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German Pages 166 [172] Year 1927
Ergebnisse der Aerodynamischen Versuchsanstalt zu Göttingen tpl.*3ng. Dr. phii. A.Betz a. o. Professor an der Universität Göttingen
III. Lieferung M i t 149 A b b i l d u n g e n im T e x t
München und Berlin 1 9 2 7 Druck und Verlag von R. Oldenbourg
Alle Rechte, einschließlich des Übersetzungsrechtes, vorbehalten Copyright 1927 by R. Oldenbourg, München und Berlin
Vorwort. Die hiermit vorliegende III. Lieferung unserer „Ergebnisse" erscheint wesentlich später, als wir ursprünglich gehofft hatten. Die Verzögerung wurde hervorgerufen durch die Arbeiten f ü r die Neugründung der Abteilung f ü r Strömungsforschung sowie durch die dauernd steigende Inanspruchnahme der Versuchsanstalt durch auswärtige Aufträge. Beide Umstände wirkten sich gemeinsam dahin aus, daß wiederholt starke Personalvermehrungen vorgenommen werden mußten. Die neuen Hilfskräfte kamen naturgemäß f ü r die Abfassung der Berichte zunächst nicht in Frage, und die mit dem Gegenstand besser vertrauten dienstälteren Mitarbeiter waren neben ihren eigentlichen Verpflichtungen auch durch das Anlernen der neuen Mitarbeiter stark in Anspruch genommen. So mußte die Abfassung der Berichte und ihre Vorbereitung für den Druck leider verschoben werden, bis die Entwicklung der Anstalt wieder in etwas ruhigere Bahnen gekommen war. Die IV. Lieferung, f ü r die schon allerhand Versuchsmaterial fertig vorliegt, hoffen wir nunmehr der III. in kürzerem Abstände folgen lassen zu können. Was die Weiterentwicklung der Anstalt seit dem Abschluß der II. Lieferung betrifft, so muß vor allem auf die bereits erwähnte Neugründung einer besonderen Abteilung für allgemeine Strömungsforschung hingewiesen werden. Diese Abteilung war schon vor dem Kriege geplant gewesen, hat aber erst im J a h r e 1923 in Auswirkung eines Rufes an die Technische Hochschule München, den der Erstunterzeichnete erhalten hatte, verwirklicht werden können. Den Bemühungen der Kaiser Wilhelm-Gesellschaft gelang es trotz der damaligen besonders ungünstigen Verhältnisse (es war gerade in der schwierigen Zeit der Stabilisierungskrise), die Mittel hierfür von der Reichsverwaltung und von einem privaten Gönner, Herrn Generaldirektor Dr. W. Hoene in Berlin, zu bekommen. Bei der Einweihung des Neubaues am 16. Juli 1925 wurden beide Laboratorien zu dem „Kaiser Wilhelm-Institut f ü r Strömungsforschung" zusammengefaßt. In die Leitung teilen sich die beiden Unterzeichneten in der Weise, daß der Erstunterzeichnete neben der Oberleitung des Ganzen speziell die neue Abteilung f ü r Strömungsforschung leitet, der Zweitunterzeichnete dagegen neben einer Teilnahme an den Direktionsgeschäften vor allem die Aerodynamische Versuchsanstalt selbständig f ü h r t . Als Abteilungsleiter sind Dipl.-Ing. J . Ackeret in der Abteilung für Strömungsforschung und Dipl.-Ing. R. Seiferth in der Aerodynamischen Versuchsanstalt tätig. Das gesamte Personal besteht z. Z. aus 55 Köpfen, von denen 6 der Verwaltung, 13 der gemeinsamen Werkstatt, 26 der Aerodynamischen Versuchsanstalt und 10 der Abteilung für Strömungsforschung angehören. Über die Entstehung des vorliegenden Heftes ist zu sagen, daß die Hauptarbeit bei der Herstellung der Texte, der Tabellen und Abbildungen sowie bei den Korrekturen usw. in Händen von Herrn Dipl.-Ing. R. Langerlag, dem f ü r seine mühevolle und sorgfältige Arbeit hier gedankt sei. Einige Beiträge stammen von J . Ackeret (Nr. III, 7), R. Seiferth (Nr. III, 15e und 17), 0 . Schrenck (Nr. I, 4 und III, 3) und von den Herausgebern (Nr. I, 1, 2, 3 u. 5 von Prandtl und Nr. I, 6, II, 1, 2 u. III, 9 von Betz). Der Inhalt gliedert sich wieder in lehrhafte theoretische Darlegungen, Beschreibungen von Versuchseinrichtungen und in Versuchsberichte, welche den Hauptteil der Lieferung ausmachen; ein Literaturverzeichnis schließt sich an. Von den Versuchen, deren Ergebnisse hier mitgeteilt werden, ist etwa die Hälfte unter der Leitung von Herrn R. Seiferth ausgeführt worden (III, 2, 4, 5, 10, 11, 14, 1 5 c - ^ e , 17, 18), die anderen unter derjenigen der Herren J . Ackeret (Nr. III 3, 6, 7, 8, 15b), F. Nagel (III, 9, 20), A. Betz ( I I I , 12, 19), 0 . Schrenck ( I M 13), C. Wieselsberger (III, 15a), R. Langer (III, 16, 21, 22).
Vorwort. Bezüglich der Versuchsberichte mag hier erwähnt werden, daß wieder wie in der I. Lieferung die Eigenschaften einer größeren Reihe von Profilen mitgeteilt werden. Dabei sind jetzt statt der großen Profilbilder Zahlentabellen der Profilkoordinaten nach der in anderen Ländern bereits üblich gewordenen Art mitgeteilt. Für die wichtigeren Profile der I. Lieferung sind diese Tabellen ebenfalls hier mitgeteilt, was erwünscht sein dürfte. Von den übrigen die Flugzeuge betreffenden Versuchen seien die über Flügel mit Ausschnitten, über Flügel mit Endscheiben, über Flügel mit Klappen und Spalt, über die Beeinflussung von Tragflügeln durch Motorgondeln und schließlich die Untersuchungen einiger ganzer Flugzeugmodelle hervorgehoben. Aus anderen Fachgebieten finden sich Versuche über Windräder, über Winddruck auf Bauwerke, über den Luftwiderstand von elektrischen Schnellbahnzügen u. a. Ein Bericht über neuere Versuche mit rotierenden Zylindern, der ebenfalls in diese Lieferung kommen sollte, mußte leider zurückgestellt werden, da die Versuche bisher noch nicht haben abgeschlossen werden können. Ältere Untersuchungen an rotierenden Zylindern sind bereits, an anderer Stelle veröffentlicht (s. Literatur-Verzeichnis B, Nr. 66, 76, 86, 91 und 96). Den Versuchsberichten haben wir wieder einige lehrhafte Darlegungen, die zum Teil in enger Beziehung zu den Versuchen der Lieferung stehen, vorausgeschickt und hoffen damit den Beifall der Leser zu haben. Ein Verzeichnis von Druckfehler-Berichtigungen zur 1. und II. Lieferung findet sich auf S. 166. Der Verlagsbuchhandlung sei wieder für die auf den Druck verwendete Sorgfalt bestens gedankt. G ö t t i n g e n , im November 1926.
