Stiefsohn Napoleons, ehemaliger Vizekönig von Italien

Beauharnais entstammte der Ehe von Alexandre Vicomte de Beauharnais mit Napoleons späterer Gattin Joséphine. Zunächst wuchs er bei seinem Vater auf, der 1794 unter der Guillotine starb; 1796 heiratete seine Mutter Napoleon ­Bonaparte. Bereits mit 13 Jahren diente Beauharnais in der Armee, 1797 trat er als Offizier in die Dienste seines Stiefvaters und nahm als dessen Adjutant an den Feldzügen in Italien und Ägypten teil. Im Jahr 1805 ernannte Napoleon ihn zum Vizekönig von Italien und zum Oberbefehlshaber der italienischen Armee. Ein Jahr später heiratete Beauharnais Auguste Amalie von Bayern, die Tochter König (→) Maximilians I. Joseph von Bayern. In den folgenden Jahren kämpfte Beauharnais insbesondere gegen österreichische Truppen und schlug 1809 den Tiroler Aufstand nieder. 1810 verlieh ihm Napoleon die Anwartschaft auf das Großherzogtum Frankfurt und stellte ihm damit die Nachfolge des Fürstprimas’ Karl Theodor von Dalberg in Aussicht. Im Jahr

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

1812 nahm Beauharnais am Winterfeldzug gegen Russland teil, 1813 hielt er sich vorwiegend in Italien auf, das er gegen österreichische Truppen verteidigte. Der zunehmend antifranzösischen Stimmung in Mailand konnte er jedoch nicht mehr Herr werden. Im April 1814 verließ er daher Italien und zog an den Hof seines Schwiegervaters nach München. Eugène de Beauharnais traf am 29. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung im sogenannten Kaiserhaus auf der Wieden. Hier hoffte er, die ihm während der Verhandlungen in Paris zugesagte Entschädigung in Form eines ­eigenen Territoriums (etwa durch das ehemalige Großherzogtum Frankfurt, ­Bologna, ein Gebiet in Zweibrücken oder Pontecorvo) zu erlangen. In diesem Belang wurde er insbesondere von Zar (→) Alexander I. sowie seinem Schwiegervater unterstützt. Mit dem russischen Herrscher pflegte Beauharnais ein besonders enges Einvernehmen – häufig sah man die beiden Männer, wie sie zusammen Spaziergänge unternahmen. Enge Kontakte unterhielt Beauharnais auch zur britischen Delegation; immer wieder suchte er im November 1814 etwa Außen­ minister (→) Castlereagh auf. Auch mit (→) Marie Luise, Napoleons Gattin, pflegte er Umgang. Die Geheimpolizei berichtete von regelmäßiger Korrespondenz und häufigen Besuchen in Schönbrunn, wo die ehemalige Kaiserin der Franzosen untergebracht war. So herzlich sich das Verhältnis zu einigen der Monarchen und Staatsmännern des Wiener Kongresses gestaltete, so unbeliebt war Beauharnais – als ehemaliger napoleonischer Gefolgsmann – bei Teilen der Kongressgesandten, die ihn bei offiziellen Anlässen gerne aus dem Gespräch ausschlossen. Da er ein Herrschaftsterritorium in Deutschland zu erlangen trachtete, war er ein unerwünschter Konkurrent bei der territorialen Neuordnung der Mitte Europas. Auch die Wiener Bevölkerung stand ihm insbesondere aufgrund seines angeblich ausschweifenden Lebensstils ablehnend gegenüber. Zwar erhielt Beauharnais durch den Wiener Kongress kein eigenes Herrschaftsgebiet, wohl aber eine ansehnliche finanzielle Entschädigung zugesprochen. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba übte er große Zurückhaltung und verließ Wien gemeinsam mit seinem Schwiegervater bereits am 7. April 1815, um sich nach München zu begeben. Nach seiner Abreise wurden, so berichteten Spitzel, im Gepäck eines Mitglieds der französischen Delegation geheime und kompromittierende Papiere entdeckt, die mit ihm in Verbindung gebracht wurden. Weitere Gerüchte besagten, dass Beauharnais (wie auch (→) Campochiaro) einem Zirkel von Diplomaten sowie deren Mitarbeitern hohe Summen bezahlt habe. Dafür habe er jeden Abend eine Kopie der aktuellen Verhandlungsdokumente erhalten und an Joachim Murat und Napoleon weitergeleitet. Beweise für diese Behauptungen, die vermutlich nicht auf Tatsachen beruhten, blieben allerdings aus; jedenfalls aber bezeugen diese Gerüchte das große Misstrauen, das Beauharnais als ehemaligem Parteigänger und Stiefsohn Napoleons entgegengebracht wurde.

Beethoven, Ludwig van

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König Maximilian I. Joseph verlieh Eugène de Beauharnais 1817 den Titel ­eines Herzogs von Leuchtenberg und übertrug ihm das Fürstentum Eichstätt. Im Jahr 1821 bezog er mit seiner Familie das für ihn erbaute Palais Leuchtenberg in München. Er verstarb 1824.

Beethoven, Ludwig van

* 1770 (Bonn; getauft 17. Dezember), + 26. März 1827 (Wien)

Der seit 1792 in Wien lebende Ludwig van Beethoven befand sich während des Wiener Kongresses auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Zugleich waren seine Kompositionen jedoch in musikalisch konservativen Kreisen höchst umstritten. Zu seinen Gönnern während des Kongresses gehörte unter anderem der russische Botschafter (→) Razumovskij. Anlässlich des Wiener Kongresses komponierte Beethoven die Kantate „Der glorreiche Augenblick“, welche bei dessen Eröffnung aufgeführt werden sollte. Da ein formeller Auftakt des Kongresses aber unterblieb, wurde das Werk im Rahmen einer musikalischen Akademie am 29. November 1814, zusammen mit dem Orchesterwerk „Wellingtons Sieg oder Die Schlacht bei Vittoria“, präsentiert. Beet­hoven dirigierte zu diesem Anlass persönlich. „Der glorreiche Augenblick“ gliedert sich in sechs Sätze, wobei die drei ersten Abschnitte den Einzug der Monarchen in die Stadt Wien, die Sätze vier und fünf den Kongress selbst thematisieren. Der sechste Satz bildet mit einem Volkschor den Abschluss. Die Aufführung wurde von etwa 3000 Personen besucht. Wie die Geheimpolizei berichtete, bildeten sich im Anschluss regelrechte Fraktionen „pro und contra Beethoven“. Während des Kongresses fanden weitere Aufführungen des „Glorreichen Augenblicks“ statt, die jedoch keine so große Resonanz wie die Uraufführung erfuhren. Neben dem „Glorreichen Augenblick“ komponierte Beethoven im September 1814 anlässlich des Kongresses den Chor „Ihr weisen Gründer glücklicher Staaten“. Ob das Werk während der Verhandlungen zur Aufführung gelangte, ist nicht geklärt. Die Zeit des Wiener Kongresses markierte eine Zäsur im Leben Beethovens. In diesen Jahren verschlimmerte sich sein Gehörleiden, die finanzielle Lage wendete sich zum Schlechteren und familiäre Probleme beanspruchten ihn stark. Zwischen 1814 und 1818 entstanden nur wenige musikalische Werke. 1821 kündigte eine Gelbsucht eine Leberzirrhose an, die Beethoven durch Kur- und Landaufenthalte zu lindern suchte. Auf der Rückkehr von einem dieser Landaufenthalte zog er sich im Dezember 1826 eine Lungenentzündung zu, an deren Folgen er schließlich verstarb.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Bentheim-Steinfurt, Alexius Friedrich Erbgraf zu * 20. Jänner 1781, + 3. November 1866

Vertreter der mediatisierten Standesherren

Bentheim-Steinfurt absolvierte ein Studium in Marburg. Im Zuge der Napoleonischen Kriege wurde die von seiner Familie beherrschte Standesherrschaft Bentheim-Steinfurt von französischen Truppen besetzt und schließlich von Frankreich okkupiert. Auf dem Wiener Kongress setzte sich der Erbgraf für die Restitution seines Territoriums ein. Aber nicht nur dem Haus Bentheim-Steinfurt drohte die Mediatisierung, sondern auch anderen Häusern wie Wied oder (→) Salm-Kyrburg. Daher überreichte der Erbgraf König (→) Friedrich Wilhelm III. von Preußen auf dem Kongress auch in deren Namen ein Promemoria, in welchem er die Lage der ehemals reichsunmittelbaren Standesherren schilderte. Angesichts der Mächteinteressen hatte diese Initiative jedoch keinen Erfolg; auch die erhoffte Unterstützung durch Österreich blieb aus. Die Grafschaften Bentheim und Steinfurt wurden in das Königreich Hannover beziehungsweise das Königreich Preußen eingegliedert. 1817 erhob König Friedrich Wilhelm III. das Haus Bentheim-Steinfurt in den Fürstenstand, 1819 wurde Bentheim-Steinfurt nach dem Tod seines Vaters das Oberhaupt der Familie. Bentheim-Steinfurt war Mitglied im westphälischen Provinziallandtag, 1847 im Vereinigten Landtag, und seit 1854 Mitglied des preußischen Herrenhauses. Er verstarb 1866.

Berckheim, Karl Christian von

* 12. August 1774 (Lörrach), + 1. März 1849 (Karlsruhe) Vertreter des Großherzogtums Baden

Berckheim entstammte einer elsässischen, der schwäbischen Reichsritterschaft zugehörigen Familie. Der Vater Ludwig Karl wirkte als badischer Wirklicher Geheimer Rat und Landvogt. Auch dem Sohn war ab 1797 eine Karriere in badischen Staatsdiensten beschieden, nachdem er seine juristischen Studien in Freiburg und Erlangen (u. a. Staatsrecht bei (→) Klüber) abgeschlossen hatte. 1801 noch Kammerherr, stieg er bis 1803 zum Geheimen Hofrat auf. Ab 1806 bekleidete er das Amt des Oberhofmeisters der Markgräfin Amalie, Witwe des badischen Erbprinzen, für die er 1807 vergeblich bei Napoleon für eine Wiedereinsetzung ihres Schwiegersohnes, Herzog (→) Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg-Oels, intervenierte. Der Berufung zum Staatsrat 1812 folgte ein Jahr später die Ernennung zum Minister des Inneren. In dieser Funktion begleitete er Großherzog (→) Karl auf den Wiener Kongress und unterstützte ihn gemeinsam mit (→) Berstett, (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein, (→) Sensburg und (→) Hacke. Primäres Anliegen Badens beim Kongress war die

Berg, Günther Heinrich von

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Verteidigung der Integrität des Landes gegen österreichische und bayerische Ansprüche. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten – weniger dank der badischen Diplomatie als vielmehr aufgrund der Interessenslage der Großmächte. Auf dem Wiener Kongress vertrat Berckheim, gemeinsam mit Marschall, das Großherzogtum Baden in der Flussschifffahrtskommission. Seine ausgeprägte konservative Gesinnung brachte er in die Beratungen über die badische Verfassung ein, indem er sich klar für die fürstliche Souveränität und gegen die Einflussnahme des Landtags aussprach. Seit 1817 Gesandter am Bundestag, gelang es ihm 1819, die Territorialverhandlungen abzuschließen. Grundsätzlich stand er einer Einmischung der Großmächte und des Deutschen Bundes in die inneren Angelegenheiten der einzelnen Bundesstaaten ablehnend gegenüber. Ab 1821 war Berckheim erneut Minister des Inneren. Federführend wirkte er bei den endgültigen Territorialausgleichsverhandlungen im Jahr 1827, indem er Bayerns Ansprüche abwehrte und Frankreich eine vertragliche Anerkennung der neuen Grenzverläufe abrang. Der Regierungswechsel 1831 brachte Berckheims Pensionierung als Minister und seine Ernennung zum Großhofmeister. Weiterhin politisch aktiv blieb er als Mitglied der Ersten Kammer. Berckheim starb 1849 in Karlsruhe.

Berg, Günther Heinrich von

* 27. November 1765 (Schweigern bei Heilbronn), + 9. September 1843 (Oldenburg) Vertreter der Fürstentümer Schaumburg-Lippe und Waldeck-Pyrmont

Der Sohn eines gräflichen Neippergischen Amtmannes studierte ab 1783 Rechtswissenschaften an der Universität Tübingen. Erste praktische Erfahrung sammelte er als Sekretär des Grafen Leopold Joseph Johann Nepomuk von Neipperg sowie an den Reichsgerichten in Wetzlar und Wien, ehe er 1793 eine außerordentliche Professur in Göttingen antrat. 1800 wurde Berg als Hofrat in der Justizkanzlei und als Konsulent des Ministeriums nach Hannover berufen. Nach der Inkorporierung Hannovers in das Königreich Westphalen und der Auflösung der Justizkanzlei 1810 wechselte Berg in schaumburg-lippesche Dienste und stieg 1811 zum Regierungspräsidenten des Rheinbundmitglieds auf. Ab dem 18. September 1814 vertrat er die Interessen Schaumburg-Lippes sowie Waldeck-Pyrmonts, welche verwandtschaftlich eng miteinander verbunden waren, auf dem Wiener Kongress. Seine Unterkunft hatte er, ebenso wie sein Dienstgeber, (→) Georg Wilhelm Fürst von Schaumburg-Lippe, in der Kärntnerstraße 1004. Berg engagierte sich in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. In diesem Kreis präsentierte er einen eigenen Ver­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

fassungsentwurf für den zu schaffenden Deutschen Bund. Durch seine engen persönlichen Kontakte zu (→) Münster, der Hannover im Deutschen Komitee vertrat, verfügte er über detaillierte Kenntnisse über den Fortgang der Gespräche in diesem Gremium, welche er allerdings, um seinen Informanten nicht zu kompromittieren, nur sparsam einsetzte. Während Berg zu Beginn des Kongresses noch zu den Befürwortern einer Wiedererrichtung des römisch-deutschen Kaisertums zählte, tendierte er im Verlauf der Verhandlungen zu Preußen – und geriet dadurch in Widerspruch zu seinem Fürsten, der Österreich als Führungsmacht im Deutschen Bund favorisierte. Im Mai 1815 nahm er – gemeinsam mit (→) Keller, (→) Plessen, (→) Minkwitz und (→) Smidt – als Vertreter der „Vereinigung der mindermächtigen Fürsten und Freien Städte“ an den Sitzungen des Deutschen Komitees teil. Im Juni 1815 war Berg einer der Redakteure (und Unterzeichner) der Deutschen Bundesakte. Zudem war er Mitglied der Akzessionskommission. Der Wiener Kongress bedeutete für Berg eine berufliche Zäsur: Hier hatte er den Regenten und späteren Herzog (→) Peter I. von Oldenburg kennengelernt, der ihm die Stelle des Präsidenten am neu eingerichteten Oberappellationsgericht in Oldenburg verschaffte und ihn zugleich als Gesandten am Bundestag einsetzte. Dort befasste Berg sich unter anderem mit den für Oldenburg wesentlichen Fragen des Weserzolls und der Übernahme des Fürstentums Birkenfeld. Im Rahmen der Wiener Ministerkonferenzen lag sein Hauptaugenmerk auf der Förderung von Handel und Verkehr unter den Bundesstaaten. 1823 nach Oldenburg zurückgekehrt, behielt er zunächst bis 1829 die Stelle als Gerichtspräsident und wurde außerdem zum Geheimen Rat und zum Mitglied des Staats- und Konferenzministeriums ernannt. Ab 1841 fungierte er als Staats- und Kabinettsminister und setzte sich im Besonderen für die Neuordnung der Verfassung und Verwaltung der Landgemeinden ein. Berg war zudem Verfasser zahlreicher juristischer Schriften. Er verstarb 1843 in Oldenburg.

Berlichingen, Joseph Friedrich Anton Graf von

* 8. Februar 1759 (Tyrnau/Trnava), + 23. April 1832 (Jagsthausen)

Vertreter des ehemals reichsunmittelbaren fränkischen Reichskreises

Berlichingen besuchte das Lyzeum von Kollotschau/Kalocsa (Ungarn) und im Anschluss Ausbildungsstätten in Ödenburg/Sopron und Tyrnau. In die k.k. Ingenieurakademie und taktisch-diplomatische Schule in Wien aufgenommen, beschloss Berlichingen 1778, eine militärische Laufbahn zu verfolgen. Erste Erfahrungen sammelte er während des Bayerischen Erbfolgekrieges. 1784 wurde er zum Oberleutnant und zum Adjutanten des Prinzen (→) Georg von Mecklenburg(-Strelitz) ernannt. Sein Einsatz im Rahmen zweier Türkenfeldzüge führte

Berlinghieri, Daniello

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zu seiner Beförderung zum Rittmeister. Als sein Vater 1789 verstarb, fielen die Stammgüter der Familie an Berlichingen. Er quittierte den Militärdienst und zog nach Jagsthausen, wo er sich in den nächsten Jahren vorwiegend der Neuorganisation seiner Güter widmete und sich als Mitglied der freien Reichsritterschaft engagierte. Die 1806 erfolgte Mediatisierung hatte zur Folge, dass die Besitzungen Berlichingens an Württemberg fielen. Von König (→) Friedrich I. wurde Berlichingen zum Kreishauptmann von Schorndorf ernannt und erhielt 1809 die königliche Sommerresidenz, die Landvogtei Ludwigsburg, übertragen. 1814 wurde Berlichingen in den Staatsrat berufen und nahm als Gesandter des ehemals reichsunmittelbaren fränkischen Reichskreises am Wiener Kongress teil. 1815 in den erblichen Grafenstand erhoben, arbeitete Berlichingen in der Verfassungskommission der württembergischen Regierung mit. Als König Friedrich I. 1818 starb, zog sich Berlichingen aus dem Staatsdienst zurück und widmete sich als Privatmann vor allem genealogischen Studien. Mit seinem Tod im Jahr 1832 erlosch die Neue-Schloss-Linie derer von Berlichingen.

Berlinghieri, Daniello

* 24. Dezember 1761 (Siena), + 17. Jänner 1838 (Paris) Vertreter des Malteserordens

Berlinghieri legte im Alter von 13 Jahren nach päpstlichem Dispens das feierliche Gelübde des Johanniter-Ordens auf Malta ab und verschrieb sich dem Dienst zur See. Doch kehrte er zunächst nach Siena zurück, um am angesehenen Collegio Tolomei seine Ausbildung abzuschließen, deren Schwerpunkt vor allem auf den Naturwissenschaften und der Nautik lag. Anschließend segelte er mehrere Jahre lang auf maltesischen Schiffen. Nach den 1785 erfolgten Einsätzen gegen Algier sah er sich gezwungen, seine angegriffene Gesundheit auf dem Festland zu kurieren. 1794 wurde er auf Wunsch des Gelehrten und Leiters der Universität Siena, Guido Savini, dessen Sekretär und übernahm nach dessen Tod die Universitätsleitung, die er – nur unterbrochen während der Phase der französischen Herrschaft – bis 1826 innehatte. Nach dem Sturz Napoleons wurde Berlinghieri vom Malteserorden dazu bestimmt, gemeinsam mit (→) Miari die Interessen des Ordens auf dem Wiener Kongress zu vertreten. Diese bestanden vor allem in der Rückerstattung der Insel Malta sowie der verloren gegangenen Vermögenswerte. Berlinghieri traf am 31. August 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung in der Kärntnerstraße 1041. Es gelang den Vertretern des Malteserordens allerdings nicht, mit ihren Anliegen durchzudringen. Malta wurde Großbritannien zugesprochen und Berlinghieri reiste am 28. Mai 1815 in Richtung Florenz ab. 1822 wurde der Malteserorden auf dem Kongress von Verona als souveränes, nichtstaatliches Völkerrechts­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

subjekt anerkannt. 1827 wurde Berlinghieri zum Vertreter der Toskana am französischen Hof ernannt und übernahm dann den Gesandtschaftsposten in Belgien. Er starb 1838 in Paris.

Bernstorff, Christian Günther Graf von

* 3. April 1769 (Kopenhagen), + 28. März 1835 (Berlin) Vertreter des Königreichs Dänemark

Bernstorff trat schon früh in die Fußstapfen seines Vaters, Andreas Peter, der zwischen 1773 und 1780 sowie zwischen 1784 und 1797 das Amt des dänischen Außenministers bekleidet hatte. Bereits 1789 wurde er Legationssekretär beim dänischen Gesandten in Berlin, seinem Onkel. 1791 erfolgte die Ernennung zum dänischen Gesandten in der preußischen Hauptstadt. 1794 wechselte er nach Stockholm und übernahm in der Folgezeit zusätzlich spezielle Aufträge für die dänische Regierung am Zarenhof in St. Petersburg. Nach dem Tod seines Vaters 1797 wurde er in Kopenhagen zum Staatssekretär für die auswärtigen Angelegenheiten mit Sitz und Stimme im Geheimen Rat bestellt, drei Jahre später zum Staatsminister und Minister der auswärtigen Angelegenheiten. Nach dem Verlust der dänischen Flotte im Jahr 1810 nahm er seinen Abschied – die Gründe dafür sind nicht genau geklärt. 1811 ging Bernstorff als dänischer Gesandter nach Wien. Trotz des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen zwischen Wien und Kopenhagen im Jahr 1813 blieb Bernstorff auf die Bitte von Kaiser (→) Franz I. hin in Wien und nahm 1814, als Dänemark auf die Seite der Alliierten wechselte, seine diplomatische Tätigkeit wieder auf. Im Zuge des 6. Koalitionskriegs reiste er mit dem Hauptquartier der alliierten Mächte nach Paris. Anschließend fungierte er als Bevollmächtigter auf dem Wiener Kongress und wurde dabei von seinem Bruder (→) Joachim von Bernstorff sowie dem dänischen Außenminister (→) Rosenkrantz unterstützt. Auch sein König (→) Friedrich VI. war nach Wien gereist. Bernstorff wohnte auf der Hohen Brücke 393. An seiner Seite war zudem seine Frau Elise, welche in ihren Erinnerungen ausführlich die Zeit des Wiener Kongresses beschrieb und besonderes Augenmerk auf die Festlichkeiten legte. Bernstorff, so berichtete Elise, sei anfangs sehr angetan von den Feiern gewesen, zunehmend hätten ihn die diesbezüglichen Verpflichtungen aber gelangweilt. Das wichtigste Anliegen Dänemarks auf dem Wiener Kongress war es, eine Entschädigung für die im Vertrag von Kiel im Jänner 1814 festgelegte Abtretung von Norwegen an Schweden zu erhalten und diplomatischen Druck zu erzeugen, damit Schweden die damit verbundene Verpflichtung einer Indemnitätszahlung erfüllte. Zudem standen zu Beginn des Kongresses immer noch russische

Bernstorff, Joachim Frederik Graf von

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­ ruppen in Holstein, welches in Personalunion mit Dänemark verbunden war. T Für Holstein nahmen die Brüder Bernstorff an Sitzungen des Deutschen Komitees teil. Letztlich konnte Dänemark auf dem Kongress das Herzogtum Lauenburg gewinnen. Bernstorff stand in Wien unter scharfer geheimpolizeilicher Überwachung. Er trat immer wieder als Informationsvermittler in Erscheinung, indem er Umschläge mit Noten, Protokollen oder Privatschreiben an verschiedene Personen, etwa den sächsischen Bevollmächtigten (→) Schulenburg-Klosterroda oder den sardischen Gesandten (→) San Marzano, weitergab. Im April 1815, einer der entscheidenden Phasen des Kongresses nach der Rückkehr Napoleons, trat Bernstorff nicht in Erscheinung: Aufgrund eines Gichtleidens war er den ganzen Monat über bettlägerig. 1817 wechselte der Diplomat als dänischer Gesandter nach Berlin, wo er das Angebot erhielt, das Amt des preußischen Außenministers zu übernehmen. Nach Rücksprache mit dem dänischen König sagte Bernstorff zu und wurde 1818 von König (→) Friedrich Wilhelm III. zum Staats- und Kabinettsminister mit Sitz und Stimme im Staatsrat und im Ministerium und zum Chef des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Bernstorff verfolgte einen strikt konservativen Kurs. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands bat er seit 1824 immer wieder, sich aus den Amtsgeschäften zurückziehen zu dürfen. Diesem Ansinnen wurde jedoch erst 1832 teilweise nachgegeben. Nach zwei Schlaganfällen starb Bernstorff 1835.

Bernstorff, Joachim Frederik Graf von

* 5. Oktober 1771 (Wittendörp), + 26. Oktober 1835 (Grömitz) Vertreter des Königreichs Dänemark

Der Sohn des dänischen Staatsministers Andreas Peter von Bernstorff schlug, wie sein Bruder (→) Christian Günther von Bernstorff, eine Karriere als Diplomat ein. 1793 wurde er Sekretär im Außenministerium, 1797 folge die Ernennung zum Kammerherrn, zwischen 1800 und 1810 fungierte Bernstorff als Direktor im ­Außenministerium. Bernstorff traf am 8. September 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier auf der Hohen Brücke 393. Dort befand sich auch die Wohnung seines Bruders, der als dänischer Gesandter in Wien residierte. Neben den Brüdern Bernstorff war Dänemark durch König (→) Friedrich VI. selbst sowie Außenminister (→) Rosenkrantz vertreten. Das wichtigste Anliegen Dänemarks auf dem Wiener Kongress war es, eine Entschädigung für die im Vertrag von Kiel im Jänner 1814 festgelegte Abtretung von Norwegen an Schweden zu erhalten und diplomatischen Druck zu erzeugen,

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

damit Schweden die damit verbundene Verpflichtung zu einer Indemnitätszahlung erfüllte. Zudem standen zu Beginn des Kongresses immer noch russische Truppen in Holstein, welches in Personalunion mit Dänemark verbunden war. Für Holstein nahmen die Brüder Bernstorff auch an Sitzungen des Deutschen Komitees teil. Letztlich konnte Dänemark auf dem Kongress das Herzogtum Lauenburg gewinnen. Nach dem Kongress löste Joachim Bernstorff seinen Bruder, der nach Berlin wechselte, als dänischen Gesandten in Wien ab. Er hatte diesen Posten bis zu seinem Tod im Jahr 1835 inne.

Berstett (Berstedt), Wilhelm Ludwig Leopold Reinhard von

* 6. Juli 1769 (Berstett bei Straßburg), + 16. Februar 1837 (Karlsruhe) Vertreter des Großherzogtums Baden

Berstett trat, ohne sein Studium abgeschlossen zu haben, bereits in jungen Jahren in die österreichische Armee ein. In der Folge nahm er zwischen 1792 und 1804 an insgesamt 14 Schlachten teil. 1809 wechselte er in den badischen Staatsdienst und wurde zum Kammerherrn der Ehefrau des damaligen Thronfolgers und späteren Großherzogs (→) Karl, Stéphanie de Beauharnais, ernannt. Auf Geheiß des Großherzogs begleitete er diesen sowohl zu den Verhandlungen zum Ersten Pariser Frieden nach Paris als auch auf den Wiener Kongress. Seine Unterkunft lag in unmittelbarer Nähe des Quartiers des Großherzogs am Bauernmarkt 616. Neben Berstett vertraten (→) Berckheim, (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein, (→) Sensburg und (→) Hacke Baden auf dem Wiener Kongress. Primäres Anliegen Badens war die Verteidigung der Integrität des Landes gegen österreichische und bayerische Ansprüche. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten – weniger dank der badischen Diplomatie, als vielmehr aufgrund der Interessenslage der Großmächte. Berstett vertrat Baden in der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees und verließ Wien am 4. Juni 1815. Nachdem Berstett 1816 der erste badische Gesandte am Bundestag geworden war, berief ihn der Großherzog 1817 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten. In dieser Funktion hatte er sich zunächst vor allem mit der strittigen Frage der badischen Erbfolge und dem Widerstand gegen die damit verbundenen territorialpolitischen Interessen Österreichs und Bayerns zu befassen. Auf dem Kongress von Aachen 1818 konnte er die Ansprüche der Nachbarstaaten schließlich endgültig abwehren. Berstett betrachtete die Einführung einer Verfassung zwar als staatspolitische Notwendigkeit, vertrat aber grundsätzlich eine absolutistische Gesinnung und zählte 1819 zu den nachdrücklichen Befürwortern der Karlsbader Beschlüsse. Seit 1820 Ministerpräsident, versuchte er vergeblich, eine

Bertuch, Carl

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Einschränkung der Landesverfassungen durch den Bund zu realisieren. Mit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Großherzog Leopold im Jahr 1830 und unter dem Eindruck der Ereignisse der Julirevolution politisch zunehmend isoliert, entschied sich Berstett, aus seinem Amt auszuscheiden. Er lebte bis zu seinem Tod am 16. Februar 1837 zurückgezogen in Karlsruhe.

Bertuch, Carl

* 27. Dezember 1777 (Weimar), + 5. Oktober 1815 (Weimar) Lobbyist für den Deutschen Buchhandel

Der Sohn des bekannten Publizisten und Verlegers Friedrich Justin Bertuch studierte in Jena Geografie, Kunstgeschichte und Naturwissenschaften, bevor er längere Zeit in Paris lebte. Die Vereinigung der Deutschen Buchhändler entsandte den als Journalist tätigen Bertuch, gemeinsam mit (→) Cotta, zum Wiener Kongress, um eine Regelung betreffend den Nachdruck von Büchern und eine Neuregelung der Zensur zu erwirken. Bertuch traf am 29. September 1814 in Wien ein und bezog wenig später ein Quartier im 3. Stock des Hauses Graben 655. Die Unterkunft war über jener von Cotta gelegen. Die Geheimpolizei beschrieb Bertuch als „etwas kleinstädtisch“, konzedierte ihm aber eine hohe Bildung. Das Tagebuch, das er während seines Aufenthalts in Wien führte, gibt Auskunft über seine vielfältigen kulturellen Interessen sowie seine zahlreichen gesellschaftlichen Kontakte, aber auch über die Bemühungen, die in Wien versammelten Staatsmänner und Herrscher für ein Gesetz gegen den Büchernachdruck zu gewinnen. Diese Frage wurde auf dem Wiener Kongress aber keiner Regelung zugeführt, sondern dem zu bildenden Bundestag in Frankfurt zugewiesen. Bertuch reiste am 15. Juni über Prag nach Weimar ab, wo er wenig später starb.

Besserer von Thalfingen, Albrecht Theodorich

* 2. Oktober 1787 (Langenau), + 1. Februar 1839 (München) Mitglied der Delegation des Königreichs Bayern

Besserer entstammte einem ursprünglich in Ulm beheimateten schwäbischen Adelsgeschlecht, das später der Reichsritterschaft der Ritterkantone Donau und Hegau angehörte. Er schlug eine militärische Laufbahn ein und trat 1803 dem Regiment Nr. 1 Kurfürst-Cheveaulegers als Kadett bei. 1806/07 beteiligte er sich im Rahmen des 4. Koalitionskriegs als Unterleutnant an den Feldzügen gegen Preußen. 1809 erfolgten die Beförderung zum Oberstleutnant und die Mitgliedschaft in der Französischen Ehrenlegion. Der bayerische Generalleutnant (→) Wrede

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

e­ rnannte ihn daraufhin zu seinem Adjutanten. Es folgten Beförderungen zum Rittmeister (1811) und zum Major (1813). Besserer nahm 1814 als Adjutant des inzwischen zum Feldmarschall beförderten Wrede am Wiener Kongress teil. Eine seiner Aufgaben bestand laut Angaben der Geheimpolizei darin, seinen Vorgesetzen mit vertraulichen Informationen zu versorgen. Seine Wohnung hatte Besserer am Kohlmarkt 268. 1816 erfolgte Besserers Ernennung zum königlich bayerischen Kämmerer, im Juni 1817 die Erhebung in den erblichen Freiherrenstand des Königreichs Bayern. Nach weiteren Beförderungen übernahm er im November 1838 die Leitung des königlich bayerischen Kriegsministeriums, verstarb allerdings bereits wenige Monate später.

Billieux von Ehrenfeld, Ursann Konrad Joseph

* 22. November 1760 (Pruntrut), + 24. Mai 1824 (Pruntrut)

Mitglied der Delegationen Pruntruts und des ehemaligen Fürstbistums Basel

Billieux begann, nachdem er in Deutschland Jura studiert hatte, 1778 eine militärische Laufbahn in der französischen Armee und diente in der Schweizergarde in Paris. Nach seiner Entlassung 1792 ließ er sich in der Eidgenossenschaft nieder und wurde Generalinspektor der Grafschaft Baden. 1798 floh er vorübergehend nach Freiburg i. B., kehrte 1801 nach Pruntrut zurück und wurde 1808 Mitglied des Conseil d’arrondissement. Nach dem Ende der französischen Herrschaft fungierte Billieux als Kommissär für das ehemalige Fürstbistum Basel. In dieser Funktion verhandelte er erst in Vesoul während des Vormarschs der alliierten Truppen nach Paris, dann in Wien über das Schicksal des Territoriums. Billieux als inoffizieller Delegationsleiter, (→) Delfils und (→) Mösl Edler von Moosthal versuchten 1814/15 vergeblich, die Restauration des Fürstbistums Basel zu erwirken, das sie als eigenen Kanton in die Eidgenossenschaft aufgenommen wissen wollten. Über die Gespräche innerhalb des Schweizer Komitees waren die Mitglieder der Basler Deputation nur mangelhaft unterrichtet. Zwar versuchten sie immer wieder, in Audienzen Informationen über den Verlauf der Verhandlungen zu erlangen und diese in ihrem Sinne zu beeinflussen, doch brachten diese Interventionen kaum die erwünschten Ergebnisse. Am 16. Jänner 1815 hatten Billieux und Delfils die Gelegenheit, ihr Anliegen direkt vor dem Schweizer Komitee zu vertreten und legten entsprechende Denkschriften vor. Letztlich war ihre Mission jedoch nicht von Erfolg gekrönt: Das Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Basel wurde weitgehend dem Kanton Bern zugeschlagen. 1815 unterzeichnete Billieux, aus Wien zurückgekehrt, als einer der sieben Bevollmächtigten des Kantons Jura die Vereinigungsurkunde mit Bern. 1816 wurde

Binder von Krieglstein, Franz

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er Berner Kleinrat und fungierte ab 1822 bis zu seinem Tod 1824 als Obervogt in Pruntrut.

Binder von Krieglstein, Franz

* 3. Oktober 1774 (Wien), + 8. Jänner 1855 (Wien)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Nach dem Eintritt in den diplomatischen Dienst Österreichs 1801 fungierte Binder zwischen 1810 und 1813 in Kopenhagen und Stuttgart als Gesandter, bevor er als Bevollmächtigter der Habsburgermonarchie 1813 am Kongress in Prag teilnahm. Während des Feldzugs 1813 und 1814 leitete er das Reisedepartement der Staatskanzlei. Als enger Mitarbeiter (→) Metternichs arbeitete er während des Wiener Kongresses an den Entwürfen für die deutsche Bundesverfassung mit, war Mitglied der Genua-Kommission und vertrat den österreichischen Außenminister in einigen Sitzungen der Abolitionskommission. Nach dem Ende des Kongresses diente Binder als Gesandter in Den Haag (1815–1820), Turin (1820–1823), Lissabon (1823–1824), Bern (1826–1837) und Dresden (1837–1843). Er verstarb 1855 in Wien.

Bollmann, Justus Erich

* 10. März 1769 (Hoya an der Weser), + 10. Dezember 1821 (Kingston/Jamaika) Lobbyist

Der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns studierte ab 1787 Medizin in Göttingen. Bollmann sympathisierte mit der Französischen Revolution und begab sich daher nach der Promotion nach Paris. 1792 verhalf er in einem kühnen Manöver dem Geliebten der Madame de Staël, dem französischen Kriegsminister Narbonne, zur Flucht vor den Jakobinern nach England. 1794 plante er eine noch weit waghalsigere Aktion, um den Marquis de La Fayette in Olmütz/Olomouc aus dem Gefängnis zu befreien. Das Vorhaben scheiterte jedoch, und Bollmann wurde für sieben Monate inhaftiert. Im Anschluss ging er nach Amerika und gründete 1797 in Philadelphia ein Handelshaus, das 1803 insolvent war. Auch in Amerika verstrickte Bollmann sich in politischen Angelegenheiten und stand vor Gericht. Den Wiener Kongress besuchte Bollmann in zahlreichen Angelegenheiten, aus denen er Profit zu ziehen hoffte. Er kam am 28. Oktober 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt an und stand von Anfang an unter intensiver geheimpolizeilicher Beobachtung. Auf Empfehlung des Bankhauses Baring, für das er in Wien unter anderem tätig war, kam Bollmann im Haus des Bankiers Geymüller unter. Bollmann zeigte sich in Wien äußerst gut vernetzt: (→) Talleyrand kannte er seit Langem. Außerdem verkehrte er unter anderem mit (→) Schlegel

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

und (→) Humboldt. Besonders die Österreicher zeigten Interesse an seiner Person und hofften von ihm zu profitieren. So traf er mehrfach mit (→) Gentz zusammen, der ihn sehr schätzte, und entwarf eine Denkschrift zur Frage der Gründung einer österreichischen Nationalbank, die (→) Stadion weiterverfolgte. Mit (→) Metternich hatte Bollmann mehrfach Unterredungen, um ein Freihandelsabkommen zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten zu erörtern. Darüber hinaus setzte er sich für die Einführung von Platinmünzen, für die Dampfschifffahrt auf Elbe, Weser und Donau, aber auch für den Handel mit Quecksilber zwischen Österreich und Amerika und den Verkauf von sechs österreichischen Kriegsschiffen an die Vereinigten Staaten ein. Bei Gesellschaften beeindruckte er mit seinen Erzählungen aus Amerika. Besonders eng war sein Kontakt zu (→) Karl August von Varnhagen, mit dem er auch nach dem Kongress noch korrespondierte und der in den 1830er-Jahren Bollmanns Memoiren sowie eine biografische Skizze des Lobbyisten veröffentlichte. Gentz und Metternich hatten noch im Mai 1815 den Weg für eine Akkreditierung Bollmanns als Handelsagent der Vereinigten Staaten geebnet, doch stellte sich die Regierung in Washington aufgrund von Bollmanns Vergangenheit quer. So gründete Bollmann nach dem Wiener Kongress in der Nähe von London eine neuartige Essigfabrik und betätigte sich weiterhin als Netzwerker: Im Auftrag des Bankhauses Baring knüpfte er Kontakte zu dem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer Simon Bolivar. Bollmann starb auf einer Reise nach Westindien am 10. Dezember 1821 in Kingston auf Jamaika. Sein Leben fand auch in der Literatur Würdigung: Heinrich Albert Oppermann machte Bollmann 1870 zu einer Hauptfigur seines Werks „Hundert Jahre“.

Borsch, Gottlob Friedrich Franz von * 1760, + 1836

Vertreter des Fürsten von der Leyen

Der herzoglich sächsische Geheimrat Borsch hatte zur Zeit des Heiligen Römischen Reichs als Reichshofratsagent für zahlreiche kleine Stände Prozesse geführt. Er wohnte damals in der Vorderen Schenkenstrasse 44. Aus einem alten ungarischen Adelsgeschlecht stammend, erhielt er im Jahr 1800 nach dem Erwerb mehrerer Güter die innerösterreichische Landstandschaft. 1802 wurde er in den Reichsadelsstand erhoben. Auf dem Wiener Kongress vertrat Borsch die Interessen des Fürsten (→) Philipp von der Leyen. Dieser hatte es 1813 versäumt, auf die Seite der Alliierten zu wechseln, sodass sein Territorium nach dem Zusammenbruch des Rheinbunds unter die Verwaltung der Siegermächte gestellt wurde. Auf dem Wiener Kongress

Boyen, Hermann Ludwig Leopold Gottlieb von

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ging es für den Fürsten daher um die Wiederherstellung seiner Souveränität sowie um eine Entschädigung für linksrheinische Gebiete. Doch bereits Borschs Versuche, dem Zusammenschluss der mindermächtigen Staaten beim Kongress beizutreten, scheiterten. Seine Mission blieb erfolglos, das Fürstentum wurde endgültig mediatisiert, die Besitzungen erst Österreich, 1818 dann Baden zugeschlagen. Borsch betätigte sich neben seiner diplomatischen Arbeit während des Kongresses auch als Informant der österreichischen Geheimpolizei. Nach dem Kongress fungierte Borsch als Agent beziehungsweise Ministerresident für Anhalt-Köthen, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Coburg und Gotha sowie Sachsen-Altenburg in Wien. 1818 wurde er in den österreichischen Ritterstand, 1832 in den österreichischen Freiherrenstand erhoben. Borsch verstarb 1836.

Boyen, Hermann Ludwig Leopold Gottlieb von

* 23. Juni 1771 (Kreuzburg), + 15. Februar 1848 (Berlin) Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen

Boyen trat 1787 in den Militärdienst ein und besuchte erst die Militärschule, dann die Universität in Königsberg. 1794/95 nahm er am Feldzug in Polen teil und diente ab 1796 als Hauptmann in der Kaserne Gumbinnen. Interessiert an der Philosophie Kants, befasste er sich in diesen Jahren primär mit Fragen der Ausbildung und Bildung der Soldaten und publizierte zu diesem Thema mehrere Aufsätze und Denkschriften. Damit zog er die Aufmerksamkeit Gerhard von Scharnhorsts auf sich, der ihn in die von ihm gegründete „Militärische Gesellschaft“ aufnahm. An der Schlacht bei Jena und Auerstedt nahm Boyen als Mitglied des Generalstabs teil. 1808, bereits zum Major befördert, wurde er Mitglied der Militärorganisationskommission und 1810 Direktor der ersten Abteilung im Kriegsdepartement unter Scharnhorst. Vergeblich versuchte er 1811, gemeinsam mit Scharnhorst und Gneisenau, König (→) Friedrich Wilhelm III. zum Krieg gegen Frankreich zu bewegen. Als der Herrscher entschied, Napoleon bei dessen Russlandfeldzug zu unterstützen, nahm Boyen 1812 als Oberst seinen Abschied und begab sich nach St. Petersburg. Dort beauftragte ihn Zar (→) Alexander I. mit der Überbringung eines Allianzangebots an den preußischen König. Dieser ernannte Boyen im Juni 1814 zu seinem Kriegsminister. Kurz nach Antritt dieses Amtes erließ Boyen im Rahmen der Stein-Hardenbergschen Reformen im September 1814 ein Wehrgesetz, mit welchem die allgemeine Wehrpflicht festgeschrieben wurde. Auch der Landsturm wurde institutionalisiert. Als Napoleon im Mai 1815 nach Frankreich zurückkehrte, reiste Boyen nach Wien, wo er am 3. April 1815 eintraf. Bis zu seiner Abreise nach Berlin am 26. Mai 1815 wurde er intensiv von der Geheimpolizei überwacht. Während seines kur-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

zen Aufenthalts in Wien war Boyen Mitglied der Militärkommission und nahm an einer Sitzung der Fünfer-Konferenz teil. 1819 schied Boyen aufgrund von Unstimmigkeiten mit Hofkreisen über das Verhältnis zwischen stehendem Heer und Landwehr als Kriegsminister aus der preußischen Regierung aus, nahm das Amt aber ab 1841 nochmals wahr. 1847 trat Boyen in den Ruhestand und erhielt den Titel eines Generalfeldmarschalls. Er starb im folgenden Jahr.

Brignole-Sale, Antonio Giovanni Francesco

* 22. Mai 1786 (Genua), + 14. Oktober 1863 (Genua) Vertreter der Stadt Genua

Brignole-Sale begann seine Karriere während der napoleonischen Herrschaft in Ligurien: Im März 1813 wurde er zum Präfekten des Ortes Cairo Montenotte ernannt. Auf dem Wiener Kongress setzte sich Brignole-Sale, der eine Unterkunft am Kohlmarkt 297 gefunden hatte, als Mitglied der Genua-Kommission für die Wiederherstellung der Eigenstaatlichkeit des ehemaligen Stadtstaats ein. Obwohl er – wie die Geheimpolizei berichtete – vom Senat Genuas mit einer hohen Summe ausgestattet worden war, um sich die Gewogenheit der Vertreter der Großmächte zu sichern, war die Mission nicht von Erfolg gekrönt. Mit (→) Dalberg, einem Mitglied der französischen Delegation, war Brignole-Sale über seine Frau verwandtschaftlich verbunden, was ebenfalls das Interesse der Geheimpolizei weckte. Die Hofdame der ehemaligen Kaiserin der Franzosen (→) Marie Luise, Anna Pieri Brignole-Sale, war seine Mutter. Ob aufgrund dieser Verbindungen oder aus anderen Gründen – im Mai 1815 kursierte jedenfalls das wohl unbegründete Gerücht, Brignole-Sale sei während des Kongresses als Agent für Napoleon und Joachim Murat tätig gewesen. Nach dem Ende des Wiener Kongresses trat Brignole-Sale in die Dienste des Königreichs Sardinien-Piemont und wurde zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister für das Großherzogtum Toskana und die Herzogtümer Parma und Modena ernannt. 1819 übernahm er den Gesandtschaftsposten am spanischen Hof. Im Sommer 1826 – inzwischen von König Karl Felix zum Bürgermeister von Genua ernannt – nahm Brignole-Sale als außerordentlicher Gesandter an den Krönungsfeierlichkeiten von Zar Nikolaus I. teil. 1836 übernahm er die Gesandtschaft in Paris. Zwischen 3. und 30. Dezember 1848 hatte Brignole-Sale die Vizepräsidentschaft des Senats von Savoyen inne. Ab Oktober 1849 fungierte er für ein halbes Jahr als bevollmächtigter Minister in Wien. Nach der Einigung Italiens und dem damit um sich greifenden Antiklerikalismus zog sich Brignole-Sale als bekennender Katholik aus Protest von sämtlichen ­politischen Ämtern zurück. Er widmete sich wohltätigen Aufgaben und wurde zum Gründer

Buchholz, Carl August

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und ersten Präsidenten des Konservatoriums San Girolamo della Carità di Genova. Brignole-Sale verstarb 1863 in seiner Heimatstadt.

Buchholz, Carl August

* 3. Oktober 1785 (Lübeck), + 15. November 1843 (Lübeck)

Vertreter der Judenschaft von Hamburg, Bremen und Lübeck

Der Sohn des Syndikus des Lübecker Domkapitels studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Göttingen, Heidelberg und Halle. 1808 wurde Buchholz promoviert und erhielt 1808 seine Anwaltszulassung in Lübeck. Bereits 1810 war er im Konkursverfahren des ehemaligen Lübecker Bürgermeisters Mattheus Rodde aktiv und handelte diesbezüglich in Paris einen Vergleich aus. Als er nach Lübeck zurückkehrte, befand sich die Stadt bereits unter französischer Herrschaft. Buchholz, der diesem Regime ablehnend gegenüberstand, wurde aufgrund seiner politischen Einstellung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, schließlich jedoch amnestiert. Auf dem Wiener Kongress vertrat er die jüdischen Gemeinden der Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck, welche mit den jeweiligen Stadtregierungen um die Beibehaltung der unter französischer Herrschaft erworbenen Rechte rangen. Bereits 1814 hatte Buchholz sein Werk „Ueber die Aufnahme der jüdischen Glaubensgenossen zum Bürgerrecht“ publiziert und damit die Aufmerksamkeit der Juden der Hansestädte auf sich gezogen. Gesellschaftlich verkehrte Buchholz am Wiener Kongress unter anderem in jüdischen Salons, so etwa bei (→) Fanny von Arnstein. Am 9. Dezember 1814 reichte Buchholz beim Kongress eine Denkschrift über die Lage der Juden in Deutschland ein. Tatsächlich beschränkte er sich in diesem Memorandum nicht darauf, die Situation in den Hansestädten zu schildern, sondern forderte die rechtliche Gleichstellung von Juden und Christen in allen deutschen Gebieten. Seine Aktivitäten am Wiener Kongress hatten ein Schreiben des preußischen Staatskanzlers (→) Karl August von Hardenberg an den preußischen Gesandten Graf Grote in Hamburg zur Folge, in welchem Hardenberg Grote anwies, den Magistraten von Hamburg, Bremen und Lübeck zu erkennen zu geben, dass sich die preußische Regierung für die Rechte der Juden einsetze. Ähnliche Schreiben sind vonseiten Österreichs und Russlands überliefert. Zu einer endgültigen Regelung der Frage betreffend den Rechtstatus der Juden in Deutschland kam es am Wiener Kongress jedoch nicht. (→) Metternich sandte Buchholz am 9. Juni 1815 ein Schreiben, in welchem er ihn über den Beschluss des Deutschen Komitees, diese Angelegenheit an den Bundestag in Frankfurt a. M. zu übergeben, informierte.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Nach dem Ende des Kongresses vertrat Buchholz die jüdischen Gemeinden in Frankfurt. 1815 veröffentlichte er eine Sammlung von Rechtstexten mit dem Titel „Actenstücke, die Verbesserung des bürgerlichen Zustandes der Israeliten betreffend“. Deren Einleitung gilt als eine der konzisesten Argumentationen für die jüdische Emanzipation jener Zeit. 1818 besuchte Buchholz, ebenfalls in jüdischen Angelegenheiten, den Kongress von Aachen. Zwischen 1823 und 1834 vertrat er die Interessen Hessen-Kassels, bevor er 1834 zum zweiten Stadt-Syndikus Lübecks gewählt wurde und am städtischen Obergericht als Richter wirkte. Buchholz verstarb 1843 in Lübeck.

Campochiaro, Ottavio Mormile Herzog von

* 25. September 1761 (Neapel), + 12. Jänner 1836 (Neapel) Vertreter des Königreichs Neapel

Campochiaro entstammte einer alten neapolitanischen Adelsfamilie. 1798 ernannte ihn König Ferdinand IV. von Neapel zum bevollmächtigten Minister in Kopenhagen. 1800 kehrt Campochiaro nach Neapel zurück und wurde zum Staatsrat erhoben. Im darauffolgenden Jahr übergab er König Ferdinand zwei Denkschriften, in welchen er sich mit juristischen Reformen auseinandersetzte und zu einer umfassenden rechtlichen Neuordnung und der Abschaffung der adeligen Gerichtsbarkeit riet. Campochiaro leitete 1806 jene Delegation, die mit der französischen Militärführung über die Einnahme Neapels verhandelte. Unter dem neuen König Joseph Bonaparte wurde er zum Staatsrat und Minister des königlichen Hauses berufen. Unter Napoleons Schwager Joachim Murat übernahm er ab 1810 den Botschafterposten in Paris. Murat entsandte Campochiaro, gemeinsam mit (→) Cariati, zum Wiener Kongress, um dort seine Ansprüche als König von Neapel geltend zu machen. In der österreichischen Haupt- und Residenzstadt traf Campochiaro am 17. September 1814 ein; sein Quartier hatte er am Judenplatz 444. Die wichtigste Aufgabe der neapolitanischen Delegation war es, die alliierten Mächte zur Anerkennung des österreichisch-neapolitanischen Abkommens vom Jänner 1814 zu bewegen, nach welchem Joachim Murat die Herrschaft im Königreich Neapel garantiert wurde. Die Geheimpolizei überwachte Campochiaro genau und stellte einen eigenen Agenten zu seiner Beobachtung ab. Die Verhandlungen über die Anerkennung des österreichisch-neapolitanischen Abkommens zogen sich über den Winter 1814/15 hin. Dazu trugen die Opposition Frankreichs und Spaniens, dessen Vertreter die Restitution Neapels an den bourbonischen König Ferdinand forderten, wie auch die ablehnende Haltung des Bevollmächtigten des Heiligen Stuhls, Kardinal (→) Consalvi, bei. Aber auch Österreich zeigte sich zurückhaltend und führte geheime Verhandlungen direkt mit Paris.

Canning, Stratford

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Nachdem Napoleon im März 1815 in Frankreich gelandet war, stellte sich Joachim Murat auf die Seite des Korsen. In Wien zog diese Entwicklung mehrere Unterredungen zwischen Campochiaro, Cariati und (→) Metternich nach sich und bedeutete das faktische Scheitern der Mission der neapolitanischen Delegation. Das Misstrauen gegenüber Campochiaro war groß: Gerüchte besagten, dass er (wie auch (→) Beauharnais) einem Zirkel von Diplomaten sowie deren Mitarbeitern hohe Summen bezahlt habe. Dafür habe er jeden Abend eine Kopie der aktuellen Verhandlungsdokumente erhalten und an Joachim Murat und Napoleon weitergeleitet. Beweise für diese Behauptungen, die vermutlich nicht auf Tatsachen beruhten, blieben allerdings aus. Fakt ist jedenfalls, dass Campochiaro, frustriert über die politische Kehrtwende Murats, sämtliche politische Ämter zurücklegte und erwog, sich in Wien niederzulassen. Es gelang ihm jedoch, die Gunst des neuen (alten) neapolitanischen Herrschers, König Ferdinand, zu erlangen, und so reiste er am 24. Juni nach Neapel ab. 1817 übernahm er eine beratende Funktion innerhalb des Obersten Rats des Königreichs beider Sizilien. Nach der neapolitanischen Revolution und dem Erlass der Verfassung 1820 ernannte ihn der Thronfolger, Herzog Franz von Kalabrien, zum Minister des Äußeren. In den folgenden Jahren engagierte sich Campochiaro politisch stark und geriet zunehmend in Opposition zum Herrscherhaus. Eine Anklage wegen Hochverrats wurde schließlich fallengelassen. Campochiaro starb 1836 in seiner Heimatstadt.

Canning, Stratford

* 4. November 1786 (London), + 14. August 1880 (Frant Court/Kent) Mitglied der Delegation des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Canning trat 1807 in den Dienst des Foreign Office und wurde mit kleinen diplomatischen Missionen in Dänemark und dem Osmanischen Reich beauftragt. 1810 übernahm er den Posten des britischen Gesandten in Konstantinopel und war in dieser Funktion an den Verhandlungen über den Friedensvertrag von Bukarest zwischen Russland und dem Osmanischen Reich beteiligt. 1813 kehrte Canning vorübergehend nach London zurück und ging im Juni 1814 in die Schweiz, wo er, gemeinsam mit anderen Vertretern der alliierten Mächte, an den Verhandlungen über die neue Bundesverfassung und die Schweizer Neutralität beteiligt war. Beim Wiener Kongress, zu welchem er am 30. oder 31. Oktober 1814 anreiste, unterstützte er (→) Castlereagh insbesondere in den Schweizer Angelegenheiten. So war er neben (→) Stewart der Vertreter Groß­ britanniens im Schweizer Komitee. Canning wohnte während des Kongresses auf der Seilerstätte 1159 und verließ Wien am 23. März 1815.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Bis 1819 hatte Canning den Posten des britischen Gesandten in der Schweiz inne. Dann erfolgte seine Versetzung nach Washington, wo er bis 1823 seinen Dienst versah. 1820 wurde er zum Mitglied des Privy Council ernannt. Ab 1825 diente Canning als britischer Botschafter in Konstantinopel. Aufgrund von Differenzen mit der britischen Regierung über die griechische Frage trat er 1828 von diesem Posten zurück. 1831 erfolgte die Wahl Cannings in das House of Commons; zugleich übernahm er mehrere diplomatische Aufgaben in Konstantinopel, Russland und Madrid. 1842 besetzte er schließlich erneut den Posten des britischen Botschafters in Konstantinopel und spielte in den folgenden Jahren, als sich das Osmanische Reich immer stärker an Großbritannien anschloss, eine zentrale politische Rolle am Bosporus. 1852 erfolgte mit dem Titel des Viscount Stratford de Redcliffe die Erhebung in den Adelsstand. 1857 kehrte Canning schließlich endgültig nach England zurück. Die folgenden 22 Jahre lebte er als Privatmann in Großbritannien und widmete sich primär wissenschaftlichen Studien. Außerdem verfasste er außenpolitische Artikel für die „Times“ und sprach gelegentlich im House of Lords. Er starb 1880 im Alter von 93 Jahren.

Capellen, Goderd Alexander Gerard Philipp van der

* 15. Dezember 1778 (Utrecht), + 10. April 1848 (Volenhoven)

Vertreter des Souveränen Fürstentums der Vereinigten Niederlande

Capellen entstammte einem alten niederländischen Adelsgeschlecht. Er studierte Rechtswissenschaften in Utrecht und Göttingen und trat nach seiner Promotion 1803 in den Staatsdienst der Batavischen Republik. Mit 28 Jahren erhielt Capellen den Ehrenposten eines Kammerherrn bei Herzog (→) Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach. Im Februar 1808 wurde er Landdrost von Ostfriesland, das nach der preußischen Niederlage 1807 an das mit Napoleon verbündete Königreich Holland gefallen war. Seine zentrale Aufgabe war die administrative Eingliederung der neuen Besitzungen in den holländischen Staatsapparat. Innerhalb kurzer Zeit stieg Capellen zum Minister des Inneren und zum Staatsrat auf. Nach der Annexion Hollands durch Napoleon 1810 übte er kein Amt aus, wurde in den wieder unabhängigen Niederlanden aber rasch zum Kolonialminister und zum außerordentlichen Staatssekretär in Brüssel. Ab Februar 1815 vertrat Capellen, gemeinsam mit (→) Spaen, die Niederlande auf dem Wiener Kongress: Als sich die Verhandlungen über die territorialen Grenzen zwischen den Niederlanden und Preußen um strittige rechtsrheinische Gebiete im Jänner 1815 zuspitzten, hatte Prinz Wilhelm von Oranien-Nassau Capellen zur Unterstützung der bereits bestehenden Delegation nach Wien

Carême, Marie-Antoine

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entsandt. Die niederländische Delegation kooperierte eng mit (→) Gagern und (→) Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein, die das Haus Nassau-Oranien bzw. das Herzogtum Nassau vertraten. Die strittigen rechtsrheinischen Gebiete, zu welchen unter anderem das angestammte Herrschaftsgebiet der Dynastie Nassau-Oranien zählte und die daher für Prinz Wilhelm besondere Bedeutung hatten, konnten aber nicht für die Niederlande erhalten bleiben beziehungsweise gewonnen werden, sondern wurde von den alliierten Mächten Preußen zugeschlagen. Damit waren die niederländischen Vertreter in Wien weitgehend mit der Durchsetzung der Interessen ihres Herrschers gescheitert. Allerdings erhielt Wilhelm als Kompensation für diese territorialen Verluste das Herzogtum Luxemburg zugesprochen, das zum Großherzogtum erhoben wurde. Des Weiteren erfolgte die Rangerhöhung zum König der Niederlande, wo er als Wilhelm I. herrschte. Nach seiner Abreise aus Wien am 9. März 1815 bekleidete Capellen bis 1825 den Posten des Generalgouverneurs von Niederländisch-Indien. Danach führte er gelegentlich noch diplomatische Aufgaben für den König aus. Seinen Lebensabend verbrachte er größtenteils auf seinem Landsitz bei Utrecht. Capellen verstarb 1848 in Volenhoven.

Carême, Marie-Antoine

* 8. Juni 1784 (Paris), + 12. Jänner 1833 (Paris)

Koch, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich

Da der französische Außenminister und Bevollmächtigte am Wiener Kongress (→) Talleyrand ein erfahrener und gewiefter Diplomat war, zeigte er sich bei der Zusammenstellung seiner Entourage äußerst umsichtig und vorausschauend. Die Schwierigkeiten, welchen sich Frankreich in Wien zu stellen hatte, betrafen sowohl die politische als auch die gesellschaftliche Ebene. In politischer Hinsicht hatte Frankreich den Krieg verloren und musste sich eine Stimme unter den europäischen Mächten erkämpfen; in gesellschaftlicher Hinsicht hatte Talleyrand zudem noch an der Hypothek seiner Vergangenheit als Außenminister Napoleons zu tragen. Mit Marie-Antoine Carême, dem berühmtesten Koch Europas, in seiner Suite konnte Talleyrand sicherstellen, zumindest in kulinarischer Hinsicht eine herausragende Position in Wien einzunehmen. Mit dem Küchenmeister war Talleyrand schon seit Jahren verbunden: Carême hatte nach dem Ende seiner Ausbildung zum Koch und Konditor um 1800 für den bekannten Konditor Bailly gearbeitet, zu dessen Kunden Talleyrand gezählt hatte. 1803 eröffnete Carême eine eigene Konditorei, bevor ihn Talleyrand 1804 als Leibkonditor engagierte. Talleyrand blieb freilich nicht der einzige illustre Auftraggeber des Küchenchefs – Carême zeichnete für das Bankett anlässlich der Hochzeit von (→) Marie Luise und Napoleon verantwortlich. 1814, nach dem Einmarsch der alliierten

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Truppen in Paris, kochte er für Zar (→) Alexander I., welcher ihn 1818 erneut engagierte. Der britische Prinzregent, der spätere König George IV., kam ebenso in den Genuss seines kulinarischen Könnens wie Kaiser (→) Franz I. Besondere Bekanntheit erlangte Carême nicht nur aufgrund seiner spektakulären Schaugerichte, sondern auch wegen seines Erfindungsreichtums. So stellte Talleyrand ihm einmal die Aufgabe, einen Menüplan über die Dauer eines Jahres zu erstellen. In diesem Speiseplan durfte sich kein Gericht wiederholen, und es durften ausschließlich saisonale Produkte verwendet werden. Carême bestand diesen Test anstandslos. Seine Erfahrungen und Kenntnisse publizierte Carême ab dem Jahr 1816 in mehreren Kochbüchern. Seine letzten Jahre verbrachte er in Paris, wo er für James Mayer Rothschild arbeitete.

Cariati, Gennaro Spinèlli Fürst von

* 14. August 1780 (Neapel), + 3. Juni 1851 (Neapel) Vertreter des Königreichs Neapel

Cariati entstammte einem alten Adelsgeschlecht und war marchese di Fuscaldo, Fürst von Sant’Arcangelo und Herzog von Caivano und Maranella. Er kämpfte zunächst aufseiten der Parthenopäischen Republik, eines infolge der Französischen Revolution für einige Monate des Jahres 1799 bestehenden Staates in Süditalien, und diente als Marineoffizier. 1808 erfolgte seine Ernennung zum Zeremonienmeister von Joseph Bonaparte, der von Napoleon als König von Neapel eingesetzt worden war. Während der französischen Herrschaft über Neapel war er darüber hinaus Offizier und beteiligte sich 1812 an Napoleons Russlandfeldzug. Dabei kämpfte er unter anderem bei der Schlacht von Borodino. Joseph Bonapartes Nachfolger Joachim Murat entsandte Cariati, gemeinsam mit (→) Campochiaro, zum Wiener Kongress. Während seines Aufenthalts in Wien, der bis zum 20. April 1815 dauerte, hatte Cariati seine Wohnung in der Jägerzeile 14. Das Misstrauen der österreichischen Behörden gegenüber den Vertretern Murats war groß, sodass beide Gesandten scharf von der Geheimpolizei überwacht wurden. Die wichtigste Aufgabe der Delegation war es, die alliierten Mächte zur Anerkennung des österreichisch-neapolitanischen Abkommens vom Jänner 1814 zu bewegen, in welchem Joachim Murat die Herrschaft im Königreich Neapel garantiert worden war. Die Verhandlungen zogen sich über den Winter 1814/15 hin. Dazu trugen die Opposition Frankreichs und Spaniens, dessen Vertreter die Restitution Neapels an den bourbonischen König Ferdinand forderten, wie auch die ablehnende Haltung des Bevollmächtigten des Heiligen Stuhls, Kardinal (→) Consalvi, bei. Aber auch Österreich zeigte sich zurückhaltend und führte geheime Verhandlungen mit Paris.

Castlereagh, Robert Stewart Viscount

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Nachdem Napoleon im März 1815 in Frankreich gelandet war, stellte sich Joachim Murat auf die Seite des Korsen. In Wien zog diese Entwicklung mehrere Unterredungen zwischen Campochiaro, Cariati und (→) Metternich nach sich und bedeutete das faktische Scheitern der Mission der neapolitanischen Delegation. 1820 übertrug die konstitutionelle Regierung Neapels Cariati diplomatische Missionen, die ihn nach Paris und Wien führten. Nach der Auflösung des Parlaments im Jahr 1848 übernahm er das Ministerium für Äußeres, trat im gleichen Jahr an die Spitze der Regierung und schlug erfolgreich den Aufstand in Kalabrien nieder. 1849 zog sich Cariati schließlich aus der Politik zurück.

Castlereagh, Robert Stewart Viscount

* 18. Juni 1769 (Dublin), + 12. August 1822 (Kent)

Britischer Außenminister, Vertreter des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Castlereagh entstammte einer alten irischen Adelsdynastie. Nach dem Besuch der Royal School in Armagh und der anschließenden weiteren Ausbildung durch Reverend William Sturrock of Portaferry wechselte Castlereagh an das St. John’s ­College der Universität Cambridge, schloss das Studium jedoch nicht ab. Er trat 1790 als Unabhängiger in das irische Parlament ein. Um in das britische Unterhaus einziehen zu können, schloss er sich 1795 den Tories an. Im darauffolgenden Jahr wurde ihm der Titel eines Viscount Castlereagh verliehen. 1798 wurde Castlereagh zum Chief Secretary for Ireland ernannt und trug in dieser Funktion wesentlich zur Niederschlagung der irischen Rebellion bei. Er unterstützte William Pitt d. J. bei dessen Vorhaben, Irland und Großbritannien zu einem Königreich zu vereinigen und verhalf 1808 dem Act of Union im irischen Parlament zu einer Mehrheit. In der Folge war Castlereagh Mitglied des Unterhauses des nunmehr gemeinsamen Parlaments des Vereinigten Königreiches. Zudem war er seit 1802 Präsident des Board of Control in der Regierung Addington. Zwischen 1807 und 1809 übernahm er unter dem Herzog von Portland das Amt des Secretary of State for War and the Colonies, das er bereits 1805 kurz innegehabt hatte. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Planung der Feldzüge gegen Napoleon beteiligt. Ein vor dem Hintergrund der gescheiterten Walcheren-Expedition zustande gekommenes Duell mit Außenminister George Canning zwang beide, ihre Ministerämter niederzulegen. 1812 übernahm Castlereagh jedoch den Posten des Secretary of State for Foreign Affairs, also des Außenministers, und wurde kurze Zeit später zudem Leader of the House of Commons, also Fraktionsführer der Tories im Unterhaus. Auf diese Weise stieg er in der kritischen Phase der Koalitionskriege und der politischen Neuordnung Europas zu einem der einflussreichsten britischen Politiker auf. Castlereagh vertrat, neben seinem Bruder Lord (→) Stewart, (→) Clancarty,

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

(→) Stratford Canning und (→) Cathcart, bis Februar 1815 als Hauptbevollmächtigter die britischen Interessen auf dem Wiener Kongress. Er traf am 13. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein. Sein Quartier hatte er erst im Haus „Auge Gottes“ am Petersplatz, doch übersiedelte er nach kurzer Zeit an den Minoritenplatz Nr. 50. Castlereagh erwies sich in den teils schwierigen Verhandlungen wiederholt als kluger Diplomat und geschickter Vermittler zwischen den divergierenden Positionen der europäischen Großmächte. Gemeinsam mit (→) Metternich setzte er sich für die Eindämmung der russischen Expansionsbestrebungen nach Westen ein und wirkte als Mediator in der polnisch-sächsischen Frage. Für deren Lösung erachtete er es als wesentlich, Frankreich zu den Gesprächen der Vierer-Konferenz, denen auch er selbst beiwohnte, hinzuzuziehen. Castlereagh war zudem Mitglied der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz sowie der Abolitionskommission. Castlereagh gilt als einer der Väter des Kongress-Systems, das zum Zweck der Friedenserhaltung in Europa einen regelmäßigen diplomatischen Austausch der Großmächte über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse vorsah. Im ­Februar wurde er von (→) Wellington als britischer Hauptbevollmächtigter abgelöst, da er zur Parlamentseröffnung nach London reisen musste. So überlegt und vermittelnd Castlereagh auf der politischen Ebene auch agierte – auf gesellschaftlicher Ebene konnte er in Wien kaum reüssieren. Die sozialen Verhaltensweisen wie auch der Kleidungsstil des Briten unterschieden sich empfindlich von den kontinentalen Standards, was zu Missverständnissen und Spott Anlass gab. Irritiert berichteten Zeitgenossen von den Abendgesellschaften in Castlereaghs Wohnung, wo die Gäste zwar empfangen, anschließend aber sich selbst überlassen wurden. Lady Castlereagh zog ungewollt die Aufmerksamkeit der Wiener Gesellschaftsdamen auf sich, da sie sich nach deren Ansicht zu jugendlich und zu freizügig für ihr Alter kleidete. Als exzentrisch erschien die Angewohnheit des britischen Ehepaars, Arm in Arm die Geschäfte Wiens aufzusuchen, sich Waren vorlegen zu lassen, aber nichts zu kaufen. Bemerkenswert befand die Geheimpolizei zudem die Kaprize des britischen Außenministers, sich jeden Tag durch Tanzen Bewegung zu verschaffen; war seine Frau verhindert, begnügte sich Castlereagh mit einem Stuhl als Partner. Obwohl Castlereagh als der „europäischste“ Außenminister Großbritanniens im Vormärz gilt, der auf Kooperation und Kommunikation großen Wert legte, sprach er sich gegen den von Zar (→) Alexander I. gewünschten Eintritt Großbritanniens in die Heilige Allianz aus. Einer Interventionspolitik, wie sie Metternich auf dem Kongress von Troppau/Opava durchsetzte, erteilte Castlereagh ebenfalls eine klare Absage, was vorübergehend ein politisches Auseinanderdriften der e­ uropäischen Mächte zur Folge hatte. Obwohl außenpolitisch erfolgreich,

Cathcart, William Schaw First Earl of

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war Castlereagh innenpolitisch umstritten. Immer wieder sah er sich Angriffen der Opposition ausgesetzt, die einem britischen Engagement auf dem Kontinent skeptisch gegenüberstand. Mit dem Tod seines Vaters im Jahr 1821 erbte Castlereagh dessen Titel und wurde zum 2nd Marquess of Londonderry, übernahm jedoch nicht dessen Platz als Representative Peer im House of Lords. Eine zunehmend zerrüttete mentale Verfassung sowie wiederholte öffentliche Verleumdungen führten am 22. August 1822 zum Suizid Castlereaghs.

Cathcart, William Schaw First Earl of

* 17. September 1755 (Petersham), + 16. Juni 1843 (Cartside) Vertreter des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Der Sohn eines schottischen Diplomaten genoss ab 1766 eine Ausbildung am renommierten Eton College. Mit der Ernennung seines Vaters zum Botschafter in Russland zog die Familie nach St. Petersburg, wo Cathcart die russische Sprache erlernte und sich klassischen Studien widmete. 1773 nach Schottland zurückgekehrt, nutzte Cathcart die folgenden drei Jahre, um das Studium der Rechtswissenschaften zu beenden. Es folgte die Aufnahme in die Anwaltsvereinigung und die Veröffentlichung seiner disputatio juridica. Nach dem Tod seines Vaters im August 1776 wurde Cathcart zum Tenth Lord Cathcart. Ab 1777 beteiligte er sich mit seinem Kavallerieregiment an der britischen Militäroffensive in den amerikanischen Kolonien. 1779 wurde er zum Major des 38. Regiments sowie zum Quartermaster General für die amerikanischen Streitkräfte ernannt. Seine angeschlagene Gesundheit zwang ihn im Oktober 1780 nach England zurückzukehren, wo ihm König George III. die Kapitänswürde bei den Coldstream Guards verlieh. Cathcart widmete sich im Anschluss verstärkt seiner politischen Laufbahn und übernahm außerdem – wie schon sein Vater – die Präsidentschaft des schottischen Board of Police. 1788 zog er nach einem von der Pitt-Regierung unterstützten, knappen Wahlsieg als einer der sechzehn schottischen Peers in das House of Lords ein, wo er zum Lord Chairman of Committees ernannt wurde. Die Ereignisse der Französischen Revolution führten dazu, dass Cathcart 1794 seine parlamentarischen Aufgaben vorerst zurückstellte und sich als Generalmajor an den Koalitionskriegen beteiligte. Zwischen 1803 und 1805 war er Oberbefehlshaber von Irland, erhielt dann jedoch von Pitt das Kommando über die britischen Truppen zur Befreiung Hannovers. 1807 – Cathcart war zwischenzeitlich zum Oberbefehlshaber Schottlands ernannt worden – führte er erfolgreich den Angriff auf Kopenhagen und erhielt kurz darauf den Titel eines Viscount Cathcart of Cathcart and Baron Greenock of Greenock. Außenminister (→) Castlereagh berief ihn auf persönlichen Wunsch von Zar (→) Alexander I. hin im Juli 1812 zum Botschafter sowie zum britischen Militärbeauftragten in Russland. In dieser Funk-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

tion ­begleitete Cathcart den Zaren auf den Feldzügen der Jahre 1813 und 1814 und erhielt in Anerkennung seiner Leistungen im Juli 1814 die Earls-Würde verliehen. Im selben Jahr reiste er als britischer Delegierter zum Wiener Kongress. Hier fungierte er, gemeinsam mit Castlereagh, (→) Clancarty, (→) Stewart und (→) Stratford Canning als britischer Gesandter. In der österreichischen Haupt- und Residenzstadt traf Cathcart am 4. Oktober 1814 ein und bezog ein Quartier auf der Landstraße 36. An den diplomatischen Gesprächen nahm er nur geringen Anteil und befasste sich vorwiegend mit weniger bedeutenden Fragen. Castlereagh vertraute ihm aufgrund großer Arbeitsüberlastung zu Beginn des Kongresses vorübergehend die Verhandlungen über das Schicksal der Niederlande an, zudem war Cathcart Mitglied der Achter-Konferenz, der Rangkommission, der Militärkommission sowie der Akzessionskommission. Vermutlich aber war Cathcart hauptsächlich Teil der britischen Delegation, weil Zar Alexander ihm gewogen war. Cathcart verließ Wien am 12. Juni 1815, um sich in das Hauptquartier der alliierten Mächte zu begeben. Im Anschluss an den Wiener Kongress fungierte Cathcart weiterhin als Botschafter in St. Petersburg, bis er 1820 nach Großbritannien zurückkehrte. Seine Zeit als Privatmann verbrachte er zum Großteil mit der Verwaltung seiner ausgedehnten Güter, blieb jedoch weiterhin an Politik interessiert und engagierte sich für die Tory-Partei. Cathcart starb am 16. Juni 1843 auf seinem Gut in Cartside nahe Glasgow.

Clancarty, Richard Le Poer Trench Second Earl of

* 18. Mai 1767 (Garbally), + 24. November 1837 (Kinnegad) Vertreter des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Clancarty entstammte einer alten irischen Adelsfamilie. 1797 zog er für Newtown Limavady ins irische Parlament ein. Ein Jahr später übernahm Clancarty die parlamentarische Vertretung der Grafschaft Galway, die er bis zur Union von 1801 beibehielt. Obwohl Clancarty der Unionsidee zunächst negativ gegenüberstand, ließ er sich vom damaligen Chief Secretary for Ireland und späteren Außenministers (→) Castlereagh umstimmen und wurde 1802 als Unterstützer Pitts in das erste Parlament des Vereinigten Königreiches gewählt, wo er wieder die Interessen Galways, in späteren Parlamentsperioden die des Boroughs of Rye, vertrat. Neben der Ernennung zum Commissioner for Indian Affairs im Jahre 1804 und zum irischen Postminister 1807 war vor allem die 1808 erfolgte Wahl zu einem Representative Peer für Irland eine bedeutsame Etappe seiner innenpolitischen Karriere. Seit dem Tod seines Vaters im Jahre 1805 trug Clancarty den Titel des Second Earl of Clancarty; als solcher wurde er 1807 Mitglied des britischen und 1808 des irischen Privy Council. In den folgenden Jahren hatte er außerdem eine

Consalvi, Ercole marchese

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Reihe weiterer hochrangiger Ämter inne, so etwa den Vorsitz der Königlichen Münzprägeanstalt (1812 bis 1814) und die Präsidentschaft des Board of Trade (1812 bis 1818). Im November 1813 wurde Clancarty als britischer Botschafter in die Niederlande entsandt, und wenige Monate später neben Castlereagh, (→) Cathcart, (→) Stewart, (→) Stratford Canning und (→) Wellington zu einem der britischen Bevollmächtigten auf dem Wiener Kongress ernannt. In Wien traf Clancarty am 21. September 1814 ein und bezog eine Unterkunft am Petersplatz im Haus „Auge Gottes“. Als Mitglied der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Flussschifffahrtskommission, der Genua-Kommission und der Statistischen Kommission beschäftigte er sich unter anderem mit demografischen Fragen, der Lösung der polnisch-sächsischen Frage und mit der Angliederung Genuas an das Königreich Sardinien-Piemont. Darüber hinaus war Clancarty Mitglied jener Kommission, die sich mit der Redaktion der einzelnen Artikel der Schlussakte befasste. Er gilt als das arbeitsamste Mitglied der britischen Delegation, da er zahlreiche diplomatische Aufgaben übernahm, Noten und Memoranden konzipierte und Castlereagh in allen Angelegenheiten zur Seite stand. Während des Wiener Kongresses unterhielt Clancarty eine intensive Korrespondenz mit (→) Gagern, der das Haus Nassau(-Oranien) vertrat. Nach der Ende März 1815 erfolgten Abreise Wellingtons, der bereits im Februar 1815 Castlereagh als Leiter der britischen Delegation ersetzt hatte, übernahm Clancarty diese Aufgabe. Er verließ Wien am 28. Juni 1815, um sich in das Hauptquartier der alliierten Mächte zu begeben. Nach Abschluss des Kongresses und dem endgültigen Sieg über Napoleon wurde Clancarty zum Baron Trench of Garbally in die Peerage des Vereinigten Königreiches erhoben und begab sich mit Jahreswechsel 1815/16 nach Frankfurt a. M., um sich als Mitglied der dort neu eingesetzten Konferenz der Klärung offener Territorialfragen im Deutschen Bund zu widmen. Im Mai 1816 übernahm er zum zweiten Mal den britischen Botschafterposten in den Niederlanden, den er bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Dezember 1823 bekleidete. Als Dank für seine Dienste erhielt Clancarty durch den niederländischen König den Titel eines Marquess of Heusden verliehen. In seiner Heimat wurde er im selben Jahr zum Viscount Clancarty of Cork erhoben. Seinen Lebensabend verbrachte der innenpolitisch weiterhin aktive Clancarty vorwiegend auf seinen Besitzungen in Irland. Er starb im November 1837 in Kinnegad in der Grafschaft Westmeath.

Consalvi, Ercole marchese

* 8. Juni 1757 (Rom), + 24. Jänner 1824 (Rom) Vertreter des Kirchenstaats

Nach dem Tod seines Vaters 1763 wurde Consalvi in die Obhut des Kardinals Andrea Negroni übergeben und besuchte ab 1766 das Kolleg der Piaristen in

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Urbino. Zwischen 1771 und 1776 absolvierte er das Priesterseminar in Frascati, wo er sich theologischen, politischen und literarischen Studien widmete. Im Anschluss ging Consalvi nach Rom, wo er ab 1776 Jura studierte und Anfang Jänner 1789 promoviert wurde. Im April 1783 ernannte ihn Papst Pius VI. zum Privatkämmerer, ein Jahr später zum Hausprälaten. Als Gegner der Französischen Revolution trat Consalvi im Rahmen seiner Mitgliedschaft in verschiedenen Kongregationen (z. B. der Apostolischen Signatur und der Rota Romana) den revolutionären Ideen entschieden entgegen. Dieses Engagement führte nach der Besetzung des Kirchenstaats durch französische Truppen 1798 zunächst zu Con­ salvis Inhaftierung in der Engelsburg und dann zu seiner Verbannung. Papst Pius VII., der 1799 mit Consalvis Zutun zum neuen Papst gewählt worden war, ernannte ihn 1800 zum Kardinaldiakon von Sant’Agata dei Goti und kurz darauf zum Staatssekretär. Am 3. Juli 1800 kehrte Consalvi gemeinsam mit dem Papst nach Rom zurück. Im darauffolgenden Jahr reiste er nach Paris, um das Konkordat mit Napoleon zu verhandeln und zu unterzeichnen. Diese Gespräche gingen als „Consalvi-Paradoxon“ in die Geschichtsbücher ein. Aufgrund seiner offen kritischen Haltung gegenüber Napoleon musste Consalvi 1806 von seinem Amt als Staatssekretär zurücktreten. Nach der Eingliederung des Kirchenstaats in das französische Kaiserreich 1809 wurde Consalvi verhaftet und nach Paris gebracht, wo er sich weigerte, den am 2. April 1810 stattfindenden Hochzeitsfeierlichkeiten Napoleons mit (→) Marie Luise von ­Österreich beizuwohnen. Ihm und weiteren zwölf Kardinälen wurden daraufhin die Kardinalswürde sowie die Vermögenswerte entzogen. Nach dem Sturz Napoleons ernannte Papst Pius VII. Consalvi am 17. Mai 1814 erneut zum Staatssekretär. Zum Wiener Kongress traf Consalvi am 2. September 1814 ein und bezog eine Unterkunft Am Hof 349. Er verhandelte in Wien, gemeinsam mit dem päpstlichen Nuntius (→) Severoli, in erster Linie über die Wiederherstellung des Kirchenstaats inklusive der Legationen Bologna, Ferrara und Ravenna sowie über die Restauration der traditionellen Vorrechte des Heiligen Stuhls. Zudem engagierte er sich in der deutschen Kirchenfrage und kooperierte in dieser Angelegenheit eng mit den sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“, (→) Wambold zu Umstadt und (→) Helfferich. Auch die politische Zukunft des südlich an den Kirchenstaat angrenzenden Königreichs Neapel war eine Frage, welcher sich Consalvi widmete. Entschieden sprach er sich in diesem Fall gegen eine weitere Herrschaft Murats aus. Der päpstliche Gesandte entfaltete einen immensen Arbeitseifer und war häufig beim französischen Außenminister (→) Talleyrand sowie dessen britischem und österreichischem Amtskollegen anzutreffen. Regelmäßig gab er selbst Diners, die gerne besucht wurden, da er über einen guten Koch verfügte. Er selbst frequentierte neben den Wohnungen der Vertreter der europäischen Großmächte immer wieder den Salon der jüdischen Bankiersgattin (→) Fanny von Arnstein.

Cornacchia, Ferdinando

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Die Gespräche in Wien verliefen aus der Sicht Consalvis überwiegend positiv. Hinsichtlich der Beschneidung der traditionellen Rechte der Kirche verfasste er allerdings zwei Protestschreiben, welche in einer der letzten Sitzungen der Achter-Konferenz verlesen wurden. Consalvi verließ Wien am 17. Juni 1815. In der Folge setzte er sich für die Konsolidierung des Kirchenstaates ein, indem dessen innere Verwaltung unter seiner Leitung einer weitreichenden Reform unterzogen wurde. Daneben schloss er Konkordate mit Russland, Preußen, Polen, Bayern, Württemberg, Sardinien-Piemont und Spanien ab. Consalvi legte sein Amt nieder, als Papst Pius VII. 1823 starb. Nach seinem Tod im Jänner 1824 wurde er in der Familiengruft S. Marcello al Corso bestattet; sein Herz allerdings wurde im Pantheon beigesetzt.

Cornacchia, Ferdinando

* 2. August 1769 (Soragna), + 6. Februar 1842 (Parma)

Berater in Fragen der Entschädigung der Königin von Etrurien, Chronist des Wiener Kongresses

Cornacchia absolvierte das Studium der Rechte in Parma. Nach der Annexion des Herzogtums Parma durch Frankreich trat er – ein Bewunderer der französischen Reformen im Justizbereich – in den Verwaltungsdienst ein und wurde 1810 Unterpräfekt in Borgo San Donnino und 1812 in Parma. Nach der Besetzung Parmas durch österreichische Truppen 1814 erfolgte seine Berufung an die Universität Parma als Professor für Wirtschaftspolitik; wenig später wurde ihm die Verwaltung von Piacenza übertragen. Die provisorische österreichische Verwaltung der Herrschaften Parma, Piacenza und Guastalla entsandte ihn 1814 nach Wien, wo er an den Verhandlungen über die Entschädigung der ehemaligen Königin von Etrurien, der Bourbonin Maria Luisa, mitwirken sollte. Seine Aufgaben bestanden in der Vorbereitung von Unterlagen mit ökonomischen und administrativen Informationen, auf deren Basis über die Abfindung verhandelt wurde, sowie in der Redaktion von Denkschriften und anderen Dokumenten. Cornacchia erreichte Wien am 17. September 1814. Infolge des missglückten Versuchs Murats, im Frühjahr 1815 alle Einwohner der italienischen Halbinsel unter einem Banner zu einen und damit seine Herrschaft zu konsolidieren, kam es zu einer gründlichen polizeilichen Untersuchung von Cornacchias nationaler Einstellung. Daher konnte er erst am 23. September 1815 aus Wien abreisen. Seine Unterkunft befand sich im Haus Nr. 669 an der Brandstätte im Zentrum der Inneren Stadt. Der „Guide des Etrangèrs“ listet ihn unter den Gesandten der italienischen Staaten. Über seinen Aufenthalt in Wien führte Cornacchia ein Tagebuch. Darin ­porträtierte er einige der in Wien versammelten Staatsmänner. Darüber hinaus

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

sind aus dem Diarium Informationen über den Fortgang der Verhandlungen um die Entschädigung der ehemaligen Königin von Etrurien zu gewinnen. Nach seiner Rückkehr nach Parma trat Cornacchia in die Dienste von Herzogin (→) Marie Luise von Österreich, mit welcher er bereits während des Kongresses in engem Kontakt gestanden hatte. Nach einer steilen Karriere in der Verwaltung des Herzogtums (Direktor der Finanzen und Präsident des Inneren 1816) wurde er 1828 von Kaiser (→) Franz I. in den Freiherrenstand erhoben. Bei der zukunftsweisenden Justizreform des Herzogtums Parma nahm Cornacchia eine führende Position ein. Nach den innenpolitischen Unruhen im Herzogtum 1831 übernahm Cor­ nacchia­das Amt des Präsidenten des Staatsrats und übte diese Funktion bis zu seinem Tod 1842 aus.

Corsini, Neri Fürst

* 23. November 1771 (Rom), + 25. Oktober 1845 (Florenz) Vertreter des Großherzogtums Toskana

Von Kindheit an für eine diplomatische Karriere vorgesehen, fungierte Corsini ab 1793 als Sekretär des Staatsrats des Großherzogtums Toskana. 1794 nahm er in leitender Funktion an den Verhandlungen zwischen der Toskana und Frankreich über die Anerkennung der toskanischen Neutralität teil. 1796 bis 1798 bekleidete er den Posten des toskanischen Gesandten in Paris. 1798 kehrte Corsini nach Florenz zurück, um die Leitung des Staatssekretariats zu übernehmen. Nach der Gründung des Königreichs Etrurien bekleidete er verschiedene Positionen im Umfeld der Regierung. Nach der Annexion durch Frankreich 1808 war er Mitglied jener Delegation, die Napoleon ihre Huldigung darbringen sollte. Ab 1809 fungierte Corsini als Staatsrat im Innenministerium in Paris und erhielt im Zuge dieser Tätigkeit zahlreiche hohe Auszeichnungen. Nach der Restauration der habsburgischen Herrschaft in der Toskana ernannte Großherzog Ferdinand III. Corsini zum Leiter des Staatssekretariats für das Innere sowie zum toskanischen Bevollmächtigten am Wiener Kongress. In dieser Funktion präsentierte Corsini dem in Schönbrunn weilenden Großherzog am 21. Juli 1814 ein Memorandum betreffend eine allfällige territoriale Vergrößerung der Toskana. Diese war in geheimen Gesprächen mit den alliierten Mächten in Aussicht gestellt worden. In der Denkschrift thematisierte Corsini die Vorteile, die dem Großherzogtum durch den Besitz der Insel Elba entstünden, plädierte für die Abschaffung der feudalen Gerichtsbarkeit in einigen Gegenden der Toskana und forderte sichere Grenzen für das Herrschaftsgebiet. Um die Kriegsschäden zu kompensieren und das Territorium zu arrondieren, wären, so argumentierte Corsini, der Besitz von Piombino, Lucca und der Region Lunigiana erforderlich.

Cotta, Johann Friedrich

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Corsini erhielt in den Verhandlungen mit (→) Metternich jedoch nur Lucca in Aussicht gestellt. Zudem versprach der österreichische Außenminister, sich für die Entfernung Napoleons von Elba einzusetzen, damit die Insel toskanisch werden könne. Die im Namen der ehemaligen Königin von Etrurien, Maria Luisa von Spanien, erhobenen Ansprüche auf die Toskana konnte Corsini ebenso abwehren wie eine Entschädigung der Habsburgerin (→) Marie Luise. Der Einmarsch neapolitanischer Truppen unter Joachim Murat in Florenz zwang Ferdinand III. am 4. April 1815 zur Flucht nach Pisa. Corsini verhandelte mit der österreichischen Regierung, welche eine Neutralitätserklärung der Toskana in dieser Situation ablehnte, sondern im Gegenteil eine aktive Politik und eine entsprechende Mobilmachung der Truppen forderte. Durch den Abzug der neapolitanischen Armee erübrigten sich Kriegshandlungen jedoch. Zur Stabilisierung der italienischen Verhältnisse sprach sich Corsini für die Schaffung einer Föderation der italienischen Staaten aus. In der Wiener Kongressakte erhielt die Toskana den Stato dei Presidi, einen Teil der Insel Elba, Piombino, die ehemaligen Reichslehen von Vernio, Montauto und Monte Santa Maria sowie die Möglichkeit der Rückübertragung Luccas nach dem Aussterben der regierenden bourbonischen Linie zugesprochen. Am 12. Juni 1815 unterzeichnete Corsini einen Allianz- und Freundschaftsvertrag zwischen der Toskana und Österreich, bevor er am 13. Juni sein Quartier am Tiefen Graben 176 aufgab und nach Florenz abreiste. Dort übernahm er wieder die Funktion des Vorsitzenden des Staatssekretariats sowie des Großkämmerers und übte diese Ämter bis 1844 aus. Corsini verstarb am 25. Oktober 1845 in Florenz.

