Encyclopädisches Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften: Band 13 Frühlingsadonis - Gebärmuttervorfall [Reprint 2020 ed.] 9783111402444, 9783111039176


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Encyclopädisches Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften: Band 13 Frühlingsadonis - Gebärmuttervorfall [Reprint 2020 ed.]
 9783111402444, 9783111039176

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iler

medicinischen Wissenschaften.

H e r a u s g e g e b e n von

den P r o f e s s o r e n

der m e d i c i n i s c h e n

Facilitât

7. ii B e r 1 i n :

D. W. H. Busch, C. F. ç. Gräfe, C. W. Hufeland, R F. Link, J. Müller.

Dreizehnter

Band.

( F r ü l i l i n g s a d o o i s — G e b 5 r m u 11 er v o rfa 11.)

B e r l i n , V e r l a g

von

V e i t

1 8 3 5.

et

Comp.

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V e r z e i c h i l i fs der Herren Mitarbeiter mit der Namenschiffre: Herr — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Professor Dr. d'Alton, zu Halle. d'A—n. Professor Dr. t>. Ammon, zu Dresden, v. A—n. Dr. t>. Andrejewskiy, Kais. Kön. Divisionsarzt, zu Odessa, y. An—kiy. Dr. Bahn, Staabsarzt, zu Berlin. B — n. Dr. Balling, Professor, zu Kissingen. B — g. Dr. Bartels, Geh. Medicinalrath u. Professor, zu Berlin. B—ls. Dr. Basedow, zu Merseburg. B — w. Hofratli Dr. Beck, zu Freiburg. B — ck. Professor Dr. Berndt, zu Greifswald. B — dt. Dr. Brandt, Direct, d. zoolog. Museums zu St. Petersburg. Br—dt. Dr. von dem Busch, prakt. Arzt, zu Bremen. B—seil. Geh. Medicinalrath Dr. Casper, zu Berlin. C — r. Hofrath und Leibarzt Dr. Curtze, zu BallensUidt. C — r. Professor Dr. Fabini, zu Pesth. F — i. Dr. Fest, Staabsarzt, zu Berlin. F — t. Dr. Fraenzel, «u Dresden. F — 1. Dr. Froriep, Professor, zu Berlin. F — p . Dr. E. Graefe, Medicinalrath, zu Berlin. E. Gr — c. Regimentsarzt Dr. Grofsheim, zu Berlin. G—m. Medicinalrath Dr. Günther, zu Cöln. Gü — r. Professor Dr. Hecher, zu Berlin. H — r. Dr. Hedenus, zu Dresden. H — s jnn. Dr. Henle, zu Berlin. H—e. Professor Dr. Hertwig, zu Berlin. He —g. Dr. Herzherg, zu Berlin. H — g. Medicinalrath Dr. Heyfelder, zu Trier. H—der. Dr. Hildebrand, zu Berlin. Hi — d. Professor Dr. Hohl, zu Halle. II — 1. Leibarzt Dr. Hohnbaum, zu Hildburghansen. Ho—m. Geh. Medicinalrath und Professor Dr. Horn, zu Berlin. H — rn, Professor Dr. Hüter, zu Marburg. H ü — r . Hofrath und Professor Dr. Hufeland, zu Berlin. Hu—d. Professor Dr. Jäger, zu Erlangen. J ä — r . Professor Dr. Klose, zu Breslau. Kl—e. Leibarzt Dr. ». Köhring, zu Stollberg. v. K—ng.

Herr — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Hofratli und Leibarzt D r . Kreysig, zu Dresden. K — g. Professor Dr. Krombholz, zu Prag. Kr — lz. Ilofmedicus Dr. Lau, zu Polsdam. L — u. D r . Michaelis, zu Berlin. M —Iis. Professor Dr. Kaumann, zu Bonn. Na — n. flegierungsrath Dr. Neumann, zu Aachen. Ne — n. Professor Dr. Osann, zu Berlin. 0 — n. Privaldocent Dr. Phöbus, zu Berlin. Pli — s. General - Staabschirwgus Dr. Pockets, zu Braunschweig. P — s. Professor Dr. Purkinje, zu Breslau. P — e. Professor Dr. Ratzeburg, zu Neustadt-Eberswalde. R — g . Professor Dr. Riecke, zu Tübingen. I i — e. Geh. Mcdicinalratli und Leibarzt Dr. Sachse, zu Ludwigslust. S — se. Professor Dr. v. Schlechtendal, zu Halle, v. Soll—1. Professor Dr. Schlemm, zu Berlin. S — m. Professor Dr. Seifert, zu Greifswald. S — rt. Hofratli u. Director d. med. cliir. Acad. zu Dresden Dr. Seiler. S — r. Dr. Siebenhaar, zu Dresden. Si — r. Professor Dr. Ed. v. Siebold, zu Göttingen. Ed. v. S — d. Kreisphysicus Dr. Sieck, zu Muskau. S — k. Regimentsarzt Dr. Sommer, zu Coblenz. S o — r . D r . Stannius, zu Berlin. St —s. Dr. Staub, Pliysicus zu Bamberg. S — b. Dr. Tott, prakt. Arzt, zu Rybnik. T — tt. Dr. Troschel, Privatdocent, zu Berlin. T — 1. Professor Dr. Vilmann, zu Marburg. Uli — n. Professor Dr. Ulsamer, zu Landsliut. U — r . Dr. Valentin, zu Breslau. V — n . Geh. Medicinalrath und Leibarzt Dr. v. Vogel, zu Rostock, v. V—1. Geh. Medicinalrath ,Dr. Wagner, zu Berlin. W g — r. Privatdocent Dr. C. Windischmann, zu Bonn. C. W — n. Die Chiffren: B — h . , v. G., H — d . , L — k . und J . M — r . zeigen die Namen der Herausgeber an.

F .

F R Ü H L I N G S AL OMIS, deutscher Name für Adonis vernalis. S. d. Art. F R U M E N T U M . S. Weingeist. F R U M E N T Ü M INDICUM. S. Zea Mays. F R U M E N T U M SARACENICUM. S. Polygonuni Fagopyrum. F R U M E N T U M TURCICUM. S. Zea Mays. F R U T I G E R B A D , ein wenig benutztes Schwefelbad im Kanton Bern, 2760 Fufs über dem Meere erhaben, eine Stunde südlich vom Fleckcn Frutigen. O — n. F U C U S (Tang). Bei Linné ist Fucus die Benennung einer Gattung unter den Algae in seiner Cryptogamia, welche von den neuern Botanikern in eine Menge von Gattungen zerlheilt ist, von denen nur eine den Namen Fucus behalten hat, zu welcher der in unsern Meeren am häufigsten und in grofser Menge vorkommende Fucus vesiculosus gehört. Die Linné'sehe Gattung Fucus enthielt cryptogamische Meergewächse von lederartiger oder knorpeliger Structur, von rother, brauner, schwarzer, seltener von grünlicher Färbung, Übrigens von verschiedenartigem Ansehen. Für den Arzt werden sie durch den Gehalt an Jod interessant, der sich in den meisten derselben findet und welcher in clem durch Verbrennen unserer nordischen Tangarten gewonnenen Kelp (oder Varie, eine rohe Soda) im Jahre 1811 von Courtois entdeckt wurde. Französischer Kelp enthält nach Davy mehr Jodine als brillischer, und der am VorMcd. clnr. Encjcl. XIII. Bd.

1

2

Fucus.

gebirge der guten Hoffnung häufige Fucus buccinalis Linn. enthält mehr als irgend ein europäischer Tang. In mehreren Gegenden des westlichen Südamerika wird eine Art Tang als Heilmitlei (Palo Coto genannt) gegen den Kropf feil geboten, was ebenfalls auf einen grofsen Jodgehalt schliefsen läfst. Von Rüssel wird die Asche des Fucus vesiculosus als Zahnpulver bei Scorbut und Schlaffheit des Zahnfleisches empfohlen; ferner soll es nützlich sein, scrofuIöse Drüsengeschwülste mit Fucus serratus zu reiben, oder sie mit Breiumschlägen aus frischem Seetang zu bedecken, endlich soll für Schwindsüchtige die Ausdünstung der Tange besonders nützlich sein (s. Dierbach, die neuesten Entd. in d. Mat. med. p. 584). Viele Tange dienen auch wegen ihres Gebaltes an Schleim, Eiweifsstoff, Gallerte, Zucker theils als Nahrungsmittel, theils als Bindemittel und die ostindischen Schwalbennester, welche als Leckerei hoch gepriesen werden, bestehen gröfstentheils aus Tangen, v. Seh —l. Erst vor wenigen Jahren hat man eine Fucusart, wegen ihres grofsen Gehalts von Gallerte, in medicinischen Gebrauch gezogen; es ist dies der Fucus crispus Lin. (Chondros crispus Greville, Sphaerococcus crispus yigardh), das Carrageen-, Carragaheep-, geperltes See- oder Isländisches Moos, welches nach Link (v. Graefe's und v. Walther's Journ. Bd. 22. pag. 59) im Atlantischen Meere, an den Küsten Englands, Irlands, Weslfrankreichs, Spaniens und Portugals bis zu den Wendecirkeln vorkömmt, und nach Schuh (1. c. pag. 6 1 ) folgenden Artencharacter hat: Ch. fronde dichotoma crispa, laminis apice dilatatis integris vel laciniatis, tuberculis hemisphaericis subterminalibus hinc concavis. — Es gleicht dieser Seetang in etwas dem Isländischen Moos, sieht im frischen Zustande grün aus, getrocknet aber wie es im Handel vorkömmt hellgelb; die durch das Trocknen zusammengeschrumpften Fältchen gleichen dünnen Hornplättchen, sind durchsichtig, enthalten in sich häufig kleine Schaalthiergehäuschen, kalkartige Concremente und Sandkörner; der Geschmack des Carrageenmooses ist indifferent, der Geruch verräth etwas J o d , welcher sich jedoch darin durchaus nicht vorfindet; kaut man das Moos, so läfst es sich anfänglich wie trockene Knorpelscheiben zermalmen, verliert aber bald durch die Feuchtigkeit und

Fucus.

3

W ä r m e des M u n d e s seine Sprödigkeit; es enthält n u r w e nig Meersalz, a b e r sehr viel schwefelsaures Natrum. Die ersten literarischen Nachrichten ü b e r das C a r r a geenmoos finden w i r i n : Arcana of Science and art. L o n don 1832, wovon Auszüge Guibert ( J o u r n . de ehem. medic. T . 8. p. 6 6 0 ) , Buchner (Repertor. f. Pharm. Rd. 45. p. 1 2 0 ) und Kleinert ( R e p e r t . d. medic. J o u r n a l . Leipz. 1834. J a h r g . 8. Heft 1. p. 1 7 3 ) geliefert haben. Eine ausführliche A b handlung ü b e r den fraglichen Seetang v e r d a n k e n w i r v. Graefe, der denselben als Arzneimittel in Deutschland zuerst einführte; w i r linden sie in dessen Rericht ü b e r das clinische chir. augenärztliche Institut der Königl. FriedrichWilhelmsuniversität f. d. J . 1833. Rerlin 1834 ( a u c h in dessen und v. Walther's J o u r n . Rd. 22. p. 5 5 ) , und b e m e r k e n , dafs w i r diese Mittheilung aus gedachter Abhandlung entlehnt haben. D a s Carrageenmoos, welches den Armen in Irland zur Nahrung dient, w i r d zur Zeit der E b b e gesammelt; die d a r a u s g e w o n n e n e Gallerte ist durchsichtig, farblos, ihr Geschmack ist durchaus nicht unangenehm, sie hält sich mehrere T a g e , läfst sich nicht durch Salpetersäure in Schleim verwandeln, w i e Gallerte, die man aus Landpflanzen bildet, sie ist leicht verdaulich, w i r d selbst bei schwachein und empfindlichem M a g e n vertragen, w i r k t direct besänftigend auf die L u f t w e g e und den Darmkanal. U m sie zu gewinnen, läfst man nach v. Graefe das Carrageenmoos klein schneid e n , von' den anhängenden Thcilchen sorgfältig reinigen ( C a r r a g . elect.), mit der gewählten Flüssigkeit kochen u n d die Abkochung durchseihen, v. Graefe g e w a n n aus einer halben Drachme C a r r a g e e n mit 9 Unzen Milch gekocht Drachmen C a r 5 Unzen Gallerte, und eben soviel aus rageen mit 12 Unzen W a s s e r gekocht, v. Graefe bedient sich nachfolgender 2 Vorschriften in verschiedenen, weiter unten genannten Krankheiten, nehmlich: Rcp. Carrag. elect. et concis. 3ß. Lact, vaccin. recent. J j x . coq. ad remanent. Colat. gv. adde Sacch. albiss. §ß — J j . Aq. amygdal. concentr. 9} iti. et refrig. — Rcp. C a r r a g . elect. et concis. s j ß . Coq. c. aq. font. J x j j . ad remanent. Colat. f v . adde S j r u p . rub. id. g j ß — gjj m. refrig. V o n diesen Gallerten läfst v. Graefe in der R e g e l bei Hustenanfällen u. s. w . binnen 1*

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Fiinffingerkraut.

Fulmcn.

2 4 Stunden 5 — 6 3 verbrauchen, sollen sie als Nahrungsmittel dienen, so werden davon 10 — 1 8 g genommen. M a n kann diese Gallerle durch Zusalz von Milchzucker, Honig, Himbeeren- und Orangenblüthen-Syrup, Zitronensaft, Ziinmt, Pomeranzenfchaalen, biltern Mandeln, mit Berücksichtigung der individuellen Indicationcn angenehm machen, auch daraus mit Cacaobohne.11 eine Chocolade b e reiten. Nach v. Graefe wird das Carrageenmoos in England bei Zehrkrankheiten überhaupt, ferner bei erelhischen Stimmungen der Respiralions- und Digeslionsorgane angewendet. Thodunter in Dublin rühmt eine Verbindung der CarrageenGalleite mit der in Zucker eingemachten Radix Eryngii marini in der Schwindsucht; niichsldein verordnen die Engländer gegen Durchfälle eine Tasse voll Carrageenmoos-Decoct mit 1 Efslüffel voll Infus, ralanhiae und endlich empfehlen sie die fragliche Gallerte als Nahrungsmittel bei scrophulösen Dyscrasieen. D e n Erfahrungen v. Graefe's zu Folge ist die CarrageenGallcrte sehr wirksam bei Heiserkeit, beim trockenen und krampfigen Husten, bei der Lungensucht, bei Durchfällen und Ruhren, bei Schmerzcn der Gedärme, welche nach Entzündungen, Vergiftungen und Geschwüren zurückbleiben, bei Krankheiten, wobei bedeutende Abmagerung eiutritt und bei Entkräftung in Gefolge überstandener schwerer Krankheiten und Operalionen. Hufeland (in dessen Journ. Hd. 77. Sf. 5. p. 135) bestätigt die Wirksamkeit des Carrageenmooses in den ebengenannlen Affeclionen E. Gr — e. F Ü N F F I N G E R K R A U T . S. Potenlilla. F ü G A D A E M O N U M . S. Hypericum. F C G I L E galt bei unsern Vorfahren als Synonym für Ohrenschmalz, für einen in der Nähe des Ohres sich befindenden Abscefs (Casiellus); nach Forest für ein Drüsengeschwür überhaupt; jetzt gebraucht man gewöhnlich dies W o r t als gleichbedeutend mit Parotis, wohl auch mit Bubo. E. Gr — e. F U G I L L A , Synonym von Bubo und Parotis. F U L G U R . S. Asphyxie. F U L I G O . S. Rufs. F U L M E N . S. Asphyxie.

F u l m i n a n s argentimi.

Fulmine

tati!.

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FULMINANS ARGENTUM. S . Silber. F U L M I N A N S A U R U M . S . Gold. FULMINANS MERCURIUS. S . Quecksilber. F U L M I N A N S P U L V I S . S . Salpeter. F U L M I N A N S SAL. natuni.

S . K a l i niuriaticum h y p e r o x y g e -

F U L M I N A R I S L A P I S . S . Helmintholithus beleinuites. FULMINATIO. S . Verpuffen. FULMINE T A C T I , vom Blitz Getroffeue. Der Blitzstrahl entsteht in dein M o m e n t e , w o sich die in einer G e w i t t e r w o l k e angehäufte Electricität gegen einen auf der E r d e befindlichen K ö r p e r oder gegen eine andere W o l k e entladet, also in dem Augenblicke, wo sich die freie Electricität der W o l k e mit der entgegengesetzten Electricität in andern K ö r p e r n ausgleicht. Erfolgt diese Entladung gegen lebende thicrische W e s e n , so werden diese nach V e r s c h i e denheit der Intensität der Einwirkung augenblicklich entweder in geringerem oder höherem G r a d e asphyctisch oder sie erleiden auf der Stelle den T o d . Auch der Mensch ist diesen W i r k u n g e n der tellurischen Electricität ausgesetzt. Es kommt hiebei nicht blofs die heftige Erschütterung, welche alle organische G e b i l d e , und insonderheit das gesammte Nervensystem erleiden und ihre unmittelbare F o l g e , die plötzliche Erschöpfung der Nerventhätigkeit, in Betracht, sondern es lmifs auch gleichzeitig" die chemische W i r k u n g der Electricität, in deren F o l g e die organische Mischung der Säfte und festen T h e i l e augenblicklich verändert oder ganz aufgehoben wird, in Anschlag gebracht werden. D i e s e Annahme findet ihre Bestätigung einestheils in den Resultaten der mit der künstlich erregten Electricität angestellten V e r suche, andererseits a b e r in den unten anzugebenden E r scheiuungen, welche die durch Einwirkung der tellurischen Electricität asphyctisch gewordenen und gelödteten Individuen darbieten. E s ist leicht einzusehen, dafs der G r a d j e n e r W i r k u n gen des Blitzstrahls gröfstentheils von der Intensität der einwirkenden Electricität abhängig ist: und die Analogie d e r Erscheinungen nach der Einwirkung der künstlich erregten Electricität auf organische und unorganische K ö r p e r mit den P h ä n o m e n e n , welche vom Blitz getroffene Individuen dar-

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Fülmine

tacti.

bieten, berechtiget uns zu dein Schlüsse, dafs die Commotion des Nervensystefns die allgemeinste W i r k u n g ist, welche die im Blitze sich darstellende tellurische Electricität auf organische K ö r p e r äufsert, dafs der Grad dieser Erschütterung von dem Grade der in- und extensiven Einwirkung des Blitzes abhängt und dafs die augenblickliche Veränderung in der Totalität der organischen Mischung stets nur als die Folge einer intensiven Einwirkung der Electricilät zu jener allgemeinen W i r k u n g , welche sie im Nervensystem hervorbringt, hinzutritt. Die Erschütterung des gesammten Nervensystems, wodurch die Nervenkraft augenblicklich überwältiget wird, ist also als die Causa sufficiens der durch die Einwirkung des Blitzstrahls herbeigeführten Asphyxie und des augenblicklichen T o d e s zu betrachten. In dem speciellen Falle wird uns aber bei vorhandenen Zeichen der nervösen Asphyxie, nächst den Schlüssen, welche wir aus der W i r k u n g der dynamischen Reagentien für das Nervensystem, der Electricität nämlich und des Gnlvanismus, ziehen, die gleichzeitige Gegenwart von Zeichen, welche auf eine chemische Veränderung der organischen Mischung hinweisen, einen Fingerzeig für die zu stellende Prognose an die Hand geben; indem jene Zeichen uns die Beweise für eine höchst intensive Einwirkung der Electricität liefern. Die vom Blitz Getroffenen zeigen die allgemeinen Phänomene der Asphyxie (s. dies. Art.). In Folge der plötzlichen Erschöpfung der Nervenkraft werden augenblicklich alle Verrichtungen, namentlich die des Gehirns, des Herzens und der Lungen gehemmt; und sind mithin alle Lebenserscheinungen erloschen (Vergl. d. Art. Asphyxie). Zuweilen bemerkt man nur die aus jener gänzlichen Erschöpfung der Nervenkraft resultirenden, allen nervösen Asphyxiecn gemeinschaftlichen, Erscheinungen. Die besondere Art derselben, welche durch die Eigentümlichkeit der U r sache bestimmt w i r d , giebt sich nicht immer durch besondere deutlich in die Augen fallenden Zeichen kund. In der Regel aber treten zu den allgemeinen Zeichen der nervösen Asphyxie noch besondere Symptome hinzu, deren Erscheinen theils durch die Eigentümlichkeit der Ursache, theils durch die Heftigkeit, mit welcher sie einwirkte, theils

Fulmine tacli.

7

durch die individuellen Verhältnisse des belheiligten Subjects bestimmt wird. Als dergleichen besondere Erscheinungen stellen sich dar: das Versengen der Haupthaare, Brandflecke auf der Oberfläche des Körpers, Abschälung der Epidermis, Sugillationen, Ausschwitzung von Blutstropfen auf der Lederhaut, Ergiefsung von Blut aus der Nase, Zerrcifsung der Weichtheile, Zerschmetterung der Knochen, u.s.w. Solchc Erscheinungen zeigen sich besonders dann, wenn der Verunglückte fest anliegende Kleider halte und der Strahl bei seiner Einwirkung Widerstand fand, oder sich in mehrere Strahlen thcilte. Zuweilen ist auch das Gesicht geröthet und aufgedunsen. Der Körper der vom Blitz Getroffenen behält die Lebenswärme noch lange nach dem Tode. Die Muskeln ersteifen nicht, das Blut ist dünnflüssig, gerinnt schwer, und die Fäulnifs tritt aufserordentlich schnell ein. An vielen Leichen ist die Auflösung auf der Oberfläche durch eine hellere oft hochrothe Färbung wahrnehmbar. — Stellt man die Section an; so findet man, wie beim Tode durch Erstickung und nach Vergiftungen mit Narcoticis, die Arterien in der Regel mit Blut angefüllt, während sie bei anderen Todesarten meist leer gefunden werden; aufserdem zeigen sich nicht selten Gehirn, Lungen und das rechte Herz von Blut strotzend. Die P r o g n o s e der durch die Einwirkung des Blitzstrahls veranlafsten Asphyxie ist sehr ungünstig. Das Rettungsgeschäft ist hier eben so unsicher als schwierig. Nur in den leichteren Fällen, wo eine weniger in- und extensive Einwirkung der Electricität statt fand, wo das Bewufstsein und die Functionen der irritabeln Organe nicht ganz aufgehoben sind, läfst sich noch mit Wahrscheinlichkeit etwas hoffen. Bei der B e h a n d l u n g kommt es besonders darauf an, die Reaction des Nervensystems von Neuem zu begründen. Dies kann bei dem gänzlichen Daniederliegen der Nervenkraft nur durch die stärksten Incitamente geschehen. Für ihren Nutzen spricht auch die Erfahrung. Man bringt den Verunglückten so schnell als möglich in die frische Luft, besprengt ihn mit kaltem Wasser oder mit geistigen Flüssigkeiten, wendet erregende Klystire an

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Fulmine tact!.

und bläfst vorsichtig Luft ein. Bei Zeichen von VoIIblüligkeit und Blutanhäufuug im Kopfe ist zunächst ein mäfsiger Aderlafs am Halse oder Arme vorzunehmen. Als ein vorzügliches Belebungsmittel empfiehlt man demnächst das E r d b a d , dessen Anwendung auf folgende W e i s e geschieht: Man Iäfst, wenn es sein kann, in einer Entfernung von 6 — 8 Schrillen von der Stelle, wo den Scheintodten der Blitz traf, eine längliche Grube graben, in welche der Verunglückte mit erhöhtem Kopfe ganz nackt gelegt uud mit Ausnahme des Antlitzes mit frischer Erde bedeckt einige Stunden erhallen wird, wobei man von Zeit zu Zeit noch Luft einbläst und das Gesicht mit geistigen Flüssigkeiten oder kaltem Wasser besprengt. — Ein günstiger Erfolg der Anwendung des Erdbades wird in No. 924. Dec. 1834 der Froriep'sehen Notizen aus der Petersburger Zeitung mitgctheilt. Nachdem man dem Individuum, welches vom Blitz gelroffen worden, sogleich 2 Pfund Blut gelassen, wurde es bis auf den Hals in die Erde eingegraben und katn nach Verlauf von 5 Minuten völlig zu sich, obgleich vorher schon der ganze Körper kalt gewesen war. Doch bleibt hier freilich unentschieden, welchen Antlieil die vorläufige Venaeseclion an dem günstigen Ausgange gehabt hat. Die vielseitig empfohlene Electricität kann ebenfalls hier in Gebrauch gezogen werden und nülzt besonders in den Fällen, wo nicht vollendeter Scheintod, sondern nur eine schnelle vorübergehende Betäubung und Lähmung einer oder mehrerer Gliedmafsen die Folge der Einwirkung des Blitzes war. In einem solchen, im hiesigen Charitekrankenhause von mir b e o b a c h t e t e n F a l l e leistete die Elcctricitüt sehr gute Dienste. W e n n der Beschädigte wieder schlucken kann; so reicht man ihm auch innerlich belebende Mittel: den Liq. anodynus Hoffmanni, Aelher, W e i n , u. s. w. Die Folgeübel, als Lähmungen, Schmerzen, und Verbrennungen beseitiget man ihrer eigenthümlichcn Beschaffenheit gemäfs, nach den Regeln der Kunst. • Die erste Schutzwehr gegen die Einwirkung des Blitzstrahls sind gut eingerichtete Blitzableiter. Tritt die Möglichkeit der Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden, iin Freien ein, so meide man alle Gegenstände, welche als

Fumaria.

9

Leiter der Electricität bekannt sind. Unter hoben Gegenständen, z. B . Bäumen, darf man nicht Schutz suchen. — Iu Häusern, wo der Blitz schon einmal eingeschlagen hat, vermeide man die getroffene Stelle. D a s Reisen in offenen W a gen ist gefährlich; ebenso gefährlich ist die Nähe Tieler Metalle. Im Allgemeinen gilt die R e g e l , dafs mau sich in einer mäfsigen Entfernung von einem hohen Gegenstande und ganz frei, selbst im Reisewagen nicht angelehnt, ruhig halte. L i t t e r a t u r .

J. Andrcac, r e l a t . |ihysic. m e d . e t c . I l a l b e r s t a d t 1 7 3 2 . — R e l a t i o n s u r la m o r t de fll. likhmann. I I I s l . de I ' A c a d . R o y . des s c i e n c e s de P a ris. Anni'e 1 7 1 1 . — C. (1, Oiityd, de n i o r t e e t varia m o r i u n d i r a t i o n e , L u g d . U.itav. 171)7. — O. l'varson, D i s s c r t a t i o de p u i r e d l n e . — Jfrendt, H ü l f e b e i V e r g i f t u n g e n u n d bei v e r s c h i e d e n e n A l t e n des Scheintodes. Breslau 1825. einen

E n l h . aucli einen O b d u c t i o n s b e r i c h t

vom B l i t z G e t 5 d t e t e n . —

No. 365.

Enth.

einen

Froriep's

ausführlichen

B l i t z getödteten M e n s c h e n .

Nolizen.

Sectionsbericht

Bd. 17. über

über

St.

einen F



vom t.

FUMARIA. E i n e Pflanzengattung, welche einer kleinen natürlichen Familie ( F u m a r i a c e a e ) , die sich an die Papaveraceae, mit dem sie früher verbunden ward, innigst auschliefst, den Namen gab. Iin Lintig'sehen Sexualsystein gehört sie in die Diadelphia Decandria. S i e characterisirt eich durch einen ^blätterigen abfallenden K e l c h , eine unregelmäfsige 4b!ätterige slumpf-gespornte K r o n e , durch 2 Slaubfadenbündel, deren jeder 3 Antheren trägt und durch eine einsamige nicht-aufspringende etwas trocken-fleischige Frucht. D a s mittlere und südliche E u r o p a sind das Vaterland der einjährigen traubcnblüthigen und mit fein zerlheilten Blättern versehenen zarten und zierlichen Pflanzen, welche zu dieser Gattung gehören, von denen eine auf unsern Ackerfeldern und Gärten in gutem B o d e n sehr häufig ¿ist und ein Arzneimittel liefert. F. officinalis L. ( E r d r a u c h ) . E i n e bis einen F u f s ungefähr hohe Pflanze mit aufrechtem Stengel und dreifach zusammengesetzt gefiederten Blättern, deren rosenrothe an der Mündung blutroth gefärbte Blümchen in aufrechten T r a u b e n auf Stielchen stehen, welche doppelt so lang als ihre Deckblättchen sind; deren Früchte kugelig, oben etwas ein-

10

Fumarsäure.

Functiones

animales.

gedrückt sind. Man sammelt zum Arzneigebrauch die ganze Pflanze, sobald sie zu blühen beginnt und trocknet sie (herba Fumariae), oder macht aus dem frischen Safte ein Extract, welches nach der preussischen Pharmacopoe aus dem trocknen Kraute mit Wasser bereitet wird. Das Kraut ist frisch geruchlos, aber von widerlich bitterem etwas scharfem Geschmack, getrocknet schmeckt es stärker salzigbitter. Das Extract ist von dunkelbrauner Farbe und enthält häufig Krystalle (von Chlorkalium nach Landerer) besonders auf dem Boden. Winkler entdeckte in einem 2 Jahr alten Extr. Fumariae eine neue krystallisirbare und sublimirbare Säure in Verbindung mit Kalk und Exlractivsloff, welche der Bernsleinsäure in manchen Stücken nahe kommt, sich aber hinreichend unterscheidet und F u m a r s ä u r e benannt wurde, fand sie auch später iin frischen Erdrauchkraute und Trommsdorff bestätigte diese Entdeckung (Buchn. Rep. 29. S. 4 8 — 7 6 u. S. 368, Trommsd. N. J . 25. St. 2. S. 152 — 1 5 5 ) . Ob diese Säure besondere Anwendung als Heilmittel finde, ist noch nicht untersucht. Schon Peschier fand eine krystallisirbare Säure in dem Erdrauch, nebst kohlensaurem Kalk, Extractivstoff, einer harzigen Substanz und einem dem Corydalin sehr ähnlichen alcalischen bitteren Princip, welches ¡Vackenroder dem Erdrauch abgesprochen hatte; es unterschied sich vom Corydalin dadurch, dafs es die Gelatiua nicht präcipilirte, dafs es klebrig, in W a s ser und Alcohol löslich, in vollkommen reinem Aclher aber unlöslich ist (Mem. d. 1. soc. d. phys. d. Genese. IV. 3. p. 2 7 4 — 2 5 3 ) . Merk giebt als Beslandlheile des aus dem frischen Kraute bereiteten Extractes an: eine besondere thierische Substanz, Extractivstoff, Schleim, weinsauren Kalk, salzsaures Kali, schwefelsauren Kalk, grünes Salzmehl und Feuchtigkeit. v. Seh — 1. F U M A R S Ä U R E . S. Fumaria. F U M I G A T I O . S. Räuchcrung. F U M I G A T I O CIIYMICA. S. Räucherung. F U M U S T E R R A E . S. Fumaria. F U N C T I O , F u n c t i o n , ist die Wirksamkeit eines Organs für einen bestimmten Zweck. F U N C T I O N E S ANIMALES nennt man die Thätigkeiten des thierischen Organismus, welche ihn von den

Fiinctiones vitales.