L. Prandtl.
A. Betz.
Inhaltsverzeichnis. I. Theoretischer Teil 1. 2. 3. 4. 5. 6.
Über den Reibungswiderstand strömender Luft Über Wirbelablösung und deren Verhinderung Über den Einfluß der Stromlinienkrümmung auf den Auftrieb von Doppeldeckern Theoretisches über die Joukowsky-Profile Der induzierte Wideretand von Flügeln mit Endscheiben Theoretisches über Windräder
Seite 1 6 9 13 17 19
II. Neue Vereuchseinrichtungen. 1. Kleine Drehstrommotoren zum Antrieb von Modellpropellern 2. Wirbelstrombremse
21 24
III. Versuchsergebnisse 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.
16. 17. 18. 19. 20. 21. 22.
Aufmäße der Flügelprofile Neuere Profiluntersuchungen Messungen von Joukowsky-Profilen Messung eines Profils bei Anstellwinkeln von 0 bis 360° Profilmessungen bei negativen Anstellwinkeln Messungen an Profilen mit abgeschnittener Hinterkante Profilwiderstande zweier dünner Profile bei verschiedenen Kennwerten Messungen an Flügeln mit Ausschnitten Untersuchungen an Flügeln mit Endscheiben Untersuchung eines Flügels mit geteiltem Profil Messungen an drei Höhenleitwerken Untersuchungen an Flügeln mit Klappen und Spalt Rauhigkeitseinflüsse an Tragflügeln Beeinflussung von Tragflügeln durch Motorgondeln Untersuchungen einiger Flugzeugmodelle a) Segelflugzeug „Vampyr" b) Segelflugzeug „Greif" c) Schwansloses Weltensegler-Flugzeug d) Rohrbach Zweimotoren-Landflugzeug e) Flugzeugmodell mit Propeller Untersuchungen über Druckverteilungen an gestaffelten Flügelgittern Untersuchungen von Windrädern Winddruckmessungen an einem Gasbehälter Messungen von Brückenträgern Messungen von Profilträgern Untersuchungen von Windschutzgittern Untersuchungen an einem Schnellbahnwagen
Literaturverzeichnis
26 33 59 78 79 82 87 92 95 99 102 107 112 115 118 120 122 123 125 132 139 144 146 151 157 161 165
2
I. T h e o r e t i s c h e r
Teil.
haben, sondern hier nur formal a u f t r e t e n , während in Wirklichkeit lediglich die Strömungsverhältnisse in der Nähe der W a n d für die W a n d r e i b u n g bestimmend sind. Umgekehrt läßt sich dann auch erwarten, daß die Geschwindigkeitsverteilung in der Nähe der W a n d durch das Reibungsgesetz allein bestimmt ist. Dieser Leitgedanke h a t sich als sehr f r u c h t b a r erwiesen. Um ihn in Formeln auszudrücken, wird man nach Größen suchen, die noch übrigbleiben, wenn weder ul noch r in den Formeln auft r e t e n sollen. Zunächst läßt sich eine Geschwindigkeit C rechnerisch aus der S c h u b s p a n n u n g r definieren, indem man setzt n
D a m i t ergibt sich die R e i b u n g s w i d e r s t a n d s z a h l cf, wenn noch die Reynoldssche Zahl der Fläche von der Länge /, 91 =
' e i n g e f ü h r t wird, zu c, = 0,072
(12)
Dieses Gesetz ist durch die Versuchsergebnisse überraschend gut bestätigt. Es k a n n natürlich n u r d a n n zutreffen, wenn bereits n a h e an der V o r d e r k a n t e der t u r b u l e n t e S t ö r u n g s z u s t a n d ein1»
4
I. Theoretischer Teil.
t r i t t . Bei den Versuchen von Wieselsberger, ü b e r die in der I. Lieferung, S. 121 bis 126 b e r i c h t e t w u r d e , ist dieses der Fall. Die V e r s u c h s p u n k t e f ü r die sechsmal zellonierten, mit Stoff b e s p a n n t e n F l ä c h e n ( Z a h l e n t a f e l n 151 bis 154 d. I. Lief.) w e r d e n bei den niedrigen u n d m i t t l e r e n R e y n o l d s s c h e n Z a h l e n d u r c h Gl. (12) g u t w i e d e r g e g e b e n ; bei den h ö c h s t e n R e y n o l d s s c h e n Zahlen dagegen e r g e b e n sich A b w e i c h u n g e n von derselben A r t , wie sie beim R o h r w i d e r s t a n d g e g e n ü b e r d e m Blasiusschen Gesetz a u f t r e t e n . Der Z a h l w e r t 0,072 in Gl. (12), der a u s einer nicht völlig g e n a u e n A b s c h ä t z u n g e r h a l t e n ist, wird d a b e i auch geringe Ä n d e r u n g e n e r f a h r e n d ü r f e n . Die obigen Wieselsbergerschen V e r s u c h e w e r d e n a m besten d u r c h die Formel c, = 0,074 91
'"
(12a)
dargestellt. Bei den Versuchen von Gebers 1 ) u n d ä h n l i c h e n Versuchen, bei d e n e n g u t z u g e s c h ä r f t e P l a t t e n d u r c h W a s s e r g e s c h l e p p t w u r d e n , h a t m a n in d e m der V o r d e r k a n t e z u n ä c h s t befindlichen Teil noch k e i n e T u r b u l e n z , s o n d e r n die S t r ö m u n g ist hier l a m i n a r u n d der W i d e r s t a n d wesentlich kleiner als n a c h F o r m e l (12). Die Theorie 2 ) liefert f ü r den Fall, d a ß die S t r ö m u n g längs der g a n z e n P l a t t e l a m i n a r ist, die Formel v
c, = 1,327 9t vi
Diese ist bis zu einem k r i t i s c h e n W e r t 9t' von 9? = — e t w a bei 5 0 0 0 0 0 liegt.
3
'
(13)
) gültig, der bei den Gebersschen V e r s u c h e n
F ü r größere 91 ist v o n der V o r d e r k a n t e bis /' =
m u n g , v o n d o r t ab t u r b u l e n t e S t r ö m u n g .