Cotta, Johann Friedrich

* 27. April 1764 (Stuttgart), + 29. Dezember 1832 (Stuttgart) Lobbyist für den Deutschen Buchhandel und Verleger

Nach dem Studium der Mathematik, der Geschichte und der Rechtswissenschaften übernahm Cotta 1787 das Familienunternehmen, die Cotta’sche Verlagsbuchhandlung mit Sitz erst in Tübingen, später in Stuttgart. Sie avancierte unter seiner Leitung zu einem der wichtigsten deutschen Verlage. Die Autoren der Deutschen Klassik und Romantik, Goethe, Schiller oder Schelling, ließen ihre Werke bei Cotta drucken. Gleichzeitig verlegte Cotta auch zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften, darunter die Allgemeine Zeitung, eine der wichtigsten Tageszeitungen der damaligen Zeit. Die Allgemeine Zeitung war auch einer der Gründe, warum Cotta zum Wiener Kongress reiste – er berichtete selbst als Korrespondent aus der österreichischen Haupt- und Residenzstadt. Zudem hatte die Vereinigung der Deutschen

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Buchhändler Cotta, gemeinsam mit (→) Bertuch, zum Wiener Kongress entsandt, um ein Verbot des Nachdrucks von Büchern und eine Neuregelung der Zensur zu erwirken. Daneben war Cotta (inoffizieller) Sprecher der württembergischen Landstände. Sein großes politisches Ziel, das er auch in Wien verfolgte, war die Förderung der konstitutionellen Idee. Cotta traf Anfang Oktober 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung am Graben Nr. 665. Er verfügte über ein großes soziales Netzwerk und verkehrte intensiv mit den anwesenden Staatsmännern und Diplomaten, um seine verschiedenen Missionen und Aufträge erfolgreich abzuschließen. Besonders wichtig war für Cotta der Kreis um den württembergischen Erbprinzen (→) Wilhelm. Sehr engen Kontakt pflegte er zudem mit dem preußischen Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg, welchen er häufig in dessen Quartier aufsuchte. Diese Beziehung und der zu Beginn des Kongresses stark propreußische Kurs der Allgemeinen Zeitung führten einen Spitzel der Geheimpolizei zu der Vermutung, die Artikel des Blattes über den Kongress würden in der Hardenbergschen Kanzlei konzipiert. Allerdings nutzte auch Bayern – Herkunftsland der mittlerweile in Augsburg verlegten Zeitung – die Gelegenheit, politisch genehme Artikel in das Blatt einrücken zu lassen. Überhaupt stand Cotta in engerem Kontakt mit der Geheimpolizei als ihm wahrscheinlich bewusst war, bot er doch einem Informanten dieser Einrichtung den Posten des Wiener Korrespondenten der Augsburger Allgemeinen Zeitung an. Seine Aufgaben, ein Verbot des Büchernachdrucks und die Aufhebung der Zensur zu erwirken, führte Cotta nicht zu Ende, sondern überließ sie ab Februar 1815 seinem jungen Kollegen Bertuch. Cotta selbst verließ den Wiener Kongress vorzeitig am 10. Februar 1815, weil der württembergische König (→) Friedrich I. die Landstände einberief, deren Mitglied der Verleger war. In dieser Funktion engagierte er sich in der Folgezeit intensiv im württembergischen Verfassungskampf. Letztlich endete die Mission von Cotta und Bertuch ohne Erfolg: Obwohl (→) Metternich den Anliegen der Buchhändler positiv gegenüberstand, wurden diese auf dem Wiener Kongress nicht geregelt, sondern dem zu bildenden Bundestag in Frankfurt a. M. zugewiesen. Die größere Enttäuschung für Cotta stellten allerdings die Ergebnisse des Kongresses in Hinblick auf die Lösung der Deutschen Frage dar. Aus Wien brachte Cotta Anregungen und Material für mehrere neue publizistische Projekte mit. Gemeinsam mit (→) Klüber hatte er schon in Wien eine Darstellung der Kongressverhandlungen erwogen, auch wenn dessen Edition letztlich in einem anderen Verlag erscheinen sollte. Nach seiner Rückkehr nach Württemberg engagierte sich Cotta gemeinsam mit Partnern im Bereich der Dampfschifffahrt auf deutschen Flüssen und auf dem Bodensee. Seine politische Laufbahn führte von der Württembergischen Ständeversammlung, der er bis 1819 angehörte, in die Zweite Kammer des Landtags in

Czartoryski, Adam Jerzy Fürst

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Stuttgart (1819 bis 1830, seit 1826 als deren Vizepräsident). 1822 wurde Cotta der Freiherrntitel verliehen. Er starb 1832 in Stuttgart.

Czartoryski, Adam Jerzy Fürst

* 14. Jänner 1770 (Warschau), + 15. Juli 1861 (Montfermeil) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Nach seiner Grand Tour durch Europa kämpfte der einer alten polnischen Fürstendynastie entstammende Czartoryski 1792 im Polnisch-Russischen Krieg. Infolge der dritten Teilung Polens 1795 wurden die Güter der Familie konfisziert; Czartoryski und sein Bruder mussten auf Befehl Katharinas II. als Unterpfand polnischer Ergebenheit an den russischen Hof in St. Petersburg übersiedeln. Dort knüpfte Czartoryski freundschaftliche Bande zum späteren Zar (→) Alexander I., als dessen persönlicher Adjutant er ab 1796 fungierte. In dieser Periode entwickelte Czartoryski einen starken Reformeifer. Er war ein Verfechter des Konstitutionalismus und bewunderte insbesondere das britische parlamentarische System. Seine persönliche Situation verkomplizierte sich, als er sich in die Gemahlin Alexanders, die Großfürstin (→) Elisabeth Alexejevna, geborene Louise von Baden, verliebte, die seine Gefühle erwiderte. Zar Paul I. fürchtete einen schlechten Einfluss Czartoryskis auf Alexander und bestellte ihn daher 1799 zum Gesandten beim exilierten König von Sardinen, Karl Emanuel IV. Nach der Ermordung seines Vaters rief Alexander Czartoryski jedoch nach St. Petersburg zurück und übertrug ihm 1804 den Posten des Außenministers (nominell als Zweiter Minister). In dieser Position wirkte Czartoryski entscheidend an der Etablierung der dritten Koalition gegen Napoleon mit, durch die sich Russland erstmals aktiv am europäischen Konflikt beteiligte. Die Niederlage von Austerlitz erschütterte daher Czartoryskis Reputation empfindlich und führte schließlich zu seiner Demission auf eigenen Wunsch hin. Die freundschaftliche Verbindung zwischen Czartoryski und Alexander blieb allerdings auch nach dem Ausscheiden des Polen aus der Politik erhalten. Czartorykis politische Entscheidungen waren stets von dem Wunsch der Wiedererrichtung des polnischen Staates beeinflusst. Dieser Vorstellung stand auch Alexander grundsätzlich positiv gegenüber, der ein mit Russland verbundenes Polen in sein am Wiener Kongress vertretenes politisches Programm aufnahm. In diesen russischen Plänen lag in der Folge eine der Wurzeln für den Konflikt zwischen den Großmächten um die Zukunft Sachsens und Polens, der den Kongress an den Rand des Scheiterns führte und die Verhandlungen stark verzögerte. Czartoryski traf am 30. September 1814 in Wien ein und wohnte bis zu seiner Abreise am 25. März 1815 auf der Mölker Bastei Nr. 1237. Zar Alexander stand

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er insbesondere hinsichtlich der Frage der zukünftigen Gestaltung und Stellung Polens beratend zur Seite. Kontakte unterhielt er in Wien zu Vertretern der dort lebenden polnischen Adelsfamilien. Czartoryski entwarf Teile der Verfassung des sogenannten Kongress-Polens, in welchem er nach dessen Konstituierung den Rang eines Senators innehatte sowie als Mitglied des Verwaltungsrats fungierte. Aufgrund von Konflikten mit Großfürst (→) Konstantin, der de facto als Vizekönig in Polen herrschte, zog er sich 1823 auf die Familiengüter zurück. Erst der polnische Aufstand von 1830 holte Czartoryski in die Politik zurück, indem er als Präsident der provisorischen Regierung amtierte. Nach der Niederschlagung des Aufstands durch russische Truppen floh er nach Paris, wo das in seinem Besitz befindliche Hôtel Lambert ein Treffpunkt polnischer Emigranten des Vormärz wurde. Er selbst war bis zu seinem Tod Vorsitzender der informellen polnischen Exilregierung und starb hoch betagt am 15. Juli 1861 in Montfermeil.

D’Ivernois, François

* 9. April 1757 (Genf), + 1842 (Genf) Vertreter der Stadt Genf

Nach einer juristischen Ausbildung versuchte sich d’Ivernois zunächst als Verleger und plante eine Rousseau-Edition herauszugeben, wandte sich jedoch bald der Politik zu. Obwohl liberal eingestellt, war er ein entschiedener Gegner der Französischen Revolution. Diese Haltung zwang ihn 1782 zur Emigration nach England, wo er erfolglos versuchte, die britische Regierung für die Gründung einer Ansiedlung von Schweizer Uhrmachern zu interessieren. Veränderte politische Verhältnisse ermöglichten 1790 kurzzeitig seine Rückkehr nach Genf. Wieder in England, arbeitete er als Schriftsteller und Agent der britischen Regierung, für die er auch antifranzösisches Propagandamaterial verfasste. Für seine Verdienste wurde er 1796 zum Ritter geschlagen. In den Folgejahren übernahm er diplomatische Aufgaben für die britische Regierung in Schweden, der Schweiz, deutschen Staaten und Russland. Nachdem die Stadt Genf Ende 1813 ihre Unabhängigkeit wiedererlangt hatte, kehrte d’Ivernois dorthin zurück und wurde zu einem der städtischen Bevollmächtigten auf dem Wiener Kongress ernannt. Am 12. Oktober 1814 kam d’Ivernois in Wien an. Die Genfer Delegation, der neben d’Ivernois auch (→) Pictet de Rochemont und der Sekretär (→) Eynard angehörten, setzte sich erfolgreich dafür ein, dass Genf als eigener Kanton in die Schweiz integriert wurde. Außerdem erreichten die Gesandten, dass dem neuen Kanton eine Gebietsvergrößerung in Aussicht gestellt wurde, welche im Zweiten Pariser Frieden tatsächlich umgesetzt wurde.

Dalberg, Emmerich Joseph von

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D’Ivernois war ferner an der Erarbeitung der oligarchisch geprägten Genfer Verfassung von 1814 beteiligt und saß bis 1824 im Repräsentantenrat. Er starb 1842.

Dalberg, Emmerich Joseph von

* 30. Mai 1773 (Mainz), + 27. April 1833 (Herrnsheim bei Worms) Vertreter des Königreichs Frankreich

Der Neffe von Karl Theodor von Dalberg, dem letzten Kurfürsten von Mainz und Fürstprimas des Rheinbunds, war zunächst für eine geistliche Laufbahn vorgesehen, trat jedoch 1803 in den badischen Staatsdienst ein. Während seiner Zeit als badischer Gesandter in Paris knüpfte er engen Kontakt zu (→) Talleyrand. Zwischen Juni 1808 und März 1809 unterbrach er seine Gesandtentätigkeit, um vorübergehend die Positionen des provisorischen Finanzministers und Kabinettsdirektors der badischen Regierung zu übernehmen. Im August 1809 kehrte er nach Paris zurück und nahm wieder die Aufgaben eines badischen Gesandten wahr, trat aber schon wenige Monate später aus dem badischen in den französischen Staatsdienst über. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Eheanbahnung zwischen Napoleon und (→) Marie Luise von Habsburg beteiligt. Als Talleyrand im April 1814 an die Spitze der provisorischen Regierung Frankreichs trat, ernannte er Dalberg zu einem der fünf Regierungsmitglieder. Darüber hinaus wählte er ihn neben (→) Noailles und (→) La Tour du Pin in den Kreis seiner engsten Mitarbeiter am Wiener Kongress. Dalberg traf am 22. September 1814 in Wien ein und reiste am 23. Juni 1815 in Richtung München ab. Seine Wohnung hatte er, ebenso wie Talleyrand, im Palais Kaunitz in der Johannesgasse 1029. Die wichtigsten Anliegen Frankreichs auf dem Wiener Kongress waren die gleichberechtigte Aufnahme des Landes in die Reihe der alliierten Mächte, die Sicherung der territorialen Integrität Sachsens, die Verhinderung eines habsburgischen Prinzen in Sardinien-Piemont sowie die Restauration der Bourbonendynastie in Neapel. Zudem sprach sich Talleyrand für die Selbstständigkeit Polens aus und forderte – als Vertreter eines Nachbarlandes – ein Mitspracherecht in den schweizerischen Angelegenheiten. In der mit dieser Frage befassten Kommission wurde Frankreich schließlich durch Dalberg vertreten, der darüber hinaus noch Mitglied der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Statistischen Kommission sowie der Flussschifffahrtskommission war. Gesellschaftlich verkehrte Dalberg gerne bei Bankier (→) Fries, aber auch in Glücksspielerkreisen. Mehrfach berichtete die Geheimpolizei von hohen Summen, die der französische Diplomat beim Whist-Spiel und anderen Unterhaltungen nach Abendessen bei (→) Gentz verlor. Zu (→) Metternich hatte Dalberg ein angespanntes Verhältnis, während er (→) Castlereagh als talentierten Diplomaten schätzte.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Dalberg war im März 1815 Mitunterzeichner jener alliierten Deklaration, die Napoleon nach seiner Rückkehr nach Frankreich scharf verurteilte. Daraufhin ließ dieser die Güter Dalbergs (sowie elf weiterer Personen) konfiszieren. Nach dem Sieg der alliierten Truppen bei Waterloo erhielt Dalberg seinen Besitz zurückerstattet. Am 17. August 1815 ernannte ihn König Ludwig XVIII. auf Talleyrands Vorschlag hin zum Pair von Frankreich. Zwischen 1816 und 1820 diente Dalberg als diplomatischer Gesandter in Turin. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Paris und auf Schloss Herrnsheim bei Worms, wo er im April 1833 verstarb.

Danz, Johann Ernst Friedrich

* 17. Jänner 1759 (Gedern), + 2. Jänner 1838 (Frankfurt a. M.) Vertreter der Stadt Frankfurt a. M.

Zwischen 1785 und 1792 als fürstlich wiedischer Regierungsrat in Neuwied tätig, trat Danz 1793 als Kanzleirat in die Dienste der freien Reichsstadt Frankfurt a. M. Noch im selben Jahr bekleidete er den Posten des Syndikus und vertrat Frankfurt am Reichstag in Regensburg. Seit 1806 fungierte er als Appelationsgerichtsrat. In der 1813 einsetzenden Verfassungsdiskussion spielte er eine zentrale Rolle und vertrat zudem neben (→) Jassoy die Interessen Frankfurts auf dem Wiener Kongress. Vorrangiges Verhandlungsziel war es, Frankfurt den Rechtsstatus einer Freien Stadt zu sichern und die Ansprüche der Frankfurter Judenschaft, welche durch (→) Baruch, (→) Gumprecht und (→) Uffenheimer vertreten wurden, abzuschmettern. Danz traf am 16. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung am Graben 1200. Als Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“ forderte er die Zulassung zu den Verhandlungen des Deutschen Komitees und sympathisierte mit der Idee der Restitution der römisch-deutschen Kaiserwürde. Als typischer „Stubengelehrter“ vermied er allerdings geselligen Umgang und ausführlichen Austausch mit anderen Bevollmächtigten. Danz vertrat Frankfurt im Frühjahr 1815 im Deutschen Komitee während dessen zweiter Sitzungsperiode und war zudem Mitglied der Flussschifffahrtskommission ab deren 13. Sitzung. Es gelang Danz, den Rechtsstatus von Frankfurt a. M. als Freie Stadt zu sichern und die Ansprüche der Judenschaft auf rechtliche Gleichstellung zu hintertreiben. Nach dem Ende des Kongresses fungierte Danz von 1816 bis 1832 als Frank­ furter Bundestagsgesandter und setzte sich in dieser Funktion insbesondere mit den rechtlichen Aspekten der freien Schifffahrt auf dem Rhein auseinander. Er starb 1838 in Frankfurt.

Degenfeld-Schönburg, Friedrich Christoph Graf von

Degenfeld-Schönburg, Friedrich Christoph Graf von

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* 1769, + 1848

Vertreter der ehemaligen Reichsritterschaft am Rheinstrom und in der Wetterau

Degenfeld trat mit 15 Jahren in das Regiment der Ansbacher Kürassiere ein. 1796 wurde er als Adjutant Feldmarschall Wurmsers eingesetzt, 1799 erfolgte die Ernennung zum Major. Aufgrund seiner Verdienste beim Gefecht von Bosco am 21. Oktober 1799 wurde er zum Oberstleutnant befördert. Nach der Schlacht von Austerlitz zog sich Degenfeld vorübergehend ins Privatleben zurück, nahm den Dienst jedoch 1813 wieder auf und diente unter Herzog (→) Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld als Oberst. 1814 wurde er zum Generalmajor ernannt, quittierte jedoch den Militärdienst nach dem Abschluss des Ersten Pariser Friedens vom 30. Mai 1814. Auf dem Wiener Kongress vertrat Degenfeld die ehemals reichsunmittelbare Ritterschaft am Rheinstrom und in der Wetterau. Gemeinsam mit (→) Zobel zu Giebelstadt, (→) Hornstein und (→) Rüdt von Collenberg verfasste er im Dezember 1814 zwei Memoranden. Das erste Schriftstück befasste sich mit der Restitution der Reichserzstifte und Reichsstifte sowie des Deutschen Ordens und des Johanniterordens. In der zweiten Denkschrift forderten Degenfeld und seine Mitstreiter die Zuziehung zu den Beratungen über die deutsche Verfassung, die Restitution der römisch-deutschen Kaiserwürde sowie die Einrichtung eines obersten Reichsgerichts und landständischer Verfassungen in den deutschen Ländern. Mehrere weitere Memoranden, in welchen sie die Restitution des Reichsadels sowie die Zulassung zum Deutschen Komitee forderten, legten die Vertreter der Reichsritterschaft zu Beginn des Jahres 1815 vor. Gesellschaftlich verkehrte Degenfeld während des Kongresses unter anderem im Salon von (→) Fanny von Arnstein. Auch mit den Vertretern anderer mediatisierter Häuser wie etwa (→) Isenburg, (→) Fürstenberg oder (→) Solms-Laubach stand er in reger Verbindung.

Delfils, Melchior Joseph

* 9. Mai 1766 (verm. Pruntrut), + 24. April 1820 (Avenches)

Mitglied der Delegation Pruntruts und des ehemaligen Fürstbistums Basel

Delfils studierte in Mainz und Dijon Rechtswissenschaften, bevor er 1787 zum Hofadvokaten in Basel ernannt wurde. Ab Mai 1791 fungierte er als Syndikus der Landstände des Fürstbistums Basel, emigrierte jedoch bereits im folgenden Jahr nach Solothurn. 1798 kehrte er ins französische Département Mont-Terrible, zu welchem die frühere Eigenossenschaft nun größtenteils gehörte, zurück und arbeitete zunächst als Advokat an der Unterpräfektur Delsberg, später in Colmar. 1814 erfolgte seine Ernennung zum Unterpräfekten des Distrikts Delsberg.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

In dieser Funktion wurde er in diplomatischer Mission erst nach Paris und im Herbst 1814, gemeinsam mit (→) Billieux, nach Wien gesandt. In der österreichischen Haupt- und Residenzstadt wurden die beiden Deputierten von (→) Mösl Edler von Moosthal unterstützt. Delfils und Billieux versuchten auf dem Wiener Kongress vergeblich, die Restauration des Fürstbistums Basel zu erwirken, das sie als eigenen Kanton in die Eidgenossenschaft aufgenommen haben wollten. Über die Gespräche innerhalb der Schweizer Kommission waren die Mitglieder der Basler Deputation nur mangelhaft unterrichtet. In Audienzen versuchten sie immer wieder Informationen über den Verlauf der Verhandlungen zu erlangen und diese in ihrem Sinne zu beeinflussen. Am 16. Jänner 1815 hatten Delfils und Billieux die Gelegenheit, ihr Anliegen direkt vor der Schweizer Kommission zu vertreten und legten entsprechende Denkschriften vor. Letztlich war ihre Mission nicht von Erfolg gekrönt, und das Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Basel wurde weitgehend dem Kanton Bern zugeschlagen. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz war Delfils zwischen 1816 und 1818 im Großen Rat der Stadt Bern aktiv. Er starb am 24. April 1820 in Avenches.

Ditterich von und zu Erbmannszahl, Franz Anton von * 1752, + 1829

Vertreter der Fürstäbtissin von Essen und Thorn

Ditterich hatte als Reichshofratsagent die Prozesse zahlreicher kleiner Stände des Heiligen Römischen Reiches am Reichshofrat in Wien geführt. Er wohnte zu jener Zeit in der Oberen Bäckerstraße Nr. 797. Mit Diplom vom 27. April 1786 waren er und seine Brüder in den Reichsritterstand erhoben worden. Von 1807 an wirkte Ditterich als Gesandter von Mecklenburg-Schwerin in Wien. Beim Wiener Kongress vertrat er allerdings die Fürstäbtissin von Essen und Thorn, Maria Kunigunde von Sachsen, die dieses Amt 1776 angetreten und damit Sitz und Stimme im Reichstag sowie alle Rechte und Pflichten einer Reichsfürstin innegehabt hatte. Nachdem Stift Thorn bereits 1795 aufgehoben worden war, wurde das Stift Essen im Jahre 1803 aufgelöst. Das Territorium ging 1803 an Preußen, gehörte dann vorübergehend zum Großherzogtum Berg und wurde auf dem Wiener Kongress wieder Preußen zugeschlagen. Maria Kunigunde von Sachsen hatte in Verträgen mit Preußen bereits vor dem Kongress eine lebenslange finanzielle Absicherung für sich ausgehandelt und lebte nach der Aufhebung des Stifts Essen bei verschiedenen Verwandten. Ditterich übte auch nach dem Wiener Kongress sein Amt als Gesandter von Mecklenburg-Schwerin aus, von 1818 bis zu seinem Tod 1829 war er für beide mecklenburgischen Staaten in Wien tätig.

Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Christian Ludwig von

Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Christian Ludwig von

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* 29. April 1785 (Karlsruhe), + 10. Dezember 1851 (Karlsruhe) Erfinder

Zwar studierte Drais Baukunst, Landwirtschaft und Physik in Heidelberg und arbeitete als Forstlehrer beziehungsweise Forstmeister in Baden, doch galt sein vordringliches Interesse der Technik. Um seiner eigentlichen Berufung nachgehen zu können, wurde er 1811 vom Dienst freigestellt. 1813 entwickelte er eine neuartige Fahrmaschine: Einen Wagen mit vier Rädern, der – durch Menschenkraft – über eine Tretmühle angetrieben wurde, die später durch eine Kurbelwelle ersetzt wurde. Dieses Gefährt führte er 1814 auf dem Wiener Kongress dem staunenden Publikum vor. 1817 präsentierte Drais eine weitere Erfindung: Ein Laufrad, den Prototyp des Fahrrads. Diese Neuheit machte in Europa unter der Bezeichnung „Draisine“ Furore und wurde mehrfach patentiert. 1818 wurde Drais als badischer Forstmeister pensioniert und zum „Professor für Mechanik“ ernannt. Weitere Erfindungen, wie etwa eine Art Schreibmaschine oder eine Frühform der Kochkiste, folgten. Es gelang Drais nicht, finanziellen Profit aus seinen Erfindungen zu schlagen, doch wurde ihm 1821 der Titel eines Kammerherrn verliehen. In seinem sozialen Umfeld galt Drais als Sonderling, der Spott auf sich zog. Die Situation verschlimmerte sich, als das Oberhofgericht Mannheim, das unter dem Vorsitz von Drais’ Vater tagte, Karl Ludwig Sand, den Mörder von August von Kotzebue, zum Tod verurteilte. Karl Drais fühlte sich von Sands Anhängern verfolgt und wanderte daraufhin für einige Jahre nach Brasilien aus. Nach seiner Rückkehr nach Baden 1829 arbeitete er weiter als Erfinder. 1835 ließ er sich in eine Wirtshausschlägerei verwickeln, woraufhin ihm die Kammerherrenwürde aberkannt wurde. Drais starb völlig verarmt als Kostgeher 1851 in Karlsruhe.

Eichhoff, Johann Joseph

* 18. Mai 1762 (Bonn), + 2. Dezember 1827 (Knessenich bei Bonn) Sachverständiger der Flussschifffahrtskommission

Der Sohn eines kurkölnischen Mundkochs bildete sich, nach beruflichen Anfängen als Koch und Kaufmann, selbstständig weiter. Seit seiner Jugend war er Mitglied der Illuminatenloge „Minervalkirche Stagira“ und ein enger Freund (→) Beethovens. Seit der Besetzung Kölns durch Frankreich 1794 bekleidete er das Amt eines Nationalagenten bei der Bezirksverwaltung. 1799 wurde er Mitglied der Stadtverwaltung, seit 1800 amtierte er als Bürgermeister von Bonn. Zugleich begann

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er sich intensiv mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten der vier Rheindepartements auseinanderzusetzen und wurde aufgrund einer 1802 veröffentlichen Schrift zum Unterpräfekten des Arrondissements Bonn ernannt. Diese Position hatte er allerdings nur bis 1804 inne, da er nach einem Besuch Napoleons entlassen wurde, ohne dass größere Verfehlungen bekannt wären. Finanziell konnte sich Eichhoff anlässlich der Säkularisierung von Kirchengütern in den linksrheinischen Departements sanieren – durch den Handel mit Grundstücken und Immobilien gelang es ihm, ein Vermögen zu erwirtschaften. Eine neue Beschäftigung fand Eichhoff 1805 bei der Rheinschifffahrtsoktroi, deren Generaldirektor er 1811 wurde. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung mit der Schifffahrt auf dem Rhein wurde er als Sachverständiger der Flussschifffahrtskommission nach Wien geladen, wo er zwischen dem 8. und 10. Oktober 1814 eintraf. Im Zuge seiner Arbeit für die Kommission fertigte er eine ausführliche Denkschrift an, in welcher er für die Einführung der freien Schifffahrt plädierte. Zudem trat er in Kontakt mit seinem alten Freund Beethoven, den er am 27. Mai 1815 überzeugte, ein Porträt für die Bonner Lesegesellschaft anfertigen zu lassen. Seinen Lebensabend verbrachte Eichhoff auf seinem Landgut in Knessenich, von wo aus er sich für Kunst und Wirtschaft einsetzte.

Elisabeth Alexejevna (geb. Louise von Baden), Zarin von Russland * 24. Jänner 1779 (Karlsruhe), + 16. Mai 1826 (Beljow)

Auf Betreiben von Zarin Katharina II. wurde die als Schönheit geltende Elisabeth 1793 mit deren Enkel (→) Alexander verlobt. Mit ihrer Heirat im selben Jahr konvertierte Elisabeth zum russisch-orthodoxen Glauben und nahm den Namen Elisabeth Alexejevna an. Wie auch Alexander unterhielt Elisabeth außereheliche Beziehungen. Besonders bekannt ist ihre Affäre mit dem Polen (→) Czartoryski, die drei Jahre lang dauerte. Elisabeth traf am 27. September 1814, zwei Tage nach ihrem Gatten, in Wien ein. Empfangen wurde sie von Kaiserin (→) Maria Ludovika, die ihr bis Linz entgegengereist war, sowie von Kaiser (→) Franz I. und Zar Alexander I. Untergebracht war sie in der Wiener Hofburg. Während des Wiener Kongresses unterstützte Elisabeth die politischen Anliegen ihrer Verwandten, zu welchen (→) Katharina Pavlovna als Schwägerin oder Großherzog (→) Karl von Baden als Bruder zählten. Auch traf sie erstmals nach langer Zeit wieder mit Czartoryski zusammen. Für Aufsehen und negative Kommentare sorgte die lieblose Art und Weise Alexanders, mit seiner Gemahlin umzugehen. So scheute er sich beispielsweise nicht, sie durch abfällige Kommentare

Erbach-Erbach, Franz Graf zu

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öffentlich zu demütigen oder seine Liebschaften zu zelebrieren. Das Zerwürfnis zwischen den Eheleuten war so offensichtlich, dass Gerüchte aufkamen, die Zarin würde nicht mehr nach Russland zurückkehren, sondern in Baden bleiben. Tatsächlich verließ Elisabeth Wien am 9. März 1815 und reiste über München weiter zu ihrer Familie nach Karlsruhe. Allerdings kehrte sie nach dem Besuch wieder nach St. Petersburg zurück. Durch Alexanders Hinwendung zum religiösen Mystizismus näherte sich das Ehepaar in den Jahren nach dem Wiener Kongress einander wieder an. Als sich Elisabeths Gesundheitszustand ab 1825 zunehmend verschlechterte, reiste sie gemeinsam mit Alexander zur Kur ans Schwarze Meer. Dort erlag Alexander im Dezember 1825 einer Typhusinfektion. Elisabeth starb wenige Monate später auf der Heimreise von Taganrog nach St. Petersburg in Beljow.

Erbach-Erbach, Franz Graf zu

* 29. Oktober 1754 (Erbach/Odenwald), + 8. März 1823 (Erbach/Odenwald)

Vertreter des mediatisierten Hauses Erbach-Erbach, Mitglied der Deputation des Königreichs Bayern

Erbach studierte zwischen 1769 und 1773 in Lausanne (wo er Freundschaft mit dem späteren König (→) Friedrich I. von Württemberg schloss), Straßburg und Paris Staatswissenschaften, Geschichte und Altertumskunde. Im Anschluss begab er sich auf eine zweijährige Bildungsreise, die ihn quer durch Europa führte und deren Höhepunkt ein Italienaufenthalt war. Nach seiner Rückkehr im Jahr 1775 widmete sich Erbach der Regierung in der gleichnamigen Grafschaft. Vor allem förderte er Landwirtschaft und Handwerk und forcierte den Ausbau von Straßenverbindungen und den Abschluss von Zollabkommen. Die 1806 erfolgte Mediatisierung seiner Grafschaft, die an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt fiel, traf ihn schwer. 1814 reiste Erbach als Mitglied der bayerischen Deputation nach Wien, wo er zwischen dem 12. und 15. Oktober eintraf und eine Wohnung in der Dorotheergasse 1183 bezog. In den Verhandlungen auf dem Wiener Kongress wurde Erbach durch (→) Gärtner vertreten. Dieser überreichte Kaiser (→) Franz I. eine Note mit der Bitte um Restitution der Landesherrschaft in der Grafschaft Erbach, doch blieb der erhoffte Erfolg aus. Auch die Hoffnung auf einen Wechsel unter bayerische Herrschaft erfüllte sich nicht. Gesellschaftlich verkehrte Erbach im Haus (→) Stadion, wo sich die Vertreter der mediatisierten Häuser versammelten. Nach dem Wiener Kongress widmete sich Erbach vor allem seiner Antikensammlung und dem Ausbau des im Erdgeschoss des Erbacher Schlosses gelegenen Rittersaals im gotischen Stil. Darüber hinaus engagierte er sich auf dem Gebiet der provinzialrömischen Archäologie und hielt seine Aktivitäten und Er-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

gebnisse in den von ihm verfassten „Erbacher Katalogen“ fest. 1820 bis 1821 war Erbach Mitglied der Ersten Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen.

Erffa, Gottlieb Friedrich von * 1761, + 1823

Vertreter des Herzogtums Sachsen-Meiningen

Erffa begann seine Laufbahn 1778 in den Diensten des Prinzen (→) Maximilian Joseph von Zweibrücken, dem späteren König von Bayern. 1797 trat er als Oberstallmeister in die Dienste des Herzogs Georg I. von Sachsen-Meiningen, mit dem er befreundet war. Zwischen 1802 und 1823 war er Mitglied der Kammer. Herzogin Louise Eleonore von Hohenlohe-Langenburg, die das Land als Vormund für ihren minderjährigen Sohn von 1803 bis 1821 regierte, ernannte ihn 1809 zum Wirklichen Geheimen Rat. In Wien traf Erffa am 29. September 1814 ein und bezog eine Unterkunft am Judenplatz 443. Mit der Arbeitsweise des Kongresses war er wenig zufrieden: Er beklagte den langsamen Gang der Geschäfte, die völlige Abhängigkeit von den Plänen der Großmächte und die Tatsache, dass Österreich seine schon für Ende Jänner 1815 geplante Abreise nicht gestattete, da sie Auslöser für andere Aufbrüche hätte sein können. Während der Verhandlungen gelang es Erffa jedoch, Sachsen-Meiningen, das mit dem Beitritt zum Rheinbund zum Herzogtum avanciert und am 24. November 1813 auf die Seite der Alliierten gewechselt war, Souveränität und Territorium zu sichern. Rückhalt fand er dabei in der „Vereinigung der mindermächtigen Fürsten und Freien Städte“, deren Mitglied er war.

Ernst III., Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld * 2. Jänner 1784 (Coburg), + 29. Jänner 1844 (Gotha)

Bevor Ernst 1806 die Herrschaft im Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld antrat, nahm er auf preußischer Seite und im persönlichen Umfeld von König (→) Friedrich Wilhelm III. an der Schlacht bei Jena und Auerstedt teil. Auch nach den Niederlagen blieb er ein Teil der Suite des preußischen Herrschers. Die Regierungsübernahme in Sachsen-Coburg-Saalfeld gestaltete sich schwierig, denn das Land war von französischen Truppen besetzt. Erst im Zuge der Friedensverhandlungen von Tilsit gelang es Zar (→) Alexander I., dem Schwager des designierten Herzogs, Napoleon zur Übergabe des Herrschaftsgebiets zu bewegen. Auch nach seinem Regierungsantritt blieb Ernst III. Mitglied der preußischen Armee und kämpfte im Rang eines Generals bei Lützen und Leipzig; infolgedessen wurde er zum Kommandanten des 5. deutschen Armeekorps ernannt.

Eskeles, Berhard von

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1814 belagerte er die Festung Mainz, welche sich nach der Eroberung von Paris schließlich ergab. In Wien traf Ernst III. am 21. oder 22. September 1814 ein und bezog, gemeinsam mit seinen Brüdern (→) Leopold und (→) Ferdinand, ein Quartier in der Oberen Bäckerstraße 804. In den Verhandlungen wurde das Haus Sachsen-Coburg-Saalfeld von (→) Fischler von Treuberg vertreten. Persönliche Kontakte pflegte Ernst III. mit Mitgliedern der russischen und der preußischen Delegation; seine Brüder frequentierten darüber hinaus das Palais Kaunitz, wo (→) Talleyrand logierte. Zudem entwickelte sich eine Freundschaft zwischen dem Herzog und (→) Metternich. Ernst III. beteiligte sich an den aktuellen politischen Debatten: Im Oktober 1814 beispielsweise überreichte er (→) Castlereagh ein Memorandum, in welchem er sich mit dem Schicksal Sachsens auseinandersetzte und sich für die Rechte des Königs von Sachsen aussprach. Ernst III. konnte auf dem Wiener Kongress einen Gebietsgewinn verbuchen: Die Mächte sprachen ihm das nachmalige Fürstentum Lichtenberg zu, das er 1834 gewinnbringend an Preußen verkaufte. In den Jahren nach dem Kongress bemühte sich der Herzog um den Ausbau seiner Länder und erließ 1821 eine Verfassung. 1825 erhielt er aufgrund des Aussterbens der Linie Sachsen-Coburg-Altenburg im Präliminarvertrag zu Liebenstein die Herrschaft unter anderem über Gotha zugesprochen und regierte fortan unter dem Titel Ernst I., Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha.

Eskeles, Berhard von

* 12. Jänner 1753 (Wien), + 7. August 1839 (Hietzing bei Wien) Bankier und Gastgeber

Der Sohn eines Rabbiners absolvierte seine Ausbildung in Amsterdam und gründete 1773, gemeinsam mit Nathan Arnstein, das Bankhaus „Arnstein und Eskeles“, das vor allem im Vormärz großen Einfluss in der Finanzwelt hatte. Eskeles war als finanzpolitischer Berater der Kaiser Joseph II. und (→) Franz II./I. tätig. Während der Kriege gegen Frankreich gewährte er dem österreichischen Staat umfangreiche Kredite aus seinem Privatvermögen und erhielt dafür verschiedene Ehrungen. Beim Wiener Kongress traten Eskeles und seine Frau Cäcilie, eine Schwester von (→) Fanny von Arnstein, als großzügige Gastgeber auf, die in ihrer Villa in Hietzing einen beliebten Salon führten. Hier verkehrten unter anderem (→) Talleyrand, (→) Karl August von Hardenberg, (→) Castlereagh und (→) Wellington. Wie ihre Schwester trug auch Cäcilie Eskeles eine dezidiert propreußische Haltung zur Schau, dennoch integrierte aber auch das Ehepaar Eskeles Menschen verschiedenster Nationen und Gesinnungen in ihren Salon – selbst Gegner der rechtlichen Gleichstellung der Juden wie die Senatoren (→) Hach und (→) Smidt.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

1816 war Eskeles Mitbegründer der Österreichischen Nationalbank und wurde bald deren Direktor und Vizegouverneur. Auch an der Gründung der „Ersten österreichischen Spar-Casse“ im Jahr 1819 hatte er Anteil. Mehrere wohltätige Stiftungen gingen auf seine Initiative zurück. Eskeles starb 1839 in Hietzing.

Eynard, Jean-Gabriel

* 28. Dezember 1775 (Lyon), + 5. Februar 1863 (Genf)

Mitglied der Deputation der Stadt Genf, Chronist des Wiener Kongresses

Eynard absolvierte gemeinsam mit seinem Bruder Jacques zunächst eine Handelslehre in Genua, ehe es ihnen gelang, mit einem eigenen Handelsunternehmen ein Vermögen zu erwirtschaften. In der Folge wurde Eynard 1803 zunächst zum privaten Finanzberater der Königin Maria Luisa von Etrurien, dann der Großherzogin Elisa Bonaparte berufen. 1810 ließ sich Eynard in Genf und Rolle nieder und heiratete Anna Lullin, Tochter eines wohlhabenden Bankiers, die ihm fortan eine wichtige Stütze bei seinen diplomatischen Tätigkeiten war. Als Sekretär von (→) Pictet de Rochemont, einem Onkel seiner Frau, nahm Eynard für die Stadt Genf an den Pariser Friedensverhandlungen sowie am Wiener Kongress teil. (→) D’Ivernois ergänzte die Genfer Deputation. Die Delegierten setzten sich erfolgreich für die Anerkennung Genfs als eigenen Schweizer Kanton ein. Außerdem erreichten sie, dass der Stadt auf dem Wiener Kongress eine Gebietsvergrößerung in Aussicht gestellt wurde, welche im Zweiten Pariser Frieden tatsächlich umgesetzt wurde. Eynard führte während seines Aufenthalts in Wien, der vom 5. Oktober 1814 bis Mitte Februar 1815 dauerte, ein Tagebuch, in welchem er seine gesellschaftlichen und diplomatischen Aktivitäten festhielt. Während des Kongresses pflegte er Umgang mit zahlreichen Staatsmännern und anderen einflussreichen Persönlichkeiten, wie etwa (→) Castlereagh, (→) Talleyrand, dem Prinzen de (→) Ligne oder (→) Beauharnais. Mit (→) Kapodistrias verband Eynard, der als Philhellene galt, eine enge Freundschaft. Nachdem jener der erste Präsident Griechenlands geworden war, stellte sich der Genfer Bankier 1821 dem jungen Staat als Finanzberater zur Verfügung und war 1841 Mitbegründer der griechischen Nationalbank. Eynard starb 1863 in Genf.

Ferdinand Georg August, Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld * 28. März 1785 (Coburg), + 27. August 1851 (Wien)

Ferdinand von Sachsen-Coburg-Saalfeld war ein jüngerer Bruder von Herzog (→) Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld und wurde schon in jungen Jahren auf eine

Fischler von Treuberg, Franz Xaver von

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militärische Laufbahn vorbereitet. Mit sechs Jahren bekleidete er bereits den Rang eines Unterleutnants im österreichischen Dragonerregiment Nr. 6. 1798 wurde er zum Rittmeister im Dragonerregiment seines Großonkels Friedrich Josias ernannt. 1803 rückte er zum aktiven Dienst ein, nahm an zahlreichen Gefechten der Koalitionskriege teil und wurde während der Schlacht bei Kulm/Chlum schwer verwundet. Während des Wiener Kongresses bezog Ferdinand, gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der Deputation von Sachsen-Coburg-Saalfeld, seinen Brüdern Ernst und (→) Leopold sowie dem Gesandten (→) Fischler von Treuberg, eine Unterkunft in der Oberen Bäckerstraße 804. Politisch trat er ebenso wenig in Erscheinung wie sein Bruder Leopold. Er war Stammgast im Palais Kaunitz bei (→) Talleyrand. Im November 1814 tauchte erstmals das Gerücht auf, er werde die reiche Erbin Marie Antonie Gabriele von Koháry heiraten. Die Eheschließung fand rund ein Jahr später, am 30. November 1815, statt. Um seine Braut ehelichen zu können, musste Ferdinand konvertieren und begründete damit die katholische Linie des Hauses Sachsen-Coburg-Saalfeld. Auch nach dem Wiener Kongress stand Ferdinand weiter im Dienst der österreichischen Armee. 1822 ernannte ihn Kaiser (→) Franz I. zum Inhaber des Ulanenregiments Nr. 2. 1824 wurde er als Brigadier zum Feldmarschallleutnant und 1841 zum General der Kavallerie befördert. Zwischen 1828 und 1841, als er den aktiven Dienst quittierte, war er Inhaber des k.k. Husarenregiments Nr. 8.

Fischler von Treuberg, Franz Xaver von * 1767, + 1835

Vertreter des Herzogtums Sachsen-Coburg-Saalfeld

Fischler war Erzieher des Erbprinzen Karl Anton zu Hohenzollern-Sigmaringen und heiratete die Schwester des Fürsten Anton, Marie Crescentia. 1810 erhielt er den Rang eines Freiherrn von Treuberg, 1817 wurde er Graf von Treuberg. Auf dem Wiener Kongress vertrat Fischler das Herzogtum Sachsen-Coburg-Saalfeld. Er kam am 18. September in Wien an und blieb bis zum 16. Juni 1815. Ebenso wie Herzog (→) Ernst III. und dessen Brüder (→) Leopold und (→) Ferdinand hatte Fischler eine Wohnung in der Oberen Bäckerstraße 804. Im Winter konnte er vier Wochen, vermutlich aufgrund einer fiebrigen Erkältung, nicht an den Verhandlungen teilnehmen. Als Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen Staaten und Freien Städte“ gehörte Fischler jener Fraktion an, die ein äußerst vorsichtiges Agieren bevorzugte, um die Großmächte nicht zu provozieren. Damit stellte er sich gegen die von seinem Herzog bevorzugte Vorgehensweise. Im Frühjahr 1815 nahm Fischler schließlich an den Beratungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode teil. Der Kongress endete

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

für das Herzogtum erfolgreich, da es das nachmalige Fürstentum Lichtenberg hinzugewann, welches 1834 an Preußen verkauft wurde. Fischler war auch nach dem Wiener Kongress für das Herzogtum diplomatisch tätig. Er starb 1835.

Fran[c]k, Franz Anton von

* 1761 (Hechingen), + 14. November 1840 (Hechingen) Vertreter des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen

Frank stammte aus einer kurmainzischen Beamtenfamilie und war 1783/84 Praktikant beim Reichskammergericht in Wetzlar, 1784 Gräflich Dachstuhlscher Rat und wurde 1786 zum fürstlich Hohenzollern-Hechingenschen Hofrat ernannt. Als sein Vater, Kanzler von Hohenzollern-Hechingen, 1800 verstarb, übernahm Frank dessen Position. 1806 wurde er Regierungspräsident, und es erfolgte die Erhebung in den Hohenzollern-Hechingenschen Freiherrenstand. Zeitgleich entging das Fürstenhaus aufgrund der freundschaftlichen Beziehung der Sigmaringer Fürstin zu Napoleons Gemahlin Joséphine der Mediatisierung und trat dem Rheinbund bei. Frank kam am 24. September 1814 in Wien an und bezog, wie auch (→) Friedrich Hermann Otto, Fürst von Hohenzollern-Hechingen, ein Quartier am Graben 1201. Auf dem Kongress lehnte Frank sich zunächst ganz an das verwandtschaftlich verbundene Preußen an und erhoffte von dieser Seite Unterstützung, trat dann aber der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ bei. Frank vertrat Hohenzollern-Hechingen im Frühjahr 1815 im Deutschen Komitee in dessen zweiter Sitzungsperiode. Es gelang ihm, dem Fürstentum die mit dem Wechsel auf die Seite der Alliierten zugesicherte Souveränität tatsächlich zu sichern. Nach dem Kongress übte Frank bis zu seinem Tod am 14. November 1840 weiter das Amt des Regierungspräsidenten von Hohenzollern-Hechingen aus.

Franz I., Kaiser von Österreich

* 12. Februar 1768 (Florenz), + 2. März 1835 (Wien)

Nach einer Jugend in Florenz kam Franz 1784 nach Wien, um unter der Leitung seines Onkels Kaiser Joseph II. zu dessen Nachfolger auf dem Thron erzogen zu werden. 1792 übernahm er die Herrschaft als römisch-deutscher Kaiser sowie in den österreichischen Erblanden. Dadurch sah er sich mit den Herausforderungen der Koalitionskriege konfrontiert, welche die Politik Österreichs über zwei Jahrzehnte bestimmen sollten. Im Zuge der napoleonischen Expansionspolitik nahm Franz 1804 als Franz I. den österreichischen Kaisertitel an und erklärte 1806 das

Friedrich I., König von Württemberg

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Heilige Römische Reich für aufgelöst. Finanzpolitisch führten die Aufwendungen der Kriege 1811 in den Staatsbankrott. Die Innenpolitik unter Franz war geprägt durch die Furcht vor einer Revolution – Zensur und Geheimpolizei waren wichtige Instrumente, um die Untertanen zu überwachen. Eine Zäsur in dieser Hinsicht stellte die 1794 aufgedeckte Jakobinerverschwörung dar. In der Rechtspflege war der Erlass des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches von 1811 ein wegweisender Schritt. Seit 1809 leitete (→) Metternich als enger Vertrauter des Kaisers die außenpolitischen Agenden in der Habsburgermonarchie. Die Entscheidung der Alliierten, den nach dem Abschluss des Ersten Pariser Friedens am 30. Mai 1814 geplanten Friedenskongress in Wien durchzuführen, war ein politischer Erfolg von Metternich und Kaiser Franz. Während des Wiener Kongresses trat Kaiser Franz politisch nicht in Erscheinung; die Hauptrolle in dieser Hinsicht überließ er Metternich. Umso präsenter war der österreichische Herrscher als Quartiergeber der höchsten Gäste in der Hofburg sowie als Gastgeber der vom Wiener Hof unter der Leitung von Obersthofmeister (→) Trauttmansdorff organisierten Festlichkeiten. Diesen wohnte der nüchterne Herrscher allerdings eher aus Pflichtbewusstsein denn aus Neigung bei. In den Quellen scheint er als gewissenhafter Gastgeber auf: Immer wieder betonte er, dass es den Gästen an nichts fehlen sollte; gleichzeitig legte er großen Wert auf äußerste Sparsamkeit. Die Jahre zwischen dem Wiener Kongress und dem Tod des Herrschers waren innenpolitisch durch Reformstillstand und das Festhalten am monarchischen Prinzip geprägt. Außenpolitisch versuchte sich Österreich als Großmacht im Deutschen Bund und im italienischen Raum zu etablieren. Wirtschaftspolitisch brachte die Friedensepoche nach dem Wiener Kongress einen Aufschwung mit sich. Kaiser Franz starb am 2. März 1835 in Wien.

Friedrich I., König von Württemberg

* 6. November 1754 (Treptow an der Rega), + 30. Oktober 1816 (Stuttgart)

Friedrich, dessen Thronfolge lange nicht absehbar war, trat 1774 erst in die preußische Armee ein, bevor er sich 1781 in die Dienste von Zarin Katharina II. begab, die ihn 1783 zum Generalgouverneur von Russisch-Finnland macht. Mit dem russischen Kaiserhaus war Friedrich verwandtschaftlich verbunden, hatte seine Schwester 1776 doch den späteren Zaren Paul I. geheiratet; dadurch war er der Onkel des zur Zeit des Wiener Kongresses herrschenden Zaren (→) Alexander I. Schon 1787 verlor Friedrich allerdings die Gunst von Zarin Katharina, verließ Russland und kehrte nach Württemberg zurück. 1797 übernahm er nach dem Tod seines Vaters als Herzog Friedrich II. die Herrschaft in Württemberg.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Als im Sommer 1800 französische Truppen das Herzogtum besetzten, ging Friedrich zunächst ins Exil, konnte jedoch nach der Annäherung an Frankreich 1801 wieder nach Stuttgart zurückkehren. Württemberg zählte zu den Profiteuren des Reichsdeputationshauptschlusses, brachte dieser dem Herrscherhaus doch die Kurfürstenwürde und eine erhebliche Vergrößerung des Staatsgebiets ein. 1806 nahm Friedrich nach dem Pressburger Frieden die Königswürde von Napoleons Gnaden an. Im selben Jahr trat Württemberg dem Rheinbund bei und wurde dafür neuerlich mit Gebietsgewinnen belohnt. In der Folge wurde die Verwaltung des Königreichs nach französischem Vorbild reformiert. Bis zur Völkerschlacht bei Leipzig blieb Friedrich Napoleon treu, danach wechselte er auf die Seite der Alliierten. Friedrich I. traf am 22. September 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier in der Hofburg. Die diplomatischen Verhandlungen in seinem Namen führten (→) Linden und (→) Wintzingerode. Wesentliche Ziele Friedrichs auf dem Kongress waren die Bestätigung der württembergischen Königswürde sowie der Gebietserweiterung aus der Zeit der Napoleonischen Kriege. Diese wurden auch erreicht. Darüber hinaus sollten die Souveränitätsrechte des Königreichs auch im zu schaffenden Deutschen Bund weitestgehend gewahrt bleiben. Diese Position vertraten die württembergischen Delegierten nachdrücklich im Deutschen Komitee. In der zweiten Sitzungsperiode dieses Gremiums ab dem 23. Mai 1815 nahmen die Vertreter Württembergs allerdings auf Befehl Friedrichs, der mit dem Verlauf der Verhandlungen insgesamt unzufrieden war, nicht mehr teil, sodass Württemberg jeden Einflusses auf die endgültige Ausgestaltung der Bundesakte vergab und nicht zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Bundes zählte. Württenberg trat diesem erst am 1. September 1815 bei. König Friedrich erfreute sich aufgrund seiner Grobheit und seiner anmaßenden Haltung keiner großen Beliebtheit bei der Wiener Bevölkerung. Seine enorme Leibesfülle zog Spott auf sich; in einem satirischen Spruch wurde festgehalten „Friedrich von Württemberg: Isst für alle“. Zudem sorgte auch das schlechte Verhältnis zu seinem Sohn, dem Erbprinzen (→) Wilhelm von Württemberg, für Gesprächsstoff. Allerdings hinterließ Friedrich I. aufgrund seiner großzügigen Trinkgelder bei seiner Abreise, die bereits am 27. Dezember 1814 erfolgte, ein positives Andenken. Im Jänner 1815 rief der König die Landstände zur Beratung einer von ihm entworfenen Konstitution ein, mit welcher er Vorgaben des Deutschen Bundes zuvorkommen wollte. Da die Stände jedoch die Rückkehr zur altwürttembergischen Verfassung wünschten, konnte keine Einigung erzielt werden und der lang­jährige württembergische Verfassungskampf entbrannte. König Friedrich I. verstarb überraschend noch weit vor dem Ende der Verhandlungen im Oktober 1816.

Friedrich VI., König von Dänemark

Friedrich VI., König von Dänemark

* 28. Jänner 1768 (Kopenhagen), + 3. Dezember 1839 (Kopenhagen)

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Bereits mit 16 Jahren übernahm Friedrich als Erbprinzregent im Namen seines geisteskranken Vaters die Regierungsgeschäfte und leitete eine Reihe von Reformen im Bereich der Landwirtschaft und der Industrie ein. Mit dem Tod des Königs im Jahr 1808 übernahm er offiziell die Herrschaft. Während der Napoleonischen Kriege stand Dänemark aufseiten Frankreichs; infolgedessen wurde die dänische Flotte 1801 beinahe vollständig von den Briten vernichtet. Wenige Jahre später, 1807, beschossen britische Schiffe Kopenhagen und erzwangen so die Auslieferung der restlichen dänischen Kriegsschiffe. Nach dem Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft in Europa sah sich Dänemark gezwungen, am 14. Jänner 1814 mit Schweden und Großbritannien im Vertrag von Kiel Frieden zu schließen. Damit verlor Dänemark Norwegen an Schweden und Helgoland an Großbritannien, bekam aber als Entschädigung Schwedisch-Pommern in Aussicht gestellt. Zum Wiener Kongress reiste Friedrich gemeinsam mit seinem Außenminister (→) Rosenkrantz an. Zudem standen ihm der dänische Gesandte in Wien, (→) Christian Günther Graf von Bernstorff, und dessen Bruder (→) Joachim Frederik Graf von Bernstorff zur Seite. Friedrich VI. traf am 22. September 1814 in Wien ein und bezog Räumlichkeiten in der Hofburg. Durch sein angenehmes Wesen gelang es ihm rasch, gesellschaftliche Kontakte zu knüpfen. Das wichtigste politische Anliegen Dänemarks auf dem Wiener Kongress war es, die in Aussicht gestellte Entschädigung für die im Vertrag von Kiel festgelegte Abtretung von Norwegen an Schweden zu erhalten und diplomatischen Druck zu erzeugen, damit Schweden die damit verbundene Verpflichtung einer Indemnitätszahlung erfüllte. Zudem standen zu Beginn des Kongresses immer noch russische Truppen in Holstein, welches in Personalunion mit Dänemark verbunden war. Letztlich konnte Dänemark auf dem Kongress in einer Art Ringtausch das Herzogtum Lauenburg gewinnen und eine Abfindung von 2,6 Millionen Talern aushandeln. Als König Friedrich Mitte Mai 1815 schließlich aus Wien abreiste, hinterließ er eine sogenannte „dänische Wittib“ – seine Mätresse während des Kongresses, welcher er eine jährliche Pension zugesichert hatte. Die Umsetzung des Vertrags von Kiel beschäftigte das europäische Konzert der Mächte noch bis 1818, da Schweden sich weigerte, die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen gegenüber Dänemark zu erfüllen. Erst diplomatischer Druck, beschlossen auf dem Kongress von Aachen, konnte König Karl XIV. Johann schließlich zum Einlenken bewegen. Das Ende der napoleonischen Herrschaft brachte auch ein Ende des durch liberale Reformen geprägten Herrschaftsstils Friedrichs VI. Nach seiner Rückkehr

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

nach Kopenhagen setzte der König verstärkt auf die Unterdrückung der Opposition und Zensur, um seine Herrschaft zu sichern. Erst 1834 stimmte er der Einrichtung von Provinziallandständen zu, welche allerdings nur eine beratende Funktion ausübten. Friedrich VI. starb 1839 in Kopenhagen.

Friedrich August I. Joseph Maria Anton, König von Sachsen * 23. Dezember 1750 (Dresden), + 5. Mai 1827 (Dresden)

Friedrich August übernahm 1768 die Regierung im Kurfürstentum Sachsen. 1791 wurde ihm auf Basis der polnischen Verfassung die polnische Königskrone, welche die Wettiner bereits bis 1763 getragen hatten, angeboten. Friedrich August lehnte aufgrund der schwierigen politischen Lage angesichts der polnischen Teilungen aber vorerst ab. Während der Koalitionskriege nahm Sachsen eine defensive Haltung ein. Allerdings arrangierte Friedrich August ein Treffen zwischen Kaiser Leopold II. und dem preußischen König Friedrich Wilhelm II. auf Schloss Pillnitz. Die dabei erarbeitete Deklaration diente Frankreich als Vorwand, um den 1. Koalitionskrieg zu erklären. Sachsen beteiligte sich aber erst nach der Ausrufung des Reichskriegs durch den Reichstag an den Feldzügen und schied, nachdem zahlreiche Reichsstände (wie etwa Preußen 1795) einen Separatfrieden mit Frankreich geschlossen hatten, 1798 aus dem Reichskrieg aus. 1806 kämpfte Sachsen gemeinsam mit Preußen bei Jena und Auerstedt. Infolge der Niederlage Preußens trat Sachsen dem Rheinbund bei und wurde zum Königtum erhoben. Zudem ernannte Napoleon Friedrich August 1807 zum Herzog von Warschau. Während des 6. Koalitionskriegs befand sich Friedrich August in einer schwierigen Lage: Seine Länder – Polen und Sachsen – waren zentrale Schauplätze der Kriegshandlungen. Ein Abfall von Napoleon erwies sich daher als schwierig: Französische Truppen standen in unmittelbarer Nähe Dresdens. Halbherzige Verhandlungen, die Friedrich August mit den Alliierten führte, brachten kein Ergebnis, sondern provozierten Napoleon nur zu Drohungen. Nach der Niederlage bei Leipzig im Oktober 1813 nahmen die Alliierten keine Verhandlungen mit Sachsen auf. Vielmehr internierten preußische Truppen König Friedrich August in Friedrichsfelde bei Berlin und besetzten sein Land. Sachsen galt als der letzte Verbündete Napoleons und als Verlierer der Koalitionskriege – es sollte Kompensation und Reparation leisten. Zwar war das zukünftige Schicksal Sachsens, das als potenzielle Entschädigung für Preußens Gebietsverluste gehandelt wurde, der zäheste Verhandlungspunkt in Wien, doch war jene Person, über deren Territorium entschieden wurde, nicht zu den Gesprächen geladen. König Friedrich August wurde allerdings von

Friedrich Hermann Otto, Fürst von Hohenzollern-Hechingen

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seinem Bruder, Erbprinz (→) Anton mit Gemahlin (→) Marie Theresia und dem Gesandten (→) Schulenburg in Wien vertreten. Nachdem die sächsische Frage im Februar 1815 weitgehend gelöst war, lud Kaiser (→) Franz I. König Friedrich August nach Pressburg/Bratislava ein, um ihm die Ergebnisse der Gespräche vorzulegen. Da Friedrich August versuchte weiter zu verhandeln, wurde er von (→) Metternich, (→) Talleyrand und (→) Wellington aufgesucht, die ihm die Nutzlosigkeit seiner Bemühungen verdeutlichten. Faktisch konnte Friedrich August der von den Mächten beschlossenen Teilung Sachsens nur zustimmen und ratifizierte schließlich am 21. Mai 1815 in Laxenburg bei Wien, wohin er auf Einladung des Kaisers am 2. Mai übersiedelt war, den entsprechenden Vertrag. Am Tag darauf verzichtete er auf das Herzogtum Warschau. Unter den Diplomaten und Staatsmännern des Wiener Kongresses sorgte das Schicksal des sächsischen Königs für heftige Kontroversen: Frankreich, aber auch Vertreter der deutschen Mittel- und Kleinstaaten, protestierten heftig gegen das Vorgehen der Alliierten. Diese Gruppe drang allerdings angesichts der machtpolitischen Konstellationen am Wiener Kongress mit ihren Argumenten nicht durch. So trat der sächsische Herrscher am 31. Mai 1815 – nach ein paar letzten Tagen in Pressburg/Bratislava – seine Rückreise nach Dresden an. In den Jahren nach dem Wiener Kongress wurde es ruhig um König Friedrich August. Seine politisch konservative Grundhaltung verhinderte weitreichende Reformen während seiner Regierungszeit. Friedrich August I. starb 1827 in Dresden.

Friedrich Hermann Otto, Fürst von Hohenzollern-Hechingen

* 22. Juli 1776 (Namur), + 13. September 1838 (Schloss Lindich bei Hechingen)

Friedrich wurde 1776 in Namur im heutigen Belgien geboren. 1790 ging er zur Ausbildung an die Hohe Karlsschule nach Stuttgart und hospitierte nach dem Studium beim Reichshofrat in Wien. 1800 heiratete er Pauline von Sagan und Kurland, Schwester von (→) Wilhelmine von Sagan und von (→) Dorothea de Talleyrand-Périgord. Allerdings trennte er sich 1805 von seiner Frau, nachdem sie das Kind eines Liebhabers geboren hatte. Bereits in jungen Jahren war Friedrich für das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen diplomatisch tätig. Unter anderem erreichte er Entschädigungen für die 1803 im Reichsdeputationshauptschluss verlorenen linksrheinischen Gebiete. 1806 entging das Fürstentum aufgrund der Verwandtschaft mit dem preußischen Königshaus sowie der Freundschaft der Fürstin von Hohenzollern-Sigmaringen mit Napoleons Gemahlin Joséphine der Mediatisierung und trat dem Rheinbund bei. Fortan stand Friedrich im militärischen Dienste Napoleons und war erst Adjutant von Jérôme Bonaparte, dann von Joachim Murat.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Nach dem Tod seines Vaters trat Friedrich 1810 die Herrschaft an. Während des Russlandfeldzugs 1812 wurde er schwer am Kopf verwundet, wovon er sich nie mehr völlig erholte. Trotz seiner Nähe zu Napoleon wechselte er unmittelbar nach der Völkerschlacht bei Leipzig auf die Seite der Alliierten. In Wien kam der Fürst am 21. September 1814 an und blieb bis zum 1. Mai 1815. Während der Verhandlungen, bei welchen er von (→) Frank vertreten wurde, lehnte er sich zunächst eng an das verwandtschaftlich verbundene Preußen an und erhoffte von dieser Seite Unterstützung, trat dann aber doch der „Vereinigung der mindermächtigen Staaten und Freien Städte“ bei. Der Fürst war, folgt man den Angaben der Geheimpolizei, mit den Verhandlungsergebnissen zufrieden: Hohenzollern-Hechingen konnte die mit dem Wechsel auf die Seite der Alliierten zugesicherte Souveränität behalten. Darüber hinaus erhielt das Fürstentum Reparationszahlungen von Frankreich, mit denen der Bau des Neuen Schlosses in Hechingen begonnen wurde. Über gesellschaftliche Aktivitäten Friedrichs während des Kongresses ist nichts bekannt, doch war er aufgrund seines „anständigen Betragens“, wie es in den Quellen heißt, gut angesehen. Trotz seiner angeschlagenen Gesundheit stieß Friedrich, der in der Regierungsarbeit von seinem Sohn Konstantin unterstützt wurde, in Hohenzollern-Hechingen noch verschiedene Reformen an und unterstützte den Schwäbischen Dichterkreis. Er starb im Jahr 1838.

Friedrich Joseph Ludwig Carl August, Erbprinz von Hessen-Homburg * 30. Juli 1769 (Homburg vor der Höhe), + 2. April 1829 (Homburg vor der Höhe)

Nach dem Studium in Genf trat Friedrich in die österreichische Armee ein. Er bekämpfte den Brabanter Aufstand, war an den Türkenkriegen und an den Koa­ litionskriegen gegen Frankreich beteiligt und erklomm rasch die militärische Karriere­leiter. 1813 wurde er zum General der Kavallerie ernannt. Die Landgrafschaft Hessen-Homburg war nach dem Ende des Alten Reiches 1806 zugunsten Hessen-Darmstadts mediatisiert worden, nachdem Landgraf Friedrich V. sich geweigert hatte, dem Rheinbund beizutreten. Das Ende der napoleonischen Herrschaft eröffnete die Möglichkeit, das mediatisierte Territorium zurückzuerlangen. Daher reiste Erbprinz Friedrich zum Kongress nach Wien, wo er vermutlich Ende September 1814 eintraf und ein Zimmer im Gasthof „Ungarische Krone“ bezog. Die tatsächlichen Verhandlungen über die Restauration der Landgrafschaft Hessen-Homburg führten allerdings (→) Sinclair und, nach dessen Ableben, (→) Gärtner. Die Bemühungen waren tatsächlich von Erfolg gekrönt: Dank der Unterstützung Preußens und angesichts der militärischen Verdienste der männlichen Familienmitglieder der Dynastie Hessen-Homburg während der Koalitionskriege sowie der Zugehörigkeit der Familie zum deutschen

Friedrich Wilhelm III., König von Preußen

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Uradel wurde die Landgrafschaft Hessen-Homburg wieder hergestellt. Zudem wurde noch eine Gebietsvergrößerung um das Oberamt Meisenheim am Glan erreicht. So konnte Friedrich am 25. April 1815 zufrieden aus Wien abreisen. 1819 trat der Erbprinz aus der Armee aus und übernahm 1820 als Friedrich VI. die Herrschaft in der Landgrafschaft Hessen-Homburg.

Friedrich Wilhelm III., König von Preußen

* 3. August 1770 (Potsdam), + 7. Juni 1840 (Berlin)

Nach seinem Herrschaftsantritt 1797 verfolgte Friedrich Wilhelm Frankreich gegenüber eine neutrale Politik. Erst 1806 trat Preußen in den Krieg gegen Napoleon ein, wurde jedoch bei Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen. Im Friedensvertrag von Tilsit musste Preußen die Gebiete westlich der Elbe sowie die durch die polnischen Teilungen gewonnenen Territorien abtreten. Der Niederlage folgten unter (→) Karl August von Hardenberg, (→) Stein und (→) Humboldt umfangreiche innenpolitische Reformen. Den weiteren Koalitionen gegen Frankreich schloss sich Preußen vorerst nicht an. Im Gegenteil: Anlässlich des Russlandfeldzugs 1812 musste Friedrich Wilhelm III. Frankreich Truppenkontingente zur Verfügung stellen. Nach der Niederlage der Grande Armée sagte sich der preußische König – wenn auch zögerlich – von Napoleon los, schloss ein Bündnis mit Zar (→) Alexander I. und erklärte Frankreich am 17. März 1813 den Krieg. In diesem Kontext ist sein berühmter Aufruf „An Mein Volk“ entstanden, mit welchem er seine Untertanen zu den Waffen rief. Zum Wiener Kongress traf Friedrich Wilhelm III. am 25. September 1814 gemeinsam mit Zar Alexander, mit dem er in Brünn/Brno zusammengetroffen war, in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein. Den beiden Herrschern wurden von Kaiser (→) Franz I. ein pompöser Empfang bereitet: Der österreichische Monarch holte sie vor den Toren der Stadt ab und begleitete sie in prunkvollem Zug in die Hofburg, wo sie auch untergebracht waren. Die Verhandlungen für den peußischen König führten Hardenberg und Humboldt. Eine zentrale politische Rolle spielte Friedrich Wilhelm III. im Zusammenhang mit der polnisch-sächsischen Frage. Zar Alexander I. hatte Preußen im Vertrag von Kalisch (28. Februar 1813) die Wiederherstellung Preußens in den Grenzen von 1806 sowie weitere Gebietsgewinne zugesagt. Dafür sollte der Hohenzollern-Staat die 1793 und 1795 gewonnen polnischen Gebiete an Russland abtreten. Als Entschädigungsmasse für Preußen sollte in diesem Zusammenhang das Königreich Sachsen, dessen König (→) Friedrich August I. an Napoleon festgehalten hatte, dienen. Österreich und Großbritannien allerdings standen einer weiteren Ausdehnung Russlands nach Westen und der Angliederung von ganz Sachsen an Preußen ablehnend gegenüber. Die Verhandlungen über diese territorialen

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Fragen dauerten den ganzen Herbst 1814 über an und drohten den Kongress zum Scheitern zu bringen. Erst durch den Übertritt Frankreichs in das Lager von ­Österreich und Großbritannien im Jänner 1815 konnten Russland und Preußen zum Einlenken bewegt werden. Friedrich Wilhelm III. musste sich in der Folge mit einem Teil Sachsens zufriedengeben. Weitere Gebietsgewinne konnte Preußen mit der späteren Rheinprovinz, Westphalen und Schwedisch-Pommern mit Rügen verbuchen. Dafür musste es die 1795 gewonnenen polnischen Gebiete, Ansbach, Bayreuth und Ostfriesland abtreten. Der geografische Schwerpunkt Preußens verlagerte sich damit nach Westen. Gesellschaftlich konnte Friedrich Wilhelm III., der nüchtern und wortkarg war, auf dem Wiener Kongress kaum reüssieren. Positiv vermerkt wurden zumindest in der Anfangszeit seine Bescheidenheit und Zurückhaltung, und die Damen der Gesellschaft fanden Gefallen an seiner Erscheinung. Doch kosteten ihn sein Verhalten in der polnisch-sächsischen Frage und seine Ergebenheit gegenüber Zar Alexander viele Sympathien. Auch seine häufig zur Schau gestellte schlechte Laune förderte seine Beliebtheit nicht. Verärgert war er beispielsweise darüber, dass König (→) Friedrich VI. von Dänemark der Etikette nach ihm gegenüber den Vortritt hatte, oder über den Umstand, dass zahlreiche der mindermächtigen deutschen Fürsten vehement für die Restitution der Kaiserwürde eintraten. Auch die Entscheidung über die Teilung Sachsens trug nicht dazu bei, seine Stimmung zu heben. Als er im Februar um die Zuteilung eines Ehrenkavaliers ansuchte, sich jedoch niemand für diese Funktion finden ließ, war er so beleidigt, dass er seine Mahlzeiten fortan alleine einnahm. Nur wenige Faktoren und Personen trugen dazu bei, dem Aufenthalt Friedrich Wilhelms in Wien eine angenehme Note zu verleihen. Dazu gehörte neben den Theaterkomödien in erster Linie Julie Zichy, die er mit größter Ergebenheit verehrte. Seine Gefühle scheinen jedoch nicht erwidert worden zu sein. Am 25. Mai 1815, nachdem er an mindestens einer Sitzung der Militärkommission teilgenommen hatte, reiste der preußische König schließlich gemeinsam mit Zar Alexander in Richtung des alliierten Hauptquartiers aus Wien ab. 1815 gehörte Friedrich Wilhelm zu den Gründungsmitgliedern der Heiligen Allianz. Außenpolitisch lehnte er sich in der Folgezeit stark an Russland an. Innenpolitisch prägend waren in jenen Jahren die Durchsetzung der Karlsbader Beschlüsse 1819, welche rigide Überwachungs- und Zensurmaßnahmen im Deutschen Bund festlegten, und das Ausbleiben der Erfüllung seines Verfassungsversprechens. Friedrich Wilhelm starb 1840 in Berlin und liegt im Mausoleum im Park von Charlottenburg begraben.

Friedrich Wilhelm, Fürst von Nassau-Weilburg

Friedrich Wilhelm, Fürst von Nassau-Weilburg

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* 25. Oktober 1768 (Den Haag), + 9. Jänner 1816 (Weilburg a.d. Lahn)

Nur wenige Jahre nach dem Antritt der Herrschaft über das Fürstentum Nassau-Weilburg im Jahr 1788 musste Friedrich Wilhelm im Zuge der Revolutionskriege aus seiner linksrheinisch gelegenen Residenz fliehen. Im Reichsdeputationshauptschluss wurde er für seine territorialen Verluste mit Teilen des vormaligen Erzstifts Trier entschädigt. Friedrich Wilhelm war ein Anhänger Napoleons und trat 1806 dem Rheinbund bei. Durch die staatsrechtliche und administrative Vereinigung seiner Herrschaftsgebiete mit denen seines kinderlosen Vetters Friedrich August von Nassau-Usingen und beträchtliche territoriale Zugewinne dank Napoleons Gunst entstand das Herzogtum Nassau. Die beiden Vettern regierten das Land gemeinsam von Schloss Biebrich (Wiesbaden) aus, wobei Friedrich Wilhelm den Fürstentitel behielt. Sie gaben dem Land 1814 eine landständische Verfassung, die allerdings erst nach ihrem Tod – beide verstarben 1816 – wirksam wurde. Den Übertritt auf die Seite der Alliierten vollzog Friedrich Wilhelm erst im November 1813. Das lange Festhalten an Napoleon zeitigte nachhaltige Wirkung auf dem Wiener Kongress, den der Fürst vom 1. Oktober 1814 bis zum 25. März 1815 in Begleitung seines Sohnes (→) Wilhelm besuchte, und auf welchem er durch (→) Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein diplomatisch vertreten wurde: Friedrich Wilhelm musste seine Besitzungen am Rhein nördlich der Lahn und einige altnassauische Gebiete abtreten. Die damit verbundenen, nicht unbeträchtlichen Verluste wurden allerdings durch vom Kongress bewilligte Gebietsarrondierungen abgemildert. Friedrich Wilhelm starb nur wenige Monate nach dem Ende des Kongresses an den Folgen eines Treppensturzes in Schloss Weilburg.

Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Oels

* 9. Oktober 1771 (Braunschweig), + 16. Juni 1815 (Quatre-Bras)

Friedrich Wilhelm trat als nachgeborener Sohn von Herzog Karl Wilhelm Ferdinand zu Braunschweig und Lüneburg, Herrscher des Fürstentums Braunschweig-Wolfenbüttel, 1789 in die preußische Armee ein und stieg dort bis zum preußischen Generalmajor auf. 1806 starb der Vater infolge der Schlacht bei Jena und Auerstedt, hatte Friedrich Wilhelm vor seinem Tod jedoch angesichts der Regierungsunfähigkeit seiner anderen Söhne zum Thronfolger bestimmt. Dennoch konnte jener das Erbe zunächst nicht antreten, da Napoleon das Gebiet des Herzogtums dem neugeschaffenen Königreich Westphalen zugeschlagen hatte. ­Friedrich Wilhelms Gegnerschaft zu Napoleon führte dazu, dass er 1809 mit Österreich die Konvention von Wien abschloss und das Herzoglich

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

­ raunschweigische Korps etablierte, das sich unter österreichischem Schutz B stehend selbstständig am 5. Koalitionskrieg beteiligte. Für die Finanzierung verschuldete Friedrich Wilhelm seine 1805 ererbten Fürstentümer Oels und Bernstadt, logistische Unterstützung erhielt er unter anderem von (→) Wilhelmine von Sagan. Der Umstand, dass das wegen seiner Uniformen „Schwarze Schar“ genannte Korps den Feldzug auch nach Österreichs Ausscheiden aus den Kriegshandlungen fortsetzte und von Böhmen bis zur Nordsee vordrang, brachte Friedrich Wilhelm in der deutschen Öffentlichkeit den Ruf eines Helden ein. Lieder und Gedichte über ihn kursierten, Kleidung „à la Brunswick“ war in Mode. Nachdem die „Schwarze Schar“ sich im August 1809 nach Großbritannien abgesetzt hatte und dort in britische Dienste genommen worden war, ließ sich der eng mit dem britischen Königshaus verwandte „Schwarze Herzog“ in London nieder. Am 22. Dezember 1813 war es ihm nach der Vertreibung Jérôme Bonapartes schließlich möglich, nach Braunschweig zurückzukehren. Seine Regierung zeichnete sich durch ihren streng restaurativen Kurs aus. Zum Wiener Kongress reiste Friedrich Wilhelm am 28. September 1814 an und wohnte in Wien in der Jägerzeile 457. Er meldete Ansprüche auf das Gebiet des ehemaligen Bistums Hildesheim an, um seine Hauptlandesteile verbinden zu können. Diese Forderungen konkurrierten jedoch mit den Ambitionen des wesentlich einflussreicheren Königreichs Hannover, das letztlich in den Verhandlungen die Oberhand behielt. Eine territoriale Verlagerung an den Rhein hatte der Braunschweiger früh abgelehnt, sodass der Kongress ihm keinen territorialen Zugewinn für sein nunmehr Herzogtum Braunschweig genanntes Land brachte. Unzufrieden mit dem Gang der Verhandlungen blieb Friedrich Wilhelm nur knapp zwei Monate in Wien und traf schon am 29. November 1814 wieder in seiner Heimat ein. Bereits am 16. Juni 1815 fiel der Herzog auf dem Schlachtfeld von Quatre-Bras im neuerlichen Kampf gegen Napoleon. Zahlreiche Denkmäler erinnern an ihn.

Fries, Moritz Christian Johann Graf von

* 6. Mai 1777 (Wien), + 26. Dezember 1826 (Paris) Bankier

Fries entstammte einer Bankiersdynastie, die sich unter anderem um die Industrialisierung Österreichs im späten 18. Jahrhundert verdient gemacht hatte. Um 1800 galt er als reichster Mann der Habsburgermonarchie und einflussreiche Persönlichkeit in der Hochfinanz. Er investierte insbesondere in die Textilindustrie und förderte den Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrüben. Einen großen Teil seiner Mittel verwendete Fries zum Aufbau einer bemerkenswerten Kunstsammlung. Darüber hinaus unterstützte er Literaten und Musiker, darunter auch (→) Beethoven und Franz Schubert.

Fürstenberg, Elisabeth Fürstin zu

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Während des Wiener Kongresses führte Fries ein offenes Haus, in welchem die politischen Entscheidungsträger gerne zusammenkamen. Hier konnte man regelmäßig (→) Castlereagh, (→) Stein oder (→) Dalberg antreffen. Dies hatte laut Geheimpolizei zur Folge, dass Fries bestens über den jeweils aktuellen Stand der Verhandlungen informiert war. Diese Kontakte zahlten sich in geschäftlicher Hinsicht aus: Dalberg zum Beispiel informierte den Bankier im Frühjahr 1815, nach der Rückkehr Napoleons, über die in Paris herrschende Stimmung. Fries stand darüber hinaus insbesondere mit Zar (→) Alexander in Finanzfragen in Verbindung, als dessen Bankier er auch bezeichnet wurde. Zur Zeit des Kongresses hatte der Niedergang des Bankhauses Fries allerdings bereits begonnen. Die Gründe dafür waren vielfältig und reichten von der Geld­ entwertung im Zuge der Napoleonischen Kriege bis zum aufwendigen Lebensstil der Familie. 1826 erklärte das Bankhaus Fries den Bankrott. Fries ging nach Paris, wo er nur wenige Monate später starb.

Fürstenberg, Elisabeth Fürstin zu

* 30. November 1767 (Regensburg), + 21. Juli 1822 (Heiligenberg) Vertreterin des Hauses Fürstenberg

Elisabeth entstammte der Familie Thurn und Taxis und verbrachte ihre Jugend vorwiegend in Böhmen. 1790 heiratete sie Karl Aloys zu Fürstenberg, welcher jedoch bereits 1799 in der Schlacht bei Stockach fiel. 1806 verstarb Karl Joachim zu Fürstenberg, der letzte Vertreter der reichsfürstlichen Linie der Fürstenberger, wodurch dessen Titel und Rechte an Elisabeths damals siebenjährigen Sohn Karl Egon übergingen. Als Vormund ihres Sohnes konnte Elisabeth die Herrschaftsrechte jedoch nur kurze Zeit wahrnehmen, denn 1806 wurde das Fürstentum mediatisiert und zwischen Baden, Württemberg und Hohenzollern-Sigmaringen aufgeteilt. Vorrangiges Ziel Elisabeths auf dem Wiener Kongress war die Restitution des mediatisierten Herrschaftsgebiets und der damit verbundenen Rechte. Sie traf am 27. September 1814 in Wien ein und wohnte in der Kärntnerstraße 1139. Unterstützt von ihrem Generalbevollmächtigten (und Liebhaber) (→) Laßberg versuchte sie, die in Wien anwesenden ehemaligen Reichsfürsten zu einen, um so den gemeinsamen Interessen mehr Gewicht zu verschaffen. Anlässlich einer Audienz bei Kaiser (→) Franz I. plädierte sie zudem für die Wiedererrichtung des Alten Reiches. Sie zeigte während der Gespräche viel diplomatisches Geschick und nutzte ihre zahlreichen Bekanntschaften zur Durchsetzung ihrer Interessen. So fand beispielsweise Mitte Oktober in ihrer Unterkunft eine Zusammenkunft von Vertretern mediatisierter Häuser statt, die drei Stunden dauerte. Schriftstücke schickte sie außerdem nicht mit der von der Geheimpolizei überwach-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

ten Post, sondern gab diese persönlich beim Adressaten ab. Zusammen mit (→) Solms-Laubach wurde sie dadurch zur wichtigsten Vertreterin reichsfürstlicher Interessen am Wiener Kongress. Letztlich aber scheiterte sie mit ihren Zielen an den machtpolitischen Konstellationen. Mit den Prärogativen, welche den mediatisierten Standesherren zugesprochen wurden, zeigte sie sich ausgesprochen unzufrieden. Elisabeth reiste am 21. Juni 1815 aus Wien ab. Nachdem ihr Sohn sein Erbe angetreten hatte, lebte sie zurückgezogen mit Laßberg auf Schloss Heiligenblut und Schloss Eppishausen, wo sie sich gemeinsam der Sammlung altdeutscher Literatur widmeten.

Gagern, Hans Christoph Ernst von

* 25. Jänner 1766 (Kleinniedesheim), + 22. Oktober 1852 (Hornau)

Vertreter des Hauses Nassau(-Oranien) sowie des Souveränen Fürstentums der Vereinigten Niederlande

Gagern studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Leipzig und in Göttingen und trat 1785 die Stelle eines Regierungsassessors in Zweibrücken an. 1787 trat er als Regierungsrat in den Staatsdienst des Fürstentums Nassau-Weilburg ein und wurde 1790 leitender Minister und oberster Gerichtspräsident. Gagern fungierte wiederholt als Gesandter der drei Nassauischen Häuser in Paris, wo er u. a. enge Kontakte zu (→) Talleyrand knüpfte. Im Zuge dieser diplomatischen Missionen kam es ab 1802 zu einer engen, wenn auch konfliktreichen Zusammenarbeit zwischen Gagern und Wilhelm von Oranien-Nassau. 1811 erließ Napoleon ein Dekret, in welchem er alle links des Rheins geborenen Beamten für Frankreich beanspruchte. Daher legte Gagern seine Funktionen nieder und reiste nach Wien, wo er mit Erzherzog Johann und Joseph Hormayr in Kontakt trat. 1813 wurde Gagern aufgrund seiner Beteiligung an der Planung eines neuen Aufstands in Tirol ausgewiesen und begab sich in das preußische Hauptquartier in Breslau. Dort erwartete ihn ein Schreiben Wilhelms, in welchem dieser ihn bat, ihn bei seinen Bemühungen um die Wiedererlangung der Herrschaft in den Niederlanden sowie bei der Rückforderung seiner Erbländer zu unterstützen. Zudem ersuchte Wilhelm Gagern, ihn als sein Bevollmächtigter in Wien zu vertreten. Gagern blieb allerdings vorerst in Breslau, wurde auf Veranlassung von (→) Stein Mitglied des für die befreiten Gebiete im Norden Deutschlands geschaffenen Verwaltungsrats und trat in dieser Funktion für die Wiedereinsetzung des Kurfürsten (→) Wilhelm I. von Hessen-Kassel ein. Zudem warb er für die Gründung eines Deutschen Bundes, in welchem die deutschen Staaten sowie Preußen, Österreich und die Niederlande mit einem Teil ihrer Territorien vertreten sein sollten. Im Juli

Gagern, Hans Christoph Ernst von

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1813 begab sich Gagern nach Großbritannien, wo er vom dort im Exil lebenden Wilhelm klare Instruktionen hinsichtlich der zukünftigen Verhandlungen erhielt. Im Herbst 1813 verhandelte Gagern in Frankfurt mit den alliierten Mächten im Namen Wilhelms, der inzwischen von einer niederländischen Adelsfraktion zur Herrschaftsübernahme eingeladen worden war, über den Beitritt der Niederlande zur antinapoleonischen Allianz. Als nach der Eroberung des Königreichs Westphalen und des Großherzogtums Berg die Stammlande der Häuser Nassau und Oranien wieder in deren Besitz übergingen, wurde Gagern dirigierender Minister in Dillenburg. Ein Schwerpunkt seiner administrativen Tätigkeit lag auf der Aushebung von Militärtruppen. Auf dem Wiener Kongress vertrat Gagern in erster Linie die Interessen von Prinz Wilhelm und, gemeinsam mit (→) Ernst Franz Ludwig Marschall zu Bieberstein, zudem das Herzogtum Nassau. Als Vertreter der Niederlande fungierten neben seiner Person (→) Spaen und (→) Capellen. Gagern traf am 14. September in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein. Bis zu seiner Abreise am 11. Juni 1815 wohnte er, ebenso wie Marschall, in der Unteren Breunerstraße 1196. Für die Niederlande ging es in den Verhandlungen um die Grenzziehung zu Preußen. Strittige rechtsrheinische Gebiete, zu welchen unter anderem das angestammte Herrschaftsgebiet der Dynastie Nassau-Oranien zählte und die daher für Wilhelm besondere Bedeutung hatten, konnten allerdings nicht für die Niederlande erhalten bleiben beziehungsweise gewonnen werden, sondern wurde von den Alliierten Preußen zugeschlagen. Damit waren die niederländischen Vertreter in Wien weitgehend mit der Durchsetzung der Interessen ihres Herrschers gescheitert. Allerdings erhielt dieser als Kompensation das Herzogtum Luxemburg zugesprochen, das zum Großherzogtum erhoben wurde. Des Weiteren erfolgte die Rangerhöhung Wilhelms zum König der Niederlande. Außer für die niederländischen Belange engagierte Gagern sich in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“, in welcher er eine führende Position einnahm und als deren Initiator er den österreichischen Behörden (zu Unrecht) galt. Regelmäßig versammelten sich die Mitglieder dieses Zusammenschlusses in seiner Wohnung und forderten in Denkschriften die Restauration der römisch-deutschen Kaiserwürde für das Haus Habsburg sowie die Zulassung der kleinen deutschen Staaten zu den Verhandlungen des Deutschen Komitees. Tatsächlich nahm Gagern im Frühjahr 1815 an den Sitzungen des Deutschen Komitees teil und war auch Mitglied der Bouillon-Kommission. Außer mit den Vertretern der mindermächtigen deutschen Staaten verkehrte Gagern unter anderem mit Stein, (→) Castlereagh und (→) Talleyrand. Mit Erzherzog Johann war er so gut bekannt, dass ihn der Habsburger ohne Audienztermin empfing. Sich der Bedeutung gesellschaftlicher Kontakte bewusst, profilierte sich

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Gagern während des Wiener Kongresses als Gastgeber von Bällen, Diners oder Whist-Abenden. Während des von ihm am 15. November 1814 veranstalteten Balls zog er sich angeblich mit dem Vertreter Hannovers, (→) Münster, für längere Zeit in sein privates Kabinett zu vertraulichen Gesprächen zurück. Am 20. Oktober 1814 hatte Gagern mehrere Minister zu einem Essen nach Baden bei Wien eingeladen. Die Frage, wer die enormen Ausgaben für die Einladungen Gagerns trug, bewegte das Publikum: Am 24. Oktober organisierte Gagern einen Ball, dessen Kosten gar – so berichtete die Geheimpolizei – von den mediatisierten Herrschern getragen wurden. Ab 1816 vertrat Gagern König Wilhelm I. der Vereinigten Niederlande, der als Großherzog von Luxemburg Bundesfürst war, auf dem Bundestag in Frankfurt. 1818 musste er jedoch wegen seiner freisinnigen Anschauungen zurücktreten und lebte fortan als Privatmann auf seinem Gut Hornau. Politisch betätigte er sich weiterhin: Er war an der Erarbeitung der Verfassung von Hessen-Darmstadt beteiligt und wirkte 1820/21 und 1823/24 als Abgeordneter in der Zweiten Kammer des Landtags. 1829 folgte die Ernennung zum Abgeordneten der Ersten Kammer auf Lebenszeit. Nachdem er die Revolution von 1848/49, in der sein Sohn Heinrich eine führende Rolle spielte, noch erlebt und begrüßt hatte, verstarb Gagern 1852.

Gärtner, Franz von

* 1771 (Marburg), + 1838

Vertreter zahlreicher mediatisierter Häuser

Gärtner stand von 1791 bis 1813 – seit 1802 als Regierungsdirektor, seit 1803 als Geheimer Rat – im Dienst des Fürsten von Wied-Neuwied. 1810 wurde er nobilitiert. Bereits im Februar 1814 trat Gärtner als gemeinsamer Bevollmächtigter der „Vereinigung der Mediatisierten“ im alliierten Hauptquartier auf. In dieser Vereinigung hatten sich zahlreiche standesherrliche Familien zusammengeschlossen, welche die Wiederherstellung ihrer verlorenen Souveränität forderten. In derselben Funktion besuchte Gärtner den Wiener Kongress, wo er ein Quartier am Neuen Markt 1117 bezog. Der Verifikationskommission legte er Kredenzschreiben von 21 Einzelparteien (so etwa (→) Salm-Kyrburg, Windisch-Graetz, Bentheim-Tecklenburg oder Fugger-Kirchberg) sowie der „Vereinigung der Mediatisierten“ vor. Auf seiner Visitenkarte informierte er darüber, dass er die Ansprüche von 38 prinzlichen und gräflichen Häusern vertrete, was allgemein für Belustigung sorgte. Gärtner blieb mit den an die Großmächte gerichteten Forderungen, welchen er in mehreren Denkschriften Nachdruck zu verleihen suchte, weitgehend erfolglos. Auch sein Wusch, dass wieder ein Habsburger die deutsche Kaiserkrone tragen sollte, ging nicht in Erfüllung. Zu Kongressende erhielt Gärt-

Gentz, Friedrich

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ner für seine Dienste von insgesamt 57 Auftraggebern eine finanzielle Vergütung. Er reiste am 15. Juni 1815 in Richtung Neuwied ab. Im April 1816 wurde er zum preußischen Oberregierungsrat ernannt und stand bis zu seinem Tod 1838 in preußischen Diensten.

Gentz, Friedrich

* 2. Mai 1764 (Breslau), + 9. Juni 1832 (Wien)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich, „Sekretär“ des Wiener Kongresses

Nach dem Studium in Königsberg, wo er Bekanntschaft mit Kant schloss und von diesem stark beeinflusst wurde, trat Gentz 1785 in den preußischen Staatsdienst ein, wo er enge Kontakte zu (→) Humboldt knüpfte. 1793 quittierte er jedoch die Beamtenlaufbahn, um sich seinen Lebensunterhalt als politischer Schriftsteller zu verdienen. Nach anfänglichen Sympathien avancierte er zu einem dezidierten Gegner der Französischen Revolution und brachte seine Überzeugung in zahlreichen Veröffentlichungen zum Ausdruck. Seine Übersetzung und Kommentierung des Werks von Edmund Burke, „Reflections on the Revolution in France“, riefen große Resonanz in der politischen Öffentlichkeit hervor und machten ihn berühmt. Daneben fungierte Gentz als Herausgeber des antirevolutionären, von der preußischen Regierung finanzierten, allerdings kurzlebigen „Historischen Journals“. 1802 trat Gentz in österreichische Dienste, da der preußischen Regierung seine antifranzösische Agitation zu radikal erschien. Hier ließ man ihm viel Freiheit für sein publizistisches Engagement gegen Napoleon, vor dem er schließlich ins Exil fliehen musste. 1809 verfasste Gentz das berühmt gewordene Kriegsmanifest für Kaiser (→) Franz I. Als Österreich 1809/10 unter (→) Metternich eine Versöhnungspolitik mit Napoleon einleitete, akzeptierte Gentz diesen Kurs letztlich und avancierte nach und nach zu einem der engsten Mitarbeiter des österreichischen Außenministers. Er unterstützte diesen unter anderem in Fragen der Pressepolitik und war auch 1813 Urheber des Kriegsmanifests. Die Zusammenarbeit mit Metternich prägte auch den Wiener Kongress. Gentz war während der Sitzungen anwesend und verfasste teilweise die Protokolle der Achter-Konferenz. Darüber hinaus war er das zentrale Mitglied der (zweiten und dritten) Redaktionskommission, die für die Vorbereitung der Kongressakte verantwortlich war, und organisierte schließlich die Ausfertigung dieses Dokuments. Gentz war allerdings nicht nur in die Kongressgeschäfte im engeren Sinne involviert, sondern unterstützte und beriet Metternich in politischen und diplomatischen Angelegenheiten, entwarf Denkschriften und Schlüsseltexte für österreichische Zeitungen. Auch korrigierte er die Acht-Erklärung der Mächte gegenüber Napoleon vom März 1815.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Gentz verstand sich selbst als Mittler zwischen den Mächtigen und genoss breites Ansehen. Seine Netzwerke reichten weit, seine Persönlichkeit erschien omnipräsent. Gentz zeigte sich während des Wiener Kongresses auch als großzügiger Gastgeber, in dessen Haus in der Seilergasse Diplomaten, Staatsmänner und Mitglieder der Aristokratie verkehrten. Besonders nahe standen ihm etwa (→) Talleyrand und (→) Castlereagh, die ihn nach dem Kongress reich entlohnten, während er bei den Preußen (→) Karl August von Hardenberg und (→) Stein mit Ablehnung zu kämpfen hatte. Geradezu zerrüttet war das früher so enge Verhältnis zu Humboldt. Der ständig von Geldsorgen geplagte Gentz etablierte sich zudem als Informationsmakler, indem er interessierten Personen Auskunft über den Gang der Verhandlungen und die Interessen der europäischen Mächte erteilte. Der wichtigste Adressat war – mit offizieller Genehmigung – der Hospodar der Walachei. Insgesamt werden Gentz’ Einnahmen aus inoffiziellen Honoraren und Ehrengeschenken während des Kongresses auf 17.000 Dukaten geschätzt. Der Einfluss Gentz’ auf die europäische Politik blieb auch nach dem Wiener Kongress bestehen. Er besuchte als rechte Hand Metternichs die Nachfolgekongresse von Aachen (1818), Troppau/Opava (1820), Laibach/Ljubljana (1821) und Verona (1822) und trat wieder als Protokollführer und Verfasser zahlreicher Denkschriften in Erscheinung. Des Weiteren war er maßgeblich an der Formulierung und Implementierung der Karlsbader Beschlüsse (1819) in den Staaten des Deutschen Bundes beteiligt und profilierte sich als Gegner des Frühliberalismus. Eine offizielle Karriere in der Staatskanzlei blieb ihm allerdings nach wie vor verwehrt. Kaiser Franz I. verweigerte ihm die ersehnte Würde eines Staatsrats. Um 1830 entzweiten sich Gentz und Metternich, als der Sekretär den Staatskanzler aufgrund seiner Politik beispielsweise gegenüber der Julirevolution zu kritisieren begann. Der Einfluss von Gentz nahm daraufhin rapide ab, und seine ständig virulenten Geldsorgen wuchsen an. Die letzten Lebensjahre verbrachte Gentz zurückgezogen in einem Wiener Vorort, wo er schließlich 1832 starb.