Funda,

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Pflanzen auszeichnen, als Empfinden, Vorstellen, Bewegen, iui Gegensatz der Functiones vitales. F U N C T I O N E S VITALES nennt man die Functionen der thieriseben Wesen, welche denThieren nicht allein, sondern auch den Pflanzen zu ihrer Erhaltung nöthig sind, wie die Ernährung u. s. w. F U N D A , Fascia quadrteeps, F. quatuor capitum, F. in quatuor capita divisa, vierköpfige Binde, Schleuder, Schisli bei den Alten. Diesen Namen führt eine in vier Theilc gclheiltc, vorzüglich für Kopf- und Gesichtsverbände, aber auch zu Verbänden an andern Theilen des Körpers bestimmte Binde, welchc aus einem 2 — 4 Zoll breiten und 2 — 6 Etil's langen Leinewandstrcifen dadurch gebildet wird, dafs man diesen «einer Länge nach von beiden Enden an bis gegen die Mitte spaltet und dadurch 4 Köpfe erhält. Diese Binde wird nach den Theilen, an welchen sie angewendet wird, verschieden benannt, und es gehören zu derselben folgende Arten: 1) Funda capitis s. frontalis, s. Fascia frontalis, F. quatuor capitum s. habenarum, F. Galetii capitis, Frondium, Kopfcchleuder, Schleuder des Kopfes, die 4köpfige Ilauptbinde, Galeti's Kopfbindc, Couvre clicf a quatre chefs, Bandelette ä quatre c/tcfs, Bandage des pauvres, Fronde; Engl. a swathe comisling of four parls; Holl. Stinger-Band, een vierhoofdige winckel stinger - zwagtel. — Die Kopfschleuder ist gewöhnlich 1 — l.J Ellen lang und ^ Elle breit; jedoch richtet sich die Breite und Länge derselben nach der Gröfse des Kopfes und der Verletzung; sie kann an allen Theilen des Kopfes angelegt werden, wie au der Stirn (Stirnschleuder, Funda frontalis), am Scheitel (F. verticis), am Hinterhauple (F. oeeipitis), an den Ohren, am Genicke, an der Unterlippe (Unterlippeuschleuder, F. labii inferioris), an der Oberlippe (llasenschartschleuder, F. pro labio leporino), u. s. w. 2) Funda maxillaris, F. quatuor capitum ad maxi/las, 8. ad maxillam inferiorem, Kinnbackenschleuder, welche an ihrem mittlem Theil eine Spalte zur Aufnahme des Kinns hat. 3) Funda nasalis, Nasenschleuder. Diese besitzt an

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Funda,

ihrem midiere Theil zwei Löcher, welche zum E i n - u n d Ausatlimen dienen. Endlich gebrauchte man die F u n d a ehedem auch zum Verband nach dem Steinschnitt, ( F u n d a pro litholomia, Steinschnittschleuder). Beim Anlegen der Schleuder gilt die Regel, dafs man die Mitte derselben immer auf die Stelle der Verletzung legt, nur da, w o diese sich auf den Seitcnlheilen des K o pfes befindet, legt man die Mitte der F u n d a nicht auf jene, sondern auf den Scheitel an. Die Köpfe werden je nach den Stellen der Verletzungen verschiedentlich geführt; befinden sich diese an der Stirn, so führt mau die untern K ö p f e über die Ohren nach dem Hmtcrhaupte und bindet sie hier zusammen, die obern Enden dagegen nach dem Genicke, kreuzt sie hier und führt sie nach dem Ilalse zu, w o sie befestigt werden. Bei der F u n d a verlicis werden die hintern Köpfe nach vorn und unter das Kinn geführt und hier befestigt, die v o r d e m dagegen nach hinten, w o sie zusammengebunden werden. Hat man die Rütte der F u n d a am Hinterhaupte anlegen müssen, so führt mau ihre obern Köpfe nach der Stirn und macht eine Cirkeltour um den K o p f , die untern Enden führt man erst ebenfalls nach der Stirn, darauf aber nach den Seitentheilen, w o sie befestigt w e r d e n ; befindet sich der Schaden an den Seitentheilen, so legt man die Mitte der Binde auf den Scheitel, kreuzt ihre K ö p f e über dem Schaden, und befestigt die hintern unter dem Kinn, die v o r d e m im Genick. Beabsichtigt man mit der Funda einen Verband am Genick zu befestigen, so werden die obern Köpfe der Binde nach der Stirn, die untern nach dem Hals geführt. Bei der F u n d a nasalis führe man die hintern Köpfe nach dein Ilinterhaupte, kreuze sie hier, führe sie darauf nach der Stirn und befestige sie hier, die obern Köpfe dagegen führe man tiefer ins Genick, wechsele sie hier und führe sie darauf über die Scheitellinie nach der Stirn, w o sie befestigt werden. Bei der F u n d a maxillaris endlich werden ihre untern E n d e n schräg über die Backen nach dem Scheitel geführt und hier befestigt, die obern Enden dagegen unter den Ohren bis ins Genick, wo sie gekreuzt werden, darauf führt man eine

Fungí.

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Zirkeltour um die Slirn u n d befestigt die E n d e n auf derselben. Vergl. den Artikel Binden. L i t t . Stark, Anleit. Zum cliir. Verbände. Jona 1130. Taf. V. Fig. 55. Tai. VI. Fig. 8 1 ..nd Taf. IX. Fig. 113 u. 114. E. G r - c .

F U N G I (Pilze, Schwämme). Eine Abllieilung der Classe Cryptogamta des Linne'?eben Pflanzensystems wird mit dein N a m e n der F u n g i bezeichnet, sie bildet auch eine grofse natürliche Familie in der Abtheilung der Cryptophytae Lh. (Ccllulares aphyllae DC.). D i e Pilze entfernen sich durch ihre ätifsere Forin, so wie durch ihre chemische Z u s a m m e n setzung so sehr von den übrigen G e w ä c h s e n , dafs sie von einigen Naturforschern in ein eigenes Reich zwischen Thicr e n und Pilim/.en gebracht w o r d e n sind. Sie sind jedoch durch die Tlecliten und Algen in zahlreichen F o r m e n so innig mit der übrigen Pflanzenwelt v e r b u n d e n , dafs sie n u r gewaltsam von ihr losgerissen w e r d e n könnten. D i e Fruchttheile sind bei den Pilzen besonders entwickelt, viel weniger der Laubtlieil oder Thallus; sie bestehen aus Zellgew e b e verschiedener Art und Zusammeulagerung, ihre anfangs geschlosseneu Fruchtbehälter öffnen sich später u n d verstreuen die in ihnen enthaltenen feineil S p o r e n o d e r F r u c h l k ö r n e r , welche beim Keimen sich zu F a d e n verlängern. Meist sind es schnell entstehende, schnell vergängliche W e s e n , welche auf todten und sich zersetzenden organischen Stoffen entstehen und sich daraus ernähren, daher sie denn auch Zeugen der anfangenden Zersetzung und des V e r d e r b e n s a u f b e w a h r t e r organischer K ö r p e r sind. Ihre F ä r b u n g ist zuweilen lebhaft, meist aber in b r a u n e n u n d schwarzen Schattirungen, nie g r ü n ; die meisten hauchen unangenehme e i g e n t ü m l i c h e Gerüche aus und sind von eigent ü m l i c h e m , zuweilen scharfem Geschmack. N u r wenige geben eine und für schwache Verdauungsorgane stets schwer assimilirbare N a h r u n g , bei weitem die meisten sind giftig o d e r verdächtig. W e n i g e benutzen wir als Heilmittel, theils als äufserliche wie den F e u e r s c h w a m m , die Bovisten, Iheils als innerliche wie den Lerchenschwamm. In den Fleischpilzen fanden die C h e m i k e r : flüchtige Schärfe, farbiges fettes Oel, W a c h s , Schwammzucker, Eiweifsstoff, Fungin, eine e i g e n t ü m l i c h e ihierische Materie, F a r b s t o f f , eine eigene

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Fungüser Abscefs.

Fungas.

Säure u. s. w. Bei Vergiftungen mit Schwämmen scheinen Brechmittel das nächste und wichtigste Mittel zu sein. v. Sch —1. F U N G Ö S E R ABSCESS. S. Fungus. FUNGÜSES GESCHWÜR. FUNGUS, Schwamm, Schwammgewächs, bezeichnet eine besondere Gattung der in dem Körper vorkommenden Afterbildungen oder Pseudoplasmen. Ueber keine der übrigen Gattungen der Afterbildungen finden sich so viel einander widersprechende Ansichten bei den Anatomen und Chirurgen als gerade über diese, in welcher überdies durch Verwechselung oder ungleichmäfsigen Gebrauch der Namen eine klare Uebersicht ungemein erschwert ist. Diese Verwirrung scheint besonders daher gekommen zu sein, dafs früher mehr die Beobachtung der äufseren Symptome und des Krankheitsverlaufs als genaue anatomische Untersuchung das Material zu den Arbeiten lieferte, welche wir über diese Krankheitsabtheiluug besitzen. So gewifs es nun ist, dafs alle pathologische Untersuchungen von jener Seite ausgehen müssen, so gewifs ist es auch, dafs auf diesem W e g e sehr leicht Entwickelungsstufen als besondere Krankheiten betrachlet werden und dafs erst die Anatomie die einzelnen Krankheitsarten mit Bestimmtheit von einander scheiden kann. Aus diesem Grunde wurde daher auch in neuerer Zeit die Abtheilung der Schwämme von einigen ausgezeichneten Gelehrten und vor allen von Maunoir, Scarpa und v. Walther, so wie von Abernethy, Barns und Jf'ardrop genauen anatomischen Untersuchungen unterworfen. Auch diese indefs weichen in Vielem von einander ab, so dafs es nicht leicht möglich ist, nach den bis jetzt gelieferten Arbeiten eine befriedigende Uebersicht zu geben, ohne auf jedem Schritte gegen bedeutende Autoritäten zu kämpfen. Um daher nicht durch polemischen Vortrag unklar zu werden, will ich hier zuerst blofs das anführen, was ich durch Untersuchung einer ziemlich grofsen Reihe frischer Präparate dieser Krankheitsgattung gefunden habe, und will jedesmal bei der Benennung der Krankheit anführen, unter welchem Namen die von mir beschriebene Krankheitsform von anderen aufgeführt worden ist. L)ic Benennung Fungus

oder S c h w a m m

bezeichnet

Fungus.

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dem in Deutschland allgemein angenommenen Gebrauch nach alle diejenigen Afterbildungen im K ö r p e r , in welchen nebst beträchtlich entwickeltem Gefäfssystem eine weiche, breiartige oder gallertähnliche, neue Substanz vorhanden ist. Die Forin der Schwämme ist je nach der Stelle ihrer Entwickelung verschieden; — bilden sie sich in dem Parenchym eines Organs oder in dem freien Zellgewebe, so haben sie eine kuglige Gestalt, entwickeln sie sich auf der Oberfläche eines Organs, so breiten sie sich vorzugsweise in der Fläche aus, was auch geschieht, wenn sie von innen nach aufsen aufgebrochen sind. In letzterem Falle breitet sich oft blofs der au der üufserrn Obcrflächc des Körpers hervorragende Tlieil (ihm, mi il.il's ch dadurch den Anschein gewinnen kann, als seie die Geschwulst gestielt. So wie diese Geschwülste einem Heize irgend einer Art ausgesetzt werden, so wachsen sie entsprechend ihrem Gefäfsreichlhum, so wohl im Inneren anderer Theile, als besonders auf deren Oberfläche sehr rasch an. Ist der Reiz ein mechanischer und einigermafsen intensiver, so erfolgen (ebenfalls in Folge des Gefäfsreichthums) sehr leicht beträchtliche Blutungen theils im Innern des Schwammes, theils aus der Oberfläche desselben. Die Schwämme scheinen sich vorzugsweise häufig im Zellgewebe zu entwickeln, doch kommen sie (eben wegen der allgemeinen Verbreitung des Zellgewebes) in allen Organen vor, wobei sich alsdann meistens nicht weiter entscheiden läfst, wclclies das eigentliche Muttergewebe des Schwammes gewesen sei. Auf der Fläche seröser Häute habe ich sie unabhängig von allen benachbarten Geweben gefunden. Eine allgemeine die Schwämme charakterisirende Eigenschaft, welche in dem Verhältnifs derselben zum Gesammtorganismus beruht, ist die Bösartigkeit ihres Einflusses. Ein Schwamm bedingt entweder sehr rasch ein constitulionelles Erkranken, welchem alsdann die Entwickelung gleichartiger Schwämmc an den verschiedensten Körperstellen folgen, oder es ¡6t schon der zuerst entstehende Schwamm blofs localer Ausdruck eines allgemeinen Leidens. In erstcrem Falle ist Heilung des Kranken blofs dann möglich, wenn der Schwamm noch vor Entwickelung der allgemeinen Krankheit mit sümmllichen zu seiner Bildung beitragenden Geweben vollkommen ausgerottet, d. h. durch das Messer, die

16

Fungus.

U n t e r b i n d u n g oder Cauterien so entfernt w i r d , dafs auch nicht eine S p u r des Afterproductes zurückbleibt. O b im einzelnen Falle der Schwamm noch als locale K r a n k h e i t zu belrachleu sei, ist wohl fast nie mit Gewifsheit vorherzusag e n , wenigstens h a b e ich Fälle gesehen, in welchen nach traumatischen E i n w i r k u n g e n bei jugendlichen u n d bis dahin scheinbar gesunden S u b j e c t e n entstandene Schwämme sehr bald nach ihrer Entstehung entfernt w u r d e n und doch b e reits mehrere u n d selbst grofse Schwämme gleicher Art in inneren entfernten O r g a n e n entwickelt w a r e n , welche dem L e b e n wenige T a g e nach der O p e r a t i o n ein E n d e machten. E s sind mir drei anatomisch - verschiedene A r t e n von Schwämmen v o r g e k o m m e n , z u deren Bezeichnung ich wied e r u m schon gebrauchte N a m e n w ä h l e , o b w o h l dieselben N a m e n von anderen zum Theil auf eine andere W e i s e geb r a u c h t w o r d e n sind. N a c h meinen Untersuchungen ist nämlich zu unterscheiden: 1) M a r k s c h w a m m , fungus medullaris s. fungiis myelodes, ( v o n ö [iv£?>6g, M a r k ) , also markähnlicher, oder, wie M a r k aussehender Schwamm. 2) M e l a n o t i s c h e r S c h w a m m o d e r Schwarzschwamm, fungus melanodes; — der Gieichmafsigkeit der B e n e n n u n g w e g e n u n d um den N a m e n Melanose zu vermeiden, so zu nennen. 3) B l u t s c h w a m m , fungus haematodes. I. Fungus medullaris s. myelodes, Markschwamm. Dieser ist Abernethy's Sarcoma medulläre et tuberculat u m , Monro's fishmilklike t u m o r , J. Durns's spongoid Iuflammation, Iley's, TFardrop's und Lawrences fungus haematodes, Laennec's Encephaloide, Bre^chet's Carcinome encephaloide ou cercbriforme, C a r c i n o m e fongoide u n d C a r cinome h a e m a t o d e , Maunoir's f u n g u s medullaris, v. FFaltker's M a r k s c h w a m m und Blutschwamm. D e r Markschwamm ist die bei weitem am häufigsten vork o m m e n d e Art des Schwammes u n d bereits in allen G e w e b s y stemen und O r g a n e n des K ö r p e r s gefunden w o r d e n . Man k a n n vier S l a d i e n desselben unterscheiden, von denen-die drei letzten sich überall gleich verhalten, w ä h r e n d das erste Stadium nach den verschiedenen G e w e b e n , in welchen der Schwamm sich entwickelt, etwas verschieden erscheint. Diese vier Stadien sind:

Fungus. sind: 1 )

das d e r

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ersten B i l d u n g , —

2 ) das des B e s t e h e n s

in clgenthümlicher Z u s a m m e n s e t z u n g aus markähnlicher M a s s e , mit zellgewebigen —

an G e f ä f s e n nicht sehr r e i c h e n

3 ) das d e r E n t z ü n d u n g , —

Trennung Masse,

der

entzündeten

wobei 'letztere

Substanz

entweder

auf einer schwammigen

Wänden,

4 ) das d e r E r w e i c h u n g und

der

und

erweichten

e i n e H ö h l e ausfüllt

Oberfläche

als S c c r e t

oder

ausgeschie-

den wird. D a s e r s t e S t a d i u m ist in s e i n e r E r s c h e i n u n g j e n a c h dein G e w e b e verschieden, in welchem sich d e r M a r k s c h w a m i n entwickelt.

E n t w i c k e l t e r sich in dem Z e l l g e w e b e ,

nuf der i n n e r n F l ä c h e s e r ö s e r H ä u t e

( z . B . dem

oder

Arachnoi-

d c a - I J i ' b c r z u g der D u r a M a l e r , o d e r a u f d e r P l e u r a costalis,

au w e l c h e n beiden S t e l l e n icli ihn unabhängig v o n den

b e n a c h b a r t e n O r g a n e n gesehen h a b e ) , s o zeigt sich a u f d e r Durchschniltsfläche durchscheinender weilen

einzelne

eine ganz h o m o g e n e M a s s e , milchig-grauer

sehr feine

Farbe,

in

durchschnittene

von

halb-

der blofs

bis-

Gefäfschen

be-

m e r k b a r sind; drückt man diese M a s s e , so quillt etwas milchige t r ü b e F l ü s s i g k e i t

auf d e r O b e r f l ä c h e

man diese a b , und drückt w i e d e r ,

hervor;

wischt

o d e r streicht man öfters

mit dem M e s s e r r ü c k e n ü b e r diese F l ä c h e hin, so b l e i b t ein sehr feinmaschiges o d e r p o r ö s e s G e w e b e v o n mäfsiger Festigk e i t z u r ü c k , so dafs man sieht, dafs die Masse" b l o f s scheinb a r h o m o g e n sei und eigentlich aus vielfach durch e i n a n d e r gezogenen S c h e i d e w ä n d e n feslgewordener

Gallerte

b e s t e h e n , in d e r e n

(die

aus einer

ähnlichen

durchscheinenden

Substanz

feine Zwischenräume

gebildet

sind)

eine t r ü b e

In

sieht m a n

undurchsichtige weifsliche S t r e i f e n

bisweilen

1 — 2 Linien Breite

dieser s c h e i u b a r h o m o g e n e n

Flüs-

sigkeit ergossen ist.

Masse bis

sich h i n z i e h e n , w e l c h e den S c h e i n

veranlassen, als h a b e man es mit einer scirrhösen G e s c h w u l s t zu thun, v o n w e l c h e r m a n den b e g i n n e n d e n F u n g u s

aber

dadurch leicht unterscheiden kann, dafs die G e s c h w u l s t nicht so hart, und die Streifen nicht so auffallend silberweifsglänzend sind, wie beim S c i r r h u s . —

D i e s e Streifen scheinen durch

bereits vor der B i l d u n g des S c h w a m m e s an d e r u n t e r s u c h ten Stelle vorhanden g e w e s e n e Z e l l g e w e b s b ü n d e l o d e r F a s cienstreifen gebildet zu w e r d e n , wenigstens fand ich sie am häufigsten in der N ä h e v o n D r ü s e n , deren Z e l l g e w e b s h ü l l e n Med. cliir. Encycl. XIII. Bd.

2

18

Ftingns.

durch derbe Zellgewcbssträngc mit dem übrigen Zellgewebe in Verbindung sind, oder in der Nähe des Periosteums an den Stellen, wo sich die Aponeurosen an dasselbe anheften. Entwickelt sich dagegen der Markschwamm in dem P a r e n c h y i n d r ü s i g e r O r g a n e , z. B . der Brustdrüse, der Hoden und Nebenhoden, u. a. m., so hat die Masse auf der Durchschniltsfläche nicht das Aussehen einer homogenen Masse, sondern sie erscheint als ein mehr oder minder weites maschiges Gewebe, in welchem man schon ohne Ausdrücken der flüssigen Substanz den Unterschied zwischen den W ä n d e n der einzelnen Fächer und zwischen dein Inhalt derselben erkennt. — Die W ä n d e bestehen aus einer halbdurchsichtigen, erweichtem Knorpel oder entzündetem Fasergewebe nicht unähnlichen Substanz, sind von sehr verschiedener Dicke ( b i s zu J Linie d i c k ) und gehen nach allen Richtungen hin in einander über, so dafs eine Menge eckiger, aber ganz unregelmäfsiger Zwischenräume entstehen, welche ebenfalls von sehr verschiedener Gröfse sind. Diese Zwischenräume enthalten nun theils blofs jene milchig-trübe Flüssigkeit, theils aber sind sie mit der homogenen Masse (wie ich sie vorhin beschrieben h a b e ) gefüllt, so dafs die Zwischenräume auch bald leichter, bald schwerer durch Druck oder durch Abwischen der Oberfläche zu entleeren sind. — Entsprechend den beschriebenen zwei Substanzen des Markschwammes in seinem ersten BildungsStadium haben die Geschwülste auf der Durchschniltsfläche eine trübe, ganz blafsröthliche, weifse F a r b e , und ein bald homogenes, bald maschiges Aussehen. Bisweilen finden sich hie und da, und zwar immer in den Zwischenwänden der einzelnen Zellen liegend, feine Gefäfse, die sich sogar bisweilen stellenweise mehr zusammendrängen, wodurch dunkelroth punktirte, nicht umschriebene Stellen entstehen, an denen zugleich das G e w e b e eine gröfsere Weichheit zeigt. In dieser ersten Periode sind in den meisten Fällen die Gränzen der Geschwulst nicht durch eine zusammenhängende feine Haut bezeichnet, sondern diese verliert sich unmerklich in das benachbarte Normalgewebe, doch mi^fs ich bemerken, dafs ich auch mehrmals bei solchen beginnenden Markschwämmen in drüsigen Organen schon ganz im Anfang

19

Fungus.

dieses ersten Stadiums eine bestimmte Läutige Gränze der Geschwulst darstellen konnte. Als Uebergang aus dem Isten zum 2ten Stadium Labe ich folgende Veränderungen bemerkt; die Zwischenwände der Zellen werden fester, aber dünner, und nehmen immer mehr das Ansehen der Zellgewebsblätter an, es entwickeln sich in denselben zugleich feine, aber immer noch sehr sparsame Gefäfse; — zugleich dehnen sich die Zellen aus, während die sie ausfüllende Flüssigkeit allinälig immer mehr Consistenz erhält und eine undurchsichtigere, weifse F a r b e erhielt. Das z w e i t e S t a d i u m d e s M a r k s c h w a m m e s ist das der völligeil Ausbildung desselben, in welchem er vollkommen alle Eigenschaften des reinen Markschwammes zeigt. Die Zellgewebswände, welche die Geschwulst durchziehen, sind ganz fein und durchsichtig geworden, blofs hie und da laufen dickere W ä n d e und Stränge durch (vielleicht die Ueberbleibsel der vorhin beschriebenen wcifslichen Streifen), w o durch die Geschwulst in einzelne Lappen abgetheilt wird; diese Zellgewebswände zeigen die Elasticität des gewöhnlichen Zellgewebes fast in normalem G r a d e ; da wo sie mit fibrösen Theilen, namentlich dem Periost, in Verbindung stehen, gleichen sie am meisten dem durch Entzündung zu einer halbdurchscheinendcn faserknorpligen streifigen Masse umgeänderten fibrösen G e w e b e ; zugleich hat nun auch der Zellgewebsüberzug au der äufseren Gränze der Geschwulst an Derbheit nnd Festigkeit gewonnen, so dafs dadurch der Markschwamm von den benachbarten G e w e b e n deutlich geschieden, ja bisweilen von einer vollkommenen Kapselmembran umgeben ist. Die Substanz zwischen diesen Zellgewebsblättern dagegen hat jetzt die Consistenz des Hirnmarkes beinahe erreicht, doch ist sie immer etwas weicher, mehr gallertartig als dieses. Dafs von eigentlicher Hirnoder Nervenmasse in diesen Geschwülsten nicht die R e d e sein k ö n n e , bedarf hier nicht erst der E r w ä h n u n g , da die früheren Behauptungen dieser Art, welche selbst durch chemische Analysen bestätigt sein sollten, längst genügend widerlegt sind. Diese weiche, saftreiche Markmasse nun hat im Allgemeinen eine röthlich oder bräunlichweifse, bisweilen in der Mitte sogar blendend weifse F a r b e , diese zeigt aber 2*

20

Fungus.

j e n a c h Beimischung v o n B l u t g e f ä f s e n , n a c h dem gröfseren o d e r geringeren V o r h e r r s c h e n d e r Z e l l g e w e b s w ä n d e o d e r d e r M a r k m a s s e , u n d o h n e Zweifel auch j e n a c h Verschiedenheit lokaler A b l a g e r u n g f ä r b e n d e r Pigmente sehr grofse Mannigfaltigkeit der F a r b e n n ü a n c e n , indem eine Beimischung v o n b r a u n , von gelb, v o n blau, selbst von g r ü n u n d violett b a l d an einzelnen Stellen, bald in der ganzen M a r k m a s s e v o r h a n d e n ist. Nicht selten finden sich in d e n T h e i l e n d e r M a r k s c h w ä m m e , welche mit d e n vorhin e r w ä h n t e n , v o m P e r i o s t a u s g e h e n d e n oft zollbreiten fibrösen Streifen d u r c h zogen sind, zu dieser Zeit E n t w i c k e l u n g e n eines unregelmäfsigen spongiösen K n o c h e n g e w e b e s , welche auf der O b e r fläche des K n o c h e n s aufsitzen, sich nach allen Seiten hin v e r b r e i t e n u n d in Fällen, w o der M a r k s c h w a n i m lange nicht in das 3 t e Stadium ü b e r g e h t , zuletzt d e n ganzen M a r k s c h w a m m durchziehen u n d endlich j e n e schonen K n o c h e n p r ä p a r a t e d e r pathologischeil M u s e e n b i l d e n , welche sonst i m m e r d e n N a m e n Spina ventosa erhielten, a b e r nichts sind ^ l s mit dem K n o c h e n in V e r b i n d u n g s t e h e n d e Mai k s c h w ä m m e ; — dafs m a n nicht b e h a u p t e n k a n n , dafs diese b l u m e n kohlähnlichen K n o c h e n m a s s e n v o n dem K n o c h e n ausgehen, ergiebt sich daraus, dafs ich diese K n o c h e n e n t w i c k e l u n g auch in einem mitten in dem L u n g e n p a r e n c h y m sitzenden M a r k schwamm gefunden habe, der bei einem K n a b e n v o r k a m , bei weichein ein ebenfalls mit K n o c h e n g e w e b e d u r c h z o g e n e r Markschwainin am O b e r s c h e n k e l z u r Exarticulalio femoris V e r a n l a s s u n g g e g e b e n hatte. In diesem Stadium g e b e n die Geschwülste von aufsen d u r c h die H a u t hindurch b i s w e i l e n , a b e r nicht i m m e r , ein G e f ü h l undeutlicher Flukt u a t i o n , w e l c h e b e s o n d e r s d a n n fehlt, w e n n die M a r k s c h w ä m m e nicht grofs u n d als einzelne S c h w ä m m e zusamm e n g e h ä u f t sind, w i e ich es zweimal an einer M a r k s c h w a m m D e g e n e r a t i o n der L y m p h d r ü s e n des Halses gesehen habe. G r ö f s e r e S c h w ä m m e im Z e l l g e w e b e , auch im H o d e n schein e n schon in dieser Zeit z u fluctuiren, zeigen a b e r zugleich eine ziemlich auffallende Elasticität u n d P r a l l h e i t , so dafs sie wohl am leichtesten mit H y d a t i d e n g e s c h w ü l s t c n v e r w e c h selt w e r d e n k ö n n e n . D e r U e b e r g a n g z u dem folgenden S t a d i u m ist nicht bestimmt markirt, indem sich o h n e sonstige V e r ä n d e r u n g d e r

Fungus.