laminare Strö-
N i m m t m a n an, d a ß die R e i b u n g im t u r b u l e n t e n Teil
n a c h d e m s e l b e n Gesetz v e r t e i l t ist, d a s wir f ü r den Fall der von v o r n an t u r b u l e n t e n
Strömung
a b g e l e i t e t h a b e n , so k o m m t die Ä n d e r u n g d u r c h den l a m i n a r e n A n f a n g s t e i l d a r a u f h i n a u s , d a ß in
d i e s e m T e i l , also auf die L ä n g e /', eine W i d e r s t a n d s v e r m i n d e r u n g e n t s t e h t , die einer Ver-
m i n d e r u n g v o n cf von d e m W e r t von Formel ( 1 2 a ) auf den von Formel (13) e n t s p r i c h t , beide W e r t e f ü r 91 = 9t' g i n o m m e n . In d e m W e g a n z e P l a t t e h a t diese W i d e r s t a n d s v e r m i n /' e r t cf f ü r d i9t' d e r u n g einen Anteil im V e r h ä l t n i s —, w o f ü r auch geschrieben w e r d e n k a n n . F ü r 9t > 9t' ist also von
dem
c^Wert
9t' abzuziehen, was mit cn — cn = 0 , 0 0 3 5 u n d 9t D a m i t e r h ä l t m a n f ü r die t u r b u l e n t e R e i b u n g s s t r ö m u n g
nach Gl. (12a) (cn—c/2)
9t' = 4 8 5 0 0 0 den B e t r a g 1700/9t ergibt. mit l a m i n a r e m Anlauf die Formel
•
c, = 0,074/9t V ' — 1700/9? *)
(14)
S t a t t des W e r t e s 1700 k a n n in einem a n d e r e n Fall mit geringerer oder größerer k r i t i s c h e r R e y n o l d s s c h e r Zahl (z. B. v e r u r s a c h t d u r c h größere oder kleinere A n f a n g s t u r b u l e n z ) a u c h ein anderer Zahlenwert auftreten. Die Formel (14) s t i m m t sehr befriedigend mit den Gebersschen W e r t e n , so d a ß auch diese eine B e s t ä t i g u n g der hier v o r g e b r a c h t e n G r u n d a n s c h a u u n g liefern. In A b b . 2 sind die drei Gesetze ( 1 2 a ) , (13) u n d (14) d u r c h die Linien I, H u n d I I I w i e d e r g e g e b e n ; dabei sind die oben e r w ä h n t e n Wieselsbergerschen Messungen an sechsmal zellonierten S t o f f f l ä c h e n in L u f t , die von Gebers an g e s c h l e p p t e n G l a s p l a t t e n in W a s s e r u n d a u ß e r d e m eine Versuchsreihe von Blasius 5 ) mit in W a s s e r g e s c h l e p p t e n Messingstreifen a u f g e t r a g e n , die die kleineren R e y n o l d s s c h e n Zahlen d e c k t ; bei ihr ist f ü r d e n F o r m w i d e r s t a n d ein A b z u g von 0,0006 an j e d e m einzelnen ^ - W e r t g e m a c h t , was die Ü b e r e i n s t i m m u n g v e r b e s s e r t u n d a u c h sachlich b e r e c h t i g t ist. Schiffbau IX (1908). *) Blasius, Z. f. Math. u. Phys. 1908, S. 1 u. f. ») Für die Geschwindigkeit u1 werde von jetzt ab wieder das bei Widerstandsaufgaben gewohntere v geschrieben! 4 ) Die Nachrechnung des Schnittpunktes der ^ - K u r v e n nach Gl. (13) und (14) ergibt die genaueren Werte 9t' = 487000, cu = 0,00539, cu = 0,00190, cu — ct, = 0,349. s ) Siehe Fußnote 1, S. 1.
5
1. Über d e n R e i b u n g s w i d e r s t a n d s t r ö m e n d e r Luft.
Die v o r s t e h e n d e n B e t r a c h t u n g e n s t a m m e n aus dem H e r b s t 1920. Es war bei der I. Lieferung nur noch möglich, hierüber eine kurze Berichtigung (S. 136) h i n z u z u f ü g e n , da der übrige T e x t schon g e d r u c k t war. In dieser Berichtigung ist unsere Formel (14) mit ein wenig a n d e r e n Zahlenwerten e n t h a l t e n . Die ganzen Fragestellungen, die mit dem Gesetz von der 7. Wurzel z u s a m m e n h ä n g e n , sind d a m a l s auch von Prof. v. K a r m a n , Aachen, aufgegriffen worden. Er hat in der Zeitschr. f ü r angew. Math. u. Mech. Bd. 1 (1921), S. 233f., d a r ü b e r berichtet. Ein wertvoller experimenteller Beitrag zur Frage des R e i b u n g s w i d e r s t a n d e s s t r ö m e n d e r Luft ist inzwischen in der in dem B u r g e r s schen L a b o r a t o r i u m in Delft e n t s t a n d e n e n Dissertation von V a n d e r H e g g e Z i j n e n erschienen (Thesis, Delft 1924), vgl. auch J . M. B u r g e r s , Proc. of t h e I. I n t e r n . Congress for applied mechanics, Delft 1924, S. 113f. Dort S. 128 weitere L i t e r a t u r ! 10"
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I: c f ' 0 , 0 7 t / f ö l t . I c f - 0 , 0 7 q / t ö i - 1 7 0 0 / X ;
M cf1,327/\fM.
Abb. 2.
Die hier geschilderten Verhältnisse, die sich z u n ä c h s t auf ebene P l a t t e n beziehen, lassen auch Rückschlüsse auf den R e i b u n g s w i d e r s t a n d an Tragflügeln zu. Dieser wird im allgemeinen immer e t w a s größer sein als der der ebenen P l a t t e n , da die Geschwindigkeit bei den Tragflügeln ungleichmäßig verteilt ist, u n d das Mehr an den Stellen großer Geschwindigkeit durch d a s Weniger an denen kleiner Geschwindigkeit nicht ausgeglichen wird. I m m e r h i n lohnt sich ein Vergleich. Herv o r z u h e b e n ist, d a ß die normalen Flügelmessungen (30 m/s Geschwindigkeit u n d 20 cm Flügeltiefe) eine Reynoldsche Zahl von rd. 420000 ergeben, also einen W e r t , bei dem die z u g e s c h ä r f t e n P l a t t e n gerade einen sehr kleinen W i d e r s t a n d ergeben. Es ist d a h e r zu e r w a r t e n , d a ß Flügelmessungen bei einem etwa drei- bis viermal höheren K e n n w e r t , wie sie z. B. in der I. Lieferung, S. 54 bis 62, beschrieben sind, in bezug auf den R e i b u n g s w i d e r s t a n d wesentlich zuverlässiger sind. Neue Versuche ü b e r den Profilwiderstand von Flügeln, a b h ä n g i g vom K e n n w e r t , finden sich in dieser Lieferung u n t e r Nr. III, 7. Über r a u h e Oberflächen mögen folgende Bemerkungen g e n ü g e n : Die B r e m s u n g der S t r ö m u n g ist hier s t ä r k e r , infolgedessen ist der Reibungswiderstand durchweg höher als bei g l a t t e n Flächen (schwach r a u h e Oberflächen können sich allerdings, besonders bei den geringeren R e y n o l d s s c h e n Zahlen, als „ s t r ö m u n g s t e c h n i s c h g l a t t " erweisen, wenn die Rauhigkeiten ganz in den l a m i n a r fließenden Streifen e i n g e b e t t e t bleiben; bei höheren R.sehen Zahlen, wo dieser Streifen d ü n n e r wird, können sich solche R a u h i g k e i t e n durch v e r m e h r t e n W i d e r s t a n d bemerklich machen). Die Widers t a n d s z a h l von s t a r k r a u h e n Oberflächen ist im allgemeinen fast u n a b h ä n g i g von der Reynoldsschen Zahl, vgl. I. Lieferung, Abb. 75, S. 123 (Stofffläche mit abgesengten F a s e r n ) ; es h a n d e l t sich hier eben u m eine Art von F o r m w i d e r s t a n d ; dagegen ist die W i d e r s t a n d s z a h l von dem Verhältnis B u c k e l g r ö ß e : O b j e k t g r ö ß e abhängig, wie sich auch aus den Versuchen über K a n ä l e mit r a u h e n W ä n d e n 1 ) ergibt. Es wäre auch hier möglich, aus den Kanalversuchen auf den R e i b u n g s w i d e r s t a n d von P l a t t e n zu schließen, doch mag an dieser Stelle eine B e m e r k u n g d a r ü b e r u n t e r b l e i b e n , bis die Gesetze f ü r den W i d e r s t a n d r a u h e r P l a t t e n besser erforscht sind, als dies zurzeit der Fall ist. Vgl. Hopf u n d F r o m m , Z. f. a n g e w . Math. u. Mech. 3 (1923), S. 3 2 9 u n d 339.