Georg Wilhelm, Fürst von Schaumburg-Lippe

* 20. Dezember 1784 (Bückeburg), + 21. November 1860 (Bückeburg)

Georg Wilhelm erhielt eine standesgemäße Erziehung in Lausanne, Bückeburg und Hannover und studierte anschließend in Leipzig. Nach einem kurzen Aufenthalt in Berlin und einer Reise nach Italien wurde der früh verwaiste Erbprinz durch Kaiser (→) Franz I. 1806 für großjährig erklärt. 1807 trat Georg Wilhelm die Regierungsgeschäfte im Fürstentum Schaumburg-Lippe an und wurde Mitglied des Rheinbunds. Der Person Napoleons stand er ambivalent gegenüber. Insgeheim erhoffte er sich eine Veränderung der politischen Situation in Deutschland.

Georg, Erbprinz von Mecklenburg-Strelitz

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Bereits 1813 erkannte Georg Wilhelm die Bedeutung des Wiener Kongresses, den er mit den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden verglich und von welchem er zukunftsweisende Entscheidungen erwartete. In Wien traf er am 29. September 1814 ein. Eine Wohnung fand er in der Kärntnerstraße 1004, wo auch sein Verhandlungsleiter (→) Berg untergebracht war. Dieser vertrat das Fürstentum Schaumburg-Lippe in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. Berg zeigte in den Verhandlungen eine zu Preußen tendierende Haltung – und geriet dadurch in Widerspruch zu seinem Fürsten, der Österreich als Führungsmacht im Deutschen Bund favorisierte. Nach der Rückkehr nach Bückeburg widmete sich Georg Wilhelm weiter der Verwaltung seines Landes: 1816 erließ er eine landständische Verfassung, 1818 erfolgte – im Zusammenwirken mit dem Landtag – eine Reform des Finanz- und Steuerwesens. Die Revolution von 1848/49 überstand das Fürstentum äußerst ruhig, da Georg Wilhelm sich weiteren notwendigen Reformen nicht entgegenstellte.

Georg, Erbprinz von Mecklenburg-Strelitz

* 12. August 1779 (Hannover), + 6. September 1860 (bei Carpin)

Seine Erziehung erhielt der Erbprinz am Hof in Berlin. 1795 immatrikulierte sich Georg an der Universität Rostock, zwischen 1802 und 1804 lebte er in Italien und 1806 folgte eine Reise nach Paris. Am Wiener Kongress repräsentierte der Erbprinz das Haus Mecklenburg-Strelitz und dessen Oberhaupt, Herzog Karl II. In den Verhandlungen wurde er von (→) Oertzen vertreten. Georg traf am 18. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung am Graben Nr. 1212. Seine Abreise aus der österreichischen Haupt- und Residenzstadt erfolgte am 14. Juni 1815. In Wien suchte er, so beobachteten Spitzel der Geheimpolizei, die Gesellschaft der mediatisierten deutschen Fürsten. Doch auch im Salon der (→) Fanny von Arnstein war er anzutreffen. Die mecklenburg-strelitzschen Vertreter hofften, die Alliierten würden den frühen Abfall Herzog Karls II. von Napoleon würdigen und ihm daher zusätzlich zu den Stammlanden das Herzogtum Sachsen-Lauenburg, die Stadt Lübeck sowie Schwedisch-Vorpommern zusprechen. Diese Erwartungen zerschlugen sich anhand der konkreten politischen Realitäten und der Aspirationen der Großmächte, insbesondere Preußens. Als Kompensation für die entgangene Gebietsvergrößerung erhielt Herzog Karl II., mit Unterstützung von (→) Zar Alexander, die Großherzogswürde zugesprochen. Des Weiteren setzte sich Mecklenburg-Strelitz vehement für eine Zulassung der mindermächtigen Staaten und freien Städte zu den Verhandlungen über den Deutschen Bund ein und forderte die Wiedereinführung der deutschen Kaiserwürde.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

1816 trat Georg die Herrschaft in Mecklenburg-Strelitz an, wo er in den ersten Jahren seiner Regierungszeit die von seinem Vater eingeleiteten Reformen fortführte. Angesichts der revolutionären Unruhen, insbesondere der Revolution von 1848, verfolgte er zunehmend eine konservative Politik. Er starb im Jahr 1860.

Gersdorff, Ernst Christian August von

* 23. November 1781 (Herrnhut), + 10. November 1852 (Weimar) Vertreter des (Groß-)Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach

Gersdorff genoss ab 1789 am Institut der Herrnhuter in Niesky und im Anschluss am Pädagogium in Barby eine fundierte Ausbildung. Ein Duell zwang ihn, sein 1801 begonnenes Studium des klassischen Altertums und der Rechte in Wittenberg und Leipzig abzubrechen und stattdessen die Offizierslaufbahn in sächsischen Diensten einzuschlagen. Da ihm der Militärdienst nicht zusagte, quittierte Gersdorff diesen und trat 1807 als Assessor in den Staatsdienst von Sachsen-­ Eisenach ein. Bereits ein Jahr später wurde er zum Regierungsrat in E ­ isenach ernannt und 1812 zum Geheimen Assistenzrat im Geheimen Consilium des nunmehr vereinigten Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach befördert, das als wichtigstes Beratungsorgan des Herzogs fungierte. In dieser Funktion vertrat Gersdorff Sachsen-Weimar-Eisenach auf dem Wiener Kongress. Er traf in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt am 15. oder 16. September 1814 ein und bezog eine Wohnung in der Müllerschen Galerie. Hier war auch Herzog (→) Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach untergebracht. Neben Gersdorff vertrat (→) Minkwitz, der auch in den Diensten von Sachsen-Gotha stand, den Herzog bei den Verhandlungen. Gersdorff trat in Wien der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“ bei. In einer Denkschrift plädierte er für den Zusammenschluss der mindermächtigen Staaten, um als „sechste deutsche Macht“ neben Österreich, Preußen, Bayern, Württemberg und Hannover zu bestehen. Zudem vertrat er die Ansicht, dass ein gesicherter Fortbestand der mindermächtigen Staaten Deutschlands nur im Rahmen eines preußisch-österreichischen Dualismus möglich sei. Gersdorff nahm im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode teil. Grundsätzlich zeigten die sachsen-weimarischen Gesandten während der Verhandlungen eine pro-preußische Haltung. Dieser Umstand ist auf die Hoffnungen von Herzog Karl August zurückzuführen, sein Herrschaftsgebiet auf Kosten Sachsens, Erfurts und Fuldas erheblich zu vergrößern, wozu er der direkten Unterstützung der Hohenzollern bedurfte. Diese Erkenntnis führte dazu, dass Sachsen-Weimar-Eisenach (→) König Friedrich August I. von Sachsen die anfängliche Unterstützung entzog, um Preußen nicht zu verärgern. Einen weiteren Fürspre-

Globig, Hanns August Fürchtegott von

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cher fand Sachsen-Weimar-Eisenach aufgrund enger verwandtschaftlicher Beziehungen in Zar (→) Alexander I., sodass sich die Hoffnungen Sachsen-Weimar-­ Eisenachs auf eine territoriale Vergrößerung und Arrondierung erfüllten. Zudem erhielt Herzog Karl August den Großherzogs-Titel zugesprochen. Gersdorff verließ Wien am 8. Juni 1815 und übernahm im Dezember desselben Jahres die Leitung des neu gebildeten Staatsministeriums sowie die Ressortleitung in den Bereichen Kultus und Kammerfinanzen des Großherzogtums. Gersdorff zielte darauf ab, den feudal geprägten Staat nach bürgerlich-liberalen Maßstäben umzugestalten und wurde zu einem Vorreiter des „liberalen Autokratismus“ in Weimar. Er wirkte wesentlich an der Ausarbeitung der Weimarer Verfassung von 1816 mit. Zwischen 1814 und 1819 war er Kammerpräsident. Ab 1819 legte er sein politisches Hauptaugenmerk auf die Finanzen und das Steuerwesen, das er weitreichend reformierte. Auf ökonomischer Ebene war es ihm ein Anliegen, die thüringischen Staaten zunächst durch ihren 1828 erfolgten Beitritt zum Mitteldeutschen Handelsverein, 1833 dann zum preußischen Zollsystem enger zusammenzuführen und zu stärken. Während der Unruhen im März 1848 legte Gersdorff seine politischen Ämter nieder und widmete sich in der Folge privaten Studien. Er starb 1852 in Weimar an der Gelbsucht.

Globig, Hanns August Fürchtegott von * 3. August 1773, + 1832

Mitglied der Delegation des Königreichs Sachsen

Ab 1798 sächsischer Hofrat und Kammerherr, stieg Globig kurz darauf zum Referendar im Geheimen Konsilium auf. Als Geheimer Rat vertrat er auf dem Wiener Kongress gemeinsam mit (→) Schulenburg, (→) Griesinger und (→) Miltitz die Interessen von König (→) Friedrich August I. von Sachsen. Dieser verlor durch die Beschlüsse der Großmächte rund zwei Drittel seines Territoriums und etwa die Hälfte seiner Untertanen. Seit dem 23. Mai 1815 nahm Globig für Sachsen an den Sitzungen des Deutschen Komitees teil, zu dessen zweiter Sitzungsperiode auch die Vertreter deutscher Mittel- und Kleinstaaten zugelassen worden waren. Globig blieb bis zum 17. Juni 1815 in Wien. Im Anschluss an den Kongress war Globig sächsischer Gesandter in Berlin und von 1819 bis 1821 Bundestagsgesandter. Danach fungierte er als Oberkonsistorialpräsident in Sachsen.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Gössel, Karl Wilhelm * 1772, + 1822

Vertreter des Fürstentums Hessen-Rotenburg und der Linien Hohenlohe-Langenburg und Hohenlohe-Jagstberg

Gössel studierte in Göttingen Rechtswissenschaften und trat anschließend in die Dienste des Landgrafen (→) Victor Amadeus von Hessen-Rotenburg, der ein teilsouveränes Fürstentum unter der Oberherrschaft von Hessen-Kassel regierte. Inzwischen zum Geheimen Rat ernannt, kam Gössel gemeinsam mit dem Landgrafen am 24. oder 25. September 1814 in Wien an und blieb bis zum 20. Juni 1815. Als Bevollmächtigter vertrat er neben Hessen-Rotenburg auch das eng mit diesem verbundene Haus Hohenlohe. Während der Landgraf eine Entschädigung für linksrheinische Verluste erhoffte, wünschte das Haus Hohenlohe die Restauration seiner Herrschaftsrechte. So unterzeichnete Gössel im Juni 1815 die „Rechtsverwahrung ehemaliger Reichsfürsten und Reichsgrafen gegen die sie betreffenden Bestimmungen der Deutschen Bundesakte“, mit welcher diese forderten, die Mediatisierungen rückgängig zu machen. Dieser Petition war allerdings kein Erfolg beschieden, und das Haus Hohenlohe blieb mediatisiert. Die Rechte von Landgraf Victor Amadeus wurden mit der Restauration des Kurfürstentums Hessen-Kassel wiederhergestellt. Auf Basis der Beschlüsse des Wiener Kongresses erhielt er 1820 zudem als Entschädigung für linksrheinische Verluste (St. Goar und Rheinfels) Corvey und Ratibor als Allodialvermögen unter preußischer Oberhoheit zugesprochen. Gössel, der 1821 in den Adelsstand erhoben wurde, blieb auch nach dem Wiener Kongress im Dienst des mit ihm befreundeten Landgrafen. Er verstarb 1822.

Goupy, Guillaume Louis Isidore

* 10. März 1760 (Paris), + 26. April 1818 (Paris)

Vertreter von Maria Luisa von Spanien, Königin von Etrurien

Goupy heiratete 1790 Marie Victoire Busoni, Tochter des Bankiers Jean Marie Gaspard Busoni, und legte damit den Grundstein für das Bankhaus Busoni, Goupy & Cie. Das Unternehmen verwaltete die Finanzen verschiedener italienischer Fürsten, unter anderem auch jene des von 1801 bis 1807 bestehenden Königreichs Etrurien. Aus dieser Konstellation ergab sich ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Maria Luisa von Spanien, der (ehemaligen) Königin von Etrurien, mit der Goupy über Jahre in engem Briefkontakt stand. In ihrem Auftrag reiste er mit beträchtlichen Vermögenswerten ausgestattet nach Wien, um beim Kongress gemeinsam mit (→) Labrador, dem Gesandten des spanischen Königs Ferdinand VII., für Maria Luisas noch minderjährigen Sohn Karl Ludwig die Rückgabe

Gries, Johann Michael

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der Gebiete des ehemaligen Königreichs Etruriens einzufordern. Österreich war allerdings nicht bereit, auf diese Forderung einzugehen, denn in Florenz sollte mit Großherzog Ferdinand III. wieder ein Habsburger herrschen. Alternativ forderte Maria Luisa daher, nun mit Unterstützung Frankreichs, die Herrschaft über Parma, Piacenza und Guastalla. Da die drei mittelitalienischen Fürstentümer auf Wunsch Österreichs jedoch an (→) Marie Luise, die ehemalige Kaiserin der Franzosen, gehen sollten, war auch dieses Ansinnen nicht durchsetzbar. Maria Luisa musste sich mit dem Herzogtum Lucca zufriedengeben. Zudem erhielt sie von österreichischer Seite Unterhaltszahlungen auf Lebenszeit und konnte den Rang einer Königin von Etrurien behalten. Mit dem Ergebnis der Verhandlungen nicht zufrieden, willigte Maria Luisa erst 1817 in den Kompromiss ein, als vertraglich festgelegt wurde, dass Parma nach dem Tod von Marie Luise an ihren Sohn Karl Ludwig fallen würde. Ab Jänner 1814 bis zu seinem Tod fungierte Goupy als Mitglied des Leitungsgremiums der Banque de France. Von 1817 bis zu seinem Tod im folgenden Jahr war er darüber hinaus Mitglied der französischen Nationalversammlung.

Gries, Johann Michael

* 22. Juli 1772 (Hamburg), + 12. April 1827 (Frankfurt a. M.) Vertreter der Stadt Hamburg

Gries schloss das Studium der Rechtswissenschaften 1785 in Göttingen ab und arbeitete bis 1800 als Anwalt, ehe er zum Syndikus seiner Heimatstadt Hamburg berufen wurde. Während der französischen Zeit diente er als Generalsekretär des Präfekten, wechselte aber unmittelbar nach der ersten Befreiung Hamburgs im März 1813 in seine alte Funktion, was ihm die Feindschaft Napoleons einbrachte. Während des neuerlichen Einrückens französischer Truppen in Hamburg Ende Mai war Gries auf einer Gesandtschaftsmission beim schwedischen Erbprinzen Karl Johann und entging so einer Verhaftung. Als Vertreter der Hamburger Obrigkeit gründete er gemeinsam mit anderen Hamburgern sowie dem Lübecker Syndikus Karl Georg Curtius in Güstrow Ende Juli 1813 das „Hanseatische Direktorium“, das als Exilregierung der Hansestädte Hamburg, Bremen und Lübeck auftrat. Es setzte sich auf politischer Ebene erfolgreich für die Erhaltung der Selbstständigkeit der Städte ein und entfaltete auch karitative Tätigkeiten. 1814 reiste Gries mit dem alliierten Hauptquartier nach Paris, wo er gemeinsam mit dem Bremer Senator (→) Smidt, dem Lübecker (→) Hach und anderen Vertretern mindermächtiger Staaten an den Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen teilnahm. Das Ziel Hamburgs am Wiener Kongress war die Sicherung der Souveränität der ehemals Freien Reichsstadt. Zudem stand der rechtliche Status der katholischen und jüdischen Einwohner zur Disposition, hatten diese doch während der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

französischen Zeit die volle rechtliche Gleichstellung erfahren. Gries fand in Wien am Graben 659 eine Wohnung und war Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“. Diese forderte nicht nur die Zulassung zu den Verhandlungen des Deutschen Komitees, sondern auch die Restitution der römisch-deutschen Kaiserwürde für das Haus Habsburg. In seinen Aktivitäten war Gries zwar durch seinen schlechten Gesundheitszustand eingeschränkt, doch nahm er im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees während dessen zweiter Sitzungsperiode teil. Es gelang Gries, Hamburg den Status als Freie Stadt zu sichern. Die Bestimmungen der Bundesakte vom 8. Juni 1815 legten allerdings fest, dass in der rechtlichen Behandlung der Mitglieder der christlichen Konfessionen kein Unterschied gemacht werden dürfe. Hinsichtlich des rechtlichen Status der Juden blieb eine solch klare Regelung aus, sodass der Senat die diesbezüglichen Bestimmungen der herkömmlichen Munizipalverfassung wieder in Kraft setzte. Ab 1815 diente Gries als hamburgischer Bundestagsgesandter in Frankfurt, wo er 1827 nach längerer Krankheit verstarb.

Griesinger, Georg August von

* 8. Jänner 1769 (Stuttgart), + 9. April 1845 (Wien) Vertreter des Königreichs Sachsen

Griesinger studierte in Tübingen Theologie, bevor er als Hauslehrer in der Schweiz tätig war. 1799 erfolgte der Umzug nach Wien, um eine Stelle als Erzieher des Sohns des dortigen sächsischen Gesandten, Johann Hilmar Adolph Graf Schönfeld, anzunehmen. Ab 1804 machte er jedoch Karriere an der sächsischen Botschaft in Wien. Griesinger erlangte zudem Bekanntheit als guter Freund und späterer Biograf Joseph Haydns sowie aufgrund seines guten Verhältnisses zu (→) Beethoven. Während des Wiener Kongresses, auf welchem er gemeinsam mit (→) Schulenburg, (→) Miltitz und (→) Globig König (→) Friedrich August I. von Sachsen vertrat, lebte Griesinger in der Hinteren Schenkenstraße 59. 1814 verfasste er eine „Apologie de Frédéric Auguste, Roi de Saxe“, in welcher er die Politik des Königs im Jahr 1813 verteidigte und die Lage des Königreichs analysierte. Doch zeigte diese Verteidigungsschrift angesichts der machtpolitischen Konstellationen am Wiener Kongress wenig Resonanz: Sachsen verlor rund zwei Drittel seines Territoriums und etwa die Hälfte der Einwohner an Preußen. Griesinger stieg bis 1831 zum Geschäftsträger der sächsischen Botschaft in Wien auf und blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1845 in der Stadt.

Grimm, Jakob Ludwig Carl

Grimm, Jakob Ludwig Carl

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* 4. Jänner 1785 (Hanau), + 20. September 1863 (Berlin)

Mitglied der Delegation des Kurfürstentums Hessen-Kassel

Während des Studiums der Rechte an der Universität Marburg erwachte Grimms Interesse an altdeutscher Literatur. Dieser wissenschaftlichen Neigung konnte er vorerst nur bedingt nachgehen: 1805 trat er einen Posten beim Kriegskollegium in Kassel an, 1808 wurde er Bibliothekar des westphälischen Königs Jérôme Bonaparte und 1809 Auditor in dessen Staatsrat. In diesen Jahren studierte er in freien Stunden die altdeutsche Poesie und sammelte, gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm und verschiedenen Freunden, Märchen. Nach der Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen-Kassel wurde Grimm in den diplomatischen Dienst des Kurfürsten (→) Wilhelm I. übernommen und als Legationssekretär nach Wien entsandt, wo er gemeinsam mit seinen Vorgesetzten (→) Keller und (→) Lepel am 27. September 1814 eintraf. Das Quartier der kurhessischen Delegation befand sich auf der Wieden – sehr zu Grimms Missfallen außerhalb der Innenstadt. Bei den Kongressverhandlungen spielte der Legationssekretär Grimm keine tragende Rolle. Vielmehr beklagte er, dass er meist nur als bloßer Kanzlist Verwendung fände. Dennoch engagierte er sich politisch: Er bedauerte massiv die „Undeutschheit“ der Herrschenden und trat mit einem kritischen Gegenentwurf zu dem von den Brüdern (→) Marschall von Bieberstein vorgelegten „Entwurf einer künftigen Verfassung Deutschlands“ (Dezember 1814) an die Öffentlichkeit, in welchem er dem dort angedachten Staatenbund ein „deutsches Reich“ entgegensetzte. Auch schrieb er Artikel für den „Rheinischen Merkur“ von Joseph Görres, in welchen er deutlich und unter Missachtung der Auflagen seiner dienstlichen Position zu heiklen Fragen der Kongressverhandlungen Stellung nahm. Daneben engagierte sich Grimm, der jede freie Minute für Studien in der Hofbibliothek nutzte, stark in der Kulturpolitik, pflegte Kontakte zu zahlreichen Künstlern, Sammlern und Buchhändlern und dem Wiener Hofbibliothekar Bartholomäus Kopitar. Zudem frequentierte er (→) Schlegels „Mittwochsgesellschaft“ und die Treffen des Kreises um Adam Müller. Schließlich war Grimm Gründungsmitglied der „Wollzeilengesellschaft“, die sich während des Wiener Kongresses regelmäßig in einem Wirtshaus in der „Wollzeile“ genannten Gasse versammelte. Die Gesellschaft setzte sich die Sammlung von „Volkspoesie“ zum Ziel, ohne jedoch zu einem nennenswerten Ergebnis zu kommen. Nach dem Kongress nahm Grimm, nachdem er zuvor noch in Paris über die Rückgabe von Kultur- und Kunstschätzen verhandelt hatte, den Abschied von dem ungeliebten diplomatischen Posten und wurde Zweiter Bibliothekar in Kassel. In dieser Position konnte er sich verstärkt der Literatur- und Sprachforschung widmen. 1830 übernahm er eine Professur in Göttingen.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

1837 protestierte er, gemeinsam mit anderen Professoren („Göttinger ­Sieben“) gegen die Aufhebung der Verfassung im Königreich Hannover und wurde aufgrund seines liberalen politischen Engagements des Landes verwiesen. 1841 fand Grimm jedoch in König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen einen neuen Förderer und wurde Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Verbunden mit dieser Position war das Recht, Vorlesungen zu halten. 1848 wurde Grimms politischer Einsatz gewürdigt, indem er einen Ehrenplatz in der Deutschen Nationalversammlung erhielt. Grimm gilt heute als einer der Begründer der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft.

Gumprecht, Isaak Jakob

* 1773 (Göttingen), + 1846 (Frankfurt a. M.)

Lobbyist für die Rechte der Juden von Frankfurt a. M.

Nach dem Studium in Jena und Göttingen zog Gumprecht anlässlich seiner Eheschließung 1799 nach Frankfurt a. M., wo er Handel mit britischen Manufakturwaren betrieb. Rasch gelang es ihm, eine führende Stellung in der Frankfurter Judengemeinde einzunehmen. Persönlich engagierte er sich vehement für die Emanzipation der Juden in den deutschen Gebieten. Gemeinsam mit (→) Baruch vertrat er bis zu seiner Abreise im Frühjahr 1815, nach welcher ihn der in Wien lebende (→) Uffenheimer ersetzte, die Interessen der jüdischen Gemeinde von Frankfurt am Wiener Kongress. Die Frankfurter Juden hatten 1811 durch eine Ablösezahlung an den damaligen Stadtherrn Karl Theodor von Dalberg dieselben bürgerlichen Rechte erhalten wie die christlichen Mitbürger. 1813 aber restaurierte der Magistrat die traditionelle Munizipalverfassung, wodurch die Juden wieder in ihren herkömmlichen Rechtstatus zurückfielen. Um allfälligen Intrigen des Vertreters der Stadt Frankfurt, (→) Danz, entgegenzuwirken, gaben die beiden jüdischen Delegierten bei der Einreise nach Wien an, Geschäftsleute zu sein. Mitte Oktober überreichten sie (→) Metternich eine Denkschrift mit dem Titel „Bitte und Vorstellung der Deputierten der Frankfurter Judenschaft um Bestätigung des mit dem ehemaligen Fürst Primas über das dortige Bürgerrecht errichteten Vertrags“, welche der österreichische Außenminister wohlwollend zur Kenntnis nahm. Die Wiener Polizei wachte genau über die beiden Fremden und hätte sie Ende Oktober beinahe ausgewiesen, wäre nicht Metternich für sie eingetreten. Unterstützung erhielt die jüdische Delegation darüber hinaus von den Vertretern Preußens (auch mit (→) Karl August von Hardenberg standen sie durch Eingaben in Kontakt) sowie den Brüdern Rothschild, deren Stammhaus sich in Frankfurt a. M. befand.

Hach, Friedrich

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Der Beschluss des Deutschen Komitees, die endgültige Klärung des rechtlichen Status der Juden im Deutschen Bund dem Bundestag zu überlassen, stellte die jüdischen Vertreter nicht zufrieden. Erst 1824 erlangten die jüdischen Bewohner Frankfurts die privatrechtliche – wenn auch nicht politische – Gleichstellung.

Hach, Friedrich

* 12. August 1769 (Lübeck), + 25. April 1837 (Lübeck) Vertreter der Stadt Lübeck

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften war Hach seit 1791 als Anwalt in Lübeck tätig. 1792 promovierte er an der Universität Kiel und wurde zum kaiserlichen Notar sowie später zum Prokurator am städtischen Niedergericht bestellt. 1805 erfolgte seine Wahl in den Lübecker Senat. 1806 wirkte Hach kurzzeitig am Reichstag in Regensburg, bevor er in Lübeck verschiedene Aufgaben in Politik und Verwaltung, auch während der sogenannten Lübecker Franzosenzeit, übernahm. 1813 wurde der Jurist vom Lübecker Senat ins Hauptquartier der Alliierten und anschließend zum Wiener Kongress entsandt, um die politische Unabhängigkeit der Stadt sicherzustellen. Hach kam am 18. September 1814 in Wien an und engagierte sich im Kreis der mindermächtigen Staaten, indem er einen Plan zu deren besserer Organisation entwarf. Vehement trat er gegen Bestrebungen auf, den Juden in der Bundesakte einheitliche Grundrechte und die Möglichkeit zum Erwerb des Bürgerrechtes zu gewähren. Das selbstherrliche Vorgehen der Großmächte, welche den deutschen Mittel- und Kleinstaaten wenige Mitspracherechte einräumten, verurteilte er. Als Vertreter Lübecks nahm er an den Beratungen des Deutschen Komitees während dessen zweiter Sitzungsperiode im Frühjahr 1815 teil. Die Bundesakte begrüßte er als einen die Rechte der Bundesglieder schützenden Vertrag. Der Anwendung zweifelhafter Mittel, um seine Mission zum Erfolg zu führen, stand Hach grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber: Als er die Eigenstaatlichkeit Lübecks durch dänische Entschädigungsansprüche gefährdet sah, erwog Hach Anfang 1815, (→) Gentz mit 1000 Gulden zu bestechen, um von Österreich eine für die Stadt vorteilhafte Erklärung zu erhalten. Zur Ausführung dieses Plans kam es zwar nicht, aber es gelang Hach, die Mediatisierung Lübecks abzuwenden. Nach der Erfüllung weiterer diplomatischer Aufgaben ging Hach 1820 als Oberappellationsgerichtsrat nach Lübeck zurück. Er verfasste mehrere rechtsgeschichtliche Arbeiten und politische Schriften und starb 1837 in Lübeck.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Hacke, Karl von

* 1775, + 3. April 1834 (Bamberg)

Mitglied der Delegation des Großherzogtums Baden

Mit dem Übergang der Kurpfalz an Baden 1803 trat der bis dato kurpfälzische Beamte Hacke als Hofrichter in Mannheim und Geheimer Rat in badische Dienste. 1808 war der frankophile Hacke kurzzeitig badischer Innenminister und ging dann als Gesandter nach Wien. Dort vertrat Hacke neben (→) Berckheim, (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein, (→) Berstett und (→) Sensburg Großherzog (→) Karl von Baden auf dem Wiener Kongress. Hacke bewohnte eine Unterkunft in der Grünangergasse 885 in der Inneren Stadt. Primäres Anliegen der badischen Delegation war die Verteidigung der territorialen Integrität des Großherzogtums gegen österreichische und bayerische Ansprüche. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten – weniger dank der badischen Diplomatie als vielmehr aufgrund der Interessenslage der Großmächte. Der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ trat Baden nicht bei, auch wenn noch im Oktober 1814 vonseiten (→) Gagerns Hoffnungen dahingehend kolportiert wurden. Ursache für diese Annahme Gagerns waren angeblich Kontaktanbahnungen vonseiten Hackes, der dazu allerdings vom Großherzog nicht autorisiert gewesen wäre. Hacke zeigte sich auf dem Wiener Kongress gut vernetzt mit dem bayerischen Gesandten (→) Rechberg. Kontakte unterhielt er darüber hinaus mit österreichischen Adelsfamilien sowie Mitgliedern der russischen Delegation. Daher wurde er verdächtigt, nicht nur für den französischen Außenminister (→) Talleyrand, sondern auch für Bayern und Russland zu spionieren. Angeblich versorgte er diese Interessensgruppen mit Informationen über Gespräche aus dem Umfeld von (→) Metternich und Kaiser (→) Franz I., deren Politik er heftig kritisierte. Tatsächlich scheint Hacke mehr als einem Herrn gedient zu haben: So gelangte die österreichische Geheimpolizei, die ihn genau überwachte, Anfang November 1814 an ein Schreiben, aus welchem herauszulesen war, dass Hacke in Talleyrands Auftrag ein Memorandum verfasst hatte. In diesem sprach er sich – ganz der französischen Linie folgend – gegen eine Annexion Sachsens durch Preußen aus. Kurz nachdem die Geheimpolizei dieses Schreiben abgefangen hatte, entdeckte Hacke, dass er überwacht wurde. Verantwortlich dafür war die unsachgemäße Wiederanbringung des Siegels nach der Öffnung des Briefes. Anfang November 1814 wurde Großherzog Karl durch seine Schwestern, Zarin (→) Elisabeth von Russland, und Königin Friederike von Bayern, auf die Machenschaften seines Mitarbeiters aufmerksam gemacht. Zur Rede gestellt, stritt

Hadamar, Philipp Heinrich

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Hacke die Anschuldigung entschieden ab. In der Folge bestellte der Großherzog ­Marschall und Berckheim zu seinen Bevollmächtigten, was Hacke dazu bewog, um seine Entlassung zu bitten – welche ihm nicht gewährt wurde. Dieses Intermezzo scheint Hackes Aktivitäten nicht beeinträchtigt zu haben, denn im Dezember überreichte die Geheimpolizei Kaiser Franz ein abgefangenes Schreiben Hackes an einen der dänischen Gesandten (→) Bernstorff, welchem die Abschrift einer vertraulichen Note Metternichs an (→) Karl August von Hardenberg beilag. Zugleich aber bediente sich auch die österreichische Geheimpolizei Hackes, um ihre Ziele zu erreichen. Lange war es nämlich nicht gelungen, einen Konfidenten im Umkreis des französischen Bevollmächtigten (→) Dalberg zu platzieren. Ende Dezember 1814 schließlich berichtete ein Spitzel, dass er über Hacke bei Dalberg eingeführt worden sei. Hacke verließ Wien am 14. Mai 1815, da er im April zum badischen Außenminister bestellt worden war. Die Amtsführung des als Lebemann geltenden Hackes ließ jedoch zu wünschen übrig, und durch sein teilweise unflätiges Benehmen machte er sich zahlreiche Feinde. Auch seine äußere Erscheinung erregte Aufmerksamkeit: (→) Karl August Varnhagen beschrieb ihn als „aufgeschwollen zu einer unförmlichen Fleischmasse, die in einem schweren Hängebauch auslief“. 1817 wurde Hacke aus dem Amt entfernt und wieder als Gesandter nach Wien beordert. Nach dem Regierungsantritt von Großherzog Ludwig wurde er abberufen und pensioniert. Seinen Lebensabend verbrachte Hacke in Bamberg, wo er am 3. April 1834 starb.

Hadamar, Philipp Heinrich * ca. 1764 (Trier), + 1842

Vertreter der Stadt Mainz

Hadamar, Doktor der Rechte, war bis zum Ende des Alten Reichs Syndikus der oberrheinischen Reichsritterschaft. 1802 wurde er in den Mainzer Stadtrat berufen. In den Folgejahren arbeitete er als Advokat, Ergänzungsrichter und Sekretär der Handelskammer in Mainz. 1814 wurde er, gemeinsam mit seinem Schwager (→) Mappes und (→) Kesselstadt, zum Wiener Kongress entsandt, um die Interessen der Stadt Mainz zu vertreten. Die Deputation traf am 8. September 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier Am Kohlmarkt 298. Die Finanzierung der Mission stand auf wackeligen Beinen, da die provisorische Administration in Mainz die Übernahme der Kosten ablehnte. Sie bürdete diese stattdessen zur Hälfte der Stadtkasse, zur Hälfte dem Mainzer Handelsstand, der eigens eine Steuer entrichten musste, auf. Allerdings war der genehmigte Betrag viel zu gering, sodass die Deputation nur mühsam

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

über die Runden kam. Hadamar war der juristische Sachverständige des Trios und wurde als einziger der Delegierten für seine Tätigkeit bezahlt. Die Hauptaufgabe der Deputation bestand darin, das Stapelrecht der an der Mündung des Mains in den Rhein gelegenen Stadt zu sichern. Diese Frage wurde in der Flussschifffahrtskommission verhandelt. Der Wiener Kongress beschloss in dieser Angelegenheit keine endgültige Regelung; allerdings bekannten sich die Mitglieder der Kommission zu den Grundsätzen der freien Flussschifffahrt und legten den Grundstein für die Errichtung der Zentralkommission für die Flussschifffahrt in Mainz. Die Mainzer Deputierten verfassten im Zusammenhang mit ihren Anliegen mehrere Druckschriften und Noten und absolvierten zahlreiche Besuche. Neben der Frage des Stapelrechts setzten sie sich für eine Erleichterung der Einquartierungslast durch preußische und österreichische Truppen sowie für Kompensationen für erzwungene Weinlieferungen an die Franzosen ein und sondierten, welchem Landesherr Mainz in Zukunft zugeschlagen werden sollte. Sie schickten fast wöchentlich Berichte in die Heimatstadt. In keinem ihrer Anliegen kam die Deputation allerdings zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Hadamar verließ Wien am 10. oder 11. April 1815. Er stieg in den Jahren nach dem Kongress zum Präsidenten des Obergerichts in Mainz auf. In publizistischen Beiträgen setzte er sich im Zusammenhang mit dem Anschluss von Mainz an Hessen-Darmstadt für die rheinhessischen juristischen Traditionen ein. Hadamar verstarb 1842.

Handel, Paul Anton von

* 23. Juli 1776 (Mergentheim), + 12. Mai 1847 (Hagenau) Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Nach dem Studium in Erlangen trat Handel in die Dienste des Deutschen Ordens. Als Legationssekretär nahm er ab 1797 am Kongress von Rastatt teil, wo er mit (→) Metternich in Kontakt kam. Seit 1800 diente er dem Deutschen Orden als Hof- und Regierungsrat in Mergentheim. Nachdem im Zuge der Säkularisierungen die Gebiete des Deutschen Ordens in das Königreich Württemberg integriert worden waren, übernahm Handel im Auftrag des Ordens verschiedene diplomatische Missionen, bevor er 1810 – wohl mit der Unterstützung Metternichs – die Stelle eines k.k. Regierungsrats antrat. Er vertrat in der Folge Österreich in diplomatischen Angelegenheiten vor allem in Württemberg. Dabei erwarb er sich auch das Vertrauen von (→) Stadion. Während des Wiener Kongresses hielt sich Handel in Wien auf. Er unterstützte den zweiten österreichischen Delegierten, (→) Wessenberg, und fungierte als Vertreter Österreichs in der Statistischen Kommission. Diese Aufgabe teilte er sich

Hardenberg, Ernst Christian Georg Graf von

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mit dem Sekretär (→) Wacken. 1816 trat Handel das Amt des Bundes-Kanzlei­ direktors in Frankfurt a. M. an, das er bis 1836 innehatte. Darüber hinaus diente er in dieser Zeit als österreichischer Ministerresident an den Höfen von Hessen-Kassel und Nassau sowie bei der Freien Stadt Frankfurt. Zwischen 1816 und 1828 führte er als österreichischer Bevollmächtigter den Vorsitz bei der für das vormalige Großherzogtum Frankfurt zusammengestellten Ausgleichskommission. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Handel auf seinem Schloss Hagenau in Oberösterreich, wo er 1847 verstarb.

Hardenberg, Ernst Christian Georg Graf von * 2. Mai 1754, + 25. Dezember 1827 (Wien) Vertreter des Königreichs Hannover

Hardenberg absolvierte ein Studium an der Universität Leipzig und bekleidete ab 1774 das Amt eines Auditors in Hannover. 1775 wurde er zum Kabinettsrat und 1779 zum Kammer- und geheimen Legationsrat ernannt. Zwischen 1790 und 1792 diente er als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in Dresden, zwischen 1793 und 1805 in Wien. 1806 wurde er zum Geheimen Rat und 1814 zum Kabinettminister ernannt. Hardenberg war neben (→) Münster der zweite Gesandte Hannovers auf dem Wiener Kongress, zu welchem er bereits am 9. August 1814 anreiste. Seine Wohnung befand sich am Hohen Markt 552. Die hannoverschen Lande – vormals unter der Bezeichnung „Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg“ – waren in der napoleonischen Zeit dem Königreich Westphalen zugeschlagen worden. Das mit Großbritannien in Personalunion verbundene Hannover wurde im Oktober 1814 zum Königreich erhoben und zählte zu jenen Staaten, die von Beginn der Verhandlungen an im Deutschen Komitee vertreten und daher maßgeblich an der Ausgestaltung des Deutschen Bundes beteiligt waren. Hardenberg war, ebenso wie Münster, Mitglied in diesem Gremium. Es gelang den hannoverschen Gesandten nach langen Streitigkeiten mit Preußen unter anderem durch größere Tauschgeschäfte sowohl hinsichtlich der territorialen Ausdehnung als auch der Einwohnerzahl beträchtliche Zugewinne zu erzielen. Jenseits der Verhandlungserfolge wurde von den sardischen Gesandten das haltlose Gerücht gestreut, Hardenberg hätte gegen üppige Bezahlung Spitzeltätigkeiten für (→) Beauharnais, den Stief­ sohn Napoleons, durchgeführt. Hardenberg hatte nach dem Ende des Kongresses wieder den hannoverschen Gesandtschaftsposten in Wien inne, wo er im Dezember 1827 auch verstarb.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Hardenberg, Karl August Fürst von

* 31. Mai 1750 (Essenrode), + 26. November 1822 (Genua) Vertreter des Königreichs Preußen

Hardenberg studierte Rechts- und Staatswissenschaften in Göttingen und Leipzig. Nach einer Grand Tour durch das Alte Reich wurde er 1773 zum hannoverschen Kammerrat ernannt und befasste sich vorerst mit einer Verwaltungsreform. 1781 reiste er nach London, um dem Kurfürsten, gleichzeitig König Georg III. von Großbritannien und Irland, seine Vorschläge diesbezüglich zu unterbreiten. Aufgrund der Liebesbeziehung seiner Frau zum Prinzen von Wales sah sich Hardenberg im September 1781 gezwungen, seinen Abschied einzureichen, um einen Skandal zu verhindern. 1783 trat er in die Dienste des Fürsten von Braunschweig-Wolfenbüttel. Die Scheidung von seiner Frau, die weiterhin außereheliche Affären hatte, führte zu einem Skandal, sodass Hardenberg 1790 auch diesen Dienst quittieren musste. Noch im selben Jahr trat er als leitender Minister in die Dienste des Markgrafen von Ansbach und Bayreuth, welcher allerdings 1791 sein Herrschaftsterritorium an Preußen abtrat. Hardenberg wickelte die Übergabe ab und leitete anschließend die Verwaltung als direkt dem König von Preußen unterstellter Minister. Nach dem Ausbruch der Revolutionskriege übernahm Hardenberg auch ­außenpolitische Aufgaben. So gehörte er etwa zu den Mitunterzeichnern des Friedens von Basel 1795, der ihn lange politisch diskreditierte. 1798 wurde Hardenberg nach Berlin beordert – zu selbstständig war er bei der inneren Reformierung von Ansbach-Bayreuth vorgegangen. 1803 gelang es ihm jedoch, die Gunst König (→) Friedrich Wilhelms III. zu erlangen, der ihn zum Außenminister ernannte. 1806 trat Hardenberg, der einen Krieg mit Frankreich befürwortete, auf Druck Napoleons hin von diesem Posten zurück. Nach der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt berief ihn Friedrich Wilhelm III. zum leitenden Minister für innen- und außenpolitische Angelegenheiten, doch wurde Hardenberg wieder auf Druck Napoleons hin rasch von dieser Position entfernt. 1810 ernannte König Friedrich Wilhelm III. Hardenberg zum Staatskanzler. In dieser Position setzte er die von (→) Stein begonnenen Preußischen Reformen weiter um. Mit seinem Hauptziel, der Einführung einer Verfassung, scheiterte Hardenberg allerdings am Widerstand des konservativen Adels. Nach der Niederlage Napoleons in Russland 1812 verhandelte Hardenberg den Vertrag von Kalisch, durch welchen Preußen 1813 der antinapoleonischen Allianz beitrat. Zudem unterzeichnete er die Allianzverträge von Teplitz/Teplice mit Österreich und Russland.

Heideck (Heidegger), Carl Wilhelm von

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Die Neugestaltung Deutschlands nach der Niederlage Napoleons war eine Frage, die Hardenberg bereits vor dem Wiener Kongress beschäftigte. Gemeinsam mit Stein und (→) Humboldt verfasste er den Entwurf einer Deutschen Bundesverfassung. 1814 wurde Hardenberg von König Friedrich Wilhelm III. in den Fürstenstand erhoben. Hardenberg traf am 17. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung am Graben 1188. Bei den Verhandlungen wurde er von Humboldt, (→) Jordan und (→) Hoffmann unterstützt. In seinem Tagebuch berichtete Hardenberg von seinen Aktivitäten während des Wiener Kongresses: Den gesellschaftlichen Zerstreuungen wenig zugetan, verbrachte er den größten Teil seiner Zeit mit dienstlichen Pflichten. Nur selten lud er Gäste zum Diner; häufiger spielte er das Kartenspiel Whist. Nur den Salon der (→) Fanny von Arnstein suchte er während des Kongresses mehrfach auf. Die Konzentration auf die Arbeit dürfte wohl auch seiner Schwerhörigkeit geschuldet gewesen sein, welche Gespräche wenig erquicklich für ihn machte. Aufgrund dieses Gebrechens befand sich bei den Sitzungen stets Humboldt an seiner Seite, um eventuelle Missverständnisse aufzuklären. Trotz seines hohen Alters absolvierte Hardenberg während des Kongresses ein enormes Arbeitspensum. So war er Mitglied der Vierer-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Achter-Konferenz sowie des Deutschen Komitees. Zudem verfasste er zahlreiche Denkschriften und andere Schriftstücke. Preußens Ziel auf dem Wiener Kongress war es, dem Staat eine Bevölkerung von 12 Millionen zu sichern. Der damit verbundene Gebietszuwachs sollte unter anderem durch die Einverleibung des Königreichs Sachsens erreicht werden. Nach schwierigen Verhandlungen musste sich Preußen letztlich mit einem Teil Sachsens zufriedengeben, erhielt aber beträchtliche Gebietsgewinne in Nord- und Mitteldeutschland sowie am Rhein. Hardenberg verließ Wien am 10. Juni 1815 in Richtung Schlesien. 1818 nahm der preußische Staatskanzler am Kongress von Aachen teil, 1820 und 1821 war er bei den Kongressen in Troppau/Opava und Laibach/Ljubljana anwesend, und 1822 reiste er zum Kongress von Verona. Kurz nach dessen Abschluss starb er in Genua.

Heideck (Heidegger), Carl Wilhelm von

* 6. Dezember 1787 (Saaralben), + 21. Februar 1861 (München) Mitglied der Delegation des Königreichs Bayern

Heideck besuchte erst die Kunstschule in Zürich, dann die Militärakademie in München und nahm als Unterleutnant im 1. Artillerieregiment an den Feldzügen 1805, 1806 und 1809 gegen Preußen und Österreich teil. 1810 quittierte er den Dienst in der bayerischen Armee und ging nach Spanien, um dort gegen die

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

napoleonischen Truppen zu kämpfen. 1813 kehrte Heideck als Hauptmann zurück und nahm während der folgenden beiden Jahre aufseiten der Alliierten an zahlreichen Schlachten in Deutschland und Frankreich teil. Zum Major befördert, begleitete er den bayerischen Erbprinzen (→) Ludwig nach England und anschließend auf den Wiener Kongress. Hier hatte er eine Wohnung am Kohlmarkt 268. Politisch und gesellschaftlich hielt sich Heideck allerdings im Hintergrund. Von 1815 bis 1830 fungierte Heideck mit Unterbrechungen als Adjutant von Feldmarschall (→) Wrede. Im Jahr 1816 war er Mitglied der Grenzberichtigungskommission in Salzburg. In seiner Freizeit widmete sich Heideck weiterhin der Malerei. Als Oberstleutnant im Generalstab ging Heideck, der als Philhellene galt, 1826 nach Griechenland. Von Präsident (→) Kapodistrias wurde er 1828 zunächst zum Kommandanten von Nauplia und dann zum Militärgouverneur von Argos ernannt. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Bayern reiste Heideck 1832 als einer von fünf Regierungsräten des noch minderjährigen Prinzen Otto von Bayern und nunmehrigen Königs von Griechenland wieder nach Nauplia, wo er sich beim Aufbau der Streitkräfte engagierte. Ab 1835 wieder in München, wurde Heideck 1844 in den Freiherrenstand erhoben und kurz darauf zum Generalleutnant befördert. Als solcher war er zwischen 1847 und 1855 als Referent im bayerischen Kriegsministerium tätig. Beinahe zeitgleich verfasste er als Militärschriftsteller mehrere Arbeiten. Heideck verstarb im Februar 1861 in München. Einige seiner Gemälde befinden sich im Besitz der Bayerischen Staatsgemälde­ sammlungen München.

Heilmann, Georg Friedrich

* 5. Jänner 1785 (Biel), + 24. Juli 1862 (Biel) Vertreter der Stadt Biel

Heilmann studierte in Halle und Heidelberg Rechtswissenschaften, befasste sich aber auch mit Literatur und Naturwissenschaften. Im Jänner 1814 wurde er in die provisorische Stadtregierung von Biel gewählt, nachdem er 1813 ein Freiwilligencorps gegen Napoleon aufgestellt und seine Heimatstadt im Hauptquartier der alliierten Mächte vertreten hatte. In der Folge nahm er vom 16. Oktober 1814 bis zum 30. März 1815 als bevollmächtigter Vertreter der Stadt Biel am Wiener Kongress teil. Seine Wohnung während der Verhandlungen hatte er im Bürgerspital. Heilmann war damit beauftragt, die Schaffung eines selbstständigen Kantons Biel, bestehend aus einem Teil des Bistums Basel sowie Biel, voranzutreiben. Mit diesem Wunsch drang Heilmann bei den Mächten allerdings nicht durch – Biel wurde dem Kanton Bern als Entschädigung für Verluste im Aargau und in der Waadt zugesprochen.

Heinrich XIII., Fürst von Reuß zu Greiz

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Als Mitarbeiter beschäftige Heilmann unwissentlich einen Agenten der Geheimpolizei, der ihm „wärmstens“ empfohlen worden war und der die Briefe Heilmanns abfing. Zahlreiche Dokumente aus der Hand Heilmanns fanden daher ihren Weg in die Unterlagen der Polizeihofstelle. Darin berichtete der Bieler Funktionär seinen Auftraggebern, seiner Frau und seinem Vater über den Fortgang der Verhandlungen in Wien. Im Februar 1815 scheint Heilmann Verdacht gegen seinen Mitarbeiter geschöpft zu haben, da ein Brief seines Vaters an ihn – entgegen den damals üblichen Gepflogenheiten – nicht geöffnet worden war. Heilmann folgerte daraus, dass der Inhalt des Schreibens den Behörden vielleicht schon bekannt gewesen sein könnte. Doch störte er sich wenig an dieser Praxis: Die ganze Welt könne wissen, was er denke, bemerkte er seinem Vater gegenüber. Nach dem Ende des Wiener Kongresses war Heilmann Amtsstatthalter von Nidau, Amtsrichter und bis 1829 Großrat in Bern. Im kantonalen Militärdienst bekleidete er den Rang eines Obersts. Tatsächlich ließ seine Faszination für das Militär auch in späteren Jahren nicht nach: Zwischen 1829 (oder 1831) und 1844 war er Oberst, später Hauptmann des in Neapel stationierten 4. Schweizer Regiments, das im Dienst des Königreichs beider Sizilien stand. Der stets auch historisch interessierte Heilmann – er galt als Philhellene – nutzte die in Süditalien gebotenen Möglichkeiten, um archäologische Studien zu betreiben, und wurde durch das Offizierskorps zum Direktor des Museums von Nola ernannt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Militärdienst 1845 gehörte er bis 1850 wieder dem Berner Großrat an.

Heinrich XIII., Fürst von Reuß zu Greiz

* 16. Februar 1747 (Greiz), + 29. Jänner 1817 (Greiz)

Am 28. Juni 1800 trat Heinrich XIII. die Herrschaft im Fürstentum Reuß ältere Linie an und stand als Generalfeldzeugmeister in österreichischen Diensten. Der Fürst war kein Anhänger Napoleons, trat aber dennoch dem Rheinbund bei. Beim Vorrücken der alliierten Truppen Ende Oktober 1813 wurde das Fürstentum aufgrund logistischer Verwirrungen und eigenmächtigem Handeln (→) Steins zunächst als feindlich angesehen und besetzt, konnte letztlich aber doch ohne Einschränkungen auf die Seite der Alliierten wechseln. Dies war nicht zuletzt dank der Unterstützung von Kaiser (→) Franz I. möglich, von welchem Heinrich seinen 1807 niedergelegten Generalsrang zurückerhielt. Als österreichischer Offizier wurde er nun zum Generalgouverneur im von den alliierten Truppen besetzten Generalgouvernement (vormals Großherzogtum) Frankfurt ernannt. Auf dem Wiener Kongress bewegte sich der Fürst aufgrund seiner Nähe zum Kaiser in den höchsten Gesellschaftskreisen. Die Ehre einer eigenen Schildwache blieb ihm allerdings trotz seiner guten Beziehungen versagt. In den Verhandlungen wurde

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er von (→) Wiese vertreten, der Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ war. Der Fürst erreichte schließlich, dass ihm Preußen einige kleinere Gebiete mit etwa 350 Einwohnern zur Grenzbereinigung abtrat.

Helfferich (Helfrich), Joseph Anton

* 18. Jänner 1762 (Miltenberg), + 26. März 1837 (Bamberg) Inoffizieller Vertreter des deutschen katholischen Klerus

Helfferich, der am 30. September 1814 in Wien eintraf, war katholischer Priester und Präbendar in Speyer und zählte neben (→) Wambold zu den „Oratoren der deutschen Kirche“. Helfferich und Wambold handelten im Auftrag verschiedener deutscher katholischer Bischöfe, Kapitel und Vikare und agierten im Namen des gesamten deutschen Klerus auf dem Wiener Kongress – allerdings ohne offizielles Mandat. Der ultramontanen Richtung zugehörig, hielten sie sich während ihres Aufenthalts in Wien im Umkreis des Redemptoristenpaters (→) Hofbauer und (→) Schlegels auf. Darüber hinaus waren sie im Beraterstab von (→) Con­salvi tätig. Entschieden traten sie gegen die Pläne zur Umgestaltung der deutschen Kirche auf, welche Karl Theodor von Dalberg und (→) Ignaz Heinrich von Wessenberg propagierten. Helfferich und Wambold forderten im Herbst 1814 in einer an das Deutsche Komitee gerichteten Denkschrift (welche auf einem Gutachten Schlegels aufbaute und Consalvi zuvor zur Genehmigung vorgelegt worden war) die Rückerstattung kirchlicher Güter sowie die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat. So sollten Bischöfe nicht vom Landesfürsten eingesetzt, sondern vorerst vom Papst ernannt werden. Wenn die kirchlichen Verhältnisse geordnet wären, sollten die Domkapitel die Bischöfe wählen dürfen. Begleitet und unterstützt wurde dieses Memorandum durch eine Note Consalvis. Eine zweite Denkschrift überreichen die Oratoren dem Deutschen Komitee im Frühjahr 1815. In diesem Dokument forderten sie ein Mitberatungsrecht der Kirche in „vaterländischen“ Angelegenheiten. Obwohl zahlreiche Signale auf eine günstige Aufnahme der Anliegen Consalvis und der Oratoren im Deutschen Komitee hindeuteten, brachte die Deutsche Bundesakte in ihrer Endfassung nicht das erhoffte Ergebnis – der Artikel betreffend die katholische Kirche in Deutschland, welcher in verschiedenen Entwürfen vorgesehen gewesen war, war ersatzlos gestrichen worden. Im Anschluss an den Kongress folgte Helfferich Consalvi nach Rom und setzte sich weiter für die Belange der deutschen Katholiken ein. 1821 wurde er Domkapitular des Erzbistums Bamberg.

Helwing, Friedrich Wilhelm

Helwing, Friedrich Wilhelm

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* 1758 (Lemgo), + verm. 1832

Vertreter des Fürstentums Lippe-Detmold

Helwing war neben Fürstin Pauline von Lippe-Detmold Vormund des minderjährigen Thronerben Prinz Ludwig. Darüber hinaus fungierte er als erster Kommissar der 1786 gegründeten Lippischen Leihekasse und übte dieses Amt über dreißig Jahre lang aus. Daneben trat er in die diplomatischen Dienste des Fürstentums Lippe-Detmold, das seit 1806 Mitglied des Rheinbunds war. Erst am 5. November 1813 sagte sich Fürstin Pauline, welche Napoleon bewunderte, vom Kaiser der Franzosen los. Als Regierungsrat wohnte Helwing ab Anfang Oktober 1814 dem Wiener Kongress bei und hatte seine Unterkunft in der Wollzeile 912. Er trat der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ bei und forderte in diesem Zusammenhang nicht nur die Zulassung zum Deutschen Komitee, sondern auch die Restauration der deutschen Kaiserwürde für das Haus Habsburg. Als Vertreter Lippe-Detmolds nahm Helwing im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees während dessen zweiter Sitzungsperiode teil und zählte zu den Mitunterzeichnern der Deutschen Bundesakte. Zwischen 1816 und 1818 vertrat Helwing als Bundestagsgesandter die Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen, Hohenzollern-Sigmaringen, Lippe-Detmold, Schaumburg-Lippe, Liechtenstein, Waldeck sowie beide Reuß in Frankfurt. Von 1829 bis zu seinem Ableben 1832 war er Staatsminister des Fürstentums Lippe-Detmold.

Hessen-Philippsthal, Ernst Konstantin, Erbprinz von

* 8. August 1771 (Philippsthal), + 25. Dezember 1849 (Meiningen)

Die Linie Hessen-Philippsthal hatte sich 1685 von der Linie Hessen-Kassel abgespalten, verfügte aber über keine eigenen Herrschaftsrechte. Als nachgeborener Sohn diente Ernst – wie bereits sein Vater – in der holländischen Armee und nahm 1796 seinen Abschied im Rang eines Oberstleutnants. Nachdem das Territorium des Hauses Hessen-Philippsthal 1806 von Frankreich besetzt und dem Königreich Westphalen zugeschlagen worden war, wurde Ernst der Großkammerherr von König Jérôme. Ernst traf am 27. Oktober 1814 mit seiner Familie und Gefolge in Wien ein und bezog eine Unterkunft in der Adlergasse 769. Über seine konkreten Aktivitäten ist wenig bekannt. Die Geheimpolizei berichtete von seiner antinapoleonischen Gesinnung und über den Umstand, dass er sich in Gesellschaft von Vertretern anderer mediatisierter Häuser aufhielt; so etwa der Fürstin

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

(→) Charlotte von ­Isenburg oder des Erbprinzen (→) Georg von Mecklenburg (-Strelitz). Nach dem Tod seines älteren Bruders Ludwig, der kinderlos geblieben war, wurde Ernst Landgraf von Hessen-Philippsthal. Er starb 1849 in Meiningen.

Hofbauer, Klemens Maria

* 26. Dezember 1751 (Taßwitz/Tasovice nad Dyjí), + 15. März 1820 (Wien) Redemptoristenpater in Wien und Lobbyist der katholischen Kirche

Der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Hofbauer studierte ab 1782 Philosophie und Theologie an der Universität Wien, nachdem er zuvor kurze Zeit als Eremit gelebt hatte. 1784 trat er in Rom in die Kongregation der Redemptoristen ein, 1785 folgten Ordensgelübde und Priesterweihe. Anschließend war Hofbauer in Wien tätig. Ab 1787 wirkte er an der deutschen Nationalkirche in Warschau, wo er eine umfassende karitative Tätigkeit entfaltete. Seit 1788 war er Generalvikar des Redemptoristenordens im Norden und versuchte in dieser Funktion erfolglos, Niederlassungsbewilligungen für die Redemptoristen in der Schweiz und in Süddeutschland zu erlangen. 1808 wurde die deutsche Nationalkirche in Warschau aufgehoben und Hofbauer übersiedelte nach Wien. Hier predigte er erst in der Minoritenkirche, seit 1813 in St. Ursula. Rasch gelang es ihm, eine Schar von Anhängern zu sammeln und sich als Mittelpunkt der katholischen Reformbewegung in Wien zu etablieren. Zu seinen Freunden und Anhängern zählten etwa (→) Schlegel oder Joseph von Eichendorff, die er in ihrem literarischen Schaffen beeinflusste. Auch (→) Werner war immer wieder im Umfeld des Redemptoristenpaters anzutreffen. Da Hofbauer ein entschiedener Anhänger Roms war, der entschlossen gegen den Josephinismus in Österreich ankämpfte, fanden auf dem Wiener Kongress die „Oratoren der Deutschen Kirche“, (→) Wambold und (→) Helfferich, in ihm einen Fürsprecher für ihre Anliegen. Dementsprechend engagierte sich Hofbauer gegen (→) Ignatz Heinrich von Wessenberg und dessen Ziel, eine nationale kirchliche Klammer für die deutschen Staaten zu schaffen. Als Berater von verschiedenen Seiten stark nachgefragt, arbeitete Hofbauer besonders intensiv mit (→) Consalvi und dem bayerischen Erbprinzen (→) Ludwig zusammen. Einer seiner größten Erfolge – den er allerdings nicht mehr erlebte – war es, dass Kaiser (→) Franz I. nach langwierigen Gesprächen 1820 die Bewilligung für die Niederlassung der Redemptoristen in Österreich erteilte. Als Kirche wurde ihnen Maria am Gestade in Wien zugewiesen. Hofbauer wurde 1888 selig- und 1909 heiliggesprochen und gilt als inoffizieller Stadtpatron Wiens.

Hoffmann, Johann Gottfried

Hoffmann, Johann Gottfried

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* 19. Juli 1765 (Breslau), + 12. November 1847 (Berlin) Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen

Nach Beendigung der Studien der Rechtswissenschaften, Naturwissenschaften und Mathematik in Halle, Leipzig und Königsberg trat Hoffmann 1788 die Stelle eines Hauslehrers in Memel an, wurde aber bald als Lehrkraft am Königsberger Collegium Fridericianum aufgenommen. Finanzielle Probleme zwangen ihn 1792 in die Privatwirtschaft zu wechseln, doch kehrte er 1798 ans Fridericianum zurück. Parallel zu seinem hauptberuflichen Schaffen veröffentlichte er vielbeachtete Aufsätze zum Thema Bautechnik, die ihm schließlich eine Anstellung als Bauassessor bei der Königsberger Kriegs- und Domänenkammer einbrachten. In dieser Funktion vertrat er in diversen Publikationen – unter anderem über die Notwendigkeit einer Reform der Gewerbeordnung sowie über eine potenzielle Neuordnung der preußischen Statistik – eine liberale Grundhaltung. 1807 erfolgte die Berufung Hoffmanns auf den Königsberger Lehrstuhl für Staatswissenschaften, im Jahr darauf wurde ihm das Amt eines Staatsrats in der Sektion Gewerbepolizei des Innenministeriums übertragen. In diesen Zeitraum fällt sein Mitwirken bei der Ausarbeitung bedeutender Reformgesetzesentwürfe. 1810 übernahm Hoffmann den Lehrstuhl für Staatswissenschaften an der neu gegründeten Berliner Universität. Beinahe zeitgleich wurde er zum Direktor des ebenfalls neu eingerichteten Statistischen Büros ernannt. Damit war er unmittelbar dem preußischen Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg unterstellt und konnte zunehmend dessen Vertrauen erlangen. Aufgrund seiner hohen fachlichen Qualifikation konsultierte ihn Hardenberg im Verlaufe der Koalitionskriege sowie am Wiener Kongress wiederholt in statistischen Fragen. Hoffmann traf am 15. oder 16. September 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier in der Johannesgasse 1027. Als Mitglied der Statistischen Kommission arbeitete er jene Bevölkerungstabellen aus, welche die Grundlage für die territoriale Neuordnung Europas bildeten. Zudem verfasste er – wahrscheinlich gemeinsam mit (→) Jordan – die später anonym publizierte Streitschrift „Preußen und Österreich“. Gesellschaftlich verkehrte Hoffmann unter anderem im Salon von (→) Fanny von Arnstein. Als Hoffmann im Jahr 1816 ins Außenministerium versetzt und 1817 als Vortragender Rat und stellvertretender Direktor in die 2. Abteilung des Staatsrats berufen wurde, sah er sich aus zeitlichen Gründen gezwungen, seine Professur niederzulegen. Nach seinem Ausscheiden aus dem Außenministerium 1821 nahm er sie aber wieder auf und bekleidete diese Position bis 1834. 1823/24 fungierte er gleichzeitig als Rektor der Berliner Universität. Hoffmann war wesentlich an der Ausarbeitung des preußischen Zollgesetzes von 1818 sowie an der Gestaltung von Gesetzesvorlagen in den Bereichen Steuer- und Münzwesen beteiligt, wobei

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er als einer der ersten deutschen Nationalökonomen für die Goldwährung eintrat. Daneben beschäftigte sich Hoffmann im wissenschaftlichen Rahmen mit der Renten- und Bevölkerungslehre. 1832 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften berufen. Hoffmann starb 1847 in Berlin.

Hornstein, Joseph Anton Marquard Fidel von

* 1746 (getauft Überlingen, 12. August 1746), + 28. August 1837 (Weiterdingen) Vertreter der ehemaligen schwäbischen Reichsritterschaft

Hornstein war Grundherr zu Hohenstoffeln, Herr zu Weiterdingen, Binningen, Hofwiesen und Storzeln. 1771 wurde er zum bischöflich Konstanzer Hofrath und Obervogt zu Bohlingen ernannt, 1775 zum fürstlich Fürstenbergischen Hofkammer-Präsidenten und schließlich zum k.k. Geheimen Rat. Hornstein vertrat auf dem Wiener Kongress die Interessen der ehemals reichsunmittelbaren schwäbischen Reichsritterschaft und setzte sich im Besonderen für die Belange des ehemaligen Ritterkantons Kraichgau ein. Gemeinsam mit (→) Zobel zu Giebelstadt, (→) Degenfeld und (→) Rüdt von Collenberg verfasste er im Dezember 1814 zwei Memoranden. Das erste Schriftstück befasste sich mit der Restitution der Reichserzstifte und Reichsstifte sowie des Deutschen Ordens und des Johanniterordens. In der zweiten Denkschrift forderten Hornstein und seine Mitstreiter die Zuziehung zu den Beratungen über die deutsche Verfassung, die Restitution der deutschen Kaiserwürde sowie die Einrichtung eines obersten Reichsgerichts und landständischer Verfassungen in den deutschen Ländern. Mehrere weitere Memoranden, in welchen sie die Restitution des Reichsadels sowie die Zulassung zum Deutschen Komitee forderten, legten die Vertreter der Reichsritterschaft zu Beginn des Jahres 1815 vor.

Hudelist, Josef von

* 18. Juli 1759 (Sankt Veit a. d. Glan), + 21. Oktober 1818 (Wien) Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Nach dem Schulbesuch in Salzburg und dem Studium in Wien trat Hudelist als Erzieher und Privatsekretär in den Dienst des Kardinalerzbischofs von Wien, Graf Migazzi, und wechselte 1785 in derselben Funktion an den Hof des österreichischen Kurienkardinals Graf Hrzan von Harras nach Rom. Im Jahr 1791 trat er das Amt des Botschaftssekretärs in Neapel an. Nach einem dreijährigen Urlaub in Wien ging Hudelist 1798 als Gesandtschaftssekretär nach Berlin, wo er 1799 die Position des Geschäftsträgers übernahm. Es folgte von 1801 bis 1803 ein Aufenthalt in St. Petersburg als Botschaftsrat, bevor er 1803 zum Wirklichen Hofrat bei der Staatskanzlei ernannt wurde und zurück nach Wien kam.

Humboldt, Wilhelm Christian Karl Ferdinand von

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(→) Metternich galt als großer Förderer von Hudelist und betraute ihn mit vielfältigen Aufgaben. So fungierte Hudelist beispielsweise als Notar bei den Hochzeiten von Kaiser (→) Franz I. mit (→) Maria Ludovika von Österreich-Este sowie von Erzherzogin (→) Marie Luise mit Napoleon. 1809 brachte er große Teile der Staatskanzleiregistratur und -kasse sowie des Haus-, Hof- und Staatsarchivs vor den Franzosen in Sicherheit. 1813 stieg der als äußerst fleißig geltende Hudelist zum Staats-und Konferenzrat auf. Er vertrat Metternich regelmäßig bei dessen Abwesenheit in der Leitung der Staatskanzlei. In dieser Funktion geriet er Anfang 1814 in Konflikt mit (→) Gentz, da ihm dessen Vorgehen in Zensurfragen zu liberal erschien. Überhaupt schätzte Hudelist Gentz wenig, hielt aber auf Metternichs Weisung hin engen Kontakt. Offizielle Verwendung im Rahmen der Kongressverhandlungen fand Hudelist in der ersten Redaktionskommission zur Vorbereitung der Schlussakte. Nach dem Kongress befasste sich Hudelist mit den Angelegenheiten der neuund wiedererworbenen österreichischen Provinzen und starb 1818, als er Metternich bei der Leitung der Staatskanzlei vertrat.

Humboldt, Wilhelm Christian Karl Ferdinand von * 22. Juni 1767 (Potsdam), + 8. April 1835 (Tegel) Vertreter des Königreichs Preußen

Humboldt erhielt eine sorgfältige Ausbildung durch Hauslehrer, bevor er in Frankfurt a. d. Oder und Göttingen Rechtswissenschaften studierte. Bereits in seiner Jugend besuchte er den einflussreichen Salon von Henriette Herz in Berlin, wo er die Bekanntschaft zahlreicher Denker und Schriftsteller jener Zeit machte. An der Universität Göttingen befasste er sich neben der Jurisprudenz auch mit Philosophie, Geschichte, Latein, Griechisch und Experimentalphysik – Fachrichtungen, die seinen Neigungen und Interessen entsprachen. Nur kurzzeitig war er im Staatsdienst beschäftigt, bevor er sich – nun gemeinsam mit seiner Frau Caroline, geb. von Dacheröden – mit Hingabe dem Studium der griechischen Antike widmete. Ende 1789 traf Humboldt erstmals mit Goethe und Schiller zusammen. Aus dieser Bekanntschaft entwickelte sich ab 1794, als Humboldt nach Jena übersiedelte, eine enge Zusammenarbeit. 1797 zog Humboldt für vier Jahre nach Paris. 1802 wurde er für sechs Jahre diplomatischer Repräsentant Preußens am Heiligen Stuhl. Seine Wohnung entwickelte sich in diesen Jahren zu einem der gesellschaftlichen Zentren Roms, wo sich Maler, Schriftsteller und Intellektuelle trafen. 1808 kehrte Humboldt nach Berlin zurück und übernahm 1809 widerwillig die Leitung der „Sektion des Kultus und des Unterrichts“ in der preußischen Regierung. Für diesen Posten hatte ihn (→) Stein nominiert. Zügig und zukunfts­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

orientiert reformierte Humboldt die Schul- und Universitätsbildung in Preußen, als deren Höhepunkt die Gründung der Universität Berlin 1809 gelten darf. Nach rund einem Jahr reichte Humboldt seine Entlassung ein und wurde in der Folge zum „außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister“ in Wien ernannt. Bereits in seiner Jugend hatte Humboldt (→) Metternichs engsten Mitarbeiter (→) Gentz kennengelernt. Dieser Umstand erleichterte ihm seine diplomatischen Aufgaben maßgeblich, da er ausgezeichnet über die politischen Absichten des österreichischen Außenministers in den Jahren 1811 bis 1814 informiert war. Während des Wiener Kongresses unterstützte Humboldt den preußischen Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg. Humboldt kam bereits am 8. August 1814 in Wien an. Zunächst quartierte er sich im „Römischen Kaiser“ ein und bezog später Räumlichkeiten in der Münzerstraße 620 (heute: Bauernmarkt). Das gesellschaftliche Treiben des Kongresses ablehnend, war Humboldt am Verhandlungstisch eine der zentralen Figuren. So war er in die Verhandlungen des Deutschen Komitees eingebunden, nahm aber auch an den Gesprächen der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Schweizer Kommission, der Abolitionskommission, der Rangkommission, der Bouillon-Kommission, der Akzessionskommission, der Flussschifffahrtskommission sowie der Redaktionskommission teil. Zahlreiche umfangreiche eigenhändige Denkschriften Humboldts sind in den Unterlagen des Wiener Kongresses überliefert und bezeugen sein großes Arbeitspensum. Sein Hauptinteresse und -engagement galt der Zukunft der deutschen Staaten. Das Verhältnis zwischen Humboldt und Hardenberg, aber auch zwischen Humboldt und Metternich, kühlte aufgrund ideologischer Gegensätze im Verlauf der Verhandlungen ab, sodass eine diplomatische Position in Wien nach dem Ende des Kongresses nicht mehr infrage kam. Humboldt verließ Wien am 20. Juni 1815 in Richtung Berlin. 1816 nahm er an den Anschlussverhandlungen über offene territoriale Fragen im Deutschen Bund in Frankfurt a. M. teil, 1816 erhielt er den Posten des preußischen Botschafters in London. Diese Position hatte er rund sechs Monate inne, bevor er sie auf eigenen Wunsch hin niederlegte, um als preußischer Vertreter beim Deutschen Bund aufzutreten. Doch auch diese Aufgabe erfüllte er nur kurze Zeit: 1819 wurde er Minister für ständische Angelegenheiten. In dieser Funktion war Humboldt zentral in die preußische Verfassungsdiskussionen involviert und unterbreitete König (→) Friedrich Wilhelm III. mehrere Entwürfe. Im Zuge seiner Proteste gegen die Demagogenverfolgung nach der Verabschiedung der Karlsbader Beschlüsse 1819 musste er von seinem Ministeramt Ende des Jahres zurücktreten. Humboldt zog sich daraufhin auf sein Gut in Tegel zurück, welches er in klassizistischem Stil von Karl Friedrich Schinkel umbauen ließ. Seine Zeit floss

Isabey, Jean-Baptiste

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­ berwiegend in die Beschäftigung mit Sprachstudien. So wurde Humboldt in ü seinem letzten Lebensabschnitt zum Begründer der vergleichenden Sprachforschung und -wissenschaft.

Isabey, Jean-Baptiste

* 11. April 1767 (Nancy), + 18. April 1855 (Paris)

Porträtist des Wiener Kongresses, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich

Der Schüler von Jacques Louis David avancierte unter Napoleon zu dessen Hofmaler, bevor er nach dem Sturz des Korsen in die Dienste der Bourbonen trat. Ab dem 28. September 1814 hielt sich Isabey als Mitglied der französischen Delegation in Wien auf und fertigte jenes Gemälde der Bevollmächtigten an, das durch den Kupferstich von Jean Godefroy die bekannteste Darstellung des Kongresses wurde. Sein Atelier hatte Isabey im heutigen zweiten Wiener Bezirk, in der Nähe des Kaffeehauses Jungling, gemietet. Dort empfing er die einzelnen Diplomaten und fertigte jeweils ein individuelles Porträt an, welches er dann in die Gesamtkomposition der Darstellung einfügte. Doch auch andere Persönlichkeiten des Kongresses, etwa (→) Katharina Bagration, ließen sich gerne von ihm abbilden. Angeblich fertigte Isabey während des Wiener Kongresses über 50 Porträts an. Regelmäßig veranstaltete er in seinem Atelier Empfänge, um den erlauchten Gästen seine Werke zu präsentieren. Darüber hinaus war Isabey auch in die Organisation verschiedener festlicher Veranstaltungen des Wiener Kongresses eingebunden: Am 9. Dezember 1814 war er an der Ausstattung von Tableaux vivantes des Wiener Hofes beteiligt, gemeinsam mit Charles Moreau zeichnete er für die Inszenierung der Trauerfeier für Ludwig XVI. am 21. Jänner 1815 verantwortlich. Der französische König Karl X. ernannte Isabey zum Offizier der Ehrenlegion, Napoleon III. sprach ihm eine Pension zu und verlieh ihm das Kommandeurs­ kreuz der Ehrenlegion.

Isenburg-Birstein, Charlotte Auguste Wilhelmine Fürstin von * 5. Juni 1777 (Erbach), + 21. Mai 1846 (Heidelberg)

Die Tochter des Grafen Franz I. von Erbach-Erbach heiratete 1795 Carl von Isenburg-Birstein, Erbprinz von Isenburg. Dieser trat 1803 die Regierung im Fürstentum Isenburg an. 1806 wurde Isenburg Mitglied des Rheinbunds, und Fürst Carl profilierte sich als getreuer Gefolgsmann Napoleons. Darüber hinaus zog er sich die persönliche Feindschaft von König (→) Friedrich Wilhelm III. zu, als er aus desertierten preußischen Soldaten sowie Kriegsgefangenen ein in französischem Sold stehendes Truppenkontingent schuf. Selbst nach der Niederlage Napoleons bei der Völkerschlacht bei Leipzig sagte sich Fürst Carl nicht von Frankreich los.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Stattdessen floh er, eine Bäderreise vortäuschend, nach Basel, um einer Gefangennahme zu entgehen. Das Fürstentum selbst wurde seit dem Spätherbst 1813 vom durch die alliierten Mächte eingesetzten Generalgouvernement des Großherzogtums Frankfurt mitverwaltet. Auf dem Wiener Kongress wurde das Fürstentum von Charlotte von Isenburg vertreten. Unterstützt wurde sie dabei durch ihren Bevollmächtigten (→) Pohl. Das Ziel der Fürstin war es, trotz der schwierigen Umstände die Souveränität der Herrschaft Isenburg zu bewahren. Dabei waren die Sukzessionsansprüche des Großherzogtums Hessen-Darmstadt ebenso abzuwehren wie die Gefahren, die aus einem angestrebten territorialen Ausgleich zwischen Österreich und Bayern für die Selbstständigkeit Isenburgs entstanden. Darüber hinaus galt es, eine von den Großmächten mitgetragene Lösung für die Begleichung der immensen, im Zuge der Napoleonischen Kriege entstandenen isenburgischen Staatsschuld zu erzielen. Die Fürstin traf Mitte September 1814 in Wien ein und wohnte in der Kärntnerstraße 1138. Gesellschaftlich verkehrte sie unter anderem mit (→) Stadion, in dessen Haus sich Vertreter verschiedener mediatisierter Häuser trafen. Nach langwierigen Verhandlungen erreichte Charlotte schließlich, dass ihr im März 1815 die Verwaltung des Fürstentums übertragen wurde. Allerdings konnte sie den endgültigen Verlust des Fürstentums nicht verhindern, obwohl sie noch kurz vor ihrer Abreise am 29. April 1815 eine außerordentliche Audienz bei Kaiser (→) Franz I. erreichte und ihre missliche Lage darstellte. Das Fürstentum wurde im Juni 1815 Österreich unterstellt, welches es 1816 an Kurfürst (→) Wilhelm I. von Hessen-Kassel abtrat. Charlotte von Isenburg-Birstein überlebte ihren Mann um mehr als 25 Jahre und starb 1846 in Heidelberg.

Jagemann, Franz Christian von * 1776, + 1866

Vertreter der Häuser Löwenstein-Wertheim-Rochefort und Löwenstein-Wertheim-Freudenberg

Der Geheime Justizrat Jagemann wurde 1814 zum Regierungsrat ernannt und vertrat während der Wiener Verhandlungen die mediatisierten Häuser Löwenstein-Wertheim-Rochefort und Löwenstein-Wertheim-Freudenberg. In dieser Funktion unterzeichnete er die „Rechtsverwahrung ehemaliger Reichsfürsten und Reichsgrafen gegen die sie betreffenden Bestimmungen der Deutschen Bundesakte“, bevor er am 11. Juni 1815 aus Wien in Richtung Wertheim abreiste.

Jassoy, Ludwig Daniel

Jassoy, Ludwig Daniel

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* 29. März 1768 (Hanau), + 3. Oktober 1831 (Frankfurt a. M.)

Vertreter des Kantons Graubünden, der Stadt Frankfurt a. M. und des Grafen Bentinck

Jassoy studierte Jura in Marburg und Göttingen und promovierte in Gießen. 1790 absolvierte er ein Praktikum am Reichskammergericht. Zeitgleich mit dem Beginn seiner Tätigkeit als Advokat wurde er im Jänner 1793 Stadtbürger von Frankfurt a. M. Hier bekleidete er 1812/13 den Posten eines Delegationsrats. Am Wiener Kongress vertrat Jassoy, gemeinsam mit (→) Gärtner, den Grafen Wilhelm Gustav Friedrich von Bentinck sowie, gemeinsam mit (→) Albertini, (→) Salis-Sils und (→) Salis, den Kanton Graubünden. Neben (→) Danz engagierte er sich für die Anliegen der Stadt Frankfurt a. M. Diese forderte auf dem Wiener Kongress die Bestätigung ihrer Rechte als Freie Stadt sowie ein Mitspracherecht bei der künftigen Ausgestaltung des Deutschen Bundes. Ein weiterer Verhandlungspunkt war der Rechtsstatus der Frankfurter Judenschaft. Graf Bentinck wiederum verlangte die Restitution seiner Herrschaftsrechte. Jassoys Aktivitäten für Graubünden standen wohl im Zusammenhang mit den Gesprächen über das Veltlin, das zwar historisch in engem Zusammenhang mit dem Kanton stand, schließlich aber an das österreichische Königreich Lombardo-Venetien fiel. Nach dem Ende des Wiener Kongresses leistete Jassoy als Vertreter der liberalen Frankfurter Bürgerschaft einen wesentlichen Beitrag zur Konstitutionsergänzungsakte von 1816, der Verfassung der Stadt Frankfurt bis 1866. Er war Vizepräsident der Gesetzgebenden Versammlung, publizierte facheinschlägige Schriften und beriet darüber hinaus das Haus Rothschild in Rechtsfragen. Auf diese finanzkräftige Verbindungen ist wohl der Umstand zurückzuführen, dass Jassoy während des Wiener Kongresses unbegrenzten Kredit genoss. Bei seinem Tod hinterließ der als Lebemann bekannte Jassoy dennoch nur Schulden.

Johann I. Joseph, Fürst von und zu Liechtenstein * 26. Juni 1760 (Wien), + 20. April 1836 (Wien)

Johann von und zu Liechtenstein stand zwischen 1782 und 1810 in österreichischen Militärdiensten. 1805 trat er nach dem Tod seines Bruders die Regierung im Fürstentum Liechtenstein an, das er jedoch Zeit seines Lebens nie besuchte. 1806 wurde Liechtenstein auf persönliches Betreiben Napoleons, der den Fürsten 1805 kennen- und schätzen gelernt hatte, Teil des Rheinbunds. Kurioserweise war der Fürst darüber nicht informiert und setzte auch nie seine Unterschrift unter die Rheinbundakte. Allerdings konnte auf diesem Weg die staatliche Souveränität Liechtensteins gegen bayerische Annexionsbestrebungen erhalten werden. Um trotz der Zugehörigkeit zum Rheinbund weiterhin in österreichischen

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

­ iensten stehen zu können, übergab Johann die Regierung formal an seinen dreiD jährigen Sohn Karl. 1809 wurde er zum Feldmarschall und Oberbefehlshaber der österreichischen Armee ernannt. Nach dem Frieden von Schönbrunn, an dessen Verhandlung er, unterstützt von (→) Barbier, beteiligt gewesen war, quittierte er jedoch 1810 den Militärdienst. Als sich 1813 die Niederlage Napoleons abzeichnete, schloss sich Liechtenstein den Alliierten an und übernahm die Regierung auch formal wieder selbst. Auf dem Wiener Kongress vertrat Johann, der in Wien seinen Wohnsitz und großen Einfluss hatte, seine Interessen zunächst persönlich. In erster Linie kämpfte er um den Erhalt der staatlichen Souveränität Liechtensteins. Erst ab Ende Februar 1815 entschloss er sich, den reußischen Gesandten (→) Wiese mit den Belangen des Fürstentums zu betrauen. Nun wurde Liechtenstein Mitglied der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“. Tatsächlich gelang es, die Souveränität Liechtensteins zu erhalten, das ab 1815 Mitglied des Deutschen Bundes war. Aufgrund seiner Rolle bei den Friedensschlüssen von 1805 und 1809 sah sich der Fürst während des Kongresses immer wieder Schmähungen von verschiedenen Seiten ausgesetzt. Bei Zar (→) Alexander I. stand er in Misskredit. Nach seinem Tod 1836 wurde Johann I. Joseph Fürst von und zu Liechtenstein in der Familiengruft in Wranau/Vranov beigesetzt.

Jordan, Johann Ludwig

* 3. September 1773 (Berlin), + 4. September 1848 (Dresden) Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen

Der aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Jordan übersiedelte nach dem Besuch des französischen Gymnasiums in Berlin nach Halle, um sich dem Studium der Rechte zu widmen. Nach dem Abschluss seiner Ausbildung arbeitete er zunächst bei der sogenannten französischen Justizkammer in Berlin, ehe er auf Empfehlung des Staatsministers Thulemeyer im Jahr 1799 eine Anstellung im preußischen Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten und den Titel eines Geheimsekretärs erhielt. Nach der Ernennung zum Kriegsrat 1802 nahm Jordan regelmäßig an Verhandlungen mit Frankreich teil. Mit der Neuorganisation des Ministeriums war für Jordan 1809 die Beförderung zum Geheimen Kriegsrat und zum Sektionschef verbunden. Im September 1810 wurde Jordan auf Betreiben des nunmehrigen Staatskanzlers (→) Karl August von Hardenberg, der ihn förderte, als Staatsrat eingesetzt. Jordan, der bereits an den Verhandlungen zum Ersten Pariser Frieden teilgenommen hatte, traf am 21. September 1814 in Wien ein und bezog, ebenso wie Hardenberg, eine Unterkunft am Graben 1188. Er arbeitete während des Kongresses eng mit dem preußischen Staatskanzler zusammen, beriet ihn insbe-

Kapodistrias, Johannes Anton Graf

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sondere im Zusammenhang mit der polnisch-sächsischen Frage und versuchte, in dieser Angelegenheit zwischen Österreich und Preußen zu vermitteln. Des Weiteren vertrat Jordan Preußen in der Statistischen Kommission sowie der (ersten) Redaktionskommission. Gesellschaftlich verkehrte Jordan im Salon von (→) Fanny von Arnstein. Er verließ Wien am 29. Mai 1815 in Richtung Berlin. Nachdem Jordan bereits 1814 zum Geheimen Legationsrat ernannt worden war, erhob ihn König (→) Friedrich Wilhelm III. knapp zwei Jahre später in den Adelsstand. Jordans weitere diplomatische Missionen führten ihn unter anderem nach Warschau und Wien. 1819 übernahm er den Gesandtschaftsposten am königlich sächsischen Hofe in Dresden, den er bis kurz vor seinem Tod im September 1848 innehatte.

Kapodistrias, Johannes Anton Graf

* 11. Februar 1776 (Korfu), + 9. Oktober 1831 (Nafplio) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Kapodistrias, in den Quellen auch häufig als Capodistrias oder Capo d’Istrias verschriftlicht, wurde auf Korfu geboren. Nach dem Studium der Medizin, der Rechte sowie der Philosophie in Padua und Venedig kehrte er auf die Insel zurück, um hier als Arzt seinen Lebensunterhalt zu verdienen. 1797 besetzte Napoleon Venedig und in der Folge auch die Ionischen Inseln, die damals einen Teil der Serenissima darstellten. 1799 wurden die Inseln von russischen und osmanischen Truppen erobert und als selbstständiger Staat unter dem Namen „Republik der Sieben Inseln“ organisiert. In der neuen Republik fungierte Kapodistrias als Ministerpräsident. Bis zur erneuten Besetzung der ­Ionischen Inseln durch napoleonische Truppen 1807 befasste sich Kapodistrias vor allem mit Reformen im öffentlichen Sektor. 1809 trat Kapodistrias in den diplomatischen Dienst Russlands ein. Seine erste wichtige Mission führte ihn 1813 in die Schweiz, wo er erfolgreich den Beitritt der Eidgenossenschaft zur antinapoleonischen Allianz verhandelte. Zum Wiener Kongress traf Kapodistrias am 2. Oktober 1814 ein und bezog eine Wohnung auf der außerhalb der Innenstadt gelegenen Landstraße 304. Seine Abreise erfolgte am 4. Juni 1815. Gemeinsam mit den weiteren russischen Delegierten, unter anderem (→) Razumovskij, (→) Nesselrode, (→) Stackelberg und dem Sekretär (→) Anstett, setzte er sich für die Belange Zar (→) Alexanders I. ein. So war Kapodistrias Mitglied der Vierer-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Schweizer Kommission sowie der (ersten) Redaktionskommission. Darüber hinaus befasste er sich mit den Ionischen Inseln und engagierte sich erfolgreich für die Wiederherstellung der „Republik der Sieben Inseln“, welche unter britischem Schutz stehen sollte.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Kapodistrias frequentierte den Salon von (→) Fanny von Arnstein. In österreichischen Kreisen genoss er allerdings den zweifelhaften Ruf eines Intriganten. Während, aber auch nach dem Wiener Kongress, zählte er zu den prononciertesten Kritikern von (→) Metternichs Italienpolitik – doch auch der österreichische Außenminister konnte den liberalen Grundsätzen des russischen Diplomaten keine positiven Aspekte abgewinnen. Aufgrund seiner Leistungen während des Wiener Kongresses ernannte Zar Alexander I. Kapodistrias 1816 zu seinem Außenminister – eine Verantwortung, welche dieser fortan mit Nesselrode teilte. In dieser Funktion nahm Kapodistrias an den Mächtekongressen von Aachen (1818), Troppau/Opava (1820) und Laibach/Ljubljana (1821) teil. Trotz der zahlreichen Aufgaben als russischer Außenminister zeigte Kapodistrias großes Interesse am Schicksal Korfus und unterstützte die griechische Unabhängigkeitsbewegung. Bereits 1815 fungierte er als Obmann der 1812 in Athen gegründeten „Société philomuse“, welche auch in Wien mehrere Mitglieder hatte. Es gelang ihm aber nicht, Zar Alexander 1821 zu einer Intervention im Osmanischen Reich zugunsten der Griechen zu bewegen. 1822 legte er daher das Amt des Außenministers nieder. 1827 wählte ihn die griechische Nationalversammlung zum ersten Staatsoberhaupt des neuen Staates Griechenland. Kapodistrias’ reformorientiertes und zunehmend autokratisches Regime war allerdings unter den traditionellen Kräften Griechenlands umstritten. Auch Großbritannien entzog ihm aufgrund seiner russlandfreundlichen Haltung zunehmend die Unterstützung. Es flammten regionale Rebellionen auf. Als Kapodistrias daraufhin einen der Anführer der Aufständischen verhaften ließ, wurde er von dessen Bruder und dessen Sohn ermordet.

Karl August, (Groß-)Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach

* 3. September 1757 (Weimar), + 14. Juni 1828 (Schloss Graditz bei Torgau)

Karl August, dessen Vater bereits 1758 verstorben war, wuchs am sogenannten Weimarer Musenhof auf. Seine enge persönliche Freundschaft mit Goethe, dem er hohe Regierungsämter übertrug, prägte das Herzogtum. Politisch profilierte sich Karl August, indem er sich in dem von Friedrich II. von Preußen initiierten Fürstenbund engagierte und für eine umfassende Reichsreform eintrat. In Sachsen-Weimar-Eisenach verfolgte er eine liberale Politik, förderte Freimaurerlogen und stand der Gründung von Burschenschaften nicht im Wege. Seine ersten militärischen Erfahrungen sammelte der Herzog 1787 anlässlich des preußischen Einmarschs in den Vereinigten Niederlanden. Im Zuge dieser Invasion wurde er zum Leiter des preußischen Kürassierregiments „von Rohr“ Nr. 6

Karl August, (Groß-)Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach

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ernannt. Mit diesem nahm Karl August am 1. Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich teil. Auch an der Schlacht von Jena und Auerstedt war Karl August beteiligt. Im Zuge der preußischen Niederlage wurde das Herzogtum schwer durch Plünderungen in Mitleidenschaft gezogen. Einer Absetzung durch Napoleon entging Karl August aufgrund der Tatsache, dass seine Schwiegertochter (→) Maria Pavlovna eine Schwester von Zar (→) Alexander I. war. Mit diesem hoffte Napoleon 1807 ein Bündnis zu schließen, weshalb eine milde Behandlung von Sachsen-Weimar-Eisenach angeraten schien. Das Herzogtum musste allerdings dem Rheinbund beitreten. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 wechselte der Herzog in das Lager der Alliierten und erhielt den Oberbefehl über das 3. deutsche Armeekorps, dann über die Truppen in den Niederlanden. Karl August kam am 17. September 1814 zum Kongress in Wien an und bezog eine Unterkunft in der Müllerschen Galerie. Ebenfalls in Wien anwesend war Maria Pavlovna. In den politischen Gesprächen verhandelten (→) Gersdorff und (→) Minkwitz im Auftrag des Herzogs. Sie engagierten sich in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ und zeigten in diesen Verhandlungen stets eine preußenfreundliche Haltung. Diese politische Positionierung ist auf die Hoffnungen Karl Augusts zurückzuführen, sein Herrschaftsgebiet auf Kosten Sachsens, Erfurts und Fuldas erheblich zu vergrößern, wozu er der direkten Unterstützung der Hohenzollern bedurfte. Um Preußen nicht zu verärgern, entzog der Herzog König (→) Friedrich August I. von Sachsen seine anfängliche Unterstützung. Einen weiteren Fürsprecher fand der Herzog aufgrund der engen verwandtschaftlichen Beziehungen in Zar Alexander. Tatsächlich konnte Karl August seine Absichten hinsichtlich einer territorialen Vergrößerung seines Herrschaftsgebiets durchsetzen: Er gewann etwa 1700 km2. Zudem wurde ihm der Großherzogs-Titel zugesprochen. Der Herzog nutzte die Zeit in Wien, um seine künstlerischen und wissenschaftlichen Interessen zu pflegen. So besuchte er mehrfach die kaiserlichen Sammlungen sowie die Hofbibliothek. Weniger Gefallen fand er am rauen Wiener Klima und dem Umstand, dass die Straßen der Wiener Vorstädte nicht gepflastert waren. Der Großherzog verließ Wien am 2. Juni 1815. Entsprechend den in der Deutschen Bundesakte niedergelegten Beschlüssen erließ Karl August eine landständische Verfassung in Sachsen-Weimar-Eisenach, in welcher unter anderem das Recht auf Pressefreiheit verankert war. In seinem Herrschaftsgebiet fand 1817 das von Jenaer Studenten initiierte Wartburgfest statt. Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 schränkten die Möglichkeiten des Großherzogs, eine vergleichsweise liberale Politik zu praktizieren, jedoch massiv ein. Außenpolitisch hielt der Großherzog an der auf dem Wiener Kongress eingeschlagenen Linie der Kooperation mit Preußen und Russland fest. Karl August starb 1828 auf Schloss Graditz bei Torgau.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Karl Ludwig Friedrich, Großherzog von Baden

* 8. Juni 1786 (Karlsruhe), + 8. Dezember 1818 (Rastatt)

Nach dem Tod seines Großvaters, Großherzog Karl Friedrich, trat Karl 1811 mit 25 Jahren die Regierung an, da sein Vater bereits 1801 gestorben war. Der junge Großherzog galt als schwach und farblos. Er hatte die gewaltigen Aufgaben seines Vorgängers fortzusetzen, der hohen Staatsverschuldung Herr zu werden und die zahlreichen, in der napoleonischen Zeit hinzugewonnenen Gebietsteile in den badischen Staat zu integrieren. Angesichts der engen Bindung an Frankreich erfolgte der Wechsel auf die Seite der Alliierten 1813 erst nach langem Zögern Karls. Eine Trennung von seiner Frau Stéphanie, der Adoptivtochter Napoleons, mit welcher er 1806 gegen seinen Willen vermählt worden war, lehnte Karl jedoch ab. In Wien traf der Großherzog am 2. Oktober 1814 ein und bezog ein Quartier am Bauernmarkt 617. Fünf badische Bevollmächtigte traten bei den Verhandlungen in den Vordergrund: Innenminister (→) Berckheim, (→) Berstett, (→) Sensburg, (→) Hacke und (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein. Während des Wiener Kongresses nahm der Großherzog an zahlreichen Festlichkeiten teil, genoss die Vorteile und Vergnügungseinrichtungen einer Großstadt und pflegte eine enge Beziehung zur bekannten Kurtisane Rosalie Morel. Wenig Interesse und Geschick brachte er allerdings für politische Fragen auf. Alle wichtigen Schriftstücke gingen über den Schreibtisch seines Vertrauten Sensburg, auf dessen Urteil Karl großen Wert legte und der das alleinige Recht des Vortrags hatte. Primäres Anliegen Badens beim Kongress war die Verteidigung der Integrität des Landes gegen österreichische und bayerische Ansprüche. Vorteilhaft erwies sich dabei für den Großherzog, dass seine Schwester (→) Elisabeth den russischen Zaren geheiratet hatte – Russland nahm Baden in Schutz. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten – weniger dank der badischen Diplomatie als vielmehr aufgrund der Interessenslage der Großmächte. Noch von Wien aus erteilte Karl der Regierung in Karlsruhe den Befehl, eine Verfassung für das Großherzogtum auszuarbeiten, die schließlich am 22. August 1818 in Kraft trat. Er starb noch im selben Jahr kinderlos, hatte jedoch rechtzeitig das Thronfolgerecht für die Kinder seines Großvaters aus dessen zweiter Ehe festgeschrieben.