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M a s s e b l o f s d e r Gefäfsrcichlliuin in d e n Z e l l g e w e b s w ä n d e n steigert. D a s dritte S t a d i u m d e s M a r k s c h w a m i n e s ist d a s d e r E n t z ü n d u n g desselben. — In den Zellgewebswänden der e i n z e l n e n L a p p e n u n d L ä p p c h e n ist die M e n g e d e r G e f ä f s e s e h r v e r m e h r t ; die S t ä m m e sind n u r selten v o n einigem K a l i b e r , in d e r R e g e l G e f ä f s e v o n h ö c h s t e n s | L i n i e D u r c h m e s s e r , die sich s e h r vielfach u n d nicht n a c h e i n e m gleichmäfsigen T y p u s v e r l h e i l e n ; diese G e f ä f s v e r l h e i l u n g w i r d s t e l l e n w e i s e so dicht, d a f s die Stellen f ü r s c h a r l a c h r o t h c S u gillalionen gehalten w e r d e n k ö n n e n . A u f s e r d e m s c h e i n e n sich n u n auch G e f ä f s e in das I n n e r e d e r L a p p e n v o n M a r k s u b s t a u z hinein z u e r s t r e c k e n , w i e w o h l dies s c h w e r z u b e s t i m m e n i s t , da b e i d e r Zartheit d e r Z e l l g e w e b s w ä n d e d e r Läppchen des Fungus auch wohl vermulhel werden kann, d a f s n o c h f e i n e r e , h i e r a b e r d e r U n t e r s u c h u n g sich e n t z i e h e n d e Z e l l g e w e b s b l ä t l e r als T r ä g e r d e r G e f ä f s e v o r h a n d e n seien. B e i d i e s e r s t a r k e n B l u t g e f ä f s e n t w i c k l u n g in d e r g a n z e n G e s c h w u l s t , w o d u r c h diese hie u n d da p u r p u r r o t h u n d s c h a r l a c h r o t h gefleckt e r s c h e i n t , w e r d e n die Z e l l g e w e b s b l ä t l e r im I n n e r n d e r G e s c h w u l s t s e h r leicht zerreifslich, v e r lieren i h r e Elasticilät u n d D e h n b a r k e i t , u n d v e r d ü n n e n sich vielleicht a u c h , w e n i g s t e n s sind sie b e i s e h r s t a r k e r R ö t h u n g d e r G e s c h w u l s t gar n i c h t m e h r a u f z u f i n d e n . Diese Verd ü n n u n g ist vielleicht a u c h F o l g e d a v o n , d a f s d i e G e s c h w ü l s t e , w e l c h e m a n in d i e s e m S t a d i u m f i n d e t , k u r z v o r d e m T o d e sich i m m e r r a s c h v e r g r ö f s e r t e n , so d a f s m a n als E i g e n s c h a f t dieses S t a d i u m s a u c h e i n e b e s c h l e u n i g t e A u s dehnung der Geschwulst annehmen kann. Diese Ausdehn u n g wird a b e r nicht blofs durch den vermehrten Blutand r a n g , s o n d e r n o f f e n b a r a u c h d u r c h eine d ü n n f l ü s s i g e A u s s c h w i t z u n g in die S u b s t a n z d e r G e s c h w u l s t o d e r in die s o g e n a n n t e M a r k m a s s e b e d i n g t , d e n n die M a r k m a s s e ist j e t z t weit weicher, u n d sehr feucht, so dafs von einem ausges c h n i t t e n e n S t ü c k c h e n eines solchen S c h w a m m e s v o n selbst, b e i r u h i g e m D a l i e g e n , eine t r ü b e , inilchigwäfsrige u n d e t w a s v o n B l u t g e f ä r b t e Flüssigkeit a b f l i e f s t , w a s in d e m z w e i t e n S t a d i u m nicht d e r F a l l ist. D i e M a r k m a s s e zeigt a n d e n w e n i g e r f e u c h t e n o d e r w e i c h e n Stellen n o c h i h r e w e i f s e F a r b e , ist a b e r d u r c h viele d u r c h s c h n i t t e n e G e f ä f s e auf

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ihren Durchschnittsflächen oft stark purpurroth punctirt; — an den weiclicrcn Stellen dagegen hat die Markmasse immer eine mehr oder minder bräunlichrothe gleichniäfsige F ä r b u n g ; — endlich finden sich oft einzelne Puñete in dieser zwar weichen, aber doch noch cohärenten Markmasse, welche vollkommen verflüfsigt sind, und blofs aus einer bräunlichrothen schmierigen dicken Flüssigkeit bestehen, welche bisweilen vollkommen dunkelroth und blutig, ja bisweilen sogar mit coagulirten Blutklumpen gemischt ist, indem sich durchrissene oder ebenfalls erweichte Blutgefäfse unmitteltelbar in die erweichte Marksubstanz öffnen, so dafs auch Injectionsmassen unmittelbar hineindringen. Diese scheinb a r e n Bluthöhlen haben hauptsächlich den Namen Blutschwamm auch diesen Markschwämmen zugezogen, ich habe sie aber nie mit einer glatten Haut, sondern immer mit einer aus breiiger Marksubstauz gebildeten Oberllächc ausgekleidet gefunden. Diese letzten Stellen deuten den Uebergang zum v i e r ten Stadium der Zerfliefsung des Markschwammes an. In diesem Stadium trennt sich eigentlich die entzündete Zellgewebssubstanz des Fungus von der in dieser enthaltenen Markmasse. Die Zellgewebssubstanz beschränkt sich fast blofs auf die den Schwamm und- dessen gröfsere Lappen umgebende Hüllen, sie ist entzündet, aufgelockert, mit vielen Gefäfsen durchzogen und zum Theil mit noch nicht erweichter Markmasse noch versehen; die erweichte Markmasse bildet eine schmutzige, wehr oder minder von Blut gefärbte, ekelhaft riechende, fettig anzufühlende Flüssigkeit, welche bald die Consistenz eines Breies, bald die des Eiters hat, und in den Fällen, w o der Markschwamm in der N ä h e eines Knochens lag, gewöhnlich die nekrotische Oberfläche desselben bespült. Ist diese erweichte Masse noch in den Hüllen des Markschwammes eingeschlossen, so behält derselbe seine frühere F o r m , vergröfsert sich jedoch noch mehr und fluetuirt sehr deutlich; die innere Fläche dieser Höhle ist weich, besteht theils aus weicher und schmieriger gelber, grauer oder brauner Marksubstanz, theils aus stark gerötheten sehr weichen mit vielen Gefäfsen versehenen Fungosiläten. — Ist die Höhle dagegen nach aufsen aufgebrochen, so wuchern diese Fungosiläten nach au-

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fsen und bilden weiche leicht blutende Schwämme, in denen nicht immer Ueberbleibsel der früheren Markmasse aufzufinden sind. — Der Aufbruch dieser Höhlen (oder sogar bisweilen schon des Markschwamms iin dritten Stadium) geschieht dadurch, dafs die Entzündung der Zellgewebshüllen des Markschwamms sich auf die benachbarten Gewebe, besonders das Zellgewebe, fortpflanzt, von hier die darüberliegende Haut ergreift, diese Gewebe erweicht, so dafs sie dem Druck der Geschwulst nicht mehr widerstehen können, sondern durchreifsen und die Geschwulst oder erweichte Markmasse nach aufsen durchbrechen lassen. In Folge dieser sich im Umkreis verbreitenden Reizung erfolgen Anschwellungen benachbarter Lymphdrüsen, noch häufiger ergreift aber die Markschwamnidcgcneralion selbst diese und andere entfernter liegende Lymphdrüsen, so wie auch andere Orgaue; — ob dies durch Resorption der kranken Substanz geschehe, ist wohl hoch zu bezweifeln, obwohl Baring's neuste Beobachtung der Art sehr dafür zu sprechen scheinen. Durch Druck auf die Venen erklärt sich die mit grofsen Markschwämmen meistens verbundene Wasseranschwellung einer oder der andern, oder mehrerer Extremitäten. II. Fungus melanodes, raelanotischer Schwamm, S c h w a r z s c h w a m m . Laennec's Melanose, Breschet's Canerc melane, — die Benennung Melanose ist fast allgemein angenommen. Ich glaube, dafs der Name „melanotischer Schwamm" dem allgemeiner gebrauchten W o r t e „Melanose" vorzuziehen ist, weil mit diesem W o r t e zu vielerlei bezeichnet worden ist, als dafs man dasselbe nicht lieber blofs als die Bezeichnung eines allgemeinen Zustandes der Ablagerung animalischen schwarzen Pigmentes betrachten und für die einzelnen Fälle solcher Färbungen, alsdann noch eine besondere Bestimmung geben und die Melanose blofs als adjective Eigenschaftsbezeichnung beifügen sollte. Der melanotische Schwamm scheint mir blofs eine Moo dificalion des Fungus medullaris zu sein, ist aber in der Beschreibung doch bestimmt davon zu trennen, weil er sich bei gleicher Entwicklung in seinem weiteren Verlaufe anders verhält, als der gewöhnliche Markschwamm, (vielleicht

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blofs in Folge der chcinischcn Einwirkung des in ihm abgelagerten Pigmentes). Obgleich ich hierüber bis jetzt n u r sehr wenige Untersuchungen anstellen konnte, so will ich doch in der Beschreibung auch hier blofs das geben, was ich gefunden h a b e , bemerke indefs, dafs es mir wahrscheinlich ist, dafs ein von dem zu beschreibenden Verlauf noch verschiedener Ausgang vorkömmt, welchen ich nur noch nicht angetroffen habe, und welchen ich nachher andeuten will. D e r m e l a n o t i s c h e S c h w a m m durchläuft ebenfalls vier Stadien, und zwar das 1) Stadium der Entwicklung, 2) das Stadium des Bestehens, 3) das der Entzündung, 4) der Ausscheidung. Das e r s t e S t a d i u m , der Entwicklung, entspricht sowohl im Zellgewebe als im Parenchym drüsiger Organe vollkommen dem ersten Stadium des Markschwainms; der beginnende Schwamm unterscheidet sich noch durch nichts als melanotischer Schwamm, als vielleicht dadurch, dafs er im Anfang auf kleinere Stellen beschränkt ist, als der Markschwamm. Zuerst findet sich eine fast homogene, n u r hie und da streifige oder maschigc Masse von niilchichgrauer Masse, die indefs schon zu dieser Zeit eine beträchtlichere Gefäfsentwicklung, namentlich einzelne etwas gröfsere, die Dicke eines Zwirnsfadens erreichende Gefiifsc zeigt, die auf der Durchschnittsfläche ein gesprenkeltes Aussehen von dunkel- fast schwarzrolhen Blutpuucten bedingen. Drückt man diese Geschwulst, so quillt etwas milchig'fe Flüssigkeit hervor, und man erkennt alsdann das maschige G e w e b e u n d selbst einzelne Gcfäfslumina noch deutlicher. Das z w e i t e S t a d i u m wird dadurch eingeleitet, dafs die Markmasse sich mehrt, die Zellwände dünner, aber die dunklen Gefäfse häufiger w e r d e n , so dafs die Geschwulst ein dunkleres Ansehen hat, als gewöhnlicher Markschwamm. Dieses dunklere Aussehen hängt jedoch nicht blofs von dieser doch immer im Verhältnifs zu der Gröfse der Geschwulst sparsamen Menge von Gefäfsen, sondern von einer schmutzig - b r a u n e n , stellenweise bläulichen Färbung der Markmasse selbst a b ; auch nimmt an dieser F ä r b u n g , wie

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ich wenigstens in einem F a l l gesehen L a b e , die aus d e r M a r k m a s s e a u s z u d r ü c k e n d e Flüssigkeit Theil. H a t das zweite Stadium 6eine H ö h e erreicht, so ist diese d u n k l e r e F ä r b u n g sehr beträchtlich gesteigert u n d erreicht sogar nicht selten ein vollkommenes S c h w a r z . Zugleich ist die G e s c h w u l s t , w e l c h e ebenfalls lappig gelheilt u n d von feineren o d e r d i c k e r e n Z e l l e n w ä n d e n d u r c h z o g e n ist, von gröfserer Festigkeit, ( j a bisweilen so d e r b , wie eine entzündete L y m p h d r ü s e ) . Auf d e r Durchschnittsfläche scheint d e r feste S c h w a m m aus einer M e n g e rundlicher u n d ovaler, d u r c h Zellhüllen fest a n e i n a n d e r gefügter K n o l l e n z u bestehen, die eine schwarze bald m e h r bläuliche, bald m e h r b r ä u n l i c h e F a r b e haben, so dafs einer solchen Fläche nichts so ähnlich ist, als eine s c h w a r z gebeizte l'appelinascr. I n den Zellgewebszwischenwänden, die v o n gleicher F a r b e sind, b e m e r k t m a n hie und da durchschnittene G e f ä f s e , aus den e n sich d u n k l e s ( v e n ö s e s ) Blut a u s d r ü c k e n läfst. Solchc Geschwülste fühlen sich d u r c h die H a u t h i n d u r c h d e r b a n u n d zeigen k e i n e S p u r von F l u c t u a t i o n . Z u d e r Z e i t , w o die Geschwulst ganz ausgebildet ist, ist sie g e n a u umschrieb e n , u n d die schwarze F ä r b u n g b e s c h r ä n k t sich a u c h g e n a u mit der äufsersten Zellgcwcbshiillc. D a s d r i t t e S t a d i u m ist das der E n t z ü n d u n g , w e l c h e sich indefs ( w e n i g s t e n s so viel ich bis jetzt b e o b a c h t e n k o n n t e ) auf die U m g e b u n g der Geschwulst b e s c h r ä n k t ; diese zeigen die gewöhnlichen E r s c h e i n u n g e n d e r Z e l l g e w e b s - E n t z ü n d u n g ; es folgt seröse u n d fibrinöse Exsudation, V e r w a c h s u n g des Zellgewebes mit der äufseren H a u t , durch welche n u n die Geschwulst n o c h auffallender als f r ü h e r blau, o d e r g r a u durchscheint; die H a u t in d e r U m g e b u n g rölhet sich, es w e r d e n einzelne Stellen d ü n n e r , u n d damit ist der U e b e r gang zum vierten Stadium erreicht, w ä h r e n d in d e r T e x t u r d e r Geschwulst selbst gar k e i n e V e r ä n d e r u n g v o r g e g a n g e n ist; w o f ü r sich als G r u n d v e r m u t h u n g s w e i s e vielleicht a n f ü h r e n liefse, dafs das chemischer U n t e r s u c h u n g zufolge hauptsächlich kohlenstoffhaltige Pigment hier e b e n so die Entzündungs - Erweichung und Zerstörung verhindert, wie dies beim E i n s t r e u e n kohlenstoffiger Mittel in W u n d e n u n d G e s c h w ü r e b e o b a c h t e t wird. Das v i e r t e S t a d i u m

ist n u n das der Ausscheidung,

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welches vermittelst der E n t z ü n d u n g der u m g e b e n d e n Theile so geschieht, dafs ich z. B. bei einem amelanotischen Schwamm, d e r einem M a n n auf der Schullerhöhe durch die H a u t hervorgebrochen war, fand, dafs die n o c h d e r b e schwarze melanotische Schwammgeschwulst von der G r ö f s e eines H ü h nereies von den b e n a c h b a r t e n Theilen durch eine liniendicke Schicht ausgeschwitzten u n d noch nicht organisirten F a serstoffes abgesondert w a r , etwa 1 Zoll weit ganz entblöfst au der O b e r f l ä c h e hervorragte, u n d nach hinten durch einen etwa fingerdicken Stiel, o d e r vielmehr blofs durch das dünn e r e E n d e d e r Geschwulst mit dem darunterliegenden Zellg e w e b e in V e r b i n d u n g stand, in welcher sich bereits ein n e u e r melanotischer Schwamm im ersten Stadium seiner E n t wicklung v o r f a n d . Auf d e r enlblöfsten O b e r f l ä c h e dieser Geschwülste zeigt sich n u n allmälig Auflockerung, es schvrizt eine schmierige t r ü b e Flüssigkeit a u s , der erweichte Thcil d e r Geschwulst schwillt auf, wulstet sich ü b e r die H a u t r ä n der der D u r c h b r u c h s - O e f f n u n g herüber, sondert immer stärk e r a b , wird immer leichter, blutet bei der B e r ü h r u n g u n d verhält sich endlich, jedoch immer mit trägerem "Verlauf, wie ein gewöhnlicher aufgebrochener Markschwamm. Ich mufs hier nochmals b e s o n d e r s b e m e r k e n , dafs ich nicht b e h a u p t e n will, dafs im dritten Stadium eine E n t z ü n d u n g s - E r w e i c h u n g des melanotischen Schwammes selbst gar nicht v o r k o m m e n k ö n n e , — ich h a b e sie n u r noch nicht b e o b a c h t e t u n d daher auch nicht hier beschrieben; tritt sie ein, so verläuft der Schwamm alsdann, nach Anderen, wie ein M a r k s c h w a m m durch das dritte u n d vierte Stadium. Indefs ergeben auch die Beschreibungen A n d e r e r von dem melanotischen Schwamm, dafs d e r von mir beschriebene Verlauf bei weitem der häufigere ist; n u r darf man nicht die F ä l l e mit liieher rechnen, w o indurirte und melanotische gefärbte L y m p h drüsen, u n d a n d r e blofs schwarz gefärbte Gewebstheile auch d e n N a m e n Melanosen erhielten, welche ich aus diesem G r u n d e als nicht gleichbedeutend mit der B e n e n n u n g „melanotischer S c h w a m m " bezeichnete. Fungus haematodes, Blutschwamm. Dieser N a m e hat bis jetzt sehr verschiedene k r a n k h a f t e Bildungen bezeichnen m ü s s e n , ich b e n u t z e denselben a b e r dennoch w i e d e r , um e i n e , so viel ich weifs, bis jetzt noch

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nicht beschriebene Schwamrabildung zu bezeichnen, weil auf diese W e i s e die dritte Modification des Schwamines ganz nach denselben Grundsätzen bezeichnet ist, wie die beiden übrigen; der generische Name ist nämlich S c h w a m m , und erhält je nach dem vorherrschenden und bemerkbarsten B e s t a n d t e i l einen Zusatz, als M a r k s c h w a m m , — m e l a n o t i s c h e r Schwamm und endlich — B l u t s c h w a m m , weil bei letzterem alle Eigenschaften des Schwammes im Allgemeinen zugegen sind und im Einzelnen eine auffallende Entwicklung der Blutgcfäfse hinzukömmt, durch welche der Schwamm von seiner Entwicklung an sich auffallend von dem Markschwamm und melanotischen Schwamm unterscheidet! Ich habe diese Form des Fungus erst einmal und zwar im Uterus gefunden und hier durch Injcction u. s. w. genau u n tersucht. W a s ich dabei gefunden habe, ist in der K ü r z e Folgendes: In dem Parenchym des Uterus, sowohl am F u n d u s als am Collum uteri, fanden sich theils isolirt, theils in einander übergehend, so dafs sie nicht genau gezählt werden konnten, 6 — 8 Geschwülste von der Gröfse einer Haselnufs bis zu der eines Taubeneis; der K ö r p e r des Uterus war überdies um das dreifache seines Uinfangs vergröfsert, etwas weich, und mehr als gewöhnlich gcröthet, die zum Theil mit der Hälfte ihres Umfanges ü b e r die Oberfläche des Uter u s hervorragenden und von dem serösen Ueberzug des Uterus überkleideten Geschwülste haben eine dunkelbraune und dunkelblaue F ä r b u n g und fühlen sich weich und elastisch an, ohne jedoch ein deutliches Gefühl von Fluctuation zu geben. Ich injicirte mit rother Wachsmasse zuerst von beiden Venis spermaticis aus, durch welche, da sie keine Klappen besitzen, die Injectionsmasse leicht eindringt; indefs wurden hierdurch blofs die am Mutterhals liegenden Geschwülste mit Injectionsmasse gefüllt, die am F u n d u s dagegen blieben unverändert, was für die Untersuchung b e sonders günstig war. Ich fand nun in diesen Geschwülsten zwei Zustände, welche dem ersten und zweiten Stadium des Markschwamm'es analog sind, und die ich daher auch als solche Stadien beschreiben werde. E r s t e s S t a d i u m am F u n d u s Uteri; in dem nicht injicirten Theile fand sich unter andern eine runde etwas wei-

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cliere Stelle von der Gröfse einer Ilaselnufs, wo zwischen den Fasern des Uterus, die man aus der normalbeschaffenen Substanz des Uterus in diese weiche Stelle hinein verfolgen konnte, eine weiche mehr breiige Substanz vorhanden war, •welche bei genauer Untersuchung von sehr feinen Zellwändeu umschlossen war, und sich aus diesen äufserst feinen Grübchen mit dem Scalpell herausstreichen liefs, und alsdann ein rahmähnliches Ansehen hatte; stellenweis waren diese Zellen grüfser und alsdann die darin befindliche Substanz auch fester, mehr dem Mark an Consistenz ähnlich und von bräunlich weifser Farbe. In den Zellgewebsstreifen und W ä n d e n war nun eine grofse Menge von Gefäfsen zu bemerken, welche an W e i t e beinahe die Dicke einer Rabenfeder erreichten; diese Gefäfse enthielten nur wenig Blut, klafften aber auf den Durchschnitlsflächen dennoch, und bei genauerer Untersuchung ergab sich, dafs diese vielfach untereinander verbundenen Gefäfse beträchtlich dicke W ä n d e hatten, die immer vollkommen glatt waren und nach aufsen durch eine dichte Zellgewebsoberiläche mit dem Gewebe der eigentlichen Faser des Uterus in Verbindung standen. Dadurch, dafs diese Gefäfse, welche in dem injicirten Tlicil des Uterus durchgängig die Dicke einer l\abenfeder Latten, sehr nahe an einander lagen, war die auch hier deutliche weiche Markmasse zusammengedrängt und nalun kaum etwas mehr Raum ein als die aufgetriebenen Gefäfse der Geschwulst. Diese Gefäfse standen mit den Venis spermalicis internis und uterinis in Verbindung. In diesem Zustand bestanden also die Geschwülste: 1) aus der normalen parenchymatösen Faser des Uterus, 2) aus rahmähnlicher trübvveifser Flüssigkeit, in äufserst feine Zellen eingeschlossen, die von der parenchymatösen Fas^r ausgingen, 3) aus erweiterten und mit verdickten W ä n d e n versehenen und daher auch in der erweichten Substanz klaffenden Venen, welche einen der Ausdehnung der Markmasse etwa gleichen Raum einnahmen. Dadurch erschien nun die nicht injicirte Geschwulst auf der Durchschnittsfläche als eine sehr poröse Substanz, in welcher aber die Poren durch l bis 1 Linie dicke W ä n d e aus Zellfaser und Markmasse von einander getrennt waren. Zweites Stadium.

Dieses charaktcrisirte sich durch

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die vollkommene Ausbildung der Marksubstanz, und durch noch beträchtlichere Entwicklung der Blutgefäfse. D i e M a r k masse hatte Consistenz und überhaupt alle Eigenschaften der Markmasse im zweilen Stadium des F u n g u s mcdullaris, hatte aber eine mehr bläulich braune F ä r b u n g , und bildete nicht so grofse und durch Zellhüllen umschlossene L a p p e n , w i e beim Markschwamm, sondern war zwischen den erweiterten Gefäfsen ungefähr so vertheilt wie die breiige Substanz der Milz zwischen den F a s e r n und Gefäfscn dieses Organcs. In dieser Markmasse verliefen nun zum T h e i l dicht aneinander gedrängt und knäulartig verwickelt die erweiterten und mit verdickten W ä n d e n versehenen Gefäfse, welche von der D i c k e einer B a b e n f e d e r bis zu der eines Gänsekiels variirt e n , und an einigen, jedoch wenigen Stellen knotig aufgetrieben w a r e n ; die innere F l ä c h e der Gefäfse war glatt, die äufsere zellgewebig, mit der Markmasse in Berührung stehend; sie standen ebenfalls mit dem Plexus venosus pampiniformis in Verbindung. A u f der Durchschnittsfläche eines dieser im zweiten Stadium befindlichen Blulschwämme w a r die Porosilät noch weit auffallender, als iin ersten S t a dium, die durchschnittenen und klaffenden oder auch an andern Stellen mit \\ acliMiiasse injicii teil Gefäfse nahmen mehr als £ der Dmchschnillslläche ein, während die M a r k masse stellenweise zusammengedrängt war. An der innern oder Schleimhaulfläche des Uterus bildeten einige dieser Geschwülste zwar Hervorragungen, es war aber auf denselb e n der Schleimhautüberzug in vollkommen unverändertem Zustand. Blutdepots, oder Blutaustretungen fand ich nirgends, denn auch an den knotigen Auflreibungen der G e fäfse, durch welche selbst S ä c k e von der Gröfse einer Haselnufs gebildet w u r d e n , war die glatte innere G e f ä f s o b e r fläche ohne Unterbrechung vorhanden. W i e sich später diese Geschwülste verhalten haben würden, bin ich nicht im Stande anzugeben, da mir aufser diesem einen Fall bis jetzt die beschriebene Art derSchwaminbild u n g n o c h nicht vorgekommen ist, und ich auch Beschreibungen einer ähnlichen in den chirurgischen oder anatomischen Schriften nicht aufgefunden habe. G e g e n den Einwurf, als habe ich hier einen gewöhnlichen Markschwamm vor mir gehabt, bei welchem im zweiten Stadium auch häufig ziemlich weite V e n e n

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in den Z e l l g e w e b s w ä n d e n der einzelnen L a p p e n sich vertheilen, mufs ich b e m e r k e n , dafs sich die beiden F ä l l e hauptsächlich durch drei U m s t ä n d e unterscheiden: 1) sind beim M a r k s c h w a m m immer erst im zweiten Stadium etw a s weitere V e n e n b e m e r k b a r , nicht wie b e i meinem Blutschwamin schon im ersten; 2 ) ist bei dem M a r k schwamm die Markmasse immer sehr beträchtlich ü b e r die Gefätsmenge ü b e r w i e g e n d , w ä h r e n d bei dem Blutschwamin sich beide gleich stehen o d e r sogar die Gefäfse 2 — 3 Mal mehr R a u m einnehmen, als die Markmasse, 3) endlich sind b e i dein von mir beschriebenen Blutschwamm die Gefäfsw ä n d e beträchtlich verdickt. — D e n E i n w u r f , als h a b e ich den grofsen Fehler begangen, eine blofseVaricen-Geschwulst f ü r einen S c h w a m m anzusehen, glaube ich durch die Beschreibung selbst widerlegt zu h a b e n , indem ich anführte, dafs u n d wie wirkliche Markmasse zwischen den Gefäfsen abgelagert seie. D a s W e n i g e , was ich ü b e r den Zustand der Person, bei welcher ich das beschriebene P r ä p a r a t fand, aus dem K r a n k h e i t s - J o u r n a l entnehmen kann, ist F o l g e n d e s : Caroline Lehfeldt, 3 4 J a h r alt, ein sehr sensibles Indiv i d u u m , halte v o r 2 J a h r e n abortirt u n d seitdem fortwähr e n d z u r Zeil des etwas unregelmäfsig g e w o r d e n e n Monatsflusses d r ü c k e n d e Schmerzen im B e c k e n u n d Brustbeklemm u n g u n d a n d r e S y m p t o m e von Blutandrang nach der Brust. Bei d e r A u f n a h m e in das Charitékrankenhaus am 21. Mai 1 8 3 4 klagte sie ü b e r Brustbeklemmung u n d hatte einen u n regelmäfsigen zuweilen aussetzenden Puls, zugleich a b e r b e trächtliche Schmerzen in der rechten Lendengegend. Streng antiphlogistische Behandlung beseitigte diese L e i d e n ; am 25sten Mai A b e n d s stellte sich w i e d e r u m eine heftige Exacerbation ein, welche d u r c h antiphlogistische Behandlung n u r etwas gemildert w u r d e , T a g s darauf mit erneuter Heftigkeit eintrat, u n d mit den heftigsten Congestionen nach Kopf u n d Brust, mit hartem beschleunigten, bisweilen aussetzenden P u l s u n d dabei jedesmal mit v o r ü b e r g e h e n d e r heftiger Brustbeklemmung v e r b u n d e n w a r . D e r Schlaf w u r d e n u n u n ruhig, es stellten sich Delirien ein, dazu kam sehr rasches Sinken der K r ä f t e , sehr frequentcr kleiner zusanimengezo-

Fungus.

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gener Puls und Herzschlag, Bewufstlosigkeit, und am l s t e n .1 inii erfolgte der T o d . Bei der 30 Stunden nach dem T o d e vorgenommenen Section fand sich in der K o p f h ö h l e beträchtliche Blutanfüllung sämmtlicher Gefäfse; in der Höhle der Arachnoidea und besonders in den Hirnventrikeln Ansammlung von Serum. In der B r u s t h ö h l e fanden sich die Lungen sehr blutreich, blauroth von Aussehen auf der Oberfläche mit frischer gelatinöser Ausschwitzung bedeckt und durch einzelne mit rolhen Blutgefäfsen versehene Pseudomembranen an die Rippenpleura angewachsen. In beiden Lungen fühlte man schon von aufsen derbe rundliche K n o t e n von der (IIÖI'HC cinrr Hohne bis zu der einer Ilasclnufs, welche auf den ersten Anblick duich eine Lobularentzündung der L u n gen gebildet schienen, sich aber bei genauerer Untersuchung als Afterbildungen charakterisirten, welche hie und da in das Lungenparenchym eingestreut waren, und beim Durchschnitt sich wie feste melanotische Schwämme, von braunrother F a r b e verhielten, von denen einzelne jedoch n u r sehr feine klaffende Gefäfsmündungen zeigten. Solcher Geschwülste, die ich ebenfalls als den bereits beschriebenen Blutschwämmen analog brtraelilrii möchte, waren in jeder Lunge 20 — 3 0 . — D e r Herzbeutel enthielt £ Pfund blutiges Serum und zeigte auf der innern Oberfläche beträchtliche, besonders stellenweis, sehr zusammengedrängte Gefäfsverzweigungen. — In der Bauchhöhle fanden sich alle Organe von normaler Beschaffenheit, mit Ausnahme des Uterus, dessen Untersuchung die oben ausführlich mitgetheilten Resultate ergab. Lungen und Uterus befinden sich in dem anatomischen Cabinet des Charilekrankenhauses. Nach dieser ganzen Auseinandersetzung giebt es also 3 JVIodilicationen der Schwamm- oder Fungusbildung. 1) M a r k s c h w a m m , fungus medullaris s. myelodes, mit Vorherrschen der markähnlichen Substanz; 2) S c h w a r z s c h w a m m oder m e l a n o t i s c h e r S c h w a m m , / . melanodes, mit schwarzer F ä r b u n g der festeren markähnlichen Substanz. 3) B l u t s c h w a m m , / . haematodes, mit Vorherrschen der verdickten und erweiterten Venen ü b e r die vorhandene Marksubstanz.

32 Ich erlaube mir nun noch einige kurze Bemerkuugen ü b e r die Benennungen, welche von anderen den von mir beschriebenen Krankheilsformen beigelegt worden sind: J. Durns, (üissertations on inflammation. 1800.) nennt den Markschwamm, spongoid inflammation, schwammige Entzündung, und bezeichnet damit das -Ite Stadium des Markschwammes, welches aber gewifs nicht mit Recht, als eine eigentümliche „ E n t z ü n d u n g " bezeichnet wird. A. Burns (Observations on the surgical A n a t o m j of the Head and Neck 1811.) unterscheidet Fungus haematodes und Sarcoma medulläre, deren Unterschied nach ihm blofs in dem Vorhandenseyn und Fehlen membranöser Streifen in der Geschwulst liegt; dafs dieser Unterschied nicht •wesentlich, sondern von der Beschaffenheit der Stelle, an welcher sich der Markschwamm entwickelt, abhängig sei, h a b e ich oben bei Beschreibung des ersten Stadiums des Markschwamms angeführt. Abernelhy, (Surgical observations. 1801.) unterscheidet ein pancreasartiges, brustdrüsenartiges, markiges, knotiges und krebsiges Sarcom, und beschreibt unter dem Namen des m a r k i g e n und k n o t i g e n S a r c o m s unsern Markschwanim im Isten Stadium, welcher, wenn er in Lymphdrüsen sich entwickelt, wie ich es zweimal an den Elalsdrüsen und einmal an den Leistendrüsen gesehen habe, genau der Beschreibung seines knotigen Sarcoms entspricht. Die Benennung Sarcom f ü r Fungus ist nicht wohl gewählt, da eine Vereinigung des gutartigen Sarcoms mit dem bösartigen Markschwamin und K r e b s in eine Gattung für die Pathologie und Therapie wohl nicht erspriefslich sein kann. Hey, (Practical Observ. in Surgery. 1811.) und ff'ardrop (IVardrop observ. on fungus haematodes and soft carcer. 1809.) unterscheiden Markschwamin und Blutschwamm blofs nach einem verschiedenen Verhalten nach dem Aufb r u c h ; aber es ist bereits von Chelius angegeben, dafs diese Verschiedenheit zufällig und von der Localität des Schwammes abhängig sei. Sie beschreiben unter beiden Namen den eigentlichen Markschwamm. Maunoir (Abhandl. ü b e r den Mark- und Blutschwamm 1820.) hat auf der einen Seite durch eine meisterhafte Schilderung des Markschwamnies viel genützt, auf der andern Seite

Fungus.