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1. Theoretischer Teil.
2. Über Wirbelablösung und deren Verhinderung. F ü r d a s Z u s t a n d e k o m m e n des a u s D r u c k u n t e r s c h i e d e n h e r r ü h r e n d e n W i d e r s t a n d e s v o n u m s t r ö m t e n K ö r p e r n sind die a n ihnen g e b i l d e t e n W i r b e l v o n a u s s c h l a g g e b e n d e r B e d e u t u n g . Die E n t s t e h u n g solcher W i r b e l h ä n g t eng mit der d u r c h R e i b u n g v e r z ö g e r t e n F l ü s s i g k e i t s s c h i c h t z u s a m m e n , die den u m s t r ö m t e n K ö r p e r wie ein Kleid u m g i b t . Diese R e i b u n g s s c h i c h t ist d e n s e l b e n b e s c h l e u n i g e n d e n u n d v e r z ö g e r n d e n D r u c k u n t e r s c h i e d e n u n t e r w o r f e n , die auf die u n g e s t ö r t e S t r ö m u n g a u ß e r h a l b e i n w i r k e n . W i r d die ä u ß e r e S t r ö m u n g d u r c h ein D r u c k g e f ä l l e in i h r e r Beweg u n g s r i c h t u n g b e s c h l e u n i g t , so e r f a h r e n a u c h die g e b r e m s t e n w a n d n a h e n S c h i c h t e n einen A n t r i e b in der R i c h t u n g , in der sie sich schon b e w e g e n ; die S t r ö m u n g wird also ihren W e g längs der K ö r p e r o b e r f l ä c h e f o r t s e t z e n . B e s t e h t d a g e g e n ein D r u c k g e f ä l l e e n t g e g e n d e r S t r ö m u n g s r i c h t u n g , so w i r d die freie S t r ö m u n g d a d u r c h v e r z ö g e r t . Die w a n d n a h e n S c h i c h t e n h a b e n b e r e i t s eine k l e i n e r e G e s c h w i n d i g k e i t ; sie w e r d e n z w a r d u r c h die R e i b u n g v o n d e r ä u ß e r e n S t r ö m u n g nach v o r w ä r t s weiter g e s c h l e p p t , d u r c h d a s e n t g e g e n s t e h e n d e D r u c k g e f ä l l e a b e r g e h e m m t . Ist dieses s t a r k g e n u g , so k o m m e n sie, d a i h r e k i n e t i s c h e Energie b a l d a u f g e z e h r t ist, z u r U m k e h r u n d s t r ö m e n n u n e n t g e g e n d e r d a r ü b e r w e g g e h e n d e n ä u ß e r e n S t r ö m u n g z u r ü c k (vgl. A b b . 3). D a i m m e r n e u e s g e b r e m s t e s M a t e r i a l d a s s e l b e Schicksal erleidet, e n t s t e h e n in sehr k u r z e r Zeit A n s a m m l u n g e n v o n F l ü s s i g k e i t , die d u r c h die R e i b u n g in D r e h u n g Abb. 3. v e r s e t z t i s t ; diese g e s t a l t e n schnell a l s , . W i r b e l " die g a n z e S t r ö m u n g in der W e i s e u m , d a ß der D r u c k a n s t i e g , d e r die B i l d u n g des W i r b e l s v e r a n l a ß t h a t , z u m V e r s c h w i n d e n k o m m t , oder w e n i g s t e n s s e h r v e r r i n g e r t wird. Meist erfolgt d a s in der Weise, d a ß sich d e r F l ü s s i g k e i t s s t r o m v o n der K ö r p e r o b e r fläche ablöst u n d einen m e h r o d e r m i n d e r „ t o t e n R a u m " h i n t e r d e m K ö r p e r z u r ü c k l ä ß t . Die Bildfolge v o n A b b . 6 zeigt die E n t s t e h u n g der A b l ö s u n g bei e i n e m K r e i s z y l i n d e r . Eine e t w a s a n d e r e Rolle spielen die R e i b u n g s v o r g ä n g e in d e m Fall einer t r a n s v e r s a l b e s c h l e u n i g t e n S t r ö m u n g , wie sie z. B. in g e k r ü m m t e n R o h r e n a u f t r i t t . Hier b e s t e h t ein D r u c k g e f ä l l e q u e r z u r S t r ö m u n g s r i c h t u n g (zur Ü b e r w i n d u n g der „ Z e n t r i f u g a l k r a f t " ) , die A b l e n k u n g der e i n z e l n e n Flüssigkeitsteile in diesem Druckgefälle ist a b e r je nach i h r e r G e s c h w i n d i g k e i t v e r s c h i e d e n ; die v e r l a n g s a m t e R e i b u n g s s c h i c h t wird d e m n a c h s t ä r k e r a b g e l e n k t als die K e r n s t r ö m u n g n e b e n ihr, sie fließt d a h e r längs der W ä n d e nach der I n n e n s e i t e des B o g e n s hin. Dieser V o r g a n g v e r u r s a c h t also A n s a m m l u n g e n l a n g s a m e r e r Flüssigkeit auf d e r I n n e n s e i t e des Bogens, u n d w e n n er a u c h h ä u f i g zu keiner A b l ö s u n g f ü h r t , so stellt er doch eine Quelle v e r m e h r t e r R e i b u n g s v e r l u s t e d a r . D a n ä m l i c h die u r s p r ü n g l i c h e R e i b u n g s s c h i c h t seitlich w e g g e f ü h r t w i r d , m u ß sich a n i h r e r Stelle i m m e r w i e d e r eine neue bilden. In den v o r s t e h e n d e n E r ö r t e r u n g e n ist d a s D r u c k g e f ä l l e wie ein u n a b h ä n g i g von der Flüssigk e i t s s t r ö m u n g b e s t e h e n d e s K r a f t f e l d b e h a n d e l t . F ü r die B e t r a c h t u n g der T e i l v o r g ä n g e ist dies wohl e r l a u b t , g e n a u g e n o m m e n ist a b e r die D r u c k v e r t e i l u n g selbst w i e d e r ein E r z e u g n i s d e r S t r ö m u n g s v o r g ä n g e ; diese wechselseitige V e r k n ü p f u n g m a c h t die r e c h n e r i s c h e B e h a n d l u n g v o n h y d r o d y n a m i s c h e n A u f g a b e n so v e r w i c k e l t u n d b e w i r k t , d a ß m a n in der H a u p t s a c h e n u r solche A u f g a b e n r e c h n e r i s c h b e h e r r s c h t , bei d e n e n es wie bei den P o t e n t i a l s t r ö m u n g e