Karl Theodor Maximilian, Prinz von Bayern

* 7. Juli 1795 (Mannheim), + 16. August 1875 (Tegernsee)

Von Kindheit an für eine militärische Laufbahn bestimmt und durch eine entsprechende Erziehung vorbereitet, wurde der Prinz 1813 zum Generalmajor und

Katharina Pavlovna, Großfürstin von Russland

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­ rigadier der Infanterie in der bayerischen Armee ernannt. Er kämpfte beinahe in B allen Schlachten, zu welchen es im Zuge des 6. Koalitionskriegs gegen Frankreich kam. 1814 nahm Prinz Karl gemeinsam mit seinem Vater, König (→) Maximilian I. Joseph, sowie seinem Bruder, Erbprinz (→) Ludwig, am Wiener Kongress teil. Zusammen mit den anderen Mitgliedern seiner Familie traf er am 28. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog eine Unterkunft im Reichskanzleitrakt der Hofburg. Politisch trat der Prinz während der Verhandlungen nicht in Erscheinung. Aufsehen erregten jedoch sein Lebenswandel und seine Liebschaften. Er galt der Geheimpolizei als „Muster der Ausgelassenheit“ und verbrachte im Herbst 1814 viel Zeit in den Gemächern der Fürstin (→) Bagration. Nach dem Wiener Kongress zog er durch eine morganatische Eheschließung mit Marie-Anne-Sophie Petin die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich. Die griechische Krone, die ihm 1831 angeboten wurde, lehnte er ab. Nach dem Tod (→) Wredes im Jahr 1838 übernahm Prinz Karl die Leitung der bayerischen Armee. 1841 ernannte ihn König Ludwig I. zum Feldmarschall und Generalinspektor der Truppen. 1860 erhielt Prinz Karl den Oberbefehl über das 7. Deutsche Bundesarmeecorps. In dieser Funktion nahm er auch am preußisch-österreichischen Krieg von 1866 teil und hatte dabei nicht nur den Oberbefehl über die bayerische Armee, sondern auch über die anderen süddeutschen Bundestruppen inne. Nach der Niederlage Österreichs und seiner Verbündeten legte er am 2. September 1866 das Kommando zurück und zog sich, verletzt durch heftige Kritik an seiner Truppenführung, nach Tegernsee zurück, wo er 1875 starb.

Katharina Pavlovna, Großfürstin von Russland

* 21. Mai 1788 (Zarskoje Selo), + 9. Jänner 1819 (Stuttgart) Verwitwete Herzogin von Oldenburg

Die Schwester von Zar (→) Alexander I. wurde 1809 mit Herzog Georg von Oldenburg verheiratet, der bereits 1812 verstarb. Katharina traf am 25. September 1814 in Wien ein und wohnte, wie ihre Geschwister Zar Alexander I. und (→) Maria Pavlovna, Schwiegertochter von (→) Karl August von Sachsen-Weimar-Eisenach, in der Hofburg. In den politischen Verhandlungen wurde Oldenburg von (→) Maltzahn vertreten. Zentrale Anliegen der Herzogin waren eine territoriale Vergrößerung, etwa durch das Fürstentum Ostfriesland, das Amt Meppen oder verschiedene hannoversche Ämter, sowie die Wiedereinführung des 1803 aufgehobenen Weserzolls. Die territorialen Ansprüche konnten letztlich nur teilweise durchgesetzt werden; lediglich ein ­Landstrich

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

im Hunsrück mit 20.000 Einwohnern – das spätere Fürstentum Birkenfeld – wurde Oldenburg in der Wiener Kongressakte zugesprochen. Darüber hinaus wurde das Herzogtum zum Großherzogtum erhoben. Während des Kongresses sorgte Katharina durch ihr selbstbewusstes Auftreten und ihren angeblichen Einfluss auf Zar Alexander für Gesprächsstoff. Auch ihre Heiratspläne erregten Aufsehen: War erst eine Eheschließung mit dem österreichischen Erzherzog Karl im Gespräch, entschied sich Katharina schließlich doch für Erbprinz (→) Wilhelm von Württemberg als zukünftigen Ehemann. Auf österreichischer Seite stieß diese Entscheidung aufgrund des dadurch wachsenden russischen Einflusses in den deutschen Staaten auf Ablehnung. Die verschiedenen Heiratsprojekte gaben Anlass zu spöttischen Kommentaren des Publikums: „Elle aime tout.“ Katharina reiste am 28. Mai 1815, am selben Tag wie ihre Schwester Maria, aus Wien ab und heiratete am 24. Jänner 1816 in St. Petersburg Wilhelm. Nach dem Tod von König (→) Friedrich I. im Oktober 1816 erlangte sie als Königin von Württemberg große Bekanntheit für ihr soziales Engagement. Als sie 1819 starb, errichtete ihr Ehemann ein Mausoleum auf dem Rotenberg bei Stuttgart.

Keller, Dorotheus Ludwig Christoph Graf von

* 19. Februar 1757 (Stedten an der Gera, nach anderen Angaben Gotha), + 22. November 1827 (Stedten an der Gera)

Vertreter des Kurfürstentums Hessen-Kassel, inoffizieller Vertreter des Herzogtums Braunschweig

Keller studierte zwischen 1773 und 1776 Rechtswissenschaften in Göttingen und Straßburg. 1777 wurde er zum preußischen Legationsrat ernannt. Er trat in den diplomatischen Dienst ein und fungierte in Stockholm (1779–1785), St. Petersburg (1786–1789), Den Haag (1790–1795) und Wien (1797–1805) als preußischer Gesandter. 1789 wurde er in den Grafenstand erhoben. Seit seiner Jugend war Keller mit Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg befreundet, in dessen Dienste er 1807/08 trat. In der Folge war er 1808 an der Ausrichtung und Umsetzung des Erfurter Fürstenkongresses beteiligt und gehörte der Finanzkommission des Königreichs Westphalen an. 1811 fungierte er als Pariser Sonderbotschafter des inzwischen von Dalberg regierten Großherzogtums Frankfurt. Nach der Auflösung des Großherzogtums Frankfurt 1813 trat Keller in die Dienste des Kurfürsten (→) Wilhelm I. von Hessen-Kassel und begleitete in dessen Entourage das Hauptquartier der alliierten Mächte nach Paris. Während dieser Monate entwickelten sich enge Kontakte zu Bevollmächtigten anderer mindermächtiger deutscher Staaten.

Kesselstadt, Franz Graf von

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Während des Wiener Kongresses bewohnte Keller eine Wohnung in der Alleegasse 79 im Stadtteil Wieden. Vorrangiges Ziel des Kurfürsten von Hessen-Kassel, der auf dem Wiener Kongress neben Keller von (→) Lepel vertreten wurde, war der Gewinn einer territorialen Kompensation für seinen Einsatz gegen Napoleon. In der Tat wurden dem Herrscher Territorialgewinne zugesprochen. Lagen diese auch unter seinen Erwartungen, so gelang es doch zumindest, eine Verbindung zwischen dem althessischen Gebiet und Hanau zu schaffen. Für das neuerworbene Fulda nahm Kurfürst Wilhelm I. aus eigener Machtvollkommenheit den Titel eines Großherzogs an. Keller zählte, ebenso wie Kurfürst Wilhelm, zum Kreis der Befürworter der Restitution der römisch-deutschen Kaiserwürde für das Haus Habsburg. In der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ nahm er eine zentrale Position ein. Als einziges Mitglied des Zusammenschlusses führte er den Grafentitel, was ihm im aristokratisch geprägten Milieu der Diplomaten und Staatsmänner Vorteile verschaffte. Aber auch politisch spielte er eine herausragende Rolle. So fungierte er als Sprecher dieser Vereinigung bei Audienzen mit (→) Metternich, in welchen er die Wiedererrichtung der Kaiserwürde und ein Mitspracherecht im Deutschen Komitee forderte. Auch war er Mitglied jener fünfköpfigen Delegation der Vereinigung, welche über den Beitritt der mindermächtigen Staaten zu der am 25. März 1815 gegen Napoleon geschlossenen Allianz verhandelte. An den Beratungen des Deutschen Komitees nahm Keller seit dem 23. Mai 1815 teil. Nachdem der Bevollmächtigte Braunschweigs, (→) Schmidt-Phiseldeck, bereits Ende Mai aus Wien abreiste, vertrat Keller diesen im Deutschen Komitee. Darüber hinaus war Keller Mitglied der Flussschifffahrtskommission. Nach dem Wiener Kongress trat Keller wieder in preußische Dienste und fungierte zwischen 1816 und 1817 als erster Präsident des Regierungsbezirks Erfurt. Zeitgleich war er Präsident der Erfurter Akademie gemeinnütziger Wissenschaften. Keller starb 1827 in Stedten an der Gera.

Kesselstadt, Franz Graf von

* 18. September 1753 (Trier), + 18. November 1841 (Mainz) Vertreter der Stadt Mainz

Kesselstadt entstammte einer seit Generationen in kurtrierischen Diensten stehenden Familie. Bereits mit sieben Jahren wurde er Mainzer Domherr. Zwischen 1770 und 1774 studierte er in Wien, Nancy und Straßburg Rechtsgeschichte und Finanzwissenschaften. 1778 wurde Kesselstadt zum Kapitular des Mainzer Erzstifts ernannt. Zudem war er Mitglied des Mainzer Stadtrats. 1814 entsandte die Stadt Mainz Kesselstadt gemeinsam mit (→) Mappes und (→) Hadamar zum Wiener Kongress. Kesselstadt war der nominelle Leiter der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Deputation. Seine weitreichenden Verbindungen und seine Verwandtschaft mit der Familie (→) Metternich sollten der Mainzer Abordnung von Nutzen sein. Gemeinsam bezogen die Deputationsmitglieder, die am 8. September 1814 in Wien eintrafen, ein Quartier am Kohlmarkt 298. Die Finanzierung der Mission stand auf wackeligen Beinen, da die provisorische Administration in Mainz die Übernahme der Kosten ablehnte. Sie bürdete diese stattdessen zur Hälfte der Stadtkasse und zur Hälfte dem Mainzer Handelsstand, der eigens eine Steuer entrichten musste, auf. Allerdings war der genehmigte Betrag viel zu gering bemessen, sodass die Deputation nur mühsam über die Runden kam. Die Hauptaufgabe der Deputation bestand darin, das Stapelrecht der an der Mündung des Mains in den Rhein gelegenen Stadt zu sichern. Diese Frage wurde in der Flussschifffahrtskommission verhandelt. Der Wiener Kongress beschloss in dieser Angelegenheit keine endgültige Regelung; allerdings bekannten sich die Mitglieder der Kommission zu den Grundsätzen der freien Flussschifffahrt und legten den Grundstein für die Errichtung der Zentralkommission für die Flussschifffahrt in Mainz. Die Mainzer Deputierten verfassten im Zusammenhang mit ihren Anliegen mehrere Denkschriften und Noten und absolvierten zahlreiche Besuche. Neben der Frage des Stapelrechts setzten sie sich für eine Erleichterung der Einquartierungslast durch preußische und österreichische Truppen sowie für Kompensationen für erzwungene Weinlieferungen an die Franzosen ein und sondierten, welchem Landesherr Mainz in Zukunft zugeschlagen werden sollte. Sie schickten fast wöchentlich Berichte in die Heimatstadt. In keinem ihrer Anliegen kam die Deputation allerdings zu einem zufriedenstellenden Ergebnis. Kesselstadt verließ Wien am 10. oder 11. April 1815. Der Nachwelt ist er in erster Linie als passionierter Kunstsammler und Mäzen bekannt. Im Laufe seines Lebens sammelte er eine Vielzahl an Gemälden aus der niederländischen und deutschen Schule. Zudem versuchte er sich selbst als Maler. Kesselstadt verstarb 1841 in Mainz.

Ketelhodt, Friedrich Wilhelm von * 1766, + 1836

Vertreter des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt

Ketelhodt studierte zwischen 1781 und 1785 in Jena und Göttingen Rechtswissenschaften, bevor er zum Kammerjunker und Regierungsassessor in Schwarzburg-Rudolstadt ernannt wurde. Nach einer raschen Karriere folgte er schließlich 1805 seinem Vater als Kanzler und Konsistorialpräsident. 1814/15 vertrat er das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt auf dem Wiener Kongress. In Wien traf er am 23. oder 24. September 1814 ein und bezog ein Quartier in

Kirchbauer, Franz Aloys von

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der Weihburggasse 982. Seine primäre Aufgabe bestand darin, die Souveränität Schwarzburg-Rudolstadts zu erhalten. Zudem waren mehrere Ämter zwischen dem Fürstentum und Sachsen strittig. Politisch lehnte sich Ketelhodt an Preußen an. Nur zögerlich integrierte er sich in die „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. Vor deren Zusammenkunft anlässlich der Konstituierung des Deutschen Komitees am 14. Oktober 1814 etwa fragte er im Vorfeld bei (→) Humboldt an, ob seine Teilnahme an dem Treffen opportun sei. In der Folge entpuppte sich Ketelhodt als der beste Informant Humboldts aus dem Kreis der Vertreter der mindermächtigen Staaten. Entsprechend kritisch stand Ketelhodt auch den Wünschen einiger Vertreter der Mindermächtigen nach einem (österreichischen) Kaiser für den zu schaffenden Deutschen Bund gegenüber. Im Frühjahr 1815 vertrat Ketelhodt Schwarzburg-Rudolstadt im Deutschen Komitee während dessen zweiter Sitzungsperiode. Es gelang ihm, die Souveränität Schwarzburg-Rudolstadts zu sichern. Die strittigen Ämter kamen durch die Teilung Sachsens an Preußen. Trotz des engen Verhältnisses zu Berlin konnte Ketelhodt diese territorialen Fragen aber nicht schon während des Kongresses bereinigen. Erst spätere Verhandlungen führten zu einem Kompromiss, der den Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt nur bedingt befriedigte. Ketelhodt verließ Wien am 11. Juni 1815 in Richtung Rudolstadt. Zwischen 1827 und 1836 fungierte er dort als Geheimer Rat, Kanzler und Konsistorialpräsident, 1829 war er Leiter des Geheimen Ratskollegiums.

Kirchbauer, Franz Aloys von + 1825

Vertreter des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen

Kirchbauer war lange Jahre Reichshofratsagent und hatte 1792 vom Kaiser ein Reichsritter-Diplom erhalten, bevor er als Geheimer Legationsrat in die Dienste des Fürsten (→) Anton Aloys von Hohenzollern-Sigmaringen trat und als dessen Bevollmächtigter am Wiener Kongress agierte. Seine Wohnung hatte Kirchbauer im Schottenhof, Stiege 11, Nr. 143. Hohenzollern-Sigmaringen lehnte sich politisch während des Wiener Kongresses eng an das verwandtschaftlich verbundene Preußen an. Eine eigenständige Politik hätte die erhoffte Unterstützung gefährden können. Aus diesem Grund nahm Kirchbauer eine ablehnende Haltung in der Frage der deutschen Kaiserkrone für das Haus Habsburg ein (auch wenn er die entsprechenden Noten mit unterzeichnete) und hielt sich in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ politisch zurück. So nahm er beispielsweise nicht an deren erstem Treffen am 14. Oktober 1814 teil. Bei der Wahl der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

­ eputierten für das Deutsche Komitee am 31. März 1815 erhielt er keine einzige D Stimme. Allerdings vertrat er Hohenzollern-Sigmaringen dennoch ab dem Frühjahr 1815 in der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees. Die Ergebnisse des Wiener Kongresses waren für das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen positiv: Seine Souveränität wurde anerkannt, zudem wurden Besitzungen in Bayern und den Niederlanden restituiert. Kirchbauer blieb nach dem Kongress als Gesandter Hohenzollern-Sigmaringens in Wien.

Klüber, Johann Ludwig

* 10. November 1762 (Tann/Rhön), + 16. Februar 1837 (Frankfurt a. M.) Mitglied der Delegation des Großherzogtums Baden

Klüber studierte ab 1770 in Erlangen, Gießen und Leipzig Rechtswissenschaften. Nach seiner Promotion in Erlangen wurde er 1785 zum Privatdozenten ernannt und bereits ein Jahr später zum außerordentlichen, 1787 dann zum ordentlichen Professor der Rechte berufen. Klüber publizierte in der Folge eine Vielzahl rechtswissenschaftlicher Studien zum Staats-, Lehens- und Ritterrecht, aber auch zur deutschen Rechts- sowie Adelsgeschichte. Seine 1791 erschienene „Neueste Literatur des deutschen Staatsrechts“ machte ihn erstmals einem breiten Publikum bekannt. Der preußische Minister (→) Karl August von Hardenberg betraute ihn in der Folge mit verschiedenen Aufgaben. 1804 trat Klüber in den badischen Staatsdienst und war zunächst Geheimer Referendar, anschließend Staats- und Kabinettsrat. Darüber hinaus unterwies er den badischen Erbprinzen, den späteren Großherzog (→) Karl, in Staatswissenschaften. Klüber verließ Karlsruhe, als er 1807 zum Professor der Rechte an der Universität Heidelberg ernannt wurde. Auf Einladung Hardenbergs, der ihn als Juristen schätzte, reiste Klüber zum Wiener Kongress, wozu die badische Regierung die Bewilligung erteilte. In den Fremdenverzeichnissen zum Wiener Kongress ist er allerdings als Mitglied der badischen Delegation gelistet. Klüber traf am 29. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog eine Wohnung in den Tuchlauben 475. In Wien zog er durch seine bekannte pro-napoleonische und anti-österreichische Gesinnung sowie seine Forderung nach Verfassungen für die deutschen Staaten die Aufmerksamkeit der Geheimpolizei auf sich. Seine politischen Ansichten und umfangreichen Beobachtungen vom Wiener Kongress schrieb er in chiffrierter Form in 14-tägigen Berichten an seinen Sohn nieder. Die Geheimpolizei war im Jänner 1815 bereits darüber informiert, dass Klüber an einer Darstellung des Wiener Kongresses arbeitete. Dabei handelte es sich um eine Edition der Verhandlungsakten, welche Klüber zwischen 1815 und 1836 unter dem Titel „Acten des Wiener Congresses“ in insgesamt neun Bänden publizierte.

Knesebeck, Karl Friedrich von dem

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Das Angebot von Zar (→) Alexander I., als Rechtsberater in russische Dienste zu treten, lehnte Klüber ab – stattdessen folgte er 1817 der Einladung Hardenbergs, als Wirklicher Geheimer Legationsrat in der Berliner Staatskanzlei tätig zu werden. Nach der Konstituierung der Bundesversammlung veröffentlichte er die umfangreiche Systematik „Das öffentliche Recht des Teutschen Bundes und der Bundesstaaten“. Zwischen 1817 und 1820 leitete Klüber die Verhandlungen mit den Standesherren Westphalens und der Rheinlande. 1818 reiste er gemeinsam mit Hardenberg zum Aachener Kongress und wohnte 1822 als preußischer Bevollmächtigter den Gesprächen über die Abwicklung des Großherzogtums Frankfurt bei. Neben diesen Aufgaben blieb ihm kaum Zeit für Publikationstätigkeiten; sein einziges Werk aus dieser Periode war das 1819 erschienene „Droit des gens moderne de l’Europe“. Nachdem kurz nach Hardenbergs Tod 1822 eine Untersuchung gegen seine in zweiter Auflage erschienene Studie „Öffentliches Recht“ angestrengt worden war, zog sich Klüber aus dem politischen Leben zurück. In der Folge verlegte er seinen Wohnsitz nach Frankfurt a. M., wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1837 als Privatgelehrter Gutachten erstellte und als Rechtsberater wirkte.

Knesebeck, Karl Friedrich von dem

* 5. Mai 1768 (Karwe bei Neuruppin), + 12. Jänner 1848 (Berlin) Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen

Knesebeck trat mit 14 Jahren in den preußischen Militärdienst ein, wo er als Mitglied des Regiments „Herzog von Braunschweig“ 1787 nach Halberstadt versetzt wurde. Dort schloss er sich einem Kreis literarisch gebildeter junger Offiziere an und widmete sich neben seiner militärischen Ausbildung auch dem Studium der deutschen Literatur. Darüber hinaus setzte er sich aktiv mit der Ideenwelt der Aufklärung auseinander. 1792 nahm Knesebeck mit seinem Regiment am Frankreich-Feldzug teil, zwei Jahre später wurde er mit Generalstabsagenden betraut. Seiner Beförderung zum Major folgte im Jahr 1803 die Ernennung zum Quartiermeister im Generalstab. Zum Zeitpunkt der preußischen Niederlage bei Jena und Auerstedt 1806 wirkte Knesebeck als Oberstleutnant bei der verbündeten russischen Armee. Mit dem Friedensschluss von Tilsit 1807 beendete er vorläufig seine militärische Karriere und zog sich auf das väterliche Landgut zurück, von wo aus er jedoch regelmäßig zu militärpolitischen Missionen aufbrach. So wurde er 1812 von König (→) Friedrich Wilhelm III. nach St. Petersburg entsandt, um mit Zar (→) Alexander I. das weitere Vorgehen gegen Frankreich abzustimmen. Nach seiner Rückkehr nach Preußen wurde Knesebeck im März 1813 zum Generaladjutanten des Königs ernannt. Mitte 1814 verfasste er drei Denkschriften, die sich mit der politischen Neuordnung Europas und der Herstellung des Mächte­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

gleichgewichts auseinandersetzten und die zentrale Rolle der deutschen Staaten für eine Befriedung des Kontinents betonten. Als hochdekorierter General und Generaladjutant König Friedrich Wilhelms war Knesebeck im Anschluss Mitglied der preußischen Delegation am Wiener Kongress. Er traf, gemeinsam mit Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg und (→) Jordan, am 17. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein. Seine Wohnung hatte er am Graben 612. Während des Kongresses trat Knesebeck wenig in Erscheinung, wenn er auch Mitglied der Militärkommission war. Zudem war es, so berichtete die Geheimpolizei, seinem Einfluss auf König Friedrich Wilhelm zuzuschreiben, dass jener ein im Herbst 1814 im Zuge der sächsisch-polnischen Krise eingebrachtes Rücktrittsgesuch Hardenbergs nicht annahm. Knesebeck verließ Wien am 29. April 1815. Nach dem Kongress widmete er sich der Umbildung der Heeresorganisation. Er galt als einer der einflussreichsten Generäle im vormärzlichen Preußen. Nur ein Jahr nach seiner Ernennung zum Generalfeldmarschall starb Knesebeck im Jänner 1848 in Berlin.

Konstantin Pavlovič, Großfürst von Russland

* 8. Mai 1779 (Zarskoje Selo), + 27. Juni 1831 (Wizebsk) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Der jüngere Bruder von Zar (→) Alexander I. wurde von seiner Großmutter Katharina II. im Zuge ihrer Expansionspolitik gegenüber dem Osmanischen Reich zum potenziellen griechisch-byzantinischen Kaiser erzogen. Konstantin schlug jedoch eine militärische Laufbahn ein und zeichnete sich dabei insbesondere 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig durch seinen Mut und seine Unerschrockenheit aus. Zeitlebens zeigte er eine Vorliebe für militärisches Auftreten und das damit verbundene Zeremoniell. Doch auch auf diplomatischem Gebiet sammelte er Erfahrungen. So begleitete er etwa Zar Alexander 1808 zum Fürstenkongress in Erfurt. Konstantin traf am 9. Oktober 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung in der Hofburg. Während seines kurzen Aufenthalts – er reiste bereits einen Monat später Richtung Warschau ab – fiel er insbesondere durch sein unhöfliches Betragen auf. So spielte er der Hofburgwache kindische Streiche oder spottete öffentlich über einen älteren Aristokraten, der einen nicht mehr der Mode entsprechenden Anzug sowie einen Zopf trug. Kontakt mit den Herrschern und Vertretern der europäischen Staaten suchte er nur wenig. Allein zu (→) Beauharnais pflegte Konstantin ein freundschaftliches Verhältnis. Außerdem verkehrte er während seines Wiener Aufenthalts in den Salons von (→) Katharina Bagration und (→) Wilhelmine von Sagan. Konstantins Hauptinteresse galt auch in Wien dem Militär.

Kościuszko, Andrzej Tadeusz Bonawentura

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Alexander I. ernannte Konstantin 1815 zum Militärgouverneur des neu errichteten Königreichs Polen (Kongresspolen). Faktisch, wenn auch nicht nominell, regierte dieser als Vizekönig. Nach dem Tod Alexanders 1825 verzichtete Konstantin zugunsten seines jüngeren Bruders Nikolaus auf den russischen Thron und blieb weiterhin in Warschau. Nachdem dort 1830 der polnische Aufstand ausgebrochen war, floh er aus der Hauptstadt. 1831 starb er an der ­Cholera.

Kościuszko, Andrzej Tadeusz Bonawentura

* 4. Februar 1746 (Mereczowszczyzna/Merechevschina), + 15. Oktober 1817 (Solothurn) Gallionsfigur der polnischen Unabhängigkeitsbewegung

Kościuszko entstammte einer adeligen litauisch-ruthenischen Familie, die sich bereits im 16. Jahrhundert polonisiert hatte. 1765 trat er mit der Unterstützung der Familie (→) Czartoryski in Warschau in die Kadettenschule ein, welche er 1768 im Rang eines Hauptmanns verließ. 1769 übersiedelte Kościuszko nach Paris, wo er sich einem Kunststudium widmete. Doch vernachlässigte er auch seine militärische Ausbildung nicht und kam zudem mit der französischen Aufklärung in Kontakt. 1774 kehrte Kościuszko nach Polen zurück und arbeitete als Hauslehrer. Nach einer nicht-standesgemäßen Liebesbeziehung mit der Tochter seines Arbeitgebers reiste er 1776 über Paris in die Vereinigten Staaten, um auf der Seite der USA am Unabhängigkeitskrieg teilzunehmen. 1784 kehrte Kościuszko nach Polen zurück und wurde Generalmajor in der polnischen Armee. Er war ein Anhänger der Reformpartei, welche 1792 die polnische Verfassung lancierte. Der darauf folgenden russischen Invasion trat Kościuszko als einer der führenden Befehlshaber entgegen, wodurch sich sein Ruf als polnischer Nationalheld begründete. Als der polnische König kapitulierte, entschied sich Kościuszko für das Exil. In den folgenden Jahren widmete er sich der Organisation eines polnischen Aufstands, welcher nach der Zweiten polnischen Teilung 1794 in Krakau ausbrach. Die Rebellion wurde im Herbst 1794 von russischen und preußischen Truppen niedergeschlagen und Kościuszko gefangengenommen. Nach dem Tod von Katharina II. amnestierte Zar Paul I. Kościuszko, der weiterhin für die Wiederrichtung des Königreichs Polen kämpfte. Die Gründung des Herzogtums Warschau durch Napoleon stellte ihn nicht zufrieden. Unmittelbar nach dessen Fall traf er sich daher mehrfach mit Zar (→) Alexander I., um über das Schicksal Polens zu verhandeln. Zu diesem Zweck kam er am 30. Mai 1815 unter dem Decknamen Graf Tadeusz Polski nach Wien. Seine Anwesenheit in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt blieb allerdings von der Geheimpolizei nicht unentdeckt. Hier verkehrte er in den Kreisen der russischen Kongress­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

teilnehmer und stand unter anderem mit Czartoryski und Vertretern weiterer einflussreicher polnischer Adelsfamilien in Kontakt. Als er auf seine an Zar ­Alexander gerichteten Schreiben keine Antwort erhielt, verließ er Wien in Richtung Solothurn, wo er 1817 verstarb. Sein einbalsamierter Leichnam wurde nach ­Krakau überführt und dort bestattet.

La Besnardière, Jean Baptiste de Gouey de * 1765 (Périers), + April 1843 (Paris)

Mitglied der französischen Delegation

Nach seinem Eintritt in das französische Außenministerium 1796 wurde La Besnardière vom damaligen Außenminister (→) Talleyrand zu dessen Sekretär ernannt. Gemeinsam mit diesem diente er sowohl dem Direktorium als auch Napoleon und machte zugleich eine nicht unbedeutende Karriere: Rasch wurde er stellvertretender Leiter des bureau des consulats, 1805 Leiter der zweiten politischen Abteilung. Zwischen 1807 und 1814 bekleidete er den Posten des Leiters der ersten Abteilung des Außenministeriums. 1814 vertraute Talleyrand ihm zudem die Leitung der zweiten Abteilung des Ministeriums an, zu dessen oberstem Beamten er dadurch wurde. Verbunden mit der Beamtenlaufbahn waren verschiedene Auszeichnungen: 1804 ernannte ihn Napoleon zum Chevalier de l’Empire sowie zum Mitglied der Ehrenlegion. Während des Wiener Kongresses diente La Besnardière als erster Sekretär der französischen Delegation und war in deren „Zentrale“, im ­Palais Kaunitz in der Johannesgasse, untergebracht. Dort traf er einige Tage nach ­Talleyrand, am 28. September 1814, ein. La Besnardière war Mitglied der ­Bouillon-Kommission. Seine wichtigsten Aufgaben bestanden darüber hinaus in der Koordination der Schreibarbeiten innerhalb der französischen Delegation sowie in der stilistischen Überarbeitung der Denkschriften. Diese Kompetenz dürfte ihn – neben (→) Gentz und (→) Anstett – für die Funktion eines der Chefredakteure der Schlussakte empfohlen haben. Diese Vertrauensposition war freilich nach Bekanntwerden der Rückkehr Napoleons, unter dessen Herrschaft er einen großen Teil seiner Karriere gemacht hatte, nicht mehr tragbar; zudem verließ La Besnardière bereits im Mai 1815 Wien. Auch unter den Bourbonen setzte er seine Laufbahn im Außenministerium fort: 1816 ernannte ihn König Ludwig XVIII. zum Grafen, 1826 wurde er von­ ­König Karl X. zum Conseiller d’Etat en service extraordinaire und zum Directeur des travaux politiques befördert. 1830 trat La Besnardière schließlich in den Ruhestand.

La Garde, Auguste Louis Charles de

La Garde, Auguste Louis Charles de

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* 3. März 1783, + 1853 (Paris)

Chronist des Wiener Kongresses

Nach dem frühen Tod seines Vaters wurde La Garde von Victor Scipione Charles Auguste de La Garde de Chambonas, dem Oberhaupt der Familie, aufgenommen und erzogen. Der Ziehvater machte während der Französischen Revolution politisch Karriere und bekleidete 1792 kurze Zeit das Amt des französischen Außenministers. Als Royalist verdächtigt, floh er dann aber mit der Familie über deutsches Gebiet und Skandinavien nach Großbritannien ins Exil. La Garde kehrte 1801 nach Frankreich zurück und beschloss, seinen Lebensunterhalt als Schriftsteller und Kosmopolit zu verdienen. Daher bereiste er in den folgenden Jahren die wichtigsten Städte Europas und verfasste zahlreiche Reiseschilderungen. Auch Wien erschien ihm zur Zeit des Kongresses ein vielversprechendes und inspirierendes Ziel. Unter den wachsamen Augen der Geheimpolizei, die mehrfach versuchte, den als politisch verdächtig geltenden Schriftsteller auszuweisen, besuchte La Garde die Festlichkeiten des Kongresses. Von den politischen Verhandlungen war er allerdings völlig ausgeschlossen. Seine Schilderungen des Wiener Kongresses, wie er ihn erlebt hatte, veröffentlichte er erst 1843. Die Beschreibungen sind vielfach nicht korrekt und – das Vorrecht des Schriftstellers – teilweise dramatisch und anekdotenhaft aufbereitet, wie Gustav Gugitz in seiner kritisch bearbeiteten Edition nachweist. Dennoch ist das umfangreiche Werk eine beliebte Quelle zum Wiener Kongress, welche weniger die tatsächlichen Ereignisse, sondern die herrschende Stimmung, den Glanz der Festlichkeiten und die gesellschaftlichen Netzwerke ausführlich beschreibt. Über La Gardes Leben nach dem Wiener Kongress ist wenig bekannt. Er veröffentlichte bis zu seinem Tod mehrere Reise- und Städtebeschreibungen und verstarb 1853 in Paris.

La Harpe, Frédéric-César de

* 6. April 1754 (Rolle), + 30. März 1838 (Lausanne)

Vertreter der Kantone Aargau, St. Gallen, Tessin und Waadt

La Harpe studierte Rechtswissenschaften in Genf und Tübingen. Nach seinem Abschluss 1774 arbeitete er als Anwalt an der Welschen Appellationskammer in Bern. Darüber hinaus wurde er Mitglied des Rats der Zweihundert in Lausanne. Unzufrieden über die politische Situation des Waadtlandes, das unter Berner Herrschaft stand, ergriff er 1782 die Möglichkeit, im Auftrag der Zarin Katharina II. eine Gruppe junger Adeliger als Mentor auf ihrer Grand Tour zu begleiten. 1783 kam La Harpe nach St. Petersburg, wo er bald als Erzieher der beiden

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Enkelkinder der Zarin, des späteren Zaren (→) Alexander I. sowie des späteren Großfürsten (→) Konstantin, eingesetzt wurde. Großen Wert legte La Harpe bei dieser Tätigkeit auf die Vermittlung der Ideen der Aufklärung. Zugleich verfolgte er die politische Entwicklung in Europa und setzte sich für das Waadtland ein. Auf politischen Druck der Berner Obrigkeit hin entließ Katharina II. La Harpe im Dezember 1794. Dieser übersiedelte nach Genf, blieb jedoch in Kontakt mit seinem ehemaligen Zögling Alexander. 1796 zog La Harpe nach Paris und übergab im Dezember 1797 dem französischen Direktorium eine Petition, die zur Folge hatte, dass das Waadtland unter französischen Schutz gestellt wurde. Der Errichtung der Helvetischen Republik 1798 stand La Harpe positiv gegenüber. Im Juni 1798 wurde er Mitglied des Direktoriums, verlor diese Stellung aber im Zuge des Staatsstreichs des Jahres 1800 und flüchtete nach Paris. Nach einer Russland­ reise lebte er ab 1802 zurückgezogen nahe Paris, ehe er 1814 neuerlich aktiv in die ­Politik eingriff und beim Zaren zugunsten des Waadtlandes intervenierte. Auf dem Wiener Kongress vertrat er die Kantone Aargau, Waadt, St. Gallen und Tessin, die durch die von Napoleon oktroyierte Mediationsakte 1803 entstanden waren und ihren selbstständigen Status bewahren wollten. Er traf am 20. Oktober 1814 ein und bezog bis zu seiner Abreise am 18. Mai 1815 eine Wohnung in der Oberen Bäckerstraße 813. Der österreichischen Geheimpolizei – ebenso wie zahlreichen der anwesenden Staatsmänner und Diplomaten – galt La Harpe als Jakobiner, dem großer Einfluss auf Zar Alexander zugeschrieben wurde. Diesen beriet er denn auch in der polnischen Frage – er favorisierte wie (→) Czartoryski die Wiederherstellung Polens – und scheint sich zudem der Angelegenheiten der mediatisierten deutschen Standesherren angenommen zu haben. Die Anliegen der Schweizer Kantone vertrat La Harpe am 2. Dezember 1814 erfolgreich vor der Schweizer Kommission. Alle vier Kantone konnten ihre Selbstständigkeit bewahren, mussten allerdings Entschädigungszahlungen an die ehemaligen Landesherrn (zum Beispiel Waadt an Bern) entrichten. La Harpe zog 1816 nach Lausanne, wo er von 1817 bis 1828 als Großrat und Publizist seine politische Tätigkeit fortsetzte und 1836 verstarb.

La Tour du Pin Gouvernet, Frédéric Séraphin Graf von * 6. Jänner 1759 (Paris), + 26. Februar 1837 (Lausanne) Vertreter des Königreichs Frankreich

La Tour du Pin schlug zunächst eine militärische Laufbahn ein und nahm unter anderem an der Expedition La Fayettes zur Unterstützung der amerikanischen Rebellion teil. Zurück in Frankreich wechselte er in den diplomatischen Dienst und war 1792 bevollmächtigter Minister in Den Haag, emigrierte dann allerdings, um der Guillotine zu entgehen. Unter Napoleon wurde der zurückgekehrte La

Labrador, Gómez Havelo Pedro marqués de

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Tour du Pin zum Präfekten des Departements Dyle mit Sitz in Brüssel, später des Departements Somme mit Sitz in Amiens ernannt. Nach dem Sturz Napoleons hoffte er auf eine größere diplomatische Aufgabe, wurde aber zu seiner Enttäuschung wieder nach Den Haag entsandt. Dort angekommen, erreichte ihn die Nachricht, dass er zwar französischer Gesandter in den Niederlanden bleiben, sich aber vorläufig der französischen Delegation beim Wiener Kongress anschließen sollte. Dort trat er neben (→) Noailles und (→) Dalberg an der Seite von (→) Talleyrand als stellvertretender Delegierter Frankreichs auf. Er war Mitglied der Achter-Konferenz, der Rangkommission sowie der (zweiten und dritten) Redaktionskommission. Nach Talleyrand bestand die Funktion von La Tour du Pin in der Unterzeichnung von Pässen. Von der Geheimpolizei wurde er scharf beobachtet, da er der Schwager von Napoleons „Innenminister“ auf Elba war. La Tour du Pin verließ Wien am 24. Mai 1815. Im August 1815 wurde La Tour du Pin zum Pair berufen. Den Botschafterposten in den Niederlanden behielt er bis 1820, dann übernahm er jenen im Königreich Sardinien-Piemont. 1830 zog er sich aus dem aktiven Dienst zurück und übersiedelte nach Paris. Der Julirevolution des Jahres 1830 stand La Tour du Pin ablehnend gegenüber, und er unterstützte die Herzogin von Berry bei dem vergeblichen Versuch, den französischen Thron für ihren Sohn zu sichern. Nach seiner Festnahme im Dezember 1832 blieb er bis März des folgenden Jahres im Fort du Hâ inhaftiert und wählte in der Folge den Gang ins Exil. Seit 1835 lebte er in ­Lausanne, wo er im Februar 1837 verstarb.

Labrador, Gómez Havelo Pedro marqués de * 1775 (Vanecia de Alcántara), + 1852 (Madrid) Vertreter des Königreichs Spanien

Labrador studierte an der Universität Salamanca und war zunächst als Richter in Sevilla tätig. Seine Karriere als Diplomat in spanischen Diensten begann 1798. Auf dem Wiener Kongress vertrat er als Bevollmächtigter den im März 1814 in sein Stammland zurückgekehrten König Ferdinand VII. von Spanien und – ohne offizielle Akkreditierung – die ehemalige Königin Maria Luisa von Etrurien (Linie Bourbon-Parma). Labrador kam am 16. September 1814 in Wien an und stieg gemeinsam mit anderen Angehörigen der spanischen Delegation am Minoritenplatz 50 ab. Seine Zulassung zu den Verhandlungen verdankte er zum Teil dem französischen Bevollmächtigten (→) Talleyrand. In der Folge war Labrador Mitglied der Achter-Konferenz, der Abolitionskommission sowie der (dritten) Redaktionskommission. Zudem stand er durch Losentscheid der Rangkommission vor, welche sich zumindest ein Mal in seiner Unterkunft am Minoritenplatz versammelte.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Labrador verfocht in Wien zum einen die bourbonischen Ansprüche auf das seit 1808 von Napoleons Schwager Joachim Murat regierte Königreich Neapel. Daher unterstützte er den von Talleyrand vorangetriebenen Sturz Murats. Zudem forderte Labrador für Maria Luisa von Spanien, ehemalige Königin von Etrurien und Regentin für ihren Sohn Karl Ludwig, als Entschädigungen für den Herrschaftsverlust in Etrurien Parma, Piacenza und Guastalla, womit er jedoch nicht durchdringen konnte. Entgegen den Plänen (→) Metternichs wurden Maria Luisa dank französischer Unterstützung Lucca als erbliches Herzogtum und österreichische Unterhaltszahlungen zugesprochen, während Parma, Piacenza und Guastalla zur Ausstattung der ehemaligen Kaiserin der Franzosen, Erzherzogin (→) Marie Luise, verwendet wurden. Daher verweigerte Labrador für Spanien die Unterzeichnung der Wiener Kongressakte. Maria Luisa stimmte dem erzwungenen Kompromiss erst nach zweijähriger Bedenkzeit zu. Darüber hinaus wollte Spanien die geplante Rückgabe der Stadt Olivenza an Portugal nicht akzeptieren. Labrador genoss in Wien einen zweifelhaften Ruf als unfähiger und von Talleyrand abhängiger Diplomat. Er galt als cholerisch und beteiligte sich kaum am gesellschaftlichen Leben des Wiener Kongresses. Labrador verstarb 1852 in ­Madrid.

Laßberg auf Eppishausen, Joseph Maria Christoph von

* 10. April 1770 (Donaueschingen), + 15. März 1855 (Meersburg) Mitglied der Delegation der Fürstin Elisabeth zu Fürstenberg

Nach dem Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften und der Politik in Straßburg und Freiburg im Breisgau trat Laßberg in die Forst- und Kameralverwaltung des Fürstentums Fürstenberg ein. 1792 folgte die Ernennung zum Oberforstmeister und 1807 die Beförderung zum Landesoberforstmeister. Ab 1813 war ihm schließlich das gesamte Forst- und Jagdwesen des Fürstentums unterstellt. In diese Jahre fiel der Beginn seiner Liebesbeziehung mit der verwitweten Fürstin (→) Elisabeth von Fürstenberg, die er auf den Wiener Kongress begleitete. Das vorrangige Ziel Elisabeths und Laßbergs war die Restitution des mediatisierten fürstenbergischen Herrschaftsgebiets und der damit verbundenen Rechte. Darüber hinaus setzte sich Laßberg in Wien für die ehemalige Reichsritterschaft ein, der er selbst angehörte. Bei der 1815 in Wien gegründeten Adelsvereinigung „Die Kette“, welche die Wiederherstellung des alten Reichsadels anstrebte, war er aktives Mitglied. Des Weiteren gehörte er der von (→) Grimm gegründeten Wollzeilergesellschaft an. 1815 suchte Laßberg beim Wiener Hof um die Verleihung der Kämmererwürde an. Laßberg war außerdem Sammler mittelalterlicher Handschriften und erwarb während des Kongresses die Handschrift C des Nibelungenliedes.

Leopold Friedrich, Erbprinz von Anhalt-Dessau

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Nachdem Fürst Karl Egon II. 1817 sein Erbe angetreten hatte, zog Laßberg sich ins Privatleben zurück und begann, mittelalterliche deutsche Manuskripte zu sammeln. Er lebte auf Schloss Eppishausen im Thurgau, bevor er 1837 Schloss Meersburg kaufte und vor dem Verfall rettete. Die Universität Tübingen verlieh Laßberg 1845 die Ehrendoktorwürde, die Bayerische Akademie der Wissenschaften nahm ihn als Ehrenmitglied auf. Seine Bibliothek umfasste mehr als 10.000 Drucke und Manuskripte deutscher Literatur.

Leopold Friedrich, Erbprinz von Anhalt-Dessau * 1. Oktober 1794 (Dessau), + 22. Mai 1871 (Dessau)

Nachdem das 1806 zum Herzogtum erhobene Anhalt-Dessau auf die Seite der Alliierten gewechselt war, kämpfte Leopold Friedrich 1813/14 als Freiwilliger gegen Frankreich. Durch den frühen Tod seines Vaters am 27. Mai 1814 wurde er zum Erbprinzen. Sein Großvater, Herzog Leopold III. Friedrich Franz, bezog Leopold Friedrich in die Regierungsgeschäfte ein und entsandte ihn zum Wiener Kongress. Hier traf der Erbprinz am 1. Oktober 1814 ein und bezog ein Quartier in der Wollzeile 914. Die eigentlichen politischen Verhandlungen des Hauses Anhalt wurden allerdings von (→) Wolframsdorff geführt. 1816 verlobte sich Leopold Friedrich mit der Nichte des preußischen Königs, Prinzessin Friederike Luise Wilhelmine Amalie, die er 1818 heiratete. Mit dem Tod seines Großvaters 1817 trat er die Regierung in Anhalt-Dessau als Herzog Leopold IV. an. In der Revolution von 1848 ließ er sich auf weitgehende Reformen ein, die neue Verfassung wurde allerdings nach einem Jahr wieder aufgehoben. 1853 ging das Herzogtum Köthen, das Leopold seit 1847 mit verwaltet hatte, in seinen Besitz über, sodass er fortan den Titel eines Herzogs von Anhalt-Dessau-Köthen trug. 1863 erbte Leopold außerdem Anhalt-Bernburg und führte nun den Titel eines Herzogs von Anhalt. Er starb 1871 im Alter von 76 Jahren.

Leopold Johannes Josef Michael von Bourbon-Neapel, Prinz von Salerno * 2. Juli 1790 (Neapel), + 10. März 1851 (Neapel) Vertreter des Königreichs Sizilien

Leopold, Prinz von Salerno, war ein nachgeborener Sohn König Ferdinands III. von Sizilien (nach 1815: Ferdinand I. beider Sizilien). Im Zuge der Napoleonischen Kriege hatten die neapolitanischen Bourbonen ihre Besitzungen auf dem Festland verloren und ihren Herrschaftsmittelpunkt auf die Insel Sizilien verlegt. In Neapel regierte der von Napoleon eingesetzte Joachim Murat als König Joachim I. Da Murat mit Österreich im Jänner 1814 einen Allianzvertrag geschlossen

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

hatte, konnte er seine Ansprüche auf den neapolitanischen Thron über die Niederlage Napoleons hinaus und gegen die Ansprüche der Bourbonen verteidigen. Auf dem Wiener Kongress vertrat Leopold, der eine Unterkunft am Minoritenplatz 51 bewohnte, seinen Vater und repräsentierte, gemeinsam mit (→) Ruffo und (→) Serracapriòla, die „legitime“ Regierung Neapels. Unterstützung gegen Murat erhielt die Delegation von den spanischen Bourbonen und deren Vertreter (→) Labrador sowie von (→) Talleyrand und König (→) Maximilian Joseph von Bayern. Auch (→) Wellington zeigte sich der Sache der Bourbonen in Neapel zugeneigt. Die Causa Neapel beschäftigte die Großmächte intensiv, nahm aber eine unerwartete Wendung, als sich Murat im Frühjahr 1815 auf die Seite Napoleons schlug. Leopold meldete sich freiwillig zur Armee und verließ Wien am 4. Mai, um am Feldzug gegen Murat teilzunehmen. Dieser war jedoch bereits am Tag zuvor bei Tolentino (2. und 3. Mai) entscheidend geschlagen worden. In der Folge kehrten die Bourbonen auf den Thron in Neapel zurück. Leopold heiratete 1816 in Wien seine Nichte Erzherzogin Maria Klementine von Österreich und starb 1851 in Neapel.

Leopold, Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld

* 16. Dezember 1790 (Coburg), + 10. Dezember 1865 (Laeken)

Der jüngere Bruder von (→) Ernst von Sachsen-Coburg-Saalfeld trat 1812 in die russische Armee ein und wurde dem Stab von Großfürst (→) Konstantin zugeteilt. Im Sommer 1814 reiste er im Gefolge von Zar (→) Alexander I. nach London, wo er seine zukünftige Gemahlin Charlotte, die Tochter des Prinzregenten und britische Thronerbin, kennenlernte. In Wien traf Leopold am 29. September 1814 ein. Er bezog, gemeinsam mit den weiteren Mitgliedern der Deputation von Sachsen-Coburg-Saalfeld, seinen Brüdern Ernst und (→) Ferdinand sowie dem Gesandten (→) Fischler von Treuberg, eine Unterkunft in der Oberen Bäckerstraße 804. Die Abreise erfolgte am 13. Juni 1815. Politisch trat Leopold wenig in Erscheinung. Großen Eindruck auf den jungen Prinzen machte aber der österreichische Außenminister (→) Metternich. Die Geheimpolizei registrierte seine Besuche im Palais Kaunitz bei (→) Talleyrand und anderen Mitgliedern der französischen Delegation, sodass einer der Agenten die Vermutung anstellte, der Prinz sei einer der Informanten Frankreichs. Doch auch Kontakte mit dem preußischen Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg während des Kongresses sind nachweisbar. Größere Bedeutung gewann Leopold erst nach dem Wiener Kongress: Durch seine Ehe mit Charlotte (die bereits 1817 verstarb) wurde er Mitglied der britischen Hofgesellschaft. Zu seiner Nichte Victoria, der späteren britischen Königin,

Lepel, Georg Ferdinand von

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baute er eine enge persönliche Beziehung auf. 1830 bot ihm Griechenland die Königskrone an. Dieses Offert lehnte Leopold allerdings ab. Als sich aber 1831 der belgische Nationalkongress dafür aussprach, ihm die Krone Belgiens anzutragen, nahm er an. Innenpolitisch war Leopolds Regierungszeit durch die Spannung gekennzeichnet, die aus dem traditionell-konservativen monarchischen Verständnis Leopolds und der modernen Verfassung Belgiens resultierte. Außenpolitisch war Leopold auf den Interessensausgleich zwischen den europäischen Staaten bedacht und etablierte sich erfolgreich als Mittelsmann bei Konflikten. In Hinblick auf Belgien verfolgte er – entsprechend den verfassungsmäßigen Vorgaben – eine neutrale, gleichzeitig auch nationale Politik. Nach seinem Tod galt er folglich als „pater patriae“.

Lepel, Georg Ferdinand von

* 27. November 1779 (Spangenberg), + 10. November 1873 (Coburg) Vertreter des Kurfürstentums Hessen-Kassel

Lepel besuchte zwischen 1788 und 1796 das Lyceum Fridericianum in Kassel und studierte anschließend Rechtswissenschaften in Marburg und Göttingen. Nach dem Abschluss des Studiums fungierte er als Legationssekretär der Gesandtschaft Hessen-Kassels am Reichstag in Regensburg. 1802 erfolge seine Ernennung zum Legationsrat. Seit 1805 bekleidete Lepel die Position des Geschäftsträgers der kurhessischen Gesandtschaft in Wien. Nach der Absetzung von Kurfürst (→) Wilhelm I. durch Frankreich im Jahr 1806 verblieb er als dessen privater Vertreter in Wien und wurde in dieser Funktion mit verschiedenen diplomatischen Missionen betraut. Nachdem Kassel 1813 von russischen Truppen eingenommen worden war, verhandelte Lepel im Auftrag Wilhelms über eine Restitution von dessen Herrschaft. In Frankfurt a. M. unterzeichnete Lepel für Hessen-Kassel schließlich am 2. Dezember 1813 den Bündnisvertrag mit den alliierten Mächten, in welchem diese die Herrschaftsübernahme Wilhelms nachträglich billigten. In der Folge entsandte der Kurfürst Lepel nach Paris, um die durch Frankreich verschleppten Kunst- und Literaturschätze zurückzufordern. Lepel, inzwischen zum Geheimen Regierungsrat ernannt, fungierte nach (→) Keller als zweiter Bevollmächtigter Kurfürst Wilhelms I. auf dem Wiener Kongress. Sein Quartier hatte er in der Strauchgasse 252. Lepel vertrat Keller bis zu dessen Ankunft in Wien in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Staaten und Freien Städte“. In diesem Kreis sprach er sich für die Restauration der römisch-deutschen Kaiserwürde aus. Lepel nahm im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode teil.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Neben der Wiederherstellung des Alten Reichs forderte Hessen-Kassel aber vor allem eine Kompensation für seinen Einsatz gegen Napoleon. In der Tat erhielt der Kurfürst Territorialgewinne zugesprochen, sodass unter anderem eine Verbindung zwischen dem althessischen Gebiet und Hanau geschaffen wurde. Nach dem Wiener Kongress fungierte Lepel als diplomatischer Gesandter an den Höfen von Wien, München, Stuttgart und Darmstadt sowie am Deutschen Bundestag in Frankfurt. Von dort wurde er 1823 auf Druck (→) Metternichs hin abgezogen, da er eine eigenständige Politik der deutschen Mittelstaaten forderte. Lepel blieb allerdings in Frankfurt und engagierte sich in der städtischen Politik. 1836 wurde er als Minister des kurfürstlichen Hauses und des Äußeren nach Kassel berufen, reichte jedoch 1839 seinen Rücktritt ein und fungierte ab 1840 als Staatsminister und dirigierender Geheimer Rat des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha. Da Lepels monarchisch-konservative Auffassung mit den liberalen Vorstellungen des Erbprinzen Ernst II. nicht harmonieren, trat er 1846 in den Ruhestand. Doch verwaltete er noch bis 1851 das Vermögen der aus dem Haus Sachsen-Coburg-Gotha stammenden Herrscher (→) Leopold I. von Belgien und Ferdinand II. von Portugal sowie des Prinzgemahls Albert von Großbritannien.

Leyen, Philipp Fürst von der, Graf zu Hohengeroldseck und Herr zu Nievern * 1. August 1766 (Koblenz), + 23. November 1829 (Köln)

Nachdem von der Leyen am 1. August 1791 die Herrschaft über seine weit verstreuten Besitzungen angetreten hatte, sah er sich 1801 mit dem entschädigungslosen Verlust seiner linksrheinischen Gebiete konfrontiert. Trotz seiner Verwandtschaft zu Fürstprimas Karl Theodor von Dalberg brachte ihm der Beitritt zum Rheinbund lediglich den Fürstentitel ein. Von der Leyen lebte in Paris und versäumte es 1813, auf die Seite der Alliierten zu wechseln. Daher wurde sein Territorium unter die Verwaltung der Siegermächte gestellt. Auf dem Wiener Kongress ging es für von der Leyen um die Wiederherstellung seiner Souveränität, aber auch um eine Entschädigung für seine linksrheinischen Gebiete. Dennoch konnte der als schüchtern geltende Fürst sich zunächst weder entschließen, selbst nach Wien zu reisen, noch einen eigenen Gesandten nach Wien zu schicken. Er ernannte lediglich den herzoglich-sächsischen Geheimrat (→) Borsch zu seinem Bevollmächtigten, der jedoch wenig erfolgreich agierte. Als Borsch gegenüber dem Fürsten seine Verwunderung ausdrückte, dass er seine Angelegenheiten nicht mit mehr Einsatz vorantreibe, entschloss sich von der Leyen doch zur Reise nach Wien, wo er am 9. März 1815 ankam. Diese Maßnahme brachte allerdings nicht das gewünschte Ergebnis: Sein Fürstentum wurde mediatisiert, und der Großteil seiner Besitzungen war verloren, ohne dass

Ligne, Charles Joseph Fürst de

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er eine Entschädigung erhalten hätte. Auch weitere Interventionen bei verschiedenen Regierungen in den folgenden Jahren blieben erfolglos.

Ligne, Charles Joseph Fürst de

* 23. Mai 1735 (Brüssel), + 13. Dezember 1814 (Wien) Beobachter des Wiener Kongresses

Die Familie de Ligne stand traditionell in habsburgischen Diensten – so auch Charles Joseph, der von Maria Theresia mit 16 Jahren zum Kammerherrn ernannt wurde. Nach Studien der Klassischen Philologie, der Geschichtswissenschaft sowie der Militärwissenschaft trat de Ligne 1752 in das Regiment seines Vaters ein und focht in den großen Kriegen des 18. Jahrhunderts. 1808 ernannte ihn Kaiser (→) Franz I. zum Feldmarschall. Die Kriegserlebnisse, ebenso wie seine Freundschaft mit König Friedrich II. von Preußen, verarbeitete de Ligne in vielbeachteten Büchern. Persönlich eng verbunden war er auch Zarin Katharina II., welche er anlässlich einer diplomatischen Mission kennengelernt hatte, sowie zahlreichen intellektuellen Größen der Zeit wie Rousseau, Voltaire, Montesquieu, Goethe oder Wieland. Die in den Österreichischen Niederlanden gelegenen Besitzungen der Familie gingen im Laufe der Koalitionskriege verloren. 1803 erhielt de Ligne daher im Reichsdeputationshauptschluss eine Entschädigung für die Familiengüter zugesprochen; wenig später aber restituierte Napoleon die Vermögenswerte der Familie. Bereits 1784 war de Ligne nach Wien übersiedelt, wo seine Töchter verheiratet waren, und hatte sich seither der Schriftstellerei gewidmet. In sein Oeuvre fallen Werke zu so unterschiedlichen Themen wie Kriegshandwerk, Gartenbaukunst oder Liebhabertheater; zudem schrieb er Komödien, Gedichte und Aphorismen. In seinen Werken tritt einer der letzten Vertreter des Ancien Régime hervor, als welcher de Ligne noch in hohem Alter auf dem Wiener Kongress als Gastgeber und Gesprächspartner reüssierte. Durch sein bekanntes Bonmot „Le congrès danse, mais il ne marche pas“ prägte er das Bild des Wiener Kongresses nachhaltig. Zudem wurde berichtet, de Ligne habe versprochen, dem Kongress zur Bereicherung des Unterhaltungsprogramms das Schauspiel eines Feldmarschall-Begräbnisses zu verschaffen. Tatsächlich verstarb er bereits am 13. Dezember 1814, noch in der ersten Phase des Kongresses. Sein pompöses Begräbnis war eines der großen Spektakel des Wiener Kongresses.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Linden, Franz Joseph Ignaz von

* 5. Dezember 1760 (Mainz), + 3. Jänner 1836 (Stuttgart) Vertreter des Königreichs Württemberg

Nach dem Studium der Rechte und der Promotion in Mainz trat Linden 1785 als Hof- und Regierungsrat in kurmainzische Dienste. Darüber hinaus unterrichtete er Staatsrecht an der Universität Erfurt und übernahm diplomatische Missionen in München und Wien. Zwischen 1796 und 1803 hatte er den Posten eines Reichskammergerichtsassessors in Wetzlar inne. Nach der Auflösung des Reichskammergerichts übersiedelte Linden nach Württemberg und wurde 1807 von König (→) Friedrich I. zum Präsidenten des neu gegründeten Katholischen Kirchenrats und 1809 zum Präsidenten des Oberjustizkollegiums in Tübingen berufen. 1814 trat Linden an der Seite des Herrschers sowie von dessen Außenminister (→) Wintzingerode als Bevollmächtigter Württembergs am Wiener Kongress auf. Des Weiteren wusste die Geheimpolizei, dass er für den Deutschen Orden über die Rückgabe von Mergentheim verhandelte. Linden traf am 9. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und wohnte bis zu seiner Abreise am 15. Juni 1815 in der Müllerschen Galerie. Wesentliches Ziel Württembergs auf dem Wiener Kongress war die Bestätigung der Königswürde sowie der Gebietserweiterung aus der Zeit der Napoleonischen Kriege. Darüber hinaus sollten die Souveränitätsrechte des Königreichs auch im zu schaffenden Deutschen Bund weitestgehend gewahrt bleiben. Linden und Wintzingerode waren von König Friedrich damit beauftragt, diese Position im Deutschen Komitee zu vertreten. In der zweiten Sitzungsperiode dieses Gremiums ab dem 23. Mai 1815 nahmen die Vertreter Württembergs allerdings auf Befehl König Friedrichs, der mit dem Verlauf der Verhandlungen insgesamt unzufrieden war, nicht mehr teil, sodass Württemberg jeden Einflusses auf die endgültige Ausgestaltung der Bundesakte vergab und nicht zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Bundes zählte. Darüber hinaus vertrat Linden ab der 7. Sitzung (3. März 1815) das Königreich Württemberg in der Flussschifffahrtskommission. Gesellschaftlich verkehrte Linden unter anderem im Haus (→) Stadion und im Salon der (→) Fanny von Arnstein. Engen persönlichen Kontakt pflegte er zu (→) Humboldt. Weniger gut war Lindens Verhältnis zu König Friedrich, den er mehrfach öffentlich, beispielsweise wegen seiner Jagdpassion, kritisierte. In der Folge berichtete die Geheimpolizei, Linden sei bei seinem Herrscher in Ungnade gefallen und von der Leitung der Verhandlungen entbunden worden. Im Anschluss an den Kongress war Linden württembergischer Bundestagsgesandter in Frankfurt a. M. und fungierte ab 1817 als Regierungspräsident des Schwarzwaldkreises.

Lobo da Silveira, Joaquim, Graf von Oriola (auch Oriolla)

Lobo da Silveira, Joaquim, Graf von Oriola (auch Oriolla)

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* 1772, + 29. April 1846

Vertreter des Königreichs Portugal

Lobo vertrat 1814/15 neben (→) Saldanha da Gama und (→) Palmella die Interessen der portugiesischen Krone auf dem Wiener Kongress. Strittig war insbesondere die territoriale Zugehörigkeit der Stadt Olivenza und des heutigen Französisch-Guyana. Diese Gebiete waren 1801 an Spanien beziehungsweise Frankreich abgetreten worden. Lobo traf am 25. Oktober 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier im Gasthof „Ungarische Krone“. Erschwert wurden die diplomatischen Verhandlungen für Lobo durch die Entfernung zum portugiesischen Hof, der seit der französischen Besatzung in Rio de Janeiro residierte und dessen Instruktionen durch die enorme Entfernung mit monatelanger Verspätung eintrafen. Dennoch gelang es, die umstrittenen Gebiete für Portugal zurückzugewinnen. Lobo war Mitglied der Achter-Konferenz und der Abolitionskommission. Er reiste am 22. Juni 1815 in Richtung London aus Wien ab. Um 1820 entschloss er sich, wohl nicht zuletzt aus Rücksicht auf seine aus Göttingen gebürtige Frau Sophia Amelia Murray, seinen Lebensmittelpunkt nach Preußen zu verlegen. Hier war er als portugiesischer Gesandter und bevollmächtigter Minister am preußischen Hof tätig: Ein Ministerium in Portugal lehnte er hingegen ab. Später trat er in den preußischen Staatsdienst über und wurde zum königlich preußischen wirklichen Geheimen Rat ernannt. Am 7. Juni 1822 wurde er durch König (→) Friedrich Wilhelm III. als Joachim Graf von Oriola in den preußischen Adel aufgenommen.

Löwenhielm, Carl Axel Graf von

* 3. November 1772 (Stockholm), + 9. Juni 1861 (Stockholm) Vertreter des Königreichs Schweden

Löwenhielm war der illegitime Sohn von König Karl XIII. von Schweden. Er wählte zunächst die militärische Laufbahn und nahm von 1788 bis 1790 an Feldzügen in Finnland, 1807 in Pommern und dann an der norwegischen Grenze und den Åland-Inseln teil. 1808 wurde er zum Oberstleutnant im Kronoberg-Regiment befördert, 1811 folgte die Ernennung zum Generaladjutanten des Västgöta-Dal-Regiments. Parallel dazu begab er sich wiederholt auf diplomatische Missionen – zunächst als Legationssekretär nach Konstantinopel und zwischen 1812 und 1818 als schwedischer Gesandter nach St. Petersburg, wo es ihm gelang, die diplomatischen Beziehungen zwischen Stockholm und dem Zarenhof nachhaltig zu verbessern. Zwischen 1812 und 1814 begleitete er Zar (→) Alexander I. auf den

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Feldzügen gegen Frankreich und trat als Vertreter der schwedischen Krone auf den Kongressen von Châtillon und Wien auf. Löwenhielm traf am 2. Oktober 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und wohnte in der Kärntnerstraße 1143. Da Schweden den Ersten Pariser Friedens ratifiziert hatte, war Löwenhielm Mitglied der Achter-Konferenz. Darüber hinaus vertrat er die schwedische Krone in der Rangkommission, der Abolitionskommission sowie der (dritten) Redaktionskommission. In seiner Funktion als Gesandter König Karls XIII. sollte er insbesondere den schwedischen Handelsinteressen Geltung verschaffen sowie, vor dem Hintergrund des Vertrags von Kiel vom Jänner 1814, über die territoriale Zugehörigkeit Schwedisch-Pommerns verhandeln. Dieses Gebiet ging im Zuge eines Ringtauschs an Preußen, welches das Herzogtum Lauenburg an Dänemark abtrat. Noch am 9. Juni 1815 äußerte Löwenhielm Vorbehalte gegen den Lucca betreffenden Artikel der Schlussakte, das an die ehemalige Königin von Etrurien, Maria Luisa von Bourbon-Parma, gehen sollte, sowie gegen den Passus bezüglich der Anerkennung Ferdinands I. als Herrscher des Königreichs beider Sizilien. Löwenhielm wurde von der Geheimpolizei überwacht, die verschiedene pikante Details zu berichten hatte: So frönte er gerne dem Glücksspiel bei (→) Palmella. Unglücklicherweise erwies er sich jedoch als schlechter Kartenspieler, verlor hohe Summen und konnte sein Missvergnügen darüber nicht verbergen. Einen Ausgleich verschaffte ihm jedoch seine Mätresse, in welche er angeblich sehr verliebt war und der gegenüber er sich als sehr großzügig erwies. Im Dezember 1814 suchte sie ihn häufig als Mann verkleidet auf oder begleitete ihn – ebenfalls kostümiert – ins Theater. Grundsätzlich lebte Löwenhielm jedoch zurückgezogen und gab keine großen Feste oder Bälle. Nach dem Abschluss der Verhandlungen in Wien und seiner Beförderung zum Generalleutnant übernahm Löwenhielm 1816 die Leitung der 8. Schwedischen Infanterie-Brigade. Nach der Thronbesteigung Karls XIV. Johann im Jahr 1818 widmete sich Löwenhielm zunehmend verschiedenen innenpolitischen Aufgaben und war von 1822 bis 1839 Mitglied des schwedischen Kabinetts. 1857 fungierte er als Gouverneur der Schlösser Drottningholm und Svartsjo. Er starb 1861.

Ludwig, Erbprinz von Bayern

* 25. August 1786 (Straßburg), + 29. Februar 1868 (Nizza)

Erbprinz Ludwig reiste in Begleitung seines Vaters, König (→) Maximilian von Bayern, sowie seines jüngeren Bruders, Prinz (→) Karl, zum Wiener Kongress an. Gemeinsam mit den anderen Familienmitgliedern nahm er Quartier im Reichskanzleitrakt der Hofburg. Seit 1806 Erbprinz, wurde der für seine deutsch-nationalen Sympathien bekannte Ludwig jedoch von den Regierungsgeschäften ferngehalten. Maßgeblich

Ludwig, Erbprinz von Hessen-Darmstadt

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verantwortlich für diese Entscheidung war Staatsminister Maximilian von Montgelas, der in den Jahren der Napoleonischen Kriege eine frankreichfreundliche Politik betrieben hatte. Auch in Wien nahm Ludwig kaum Einfluss auf die Verhandlungen der bayerischen Bevollmächtigten (→) Wrede und (→) Rechberg. Mit politischen Fragen befasste er sich nur am Rande, indem er sich für den Verbleib von Salzburg bei Bayern aussprach. Aufsehen erregte vielmehr im Oktober 1814 ein drohendes Duell zwischen dem bayerischen und dem württembergischen Erb­prinzen (→) Wilhelm, deren Verhältnis durch heftige Animositäten geprägt war. Anlass für die Konfrontation war ein Blindekuh-Spiel, bei welchem Ludwig Julie Zichy zu fassen bekam; der Württemberger warf ihm daraufhin vor, betrogen zu haben. Das folgende Streitgespräch mündete in der Aufforderung Ludwigs, sich einem Duell zu stellen. Als Wilhelm daraufhin am vereinbarten Treffpunkt im Prater eintraf, erwartete ihn jedoch nicht sein Gegner, sondern Wrede mit einem Brief, mit welchem die Angelegenheit gütlich beigelegt wurde. Neben derart martialischen Angelegenheiten widmete sich Erbprinz Ludwig in Wien dem Studium der griechischen Sprache – als König von Bayern unterstützte er später den Aufstand der Griechen gegen die Osmanische Herrschaft. 1817 war der Erbprinz führend am Sturz Montgelas’ und in der Folge am Zustandekommen der Verfassung von 1818 beteiligt. 1825 übernahm Ludwig nach dem Tod seines Vaters die Regierungsgeschäfte in Bayern und pflegte einen autokratischen und zunehmend reaktionären Herrschaftsstil. Seine Regierungszeit war gekennzeichnet durch zahlreiche wirtschaftspolitische Reformen und ein umfangreiches Engagement im Bereich Wissenschaft und Kultur. 1848 legte Ludwig in den Wirren der Revolution die Krone zugunsten seines Sohnes Maximilian II. Joseph nieder. Der Anlass für diese Entscheidung war zum einen sein Verhältnis mit der berühmten Tänzerin Lola Montez, welche er in den Grafenstand erheben wollte. Zum anderen war er nicht bereit, die im Zuge der Revolution erhobenen Forderungen zu erfüllen und in der Folge eine Beschneidung seiner königlichen Rechte hinzunehmen. Ludwig lebte bis zu seinem Tod 1868 als Privatmann, betätigte sich jedoch weiterhin als Mäzen und Kunstsammler.

Ludwig, Erbprinz von Hessen-Darmstadt

* 26. Dezember 1777 (Darmstadt), + 16. Juni 1848 (Darmstadt)

Der älteste Sohn von Großherzog Ludwig I. studierte in Leipzig und genoss zudem eine militärische Ausbildung. Mit dem Aufstieg von Hessen-Darmstadt zum Großherzogtum im Jahr 1806 wurde er zum Groß- und Erbprinz, später zum Erbgroßherzog. Hessen-Darmstadt wechselte erst am 23. November 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, auf die Seite der Alliierten, da Ludwigs Vater ein überzeugter Anhänger Napoleons war und von dessen militärischer Überlegen-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

heit überzeugt war. Gemeinsam mit dem Gesandten (→) Türkheim vertrat Erbprinz Ludwig das Großherzogtum beim Wiener Kongress. Er kam am 21. oder 22. September 1814 in Wien an, blieb bis zum 12. April 1815 und wohnte in der Münzerstraße 626. Ludwig fiel in Wien durch sein ungebührliches Verhalten und seine amourösen Abenteuer auf. Die politischen Geschäfte scheint er weitgehend Türkheim überlassen zu haben. Trotz des späten Abfalls von Napoleon wurde Hessen-Darmstadt auf dem Wiener Kongress der Status eines Großherzogtums bestätigt. Durch einige territoriale Verschiebungen erlangte das Herrschaftsgebiet zudem seine endgültige Gestalt. Am 6. April 1830 bestieg Ludwig den Thron, nachdem er zuvor entsprechend der Verfassung des Großherzogtums Mitglied in der Ersten Kammer der Landstände gewesen war. Außerdem hatte er seit 1823 an den Beratungen des Staatsrats teilgenommen. Mit den Ständen geriet er aufgrund seines innenpolitisch reaktionären Kurses immer wieder in Konflikt. Im Zuge der Märzereignisse des Jahres 1848 vollzog er de facto seine Abdankung, indem er seinem Sohn die Mitregentschaft übertrug. Nur drei Monate später starb er in Darmstadt.

Maltza(h)n, Hans Albrecht von

* 13. Oktober 1754, + 17. Dezember 1825 Vertreter des Herzogtums Oldenburg

Nach dem Studium der Rechte in Frankfurt a. d. Oder und Göttingen trat Maltzahn in die Dienste Hannovers. 1786 erfolgte die Ernennung zum Kammerjunker. 1790/91 wechselte Maltzahn in den oldenburgischen Hofdienst und vertrat das Herzogtum 1809 als Gesandter in Paris. 1811 übertrug ihm Prinzregent Peter Friedrich Ludwig von Oldenburg, der nach Russland ins Exil ging, die Regierung des ihm verbliebenen Fürstentums Lübeck. Maltzahn, der bereits das alliierte Hauptquartier im Frühjahr 1814 nach Paris begleitet hatte, traf zwischen 24. und 26. September 1814 in Wien ein und bezog eine Unterkunft am Bürgerspitalplatz 1165. Zentrales Anliegen Oldenburgs auf dem Wiener Kongress war eine territoriale Vergrößerung, etwa durch das Fürstentum Ostfriesland, das Amt Meppen oder verschiedene hannoversche Ämter, sowie die Wiedereinführung des 1803 aufgehobenen Weserzolls. Während der Verhandlungen lehnte sich Oldenburg an Russland an, da die Schwester des Zaren, (→) Katharina Pavlovna, die (seit 1812 verwitwete) Schwiegertochter des Prinzregenten Peter von Oldenburg war. Maltzahn war Mitglied in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. Allerdings unterzeichnete er aus Rücksicht auf russische Interessen die sogenannte Kaisernote vom 16. November 1814 nicht. Auch scheint er den Verhandlungen über die

Mansi, Ascanio

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z­ ukünftige Verfassung des Deutschen Bundes wenig Interesse entgegengebracht zu haben. Allerdings nahm Maltzahn im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode teil und war zudem Mitglied der Akzessionskommission. Die territorialen Ansprüche Oldenburgs konnten letztlich nur teilweise durchgesetzt werden; lediglich ein Landstrich im Hunsrück mit 20.000 Einwohnern (das spätere Fürstentum Birkenfeld) wurde Oldenburg in der Schlussakte zugesprochen. Darüber hinaus erhielt der Herzog die Rangerhöhung zum Großherzog. Nach dem Wiener Kongress war Maltzahn bis 1825 weiterhin Regierungspräsident des Fürstentums Lübeck.

Mansi, Ascanio * 1773, + 1840

Vertreter der Stadt Lucca

Nach dem Studium in Rom und Bologna wurde Mansi bereits in jungen Jahren Mitglied des Senats der Stadtrepublik Lucca. Auch während der Zeit der Lucchesischen Republik ab 1799 konnte er seinen politischen Einfluss wahren. 1805 wurde Lucca auf Napoleons Wunsch hin zum Herzogtum umgebildet, in welchem seine Schwester Elisa und deren Gatte Pasquale Baciocchi (als Fürst Felix I. von Lucca) herrschten. Mansi nahm nun als Staatssekretär und Großkämmerer Regierungsämter wahr. Mansi traf bereits Anfang Juli 1814 in Wien ein und bezog eine Unterkunft am Kohlmarkt 298. Seine Abreise erfolgte am 17., nach anderen Angaben am 22. Juni 1815. Unter anderem war Mansi damit beauftragt, mit den Großmächten über die aus der Regierungszeit Elisa Bonapartes stammenden Schulden sowie über eine Verringerung der österreichischen Besatzungstruppen zu verhandeln. Das wichtigste Anliegen war jedoch die Wiederherstellung der Unabhängigkeit des ehemaligen Stadtstaats Lucca. Schriftlichen Niederschlag fand dieser Auftrag in zwei an Kaiser (→) Franz I. und (→) Metternich gerichteten Denkschriften. Mansis Mission war allerdings kein Erfolg beschieden – Lucca wurde als Entschädigung an Maria Luisa von Spanien, die ehemalige Königin von Etrurien, vergeben, da Parma und Piacenza – ihr angestammtes Herrschaftsgebiet – an Erzherzogin (→) Marie Luise von Österreich, die ehemalige Kaiserin der Franzosen, gingen. Unter der Herrschaft von Maria Luisa bekleidete Mansi weiterhin wichtige Ämter in der Regierung – so war er etwa Erster (und einziger) Minister. In dieser Funktion setzte er sich für wirtschaftliche Reformen sowie den Ausbau öffentlicher Einrichtungen ein. Mansi starb 1840.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Mappes, Johann Heinrich Ludwig von

* 18. Dezember 1757 (Mainz), + 6. September 1845 (Mainz) Vertreter der Stadt Mainz

Mappes betrieb, gemeinsam mit seinem Bruder, erfolgreich eine Weingroßhandlung in Mainz. Während der napoleonischen Herrschaft machte er Karriere und etablierte sich als Sachverständiger für wirtschaftliche Fragen: Von 1803 bis 1819 fungierte er als geschäftsführender Vizepräsident der Mainzer Handelskammer. In dieser Funktion rang er Napoleon die Wiedererrichtung des Mainzer Freihafens ab und sorgte für den Aufbau eines Zolllagers. Zudem war er Mitglied des Allgemeinen Departementrats des Département du Mont-Tonnerre. Für seine Verdienste verlieh ihm Napoleon 1813 den Titel eines Barons und nahm ihn in die Ehrenlegion auf. Mappes war zudem Mitglied des Mainzer Stadtrats. Der dreiköpfigen Mainzer Deputation, die am 31. August 1814 nach Wien aufbrach und am 8. September dort ankam, gehörten neben Mappes sein Schwager (→) Hadamar und (→) Kesselstadt an, wobei Mappes als der inoffizielle Leiter der Abordnung anzusehen ist. Sie bezogen ein Quartier Am Kohlmarkt 298. Die Finanzierung der Mission stand auf wackeligen Beinen, da die provisorische Adminis­ tration in Mainz die Übernahme der Kosten ablehnte. Sie bürdete diese stattdessen zur Hälfte der Stadtkasse und zur Hälfte dem Mainzer Handelsstand, der eigens eine Steuer entrichten musste, auf. Allerdings war der genehmigte Betrag viel zu gering bemessen, sodass die Deputation nur mühsam über die Runden kam. Die vordringlichste Aufgabe der Mainzer war es, das Stapelrecht der Stadt zu sichern. Damit stellten sie sich in Gegensatz zu (→) Eichhoff, der als ehemaliger Direktor der Rheinschifffahrtsoktroi für die freie Schifffahrt auf dem Rhein eintrat. Am 8. und 20. Februar 1815 erschien Mappes (am 20. gemeinsam mit Hadamar) in der zweiten und dritten Sitzung der Flussschifffahrtskommission, um die Ansichten der Stadt Mainz darzulegen. Der Wiener Kongress beschloss in der Frage der freien Flussschifffahrt keine endgültige Regelung; allerdings bekannten sich die Mitglieder der Kommission zu den Grundsätzen der freien Flussschifffahrt und legten den Grundstein für die Errichtung der Zentralkommission für die Flussschifffahrt in Mainz. Die Mainzer Deputierten verfassten im Zusammenhang mit ihren Anliegen mehrere Druckschriften und Noten und absolvierten zahlreiche Besuche. Neben der Frage des Stapelrechts setzten sie sich für eine Erleichterung der Einquartierungslast durch preußische und österreichische Truppen sowie für Kompensationen für erzwungene Weinlieferungen an die Franzosen ein und sondierten, welchem Landesherr Mainz in Zukunft zugeschlagen werden sollte. Sie schickten fast wöchentlich Berichte in die Heimatstadt. In keinem ihrer Anliegen kam die Deputation allerdings zu einem zufriedenstellenden Ergebnis.

Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este, Kaiserin von Österreich

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Mappes verließ Wien am 10. oder 11. April 1815. Zwischen 1820 und 1845 gehörte er der Ersten Kammer der hessischen Landstände an; 1839 wurde er in den hessischen Adelsstand erhoben. Mappes verstarb am 6. September 1845 in Mainz.

Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este, Kaiserin von Österreich * 14. Dezember 1787 (Monza), + 7. April 1816 (Verona)

1808 heiratete Kaiser (→) Franz I. von Österreich in dritter Ehe Maria Ludovika, die in Mailand und Monza als Tochter von Erzherzog Ferdinand Karl und Maria Bea­ trice d’Este aufgewachsen war. Die Familie war 1796 vor den napoleonischen Truppen nach Österreich geflohen. Dieses Ereignis sowie die Erziehung der Mutter hatten in der jungen Erzherzogin eine erbitterte Feindschaft gegen Napoleon geweckt. Nach ihrer Eheschließung mit Kaiser Franz zählte Maria Ludovika daher zu den entschiedensten Anhängern der Kriegspartei am Wiener Hof. Wenig Verständnis brachte sie für (→) Metternich auf, der 1809 ein Bündnis mit Frankreich anstrebte, das in der Eheschließung zwischen Napoleon und der Kaisertochter (→) Marie Luise gipfelte. Das Verhältnis zu Kaiser Franz I. war daher zeitweise belastet. Maria Ludovikas Gesundheit war seit ihrer Jugend schwach. Während der körperlich anstrengenden Jahre der Napoleonischen Kriege mit der Flucht aus Wien 1809 verschlimmerte sich ihre Lungenkrankheit. Während des Wiener Kongresses kam die Kaiserin aber trotz ihrer gesundheitlichen Probleme den Pflichten einer Gastgeberin nach und empfing in ihren Räumlichkeiten in der Hofburg zahlreiche Diplomaten, Staatsmänner und andere Teilnehmer des Wiener Kongresses. Dort veranstaltete sie auch intime Kammerbälle, ließ Theaterstücke aufführen und förderte Künstler wie (→) Beethoven. Den unter freiem Himmel veranstalteten Festlichkeiten blieb sie allerdings fern. Die von Teilnehmern des Wiener Kongresses hinterlassenen Quellen berichten nicht nur von der Schönheit und Anmut der jungen Kaiserin, sondern betonen auch ihre Klugheit und Redegewandtheit. Sie selbst soll gesagt haben, der Kongress koste sie zehn Jahre ihres Lebens. Tatsächlich trugen die Anstrengungen des Kongressgeschehens, aber auch eine Italienreise 1815/16, zur Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes bei, sodass die Kaiserin in Verona im April 1816 verstarb.

Maria Pavlovna, Großfürstin von Russland

* 15. Februar 1786 (Pavlovsk bei St. Petersburg), + 23. Juni 1859 (Weimar) Gemahlin des Erbprinzen von Sachsen-Weimar-Eisenach

Die Schwester von (→) Zar Alexander I. heiratete 1804 Karl Friedrich, Erbprinz von Sachsen-Weimar-Eisenach. Die 18-Jährige wurde in Weimar mit Begeiste-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

rung empfangen und war dort auch auf lange Sicht eine Sympathieträgerin. Sie pflegte enge Kontakte mit Goethe, Schiller und Wieland. Weimar erhoffte sich von der Verbindung mit dem russischen Kaiserhaus eine Aufwertung gegenüber Preußen und Schutz vor Napoleon sowie eine Entlastung des Staatshaushalts. Tatsächlich konnte das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach durch die Verbindung mit Russland trotz der Niederlage bei Jena und Auerstedt 1806 seine Unabhängigkeit bewahren, da Napoleon zu dieser Zeit seinerseits auf ein Bündnis mit dem Zarenreich hoffte. In den Kriegsjahren geriet Maria Pavlovna, die selbst eine entschiedene Gegnerin Napoleons war, mehrfach zwischen die politischen Fronten und musste zweimal vor dem Kaiser der Franzosen aus Weimar fliehen. Im Jahr 1813 kehrte sie endgültig nach Weimar zurück. Maria Pavlovna reiste, gemeinsam mit ihrem Schwiegervater Herzog (→) Karl August und dessen politischen Beratern, als Vertreterin des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach zum Wiener Kongress. Sie traf mit großem Gefolge am 22. September 1814 von Prag kommend in Wien ein und bezog eine Unterkunft in der Hofburg – anders als ihr Schwiegervater, der mit einem Quartier in der Müllerschen Galerie vorlieb nehmen musste. In Weimar setzte man auf den Einfluss Marias Pavlovnas auf ihren Bruder und hoffte, das Herrschaftsgebiet mit Unterstützung Russlands und der Billigung Preußens zu vergrößern. Maria Pavlovnas streng legitimistische Haltung führte aber bald zu Konflikten mit Karl August – sie hatte wenig Verständnis für dessen Wunsch nach Gebietserweiterungen auf Kosten des sächsischen Königshauses. Auf der anderen Seite war Karl August kein Anhänger des Plans von Maria Pavlovna, mithilfe ihres Bruders das gesamte Gebiet des ehemaligen Fürstbistums Fulda zu erwerben. Einig waren sich die beiden allerdings im Verzicht auf die Festung und Stadt Erfurt. Ungeachtet der Konflikte wurde das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach schließlich zum Großherzogtum erhoben und konnte bedeutende Gebietsgewinne verzeichnen. Maria Pavlovna reiste am 28. Mai 1815 aus Wien ab. Mit dem Tod ihres Schwiegervaters 1828 wurde ihr Ehemann Karl Friedrich Großherzog. Maria Pavlovna widmete sich besonders der Förderung von Kunst und Kultur am Weimarer Hof und war bekannt für ihr soziales Engagement. So hatte sie bereits 1817 infolge ihrer Erlebnisse während der Napoleonischen Kriege und des Besuchs von Prager und Wiener Lazaretten das Patriotische Institut der Frauenvereine gegründet. Maria Pavlovna starb 1859 und liegt auf dem historischen Friedhof in Weimar begraben.

Maria Theresia von Österreich, Erbprinzessin von Sachsen * 14. Jänner 1767 (Florenz), + 7. November 1827 (Leipzig)

Die älteste Tochter Kaiser Leopolds II. heiratete 1787 Prinz (→) Anton Clemens

Marie Luise, Erzherzogin von Österreich

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von Sachsen, der im Frühjahr 1827 seinem Bruder (→) Friedrich August als König von Sachsen folgen sollte. Maria Theresia reiste mit ihrem Gatten anlässlich des Wiener Kongresses in die österreichische Haupt- und Residenzstadt und wurde in Schloss Schönbrunn untergebracht. Im Kongressgeschehen nahmen Maria Theresia und Anton eine periphere Position ein; tatsächlich scheinen sie in Schönbrunn ein abgeschiedenes Leben geführt zu haben. Von besonderem Interesse sind die zahlreichen Briefe, durch welche Maria Theresia verschiedene Familienmitglieder über den Verlauf der Verhandlungen betreffend das Königreich Sachsen informierte. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass die Prinzessin, in Kenntnis der österreichischen Postüberwachung, die Schreiben verschlüsselte. Personen, aber auch Orte, seien codiert, um das Verständnis des Textes zu erschweren. Die Decknamen sind allerdings einfach zu dechiffrieren und dürften den Behörden kaum Schwierigkeiten bereitet haben. Darüber hinaus entbehren sie nicht einer gewissen Komik und sind daher möglicherweise auch als intellektuelle Spielerei zu verstehen: Maria Theresia nannte Kaiser (→) Franz I. etwa „Venus“, (→) Metternich „Krautfeld“/„champ de choux“, (→) Talleyrand „Krumpholz“ oder das Land Sachsen „Nektar“.

Marie Luise, Erzherzogin von Österreich

* 12. Dezember 1791 (Wien), + 17. Dezember 1847 (Parma) Ehemalige Kaiserin der Franzosen

Im Zuge der Wende in der österreichischen Politik gegenüber Frankreich unter Außenminister (→) Metternich heiratete Marie Luise, die älteste Tochter von Kaiser (→) Franz I., im Jahr 1810 Napoleon. 1811 wurde der Thronfolger, Napoleon, König von Rom, geboren. 1813 übernahm Marie Luise, während Napoleon gegen Russland und dessen Verbündete kämpfte, in Paris die Regentschaft – aufgrund mangelnden politischen Interesses brachte sie sich jedoch kaum aktiv in die Regierungsgeschäfte ein. Als die alliierten Truppen im Frühjahr 1814 nach Paris vorrückten, verließ Marie Luise am 28. März mit ihrem Sohn die Stadt. Nachdem ein geplantes Treffen mit Napoleon nicht zustande kam, verließ sie am 24. April Frankreich und wandte sich nach Österreich. Am 21. Mai 1814 bezog sie mit ihrem Gefolge und ihrem Kind Quartier in Schönbrunn, wo sie sich auch während des Wiener Kongresses aufhielt. An Feier­ lichkeiten nahm die Gemahlin Napoleons nicht teil; allerdings war sie eine der Attraktionen für die Besucher des Wiener Kongresses. Zahlreiche Schaulustige begaben sich nach Schönbrunn, um einen Blick auf die ehemalige Kaiserin der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Franzosen und Napoleons Sohn zu erhaschen. Nach der Rückkehr des Korsen von der Insel Elba übersiedelte sein Sohn – vermutlich in Begleitung von Marie Luise – in die Hofburg, um seine Sicherheit zu gewährleisten. Marie Luise fand während des Wiener Kongresses in Adam Adalbert Graf Neipperg einen neuen Gefährten. In den Verhandlungen wurde ihr zudem, ohne Berücksichtigung der Ansprüche der ehemaligen bourbonischen Königin Maria Luisa von Etrurien, die ihr schon im Vertrag von Fontainebleau zugesprochene Herrschaft über die Herzogtümer Parma, Piacenza und Guastalla auf Lebenszeit übertragen. Anfang 1816 trat Marie Luise die Herrschaft in den drei Herzogtümern an, wo sie unter dem starken Einfluss von Neipperg sowie in Abhängigkeit von ­Österreich regierte. 1831 brachen im Gefolge der Pariser Julirevolution in Parma Unruhen aus, die mithilfe österreichischer Truppen niedergeschlagen wurden. Die Herrschaft Marie Luises war gekennzeichnet durch administrative Reformen sowie den Ausbau des Wohlfahrtswesens und der Infrastruktur.