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Seile aber dadurch viel V e r w i r r u n g h e r v o r g e b r a c h t d a f s e r a l s Blutschwamm die Teleangiectasien aufführt, welche auf keine W e i s e zu den Schwammbildungen gerechnet w e r d e n können. v. JValther (v. Wallher's u. v. Gräfe's J o u r n a l Bd. V. 1 8 2 3 . ) ist dagegen durch seinen klassischen Aufsatz ü b e r Verhärtung, Scirrhus, harten und weichen Krebs, MeduIIarsarcom, Blutschwamni, Teleangiectasie u n d A n e u r y s m a p e r anastomosin „dieser V e r w i r r u n g entgegen getreten, und hat Klarheit ü b e r diese schwierigen Theile der chirurgischen P a thologie verbreitet; — indefs scheint sein Blutschwamm von seinem M a r k s a r c o m , wie auch schon Chelius bemerkt, nicht eigentlich unterschieden zu sein, sondern blofs als späteres Stadium eines u n d desselben Zustandes durch einen Gegensatz d e r bei der Bildung des Schwammes zerlegten u n d hier abgelagerten B e s t a n d t e i l e betrachtet w e r d e n zu müssen. Sein Blutschwamm entspricht, w e n n ich nicht irre, dem, was ich o b e n als 3tes Stadium des Markschwamms beschrieben habe. Heusinger ( E r s t e r Bericht von der anthropotomischen Anstalt zu W ü r z b u r g . 1826.) tritt v. fFalther's Ansicht bei, u n d setzt ü b e r d i e s b e i d e Krankheiten in zwei verschiedene Kranklicitsklassen, w o b e i wohl dem anatomischen Verhallen einzelner Präparate zu grofses Gewicht zugestanden ist. Ritgen (Pathologie u. T h e r a p i e der Afterbildgn. 1828) führt unter den Zellschwämmen unter a n d e r e n blofs formell damit zusammengestellten F o r m e n , einen Blutschwamm, Eiweifsschwamin und Schwarzschwamm auf, giebt a b e r selbst an, dafs der Blutschwamm der Ausgang des Eiweifsschwammes oder F u n g u s medullaris sei. D a s w a s ich als B l u t s c h w a m m beschrieben habe, scheint mir eine n e u e F o r m des Schwammes, ist a b e r ebenso wie der S c h w a r z s c h w a m i n wohl blofs als eine A b a r t o d e r Modißcation des eigentlichen M a r k s c h w a m m e s zu b e f r a c h t e n , w i e das bei dem melanotischen Schwamm auch bereits Meckel angegeben hat. F — p. C u r d e r F u n g i i m A l l g e m e i n e n . Noch ist die Chirurgie nicht bis zu der Vollkommenheit gediehen, als dafs wir im Stande wären, für die Behandlung der Fungi im Allgemeinen genaue und feste Grundregeln bestimmen zu können. D i e allgemeinen Principien f ü r die Behandlung d e r F u n g i richtcn sich nach den verschiedenen A r t e n u n d U r Med. chir. Encjcl. XIII. Bd.

3

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Fungus articulorum.

Fungus cellulosus.

sadicn derselben; im Allgemeinen müssen wir stets von dem Gesichtspuncte ausgehen, den Reizungszustand, welcher bei jedem Fungus vorkömmt, zu dämpfen, welches wir durch Antiphlogistica, Blutegel, Schröpfköpfe, Yenaesectionen, laue Bäder u . s . w . bewirken; erst nach Erfüllung dieser Indicatiou schreiten wir zur Entfernung des Uebels durch Exstirpation, Cauteria actualia und potentialia, und sorgen endlich dafür, dafs durch ableitende Mittel, Fontanelle, der örtliche Reizungszustand nicht etwa sich wiedererzeuge oder überhand nehme. Das W e i t e r e und Speciellere hierüber, s o w i e die innere Behandlung der Fungi wird ausführlich in den besondern Arten derselben abgehandelt, daher wir auf die betreffenden Artikel verweisen. E. Gr — e. F U N G U S A R T I C U L O R U M . S. Gliedschwamm. F U N G U S B E D E G U A R . S. Rosa. F U N G U S C E L L U L O S U S , Zellgewebsschwamm. U n ter dieser Benennung beschreibt v. Graefe (S. dess. Bericht über das clinische chir. augenärztl. Institut der Universität zu Berlin für das J a h r 1828 und d e s s e n und v. Wallher's Journ. Band 13. pag. 18) ein Schwammgewächs, das er am Rücken eines 12jährigenKnabenbeobachtete, welches derselbe mittelst der Exstirpation entfernte und das er zu dem Genug der Coilomyces f S . den Artikel Afterbildungen Bd. I. pag. 567 dieser Encyclopaedie) zählt. Die Geschwulst verlief mit ihren Rändern unbestimmt, war schmerzlos, erstreckte sich 3 Zoll vom untern Schulterblattheil linker Seit3 bis zu den Lendenwirbeln, war weich, nachgiebig und sehr elastisch. Bei der innern Untersuchung des Tumors nach seiner Exstirpation fand v. Graefe dafs derselbe ein schmuzzig graues, hier und da röthliches Gewebe enthielt, welches aus kleinern und gröfsern, von wenigen Gefäfschen durchwebten, runden Zellen bestand, die gröfstentheils animalischen Dunst enthielten, wodurch die W a n d u n g e n der Zellen ein sehr glänzendes Ansehen erhielten, und welcher nach dein Erkalten der Geschwulst sich in den uneröffnet gebliebenen Höhlungen zu kleinen Wassermassen angesammelt hatte. Einzelne gröfsere Zellen waren mit Lymphe gefüllt. v. Graefe inuthmafst, dafs diese Fungusart, der er wegen ihrer Aehnlichkeit mit der Lungensubstanz den Namen Tumor pneumonodes beilegt, von partiell stehen gebliebener

Fungus cerebri.

Fungus ulceris.

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Entwicklung herrührt, da alle Thejle des Körpers in der frühesten Foetuszeit zellgewebeartig sind. — Ritgen, dem wir eine ausgezeichnete Abhandlung über die Afterbildungen zu verdanken haben, (v. Graefe's u. v. IVdither's Journ. lid. 11. pag. 1.) hat darin sehr ausführlich über den Zellschwamm gesprochen; unter den 10 Arten desselben, die er (ibid. pag. 32) beschreibt, finden wir jedoch keine vor, welche mit der von v. Graefe beobachteten übereinstimmt, und daher würde dieselbe als eine eigene Art anzusehen sein. Yergl. Artikel Afterbildung. E. Gr —e. F U N G U S CEREBRI. S. Hirnschwamm. F U N G U S CERVINUS. S. Scleroderma. F U N G U S CNIRITRGORUM. Aellere Benennung des zubereiteten Feuerschwauims ohne Salpeter von Boletus foment ari us, s. d. Art. F U N G U S CRANII. S. Hirnschädelschwamm. F U N G U S CYNOSBATI. S. Rosa. F U N G U S D U R A E MATRIS. S. Hirnhautschwamm. F U N G U S GENU. S. Hygroma. F U N G U S HAEMATODES. S. Markschwamm. F U N G U S IGNIARIUS. Aeltere Benennung des FeucrschwaniHiH v. Hol. fomontarius, s. d. Art. F U N G U S LAR1C1S. AeltererName des Boletus purgans, s. d. Art. F U N G U S MAMMAE. S. Brustkrebs und Brustscirrh. F U N G U S M E D U L L A E SPINALIS. S. Hirnschwamm. F U N G U S MEDULLARIS. S. Markschwamm. F U N G U S MELITENSIS. S. Cjnomorium. F U N G U S O C U L I . S. Augenschwamm. F U N G U S OSSEUS. S. Augenschwamm. F U N G U S Q U E R N U S PRAEPARATUS. Aelterer Name des Feuerschwamms, Boletus fomentarius, s. d. Art. F U N G U S SALICIS. Aelterer Name von Boletus suaveolens, s. d. Art. F U N G U S SAMBUCI. S. Tremella. F U N G U S TESTICULI. S. Hodenschwamm. F U N G U S T U N I C A E ALBUGINEAE TESTIS. S. Hodenschwamm. F U N G U S ULCERIS. S. Caro luxurians und Fleischauswuchs. 3*

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Fungus uteri.

Furunkel.

F U N G U S UTERI. S. Gebärmulterschwaimn. F U N G U S VESICAE URINARIAE. S. Harnblascnschwamm. F U N I C U L I UMBILICALIS D E L I G A T I O . S. Nabelschnur. F U N I C U L U S UMBILICALIS. S. Nabelschnur. F U N I C U L U S S P E R M A T I C U S s. teslicularis, der Samenstrang, die strangarligc durch Zellstoff vermittelte Verbindung der Gefäfse und Nerven des Hodens, welche theils zu demselben herabsteigen, theils von demselben aufsteigen. S. d. Art. Geschlechtstheile. S — m. F U N I C U L I VARICOSUS. S. Aderknoten. F U N I S FELLEUS. So nennt Rumph in Herb. Amboinense den Cocculus crispus, s. d. Art. F U R C A L E O S ( T h o m . Bartholini anat. lib. IV. cap. XIX.), Furcilla, Furcula i. q. Clavicula. S. d. Art. Clavicula. F U R F U R AMYGDALARUM. S. Amydalus. F U R F U R A C E A URINA. S. Desquamatio. F U R F U R A T I O . S. Porrigo. Vgl. Afterbildung. FURFURINA. S. Afterbildnng. FURIA INFERNALIS. S. Vena Medinensis. F U R N U S . S. Ofen. F U R O R U T E R I N U S . S. Njmpliomauia. F U R U N K E L , Blutgeschwür; lat. Furunculus, abscessus nucleatus; franz. Furoncle, clou; ital. Fvrunculo; engl, a Bile. D e r Furunkel ist eine eigentümliche Entzündungsgeschwulst in der Haut, die wahrscheinlich ihren Silz meistens in den Folliculis sebaeeis hat. Er kommt sehr häufig vor und zwar besonders an Stellen r wo sich die meisten Folliculi sebacei befinden, daher in den Achselhöhlen in der Gegend des Scrotums, am Perinaeum und am Orificium ani. Anlage dazu haben besonders solche Menschen, die stark ausdunsten und zwar einen übelriechenden Schweifs haben. Gelegenheitsursachen dazu geben Stockungen in der Haut, manchmal auch Convulsionen, und andere äufsere Verletzungen. Manchmal ist er melaslatischer oder consensueller Art, und in einer Ablagerung eines allgemein im Körper verbreiteten Krankheilsstoffes, als des arlhritischen oder scrophulösen, oder auch in einer Rückwirkung gastrischer Uneinigkeiten begründet. In solchen Fällen erscheinen auch wohl

Furunkel.

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mehrere F u r u n k e l n an verschiedenen Theilen des K ö r p e r s zugleich. D i e Geschwulst beim F u r u n k e l ist h a r t , circumM-ript, doch ziemlich hoch ü b e r die Haut hervorragend, u n d sehr schmerzhaft, meistens von der Grüfse einer Haselnufs bis zu der G r ö f s e eines T a u b e n e i e s . D a der F u r u n k e l viele S p a n n u n g u n d Schmerzen verursacht, so ist er z w a r b e schwerlich, a b e r nicht gefährlich; doch erfolgt selten d e r Ausgang in Zertheilung, meistens in Eiterung. N u r w e n n ein F u r u n k e l sehr grofs u n d schmerzhaft, o d e r an einem sehr wichtigen Theile befindlich, oder w e n n m e h r e r e zugleich zugegen sind, k a n n allgemeines l i e b e r h i n z u t r e t e n ; niifsrrdcm ist es selten. Die Ilcliaiidliing erfordert, da man aus E r f a h r u n g weifs, dafs die Zertheilung hüulig nicht zu b e w i r k e n ist, dafs man Bich auch nicht lauge bei Versuchen dazu aufhält; d e n n gesetzt auch, man k ö n n t e durch kalte Umschläge, S c h r ö p f k ö p f e u . dgl. eine Zertheilung der E n t z ü n d u n g b e w i r k e n , so ist doch nichts anders die F o l g e davon, als dafs sie nach k ü r zerer oder längerer Zeit w i e d e r zurückkehrt u n d schmerzhafter w i r d als v o r h e r , w e n n nicht gar eine U e b e r t r a g u u g auf innere Theile zu b e f ü r c h t e n ist. Am wenigsten ist b e i F u r u n k e l n aus innerer Ursache eine Zertheilung anzunehmen. Indessen braucht m a n , b e s o n d e r s w o keine innere Cachexie im Spiele ist, nicht immer gleich mit Cataplasmen u. dgl. direct die E i t e r u n g b e f ö r d e r n d e n Mitteln anzufangen, w e l c h e ohnehin, w e n n sie z u bald gebraucht w e r d e n , n u r die Schmerzen v e r m e h r e n ; sondern man macht Umschläge von einem D e c o c t von Cicuta oder H y o s c y a m u s , das m a n mittelst C o m p r e s s e n w a r m aufschlägt u n d öfters erneuert. D i e s e Unischläge besänftigen die S c h m e r z e n , u n d können, w e n n die E n t z ü n d u n g sich zur Zertheilung hinneigt, auch diese b e f ö r d e r n ; geschieht dies nicht, so schreitet man zu d e n Cataplasmen, w i e man sie zur B e f ö r d e r u n g der Eiter u n g ü b e r h a u p t braucht, denen man aber hier etwas H e r b a I l y o s c y a m i oder Cicutae beimischen kann. "Wenn viele Unthätigkeit in der Geschwulst ist, mufs m a n reizendere Mittel, z. B. Emplastrum de Ammoniaco oder de Galbano crocatum a n w e n d e n . Sobald die Geschwulst reif genug ist, öffnet man sie mit der Lancette, in einer etwas grofsen O e f f n u n g , u n d behandelt sie d a n n wie einen offenen A b -

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Furunkel.

scefs. Zu früh darf man dies Oeffnen nicht vornehmen, weil sonst die Entzündung dadurch vermehrt wird und leicht einen bösartigen Charakter annimmt; aber man darf es auch nicht zu lange aufschieben. D a s sicherste ist, abzuwarten, bis die Härte im Umfange gröfstentheils verschwunden und der F u r u n k e l nicht blos an der Spilze, sondern schon in einer etwas gröfsern Ausdehnung erweicht, weifs, und fluctuirend ist. Findet sich n u r etwas Härte im Umfange, so darf uns diese zwar nicht länger vom Oeffnen abhalten, aber es müssen die Cataplasmen noch so lange fortgesetzt w e r d e n , bis die Härte ganz geschmolzen ist, weil sonst keine gute Eiterung, sondern entweder Verhärtung oder Uebergang in ein fistulöses Geschwür eintritt. W e n n Verhärtung ohne bedeutende Hitze und Rothe im Umfange zugegen ist, bedient man sich anstatt der Cataplasmen lieber eines Mercurialpflasters. Bei der Behandlung des Abscesses ist besonders darauf zu sehen, dafs man den in der Mitte befindlichen Blut- oder Eiterpfropf zu rechtcr Zeit ganz herausbringt. Sobald dies geschehen und alle Härte im Umfange verschwunden ist, kann man die Behandlung auf das Schliefsen des Abscesses hinwirken lassen. Sollte dies z u früh eintreten, wo noch Härte vorhanden ist, so mufs man diese durch Emplastrum niercuriale, Cicutae oder Belladonnae vollends zu zertheilen suchen. Dieses Verfahren gelingt jedoch nicht immer, und dann kehrt die Entzündung u n d Eiterung z u r ü c k , die man eben so gut wie das erstemal behandeln mufs. Diese chirurgische Behandlung des Furunkels ist nicht immer hinreichend, sondern man mufs, wenn er aus innern Ursachen entstanden ist, auch die angemessene innere Behandlung dieser Zustände damit verbinden. Uebrigens vergleiche man noch D r . Ritter, Aetiologie und Therapie der Blutschwären, in v. Craefe'a u n d v. Walther's J o u r n a l , Bd. III. H. 1. p. 81., der folgendes Verfahren mit Glück durchführte, um dem Geschwüre gleich bei seiner Entstehung zuvorzukommen oder es gleichsam in der Geburt zu ersticken, — und dieses w a r , dafs er auf jedes Schwärenbläschen am 3ten oder 4ten Tage nach dein Erscheinen einen Schröpfkopf setzen liefs. Geschah dies am ersten T a g e , so verschwand das Blätterchen ohne wei-

Fuselöl.

Fufs, der künstliche.

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leres auf innner; am 3ten und 4ten Tage aber erst angewendet, folgte eine unbedeutende, durchaus nicht lästige I' ul/.(indung und ganz geringe Eiterung. Liefs er zweimal lind kreuzweise schlagen, so kam es selbst nach dem 3ten Tage nicht einmal so weit, und die Entzündung und das Tröpfchen Eiter waren kaum oder gar nicht zu bemerken. II — s. jun, F U S E L O E L . S. Weingeist. FUSIO. S. Schmelzen. F U S S (Pes) ist der Endtheil jeder unteren Extremität, der im Stehen und Gehen die Last des Körpers trägt und mit dem UnteYschenkel, der sich über ihm befindet, so verbunden ist, dafs sein hinterer Theil nur wenig, sein vorderer dagegen bedeutend hervorragt. Der hinter dem Fufegelenk befindliche Theil des Fufses ist abgerundet und wird die Ferse genannt; aufserdein unterscheidet man die obere gewölbte Seite des Fufses als Fufsrücken ( B o r s u m pedis), die untere hohle Seite des Fufses als Fufssohle (Planta pedis), ferner einen inneren oder Schienbeinrand (Margo internus s. tibialis), einen äufseren oder Wadenbeinrand (Margo externus s. fibularis), endlich ein vorderes Ende (li.itrr.mita» anterior «. digitatis), das von den fünf nebeneinander liegenden Zehen gebildet wird. Der hinlere mit dem Unterschenkel verbundene schmälste aber höchste Theil des Fufses wird die Fufswurzel (Tarsus) genannt; vor derselben liegt der mittlere, etwas niedrigere, aber breiteste Theil, der Mitlelfufs (Metatarsus), an dessen vorderem Ende der dritte etwas schmalere Theil sich befindet, der aus fünf nebeneinander liegenden Zehen ( D i giti pedis) besteht. Bei der Hand machen die Finger den längsten Theil aus, und zugleich ist der erste oder der Daumen von den übrigen getrennt; am Fufse bilden die Zehen den kürzesten Theil, die erste liegt mit den andern in einer Reihe und ist davon nicht anders getrennt als die zweite von der dritten u. s. w. Die Verbindung der ersten oder grofsen Zehe mit dem Miltelfufse ragt an der Fufssohle rundlich und stark hervor, und wird der Ballen des Fufses genannt. S - m. FUSS, d e r k ü n s t l i c h e . In den frühem Zeiten suchtc man den Verlust der Füfse durch Krückcn und Stelzfufse

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Fufs, der künstliche.

zu ersetzen, späterhin aber war man darauf bedacht, durch Erfindung mannichfaclier Vorrichtungen nicht allein die Function der verlorenen Glieder nach Möglichkeit vollkommen zu ersetzen, sondern auch die Deformität zu decken: — durch Stelzfüfse wird diese letztere Aufgabe gar nicht gelöst, aufserdem aber ersetzen sie die Function nur unvollkommen, namentlich beim verloren gegangenen Oberschenkel, und bedürfen hier immer, beim Unterschenkel in den meisten Fällen der Beihülfe der Krücken, obgleich einzelne Beispiele vorhanden sind, dafs Amputirle das Gehen mit einem Stclzfufs sehr fertig erlernt halten. Zu den bessern Slelzfüfsen gehört der von Rühl angegebne* ( U u f e l a n t T s Journ. Bd. 47. St. 5. pag. 108 und Ott Taf. 45. Fig. 16.); der Stclzfufs von Bruenninghausen (Richter, chir. Bibliothek. Bd. 15. Taf. III.); man kann auch den cylindrischen Theil des Stelzfufscs an Starlc's Kapsel für den künstlichen Oberschenkel befestigen. 1) D e r k ü n s t l i c h e O b e r s c h e n k e l . Ist der O b e r schenkel in seiner Mitte auiputirt w o r d e n , dann kann ein künstlicher Oberschenkel von Nutzen sein, und ist der Apparat gut construirt, so erlangt der Kranke damit eine seltene Uebung im Gehen, ohne dafs er der Beihülfe der Krücken bedarf. Ist jedoch der Oberschenkel aus dein Hüftgelenk gelöst, so würde sein künstlicher Wiederersatz dem Kranken nur Beschwerden verursachen. — Ehe wir von der zwcckmäfsigen Construction des künstlichen O b e r schenkels überhaupt sprechen, wollen wir die bekanntesten Vorrichtungen der fraglichen Art nennen. Zu den ältesten derselben gehört der künstliche mit einem Knie- und Fufsgelenk versehene Oberschenkel von Paré (dessen Opera chir. Francof. 1594. p. 658.) Stark benutzte zu seinem künstlichen Oberschenkel den Bruenm'nghausen'schen künstlichen Fufs, welchen Apparat er mit einem blechernen Schaft zur Aufnahme des Stumpfes versah. Das Kniestück und der Unterschenkel bestehen aus weichem Holze und beide sind durch Charnicre mit einander verbunden. Zu den complicirtcren, eben deswegen sowohl als auch iiberdem nicht zu empfehlenden Apparaten der hier besprochenen Art gehören die künstlichen O b e r schenkel von Behrens (Laiigcnbeck's Bibüoth. Bd. 4. St. 1.

Fufs, der künstliche.

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Taf. I. pag. 173) und von Heine (Beschr. ein. neuen kiinstl. Fufses für den Ober- und Unterschenkel W ü r z b . 1811.) Ein zweckmäfsig eingerichteter künstlicher Oberschenkel mufs die Bedingungen erfüllen, dafs die Schaale (Schaft), worin der Stumpf zu liegen kommt, in allen Punkten genau anliege, die Polsterung zweckmäfsig angebracht werde und dafs das künstliche Glied so leicht als möglich sei. Diese Bedingungen sehen wir an dem von v.Graefe angegebenen künstlichen Oberschenkel am vollkommensten erfüllt. W i e sein künstlicher Unterschenkel, so hat auch der künstliche Oberschenkel eine Schaale, auf welche der Fufs sich stemmt und die in eine Scheide übergeht, welche in verschiedenen Platten getheilt ist, so dafs zwischen diesen sich Spalten befinden; die Schaale und Scheide sind aus Messingblech gearbeitet. Die Fütterung der Schaale und Scheide ist so vertheilt, dafs zwischen den Spalten der Platte sich nur Leder, kein Polsterhaar befindet; dadurch wird eine feste Anlage des Oberschenkels erlangt und eine leichte Beweglichkeit bezweckt. Die Schaale wird nun genau am Stumpf angepafst und ihre Scheide gehet hoch bis in die Weichen hinauf. Der untere Fufstheil ist wie beim künstlichen Unterschenkel (S. unten) mit einem beweglichen Kniegelenk versehen, eingerichtet; sonst ist die Construclion des fraglichen künstlichen Gliedes wie bei Stark (v. Graefe's Normen für die Ablös. grüfserer Gliedm. Berlin 1812. p. 154.) 2) K ü n s t l i c h e r U n t e r s c h e n k e l . Ravaton liefs für solche Individuen, welche den Unterschenkel nahe über dem Knöchel verloren, künstliche Füi'se verfertigen (Ravalon Abband 1. von Schufs-, Hieb- und Stichwunden. A. d. Franz. Strafsburg, 17G9. p. 383^); White verfertigte künstliche Unterschenkel aus Zinn, liefs sie mit Leder überziehen und mit einem gelenkigen Fufs aus leichtem Holze versehen (BelVs Lehrbeg. der Wundarzneik. Th. 4. p. 559. Taf. II. Fig. 8. 9.); Addison verfertigte künstliche Unterschenkel mit Beweglichkeit im Kniegelenk und in dem Fufsgelenk ( B r o m f i c l d , chir. Wahrn. A. d. E. Leipz. 1774. p. 488. Taf. 4. Fig. 3. I, Bell, Wundarzn. Bd. 5. p. 186. Taf. 4. Fig. 9. u. liofer Lehrs. d. chir. Verb. Th. 3. p. 255. Taf. 9. Fig. 87); Wilson!* künstlicher Unterschenkel ist aus gchiiriclem Leder gefertigt, (Langenbeck's Bibl. B. 4. St. 1. Tai. 2. Fig. 1. 2.):

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Fufsbad.

Fufsbänder.

Pott gab einen künstlichen Fufs mit Gelenken und Sprungfedern an; Bruenninghausen einen künstlichen Fufs, dessen Wadenstück aus Kupfer, die übrigenTheile aus Holz bestehen (Richter, chir. Biblioth. Bd. 15. St. 4. T a f . I I ) ; Rühl hat einen künstl. Unterschenkel aus Lindenholz anfertigen lassen ( H u f e l a n d ' s Journ. Octbr. 1818. St. 4. p. 1. Fig. 1 — 8 ) , und endlich müssen wir noch des Baillifschen künstlichen, sehr complicirten Unterschenkels Erwähnung thun ( B a i l l i f , Descript. d'une main et jambe artific. Berlin 1818.). Dieselben Bedingungen, welche wir beim künstlichen Unterschenkel angegeben, sind auch hier zu berücksichtigen. v. Graefe's künstlicher Unterschenkel, dessen Schaale und Scheide (S. oben) aus Messing gearbeitet und nach bereits angegebener Art gepolstert, die übrigen Theile aus ausgehöhlten leichtem Holze gefertigt, und alle Gelenke, — selbst die der Zehen beweglich sind, erfüllt vollkommen die genannten Bedingungen und zeichnet sich durch einfache Construction so wie durch Leichtigkeit aus, da er nur 6 8 bis 70 Loth wiegt. Eine speciellere Beschreibung desselben läfst sich ohne bildliche Darstellung nicht gut machen, daher verweisen wir auf Graefe's Normen, pag. 148. Taf.VII. Fig. 1. 3 ) K ü n s t l i c h e r P l a t t f u f s . Nach der Amputation zwischen Sprung- und Fersenbein und dem kahn- und würfelförmigen Bein ist der Wiederersatz leicht, v. Graefe läfst die beides Fufsstücke für seinen Unterschenkel aushöhlen, zusammenleimen, mit Leder überziehen und das Ganze in den Stiefel bringen (v. Graefe's Normen p. 155.). L i t t . Aufser den bereits angeführten Schriften s. Palm, Dissertat. de pedib. artif. Tuebing, 1 8 1 8 . E. G r — e .

F U S S B A D . S. Bad. F U S S B Ä N D E R ( L i g a m e n t a ossium pedis) im engeren Sinne des W o r t e s sind diejenigen, wodurch die einzelnen Knochen desFufses mit einander verbunden werden. Man theilt sie daher am besten in Bänder der Fufswurzel, des Mittelfufscs und der Zehen ein. ' I. Bänder der Fufswurzel ( L i g a m e n t a ossium tarsi). Alle Knochen der Fufswurzel werden durch mehr oder weniger straffe Sjnovialkapseln und kurze Faserbänder mit einander verbunden.

Fufsbänder.