n gelingt, die d y n a m i s c h e n B e z i e h u n g e n z u n ä c h s t d u r c h rein g e o m e t r i s c h e zu e r s e t z e n . Bei a n d e r e n A u f g a b e n wird m a n auf d a s E x p e r i m e n t angewiesen bleiben, sobald m e h r als q u a l i t a t i v e A u s k ü n f t e v e r l a n g t w e r d e n . Die Frage nach den M i t t e l n z u r V e r m e i d u n g d e r W i r b e l b i l d u n g u n d d e r Abl ö s u n g d e r S t r ö m u n g g e h ö r t j e d o c h zu d e n e n , in d e n e n u n s e r e A u f f a s s u n g w e r t v o l l e qualit a t i v e Fingerzeige zu geben i m s t a n d e ist. D a s E i n f a c h s t e ist die V e r w e n d u n g von g e n ü g e n d s c h l a n k e n F o r m e n (wie sie bei L u f t s c h i f f k ö r p e r n , bei F l u g z e u g t r a g f l ü g e l n usw. üblich sind). Hier sind die D r u c k a n s t i e g e in der S t r ö m u n g s r i c h t u n g nicht s e h r g r o ß , so d a ß die S c h l e p p w i r k u n g der ä u ß e r e n S t r ö m u n g auf die innere g e n ü g t , u m sie vor R ü c k S t r ö m u n g e n zu b e w a h r e n . Man weiß, d a ß diese „ g e s u n d e S t r ö m u n g " bei F l u g z e u g t r a g f l ü g e l n n u r e i n t r i t t , w e n n der Anstellwinkel nicht zu g r o ß ist, s o n s t „ r e i ß t die S t r ö m u n g a b " ,
2. Über Wirbelablösung und deren Verhinderung.
7
was in unserer Anschauung bedeutet, daß der Druckanstieg der gesunden Strömung auf der Saugseite des Flügels so groß geworden ist, daß in der Reibungsschicht RückStrömungen aufgetreten sind, und daß hierdurch die ganze Strömung so umgestaltet worden ist, daß sie jetzt auf der Saugseite nicht mehr anliegt, sondern hier einen Totraum oder Wirbelraum zwischen sich und dem Flügel läßt. Ähnliches gilt für ein Luftschiff mit einem zu stumpf ausgebildeten Hinterende. Wesentlich ist noch die folgende Bemerkung: Wenn, wie dies bei kleinen Kennwerten (kleinen Reynoldsschen Zahlen) der Fall ist, die Reibungsschicht überall laminar strömt, dann gelingt es nur sehr schwer, eine Strömung gegen einen Druckanstieg zum Anliegen zu bringen, da jetzt die Schleppwirkung der äußeren Strömung auf die Reibungsschicht ungemein schwach ist. Ist dagegen die Reibungsschicht selbst turbulent, dann ist eine viel größere Schleppwirkung vorhanden, und die Überwindung von Druckanstiegen ist jetzt wesentlich besser möglich. Die Flugzeugtragflügel und auch bereits die Modelle von solchen sind immer in diesem letzteren Zustand. Es ist aber wichtig zu wissen, daß man grobe Abweichungen in bezug auf das Abreißen der Strömung bekommt, wenn man unter die Grenze herunterkommt, unter der die Reibungsschicht laminar bleibt. Bei Tragflügeln ist diese Grenze wesentlich niedriger als bei den ebenen Platten (etwa % davon, schwankend nach dem Grade der Turbulenz des Versuchsluftstromes). Der plötzliche Abfall der Widerstandszahl von Zylindern, Kugeln und Ellipsoiden (vgl. II. Lieferung, Abb. 24, 26 u. 27) hängt ebenfalls mit dem Turbulentwerden der Reibungsschicht zusammen. Durch die zunehmende Schleppwirkung rückt die Ablösungsstelle von etwas vor der Mitte der Kugel usw. ziemlich weit nach hinten, wodurch sich das Wirbelgebiet wesentlich verkleinert und der Widerstand heruntergeht. Eine rauhe Oberfläche vermehrt die Bremsung der Reibungsschicht; dadurch wird der Einfluß der Schleppwirkung heruntergesetzt, die Ablösungsstelle rückt wieder mehr nach vorne, und der Widerstand der Kugel usw. wird wieder vergrößert. Um die Wirbelbildung auch bei stumpfer geformten Körpern zu vermeiden, gibt es verschiedene Mittel, die sich allerdings leider oft nicht anwenden lassen. Ein äußerst wirksames Mittel besteht darin, daß man die Körperoberfläche in der Strömungsrichtung mit der Luft mitlaufen läßt, so daß sie nirgends langsamer läuft als die Strömung. In diesem Fall kommt nirgends eine Bremsung der Strömung zustande, und es können sich daher auch keine Wirbel entwickeln. Der Versuch mit zwei sich berührenden entgegengesetzt umlaufenden Zylindern (vgl. Abb. 4) hat dies durchaus bestätigt.
Abb. 4.
Abb. 5.
Nimmt man einen einzigen umlaufenden Zylinder, so wird bei genügender Umlaufgeschwindigkeit der eine der beiden Wirbel völlig unterdrückt, nämlich der auf der Seite, wo die Wandbewegung in Richtung der Strömung erfolgt, während der andere Wirbel sich voll entwickelt. Das Endergebnis dieses Vorganges, der durch Abb. 7 veranschaulicht wird, ist eine Umströmung des Zylinders entsprechend Abb. 5, die nun auch aufrechterhalten bleibt, da sich jetzt jedes Wandelement in der Richtung der Strömung bewegt 1 ). Mit der Strömung nach Abb. 5 ist ein sehr starker Quertrieb verbunden (die Quertriebsziffer ist hierfür theoretisch An = 12,57, praktisch etwas weniger). Bei geringeren Umfangsgeschwindigkeiten würde die Strömung nach Abb. 5, bei der die größte Geschwindigkeit (oben am Zylinder) das Vierfache der Zustromgeschwindigkeit ist, der Wand voreilen, ') Vgl. die Abhandlungen Lit.-Verz. B. 6 6 u. 76.
8
I. T e o r e t i s c h e r Teil. f
.
( ß
J
J
-
t
S t r ö m u g s z u s t a n d an einem Zylirier zu Beginn der Strömung.
H f e
-
2
Abb. 6 : Nicht Dtierender Zylinder. Abb. 7: Rotiereder Zylinder, wobei die Uirangsgeschwindigkeit gleich i f a c h e r Strömungsgeshwindigkeit ist.
Ja**'*-' —*"
|
"-im.