Marschall von Bieberstein, Ernst Franz Ludwig

* 2. August 1770 (Wallerstein), + 22. Jänner 1834 (Wiesbaden) Vertreter des Herzogtums Nassau

Marschall absolvierte ab 1782 die Hohe Karlsschule in Stuttgart, wo er eine militärische Ausbildung genoss und auch philosophische und juristische Kurse belegte. Im Anschluss trat er im Juni 1791 als Leutnant in das Kreiskontingent des Fürsten Karl Wilhelm von Nassau-Usingen ein, wurde aber schon im darauffolgenden Jahr als Hofgerichts- und Regierungsassesor in den zivilen Verwaltungsdienst übernommen. Es folgte die Übertragung diverser diplomatischer Missionen und ein rascher Aufstieg, der in die Ernennung zum Regierungsrat (1793) und zum Geheimen Rat (1795) mündete. Unter Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen wurde Marschall 1803 zum Regierungspräsidenten ernannt. Seit 1806 führte er gemeinsam mit (→) Gagern das Staatministerium des Herzogtums Nassau, das durch Vereinigung der Herrschaftsgebiete Friedrich Augusts und seines Vetters, des Fürsten (→) Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg, entstanden war. Ab 1809 fungierte Marschall als alleiniger Staatsminister und formte das territorial heterogene Herzogtum durch weitreichende Reformen auf dem Gebiet der Finanzen, der Verwaltung, der Wirtschaft und des Sozialwesens zu einem modernen Verwaltungsstaat unter liberalen Vorzeichen um. Am 1. September 1814 erhielt Nassau als erstes deutsches Territorium eine maßgeblich durch (→) Stein beeinflusste Verfassung samt Garantie der Grundrechte, welche allerdings erst 1816 wirksam wurde. Marschall vertrat, gemeinsam mit Gagern, das Haus Nassau auf dem Wiener Kongress. Die Vertreter Nassaus kooperierten eng mit den Mitgliedern der

Marschall von Bieberstein, Ernst Franz Ludwig

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­ iederländischen Delegation, (→) Capellen und (→) Spaen. Marschalls besonden res Augenmerk galt dabei dem Herzogtum Nassau, während sich Gagern vorrangig für Nassau-Oranien und die Niederlande einsetzte. Marschalls Unterkunft befand sich, ebenso wie die Wohnung Gagerns, in der Unteren Breunerstraße 1196. Zwischen den beiden Gesandten kam es immer wieder zu Konflikten, da es beide verabsäumten, ihre diplomatischen Schritte mit dem Kollegen abzustimmen. In der deutschen Verfassungsfrage, in welcher sich beide engagierten, divergierten ihre Auffassungen stark, obwohl sowohl Marschall als auch Gagern Gegner der preußischen Verfassungspläne waren. Gemeinsam mit seinem Bruder (→) Karl, der als Bevollmächtigter des Großherzogtums Baden auftrat, vollendete Marschall im Winter 1814 einen Entwurf über die künftige Verfassung Deutschlands. Darüber hinaus spielte er eine wichtige Rolle als Informationsvermittler zwischen den Großmächten und den mindermächtigen Staaten, ließ ihm doch Stein einige vertrauliche Sitzungsprotokolle des Deutschen Komitees zukommen, die Marschall an einen ausgewählten Kreis von Vertretern der Mindermächtigen weiterleitete. Der Inhalt der Unterlagen führte zur Formulierung einer gemeinsamen Protestnote an die Großmächte wegen des Fortgangs der Verhandlungen. Marschalls ursprünglich großer Einfluss in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ nahm im Verlauf des Wiener Kongresses allerdings beträchtlich ab. Dies ist wohl zum einen auf sein aufbrausendes Wesen und sein zunehmendes Engagement in Territorialverhandlungen mit Preußen, zum anderen aber auf gesundheitliche Probleme zurückzuführen, die ihn den gesamten Monat Dezember 1814 ans Bett fesselten. Allerdings nahm Marschall im Frühjahr 1815 an den Beratungen des Deutschen Komitees während dessen zweiter Sitzungsperiode teil und war Mitglied der Flussschifffahrtskommission. Für das Haus Nassau endete der Kongress nur bedingt zufriedenstellend: Fürst Friedrich Wilhelm verlor seine Besitzungen am Rhein nördlich der Lahn und ­einige altnassauische Gebiete. Die damit verbundenen, nicht unbeträchtlichen Verluste wurden allerdings durch vom Kongress bewilligte Gebietsarrondierungen abgemildert. Kurz nach dem erstmalen Zusammentreten der Landstände des Herzogtums Nassau 1818 nahm Marschall einen radikalen politischen Richtungswechsel vor: Sowohl die Divergenzen mit der Opposition als auch die unter dem Eindruck der Karlsbader Beschlüsse von 1819 erfolgte Neuausrichtung der Bundespolitik bewogen den politisch pragmatisch veranlagten Marschall, sich dem von (→) Metternich vorgegebenen konservativen Kurs anzuschließen. Künftig galt ihm die Bewahrung der nassauischen Souveränität als oberste Prämisse. Folglich stellte er sich energisch gegen die erstarkende nationale Bewegung und gegen die preußische Zollpolitik, was sich unter anderem 1833 in der Unterzeichnung

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

eines ­Handelsvertrages mit Frankreich niederschlug, um die Ausdehnung des von Preußen kontrollierten Zollgebietes einzudämmen.

Marschall von Bieberstein, Karl Wilhelm

* 21. Dezember 1773 (Stuttgart), + 11. August 1817 (Karlsruhe) Vertreter des Großherzogtums Baden

Wie sein Bruder (→) Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein, der spätere Staatsminister des Herzogtums Nassau, besuchte Marschall die Hohe Karlsschule in Stuttgart. 1792 berief ihn Markgraf Karl Friedrich von Baden als Hofund Regierungsrat nach Karlsruhe, wo er zunächst im Kirchenrat sowie in der Pflegschafts- und Polizeideputation arbeitete. Der Ernennung zum Vizepräsidenten des Hofrats im Jahr 1800 folgte zwei Jahre später jene zum Vizedirektor des Kirchenratskollegiums. Parallel dazu publizierte Marschall seine vielbeachteten „Untersuchungen über den Ursprung und die Ausbildung der gegenwärtigen Anordnung des Weltgebäudes“. 1803 stieg Marschall zum Präsidenten des Hofratskollegiums auf. Mit der Erhebung Badens zum Großherzogtum 1806 übernahm er als Geheimer Rat die Leitung des Departments des Inneren innerhalb der neu formierten badischen Staatsregierung. Seine Karriere wurde durch eine 1808 von französischer Seite veranlasste Versetzung nach Mannheim nur kurz gebremst; bereits im folgenden Jahr wurde er neben Sigismund von Reitzenstein Staatsminister und übernahm 1810 wieder das Ministerium des Inneren. Hier lag seine Hauptaufgabe im Aufbau eines einheitlichen Verwaltungswesens in den heterogenen badischen Territorien. Zwischen 1811 und 1814 vertrat Marschall Baden als Gesandter am Hof von (→) Friedrich I. von Württemberg. Marschall traf am 11. November 1814 in Wien ein, wo er bereits von Großherzog (→) Karl von Baden erwartet wurde. Neben Marschall vertraten Innenminister (→) Berckheim, (→) Berstett, (→) Sensburg und (→) Hacke den Herrscher bei den Verhandlungen. Primäres Anliegen Badens war die Verteidigung der territorialen Integrität des Großherzogtums gegen österreichische und bayerische Ansprüche. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten – weniger dank der badischen ­Diplomatie als vielmehr aufgrund der Interessenslage der Großmächte. Marschall engagierte sich auf dem Wiener Kongress auch in der Frage der künftigen Ausgestaltung des Deutschen Bundes. Gemeinsam mit seinem Bruder erarbeitete er einen Verfassungsentwurf, der Anfang Dezember 1814 vorlag. Zudem nutzte Marschall den Kongress, um mit (→) Stein in nähere Verbindung zu treten. Schließlich bereitete er noch einen Verfassungsentwurf für das Großherzogtum Baden vor, welcher der vom Großherzog zwecks Erarbeitung einer Konstitution eingesetzten Kommission als Beratungsgrundlage diente. Als sich jedoch

Martens, Georg Friedrich von

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die entsprechenden Beratungen ergebnislos in die Länge zogen, entschloss sich Marschall 1815, zwischenzeitlich auf seinen Stuttgarter Gesandtschaftsposten zurückzukehren. Für 1817 plante er eine Rückkehr nach Karlsruhe und den Eintritt in das Kabinett des Freiherrn von Reitzenstein, doch starb er im August unerwartet an den Folgen eines Schlaganfalls.

Martens, Georg Friedrich von

* 22. Februar 1756 (Hamburg), + 21. Februar 1821 (Frankfurt a. M.) Mitglied der Deputation des Königreichs Hannover

Nach Abschluss des Studium der Rechte an der Universität Göttingen im Jahr 1780 führten Reisen Martens nach Wetzlar, Regensburg und Wien, wo er Funktion und Wirkungsweise des Reichskammergerichts, des Reichstags und des Reichshofrats untersuchte. 1784, ein Jahr nach der Erhebung in den Reichsadel, wurde Martens ordentlicher Professor für Natur- und Völkerrecht sowie Beisitzer der Juristenfakultät in Göttingen. Den Fokus seiner Lehrtätigkeit legte Martens auf die bis dato wissenschaftlich wenig bearbeiteten Bereiche des Völker- und des Handelsrechts. Er gilt als einer der Begründer der modernen Völkerrechtswissenschaft. Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die 1789 erschienene und in der Folge mehrmals überarbeitete Abhandlung „Précis du droit des gens moderne de l’Europe fondé sur les traités et l’usage“, die als Standardwerk für das positive Völkerrecht in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gilt. Daneben veröffentlichte Martens ab 1791 seine umfangreiche Quellen­ edition „Recueil des principaux traités d’Alliances, de Paix, de Trêve, de Neutralité…“, die unter der Abkürzung „Recueil Martens“ internationale Anerkennung fand und durch zahlreiche Ergänzungsbände bis ins 20. Jahrhundert fortgeführt wurde. Wohl wegen der unsicheren Zukunft der Universität Göttingen legte Martens im Jahre 1808 seine Professur zurück und beendete damit seine wissenschaftliche Laufbahn, um eine diplomatische Karriere anzustreben. Er trat in den Staatsrat des Königreichs Westphalen ein, wo er 1810 das Präsidentenamt der Finanzsektion übernahm. Nach dem Ende des Königreichs Westphalen fungierte Martens als Geheimer Kabinettsrat im neu entstandenen Königreich Hannover. In dieser Funktion war er ein Mitglied der Deputation Hannovers am Wiener Kongress. Während seines Aufenthalts in Wien bewohnte Martens ein Quartier in den Tuchlauben 597 und betätigte sich als Protokollführer der Statistischen Kommission, der Flussschifffahrtskommission sowie des Deutschen Komitees. Im Zuge der Verhandlungen sprach er sich für eine Stärkung der Position der mindermächtigen Staaten im Deutschen Bund aus. Gesellschaftlich verkehrte er im Salon von (→) Fanny von Arnstein.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Von 1816 bis zu seinem Tod 1821 war Martens Bundestagsgesandter Hannovers in Frankfurt a. M.

Maximilian I. Joseph, König von Bayern

* 27. Mai 1756 (Schwetzingen), + 13. Oktober 1825 (München)

Nachdem Karl Theodor von Pfalz und Bayern 1799 ohne Erben verstorben war, trat als nächster männlicher Verwandter der aus einer Seitenlinie stammende Maximilian als Herzog Maximilian IV. die Herrschaft in Bayern an. Er profilierte sich unter dem Einfluss seines einflussreichen Ministers Maximilian Graf von Montgelas als enger Bündnispartner Napoleons, stand dieser Allianz persönlich allerdings stets ausgesprochen skeptisch gegenüber. Die Folgen der Anlehnung an Napoleon waren Landgewinne in Schwaben und Franken sowie 1805, nach dem Frieden von Pressburg/Bratislava, der Erwerb von Tirol und Vorarlberg. 1806 trat Bayern dem Rheinbund bei und wurde zum Königreich erhoben; der vormalige Herzog regierte nun als König Maximilian I. Joseph. 1810 kam es zu weiteren Gebietsverschiebungen: Bayern erhielt als Entschädigung für das südliche Tirol Bayreuth, Regensburg, Salzburg, Berchtesgaden, das Inn- und Teile des Hausruckviertels. Der Vertrag von Ried vom 8. Oktober 1813 beendete das Bündnis mit Napoleon und war der Beginn der außenpolitischen Kooperation mit der Habsburgermonarchie. Zuvorderst galt es allerdings, territoriale Fragen zwischen den beiden Mächten zu klären. Bereits im Vorfeld des Kongresses war vertraglich festgelegt worden, dass Bayern Tirol und Vorarlberg abgeben und dafür Würzburg und Aschaffenburg erhalten werde. Darüber hinaus sollte Bayern auch Salzburg sowie das Inn- und das Hausruckviertel an Österreich abtreten. Die genaue Entschädigungsmasse blieb allerdings offen und war Teil der Verhandlungen am Wiener Kongress. Zu diesem traf Maximilian I. Joseph am 28. September 1814 mit seinen beiden Söhnen, Erbprinz (→) Ludwig und Prinz (→) Karl, sowie seiner Suite in der österreichischen Hauptstadt ein und bezog bis zu seiner Abreise am 7. April 1815 ein Quartier im Reichskanzleitrakt der Hofburg. Seine Politik auf dem Wiener Kongress war durch die Ablehnung aller Überreste aus der napoleonischen Zeit gekennzeichnet. So verabscheute er etwa Joachim Murat, den König von Neapel. Zugleich waren die Bestrebungen Bayerns dahin gerichtet, den 1806 erworbenen Status als Königreich zu festigen und eine möglichst große Unabhängigkeit im Deutschen Bund zu bewahren. Der persönliche politische Einfluss des Königs scheint sich jedoch in Grenzen gehalten zu haben. Bitter beklagte er sich, über den Fortgang der Verhandlungen nicht auf dem Laufenden gehalten zu werden. Der Wiener Bevölkerung fiel jedenfalls weniger

Metternich-Winneburg-Beilstein, Klemens Wenzel Lothar Fürst von

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sein politisches Engagement, sondern vielmehr seine Trinkfreude auf („Maximilian von Bayern: trinkt für alle“). Zeitgleich rangen seine Bevollmächtigten (→) Wrede und (→) Rechberg um eine Lösung der offenen territorialen Fragen. Vor allem die Zugehörigkeit Salzburgs war strittig. Eine Einigung gelang auf dem Wiener Kongress nicht. Erst der Vertrag von München vom 14. April 1816 legte den Konflikt bei, indem Bayern endgültig den größten Teil Salzburgs und die Gebiete östlich des Inns abgab und dafür unter anderem den aus linksrheinischen Territorien neu geformten „Rheinkreis“ erhielt. Maximilian starb 1825. Während sein Körper in der Theatinerkirche in München beigesetzt wurde, ist sein Herz im Wallfahrtsort Altötting bestattet.

Metternich-Winneburg-Beilstein, Klemens Wenzel Lothar Fürst von * 15. Mai 1773 (Koblenz), + 11. Juni 1859 (Wien)

Vertreter des Kaisertums Österreich, österreichischer Außenminister

Metternich wuchs in einem aufgeklärten Elternhaus auf und studierte ab 1788 Staatswissenschaften in Straßburg. 1790 wechselte er nach Mainz und nahm dort das Studium der Rechtswissenschaften auf. Sein Vater, (→) Franz Georg Karl Graf (ab 1803 Fürst) Metternich-Winneburg, hatte 1791 das Amt des österreichischen Gesandten in den Österreichischen Niederlanden übernommen. Da der Ausbruch des 1. Koalitionskriegs die Weiterführung des Studiums in Mainz verhinderte, übernahm Metternich im Kielwasser seines Vaters mehrere kleine diplomatische Missionen, die ihn unter anderem an die Front sowie 1794 nach London führten. Der Vormarsch der französischen Truppen 1793 bedeutete für die Familie Metternich nicht nur den Verlust ihrer sämtlichen rheinischen Besitzungen, sondern Metternichs Vater musste auch seinen Posten in Brüssel räumen. Die gesamte Familie zog sich daher nach Wien zurück. Zwischen 1797 und 1799 konnte Metternich weitere diplomatische Erfahrungen auf dem Kongress von Rastatt sammeln, wo er als Gesandter der westphälischen Grafenbank auftrat. 1801 wurde er zum Gesandten Österreichs in Dresden ernannt, 1803 übernahm er diesen Posten in Berlin. 1805 wurde er auf Wunsch Napoleons zum österreichischen Gesandten in Paris ernannt. Nach der Niederlage Österreichs gegen Frankreich 1809 war ein politischer Kurswechsel notwendig, den Metternich umsetzte. Er löste (→) Stadion als Außenminister ab und arrangierte die Eheschließung zwischen Erzherzogin (→) Marie Luise, der ältesten Tochter von Kaiser (→) Franz I., und Napoleon. Als Napoleon im Russlandfeldzug 1812/13 gescheitert war, löste Metternich die Allianz mit Frankreich im Februar 1813 auf. Nach einer kurzen Periode der Neutralität, in welcher Metternich als Vermittler zwischen Napoleon und den ­Alliierten auftrat, erklärte Österreich Frankreich im August 1813 den Krieg. Am

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

20. Oktober 1813, zwei Tage nach der Völkerschlacht bei Leipzig, erhob Kaiser Franz Metternich in den Fürstenstand. Gemeinsam folgten sie den alliierten Truppen auf ihrem Vormarsch nach Paris, das sich am 30. März 1814 ergab. Nach einem kurzen Abstecher nach London reiste Metternich im Juli 1814 nach Wien, wo sich im September die Monarchen, Staatsmänner und Diplomaten zum Wiener Kongress versammelten. Metternichs Ziele waren die Sicherung der Vorherrschaft Österreichs in Italien sowie in Deutschland, wo Preußen zu einem starken Konkurrenten herangewachsen war. Im Sinne eines Mächtegleichgewichts in Europa sollten zudem Russlands Ambitionen, seine Einflusssphäre über den Erwerb Polens nach Westen auszudehnen, ein Riegel vorgeschoben werden. Schließlich war Metternich an Maßnahmen gelegen, um in Zukunft Revolutionen und daraus erwachsende Kriege zu verhindern. Das Arbeitspensum Metternichs während des Kongresses war immens, war er doch nicht nur Mitglied in allen wichtigen Kommissionen (Vierer-Konferenz, Fünfer-Konferenz, Achter-Konferenz, Abolitionskommission, Deutsches Komitee), sondern fungierte auch als Präsident des Kongresses. Alle Eingaben, Bittschriften und Memoranden der in Wien versammelten Staatsmänner und Diplomaten gingen in seiner Kanzlei ein, mussten gesichtet und bearbeitet werden. Zudem empfing er eine Unzahl an Besuchern in persönlichen Audienzen. Schließlich kam Metternich noch den Pflichten eines Gastgebers nach: Zwei der größten und prachtvollsten Feste des Wiener Kongresses fanden in seiner Sommerresidenz am Rennweg statt. Die ersten Monate der Verhandlungen waren für Metternich geprägt durch ­einen heftigen Konflikt mit Zar (→) Alexander I., der Kaiser Franz um die Ab­ lösung Metternichs als Außenminister bat. Auch die innerösterreichische Opposition, die sich um den ehemaligen Außenminister Stadion sammelte, kritisierte vor allem in den ersten Monaten des Kongresses die Politik Metternichs. Diese Fraktion trat für die Rechte der mediatisierten Standesherren – traditionell die Klientel des Hauses Habsburg – ein und hätte auch die Wiederherstellung des Alten Reiches befürwortet. Ein enges Einvernehmen entwickelte sich allerdings mit dem britischen Außen­minister (→) Castlereagh. Nicht nur politisch, sondern auch persönlich herrschte zwischen den beiden Politikern ein gutes Verhältnis. Nach der endgültigen Niederlagen Napoleons im Juni 1815 reiste Metternich zu den Verhandlungen des Zweiten Pariser Friedens (20. November 1815) nach Paris und nahm auch in den folgenden Jahren an den Mächtekongressen in ­Aachen, Troppau/Opava, Laibach/Ljubljana und Verona stets persönlich teil. Die außenpolitischen Erfolge Metternichs veranlassten Kaiser Franz, ihn 1821 zum Haus-, Hof- und Staatskanzler zu ernennen. In den folgenden Jahren intensivierte Metternich die Zusammenarbeit mit den konservativen Mächten Preußen und Russland, mit welchen er 1833 in Münchengrätz eine Allianz schloss. Im Deut-

Metternich-Winneburg, Franz Georg Karl Fürst von

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schen Bund und in Italien stand Metternich für eine Politik der Repression liberaler und nationaler Bewegungen. Innerhalb der Habsburgermonarchie sah sich Metternich ab 1826 mit dem wachsenden Einfluss von Staats- und Konferenzminister Franz Anton von Kolowrat-Liebsteinsky konfrontiert. Der Vertreter der böhmischen Adelsfraktion torpedierte die Pläne Metternichs für eine innere Reform des Vielvölkerstaats, die – wenn sie umgesetzt worden wären – eine klar strukturierte Staatsverwaltung nach sich gezogen hätten. Der Gegensatz zwischen Metternich und Kolowrat sowie die Unentschlossenheit von Kaiser Franz paralysierten die Habsburgermonarchie innenpolitisch. Dieser Zustand änderte sich auch nicht nach der Thronbesteigung des kranken Kaisers Ferdinand I. Die im Namen des Herrschers regierende Geheime Staatskonferenz war in unterschiedliche Fraktionen aufgespalten und nicht zur Umsetzung grundlegender Reformen imstande. Die Märzrevolution von 1848 brachte den Sturz Metternichs, der sich daraufhin nach England ins Exil begab. 1851 kehrte er nach Wien zurück und nahm bis zu seinem Tod eine politisch einflussreiche Position als Berater des jungen Kaisers Franz Joseph I. ein.

Metternich-Winneburg, Franz Georg Karl Fürst von * 9. März 1746 (Koblenz), + 11. August 1818 (Wien)

Inoffizieller Vertreter des Hauses Stadion-Tannhausen

Der Vater des österreichischen Außenministers (→) Metternich blickte zur Zeit des Wiener Kongresses auf eine lange Karriere in kaiserlichen Diensten zurück. In seiner Jugend hatte er in Mainz Rechtswissenschaften studiert und am Reichskammergericht in Wetzlar, am Reichstag in Regensburg und am Reichshofrat in Wien praktische Erfahrungen gesammelt. Seit 1768 fungierte er als Gesandter, später als Staats- und Konferenzrat für auswärtige Angelegenheiten des Kurfürsten von Trier in Wien. 1773 trat Metternich in kaiserliche Dienste. In den folgenden Jahren bekleidete er unter anderem Gesandtschaftsposten in Köln, Trier und dem Niederrheinisch-Westphälischen Reichskreis. 1789 war er erfolgreich an den Verhandlungen zur Beendigung des Lütticher Aufstands beteiligt und wurde in der Folge zum bevollmächtigten Minister für die Österreichischen Niederlande ernannt. 1794, nach dem Verlust des Herrschaftsgebiets, kehrte Metternich nach Wien zurück und sah sich mit großen Problemen konfrontiert: Durch den Rücktritt von Staatskanzler Kaunitz hatte er seinen wichtigsten Gönner verloren, und französische Truppen hatten seine Güter im Rheinland besetzt. 1797 vertrat Metternich Österreich auf dem Kongress von Rastatt. Der für die Habsburger nachteilige Verlauf der Verhandlungen kostete

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

ihn den Rückhalt am Wiener Hof; Metternich geriet ins politische Abseits. 1803 bekam Metternich im Reichsdeputationshauptschluss als Entschädigung für die linksrheinisch verlorenen Besitzungen die Reichsabtei Ochsenhausen zugesprochen. Damit verbunden war der Fürstentitel. 1804 erfolgte seine Ernennung zum Staats- und Konferenzminister, womit jedoch keine praktische Funktion verbunden war. 1810 übernahm er kurzzeitig die Leitung der Hof- und Staatskanzlei während der Abwesenheit seines Sohnes Klemens. Auf dem Wiener Kongress vertrat Metternich neben seinen eigenen Interessen als mediatisierter Fürst (Ochsenhausen war 1806 an Württemberg gefallen) inoffiziell auch das Haus Stadion-Tannhausen, welches die Restitution der Herrschaft Tannhausen anstrebte. Das Gebiet war 1806 im Zuge der Gründung des Rheinbunds an Bayern gefallen. Metternich nahm in der Gruppe der Mediatisierten eine herausragende Stellung ein, sodass er auch als deren Sprecher bezeichnet wurde. Die Zeitgenossen kritisierten jedoch seinen Eigensinn, der einem zügigen Voranschreiten der Verhandlungen hinderlich gewesen sei. Metternichs Name scheint allerdings noch in anderen Kontexten in den Quellen auf: So stellte er, obwohl Freimaurer, dem päpstlichen Nuntius (→) Severoli seine Vermittlung hinsichtlich der Ansprüche des Papstes in Aussicht. Gesellschaftlich verkehrte Metternich im Haus (→) Arnstein, welches er etwa anlässlich einer Wachsfigurenausstellung im Februar 1815 aufsuchte. Doch auch seine eigenen Räumlichkeiten waren für das Publikum geöffnet. Nach dem Ende des Wiener Kongresses nahm Metternich keine politischen Aufgaben mehr wahr. Als Standesherr war Metternich zwischen 1815 und 1817 Mitglied der württembergischen Ständeversammlung, ohne jedoch je persönlich an den Sitzungen teilzunehmen. Er starb 1818 in Wien.

Miari, Antonio

* 1. September 1754 (Belluno), + 29. Juni 1823 (Wien) Vertreter des Malteserordens

Zunächst Ordensritter, wurde Miari 1777 Justizritter des Malteserordens. Ab 1785 kommandierte er drei Jahre lang dessen Admiralsschiff. 1797 ernannte ihn Großmeister Ferdinand von Hompesch zu Bolheim zu seinem diplomatischen Sekretär. Nach der Einnahme Maltas durch napoleonische Truppen im Jahr 1798 folgte Miari Hompesch nach Triest, bekleidete in der Folge den Posten eines Ordensgesandten in Portugal und war Justiz-Bailli. Ebenfalls als Ordensgesandter besuchte er, gemeinsam mit (→) Berlinghieri, den Wiener Kongress. Er traf bereits im Juni 1814 in Wien ein; seine Wohnung hatte er bis zu seiner Abreise am 27. Juni 1815 gemeinsam mit Berlinghieri in der Kärntnerstraße 1041. Die Gesandten des Malteserordens setzten sich bei den Verhandlungen für die Rückerstattung der Insel Malta und der verloren gegangenen Vermögenswerte

Michailovski-Danilevski, Alexander IvanoviČ

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des Ordens ein, doch konnten sie sich mit diesen Forderungen nicht durchsetzen – Malta wurde Großbritannien zugesprochen. So äußerte Miari im Mai 1815 die Hoffnung, der Kongress möge zumindest die Existenz des Ordens anerkennen und sichern. Zudem sprach er sich für die Übernahme der Großmeisterwürde durch den Habsburger Maximilian Joseph von Österreich-Este, der 1801 in den Deutschen Orden eingetreten war, aus. Allerdings konnten die Gesandten des Malteserordens ihre Wünsche auf dem Wiener Kongress nicht durchsetzen. Nach dem Wiener Kongress wurde Miari Ordensgesandter am Wiener Hof und 1816 zum Kämmerer ernannt. Bis zu seinem Tod widmete er sich der Aufgabe, einen neuen Sitz für den Malteserorden zu finden und ihn entsprechend den Anforderungen der Zeit zu reformieren. 1822 sicherte der Vertrag von Verona den Fortbestand des Ordens als souveränes, nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt. Miari verstarb 1823 in Wien.

Michailovski-Danilevski, Alexander IvanoviČ

* 6. September 1790, + 21. September 1848 (St. Petersburg)

Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland, Chronist des Wiener Kongresses

Nach dem Studium unter anderem der Kameralwissenschaften in Göttingen trat Michailovski-Danilevski 1812 eine Stelle im Finanzministerium in St. Petersburg an. Anlässlich des russisch-französischen Kriegs wurde er zum Stab von Michail IllarionoviČ Kutusov, damals Kommandant der Donau-Armee und ab 1813 Oberbefehlshaber der russischen Armee, abkommandiert und schlug damit eine militärische Karriere ein. Michailovski-Danilevski diente als Kutusovs Adjutant und nahm in der Folge an der Schlacht von Borodino (7. September 1812) teil. Nach Kutusovs Tod 1813 ernannte Zar (→) Alexander I. Michailovski-Danilevski zum Mitglied seiner Entourage. 1814 begleitete er daher den russischen Herrscher nach Wien und traf hier am 13. September ein. Untergebracht war er, ebenso wie Zar Alexander, in der Hofburg. Seine Eindrücke vom Wiener Kongress publizierte Michailovski-Danilevski in den 1830er-Jahren (deutsch 1838 unter dem Titel: Erinnerungen aus den Jahren 1814 und 1815). Der Text ist geprägt durch die Nähe des Autors zu Zar Alexander und dem russischen Hof. Ende Juni 1815 reiste Michailovski-Danilevski aus Wien ab und begleitete Zar Alexander, seit 1816 als dessen Adjutant, auf seinen Reisen nach Südrussland und den Kongress von Aachen. 1818 sank er in der Gunst des russischen Herrschers und erhielt in der Folge das Kommando über die 3. Brigade der 7. Division im weit entfernten Poltava. 1829 nahm Michailovski-Danilevski am Krieg gegen das Osmanische Reich teil und beteiligte sich 1831 an der Niederschlagung des polnischen Aufstands.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

In dieser Zeit begann seine rege Publikationstätigkeit. Aus seiner Feder stammen zahlreiche Werke über die Napoleonischen Kriege, welche ihm große Bekanntheit einbrachten. 1835 wurde er zum Obmann der Militärischen Zensurbehörde sowie zum Generalleutnant und 1839 zum Mitglied des Kaiserlichen Kriegsrats ernannt, wo er sich als Reformer profilierte. 1843 wurde Michailovski-Danilevski Mitglied der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.

Miltitz, Dietrich von

* 30. Jänner 1769 (Oberau bei Meißen), + 29. Oktober 1853 (Siebeneichen bei Meißen) Mitglied der Deputation des Königreichs Sachsen

Nach dem Jurastudium in Leipzig und Wittenberg trat Miltitz 1790 in die kursächsische Armee ein, die er 1792 bereits wieder verließ, um Reisen nach Frankreich und in die Schweiz zu unternehmen. Als begeisterter Anhänger der Ideen der Französischen Revolution spielte er kurzzeitig mit dem Gedanken, in französische Dienste zu treten. Nach seiner Eheschließung ließ er sich jedoch auf seinem Gut Siebeneichen nieder, das er im Sinne der Stein-Hardenbergschen Reformen umzugestalten begann und das durch seinen Einsatz zum Mittelpunkt der Romantik in Sachsen wurde. Hier befand sich der Sitz des Scharfenberger Kreises, zu dem etwa Novalis, Kleist oder Fichte zählten. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 meldete sich Miltitz als Mitglied des Banners der Freiwilligen Sachsen. (→) Stein setzte sich erfolgreich für die Aufnahme von Miltitz in die provisorische Regierung Sachsens ein. Auf dem Wiener Kongress unterstützte Miltitz die bevollmächtigten Vertreter Sachsens, (→) Schulenburg, (→) Griesinger und (→) Globig. Er traf vermutlich am 9. Oktober 1814 in Wien ein und bezog ein Zimmer in der „Ungarischen Krone“. Von sächsischer Seite musste er sich den (wohl berechtigten) Vorwurf gefallen lassen, vorwiegend die Interessen Preußens zu verfolgen, was zum Zerwürfnis mit Schulenburg führte. Ende Oktober begab sich Miltitz nach Dresden, kam zwischenzeitlich wieder nach Wien und war Anfang Jänner 1815 in Berlin. Im Februar trat er als Oberst in die Preußische Armee ein, in der er bis zu seiner Pensionierung 1830 diente. Zwischen 1833 und 1851 wurde er als Rittergutsbesitzer des Meißner Kreises mehrmals als Abgeordneter in die Erste Kammer des Sächsischen Landtages gewählt. Miltitz starb Ende Oktober 1853 auf Schloss Siebeneichen.

Minkwitz, Friedrich August von

Minkwitz, Friedrich August von

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* 1753 (Zöpen bei Borna), + 18. Februar 1823 (Altenburg)

Vertreter des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg und inoffizieller Vertreter des Herzogtums Sachsen-Meiningen

Minkwitz begann seine Karriere 1775 in der Verwaltung des Herzogtums Sachsen-Gotha-Altenburg als Regierungsassessor. Bis 1811 war er – in verschiedenen Positionen und zuletzt als Geheimer Regierungsrat und Vorsitzender des Konsistoriums – durchgehend Regierungsmitglied. Von 1811 bis 1823 war Minkwitz Mitglied des Geheimen Ministeriums in Gotha. Auf dem Wiener Kongress vertrat er Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg als Bevollmächtigter. Minkwitz traf zwischen dem 24. und 26. September 1814 in Wien ein. Bis zu seiner Abreise am 13. Juni 1815 bewohnte er ein Quartier in den Tuchlauben 593. Herzog August hatte als Anhänger Napoleons bei der Formierung des Rheinbunds eine zentrale Rolle gespielt. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 war er, vermutlich auf Betreiben der Napoleon gegenüber feindlich eingestellten Herzogin, auf die Seite der Alliierten gewechselt. Seine Bewunderung für Napoleon war dennoch bestens bekannt, weshalb Minkwitz sich in einer schwierigen Position befand. Die Instruktionen des Herzogs lauteten dahingehend, weder eine unmäßige Einschränkung der Hoheitsrechte noch die Übernahme einseitiger finanzieller Verpflichtungen zuzulassen. Darüber hinaus sollte sich Minkwitz für die Wiederherstellung der herkömmlichen Reichsverfassung einsetzen. Diesen Anweisungen folgend engagierte sich Minkwitz in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“. So war er etwa gewähltes Mitglied jener Deputation, die von Beginn an den Beratungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode beiwohnte. Hier vertrat er neben Sachsen-Gotha-Altenburg auch Sachsen-Meiningen. Zudem trat er als Verfasser einer gemeinsamen Note der Mindermächtigen in Erscheinung, in welcher sich diese für den Erhalt des Königreichs Sachsen aussprachen; das Dokument wurde allerdings den Großmächten nie übergeben. Darüber hinaus war Minkwitz Mitglied der Akzessionskommission. Im Anschluss an den Wiener Kongress stieg Minkwitz zum Wirklichen Geheimen Rat auf und bekleidete bis 1823 das Amt des Obersteuerdirektors in Gotha.

Montenach, Jean François Joseph Nicolas de * 30. Juni 1766 (Freiburg), + 5. Juni 1842 (Freiburg) Vertreter der Schweizer Tagsatzung

Montenach stand zunächst kurzzeitig im diplomatischen Dienst Frankreichs. Nach einem sechsmonatigen Aufenthalt beim Hospodar der Moldau wurde er als Attaché des französischen Botschafters in Konstantinopel eingesetzt, was ihm

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

den Beinamen „le Turc“ einbrachte. 1790 nach Freiburg zurückgekehrt, blieb Montenach als Anhänger der Aufklärung politisch weiterhin aktiv. Von 1791 bis 1798 war er Mitglied im Rat der Zweihundert. Als Befürworter der Revolution stand Montenach 1798 der provisorischen Regierung vor und bekleidete 1798/99 das Amt des Distriktstatthalters von Freiburg. Von 1799 bis 1803 hatte er die Präsidentschaft der Munizipalgemeinde Freiburg inne und fungierte im Anschluss bis einschließlich 1837 als Staatsrat. Daneben war er Mitbegründer der 1813 ins Leben gerufenen Ökonomischen Gesellschaft Freiburgs. Montenach traf zwischen dem 24. und 26. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung in der Singerstraße 957. Als Vertreter der Tagsatzung war er, gemeinsam mit (→) Reinhard und (→) Wieland, damit beauftragt, die Anerkennung der Schweizer Souveränität und Neutralität durch den Kongress sicherzustellen. Weitere Punkte in der Instruktion betrafen territoriale Forderungen zur Arrondierung des Schweizer Staatsgebiets. Neben den Gesandten der Tagsatzung hatten freilich noch etliche Kantone eigene Bevollmächtigte zum Wiener Kongress entsandt, welche dort für Partikularinteressen eintraten. Doch auch innerhalb der Deputation der Tagsatzung herrschte keine Einigkeit. In diesem Zusammenhang sind die Denkschriften Montenachs zu erwähnen, die ihm vonseiten (→) La Harpes den Vorwurf einbrachten, im Zuge der Verhandlungen die politischen Interessen der Eidgenossenschaft zugunsten jener der aristokratischen Kantone zurückgestellt zu haben. Montenach trat am 15. November und am 13. Dezember 1814 vor dem Schweizer Komitee auf. Im Herbst 1814 besuchte er außerdem mehrfach (→) ­Talleyrand im Palais Kaunitz. Letztlich wurde in der Wiener Kongressakte festgelegt, dass die immerwährende Neutralität der Schweiz im Interesse der europäischen Staaten liege; die Garantie der Neutralität durch die Großmächte erfolgte aber erst im Zweiten Pariser Frieden im November 1815. Nach dem Wiener Kongress zeigte sich Montenach als entschiedener Gegner des Ultramontanismus sowie der Jesuiten. Er gilt als Mann der Aufklärung und als einer der Wegbereiter des Liberalismus in der Schweiz im 19. Jahrhundert.

Montet, Alexandrine de la Boutètiere de Saint-Mars Baronin * 30. Jänner 1785 (Luçon), + 16. Jänner 1866 (Nancy) Chronistin des Wiener Kongresses

Alexandrine wurde in eines der ältesten Adelsgeschlechter der Vendée geboren. Die Familie emigrierte 1791 im Zuge der Französischen Revolution nach Deutschland. Ab 1796 erhielt das Mädchen eine Erziehung in einer Klosterschule in Wien. 1801 kehrte die Familie wieder nach Frankreich zurück und fand die Familiengüter in verwüstetem Zustand vor.

Mösl, Joseph Edler von Moosthal

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Mit 25 Jahren, 1810, reiste Alexandrine wieder nach Wien, um hier Baron Joseph de Fisson du Montet zu heiraten, der ebenfalls einer französischen Emigrantenfamilie entstammte und sich in der Hauptstadt der Habsburgermonarchie niedergelassen hatte. Rasch wurde die Baronin ein Teil der Hofgesellschaft: Sie war Mitglied des Sternkreuzordens und diente als kaiserliche Palastdame. Aus dieser Perspektive beobachtete sie das Treiben am Hof und in der Stadt während des Wiener Kongresses und schrieb ihre Erinnerungen nieder, die 1904 publiziert wurden. 1824 übersiedelte die Baronin mit ihrer Familie nach Nancy, wo sie bis zu ihrem Tod 1866 lebte.

Mösl, Joseph Edler von Moosthal Vertreter des Fürstbischofs von Basel

Der Fürstbischof von Basel, Franz Xaver von Neveu, entsandte eigene Vertreter zum Wiener Kongress, da er die Wiederherstellung seiner weltlichen Herrschaftsrechte sowie die Lösung verschiedener Pensionsfragen anstrebte. Zudem wünschte er eine Garantieerklärung für die Diözese Basel. Als seinen Vertreter ernannte er den österreichischen Hofagenten Josef Mösl Edler von Moosthal. Dieser hatte dem Kongress eine in der erzbischöflichen Kanzlei vorbereitete Denkschrift zu überreichen und laufend über den Gang der Verhandlungen zu berichten. Als er – entgegen seiner Direktiven – eine eigene Eingabe an (→) Friedrich Wilhelm III. von Preußen vorbereitete, unterliefen ihm zahlreiche Fehler, sodass ihm eigenständiges Handeln ohne ausdrückliche Bewilligung untersagt wurde. Unterstützt wurde Mösl von (→) Delfils und (→) Billieux. Die Bemühungen der Deputation waren nicht von Erfolg gekrönt. Keine Seite war gewillt, die weltlichen Herrschaftsrechte des Kirchenfürsten zu restituieren. Diese Haltung änderte sich auch nicht durch den Auftritt von zwei Mitgliedern der Basler Deputation in der Schweizer Kommission am 16. Jänner 1815; das Fürstbistum Basel wurde – mit einigen territorialen Ausnahmen, die an Basel und Neuenburg fielen – mit Bern vereinigt. Mösl wirkte auch nach dem Wiener Kongress weiter als k.k. Hofagent in Wien und wohnte in der Wollzeile, später in der Currentgasse 406.

Münster, Ernst Friedrich Graf zu

* 1. März 1766 (Osnabrück), + 20. Mai 1839 (Hannover) Vertreter des Königreichs Hannover

Nach dem Besuch des Philanthropins in Dessau und der Ritterakademie in Lüneburg widmete sich Münster in den Jahren 1784 bis 1787 dem Studium der Rechts-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

wissenschaften in Göttingen. Dort knüpfte er erste Kontakte zum britischen Königshaus, indem er die Bekanntschaft der dort studierenden Prinzen Ernst August, Augustus Frederick und Adolphus Frederick machte. Nach Beendigung des Studiums war Münster als Auditor in der Verwaltung des von George III. in Personalunion mit dem britischen Königreich regierten Kurfürstentums Braunschweig-Lüneburg (Hannover) tätig, ehe ihn der König zum Prinzenbegleiter berief. Zwischen 1793 und 1798 begab Münster sich in dieser Funktion mehrfach auf Reisen nach Italien und Russland, wo er neben diplomatischer Erfahrung auch die Freundschaft Kardinal (→) Consalvis und (→) Stadions gewann. Von 1801 bis 1805 fungierte Münster als Gesandter Hannovers in St. Petersburg, wo er wesentlich zur Bildung des russisch-britisch-österreichischen Bündnisses gegen Frankreich beitrug. 1805 ernannte ihn George III. zum Kabinettsminister. Nach dem Rückzug der Franzosen, die das Kurfürstentum seit 1803 besetzt gehalten hatten, strebte Münster in Hannover eine Reorganisation der Verwaltung an, musste dieses Vorhaben jedoch aufgrund des preußischen Einmarschs 1806 aufgeben. Zurück blieb ein tiefes Misstrauen gegenüber den preußischen Expansionsplänen, das Münster in der Folge wiederholt thematisierte. Kritisch stand er auch der napoleonischen Herrschaft in Europa gegenüber. Daher setzte er sich für die finanzielle Unterstützung der Freischaren des Oberst von Dörnberg und jener (→) Friedrich Wilhelms von Braunschweig-Oels ein. Kontakte pflegte er darüber hinaus zu (→) Stein und (→) Gagern. Münster, der in London als Kenner der kontinentalen Verhältnisse galt, vertrat auf dem Wiener Kongress das Königreich Hannover. Er traf Anfang September 1814 in Wien ein und wohnte während des Kongresses in der Riemerstraße 865. Unterstützt wurde er bei den Verhandlungen von (→) Ernst Christian Georg Graf Hardenberg. Allerdings war Münster zu Beginn des Kongresses indisponiert, da er sich bei einem Kutschenunfall die Rippen gebrochen hatte, und kurzzeitig gar um sein Leben gefürchtet werden musste. Nach seiner Genesung nahm Münster an den Sitzungen des Deutschen Komitees teil. Hier sprach er sich insbesondere für die Einführung landständischer Verfassungen in den zukünftigen Bundesstaaten aus, um den Ständen ihre traditionellen Rechte und ihre weitere Existenz zu sichern. Zu den Vertretern der mindermächtigen deutschen Fürsten und freien Städte pflegte Münster ein enges Verhältnis. Insbesondere (→) Berg erhielt vom hannoverschen Bevollmächtigten immer wieder Informationen über den Verlauf der Verhandlungen im Deutschen Komitee. Auch mit (→) Schmidt-Phiseldeck stand Münster in engem Kontakt und wurde von diesem bezüglich der Kaisernote vom 16. November 1814 konsultiert. Allerdings unterstützte Münster nicht die Interessen der Mindermächtigen im Deutschen Komitee. Im Laufe der Verhandlungen wurde vielmehr deutlich, dass er sich den Positionen Österreichs und Preußens hinsichtlich der Ausgestaltung des Deutschen Bundes annäherte. Darüber hinaus war er Mitglied der Statisti-

Nenadović, Matija

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schen Kommission, der Militärkommission, der Akzessionskommission sowie der (ersten) Redaktionskommission. Münster verhandelte außerdem erfolgreich über territoriale Zugewinne für Hannover, welche unter anderem Ostfriesland, das Herzogtum Arenberg-Meppen und das Hochstift Hildesheim umfassten. So konnte das Königreich auf dem Kongress sowohl hinsichtlich der territorialen Ausdehnung als auch der Einwohnerzahl beträchtlichen Zuwachs erzielen. Nach dem Wiener Kongress verfolgte Münster eine konservative, wenig reform­orientierte Politik, wodurch er in Hannover immer wieder öffentliche Kritik auf sich zog. Hohe Wertschätzung genoss er hingegen weiterhin in Großbritannien, wo er sich häufig aufhielt. Große Aufmerksamkeit erregte sein Konflikt mit dem Sohn von Herzog (→) Friedrich Wilhelm von Braunschweig, Karl, welcher in einer Duellforderung, Schmähschriften sowie der von Münster vergeblich verlangten Bundesexekution gegen den Herzog gipfelte. Als 1830/31 in Göttingen und im Harz Aufstände ausbrachen, musste Münster schließlich zurücktreten. Diese Demütigung kränkte ihn tief; er verzichtete auf eine Pension und die Erhebung in den Fürstenrang. Nachdem er seine letzten Jahre zurückgezogen in Derneburg verbracht hatte, starb er schließlich 1839 in Hannover.

Nenadović, Matija

* 1777 (Brankovina bei Valjevo), + 11. Dezember 1854 (Valjevo) Vertreter der serbischen Unabhängigkeitsbewegung

Nenadović entstammte einem serbischen Adelsgeschlecht und trat seit seiner Jugend für die Unabhängigkeit Serbiens vom Osmanischen Reich ein. 1793 wurde er zum Priester geweiht. Gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern war er federführend an der Vorbereitung und Durchführung des serbischen Aufstands von 1803 beteiligt und nahm 1804 selbst an den Kämpfen teil. Im Herbst desselben Jahres reiste Nenadović nach Russland, um Zar (→) ­Alexander I. für die serbischen Unabhängigkeitsbestrebungen zu gewinnen. Dies gelang ihm zwar nicht, doch war er umso erfolgreicher bei der Organisation von Waffen aus dem Gebiet der Habsburgermonarchie. 1805 war Nenadović Mitbegründer einer serbischen Nationalversammlung und wurde deren erster Vorsitzender. Im folgenden Jahr führte ihn eine diplomatische Mission nach Wien, bevor er sich wieder an den Kämpfen beteiligte. 1807 legte er aufgrund von Spannungen zwischen seinem einflussreichen Onkel Jakuv Nenadović und dem Anführer des serbischen Aufstands, Karadjordje, den Vorsitz in der Nationalversammlung zurück und beschränkte sich auf die Teilnahme an militärischen Aktionen. 1813 brach der Aufstand zusammen, und Nenadović floh nach Wien. Hier hielt er sich auch zur Zeit des Wiener Kongresses auf und versuchte im Auftrag der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

serbischen Führung, die versammelten Staatsmänner und Diplomaten für den serbischen Unabhängigkeitskampf zu gewinnen. Mehrfach traf er (→) Castle­ reagh. Enge Kontakte pflegte er auch zur russischen Delegation, die sogar tatsächlich in Erwägung zog, das Thema der serbischen Unabhängigkeit vor den Kongress zu bringen. Zwar blieb Nenadović mit seinem Anliegen letztlich erfolglos, doch gelang es ihm, die serbischen Angelegenheiten erstmals ins europäische Bewusstsein zu rücken. Anlässlich des zweiten serbischen Aufstands kehrte Nenadović 1815 nach Serbien zurück und beteiligte sich wieder an den Kämpfen, der Beschaffung von Munition und dem Aufbau ziviler Verwaltungsorganisationen. 1832 trat er aufgrund von Spannungen mit dem autokratisch regierenden Fürsten Miloš Obrenović von seinen verschiedenen Funktionen zurück und stand fortan an der Spitze der Opposition. Ab 1838 war Nenadović Vorsitzender des restaurierten Staatsrats, bevor er aufgrund seiner oppositionellen Haltung Serbien 1840 verlassen musste. Bis 1841 lebte er in Konstantinopel, kehrte nach dem Sturz Obrenovićs 1842 nach Serbien zurück und nahm seine Position im Staatsrat wieder ein. 1852 schließlich trat er, nachdem er Fürst Alexander Karadjordjević politisch und militärisch unterstützt hatte, von seinen Funktionen zurück. Nenadović starb 1854 in Valjevo.

Nesselrode-Ereshoven, Karl Robert Graf von

* 13. Dezember 1780 (Lissabon), + 23. März 1862 (St. Petersburg) Vertreter des Kaiserreichs Russland

Nach einer Kindheit und Jugend in Lissabon, Frankfurt a. M. und Berlin trat Nesselrode als Adjutant von Zar Paul in russische Dienste. Seine politisch-diplomatische Laufbahn begann unter Zar (→) Alexander I., der ihm einen Posten in der Gesandtschaft in Berlin, dann in Den Haag zuwies. Nachdem er ab 1807 als Botschaftsrat in Paris gewirkt hatte, erfolgte 1811 seine Ernennung zum Staatssekretär ohne Geschäftsbereich. Zar Alexander, der großes Vertrauen in Nesselrode setzte, machte ihn parallel zu seinem außenpolitischen Sprecher sowie zu seinem Berater im alliierten Hauptquartier und auf den mit der Niederwerfung Napoleons zusammenhängenden Konferenzen. Nesselrode kam am 13. September 1814 in Wien an und bezog bis zu seiner Abreise am 8. Juni 1815 eine Wohnung in der Himmelpfortgasse 1023. Er vertrat Russland in der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Abolitionskommission sowie der Akzessionskommission. Mit der Entlassung von Außenminister Nikolai Petrovič Rumjancev im Jahr 1814 fiel Nesselrode auf dem Wiener Kongress die Aufgabe der Leitung der unübersichtlichen und wenig strukturierten russischen Delegation zu, der unter

Neukomm, Sigismund

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anderem (→) Razumovskij, (→) Kapodistrias, (→) Stackelberg und der Sekretär (→) Anstett angehörten. Insbesondere sein Verhältnis zu Anstett war äußerst angespannt. Der Sekretär scheute sich nicht, der Geringschätzung, die er gegenüber seinem Vorgesetzten empfand, Ausdruck zu verleihen. Nesselrodes Arbeit wurde zudem durch das persönliche Eingreifen des Zaren in die Verhandlungsführung immer wieder erschwert, was dem russischen Gesandten den Spott anderer Kongressteilnehmer einbrachte. So blieben die russischen Diplomaten – im Gegensatz zu den diplomatischen Vertretern der anderen Mächte – im Schatten von Zar Alexander, der während des Wiener Kongresses als sein eigener Außenminister fungierte. Seine diplomatischen Vertreter waren auf die Rolle von Sprechern oder Sekretären reduziert. Zudem drängten andere Delegierte Nesselrode in den Hintergrund: In Hinblick auf die polnische Frage etablierte sich (→) Czartoryski als erster Berater des Zaren und konzipierte sämtliche wichtige Schriftstücke. Diese wurden den Vertretern der Mächte übergeben, ohne dass Nesselrode davor konsultiert wurde. Im Laufe des Herbsts 1814 wurde Nesselrode als politischer Ratgeber des Zaren auch von Razumovskij überflügelt. Nach dem Wiener Kongress übernahm Nesselrode im August 1816 offiziell den Posten des russischen Außenministers, trat aber auf den nachfolgenden Kongressen in Aachen, Troppau/Opava, Laibach/Ljubljana und Verona jeweils gemeinsam mit Kapodistrias als Bevollmächtigter des Zaren auf. An die alleinige Spitze des Außenministeriums gelangte Nesselrode erst 1822, als Kapodistrias seines Postens enthoben wurde. Vorläufiger Höhepunkt von Nesselrodes Karriere war 1826 die Ernennung zum Vizekanzler durch Zar Nikolaus I., dem er in den folgenden Jahrzehnten ein loyaler politischer Berater blieb – so etwa in der die russische Außenpolitik lange Zeit dominierenden Orientalischen Frage. 1845 stieg Nesselrode zum Staatskanzler auf. Nach dem Pariser Friedensschluss von 1853 durch politische Differenzen ernüchtert, erbat er von Zar Alexander II. 1856 den Abschied. Er behielt aber seinen Sitz im Reichsrat und übernahm zwei Jahre später die Präsidentschaft des neu gegründeten Eisenbahnkomitees. Nesselrode starb 1862 in St. Petersburg.

Neukomm, Sigismund

* 10. Juli 1778 (Salzburg), + 3. April 1858 (Paris)

Musiker und Komponist, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich

Neukomm hörte Vorlesungen in Philosophie und Mathematik an der Universität Salzburg. Zusätzlich nahm er Musikunterricht und studierte Musiktheorie bei Michael Haydn, dem jüngeren Bruder von Joseph Haydn. 1792 wurde er Organist der Universität Salzburg und 1796 Chorleiter des dortigen Hoftheaters. 1798 übersiedelte Neukomm nach Wien, wo er sich als enger Mitarbeiter Joseph Haydns profilierte.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Zu Beginn des 19. Jahrhundert verbrachte er mehrere Jahre im Ausland. So war er zwischen 1804 und 1809 Kapellmeister des Deutschen Theaters in St. Petersburg. Seit 1809 lebte Neukomm in Paris, wo er sich bald der Protektion (→) Talleyrands erfreute. Diesem verdankte er auch den Auftrag für die Komposition der feierlichen Messe anlässlich der Rückkehr Ludwigs XVIII. 1814 kam Neukomm im Gefolge Talleyrands nach Wien. Hier hoffte er zum einen, Familienmitglieder wiederzusehen, zum anderen aber dem Publikum eine Oper zu präsentieren. Zu seinen Aufgaben gehörte es darüber hinaus, das Tagwerk des französischen Außenministers mit seinem Klavierspiel zu begleiten. Die österreichische Geheimpolizei verdächtigte den Pianisten freilich der Spionage. Es erschien den Behörden nicht nachvollziehbar, dass Neukomm die französische Hauptstadt, wo er über zahlreiche Bekanntschaften verfügte, verlassen hatte, um nach Wien zu kommen. Auf persönlichen Wunsch (→) Metternichs hin sollte Neukomm daher überwacht werden. Dies erwies sich freilich als schwieriger als erwartet: Neukomm lebte äußerst zurückgezogen und verließ das Palais Kaunitz, wo er untergebracht war, kaum. Dennoch wurde bald deutlich, dass Neukomm sich nicht für Politik, sondern ausschließlich für seine Musik interessierte. Früchte seiner Arbeit konnten die Kongressgäste im Jänner 1815 genießen, als Neukomms Requiem anlässlich der Gedenkmesse für Ludwig XVI. im Stephansdom aufgeführt wurde. Nach dem Wiener Kongress übersiedelte Neukomm nach Rio de Janeiro, wo er am Hof Johanns VI. von Portugal tätig war. In seinen letzten Lebensjahren entwickelte er eine umfangreiche Reisetätigkeit, die ihn durch ganz Europa führte. Er hinterließ ein umfangreiches Oeuvre von etwa 1300 Musikstücken.

Noailles, Louis-Joseph-Alexis Graf von * 1. Juni 1783 (Paris), + 14. Mai 1835 (Paris) Vertreter des Königreichs Frankreich

Noailles, ein entschiedener Anhänger der Bourbonen, wurde unter Napoleon inhaftiert und schließlich des Landes verwiesen. Er war Mitbegründer der Geheimgesellschaft „Chevaliers de la Foi“, die für den katholischen Glauben und die herkömmliche Dynastie eintrat. Nach Aufenthalten in der Schweiz und in Schweden, Russland und Wien folgte Noailles dem Herzog von Anjou, dem späteren König Ludwig XVIII., nach England. Seit 1812 versuchte er seine Kontakte für die Restauration der Bourbonen in Frankreich zu nützen und kämpfte seit 1813 in der Koalition gegen Napoleon. Gemeinsam mit (→) Talleyrand, (→) Dalberg und (→) La Tour du Pin repräsentierte Noailles Frankreich auf dem Wiener Kongress. In Wien traf Noailles verspätet am 2. November 1814 ein. Anders als Talleyrand und die meisten anderen Mitglieder der französischen Delegation hatte er

Nostitz, Johann Karl Georg von

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sein Quartier nicht im Palais Kaunitz in der Johannesgasse, sondern in der Annagasse 1029. Dieser Umstand dürfte auf das gespannte Verhältnis zwischen dem ehemaligen napoleonischen Außenminister Talleyrand und Noailles zurück­ zuführen sein. An den offiziellen Verhandlungen hatte Noailles wenig Anteil: Er war lediglich Mitglied der Achter-Konferenz sowie der Genua-Kommission. Bemerkt wurde hingegen seine große Frömmigkeit, die sich in häufigen Messbesuchen äußerte. Nach der Rückkehr Napoleons nach Frankreich machte Noailles keinen Hehl aus seiner Freude, dass der Usurpator nun seinem gerechten Schicksal zugeführt werden würde. Er verließ Wien am 11. (nach anderen Angaben am 28.) Juni 1815 in Richtung Gent, wo Ludwig XVIII. Zuflucht gefunden hatte. Nach dem Wiener Kongress wandte sich Noailles einer politischen Karriere zu: Zwischen 1815 und 1831 saß er als Mitglied der royalistischen Partei im französischen Parlament, stimmte aber auch zeitweise mit der konstitutionellen Opposition. Er starb 1835 in Paris.

Nostitz, Johann Karl Georg von

* 10. Juni 1781 (Dresden), + 19. August 1838 (Wisilievka)

Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland, Chronist des Wiener Kongresses

Nostitz trat nach dem Besuch der Universität Halle in den preußischen Militärdienst ein. Erst der Kavallerie zugeteilt, wurde er bald zum Adjutanten des Prinzen Louis Ferdinand ernannt und kämpfte in den Feldzügen von 1806/07. Den Krieg von 1809 erlebte Nostitz in österreichischen Diensten. 1812 war er am Russlandfeldzug beteiligt und trat 1813 in russische Dienste über. Als Teil der Suite Zar (→) Alexanders I. nahm er 1814 an den Verhandlungen in Paris und am Wiener Kongress teil, zu welchem er zwischen dem 16. und 19. Dezember 1814 eintraf. Sein Tagebuch der folgenden Monate zeigt die Sichtweise eines Armeeoffiziers auf die diplomatischen Verhandlungen und Festlichkeiten und weist vielfach einen äußerst kritischen Ton auf. (→) Karl August Varnhagen charakterisierte Nostitz’ Weltsicht folgendermaßen: Sein „unbestreitbarstes Eigenthum war der scharfe Weltverstand, die kluge Einsicht in fremde Thorheit und Schwäche, der unbedingte Haß aller Selbsttäuschung, die Lust und Entschlossenheit, sich die nackte Wahrheit, und wäre sie noch so häßlich, vor Augen zu stellen, daher Zweifel und Mißtrauen gegen alles, was in der Welt etwas bedeuten will“. Nach dem Wiener Kongress blieb Nostitz in russischen Diensten und war Teil der Besatzungsarmee, welche Frankreich bis 1818 okkupierte. Anschließend kehrte er nach Russland zurück, wo er 1828 als General im Krieg gegen das Osmanische Reich kämpfte und 1831, nunmehr als Generalleutnant, an der Niederschlagung des Polnischen Aufstands beteiligt war. Er starb 1838 in Wisilievka.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Oertzen, August Otto Ernst von

* 11. September 1777 (Kotelow), + 3. September 1837 (Berlin) Vertreter des (Groß-)Herzogtums Mecklenburg-Strelitz

Oertzen studierte ab 1796 in Göttingen und Jena Rechtswissenschaften. 1798 trat er als Kammerjunker und Auditor der Justizkanzlei in Neustrelitz in den Staatsdienst von Mecklenburg-Strelitz ein. 1800 wurde er Wirklicher Kanzleirat und Referendar bei der Landesregierung, 1804 folgte die Beförderung zum Regierungsrat. Seit 1807 fungierte er zugleich als Lehnrat bei der Lehnkammer. 1810 wurde er schließlich zum Wirklichen Staatsminister und Regierungspräsidenten ernannt. Oertzen traf am 20. September 1814 in Wien ein. Bis zu seiner Abreise am 15. Juni 1815 in Richtung Berlin hatte er seine Unterkunft im „Weißen Ochsen“. Beim Wiener Kongress vertrat er Herzog Karl II. von Mecklenburg(-Strelitz), welcher zudem seinen Sohn, Erbprinz (→) Georg von Mecklenburg(-Strelitz), nach Wien geschickt hatte. Die mecklenburg-strelitzschen Vertreter hofften, die Alliierten würden den frühen Abfall Herzog Karls II. von Napoleon würdigen und ihm daher zusätzlich zu den Stammlanden das Herzogtum Sachsen-Lauenburg, die Stadt Lübeck sowie Schwedisch-Vorpommern zusprechen. Diese Erwartungen zerschlugen sich angesichts der konkreten politischen Realitäten und der Aspirationen der Großmächte, insbesondere Preußens. Als Kompensation für die entgangene Gebietsvergrößerung erhielt Herzog Karl II., mit Unterstützung von Zar (→) Alexander I., die Großherzogswürde zugesprochen. Des Weiteren setzte sich Oertzen in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ für eine Zulassung zu den Verhandlungen über den Deutschen Bund ein und forderte die Wiedereinführung der deutschen Kaiserwürde. Oertzen pflegte engen Kontakt zu dem Bremer Gesandten (→) Smidt, mit welchem er in politischer Hinsicht weitgehend übereinstimmte. Im Gegensatz zu den meisten Gesandten der mindermächtigen Staaten tendierte er, was die zukünftige Führungsmacht in Deutschland betraf, aus familiären Gründen zu Preußen. Er vertrat Mecklenburg-Strelitz im Frühjahr 1815 im Deutschen Komitee während dessen zweiter Sitzungsperiode. Oertzen fungierte nach dem Kongress weiter als Staatsminister und wurde 1831 zum Präsidenten des Kammer- und Forstkollegiums ernannt. Er verstarb 1837.

Palmella, Souza-Holstein Pedro de Graf von

Palmella, Souza-Holstein Pedro de Graf von

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* 8. Mai 1781 (Turin), + 12. Oktober 1850 (Lissabon) Vertreter des Königreichs Portugal

Nachdem Palmella von 1791 bis 1795 in einem Genfer Internat erzogen worden war, entschied er sich für ein Studium an der Universität Coimbra in Portugal. Ein Jahr später trat er dem Militär bei. 1806 übernahm er das Amt des portugiesischen Botschafters am Heiligen Stuhl, das zuvor sein verstorbener Vater innegehabt hatte. In Rom machte er unter anderem die Bekanntschaft (→) Humboldts. Bereits 1807 kehrte er nach Portugal zurück, das von Napoleon besetzt worden war, und nahm 1808 an den militärischen Operationen zur Befreiung des Landes teil. Prinzregent Johann, der spätere König Johann VI., ernannte Palmella 1810 zum Vertreter seines Landes in Spanien. 1812 übernahm er den Botschafterposten in London. Auf dem Wiener Kongress vertrat Palmella neben (→) Saldanha da Gama und (→) Lobo die Interessen der portugiesischen Krone. Strittig war insbesondere die territoriale Zugehörigkeit der Stadt Olivenza und des heutigen Französisch-Guyana. Diese Gebiete waren 1801 an Spanien beziehungsweise Frankreich abgetreten worden. Palmella traf am 28. September 1814 in Wien ein und bewohnte bis zu seiner Abreise am 29. Juni 1815 eine Wohnung am Bauernmarkt 617 (nach anderen Angaben: Renngasse 163). Da Portugal zu den Signatarmächten des Ersten Pariser Friedens zählte, war Palmella Mitglied der Achter-Konferenz. Zudem war er an den Verhandlungen der Rangkommission sowie der Abolitionskommission beteiligt. Erschwert wurden die diplomatischen Gespräche durch die Entfernung zum portugiesischen Hof, der seit der französischen Besatzung in Rio de Janeiro residierte und dessen Instruktionen durch die enorme Entfernung mit monatelanger Verspätung eintrafen. Dennoch gelang es, die umstrittenen Gebiete für Portugal zurückzugewinnen. Palmella wurde 1817 zum portugiesischen Außenminister ernannt. Als 1820 die Revolution ausbrach, kehrte er gemeinsam mit König Johann VI. nach Portugal zurück, wo dieser die von den Cortes ausgearbeitete Verfassung anerkannte und einer konstitutionellen Monarchie zustimmte. Im nachfolgenden Aufstand konservativer Kräfte stand Palmella loyal zu König Johann VI., wurde als Dank zum Marquês ernannt und diente wieder als Botschafter in London. Als Erbprinz Michael 1828 durch einen Putsch auf den portugiesischen Thron gelangte und als Michael I. regierte, schlug sich Palmella auf die Seite der Opposition, musste nach England fliehen und wurde in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Unter Peter  IV., Herzog von Braganza, wurde er zum Innen- und Außenminister der liberalen Gegenregierung mit Sitz auf den Azoren ernannt. 1833 folgte die Verleihung des

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Herzogtitels. Nach der Wiedereinsetzung von Königin Maria II. wurde Palmella 1834 erstmals zum Regierungschef ernannt. In den folgenden, für Portugal politisch wechselvollen Jahren übernahm er verschiedene politische und diplomatische Ämter, ehe er 1846 erneut mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, was jedoch durch den Ausbruch des Bürgerkriegs verhindert wurde. 1847 kehrte Palmella nochmals als Regierungschef zurück, legte jedoch bald alle politischen Ämter nieder und starb 1850 in Lissabon.

Perth, Matthias Franz

* 1. Februar 1788 (Wien), + 17. Februar 1856 (Baden bei Wien) Chronist des Wiener Kongresses

Der Sohn des Leibkutschers des Wiener Erzbischofs besuchte zwischen 1799 und 1803 das Gymnasium bei St. Anna. Anschließend wechselte Perth für drei Jahre an die Universität Wien, um sich dem Studium der Philosophie zu widmen. 1807 trat er als Praktikant in die Dienste des „Obersthof- und Landjägermeisteramtes und N.Ö. Waldamts“, kurz „k.k. Oberstjägermeisteramt“, ein. Perths Beamtenkarriere verlief ruhig und stetig, bis er sich – inzwischen „k.k. Obersthoflandjägermeisteramts-Secretair“ – 1848 pensionieren ließ. Mit 15 Jahren begann Perth ein Tagebuch zu führen, das in 58 Bänden überliefert ist und unter anderem Informationen über den Wiener Kongress aus der Sicht eines kleinen Hofbeamten enthält. Als Quellen zur Beschreibung von Festlichkeiten, zu welchen er selbst nicht zugelassen war, griff Perth auf gedrucktes Material, wie etwa die offiziöse „Wiener Zeitung“, zurück. Er überliefert den Kongress aus der Perspektive der Wiener Bevölkerung, welche von den Verhandlungen nichts und von den Festlichkeiten nur wenig zu Gesicht bekam. Im September 1814 stand Perth dem Weltereignis „Wiener Kongress“, das die gesamte Stadt in seinen Bann zog, durchgehend positiv gegenüber. Doch mit der Dauer der Verhandlungen und den damit verbundenen Preissteigerungen und Steuererhöhungen mischten sich auch bei dem kaiser- und staatstreuen Beamten kritische Untertöne in die Aufzeichnungen.

Pichler, Caroline

* 7. September 1769 (Wien), + 9. Juli 1843 (Wien) Wiener Schriftstellerin und Salonière

Caroline Pichler hatte sich zur Zeit des Wiener Kongresses als patriotische Schriftstellerin bereits einen Namen gemacht. In ihren historischen Romanen und Theaterstücken befasste sie sich primär mit der Geschichte Österreichs und bezeugte ihre Treue und Anhänglichkeit gegenüber der Dynastie der Habsburger

Pictet de Rochemont, Charles

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und der Monarchie. Darüber hinaus führte sie einen Salon, welchen die konservative bürgerliche Elite der Stadt Wien gerne aufsuchte. Während des Wiener Kongresses war ihre Wohnung dienstags und donnerstags für Gäste geöffnet. Zahlreiche anlässlich des Kongresses nach Wien gereiste Persönlichkeiten nahmen das Angebot an. So frequentierten etwa die Fürstin (→) Isenburg, (→) Bertuch, (→) La Harpe oder die Fürstin (→) Fürstenberg den Pichlerschen Salon. Caroline Pichler besuchte mehrere Festivitäten des Kongresses, so etwa das Fest im Prater im Oktober 1814. Anlässlich des Karussells in der Reitschule veröffentlichte sie einen Artikel über die deutsche Frauentracht und verfasste zudem eigens für diesen Anlass ein Gedicht. Als Mitglied des Chors des Musikvereins nahm sie an der Aufführung von Händels „Samson“ in der Reitschule teil. Darüber hinaus gehörte sie zu den Anhängerinnen des charismatischen Priesters (→) Werner. In ihren Memoiren gibt sie wichtige Einblicke in das kulturelle Leben der Zeit. Die zwischen 1820 und 1843 erschienene Werksausgabe umfasst 60 Bände. Caroline Pichler starb 1843 in Wien.

Pictet de Rochemont, Charles

* 21. September 1755 (Genf), + 28. Dezember 1824 (Genf) Vertreter der Stadt Genf

Pictet de Rochemont besuchte das Seminar Haldenstein bei Chur, wo er die deutsche Sprache erlernte. Ab 1775 stand er zehn Jahre lang als Sous-Aide-Major im Regiment Diesbach in französischen Diensten. 1788 wurde er Mitglied des Genfer Rats der Zweihundert und war ab 1790 Auditor. Gemeinsam mit seinem Bruder Marc-Auguste wurde er nach der Genfer Revolution in die Nationalversammlung gewählt, legte sein Mandat allerdings noch im selben Jahr aus Protest gegen die Auswüchse des Jakobinismus zurück. Einer im August 1794 ausgesprochenen Verurteilung zu einem einjährigen Hausarrest durch das erste Revolutionsgericht folgte bereits drei Wochen später eine Amnestie durch das zweite Revolutionsgericht. 1796 trat Pictet als Mitbegründer der Monatsschrift „Bibliothèque britannique“ auf. Nachdem die französische Garnison am 29. Dezember 1813 Genf verlassen hatte, verfasste Pictet am folgenden Tag, gemeinsam mit Ami Lullin und Joseph Des Arts, die Erklärung der provisorischen Regierung. Als Vertreter Genfs beteiligte er sich 1814/15 an den beiden Pariser Konferenzen sowie am Wiener Kongress, wo er von (→) D’Ivernois und (→) Eynard unterstützt wurde. Pictet traf am 5. Oktober 1814 in Wien ein und bezog eine Unterkunft in der Krügerstraße 1069. Die Genfer Delegation setzte sich während der Verhandlungen erfolgreich für die Anerkennung von Genf als eigenem Schweizer Kanton ein. Außerdem erreichte sie, dass Genf auf dem Wiener Kongress eine Gebiets-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

vergrößerung in Aussicht gestellt wurde, welche im Zweiten Pariser Frieden tatsächlich umgesetzt wurde. Der größte politische Erfolg der Delegation lag in der internatio­nalen Anerkennung der immerwährenden Schweizer Neutralität im November 1815, was Pictet den Ruf eines Landesvaters einbrachte. 1816 vertrat Pictet Genf und die Schweiz in Turin, wo mit Sardinien-Piemont über eine weitere territoriale Vergrößerung südlich der Rhône verhandelt wurde. Tatsächlich trat König Viktor Emanuel I. 24 Gemeinden an Genf ab; zudem wurde eine Zollfreihandelszone eingerichtet. Aufgrund seiner Verdienste wurde Pictet zum Ehrenmitglied der Genfer Stadtregierung ernannt. Seine letzten Jahre verbrachte er auf seinem Landgut.

Pilat, Joseph Anton

* 20. Februar 1782 (Augsburg), + 2. Mai 1865 (Wien)

Privatsekretär Metternichs und Redakteur des Österreichischen Beobachters

Nach dem Studium der Rechte an der Universität Göttingen stand Pilat kurzzeitig im Dienst der Reichsabtei Ochsenhausen und wurde 1803 Privatsekretär (→) Metternichs. Diesem folgte er nach Berlin und Paris und ging mit ihm 1809 nach Wien. Er begleitete ihn auch 1813 zum Prager Kongress, 1814 nach Paris und zu den Londoner Konferenzen. 1811 übernahm Pilat von (→) Schlegel die Redaktion der halbstaatlichen Zeitung „Österreichischer Beobachter“ und wurde damit zu einem Hauptakteur für die metternichsche Pressepolitik. Während der Feldzüge 1813/14 leitete er die Felddruckerei im Hauptquartier der Alliierten und verfasste die Armeeberichte. Pilat war mit (→) Gentz und (→) Smidt befreundet und hielt engen Kontakt zu (→) Werner, Schlegel sowie (→) Hofbauer. Der streng katholische und politisch konservative Pilat gilt als der wichtigste Verbindungsmann des Hofbauer-Kreises zur Politik. Das augenfälligste Engagement im Kontext des Wiener Kongresses entwickelte Pilat als Gegner einer rechtlichen Gleichstellung der Juden in den deutschen Staaten. Pilat profilierte sich während des Kongresses als Gastgeber, indem er mit seiner Frau einen Salon führte. Verschiedene Diplomaten nutzten zudem die Möglichkeit Pilat aufzusuchen, um einen Blick in seine Auswahl an internationalen Zeitungen zu werfen. 1818 wurde Pilat zum wirklichen k.k. Hofsekretär, 1842 zum Regierungsrat im außerordentlichen Dienst der Staatskanzlei ernannt. In journalistischer und schriftstellerischer Hinsicht war Pilat stets sehr aktiv: Neben seiner Tätigkeit für den Österreichischen Beobachter schrieb er Artikel für die Wiener Zeitung, die Allgemeine Zeitung von (→) Cotta sowie die Berliner „Haude und Spenersche Zeitung“. Zudem publizierte er verschiedene Texte und Gedichte. Mit dem Sturz

Pilgram, David Heinrich Gottfried von

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Metternichs 1848 legte Pilat seine vielfältigen Aufgaben nieder und war bis zum Eintritt in den Ruhestand noch einige Jahre im Ministerium des Äußeren tätig. Er starb 1865.

Pilgram, David Heinrich Gottfried von

* 7. November 1744 (Wien), + 5. August 1829 (Wien) Vertreter des Fürsten Salm-Salm

Pilgram war zunächst Sekretär des Reichshofrats Graf von Sternberg, dann Hof­ agent Hessen-Darmstadts in Wien. Ab 1784 fungierte er als Reichshofratsagent. Pilgram war Freimaurer. Seit 1809 stand er als Geheimer Legationsrat am Wiener Hof in den Diensten Dänemarks. Auf dem Wiener Kongress vertrat Pilgram den Fürsten Konstantin Alexander Joseph zu Salm-Salm. Er stand in Kontakt mit den preußischen Vertretern (→) Stein und (→) Karl August von Hardenberg. Das Fürstentum Salm, das 1811 trotz Zugehörigkeit zum Rheinbund von Frankreich annektiert worden war, wurde allerdings auf dem Kongress nicht wiederhergestellt. Das Gebiet fiel vielmehr an Preußen. Nach dem Kongress war Pilgram weiter als Legationsrat für Dänemark in Wien tätig.

Plessen, Leopold Engelke Hartwig von

* 21. Jänner 1769 (Raden bei Güstrow), + 25. April 1837 (Schwerin) Vertreter des (Groß-)Herzogtums Mecklenburg-Schwerin

Nach dem Abschluss des Studiums der Rechte in Rostock und Göttingen trat Plessen 1790 für ein knappes Jahr in die preußisch-brandenburgische Kriegs- und Domänenkammer in Berlin ein. Im Anschluss absolvierte er ein Praktikum am Reichstag in Regensburg. 1793 wurde Plessen vom Herzog Mecklenburg-Schwerins, Friedrich Franz I., als Kammerauditor angestellt und drei Jahre später zum Kammerherrn ernannt. 1802 ging Plessen als herzoglicher Reichstagsgesandter nach Regensburg. Im Reichsdeputationshauptschluss vertrat er erfolgreich die Ansprüche Mecklenburg-Schwerins und Mecklenburg-Strelitz’. Als französische Truppen das neutrale Mecklenburg-Schwerin im November 1806 überraschend besetzten, begleitete Plessen den Herzog ins dänische Exil. In der Folge führte er mit Russland Verhandlungen über die Rückkehr des Herrschers, welche Anfang Juli 1807 erfolgte. Friedrich Franz I. ernannte Plessen daraufhin zum wirklichen Geheimen Rat sowie zum Dritten Minister. Außerdem übernahm Plessen die Direktion des herzoglichen Kabinetts. Im Jänner 1814 wurde er in das Hauptquartier der Alliierten entsandt, um sich im Rahmen von Allianzverträgen die Souveränität des Herzogtums zusichern zu lassen. Im selben Jahr nahm er als

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Gesandter von Mecklenburg-Schwerin am Wiener Kongress teil. Er traf Anfang September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog eine Wohnung auf der Hohen Brücke 151. Mecklenburg-Schwerin erhoffte sich von den Verhandlungen in Wien Gebietsarrondierungen als Kompensation für die während der Napoleonischen Kriege entstandenen Schäden. Darüber hinaus beauftragte der Herzog Plessen damit, bei den Gesprächen für die Einheit und Selbstständigkeit Deutschlands einzutreten. Plessen pflegte während des Kongresses enge Kontakte nicht nur zu (→) Metternich und dem preußischen Staatskanzler (→) Karl August von Hardenberg, sondern auch zu (→) Johann Philipp von Wessenberg, (→) Humboldt, (→) Nesselrode und (→) Münster, welche den mecklenburgischen Diplomaten aufgrund seiner Umgangsformen und seiner staatsrechtlichen Anschauungen schätzten. Auf diesem Weg erfuhr Plessen zahlreiche Details über den Verlauf der Verhandlungen im Deutschen Komitee. Diese Kenntnisse nutzte Plessen im Rahmen seiner Tätigkeit in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“, zu deren aktivsten Mitgliedern er gehörte. Er arbeitete eng mit (→) Gagern zusammen und publizierte im Rahmen dieser politischen Tätigkeit die Schrift „Grundzüge zu einem künftigen deutschen Gesammtwesen und einer National-Einheit“. Neben der Zulassung der mindermächtigen Staaten zu den Beratungen des Deutschen Komitees forderte er die Restitution der römisch-deutschen Kaiserwürde für das Haus Habsburg. Plessen war Mitglied jenes fünfköpfigen Ausschusses der Mindermächtigen, welcher von Beginn an zur zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees zugelassen war. Darüber hinaus nahm er an den Sitzungen der Akzessionskommission teil. Kritisch stand Plessen den politischen Aktivitäten von Kardinal (→) Consalvi in Hinblick auf die deutsche Kirchenfrage gegenüber. Hinsichtlich Mecklenburg-Schwerins konnte Plessen eine Rangerhöhung zum Großherzogtum verhandeln. Nach dem Kongress übernahm Plessen für Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz die Funktion des bevollmächtigten Ministers bei der Bundesversammlung in Frankfurt a. M., die er bis 1820, als seine Ernennung zum Minister in Mecklenburg-Schwerin erfolgte, innehatte. Ebenso nahm er 1819 an den Karlsbader Konferenzen teil und war Mitverhandler auf den Wiener Ministerialkonferenzen. Die ihm sowohl von Österreich als auch von Preußen angetragene Übernahme der Bundes-Präsidialgesandtschaft lehnte er ebenso ab wie den Übertritt in preußische Dienste. 1836 wurde er zum Ersten Staatsminister und Regierungspräsidenten von Mecklenburg-Schwerin ernannt, verstarb jedoch bereits Ende April 1837.

Pohl, Karl Friedrich

Pohl, Karl Friedrich

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Vertreter der Fürstin Charlotte von Isenburg-Birstein

Pohl wurde 1806 Amtmann, später Regierungsrat im Fürstentum Isenburg. Auf Empfehlung von Geheimrat (→) Gärtner setzte Charlotte Fürstin von (→) Isenburg-Birstein, die auf die völlige Wiederherstellung der politischen Souveränität des Fürstentums Isenburg hoffte, Pohl als Bevollmächtigten am Wiener Kongress ein. Seine Unterkunft hatte Pohl bis zu seiner Abreise aus Wien am 13. Juni 1815 am Stock-im-Eisen-Platz 664. Pohl befand sich in einer schlechten Ausgangslage, hatte Fürst Carl doch bis zuletzt an seinem Bündnis mit Napoleon festgehalten und daher nach Artikel 2 der Leipziger Konvention die Einverleibung seines Territoriums in das Generalgouvernement Frankfurt hinnehmen müssen. Pohl hatte in Wien die Sukzessionsansprüche des Großherzogtums Hessen-Darmstadt ebenso abzuwehren wie die Gefahren, die aus einem angestrebten territorialen Ausgleich zwischen Österreich und Bayern für die Selbstständigkeit Isenburgs entstanden. Darüber hinaus galt es, eine von den Großmächten mitgetragene Lösung für die Begleichung der immensen, im Zuge der Napoleonischen Kriege entstandenen isenburgischen Staatsschuld zu erzielen. Pohls Antrag, zu den Versammlungen der Mindermächtigen hinzugezogen zu werden, wurde abgelehnt. Ebenso wenig gelang es trotz persönlicher Interventionen der Fürstin, die Souveränität Isenburgs wiederherzustellen – es fiel 1815 an Österreich, um ab 1816 im Großherzogtum Hessen-Darmstadt bzw. in Kurhessen aufzugehen.

Potocki, Stanisław Kostka

* November 1755 (Lublin), + 14. September 1821 (Wilanów) Vertreter der polnischen Nation

Potocki entstammte einer alten polnischen Adelsfamilie. Nach einer Ausbildung im Collegium Nobilium in Warschau nahm er einen Platz in der polnischen Nationalversammlung ein und wurde rasch einer der Anführer der polnischen Reformpartei. Angesichts der Herausforderungen der polnischen Teilungen beschloss die Nationalversammlung 1791, eine Verfassung zu erlassen, an deren Erarbeitung Potocki führend beteiligt war. Nachdem Potocki 1792 im Russisch-Polnischen Krieg in der polnisch-litauischen Armee gekämpft hatte, verbrachte er die Jahre zwischen 1792 und 1798 im Exil. 1800 war Potocki einer der Mitbegründer der „Warschauer Gesellschaft der Freunde der Wissenschaften“. Nach der Gründung des Großherzogtums Warschau 1807 übernahm er wieder öffentliche Aufgaben und fungierte als Mitglied

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

der Regierungskommission. Besonders engagiert zeigte er sich im Erziehungsbereich, indem er etwa den Posten des Direktors der Kommission für Nationalerziehung übernahm. 1809 wurde er Leiter des Staatsrats und des Ministerrats. Das Ende der napoleonischen Herrschaft brachte auch das Ende des Großherzogtums Warschau, dessen Territorium von russischen Truppen besetzt wurde. Ziel der Vertreter der polnischen Nation auf dem Wiener Kongress war die Wiedererrichtung des Königreichs Polen. Während der Verhandlungen war Potocki immer wieder in Gesellschaft von Mitgliedern oder Sympathisanten der russischen Delegation anzutreffen; so besuchte er etwa den Salon der Fürstin (→) Bagration und speiste dort gemeinsam mit (→) Pozzo di Borgo, (→) Nesselrode und (→) Anstett. Aus seiner Abneigung gegen (→) Czartoryski und dessen Familie, die sich seines Erachtens mehr um russische denn um polnische Belange kümmerten, machte er keinen Hehl. Das hinderte ihn freilich nicht daran, gemeinsam mit Czartoryski Anfang Juni 1815 nach Warschau abzureisen. Zwischen 1818 und 1820 war Potocki schließlich Vorsitzender des polnischen Senats.

Pozzo di Borgo, Carlo Andrea

* 8. März 1764 (Alata), + 15. Februar 1842 (Paris)

Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Pozzo di Borgo entstammte einer verarmten korsischen Adelsfamilie. Nach dem Studium in Pisa und dem Ausbruch der Französischen Revolution wurde er nach Paris entsandt, um mit der Nationalversammlung über die politische Inkorporation Korsikas zu verhandeln; in der Folge fungierte er bis 1792 als korsischer Deputierter in der Gesetzgebenden Nationalversammlung. Nach seiner Rückkehr nach Korsika vertiefte sich die Kluft zwischen Pozzo di Borgo und der Familie Bonaparte, die einem konkurrierenden Clan angehörte. Maßgeblich dafür verantwortlich waren ideologische Differenzen: Während Pozzo di Borgo angesichts der politischen Entwicklungen in Paris gemeinsam mit Pasquale Paoli für die Unabhängigkeit Korsikas kämpfte, unterstützte die Familie Bonaparte die Jakobiner. Pozzo di Borgo wurde zum Leiter der Zivilverwaltung gewählt und war während des britischen Protektorats 1794 bis 1796 Präsident des Staatsrats. Nach der Eroberung der Insel durch napoleonische Truppen 1796 floh Pozzo di Borgo über Rom und London nach Wien, wo er sechs Jahre lang lebte. 1804 trat er nach Vermittlung von (→) Czartoryski in den russischen diplomatischen Dienst. Der Friede von Tilsit 1807 brachte aufgrund der persönlichen Feindschaft mit Napoleon das vorläufige Ende seiner Zeit in russischen Diensten, und Pozzo di Borgo übersiedelte nach London. 1812 berief ihn Zar (→) Alexander I. aber

Rademacher, Franz Karl Ludwig

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wieder in russische Dienste und ernannte ihn nach dem Einmarsch in Paris zu seinem Botschafter in der französischen Hauptstadt. Zum Wiener Kongress traf Pozzo di Borgo am 12. Oktober 1814 ein; seine Unterkunft befand sich in der Naglergasse 336. Während der Verhandlungen wurde die frankreichfreundliche Haltung Pozzo di Borgos deutlich. So scheint er etwa auf der Gästeliste (→) Talleyrands auf. Doch auch bei der Fürstin (→) Bagration sowie im Haus des Nuntius (→) Severoli verkehrte Pozzo di Borgo. Zudem bestanden zur Familie Bonaparte immer noch Kontakte: Elisa Baciocchi, die Schwester Napoleons, herrschte seit 1805 gemeinsam mit ihrem Mann über das Herzogtum Lucca. In einem Schreiben ersuchte sie Pozzo di Borgo – trotz der schwierigen Verhältnisse zwischen den beiden Familien – um Unterstützung bei der Bewahrung ihrer Rechte und bat ihn, seinen Einfluss auf Zar Alexander in dieser Angelegenheit zu nutzen. Nachdem Ludwig XVIII. nach der Rückkehr Napoleons im März 1815 aus Paris geflohen war, begab sich Pozzo di Borgo am 31. März 1815 nach Gent, um den französischen König zu treffen. Als russischer Botschafter in Paris arbeitete er bis 1818 auf ein Ende der Besatzung Frankreichs durch die alliierten Truppen hin und unterstützte das Ministerium des russlandfreundlichen Armand Emmanuel du Plessis, Herzog von Richelieu. Dies brachte ihm das Misstrauen (→) Metternichs ein, der ihn als liberalen Agitator betrachtete. Bei Richelieu selbst war Pozzo di Borgo hingegen hoch angesehen – so wurde ihm das Amt des französischen Innenministers angetragen, welches er jedoch ablehnte. Mit der Thronbesteigung des konservativ-reaktionären Karl X. sank der Einfluss Pozzo di Borgos in Frankreich, um unter der Regierung des liberalen LouisPhilippes wieder zu steigen. Allerdings wurde Pozzo di Borgo – wohl wegen seiner frankreichfreundlichen Haltung – 1835 als russischer Botschafter nach London versetzt. 1839 nahm er seinen Abschied vom diplomatischen Dienst und lebte bis zu seinem Tod 1842 in Paris.

Rademacher, Franz Karl Ludwig

* 1755 (Koblenz), + 11. Dezember 1827 (Wien)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Rademacher stand seit 1792 – erst als Hof- und Regierungsrat, dann als Hofkanzler – im Dienst des Kurfürsten von Trier und nahm in dessen Auftrag am Kongress von Rastatt teil. 1802 trat er als Hofrat in die österreichische Staatskanzlei ein und machte rasch Karriere. Unter anderem war er lange Zeit für die deutschen Angelegenheiten sowie die Rheinbundstaaten zuständig, sodass er während der Vorbereitungen zum Wiener Kongress gemeinsam mit (→) Humboldt und (→) Solms-Laubach einen Verfassungsentwurf für den Deutschen Bund erarbeitete.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Während des Wiener Kongresses war Rademacher Mitglied der Bouillon-Kommission. Seit 1816 fungierte Rademacher als Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, ohne jedoch seine Position in der Staatskanzlei aufzugeben. Beide Ämter übte er bis zu seinem Tod im Jahr 1827 aus.

Razumovskij, Andrej Kirillovič Graf von (ab 1815 Fürst)

* 2. November 1752 (St. Petersburg), + 23. September 1836 (Wien) Vertreter des Kaiserreichs Russland

Seine Familie sah für Razumovskij eine Karriere bei der Marine vor. Nach seiner Ausbildung nahm er 1770 unter Admiral Elphinstone an der Seeschlacht von Chios teil und wurde Fregatten-Kapitän. Aufgrund einer angeblichen Liebesbeziehung mit Wilhelmina Luisa von Hessen-Darmstadt, die mit dem zukünftigen Zaren Paul verheiratet war, wurde Razumovskij 1776 strafweise als außerordentlicher Gesandter nach Venedig und kurz darauf nach Neapel versetzt. Es folgten Gesandtschaftsposten in Kopenhagen und Stockholm. Ende 1793 übernahm Razumovskij die russische Gesandtschaft am Wiener Hof, wo er eine einflussreiche diplomatische Rolle bei der Teilung Polens spielte, in den Augen des Zaren Paul jedoch mehr die Interessen Österreichs als jene Russlands vertrat. Am 1. Oktober 1799 wurde er daher von seinem Posten abberufen, nach der Ermordung des Zaren im Jahr 1801 von dessen Nachfolger (→) Alexander I. aber wieder eingesetzt. Razumovskijs offen zur Schau gestellte kritische Haltung gegenüber dem nunmehrigen Verbündeten Napoleon veranlasste den Zaren 1809, ihn ein weiteres Mal seiner Gesandtenstellung zu entheben. Razumovskij blieb dennoch in Wien und widmete sich in der Folge vor allem dem aristokratischen Gesellschaftsleben. In seinem neu erbauten Palais im heutigen dritten Wiener Gemeindebezirk gab er eine Vielzahl von Festen und Soireen. Daneben nahm er als großzügiger Gönner (→) Beethovens und enger Freund Haydns wesentlichen Einfluss auf das Wiener Musikleben, das er durch die intensive Förderung des musikalisch herausragenden ersten professionellen Streichquartetts unter der Leitung von Ignaz Schuppanzigh zusätzlich bereicherte. Dem Wiener Kongress wohnte Razumovskij neben (→) Nesselrode, (→) Kapodistrias, (→) Stackelberg und weiteren Diplomaten als Bevollmächtigter von Zar Alexander I. bei. Bis Dezember 1814 stand der russische Herrscher, wie die Geheimpolizei berichtete, seinem ehemaligen Botschafter ausgesprochen kritisch gegenüber. Dennoch war Razumovskij Mitglied der Achter-Konferenz, der Fünfer-Konferenz sowie der Vierer-Konferenz, die bis Jänner 1815 informell über die polnisch-sächsische Frage verhandelte. Ein am 31. Dezember 1814 ausgerichtetes Fest im Razumovskijschen Palais verursachte einen Großbrand, der das Gebäude zerstörte und eine Vielzahl der

Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver Graf von

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von Razumovskij gesammelten Kunstschätze und Bibliotheksbestände vernichtete. Bereits zuvor hatte dieser seinen Besitz Zar Alexander zum Geschenk gemacht. Für seine Verluste ließ ihm der russische Herrscher eine hohe Entschädigung zukommen; 1815 erhob er Razumovskij in den Fürstenstand. Dieser verbrachte seine letzten Lebensjahre in völliger Zurückgezogenheit und verstarb am 23. September 1836 in Wien.

Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver Graf von * 18. September 1766 (München), + 10. März 1849 (Donzdorf) Vertreter des Königreichs Bayern

Nach einer Ausbildung erst in der Münchner, dann in der Salzburger Pagerie legte Rechberg 1787 das Hofratsexamen ab. 1795 wurde er Reichstagsgesandter des Herzogs von Zweibrücken, des späteren Königs (→) Maximilian I. ­Joseph von Bayern. 1798/99 nahm er als pfalzbayerischer Bevollmächtigter am Rastatter Kongress teil, reiste aber schon Ende Juli 1799 mit Herzog Wilhelm von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld nach St. Petersburg, wo er maßgeblich an den Verhandlungen zum russisch-bayerischen Allianzvertrag von Gatschina beteiligt war. Es folgten die Ernennung zum Gesandten in Berlin im Jahr 1800 sowie 1801 jene zum Reichstagsgesandten. Rechberg vertrat Bayern erfolgreich bei Gesprächen zum Reichsdeputionshauptschluss. 1806 übernahm er die bayerische Gesandtschaft in Wien, die er mit Unterbrechungen bis 1815 leitete Rechberg traf am 20. September 1814 in Wien ein und bewohnte eine Unterkunft in der Herrengasse 34. Er unterstützte zuerst den bayerischen Bevollmächtigten (→) Wrede, bevor er nach dessen Abreise im April 1815 die Funktion des bayerischen Verhandlungsführers übernahm. Der bayerischen Delegation gehörte zudem noch (→) Besserer als Adjutant an. Darüber hinaus befand sich König Maximilian I. Joseph mit seinen beiden Söhnen, Erbprinz (→) Ludwig und Prinz (→) Karl, in Wien. Die zentralen Ziele Bayerns auf dem Wiener Kongress bestanden darin, den 1806 erworbenen Status als Königreich zu festigen, verschiedene territoriale Fragen zu klären und eine möglichst große Unabhängigkeit im Deutschen Bund zu bewahren. Diese Position vertrat Rechberg – als Ersatz für Wrede – in der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees ab dem 23. Mai 1815. Auch in gesellschaftlicher Hinsicht zeigte sich Rechberg aktiv: Er führte ein offenes Haus und hatte häufig Gäste. In seinem Salon wurden immer wieder politische Themen besprochen, wie die Berichte der Geheimpolizei belegen. Eine Klärung der offenen territorialen Fragen gelang auf dem Kongress indes nicht, was vor allem am Streit um Salzburg lag: Erst der Vertrag von München vom 14. April 1816 legte den Konflikt bei, indem Bayern endgültig den größten Teil Salzburgs und die Gebiete

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

östlich des Inns an Österreich abtrat und dafür unter anderem den aus linksrheinischen Territorien neu geformten „Rheinkreis“ erhielt. Nach dem Wiener Kongress vertrat Rechberg den bayerischen Hof bei den Pariser Friedensverhandlungen 1815. 1816 bekleidete er den Posten des bayerischen Bundestagsgesandten in Frankfurt a. M., blieb in seiner politischen Handlungsfreiheit durch Montgelas’ ablehnende Haltung gegenüber der Organisation des Deutschen Bundes allerdings eingeschränkt. Nach dessen Sturz übernahm Rechberg im Februar 1817 das bayerische Außenministerium und bemühte sich in der Folge um eine Politik, die eine grundsätzliche Zusammenarbeit der Klein- und Mittelstaaten gegenüber den Großmächten vorsah. Nach dem Erlass der Verfassung im Jahre 1818 wurde Rechberg im darauffolgenden Jahr zum lebenslangen Mitglied der Ersten Kammer ernannt. Überlegungen zu einer Suspendierung der Verfassung, wie sie vom König und seinen Vertrauten angestellt wurden, stand Rechberg skeptisch gegenüber. Als Befürworter der Karlsbader Beschlüsse überwarf er sich allerdings mit der Erbprinzenpartei und wurde kurz nach dem Regierungsantritt Ludwigs I. 1825 in den Ruhestand versetzt, den er abwechselnd in München und auf seinen württembergischen Gütern verbrachte. Rechberg verstarb 1849 in Donzdorf.

Reinhard, Hans von

* 20. Februar 1755 (Zürich), + 23. Dezember 1835 (Zürich) Vertreter der Schweizer Tagsatzung

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen absolvierte Reinhard Studienreisen nach Berlin, Halle, Leipzig und Paris, um im Anschluss ab 1780 die Position eines Ratssubstituts in Zürich zu besetzen. Ab 1794 war er, wie zuvor schon sein Vater, Mitglied des dortigen Kleinen Rats. Zudem bekleidete er parallel das Amt des Landvogts der eidgenössischen Landvogtei Baden. Nach dem Einmarsch der Franzosen übernahm Reinhard zunächst verschiedene Funktionen innerhalb der provisorischen Verwaltungsbehörden der Stadt Zürich, musste die Stadt aber 1799 verlassen. Die österreichische Besetzung Zürichs im selben Jahr ermöglichte ihm die Rückkehr in politische Ämter: Er wurde Mitglied der konservativen Interimsregierung und in der Folgezeit Präsident der Zürcher Stadtgemeinde. 1801/02 hatte er als Regierungsstatthalter gleichzeitig das höchste Verwaltungsamt im Kanton Zürich inne. Obwohl 1802 von den Franzosen verhaftet, nahm Reinhard im selben Jahr an der von Napoleon initiierten Consulta in Paris teil. Es gelang ihm, Napoleons Vertrauen zu gewinnen und dessen Politik gegenüber der Schweiz in der Folge entscheidend mitzuprägen. Von 1803 bis 1831 war Reinhard – verfassungskonform im zweijährigen Turnus – Bürgermeister der Stadt Zürich und vertrat in diesem Zeitraum seinen Kanton auch in der eidgenössischen Tagsatzung, deren Vorsitz er mehrfach innehatte.

Rengger, Johann Albrecht

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Zum Wiener Kongress traf Reinhard zwischen dem 24. und 26. September 1814 ein und bewohnte bis zu seiner Abreise am 3. April 1815 eine Wohnung am Kohlmarkt 297. Gemeinsam mit (→) Montenach und (→) Wieland war er damit beauftragt, die Anerkennung der Schweizer Souveränität sowie Neutralität durch den Kongress sicherzustellen. Weitere Punkte in der Instruktion betrafen territoriale Forderungen zur Arrondierung des Schweizer Staatsgebiets. Gehör verschaffte Reinhard diesen Anliegen in der Schweizer Kommission, vor welcher er mehrfach auftrat. Die Geheimpolizei berichtete von Besuchen der Schweizer Delegierten bei (→) Talleyrand sowie bei (→) Dalberg, der Frankreich in der Schweizer Kommission vertrat. Letztlich stellte der Wiener Kongress in der Schlussakte fest, dass die immerwährende Neutralität der Schweiz im Interesse der europäischen Staaten liege; die Garantie der Neutralität durch die Großmächte erfolgte aber erst im Zweiten Pariser Frieden im Herbst 1815. Durch seinen Einsatz für die Selbstständigkeit der beiden Kantone Waadt und Aargau bei der „Langen Tagsatzung“ 1814/15 trug Reinhard zudem wesentlich zur innenpolitischen Konsolidierung der Schweiz bei. Erst mit dem Sturz der konservativen Regierung im Jahr 1830 begann Reinhards Rückzug aus der Politik. Er verließ die Kantonsregierung, blieb aber bis zu seinem Tod im Dezember 1835 Mitglied des Kantonsparlaments.

Rengger, Johann Albrecht

* 8. Juli 1764 (Gebenstorf), + 23. Dezember 1835 (Aarau) Vertreter der Kantone Aargau und St. Gallen

Rengger studierte Theologie in Bern und ab 1785 Medizin in Göttingen, wo er mit liberalem Gedankengut in Berührung kam. Nach Bern zurückgekehrt, praktizierte Rengger zwischen 1790 und 1798 als praktischer Arzt. Als Mitglied der „Helvetischen Gesellschaft“ bezog er auf publizistischem Weg Stellung für eine friedliche Änderung der Schweizer Verhältnisse. Kurz vor dem – von ihm strikt abgelehnten – gewaltsamen politischen Umsturz wurde Rengger 1798 Vertreter der Stadt Brugg im Berner Großen Rat. Es folgten die Wahlen zum Präsidenten des obersten Gerichtshofs und zum Minister des Inneren in der Helvetischen Republik. Rengger trat für die Errichtung einer republikanischen Ordnung ein. Nach dem Erlass der Mediationsakte wurde er bei den Regierungswahlen im neuen Kanton Aargau von den konservativen Kräften übergangen und entschloss sich zu einem Rückzug aus der Politik. Er eröffnete eine Arztpraxis in Lausanne. Erst 1814/15 trat er wieder politisch in Erscheinung, als er auf dem Wiener Kongress gemeinsam mit (→) La Harpe die Interessen des Aargaus und des Kantons St. Gallen vertrat. Zudem setzte er sich für die Waadt, das Tessin und den Thurgau ein. Im Zuge seiner Mission trat er am 2. Dezember 1814 vor der Schweizer K ­ ommission auf.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Bis zu seiner Abreise am 18. April 1815 bewohnte er eine Wohnung in der Schönlaterngasse 717. Es gelang Rengger durch taktisches Geschick, den Aargau gegen die Restitutionspläne Berns zu verteidigen und die Großmächte von der Anerkennung der Integrität der 19 Kantone zu überzeugen. Zeitgleich wurde er im Aargau in die Kantonsregierung gewählt. Die zunehmend konservative Ausrichtung der kantonalen Politik bewegte ihn 1821 zu dem Entschluss, sich abermals aus der Politik zurückzuziehen. Als Privatmann widmete er sich bis zu seinem Tod im Jahr 1835 naturwissenschaftlichen Studien.

Riedesel zu Eisenbach, Karl Ludwig

* 20. Jänner 1782 (Wien), + 14. Oktober 1842 (Lauterbach) Vertreter des Hauses Riedesel

Karl Ludwig Riedesel zu Eisenbach entstammte hessischem Uradel, der seit 1432 den Erbmarschall zu Hessen stellte. Das Jahr 1806 brachte die Mediatisierung der im Raum Lauterbach gelegenen reichsunmittelbaren Besitzungen der Familie. Während des Wiener Kongresses forderte Riedesel daher die Restitution der Herrschaftsrechte und trat als Fürsprecher der Mediatisierten in Erscheinung. Viel Zeit verbrachte er mit (→) Stolberg-Wernigerode. Ende 1814 verließ Riedesel Wien, ohne die Restitution der Herrschaftsrechte erreicht zu haben. Ab 1820 bis zu seinem Tod gehörte Riedesel der Ersten Kammer der hessischen Landstände an, wo er auch mehrfach das Amt des Zweiten Präsidenten innehatte.

Roentgen, Gottfried August Leonhard

* 10. Juni 1781 (Neuwied), + 5. August 1865 (Neuwied) Mitglied der Delegation des Fürstentums Nassau

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig und Erlangen trat Roentgen 1803 als Polizeimeister in die Dienste des Fürsten von Wied und wurde nach dessen Mediatisierung 1806 nassauischer Beamter. 1809 zunächst als Geschäftsträger nach Düsseldorf berufen, ging er ein Jahr später als diplomatischer Agent nach Paris. 1814 besuchte er im Gefolge des nassauischen Ministers (→) Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein den Wiener Kongress, wo er gemeinsam mit einer Reihe von Vertretern der mindermächtigen deutschen Fürsten und freien Städte im November 1814 an der Entstehung der sogenannten Kaisernote beteiligt war. Darüber hinaus war er Mitglied der Militärkommission. Während seines Aufenthalts in Wien wohnte Roentgen, ebenso wie Marschall, in der ­Unteren Breunerstraße 1196. Als Vertrauter von Herzog Friedrich August wurde Roentgen 1816 nassauischer Ministerresident in Den Haag, dann nassauischer und badischer Gesandter

Rosenkrantz, Niels Baron

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in München. In Anerkennung seiner Verdienste wurde er 1824 durch den preußischen König geadelt. 1833 übernahm er die nassauische und braunschweigische Bundestagsvertretung. Trotz seines offiziellen Rückzugs aus dem politischen Geschehen im Jahr 1844 erfüllte er einzelne diplomatische Aufträge, so etwa eine außerordentliche Gesandtschaft in Schweden und Norwegen. Er starb 1865 in seiner Villa am Friedrichsstein bei Neuwied.

Rosenkrantz, Niels Baron

* 9. September 1757 (Øjestad), + 6. Jänner 1824 (Kopenhagen)

Mitglied der Delegation des Königreichs Dänemark, Chronist des Wiener Kongresses

Nach einer kurzen Dienstzeit beim Militär entschied sich Rosenkrantz für eine diplomatische Karriere, welche ihn zunächst nach Den Haag (1782), St. Petersburg (1784) und Warschau (1787) führte. Zwischen 1790 und 1794 war er dänischer Botschafter in St. Petersburg, zwischen 1795 und 1800 in Berlin, bevor er für vier Jahre wieder in die Hauptstadt des russischen Imperiums zurückkehrte. 1808 diente er erneut in Berlin. Anschließend erfüllte er als außerordentlicher Botschafter verschiedene diplomatische Missionen – so etwa 1808 als dänischer Verbindungsmann zu Napoleon. 1810 wurde Rosenkrantz als Nachfolger von (→) Christian Günther Graf Bernstorff zum dänischen Außenminister ernannt. Rosenkrantz traf am 22. September 1814 in Wien ein und erhielt ein Quartier in der Hofburg (Schweizer Hof), in unmittelbarer Nähe zu (→) König Friedrich VI. von Dänemark. Während Rosenkrantz zu den offiziellen Verhandlungen nicht zugelassen war, wurde Dänemark durch die Brüder Christian Günther und (→) Joachim Frederik Grafen von Bernstorff vertreten. Das wichtigste Anliegen Dänemarks auf dem Wiener Kongress war es, eine Entschädigung für die im Vertrag von Kiel (13. Jänner 1814) festgelegte Abtretung von Norwegen an Schweden zu erhalten und diplomatischen Druck zu erzeugen, damit Schweden die damit verbundene Verpflichtung einer Entschädigungszahlung erfüllte. Zudem standen zu Beginn des Kongresses immer noch russische Truppen in Holstein, das in Personalunion mit Dänemark verbunden war. Rosenkrantz’ Aktivitäten waren auf den informellen Bereich – die Verfassung von Denkschriften, die Abstattung von Audienzen und Besuchen – beschränkt. So sprach er jeden Morgen, nachdem er seinem König die Reverenz erwiesen hatte, bei seinen Kollegen und Freunden vor, um Informationen zu sammeln und für die Forderungen Dänemarks einzutreten. So hoffte er, auf inoffiziellem Weg Einfluss zu erlangen. Sein während des Kongresses verfasstes Tagebuch liefert ein beeindruckendes Zeugnis dieser Aktivitäten. Vorerst gelang es der dänischen Delegation allerdings nicht, die erhofften Ziele erfolgreich zu verhandeln. Rosenkratz reiste, gemeinsam mit König Friedrich VI.,

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

am 15. Mai 1815 aus Wien ab. Erst danach konnte Christian Günther Graf von Bernstorff erreichen, dass der Kongress Dänemark das Herzogtum Lauenburg und 2,6 Millionen Taler als Kompensation zusprach. Nach dem Wiener Kongress bekleidete Rosenkrantz weiterhin das Amt des dänischen Außenministers, bis er 1824 in Kopenhagen verstarb.

Rüdt von Collenberg, Wilhelm Ludwig * 24. Juli 1772, + 16. September 1830

Vertreter der ehemaligen Reichsritterschaft in Schwaben, Franken, am Rhein, im Odenwald und im Kraichgau

Rüdt von Collenberg entstammte fränkischem Uradel. Er war Hauptmann in einem österreichischen Grenadierbatallion und später k.k. österreichischer und großherzoglich badischer Kammerherr. Beim Wiener Kongress agierte er im Auftrag der Reichsritterschaft in Schwaben, Franken, am Rhein, im Odenwald und im Kraichgau. Gemeinsam mit (→) Zobel zu Giebelstadt, (→) Degenfeld und (→) Hornstein verfasste er im Dezember 1814 zwei Memoranden. Das erste Schriftstück befasste sich mit der Restitution der Reichserzstifte und Reichsstifte sowie des Deutschen Ordens und des Johanniterordens. In der zweiten Denkschrift forderten Rüdt von Collenberg und seine Mitstreiter die Zuziehung zu den Beratungen über die deutsche Verfassung, die Restitution der deutschen Kaiserwürde sowie die Einrichtung eines obersten Reichsgerichts und landständischer Verfassungen in den deutschen Ländern. Mehrere weitere Memoranden, in welchen sie die Restitution des Reichsadels sowie die Zulassung zum Deutschen Komitee forderten, legten die Vertreter der Reichsritterschaft zu Beginn des Jahres 1815 vor.

Ruffo dei principi della Scaletta, Frà Alvaro * 1754 (Fiumedinisi), + 1825 (Wien) Vertreter des Königreichs Sizilien

Ruffo trat in jungen Jahren in den Johanniterorden ein und diente im königlichen Regiment von Syrakus, in welchem er rasch zum Kapitän aufstieg. Anschließend wurde er nach Malta berufen und kommandierte die Galeeren des Ordens. 1793 wurde er zum bevollmächtigten Vertreter Neapel-Siziliens in Lissabon ernannt, bevor er 1797 denselben Posten in Paris bekleidete. 1800 begleitete er Königin Maria Carolina nach Wien und diente ab 1803 als Botschafter Neapel-Siziliens in der Hauptstadt Österreichs. Ruffo zählte zu den Bewunderern (→) Metternichs, dessen Politik er grundsätzlich unterstützte. Ruffos wichtigste Aufgabe auf dem Wiener Kongress war es, die Ansprüche Ferdinands III. von Sizilien auf das von Napoleons Schwager Joachim Murat

Sagan, Wilhelmine Herzogin von

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­ eherrschte Neapel durchzusetzen. Dieser hatte 1808 die Herrschaft in Süditab lien von Napoleons Bruder Joseph Bonaparte übernommen. Die ursprüngliche Herrscherdynastie der Bourbonen war nach Sizilien geflohen. Im Allianzvertrag mit Österreich vom 11. Jänner 1814 verpflichtete sich Murat, die alliierten Mächte militärisch zu unterstützen. Dadurch gelang es ihm, seinen Thron zu sichern. Dieser Vertrag wurde allerdings von den Bourbonen auf Sizilien nicht anerkannt und auch von den alliierten Mächten immer wieder zur Disposition gestellt. Ruffo traf am 18. September 1814 in Wien ein und bezog eine Wohnung in der Teinfaltstraße 1317. Unterstützt wurde er bei den Verhandlungen durch (→) Leopold, Prinz von Salerno, einem nachgeborenen Sohn des Königs, und (→) Serracapriòla. Allerdings entwickelten sich zwischen dem Österreich freundlich gesonnenen Ruffo und dem russophilen Serracapriòla bald starke Spannungen. Einen wichtigen Verbündeten fand Ruffo in Frankreichs Außenminister (→) Talleyrand, der ebenfalls offensiv gegen Murat und für die legitimen Rechte von Ferdinand III. eintrat. Eine enge Kooperation ergab sich zudem mit dem päpstlichen Nuntius (→) Severoli sowie dem spanischen Vertreter (→) Labrador. Ruffo besuchte das Haus (→) Arnstein ebenso wie den Salon der Fürstin (→) Bagration. In der Kongressgesellschaft genoss er nicht den besten Ruf. Er galt vielmehr als nachlässig und korrupt und wurde beschuldigt, die Angelegenheiten seines Herrschers trotz großzügiger Bezahlung nicht mit Nachdruck zu vertreten. Die Geheimpolizei berichtete etwa von einer Note der Mächte, in welcher diese die Abtretung eines Gebiets mit 500.000 Einwohnern zwecks Entschädigung von (→) Beauharnais forderten. Dieses Schreiben hätte Ruffo ohne Widerrede kommentarlos an seinen König abgesendet. Einen wesentlich positiveren Eindruck des sizilianischen Gesandten vermittelte allerdings der russische Diplomat (→) Kapodistrias, der ihn angeblich an der Spitze eines der großen europäischen Staaten zu sehen wünschte. Da Murat nach der Rückkehr Napoleons wieder auf dessen Seite wechselte, wurde nach der neapolitanischen Niederlage bei Tolentino die Bourbonendynastie 1815 in Neapel restauriert. Ruffo kehrte nach einem Intermezzo als leitender Minister im Königreich beider Sizilien wieder auf seinen Botschafterposten in Wien zurück, wo er schließlich 1825 verstarb.

Sagan, Wilhelmine Herzogin von

* 8. Februar 1781 (Mitau), + 29. November 1839 (Wien) Salonière

Wilhelmine von Sagan erbte 1800 das Herzogtum Sagan und die Herrschaft Náchod in Böhmen. Mit (→) Metternich unterhielt sie seit dessen Zeit als österreichischer Botschafter in Dresden eine Liaison, die auch zur Zeit des Wiener

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Kongresses noch andauerte. Ihr großer politischer Einfluss zeigte sich 1813, als die Gespräche zur Etablierung einer neuen Koalition gegen Napoleon auf ihrem Schloss in Ratiborschitz/Ratibořice stattfanden. Wilhelmine von Sagan traf Anfang August 1814 in Wien ein und nahm im rechten Flügel des Palais Palm Quartier. Dort führte sie während des Wiener Kongresses einen einflussreichen Salon, welcher von zahlreichen Kongressteilnehmern frequentiert wurde. Er galt als politische Informationsbörse, war Wilhelmine doch verwandtschaftlich und gesellschaftlich mit zahlreichen Adels- und Herrscherhäusern verbunden. So unterhielt sie nicht nur Liebesbeziehungen erst mit Metternich und später mit (→) Stewart, sondern war auch eine Vertraute von Zar (→) Alexander I. und die Halbschwester von (→) Dorothea de Talleyrand-Périgord, welche den französischen Außenminister nach Wien begleitet hatte. Darüber hinaus wurde über enge Kontakte zu (→) Humboldt berichtet. Mit ihrem Salon stand Wilhelmine von Sagan in Konkurrenz zu den Zusammenkünften bei der Fürstin (→) Bagration, die im selben Palais ebenfalls einen Salon unterhielt. Während des Kongresses kam es auf Intervention des Zaren zum Bruch mit Metternich, da Wilhelmine ihre in Russland liegenden Vermögenswerte nicht riskieren wollte. Sie verließ Wien am 22. Juli 1815 und begab sich über die Schweiz nach Frankreich, um Stewart und ihre Halbschwester Dorothea zu treffen. 1827 konvertierte Wilhelmine zum katholischen Glauben. Sie starb 1839 in Wien.

Saldanha da Gama, António de

* 5. Februar 1778 (Lissabon), + 23. Juli 1839 (Lissabon) Vertreter des Königreichs Portugal

Saldanha da Gama verfolgte zunächst eine militärische Karriere als Marineoffizier. 1802 übernahm er das Amt des Gouverneurs von Maranhão, vier Jahre später trat er wie sein Vater in den Conselho von Ultramar ein. 1807 wählte man ihn zum Generalgouverneur von Angola, wo er sich im Besonderen um die ökonomische und administrative Reorganisation der Kolonie kümmerte. Nachdem er seine Amtszeit 1810 beendet hatte, ging Saldanha da Gama nach Rio de Janeiro, wo er am portugiesischen Hof in der Finanzverwaltung arbeitete. Nach dem Sieg über Napoleon wurde er neben (→) Palmella und (→) Lobo als Bevollmächtigter zum Wiener Kongress berufen. Saldanha da Gama traf am 21. Oktober 1814 in Wien ein und bezog ein Zimmer im „Römischen Kaiser“. Er vertrat Portugal in der Achter-Konferenz, der Abolitionskommission sowie in der (dritten) Redaktionskommission. Strittig zwischen Spanien und Portugal war insbesondere die territoriale Zugehörigkeit der Stadt Olivenza und des heutigen Französisch-Guyana. Diese Gebiete hatte Portugal 1801 an Spanien beziehungsweise Frankreich abtreten müssen.

Salis-Sils, Vincenz von

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Erschwert wurden die diplomatischen Gespräche durch die Entfernung zum portugiesischen Hof, der seit der französischen Besatzung in Rio de Janeiro residierte und dessen Instruktionen durch die enorme Entfernung mit monatelanger Verspätung eintrafen. Dennoch gelang es, die umstrittenen Gebiete für Portugal zurückzugewinnen. Nach dem Wiener Kongress übernahm Saldanha da Gama Gesandtschaftsposten in St. Petersburg und Madrid. 1823 wurde er zum Sonderbotschafter in Madrid ernannt und erhielt für seine Verdienste den Titel eines Grafen von Porto Santo verliehen. 1826 zog er sich aus dem politischen Leben zurück.

Salis-Sils, Vincenz von

* 22. April 1760 (Sondrio), + 3. März 1832 (Sils im Domleschg) Vertreter des Kantons Graubünden

Salis-Sils besuchte zunächst das Seminar in Haldenstein, ehe er auf das Philanthropin in Marschlins wechselte und im Anschluss an der Universität Göttingen studierte. Ab 1781 bekleidete er jahrzehntelang, allerdings mit Unterbrechungen, den Posten des Landvogts des Gerichts Fürstenau. Von 1785 bis 1787 war er Podestà in Morbegno. Die Ereignisse des Jahres 1799 führten dazu, dass Salis-Sils als Anhänger Österreichs vorübergehend nach Salins (Franche-Comté) ausgewiesen wurde. Ab 1803 war er Mitglied des Bündner Großen Rats, dessen Präsidentschaft er 1803, 1804 und 1811 innehatte. 1803, 1806 und 1810 war er außerdem Bundespräsident des Gotteshausbundes sowie im Bündner Kleinen Rat vertreten. Als Tagsatzungsgesandter reiste er unter anderem 1804 als Teil der schweizerischen Gesandtschaft zur Krönung Napoleons und 1814/15, gemeinsam mit (→) Salis(-Soglio) zum Wiener Kongress. Die beiden Gesandten wurden durch (→) Jassoy und (→) Albertini unterstützt. Sie trafen am 12. Oktober 1814 in Wien ein und bezogen eine Wohnung am Haarmarkt 688. Erfolglos verhandelten sie über die Wiederangliederung des Veltlins an Graubünden. Dieses fiel schließlich an das Königreich Lombardo-Venetien und somit an Österreich. Salis-Sils verließ Wien am 20. Mai 1815. Er starb 1832 als letzter seiner Linie in Sils im Domleschg.

Salis, Daniel (Soglio)

* 5. Oktober 1765 (Chur), + 14. September 1832 (Chur) Vertreter des Kantons Graubünden

Salis war Oberzunftmeister, Ratsherr sowie Stadt- und Profektrichter in Chur. Von seinem Vater übernahm er die Leitung des Speditionsgeschäftes Salis-Massner. In politischer Hinsicht gehörte er der aristokratischen Partei an. Als einflussreicher

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Churer Stadtpolitiker reiste er 1814 als Gesandter zum Wiener Kongress, wo er vermutlich am 12. Oktober 1814 eintraf und eine Unterkunft am Haarmarkt 688 bezog. Gemeinsam mit (→) Salis-Sils, (→) Albertini und (→) Jassoy verhandelte er erfolglos über die Wiederangliederung des Veltlins an Graubünden. Dieses fiel schließlich an das Königreich Lombardo-Venetien und somit an Österreich. Von 1828 bis 1832 war Salis Standeskassier des Kantons Graubünden. Zudem übernahm er die Leitung der Confisca-Kommission, die sich mit der Rückerstattung des von Napoleon konfiszierten bündnerischen Privateigentums im Veltlin, in Chiavenna und Bormio auseinandersetzte.

Salm-Kyrburg, Friedrich IV. Ernst Otto Philipp Fürst von * 14. Dezember 1789 (Paris), + 14. August 1859 (Brüssel)

Das in Westfalen gelegene, neu geschaffene Fürstentum Salm war 1802 dem Haus Salm als Entschädigung für seine durch den Frieden von Lunéville verlorenen linksrheinischen Gebiete zugesprochen worden. Der Zweig Salm-Kyrburg regierte hier im Kondominium mit dem Zweig Salm-Salm. Da die Mutter früh verstorben und der Vater 1794 dem Terreur der Französischen Revolution zum Opfer gefallen war, stand Friedrich bis zum Jahr 1810 unter der Vormundschaft seines Onkels und seiner Tante, die auch die Regentschaft ausübten. In diese Periode fällt 1806 der Beitritt des Fürstentums zum Rheinbund und damit verbunden die Erlangung voller staatlicher Souveränität. Im selben Jahr schlug Friedrich eine militärische Laufbahn ein und kämpfte in Portugal, Spanien, Österreich und Italien. Aufgrund der hervorragenden Beziehungen seiner Familie zu Napoleon wurde er zum Ordonnanzoffizier des französischen Kaisers ernannt. 1810 annektierte Frankreich das kleine Fürstentum Salm, sodass das Gebiet in die Konkursmasse des napoleonischen Kaiserreichs geriet. Friedrich reiste in der Folge nach Wien, um seine Ansprüche als souveräner Herrscher durchzusetzen. Hier traf er am 17. September 1814 ein und fand eine Unterkunft „Beim Goldenen Ochsen“. In den politischen Verhandlungen vertrat (→) Gärtner das Haus Salm-Kyrburg. Angesichts der Interessen der europäischen Großmächte, welche Preußen territorial entschädigen und am Rhein stärken wollten, konnte Friedrich mit seinem Anliegen nicht durchdringen. Das Gebiet des ehemaligen Fürstentums Salm wurde Preußen zugeschlagen, Friedrich selbst ein preußischer Standesherr.

San Marzano, Filippo Antonio, marchese de Asinari di

San Marzano, Filippo Antonio, marchese de Asinari di

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* 12. November 1767 (Turin), + 19. Juli 1828 (Turin) Vertreter des Königreichs Sardinien-Piemont

San Marzano verfolgte zunächst eine militärische Karriere und unterzeichnete am 28. Juni 1798 das Abkommen, auf Basis dessen französische Truppen die Festung von Turin besetzten. Unter der napoleonischen Herrschaft war er Staatsrat sowie italienischer Gesandter in Berlin. 1808 erfolgte seine Erhebung in den Grafenstand. 1814 war San Marzano Präsident der provisorischen Regierung in Turin und vertrat das Königreich Sardinien-Piemont auf dem Wiener Kongress. Er wohnte in der Unteren Bäckerstraße 794. Seine wichtigste Aufgabe waren die Verhandlungen über die Restitution Savoyens, das von Frankreich annektiert worden war. Darüber hinaus war er Mitglied der Genua-Kommission und setzte sich daher mit der Inkorporierung Genuas in das Königreich Sardinien-Piemont auseinander. Ein besonders enges Verhältnis hatte San Marzano zu (→) Metternich; der Italiener war stets besonders gut über den Verlauf der Verhandlungen informiert und zeichnete in seinem Tagebuch ein günstiges Bild des österreichischen Außenministers. Während der Verhandlungen verkehrte San Marzano aber auch regelmäßig bei den Vertretern Frankreichs und Großbritanniens. Am 9. Juni 1815 verließ San Marzano Wien in Richtung Turin. Von 1815 bis 1817 bekleidete er dort den Posten des Kriegsministers und übernahm zwischen 1817 und 1821 das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten. In dieser Funktion vertrat er 1821 das Königreich Sardinien-Piemont auf dem Kongress von Laibach/Ljubljana. San Marzano verstarb 1828 in Turin.

Schlegel, Friedrich

* 10. März 1772 (Hannover), + 12. Jänner 1829 (Dresden) Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Nachdem der Pfarrerssohn zunächst eine Kaufmannslehre absolvieren sollte, gestatteten ihm die Eltern schließlich auf sein Drängen hin, diese zugunsten eines Studiums abzubrechen. So studierte er ab 1790 an den Universitäten Göttingen und Leipzig Rechtswissenschaften. Gleichzeitig beschäftigte sich Schlegel intensiv mit Literatur, Geschichte und Philosophie. 1793 gab er das Studium aus finanziellen Gründen auf und lebte fortan als freier Schriftsteller, ab 1794 in Dresden, ab 1795 in Jena. In Auseinandersetzung mit Herder, Goethe und Wieland entwickelte Schlegel seine Literaturtheorie zur Romantik. 1797 zog er in Berlin mit Friedrich Schleiermacher zusammen und verkehrte im Salon von Henriette Herz, mit der er nach ihrer Scheidung 1798 kurze Zeit zusammenlebte. Im selben Jahr gründete

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er gemeinsam mit seinem Bruder August Wilhelm die Zeitschrift „Athenäum“, die als Sprachrohr der Jenaer Frühromantik gilt. Während eines neuerlichen Aufenthalts in Jena, wo die Wohnung der Brüder Schlegel (und ihrer Gemahlinnen) zum Zentrum der Jenaer Romantik avancierte, habilitierte sich Friedrich Schlegel an der Universität Jena und lehrte als Privatdozent. Ende 1801 verließ er die Stadt und hielt sich zunächst in Dresden, dann in Weimar auf. 1803 ging Schlegel nach Paris, wo er Kunstsammlungen studierte, sich unter anderem mit der Indologie und Vergleichender Sprachwissenschaft beschäftigte und die Zeitschrift „Europa“ herausgab. Der sich anschließende Aufenthalt in Köln weckte sein Interesse für den Katholizismus, sodass er sich 1808 entschloss zu konvertieren. Schlegel übersiedelte in der Folge nach Wien und trat in den österreichischen Staatsdienst ein. Zunächst hatte er eine Anstellung bei der Wiener Armeehofkommission inne und war dann als Hofsekretär in der Staatskanzlei tätig. 1809/10 fungierte er als Redakteur der halbstaatlichen „Österreichischen Zeitung“ und ihres Nachfolgers, des „Österreichischen Beobachters“. Er knüpfte Bekanntschaften unter anderem zu (→) Gentz und (→) Hofbauer und hielt Vorlesungen im Tanzsaal des Gasthofs „Römischer Kaiser“. Im Kontext des Wiener Kongresses arbeitete Schlegel einen Verfassungsentwurf für die deutschen Staaten aus, präsentierte sich als vehementer Verfechter einer starken katholischen Kirche und der zivilrechtlichen Gleichstellung der Juden. Er stand in engem Kontakt mit (→) Stein. Vor allem aber sympathisierte er mit dem Bevollmächtigen des Kirchenstaates, (→) Consalvi, und den sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“, (→) Helfferich und (→) Wambold. Laut Berichten der Geheimpolizei diente er dem päpstlichen Nuntius (→) Severoli als Informant. Ein Gutachten Schlegels war Grundlage der Denkschrift der Oratoren vom Herbst 1814, in welcher diese die Rückerstattung kirchlicher Güter sowie die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat forderten. Nach dem Wiener Kongress wirkte Schlegel bis 1818 als österreichischer Legationsrat bei der österreichischen Gesandtschaft am Bundestag in Frankfurt a. M. Seine Aufgabe bestand hier in erster Linie darin, im Sinne der österreichischen Regierung auf die öffentliche Meinung einzuwirken. 1819 begleitete er als Kunstsachverständiger gemeinsam mit Clemens Brentano Kaiser (→) Franz I. und (→) Metternich nach Rom. 1820 gründete Schlegel die stark vom Katholizismus geprägte Zeitschrift „Concordia“, in der er für die Wiederherstellung der mittelalterlichen Ständeordnung plädierte. Sein zunehmend radikaler Konservativismus und die Wendung hin zur Mystik führten zum Bruch mit seinem Bruder August Wilhelm. Nachdem Schlegel in Wien 1827/28 noch mehrere philosophische Vorlesungen gehalten hatte, reiste er nach Dresden, wo er völlig unerwartet an den Folgen eines Schlaganfalls verstarb.

Schmaus(s) de Livonegg, Karl Philipp

Schmaus(s) de Livonegg, Karl Philipp

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* 1747, + 22. Juni 1832 (Frankfurt a. M.)

Vertreter des Herzogtums Arenberg-Meppen

Schmaus diente ab 1777 als Hofrat und Kreisgesandter Kurtriers und Kurkölns und stieg später zum kurfürstlich trierschen und kölnischen sowie herzoglich arenbergschen Geheimen Rat auf. Ab 1806 fungierte er als Diplomat und Gesandter des Herzogtums Arenberg beim Rheinbund und 1814/15 beim Wiener Kongress. Schmaus reiste bereits im Sommer 1814 an und bezog ein Quartier in der Seitzergasse 457. Im September folgten Herzog (→) Prosper Ludwig von Arenberg und dessen Bruder Philemont dem Gesandten nach Wien. Ziel der Delegation war es, die Rechte des Herzogs an den 1813 von preußischen Truppen besetzten Gebieten Meppen, Dülmen und Recklinghausen und den Stammlanden in der Eifel einzufordern. Zahlreiche Eingaben und Noten zeugen von Schmaus’ letztlich erfolglosen Bemühungen, denn mit dem Vertrag vom 29. Mai 1815 wurden die Territorien zwischen Preußen und Hannover aufgeteilt. Hintergrund war nicht zuletzt die Tatsache, dass der junge Herzog als Freund Napoleons galt. Schmaus verließ Wien am 1. Juni 1815 in Richtung Frankfurt a. M., wo er 1832 verstarb.

Schmidt-Phiseldeck, Wilhelm Justus Eberhard von

* 8. April 1769 (Braunschweig), + 23. September 1851 (Wolfenbüttel) Vertreter des Herzogtums Braunschweig

Schmidt-Phiseldeck studierte zwischen 1787 und 1790 Rechtswissenschaften an der Universität Helmstedt. Nach dem Studienabschluss arbeitete er zunächst als Sekretär des Berghauptmanns Graf von Veltheim in Harbke, trat im Mai 1795 aber in den Staatsdienst ein und übernahm den Posten eines Sekretärs beim Lehns- und Landeshauptarchiv in Wolfenbüttel. Vier Jahre später erfolgte seine Ernennung zum Konsistorialrat sowie zum Grenz- und Lehnsrat. Nach dem Tod seines Vaters übernahm Schmidt-Phiseldeck im Februar 1802 die Funktion eines Archivars und bewarb sich in der Folge für eine Geschichtsprofessur in Helmstedt. Um ihn jedoch im Staatsdienst zu halten, berief ihn die Regierung 1806 zum Hofrat und Geheimsekretär im Ministerium in Braunschweig. Die französische Besatzung und anschließende Eingliederung des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg in das Königreich Westphalen taten Schmidt-Phiseldecks beruflicher Karriere keinen Abbruch: 1808 wirkte er als Appellationsrichter in Kassel, 1809 wurde er Mitglied des Staatsrats und 1810 Generaldirektor der indirekten Steuern. Nach der Rückkehr Herzog (→) Friedrich Wilhelms 1813 wurde Schmidt-Phiseldeck zum Mitglied des neu konstituierten Geheimratskollegiums ernannt. Zu seinen zentralen Aufgaben zählte neben der Neuordnung der zer­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

rütteten Staatsfinanzen vor allem die Ausarbeitung einer umfassenden Verwaltungsreform für das nunmehr Herzogtum Braunschweig genannte Territorium. Während des Wiener Kongresses wohnte Schmidt-Phiseldeck in der Taborstraße 499. Auf Geheiß des Herzogs, der sich ebenfalls in der Stadt befand, suchte er die Zusammenarbeit mit den Vertretern der Mindermächtigen, um den gemeinsamen Forderungen Gehör zu verschaffen. Dabei stellte er den Kontakt zwischen der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ und dem hannoverschen ersten Gesandten (→) Münster her. Schmidt-Phiseldeck trat für eine Neuordnung Deutschlands unter der Führung des österreichischen Kaiserhauses ein und verfasste die Denkschrift: „Attributionen der Kaiserwürde“. Von seinen Mitstreitern wurde er allerdings wiederholt für seinen missverständlichen Schreibstil kritisiert. Im Verlauf des Kongresses verlor er, auch aufgrund der konservativen Haltung Herzog Friedrich Wilhelms, politisch an Gewicht. Die Ansprüche des Herzogs auf das Gebiet des ehemaligen Bistums Hildesheim konnte er nicht durchsetzen. Da Friedrich Wilhelm eine territoriale Verlagerung an den Rhein früh abgelehnt hatte, brachte der Kongress keinen territorialen Zugewinn für das Herzogtum Braunschweig. Auf der Basis von Schmidt-Phiseldecks Arbeiten und Entwürfen sowohl während des Kongresses als auch danach wurde am 25. April 1820 die „Erneuerte Landschaftsordnung“ für das Herzogtum Braunschweig erlassen. Daneben hatte Schmidt-Phiseldeck durch den frühen Tod Herzog Friedrich Wilhelms im Juni 1815 und der Unmündigkeit des Thronfolgers Karl einen wesentlichen Anteil an der Führung der Regierungsgeschäfte. Ein bereits länger schwelendes Zerwürfnis mit dem neuen Herzog Karl II. ließ Schmidt-Phiseldeck im Oktober 1826 schließlich seinen Abschied einreichen. Trotz Ablehnung des Gesuchs durch den Herzog trat er als Geheimrat in die Dienste Hannovers, was eine schwerwiegende diplomatische Verstimmung zwischen Braunschweig und Hannover hervorrief. Schmidt-Phiseldeck selbst wurde in der Folge steckbrieflich gesucht und musste sich vor einer Braunschweiger Kommission für seine unerlaubte Amtsniederlegung rechtfertigen. Im Juli 1827 wurde er zum Leiter des hannoverschen Justizdepartements berufen, fünf Jahre später wechselte er als Landdrost nach Hildesheim. Nach seinem krankheitsbedingten Rückzug ins Privatleben im Jahr 1840 kehrte Schmidt-Phiseldeck nach Wolfenbüttel zurück, wo er im September 1851 starb.

Schmitz, Michael Ludwig

* 1759 (Koblenz), + 29. September 1835 (Mainz)

Vertreter der Fürstin Victoire von Leiningen, geb. Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld

Schmitz war Mitglied des Franziskanerordens und Professor für kanonisches Recht an der Universität Heidelberg, bevor er 1803 in die Dienste des Fürsten

Schulenburg-Klosterroda, Friedrich Albert Graf von der

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Emich Karl von Leiningen trat. 1806 wurde dessen Fürstentum, das bereits zuvor durch den Reichsdeputationshauptschluss die linksrheinischen Gebiete verloren hatte, mediatisiert. Im Dienst des Fürsten stieg Schmitz zum Geheimen Rat und Kabinettsrat auf. Zudem war er – folgt man seinem Nachruf – Wirklicher Rat in Amorbach, München und Freiburg sowie Pfarrer in Walldürn. In Wien traf Schmitz am 19. September 1814 ein, als Abreisedatum ist der 16. Juni 1815 vermerkt. Sein Quartier hatte er in der Ballgasse 987. Schmitz scheint sich vor allem für die Wiedererrichtung der deutschen Kaiserwürde sowie ein Mitspracherecht der deutschen Mittel- und Kleinstaaten im Deutschen Komitee eingesetzt zu haben. Zu Beginn seiner Tätigkeiten in Wien kontaktierte er die Vertreter der mindermächtigen Fürsten sowie der Mediatisierten. Am 28. September 1814 war er bei einer Zusammenkunft im Quartier des mecklenburgischen Legationsrats und Gesandten der Fürstäbtissin von Essen, (→) Ditterich, anwesend. Im Oktober frequentierte er die beliebten Mittagstafeln im Augarten, wo er wieder mit Bevollmächtigten der mindermächtigen deutschen Staaten und freien Städte zusammentraf, welche die Kaiseridee favorisierten. Diese Gruppe entsandte eine Deputation, welcher auch Schmitz angehörte, am 15. Oktober zu einer Audienz bei (→) Metternich. Die Sprecher äußerten den Wunsch, zu den Sitzungen des Deutschen Komitees hinzugezogen zu werden und sprachen sich für die Annahme der Kaiserwürde durch Kaiser (→) Franz I. aus. Über weitere Aktivitäten Schmitz’ im folgenden Winter und Frühjahr ist nichts bekannt. Hinsichtlich der Rücknahme der Mediatisierung des Fürstentums Leiningen vermochte er jedenfalls nichts zu erreichen. Schmitz starb 1835 in Mainz.

Schulenburg-Klosterroda, Friedrich Albert Graf von der * 18. Juni 1772 (Eisleben), + 12. September 1853 Vertreter des Königreichs Sachsen

Nach dem Studium in Leipzig und Wittenberg fungierte Schulenburg zwischen 1794 und 1798 als Attaché an den sächsischen Gesandtschaften in Wien, Regensburg und Rastatt. Ab 1799 diente er als Gesandter in Kopenhagen, von 1801 bis 1804 in St. Petersburg und von 1810 bis 1830 in Wien. Auf dem Wiener Kongress trat er gemeinsam mit (→) Griesinger und unterstützt von (→) Miltitz sowie (→) Globig als Bevollmächtigter König (→) Friedrich Augusts I. von Sachsen auf. Zwischen Miltitz und Schulenburg kam es während der Verhandlungen aufgrund der preußenfreundlichen Haltung des Erstgenannten zu heftigen Konflikten. Bis zu seiner Abreise aus Wien am 2. Mai 1815 bewohnte Schulenburg ein Quartier in der Walfischgasse 1083. Im Frühjahr 1815 fungierte er als Bote zwi-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

schen den in Wien beratenden Mächten und dem in Pressburg/Bratislava weilenden König Friedrich August. So überbrachte er Anfang April einen Protokollauszug der Fünfer-Konferenz, um den Monarchen zur raschen Verzichtsleistung auf einen Teil seines Königreichs zu bewegen. Die Verhandlungen zogen sich über den gesamten Monat hin, bis der sächsische Herrscher schließlich nach einem Ultimatum am 1. Mai 1815 den Teilungsplänen seine Zustimmung erteilte. Damit fiel auch Schulenburgs Besitzung Klosterroda an Preußen. Ab dem 23. Mai nahm Schulenburg, gemeinsam mit Globig, für Sachsen an der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees teil. Nach dem Wiener Kongress vertrat Schulenburg das Königreich Sachsen unter anderem bei den Verhandlungen in Paris 1815 und bei den Karlsbader Konferenzen 1819. Nur zwei Jahre nach seiner Ernennung zum Konferenzminister schied Schulenburg 1830 freiwillig aus dem Staatsdienst aus. Seinen Ruhestand verbrachte er mit der Abfassung historischer und genealogischer Abhandlungen. Schulenburg starb 1853.

Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst zu

* 15. April 1771 (Wien), + 15. Oktober 1820 (Leipzig)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich, Feldmarschall

Schwarzenberg diente seit 1788 im österreichischen Militär und nahm an verschiedenen Feldzügen gegen Frankreich teil. 1805 ernannte ihn Kaiser (→) Franz II./I. zum Vizepräsidenten des Hofkriegsrats. 1810 übernahm Schwarzenberg den Posten des österreichischen Botschafters in Paris, nachdem er zuvor als ­österreichischer Bevollmächtigter in St. Petersburg gedient hatte. Als bevollmächtigter Vertreter Österreichs in der französischen Hauptstadt war er maßgeblich an den Verhandlungen über die Eheschließung Napoleons mit Erzherzogin (→) Marie Luise beteiligt. Hatte Schwarzenberg im Russlandfeldzug 1812 noch das aufseiten Frankreichs kämpfende österreichische Hilfskorps kommandiert, erhielt er nach der Unterzeichnung der Konvention von Reichenbach (Juni 1813) den Oberbefehl über die alliierten Truppen. Er befehligte die Hauptarmee bei der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 und zog im Frühjahr 1814 in Paris ein. Im Sommer desselben Jahres ernannte ihn Kaiser Franz aufgrund seiner Verdienste zum Präsidenten des Hofkriegsrats. Während des Wiener Kongresses öffnete Schwarzenberg sein Haus auch für Gäste. In den Augen der Geheimpolizei war auffällig, dass er von Zar (→) Alexander I., der sich selbst als Feldherr stilisierte und die Leistungen Schwarzenbergs bei Leipzig immer wieder kritisierte, dennoch demonstrativ hofiert wurde. ­Möglicherweise hoffte Zar Alexander, so vermutete die Geheimpolizei, auf diese Weise einen Keil zwischen (→) Metternich und das österreichische Militär zu

Sensburg, Ernst Philipp (von)

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t­ reiben. In jedem Fall gab diese Situation Anlass zu haltlosen Gerüchten: Man munkelte, Schwarzenberg werde, gemeinsam mit (→) Stadion, den österreichischen Außenminister als Verhandlungsleiter ersetzen. Diese Personalrochade hätte den schwierigen Verhandlungen in der polnisch-sächsischen Frage allerdings kaum eine positive Richtung verliehen: Schwarzenberg sprach sich aus taktischen Gründen entschieden gegen eine Vergrößerung Preußens in Richtung Süden aus. Im Februar 1815 verschlechterte sich das Verhältnis zwischen Schwarzenberg und dem russischen Herrscher schließlich, als Zar Alexander den Feldmarschall zufällig zu einem Zeitpunkt aufsuchte, zu dem dieser sich im Untergewand befand. Schwarzenberg brachte daraufhin – nicht ahnend, dass der Zar sich in Hörweite befand – seinen Ärger über dessen Aufdringlichkeit zum Ausdruck. Nach der Rückkehr Napoleons nach Frankreich war Schwarzenberg Mitglied der Militärkommission und kommandierte die österreichische Rheinarmee. Unter seinem Befehl standen darüber hinaus die Truppen Bayerns, Württembergs und Badens. Er zog 1815 zum zweiten Mal siegreich in Paris ein. 1819 zum Staats- und Konferenzminister ernannt, konnte Schwarzenberg aufgrund der Folgen eines Schlaganfalls im Jahr 1817 politisch kaum mehr Einfluss nehmen und starb 1820 in Leipzig.

Sensburg, Ernst Philipp (von)

* 1. Juli 1752 (Lonnerstadt), + 3. Juli 1831 (Karlsruhe) Mitglied der Delegation des Großherzogtums Baden

Der aus einer jüdischen Familie stammende Sensburg konvertierte 1765 zum Katholizismus und studierte Theologie und Rechtswissenschaften in Bamberg und Wien. Von 1782 bis 1783 war er am Reichshofrat tätig. Anschließend wurde er Hof- und geheimer Kabinettsrat des Bischofs von Speyer und war in dieser Funktion an verschiedenen Reformprojekten beteiligt. Im Zuge der Säkularisierungen und Mediatisierungen nach dem Frieden von Lunéville 1801 fielen Teile des Bistums Speyer an Baden. Sensburg wurde in den badischen Staatsdienst übernommen und stieg insbesondere aufgrund seines Verhandlungsgeschicks und seiner finanzpolitischen Kompetenzen rasch auf: 1810 fungierte er bereits als Staatsrat, und 1814 ernannte ihn Großherzog (→) Karl zum Kabinettsrat im Finanz- und Innenministerium. In dieser Position begleitete Sensburg, der als engster Vertrauter des Fürsten galt, den Großherzog nach Wien. Der österreichischen Politik auf dem Wiener Kongress stand er wohlwollend gegenüber – eine Haltung, welche durch Versprechungen auf österreichische Auszeichnungen unterstützt wurde (1815 erhielt er den österreichischen Leopoldsorden). Neben Sensburg vertraten Innenminister

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

(→) Berckheim, (→) Berstett, (→) Hacke und (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein das Großherzogtum Baden beim Wiener Kongress. Diese mussten – so erfuhr die Geheimpolizei – ihre Berichte erst Sensburg vorlegen, welcher sie an den Großherzog weiterleitete. Primäres Anliegen Badens war die Verteidigung der territorialen Integrität gegen österreichische und bayerische Ansprüche. In die Verhandlungen darüber war Sensburg prominent eingebunden. Letztlich blieben die großen territorialen Zugewinne des Großherzogtums aus der napoleonischen Zeit erhalten, auch wenn die Gebietsstreitigkeiten nach dem Wiener Kongress noch andauerten. Darüber hinaus befasste sich Sensburg mit der Frage der freien Flussschifffahrt und war an den Verhandlungen über die Verpflegung der alliierten Truppen nach der Rückkehr Napoleons nach Frankreich beteiligt. Dass Baden sich nicht der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ anschloss, war maßgeblich auf seinen Einfluss zurückzuführen. Aufgrund seiner Leistungen während des Wiener Kongresses wurde Sensburg im August 1815 in den Freiherrenstand erhoben. 1816 bis 1818 war er Mitglied der Verfassungskommission und folglich an der Erarbeitung der badischen Konstitution beteiligt. 1817 wurde Sensburg zum Direktor des Innenministeriums, 1824 zum Mitglied des Staatsministeriums ernannt. Er widmete sich vor allem der Sanierung der Staatsfinanzen. Zahlreiche Schriften zu Staatsfinanzen, Staats­ administration und Staatsdienst entstammen seiner Feder. Im Juli 1830 trat Sensburg, der seit 1823 wiederholt darum angesucht hatte, in den Ruhestand; ein Jahr später starb er in Karlsruhe.

Serracapriòla, Maresca Antonino Herzog von

* 15. Februar 1750 (Neapel), + 27. November 1822 (St. Petersburg) Vertreter des Königreichs Sizilien

Serracapriòla entstammte einer alten süditalienischen Adelsfamilie. 1782 wurde er zum Botschafter Neapels in St. Petersburg ernannt. Als Serracapriòla im September 1783 seinen Posten antrat, verstand er es, rasch Kontakte zu einfluss­ reichen Persönlichkeiten am Hof Katharinas II. zu knüpfen. Die Hochzeit mit einer russischen Prinzessin wirkte sich positiv auf Serracapriòlas Karriere aus: 1790 war er maßgeblich an den Friedensverhandlungen zwischen Russland und dem Osmanischen Reich beteiligt und übernahm wiederholt diplomatische Missionen sowie Friedens- und Allianzverhandlungen. Nach schwierigen Jahren aufgrund der wechselnden Herrschaftsverhältnisse in Neapel verbesserte sich Serracapriòlas Position in St. Petersburg nach dem Ausbruch des russisch-französischen Kriegs von 1812. Zar (→) Alexander I. fasste wieder Vertrauen zu dem Neapolitaner und betraute ihn erneut mit diplomatischen Missionen. Nach dem

Severoli, Antonio Gabriele

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Sturz Napoleons und angesichts der Frage der zukünftigen Herrschaft in Neapel sprach sich Serracapriòla für eine Restauration der bourbonischen Dynastie und den Sturz von Napoleons Schwager Joachim Murat aus. Zar Alexander übernahm diese Linie seines neapolitanischen Beraters. Ab September 1814 vertrat Serracapriòla, gemeinsam mit (→) Ruffo, König Ferdinand III. von Sizilien beim Wiener Kongress und forderte im Namen seines Herrschers das Königreich Neapel von Joachim Murat zurück. Ferdinand war zudem durch seinen Sohn (→) Leopold, Prinz von Salerno, vertreten. Während seines Aufenthalts in Wien wohnte Serracapriòla in der Himmelpfortgasse 990. Bald traten starke Spannungen zwischen dem austrophilen Ruffo und dem die russische Politik unterstützenden Serracapriòla zutage. Dennoch endete der Kongress für die Delegation erfolgreich: Als Joachim Murat sich im Frühjahr 1815 auf die Seite Napoleons schlug, wandten sich die Großmächte von ihm ab. Ferdinand kehrte auf den Thron in Neapel zurück und gründete das Königreich beider Sizilien. Darüber hinaus setzte sich Serracapriòla gegen Ende des Kongresses für die hoch verschuldete Fürstin (→) Bagration ein und sorgte dafür, dass ihre Wechsel in St. Petersburg akzeptiert wurden. Nach dem Abschluss des Wiener Kongresses diente Serracapriòla wieder als neapolitanischer Gesandter in St. Petersburg. Allerdings kam es in dieser Funktion immer wieder zu Konflikten mit der Regierung in Neapel. Er starb 1822 in St. Petersburg.

Severoli, Antonio Gabriele

* 28. Februar 1757 (Faenza), + 8. September 1824

Mitglied der Delegation des Kirchenstaats, Päpstlicher Nuntius

Severoli erhielt eine erste Ausbildung am Jesuitenkolleg in Ravenna, bevor er an der Universität Modena und der Accademia dei Nobili Ecclesiastici in Rom studierte. 1779 wurde er zum Priester geweiht. 1787 erfolgte seine Ernennung zum Bischof von Fano, 1801 zum Erzbischof am selben Ort. Ebenfalls 1801 wurde er Titular-Erzbischof von Petra und als päpstlicher Nuntius nach Österreich geschickt. 1808 ernannte ihn der Papst zum Erzbischof von Viterbo und Toskanella. Severoli gehörte der ultrakonservativen Richtung an. Beim Wiener Kongress trat der Nuntius gemeinsam mit (→) Consalvi für die Restauration des Kirchenstaates ein. Starke Spannungen prägten zu Beginn des Kongresses das Verhältnis zwischen Österreich und dem Heiligen Stuhl. Severoli hegte insbesondere eine tiefe Abneigung gegenüber den Brüdern (→) Wessenberg und (→) Metternich, welcher der Restauration des Kirchenstaates kritisch gegenüberstand und Murat päpstliche Besitzungen in Aussicht gestellt hatte. ­Severoli unterstützte daher (→) Stadion. Zudem setzte er Hoffnungen auf die

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

französische Delegation, verkehrte bei (→) Talleyrand und pflegte Kontakt zu (→) La Tour du Pin. Die Geheimpolizei ließ Severoli intensiv überwachen. Ihr war bekannt, dass der Nuntius vertrauliche Informationen von mindestens vier Personen erhielt, darunter auch von (→) Schlegel, mit dem er in engem Kontakt stand und der auch ein Gutachten für ihn verfasste. Der als äußerst arbeitsam geltende Severoli verkehrte zudem mit (→) Hofbauer und unterstützte die sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“, (→) Wambold und (→) Helfferich. Nach dem Kongress blieb Severoli zunächst in Wien. Er kehrte aber nach Italien zurück, nachdem er 1816 zum Kardinal gewählt und zum Kardinal-Priester von San Maria della Pace in Rom ernannt worden war. Im Konklave von 1823 scheiterte seine Wahl zum Papst am Einspruch Österreichs. Severoli starb 1824.

Sinclair, Isaac von (Pseudonym: Crisalin)

* 3. Oktober 1775 (Homburg vor der Höhe), + 29. April 1815 (Wien) Vertreter der Landgrafschaft Hessen-Homburg

Sinclair studierte 1792/93 Rechtswissenschaften in Tübingen und 1794/95 Philosophie in Jena. Dort hörte er mit großem Interesse die Vorlesungen Fichtes und knüpfte enge Kontakte mit der „Gesellschaft für freie Männer“, die sich den Ideen der Französischen Revolution verschrieben hatte. Gleichzeitig bekleidete er eine führende Position im „Harmonistenorden“, der den revolutionären Idealen kritisch gegenüberstand und dessen Mitglieder er vergeblich für die Revolution zu begeistern versuchte. In Jena entstand eine tiefe Freundschaft mit dem Lyriker Friedrich Hölderlin, die trotz dessen psychischer Erkrankung auch nach Sinclairs Einritt in den homburgischen Staatsdienst – 1798 wurde er zum Regierungsrat, 1805 zum Geheimen Rat ernannt – weiterbestand. Ein zu Unrecht angestrengter Hochverratsprozess gegen Sinclair und einige Vertreter der württembergischen Stände endete im Juli 1805 mit Freisprüchen, belastete das Verhältnis mit dem zunehmend labilen Hölderlin aber schwer und führte 1806 zum Abbruch des Kontakts. Im selben Jahr erfolgte die Mediatisierung Hessen-Homburgs, in deren Folge Sinclair seine politischen Ämter verlor. Die folgenden Jahre nutzte Sinclair für seine publizistische Tätigkeit: Er veröffentliche philosophische Schriften, aber auch dramatische und lyrische Arbeiten mit politischer Botschaft. Unterstützung erhielt er hierbei von seinem Studienfreund Georg Wilhelm Friedrich Hegel. In diese Zeit fällt die zunehmende Abkehr Sinclairs von den Ideen der Revolution; stattdessen trat er 1814 als Hauptmann im Generalstab in die Armee des Prinzen Philipp von Hessen-Homburg ein und diente dann unter Erbprinz (→) Friedrich von Hessen-Homburg. Da das Ende der napoleonischen Herrschaft die Möglichkeit eröffnete, die Herrschaft in der mediatisierten Landgrafschaft zurückzu­ erlangen, reisten Erbprinz Friedrich und Sinclair zum Wiener Kongress. Sie

Smidt, Johann

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­ urden zudem von (→) Gärtner unterstützt. Als Bevollmächtigter setzte sich Sinw clair erfolgreich für die Wiederherstellung der Souveränität Hessen-Homburgs ein. Zugute kamen ihm dabei die Unterstützung Preußens und die militärischen Verdienste der männlichen Familienmitglieder der Dynastie Hessen-Homburg während der Koalitionskriege. Während der Verhandlungen stand Sinclair in engem Kontakt mit (→) Ketelhodt. Zudem trat er der Gesellschaft „Die Kette“ bei, in welcher sich vor allem Vertreter der mediatisierten Territorien, so etwa (→) Laßberg, zusammengefunden hatten. Unmittelbar nach der Ernennung zum Major im österreichischen Generalstab erlag Sinclair inmitten der Vorbereitungen für den Feldzug gegen den zurückgekehrten Napoleon den Folgen eines Schlaganfalls.

Smidt, Johann

* 5. November 1773 (Bremen), + 7. Mai 1857 (Bremen) Vertreter der Stadt Bremen

Smidt studierte zwischen 1792 und 1795 in Jena Theologie. Während dieser Zeit entwickelte sich eine enge Freundschaft zwischen ihm und Fichte. Zwar ließ sich Smidt 1797 in Zürich zum Prediger ordinieren, wandte sich im Anschluss jedoch verstärkt der Politik zu. In seiner 1799 gegründeten Zeitschrift „Hanseatisches Magazin“ setzte er sich mit praktischen Fragen rund um die rechtliche Sonderstellung der Hansestädte auseinander. Nur ein Jahr später wurde er in Bremen zum Ratsherrn gewählt und trat nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation vor allem für die Selbstständigkeit der Hansestädte ein. Mit der Eingliederung Bremens in das französische Kaiserreich zog sich Smidt ins Privatleben zurück, übernahm aber unmittelbar nach dem Ende der französischen Herrschaft im Oktober 1813 wieder politische Verantwortung: Er wurde Senator für auswärtige Angelegenheiten im provisorischen Senat der Stadt. Um dem Wunsch nach einer Autonomie Bremens im Rahmen der Neuordnung Deutschlands Nachdruck zu verleihen, reiste er nach Frankfurt a. M., wo sich das Hauptquartier der Alliierten befand. Als geschicktem Diplomaten gelang es ihm, sowohl die Monarchen als auch (→) Metternich für seine Ideen zu interessieren. In einer Denkschrift vom Dezember 1813 skizzierte Smidt seine Vorstellungen einer Reorganisation der deutschen Territorien unter Führung eines „Reichsrats“, welche dem preußisch-österreichischen Dualismus unter Bewahrung der Kleinstaaten Rechnung tragen sollte. Während des Wiener Kongresses engagierte sich Smidt in der „Vereinigung der mindermächtigen Fürsten und Freien Städte“, in welcher er im Verlauf der Verhandlungen sukzessive an Gewicht gewann. Seine entschlossene Art bei Konflikten, etwa gegenüber (→) Stein oder dem preußischen Staatskanzler (→) Karl August

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

von Hardenberg, mag ihm dabei den Respekt von so manchem Bevollmächtigten eines deutschen Kleinstaats eingetragen haben. Zu Smidts engsten politischen Freunden unter den Vertretern der Mindermächtigen zählten (→) Gagern, (→) Berg, (→) Oertzen und vor allem (→) Plessen. Seit Dezember 1814 scheint Smidt mehrfach als Verfasser verschiedener Noten der Mindermächtigen auf. Im März 1815 war er Teil jener Delegation, die Metternich das Angebot der Mindermächtigen unterbreitete, den drohenden Krieg gegen Napoleon militärisch zu unterstützen. Zudem verhandelte er über neue Akzessionsverträge und war Mitglied der Redaktionskommission der Deutschen Bundesakte. Während der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees zeigte sich Smidt als Gegner einer rechtlichen Gleichstellung der jüdischen Bevölkerung im Deutschen Bund, wie sie von (→) Baruch, (→) Gumprecht, (→) Uffenheimer und (→) Buchholz am Wiener Kongress gefordert und von den Vertretern der Großmächte unterstützt wurde. Auch in gesellschaftlicher Hinsicht war Smidt äußerst umtriebig. Er stattete zahlreiche Besuche ab und bemühte sich um den Aufbau von sozialen Kontakten. Dabei war es sein Ziel, von Beginn an gestaltend auf den Verlauf der Verhandlungen einzuwirken. Nach dem Wiener Kongress wurde Smidt Gesandter Bremens am Bundestag in Frankfurt a. M. Dort setzte er im Jahr 1820 die endgültige Abschaffung des ­oldenburgischen Weserzolls durch, der seit zweihundert Jahren ein Hindernis für den Bremer Handel dargestellt hatte. Mit der Wahl zum Bremer Bürgermeister im April 1821 wandte sich Smidt verstärkt der inneren Entwicklung seiner Heimatstadt zu, verhinderte allerdings eine seit 1814 angestrebte umfassende Reform der Stadtverfassung. Mit Unterstützung Hannovers, aber gegen den Willen weiter Teile der Bremer Kaufmannschaft, betrieb Smidt ab 1825 die Gründung Bremerhavens, um den durch Oldenburg gefährdeten Bremer Seehandel zu sichern. Smidt war ein entschiedener Gegner der Revolution von 1848, musste sich aber mit der faktischen Entmachtung des Bremer Senats arrangieren. Nachdem er das Bürgermeisteramt 1848 niedergelegt hatte, nahm er es 1852 wieder auf und übte es bis zu seinem Tod aus. An der Ausarbeitung der 1854 verabschiedeten Verfassung hatte Smidt großen Anteil. Er starb am 7. Mai 1857 in Bremen.

Smith, William Sidney Sir

* 21. Juni 1764 (London), + 26. Mai 1840 (Paris)

Lobbyist für christliche Gefangene in Nordafrika; inoffizieller Vertreter des ehemaligen Königs von Schweden Gustav IV. Adolf.

Smith war mit 19 Jahren bereits Fregattenkapitän und diente in der schwedischen und der türkischen Flotte, bevor er sich 1793, nach Ausbruch der Revolutions­kriege, der britischen Marine anschloss. Während der Koalitions­

Smith, William Sidney Sir

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kriege tat er Dienst im Mittelmeer, in der Nordsee und im Atlantik. Unter anderem war er an der Belagerung von Acre und der Evakuierung der portugiesischen Königsfamilie nach Brasilien beteiligt. Smith verfügte über eine rebellische Persönlichkeit und brachte stets seine Meinung auch gegenüber Vorgesetzten zum Ausdruck. Diese Eigenschaft behinderte seine Karriere immens und schuf ihm zahlreiche Feinde. Zum Wiener Kongress reiste Smith am 12. Oktober 1814 an, um für die von nordafrikanischen Piraten gefangen gehaltenen Europäer – vorwiegend Seeleute – einzutreten. Zu diesem Zweck gründete er nicht nur die Vereinigung „Knigths Liberators of the White Slaves in Africa“, sondern veranstaltete am 29. Dezember auch ein Picknick im Palast im Augarten. Der Erlös sollte der Unterstützung der Gefangenen zugutekommen. Rund 150 illustre Gäste lösten Eintrittsbillets zu dieser Veranstaltung. Ein Picknick war auf dem Kontinent eine Novität und wurde daher mit viel Aufmerksamkeit bedacht. Die Teilnehmer wurden mit feinsten Speisen verwöhnt, für welche allerdings separat bezahlt werden musste. Dieser Umstand führte zu der peinlichen Situation, dass der bargeldlose König von Bayern, (→) Maximilian I. Joseph, gezwungen war, sich Geld bei Zar (→) Alexander I. auszuleihen. Das Picknick wurde nicht als Erfolg gewertet – zu wenige Gäste, vor allem zu wenige Damen seien anwesend gewesen. Dennoch erweckten sowohl diese Veranstaltung als auch die exzentrische Persönlichkeit Smiths Interesse für die Lage der christlichen Gefangenen in Nordafrika. Über Maßnahmen gegen die Piraterie in den Barbareskenstaaten wurde in der Folge auf dem Kongress von Aachen 1818 offiziell verhandelt. Des Weiteren öffnete Smith seine zwei Zimmer umfassende Wohnung jeden Mittwochabend für Besucher, die sich gerne und in großer Zahl bei ihm versammelten. Nach „Londoner Sitte“ hielt sich dabei ein Teil der Gäste auch im Treppenhaus und im Dienstbotenzimmer auf. Als Vertreter des ehemaligen schwedischen Königs Gustav IV. Adolf Wasa, der 1809 abgesetzt worden war, überreichte Smith im Dezember 1814 eine Erklärung und eine Protestnote. Darin widerrief der ehemalige Herrscher seine Abdankungserklärung und forderte die Wiedereinsetzung in seine herkömmlichen Rechte – ohne damit bei den Mächten jedoch durchzudringen. Smith verließ Wien am 29. März 1815, um sich ohne Eile nach London zu begeben. Bei Brüssel traf er auf (→) Wellington, der eben die Schlacht von Waterloo gewonnen hatte, und begann, die Versorgung der Verwundeten zu arrangieren. Darüber hinaus bereitete er den Einzug Ludwig XVIII. in Paris vor und verhandelte die Kapitulationen von Arras und Amiens. Diese Missionen brachten ihm schließlich den Ritterschlag ein. Die Ausgaben für den Aufenthalt in Wien hatten Smith in tiefe Schulden gestürzt. Um einer ihm deswegen in Großbritannien drohenden Gefängnisstrafe

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

zu entgehen, übersiedelte er mit seiner Familie nach Frankreich, wo er 1840 starb.

Solms-Laubach, Friedrich Ludwig Christian Graf zu * 29. August 1769 (Laubach), + 24. Februar 1822 (Köln) Inoffizieller Vertreter der mediatisierten Fürsten

Solms-Laubach entstammte der protestantischen Linie des bis 1806 reichsunmittelbaren Grafen- und Fürstenhauses Solms in der Wetterau. Mit 17 Jahren begann er in Gießen mit dem Studium der Rechtswissenschaften und absolvierte im Anschluss ein juristisches Praktikum am Reichskammergericht in Wetzlar. Im Winter 1789/90 vertrat er den Wetterauer Grafenverein auf dem Regensburger Reichstag, wenige Monate später wohnte er in derselben Funktion der Wahl Kaiser Leopolds II. in Frankfurt a. M. bei. Im Juli 1791 übertrug ihm der Kaiser eine Reichshofratsstelle; zudem wurde Solms-Laubach zum k.k. Kämmerer ernannt. 1797 übernahm er auf dem Kongress von Rastatt wiederum die Vertretung des Wetterauer Grafenvereins sowie des protestantischen Teils des westphälischen Grafenkollegiums, jedoch ohne dabei entscheidenden Einfluss auf den Verhandlungsverlauf zu nehmen. Auf eigenen Wunsch hin erhielt Solms-Laubach im September 1798 seine Entlassung als Reichshofrat und widmete sich der Verwaltung seiner zwischenzeitlich verschuldeten Güter, die er während seiner beruflich bedingten Abwesenheit vernachlässigt hatte. 1806 verlor die Grafschaft Solms-Laubach ihre Souveränität und wurde Teil des Großherzogtums Hessen. Nachdem er in jenen Jahren gelegentlich diplomatische Aufgaben im Auftrag kleinerer Herrscherhäuser ausgeführt hatte, übernahm Solms-Laubach 1813 im Frankfurter Hauptquartier der Alliierten unter (→) Stein Aufgaben in der Zentralverwaltung. Intensiv eingebunden war er in die Vorarbeiten für die am Wiener Kongress tagende Flussschifffahrtskommission ebenso wie in die auf (→) Karl August von Hardenbergs Entwürfen basierenden Beratungen über die deutsche Verfassungsfrage, die für Solms-Laubach als von der Mediatisierung Betroffenem von besonderem Interesse war. In dieser Phase entstand neben anderen Texten seine Denkschrift „Die verfassungsrechtliche Stellung der Mediatisierten im zukünftigen Deutschen Bund“. Solms-Laubach übernahm auf dem Wiener Kongress zwar keine offizielle Funktion, wirkte aber als Berater von Stein und Hardenberg im Hintergrund und war Vorsitzender des „Vereins der Mediatisierten“. In dieser Rolle führte er den Großmächten, gemeinsam mit Stein, die Situation der Mediatisierten vor Augen und forderte die Restitution der ehemaligen Herrschaftsrechte. Offiziell vertreten wurde das Haus Solms-Laubach auf dem Wiener Kongress allerdings durch (→) Gärtner.

Spaen van Voorstonden, Gerrit Karel Baron

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Solms-Laubach kam bereits Ende August 1814 in Wien an und traf sich mit dem Gesandten Hannovers, (→) Ernst Graf von Hardenberg, dessen Mitarbeiter (→) Martens sowie mit (→) Humboldt zu inoffiziellen Vorgesprächen betreffend den preußischen Verfassungsentwurf. Dieser konnte aus verschiedenen Gründen jedoch nicht überzeugen und wurde nach der Ankunft des preußischen Staatskanzlers, Karl August von Hardenberg, durch ein neues Konzept ersetzt. Auch befasste sich Solms-Laubach mit der Frage einer zukünftigen Verfassung für das Königreich Württemberg. Gesellschaftlich verkehrte der Graf unter anderem bei (→) Fries, im Haus (→) Stadion sowie im Salon von (→) Fanny von Arnstein. Bis zu seiner Abreise aus Wien am 1. Mai 1815 bewohnte er eine Wohnung in der Wollzeile 836. Nachdem Solms-Laubach mit seiner Forderung nach Wiederherstellung der Souveränität seines Territoriums am Wiener Kongress gescheitert war, hatte er fortan als Standesherr einen Sitz in der Ersten Kammer des Großherzogtums Hessen-Darmstadt inne. Mit der Rückkehr Napoleons im März 1815 trat der Graf in den preußischen Staatsdienst ein. 1816 wurde er zum Oberpräsidenten der Provinz Jülich-Cleve-Berg und zum Regierungspräsidenten in Köln ernannt, nachdem er bereits zuvor erfolgreich an der Überführung des Herzogtums Jülich unter die preußische Verwaltungshoheit mitgewirkt hatte. In den folgenden Jahren trug Solms-Laubach wesentlich zur Ausgestaltung der Verwaltungsorganisation seiner Provinz bei und arbeitete an der Integration der rheinischen Bevölkerung in den preußischen Staat. Solms-Laubach starb nach längerer Krankheit im Februar 1822 in Köln.

Spaen van Voorstonden, Gerrit Karel Baron

* 24. Oktober 1756 (Arnhem), + 28. Februar 1841 (Wien)

Vertreter des Souveränen Fürstentums der Vereinigten Niederlande

Auf dem Wiener Kongress fungierte Spaen, der am Judenplatz 444 untergebracht war, gemeinsam mit (→) Capellen, der allerdings erst Ende Jänner 1815 in Wien eintraf, als Bevollmächtigter der Niederlande. Die niederländische Delegation kooperierte eng mit (→) Gagern und (→) Ernst Franz Marschall zu Bieberstein, die das Herzogtum Nassau und das Haus Nassau-Oranien vertraten. Strittig war insbesondere der zukünftige Verlauf der Grenze zwischen den Niederlanden und Preußen. Das Haus Hohenzollern beanspruchte rechtsrheinische Territorien, zu welchen auch die angestammten Herrschaftsgebiete der Dynastie Nassau-Oranien zählten und die daher für Prinz Wilhelm besondere Bedeutung hatten. Allerdings war der niederländischen Delegation in dieser Frage kein Erfolg beschieden: Die Gebiete wurden schließlich Preußen zugeschlagen. Damit waren die niederländischen Vertreter in Wien weitgehend mit der Durchsetzung

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

der Interessen ihres Herrschers gescheitert. Allerdings erhielt Wilhelm als Kompensation für diese territorialen Verluste das Herzogtum Luxemburg zugesprochen, das zum Großherzogtum erhoben wurde. Des Weiteren erfolgte die Rangerhöhung zum König der Niederlande. Die Niederlande waren als Anrainerstaat der Schelde auch an der Frage der freien Flussschifffahrt interessiert. Daher war Spaen während des Wiener Kongresses Mitglied in der entsprechenden Kommission. Nach dem Wiener Kongress fungierte Spaen von 1815 bis zu seinem Tode im Jahr 1841 als niederländischer Gesandter in Wien.

Stackelberg, Gustav Ernst Graf von

* 18. Juni 1766 (Reval), + 18. April 1850 (Paris) Vertreter des Kaiserreichs Russland

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Straßburg und einer Kavaliers­ tour durch Italien, Frankreich und Deutschland trat Stackelberg in die russische Armee ein. Als Leutnant der Garde nahm er 1788/89 am russisch-schwedischen Seekrieg teil, entschied sich im Anschluss aber für eine diplomatische Laufbahn. Nachdem er zunächst Kammerjunker von Zarin Katharina II. gewesen war, besetzte er nach seiner Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat und Zwischenstationen in Warschau und Stockholm ab 1794 den russischen Botschafterposten auf Sardinien. 1799 wechselte er in die Schweiz, 1802 in die Batavische Republik, 1807 nach Preußen und 1810 nach Österreich. Stackelberg war Mitglied der großen russischen Delegation und vertrat am Wiener Kongress gemeinsam mit (→) Razumovskij, (→) Kapodistrias, (→) Nesselrode, (→) Pozzo di Borgo und dem Sekretär (→) Anstett die Interessen Zar (→) ­Alexanders I. Während der Verhandlungen wohnte er in der Wollzeile 839 und war insbesondere mit der Klärung der offenen Fragen zwischen dem Heiligen Stuhl und Russland betraut. Im Zuge der Gespräche verlor Stackelberg aufgrund seiner angeblich österreichfreundlichen Haltung zunehmend das Vertrauen des Zaren, der daraufhin Kapodistrias, Anstett und Razumovskij mit den Verhandlungen betraute. Allerdings war Stackelberg Mitglied der Achter-Konferenz, der Rangkommission sowie der (dritten) Redaktionskommission. Während des Kongresses trat er mehrfach als Gastgeber von Bällen und Gesellschaften in Erscheinung. Von 1818 bis 1820 und von 1822 bis 1835 übernahm Stackelberg den Gesandtschaftsposten in Neapel, dazwischen jenen in London. Seinen Lebensabend verbrachte er in Paris, wo er 1850 verstarb.

Stadion-Warthausen, Johann Philipp Karl Joseph Graf von

Stadion-Warthausen, Johann Philipp Karl Joseph Graf von

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* 18. Juni 1763 (Warthausen), + 15. Mai 1824 (Baden bei Wien)

Österreichischer Staatsmann, Unterstützer der ehemaligen Reichsritterschaft

Stadion entstammte einer in kurmainzischen Diensten stehenden Familie. Nach dem Studium der Rechte in Nancy und Göttingen und der Absolvierung einer Kavalierstour trat er in habsburgische Dienste und fungierte als Gesandter in Stockholm (1787 bis 1790) und London (1790 bis 1793). Aus Unzufriedenheit über die Politik von Kaiser (→) Franz trat er vorübergehend aus dem diplomatischen Dienst aus und übernahm erst 1801 wieder diplomatische Aufgaben, indem er als Gesandter in Berlin (bis 1803) und St. Petersburg (bis 1805) residierte. Der entschiedene Gegner der Französischen Revolution und Napoleons wurde 1805 zum österreichischen Außenminister ernannt. Sein Name ist mit den innenpolitischen Reformen jener Zeit ebenso verbunden wie mit dem Krieg von 1809. Aufgrund der Niederlage, die Österreich 1809 erlitt, musste Stadion (→) Metternich sein Amt als Außenminister überlassen. Erst 1813 fand er wieder Verwendung im diplomatischen Dienst und handelte für Österreich mit Russland und Preußen die Konvention von Reichenbach aus. 1814 übernahm er das Amt des Präsidenten der Hofkammer. Während des Wiener Kongresses bildete Stadions Salon den Treffpunkt der österreichischen Aristokratie, der mediatisierten Reichsritterschaft sowie der kleinen deutschen Fürsten – und damit der Kritiker der Politik Metternichs. Dessen schwankende Haltung wurde ebenso beanstandet wie seine Lässigkeit und seine Vorliebe für das weibliche Geschlecht. Durch diese schlechten Eigenschaften würde er von der Politik abgelenkt. Zudem attestierte man Metternich mangelndes militärisches Verständnis. Immer wieder tauchten daher Gerüchte auf, Stadion würde Metternich als Verhandlungsleiter Österreichs oder gar als Außenminister ablösen. Stattdessen wurde Stadion 1816 Finanzminister und gründete im Zuge e­ ines wirtschafts- und finanzpolitischen Reformprogramms die Österreichische ­Nationalbank. Durch diese Maßnahme sollte der chronischen Finanzmisere der ­Österreichischen Monarchie, die 1811 zum Staatsbankrott geführt hatte, ein Ende gemacht werden. Stadion starb 1824 in Baden bei Wien.

Staegemann, Friedrich August

* 7. November 1763 (Vierraden), + 17. Dezember 1840 (Berlin) Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen

Staegemann, der den größten Teil seiner Kindheit im Waisenhaus verbracht hatte, studierte Rechtswissenschaften in Halle und trat 1785 als Gerichts­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

referendar in die Dienste der Ostpreußischen Regierung. Er machte rasch Karriere und stieg zum Kriminalrat und Syndikus der Ostpreußischen Generallandschaftsdirektion auf. In Königsberg führte er einen Salon, in dem auch Kant verkehrte. 1806 erfolgte Staegemanns Ernennung zum Geheimen Finanzrat und seine Berufung zum Chef der Preußischen Bank nach Berlin. 1807 wurde er auf Vorschlag (→) Karl Augusts von Hardenbergs Mitglied der Immediatkommission zur Neugestaltung des Königreichs Preußen. Er war intensiv an der Ausarbeitung der Stein-Hardenbergschen Reformen beteiligt. 1808 wurde Staegemann zum Geheimen Oberfinanzrat, im Folgejahr zum Geheimen Staatsrat ernannt. 1813 beteiligte er sich an der Vorbereitung und Durchführung des Krieges gegen Napoleon. Staegemann galt als Vertreter des Konstitutionalismus und trat für Pressefreiheit ein. Sein Haus in Berlin war Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen; unter anderem verkehrten dort Kleist und ­Clemens Brentano. Staegemann selbst verfasste Liebesgedichte sowie patriotische Lieder. 1814 begleitete er Hardenberg zu den Londoner Konferenzen. Zum Wiener Kongress traf Staegemann am 21. September 1814 in der ­österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und kam im Bürgerspital vor dem Kärntnertor unter, wo auch viele Künstler ihre Unterkunft hatten. Als Vertrauter Hardenbergs war er eng in die Verhandlungen eingebunden. Im Frühjahr 1815 wurde er Mitglied der Militärkommission und war zuständig für die Verpflegung der Truppen im neuerlichen Feldzug gegen Napoleon. Auch war er seit Jänner 1815 federführend an der Erarbeitung eines Entwurfs einer preußischen Konstitution beteiligt und verfasste das sogenannte Verfassungsversprechen König (→) Friedrich Wilhelms III. vom 22. Mai 1815. Gesellschaftlich bewegte Staegemann sich in den Häusern (→) Arnstein und (→) Eskeles. In Wien traf er außerdem nach langen Jahren wieder auf (→) Gentz, mit dem er einst in Königsberg um seine spätere Ehefrau Elisabeth konkurriert hatte. Auch journalistisch griff Staegemann in das Geschehen ein und schrieb unter anderem für (→) Cottas „Neuen Hamburger Beobachter“. Staegemann verließ Wien am 11. Juni 1815 in Richtung des alliierten Hauptquartiers. Auch an den Verhandlungen zum Zweiten Pariser Frieden nahm er teil. 1816 erhob ihn König Friedrich Wilhelm III. in den Adelstand. 1817 wurde Staegemann Mitglied des Staatrats. 1819 konzipierte er die „Allgemeine Preußische Staatszeitung“ und übernahm deren Leitung, legte dieses Amt jedoch bereits 1820 wieder nieder, da er seine Auffassungen nicht durchsetzen konnte. 1835 wurde Staegemann zum Ehrenbürger von Berlin ernannt, wo er – bis zuletzt im Dienst des preußischen Staates stehend – 1840 verstarb.

Stein, Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum

Stein, Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum

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* 25. Oktober 1757 (Nassau), + 29. Juni 1831 (Cappenberg) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Der Sohn eines kurmainzischen Kammerherrn studierte an der Universität Göttingen Geschichte, Rechts- und Kameralwissenschaften. Im Jahr 1780 trat er in das preußische Bergwerks- und Hüttendepartement ein und stieg bis 1796 zum Oberkammerpräsidenten der westlichen Gebiete Preußens auf. Durch die Beschlüsse des Reichsdeputationshauptschlusses wurden die Besitzungen der Familie Stein mediatisiert. Führend daran beteiligt war als Staatsminister des Herzogtums Nassau (→) Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein, dem Stein in der Folge feindlich gegenüberstand. Die Ideen der Französischen Revolution ursprünglich wohlwollend beurteilend, distanzierte sich Stein im Laufe der Jahre von dieser Haltung. Nachdem er 1804 zum preußischen Finanz- und Wirtschaftsminister ernannt worden war, sprach er sich vehement für einen Krieg gegen Napoleon aus. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt erfolgte Anfang 1807 Steins Entlassung. Noch im Sommer desselben Jahres wurde er allerdings zum Staatsminister ernannt. In den folgenden Monaten war Stein, gemeinsam mit (→) Karl August von Hardenberg, maßgeblich an der Umsetzung der von ihm initiierten Preußischen Reformen beteiligt. Seine Haltung gegenüber Frankreich führte jedoch dazu, dass Napoleon ihn zum Feind Frankreichs erklärte und König (→) Friedrich Wilhelm III. sich im November 1808 zu seiner Entlassung gezwungen sah. In den folgenden Jahren lebte Stein in Böhmen und avancierte zum Berater von Zar (→) Alexander I., ohne jedoch förmlich in dessen Dienste zu treten. In dieser Periode arbeitete er zahlreiche Konzepte für eine Neugestaltung Deutschlands aus, wobei das Alte Reich als Vorbild für die zukünftige Gestaltung diente. 1813 wurde Stein zum Chef der Zentralverwaltungsbehörde, welche die von den alliierten Truppen eroberten deutschen Gebiete interimistisch verwaltete, ernannt. Stein reiste zum Wiener Kongress am 14. September 1814 an und wohnte in der Breunerstraße 1208. Während der Verhandlungen fungierte er als Berater Zar Alexanders und versuchte, seinen Einfluss bei den preußischen Gesandten geltend zu machen. Sein wesentliches Interesse galt – neben der Einführung einer liberalen Wirtschaftsordnung – der politischen Neuordnung Deutschland, doch verband er mit dieser Frage widersprüchliche Vorstellungen: Zum einen plädierte er für die Restauration der Rechte der mediatisierten Standesherren, zum anderen aber auch für eine starke Zentralgewalt im Deutschen Bund, der über zahlreiche Kompetenzen verfügen sollte. Grundsätzlich war seine Perspektive jedoch von den Strukturen des Alten Reiches geprägt und mit der Hoffnung

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

auf W ­ iedereinführung der Kaiserwürde für das Haus Habsburg verbunden. Diese Vorstellungen wichen grundsätzlich von den dynastischen und strategischen Absichten des Zaren ab, der sich im Verlauf des Kongresses von seinem Berater in deutschen Fragen abgrenzte. Grundsätzlich blieb der Einfluss Steins während des Kongresses angesichts widerstreitender Interessen, verbunden mit seinem schwierigen, aufbrausenden und selbstherrlichen Charakter, gering. Dennoch war Stein Mitglied der Schweizer Kommission sowie der Militärkommission. Den Festlichkeiten und Geselligkeiten blieb er, da wenig talentiert im Aufbau persönlicher Beziehungen, überwiegend fern. Enttäuscht reiste er am 28. Mai 1815 aus Wien ab. Nach dem Wiener Kongress zog sich Stein weitgehend aus dem politischen Leben zurück. Zwar engagierte er sich bis zu seinem Tod vehement für die Verteidigung adelig-ständischer Vorrechte, sein Hauptinteresse aber galt historischen Studien. Zur Edition von Quellen zur deutschen Geschichte gründete er 1819 die „Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde“, welche noch heute die renommierten Monumenta Germaniae Historica herausgibt, und deren erster Präsident er war. Letztlich war jedoch auch dieses Projekt politischen Zielen untergeordnet, sollte es doch zur historischen Legitimation adeliger Vorrechte dienen. Der 1831 verstorbene Stein war eine kontroverse Persönlichkeit, deren Facettenreichtum zu zahlreichen Interpretationen vom frühliberalen Reformer bis hin zum überschätzten Reaktionär herausforderte und die in der Erinnerung immer wieder politisch vereinnahmt wurde.

Stewart, Charles William Lord

* 18. Mai 1778 (Dublin), + 6. März 1854 (London)

Vertreter des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Der Halbbruder von (→) Castlereagh besuchte das Eton College, bevor er 1794 in die britische Armee eintrat. Er diente in Flandern und Irland und wurde 1796 als Vertreter der Tories in das Irish House of Commons gewählt. Nach dem Act of Union 1800 vertrat er die Grafschaft Londonderry bis zum Jahr 1814 im British House of Commons. 1803 erfolgte seine Ernennung zum Adjutanten von König George III., vier Jahre später jene zum Under-Secretary of State for War and the Colonies. Im April 1809 wurde er während des britischen Einsatzes auf der iberischen Halbinsel Generaladjutant von Sir Arthur Wellesley, dem späteren Duke of (→) Wellington. Als Anerkennung für seine militärischen Dienste wurde Stewart im November 1813 zum Colonel der 25th Light Dragoons befördert. Bis zum Kriegsende war er außerordentlicher britischer Gesandter und Bevollmächtigter am Berliner Hof und Military Commissioner der alliierten Streitkräfte. Stewart traf am 6. Oktober 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog bis zu seiner Abreise am 11. Juni 1815 eine Wohnung in

Stolberg-Wernigerode, Henrich Graf zu

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der Johannesgasse 1030. Im Rahmen des Wiener Kongresses vertrat er gemeinsam mit Castlereagh, (→) Cathcart und (→) Clancarty die Belange der britischen Krone, machte vor Ort aber vor allem durch sein als unangebracht empfundenes Verhalten von sich reden: Seine Kommentare und Gesprächsanbahnungen wurden häufig als unhöflich betrachtet, er lieferte sich in betrunkenem Zustand eine Schlägerei mit einem Kutscher (und unterlag!), ritt in angeheitertem Zustand auf einem mit Maiblumen geschmückten Pferd über Graben und Kohlmarkt oder kniff Damen in exponierte Körperteile. Aufsehen erregte darüber hinaus seine Affäre mit (→) Wilhelmine von Sagan im Mai und Juni 1815. Während des Wiener Kongresses wurde er entweder spöttisch als „Lord Pumpernickel“ oder, aufgrund seiner auffälligen gelben Stiefel, als „Goldfasan“ bezeichnet. Trotz seines vielfältigen gesellschaftlichen Engagements war Stewart Mitglied der Schweizer Kommission, der Achter-Konferenz, der Abolitionskommission sowie der Militärkommission. 1815 berief die britische Regierung Stewart zum Botschafter in Wien. Dieses Amt übte er bis 1823 aus. Nach dem Selbstmord Castlereaghs 1822 übernahm er als 3rd Marquess of Londonderry den Titel seines Halbbruders. Im Jahr darauf wurde er zum Earl of Vane und Viscount of Seaham ernannt und widmete sich der Aufgabe des Gouverneurs der Grafschaft Londonderry. 1834/35 fungierte er kurzzeitig als britischer Botschafter in St. Petersburg. Stewart, der auch Mitglied des britischen Oberhauses war, starb 1854 auf seinem Anwesen Londonderry House.