43

1) Die untere Gelentfläche des Körpers vom Sprungbeine wird mit der oberen des Körpers vom Faserbeine durch eine besondere Synovialkapsel (Capsula proprio astragalo - calcanea) vereinigt, die von dem Umfange der Gelenkiläche des einen Knochens zu dem der Gelenkfläche des anderen Knochens herabgeht. An dieser Synovialkapsel liegen nach innen und nach aufsen zwei sehnige Verstärkungsbänder, ein vorderes und ein hinteres, a) Das innere vordere Fersensprungbeinband (Ligamentum astragalo-ca/caneum internum anterius") geht von der inneren Fläche des Sprungbeins zum inneren Fortsatze des Fersenbeins, b) Das innere hintere Fersensprungbeinband (Ligamentum astragalocalcaneum internum posterius) hilft die Scheide bilden, wodurch die Sehne des Beugers der grofsen Zehe gleitet, entspringt von der inneren Fläche des Sprungbeinkörpers und heftet sich an den hinteren Theil der inneren Fläche des Fersenbeins fest. c) Das hintere äufsere Fersensprungbeinband ( L i g . astragalo-calcaneum externum posterius) liegt nahe vor dem Ligamentum laterale fibulaeperpendiculare, besteht nur aus schwachen Fasern, die von der äufseren Seite des Sprungbeinkörpers zur äufseren Seite des Fersenbeins herabsteigen. d) Das äufsere vordere Fersensprungbeinband oder Zwischenknochenband oder Bandapparat der Tarsusgrube ( L i gamentum astragalo-calcaneum externum anterius s. interosseum s. apparatus ligamentosus sinus tarsi) besteht aus mehreren, fünf bis sechs, hinter einander liegenden starken Sehnenbündeln, von denen die vorderen kürzer als die hinteren sind, und die alle von der äufseren Fläche des Halses des Sprungbeins entspringen, auswärts und abwärts gehen und sich an die obere rauhe Fläche des vorderen Fortsatzes des Fersenbeins festheften. Gefäfse und Fettgewebe befinden sich zwischen den einzelnen Bündeln dieses Bandes in der Tarsusgrube. 2 ) Das Sprungbein ist durch die Gelenkfläche seines Kopfes mit dem Kahnbeine und dem vorderen Fortsätze des Fersenbeins eingelenkt, und diese Einlenkung von einer gemeinschaftlichen, nicht sehr straffen Synoviallintit (Capsula astragalo - calcaneo-scaphoidea), die an den Bändern der mit einander nrticulirenden Gelenkflächcu befestigt ist, um-

44

FufsLänJcr,

geben. Ueber dieser Synovialkapsel liegen am Rückcn des Fufses zwei platte faserige Verstärkungsbäuder, ein oberes und ein inneres. a) Das obere (Ligamentum astragalo-scaphoideum dorsale), entspringt von dem oberen und äufseren Umfange des Kopfes des Sprungbeins, wendet sich in schiefer Richtung mit seinen Fasern vorwärts und einwärts und heftet sich an die Rückenseite des Kahnbeins fest, und zwar so, dafs seine inneren Fasern daselbst von den äufseren des inneren Bandes bedeckt werden. b) Das innere Band zwischen dem Sprung- und Kahnbeine ( L i g . aslragalo-scophoideum inlernum) liegt neben dem vorigen nach innen, bedeckt es nach vorn zum Theil, hängt mit dem vorderen Theile des Lig. deltoideum des Fufsgelenkes zusammen, ebenso am inneren Rande des Fufses mit der Trochlea cartilaginea, und besteht mehr aus geradlaufendcn Fasern, die von der inneren Seite des Kopfes des Sprungbeines zu der Rückenseite des Kahnbeines verlaufen. 3) Verbindung des Fersenbeins mit dein Kahnbeine. Diese beiden Knochcn werden durch keine Synovialkapsel, sondern nur durch Faserbänder miteinander vereinigt. Es finden sich drei, ein Rückenband, ein Fufssohlenband und ein inneres Band. a) Das Rückcnband ( L i g . calcaneo-scaphoideum dorsale) bildet einen rundliche», oder prismatischen Strang, der von dem inneren Theile der Rückenseite des vorderen Fortsatzes des Fersenbeins ausgeht und sich an den äufseren abgerundeten Rand des Kahnbeins festheftet. Zuweilen ist dieses stärkere Band noch von einem schwächeren, mehr oberflächlich gelegenen, bedeckt, was auch von Weitbrecht (Syndesmologia pag. 169) richtig angemerkt worden ist. b) Das Fufssohlenband (Lig. plantare calcaneo - scaphoideum) besieht aus mehreren durch Fettgewebe getrennten starken Sehnenbündeln, die von der Sohlenseite des vorderen Fortsatzes des Fersenbeins schief nach innen zu der Sohlenseile des Kahnbeins gehen. c) Das innere Band oder die knorpelige Rolle (Lig. calcaneo - scaphoideum inlernum s. Trochlea cartilaginea tarsi) fängt von dem vorderen Rande des inneren Fort-

Fufsbänder,

45

satzcs des F e r s e n b e i n s an, gebt unter dem K o p f e des Sprungbeins nach vorn und heftet sich an den H ö c k e r des K a h n beins fest. Dieses B a n d ist mit dem Lig. deltoideum des Fufsgelenkes v e r b u n d e n , und enthält au der Stelle, w o die Sehne des hinteren Schienbeinmuskels an ihm liegt, K n o r pelsubstanz. 4 ) V e r b i n d u n g des F e r s e n b e i n s mit dem W ü r f e l b e i n e . D i e Gelenkfläche des vorderen Forlsatzes des F e r s e n b e i n s und die hintere Gelenkfläche des W ü r f e l b e i n s sind von euboidea) einer Synovialhaut ( C a p s u l a synovialis calcaneo u m g e b e n , die sehr kurz ist und durch o b e r e , äufsere, und untere S e h n e n b ä n d e r verstärkt wird. a ) D a s R ü c k e n b a n d (Lig. calcaneo-euboideum dorsale) besteht aus drei durch F e t t g e w e b e getrennten B ü n d e l n , die von der o b e r e n Seite des vorderen Fersenfortsalzes zu der o b e r e n Seite des W ü r f e l b e i n s gehen. b) D a s äufsere B a n d (Lig. calcaneo-euboideum exlernum) ist sehr k u r z , liegt an der äufseren S e i l e des Fufses, entspringt von dem äufseren B a n d e des vorderen Fortsatzes des F e r s e n b e i n s und heftet sich, hinter dein H ö c k e r des W ü r f e l b e i n s , an den äufseren R a n d dieses K n o c h e n s fest. c) D a s Fufssohlcnbaud (Lig. calcaneo-euboideum plantare") ist das stärkste B a n d des Fufses und überhaupt eins der stärksten B ä n d e r des K ö r p e r s . E s ist durch zwischenliegendes F e l l g e w e b e in drei T h e i l e gelheilt, die auch durch Richtung und L ä n g e ihrer Fasern verschieden sind und deshalb als b e s o n d e r e B ä n d e r aufgeführt werden. Demnach unterscheidet man « ) das lange oder oberflächliche Sohlen* b a n d (Lig. plantare calcaneo-euboideum longum), das unter den anderen liegt, von der unteren Fläche des F e r s e n beins enlspringt, in gerader Richtung vorwärts geht und sich an die Sohlenseile des H ö c k e r s des W ü r f e l b e i n s festheftet. M i t dem vorderen E n d e dieses B a n d e s ist der sehnige Ursprung des M . adduclor hallucis verbunden, ß ) D a s schiefe oder mittlere B a n d (Lig. plantare calcaneo-euboideum obliquum) liegt zum T h e i l ü b e r , zum T h e i l am inner e n R a n d e des vorigen, entspringt weiter nach vorn von d e r unteren F l ä c h e des vorderen Forlsatzes des Fersenbeins, und heftet sich an den inneren T h e i l der r,Milieu unteren F l ä c h e des W ü r f e l b e i n s fest, y ) D a s rautenförmige oder

46

Fufsbänder.

liefe Band (Lig. plantare calcaneo-cuboidetim rhomloidetim) wird von dem oberflächlichen ganz, von dein initiieren nur an seinem inneren Rande bedeckt, und geht aus der Furche des vorderen Theiles der unteren Fläche des Fersenbeins zu der Vertiefung hinter dem Höcker des Würfelbeins. 5) Das Kahn- und Würfelbein werden nur gewöhnlich durch eine sehr kleine Synovialkapsel mit einander verbunden; aufserdem aber durch drei Faserbänder, ein Rücken-, ein Zwischenknochen- und ein Fufssohlenfaserband, deren Fasern eine quere Richtung haben. a) Das Rückoufnsorband des K a h n - und Würfelbeins (Lig. scaphoideo-euboideum dorsale) ist länglich-viereckig, besteht aus Fasern, die schräg von hinten und innen, nach vorn und aufsen verlaufen, von dem äufseren Theile der oberen Fläche des Kahnbeins entspringen und sich auf der Rückenseitc des Würfelbeins unweit de« inneren Randes dieses Knochens festheften. b) Das Zwischenknochenband des Kahn- und W ü r f e l beins (Lig. inlcrosseum scaphoideo - euboideum) besteht aus dicht liegenden queren Fasern, die in der ganzen Höhe der Knochen dicht hinter der kleinen Synovialkapsel liegen; es geht mithin vom äufseren Rande des Kahnbeins zur inneren Fläche des Würfelbeins. c) Das Sohleiiband des K a h n - und Würfelbeins (Lig. plantare scajihoideo-cuboideum) besteht aus quer liegenden Fasern, die von der Sohlenscitc des Kahnbems zu der Sohlenseile des Würfelbeins gehen. 6) Die Verbindung des Kahnbeins mit den drei keilförmigen Beinen wird bewirkt durch eine gemeinschaftliche Synovialkapsel, die den Umfang der vorderen Gelenkfläche des Kahnbeins und den hinteren Umfang der Gelenkflächen der drei Keilbeine einschliefst und aufserdem noch in die Zwischenräume der drei Keilbeine eindringt. Im Umfange dieser Synovialkapsel befinden sich auf dem Rücken, an der inneren Seite und an der Sohlenseite des Fufses kurze straffe Faserbänder. ä) l\ückenbänder zwischen dem Kahnbeine und den drei keilförmigen Beinen (Ligamenta scaphoideo-sphenoidea dorsalia) sind drei vorhanden, ein inneres, ein mittleres und ein äufseres. Sie liegen nebeneinander und sind durch

Fufsbänder.

47

kleine, mit Feit gefüllte Zwischenräume von einander getrennt. Alle drei entspringen auf der Rückenseite des Kahnbeins; das innere von ihnen geht zu der Schneide des ersten Keilbeins; das mittlere zu der Basis des zweiten Keilbeins; und das äufsere, was aus schief von hinten und innen nach vorn und aufsen laufenden Fasern besteht u n d dicht vor dem Rückenbande des K a h n - und W ü r f e l b e i n s liegt, heftet sich an die Rückenfläche des dritten Keilbeins fest. b) Das innere Band (Lig. scaphoideo-sphenoideum Ínter num) ist viel stärker, als die R ü c k e n b ä n d e r , entspringt von der vorderen Seite des Höckers des Kahnbeins u n d heftet sich an die innere Seite der Grundfläche des ersten Keilbeins fest. c) Sohlenbänder ( L i g a m e n t a scaphoideo sphenoidea plantaría') sind drei vorhanden, ein inneres, ein mittleres und ein äufseres, die alle mit der Fortsetzung der Fasern von der Sehne des hinteren Schienbeinmuskels zusammen hängen. D a s innere Sohlenband liegt neben dem vorigen und ist damit v e r b u n d e n , besteht aus starken F a s e r n , die von der Sohlenseite des Höckers des Kahnbeins zu der Grundfläche des ersten Kcilhcins gehen. Das milllorc liegt an der äufseren Seite des inneren, ist etwas länger aber viel schwächer und geht von der unteren Fläche des Kahnbeins an die Schneide des zweiten Keilbeins. Das äufsere besteht aus einzelnen Sehnenbündeln, die in schiefer Richtung nach vorn und aufsen von der Sohlenscite des Kahubeins zu der Schneide des dritten Keilbeins gehen. 7) Die Verbindung des dritten Keilbeins mit dem W ü r felbeine wird bewirkt durch eine zwischen beiden Knochen gelegene Synovialkapsel, welche die überknorpelte Fläche an der äufseren Seite des dritten Keilbeins und der inneren Seite des W ü r f e l b e i n s eng umschliefst. Aufser dieser Synovialkapsel findet sich ein Faserband zwischen beiden Knochen auf der Rücken- und Sohlenseite des Fufses. a) Das Rückenband ( L i g . sphenoideo-euboideum dorsale) besteht aus kurzen queren Fasern, die von dein dritten Keilbeine zum W ü r f e l b e i n e herüber gehen. b) Das Sohlenband ( L i g . sphenoideo-enboideum plantare) ist viel stärker als das Rückenband, besteht aus meh-

48

Fufsbänder.

reren schief und querlaufenden Bündeln, die zum Theil in dem Zwischenräume zwischen beiden Knochen liegen und dieselben fest mit einander verbinden. 8) Die drei Keilbeine werden untereinander verbunden durch zwischen liegende Synovialkapseln, die a b e r , wie oben schon angeführt, mit der Synovialkapsel zwischen dem Kahn- und den Keilbeinen zusammen hängen. Aufserdem sind sie durch kurze querliegende Faserbänder (Ligamenta osstum cuneiformium s. sphenoideorum) mit einander vereinigt. M a n unterscheidet demnach zwei Rückenbänder, zwei Zwischenknochenbänder und zwei Sohlenbänder. 9) Die vordere Reihe der Fufswurzelknochen ist mit dem Mittelfufse durch kurze Synovialkapseln, an deren Umfange sich mehrere kurze und straffe Faserbänder befinden, verbunden. Namentlich wird: c) Das erste Keilbein mit dem ersten Miltelfufsknochcn durch eine besondere Synovialkapsel verbunden, an deren Umfange auf der Rückenseite, der inneren Seite und der Fufssohlenseite sich ein kurzes fasriges Verstärkungsband befindet, was in gerader Richtung von dem Keilbein ausgeht und sich an den Umfang des hinteren Endes dieses Mittelfufsknochens feslheftet. b) Der zweite Mittelfufsknochen ist durch eine Synovialkapsel mit dem zweiten Keilbeine verbunden. Auf der Rückenseile dieser Kapsel befinden sich drei Faserbänder, von denen das innere vom ersten Keilbeine, das mittlere vom zweiten Keilbeine und das äufsere vom dritten Keilbeine zu vorbenannten Mittelfufsknochen geht. Das mittlere hat eine gerade, das innere und äufsere dagegen ein» schiefe Richtung. An der Sohlenseite befinden sich ebenfalls kurze F a s e r b ä n d e r , die von dem ersten und zweiten Keilbeine zu diesem Mittelfufsknochen sich begeben. c) D e r dritte Mittelfufsknochen ist durch eine Synovialkapsel mit dem dritten Keilbeine verbunden, auf dessen Rückenseite ebenfalls drei Faserbänder liegen, von denen das innere vom zweiten, das mittlere vom dritten Keilbeine und das äufsere vom W ü r f e l b e i n e ausgeht. An der Sohlenseite liegt an dieser Synovialkapsel ein Faserband, das von dem dritten Keilbeine und vom W ü r f e l b e i n e ausgeht und

Fufsgeburt.

49

und mit der Sehne des hinteren Schienbeinmuskels verbunden ist. d) Der vierte und fünfte Mittelfufsknochen sind durch eine gemeinschaftliche Synovialkapsel mit dein Würfelbeine verbunden, an welchem sich für jeden Knochen ein stärkeres faseriges Rückenband und ein schwächeres Fufssohlenband findet. Alle diese Faserbänder entspringen vom Würfelbeine und heften sich an die genannten Knochcn fest. II. Bänder der Mittelfufsknochen (Ligamenta ossium metatarsi). Die einander entgegen gewandten Flächen der hinteren Enden des zweiten, dritten, vierten und fünften Mittelfufsknochcns werden durch kleine Synovialkapseln verbunden, die mit den Synovialkapseln zwischen der Fufswurzel und dem Mittelfufse Verbindung haben. Aufserdem werden diese vier genannten Knochen an ihren hinteren Enden durch drei Rückenbänder (Ligamenta dorsaliá), drei Sohlenbänder (Ligamenta plantaría), und drei Zwischenknochenbänder (Lig. interossea) zusammen gehalten. Alle diese Bänder bestehen aus queren Fasern und gehen von dem einen Knochen immer zu dem benachbarten herüber. In der Fufssolilc findet man aufserdem gewöhnlich noch ein längeres Querband, das von der Sohlenseitc des zweiten Mittelknochens zu der des fünften herübergeht. Die vorderen Enden oder die Köpfchen aller fünf Mittelfufsknochen werden miteinander durch vier kurze Querbänder QLig. capitulorum ossium tarsi) verbunden, die indefs nicht sowohl an den Knochen als hauptsächlich an den Kapselbändern dieser Enden festgeheftet sind, und von denen das erste von dem ersten Knochen zum zweiten, das zweite vom zweiten zum dritten u. s. w. geht. III. Bänder der Zehen (Ligamenta digitorum pedis), Sie sind den Bändern der Fingergelenke ähnlich. Siehe Fingerbänder. S — m. F U S S G E B U R T , partus pedilus praeviis, partas agrippinus s. Agripparum, nennen wir jene Art von Geburt, wo sich das Kind zuerst mit einem oder beiden Füfsen in dem Muttermunde zeigt und so, diese voraus, geboren wird. Uebcr die Ableitung des Epithetons „agrippinus" sind die Meinungen verschieden: Einige wollen dasselbe nach Med. chir. Encycl. XIIL Bd.

4

50

Fufsgeburt.

Plinius (Iiistor. natur. lib. VII.) und Aul. Gelh'us (Noctes Atticae lib. XVI cap. 16.) von Aeger partus oder Aeger pes herleiten, indem sie solche Geburten für sehr schwer und gefährlich halten; Andere aber finden seine Abstammung natürlicher von ccyQios und iTiTtoq, weil die griechischen Nomaden die Stuten am häufigsten so gebären und denselben zwei (wenn auch Vorder-) Füfse voraus kommen sahen. E s unterliegt keinem Zweifel, dafs in den ältesten Zeiten diese Geburten für höchst regelwidrig und gefahrbringend gehalten w o r d e n sind, indem schon Hippocrales sagt: „ G r a v e vero ist, si in pedes prodeat et plerumque aut rnatres aut puelli aut ambo ctiam pericre." Allein es wird unten näher dargethan werden, wie ungegründet eine solche Besorgnifs war, und daher zu jener Zeit auf nichts Anderem beruhet haben konnte, als auf einer eben so mangelhaften Kenntnifs deä naturgemäfsen Verlaufes, wie einer durchaus zweckwidrigen Behandlung solcher Geburten. E s ist zwar wahr, dafs die mechanischen Vorgänge bei einer Fufsgeburt nicht jene Vortheile gewähren, wie die ein e r K o p f g e b u r t ; und darum ist es nicht zu läugnen dafs das L e b e n des Kindes bei dieser Art von Geburten bei weitem gefährdeter ist, als bei den Kopfgeburten; eg kann jedoch diese Gefahr durch eine vorsichtige Behandlung sehr gemindert werden, und wirklich sind auch die Resultate der n e u e m Zeit in dieser Hinsicht bei weitem erfreulicher als sie es früher waren. Im Betreffe der Frequenz derselben sind die Durchschnittsberechnunge'n der Beobachter sehr verschieden, so dafs z. B. Oslander d. J . auf 100 Geburten deren e i n e annimmt, während Stein unter eben einer solchen Zahl 7 Fälle von Fufsgeburten beobachtete. Selbst die zu allen Zeiten in den Entbindungsanstalten gemachten Erfahrungen weichen sehr von einander a b ; denn während unter 688 in M a r b u r g beobachteten Geburten n u r e i n e Fufsgeburt vorkömmt, wurden in Strafsburg deren 10 unter einer Gesammtzahl von 697 Geburten gezählt. Um daher einigermafsen einen sichern Anhaltspunkt zu gewinnen, haben wir aus mehreren der besuchtesten Anstalten die Ereignifsberichte von verschiedenen J a h r e n

Fufsgeburt. durchgesehen

5 1

u n d sind b e i E r r e i c h u n g

einer

Gesammlzahl

v o n fast 9 6 , 0 0 0 G e b u r t e n z u folgenden R e s u l t a t e n gelangt. Gesaromtzahl Anstalt

und

d t r in diesem

Director

Zeitraum ,

derselben.

Zeiträume vorgefallenen

Darunter waren Fufsgcburten.

Geburten.

Bamberg. Berlin.

( S c h i l l i n g . ) von

(v.

Siebold.)

rc

1 8 1 8

bis

1 8 2 0

3 0 9

7

1 8 1 7

«

1 8 2 8

1 8 1 1

1 6 3 0

Dresden.

(Carus.)

«

«

1 8 2 8

1 0 1 9

Giessen.

{Ritgen.)

«

1 8 1 4

ff

1 8 1 8

2 8 5

4

1 8 2 5

Landshut.

(Ulsamer.)

«

1 8 3 0

«

1 8 3 3

3 6 1

5

Marburg.

{Dusch.)

«

1 8 2 1

«

1 8 2 6

6 8 8

1



1 8 2 6

München. u.

(Berger

Weijsbrod.)

Paris

(i

1 8 1 1

«

((ßaudelocque.) f c (Lachapelle) «

(

1 8 0 2

«

Prag

{Lobstein.) «

Strafsburg. Wien.

(Boer.)

«

1 8 2 0

tt 1 8 0 1

4 9 9 6

3 2

1 6 2 8 6

2 1 5

3 7 8 9 5

5 3 8

1 0 0 5 3

6 6

. Crell'» Annal. 1793. S. 170.) — Neue ehem. und medieinisrh - chirurgische Erfahrungen über die Angusturarinde und Hahnemann's Quecksilber. Leipzig 1793. — Fr, Alb. Ant. Meyer, Bcitiäge zur Geschichte der Aogusturarinde. Lemgo 1793. — P, J, Ferro's Versuche mit neuen Arzneimitteln. T h . I. Nr. 2. — hettsom, in Memoirs of the m e d . Society of London. Vol. IV. Nr. 15. — T. 31. Winterhottom, med. facts. 1797. Vol. VII. p. 41. (Bömer's Annal, d. Arzneiraittell. Bd. I. St. 3 . S. 1 6 5 . ) — J, ASchmidt, in Römer's Annal, d. Arzneim. B d . I. St. 3 . S. 19. — Oberteufer, in Huf eland's Journ. d. p r a l l . Hei Ik. Bd. IX. St. 3. S. 115. — Notice historique sur l'Angustura, suivie d e j observations, noies el experiences sur cette écorce, fournies et rapportées par divers luédéiîns. I yon. 1806. O — n.

GALlTZlîNSTKIN. S. Zink. GALIUM. Line Pflanzengnttung aus der Abiheilung der Slellatae in der natürlichen Familie der Rubiaceae Juss.

Galium.

123

und in der Tetrandria Monogynia des Linn4'sehen Systems stehend. Sie characterisirt sich durch den mit den Fruchtknoten verwachsenen Kelch, dessen äufserst kleiner 4 — 5 zähniger Rand bei der Fruchtreife ganz verschwindet; ferner durch die radförmige meist 4theilige Blumenkrone mit 4 Staubgefäfsen und durch die aus 2 kugligen Achaenen bestehende Frucht. Die zahlreichen bei uns vorkommenden Arten dieser Gattung zeichnen sich durch quirlförmig stehende Blätter, kleine weifse oder gelbe in Afterdolden stehende Blümchen und oft durch eine steife und kurze fast heckenartige Behaarung aus; fast bei allen zeigt sich in der Wurzelrinde ein rother Farbstoff, welcher wie der der Färberröthe die Eigenschaft hat, die Knochen roth zu färben. W i r erwähnen hier folgender Arten: 1) G. verum L. (echtes Labkraut, unserer lieben Frauen Bettstroh, Galiet oder Caillelait franz.). Eine häufig an Wegen, trocknen Wiesen und Gehölzen vorkommende ausdauernde Pflanze mit 1 — 2 F . hohen aufrechten, fein behaarten Stengeln, welche mit Quirlen von 8 — 1 2 schmallinealischen spitzen, dunkelgrünen Blättern bedeckt sind und oben eine aus zahlreichen Afterdolden zusammengesetzte dichte Rispe von gelben Blümrhon tragen, wcichc einen süfslichen honigartigen Geruch aushauchen. Man hat dieser Pflanze schon seit den ältesten Zeiten die Namen gegeben, welche darauf hindeuten, dafs sie Milch gerinnen machte (yethov, Labkraut, Caillelait), was sich jedoch nach directen Versuchen von Bergius und später von Parmentier und Deyeux nicht bestätigen wollte, dagegen führt Hooker noch 1830 an, dafs die Hochländer sich dieser Pflanze in Verbindung mit den Blättern der grofsen Nessel (Urtica dioica) und etwas Salz zum Gerinnen der Milch bedienen, wie es Gerard früher von der Chesterkäse-Bereitung erzählt hatte, während Andere glauben, dafs das Labkraut nur zur Färbung und Würze dieser Käse diene. Die blühenden Spitzen (Summitates Galii lutei) standen aber auch sonst gegen Epilepsie, Gicht und Hysterie in Ansehn und wurden von Tauvry, Lieutand, Borrichius, Jussieu und Tabernaemontanus angewandt. Jetzt glaubt man nicht mehr an diese Wirkungen und hält die Pflanze nur für ein schwach tonisches Mittel.

124

Gall'sclic Theorie.

Galle.

2 ) G. Molh/go Lt D e r vorigen ähnlich, a b e r etwas w e niger häufig, mit weifsen Blumen, b r e i t e m , deutlich stachelspitzigen, am l l a n d e stets scharfen Blättern, l o c k e r e r BlüIhcnrispc u n d s p i t z e m K r o n e n z i p f e l n . A u c h v o n dieser P f l a n z e w u r d e n die b l ü h e n d e n Spitzen ( S i n m n i t a t e s Galii albi) gleich d e n e n der vorigen A r t in denselben K r a n k h e i t e n gerühmt, sind a b e r jetzt auch aufser G e b r a u c h . 3) G. Aparine L. ( K l e b k r a u t ) , ein sehr gemeines U n k r a u t , v e r m ö g e der an Stengel- u n d B l a t t r ä n d e r n befindlichen hakenförmigen r ü c k w ä r t s g e k r ü m m t e n I l a a r e sich ü b e r all a n h ä n g e n d , mit Hzälinigen Blatlquirlcn u n d sehr kleinen wcifslichen B l u m e n u n d h a k e n h ä r i g e n kugligen F r ü c h t e n , w e l c h e m a n als K a f f e e s u r r o g a t empfohlen hat. D e r ausgepreiste Saft dieser Pflanze ('llerba Aparines) o d e r ein T h e e aufgufs derselben ist b e s o n d e r s in E n g l a n d als ein gutes anliscorbutisches Mittel empfohlen, f e r n e r hat m a n ihn auch b e i a n f a n g e n d e r W a s s e r s u c h t nützlich g e f u n d e n u n d seit alten Zeiten ( D i o s c a r i d c s ) wird das mit F e t t o d e r B u t t e r v e r b u n d e n e zcrkleintc K I c L k i a n t als ein äufscrliches Mittel b e i scrofulösen G e s c h w ü l s t e n u n d Anschwellungen der D r ü sen g e b r a u c h t u n d hat sich auch in n e u e r e r Zeit w i e d e r in Italien b e w ä h r t (Murr. A p p a r . Medic. VI. p. 2 4 ) . 4) G. rotundifolium L. D i e s e A r t , welche auf schattigen Bergen u n d V o r a l p e n des mildern u n d südlichen D e u t s c h lands wächst u n d siel» d u r c h die vierständigen ovalen dreinervigen k u r z stachelspitzigen B l ä l t e r , die schlaffen u n t e n k r i e c h e n d e n Stengel, d u r c h eine endstäudige a u s g e s p e r r t e armblüthige D o l d e n t r a u b e u n d hakig - steifhaarige F r ü c h t e auszeichnet, ist von Selig (Diss. inaug. b o t . - n i e d i c a d e G a lii rotundifolii char. b o t a n i c o u s u q u e medico E r l a n g a e 1 8 0 2 ) als ein b e r e i n i g e n d e s u n d a u f l ö s e n d e s Mittel e m p f o h l e n u n d auch chemisch, w e n n gleich unvollständig, u n t e r s u c h t worden. Iis hat dies Mittel j e d o c h k e i n e n E i n g a n g gefunden. v. Seil — 1. G A L L S C I 1 E T H E O R I E . S. C r a n i o s c o p i e . G A L L A E. ~ i. Q u c r c u s . GALLA IIUT.L. G A L L E ( / c / , Uli»). D i e Galle ist eine dunkel-, b r ä u n lich- o d e r gelblich-gi (ine, zuweilen v o n beigemischtem Gallcnschleim fadenzieliende Flüssigkeit v o n stark bitterm G e -

Galle.

125

schmack und fadem Geruch. Ihre Consistenz variirt je nach dem langem oder kürzeru Verweilen derselben in der Galleublase, in welcher die wäfsrigen Bestandteile aufgesogen werden. Das specifische Gewicht derselben beträgt nach Thenard bei + 6° 1,026. Schultz (de aliinentorum concoctionc p. 69) giebt das Gewicht der Galle eines Ochsen nach dem Futtern bei + 15° auf 1,026, eines nüchternen auf 1,030 an. Nach demselben reagirt die frische Galle aller Thiere alkalisch, indem sie zwar Curcuma nicht bräunt, aber die blaue Farbe des gerölheten Lakmus nach kurzer Zeit wieder herstellt. derselben erfordert J bis 1 Drachme Weinessig zur Saturation. Unter dem Mikroskope findet man in der Galle Körnchen, welche kleiner sind, als Schlciinbläschen; am deutlichsten sieht man sie in der Froschgalle; in der menschlichen sind sie sparsam, kaum gröfser als Pigmentkörperchen und zeigen, wie diese, Molekularbewegung. Aufser diesen bemerkte ich in der Galle von Menschen, Reptilien (Frosch) und Fischen, grüne, cylinderförmigc Körperchen mit einem zugerundeten und einem flach abgestutzten und etwas verdickten Ende, welche theils einzeln in der Flüssigkeit schwimmen, meistens aber, wie Basallsäulcn, der Länge nach zu Bündeln vereinigt sind, so dafs die abgestutzten Endflächen in einer Ebne liegen. Diese erscheinen alsdann, wenn sie sich unter dem Mikroskop nach oben kehren, mehr oder weniger eckig und wie Zellen. In der Länge der Cylinder bemerkt man kleine, schwarze Punkte, die vielleicht von Unebenheit der Seitenflächen herrühren. Sie sind in der menschlichen Galle 0,0171 engl. Linien lang und haben an dem dicken Ende einen Durcluncsser von 0,0031 Linien. In ganz frischer Galle einiger Säugethiere und Vögel fand ich sie nicht, jedoch bildeten sie sich in dieser auch später nicht. Anfangs sind sie in der Flüssigkeit suspendirt, später senken sie sich und man erhält sie am reichlichsten in dem Sediment, welches an den W ä n d e n der Gallenblase haftet. In Ochsengalle, welche schon faulig roch, sah ich diese Körperchen nicht. Bis jetzt habe ich mich vergeblich bemüht, ihre Identität mit einem der bekannten Bestandteile der Galle nachzuweisen, sie lösen sich in Aether nicht oder wenigstens viel schwerer, als Cholcstearine, in Wasser crhal-

126

Galle.

ten sie sich mehrere W o c h e n unverändert, wodurch sie sich von Pikromel, T a u r i n und von d e m , von Gmelin entdeckten, krjstallinischen Gallenstoff mehrerer Fische unterscheiden. Am wahrscheinlichsten w a r es mir, dafs sie dem Pigment der Galle angehörten, welches bekanntlich zuweilen sehr bedeutende Concretionen bildet; indefs sah ich auch sehr intensiv gefärbte Galle ohne die Körperchen und ohne dafs diese sich durch Verdunstung gebildet hätten. In Essigsäure lösen sie sich augenblicklich und lassen sich durch kohlensaures Natron, wenigstens in ihrer ursprünglichen Gestalt, nicht niederschlagen. Die Galle ist von7'// ti/iiation, SpluiccliM ; «pan. Esfacelo; ital. Sfacello, fllorlificazionc; schwed. Jiullbrund, Mailing ; dän. Kollbrand, Koltfyr; lioll. Koudwuur. L i t t e r a t u r . 1) M o n o g r a p l i i e e n : G. Fabricii Ilildani de gangraena et sphacelo tractatus metliodicus. E d . X. O p p e n h . 1G17. 4. — Deutsch Cöln 1539. J. Douglas, of Mortification, London 1732. — Quesnay, Traité de la gangrène. Paris 1750. — Bagieu, Lettre sur le Traité de la gangrène de M. Quesnay. Paris 1751, — Kirkland, A Treatise on gangrenés. Nottingham 1752. — Kirkland, On gangrené. London 1786. Abh. v. den Brandschäden. A. d. Engl. v. Huth• Niirnb. 1761. — CYllalloran, On gangrene and Sphacelus. L o n d . 1765. — Pocete, Essai sur la nature et les progrès de la gangrène humide. Lyon 176S, — Ch. IVllite, Observât, on gangrenes and Mortifications. Lond, 1790. Bemerk, über d. kalten Brand, llannov, 1793. — Ilecker, Ueber d. Fäulnil's lebender u. todler tliier. Körper. Ilildburgli. 1 7 9 5 . — Jlimh/i de gangraena mollium solidarumque partium. Gölt. 1800. Abhandl. liber d. Brand d. weichen u. harten Theile. Gölt. 1801. — Keitmann de gangraena. In dissert. Acad. Joseph. T . IH. Viennae 1801. Abb. v. Brande. W i e n 1801; auch in d. Abh. d med.-chir. Juni plis-ALad. W i e n . B d . II. St, 1. — Hanke, üb. d. heifsen u. kallm Brand im

280

Gangraena a dccubítu. A l l g . etc. B r e s l a u 1 8 2 6 . — Frantjoit,

Essai s u r les g a n g r e n e s s p o n t a -

D c e s ; o e u v r e c o u r o n n e en 1 8 3 0 p a r la Sue.

toy.

d e M e d . de B o r d e a u x .

Paris 1832. 2 ) S i n d viele

einzelne Dissertationen,

monograph,

Beobachtungen

i n E n c y c l o p a d i e e n u n d Z e i t s c h r i f t e n , so a u c h d i e Monngr.ipliieen Entzüiidungen(

über

u n d die H a n d b ü c h e r über Chirurgie und Medicin

zu

vergleichen. 3) U e b e r

die

Behandlung.

IJaldesiut,

n a e et s p h a r e l i diversa c u r a t i o n e .

Qnacstio de gangrae-

F l o r e n t 1(>13. —

llojfmann,

d e s p h a c e l o ex causa i n t e r n a f e l i r i t e r c u r a t o . Mal. 1 7 2 1 . — frer,

Diss, d e g . n i ß i a e n a e irill iniiia.iliiri.ie t h e r a p i a . J e n . 1 7 8 4 . —

stert

Mei-

Diss, d e i n g c n l i h r n r h i i iiiflainmatiuiie, g a n g r a e n a et s p a c e l o f e -

liriter curatis. llelmst. 1783. — g a n g r a e n a e et s p a c e l i . а) U e b e r

den

ß/arkwurth,

Gebrauch

v a n t a g e of t h e U s e of t h e B a r k Pater,

Diss.

exh. c u r a t i o n e m

Goelt. 1784. der China

sal f o r t h e i m p r o v e m e n t o f S u r g e r y .