1 • -
...
11
• " f
i•A-ijAgayy ..
, -aö^
« i 4«. )
Abb. 6.
1
u/r
=
0.
Abb. 7.
u / r = 4.
9
3. Über den Einfluß der Stromlinienkrümmung auf den Auftrieb von Doppeldeckern.
es kommt dann wieder zu Wirbelbildung, der Quertrieb wird geringer. Bei noch größerer Umfangsgeschwindigkeit scheint sich ein umlaufender Flüssigkeitsring um den rotierenden Zylinder zu legen; der Quertrieb geht dabei, wenn auch nicht sehr viel, noch über den obigen Betrag hinaus. Eine andere, häufiger anwendbare Methode zur Vermeidung der Wirbelbildung besteht darin, daß man die Reibungsschicht an den Stellen, wo sie durch Bildung von Ansammlungen von zum Stellen gekommenem Material Anlaß zur Ablösung von Wirbeln geben würde, durch Absaugen nach dem Körperinnern entfernt. Der Versuch zeigt, daß man tatsächlich auch durch dieses Mittel die Wirbelbildung weitgehend vermeiden und also wesentlich stumpfere Formen verwenden kann, als es sonst möglich wäre 1 ). Die zum Absaugen aufgewandte Arbeit ist dabei nicht groß, da es sich um relativ kleine Mengen handelt, die abgesaugt werden müssen. Man hat auch versucht, durch Ausstoßen von Luftstrahlen in der Richtung der Strömung die verzögerten Schichten längs der Körperoberfläche wieder anzutreiben. Da es sich hier sozusagen um eine Verstärkung der „Schleppwirkung" handelt, müßte auch hier eine günstige Wirkung festzustellen sein. Die Versuche zeigen aber, daß die für einen günstigen Erfolg aufzuwendenden Energiemengen hier viel größer sein müssen als bei der Absaugemethode. Bisher hat von verschiedenen versuchten Anordnungen dieser Art nur der „Düsenflügel" oder „Spaltflügel" nach Handley-Page-Lachmann praktische Bedeutung gewonnen. Der durch den Spalt fließende Luftstrom hebt die Reibungsschicht des Vorderflügels ab und macht sie dadurch für den Hinterflügel unschädlich. An diesem bildet sich eine neue Reibungsschicht, die zunächst dünn ist und die unter der Schleppwirkung des aus dem Spalt kommenden Strahls genügend vorwärts getrieben wird. Auf diese Weise kann man auf der Oberseite des Hinterflügels einen Unterdruck erhalten, der mindestens so groß ist, wie der eines gewöhnlichen Flügels, und der Vorderflügel, dessen Hinterkante in der Zone des tiefsten Unterdrucks des Hinterflügels steht, kann dadurch einen noch wesentlich tieferen Unterdruck ertragen, ohne daß die Strömung abreißt. Bei mehreren Spalten sind die möglichen Unterdrücke des vorderen Flügels noch größer, doch wächst damit auch der Energie-' aufwand für die Luftstrahlen, der in dem Widerstand des Systems zur Geltung kommt.
3. Über den Einfluß der Stromlinienkrümmung auf den Auftrieb von Doppeldeckern. Bei den in Nr. IV, 4, der II. Lieferung mitgeteilten Doppeldeckerversuchen hatte es sich gezeigt, d a ß die Umrechnung vom Eindecker zum Doppeldecker für die Ermittlung des induzierten Widerstandes mit einem anderen Wert von x zu erfolgen hat als für die des Anstellwinkels®). Nennt man den letzteren Wert x', so ist also, mit Zeiger E für den Eindecker und Zeiger D für den Doppeldecker, - , P F , w (
•
Ca /*'/„_ l b,y
n
,
)
3
F„ \ ) b*j
w
Nach der Theorie der tragenden Linien müßte x' — x sein. Die Zahlentafel 45, S. 39 der II. Lieferung zeigt aber zwischen den aus den Versuchen ermittelten Werten von x und x' große Abweichungen, und zwar ist x' durchweg größer als x. Es ist dort bereits ausgesprochen, daß die Stromlinienkrümmung, die ein Flügel am Orte des anderen hervorbringt, für diese Abweichung verantwortlich zu machen sei, und in einer während der Korrektur zugefügten Fußnote konnte noch mitgeteilt werden, daß inzwischen der rechnerische Nachweis hierfür geglückt sei. Es handelt sich um ' ) Vgl. Lit.-Verz. B, Nr. 82, 89 und 98. 2 ) Die gleiche Feststellung ist schon früher von M. Münk gemacht worden, vgl. seine Veröffentlichung in T.B. II, S. 187 (Lit.-Verz. der I. Lief. C, Nr. 24). ®) Alle Winkel in dieser Abhandlung sind im „ B o g e n m a ß " gemessen. Winkel im Gradmaß werden 180° a u s Winkeln im Bogenmaß durch Multiplikation mit = 57,3° erhalten.
n
1. Theoretischer Teil.
10
die D i s s e r t a t i o n von H e r r n N. K . B o s e ( N r . 6 4 des L i t e r a t u r v e r z e i c h n i s s e s der I I . Lieferung), die einstweilen nur in m a s c h i n e n g e s c h r i e b e n e n E x e m p l a r e n in der S t a a t s b i b l i o t h e k in Berlin und d e r U n i v e r s i t ä t s b i b l i o t h e k in G ö t t i n g e n zugänglich ist, v o n der a b e r noch ein Auszug in der Z e i t s c h r . für a n g e w . M a t h e m a t i k und M e c h a n i k erscheinen soll.
Im folgenden wird das h a u p t s ä c h l i c h s t e
E r g e b n i s dieser A r b e i t , so weit es für den P r a k t i k e r Interesse b e s i t z t , dargelegt werden. Die A u f g a b e b e s t e h t aus zwei T e i l e n , einmal den A u f t r i e b eines Tragflügels zu e r m i t t e l n , der in einer g e k r ü m m t e n S t r ö m u n g s t e h t , und dann die K r ü m m u n g zu b e r e c h n e n , die ein Flügel des D o p p e l d e c k e r s a m O r t des a n d e r e n h e r v o r b r i n g t . zu dem g e s u c h t e n E r g e b n i s .
Die V e r b i n d u n g dieser beiden B e z i e h u n g e n f ü h r t
F ü r d e n e r s t e n Teil l ä ß t sich eine Ü b e r l e g u n g ganz ähnlich derjenigen
a n g e b e n , die in der T r a g f l ü g e l t h e o r i e üblich ist.
D a s E l e m e n t eines Flügels 1 ) befinde sich in einer
a b s t e i g e n d e n S t r ö m u n g ; d a n n ist der w i r k s a m e A n s t e l l w i n k e l gleich dem geometrischen Anstellwinkel m i n u s dem Neigungswinkel der S t r ö m u n g .
A n a l o g k a n n m a n a n n e h m e n : Das
eines Flügels b e f i n d e sich in einer S t r ö m u n g von der K r ü m m u n g
Element
1 / / ? ' , dann ist die w i r k s a m e
P r o f i l k r ü m m u n g gleich der geometrischen P r o f i l k r ü m m u n g minus 1 ¡R'.