Stolberg-Wernigerode, Henrich Graf zu

* 25. Dezember 1772 (Wernigerode), + 16. Februar 1854 (Wernigerode)

Vertreter des Hauses Stolberg-Wernigerode, Chronist des Wiener Kongresses

Nach dem Studium in Straßburg, wo er die Bekanntschaft (→) Metternichs machte, sowie in Berlin und Göttingen widmete sich Stolberg-Wernigerode der Verwaltung seiner Güter. Infolge des Reichsdeputationshauptschlusses musste er seine linksrheinischen Besitzungen an Frankreich abtreten, andere Güter wurden dem Königreich Westphalen zugeschlagen. Stolberg-Wernigerode bekannte sich in der Folge zu Napoleon und übernahm das Amt des Ehrenstallmeisters im Königreich Westphalen. Darüber hinaus war er dort zwischen 1808 und 1813 Mitglied der Reichsstände. Der Wiener Kongress erschien der Familie Stolberg-Wernigerode als Möglichkeit, die verloren gegangenen Gebiete wieder zurückzuerlangen oder eine großzügigere Entschädigung als im Reichsdeputationshauptschluss vorgesehen zu erlangen. Daher reiste Stolberg-Wernigerode nach Wien, wo er am 20. September 1814 eintraf. Eine Unterkunft fand er auf der Brandstätte 669. Unterstützt wurde

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

er bei seiner Mission von (→) Gärtner und dem Archivar Christian Heinrich Delius. Da er nicht zu den offiziellen Verhandlungen zugelassen war, versuchte Stolberg-Wernigerode seinem Anliegen durch Audienzen und Besuche bei den versammelten Staatsmännern und Diplomaten Gehör zu verschaffen. Privat verkehrte er häufig mit (→) Solms-Laubach, dem Vorstand des 1813 gegründeten „Vereins der Mediatisierten“, sowie (→) Riedesel. Darüber hinaus frequentierte er die Salons von (→) Fanny von Arnstein und (→) Caroline Pichler. Politisch suchte er Rückhalt bei (→) Karl August von Hardenberg und nahm an mehreren Treffen im Quartier der Fürstin zu (→) Fürstenberg teil. Zwar gelang es Stolberg-Wernigerode nicht, seine Anliegen beim Wiener Kongress durchzusetzen, doch konnte er das Verhältnis zu Preußen verbessern, auf dessen Staatsgebiet die Besitzungen der Familie nun lagen. Am 2. Mai 1815 reiste er aus Wien ab. 1826 ernannte König (→) Friedrich Wilhelm III. Stolberg-Wernigerode zum Mitglied des Preußischen Staatsrats, von 1825 bis 1843 war er darüber hinaus Marschall des Merseburger Provinziallandtages. Als Standesherr war er zudem erbliches Mitglied der Ersten Ständekammer des Königreichs Hannover und des Großherzogtums Hessen.

Talleyrand-Périgord, Charles-Maurice de * 2. Februar 1754 (Paris), + 17. Mai 1838 (Paris) Vertreter des Königreichs Frankreich

Mit dem Handicap eines Klumpfußes in eine verarmte Adelsfamilie geboren, war Talleyrand bereits als Kind für den kirchlichen Stand vorgesehen. Die Priesterweihe erfolgte 1779. 1788 wurde er zum Bischof von Autun ernannt. In dieser Funktion wählten ihn die Mitglieder des Diözesanklerus zum Abgeordneten der 1789 zusammengetretenen Generalstände. Dort wechselte Talleyrand in die Reihen des Dritten Standes und wurde so Mitglied der Nationalversammlung. Da er die Notwendigkeit von Reformen erkannte, um der Revolution den Nährboden zu entziehen, votierte er für die Verstaatlichung von Kirchengut und andere kontroverse Vorlagen. Sein Eid auf die neue Verfassung im Namen des Klerus führte zu seiner Exkommunikation. Als sich die politische Stimmung in Frankreich immer mehr aufheizte, ging Talleyrand 1792 – angeblich in diplomatischer Mission – nach London, wo er die folgenden zwei Jahre zubrachte. Nachdem die britische Regierung ihn auf Druck französischer Emigranten ausgewiesen hatte, begab Talleyrand sich in die USA, von wo aus er 1796 nach Frankreich zurückkehrte. 1797 wurde Talleyrand unter dem Direktorium zum französischen Außenminister ernannt. 1799 legte er dieses Amt zwischenzeitlich nieder, doch ernannte

Talleyrand-Périgord, Charles-Maurice de

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ihn Napoleon, den Talleyrand seit dessen ersten militärischen Erfolgen unterstützt hatte, nach seinem Staatsstreich erneut zum Außenminister. 1806 verlieh ihm der Kaiser den Titel des Fürsten von Benevent. Als Talleyrand sich gegen die Eroberungspläne Napoleons wandte, zeigten sich ersten Differenzen zwischen den beiden Männern. 1807, nach dem Frieden von Tilsit, demissionierte Talleyrand vom Amt des Außenministers. Während des Erfurter Fürstenkongresses 1808 knüpfte er Kontakte zu Zar (→) Alexander I. und ließ Russland und Österreich in den folgenden Jahren immer wieder brisante Informationen über die Pläne Napoleons zukommen. Nach dem Sturz Napoleons, bei welchem Talleyrand die alliierten Mächte unterstützt hatte, wurde er von Ludwig XVIII. erneut mit dem Amt des Außenministers betraut und verhandelte für Frankreich den Ersten Pariser Frieden. Zum Wiener Kongress reiste Talleyrand am 23. September 1814 an und richtete sich im Palais Kaunitz in der Johannesgasse ein. Unterstützt wurde er durch (→) Dalberg, (→) Noailles und (→) La Tour du Pin. Seine wichtigsten Forderungen waren die gleichberechtigte Aufnahme Frankreichs in die Reihen der alliierten Mächte, die Sicherung der territorialen Integrität Sachsens, die Verhinderung eines habsburgischen Prinzen in Sardinien-Piemont sowie die Restauration der mit dem französischen Königshaus verwandten Bourbonendynastie in Neapel. Zudem setzte er sich für die Selbstständigkeit Polens ein. Eine Möglichkeit, seine Ziele durchzusetzen, sah er in der offensichtlichen Uneinigkeit der ehemaligen Verbündeten in zahlreichen der in Wien zu behandelnden Fragen. Seine politischen Überlegungen sind in den von ihm selbst verfassten Instruktionen niedergelegt. Seine Argumentation basierte auf dem Prinzip der monarchischen Legitimität, das damit zu einem Leitbegriff der Kongresspolitik avancierte. Nach viel beachteten Auftritten und intensiver Lobbyarbeit gelang es Talleyrand aufgrund der Patt-Stellungen in den Verhandlungen um Sachsen und Polen im Jänner 1815, zu den Sitzungen der Vierer-Konferenz, die sich nun zur Fünfer-Konferenz erweiterte, zugelassen zu werden. Außerdem war er Mitglied der Achter-Konferenz sowie der Abolitionskommission. Bereits vor dem Jänner 1815 nahmen französische Delegierte zudem an den Sitzungen der Schweizer Kommission und der Statistischen Kommission teil. Talleyrand war in Begleitung eines repräsentativen Hofstaats nach Wien gereist. Zu seiner Suite zählten etwa (→) Dorothea de Talleyrand-Périgord, die Frau seines Neffen und Halbschwester von (→) Wilhelmine von Sagan, der bekannte Musiker (→) Neukomm, der Maler des berühmten Kongressbildes (→) Isabey, sowie – vermutlich – der damals berühmteste Koch der Welt (→) Carême. Talleyrand war Gastgeber der wohl luxuriösesten Diners des Kongresses und wurde dabei von seiner Nichte Dorothea unterstützt. Die Rückkehr Napoleons nach Frankreich im März 1815 machte die politischen Erfolge Talleyrands zunichte. Zwar unterzeichnete auch er die Acht-­

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Erklärung der Mächte, doch fand er sich nach der Flucht Ludwigs XVIII. aus Paris in einer äußerst schwierigen Lage wieder. Dennoch harrte er in Wien aus – selbst als die Wiener Banken der französischen Delegation die Kreditlinie sperrten und obwohl Ludwig XVIII. ihn erwartete: Er wollte unbedingt sicherstellen, dass die Verhandlungen trotz der Umstände zum Abschluss gebracht würden. Erst nach der Unterzeichnung der Kongressakte verließ Talleyrand die Stadt, um sich an den Hof des nach Gent geflüchteten französischen Königs zu begeben. Im September 1815 legte Talleyrand das Amt des Außenministers nieder und zog sich ins Privatleben zurück. Erst als im Zuge der Julirevolution 1830 ­Louis-Philippe die Macht in Paris übernahm, bezog Talleyrand seinen letzten politischen Posten: Er wurde französischer Botschafter in London. Dieses Amt übte Talleyrand bis 1834 aus. Er starb 1838 in Paris.

Talleyrand-Périgord, Dorothea de

* 21. August 1793 (Schloss Friedrichsfelde), + 29. September 1862 (Sagan) Salonière, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich

Die Halbschwester von (→) Wilhelmine von Sagan heiratete 1809 auf Vermittlung von Zar (→) Alexander I. Graf Edmond de Talleyrand-Périgord, den Neffen des französischen Außenministers (→) Talleyrand. Diese Ehe war nicht glücklich, wurde jedoch erst 1824 geschieden. Seit 1812 lebte Dorothea bei Talleyrand. Über die Natur dieser Beziehung wurde und wird immer noch spekuliert. Dorothea begleitete Talleyrand auf dessen Wunsch hin zum Wiener Kongress, wo sie vermutlich am 24. September 1814 eintraf und im Palais Kaunitz Quartier bezog. Während des Kongresses profilierte sie sich als Gastgeberin und führte einen bekannten Salon. Sie galt auch in politischen Fragen als wichtige Vertraute Talleyrands; ihr Einfluss auf das Kongressgeschehen wurde bereits von der Geheimpolizei wahrgenommen. Als bedeutsam erwiesen sich insbesondere die verwandtschaftlichen Verbindungen Dorotheas mit verschiedenen Adels- und Herrscherhäusern Europas, wodurch die gesellschaftliche Integration der französischen Delegation in das Kongressgeschehen erleichtert wurde. Für Aufsehen während des Kongresses sorgte die Affäre Dorotheas mit Karl Johann Graf Clam-Martinic. Mitte Juli 1815 traf Dorothea wieder in Paris ein, wo sie – abgesehen von einem Aufenthalt in England Anfang der 1830er Jahre – gemeinsam mit Talleyrand lebte. Nach dessen Tod 1838 fungierte sie als seine Universalerbin und zog sich auf die Güter ihrer Familie in Sagan zurück. 1845 verlieh König Friedrich Wilhelm IV. ihr den Titel einer Herzogin von Sagan. Dort starb sie 1862.

Thurn und Taxis, Karl Alexander Fürst von

Thurn und Taxis, Karl Alexander Fürst von

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* 22. Februar 1770 (Regensburg), + 15. Juli 1827 (Dischingen)

Karl Alexander von Thurn und Taxis studierte in Straßburg, Würzburg und Mainz und heiratete 1789 (→) Therese von Mecklenburg-Strelitz, Schwester der Königin Luise von Preußen. Seit 1797 fungierte er als kaiserlicher Prinzipalkommissar am Reichstag zu Regensburg und war bei der bayerischen Loge der Freimaurer aktiv. 1805 übernahm er mit dem Tod seines Vaters das Amt des Generalerbpostmeisters, denn das Haus Thurn und Taxis verfügte seit dem 16. Jahrhundert über das Postregal im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Das Ende des Alten Reichs 1806 bedeutete auch das Ende des Postregals. Zudem wurden die Güter der Familie Thurn und Taxis mediatisiert und fielen teils Württemberg, teils Hohenzollern-Sigmaringen zu. Karl Alexander betrieb die Thurn-und-Taxis-Post allerdings erfolgreich als Privatunternehmen weiter. Der Wiener Kongress bot die Gelegenheit, für eine Rückerstattung der mediatisierten Güter und der Postrechte einzutreten. Das Fürstenpaar Thurn und Taxis traf Anfang Oktober 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier am zentral gelegenen Graben 1212. Unterstützung bei den Verhandlungen erfuhr es durch (→) Vrints-Berberich, den Generalpostdirektor in Frankfurt a. M. Während Karl Alexander im Hintergrund agierte, unterhielt Therese einen Salon und verhandelte erfolgreich mit den Vertretern der Mächte: Es wurde die Rückgabe der und die Nutzungsrechte an den ehemaligen Reichspostanstalten erreicht, sofern diese nicht als Entschädigung an die Landesherren gegangen waren (Art. 17 der Bundesakte). Darüber hinaus erhielt das Haus Thurn und Taxis die Güter der ehemaligen Reichsabtei St. Emmeram in Regensburg als Entschädigung, deren Klostergebäude es bereits 1803 und 1812 erworben hatte. Die Mediatisierung wurde freilich nicht aufgehoben. Karl Alexander war auch nach dem Kongress im Postwesen aktiv und verstarb 1827 in Dischingen.

Thurn und Taxis, Therese Fürstin von

* 5. April 1773 (Hannover), + 12. Februar 1839 (Dischingen)

Nach dem Tod der Mutter verbrachte Therese, geb. zu Mecklenburg-Strelitz, ihre Jugend überwiegend in Darmstadt und heiratete 1789 Erbprinz (→) Karl Alexander von Thurn und Taxis, welcher 1797 Generalerbpostmeister wurde. Therese beteiligte sich an politischen Geschäften und unterhielt einen einflussreichen literarischen Salon. Seit der Mediatisierung des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis engagierte sie sich verstärkt für die Wiedererlangung der Souveränität des Hauses sowie die Restitution der Postrechte. Dazu verhandelte sie mit Napoleon, dem Reichserzkanzler Karl Theodor von Dalberg und ihrem Schwager, dem preu-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

ßischen König (→) Friedrich Wilhelm III. Therese traf, gemeinsam mit ihrem Gemahl, Anfang Oktober 1814 in Wien ein und wohnte am Graben 1212. Unterstützung bei den Verhandlungen erfuhr das Fürstenpaar durch (→) Vrints-Berberich, den Generalpostdirektor in Frankfurt a. M. Während sich Karl Alexander im Hintergrund hielt, fanden im Salon von Therese zahlreiche Treffen und Verhandlungen statt. Als Schwester der 1810 verstorbenen preußischen Königin Luise verfügte die Fürstin über hervorragende Kontakte zum Berliner Hof und konnte bei den Gesprächen Erfolge erzielen: Sie erreichte die Rückgabe der und die Nutzungsrechte an den ehemaligen Reichspostanstalten, sofern diese nicht als Entschädigung an verschiedene Landesherren gegangen waren (Art. 17 der Bundesakte). Darüber hinaus erhielt das Haus Thurn und Taxis die Güter der ehemaligen Reichsabtei St. Emmeram in Regensburg als Entschädigung, deren Klostergebäude es bereits 1803 und 1812 erworben hatte. Die Mediatisierung wurde freilich nicht rückgängig gemacht, die Thurn und Taxis galten fortan als Standesherren. In Thereses Salon verkehrte nicht nur König Friedrich Wilhelm von Preußen, der sich hier im Kreise seiner Familie fühlte, sondern auch andere gekrönte Häupter und die wichtigsten Staatsmänner des Wiener Kongresses. Darüber hinaus kam es hier im Herbst 1814 zwischen dem Prinzen (→) Wilhelm von Württemberg und dem Prinzen (→) Ludwig von Bayern zur Auseinandersetzung um ein Blindekuh-Spiel mit Julie Zichy, welche schließlich in einer Duellforderung des Bayern endete. Summa summarum kostete der Aufenthalt in Wien das Fürsten­ ehepaar 185.580 Gulden, die für Gesellschaften, Geschenke oder Abendroben ausgegeben wurden. Ob in dieser Summe auch die Mietkosten inkludiert sind, ist nicht bekannt. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1827 zog sich Therese von Thurn und Taxis auf Schloss Taxis bei Dischingen zurück und beschäftigte sich vorwiegend mit der Sammlung von Grafiken und Büchern. Sie starb 1839 auf Schloss Taxis und wurde in der Kapelle des Regensburger Schlosses St. Emmeram beigesetzt.

Trauttmansdorff-Weinsberg, Ferdinand Fürst von und zu * 2. Jänner 1749 (Wien), + 28. August 1827 (Wien) Obersthofmeister von Kaiser Franz I.

Nach dem Besuch der Kaiserlichen Ingenieursakademie und dem Studium der Rechte in Wien verbrachte Trauttmansdorff mehrere Monate am Reichskammergericht in Wetzlar. 1770 begleitete er die Braut Ludwigs XVI., Erzherzogin Marie Antoinette, als deren Kämmerer nach Straßburg. Nachdem er ausgedehnte Reisen unternommen und eine Position in der niederösterreichischen Statthalterei bekleidet hatte, trat Trauttmansdorff 1774 in den diplomatischen Dienst ein.

Trémoille, Charles Bretagne Marie Joseph Prinz von Tarent, Herzog von

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Nach einigen Jahren in der Reichskanzlei in Wien fungierte er als Gesandter des kurböhmischen sowie des fränkischen Kreises am Reichstag in Regensburg. 1785 ernannte ihn Kaiser Joseph II. zum Gesandten in Mainz. 1787 übersiedelte Trauttmansdorff nach Brüssel, wo er als bevollmächtigter Minister und Präsident des niederländischen Guberniums die schwierige Aufgabe der Befriedung der unruhigen Provinzen übernahm. Nach dem Ausbruch der Französischen Revolution 1789 musste er fliehen und diente 1793/94, bis zur endgültigen Räumung der Niederlande durch die österreichischen Truppen, als niederländischer Hofkanzler in Wien. In den folgenden Jahren bekleidete Trauttmansdorff kein politisches Amt, gehörte allerdings zu den vehementesten Kritikern des leitenden Ministers Johann Amadeus Franz von Thugut. Nach dessen Sturz 1801 folgte ihm Trauttmansdorff interimistisch als Leiter der Außenpolitik unter der formellen Leitung von Kabinettsminister Franz de Paula Karl Graf Colloredo und versuchte, eine Annäherung an Preußen und Russland zu erreichen. Nach acht Monaten endete das Ministerium Trauttmansdorff durch die Rückkehr Johann Ludwig Graf Cobenzls aus Lunéville, der die auswärtigen Geschäfte nun übernahm. 1805 erhob Kaiser (→) Franz Trauttmansdorff in den Reichsfürstenstand und ernannte ihn 1807 zu seinem Obersthofmeister. Damit war Trauttmansdorff für die gesamte Organisation des österreichischen Kaiserhofs verantwortlich und sorgte folglich 1814/15 für die Planung, Durchführung und Finanzierung des Wiener Kongresses. Um diesen umfangreichen und verantwortungsvollen Aufgaben begegnen zu können, wurde bereits zu Jahresbeginn 1814 ein Organisationskomitee eingesetzt, in welchem Trauttmansdorff den Vorsitz innehatte. Darüber hinaus war er der Ansprechpartner für die Geheimpolizei hinsichtlich der Anfertigung von Berichten über die in der Hofburg untergebrachten Kongressgäste. Trauttmansdorff fungierte bis zu seinem Tod 1827 als Obersthofmeister von Kaiser Franz I.

Trémoille, Charles Bretagne Marie Joseph Prinz von Tarent, Herzog von * 24. März 1764 (Paris), + 10. November 1839 (Paris)

Vertreter des Prinzen Philippe d’Auvergne, Herzog von Bouillon

Bei Ausbruch der Französischen Revolution schlug sich Trémoille auf die Seite König Ludwigs XVI. und fasste 1789 den Entschluss, gemeinsam mit seinen Eltern zu emigrieren. Er schloss sich der armée des émigrés unter dem Prinz von Condé an. Zwei seiner Brüder fielen dem Terreur zum Opfer, seine Ehefrau wurde verhaftet und konnte ihm erst nach ihrer Freilassung 1792 nach England folgen. Nach der Wiedereinsetzung der Bourbonen wurde Trémoille am 4. Juni 1814 zum Pair berufen.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Auf dem Wiener Kongress vertrat er die Ansprüche seines Adoptivvaters Philippe d’Auvergne, Herzog von Bouillon, der mit Charles Alain Gabriel de Rohan in einen Erbschaftsstreit über die legitime Nachfolge im Herzogtum Bouillon, das 1795 von Frankreich annektiert und nun vorläufig dem Großherzogtum Luxemburg zugewiesen worden war, verwickelt war. Der Streit hatte durch die strategisch wichtige Lage des Territoriums an der künftigen Grenze zwischen den Niederlanden und Frankreich internationale Bedeutung. Um diese Angelegenheit zu klären, setzte die Fünfer-Konferenz am 6. März 1815 eine eigene Subkommission ein, die jedoch aufgrund widersprüchlicher und unvollständig vorliegender Dokumente zu keinem Ergebnis gelangte. Allerdings wurde in der Kongressakte die Einrichtung einer Schiedskommission festgelegt. So blieb das Herzogtum vorläufig unter luxemburgischer Herrschaft. Nach dem Tod von Philippe d’Auvergne erkannte 1816 die Schiedskommission die Besitzansprüche, nicht jedoch die Souveränitätsrechte von Charles Alain Gabriel de Rohan an.

Türkheim zu Altdorf, Johann von

* 10. November 1749 (Straßburg), + 28. Jänner 1824 (Altdorf) Vertreter des Großherzogtums Hessen

Nach dem Studium der Rechte in Straßburg schlug Türkheim eine politische Laufbahn ein: Er bekleidete verschiedene Ämter in seiner Heimatstadt Straßburg und war 1789 kurzzeitig Mitglied der Französischen Nationalversammlung, bevor er sich auf seine Besitzungen in Baden zurückzog. Bereits 1783 zum Geheimen Rat von Nassau-Usingen ernannt, fungierte Türkheim ab 1796 für Hessen-Kassel, Kursachsen, Meiningen und Hildburghausen als Gesandter beim Fränkischen Kreis. 1803 wechselte er in den Dienst Hessen-Darmstadts und diente bis 1806 als Comitialgesandter beim Reichstag in Regensburg, und von 1804 bis 1813 als Gesandter am Hof von Karl Theodor von Dalberg. 1813/14 begleitete er im Dienst des Großherzogs von Hessen-Darmstadt das alliierte Hauptquartier auf dem Vormarsch nach Paris. Gemeinsam mit Erbprinz (→) Ludwig vertrat Türkheim das Großherzogtum am Wiener Kongress. Er traf am 13. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog ein Quartier am Graben 612. Türkheim war einer der aktivsten Delegierten in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“, wie seine Noten und Berichte bezeugen, und einer der wenigen Delegierten, die im November 1814 Einblick in die Protokolle des Deutschen Komitees erhielten. Zunehmend von Großherzog Ludwig I. kritisiert, legte er seine Arbeit im April 1815 vorübergehend nieder, nahm aber an den Sitzungen des Deutschen Komitees in dessen zweiter Sitzungsperiode ab der ersten Zusammenkunft am 23. Mai 1815 als Vertreter Hessens teil. Zudem war Türkheim Mitglied der Flussschifffahrtskommission.

Uffenheimer, Götz (Gottfried) Gabriel

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Türkheim zählte zu jenen Gesandten, welche für die Restaurierung des Alten Reichs im Rahmen eines Föderativverbands plädierten. Grundsätzlich unterstützte er österreichische Positionen gegenüber preußischen Forderungen. Diese Haltung war wohl das Resultat preußischer Aspirationen auf das zu Hessen-Darmstadt gehörende Herzogtum Westphalen. Unter Umständen wäre Türkheim auch bereit gewesen, einen süddeutschen Bund unter Führung Österreichs zu unterstützen, hätte dieser Plan eine Erfolgschance gehabt. Eine Persönlichkeit mit aufbrausendem Charakter, hätte sich Türkheim im April 1815 beinahe mit dem badischen Gesandten (→) Karl Wilhelm Marschall von Bieberstein wegen einer Auseinandersetzung um Bevölkerungszahlen auf links­ rheinischem Gebiet ein Duell geliefert. Am 13. Juni 1815 verließ Türkheim Wien in Richtung Darmstadt. Seine letzte politische Mission führte ihn 1819 nach Rom, wo er für verschiedene, vor allem süddeutsche Staaten eine Übereinkunft mit dem Papst verhandelte. Im Anschluss lebte er bis zu seinem Tod 1824 als Privatmann auf seinem Gut Altdorf in Baden.

Uffenheimer, Götz (Gottfried) Gabriel

* 1757 (Frankfurt a. M.), + 10. September 1819 (Wien) Lobbyist für die Rechte der Juden von Frankfurt a. M.

Uffenheimer wurde in Frankfurt a. M. geboren und übersiedelte 1781 nach Wien, wo er ein Wechselgeschäft betrieb und als Salzpächter in Erscheinung trat. In der jüdischen Gemeinde nahm er eine herausragende Stellung ein und war als Wohltäter und Talmudgelehrter bekannt. Im Frühjahr 1815 löste Uffenheimer (→) Gumprecht als zweiten Bevollmächtigten der Frankfurter Judengemeinde neben (→) Baruch beim Wiener Kongress ab. Die Frankfurter Juden hatten 1811 durch eine Ablösezahlung an den damaligen Stadtherrn Karl Theodor von Dalberg dieselben bürgerlichen Rechte erhalten wie die christlichen Mitbürger; 1813 restaurierte der Magistrat jedoch die traditionelle Munizipalverfassung, wodurch die Juden wieder in ihren herkömmlichen Rechtstatus zurückfielen. Das Resultat der Verhandlungen im Deutschen Komitee, das die endgültige Klärung des rechtlichen Status der Juden im Deutschen Bund dem Bundestag überließ, konnte die Delegation vor diesem Hintergrund nicht zufriedenstellen – die Frankfurter Juden erlangten erst 1824 die privatrechtliche Gleichstellung. Uffenheimer starb 1819 in Wien als hochgeschätzte Persönlichkeit.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Varnhagen von Ense, Karl August

* 21. Februar 1785 (Düsseldorf), + 10. Oktober 1858 (Berlin)

Mitglied der Delegation des Königreichs Preußen, Chronist des Wiener Kongresses

Der Arztsohn Varnhagen studierte mehrere Jahre Medizin, ohne den Beruf jedoch je auszuüben. Den Lebensunterhalt verdiente er sich durch Hausunterricht, wodurch er in Kontakt mit jungen Literaten wie Ludwig Uhland oder Albert von Chamisso kam und selbst erste Schriften verfasste. In der Folge wurde er 1803 Gründungsmitglied des Nordsternbunds, einer Vereinigung junger, von der Romantik geprägter Schriftsteller. 1809 entschied sich Varnhagen, aktiv erst in österreichischen, dann in russischen Diensten an den Kriegen gegen Napoleon teilzunehmen. Zum Wiener Kongress reiste Varnhagen als Mitglied der preußischen Delegation an. Er wurde von seiner Frau, (→) Rahel Varnhagen von Ense, geb. Levin, begleitet, die er im September 1814 geheiratet hatte. Während für Varnhagen ein Zimmer im „Gasthaus zur Österreichischen Kaiserin“ reserviert war, konnte für Rahel, welche einige Wochen nach ihm in Wien eintraf, nur mit Mühe eine angemessene Unterkunft gefunden werden. In seinem Tagebuch protokollierte Varnhagen seine Erlebnisse und Eindrücke vom Wiener Kongress. Während der Verhandlungen war er primär mit der Ausarbeitung einer Schrift betreffend die preußische Erwerbung Sachsens befasst. Mehrere kleinere politische Denkschriften behandelten die Vereinigung der deutschen Staaten und unterstützten tendenziell das preußische Hegemoniestreben. Darüber hinaus fertigte er offiziöse Artikel für deutsche Zeitungen und andere publizistische Arbeiten an. Der Wiener Kongress markiert den Beginn von Varnhagens beruflicher Kooperation mit (→) Cotta, für dessen „Allgemeine Zeitung“ er von nun an über 30 Jahre lang tätig war. Nach dem Ende des Wiener Kongresses sollte Varnhagen auf Wunsch des preußischen Staatskanzlers (→) Karl August von Hardenberg einen diplomatischen Posten in der preußischen Gesandtschaft in Wien bekleiden. Dazu kam es nicht – nach dem Abschluss der Verhandlungen reiste Varnhagen gemeinsam mit Hardenberg nach Berlin ab und begleitete diesen im Herbst 1815 nach Paris. Da Hardenberg Varnhagens liberale Ansichten nicht teilte, wurde dieser 1815 – weit weg von Berlin – zum preußischen Gesandten in Karlsruhe ernannt. 1819 wurde seine politische Gesinnung Gegenstand einer offiziellen Untersuchung, und es erfolgte seine Abberufung aus Karlsruhe. Um den unbequemen Diplomaten aus dem Deutschen Bund zu entfernen, sollte Varnhagen als Ministerresident in den USA dienen. Diesen Posten lehnte Varnhagen zugunsten eines Lebens als Schriftsteller und Privatmann ab. Bis zu seinem Tod im Jahr 1858 nahm er allerdings vereinzelt kleine diplomatische Missionen wahr.

Varnhagen von Ense, Rahel

Varnhagen von Ense, Rahel

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* 19. Mai 1771 (Berlin), + 7. März 1833 (Berlin) Salonière

In die Familie eines reichen jüdischen Kaufmanns und Bankiers geboren, führte Rahel Varnhagen, geb. Levin, von etwa 1790 bis 1806 einen der bedeutendsten Berliner Salons, in dem sich die geistige, kulturelle und politische Elite der preußischen Hauptstadt versammelte. Mit ihren zahlreichen Freunden und Bekannten unterhielt Rahel eine ausgedehnte Korrespondenz, die, noch im 19. Jahrhundert publiziert, ihren Ruf als Schriftstellerin begründete. Im September 1814 konvertierte Rahel zum Christentum und heiratete den Diplomaten, Historiker und Publizisten (→) Karl August Varnhagen von Ense. Dieser stand in preußischen diplomatischen Diensten und begab sich unmittelbar nach der Eheschließung nach Wien, um dort am Kongress teilzunehmen. Rahel reiste ihm wenig später nach, doch war es dem frisch angetrauten Paar nicht möglich, eine passende Wohnung zu finden. So lebte Rahel in Wien vorübergehend im schmucklosen Savoyschen Damenstift. Nach dem Ende des Kongresses begleitete Rahel ihren Gatten, der als Geschäftsträger am badischen Hof diente, nach Karlsruhe. 1819 kehrte das Paar nach Berlin zurück, wo Rahel bis zu ihrem Tod wieder einen einflussreichen Salon führte.

Vera, Giuseppe

+ 13. November 1831

Vertreter von Luigi Boncompagni-Ludovisi, Fürst von Piombino

Der Stadtstaat Piombino, regiert vom Haus Boncompagni-Ludovisi, geriet 1799 unter französischen Einfluss. Napoleon verlieh das Territorium 1805 als französisches Reichslehen seiner Schwester Elisa Baciocchi, die er auch in Lucca als Fürstin einsetzte. 1808 übernahm Elisa Baciocchi zudem die Herrschaft im Großfürstentum Toskana; administrativ wurden sowohl Lucca als auch Piombino in das neue Herrschaftsgebiet integriert. Prinz Luigi Boncompagni-Ludovisi entsandte den römischen Advokaten und Archivar Giuseppe Vera als Bevollmächtigten auf den Wiener Kongress. Dieser sollte hier über die Rückgabe der Insel Elba – die Napoleon zugesprochen worden war –, und die Restauration des Stadtstaats Piombino verhandeln. Vera traf zwischen dem 2. und 4. Oktober 1814 in Wien ein und bezog ein Quartier in der Himmelpfortgasse 1013. Die Aufmerksamkeit der Geheimpolizei erweckte er nicht nur durch seine politische Mission, sondern auch durch den Umstand, dass er mit der bekannten Sängerin Charlotte Henriette Häser verheiratet war, die auf der italienischen Halbinsel große Erfolge gefeiert hatte. Veras

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

­ ission war nicht von Erfolg gekrönt. In der Wiener Kongressakte wurde festM gelegt, dass Piombino ein Teil des Großherzogtums Toskana bleiben sollte. Prinz Luigi wurde der private Besitz des Fürstenhauses (Stand 1799) zugesprochen; zudem erhielt er das Recht des Fischfangs und war von Zollabgaben befreit. Darüber hinaus sollte er vom Großherzog von Toskana eine Entschädigung für jene Einkünfte aus Regalien erhalten, welche die Familie vor 1801 bezogen hatte. Vera war nach dem Kongress in päpstlichen Diensten in Mailand aktiv und wurde vom Papst in den Adelstand erhoben. Er starb 1831.

Victor Amadeus Landgraf von Hessen-Rotenburg

* 2. September 1779 (Rotenburg), + 12. November 1834 (Zembowitz)

Victor Amadeus wurde an der Hohen Karlsschule in Stuttgart ausgebildet und absolvierte ein Studium in Göttingen. Nach einer Grand Tour durch Europa übernahm er ab 1799 erste Repräsentationsaufgaben am Hof seines Vaters. Die unter reichsrechtlicher Oberhoheit von Hessen-Kassel stehende, teilsouveräne Herrschaft Hessen-Rotenburg wurde 1806 von französischen Truppen besetzt und 1807 – unter Respektierung der Teilsouveränität – in das Königreich Westphalen integriert. Victor Amadeus zeigte jedoch stets seine Opposition gegen König Jérôme, indem er sich vehement weigerte, in dessen Dienste zu treten. Da St. Goar und Rheinfels von Frankreich selbst annektiert worden waren, bezeichnete sich Victor Amadeus als Untertan Napoleons, was ihm den Vorwurf der Felonie einbrachte. Im Zuge der Restitution von Hessen-Kassel wurde auch Victor Amadeus wieder in seine Rechte als Landgraf von Hessen-Rotenburg eingesetzt. In Wien traf Victor Amadeus gemeinsam mit seiner Gemahlin zwischen dem 24. und 26. September 1814 ein und nahm ein Quartier in der Müllerschen Galerie. Sein Ziel war es, Kompensationen für die erlittenen linksrheinischen Verluste auszuhandeln. Dabei wurde er von (→) Gössel unterstützt. Auf Basis der Beschlüsse des Wiener Kongresses wurden dem Landgrafen 1820 tatsächlich Corvey und Ratibor unter preußischer Oberhoheit als Allodialvermögen zugesprochen. Während er diesen Besitz an seinen Neffen weitervererbte, welcher ab 1840 den Titel „Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey“ trug, starb die Linie Hessen-Rotenburg mit dem Tod von Victor Amadeus 1834 aus.

Volkonskij, Petr Mikhajlovič Fürst

* 6. Mai 1776 (St. Petersburg), + 8. September 1852 (St. Petersburg) Mitglied der Delegation des Kaiserreichs Russland

Volkonskij entstammte einer alten russischen Adelsfamilie und war an der Verschwörung zur Ermordung von Zar Paul I. beteiligt. Es folgte eine rasche Karriere

Vorster, Pankraz

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im Militärdienst mit der Ernennung zum Generalleutnant und dem Oberkommando über die russischen Truppen bei der Schlacht von Austerlitz 1805. 1812 stieg Volkonskij zum Generaladjutanten von Zar (→) Alexander I. auf. Leo Tolstoi setzte ihm in „Krieg und Frieden“ ein Denkmal. Besondere Verdienste erwarb sich Volkonskij beim Aufbau eines russischen Generalstabs in den Jahren vor 1812. Zu diesem Zweck hatte er zuvor in Paris den französischen Stab studiert. Dem Zaren, den er aus seiner Jugend bei der Semjonovsker Garde näher kannte, war Volkonskij treu ergeben. Er zeichnete sich durch großen Arbeitseifer, administratives Talent und die Fähigkeit, tüchtige Mitarbeiter zu finden, aus. Volkonskij traf am 25. September 1814 in Wien ein und bezog eine Unterkunft in der Hofburg. Er war Mitglied der Militärkommission, die sich nach der Rückkehr Napoleons von Elba gebildet hatte und sich mit der Vorbereitung der Feldzüge und den damit verbundenen logistischen Maßnahmen befasste. Darüber hinaus erweckte seine Affäre mit Josephine Wolters, die sich in Männerkleidung in die Hofburg einschlich, das Interesse der Geheimpolizei. Zwischen 1815 und 1823 war Volkonskij Chef des Generalstabs im Rang eines Generalfeldmarschalls und nahm 1824 an der Krönung von Karl X. in Paris teil. Von 1826 bis zu seinem Tod fungierte er als Minister des kaiserlichen Hauses und dessen Besitzungen.

Vorster, Pankraz

* 31. Juli 1753 (Neapel), + 9. Juli 1829 (Muri) Ehemaliger Fürstabt von St. Gallen

Vorster legte 1771 seine Profess in St. Gallen ab und wurde 1777 zum Priester geweiht. Seine Wahl zum Abt erfolgte 1796 und damit in einer Epoche der aufkeimenden ideologischen Auseinandersetzungen: Die Herrschaftsrechte des Klosters wurden zunehmend infrage gestellt. Mit seiner konservativen Politik konnte Vorster sich nicht durchsetzen: 1798 entließ das Kapitel eigenmächtig die Untertanen des Klosters und besiegelte damit das Ende der weltlichen Herrschaft der Abtei. Vorster begab sich nach Österreich ins Exil und erhob formell Protest gegen das Vorgehen des Kapitels. Nachdem 1799 alliierte Truppen in die Schweiz einmarschiert waren, kehrte Vorster für rund vier Monate nach St. Gallen zurück und versuchte, seine Herrschaft zu konsolidieren. Diese Phase endete jedoch mit der Niederlage der Alliierten bei Zürich im Herbst 1799, und Vorster floh erneut. In den folgenden Jahren versuchte Vorster in Paris und Wien die Wiederherstellung seiner Herrschaftsrechte zu erreichen. Da er aber kompromisslos jede Kompensation und jeden Vergleich ablehnte und außerdem seine Gegenspieler geschickt agierten, war seiner Politik kein Erfolg beschieden. 1805 beschloss der

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Große Rat des Kantons St. Gallens schließlich die endgültige Liquidation des Klosters. Da die Kirche diese Aufhebung nicht sanktionierte, blieb Vorster allerdings weiterhin formell Abt von St. Gallen. Auf dem Wiener Kongress kämpfte Vorster erneut um die Wiederherstellung seiner Herrschaftsrechte. Diplomatisch unterstützt wurde er dabei durch Pierre Muller. Doch wieder war seiner Initiative nicht der gewünschte Erfolg beschieden, sondern Vorster musste sich mit einer Pension von 6000 Gulden, zahlbar durch den Kanton St. Gallen, begnügen. Angesicht dieses Ergebnisses richtete Vorster 1816 seine Bestrebungen auf die Einrichtung eines Bistums St. Gallen. Trotz Unterstützung durch Rom konnte er mit diesem Projekt bei der Schweizer Tagsatzung nicht durchdringen. 1823 schließlich begründete Papst Pius VII. das Doppelbistum Chur-St. Gallen. Vorster starb 1829 in Muri in der Schweiz.

Vrints-Berberich, Alexander Konrad von

* 24. Mai 1764 (Regensburg), + 7. Dezember 1843 (Frankfurt a. M.) Vertreter des Hauses Thurn und Taxis

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen arbeitete Vrints-Berberich im Reichskammergericht in Wetzlar, ehe er 1785 durch Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis zum Oberpostdirektor in Frankfurt a. M. ernannt wurde. Neben seiner Stelle als Oberpostdirektor übernahm er ab 1797 als Dirigierender Geheimrat die Leitung der Angelegenheiten des reichsunmittelbaren Fürstenhauses Thurn und Taxis in Regensburg. Er reiste als fürstlicher Bevollmächtigter zum Kongress von Rastatt sowie in Angelegenheiten des Postwesens wiederholt nach Paris. 1803 ernannte ihn Fürst Thurn und Taxis zum Reichstagsgesandten und übertrug ihm bei der Reichsdeputation die Aufgabe der Verhandlung über die Entschädigung für den Verlust der linksrheinischen Post. Anschließend leitete Vrints-Berberich die Beratungen über die neuen Postlehensverträge mit den deutschen Fürsten. Nach der Gründung des Rheinbunds legte er seine Stelle als Dirigierender Geheimrat zurück und widmete sich in Frankfurt völlig den Geschäften der Oberpostamtsdirektion. Mit der Versetzung der Taxischen Generalpostdirektion von Regensburg nach Frankfurt übernahm Vrints-Berberich die Stelle des Generalpostdirektors. Auf dem Wiener Kongress verhandelte er gemeinsam mit Fürstin Therese von (→) Thurn und Taxis über die künftige Ausgestaltung des Postwesens in den deutschen Territorien sowie die Restitution der mediatisierten Güter der Familie. Vrints-Berberich traf am 13. September 1814 in Wien ein und bezog bis zu seiner Abreise am 9. Juni 1815, ebenso wie die Fürstin und deren Gemahl (→) Karl ­Alexander, ein Quartier am Graben 1212.

Wacken, Nikolaus

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Während sich Fürst Karl Alexander im Hintergrund hielt, erreichten Fürstin Therese und Vrints-Berberich die Rückgabe von und Nutzungsrechte an den ehemaligen Reichspostanstalten, sofern diese nicht als Entschädigung an die Landesherren gegangen waren (Art. 17 der Bundesakte). Darüber hinaus erhielt das Haus Thurn und Taxis die Güter der ehemaligen Reichsabtei St. Emmeram in Regensburg als Entschädigung, deren Klostergebäude es bereits 1803 und 1812 erworben hatte. Die Mediatisierung wurde allerdings nicht aufgehoben. Vrints-Berberich nahm bis 1837 die Stelle des Generalpostdirektors in Frankfurt wahr, wo er 1843 starb.

Wacken, Nikolaus

+ 26. Juni 1834 (Wien)

Mitglied der Delegation des Kaisertums Österreich

Wacken begann seine Beamtenlaufbahn in den Österreichischen Niederlanden, bevor er 1801 in die Geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei eintrat. Dort stieg er zum Ersten Wirklichen k.k. Hofrat in der Abteilung für auswärtige Angelegenheiten auf und avancierte zu einem der wichtigsten Mitarbeiter (→) Metternichs, den er während der Feldzüge 1813 begleitete. Im selben Jahr erfolgte Wackens Ernennung zum Hofrat. Während des Wiener Kongresses war Wacken Mitglied der Statistischen Kommission sowie Protokollführer der Fünfer-Konferenz und der Achter-Konferenz. Darüber hinaus war er an der Verifizierungskommission sowie der (ersten) Redaktionskommission beteiligt. Wacken ist aufgrund dieser Funktionen auf der Darstellung der Staatsmänner des Wiener Kongresses von (→) Isabey abgebildet. Nach dem Wiener Kongress bekleidete Wacken zentrale Positionen in der Staatskanzlei und nahm an den Nachfolgekongressen in Aachen, Troppau/Opava, Laibach/Ljubljana und Verona teil. 1830 ließ er sich in den Ruhestand versetzen.

Wambold zu Umstadt, Franz Christoph von * 23. Juli 1761 (Heidelberg), + 6. April 1825

Inoffizieller Vertreter des deutschen katholischen Klerus

Wambold, der aus einem rheinisch-hessischen Adelsgeschlecht stammte, war Dechant des Domstifts zu Worms und Kapitular des Erzstifts Mainz sowie des Ritterstifts von St. Alban. Er gehörte, neben (→) Helfferich, zu den sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“. Diese agierten ohne offizielles Mandat im Namen des deutschen katholischen Klerus und traten gegen die Pläne Karl Theodor von Dalbergs und (→) Ignaz Heinrich von Wessenbergs auf. Weltanschaulich der ultramontanen Richtung zugehörig, hielten sich Wambold und Helfferich während

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

ihres Aufenthalts in Wien im Umkreis des Redemptoristenpaters (→) Hofbauer sowie (→) Schlegels auf; zudem hatte (→) Consalvi sie in seinen Beraterstab integriert. Wambold traf am 30. September 1814 in Wien ein. Gemeinsam mit Helfferich forderte er in einer Denkschrift an das Deutsche Komitee, das auf einem Gutachten Schlegels aufbaute und vor der Einreichung von Consalvi genehmigt worden war, die Rückerstattung kirchlicher Güter sowie die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat. So sollten Bischöfe nicht vom Landesfürsten eingesetzt, sondern vorerst vom Papst ernannt werden. Wenn die kirchlichen Verhältnisse geordnet wären, sollten die Bischöfe von den Domkapiteln gewählt werden. Begleitet und unterstützt wurde dieses Memorandum durch eine Note Consalvis. Eine zweite Denkschrift überreichen die Oratoren dem Deutschen Komitee am 1. März 1815. In diesem Dokument forderten sie ein Mitberatungsrecht der Kirche in „vaterländischen“ Angelegenheiten. Obwohl zahlreiche Signale auf eine günstige Aufnahme der Anliegen Consalvis und der Oratoren hindeuteten, brachte die Deutsche Bundesakte in ihrer Endfassung nicht das erhoffte Ergebnis – der Artikel betreffend die katholische Kirche in Deutschland, welcher in verschiedenen Entwürfen vorgesehen gewesen war, war ersatzlos gestrichen worden.

Weise, Ludwig Wilhelm Adolph von

* 25. März 1751 (Himmelsberg), + 29. Juni 1820 (Alexisbad) Vertreter des Fürstentums Schwarzburg-Sondershausen

Nach dem Studium in Göttingen trat Weise 1775 in den Dienst des Hauses Schwarzburg-Sondershausen. Er machte im Verwaltungsdienst rasch Karriere und wurde schließlich zum Geheimen Rat und Kanzler ernannt. Um 1810 wurde er Chef des Geheimen Konsiliums. Schwarzburg-Sondershausen war ab 1807 Mitglied des Rheinbunds, wechselte jedoch am 24. November 1813, nach der Niederlage Napoleons bei Leipzig, auf die Seite der Alliierten. Weise vertrat Fürst Günther Friedrich Carl I. von Schwarzburg-Sondershausen bei den Verhandlungen des Wiener Kongresses. Er war Mitglied in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“ und nahm an den Sitzungen des Deutschen Komitees ab der dritten Sitzung (29. Mai 1815) der zweiten Sitzungsperiode teil. Es gelang ihm, die Souveränität des Fürstentums Schwarzburg-Sonderhausen auf dem Wiener Kongress zu sichern.

Wellington, Arthur Wellesley Herzog von

Wellington, Arthur Wellesley Herzog von

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* 1. (?) Mai 1769 (Dublin), + 14. September 1852 (Walmer Castle bei Deal/Kent) Vertreter des Vereinigten Königreichs Großbritannien

Wellington begann seine militärische Karriere 1787 beim 73. Infanterie-Regiment, bevor er an der Militärakademie in Angers studierte. Sein erstes eigenes Divisionskommando übernahm er im vierten Mysore-Krieg. Er schlug sich erfolgreich in weiteren britisch-indischen Kriegen und wurde schließlich Oberbefehlshaber der britischen Truppen auf dem Subkontinent. 1805 kehrte der inzwischen zum Ritter geschlagene Wellington nach England zurück. Ab 1807 war er in Portugal aktiv und fügte der französischen Armee mit seinen Truppen empfindliche Niederlagen zu. 1809 wurde er Oberbefehlshaber der britisch-portugiesischen, seit 1811 auch der spanischen Truppen und verdrängte ab 1812 die französischen Truppen in zahlreichen Schlachten und Gefechten von der Iberischen Halbinsel. Seinen Ruhm begründete jedoch die Schlacht von Vittoria vom 21. Juni 1813, wo er eine französische Armee unter dem formellen Oberbefehl von Napoleons Bruder Joseph besiegte. Im Mai 1814 wurde er aufgrund seiner Verdienste zum Herzog von Wellington ernannt. Am Wiener Kongress nahm Wellington ab Februar 1815 in Vertretung des britischen Außenministers (→) Castlereagh teil, der anlässlich der Parlamentseröffnung nach London abgereist war. Wellington kam am 1. Februar 1815 in Wien an. Als prominenter Sieger über die französische Armee war er eine gefragte Persönlichkeit, deren Anwesenheit bei Festen als Auszeichnung empfunden wurde. Anlass für Klatsch bot seine Begleiterin, die berühmte italienische Sängerin Giuseppina Grassini. Sie war nicht nur eine der großen Alt-Stimmen ihrer Zeit, sondern hatte auch mit Napoleon ein intimes Verhältnis gepflegt. In den politischen Verhandlungen nahm Wellington den Platz Castlereaghs ein und war daher Mitglied in der Achter-Konferenz sowie der Fünfer-Konferenz. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba war Wellington bis zu seiner Abreise aus Wien Mitglied der Militärkommission, die mit der Organisation der Militärkampagne gegen Frankreich befasst war. Wellington verließ Wien am 29. März 1815 und reiste über Paris nach Brüssel, wo er das Oberkommando über die alliierten Truppen in den Niederlanden übernahm. Am 18. Juni 1815 besiegte er, gemeinsam mit dem preußischen General Blücher, die französische Armee bei Waterloo. Damit hatte er in den Augen der Zeitgenossen endgültig den Status eines Helden erreicht. Nach dem Wiener Kongress und der Schlacht von Waterloo widmete sich Wellington vor allem seiner politischen Karriere: 1818 erhielt er sein erstes Amt in einer Tory-Regierung, 1827 übernahm er den Oberbefehl über die britische Armee. Zwischen 1828 und 1830 sowie 1832 hatte er den Posten des Premiermi-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

nisters inne. Die Ablehnung einer Wahlrechtsreform kostete ihn viel von seiner Popularität. Von 1834 bis 1835 übernahm er das Amt des Außenministers in einer Minderheitsregierung. 1841 wurde er schließlich Leader im House of Lords, sowie – erneut Oberkommandierender der britischen Armee – Minister ohne Portefeuille. 1846 zog sich Wellington aus dem politischen Leben zurück. Er starb sechs Jahre später und erhielt ein Staatsbegräbnis.

Werner, (Friedrich Ludwig) Zacharias

18./19. November 1768 (Königsberg), + 17. Jänner 1823 (Wien) Katholischer Prediger

Werner studierte Jura und Kameralwissenschaften und trat in den preußischen Staatsdienst ein. Als Kammersekretär war er an verschiedenen Orten, unter anderem auch im neu erworbenen Warschau, tätig. Dort trat er mit E. T. A. Hoffmann in Kontakt und wurde Mitglied einer Freimaurerloge. In dieser Periode begann seine Tätigkeit als Schriftsteller und Dramatiker. Nachdem er kurze Zeit in Königsberg und Berlin verbracht hatte, begab sich Werner 1807 nach Weimar, wo er Goethe kennenlernte und in ihm einen Gönner fand. Allerdings ging er bald auf den Spuren Jean-Jacques Rousseaus in die Schweiz, wo er die Bekanntschaft von Madame de Staël machte. 1810 konvertierte er in Rom zum Katholizismus und empfing 1814 in Aschaffenburg die Priesterweihe. Anschließend übersiedelte Werner nach Wien, wo er sich dem Kreis um den Redemptoristenpater (→) Hofbauer anschloss. Während des Wiener Kongresses hielt Werner in verschiedenen Kirchen viel beachtete Predigten vor großem Publikum. Die sexuellen Anspielungen in seinen Kanzelreden bildeten immer wieder das Tagesgespräch in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt. Sie führten aber auch zum Predigtverbot für Werner in zahlreichen Wiener Kirchen. Insbesondere die weibliche Zuhörerschaft zeigte sich dennoch begeistert von dem charismatischen und schlagfertigen Prediger, dem seine Bühnenerfahrung auf der Kanzel zugutekam. (→) Nostitz urteilte: „Er tobt wie ein Narr, spricht populär wie ein Fiaker, und freut sich, einen Ort gefunden zu haben, wo ihm Niemand widersprechen darf.“ Die Geheimpolizei beobachtete Werner genau, und ein Informant beschrieb ihn als stillen gutmütigen Mann, der der Mystik sehr zugetan sei und ein zurückgezogenes Leben führe. Eine andere Facette seiner Persönlichkeit zeigt ein weiterer Bericht der Geheimpolizei: Im Anschluss an eine Lesung aus seinem Stück „Kunigunde“ vor Erzherzogin (→) Marie Luise, der ehemaligen Kaiserin der Franzosen, habe sich Werner „unschicklich“ benommen, und, wie der Informant meinte, den Heuchler und Abenteurer unter der Maske des Predigers aufblitzen lassen.

Wessenberg-Ampringen, Ignaz Heinrich von

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Seine eigentliche Mission sah Werner jedoch in der Bekehrung „Ungläubiger“ zum Katholizismus. So suchte er auch bei (→) Friedrich Wilhelm III. – erfolglos – um Audienz an, um den Protestanten von der Wahrheit des Katholizismus zu überzeugen. 1816 übersiedelte Werner nach Polodien auf die Güter der Familie Choloniewski. 1819 kehrte er nach Wien zurück und nahm seine Predigertätigkeit wieder auf. Ab 1821 kränkelte er und starb schließlich 1823. Werner galt als eine so typische Figur des Wiener Kongresses, dass seine Person bei den Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum 1914 von einem Schauspieler verkörpert wurde.

Wessenberg-Ampringen, Ignaz Heinrich von

* 4. November 1774 (Dresden), + 9. August 1860 (Konstanz) Lobbyist für die katholische Kirche Deutschlands

Wessenberg wurde nach aufklärerischen Prinzipien erzogen und früh für die kirchliche Laufbahn bestimmt. Nachdem er das Studium der Theologie, der Philosophie sowie der Jurisprudenz in Dillingen, Würzburg und Wien abgeschlossen hatte, ernannte ihn der damalige Fürstbischof von Konstanz und spätere Fürstprimas, Karl Theodor von Dalberg, 1802 zum Generalvikar des Bistums Konstanz. Im Auftrag Dalbergs setzte sich Wessenberg beim Wiener Kongress für die Schaffung einer deutschen katholischen Nationalkirche unter der Leitung eines Primas sowie für den Abschluss eines alle deutschen Staaten umfassenden Konkordats ein. Dabei kämpfte er mit schwierigen Bedingungen, hatte sich Dalberg doch durch seine Kooperation mit Napoleon den Unmut der europäischen Herrscher zugezogen. Wessenberg traf am 29. September 1814 in Wien ein und bezog eine Unterkunft in der Wohnung seines Bruders, des Diplomaten, Staatsmanns und österreichischen Bevollmächtigten (→) Johann Philipp von Wessenberg-Ampringen. Umgehend trat er mit den in Wien versammelten deutschen Staatsmännern und Diplomaten in Kontakt und reichte eine erste Denkschrift ein. Besondere Unterstützung erfuhr sein Anliegen durch (→) Humboldt und (→) Münster sowie durch die österreichischen Bevollmächtigten Wessenberg und (→) Metternich. Abgelehnt wurde das Projekt einer einheitlichen deutschen katholischen Kirche durch die Mittelstaaten wie Württemberg und Bayern sowie durch den von Kardinal (→) Consalvi vertretenen Kirchenstaat. Zudem stand das Vorhaben den Vorstellungen der sogenannten „Oratoren der deutschen Kirche“ (→) Helfferich und (→) Wambold entgegen, die ultramontane Ansichten vertraten und im Wiener Redemptoristenprediger (→) Hofbauer einen einflussreichen Fürsprecher gefunden hatten. Nachdem sich das Deutsche Komitee konstituiert hatte, reichte Wessenberg vier Denkschriften ein, von welchen die wichtigste die Neuordnung

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

der katholischen Kirche in Deutschland betraf. Die grundlegenden Aspekte dieses Memorandums sowie einen Entwurf für ein Konkordat publizierte er im April 1815 in seiner Schrift „Die teutsche Kirche. Ein Vorschlag zu ihrer neuen Begründung und Einrichtung“. Die Vorstellungen Dalbergs und Wessenbergs konnten sich auf dem Wiener Kongress nicht durchsetzen. Auch eine Reise zum Bundestag in Frankfurt a. M. im Herbst 1815 brachte nicht das gewünschte Ergebnis, da sich die meisten deutschen Regierungen bereits für den Abschluss separater Konkordate entschieden hatten. Wessenbergs Einsatz in Wien wurde vom Papst missbilligend wahrgenommen und stellte sich als Hindernis für eine weitere kirchliche Karriere heraus. Der Heilige Stuhl verweigerte die Bestätigung von Wessenbergs Wahl zum Konstanzer Koadjutor sowie zum Bistumsverweser 1814. Im folgenden Jahr musste Dalberg ihn auf päpstliche Weisung hin seines Amts als Generalvikar entheben. Allerdings fungierte Wessenberg nach Dalbergs Tod 1817 als Bistumsverweser. Widerstand aus Rom verhinderte schließlich 1822, dass Wessenberg das Bischofsamt im neu gegründeten Bistum Freising übernehmen konnte. In der Folge lebte er bis zu seinem Tod als Privatmann in der Stadt Konstanz, zu deren Ehrenbürger er 1832 ernannt wurde.

Wessenberg-Ampringen, Johann Philipp von

* 20. November 1773 (Dresden), + 1. August 1858 (Freiburg i. B.) Vertreter des Kaisertums Österreich

Anders als seine jüngeren Brüder (→) Ignaz Heinrich und Alois, die eine geistliche Laufbahn einschlugen, trat Wessenberg 1794 in Freiburg i. B. in den österreichischen Staatsdienst ein. Nach seiner Aufnahme in den diplomatischen Dienst war er 1801 für ein Jahr als Gesandtschaftssekretär in Berlin tätig. Im August 1803 übertrug man ihm das Amt des kaiserlichen Ministerresidenten in Frankfurt, zwei Jahre später wechselte Wessenberg nach Kassel, wo er bis zur Besetzung Kurhessens durch napoleonische Truppen im Jahr 1806 als kaiserlicher Gesandter fungierte. Auf Betreiben des für die auswärtigen Angelegenheiten Österreichs zuständigen (→) Stadion bezog Wessenberg zu Beginn des Jahres 1809 den Gesandtschaftsposten in Berlin. Hier sollte er König (→) Friedrich Wilhelm III. von einem Beitritt zu einer von Großbritannien und Österreich getragenen antinapoleonischen Allianz überzeugen; dieser Mission war allerdings kein Erfolg beschieden. In der Folge wurde Wessenberg im März 1811 als kaiserlicher Gesandter an den Münchner Hof berufen, den er auf Geheiß (→) Metternichs im Februar 1813 für einen mehrmonatigen diplomatischen Aufenthalt in London verließ. Nach seiner Rückkehr auf den Kontinent im März 1814 geriet Wessenberg auf dem Weg

Wessenberg-Ampringen, Johann Philipp von

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in das kaiserliche Hauptquartier in französische Gefangenschaft und wurde nach Saint Dizier gebracht, wo es zu einem kurzen Zusammentreffen mit dem unmittelbar vor der Niederlage stehenden Napoleon kam. Nach der Teilnahme an den Verhandlungen zum Ersten Pariser Frieden wurde Wessenberg durch Kaiser (→) Franz I. neben Metternich zu seinem zweiten Bevollmächtigten sowie zum Vertreter der Interessen von Erzherzogin (→) Marie Luise, der ehemaligen Kaiserin der Franzosen, auf dem Wiener Kongress ernannt. Wessenberg widmete sich vor allem Fragen zur Ausgestaltung des Deutschen Bundes sowie der Ausarbeitung der Bundesakte. Des Weiteren war er Mitglied der Achter-Konferenz, der Vierer-Konferenz, der Fünfer-Konferenz, der Schweizer Kommission, der Rangkommission, der Flussschifffahrtskommission, der Akzessionskommission, der Statistischen Kommission sowie der (zweiten und dritten) Redaktionskommission. Sein Engagement im Deutschen Komitee war der Grund für die Berufung Wessenbergs – der nach wie vor in München akkreditiert war – in die Frankfurter Territorialkommission, wo er im Anschluss an den Wiener Kongress die Interessen Österreichs vertrat. Mit Abschluss des Frankfurter Generalrezesses vom 20. Juli 1819, der die letzten territorialen Streitfragen innerhalb des Deutschen Bundes einer Klärung zugeführt hatte, fand Wessenbergs Verwendung im diplomatischen Dienst ein vorläufiges Ende. Erst rund zehn Jahre später, im September 1830, übernahm er den Posten des österreichischen Gesandten in Den Haag. Kurz darauf wurde Wessenberg neben Paul III. Anton Esterhazy als zweiter Bevollmächtigter Österreichs zur Londoner Konferenz gesandt, die sich mit den Unabhängigkeitsbestrebungen Belgiens auseinandersetzte. Zunehmende körperliche Erschöpfung und ein Zerwürfnis mit Metternich führten 1835 zu Wessenbergs vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand, den er vorwiegend in Freiburg i. B. verbrachte. Das Revolutionsjahr 1848 führte zu einem unerwarteten Wiedereintritt in die Politik: Der freundschaftlich mit Erzherzog Johann verbundene Wessenberg wurde als sogenannter Märzminister zum Minister der auswärtigen ­Angelegenheiten berufen. Nach der Demissionierung des Kabinetts ­Pillersdorf trat er zusätzlich als Ministerpräsident an die Spitze der Regierung, jedoch ohne über den nötigen politischen Rückhalt zu verfügen. Die Vorbereitungen zu der von Schwarzenberg betriebenen Thronbesteigung Franz Josephs geschahen ohne Wissen Wessenbergs und veranlassten ihn letztlich zur Niederlegung seines Amts. Er zog sich auf seine Besitzungen in Freiburg i. B. zurück, wo er am 1. August 1858 starb.

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Westphalen zu Fürstenberg, Clemens August Reichsgraf von * 12. Jänner 1753 (Paderborn), + 26. Dezember 1818 (Frankfurt a. M.) Vertreter des ehemals reichsunmittelbaren Adels

In eine alteingesessene und gut vernetzte ostwestfälische Adelsdynastie geboren, bekleidete Westphalen zu Fürstenberg zahlreiche politische Positionen und Hofämter in mehreren deutschen Territorien. So war er etwa Erbschenk, Erbküchen- und Erbjägermeister der Fürstbistümer Paderborn, Hildesheim und Osnabrück sowie Abgeordneter der Landstände des Fürstbistums Paderborn. Bereits in jungen Jahren trat Westphalen zu Fürstenberg zudem in kaiserliche Dienste und fungierte als Gesandter an den Höfen von Köln und Trier sowie beim niederländisch-westphälischen Reichskreis. 1792 erhob ihn Kaiser Leopold II. aufgrund seiner Verdienste in den Reichsgrafenstand. 1801 brachte er die Reichskleinodien von Aachen, wo sie durch französische Truppen bedroht waren, nach Wien. Seit 1779 bekleidete Westphalen zu Fürstenberg das Amt eines Burgmanns auf der kaiserlichen Burg Friedberg; seit 1805 war er dort Burggraf. 1806 erhielt der Großherzog von Hessen-Darmstadt die Burggrafschaft auf Basis der Rheinbundakte zugesprochen. Interventionen von Westphalen zu Fürstenberg bei Napoleon und (→) Talleyrand gegen diese Entscheidung führten nicht zu dem gewünschten Ergebnis, doch erhielt er die Genehmigung, den Titel des Burggrafen bis zu seinem Tod zu führen. Darüber hinaus wurden ihm die Einkünfte aus der Burg zugesprochen. Während des Wiener Kongresses überreichte Westphalen zu Fürstenberg in seiner Funktion als (ehemaliger) Burggraf von Friedberg im Namen von 45 mediatisierten Familien eine Denkschrift, in welcher er vergeblich um die Wiederherstellung der Burggrafschaft Friedberg bat. 1817 stimmte er schließlich einem Abtretungsvertrag an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt zu. Den Titel des Burggrafen führte er – zusätzlich zu jenem eines hessischen Standesherrn – weiterhin.

Wieland, Johann Heinrich

* 14. Februar 1758 (Waldenburg), + 4. Mai 1838 (Basel) Vertreter der Schweizer Tagsatzung

Nach dem Studium der Rechtswissenschaften in Basel und Göttingen trat Wieland 1782 in den Basler Staatsdienst und machte rasch Karriere. Von 1798 bis 1801 fungierte er als Präsident der Basler Verwaltungskammer, anschließend wurde er Regierungsstatthalter des Kantons Basel und 1802 helvetischer Finanzminister. In Basel übernahm er 1803 das Amt des Stadtschreibers, wurde 1812 Bürgermeister und wirkte mehrfach als Tagsatzungsgesandter. 1813 reiste er mit

Wiese, Georg Walter Vincenz von

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einer eidgenössischen Deputation nach Paris, um Napoleon die Neutralitätserklärung der Schweiz vorzutragen. Politisch galt er als liberal und engagierte sich für Handelsfreiheit, geordnete Staatsfinanzen und das Erziehungswesen. Wieland bezog nach seiner Ankunft in Wien mit seinem Sekretär ein Quartier am Kohlmarkt 297. In der Anfangszeit des Kongresses besuchte er, wie auch andere Schweizer Gesandte, mehrfach den französischen Bevollmächtigten (→) Talleyrand. Das Ziel Wielands sowie seiner Mitdeputierten (→) Reinhard und (→) Montenach bestand darin, den Besitzstand der Kantone von den Großmächten anerkennen zu lassen. Wieland trat zwei Mal vor der Schweizer Kommission auf: In der Sitzung am 15. November 1814 forderte er, gemeinsam mit Reinhard und Montenach, die Anerkennung der Unabhängigkeit, der Neutralität und der Verfassung der Schweiz sowie eine angemessene Grenzziehung. In der Sitzung am 13. Dezember 1814 erschienen die drei Schweizer Deputierten, um über den Status des Veltlin zu verhandeln. Neben den Gesandten der Tagsatzung hatten freilich noch etliche Kantone eigene Bevollmächtigte auf den Wiener Kongress entsandt, welche dort für Partikularinteressen eintraten. Wieland reiste am 31. März 1815 aus Wien ab. 1816 wurde er in den österreichischen Freiherrenstand erhoben. Bis 1832 war er immer wieder Tagsatzungsgesandter. Wieland starb 1838 in Basel.

Wiese, Georg Walter Vincenz von

* 2. April 1769 (Rostock), + 22. November 1824 (Gera)

Vertreter des Gesamthauses Reuß und des Fürstentums Liechtenstein

Nach dem Studium der Rechte in Rostock und Göttingen arbeitete Wiese zunächst als Privatdozent für Zivil- und Kirchenrecht in Göttingen, entschied sich aber schon zwei Jahre später für die reußische Beamtenlaufbahn, indem er das Amt des zweiten Hof- und Justizienrats in Gera annahm. Daneben arbeitete er als Herausgeber akademischer Schriften und veröffentlichte zahlreiche und vielbeachtete Arbeiten. Dazu zählte unter anderem das „Handbuch des gemeinen, in Teutschland üblichen Kirchenrechts“, das ihm Angebote für Professuren in Halle und Rostock einbrachte. Wiese entschloss sich jedoch in Gera zu bleiben und setzte sich in der Folge neben seinem Beamtenberuf mit Elan für das reußische Schulwesen ein. Sein engagiertes Wirken wurde 1806 mit der Ernennung zum Vizekanzler belohnt; Kaiser (→) Franz I. erhob ihn beinahe zeitgleich in den Adelsstand. Am Kongress nahm Wiese als Bevollmächtigter des Gesamthauses Reuß sowie des Fürstentums Reuß ältere Linie, das in Wien durch (→) Heinrich XIII., Fürst von Reuß zu Greiz sowie den Erbprinzen Heinrich XIX. vertreten war, teil. Seit Ende Februar 1815 vertrat er darüber hinaus (→) Johann I. Joseph Fürst von und

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

zu Liechtenstein. Wiese traf am 29. September 1814 in Wien ein und bewohnte bis zu seiner Abreise am 11. Juni 1815 eine Unterkunft in der Weyburggasse 998. Fürst Heinrich XIII. hatte 1813 seine guten Beziehungen zu Kaiser Franz erneuert. Dementsprechend lehnte sich Wiese während des Kongresses eng an die politische Linie (→) Metternichs an. Er initiierte die sogenannten „Reußische Haussitzungen“, die auch von den regierenden Fürsten und deren Legationsräten besucht wurden, um auf diese Weise die Kommunikations- und Abstimmungsprozesse zu erleichtern und die zeitraubende schriftliche Korrespondenz zu umgehen. Unter den Vertretern der Mindermächtigen genoss Wiese dennoch wenig Ansehen und stand lediglich mit (→) Berg und (→) Helwing in engem Kontakt. Wiese vertrat das Gesamthaus Reuß sowie Liechtenstein in der zweiten Sitzungsperiode des Deutschen Komitees ab dessen dritter Zusammenkunft am 29. Mai 1815. Dem Fürstentum Reuß-Greiz brachte der Wiener Kongress den Gewinn einiger kleinerer Gebiete mit etwa 350 Einwohnern zur Grenzbereinigung. Auch das von Wiese vertretene Liechtenstein behielt seine Souveränität. Im Mai 1822 wurde Wiese als Geheimer Rat, Kanzler und Konsistorialpräsident an die Spitze der Regierung in Gera berufen, wo er bis zu seinem Tod im November 1824 verblieb.

Wilhelm Friedrich Karl, Erbprinz von Württemberg

* 27. September 1781 (Lüben/Lubin), + 25. Juni 1864 (Cannstatt)

Wilhelm wurde mit der Thronbesteigung seines Vaters (→) Friedrich, mit dem ihn ein schwieriges Verhältnis verband, 1797 Erbprinz des Herzogtums Württemberg. Als Mitglied der österreichischen Armee nahm er 1800 an der Schlacht von Hohenlinden teil und erreichte schließlich den Rang eines Generalmajors. 1805 kehrte Wilhelm nach Württemberg zurück, nachdem er zwischenzeitlich am Hof Napoleons in Paris gewesen war. Nachdem Württemberg Mitglied des Rheinbunds geworden war, nahm der Erbprinz wiederum an mehreren Feldzügen teil. Allerdings bewahrte ihn eine Krankheit vor der Teilnahme am Russlandfeldzug 1812. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig wechselte Württemberg auf die Seite der alliierten Mächte, sodass Wilhelm, gemeinsam mit Zar (→) Alexander I. und dem preußischen König (→) Friedrich Wilhelm III., siegreich in Paris einzog. Zum Wiener Kongress traf Wilhelm am 24. September 1814 ein. Bis zu seiner Abreise am 7. April 1815 in Richtung Stuttgart bewohnte er eine Unterkunft in der Kärntnerstraße 1066. Die Politik Württembergs auf dem Kongress war davon bestimmt, sowohl die Standeserhöhung zum Königreich als auch die damit verbundenen territorialen Zugewinne zu erhalten. Zudem sollte das Herrschaftsterritorium durch badische

Wilhelm Friedrich Karl, Erbprinz von Württemberg

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und elsässische Gebiete vergrößert werden, um das Königreich vor künftigen Angriffen durch Frankreich zu schützen. Zar Alexander I. verfolgt kurzzeitig sogar das Projekt, Wilhelm auf den französischen Thron zu hieven. Der Erbprinz trat auf dem Kongress selbstbewusst und temperamentvoll auf. Politisch fungierte er im Frühling 1815 kurzzeitig als Mitglied der Militärkommission. Das gestörte Verhältnis zu seinem Vater, dessen Positionen teilweise massiv von denen des Sohnes abwichen, zeigte sich auch in Wien und sorgte für Aufsehen. Wilhelm pflegte gute Kontakte zu (→) Stein. Dieser plante, dem Erbprinzen eine führende Rolle in einem geeinten Deutschland, etwa den Posten des Befehlshabers der künftigen Bundesarmee, zukommen zu lassen. Aufsehen erregte im Oktober 1814 ein drohendes Duell zwischen dem württembergischen und dem bayerischen Erbprinzen (→) Ludwig, deren Verhältnis durch heftige Animositäten geprägt war. Anlass für die Konfrontation war ein Blindekuh-Spiel, bei welchem Ludwig Julie Zichy zu fassen bekam; Wilhelm warf ihm daraufhin vor, geschwindelt zu haben. Das folgende Streitgespräch mündete in der Aufforderung Ludwigs, sich einem Duell zu stellen. Als Wilhelm daraufhin zum vereinbarten Treffpunkt im Prater eintraf, erwartete ihn jedoch nicht sein Gegner, sondern der bayerische Diplomat (→) Wrede mit einem Brief, mit welchem die Angelegenheit gütlich beigelegt wurde. Wilhelm hatte bereits seit dem Sommer 1814 eine Hochzeit mit seiner Cousine, der russischen Großfürstin und verwitweten Herzogin von Oldenburg (→) Katharina Pavlovna, angestrebt. Auf dem Kongress wurde das Ehevorhaben der beiden besiegelt, nachdem die Auflösung einer ersten Ehe Wilhelms mit ­Karoline Auguste von Bayern (die wiederum 1816 die vierte Gemahlin von Kaiser (→) Franz I. wurde) schon im Vorfeld des Kongresses vollzogen worden war. Das hinderte Wilhelm allerdings nicht daran, sich bei seiner Abreise aus Wien von (→) Katharina Bagration, mit welcher er bereits seit Herbst 1814 ein Verhältnis unterhielt, bis Purkersdorf begleiten zu lassen. Nach der Rückkehr Napoleons trat Wilhelm wieder in den aktiven Militärdienst und übernahm den Befehl über ein Armeekorps. Im Jänner 1816 heiratete er schließlich Katharina Pavlovna. Noch im selben Jahr bestieg er nach dem Tod seines Vaters als König Wilhelm I. den Thron Württembergs. Im Jahr 1819 einigte sich Wilhelm mit den Landständen auf eine Verfassung und beendete damit den langjährigen württembergischen Verfassungsstreit. Auch darüber hinaus setzte er zahlreiche Reformen um, wandte sich aber nach der Revolution von 1848/49 einem reaktionären Kurs zu. Außenpolitisch versuchte er, die größeren deutschen Staaten als Gegengewicht zu Preußen und Österreich enger aneinanderzubinden und so eine dritte deutsche Großmacht zu etablieren. Er starb 1864 in Cannstatt.

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Wilhelm Georg August Heinrich Belicus, Erbprinz von Nassau *14. Juni 1792 (Kirchheimbolanden), + 20. August 1839 (Kissingen)

Wilhelm war der Sohn von Fürst (→) Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg. Nur wenige Wochen nach seiner Geburt im linksrheinischen Kirchheimbolanden wurde die Familie infolge der Revolutionskriege von dort vertrieben. Da er das Erbe sowohl seines Vaters als auch seines Großcousins, des Herzogs Friedrich August von Nassau-Usingen, antreten sollte, wurde er gezielt auf die Übernahme der Regierung des 1806 begründeten Herzogtums Nassau vorbereitet und erhielt eine umfassende Ausbildung. Wilhelm besuchte den Wiener Kongress an der Seite seines Vaters und traf am 30. November 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein. Hier musste er hinnehmen, dass das Herzogtum aufgrund des zögerlichen Wechsels seines Vaters auf die Seite der Alliierten beträchtlich verkleinert wurde. 1815 nahm Wilhelm am Feldzug gegen Frankreich teil und wurde in der Schlacht bei Waterloo leicht verwundet. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters im Jänner 1816 und dem Tod seines Großcousins zwei Monate später trat Wilhelm mit 23 Jahren sein Erbe an. Dem Herzog von Nassau oblag nun die schwierige Aufgabe, die verschiedenen Landesteile in einem neuen Staat zu einer Einheit zu verbinden. Zu diesem Zweck setzte er zahlreiche Verwaltungsreformen um, trat aber nicht zuletzt auch durch massive Bautätigkeit in Erscheinung. Wilhelm starb 1839 mit 47 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

Wilhelm I., Kurfürst von Hessen-Kassel

* 3. Juni 1743 (Kassel), + 27. Februar 1821 (Kassel)

Im Jahr 1760 erbte Wilhelm zunächst die Grafschaft Hanau von seinem Großvater, bevor er 1795 auch das Erbe seines Vaters als Landgraf Wilhelm IX. von Hessen-Kassel antrat. 1803 erreichte er die Erhebung zum Kurfürsten und regierte fortan als Wilhelm I. Drei Jahre später musste er allerdings vor den napoleonischen Truppen fliehen und ging nach Prag ins Exil. Kassel wurde Residenzstadt des neugegründeten Königreichs Westphalen unter Jérôme Bonaparte. Nach der Vertreibung der Franzosen kehrte Wilhelm I. zurück und trat am 21. November 1813 die Regierung in Hessen-Kassel wieder an. Dieser Schritt wurde von den Alliierten im Frankfurter Vertrag vom 2. Dezember 1813 nachträglich gebilligt, war aber mit hohen Geldzahlungen Wilhelms, der als reichster deutscher Fürst seiner Zeit galt, und der Stellung eines großen Truppenkontingents verbunden. Damit war das Kurfürstentum offiziell wiederhergestellt und seine Souveränität und sein Besitzstand waren garantiert.

Wilhelm, Erbprinz von Hessen-Kassel

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In der Folgezeit betrieb Wilhelm I. eine restaurative Politik und machte zahlreiche Reformen der französischen Zeit rückgängig. Zum Symbol für seinen Kurs wurde die Wiedereinführung des Zopfs beim Militär. Kurz vor seiner Abreise nach Wien nahm der Kurfürst per Patent den Titel und das Prädikat „Königliche Hoheit“ an. Auf dem Wiener Kongress verweilte Wilhelm I., gemeinsam mit seinem Sohn (→) Wilhelm, nur vom 30. September bis zum 25. Oktober 1814. Seine Unterkunft hatte er auf der Seilerstätte 1051. Nach Berichten der Geheimpolizei reiste Wilhelm, der auf dem Kongress gesellschaftlich isoliert war, äußerst unzufrieden ab. Hintergrund dürften seine Konflikte mit dem preußischen König (→) Friedrich Wilhelm III. und der Unmut darüber gewesen sein, dass allgemein wenig Interesse an der von ihm verfolgten Wiederherstellung des Alten Reiches bestand. In den Verhandlungen wurde Wilhelm von (→) Keller und (→) Lepel vertreten. Der Kurfürst forderte nicht unerhebliche Kompensationen für seinen Einsatz gegen Napoleon. In der Tat wurden ihm einige Territorialgewinne zugesprochen, sodass es unter anderem gelang, eine Verbindung zwischen dem althessischen Gebiet und Hanau zu schaffen. Für das neuerworbene Fulda legte sich Wilhelm I. zusätzlich zum Titel des Kurfürsten selbst den Titel eines Großherzogs zu. Den von ihm gewünschten Titel eines „Königs der Chatten“ bekam er allerdings nicht zugestanden. Auch nach dem Kongress setzte Wilhelm I. seine unbeliebte Politik fort. Er starb 1821 in Kassel. Sein größtes Bauvorhaben, die sogenannte Chattenburg, blieb unvollendet.

Wilhelm, Erbprinz von Hessen-Kassel

* 28. Juli 1777 (Hanau), + 20. November 1847 (Frankfurt a. M.)

Kurprinz Wilhelm ging 1806 gemeinsam mit seinem gleichnamigen Vater (→) Wilhelm von Hessen-Kassel ins Exil nach Prag und lebte ab 1809 einige Zeit in Berlin. 1813 beteiligte er sich als preußischer Generalleutnant am Kampf gegen Napoleon. Am 30. Oktober 1813 zog er nach der Vertreibung der Franzosen in Kassel ein und wandte sich, noch vor der Rückkehr seines Vaters, mit einem „Aufruf an die Hessen“ an die Bevölkerung. Im März 1814 übernahm Kurprinz Wilhelm den Oberbefehl über die kurhessischen Truppen, die jedoch von seinem Vater kurz darauf demobilisiert wurden. Als der Kurfürst kurz vor der Abreise nach Wien per Patent den Titel „Königliche Hoheit“ annahm, erhielt Wilhelm als Thronfolger das Prädikat „Hoheit“. Den Wiener Kongress besuchten Vater und Sohn für knapp einen Monat – vom 30. September bis zum 25. Oktober 1814 weilten sie in Wien und bekamen dort die politische Isolation Hessen-Kassels zu spüren. Dennoch wurden dem Kurfürstentum mäßige territoriale Zugewinne zur Gebietsarrondierung zugesprochen.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Nachdem der Kurfürst, mit dem ihn ein schwieriges Verhältnis verbunden hatte, 1821 verstorben war, regierte sein Erbe als Wilhelm II. von Hessen-Kassel. Seine öffentlich gelebte Affäre mit Emilie Ortlöpp, die er 1821 zur Gräfin erhob und die ihm acht Kinder gebar, sowie sein autokratischer und konservativer Regierungsstil erregten den Unwillen der Bevölkerung. 1830 kam es schließlich zum Ausbruch einer Revolution im Kurfürstentum. Infolge der Unruhen erließ Wilhelm 1831 eine liberale Verfassung. Trotz dieses Zugeständnisses war die Akzeptanz für seine Mätresse weiterhin nicht vorhanden, sodass der Kurfürst seinen Sohn Friedrich Wilhelm zum Mitregenten bestimmte und Kassel für immer verließ. Er lebte zunächst in Schloss Philippsruhe, später in Frankfurt a. M., wo er 1847 starb.

Wilhelm, Prinz von Preußen

* 3. Juli 1783 (Berlin), + 28. September 1851 (Berlin)

Der jüngere Bruder von König (→) Friedrich Wilhelm III. schlug eine militärische Laufbahn ein und war 1806 an der Schlacht von Auerstedt beteiligt. Nach der Niederlage Preußens übernahm der Prinz allerdings auch diplomatische Aufgaben: So verhandelte er in Paris – erfolglos – über eine Minderung der Kompensationszahlungen oder vertrat 1808 Preußen auf dem Kongress von Erfurt. Zudem war er an den Reformmaßnahmen zur Modernisierung der preußischen Armee beteiligt. Während des 6. Koalitionskriegs übernahm er wieder militärische Aufgaben und zeichnete sich während des Vormarsches nach Paris mehrfach aus. Auch an der Völkerschlacht bei Leipzig war er beteiligt. Nach dem Abschluss des Ersten Pariser Friedens begleitete er König Friedrich Wilhelm III. erst nach London und im Herbst 1814 nach Wien, wo er am 23. oder 24. September 1814 eintraf und ein Quartier in der Hofburg bezog. Die Frage seiner Unterbringung hatte im Vorfeld für Bedenken gesorgt. Wie (→) Wilhelm von Humboldt seiner Frau berichtete, erschien es ihm problematisch, den Prinzen in der Nähe seines königlichen Bruders einzuquartieren, „da leicht beide sich gegenseitig genieren“. Aufgrund mangelnder Alternativen an Wohnraum konnte auf diese Befindlichkeiten jedoch keine Rücksicht genommen werden. Im Herbst 1814 ging König Friedrich Wilhelm III. davon aus, dass das Königreich Sachsen an Preußen fallen würde. In diesem Fall, so lautete eines der Gerüchte am Wiener Kongress, würde Prinz Wilhelm Vize-König in Dresden werden. Diese Erwartungen zerschlugen sich angesichts der realpolitischen Gegebenheiten. Auch (→) Steins Überlegungen, den Prinzen zum Statthalter der Rheinprovinz zu machen, verliefen im Sand, nicht zuletzt aufgrund von Einwänden des preußischen Feldmarschalls Gneisenau, der mit Wilhelms Leistungen im

Wintzingerode, Georg Ernst Levin Graf von

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Feldzug von 1815 haderte. Aufgrund der Teilnahme an diesem hatte Prinz Wilhelm die österreichische Haupt- und Residenzstadt am 25. März 1815 verlassen. Seine dort geschlossene enge Freundschaft mit Erzherzog Johann dauerte jedoch an. Nach dem Abschluss des Zweiten Pariser Friedens lebte Prinz Wilhelm abwechselnd in Paris und seinem Schloss Fischbach bei Schmiedeberg. 1824 wurde er zum Gouverneur der Bundesfestung Mainz berufen und hatte diese Position mit Unterbrechungen bis zum Jahr 1844 inne. So erfolgte 1830 seine Ernennung zum Generalgouverneur der Rheinprovinz. In dieser Funktion eröffnete er 1831 die erste Eisenbahnstrecke auf preußischem Boden, die von Hinsbeck nach Nierenhof führte und fortan den Namen „Prinz-Wilhelm-Eisenbahn“ trug. Im ­Frühling 1832 legte der Prinz die Funktion des Generalgouverneurs der Rheinprovinz zurück. 1834 erfolgte die Ernennung zum General der Kavallerie. 1851 verstarb Prinz Wilhelm in Berlin.

Wintzingerode, Georg Ernst Levin Graf von

* 27. November 1752 (Walsrode), + 24. Oktober 1834 (Stuttgart) Vertreter des Königreichs Württemberg

Wintzingerode trat 1768 in die Dienste des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Kassel und fungierte zunächst als dessen Kammerherr und Rittmeister. Nach dem Tod des Landgrafen heiratete Landgräfin Philippine den inzwischen in den Reichsgrafenstand aufgestiegenen Wintzingerode, mit welchem sie bereits seit mehreren Jahren ein Verhältnis gehabt hatte. 1801, ein Jahr nach dem Tod von Philippine, trat Wintzingerode in den württembergischen Staatdienst. Zwischen 1801 und 1804 war er Geheimer Rat, Staats- und Konferenzminister, bevor er zum Präsidenten des Geheimen Rats ernannt wurde. Nachdem er sich mit König (→) Friedrich I. überworfen hatte, zog sich Wintzingerode zunächst ins Privatleben zurück, fungierte auf Betreiben Napoleons dann jedoch bis zur Niederlage Frankreichs als westphälischer Gesandter in Paris. Nach der Aussöhnung mit Friedrich I. wurde er zum Außenminister ernannt und vertrat, gemeinsam mit (→) Linden, das Königreich Württemberg beim Wiener Kongress. Wintzingerode traf am 22. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bezog ein Quartier in der Müllerschen Galerie. Wesentliches Ziel Württembergs auf dem Kongress war die Bestätigung der Königswürde sowie der Gebietserweiterung aus der Zeit der Napoleonischen Kriege. Darüber hinaus sollten die Souveränitätsrechte des Königreichs auch im zu schaffenden Deutschen Bund weitestgehend gewahrt bleiben. Diese Position vertrat Wintzingerode im Auftrag des Königs nachdrücklich im Deutschen Komitee. Nachdem Linden aufgrund eines Konflikts mit Friedrich I. im Dezember

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

1814 die Verhandlungsführung abgeben musste, nahm Wintzingerode die Position des ersten württembergischen Bevollmächtigten ein. Allerdings nahmen die württembergischen Vertreter auf Weisung des Königs hin nicht an den abschließenden Gesprächen zur Ausgestaltung der deutschen Bundesakte teil, was Württemberg jede Möglichkeit auf finale Mitgestaltung des Dokuments nahm. Die endgültige Fassung der Bundesakte stellte König Friedrich nicht zufrieden, sodass er dem Deutschen Bund nur widerwillig und verspätet beitrat. Wintzingerode war zudem Mitglied in der Flussschifffahrtskommission. Nach dem Tod von König Friedrich I. im Jahr 1816 trat Wintzingerode von seinen Ämtern zurück und wurde Oberhofmeister der neuen Königin (→) Katharina Pavlovna. Nach deren Tod trat er 1820 noch einmal in den diplomatischen Dienst, indem er als Gesandter in Berlin, Dresden, Hannover und Kassel diente. 1825 beendete Wintzingerode seine diplomatische Karriere. Er starb am 24. Oktober 1834 in Stuttgart.

Wolframsdorff, Wolff Carl August von * 1769, + 1831

Vertreter der Herzogtümer Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg

Wolframsdorff, Regierungspräsident in Dessau, vertrat auf dem Wiener Kongress die Herzogtümer Anhalt-Dessau, Anhalt-Köthen und Anhalt-Bernburg. Ebenfalls in Wien anwesend war (→) Erbprinz Leopold Friedrich von Anhalt-Dessau. Wolframsdorffs Anreise erfolgte am 27. September 1814, und bis zu seiner Abreise am 14. Juni 1815 in Richtung Dessau bewohnte er eine Unterkunft in der Wollzeile Nr. 914. In den Verhandlungen engagierte er sich in der „Vereinigung der mindermächtigen deutschen Fürsten und Freien Städte“, wo er sich gegen die Einführung landständischer Verfassungen aussprach. Seit dem 29. Mai 1815 wohnte er als Vertreter von Anhalt-Dessau, Anhalt-Bernburg und Anhalt-Köthen den Sitzungen der Zweiten Deutschen Konferenz bei. Wolframsdorff war 1815/16, nach anderen Angaben bis 1818, Vertreter Anhalt-Dessaus am Deutschen Bundestag und fungierte bis zu seinem Tod 1831 als Konsistorial- und Regierungspräsident von Anhalt-Dessau.

Wolzogen, Ludwig von

* 4. Februar 1773 (Meiningen), + 4. Juli 1845 (Halle an der Saale)

Mitglied der Delegation des (Groß-)Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach

Ab 1781 besuchte der früh verwaiste Wolzogen die Hohe Karlsschule in Stuttgart und trat 1792 in die württembergische Armee ein. Während dieser Zeit schloss er enge Freundschaft mit Friedrich von Schiller.

Wrede, Karl Philipp Fürst von

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1794 wechselte er in preußische Dienste, veröffentlichte einige militärwissenschaftliche Arbeiten und wurde 1802 Mitglied der „Militärischen Gesellschaft“. Persönliche Beziehungen pflegte er nicht nur zu Scharnhorst, sondern auch zu Goethe, Wieland und Herder. 1804 trat er wieder in württembergische Dienste, um die Aufgabe des Erziehers des Prinzen Eugen von Württemberg zu übernehmen. Darüber hinaus vertraute ihm König (→) Friedrich I. auch diplomatische Aufgaben an. So entsandte er Wolzogen 1806 nach Mainz, um dort die Hochzeit der Prinzessin Katharina von Württemberg mit Jérôme Bonaparte zu organisieren. 1807 trat Wolzogen, gemeinsam mit Prinz Eugen von Württemberg, in die russische Armee ein. In der Folge veröffentlichte er wieder militärwissenschaftliche Arbeiten, welche die Aufmerksamkeit von Zar (→) Alexander I. erregten, der ihn zum Flügeladjutanten, 1811 zum Oberstleutnant und 1812 zum Oberst ernannte. In der Völkerschlacht bei Leipzig trug er durch militärtaktische Maßnahmen maßgeblich zum Sieg der alliierten Mächte bei. In der Folge ernannte ihn Zar Alexander zum Generalmajor und König (→) Friedrich Wilhelm III. verlieh ihm den Orden pour le mérite. Im Frühjahr 1814 trat Wolzogen als Chef des Generalstabs in die Dienste von Herzog (→) Karl August von Sachsen-Weimar Eisenach, in dessen Entourage er den Wiener Kongress besuchte. Wie auch der Herzog war er in der Müllerschen Galerie untergebracht. Während des Kongresses besuchte er mehrfach den Salon der (→) Fanny von Arnstein, wo er sich ausnehmend wohlfühlte. Im Mai 1815 trat Wolzogen als Generalmajor wieder in preußische Dienste, konnte aber aufgrund einer Krankheit nicht am Feldzug gegen Napoleon teilnehmen. In den folgenden Jahren war er für die militärwissenschaftliche Erziehung der preußischen Prinzen verantwortlich und widmete sich zudem der Reform der Kadettenanstalten. Zudem war er Mitglied der „Gesetzlosen Gesellschaft zu Berlin“. Im Dezember 1817 wurde Wolzogen zum ständigen Bevollmächtigten bei der Militärkommission des Deutschen Bundes ernannt. 1836 erfolgte seine Versetzung in den Ruhestand, den er in Berlin, auf seinem Gut Kalbsrieth und in Halle an der Saale verbrachte. Dort verstarb er 1845.

Wrede, Karl Philipp Fürst von

* 29. April 1767 (Heidelberg), + 12. Dezember 1838 (Ellingen) Vertreter des Königreichs Bayern

Unmittelbar nach Abschluss des Studiums der Rechts- und Staatswissenschaften in Heidelberg trat Wrede im Alter von 19 Jahren in die Dienste des Heidelberger Oberamts. Mit dem Aufflammen der Revolutionskriege begann Wredes militärische Karriere, und er nahm an allen Frankreich-Feldzügen am Rhein bis 1798 teil.