Rushworth,

London 1731.

Propo-

The

in M o r t i f i c a t i o n s .

great A d -

L o n d o n 1732. —

Diss, d e efficacia a d m i r a n d a c h i n a e ad g a n g r a e n a m

in Angtia o b s é r v a l a . V i t e n b . 1734. — Shlpton a n d Y. 1 7 7 3 . — Leske's Diss,

sistendaia

in P h i l . - T r a n s .

A u s e r l . A b h . II. T h . 2 7 2 . —

Y. 1732. Dellmrding,

d c c o r t . c h i n a e efliraeia in g a n g r a e n a et S p a r e l o a d l m c

B o s t i x h . 1 7 1 6 . — Ilouvurd, Golder

ill

Monro,

by

n Soc.

i b i d . p . 43. — Anonymus,

ibid. T . V.

dubia.

in M e m . d a I ' . i r i s 1 7 8 1 . p . CO. —

M e d . ICsmjs a n d O h s r r v .

p . 3 5 . — Prasley, Al.

Fr. Ilamber-

p. 98. —

libinb.

S.

T . III.

i b i d . T . IV. p . 4 7 . —

Rodriguez

la R . S o c . d e S e v i l l a . T . II. p. 1 1 9 . —

in

Rahn,

in M e m o r . A c a d , d e in d . A b h . d

Natur-

f o r s c h . G e s e l l s c h . in Z u r i c h . B d . I. S. 1 8 9 . б) U e b e r b u s gangraena

die a

P a r i s 1 7 3 8 . — /¡ourdicr —

Sharj),

Amputation.

causa

interna

Besse»

an ingruente in

eorum artuum amputatio

de la Moulierc,

artu-

imperanda.

an i n g r u e n t e etc. P a r i s 1 7 J 6 .

Critical I n q u i r y i n t o t h e p r e s e n t «täte of S u r g e r y .

1 7 5 0 . A. d . E . R o s t o c k u. L n ' p z . 175(! S . 2 3 9 . -

Lond.

de Cevigland,

q u a m d i u s e r p i t g a n g r a e n a , e t i a m a causis e i t e r n i s a m p u t a t i o n o n tanda. —

Paris 1762. —

Uilguer,

Jeanroy,

Motte,

Gliedmafsen

E r g o q u a m d i u s e r p i t etc. P a r . 1 7 6 8 .

A b h . v. d . s e h r seit. G e b r a u c h o d . d . b e i n . g ä n z l . V e r -

meid. d. Ablösens d. Glieder. ha

an, ten-

A. d. Lat.

Chir. Beobacht. —

Seiler,

Frankf. u. Leipz. 1767. —

Ueber d. Amputat.

in n i e d i c i n i s c h , gerichtl. H i n s i c h t ,

f. d. Stastsarzneik. X I X . Ergänzgshft. c) B e o b a c h t u n g e n ,

i n IJenke's

Erlang. 1833.

brandiger Zeitschr.

Vgl. A m p u t a t i o .

Die besseren sind im Verlaufe der

h a n d l . schon abgegeben w o r d e n .

Ab-

J ä — r.

G A N G R A E N A A D E C U B I T U . — Das W u n d - oder Aufliegen ist eine in Verschwärung oder Brand übergehende Entzündung von Ilaulstellen, welche auf Knochen liegen und anhaltend gedrückt werden. Die Haut wird licifs, roth, livid, brennt, schmerzt und vcrschwärt oberflächlich, indem die Oberhaut Risse be-

G a n g r a e n a a decubitu.

281

kommt, welche nässen und sich zu einem Geschwür vereinigen, oder es bildet sich ein oberflächlicher Brandschorf, der bei der Fortdauer des Druckes die ganze Dicke der Haut einnimmt und mit Entzündung des Unterhautzellgewebes und selbst der nächsten Muskeln verbunden ist. Geschwulst entsteht nur an den Stellen, wo die Haut auf Muskeln liegt, z. B . an den Seiten des Kreuzbeins, an den Hinterbacken; es tritt dann der Decubitus als Phlegmone circumscripta mit folgendem Brand der Haut und Eiterung in der Tiefe auf. D e r Brandschorf, welcher bald trocken und schwarz, bald feucht und schieferblau ist, wird durch die Eiterung abgeslofscn und das zurückbleibende Geschwür heilt, wenn der Druck gemäfsigt oder ganz entfernt wird, oder es wird neuerdings brandig oder es greift in die Tiefe; Zellgewebe, Muskeln, Gelenkbänder werden crweicht und zerstört und so Knochen entblöfst, rauh und necrotisch — nie cariös — und Gelenke geöffnet, und deren Folgen herbeigeführt. Im höhern Grade des Uebels wird die etwanige allgemeine Krankheit bedeutend verschlimmert und selbst der T o d veranlafst. Die Ränder und die Fläche der primären und secundären Geschwüre können auch vrieder brandig werden. In allen diesen F.illcn bleibt aller der Brand immer örtlich, d. h. er erstreckt sich nur auf jene Stellen, welche gedrückt werden, und schreitet niclit weiter. Nach IV. Sprengel soll das nach dem Abfallen des Brandschorfes zurückbleibende Geschwür bei dyscratischen Krankheiten den Charakter der allgemeinen Krankheit annehmen, was ich bezweifle; falsch ist die weitere Behauptung desselb e n , dafs der Brand der Haut fast nur bei Faulfieberkranken entstehe, und dafs er dann fast ganz wie der Hospitalbrand verlaufe. Man sieht ihn bei allen Fiebern, bei Entzündungen und Lähmungen der unteren Extremitäten, kurz überall, wo der Kranke entweder aus grofser Schwäche oder Schmerzen sich gar nicht bewegen kann, und daher stets auf einer Stelle liegen bleibt; von einer Aehnlichkeit des Geschwürs mit dem Hospitalbrand erwähnt kein einziger Beobachter das Geringste, und ich habe in einer groben Anzahl von dergleichen Fällen nichts ihm ähnliches bemerken können. Sprengel scheint die durch Entzündung her-

282

Gangracna a decubitu.

beigeführtc graulichc Erweichung des Zellgewebes und der fibrösen Bänder als Aehnlichkeit genommen zu haben. D e r Brand entsteht an Theilen, welchc hervorragen und wo die Knochcn fast n u r mit der Ilnut bcdcckt sind, besonders bei sehr mageren Subjecten, bei denen die Haut fast gar keine Fett-Unterlage hat, daher am häufigsten am K r e u z b e i n , an den Trochantcrcn, Schulterblättern, den EIbogen, den Knöcheln, an der Ferse, am Knie, Kinn und Brustbein, doch auch an den Hinterbacken, wenn K r a n k e aus Schwäche oder aus irgend einer andern Ursache ihre Lage nicht verändern können oder durch Verbandslücke anhaltend gedrückt werden. Die eigentliche und Ilauplursache ist immer der beständige D r u c k , also ein äufseres, traumatisches Moment. Daher bleibt der Brand auch local. Die meisten Schriftsteller nehmen als wesentliche und vorzüglich bedingende Ursache desselben die allgemeine Schwäche überhaupt und die der Haut insbesondere an, weil er häufig in typhösen, putriden und hectischen Fiebern, in W a s sersüchten, Lülimungrn, nach Uüekenmaiks-Erschüllerung u. s. w. vorkommt, und weil jahrelanges Liegen ohne allgemeine Schwäche ihn nicht veraulafst. Allein durch die angeführten Momente kann der K r a n k e sich wenig oder gar nicht bewegen, und sein K ö r p e r mufs demnach still und wie eine todte Last liegen bleiben, wobei natürlich die am längsten und am meisten gedrückten Stellen sich entzünden und bei der Fortdauer des Druckes in Eiterung (Verschwär u n g ) oder Brand übergehen müssen. Gesunde Menschen liegen nie so anhaltend auf einer Stelle, weil sie sich immer noch etwas bewegen können, z. B. bei Fracturen der unteren Extremitäten. O h n e D r u c k w ü r d e in den angeführten allgemeinen Krankheiten kein Brand entstehen, und er kommt daher auch in Fällen vor, wo die Schwäche nicht bedeutend ist, oder sogar ganz fehlt, z. B. an der Ferse und an den Knöcheln bei Fracturen des Unterschenkels, durch den D r u c k der Schienen und das Aufliegen der Ferse. Dieser Brand vom D r u c k der Bandagen unterscheidet sich in nichts von dem am Kreuzbeine bei Fiebern. Ich sah ihn bei einer jungen dicken Weibsperson, welche wegen IlalbIähmung der unteren Extremitäten von den Lendenwirbeln an, über beide Hinterbacken oberflächlich cauterisirt wor-

Gangraena a decubitu.

283

den w a r , an allen Stellen entstehen, auf welchen sie lag, nicht blos an der hinteren Seite des Körpers, sondern auch an der v o r d e m , als an den K n i e e n , den Hüftbeinstacheln, den Ellenbogen, weil sie sich wegen ihrer Schwere u n d Halblähmung wenig bewegen konnte. Eine Schwäche der Haut durch den verminderten Nerveneinflufs ist bei Lähmungen und Schwächekrankheiten allerdings vorhanden und bildet mit der Unmöglichkeit, die Lage des Körpers verändern zu k ö n n e n , die A n l a g e , aber dieses allgemeine, innere Leiden trägt zur Entstehung des Brandes nicht mehr bei als der D r u c k , vielmehr ist letzterer die Hauptursache mit. Ich rechne daher diesen Brand mit mehreren Schriftstellern, z. B. IVolillebcti, lloycr, Latigcnbeck zum ö r t l i c h e n , traumatischen Brand, und glaube, dafs die allgemeine Schwäche blos zur schnelleren Entstehung und Ausbildung beitrage. Aufser dem D r u c k wirkt häufig auch Unreinlichkeit ( U r i n , K o l h ) , grobe Bettwäsche u n d Unterlagen, u n d die W ä r m e der Federbetten. Richter u n d selbst neuere Therapeutiker hallen ihn in acuten F i e b e r n , z. B. im Nervenfieber für critisch; dies ist er aber nie; man bemerkt ihn n u r am Ende des Fiebers, wo der K r a n k e wieder mehr zu sich kommt und die Schmerzen fühlt, und w o man ihn leichter umlegen und untersuchen kann. D e r Decubitus gehört zu den unangenehmsten Complicationen bei Krankheiten und macht, einmal entstanden, nicht selten mehr Beschwerden als die allgemeine Krankheit, u n d verursacht manchmal sogar den T o d . Die Möglichkeit der Heilung hängt vorzüglich von der Möglichkeit ab, den D r u c k zu entfernen, was bekanntlich in vielen Fällen sehr schwer ist; auch bei veränderter Lage entstehen dieselben Folgen, wenn der D r u c k anhaltend ist. D i e Verhütung des Aufliegens ist daher eine sehr wichtige Heilanzeige in vielen Krankheiten, die von sehr vielen Aerzten zum gröfsten Nachtheile ihrer Kranken leider sehr vernachläfsigt wird und jüngeren Aerzten nicht warm genug empfohlen werden kann. Bei der B e h a n d l u n g haben wir zwei Indicationen: 1) I n d i c a t i o p r o p h y l a c t i c a e t Die Lage des K r a n k e n sei soviel tal, damit die Schwere des K ö r p e r s

vorzüglich folgende causalis. als möglich horizonauf mehrere l'uncte

Gangracna a decubitu.

vertheilt werde, damit die Gegend des Gefäfses nicht allein, sondern die ganze Hinteriläche des Körpers das Gewicht desselben zu tragen habe. Die Lage werde öfters gewechselt, man lasse den Kranken stundenweis auf die eine oder andere Seite oder selbst auf den Bauch legen, und unterstütze ihn in dieser Lage. F r ü h und Abends wechsle oder erneuere mau das Bett; dabei sind die künstlichen Krankenheber ganz unnöthig und meistens unanwendbar, man setzt den Kranken auf einen Stuhl, oder 2 bis 3 Personen tragen ihn in ein anderes Bell, oder 3 bis 6 Personen heben ihn horizontal aus dem freistehenden IIett und halten ihn in dieser Lage so lange, bis das Bett wieder gemacht ist. — Statt der Unterbetten, die zu sehr erhitzen und den K ö r p e r am Kreuze einsinken lassen, bediene man sich einer gut abgenähten und festen Rofshaarmatratze, oder man lege unter das Betttuch, welches keine Naht in der Milte haben darf und zur Verhütung der Falten fest angezogen sein mufs, ein Rchfcll mit nach oben gekehrten Il.inicn, oder ein mit Oel bestrichenes W a c h s t u c h , oder man bediene sich statt des Bettluches eines gegerbten Hirschfellcs. O b das hydrostatische Bett wesentlich nütze, ist noch nicht erprobt. Die Unterlagen dürfen nicht grob sein und keine Falten werfen; am besten bedient man sich dazu eines zusammengelegten Bctltuches, dessen Enden auf beiden Seiten zwischen die Matratze und das Bellgestcü eingestopft werden. Dabei ist die grölste Reinlichkeit zu beobachten, besonders bei K r a n k e n , die den Urin und Koth unwillkübrlich von sich gehen lassen; bei ihnen mufs die Gegend der Genitalien, Oberschenkel und Hinterbacken täglich 1 —2mal mit lauem W a s s e r gereinigt werden. Bei solchen Kranken, welche die Rückenlage fast gar nicht verändern können oder dürfen, suche mau den D r u c k auf das K r e u z wenigstens zeitweis zu h e b e n , indem man bald hier, bald da kleine mit Leder überzogene Rofshaar- oder Spreukifschen unterschiebt, und die D e c k e des Zimmers oder einen über das Bett angebrachten zwei- oder dreiarmigen Galgen (Krankenheber) mit einer festen Schnur versieht, mittelst welcher sich der K r a n k e erheben und seine Lage etwas verändern kann. D i e After- oder Beckenkränze sind zu verwerfen, indem sie die Stellen, auf denen sie anliegen, noch stärker drücken,

Gangraena a rlecubitu.

285

und daher nicht vertragen w e r d e n . — Alle Hautsfellen, Vielehe auf K n o c h e n liegen u n d vorzüglich gedrückt werden, müssen durch kühlende, adstringirende u n d spiriluöse Mittel gestärkt w e r d e n , letztere dürfen a b e r n u r dann angewendet w e r d e n , w e n n noch keine R o t h e u n d kein Schmerz vorhanden sind. M a n wasche solche Stellen täglich 1 — 2 Mal mit kaltem "Wasser, W a s s e r mit Branntwein o d e r F r a n z b r a n n t w e i n , Bleiwasser, Thedens W u n d w a s s e r , o d e r man reibe sie mit einer S a l b e aus Eiweifs mit Branntwein (AIbuminis ovi Is'ro. IL conquassalis et dein leni igne calefactis s u b perpetua agitatione sensim a d d e spiritus vini ^vj. — de Haen) oder mit Alaun (ganzer Alaun wird mit Eiweifs abgerieben), o d e r mit einer Salbe aus Fett mit Spir. serpylli, o d e r C a m p h e r (Wohlleben), o d e r Blei ( I l t / s l ) , oder mit Aq. vegeto-mineralis G o u l a r d i et Spiritus camplioralus, o d e r mit Weikards Salbe fAlbuminis ovi j Spirit. vin. camph. J j ß Sacchar. Saturn. 3ß M.). — 2) I n d i c a t i o u i o r b i . Die sich röthende u n d schmerzhafle Stelle w e r d e wie j e d e einfache und oberflächliche Ilaulenlzündung behandelt; alle spiriluöse, scharfe u n d saure Mittel, z. B. W a s c h u n gen und Umschläge von Essig, W e i n , (atronciisaft, Crcosotw a s s c r , die Chlorkalksolution, die starken Solutionen MIII Yiride aeris, Vitriol, coerul. et alb., die Camplicrhaltigen Salben, sind nicht zu empfehlen, indem sie den U e b e r g a n g d e r anfangs oberflächlichen Hautentzündung in V e r s c h w ä r u n g b e f ö r d e r n . M a n b e d e c k e die Stelle mit Bleicerat, Bleipflaster, Empl. noricum {Boyer), — S a p o n a t u m , — diaehylon simpl. oder mache Fomentationen von Bleiwasser oder Dccoctum cort. quercus mit dein Zusatz von Acetum plumbi (Aulenrieth). Geht die E n t z ü n d u n g in V e r s c h w ä r u n g unter d e r F o r m , feiner, nässender und schmerzhafter Hautrisse ü b e r , so streue man Pulvis calaminaris ein, oder besser man v e r b i n d e mit U n g u e n t u m Saturni, — Zinci, o d e r applicire ein Cataplasma mit Acetum saturni; die schmerzstillenden Cataplasmen von Cicuta haben keinen Vorzug, u n d der Zusatz von Pulvis opii oder L a u d a n u m zu den Salben ist nicht n u r nicht schmerzstillend, sondern sogar reizend und schädlich. Bei z u n e h m e n d e r V e r s c h w ä r u n g o d e r Phlegmone gangraenosa mache m a u w a r m e Cataplasmen mit BIciwasser

2S6

Gangraena senilis.

Ist die Haut z u einer Brandcruste abgestorben, so ist die zur Beförderung des Abstofsens derselben allgemein gebräuchliche reizende Behandlung, eben so das Scarificiren schädlich (Erfahrungen von Kern, Boyer, dem V e r f . u. A.); der Verband mit Ungt. digestivum, arcaei, Ol. terebinthinae, Campher, Opium, Acidum pyrolignosum, Solut. pyrolhonidi und Calcariae oxymuriaticae, oder Crcosotwasscr, das Bepinseln mit Tr. jodii, das Einstreuen von Chinapulver u. s. w . vermehrt die Entzündung und Verschwörung öder den Brand; man mache einfache Calaplasmcn und behandle nach dem Abfallen des Brandschorfcs die zurückbleibende Geschwürflache ihrem Charakter, ihrer Beaction gemäfs, daher mit einfachen, milden oder leicht reizenden Mitteln, z. B. Ungt. basilicum — styracis (Mauquest de la Motte). D i e Fomentationen von Decoctum chinae, — quercus, — Salicis mit Tinct. myrrhae, oder von Creosotwasser, oder das Einstreuen v o n China-, Kohlen-, Campher- und ¡VTyrrhapulvcr und viele andere empfohlene Mittel sind zu verwerfen. /K. Sprengel will den feuchten Brand der Haut, wie den Ilospitalbrand behandelt -wissen, was offenbar unnülhig ist. Dafs die Salben, Pflaster, Fomentationen keine Falten werfen und nicht vertrocknen dürfen, und dafs man den Druck soviel als möglich vermindern mufs, versieht sich v o n selbst. In Fällen, w o der Kranke beständig auf dem Decubitus liegt, lege man daher Charpic- oder W e r g k i s s e n , oder dickes Cataplasuia unter. S y n o n . Decubitus Decubitus gangraenosus. Brand vom Aufliegen oder vom DrucV. DrucLbrand. L i t . Aufser d. schon beim Brande ¡. Allgemein, angegeb. Lit. ist liier noch anzufülireu; ¡{erstens, Progr. de grangr. a deeubitu optimaque eam praeeavendi et depellendi tnethodo. Kielae 1776, — Wohlleben Diss. de gangraena et in specie de illa, quae a deeubitu oritur. Vindob 1777, in Richter's Chir. Bibl. Bd. V. S. 83. J ä — r.

G A N G R A E N A S E N I L I S . D e r sogenannte Altersbrand ist ein meistens trockner Brand an den vom Herzen entferntesten Stellen des Körpers, am häufigsten an den Fufszehen oder Knöcheln, in Folge v o n acut oder chronisch verlaufendem Marasmus. Er tritt unter zwei Formen auf, als acuter oder entzündlicher, und als chronischer, nicht entzündlicher. Beide Arten werden v o n vielen Aerzten auch als

Gangraena senilis.

287

G a n g r a e n a s p o n t a n e a aufgeführt und häufig mit einanander verwechselt. I) G a n g r a e n a s e n i l i s a c u t a (inflammatoria, s.arthritica, s. spuria), Brand der Fufszehen oder Füfse {Pott), Pott'scher Brand, schmerzhafter Brand an den Füfsen, Podagraischer Brand, Brand der Reichen (Jeanroi), Brand durch Lebensart (Dzondi). Diese Art ist die Folge einer oft wenig bemerkbaren, asthenischen, besonders gichtischen Entzündung an den Fufszehen oder Knöcheln. Die A n l a g e dazu findet vorzüglich bei Männern statt, deren Lebenskräfte durch eine weichliche und üppige Lebensart, durch Ausschweifungen im Essen und Trinken, namentlich durch den übermäfsigen Genufs von sehr nahrhaften, gewürzhaften, feilen, scharfen Fleischspeisen, nnd geistige Getränke, durch die physische Liebe, besonders in Verbindung mit körperlicher oder geistiger Anstrengung, deprimirenden Leidenschaften und sitzender Lebensart, sehr geschwächt und die daher oft frühzeitig gealtert sind, oder die ihr Leben unter Kummer und Sorgen, schweren Arbeiten, vielfachen Erkältungen, und bei schlechter Nahrung dahin schleppen müssen, und den Branntwein als das einzige Reiz-, Belebung«- und F.rwänmingsmiltcl haben. In solchen Fällen entwickelt sich unregclinüfsigc asthenische Gicht (Pott, Hunczovsky, Schmalz, Ilorscli, Langenbeck); daher kommt dieser Brand nicht blos in den Jahren von 50—80, sondern auch zwischen 30 und 50 vor. Die G e l e g e n h e i t s u r s a c h e ist meistens eine neue Ausschweifung, Gastricismus, Zorn, Erkältung, seltner eine geringe mechanische Verletzung, z. B. Druck der Fufsbekleidung (dem man überhaupt den Schmerz beim asthenischen Podagra im Anfange zuschreibt), Einwachsen des Nagels in das Fleisch, zu kurzes Abschneiden des Nagels, Ausschneiden der Hühneraugen. Oft ist gar keine äufsere Veranlassung auszumitteln, und die unter Schmerzen und Rothe der Haut auftretende Entzündung ist eine gichtisch-critische. — D e r ihr folgende Brand ist demnach ein constitutioneller (spontaner) und zwar entzündlicher Brand. D a gichtischc Entzündungen versuchte Crisen des im Körper hausenden Gichtproccsscs sind, so kann dieser Brand auch critiscli sein und frühere Beschwerden haben, und eine Zeit lang ein re-

288

Gangraena senilis.

latives W o h l s e i n herbeiführen. Nicht seilen' scheint sich die Entzündung von den fibrösen Häuten der Gelenke und Sehnenscheiden auch auf die Gefäfse der unteren Extremitäten fortzusetzen oder gleichzeitig, oder sogar primär in ihnen aufzutreten, besonders in den Arterien zu hausen, und Ausschwitzung, Verdickung und Verstopfung derselben hervorzubringen, so scheint in Hemer'8 Fall (llufeland's Journal 1814. Jan. S. die Entzündung primär in den Arterien stattgefunden zu haben, und Dupuytren, Uaffos, Rotts, Syme, Netaton, Natsh, Velpeau, Ribes, Nind u.A. fanden die Arterien und Venen verdickt und verstopft, oder die Venen mit Eiter gefüllt. Allein dies ist noch kein hinreichender G r u n d , als W e s e n der Gangraena senilis Arterien-Entzündung, ( D u p u y t r e n ) oder Phlebitis (Ribes) anzunehmen, sondern es ist n u r wahrscheinlich, dafs der gichtische Procefs verschiedene fibröse Partieen der Extremitäten befallen kann. Andere nehmen nicht gichtische Entzündung, sondern Entartung der Arterien als G r u n d des Allersbrands an; so sind nach U'edemeyer die vorausgehenden und begleitenden Schmerzen nicht ein Zeichen der Entzündung, sondern der Desorganisation der Arterien, da sie auch bei Aneurysmen vorkämen und auch Roux nimmt Verknöcherung der Arterienwände und Verengerung ihres Lumens als Ursache an. Allein die Desorganisation der Arterien des Unterschenkels findet sehr häufig bei alten Leuten, ohne die geringsten Schmerzen oder irgend eine Veränderung der weichen Theile statt (Erfahrung des Vf.). Der bei Aneurysmen nach dem Verlauf der Arterienäste vorkommende Schmerz ist die Folge des mehr oder weniger noch stattfindenden entzündlichen oder gereizten Zustandes des aneurysmatischen Sackes und der angrenzenden Partieen der Arterien, welcher wie bei Neuralgieen nach dem ganzen unteren Verlauf des Gefäfses ausstrahlt, und ohne Zweifel vom durchströmenden Blute unterhalten wird; denn mit der Zuschnürung der Ligatur oberhalb des aneurysmatischen Sackes ist der Schmerz wie weggezaubert. Aufser den vorausgehenden gichtischen, ziehenden Schmerzen sprechen auch die anatomischen Charaktere der Gefäfse f ü r die e n t z ü n d l i c h e N a t u r dieses Brandes. D a s B i l d der Krankheit ist folgendes. Meistens gehen heftige,

Gangraena senilis.

2S9

heftige, brennende Schmerzen im ganzen Fufse voraus, die in der Nacht und in der Beltwärme exaeerbiren, und sich endlich an einer Stelle fixiren, z.B. am Nagelglied, an einer oder an mehreren Zehen, an der Ferse, an einem Knöchel (llegin); das Glied oder der vorzüglich afiicirte Theil desselben ist dabei oft taub, pelzig oder kalt; später entsteht an diesen Puncten und auf dem Fufsrücken, ja selbst an der vordem Seite des Unterschenkels eine rosige Rölhe der Haut, in der sich allmählig mehrere bläuliche Flecken, selten Blasen bilden; die Oberhaut löst sich ab, es entstehen Excoriationen und unter der Fortdauer der Schmerzen und des Fiebers schwillt der Fufs ödematös an, wird schwarz und trocknet endlich allmählig ein. Manchmal geht das Oedem (das kein atonischcs sondern crclhisch exsudatives, inflammatorisches ist) den Schmerzen voraus (Camerer) und nicht selten trocknet die Haut auch nicht ein, sondern sie wird feucht, violet, weich, graulich und übelriechend (Dupuytren, Marjolin). Das F i e b e r hat meistens den erethisclien, seltner den sjnochalen, höchst selten den torpiden Charakter. Das synochale Fieber wurde namentlich einigemal von Dupuytren beobachtet; der Puls war voll, hart, das Gesicht rotli, die Schmerzen heftig. Der Brand schreitet meitens bis zum Zehen- oder Fufsgclcnk, zuweilen bis zum Unterschenkel oder Knie, höchst selten bis zum Hüftgelenk, und zwar manchmal aufserordentlich schnell, in 3 bis 4 Tagen fort. Im Falle von Camerer ward der ganze Fufs in einer Nacht schwarzblau. Meistens stirbt der Kranke unter Fieber, Delirien und kaltem Schweifs. Seltner erfolgt Heilung durch Abstossung des Brandigen, am seltensten durch Zertheilung der brandigen Eulzündung und Wiederbelebung der gangraenösen Haut. So verschwanden in dem von Camerer beobachteten Falle die Schmerzen, die Geschwulst und die schwarzblaue Farbe allmählig wieder und der Kranke genafs. In beiden Fällen von Genesung treten aber gewöhnlich durch die Fortdauer der inneren Ursache bald Recidive ein; so starb van Swielen am vierten Anfalle. Der Brand erstreckt sich nicht immer in die Tiefe, sondern beschränkt sich oft auf die Haut (Marjolin), und kommt manchmal auch an der Nase allein vor (Marjolin). In andern Fällen entsteht wähMed. ebir. Encjcl. XIII. Bd.

19

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Gangracna senilis.

rend des Verlaufes des Brandes an den untern Exfremiläten auch brandiges Absterben der Haut an andern Theilen, z. B. an den Augenlidern, wo der Brand durch Abslofsung heilt, •weil er oberflächlich ist, während er in Folge seiner Tiefe an den Füfsen fortschreitet. Die B e h a n d l u n g hat nebst der Berücksichtigung der entfernten IJrsachcn die asthenische Entzündung der unter der Haut gelegenen fibrösen Iläute nach ihrer Heftigkeit zu bekämpfen, das Absterben zu verhüten oder den Abstofsungprocefs zu unterstützen. — Die von Kirkland, Hunc%ovsky, Schmalz und neuerdings von Dupuytren empfohlenen Antiphlogistica, besonders die Aderlässe sind nur bei heftigen Schmerzen, bedeutender Geschwulst und synochalem Fieber angezeigt, nicht aber durch die Schinerzen allein. Nach Pott ist Opium zur Linderung der letzten n o t w e n dig; er gab es daher täglich zu 1 — 3 Gran; allein er hat seinen Nutzen überschätzt und es wurde seit dieser Zeit viel zu allgemein empfohlen und angewendet. Dafs es nicht immer nütze und sogar die Schmerzen vermehren könne, hat schon Kirkland bemerkt und die Beobachtungen von Dease, Le Dran, van Swieten, Eschenbach, Fielitz, Remer, Dupuytren und Camerer haben dies bestätigt. Es findet hier dasselbe Verhältnis wie bei anderen gichlischen und rheumatischen Krankheitsprocessen statt; so lange deren Krankheisformen blos Congrslion oder geringe Entzündungen sind, wird Opium mit Vorlheil angewendet; es pafst daher nur beim Altersbrande mit crclhischcm oder torpidem Charakter, mit geringer Intensität der gichlischen Entzündung; solche Fälle waren es zweifelsohne, in denen Schmalz, Fritze u. A. die Schmerzen durch dasselbe minderten. Man giebt es dann entweder allein, oder mit Calomel (Kirkland) oder Moschus ( P . Frank), ferner Mineralsäuren, eine leichte Kost. Die analeptischen Mittel, z. B. Spirifus nitri dulcis, Naphtha vitrioli, China (Kirkland, Boerhaave, Iluxham, Le Dran, Brambilla) Chinin u. dgl. passen in dieser Form nicht und sind sogar schädlich; eben so die Ameisen- und kaiischen Bäder, die aromatischen Fomentationen, die spirituösen Waschungen, die flüchtige Salbe allein oder mit Opiumtinetur {Trampcl, Uunczovsky, Camerer) u . s . w . ; denn sie vermehren die Schmerzen; die äufsere Behandlung sei daher

Gangraena senilis.