Die R i c h t i g k e i t dieser B e -
ziehung l e u c h t e t ein f ü r den F a l l , d a ß die g e o m e t r i s c h e K r ü m m u n g und die K r ü m m u n g der S t r ö mung übereinstimmen.
In diesem F a l l e wird das g e k r ü m m t e Profil in der g e k r ü m m t e n S t r ö m u n g
ebenso darin s t e h e n wie eine e n t s p r e c h e n d e e b e n e P l a t t e (bzw. das e n t s p r e c h e n d e s y m m e t r i s c h e Profil) in einer g e r a d e n S t r ö m u n g ; im F a l l des A n s t e l l w i n k e l s 0 wird hier ein A u f t r i e b nicht zu e r w a r t e n sein.
F ü r m ä ß i g e K r ü m m u n g e n v o n S t r ö m u n g und Profil wird die obige B e z i e h u n g wenig-
s t e n s als N ä h e r u n g s f o r m e l r i c h t i g sein. Die A b h ä n g i g k e i t des A u f t r i e b s v o n der P r o f i l k r ü m m u n g bei f e s t g e h a l t e n e m l ä ß t sich aus s y s t e m a t i s c h e n P r o f i l m e s s u n g e n h e r l e i t e n .
Anstellwinkel
Hier m a g es a b e r genügen, die aus den
K u t t a s c h e n R e c h n u n g e n f ü r die u n e n d l i c h lange d ü n n e , k r e i s f ö r m i g gewölbte P l a t t e in der reibungslosen Flüssigkeit h e r g e l e i t e t e
Näherungsformel Ca
zu b e n u t z e n .
=
2
«
n
+
(3)
ß
In dieser ist « der Anstellwinkel der P r o f i l s e h n e und ß der Zentriwinkel des Kreisbogenprofils. •
Nun ist (vgl. A b b . 8 )
t/2
ß
also mit der An= ' 2 R n ä h e r u n g , die den S i n u s gleich
sin
dern B o g e n s e t z t , ß
=
wird Ca
Für
den
=
2 71 «
+
Flügel
in
t R
damit
t 4
R
gekrümmter
S t r ö m u n g m u ß nach d e m V o r h e r gehenden Abb. 8.
R
—
'
R
an Stelle
von
1 / R geschrieben werden. D a b e i ist a n g e n o m m e n , d a ß « , für das b e i m
Abb. 9.
endlich langen T r a g f l ü g e l der „ w i r k s a m e A n s t e l l w i n k e l " einzusetzen ist, bereits b e k a n n t sei.
Bei der
E r m i t t l u n g von « k o m m t a b e r , wie sich zeigt, die K r ü m m u n g noch einmal herein. D u r c h die K r ü m m u n g ist n ä m l i c h die Neigung der S t r ö m u n g an den v e r s c h i e d e n e n S t e l l e n des Profils verschieden. Es mag e r l a u b t sein, den A u f t r i e b des induzierenden Flügels (2), also des anderen Flügels, der das Geschwindigkeitsfeld
in der U m g e b u n g des b e t r a c h t e t e n Flügels ( 1 ) s t ö r t , als auf einer Linie k o n -
z e n t r i e r t a n z u n e h m e n ; d a n n ist in der V e r t i k a l e b e n e durch diese Linie die induzierte Geschwindigkeit WJJ v o r h a n d e n , die von der bisherigen M e h r d e c k e r t h e o r i e geliefert wird ( I I . Lieferung, Nr. I I I , 1). ' ) Unter Element wird hier ein FlOgelstück von der vollen Flügeltiefe, aber von nur geringer E r streckung in der Richtung der Spannweite verstanden.
3. Über den Einfluß der Stromlinienkrümmung auf den Auftrieb von Doppeldeckern.
11
Da die Anstellwinkel in Gl. (3) und (4) auf die Sehne des Kreisbogenprofils bezogen sind, ist die Anstellwinkelkorrektur für die Anwesenheit des zweiten Flügels gegeben durch die Neigung der S e h n e der vom zweiten Flügel herrührenden Stromlinie am Ort des ersten Flügels. In Abb. 9 bedeutet D den Druckmittelpunkt des zweiten Flügels, in dem dessen ganzer Auftrieb konzentriert gedacht wird; SS ist die Stromlinie, die am Ort des ersten Flügels durch den in D wirkenden Auftrieb erzeugt wird, wenn der erste Flügel nicht da ist; sie berührt die unter der Neigung w/V gezogene Gerade senkrecht über D. A ist der Ort der Eintrittskante, B der der Austrittskante des ersten Flügels, die gestrichelte Linie ist die Stromliniensehne. Von der Richtigkeit der eben angegebenen Vorschrift überzeugt man sich leicht dadurch, wenn man ein dünnes Profil betrachtet, das genau mit dem Stück der Stromlinie S S zwischen A und B zusammenfällt. Dessen geometrischer Anstellwinkel wäre durch die gestrichelte Sehne gegeben. Wird die Sehnenneigung abgezogen, so wird der wirksame Anstellwinkel = 0°, und da durch die Wölbungskorrektur auch die wirksame Wölbung = 0 wird, ergibt sich auch der Auftrieb = 0, wie es sein muß, wenn man in eine Strömung eine Fläche bringt, die gerade den ohne sie vorhandenen Stromlinien, folgt. Da die Stromlinie mit der hier nötigen Genauigkeit als Parabelbogen angesehen werden darf, kann für die Sehnenneigung auch die Neigung der Tangente an die Stromlinie in der Mitte des Profils, bei Af, gesetzt werden. Liegt D in der Wagerechten um e vor Af, so muß also zu wa/V noch der Winkel e/R' hinzugenommen werden (R' = Krümmungsradius der Stromlinie). Da weiter noch die von dem ersten Flügel selbst herrührende Abwärtsgeschwindigkeit w u hinzukommt, erhält man, mit w 2i + w n = "'i U I , d mit «x = geometrischer Anstellwinkel von Flügel 1, den wirksamen Anstellwinkel zu a j — wt/V— e/R". Damit wird aber mit Einschluß der Wölbungskorrektur: (5, Diese Beziehung gilt für den Flügel 1. Für den Flügel 2 des Doppeldeckers gilt eine völlig analoge Beziehung mit etwas veränderten Werten der einzelnen Größen. Die Rechnung soll hier nur für den u n g e s t a f f e l t e n Doppeldecker mit zwei gleichgroßen Flügeln weitergeführt werden, wobei noch angenommen werden soll, daß der Auftrieb zu gleichen Teilen auf beide Flügel verteilt ist. In diesem Fall dürfen (innerhalb der hier angestrebten Genauigkeit) sämtliche Größen von Gl. (5) als gleich für Ober- und Unterflügel angenommen werden, und es kann ferner noch, wenn s die Entfernung der Druckmittelpunkte D von der Vorderkante (A in Abb. 9) bedeutet, e —t/2 — s gesetzt werden. Damit ergibt sich aber als endgültige Formel für diesen Sonderfall: w_*Ut-s\ V R'
)
(6) w
Die ersten drei Glieder in der Klammer entsprechen der bisherigen Theorie, das vierte ist neu hinzugekommen.