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

Im Jahr darauf erfolgten seine Ernennung zum Wirklichen Oberst im Generalstab und der Auftrag zur Bildung eines Bataillons. 1800 wurde er zum Brigadekommandeur und Generalmajor, 1804 zum Generalleutnant befördert. Auch in den folgenden Feldzügen feierte er mit der bayerischen Armee Erfolge, sodass Napoleon ihm 1809 den Titel eines „kaiserlichen französischen Reichsgrafen“ verlieh. Ein während eines Paris-Aufenthalts 1811 ausgetragener Disput mit dem französischen Kaiser führte jedoch zum Zerwürfnis. Im Auftrag von König (→) Maximilian I. Joseph von Bayern übernahm Wrede in der Folge eine diplomatische Mission, die ihn von Preußen über Süddeutschland bis nach Paris führte. Mit dem Wechsel Bayerns in die antinapoleonische Allianz übernahm Wrede die Führung der bayerisch-österreichischen Truppen. In der Schlacht von Hanau Ende November 1813 schwer verwundet, kehrte er bereits Mitte Dezember auf das Schlachtfeld zurück und wurde aufgrund seiner herausragenden militärischen Erfolge im März 1814 zum Feldmarschall erhoben. Im Juni desselben Jahres wurde ihm der Fürstentitel verliehen sowie die Herrschaft Ellingen zugesprochen. Wie schon bei den Verhandlungen zum Ersten Pariser Frieden vertrat Wrede die Interessen Bayerns auch am Wiener Kongress. Dabei wurde er von (→) Rechberg unterstützt. Als Adjutant trat (→) Besserer in Erscheinung. Darüber hinaus befand sich König Maximilian I. Joseph mit seinen beiden Söhnen, Erbprinz (→) Ludwig und Prinz (→) Karl, in Wien. Wrede traf am 18. September 1814 in der österreichischen Haupt- und Residenzstadt ein und bewohnte während des Kongresses eine Wohnung am Kohlmarkt 268. Die wichtigsten Ziele Bayerns auf dem Wiener Kongress bestanden in der Festigung des neu erworbenen Status als Königreich, der Klärung verschiedener offener territorialer Fragen und der Bewahrung einer möglichst großen Unabhängigkeit im Deutschen Bund. Als Verhandler im Deutschen Komitee kritisierte Wrede offen die Vorgehensweise (→) Metternichs in der sächsischen Frage und trat vehement gegen eine Abtretung von sächsischem Territorium an Preußen auf. Zudem war er Mitglied in der Flussschifffahrtskommission sowie der Militärkommission und nahm an zwei Sitzungen der Fünfer-Konferenz teil. Gesellschaftlich verkehrte Wrede bei (→) Castlereagh und (→) Gagern, aber auch bei (→) Katharina Bagration. Mit Napoleons Rückkehr von Elba wurde Wrede zum Oberkommandierenden der bayerischen Truppen ernannt, weshalb er Wien bereits am 24. April 1815 verließ. Nach 1815 betätigte Wrede sich zunehmend politisch, war am Sturz des bayerischen Ministers Maximilian von Montgelas beteiligt und galt als Befürworter einer konservativen, konstitutionellen Monarchie. Als Minister ohne Portefeuille hatte Wrede maßgeblichen Anteil an der Ausarbeitung der Verfassung von 1818 und wurde zum ersten Präsidenten der Kammer der Reichsräte. Im Juni 1832 kommandierte er eine 8000 Mann starke Truppenmacht, um die Pfalz zu befrieden. Mit der Abreise König Ludwigs nach Griechenland wurde er 1835 an die

Zeerleder, Ludwig von

325

Spitze des mit den Regierungsgeschäften betrauten Kronrats berufen. Seine letzten Lebensjahre widmete er dem Ausbau seiner Herrschaft Ellingen. Wrede starb am 12. Dezember 1838 nach einer Manöverbesichtigung.

Zeerleder, Ludwig von

* 5. Dezember 1772 (Bern), + 18. Juli 1840 (Bern) Vertreter der Kantone Bern, Zug und Uri

Nach dem Studium in Bern reiste der aus einem Patriziergeschlecht stammende Zeerleder 1791/92 zur Ausbildung in einem Bankhaus nach Paris und unternahm danach mehrere Bildungsreisen. Nach dem Tod des Vaters übernahm er die Leitung des in Bern ansässigen Familienunternehmens, des Zeerlederschen Bankhauses, das auch für Österreich tätig war. Im Zuge des französischen Einmarschs wurde Zeerleder 1798 zum Kriegskommissar für das Oberland ernannt. Als gewähltes Mitglied des Großen und Kleinen Rats und in Opposition zur Regierung der Helvetischen Republik machte er es sich zur Aufgabe, die städtischen Barreserven vor dem Zugriff der Franzosen zu schützen. Es gelang ihm, die Gelder bis zum Sturz Napoleons zu verstecken und an die patrizische Stadtregierung zu retournieren. Auf dem Wiener Kongress vertrat Zeerleder die Interessen Berns, Zugs und Uris. Eine Unterkunft hatte er im Gasthof „Ungarische Krone“ gefunden. Die wichtigste Aufgabe Zeerleders aus der Perspektive Berns betraf die Wiedererlangung der Gebiete Waadt und Aargau, welche die Stadt im Verlauf der napoleonischen Zeit verloren hatte. Dieses Vorhaben erwies sich jedoch als unvereinbar mit den politischen Zielen der Großmächte, welche den im Bundesvertrag vom 9. September 1814 genannten 19 Kantonen bereits am 10. Dezember 1814 die territoriale Integrität garantierten. Als Entschädigung erhielt Bern unter anderem die Stadt Biel zugesprochen. Zeerleder verließ Wien bereits am 28. März 1815. Nach der Trennung der Stadt und des Kantons Bern 1831 verklagte der Kanton Zeerleder im Zusammenhang mit seiner Handlungsweise während der Zeit der Helvetischen Republik nachträglich wegen „Entfremdung von Staatsgeldern“, was zu Zeerleders Festnahme im Jahr 1835 und zur Verbüßung einer neunmonatigen Haftstrafe führte. Erst drei Jahre später sprach ihn ein Gericht endgültig von sämtlichen Vorwürfen frei. Zeerleder verstarb wenig später in Bern.

Zichy-Ferraris, Maria Wilhelmine (Molly) Gräfin * 3. September 1780, + 25. Jänner 1866 (Wien) Salonière

Die der Familie Ferraris entstammende Molly Zichy galt als eine der wichtigsten Gastgeberinnen des Wiener Kongresses. Seit 1799 mit Franz Graf Zichy verheira-

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4. Who is who beim Wiener Kongress? Kurzbiografien

tet, öffnete das Ehepaar sein Palais zwischen September 1814 und Februar 1815 für zahlreiche Bälle und Gesellschaften. Diese Festlichkeiten bildeten auch den Rahmen für politisch motivierte Gespräche zwischen Diplomaten und Staatsmännern der verschiedenen europäischen Mächte während des Wiener Kongresses. Wöchentlich fanden zudem Soupers statt, an welchen die gekrönten Häupter gerne teilnahmen. Die Gesellschaft, welche sich im Hause Zichy-Ferraris versammelte, zeichnete sich durch ihre Exklusivität aus. Nicht nur die Herkunft, sondern ebenso das elegante Auftreten spielte bei der Auswahl der Gäste eine entscheidende Rolle. Außergewöhnliche Zeitvertreibe wurden ersonnen, um die Herrscher und Staatsmänner zu unterhalten. So veranstaltete Molly Zichy-Ferraris etwa ein Schachspiel mit lebenden Figuren, und organisierte – gemeinsam mit Gräfin ­Wrbna-Kageneck – ein ausschweifendes Fest auf Schloss Greifenstein oberhalb der Donau. Seine Zugehörigkeit zur österreichischen Hocharistokratie festigte das Haus Zichy-Ferraris 1831, als die Tochter Melanie Staatkanzler (→) Metternich ehelichte. Molly Zichy-Ferraris starb 1866 in Wien.

Zobel zu Giebelstadt, Friedrich Karl von

* 17. Oktober 1766 (Würzburg), + 4. Februar 1843 (nach anderen Angaben 1845) Vertreter der ehemaligen Reichsritterschaft des fränkischen Kreises

Zobel zu Giebelstadt, ehemaliger Domherr in Bamberg, Würzburg und Mainz, war bis zum Reichsdeputationshauptschluss Ritterrat im Kanton Odenwald. Er nahm an den letzten Feldzügen der Koalitionskriege als Freiwilliger teil und stieg zum Generaladjutant des Herzogs (→) Ernst III. von Sachsen-Coburg-Saalfeld auf. Auf dem Wiener Kongress vertrat Zobel die ehemals reichsunmittelbare Ritterschaft des fränkischen Kreises. Gemeinsam mit (→) Degenfeld, (→) Hornstein und (→) Rüdt von Collenberg verfasste er im Dezember 1814 zwei Memoranden. Das erste Schriftstück befasste sich mit der Restitution der Reichserzstifte und Reichsstifte sowie des Deutschen Ordens und des Johanniterordens. In der zweiten Denkschrift forderten die Unterhändler die Zuziehung zu den Beratungen über die deutsche Verfassung, die Restitution der deutschen Kaiserwürde sowie die Einrichtung eines obersten Reichsgerichts und landständische Verfassungen in den deutschen Ländern. Mehrere weitere Memoranden, in welchen sie die Restitution des Reichsadels sowie die Zulassung zum Deutschen Komitee verlangten, legten die Vertreter der Reichsritterschaft zu Beginn des Jahres 1815 vor. Im Jänner 1815 suchte Zobel erfolgreich um die taxfreie Verleihung der k.k. Kämmererwürde an.

5. Anhang

5.1. VERZEICHNIS DER PORTRÄTIERTEN KONGRESSBESUCHER Monarchen Alexander I. Pavlovič Elisabeth Alexejevna (geb. Louise von Baden) Franz I. Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este Friedrich August I. Joseph Maria Anton Friedrich I. Friedrich VI. Friedrich Wilhelm III. Maximilian I. Joseph Karl Ludwig Friedrich Ernst III. Friedrich Wilhelm Karl August Wilhelm I. Friedrich Hermann Otto Anton Aloys Johann I. Joseph Friedrich Wilhelm Heinrich XIII. Georg Wilhelm Victor Amadeus Marie Luise

Beauharnais, Eugène de Anton Clemens Friedrich Joseph Ludwig Carl August Georg Leopold Friedrich Ludwig Ludwig Maria Theresia von Österreich Wilhelm Friedrich Karl

Zar von Russland Zarin von Russland Kaiser von Österreich Kaiserin von Österreich König von Sachsen König von Württemberg König von Dänemark König von Preußen König von Bayern Großherzog von Baden Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld Herzog von Braunschweig-Oels (Groß-)Herzog von Sachsen-Weimar-­ Eisenach Kurfürst von Hessen-Kassel Fürst von Hohenzollern-Hechingen Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen Fürst von und zu Liechtenstein Fürst von Nassau-Weilburg Fürst von Reuß zu Greiz Fürst von Schaumburg-Lippe Landgraf von Hessen-Rotenburg Erzherzogin von Österreich, ehemalige Kaiserin der Franzosen Ehemaliger Vizekönig von Italien Erbprinz von Sachsen Erbprinz von Hessen-Homburg Erbprinz von Mecklenburg-Strelitz Erbprinz von Anhalt-Dessau Erbprinz von Bayern Erbprinz von Hessen-Darmstadt Erbprinzessin von Sachsen Erbprinz von Württemberg

328

5. Anhang

Wilhelm Georg August Heinrich Belicus Wilhelm Ferdinand Georg August Karl Theodor Maximilian Katharina Pavlovna Konstantin Pavlovič Leopold Johannes Josef Michael Leopold Maria Pavlovna Wilhelm Mediatisierte/Säkularisierte Arenberg Bentheim-Steinfurt Erbach-Erbach Fürstenberg Isenburg-Birstein Leyen

Metternich-Winneburg Salm-Kyrburg Solms-Laubach Stolberg-Wernigerode Thurn und Taxis Thurn und Taxis Westphalen zu Fürstenberg Hessen-Philippsthal Vorster Beim Wiener Kongress akkreditierte Bevollmächtigte und Delegationsmitglieder Anhalt-Dessau Wolframsdorff, Wolff Carl August von Arenberg-Meppen Schmaus(s) de Livonegg, Karl Philipp Baden Berckheim, Karl Christian von

Berstett (Berstedt), Wilhelm Ludwig Leopold Reinhard von

Erbprinz von Nassau Erbprinz von Hessen-Kassel Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld Prinz von Bayern Großfürstin von Russland; verwitwete Herzogin von Oldenburg Großfürst von Russland Prinz von Bourbon-Neapel/Salerno Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld Großfürstin von Russland Prinz von Preußen Prosper Ludwig Herzog von Alexius Friedrich zu Franz Graf zu (zugleich Mitglied der bayerischen Delegation) Elisabeth Fürstin zu Charlotte Auguste Wilhelmine Fürstin von Philipp Fürst von der Leyen, Graf zu Hohengeroldseck und Herr zu Nievern Franz Georg Karl Fürst von Friedrich IV. Ernst Otto Philipp Fürst von Friedrich Ludwig Christian Graf zu Henrich Graf zu Karl Alexander Fürst von Therese Fürstin von Clemens August Reichsgraf von Ernst Konstantin Erbprinz von Pankraz (ehemaliger Fürstabt von St. Gallen)

akkreditierter Bevollmächtigter (auch: Anhalt-Köthen, Anhalt-Bernburg) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter; badischer Innenminister akkreditierter Bevollmächtigter

5.1. Verzeichnis der porträtierten Kongressbesucher

Marschall von Bieberstein, Karl Wilhelm Hacke, Karl von Klüber, Johann Ludwig Sensburg, Ernst Philipp (von)

Bayern Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver Graf von Wrede, Karl Philipp Fürst von Besserer von Thalfingen, Albrecht Theodorich Heideck (Heidegger), Carl Wilhelm von Bouillon Trémoille, Charles Bretagne Marie Joseph Prinz von Tarent, Herzog von Bremen Smidt, Johann

Braunschweig Schmidt-Phiseldeck, Wilhelm Justus Eberhard von Dänemark Bernstorff, Christian Günther Graf von Bernstorff, Joachim Frederik Graf von Rosenkrantz, Niels Baron

Frankreich Talleyrand-Périgord, Charles-Maurice de

Dalberg, Emmerich Joseph von La Tour du Pin Gouvernet, Frédéric Séraphin Graf von Noailles, Louis-Joseph-Alexis Graf von La Besnardière, Jean Baptiste de Gouey de Frankfurt a. M Danz, Johann Ernst Friedrich

Genua Brignole-Sale, Antonio Giovanni Francesco Großbritannien Castlereagh, Robert Stewart Viscount

akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied

329

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied; dänischer Außenminister akkreditierter Bevollmächtigter; französischer Außenminister akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter; britischer Außenminister

330

5. Anhang

Cathcart, William Schaw First Earl of Clancarty, Richard Le Poer Trench Second Earl of Stewart, Charles William Lord Wellington, Arthur Wellesley Herzog von Canning, Stratford

Hamburg Gries, Johann Michael

Hannover Münster, Ernst Friedrich Graf zu Hardenberg, Ernst Christian Georg Graf von Martens, Georg Friedrich von

Hessen-Kassel Keller, Dorotheus Ludwig Christoph Graf von Lepel, Georg Ferdinand von Grimm, Jakob Ludwig Carl

Hessen-Darmstadt Türkheim zu Altdorf, Johann von

Hessen-Homburg Sinclair, Isaac von (Pseudonym: Crisalin) Hessen-Rotenburg Gössel, Karl Wilhelm

Hohenzollern-Hechingen Fran[c]k, Franz Anton von

Hohenzollern-Sigmaringen Kirchbauer, Franz Aloys von Kirchenstaat Consalvi, Ercole marchese Severoli, Antonio Gabriele

Lippe-Detmold Helwing, Friedrich Wilhelm

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (Beglaubigungsschreiben liegt nicht vor) Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter (inoffizieller Vertreter des Herzogtums Braunschweig) akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (vertritt auch die Prinzen von Hohenlohe-Langenburg und Hohenlohe-Jagstberg) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter

5.1. Verzeichnis der porträtierten Kongressbesucher Lucca Mansi, Ascanio

Lübeck Hach, Friedrich

Mainz Hadamar, Philipp Heinrich Kesselstadt, Franz Graf von Mappes, Johann Heinrich Ludwig von Malteserorden Berlinghieri, Daniello Miari, Antonio

Mecklenburg-Schwerin Plessen, Leopold Engelke Hartwig von Mecklenburg-Strelitz Oertzen, August Otto Ernst von

Mediatisierte Berlichingen, Joseph Friedrich Anton Graf von Borsch, Gottlob Friedrich Franz von

Degenfeld-Schönburg, Friedrich Christoph Graf von Ditterich von und zu Erbmannszahl, Franz Anton von Gärtner, Franz von

331

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Reichsritterschaft in Franken) akkreditierter Bevollmächtigter (Fürst von der Leyen) akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Reichsritterschaft in der Wetterau und am Rhein) akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Fürstäbtissin von Essen und Thorn) akkreditierter Bevollmächtigter (Bentheim-Tecklenburg, Bentinck, Croy, Fugger-Kirchberg, Hessen-Homburg (Landgraf von Hessen), Hohenlohe, Khevenhüller-Metsch, Leiningen (mehrere Linien), Lobkowitz, Ortenburg, Quadt, Rechteren und Limburg, Salm-Kyrburg, Schwarzenberg, verschiedene „Standesherren“ (u. a. Metternich-Winneburg, Fürstenberg, Salm-Reiffenscheid-Dyck, Hohenlohe-Bartenstein, Wied, Bentheim, Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, Stolberg-Wernigerode, Görtz, Colloredo-Mannsfeld, Looz-Corswaarem, Wollbeck, Castell, Löwenstein-Wertheim-Rochefort, Schönborn-Wiesentheid, Erbach-Erbach, Wartemberg-Roth, Leiningen, Solms-Laubach, Salm-Horstmar, Königsegg-Aulendorf, Spremont-Lynden-Reckheim, Waldburg, Waldburg-Zeil), Wied, Windisch-Graetz)

332

5. Anhang

Goupy, Guillaume Louis Isidore Hornstein, Joseph Anton Marquard Fidel von Jagemann, Franz Christian von

Laßberg auf Eppishausen, Joseph Maria Christoph von Pohl, Karl Friedrich Riedesel zu Eisenbach, Karl Ludwig Rüdt von Collenberg, Wilhelm Ludwig

Schmitz, Michael Ludwig Vera, Giuseppe Vrints-Berberich, Alexander Konrad von Zobel zu Giebelstadt, Friedrich Karl von

Neapel Campochiaro, Ottavio Mormile Herzog von Cariati, Gennaro Spinèlli Fürst von

akkreditierter Bevollmächtigter (Maria Luisa von Spanien, ehemalige Königin von Etrurien) akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Reichsritterschaft in Schwaben) akkreditierter Bevollmächtigter (Löwenstein-Wertheim-Rochefort, Löwenstein-Wertheim-Freudenberg) Mitglied der Delegation der Fürstin zu Fürstenberg akkreditierter Bevollmächtigter (Isenburg-Birstein) akkreditierter Bevollmächtigter (Riedesel) akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Reichsritterschaft in Schwaben, Franken, am Rhein, im Odenwald und Kraichgau) akkreditierter Bevollmächtigter (Leiningen) akkreditierter Bevollmächtigter (Piombino) akkreditierter Bevollmächtigter (Thurn und Taxis) akkreditierter Bevollmächtigter (ehemalige Reichsritterschaft in Franken) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter

Nassau Marschall von Bieberstein, Ernst Franz Ludwig akkreditierter Bevollmächtigter Roentgen, Gottfried August Leonhard Delegationsmitglied Oldenburg Maltza(h)n, Hans Albrecht von

akkreditierter Bevollmächtigter

Handel, Paul Anton von Hudelist, Josef von Rademacher, Franz Karl Ludwig Schlegel, Friedrich

akkreditierter Bevollmächtigter; österreichischer Außenminister akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied; „Sekretär“ des Wiener Kongresses Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied

Österreich Metternich-Winneburg-Beilstein, Klemens Wenzel Lothar Fürst von Wessenberg-Ampringen, Johann Philipp von Baldacci, Anton Maximilian Dominik von Barbier, Adrian Nicolaus von Binder von Krieglstein, Franz Gentz, Friedrich

5.1. Verzeichnis der porträtierten Kongressbesucher

Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst zu Wacken, Nikolaus

Portugal Lobo da Silveira Joaquim, Graf von Oriola (auch Oriolla) Palmella, Souza-Holstein Pedro de Graf von Saldanha da Gama, António de Preußen Hardenberg, Karl August Fürst von

Humboldt, Wilhelm Christian Karl Ferdinand von Boyen, Hermann Ludwig Leopold Gottlieb von Hoffmann, Johann Gottfried Jordan, Johann Ludwig Knesebeck, Karl Friedrich von dem Staegemann, Friedrich August Varnhagen von Ense, Karl August Reuß (Gesamthaus) Wiese, Georg Walter Vincenz von

Russland Nesselrode-Ereshoven, Karl Robert Graf von Razumovskij, Andrej Kirillovič Graf Stackelberg, Gustav Ernst Graf von Anstett, Johann Protasius von Czartoryski, Adam Jerzy Fürst Kapodistrias, Johannes Anton Graf Michailovski-Danilevski, Alexander IvanoviČ Nostitz, Johann Karl Georg von Pozzo di Borgo, Carlo Andrea Stein, Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom und zum Volkonskij, Petr Mikhajlovič Fürst Sachsen Griesinger, Georg August von Schulenburg-Klosterroda, Friedrich Albert Graf von der Globig, Hanns August Fürchtegott von Miltitz, Dietrich von

Delegationsmitglied; Feldmarschall Delegationsmitglied

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter; preußischer Staatskanzler akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied

akkreditierter Bevollmächtigter (vertritt auch Liechtenstein) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied Delegationsmitglied

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied Delegationsmitglied

333

334

5. Anhang

Sachsen-Coburg-Saalfeld Fischler von Treuberg, Franz Xaver von Sachsen-Coburg-Altenburg Minkwitz, Friedrich August von

Sachsen-Hildburghausen Baumbach-Nassenerfurth, Carl Ludwig Friedrich August von Sachsen-Meiningen Erffa, Gottlieb Friedrich von

Sachsen-Weimar-Eisenach Gersdorff, Ernst Christian August von Wolzogen, Ludwig von

Salm-Salm Pilgram, David Heinrich Gottfried von

Sardinien-Piemont San Marzano, Filippo Antonio, marchese de Asinari di Schaumburg-Lippe Berg, Günther Heinrich von

Schwarzburg-Rudolstadt Ketelhodt, Friedrich Wilhelm von

Schwarzburg-Sondershausen Weise, Ludwig Wilhelm Adolph von Schweden Löwenhielm, Carl Axel Graf von Schweiz D’Ivernois, François Heilmann, Georg Friedrich Jassoy, Ludwig Daniel

La Harpe, Frédéric-César de

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (auch: inoffizieller Delegierter Sachsen-Meiningens) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter Delegationsmitglied akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (vertritt auch Waldeck-Pyrmont) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter (Genf) akkreditierter Bevollmächtigter (Biel) akkreditierter Bevollmächtigter (Graubünden; vertritt auch Frankfurt a. M. und Bentinck) akkreditierter Bevollmächtigter (Aargau, St. Gallen, Tessin, Waadt)

5.1. Verzeichnis der porträtierten Kongressbesucher

Montenach, Jean François Joseph Nicolas de Mösl, Joseph Edler von Moosthal

Pictet de Rochemont, Charles Reinhard, Hans von Rengger, Johann Albrecht Salis-Sils, Vincenz von Salis, Daniel (Soglio)

Wieland, Johann Heinrich Zeerleder, Ludwig von

Albertini, Christoph von Billieux von Ehrenfeld, Ursann Konrad Joseph Delfils, Melchior Joseph Eynard, Jean-Gabriel

Sizilien Ruffo dei principi della Scaletta, Frà Alvaro Serracapriòla, Maresca Antonino Herzog von Spanien Labrador, Gómez Havelo Pedro marqués de Toskana Corsini, Neri Fürst

Vereinigte Niederlande Capellen, Goderd Alexander Gerard Philipp van der Gagern, Hans Christoph Ernst von

Spaen van Voorstonden, Gerrit Karel Baron Württemberg Linden, Franz Joseph Ignaz von Wintzingerode, Georg Ernst Levin Graf von Bankiers Eskeles, Berhard von Fries, Moritz Christian Johann Graf von

335

akkreditierter Bevollmächtigter (Schweizer Tagsatzung) akkreditierter Bevollmächtigter (Fürstbischof von Basel) akkreditierter Bevollmächtigter (Genf) akkreditierter Bevollmächtigter (Schweizer Tagsatzung) akkreditierter Bevollmächtigter (Aargau, St. Gallen) akkreditierter Bevollmächtigter (Graubünden) akkreditierter Bevollmächtigter (Graubünden) akkreditierter Bevollmächtigter (Schweizer Tagsatzung) akkreditierter Bevollmächtigter (Bern, Uri, Zug) Delegationsmitglied (Graubünden) Delegationsmitglied (Pruntrut; ehemaliges Fürstbistum Basel) Delegationsmitglied (Pruntrut; ehemaliges Fürstbistum Basel) Delegationsmitglied (Genf)

akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter

akkreditierter Bevollmächtigter (vertritt auch den Fürsten von Nassau(-Oranien)) akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter akkreditierter Bevollmächtigter

336

5. Anhang

Künstler/Erfinder/Chronisten Beethoven, Ludwig van Carême, Marie-Antoine

Komponist Französischer Koch, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Christian Erfinder Ludwig von Isabey, Jean-Baptiste Porträtist des Wiener Kongresses, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich La Garde, Auguste Louis Charles de Chronist des Wiener Kongresses Montet, Alexandrine de la Boutètiere de Saint- Chronistin des Wiener Kongresses Mars Baronin Neukomm, Sigismund Musiker und Komponist, Mitglied der Delegation des Königreichs Frankreich Perth, Matthias Franz Chronist des Wiener Kongresses Lobbyisten Baruch, Jakob Bertuch, Carl Bollmann, Justus Erich Buchholz, Carl August Cotta, Johann Friedrich Gumprecht, Isaak Jakob Helfferich (Helfrich), Joseph Anton Hofbauer, Klemens Maria Kościuszko, Andrzej Tadeusz Bonawentura Nenadović, Matija Potocki, Stanisław Kostka Smith, William Sidney Sir Uffenheimer, Götz (Gottfried) Gabriel Wambold zu Umstadt, Franz Christoph von Wessenberg-Ampringen, Ignaz Heinrich von

Juden (Frankfurt a. M.) Deutscher Buchhandel Finanzgeschäfte Juden (Hamburg, Bremen, Lübeck) Deutscher Buchhandel Juden (Frankfurt a. M.) Deutscher katholischer Klerus Katholische Kirche Polen Serbien Polen Christliche Gefangene Juden (Frankfurt a. M.) Deutscher katholischer Klerus Deutsche katholische Kirche

Eichhoff, Johann Joseph

Entschädigung der ehemaligen Königin von Etrurien, Maria Luisa von Spanien Flussschifffahrt auf dem Rhein

Sachverständige Cornacchia, Ferdinando

Salonièren Arnstein, Fanny (Franziska) von Bagration, Katharina Pavlovna Fürstin (Katharina Pavlovna Skavronskaja) Pichler, Caroline Sagan, Wilhelmine Herzogin von Talleyrand-Périgord, Dorothea de Varnhagen von Ense, Rahel

5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses

Zichy-Ferraris, Maria Wilhelmine (Molly) Gräfin Sonstige Ligne, Charles Joseph Fürst de Pilat, Joseph Anton

Stadion-Warthausen, Johann Philipp Karl Joseph Graf von Trauttmansdorff-Weinsberg, Ferdinand Fürst von und zu Werner, (Friedrich Ludwig) Zacharias

337

Beobachter des Kongresses Redakteur des „Österreichischen Beobachters“ Österreichischer Staatsmann Obersthofmeister von Kaiser Franz I. Katholischer Prediger

5.2. MITGLIEDER DER KOMMISSIONEN DES WIENER KONGRESSES

Die Wiedergabe der Mitglieder erfolgt auf

Frankreich

der einzelnen Kommissionen, soweit sol-

einliegen.1 Von der Verifikations-, der De-

Dalberg

klarations-, der Akzessions- und der Mili-

Großbritannien

Protokollen überliefert.

Cathcart9

Das erste Protokoll ist mit 30. Oktober

Wellington12

der Basis der Protokolle der Fünfer- und der Achter-Konferenz sowie der Protokolle

che im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien

tärkommission sind keine Angaben in den 5.2.1. Achter-Konferenz

1814 datiert. Bis zum 19. Juni 1815 fanden 17 Sitzungen statt.2 Österreich

Metternich3

Wessenberg4 1 2

3 4

Eine Ausnahme stellt das Deutsche Komitee dar, das in einer mustergültigen Edition vorliegt; vgl. Treichel (Bearb.), Quellen. ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 2, Fasz. 3 (alt). Bis zum 6. Juni 1815. Fehlt in der Sitzung vom 13. November

Talleyrand5

La Tour du Pin6

Noailles7

Castlereagh8 Clancarty10 Stewart11

5 6 7 8 9 10 11

12

1814, dem 10. Dezember 1814 und dem 19. März 1815. Bis zum 6. Juni 1815. Bis zum 13. März 1815. Zwischen dem 13. November 1814 und dem 6. Juni 1815. Bis zum 20. Jänner 1815. Fehlt in den Sitzungen vom 30. Oktober 1814, 13. November 1814, 29. März 1815, 18. und 19. Juni 1815. Fehlt in den Sitzungen vom 30. Oktober 1814 und 13. November 1814. Fehlt in den Sitzungen vom 30. Oktober 1814 und 18. und 19. Juni 1815. Nur in der Sitzung vom 9. Februar 1815.

338

5. Anhang

Portugal Saldanha

Lobo14

­werden. Hier wird nach der Präsenzliste vorgegangen.

13

Ständige Mitglieder

Palmella

Österreich

Preußen Humboldt

Hardenberg

15

Russland

Nesselrode

16

Razumovskij17 Stackelberg

18

Schweden

Löwenhielm Spanien

Labrador

19

5.2.2. Fünfer-Konferenz Zwischen dem 12. Jänner und dem 10. Juni

1815 fanden 45 Sitzungen statt.20 Präsenz-

liste und Unterschriften stimmen teil-

weise nicht überein, da die Protokolle in

Metternich

Wessenberg21 Frankreich

Talleyrand22

Großbritannien Castlereagh23

Wellington24 Clancarty25 Preußen

Hardenberg26 Humboldt Russland

Razumovskij

Kapodistrias27

der nachfolgenden Sitzung unterzeichnet

21 22

14 15

23 24

13

16 17 18

19 20

Fehlt in den Sitzungen vom 13. November 1814, 9. Februar 1815 und 12. März 1815. Fehlt in der Sitzung vom 16. Jänner 1815. Nimmt nur an den Sitzungen vom 29. März 1815, 12. Mai 1815 und 9. Juni 1815 teil. Bis zum 12. Mai 1815. Vom 13. November 1814 bis 9. Juni 1815; fehlt in der Sitzung vom 19. März 1815. Ab dem 9. Dezember 1814 bis 18. Juni 1815; fehlt in der Sitzung vom 16. Jänner 1815. Fehlt in der Sitzung vom 19. Juni 1815. ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 3, Fasz. 5 (alt).

25

26 27

Fehlt in der 28. Sitzung am 23. April 1815. Fehlt in der 14. Sitzung am 25. März 1815, der 30. Sitzung am 30. April 1815, der 32. Sitzung am 3. Mai 1815, der 33. Sitzung am 6. Mai 1815, der 37. Sitzung am 23. Mai 1815. Bis zur 7. Sitzung am 13. Februar 1815. Ab der 3. Sitzung am 8. Februar 1815; bis zur 17. Sitzung am 28. März 1815. Ab der 17. Sitzung am 28. März 1815; fehlt in der 30. Sitzung am 30. April 1815, der 32. Sitzung am 3. Mai 1815, der 34. Sitzung am 20. Mai 1815, der 35. Sitzung am 20. Mai 1815, der 36. Sitzung am 22. Mai 1815. Fehlt in der 18. Sitzung am 31. März 1815. Bis zur 12. Sitzung am 18. März 1815; ab der 17. Sitzung am 28. März 1815; fehlt ab der 41. Sitzung vom 4. Juni 1815.

5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses

Nesselrode28

Außerordentliche Teilnehmer Sardinien-Piemont San Marzano

29

Bayern Wrede

30

Preußen Boyen

31

Hannover

2. Sitzungsperiode vom 23. Mai 1815 bis 10. Juni 1815, 11 Sitzungen. 1. Sitzungsperiode Österreich Metternich

Wessenberg Preußen

Hardenberg36 Humboldt Bayern

Münster32

Wrede

Schulenburg33

Münster

5.2.3. Deutsches Komitee35

Württemberg

Sachsen Globig

34

Zwei Sitzungsperioden:

1. Sitzungsperiode vom 14. Oktober 1814 bis 16. November 1814, 13 Sitzungen. 28 29 30 31 32 33

34 35

Ab der 13. Sitzung am 23. März 1815; fehlt in der 35. Sitzung am 20. Mai 1815, der 36. Sitzung am 22. Mai 1815, der 45. Sitzung am 10. Juni 1815. 17. Sitzung am 28. März 1815. 21. Sitzung am 4. April 1815, 22. Sitzung am 5. April 1815, 28. Sitzung am 23. April 1815. 32. Sitzung am 3. Mai 1815. 32. Sitzung am 3. Mai 1815. 34. Sitzung am 18. Mai 1815, 35. Sitzung am 20. Mai 1815, 36. Sitzung am 22. Mai 1815. 34. Sitzung am 18. Mai 1815, 35. Sitzung am 20. Mai 1815, 36. Sitzung am 22. Mai 1815. Die Angaben folgen Treichel (Bearb.), Quellen. Die Originale liegen im ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 4, Fasz. 6 (alt) und Fasz 7 (alt).

339

Hannover Hardenberg Linden

Wintzingerode37

2. Sitzungsperiode Österreich Metternich

Wessenberg Preußen

Hardenberg38 Humboldt 36

37 38

Fehlt in der 9. Sitzung am 7. November 1814, der 11. Sitzung am 12. November 1814, der 12. Sitzung am 14. November 1814 und der 13. Sitzung vom 16. November 1814. Ab der 4. Sitzung am 22. Oktober 1814. Fehlt in der 5. Sitzung am 31. Mai 1815, der 6. Sitzung am 1. Juni 1815 und der 7. Sitzung am 2. Juni 1815.

340

Sachsen

5. Anhang

Schulenburg Globig40

39

Bayern

Rechberg

Hessen-Darmstadt Türkheim

Ab der 3. Sitzung vom 29. Mai 1815 nahmen folgende Delegierte an den Sitzungen teil: Kurhessen Keller Lepel

Sachsen-Weimar-Eisenach Gersdorf44

Sachsen-Gotha-Altenburg und Sach-

Fürsten und Freie Städte41

sen-Meiningen

Keller

Sachsen-Coburg-Saalfeld

Plessen

Minkwitz

Smidt

Fischler von Treuberg

Baden

Baumbach

Minkwitz Berg

Berstett42

Hannover Münster

Hardenberg

Niederlande (Luxemburg) Gagern

Dänemark (Holstein) Bernstorff C. G. Bernstorff J.43 39 40 41 42 43

Fehlt in der 3. Sitzung am 29. Mai 1815. Fehlt in der 5. Sitzung am 31. Mai 1815. Diese Kategorie existiert nur in den ersten beiden Sitzungen – ab der 3. Sitzung erschienen diese Delegierten als Vertreter ihres jeweiligen Territoriums. Fehlt in der 8. Sitzung am 3. Juni 1815, der 9. Sitzung am 5. Juni 1815, der 10. Sitzung am 8. Juni 1815 und der 11. Sitzung am 10. Juni 1815. Ab der 2. Sitzung am 26. Mai 1815.

Sachsen-Hildburghausen

Braunschweig Keller

Mecklenburg-Schwerin Plessen

Mecklenburg-Strelitz Oertzen

Anhalt-Dessau, Anhalt-Bernburg, Anhalt-Köthen Wolframsdorff Nassau

Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieberstein

Schwarzburg-Sondershausen Weise 44

Fehlt in der 5. Sitzung am 31. Mai 1815.

5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses

341

Schwarzburg-Rudolstadt

5.2.4. Schweizer Komitee

Kettelhodt

Zwischen dem 14. November 1814 und

Wiese

zung sind nicht überliefert. Die Teilnehmer

Reuß

Waldeck-Pyrmont Berg

Schaumburg-Lippe

dem 18. März 1815 fanden 18 Sitzungen

statt.45 Die Protokolle der 6. und der 13. Sit-

der 17. Sitzung am 17. März 1815 sind nicht bekannt. Österreich

Wessenberg46

Berg

Metternich47

Helwing

Dalberg48

Lippe-Detmold

Hohenzollern-Hechingen Frank

Hohenzollern-Sigmaringen Kirchbauer

Frankreich

Talleyrand49

Großbritannien Stewart50

Canning51

Wellington52

Liechtenstein

Preußen

Wiese

Humboldt

Maltza(h)n

45

Oldenburg

Hamburg Gries

Bremen Smidt

Lübeck Hach

Frankfurt a. M. Danz

Hardenberg53

46

47 48 49 50 51

52 53

ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 5, Fasz. 9 (alt). Fehlt in der 14. Sitzung vom 20. Februar 1815, der 15. Sitzung vom 5. März 1815 und der 16. Sitzung vom 13. März 1815. Nur in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Ab der 4. Sitzung vom 30. November 1814; fehlt in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Nur in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Fehlt in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Fehlt in der 2. Sitzung vom 15. November 1814, der 4. Sitzung vom 30. November 1814 und der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Nur in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Nur in der 18. Sitzung vom 18. März 1815.

342

Russland

5. Anhang

5.2.6. Bouillon-Kommission

Stein

Eingesetzt von der Fünfer-Konferenz in der

54

9. Sitzung am 6. März 1815.59 Keine Proto-

Kapodistrias55

Razumovskij56

5.2.5. Genua-Kommission

kolle überliefert. Österreich

Eingesetzt durch die Achter-Konferenz am

Rademacher

Österreich

La Besnardière

13. November 1814.

überliefert.58

57

Keine Protokolle

Binder

Frankreich Noailles Genua

Brignole-Sale

Großbritannien Clancarty

Piemont-Sardinien San Marzano 54 55

56 57 58

Fehlt in der 14. Sitzung vom 20. Februar 1815, der 15. Sitzung vom 5. März 1815, der 16. Sitzung vom 13. März 1815 und der 18. Sitzung vom 18. März 1815. Fehlt in der 12. Sitzung vom 19. Dezember 1814. Nur in der 18. Sitzung vom 18. März 1815. HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 2, Faz. 3 (alt), Sitzung vom 13. November 1814, fol. 22r–25r. Aus dem Protokoll der Kommission der Acht geht nicht hervor, wer die Bevollmächtigten Österreichs, Frankreichs und Großbritanniens in dieser Kommission sind. Diese Angaben wurden aus Mayr, Wiener Kongreß, S. 100 übernommen, der seine Quellen für diese Information nicht preisgibt.

Frankreich

Großbritannien Gagern

Preußen Humboldt

5.2.7. Statistische Kommission Zwischen dem 24. Dezember 1814 und

dem 19. Jänner 1815 fanden sechs Sitzungen statt.60

Österreich Wessenberg61

Wacken62 Handel63

Frankreich Dalberg

59 60 61 62 63

HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 21, Fasz. 38 (alt), Sitzung vom 6. März 1815, fol. 113r-115v, 118r. Ebd., Kart. 5, Fasz. 9 (alt). Bis zur 4. Sitzung vom 28. Dezember 1814. Entweder bis zur 2. Sitzung vom 25. Dezember 1814 oder der 3. Sitzung vom 28. Dezember 1814. Ab der 4. Sitzung vom 7. Jänner 1815.

Großbritannien

5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses

Vereinigte Niederlande

Clancarty

Spaen68

Preußen

Türkheim69

Münster

Hessen-Darmstadt

Jordan

Nassau

Hoffmann

Ernst Franz Ludwig Marschall von Bieber-

Russland

stein70

Anstett

64

Bayern

5.2.8. Flussschifffahrtskommission Eingesetzt von der Achter-Konferenzt in der Sitzung vom 14. Dezember 1814.65 Zwi-

schen dem 2. Februar und dem 24. März

Wrede71

Württemberg Linden72

1815 fanden 13 Sitzungen statt.

Hannover

Wessenberg

Hardenberg74

Dalberg

Keller75

66

Österreich

67

Frankreich

Großbritannien Clancarty

Münster73

Hessen-Kassel

Preußen

68

Humboldt

69

64 65

66 67

343

Ab der 3. Sitzung vom 28. Dezember 1814. ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 2, Fasz. 3 (alt), Protokoll vom 14. Dezember 1814, fol. 61r–62r. Ebd., Kart. 5, Fasz. 8 (alt). Fehlt in der 5. Sitzung vom 24. Februar 1815, der 7. Sitzung vom 3. März 1815, der 8. Sitzung vom 14. März 1815, der 9. Sitzung vom 16. März 1815, der 10. Sitzung vom 20. März 1815 und der 13. Sitzung vom 24. März 1815.

70 71 72 73 74 75

Ab der 2. Sitzung vom 8. Februar 1815; fehlt in der 12. Sitzung vom 23. März 1815. Ab der 2. Sitzung vom 8. Februar 1815; fehlt in der 11. Sitzung vom 22. März 1815 und der 12. Sitzung vom 23. März 1815. Ab der 2. Sitzung vom 8. Februar 1815; fehlt in der 11. Sitzung vom 22. März 1815 und der 12. Sitzung vom 23. März 1815. Ab der 2. Sitzung vom 8. Februar 1815; fehlt in der 9. Sitzung vom 16. März 1815, der 11. Sitzung vom 22. März 1815 und der 12. Sitzung am 23. März 1815. Nimmt an der 7. Sitzung vom 3. März 1815 und der 10. Sitzung vom 20. März 1815 teil. Nur in der 12. Sitzung vom 23. März 1815. Nur in der 12. Sitzung vom 23. März 1815. Nur in der 13. Sitzung vom 24. März 1815.

344

5. Anhang

Frankfurt a. M.

5.2.10. Abolitionskommission

Danz

Vier Sitzungen zwischen dem 20. Jänner

76

5.2.9. Rangkommission Eingesetzt durch die Kommission der Acht in der Sitzung vom 10. Dezember 1814.

Keine Protokolle überliefert.

77

Österreich

Wessenberg Spanien

Labrador

Großbritannien Cathcart

Frankreich La Tour du Pin Portugal Palmella

Preußen Humboldt Russland

1815 und dem 8. Februar 1815. Eingesetzt durch die Achter-Konferenz am 16. Jänner 1815.78

Österreich Binder79

Metternich80 Spanien

Labrador

Frankreich Talleyrand

Großbritannien Castlereagh Stewart

Wellington81 Portugal Palmella

Saldanha Lobo

Preußen

Stackelberg

Humboldt

Löwenhielm

Nesselrode

Schweden

Russland

Schweden

Löwenhielm

76 Nur in der 13. Sitzung vom 24. März 1815. 77 HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 2, Fasz. 3 (alt), Protokoll vom 10. Dezember 1814, fol. 39r–40r.

78 79 80 81

Ebd., Protokoll vom 16. Jänner 1815. Ersetzt in der 1. Sitzung am 20. Jänner 1815 Metternich; bis zur 2. Sitzung am 28. Jänner 1815. Ab der 2. Sitzung am 28. Jänner 1815. Ab der 3. Sitzung am 4. Februar 1815.

5.2. Mitglieder der Kommissionen des Wiener Kongresses

5.2.11. Redaktionskommissionen

Großbritannien

Keine Protokolle überliefert.

Clancarty: Mitglied des Komitees

3. Sitzung am 8. Februar 1815.

Humboldt: Mitglied des Komitees

Eingesetzt durch die Fünfer-Konferenz in der 82

Österreich

345

Preußen

Russland

Hudelist

Anstett: Mitglied des Komitees

Frankreich

Eingesetzt durch die Achter-Konferenz in der

La Besnardière

Sitzung am 12. März 1815.84

Großbritannien

Österreich

Clancarty

Gentz: Chefredakteur

Preußen

Spanien

Wacken

Münster

Wessenberg: Mitglied des Komitees

Humboldt

Labrador: Mitglied des Komitees

Russland

La Besnardière: Chefredakteur

Jordan

Kapodistrias Eingesetzt durch die Fünfer-Konferenz in der 9. Sitzung am 6. März 1815.83 Österreich Gentz: Chefredakteur

Wessenberg: Mitglied des Komitees Frankreich

La Besnardière: Chefredakteur

La Tour du Pin: Mitglied des Komitees 82 83

ÖStA, HHStA, St.K. Kongressakten, Kart. 3, Fasz 5 (alt), Sitzung am 8. Februar 1815, fol. 32r-v, 50r-v. Ebd., Kart. 21, Fasz. 38 (alt), Sitzung vom 6. März 1815, fol. 113r-115v, 118r.

Frankreich

La Tour du Pin: Mitglied des Komitees Großbritannien

Clancarty: Mitglied des Komitees Portugal

Saldanha: Mitglied des Komitees Preußen

Humboldt: Mitglied des Komitees Russland

Anstett: Chefredakteur

Stackelberg: Mitglied des Komitees Schweden

Löwenhielm: Mitglied des Komitees 84

Ebd., Kart. 2, Fasz. 3 (alt), Protokoll vom 12. März 1815, fol. 90r–91v.

6. Bibliografie 6.1. QUELLEN 6.1.1. Ungedruckte Quellen Österreichisches Staatsarchiv (ÖStA), Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Staatskanzlei (St.K.), Noten an die Polizeihofstelle (PHSt) 1813–1815, Kart. 4.

ÖStA, HHStA, St.K., Noten von der PHSt, Kart. 30 und 31.

ÖStA, HHStA, St.K., Wissenschaft, Kunst und Literatur 13. ÖStA HHStA, St.K., Kongressakten, Kart. 1–5.

ÖStA, HHStA, Obersthofmeisteramt (OMeA), Kart. 217.

ÖStA, HHStA, Neuere Zeremonialakten (NZA), Kart. 318.

ÖStA, Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA), Hofkammer (HK), Camerale Österreich Fasz. 9/2 1814 Juli.

ÖStA, FHKA, HK, Geh. Präs., Geheimes Präsidialprotokoll, Kart. 27. ÖStA, Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), PHSt 6/1815. 6.1.2. Periodika

Augsburger Allgemeine Zeitung (AZ), Jge. 1814 und 1815. Briefe des neu angekommenen Eipeldauers an seinen Herrn Vettern in Kakran. Mit Noten von einem Wiener, Jge. 1814 und 1815 (Wien 1814–1815). Frankfurter Oberpostamtszeitung, 21. September 1819.

Intelligenzblatt für den Unter-Mainkreis des Königreichs Bayern, Jg. 1833. Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar 1824–1854). Neue Lübeckische Blätter 9, Nr. 48 (1843).

Österreichischer Beobachter (ÖB), Jge. 1814, 1815, 1819, 1824 und 1834. Rheinischer Merkur Jge. 1814 und 1815.

Wiener Zeitung (WZ), Jge. 1814 und 1815. 6.1.3. Quellensammlungen, zeitgenössisches Schrifttum und Memoiren Andreas Willy (Hg.), Politischer Briefwechsel des Herzogs und Großherzogs Carl August von Weimar, 3 Bde. (Stuttgart – Göttingen 1954–1973).

Angeberg Comte d’ [= Codozko Leonard Jakób Boreijko] (Hg.), Le Congrès de Vienne et les

traités de 1815. Précédé et suivi des actes diplomatique qui s’y ratachent. Avec une introduction par M. Capefigue. 3 Bde. (Paris 1863 und 1864).

6.1. Quellen

347

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Brolie Albert Duc de (Hg.), Mémoires du Prince de Talleyrand, Bd. 2 (Paris 1891).

Chapuisat Édouard (Hg.), Au Congrès de Vienne. Journal de Jean-Gabriel Eynard (Paris – Genève 1914).

Coler Christfried (Hrsg.), Erinnerungen 1771–1813. Hermann von Boyen (Berlin 1953).

Consalvi, Ercole, Memoires, avec une introduction et des notes par J. Cretineau-Joly, 2 Bde. (Paris 1865).

Cramer Lucien (Hg.), Correspondance diplomatique de Pictet de Rochemont et de François d’Ivernois. Paris, Vienne, Turin 1814–1816, 2 Bde. (Genf – Paris 1914).

Cramer Lucien (Hg.), Genève et les traités de 1815: correspondance diplomatique de P.

de Rochemont et de François d’Ivernois, Paris, Vienne, Turin, 1814–1816, 2 Bde. (Genf 1914).

Demel Walter, Puschner Uwe (Hgg.), Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. Bd. 6: Von der französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß 1789–1815 (Stuttgart 1995).

Dyroff Hans-Dieter (Hg.), Der Wiener Kongress 1814/15. Die Neuordnung Europas (München 1966).

Egloffstein Hermann (Hg.), Carl Bertuchs Tagebuch vom Wiener Kongress (Berlin 1916).

Ernst Eberhard (Hg.), Talleyrand und der Herzog von Dalberg. Unveröffentlichte Briefe (1816–1832) (Frankfurt a. M. 1987).

Fournier Auguste, Die Geheimpolizei auf dem Wiener Kongress. Eine Auswahl aus ihren Papieren (Wien – Leipzig 1913).

Fournier Auguste, Gentz und Wessenberg. Briefe des Ersten an den Zweiten (Wien – Leipzig 1907).

Freska Friedrich (Hg.), Der Wiener Kongreß. Nach Aufzeichnungen von Teilnehmern und Mitarbeitern (Stuttgart 1914).

Gagern Hans Christoph Ernst, Mein Antheil an der Politik, 5 Bde. (Stuttgart u. a. 1823– 1845).

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Gersdorff Ernst Christian August, Ansicht des Verhältnisses der Erklärung Sr. Majestät des Königs von Hannover Ernst August I. an das Staats-Grundgesetz vom 26. September

1833 „weder in formeller noch materieller Hinsicht gebunden zu seyn“ zu dem öffentlichen Rechte des deutschen Bundes und der Bundesstaaten (Weimar 1837).

Geyger Dr. jur (Hg.), Beiträge zur Geschichte der deutschen Standesherren 1814 und 1815 aus Briefen, Berichten etc. zusammengestellt (Karlsruhe 1868).

Guide des Etrangèrs à Vienne pendant le congrès (o. O., o. J. [Wien 1814]).

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6. Bibliografie

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Marschall von Bieberstein Karl Wilhelm von, Untersuchungen über den Ursprung und die Ausbildung der gegenwärtigen Anordnung des Weltgebäudes (Gießen u. a. 1802).

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tralité, de commerce, de limites, d’échange etc. Conclus par les puissances de l’Europe tant entre elles qu’avec les puissances et Etats dans d’autres parties du monde depuis 1761 jusqu’à présent, 7 Bde. (Göttingen 1791–1801).

Metternich Richard Clemens von (Hg.), Oesterreichs Theilnahme an den Befreiungskriegen.

Ein Beitrag zur Geschichte der Jahre 1813–1815 nach Aufzeichnungen von Friedrich von Gentz (Wien 1887).

Metternich-Winneburg Richard von, Klinkowström Alfons von (Hg.), Aus Metternich’s

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Michailowsky-Danilewsky Alexander Iwanowitsch, Erinnerungen aus den Jahren 1814 und 1815 (Dorpat 1838).

Montet Alexandrine de la Boutètier de Saint-Mars, Souvenirs de la baronne du Montet, 1786–1866 (Paris 1904).

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Nesselrode Karl Robert von, Lettres et papiers du chancelier Comte de Nesselrode, 1760–

1850/1856). Extrait de ses archives, hg. u. komm. v. Graf Anatol von Nesselrode, 11 Bde. (Paris 1904–1912).

6.1. Quellen

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Nostitz Carl, Leben und Briefwechsel (Dresden – Leipzig 1848).

Pallain M. G. (Hg.), Correspondance inédite du prince de Talleyrand et du Roi Louis XVIII pendant le Congrès de Vienne (Paris 21881).

Patzer Franz (Hg.). Wiener Kongreßtagebuch. Wie der Rechnungsbeamte Matthias Franz Perth den Wiener Kongreß erlebte (= Veröffentlichungen aus der Wiener Stadt- und Landesbibliothek 8, Wien – München 1981).

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Personenregister Adolphus Frederick, 1. Duke of Cambridge 246

Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, britischer Prinzgemahl 220

Albertini, Christoph von 31, 100, 197, 271f.

Alexander I. Pavlovič, Zar von Russland 9, 13f., 21, 27, 30–33, 39, 41, 43, 54, 56,

58, 61, 64–66, 68, 70–73, 77, 100–103, 106, 110, 123, 130, 132–134, 141,

148–150, 155, 161f., 165, 171, 173, 198–204, 209–212, 214, 218, 223,

226, 229f., 238, 241, 247–249, 251f., 260–263, 270, 278–281, 285, 288, 291f., 295f., 305, 316f., 323

Alexander II., Zar von Russland 249

Alexander Karadjordjević, Fürst von Serbien 247

Amalie von Hessen-Darmstadt, Markgräfin von Baden 112

Anstett, Johann Protasius von 28, 102f., 199, 212, 249, 260, 288

Anton Aloys, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen 103, 207

Anton Clemens, Erbprinz von Sachsen 45, 104, 159, 230, 231

Arenberg, Philemont von 275

Arenberg, Prosper Ludwig Herzog

Arnstein, Nathan Adam von 74–76, 79, 105, 151, 240, 269, 290

August, Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg 243

Auguste Amalie, Prinzessin von Bayern 109

Augustus Frederick, 1. Duke of Sussex 246

Auvergne, Philippe d’, Herzog von Bouillon 300

Bach, Christoph de 54

Bagration, Katharina Pavlovna Fürstin (Katharina Pavlovna Skavronska-

ja) 77, 106, 195, 203, 210, 260f., 269f., 281, 317, 324

Bagration, Marie-Clementine 106 Bagration, Pjotr Ivanovič 106

Baldacci, Anton Maximilian Dominik von 106

Barbier, Adrian Nicolaus von 107, 198

Baruch, Jakob 108f., 144, 178, 284, 301 Baruch, Simon 108

Baumbach-Nassenerfurth, Carl Ludwig Friedrich August von 109

Beauharnais, Alexandre Vicomte de 109

Beauharnais, Eugène de, ehem. Vizekönig

von Italien 31, 61, 109–111, 127, 152, 183, 210, 269

von 104f., 275

Beauharnais, Stéphanie de 118, 202

191, 199f., 222, 235, 240, 269, 287,

Bentheim-Steinfurt, Alexius Friedrich

Arnstein, Fanny (Franziska) von 74–77,

79, 105, 125, 136, 145, 151, 171, 185, 290, 294, 323

Arnstein, Henriette (Judith) von 76

Beethoven, Ludwig van 54, 111, 147f., 164, 176, 229, 262 zu 112

Bentinck, Wilhelm Gustav Friedrich Graf von 197

374

Personenregister

Berckheim, Karl Christian von 112f., 118,

Boyen, Hermann Ludwig Leopold Gottlieb

Berg, Günther Heinrich von 24, 113f.,

Brentano, Clemens 274, 290

180f., 202, 234, 280

Berckheim, Ludwig Karl 112 171, 246, 284, 316

Berlichingen, Joseph Friedrich Anton Graf von 114f.

Berlinghieri, Daniello 115f., 240

Bernstorff, Andreas Peter Graf von 116f. Bernstorff, Christian Günther Graf

von 24, 116–118, 157, 181, 267, 268

Bernstorff, Elise von 52, 116

Bernstorff, Joachim Frederik Graf von 24, 116–118, 157, 181, 267

Berry, Maria Karolina von Neapel-Sizilien, Herzogin von 215

Berstett (Berstedt), Wilhelm Ludwig Leopold Reinhard von 24f., 112, 118f., 180, 202, 234, 280

Bertuch, Carl 32, 59f., 75, 107, 119, 140, 255

Bertuch, Friedrich Justin 119

Besserer von Thalfingen, Albrecht Theodorich 119f., 263, 324

Billieux von Ehrenfeld, Ursann Konrad Joseph 120f., 146, 245

Binder von Krieglstein, Franz 25, 121 Blücher, Gerhard Leberecht von 309

von 123f.

Braganza, Peter IV. Herzog von 253 Brignole-Sale, Anna Pieri 124

Brignole-Sale, Antonio Giovanni Francesco 25, 124f.

Buchholz, Carl August  125f., 284 Burke, Edmund 169

Busoni, Jean Marie Gaspard 174 Busoni, Marie Victoire 174

Campochiaro, Ottavio Mormile Herzog von 32, 110, 126f., 130f.

Canning, George 131

Canning, Stratford 25, 127f., 132, 134f.

Capellen, Goderd Alexander Gerard Philipp van der 128f., 167, 233, 287

Carême, Marie-Antoine 50, 129f., 295

Cariati, Gennaro Spinèlli Fürst von 32, 126f., 130f.

Carro, Jean de 57

Castlereagh, Amelia Anne Lady 49, 57, 132

Castlereagh, Robert Stewart Viscount 9, 14, 17, 19, 21–23, 26, 37–39, 49f., 55, 73, 82, 95, 110, 127, 131–136, 143,

151f., 165, 167, 170, 238, 248, 292f., 309, 324

Bolivar, Simon 122

Cathcart, William Schaw First Earl of 21,

Bonaparte, Napoleon Franz, König von

Charlotte Augusta von Wales 218

Bollmann, Justus Erich 40, 121f.

Bonaparte, Joséphine 103f., 109, 154, 159 Rom, Prinz von Parma, Herzog von Reichsstadt 44f., 231f.

132–135, 293

Chamisso, Albert von 302

Christian Friedrich Karl Alexander, Markgraf von Ansbach-Bayreuth 184

Boncompagni-Ludovisi Luigi, Fürst von

Clam-Martinic, Karl Johann Graf von 296

Borsch, Gottlob Friedrich Franz von 82,

Clemens Wenzelslaus von Sachsen, Kur-

Piombino 303f.

Börne, Ludwig 108 122f., 220

Clancarty, Richard Le Poer Trench Second Earl of 21, 23, 25, 28f., 131, 134f., 293 fürst von Trier 239, 261

Cobenzl, Johann Ludwig Graf 299

Colloredo, Franz de Paula Karl Graf 299 Consalvi, Ercole marchese 31, 77, 105,

126, 130, 135–137, 188, 190, 246, 258, 274, 281, 308, 311

Cornacchia, Ferdinando 137f. Corsini, Neri Fürst 138f.

Cotta, Johann Friedrich 32, 46, 75, 86f.,

97, 107, 119, 139–141, 256, 290, 302

Curtius, Karl Georg 175

Czartoryski, Adam Jerzy Fürst 32, 141f., 148, 211f., 214, 249, 260

D’Artois, Henri 215

D’Ivernois, François 142f., 152, 255

Dalberg, Emmerich Joseph von 21, 25, 77,

124, 143f., 165, 181, 215, 250, 265, 295

Dalberg, Karl Theodor von 21, 33, 108f., 143, 178, 188, 204, 220, 297, 300f., 307, 311f.

Personenregister

Elisabeth Alexejevna (geb. Louise von

Baden), Zarin von Russland 40, 100, 102, 141, 148f., 180, 202

Elphinstone, George, 1. Viscount Keith 262

Erbach-Erbach, Franz I. Graf von 30, 149f., 195

Erffa, Gottlieb Friedrich von 150

Ernst August I., König von Hannover, Herzog von Braunschweig-Lüneburg, 1. Duke of Cumberland und Teviotdale 246

Ernst August II. Konstantin, Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach 200

Ernst II., Erbprinz von Sachsen-Coburg-Gotha 220

Ernst III., Herzog von Sachsen-Co-

burg-Saalfeld 45f., 145, 150–153, 218, 326

Damian August Philipp Karl, Graf von

Eskeles, Berhard von 76, 151f., 290

Danz, Johann Ernst Friedrich 108, 144,

Eugen, Prinz von Württemberg 323

Limburg-Vehlen-Stirum, Bischof von Speyer 279 178, 197

David, Jaques Louis 195

Degenfeld-Schönburg, Friedrich Christoph Graf von 34, 145, 192, 268, 326

Delfils, Melchior Joseph 120, 145f., 245 Delius, Christian Heinrich 294 Des Arts, Joseph 255

Ditterich von und zu Erbmannszahl, Franz Anton von 82, 146, 277

Dörnberg, Wilhelm von 246

Drais von Sauerbronn, Karl Friedrich Christian Ludwig von 61, 147

Drais von Sauerbronn, Karl Wilhelm Ludwig Friedrich 147

Eichendorff, Joseph von 190

Eichhoff, Johann Joseph 147f., 228

Elisa (Bonaparte), Herzogin von Lucca 152, 227, 261, 303

375

Eskeles, Cäcilie von 76, 151, 290

Esterhazy, Paul III. Anton Fürst 313 Eynard, Anna 47, 72, 74, 152 Eynard, Jaques 152

Eynard, Jean-Gabriel 47, 56–58, 72–75, 79, 142, 152, 255

Felix I., Herzog von Lucca (Baciocchi, Pasquale) 227, 261

Ferdinand Georg August, Prinz von Sach-

sen-Coburg-Saalfeld 46, 151–153, 218

Ferdinand I., Kaiser von Österreich 239 Ferdinand II., König von Portugal 220 Ferdinand III., Großherzog von Toskana 138f., 175

Ferdinand III., König von Sizilien/Ferdinand IV., König von Neapel/Ferdinand

I., König beider Sizilien 32, 126f., 217, 224, 268f., 281

Ferdinand Karl, Erzherzog von Österreich 229

376

Personenregister

Ferdinand VII., König von Spanien 22, 174, 215

Fichte, Johann Gottlieb 242, 282f.

Fischler von Treuberg, Franz Xaver von 151, 153f., 218

Fran[c]k, Franz Anton von 154, 160 Franz I., Kaiser von Österreich 13f.,

21, 41, 44, 54, 58, 64f., 71, 94, 101,

104f., 107, 116, 130, 138, 148f., 151,

153–155, 159, 161, 165, 169f., 180f.,

187, 190, 193, 196, 221, 227, 229, 231, 237–239, 274, 277f., 289, 299, 313, 315–317

Franz Joseph I., Kaiser von Österreich 239, 313

Franz, Herzog von Kalabrien 127

Friederike Luise Wilhelmine Amalie, Prinzessin von Preußen 217

Friederike, Königin von Bayern 180

Friedrich August I. Joseph Maria Anton,

König von Sachsen 45, 94, 104, 158f., 161, 172f., 176, 201, 231, 277f.

Friedrich August III., König von Sachsen 104

Friedrich August, Herzog von Nas-

sau-Usingen 163, 232, 266, 318

Friedrich Franz I., Herzog von Mecklenburg-Schwerin 257f.

Friedrich Günther, Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt 207, 308

Friedrich Hermann Otto, Fürst von Hohenzollern-Hechingen 154, 159f.

Friedrich I., König von Württemberg 42, 115, 140, 149, 155f., 204, 222, 234,

Friedrich Josias von Sachsen-Coburg-Saalfeld 153

Friedrich Karl, Fürst von Wied-Neuwied 168

Friedrich V., Landgraf von Hessen-Homburg 160

Friedrich VI., König von Dänemark  41, 44, 52, 71, 116f., 157f., 162, 267

Friedrich Wilhelm II., König von Preußen 158

Friedrich Wilhelm III., König von Preußen 13f., 21, 27, 41–43, 54, 58, 61,

64–66, 71f., 78, 100f., 112, 117, 123,

150, 161f., 184f., 194f., 199, 209f., 217, 223, 245, 267, 290f., 294, 298, 311f., 316, 319f., 323

Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen 178, 296

Friedrich Wilhelm, Fürst von Nassau-Weilburg 163, 232f., 318

Friedrich Wilhelm, Herzog von Braun-

schweig-Oels 45, 112, 163f., 247, 275f.

Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Hessen-Kassel 320

Friedrich, Erbprinz von Anhalt-Dessau 217, 322

Fries, Moritz Christian Johann Graf von 143, 164f., 287

Fürstenberg, Elisabeth Fürstin zu 30, 145, 165f., 216, 255, 294

Fürstenberg, Karl Egon von 165f., 217

Gagern, Hans Christoph Ernst von 24f., 40, 51, 90, 129, 135, 166–168, 180, 232f., 246, 258, 284, 287, 324

316f., 321–323

Gagern, Heinrich 168

sel 318, 321

Gentz, Friedrich 10, 14–19, 23, 27–29,

Friedrich II., König von Preußen 200, 221 Friedrich II., Landgraf von Hessen-Kas-

Friedrich Joseph Ludwig Carl August, Erb-

prinz von Hessen-Homburg 160f., 282

Gärtner, Franz von 30, 149, 160, 168f., 197, 259, 272, 283, 286, 294

33, 82, 89, 91–93, 95f., 102, 122, 143, 169f., 179, 193f., 212, 256, 274, 290

Personenregister

377

Georg Herzog von Oldenburg 203

Hach, Friedrich 47, 82, 151, 175, 179

Georg Wilhelm, Fürst von Schaum-

Hadamar, Philipp Heinrich 32, 181f., 205,

Georg I., Herzog von Sachsen-Meiningen 150

burg-Lippe 113f., 170f.

Georg, Erbprinz von Mecklenburg-Strelitz 105, 114, 171f., 190, 252

George (IV)., Prinzregent des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland 13, 22, 130, 184

George III., König des Vereinigten Kö-

nigreichs von Großbritannien und Irland 133, 184, 246, 292

Gersdorff, Ernst Christian August

Hacke, Karl von 112, 118, 180f., 202, 234, 280 228

Hager von Alensteig, Franz 87f., 98 Handel, Paul Anton von 182f.

Hardenberg, Ernst Christian Georg Graf von 24, 183, 246, 287

Hardenberg, Karl August Fürst von 14, 21f., 24, 38f., 50, 68, 76, 82, 96, 105,

108, 125, 140, 151, 161, 170, 178, 181, 184f., 191, 194, 198, 208–210, 218, 257f., 283f., 286f., 290f., 294, 302

von 172f., 201

Häser, Charlotte Henriette 303

173, 176, 242, 277f.

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 282

Geymüller, Bankier 121

Globig, Hanns August Fürchtegott von 24, Gneisenau, August Neidhardt von 123, 320

Godefroy, Jean 20, 195

Goethe, Johann Wolfgang von 139, 193, 200, 221, 230, 273, 310, 323

Görres, Joseph 86f., 98, 177

Gössel, Karl Wilhelm 174, 304

Goupy, Guillaume Louis Isidore 174f. Grassini, Giuseppina 309

Gries, Johann Michael 175f.

Griesinger, Georg August von 173, 176, 242, 277

Grimm, Jakob Ludwig Carl 35, 177f., 216 Grimm, Wilhelm 177

Grote, August Otto Graf 125 Gumperz, Julie 108

Gumprecht, Isaak Jakob 108, 144, 178, 284, 301

Günther Friedrich Carl I., Fürst von

Schwarzburg-Sondershausen 308

Gustav IV. Adolf Wasa, ehemaliger König von Schweden 285

Haydn, Joseph 50, 176, 249, 262 Haydn, Michael 249

Heideck (Heidegger), Carl Wilhelm von 185f.

Heilmann, Georg Friedrich 186f. Heinrich XIII., Fürst von Reuß zu Greiz 30, 187f., 315f.

Heinrich XIX., Erbprinz von Reuß zu Greiz 315

Helfferich (Helfrich), Joseph Anton 33, 136, 188, 190, 274, 282, 307f., 311

Helwing, Friedrich Wilhelm 189, 316 Herder, Johann Gottfried 273, 323 Herz, Henriette 193, 273

Hessen-Philippsthal, Ernst Konstantin Erbprinz von 189f.

Hessen-Philippsthal, Ludwig von 190

Hessen-Philippsthal, Wilhelm von 189 Hildebrandt, Johann Lucas von 36

Hofbauer, Klemens Maria 188, 190, 256, 274, 282, 308, 310f.

Hoffmann, E. T. A. 310

Hoffmann, Johann Gottfried 185, 191f. Hohenlohe-Langenburg, Elisabeth

378

Personenregister

zu, Landgräfin von Hessen-Rotenburg 304

Hohenlohe-Schillingfürst, Victor zu 304 Hölderlin, Friedrich 282

Hompesch zu Bolheim, Ferdinand von 240

Hormayr, Joseph 166

Hornstein, Joseph Anton Marquard Fidel von 34, 145, 192, 268, 326

Joseph II., römisch-deutscher Kaiser 151, 154, 299

Kant, Immanuel 169, 290

Kapodistrias, Johannes Anton Graf 23, 25, 28, 152, 186, 199f., 249, 262, 269, 288

Karadjordje (Petrović, Djordje) 247 Karl Aloys zu Fürstenberg 165

Karl Anselm, Fürst von Thurn und Taxis 306

Hrzan von Harras, Franziskus von Pau-

Karl Anton, Fürst von Hohenzollern-Sig-

Humboldt, Caroline von (geb. Dacher-

sen-Weimar-Eisenach 45, 47, 59f.,

la 192

Hudelist, Josef von 28, 192f. öden) 193, 320

maringen 103, 153

Karl August, (Groß-)Herzog von Sach128, 172f., 200f., 203, 230, 323

Humboldt, Wilhelm Christian Karl Ferdin-

Karl Emanuel IV., König von Sardini-

207, 222, 253, 258, 261, 270, 287, 311,

Karl Felix, König von Sardinien 124

and von 14, 21–25, 28, 39, 42, 50f., 67, 78, 105, 122, 161, 169f., 185, 193–195, 320

Isabey, Jean-Baptiste 19f., 195, 295, 307 Isenburg-Birstein, Carl Fürst von 195f., 259

Isenburg-Birstein, Charlotte Auguste Wilhelmine Fürstin von 145, 190, 195f., 255, 259

Jagemann, Franz Christian von 196

Jassoy, Ludwig Daniel 31, 100, 144, 197, 271f.

Jérôme (Bonaparte), König von Westphalen 159, 164, 177, 189, 304, 318, 323

Johann I. Joseph, Fürst von und zu Liechtenstein 30, 197f., 315f.

Johann VI., König von Portugal 22, 250, 253

Johann, Erzherzog von Österreich 166f., 313, 321

Jordan, Johann Ludwig 28, 185, 191, 198f., 210

Joseph (Bonaparte), König von Neapel 126, 130, 269, 309

en 141

Karl Erbprinz von Liechtenstein 198

Karl Friedrich, Erbprinz von Sachsen-Weimar-Eisenach 41, 229

Karl Friedrich, Markgraf/Großherzog von Baden 202, 234

Karl II., Herzog von Braunschweig 247, 275

Karl II., Herzog von Mecklenburg-Strelitz 171f., 252

Karl Joachim zu Fürstenberg 165

Karl Ludwig Friedrich, Großherzog von

Baden 96, 112, 118, 148, 180f., 202, 208, 234, 279

Karl Ludwig von Spanien, (ehemaliger) Erbprinz von Etrurien 174f., 216

Karl Ludwig, Erbprinz von Baden 112, 202

Karl Theodor Maximilian, Prinz von Bayern 202f., 224, 236, 263, 324

Karl Theodor, Pfalzgraf und Kurfürst von der Pfalz, Kurfürst von Bayern 236

Karl Wilhelm Ferdinand, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel 163, 184

Karl Wilhelm, Fürst von Nassau-Usingen 232

Karl X., König von Frankreich 195, 212, 261, 305

Karl XIII., König von Schweden 22, 223f.

Personenregister

Konstantin, Erbprinz von Hohenzol-

379

lern-Hechingen 160

Kopitar, Bartholomäus 177

Kościuszko, Andrzej Tadeusz Bonawentura 211f.

Karl XIV. Johann, König von Schwe-

Kotzebue, August von 147

Karoline Amalie von Hessen-Kassel, Herzo-

La Besnardière, Jean Baptiste de Gouey

den 157, 175, 224

Karl, Erzherzog von Österreich 71, 204

gin von Sachsen-Gotha-Altenburg 243

Karoline Auguste, Prinzessin von Bayern,

Kronprinzessin von Württemberg 317

Katharina I., Zarin von Russland 106

Katharina II., Zarin von Russland 148, 155, 210f., 213f., 221, 280, 288

Katharina Pavlovna, Großfürstin von

Russland, verwitw. Herzogin von Ol-

denburg 41, 148, 203f., 226, 317, 322

Katharina, Prinzessin von Württemberg, Königin von Westphalen 323

Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton 239

Keller, Dorotheus Ludwig Christoph Graf von 24, 46, 114, 177, 204f., 219, 319

Kesselstadt, Franz Graf von 32, 181f., 205f., 228

Ketelhodt, Carl-Gerd von 206, 283

Ketelhodt, Friedrich Wilhelm von 9, 206f. Kirchbauer, Franz Aloys von 207f. Kleist, Heinrich von 242, 290 Klüber, Friedrich Adolf 208

Klüber, Johann Ludwig 46, 112, 140, 208f. Knesebeck, Karl Friedrich von dem 27, 209f.

Koháry, Marie Antonie Gabriele von 153 Kolowrat-Liebensteinsky, Franz Anton von 239

Konstantin Alexander Joseph, Fürst zu Salm-Salm 257

Konstantin Pavlovič, Großfürst von Russland 41, 142, 210f., 214, 218

Kraskowitsch, Professor 54

Kutusov, Michail Illarionovič 241 de 25, 28, 102, 212

La Fayette, Marie-Joseph Motier Marquis de 121, 214

La Garde de Chambonas, Victor Scipione Charles August de 213

La Garde, Auguste Louis Charles Comte de 48, 213

La Harpe, Frédéric-César de 31, 100f., 213f., 244, 255, 265

La Tour du Pin Gouvernet, Frédéric Séraphin Graf von 21, 28, 143, 214f., 250, 282, 295

Labrador, Gómez Havelo Pedro marqués

de 21, 28f., 37, 49, 174, 215f., 218, 269

Laßberg auf Eppishausen, Joseph Maria Christoph von 165f., 216f., 283

Leiningen, Emich Karl Fürst von 277 Leopold Friedrich, Erbprinz von Anhalt-Dessau 217

Leopold II., römisch-deutscher Kaiser 45, 158, 230, 286, 314

Leopold III. Friedrich Franz, Herzog von Anhalt-Dessau 217

Leopold Johannes Josef Michael, Prinz von Bourbon-Neapel/Salerno 32, 217f., 269, 281

Leopold, Großherzog von Baden 119

Leopold, Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld 46, 151, 153, 218–220

Lepel, Georg Ferdinand von 177, 205, 219f., 319

380

Personenregister

Leyen, Philipp Fürst von der, Graf zu

Hohengeroldseck und Herr zu Nievern 122f., 220

Ligne, Charles Joseph Fürst de 63, 80, 152, 221

Linden, Franz Joseph Ignaz von 24, 156, 222, 321

Lippe-Detmold, Ludwig Erbprinz von 189 Lippe-Detmold, Pauline Fürstin von 189

Lobo da Silveira Joaquim, Graf von Oriola (auch Oriolla) 21, 223, 253, 270

Louis Ferdinand, Prinz von Preußen 251 Louis-Philippe, König von Frankreich 261, 296

Louise Eleonore von Hohenlohe-Langenburg, Herzogin von Sachsen-Meiningen 150

Mappes, Johann Heinrich Ludwig von 32, 181f., 205, 228f.

Maria Beatrice d’Este, Erzherzogin von

Österreich, Herzogin von Massa und Carrara 229

Maria Carolina, Königin von (Neapel-)Sizilien, Erzherzogin von Österreich 268

Maria Crescenzia von Hohenzollern-Sigmaringen 153

Maria Fjodorovna (geborene Sophie

von Württemberg), Zarin von Russland 100, 155

Maria II., Königin von Portugal 254

Maria Klementine, Erzherzogin von Österreich 218

Maria Kunigunde von Sachsen, Fürstäbtissin von Essen und Thorn 146, 277

Löwenhielm, Carl Axel Graf von 17, 21,

Maria Ludovika Beatrix von Öster-

Ludwig I., Großherzog von Hes-

Maria Luisa von Spanien, (ehemalige)

28, 223f.

Ludwig I., Großherzog von Baden 181 sen-Darmstadt 225, 300, 314

Ludwig III., Großherzog von Hessen und bei Rhein 226

Ludwig V. Joseph von Bourbon, Prinz von Condé 299

Ludwig XVI., König von Frankreich 195, 250, 298f.

Ludwig XVIII., König von Frankreich 22, 144, 212, 250f., 261, 285, 295f.

Ludwig, Erbprinz von Bayern 186, 190, 203, 224f., 236, 263f., 298, 317, 324

Ludwig, Erbprinz von Hes-

sen-Darmstadt 225f., 300

Luise von Mecklenburg-Strelitz, Königin von Preußen 297f.

Lullin, Ami 255

Maltza(h)n, Hans Albrecht von 203, 226f. Männer, Professor 54 Mansi, Ascanio 227

reich-Este, Kaiserin von Österreich 41, 148, 193, 229

Königin von Etrurien 137, 139, 152, 174f., 215f., 224, 227, 232

Maria Pavlovna, Großfürstin von Russland 41, 201, 203f., 229f.

Maria Theresia von Österreich, Erbprin-

zessin von Sachsen 45, 104, 159, 230f.

Maria Theresia, „Kaiserin“, Königin von

Böhmen und Ungarn, Erzherzogin von Österreich 221

Marie Antoinette, Erzherzogin von Österreich, Königin von Frankreich 298

Marie Luise, Erzherzogin von Österreich,

ehem. Kaiserin der Franzosen 21, 44f., 110, 124, 129, 136, 138f., 143, 175, 193, 216, 227, 229, 231f., 237, 278, 310, 313

Marschall von Bieberstein, Ernst Franz

Ludwig 51, 129, 163, 167, 177, 232– 234, 266, 287, 291

Marschall von Bieberstein, Karl Wilhelm 112f., 118, 177, 180f., 202, 233–235, 280, 301

Martens, Georg Friedrich von 235f., 287 Maximilian I., Kaiser 68

Maximilian I. Joseph, König von Bay-

ern 42, 56, 109–111, 150, 203, 218, 224, 236f., 263, 285, 324

Maximilian II. Joseph, König von Bayern 225

Maximilian Joseph von Österreich-Este, Erzherzog von Österreich 241

Metternich-Winneburg-Beilstein, Klemens Wenzel Lothar Fürst von 9, 12–14, 17, 19, 21f., 24, 29, 34, 36–39, 58, 66, 72f., 77f., 82, 87, 90, 101, 105f., 108, 121f., 125, 127, 131f., 136, 139f., 143, 151,

155, 159, 169f., 178, 180–182, 193f., 200, 205f., 216, 218, 220, 227, 229,

231, 233, 237–240, 250, 256–258, 261, 268–270, 273f., 277–279, 281, 283f.,

289, 293, 307, 311–313, 316, 324, 326

Metternich-Winneburg, Franz Georg Karl Fürst von 237, 239f.

Miari, Antonio 115, 240f.

Michael I., König von Portugal 253

Michailovski-Danilevski, Alexander Ivanovič 33, 43, 241f.

Migazzi, Christoph Anton Graf von 192

Miloš Obrenović, Fürst von Serbien 248 Miltitz, Dietrich von 173, 176, 242, 277

Minkwitz, Friedrich August von 24, 114, 172, 201, 243

Montenach, Jean François Joseph Nicolas de 31, 243f., 265, 315

Montesquieu, Charles de Secondat Baron de 45, 221

Montet, Alexandrine de la Boutètiere de Saint-Mars Baronin 65, 244f.

Montet, Joseph de Fisson du 245

Personenregister

381

Montez, Lola (Gilbert, Elizabeth Rosanna) 225

Montgelas, Maximilian Graf von 37, 225, 236, 264, 324

Moreau, Charles 195 Morel, Rosalie 202

Mösl, Joseph Edler von Moosthal 120, 146, 245

Müller, Adam 16, 177 Muller, Pierre 306

Münster, Ernst Friedrich Graf zu 24, 28,

114, 168, 183, 245–247, 258, 276, 311

Murat, Antoinette 103

Murat, Joachim, König von Neapel 32, 46, 110, 124, 126f., 130f., 136f., 139, 159, 216–218, 236, 268f., 281

Murray, Sophia Amelia 223

Napoleon I., Kaiser der Franzosen 11, 14,

19, 21, 24, 26–28, 31f., 37, 39, 41f., 44f., 65, 70f., 76, 78, 85f., 91f., 95, 100–105,

107, 109f., 112, 115, 117, 123f., 127–131, 135f., 138f., 141, 143f., 148, 150, 154,

156, 158–161, 163–166, 169–171, 175,

183–187, 189, 193, 195, 197–199, 201f., 205, 211f., 214–218, 220f., 225–232,

236–238, 243, 248, 250–253, 259–262,

264, 267, 269–272, 275, 278–281, 283f., 287, 289– 291, 293, 295, 297, 302–305,

308f., 311, 313–317, 319, 321, 323–325

Napoleon III., Kaiser von Frankreich 195 Narbonne-Lara, Louis Marie de 121 Negroni, Andrea 135

Neipperg, Adam Albert Graf von 232

Neipperg, Leopold Joseph Johann Nepomuk Graf von 113

Nenadović, Jakuv 247

Nenadović, Matija 32, 247f.

Nesselrode-Ereshoven, Karl Robert Graf von 14, 21, 23, 29, 96, 102f., 199, 248f., 258, 260, 262, 288

382

Personenregister

Neukomm, Sigismund 50, 249f., 295

Neveu, Franz Xaver von, Fürstbischof von Basel 245

Nikolaus Pavlovlič, Großfürst von Russ-

land, Zar von Russland 124, 211, 249

Noailles, Louis-Joseph-Alexis Graf von 21, 25, 143, 215, 250f., 295

Nostitz, Johann Karl Georg von 43f., 251, 310

Novalis (Hardenberg, Georg Philipp Friedrich von) 242

Oertzen, August Otto Ernst von 171, 252, 284

Ortlöpp, Emilie 320

Otto Friedrich Ludwig, König von Grie-

Pius VI., Papst 136

Pius VII., Papst 31, 136f., 281, 306, 312

Plessen, Leopold Engelke Hartwig von 24, 114, 257f., 284

Pohl, Karl Friedrich 196, 259

Portland, William Henry Cavendish-Bentinck Herzog von 131

Potocki, Stanisław Kostka 259f.

Pozzo di Borgo, Carlo Andrea 260f., 288

Rademacher, Franz Karl Ludwig 25, 261f. Razumovskij, Andrej Kirillovič Graf 21, 23, 111, 199, 249, 262f., 288

Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver Graf von 24, 180, 225, 237, 263f., 324

chenland 186

Reinhard, Hans von 31, 244, 264f., 315

Paoli, Pasquale 260

Reventlow, Christiane von (verehelichte

Palmella, Souza-Holstein Pedro de Graf von 21f., 223f., 253f., 270

Paul I., Zar von Russland 100, 106, 141, 155, 211, 248, 262, 304

Pauline von Hohenzollern-Hechingen 51 Perez de Castro Chevalier 49

Perth, Matthias Franz 61, 95, 254

Peter Friedrich Ludwig, Prinzregent von Oldenburg 114, 226

Petin, Marie-Anne-Sophie 203

Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, Wilhelm Herzog von 263

Philipp, Prinz von Hessen-Homburg 282 Philippine, Landgräfin von Hessen-Kassel 321

Pichler, Caroline 254f., 294

Pictet de Rochemont, Charles 72, 142, 152, 255f.

Pictet de Rochemont, Marc-Auguste 255 Pilat, Joseph Anton 84, 88, 256f.

Pilgram, David Heinrich Gottfried von 257

Pitt, William d. J. 131, 133f.

Reitzenstein, Sigismund von 234f. Rengger, Johann Albrecht 265f. Hardenberg) 184

Richelieu, Armand Emmanuel du Plessis, Herzog von 261

Riedesel zu Eisenbach, Karl Ludwig 266, 294

Rodde, Mattheus 125

Roentgen, Gottfried August Leonhard 266 Rohan, Jean Alain Gabriel de 300

Rosenkrantz, Niels Baron 34, 116f., 157, 267f.

Rothschild, Brüder 108, 178

Rothschild, James Mayer 130

Rousseau, Jean-Jaques 221, 310

Rüdt von Collenberg, Wilhelm Ludwig 34, 145, 192, 268, 326

Ruffo dei principi della Scaletta, Frà Alvaro 32, 218, 268f., 281

Rumjancev, Nikolai Petrović 248 Saaling, Marianne 76

Sagan und Kurland, Pauline von 159

Sagan, Wilhelmine Herzogin von 77f.,

106, 159, 164, 210, 269f., 293, 295f.

Saldanha da Gama, António de 21, 28, 223, 253, 270f.

Salis-Sils, Vincenz von 31, 100, 197, 271f. Salis-Zizers, Rudolf Graf von 100

Salis, Daniel (Soglio) 31, 100, 197, 271f. Salm-Kyrburg, Amalie Zephyrine 103

Salm-Kyrburg, Friedrich IV. Ernst Otto Philipp Fürst von 30, 112, 168, 272

San Marzano, Filippo Antonio, marchese de Asinari di 25, 117, 183, 273

Sand, Karl Ludwig 147 Savini, Guido 115

Scharnhorst, Gerhard von 123, 323

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 139

Schiller, Friedrich von 139, 193, 230, 322 Schinkel, Karl Friedrich 194

Schlegel, August Wilhelm 274

Schlegel, Friedrich 121, 177, 188, 190,

Personenregister

383

Serracapriòla, Maresca Antonino Herzog von 32, 106, 218, 269, 280f.

Severoli, Antonio Gabriele 31, 77, 136, 240, 261, 269, 274, 281f.

Sinclair, Isaac von (Pseudonym: Crisalin) 160, 282f.

Smidt, Johann 24, 114, 151, 175, 252, 256, 283f.

Smith, William Sidney Sir 56, 284f.

Solms-Laubach, Friedrich Ludwig Christian Graf zu 30, 145, 166, 261, 286f., 294

Spaen van Voorstonden, Gerrit Karel Baron 128, 167, 233, 287f.

Stackelberg, Gustav Ernst Graf von 21, 28, 73, 199, 249, 262, 288

Stadion-Warthausen, Johann Philipp Karl Joseph Graf von 34, 107, 122, 149,

182, 196, 222, 237f., 246, 279, 281, 287, 289, 312

256, 273f., 282, 308

Staegemann, Elisabeth 290

ipp 104, 275

Stanislaus II. August Poniatowski, König

Schleiermacher, Friedrich 273

Schmaus(s) de Livonegg, Karl Phil-

Schmidt-Phiseldeck, Wilhelm Justus Eberhard von 46, 205, 246, 275f.

Schmitz, Michael Ludwig 276f.

Schönfeld, Johann Hilmar Adolph Graf von 176

Schubert, Franz 164

Schulenburg-Klosterroda, Friedrich Albert Graf von der 24, 117, 159, 173, 176, 242, 277f.

Schuppanzigh, Ignaz 262

Schwarzenberg, Felix Fürst zu 313

Schwarzenberg, Karl Philipp Fürst zu 27, 101, 278f.

Sensburg, Ernst Philipp (von) 112, 118, 180, 202, 234, 279f.

Staegemann, Friedrich August 289f.

Staël, Anne Louise Germaine de 121, 310 von Polen 211

Stein, Heinrich Friedrich Karl Freiherr

vom und zum 25, 51, 57, 67, 70, 78f., 161, 165–167, 170, 184f., 187, 193,

232–234, 242, 246, 257, 274, 283, 286, 291f., 317, 320

Sternberg, Gundaker Thomas Graf von 257

Stewart, Charles William Lord 21, 25, 39, 55, 127, 131, 134f., 270, 292f.

Stolberg-Wernigerode, Henrich Graf zu 58, 266, 293f.

Sturrock of Portaferry, William 131

Talleyrand-Périgord, Charles-Maurice

de 15f., 19, 21f., 50, 73, 78, 96, 101, 121, 129, 130, 136, 143f., 151–153,

384

Personenregister

159, 166f., 170, 180, 212, 215f., 218,

231, 244, 250f., 261, 265, 269f., 282, 294–296, 314f.

Talleyrand-Périgord, Dorothea de 50, 78f., 159, 270, 295f.

Talleyrand-Périgord, Edmond Graf de 50, 295f.

Thugut, Johann Amadeus Franz von 299 Thulemeyer, Friedrich Wilhelm von 198 Thurn und Taxis, Karl Alexander Fürst

Vrints-Berberich, Alexander Konrad von 297f., 306f.

Wacken, Nikolaus 19, 28, 183, 307

Wambold zu Umstadt, Franz Christoph

von 33, 136, 188, 190, 274, 282, 307f., 311

Weise, Ludwig Wilhelm Adolph von 308 Wellington, Arthur Wellesley Herzog

von 21, 23, 27, 39, 50, 103, 105, 132, 135, 151, 159, 218, 285, 292, 309f.

von 297f., 306f.

Werner, (Friedrich Ludwig) Zacha-

306f.

Wessenberg-Ampringen, Ignaz Heinrich

Thurn und Taxis, Therese Fürstin von

(geb. Mecklenburg-Strelitz) 30, 297f.,

Tolstoi, Leo 305

Trauttmansdorff-Weinsberg, Ferdinand Fürst von und zu 52, 66, 155, 298f.

Trémoille, Charles Bretagne Marie Joseph Prinz von Tarent, Herzog von 299f.

Türkheim zu Altorf, Johann von 24, 40, 225f., 300f.

Uffenheimer, Götz (Gottfried) Gabriel 108, 144, 178, 284, 301

Uhland, Ludwig 302

Varnhagen von Ense, Karl August 48, 59, 122, 181, 251, 302f.

Varnhagen von Ense, Rahel 48, 302f.

Veltheim, August Ferdinand Graf von 275 Vera, Giuseppe 303f.

Victor Amadeus, Landgraf von Hessen-Rotenburg 174, 304

Victoria, Königin des Vereinigten König-

reichs Großbritannien und Irland 218

Viktor Emanuel I., König von Sardinien-Piemont 256

Volkonskij, Petr Mikhajlovič Fürst 27, 39, 44, 304f.

Voltaire (Arouet, François-Marie) 221 Vorster, Pankratz 305f.

rias 190, 255f., 310f.

Wessenberg-Ampringen, Alois 312

von 33, 188, 190, 281, 307, 311f.

Wessenberg-Ampringen, Johann Philipp von 21f., 24f., 28, 33, 182, 258, 281, 311–313

Westphalen zu Fürstenberg, Clemens August Reichsgraf von 314

Wied-Neuwied, Johann August Karl Fürst zu 112, 168, 266

Wieland, Christoph Martin 221, 230, 273, 323

Wieland, Johann Heinrich 31, 244, 265, 314f.

Wiese, Georg Walter Vincenz von 188, 198, 315f.

Wilhelm Friedrich Karl, Erbprinz von

Württemberg 140, 156, 204, 225, 298, 316f.

Wilhelm Georg August Heinrich Belicus, Erbprinz von Nassau 163, 318

Wilhelm I., König der Niederlande, Prinz

von Oranien-Nassau 128f., 166–168, 287f.

Wilhelm I., Kurfürst von Hessen-Kas-

sel 45, 166, 177, 196, 204f., 219f., 318–320

Wilhelm VIII., Landgraf von Hessen-Kassel 318

Wilhelm, Erbprinz von Hessen-Kassel 319f.

Wilhelm, Prinz von Preußen 42f., 320f. Wilhelmina Luisa, Prinzessin von Hes-

sen-Darmstadt (Natalia Alexejevna, Prinzessin von Russland) 262

Wintzingerode, Georg Ernst Levin Graf von 24, 156, 222, 321f.

Wolframsdorff, Wolff Carl August von 217, 322

Wolters, Josephine 44, 305

Wolzogen, Ludwig von 76, 322f.

Wrbna-Freudenthal-Kageneck, Flora Gräfin von 326

Wrede, Karl Philipp Fürst von 24, 119f.,

186, 203, 225, 237, 263, 317, 323–325

Personenregister

385

Wurmser, Dagobert Sigmund von 145 Zeerleder, Ludwig von 325

Zichy-Ferraris, Maria Wilhelmine (Molly) Gräfin 325f.

Zichy-Ferraris, Melanie 326

Zichy-Vásonykeő, Julie Gräfin von 162, 225, 298, 317

Zichy, Franz Graf von 325

Zobel zu Giebelstadt, Friedrich Karl von 34, 145, 192, 268, 326





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