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auch reizmildernd und besänftigend (Pott, Kern) und besiehe in Fufsbädern und Fomentationen von Milch (Pott, Kirklund), Cataplasmen von Leinsanicnmehl, Milch und Fett (Kern) oder gewöhnlichen Cataplasmen mit Bleiwasser, Verband mit Cerat, und nur beim Mangel aller Schmerzen brauche man zur Beförderung des Abslofsungsprocesses aromatische Fomentationen (Langenbeck, Camerer) oder Tropfbäder davon (Le Dran). Die von Warner und Stanz empfohlenen Vesicantia sind nur mit Vorsicht anzuwenden, indem sie leicht den Brand vermehren können; unwahrscheinlich ist es, dafs man durch sie, wie Velpeau glaubt, das Fortschreiten desselben aufhalten kann. Die Einschnitte und die Amputation sind nicht angezeigt, wohl aber die Trennung abgestorbener schmerzloser Theilc und das Durchsägen der Knochen; in Frankreich scheint man jedoch die Amputation deswegen zu verrichten; Roux sah sie ohne Blutung und mit Erfolg machen. 2) G a n g r a e n a s e n i l i s c h r o n i c a (vera s. genuina, s. atonica), Spacelus s. Mumificatio senilis, Melasma, Necrosis senum, schmerzloser Brand der Alten, trockner atrophischer Brand der Greise, engl. Atonic Mortification. Diese Art des Braudcs entsteht ohne alle Spuren von Entzündung oder wenigstens nur mit sehr geringen Reizungssymplomen in Folge des allmähligeu Sinkens der Lebenskräfte durch das natürliche Alter, namentlich bei gleichzeitigen Störungen des Kreislaufes durch organische Herzkrankheiten ( D e l p e c h ) oder Verknöcherungen der Arterien des Unterschenkels (Cowper, Beikel, Naish, Thomson, Hebriard, Hodgson, Larrey, Marjoliri) oder Verstopfung derselben mit kalkartiger Materie ( H o d g s o n ) oder Coagulum (Roche und Sanson, Alihert jun., Delpech, Dubreuil, SchSnlein, Syme). Erkältungen scheinen häufig die Gelegenheitsursache zu sein (Larrey). — Dieser Brand ist stets ein trockner und unterscheidet sich von dem durch Erfrierung n u r dadurch, dafs er von innen nach aufsen entsteht (Larrey)-, er ist analog dem Brande der Neugebornen. Bölling will ihn aber nicht als Brand gelten lassen, sondern zählt ihn zu den Atrophieen, weil er ohne Entzündung entsteht, allein seine Symptome weichen zu wenig vom entzündlichen Brande und zu sehr von den Atrophieen a b , als daCs man ihn aus dem Capitel 19*

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Gangracna senilis.

vom Brande in jenes der Afrophieen verweisen sollte. Uebrigens ist es nichts weniger als erwiesen, dafs er immer ohne alle Entzündung entstehen sollte, vielmehr sprechen mehrere Symptome für einen Reizungszustand, und jene Schriftsteller, welche auch bei ihm eine verborgene Entzündung annehmen zu können glauben, haben nicht so ganz Unrecht, da diese nicht blos in geschwächten sondern auch in n i c h t g e h ö r i g e r n ä h r t e n Thcilcn sich entwickeln kann, wie die Geschichte der kalten Absccsse lehrt und Gruithuisen (Med. chir. Ztg. 1811. Bd. II. S. 3 0 1 ) microscopisch gezeigt hat, und — was bei Atrophicen nicht der Fall ist — weil sjcli die Symptome der Entzündung beim Weiterschreiten der Gangraena senilis in den benachbarten Thcilcn sichtbar einstellen (Setler). Auch der Umstand spricht für die chronische Entzündung, dafs der schmerzlose Brand vorzüglich bei jenen Greisen vorkommt, welche bei einer silzenden Lebensart viele und nahrhafte Speisen und Getränke geniefsen (Jeanroi). Beide Formen scheinen sich daher nur durch das Plus und Minus von auffallenden Entzünduiigssymptomen zu unterscheiden. D i e S y m p t o m e sind folgende: D e r K r a n k e befindet sich v o r dem Anfall entweder ganz wohl oder er klagt über verminderten Appetit, trägen Stuhlgang, Frösteln, Hinfälligkeit, Schläfrigkeit, Gefühl von Schwere, Kälte und Ameisenkriechen in den Füfsen, besonders in der grofsen Zehe oder in den Händen. Manchmal gingen schon mehrere J a h r e hindurch podagrische Anfälle, Ausfallen der Haare und Nägel (Schmidtmann) voraus. D e r Puls ist langsam und schwach. O h n e allen Schmerz entsteht ein rother Fleck, die Haut schrumpft ein, es bildet sich ein trockner, mifsfarbiger, aschgrauer, bläulicher oder schwarzer schmerzloser Fleck und allmählig mehr e r e , die sich vereinigen und langsam weiter verbreiten. Sehr selten ist die Haut, statt schwarz, blafs, mattweifs. — Manchmal tritt das Schwarzwerden sehr schnell, z. 15. in ein e r Nacht ein. D e r Theil wird ferner trocken, fest, lederoder mumienartig. D e r Brand kriecht langsam weiter und begrenzt sich selten, und n u r bei guten Kräften und geringer Tiefe; auch hier erfolgen dann häufig noch vor der Vernarbung Recidive. Doch sehen LeCat, Alis, Reder, Ckelius die Begrenzung und zwar letzterer in der Mitte des Unterschen-

Gangraena senilis.

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kels und Alis am Schullergelenk, und Itust beobachtete sogar die Wiederbelebung der schwarzen Iländc und Fiifse eines 80 Jjilire allen Greises binnen einigen Monaten 'imal, bis derselbe endlich der Schwäche erlag; die schwarze, kalte und eingetrocknete Haut wurde bläulich, dann röthlich und warm und heilte durch Abstofsung der Epidermis. — D e r Verlauf ist in der Regel sehr langsam und dauert oft Monate, ja man hat Beispiele, dafs der Brand von den Zehen bis zum Knie oder von der Hand bis zum Schultergelenk (Alis) ein volles Jahr brauchte. In andern Fällen geht dem Brande allgemeiner Torpor und selbst Fieber voraus, es entsteht ein schwarzgrauer Fleck mit rosiger Entzündung der nahe liegenden Thcilc, und in kurzer Zeit erfolgt der Tod unter heftigem Frost, Schncnhtipfcu nnd Sopor. Die B e h a n d l u n g hat das Gefäfs- und Nervensystem zu beleben, und die etwa stattfindende Spur von astheninischer Entzündung reizend zu behandeln; man verordne daher eine leicht verdauliche, reizend-stärkende Diät und Arzneien, als zartes Fleisch, grünen Thee, Wein, Campher, Moschus, Sal Cornu Cervi (White), Sal volat. succ. (Lentin, Elser), Valeriana, Arnica, Theriac (Le Cat), Opium (Graut, Ilunter, l.e Cat, Volt, Kirhlavil, Carron, Fritze, Schmidlmann) selbst in grofsen Dosen, (3 — GvGran täglich) China, besonders Extr. chinae frig. parat, oder Tinct. eh., Kaphten. — Aeufserlich dienen Fufsbäder mit Salmiak oder Kali, thierische Bäder, Tropfbäder von aromatischen Kräutern, Cataplasmen (Le Cat, Kern) besonders mit Opium (Kirkland, Trampel, Hunczovsky, Aulenrieth, Camerer) oder mit Bierhefen, oder Bäder von aromatischen Kräutern, spirituöse Waschungen, Verband mit Ung. de stjrace u. s. w. — Auch hier sind die Einschnitte und die Amputation nicht angezeigt, sondern blos das Absägen der Knochen oder das Durchschneiden einzelner Sehnen. Larrey konnte in einer grofsen Anzahl von Fällen das Fortschreiten des Brandes durch die Amputation nicht hindern, dagegen versichert 114breard, dafs er sie mehrmals bei schwachen Greisen mit Erfolg habe verrichten sehen, obschon der Brand sich nicht begrenzt hatte, auch Eisenbach operirte mit Lebensrettung. L i t t e r a t u r .

Aufserden im Art. vomBrande überhaupt schon angeführten

294

Gangracnescentia.

Garcinia.

M o n o g r a p h i e c n des B r a n d e s sind liier noch folgende M o n o g r a phieen und Beobachtungen ü b e r den A l t c r s b r a n d zu n e n n e n : Gaschwitz, Dias, de Sphacelo lenuro. IIa]. 1725. — Pott, Cliir. Beobacht. A. d. E. Berlin 1776. Cliir. W e r k e . A. d. E. Bd. II. S. 533. Berlin 1787. — Kirkland, kleine medic. AMi. Bd. II. S.128. Observ. anat. cliir. med. Rostock. 1769. Obs. 25. — — Eschenbach, Le Cat, in Pliilos. Transact.; Auserlesene Abb. aus den pliilosoph, Transact. übersetzt v. Lesice. Th. III. Lübeck 1776.; Iliditcr's cliir. Eibl. Bd. IV. S. 359. — Le Dran, cliir. Gutachten. A. d. Lat. Leip»ig 1773. — Jeanroi, in llist. de la Soc. de Med. T. V. p. 70. Paris 1782.; nichtcr'* cliir. Eibl. Bd. II. S. 121. — Hunczovsky, Med. cliir. Beob. auf Kelsen. W i e n 1783. — C. Ludw. Schmalz, Seltene cliir. u. med. Vorfälle. Lcipi. 1784 Beob. 21 u. 50. — Dumont, Observ. sur la gangrene siehe de Polt, in Annal. de la Soc. de Med. prat. de Montpellier, par Baumes. T. 39. p. 255. Montpell. 1816. — Hemer, in Ilufeland's Journ. d. pract. Ileilk. 1812. Jan. S . 40. — Dorfmüller, in d. Neuen Jahrb. der deutschen Med. n. Cliir. Bd. XII. St. 3. — Holling, über Gangraena senilis, in t>. GTaefc's u. v. If'alther's Journ. der Chir. Bd. XIV. St. 1. S . 42. — Schmidtmann, Summa observat. med. Vol. III. 1826. — Dupuytren, in Nouv. bibliothique mid. 1825 Mär».; t). Froricp's Nm. Bd. X. S. 206, und in Transact. im'-d. 18.')'}. Mai; Mag. d. ausländ, med. Litt. v. Gerson u. Julius. 1833. Nov. I)ci. — Itoul, in Mtm, de l'Arad. roy. de Med. T . III. Fase. 3. Paris 1833. — O' Linoli Istoria e liiflessioni pathologiche-chimiclie sulla Gangrena secca. Firence 1834. — Nind, in tlie London med. Repos. and Review. Vol. 27 u. 28. Jä — r. G A N G R A E N E S C E N T I A , G a n g r ä n e s c e n z ist d e r erste A n f a n g , d e r niedrigste G r a d d e r G a n g r ä n , b e s o n d e r s häutiger G e w e b e , z. B. d e r äufscrcn Haut, d e r Schleimhäute, d e r G e l e n k b ä n d e r und F a s c i c n , w i r d a b e r nucli als S y n o n y m mit G a n g r ä n ü b e r h a u p t genommen. ( V c r g l . den A r t . G a n g r a e n a , b e s o n d e r s a b e r die Eintheilung.) Jä — r. G A R C I N I A . Eine Pflanzengattung aus d e r natürlichen F a m i l i e d e r Guiliferae, in die Dodecandria Monogynia des iewM^'schen Systems gehörend. S i e umfafst B ä u m e Ostindiens, deren B l u m e n getrennten Geschlechts o d e r auch Z w i t t e r s i n d , welche einen 4b!ättrigen K e l c h und B l u m e n k r o n e , 1 5 — 2 0 unten z u w e i l e n v e r w a c h s e n e S l a u b g c f ä f s c und einen einfachen Stempel mit einer 4 — lOslrahligcn sitzenden N a r b e haben. Ihre 4 — lOfächerige F r u c h t ist bccrcnartig, die F ä cher sind einsamig u n d die S a m e n haben eine S a m e n d e c k e u n d dicke zusammenhängende Samenblätter. A l l e A r t e n hab e n gegenständige B l ä t t e r , innen ein oft gefärbter Milchsaft und häufig efsbarc Früchte.

Garcinia.

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1) G. Cambogia Desr. (Cambogia Gutta L., Mangostana Cambogia Gärtn., der Gummiguttbaum), ein ansehnlicher mit starkem W i p f e l versehener Baum, dessen Blätter kurz gestielt, lederartig, breit lanzetllich, auf beiden Seiten kahl und etwas glänzend, unten aber blasser sind. Die gelben Blumen sitzen einzeln an den Spitzen der Zweige, die N a r b e ist achtstrahlig und die gelbe Sfurchige Frucht hat die Gröfse einer kleinen Pomeranze. Alle Theile dieses Baumes enthalten einen dicken gelben Milchsaft, welcher an der Luft erhärtet, und ein dichtes, sprödes, zerbrechliches, auf dem frischen muschligen Bruche glänzendes, sonst mattes, bräunlich-gelbes, durch Reiben und Anfeuchten aber schön gelb werdendes Gummiharz darstellt, welchcs unter dem Namen Gutli oder Gummi Guttue, Gummigutt bekannt ist. Es zeigt nur bei Erhitzung einen Geruch, besitzt aber einen eigcnthümüchen, trocken machenden, süfslich-scharfen Geschmack und drastische W i r k u n g . E s besteht nach Braconnot, aus 80 Th. gelbem Harz; 19,5 löslichem Gummi und 0,5 Unreinigkeiten. In W a s s e r löst es sich ganz auf und bildet eine trübe Lösung, in Alcohol löst es sich gröfsteutheils uud die Lösung bleibt hell. Auch G. speciosa Will. giebt einen ganz ähnlichen Gummiharz, so wie G. Morella Desr. und G. celebica L. Doch soll das Gummigutt von allen diesen Bäumen, welches auch ceylonisches oder unechtes genannt wird, weniger gut und von braunerer F a r b e sein, als das von Stalagmites cambogioides Murr. ( s . d . Art.), welches für das beste gehalten wird. — Auch die gelben Säfte anderer Pflanzen, wie z. B. der Yismien, des Xantliochjmus u. a. sollen einen ähnlichen Stoff liefern. 2) G. Mangostana L,, die Mangostane, ebenfalls ein Baum der Molucken, mit eiförmigen, spitzen, adrigen Blättern, rothen, einzeln stehenden, endständigen Blumen, 6 — 8 lappiger Narbe und rundlicher purpurbrauner Frucht von der Gröfse einer Pomeranze. Diese Frucht wird als eine der köstlichsten Früchte Indiens geschildert, welche selbst jeder Kranke geniefsen darf und mag. W i r d ihr Genufs von Kranken verweigert, so ist es ein Zeichen, dafs er nicht wieder genesen wird (Rumph). Die Rinde des Baums ist ein Mittel gegen die Ruhr und ein Aufgufs derselben giebt ein gutes Gurgelwasscr bei Gcschwürcu und Schwämmchcu im Ilalse.

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Garcinia.

Auch die Frucht der Garcinia celebica soll vortrefflich sein u n d selbst die der G. Cambogia wird roh gegessen. v.Sdi — l. In E u r o p a w u r d e das Gummi Gutti als Heilmittel bekannt in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts, zuerst durch Clusius im J . 1605 und rpäter durch Lottichius, welcher dasselbe in einer Monographie gegen W a s sersucht und Gicht empfahl. W i r k u n g . Innerlich angewendet besitzt dasselbe eine specifisch reizende Wirkling auf die Nervengeflechte des Unterleibes, namentlich auf die Sacral- und I^cckengeflechte? — in mäfsigen Gaben auf die Schleimhäute, besonders die des Darmkanals, das D r ü s e n - und Lymphsystem, die Gefäfse des Uterin- und Pfortadersystems, — den Darmkanal und die Harnwerkzeuge bethätigend, auflösend, abführend, diuretisch; — in gröfsern Gaben wirkt dasselbe drastisch, sehr diuretisch, speeifik gegen den Bandwurm, sehr wäfsrige Stuhlausleerungen mit Tenesmus, heftigen Kohkbeschwerden, und Erbrechen, leicht Uterin- und Ilämorrhoidalblutungen veranlassend. Sehr grofse Gaben bewirken, gleich ähnlichen drasti sehen Mitteln, heftige, leicht brandig werdende Entzündun gen, — oder durch Ueberreizung, Lähmung der Nervenge flechte des Unterleibes. N u r in mäfsigen Gaben gereicht, aberlange fortgesetzt kam es eine lähmungsartige Schwäche der Nerven des Unterleibe? veranlassen, oder eine chronische Entzündung der Schleim haut des Darmkanals und in Folge dieser, Desorganisationen. V o n Coloquinten, mit welchen man G. G. verglichen hat, unterscheidet sich letzteres wesentlich dadurch, dafs es stärker auf die Harnwerkzeuge wirkt. G a b e u n d F o r m d e r A n w e n d u n g . Gereicht wird dasselbe in Form von Pulver, Pillen oder Emulsion, zu einem halben bis zwei Gran, um die Resorption, den Darmkanal und die Harnwerkzeuge zu bethätigen, — als drastisches Mittel zu fünf bis zehn Gran. Cutlcn empfahl es in mäfsigen, aber öfter zu wiederholenden G a b e n , Werlhoj gegen Bandwurm in Dosen von zehn Gran und mehr. Zur Minderung der heftig örtlich reizenden W i r k u n g auf den Darmkanal läfst man dazwischen fettes Oel nehmen. Sehr

Garcinia.

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erhöht wird die diuretische "Wirkung des G. Gutti durch die Verbindung mit Kali carbonicum. Die Tinctura G. Gulti, durch Digestion von einer halben Unze G. Gulti und einer Unze Kali carbonic. mit einem Pfund Spir. Yini gallici bereitet, w u r d e früher sehr als diuretisches Mittel in der Wassersucht, pro dosi zu fünf, zehn bis dreifsigTropfen, gerühmt, ist aber jetzt nicht mehr im Gebrauch. D e r von Mehreren empfohlene Sapo G. Gulti wird nach dem Lippischen Dispensatorinm folgendermafsen bereitet. Sechs Unzeii Pulvis G. Gulti werden mit drei Q u e n ten Kali causticum und neun Uuzen W a s s e r , bis sie sich mit einander zu vereinigen anfangen, gekocht, hierzu dann eine Lösung von drittehalb Quenten Kali causlicmn in vier Unzen W a s s e r hinzugesetzt und das Ganze unter beständigem Umrühren bis zur Seifenconsistenz eingckocht. Die G . G. Seife ist dunkelrolh und wird in Form von Pillen zu drei bis zehn Gran pro dosi gereicht. In den berühmten Pilulae Janini bildet das G. Gutti einen wesentlichen B e s t a n d t e i l . Aeufserlich nach der endennatischen Methode angewend e t wirkt das G. G. nach Gerhard abführend. Anwendung. Indicirt bei grol'scr Selm.'¡ehe torpider Art, namentlich des Darmkanals, des Uteriusyslems und der Harnwerkzeuge, ist der innere Gebrauch des G. G. zu widerrathen bei fieberhaften Beschwerden, Schwäche der O r gane des Unterleibs ercthischer Art, Neigung zu Durchfall oder Blutflüssen, und endlich während der Schwangerschaft. Die Krankheiten, in welchen der innere Gebrauch des Gummi G. gerühmt wird, sind folgende: 1) Stockungen in der Milz, dem Leber- und Pfortadersystem von Schwäche torpider Art, hartnäckige Verschleimungen, Asthma, — Gelbsucht, Anschwellung und Verhärtung der genannten Organe in Folge vorhergegangener Entzündungen und lange anhaltender viertägiger F i e b e r , — Anomalien der Menstruation. Schmidt fand es in den genannten Fällen sehr hülfreich. Man giebt es hier n u r in kleinen G a b e n , und erhöht die "Wirkung desselben durch die Verbindung mit Gummi Ainmoniaci, Lac Sulphuris, Extr. Chelidonii, Rhei, Aloes aqnos. Sapo medicatus, Fei Tauri.

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Garcinia.

2) Wassersüchtige Beschwerden, in so fern sie durch Schwächc atonischer Art, grofse Unthäligkeit der Harnwerkzeuge bedingt, und mit Trägheit des Darmkanals und hartnäckigen Yeschleimungcn complicirt sind; — dagegen ist die Anwendung des G. Gutti sehr zu widerrathen, wenn die Schwäche crelhischer Art, oder wenn schon kleine Gaben des G. G. Uebelkeit, Erbrechen und Kolikbeschwerden veranlassen. Gegen Wassersüchten wurde dasselbe schon von Werlhof sehr empfohlen, Haldinger und Richter rühmen die Verbindung des G. Gutti mit Kali carbonicuni, Lentin mit Cremor Tartari, Sachtleben mit Cremor Tartari, Rad. Rhei und Tartarus stibiat., Horn mit Rad. Squillae, Krause mit Liquor Kali acetici, Heim und Ilvfeland in Form folgender Pillen: Jlcp. G. Gutti, Extr. Squillae, Sulph. aural. antiuion. Extr. Pimpinellae ana Scrupuluin. M. f. pill. pond. gr. jj D. S. Alle 3 Stunden eine Pille. Die gegen Wassersucht empfohlenen Bacherschen Pillen, bestehen aus Gummi Gutti, Myrrliac, Extr. llcllebori liigri und Cardui bcneilict. Lentin beobachtete bei einem an der Wassersucht leidenden Schwelger nach der unvorsichtigen Anwendung des' G. Gutti in grofsen Gaben sehr häufige wäfsrige Stuhlausleerungen, und nach diesen Heilungdervorhandenen Wassersucht 3) Gegen den Bandwurm wurde dasselbe schon von Spindler im J . 1(M2 gebraucht, und bildete später einen •wesentlichen Bestandteil bei vielen, gegen Taenia empfohlenen berühmten Curarten, namentlich bei den Methoden von Mathieu, Deck, Ilerrenschwandt und Nvffer. Am besten giebt man es als Drasticuui nach vorhergegangenem Gebrauch von nicht abführenden Anthelminticis, und dann in Verbindung mit Calomel, Rad. Jalapp., oder abwechselnd mit fetten Oelen. IVageler und Clossius lassen den ersten Tag Calomel und Conchae praepar., nachher Oleum Ricini, Ainygdal. dulc. eder Ol. Nuc. Juglaud. nehmen und dann den folgenden Tag eine bis zwei Gaben von folgenden Pulvern: Ilcp. G. Gutti gran. triginta sex, Pulv. Marchion. antiepileptic. Rad. Augelicac ana gr. octo, Pulv. IIb. Card, bened. scrupul. M. exaet. Divid. in pari, aequal. Nr. jjj. D. — Nach Anwendung einer ähnlichen Methode sah Ettmüller

299

Gardenia.

einen zwanzig Ellen langen B a n d w u r m a b g e h e n . Schäffer •wendete mit gleich günstigem E r f o l g nach dem G e b r a u c h v o n Ol. Olivar. Pillen v o n Resin. J a l a p p . G . G u t t i , Calouiel u n d Extr. p a n e h y m . Croll. an. Kortum empfiehlt nach dem G e b r a u c h v o n O l . P e t r a e , Tinct. Absinthii u n d A s a e foetidae, P u l v e r von acht bis zehn G r a n G. Gulti mit C a lomel u n d J a l a p p e n w u r z e l , abwechselnd mit O l e u m Arnygdal. dulc., u n d z u r N a c h c u r b i t t e r e Mittel. L i t t e r a t u r .

Car. Clusü, Gummi

Gutlae

QGaupp), gel

Exotic. 1605. IIb. IV. cap. 8. — J. P. LotlicJiius, seu Laxativo Indien. Franrof. 1 6 2 6 . —

am

Obriliam*.

S.

IIS.

A r z n e i w i s s . B . J. S . 1 5 1 . — S. 167.



Ettmüller,

B d . III. S . 5 8 2 . —

/.t:iUin'n

Lcntin,

Hufeland's

Schle-

zur

au»iil>i-nd.

AnnaKii

d.

Arnci-

K l i n i k d e r W a s s c r s n . IlJnum.

d.

praet.

Ileilk.

Im J o u r n . d. pr. I l e i l k . B d . X V . S t .

4.

S. 104. —

Horns

A r c l . l v für d i e m e d . E r f a h r u n g . 1 S 0 7 . B d . 2 . S l . 2 .

S. 3 1 4 . —

Fritze,

Annalen



Schäffer,

In Hufeland's

d e s H i n . I n s t i t . zu B e r l i n J o u r n . d. p r a c t . H e i l t .

B d . I. S . 3 0 8 .

Bd.

S. 8.

O

GARDENIA. der

de ,/acger

über die Krank-

Bciliäge.

in Itiimcr's

Sachlichen,

In

Kortum,



Schmidt,

xnittell, B d . I. S t . 3 . S . 2 8 . — ten.

E.

D i s s , d e C a m b n g i a e G u t t a e s u c c o . T u b i n g . 1 7 7 7 . In

T l i e s a u r . m.it. m e d i r . T o m . II. N u . 1 4 . —

heiten

C.

Rubiaccae

in

I.III. -

E i n e Pflanzengnllung aus d e r der

Pctilatidria

Alo/wgi/nia

St. 4 .

n.

Familie

des

Linnö'-

schen S y s t e m s stehend. Sic enthält Strüucher u n d B ä u m e meist des südlichen A s i e n s , mit gewöhnlich w o h l r i e c h e n d e n B l u m e n , w e l c h e einen röhrigen, abgestutzten o d e r gespalten e n K e l c h r a n d , u n d eine trichter- o d e r präscntirtellerförmigc B l u m e n k r o n e h a b e n , d e r e n k u r z e r R a n d 5 — iiiheilig ist; e b e n soviel S t a u b b e u t e l sind im S c h l u n d c fast sitzend; die k e u l e n f ö r m i g e N a r b e ist zweilappig u n d die fleischige vom K c l c h r a n d e g e k r ö n t e B e e r e enthält 2 — 5 u n v o l l k o m m e n e F ä c h e r . M e h r e r e A r t e n geben in ihrem V a t e r l a n d e Arzcneimiltel, so die l i e b l i c h - r i e c h e u d e G, florida L. u n d G. grandiflora Lour. in ihren F r ü c h t e n ein k ü h l e n d e s e r w e i c h e n d e s Mittel bei F i e b e r n , Schwindsüchten, D y s u r i e , A u g e n e n t z ü n d u n g e n u n d Hautausschlägen; v o n d e r G, campanulata Roxb. geben die F r ü c h t e ein cathartisches u n d anthelminthischcs M i t t e l ; die R i n d e d e r G. Pavetta Heyne soll adstringirend u n d scharf sein. Endlich g e b e n G. arborea Roxb,, guniinifera

L.

Iii. u n d

G. hicida

Roxb.

( r e s i n i f e r a Roth)

aus

K n o s p e n u n d Einschnitten in die R i n d e ein schön

den

gelbes

300

Gargareon.

Gargarisma.

Harz, welches dem Elemiharze sehr ähnlich ist, so dafs matt das letztere auch vtohl von dicscu Bäumen abgeleitet hat. v. Seh — l. G A R G A R E O N , Gargarion, das Zäpfchen. S. Uvula. GARGARISMA. Man versteht hierunter dasjenige flüssige Heilmittel, welches man in den Mund nimmt und das man mittelst des Gurgclus im Rachen hin und her bewegt, um das Mittel dadurch während einiger Zeil mit den kranken Stellen des Rachens in Berührung zu bringen. Nimmt man ein flüssiges Mittel in den Mund, um durch Ausspülen desselben blofs auf die darin enthaltenen Thcile einzuwirken, so nennt man es alsdcnn C o l l u t o r i u m . Da eiu Gargarisma eine zu kurze Zeit im Rachen verweilt, als dafs es durch die Einsaugung in die Säftemasse aufgenommen werden könnte, so vermag es blofs rein örtlich zu wirken und ist aufser zur Reinigung des Rachens vom Schleiin auch in verschiedenen örtlichen Krankheiten des Rachens von Nutzen, wie z. B. bei darin vorkommenden Geschwüren, Entzündungen u. F. VV. L)ic Gurgelwasser bestellen aus Solutionen, Infusionen, Decocten, Mixturen und werden nach dem beabsichtigten Zweck, aus tonischen, reizenden, erweichenden, schleimigen, saueren oder narcotischen Mitteln bereitet. Bei der Verordnung eines Gurgelwassers inufs man vorzüglich dafür sorgen, dafs der Geschmack und Geruch desselben so wenig als möglich widrig und dafs seine Consistenz wnsserdünn sei. Soll das Gargarisma gehörig wirken, so inufs es wiedcrholcntlich und anhaltend gebraucht werden. Gegenangezeigt ist es bei acuten Bräunen, weil durch das Gurgeln selbst, die Entzündung und der Schmerz nur noch vermehrt werden. Kindern können Gurgelwasser nur dann verordnet werden, wenn diese das Gurgeln selbst verstehen. Das C o l l u t o r i u m ist gleichfalls dünnflüssig, wirkt blofs auf das Innere der Mundhöhle, auf die Zunge, den Gaumen, auf das Zahnfleisch, auf die innere Backenfläche und auf die Zähne, bestellt aus denselben Präparaten, wie die Gargarismcn, und wird ebenso nach den verschiedenen therapeutischen Indicicn aus verschiedenen Mitteln bereitet. Collutorien werden angewendet bei örtlichen Uebeln der obgenannten Mundhöhleuthcilc, bei Entzündungen, Absccssen,

Garmiswyl,

Gartenkresse.

301

Aphthen, beim Zahnschmerz, beim üblen Geruch aus dem M u n d e durch hohle Zähne veranlafst. So z. B. wirkt gegen den Zahnschmerz, w o die Zähne n u r sehr gering cariös sind, eine Mischung der erst vor einigen Jahren durch C. v. Graefe aus Frankreich nach Berlin gebrachten Parag u a y - R o u x - T i n c t u r mit W a s s e r , (s. v. Graefe's u. v. IV alther's J o u r n . Bd. 22. pag. 5 0 ) 1 0 — 2 0 Tropfen zu einem Efslöffel W a s s e r , ganz vortrefflich; so ist die hierunter angegebene Vorschrift zu einem Collutorium von Chevallier beim üblen Geruch aus dem M u n d e durch hohle Zähne veranlafst, ein sehr zuverhifsigrs Mittel. Rcp. Chloruret. sicci Aq. dcstillat. ^jj. Chloruret. tere in mortar. vitreo cum pistillo vitreo, adde partem aquae, sepone, dccanlha liquor. clarificat., adde novain aquain tritura, sepone et tertio cum aqua reliqua ablue, decantha, liquores dccanthatos commisce, filtra et adde alcohol. ( 3 6 ° ) et olei essential. cujuslibet aliquot guttas. Hiervon nimmt man auf ein Glas W a l s e r einen Efslöffei voll. ( E . A. Graefe, über den Chlorkalk u n d seine medicinische Anwendung. Berlin 1S31.) Auch von den Mundwässern gilt die Regel, dafs sie wiedcrholrntlirh und anhaltend gebraucht werden müssen. Sjnon. Gargarisma, G u r g e l w a s s e r , G u r g e l m i t t e l H o l l . Ken gorgcldrank, gorgelwater, keel spocllitig. — C o l l u t o r i u m . Collutio orisCollutoirc. M u n d w a s s e r , M u n d m i t l e l . E . G r — e. GARMISWYL. D a s Bad G. liegt im Kanton F r e i b u r g , 1590 F . über dem Meere erhaben, auf dem rechten U f e r der Saane, anderthalb Stunden von Freiburg, und fast eben so weit von Laupen, auf einer einförmigen Höhe. D a s M.wasser hat die T e m p e r a t u r von 10° R . , einen starken Schwefelgeruch und enthält an festen B e s t a n d t e i len: salzsaure Kalkerde, schwefelsaure Kalk- und Talkcrde, kohlensaure Kalk- u n d Talkerde und Kieselerde. Litt. Itüsch, H a n d b u c h d e r B a d e - u . T r i n k c u r e n . B d . III. S . 159. — B e s c h r e i b , d e r B ä d e r d e r S c h w e i z . 1 8 3 0 . S . 3'29.