Da s genähert gleich
ist, läßt sich dieses auch - L r l ^ r — — ) schreiben. ca rr \ 4 ca / Es bleibt jetzt noch der zweite Teil der Aufgabe, die Ermittlung der Krümmung l / R ' der Luftströmung infolge des zweiten Flügels. Bedeutet w (x, y) die von diesem Flügel verursachte Abwärtsgeschwindigkeit in der Höhe h über (bzw. unter) diesem Flügel, und hat die X-Achse die Richtung der Flügelspannweite und die Y-Achse die Richtung nach hinten, so ist die Krümmung \ / R * an irgendeinem Punkt, kleine Neigung der Stromlinie vorausgesetzt, der Differentialquotient der Neigung nach y. Ist die Neigung = w/V, so ist also
= y •
Dieser Wert ist von Bose
für eine Reihe von Punkten der Vertikalebene durch die tragende Linie (d. h. durch D in Abb. 9) berechnet worden, so daß man sie für Doppeldecker von verschiedenem Höhenverhältnis y und für alle Werte von x besitzt. Die Annahme, daß die so berechnete Krümmung auch für die übrigen Punkte des ungestaffelten „ersten Flügels" angenähert richtig ist, erscheint berechtigt. Die ziemlich schwierigen Rechnungen zeigen, daß 1/7?* nach den Flügelenden zu ungefähr auf 0 abnimmt. Da unsere Betrachtungen sich nur auf die Gesamtwirkung aller Krümmungseinflüsse beziehen,
12
I. Theoretischer Teil.
ist d e s h a l b n o c h e i n e M i t t e l b i l d u n g ü b e r d e n F l ü g e l v o r g e n o m m e n w o r d e n , u n d z w a r d e r a r t , d a ß , w e n n a die A u f t r i e b s d i c h t e an der Stelle x ist, g e s e t z t 1
_
R'
~
wurde
¡adxlR* \adx
D i e A u f t r i e b s d i c h t e ist bei d i e s e r M i t t e l w e r t b i l d u n g als e l l i p t i s c h v e r t e i l t a n g e n o m m e n
worden.
D a s E r g e b n i s w u r d e f ü r d i e v e r s c h i e d e n e n W e r t e v o n h/b t a b e l l a r i s c h z u s a m m e n g e s t e l l t .
Es zeigt
s i c h d a b e i , d a ß m a n i n n e r h a l b d e r bei D o p p e l d e c k e r n
ü b l i c h e n W e r t e v o n h/b
die
Näherungs-
formel - ^ = 0 , 0 8 7 5 ca-L anwenden kann.
(7)
B o s e h a t a u c h u n t e r s u c h t , w e l c h e n E i n f l u ß d e r U m s t a n d h a t , d a ß in W i r k l i c h -
keit d e r A u f t r i e b des z w e i t e n Flügels n i c h t auf eine Linie k o n z e n t r i e r t ist, s o n d e r n ü b e r die g a n z e T i e f e d e s F l ü g e l s v e r t e i l t i s t . D i e K r ü m m u n g w i r d h i e r d u r c h e t w a s k l e i n e r ; d o c h soll h i e r a u f d i e s e Verfeinerung nicht weiter eingegangen werden. c a = 2 * (« +
¿
R
— *
M i t G l . (7) w i r d a u s Gl. (6) -
0,0875 £
( 3 ca -
cm))
(8)
G e h t m a n v o n d i e s e r F o r m e l zu e i n e r U m r e c h n u n g s f o r m e l n a c h A r t v o n Gl. (2) ü b e r , d. h . s e t z t m a n cao = caK,
s o i s t , weil d a s W ö l b u n g s g l i e d t/4R
Weise
und
auftritt
sich
daher weghebt,
und
b e i m E i n d e c k e r u n d D o p p e l d e c k e r in g l e i c h e r
weil
ferner für
g ^
1
geschrieben werden kann ),
" (9)
« • = - - +
M a n e r k e n n t u n s c h w e r a u s d i e s e r G l e i c h u n g , d a ß sie s i c h w e g e n d e s A u f t r e t e n s v o n cm n i c h t in d i e F o r m (2) b r i n g e n l ä ß t .
E s soll d e s h a l b z u r A u s f ü h r u n g d e r V e r g l e i c h s r e c h n u n g d a s n a c h s t e h e n d e
V e r f a h r e n a n g e w a n d t w e r d e n : Der n a c h der f r ü h e r e n T h e o r i e g e r e c h n e t e Anstellwinkel des D o p p e l d e c k e r s ( a l s o d i e r e c h t e S e i t e v o n Gl. (9) o h n e d a s l e t z t e G l i e d ) m ö g e (tn ' h e i ß e n . W i n k e l d i f f e r e n z A (t — Kß
D a n n ist d i e
Hu n a c h Gl. (9) A « = 0,0875
und nach
(10)
Gl. (2) Au = ( x > - x ) ± - - j ± 71 O t,
Da
diese
(11)
b e i d e n G l e i c h u n g e n f ü r v e r ä n d e r l i c h e s ca i m a l l g e m e i n e n n i c h t v e r e i n b a r s i n d ,
mögen
z w e i b e s t i m m t e W e r t e cal u n d c o 2 i n s A u g e g e f a ß t w e r d e n , u n d es m ö g e A < u n d A a 2 n a c h Gl. (10) b e r e c h n e t w e r d e n , u n d es m ö g e n u n in A n a l o g i e z u d e m V e r f a h r e n , n a c h d e m d i e W e r t e v o n
x'
a u s d e n in d e r I I . L i e f e r u n g m i t g e t e i l t e n V e r s u c h e n e r m i t t e l t s i n d , s t a t t (11) g e s e t z t w e r d e n A «, und hieraus x — x
ermittelt
A u2 = (*' -
*)
71 Of
(cal -
ca2)
(12)
werden.
F ü r d i e n u m e r i s c h e D u r c h f ü h r u n g d e r R e c h n u n g ist cal = 0 , 6 u n d ca2 = 0 g e s e t z t
worden.
N a c h d e r E i n d e c k e r m e s s u n g sind die z u g e h ö r i g e n c m - W e r t e d u r c h I n t e r p o l a t i o n zu 0,268 u n d 0,080 gefunden worden.
F ü r die f ü n f D o p p e l d e c k e r m i t gleicher S p a n n w e i t e v o n Oberflügel u n d
Unter-
f l ü g e l , d i e in d e r Z a h l e n t a f e l 4 5 d e r I I . L i e f e r u n g e n t h a l t e n s i n d , e r g e b e n s i c h h i e r m i t d i e in Z a h l e n tafel
1 angegebenen
Werte.
») II. Lief. Nr. III, 1 u. 2.
4. Theoretisches über die Joukowsky-Profile.
13
Zahlentafel 1.
DD.-Nr.
h/t
b*/F
1 2 3 4 5
0,8 1,1 1,4 1,113 1,113
3,0 3,0 3,0 2,4 1,44
¿J
«, — A