O — n.

G A R T E N A M P F E R . S. Rumex. G A R T E N K Ö R B E L , deutscher N a m e f ü r Cerefolmm sativum (s. d. Art.). G A R T E N K R E S S E . S. Lepidium.

302

Gartenraalve.

Gas.

G A R T E N M A L V E , d e u t s c h e r N a m e f ü r Allhca r o s e a (s. d. A r t . \ G \ 1 1 T E N M E L D E . S. Atriplex. G A R T E N M Ü N Z E . S. M e n l h a . G A U T E N N E L K E . S. Dianlhus. G A R T E N S A L A T . S. Lactuca. G A R T E N S A T U R E F . S. S a l u r c j a . G A R Y O l > H \ L L A T A . S. G c u m . G A R Y O P H Y L L O S . S. C a r y o p h y l l u s . G A S . D i e j e n i g e n K ö r p e r , w e l c h e flüssig u n d elastisch s i n d , oder d i e V e r b i n d u n g e n w ä g b a r e r Stoffe mit W ä r m e stoff, welclic expansibel sind, d. b. das B e s t r e b e n haben, sich nach allen R i c h t u n g e n a u s z u d e h n e n , n e n n e n w i r Gase, L u f t arten, elastische u n d expansible Flüssigkeiten, Expansibilien, F l u i d a . M e h r e r e d e r s e l b e n k e n n e n wir n u r in diesem Z u stande, a n d e r e dagegen lassen sich durch V e r m i n d e r u n g ihrer T e m p e r a t u r o d e r durch C o m p r c s s i o n in d e n t r o p f b a r flüssigen u n d selbst festen Zustand z u r ü c k f ü h r e n . Die Luft (atmosphärische L u f t ) ist ein Gcinenge zweier einzelner G a s arten, stimmt a b e r in ihren physicalischen Eigenschaften ganz mit ihnen ü b e r e i n . G e h e n t r o p f b a r flüssige K ö r p e r in d e n gasförmigen Z u s t a n d ü b e r , so n e h m e n sie eine gewisse M e n g e "Wärme in sich a u f , w e l c h e w i r d a n n nicht weiter d u r c h u n s e r e Hülfsmittel w a h r n e h m e n k ö n n e n , es zeigt sich dabei, b e s o n d e r s w e n n ein höherer W ä r m e g r a d d a z u a n g e w e n d e t w i r d , oft die Erscheinung des Siedens o d e r Kochens, indem die in G a s v e r w a n d e l t e n T h e i l e als L u f t b l a s e n d u r c h die Flüssigkeit treten. Einige G a s e sind noch u n z e r l e g b a r e einfache Stoffe, w i e d e r Sauerstoff, W a s s e r s t o f f , Stickstoff u n d Chlor, die a n d e r n sind zusammengesetzte u n d enthalten w e nigstens einen dieser einfachen als B e s t a n d t e i l . M a n tlieilt die G a s a r t e n ein, theils in Hinsicht auf ihr V e r b r e n n u n g s v e r m ö g e n in z ü n d e n d e , verbrennliche u n d auf k e i n e W e i s e z u r V e r b r e n n u n g b e i t r a g e n d e ; theils d a n a c h , o b sie w e d e r d u r c h D r u c k n o c h E r k a l t e n in flüssige o d e r feste Gestalt gebracht w e r d e n k ö n n e n : beständige o d e r p e r m a n e n t e G a s e ; o d e r o b sie b e i gewöhnlichen Verhältnissen ihre G a s f o r m b e h a l t e n u n d diese n u r b e i einem D r u c k v o n wenigstens drei A t m o s p h ä r e n o d e r bei einer A b k ü h l u n g bis zum G e f r i e r e n des Q u e c k s i l b e r s verlieren: C o e r c i b l e G a s e ; o d e r

Gasbai].

303

Gastein.

endlich, o b sie n u r d u r c h A n w e n d u n g e i n e r i h r e n S ü d p u n k t ü b e r s t e i g e n d e n T e m p e r a t u r ihre G a s f o r m e r h a l f e n k ö n n e n , b e i j e d e r B e r ü h r u n g eines k ä l t e r n K ö r p e r s sich a b e r w i e d e r v e r d i c h t e n : u n b e s t ä n d i g e G a s e . E n d l i c h theilt m a n die G a s a r t e n a u c h w o h l n a c h d e r v e r s c h i e d e n e n E i n w i r k u n g ein, w e l c h e sie auf die L u n g e ü b e n , w e l c h e b a l d m e h r positiv, b a l d m e h r negativ, i m m e r a b e r b e i l ä n g e r e r A n d a u e r s c h ä d lich ist, i n d e m n u r die a t m o s p h ä r i s c h e L u f t , d i e einzige f ü r i m m e r a t h e m b a r e V e r b i n d u n g v o n G a s a r t e n ist. D i e s e eig e n t ü m l i c h e E i n w i r k u n g d e r G a s a r t e n z u n ä c h s t auf die L u n g e , d a n n ü b e r h a u p t auf d e n g a n z e n Z u s t a n d d e s M e n s c h e n , hat m a n a u c h in m e d i c i n i s c h e r Hinsicht als Heilmittel mehrfach a n z u w e n d e n versucht. A n d r e r s e i t s w i r d die B e g e g n u n g d e r schädlichen W i r k u n g , w e l c h e G a s a r t e n v o n a u f s e n o d e r v o n i n n e n auf d e n thierischen K ö r p e r a u s ü b e n u n d die Entfernung der Bedingungen, welche schädliche Gaserzeugungen hervorrufen k ö n n e n , Gegenstand der policeilichen A r z n e i w i s s e n s c h a f f . W a s die G a s e i n s b e s o n d e r e b e t r i f f t , s i e h e die A r t i k e l K o h l e n s t o f f , S a u e r s t o f f u. s. w . v. S c h - 1 . G A S B A D . S. B a d . GASTEIN. D a s b e r ü h m t e W i l d b a d G . liegt von Salzb u r g f ü n f z e h n M e i l e n entfernt, in d e m T h a l e d e r Ache, e i n e m S e i t e n l h a l e d e r Salze. D e r W e g v o n S a l z b u r g n a c h G., f r ü h e r s e h r s c h w i e r i g , an m e h r e r e n P u n k t e n selbst l e b e n s g e f ä h r l i c h , jetzt v o r t r e f l l i c h , schnell, sicher u n d b e q u e m z u r ü c k z u l e g e n , f ü h r t in d e m v o n h o h e n B e r g m a s s e n u m s c h l o s s e n e n T h a l e d e r Salze d u r c h e i n e R e i h e höchst m a l e r i s c h e r G e g e n d e n , in w e l c h e m d e m R e i s e n d e n die A n m u t h , G r o f s artigkeit u n d d a s S c h a u e r l i c h - R o m a n t i s c h e d e r A l p e n n a t u r in d e r r e i z e n d s t e n A b w e c h s e l u n g entgegentritt, ü b e r Hallein, Golling, d e n , d u r c h s e i n e v e r z w e i f e i l e V e r t e i d i g u n g b e r ü h m t e n P a f s L u e g , W e r f e n , St. J o h a n n , a n d e r L e n d , d u r c h d e n finstern F c l s e n p a f s K l a m m n a c h H o f - G a s t e i n , u n d v o n d a n o c h h ö h e r , d e r A c h e entlang, in d a s r o m a n t i s c h - s c h a u e r liche T h a l d e s W i l d b a d e s . D a s B a d z u G . g e h ö r t z u d e n ältesten T e u t s c h l a n d s . I n d e n älteren Schriften w i r d dasselbe u n t e r d e n N a m e n G a s t e i n , G a s t a u n , a u c h C a s t y n a u f g e f ü h r t , die A c h c u n t e r dem N a m e n des G a s t a u n e r Baches ( G a s t u n a ) .

301

Gastein.

D i e ällcstc Geschichte von G. verliert sich in Sagen. Gewifs ist, dafs schon in den ältesten Zeiten in den erzreichen Gebirgen des G.thales ein sehr ergiebiger Bergbau getrieben wurde. Dafs die Heilquellen schon iin J . 680 nach Chr. voii zwei Jägern entdeckt worden seien, hat keine historische Glaubwürdigkeit, obgleich diese Sage, auf dein Altar der Kapelle iin W i l d b a d bildlich dargestellt, unter dem Volke erhalfen wurde. Die sichern Nachrichten lassen sich bis in die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts verfolgen, w o Herzog Friedrich von Oesterreich, nachmaliger römischer Kaiser, die Bäder von G. im J . 1436 besuchte und sie selbst gegen eine schwere Verwundung des Schenkels mit glücklichem Erfolg gebrauchte. Im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert erfreute sich G. eines zahlreichen und glänzenden Zuspruchs von Kurgästen. Die ältesten tcutschen Baineographen gedenken rühmlichst des W i l d b a d e s zu G . , namentlich Paracelstis, Iluggelin, Tabernämonlanus, Günther von Andernach und Turneisser, — an sie schlicfscn sich die in neuerer Zeit erschienenen Monographien von Eckt, Barisani, J. E. von Koch-Sternfeld, J f . Streinz, B. Eble und A. von Aluchar. Das enge Thal, in welchem das W i l d b a d liegt, nach v. Myrbach 2S39 F. ü b e r dem Meere erhaben, wird an zwei Seiten von steilen, gröfstcnlheils mit hochstämmigen Nadelholz bewachsenen Alpen, und majestätisch über diese sich erhebenden Eisbergen umschlossen. Die ganze Gegend trägt einen ernsten kolossalen Characlcr, eine Grofsartigkeit der Natur, welche auf eine wunderbare W e i s e ergreift, und deren Eindruck im Bade noch durch die Ache vermehrt w i r d , welche dicht an den W o h n g e b ä u d e n der Kurgäste, von der sogenannten Schreckbrücke bis auf den Boden des Gasleiuer Thaies unter Sl. Nicolaus mit einein donnernden Brausen in mehreren Absätzen über einen steilen Abhang von einer Höhe von 600 F. sich herabstürzt. Die wenigen Häuser, welche das W i l d b a d bilden, liegen zerstreut in Gruppen an dem grünen Abhang der das Thal umschliefsenden Alpen. Die örtlichen Verhältnisse des W i l d b a d e s sind nicht günstig. Abgesehen von dem schauerlich-ernsten Character der Gegend, den, reizbaren Kranken für die D a u e r störenden Brau-

Gasteiu.

303

Brausen des Wasserfalles, ist das Klima wegen der hohen Lage an sich, der Höhe der nahgelegenen Berge und der Enge des Thaies rauh, häufigem und schnellemWechsel unterworfen, — und die abhängige Lage des Thaies erschwert die wünschenswerte Erweiterung und Vergröfscrung der vorhandenen W o h n - und Kurgebäude. Zur Aufnahme von Kurgästen dienen folgende Gebäude; das Schlofs, das Straubinger-Gasthaus dicht an dem W a s serfall der Ache, das Haus des Grabenwirthes, des Grabenbäckers, des Mitteiwirlhs. Aufser diesen finden Kranke noch Unterkommen in mehreren anderen Gebäuden, namentlich in der Prälatur, in dein neugebauten Ilause des Generals Provenchörea, beim Vicar, so wie beim Schulmeister u. a. Nach Eble ergeben sich im Ganzen 152 Wohnungen zur Aufnahme von höchstens 180 Personen, —- eine verhällnifsmäfsig geringe Zahl von Wohnungen für die Menge der jährlich G. besuchenden Kurgäste. — Die Zahl derselben betrug nach A. von Muchard im J . 1826: 1328, — im J . 1827: 1241, — im J . 1828: 1378, — im J . 1829: 1301, — im J . 1830: 1305. Das Leben in dieser grofsartigen Alpennatur ist einfach Für geräuschvolle und glänzende Zerstreuungen anderer Kurorte entschädigen Exkursionen zu Fufs, oder zu Pferd in die reizenden Thäler oder auf das Gebirge, — nach Beckstein, dem Nafsfeld, den malerischen Wasserfällen der Ache (dem Schleier-, Kessel- und Bärfall), nach Hofgastein, dem Anlauf-, Rauriser- und Kölschahthal, auf den Rathhausberg, den Gamskehrlkogl und den Kreuzkogl (der Rathhausberg erhebt sich bis 8806 F., der Gamskehrlkogl bis 7800 F über dem Meer). Die Einrichtungen zu Wasserbädern sind nicht mit denen in andern gut eingerichteten Kurorten in Teutschland zu vergleichen und lassen noch manches zu wünschen übrig. Gemein- und Separatbäder finden sich in dem Schlofs, dem Slraubinger-Gasthaus, dem Hause des Mitterwirths, des Grabenwirths, des Grabenbäckers, in dem Gemeindebadhause, dem Hause des Chirurgen, dem Schröpfbade, dem Gebäude für das Dampf-oder Dunstbad und endlich in dem neu erbauten Ilause des Generals Provencheres. Med. chir. Encycl. XIII. Bd.

20

306

Gasteiii,

Unbemittelte inländische und auswärtige Kranke erhalfen unentgeltiche Hülfe, Aufnahme und Unterstützung in dem, von Conrad Schochner gegründeten und durch später hinzugekommene Vermächtnisse von Menschenfreunden bereicherten Hospitale. Die Zahl der in demselben aufgenommenen Kranken betrug im J . 1825: 306, — im J. 1826: 305, — im J. 1827: 249, — im J . 1828: 296, — im J . 1829: 337, — im J . 1830 : 340. Badearzt zu G. ist Hr. Medicinalrath Dr. Storch. Urgebirge ist in der hohen Tauernkette, an welche sich die Gastein umgebenden Thäler anschliefsen, die vorherrechende Gebirgsart. Granit, Granitgneifs, Gncifs, Urkalk und Schiefer bilden das Grundgestein dieser Höhen und auch des Gasteiner Thaies. Eigentliche Flötzgebirgsarten finden sich in demselben nicht; von der aufgeschwemmten oder tertiären Süfswasserformation kommen nur unbedeutende Niederschläge vor, — von Sand und Gerolle an den Ufern der Bäche, von Torf am Rathhausberge, von Kalktuff bei Dorfgastein. Granit bildet den Hauptstock von zwei Dritlhcilen des ganzen Thaies; auf Granit folgt Gneifs, besonders im Angerlhaie und auf der Erzwiese mit Urkalkstein, dann tritt die weit verbreitete Glimmerscliieferformation hervor mit den ihr eigentümlichen Gebirgsarten von Talk, Chloritschiefer, grünem und perlgrünem Tlionschiefer, Serpentin, Urgrünstein und Urkalk. Das G.thal ist sehr reich an den verschiedenartigsten und seltensten erdigen und metallischen Fossilien (nach v. Rluchar zählt man von denselben im Ganzen 51 Gattungen), das Erdreich besteht aus einem Gemenge von Kalk, Thon, Bitlererde, Kiesel, Quarz, Feldspath und Glimmer. Die Flora um G. trägt den Character der Alpenvegetation. H e i l q u e l l e n z u G. Alle Hcilq. zu G., in ihren Mischungsverhältnissen gleiph, und nur in ihrer Temperatur verschieden, scheinen einen gemeinschaftlichen Ursprung und Heerd, und zwar in dem Graukogel zu haben; der nördliche Abhang desselben bildet den Badberg, welcher aus Gneis besteht, mit Steingerölle und theilweise mit Lehm bedeckt ist.

Gastein.

307

Zum medicinischen Gebrauch werden benutzt: 1) D i e F ü r s t e n q u e l l e . Ihren Namen erhielt sie von dem ehemaligen Fürstbischof Grafen Hieronymus von Colloredo, welcher das Schlofs im W i l d b a d im J . 1794 erbauen liefs. Sie entspringt als die am höchsten gelegene, nahe beim Schlosse aus dem Felsen des Schreckberges, hat die Temperatur von 37° R., giebt in 21 Stunden 13,680 K u b . Fufs Wasser, und wird zu dem Fürstenbad im Schlosse, und zu den hinter diesem erbauten Bädern benutzt. 2) Die D o c t o r s q u e l l e , benannt nach einem über derselben früher befindlichen, dem Doctor Niederhuber gehörigen Gebäude, in welchem diese Quelle zu einem Dunstbade benutzt wurde, einspringt acht und vierzig Fufs tiefer als die vorige, mit einer Temperatur von 38° IV, giebt in 2 1 Stunden 3600 K u b . Fufs W a s s e r , und versorgt die Bäder im Schlosse, das Bad des Erzherzogs Johann, das Douchebad in dem Straubinger Gasthaus, das Chirurgen- und Gemeinbad. 3) Die K a i s e r - F r a n z e n s q u e l l e , früher bekannt unter dem Namen der Straubinger Quelle, auf Befehl des Kaiser Franz, im J . 1809 neu gefafst, und nach ihm benannt, entspringt am Fufse des Reicheiiberges, mit einer Temperatur von 38° R., giebt im Tage 10,080 Kub. Fufs Wasser, und versorgt .die sieben Straubinger Bäder und das Schröpfbad des Chirurgen. Durch die zu Gunsten der Fürstenquelle unternommenen Einrichtungen, hat sich nicht blofs der Zuflufs des W a s s e r s , sondern auch die Temperatur desselben um zwei Grad vermindert. 4) Die u n t e r e oder H a u p t q u e l l e , auch S p i t a l s - , M i t ' t e r w i r t h s - oder G r a b e n w i r t h s q u e l l e genannt, unter allen Mineralquellen die am tiefsten gelegene und wasserreichste. Sie kommt am Fufse des Reichenberges zu Tage, mit einer Temperatur von 38,5° R., giebt in 24 Stunden 72,720 K u b . Fufs Wasser, nährt die Bäder des Spital-, Mitter- und Grabenwirths, und die neu errichteten Bäder zu Hofgastein. 5) Aufser diesen, s'ämmtlich auf dem rechten Ufer der Ache entspringenden Heilquellen sprudelt eine fünfte in dem obersten Falle der Ache hervor, welche mit dem W a s s e r 20*

308

Gastein.

der Ache vermischt, nahe am Wasserfall und der Brücke ali Pferdebad benutzt wird. 6) Am Ende des letzten Wasserfalles, entspringt endlich auf dem linken Ufer der Ache, auf einer dein Grabenbäkker zugehörigen W i e s e , — eine sechste Heilquelle; sie ist nicht rein, mit anderm Wasser vermischt, hat die Temperalur von 29—-30° R., und versorgt die Bäder des GrabenBäckers. Nach der angegebenen Menge Thermalwasser der genannten Heilq. kann man annehmen, dafs sie in jeder Minute gegen 70 Kub. Fufs, in jeder Stunde an 4170 Kub F. Wasser liefern. Physicälisch - chemische Eigenthümlichkeiten d e r H e i l q u e l l e n z u G. Das Thermalwasser zeichnet sich aus durch grofse Reinheit, Klarheit und Durchsichtigkeit, ist von keinem ausgezeichneten Geschmack, von keinem andern Geruch, als dein des künstlich erhitzten desüllirten Wassers; bei Gewittern und Regenwetter wollen einige einen hepatischen Geruch bemerkt haben; Eble hatte nie Gelegenheit sich davon zu überzeugen. Die specifische Schwcre des Wassers, abhängig von der Temperalur desselben, beträgt 985 — 990 : 1000; seine Temperatur 36 — 38,5° R. Bemerkenswerth ist der Umstand, dafs bei Erdbeben die Temperatur keine wesentlichen Veränderungen erlitt; bei den sechs, bisher in Gastein beobachteten Erderschütterungen, bemerkte man nur bei der im Jahre 1690 wahrgenommenen, eine starke, aber bald vorübergehende Trübung des Thermalwassers. Der von dem Thermalwasser gebildete Badeschlanun (Conferva thermalis), besteht nach WernecWs Untersuchungen aus Monas thermo und crepusculum, Vibrio rugula, bacillus und undula, Navicula fulva und gracilis, Philodiua erjthrophthalma und citrina. Bei den, mittelst der Magnetnadel angestellten Versuchen fanden Baumgartner und Marian Koller im J. 1829, dafs das Thermalwasser an seiner Quelle die Magnetnadel bis auf 25° des Mulfiplicators brachte, während das gewöhnliche destillirte Wasser keine Veränderung bewirkte, ferner dafs mit der Verminderung des natürlichen Wärmegrades auch

Gastein.

309

sichtbar die W i r k u n g auf die Magnetnadel abnahm, und zwar in der Art, dafs bis auf 27—28° R. erkaltetes ThermalwasIVerneclc scr die Magnetnadel n u r , bis auf 11° brachte. konnte indefs bei seinem deshalb mit Gasteiner Thermalwasser im J . 1833 wiederholten Versuchen keine Abweichung der Magnetnadel bemerken. Nach Baumgartner soll ferner das Gasteiner Thermalwasser die F.lectricitSt weit stärker leiten als gemeines Wasser, auch bei der Zersetzung in gleicher Zeit weit mehr Gas liefern. Stahl will im J . 1829 ein starkes Lichtbrechungsvermögen von Gast. Thermalwasser entdeckt haben, welches an Schwefelalcohol erinnert. Sehr wichtig nicht blofs für das Gasteiner Thermalwasser, sondern für die Zusammensetzung und W i r k u n g ähnlicher Thermalquellen wäre die Entdeckung, welche L'aumgarlner im J . 1829 mit tldfe der Folla'schcn Säule gemacht haben will, wenn sich dieselbe bestätigen sollte, dafs nämlich das Gasteiner Thermalwasser nicht wie das gewöhnliche W a s s e r zwei, sondern drei Theile Wasserstoff auf einen Theil Sauerstoff, und demnach verhältnifsmäfsig beträchtlich mehr Hydrogen als jedes bisher bekannte W a s s e r enthielte. An der Richtigkeit dieser Versuche ist mit Recht gezweifelt w o r d e n , namentlich von Schweigger - Seidel. (Schireigger-Seidel N. Jahrb. d. Chern. u. Phys. 1833. St. 13. S. 280). Nach vergleichenden Versuchen, welche im J . 1821 über die Abkühlung des natürlichen Thermalwassers und künstlich erwärmten angestellt wurden, ergab sich, dafs sechszehn Unzen Thermalwasser in der ersten Viertelstunde 8,8° R., in der zweiten 5,2° R . , in der dritten 1,5° R., in der vierten 2° R., und in der fünften 2° R. W ä r m e verloren. Mit einem 6ehr empfindlichen Aräometer angestellte Versuche zeigten, dafs Thermalwasser bei einer Lufttemperatur von 14° R. um 6,09000 Theile leichter, bei einer Lufttemperatur von 11° R. schwerer als destillirtes W a s s e r ist. Schön in früheren Zeiten w u r d e das G. Thermalwasser chemisch untersucht, gewährte aber sehr ungenügende R e sultate. Auch die neuesten Analysen von Trommsdorff, Mayer und Hünefeld zeigen nur einen auffallend geringen Gehalt an festen Bestandtheilen, und gewähren keinen Auf-

310

Gastein.

schlufs über den eigentlichen Grund der Wirksamkeit dieses Thermalwassers. In sechszehn Unzen fanden: Trommsdorff:

Schwefelsaures Natron Kohlensaures Natron Salzsaures Natron Schwefelsaure Kalkerde Kohlensaure Kalkerde Salzsaure Kalkerde Kieselerde Verlust

1,450 0,500 0,150 0,175 0,250 0,550 0,088

Gr « « « « « « « 3,163 Gr.

Mayen

1,250 0,154 0,572 0,132 0,231 0,2ß4 —— 0.025 2,628

Gr. « « « « « « « Gr.

IJünefeldl

Schwefelsaures Natron Salzsaures Natron Salzsaures Kali.... Kohlensaures Natron Kohlensaure Kalkerde Kieselerde Talkerde Manganoxydul Eisenoxydul Schwefelnatrium Flufssaure Kalkerde Phosphorsaure Thonerde

1,4331 Gr. 0,2834 « 0,1405 « 0,0595 « 0,3394 « 0,3315 « 0,0100 « 0,0138 « 0,0484 « 0,0292 « Spuren « 0,0292 « 2,7182 Gr. " W i r k u n g e n . In Form von Bädern angewendet wirkt das Thermalwasser von G. ungemein belebend, erregend auf Nerven-, Gefäfs- und Muskelsystem, die Resorption bethätigend, speeifik auf die Harn- und Geschlechtswerk-, zeuge. In seinen Wirkungen läfst sich dasselbe mit den kräftigsten, inländischen, alkalischen Thermalquellen, namentlich mit denen zuTepHtz vergleichen; nur mit dem Unterschied, dafs das Thermalwasser vonG. flüchtigerer Natur, auch von einer mehr geistigeren, feineren Wirkung auf das Nervensystem, das Thermalwasser von T. dagegen, wegen seines ungleich reichcrcn Gehalts an festen Bestandteilen, namentlich alkalischen Salzen, materieller, durchdringender auf den

Gastein.

311

Organismus wirkt, alkalisch-auflösend auf die festen Theile, umändernd neutralisirend auf die Mischungsverhältnisse der Säfle, die se- und excernirenden Organe bethätigend, ihre Ab- und Aussonderungen befördernd. Bei den "Wirkungen des Thermalwassers zu G. unterscheidet Eble mit Recht die p r i m ä r e n und s e c u n d a r e n . An sich selbst beobachtete er folgende primäre Erscheinungen. W e n n ein Bad von 28° R., wie gewöhnlich des Morgens genommen wird, entsteht weniger das Gefühl von vermehrter Wärme, als vielmehr von wohlthuender Behaglichkeit und Leichtigkeit. Prickeln, Jucken, Stechen und starke Rölhe der äufsern Haut, wurde nur bei Personen bemerkt, welche entweder an chronischen Hautkrankheiten litten, sehr sensibel, oder zu Orgasmus des Blutes, oder congestiven Beschwerden sehr geneigt waren; die Haut wird dagegen weicher, geschmeidiger, Schweifs erfolgt nur ausnahmsweise. Nach kurzer Zeit erfolgt Drang zum Uriniren, so wie zu Stuhlgang bei Personen, welche um diese Zeit dazu geneigt sind; der Puls wird frequenter, kräftiger, voller (wurde bei Eble in den ersten zwanzig Minuten um fünfzehn Schläge vermehrt, eine halbe Stunde nach dem Bade auf fünf vermindert) begleitet gleichzeitig mit andern, aber schnell vorübergehenden Aufregungen des Blutsystem9, Eingenommenheit des Kopfes, leichtem Schwindel und Klopfen der Garotiden, auf welche das Gefühl einer wohlthuenden, behaglichen Belebung des ganzen Organismus folgt; der Turgor Vitalis der äufsern Haut wird vermehrt, das Gefühl einer behaglichen W ä r m e in dem leidenden Theile wahrgenommen, eine wohlthuende Leichtigkeit und geistige Belebung des Nervensystems. Reizbare und zu Congestionen disponirte Personen thun wohl das Bad zu verlassen, sobald sich das Gefühl der erwähnten Behaglichkeit zu vermindern, und eine Art von Ueberreizung oder Erschlaffung einzustellen beginnt. Ein zu langes Verweilen im Bade veranlafst die Erscheinungen einer beginnenden Berauschung. Unmittelbar nach dem Bade, nachdem die Kranken den Körper abgetrocknet und mit Flanell abgerieben haben, stellt sich ein prickelndes Gefühl auf der ganzen Haut ein, Schweifs selten; später, besonders in der ersten Periode derBadccur wird öfter Urin gelassen, der gelassene Urin ist meist wäfs-

312

G.istein.

riger, heller als gewöhnlich, zuweilen molkenartig, auch wohl sehr trübe, einen dicken, citerartigen Niederschlag bildend. Einige Stunden nach dem genommenen Bade tritt an die Stelle der früheren Aufregung ein harmonisches Gleichgewicht in allen Functionen, verbunden mit dem Gefühl einer behaglichen Stärkung, welches nur unterbrochen v\ird durch eine zweite, aber bald vorübergehende Aufregung nach dem Mittagsessen mit der beginnenden erdauiuig, und endlich durch eine drille, gegen zwei bis drei Uhr nach Mitternacht, welche ebenfalls nicht lange anhält, mit erhöhter Temperatur des gauzen Körpers, lebhafterem Puls, regeren Geschlechtstriebe, unruhigen Träumen verbunden, mit einem ruhigen, erquickenden Schlaf sich endigt. Gesunde beobachteten während und nach dem Bade gewöhnliche Erscheinungen, besonders eine wohlthuende Belebung des Nerven-, Muskel- und Gefäfssystems, starken Schweifs, jedoch nur höchst selten. Getrunken wirkt das Thermalwasser, auch selbst in gro£ser Menge, weniger aufregend, als ähnliche Thermalquellen, meist sehr diuretisch. — Hinsichtlich der secundären Erscheinungen beobachtete Eble folgende: Von dem dritten bis achten Tag an ein Gefühl vou Mattigkeit, Zerschlagenheit, Eingenommenheit des Kopfes mit leichten fieberhaften Beschwerden und anfangenden kritischen Ab- und Aussonderungen, besonders des Darmranals und der Harnwerkzeuge, später einen Zeitraum von Ruhe ohne auffallende andere Erscheinungen als der eines häufig erfolgenden, eigentümlichen Badeausschlages, welcher in Bezug auf die Zeit des Eintritts, so wie die Art seiner Ausbreitung sehr verschieden, keineswegs die Fortsetzung des Badens contraindicirt, wenn er nicht sehr bedeutend ist, nur Bäder von einer etwas kühleren Temperatur erfordert. Mit dem fünfzehnten oder zwanzigsten Tage tritt gewöhnlich die Hauptcrise ein, eine kräftigere Aufregung des Blutsystems mit noch stärkeren kritischen Ausscheidungen, und nicht selten späte? noch eine vierte als Nachwirkung, welche aber weniger an eine bestimmte Zeit gebunden zu seinscheint. A r t d e s G e b r a u c h s . Zu einer vollständigen Badecur

Gastein.

313

rechnet man gemeinhin 2 8 — 3 0 W a s s e r b ä d e r .

Anfänglich

läfst man den K r a n k e n n u r e i n e V i e r t e l s t u n d e im B a d e verweilen, täglich bis zum vierten B a d e um eine V i e r t e l s t u n d e steigen, und mit einer S t u n d e s o lange f o r t f a h r e n , b i s die bereits b e s c h r i e b e n e n critischen E r s c h e i n u n g e n

sich

einstellen;

für k u r z e Zeit wird dann der G e b r a u c h d e r B ä d e r suspendirt und b e i dem W i e d e r a n f a n g d e r s e l b e n täglich die Zeit des Aufenthaltes im B a d e Reizbare

Personen

vermindert.

dürfen

nur acht bis zehn M i n u t e n

in einem B a d e v e r w e i l e n , n u r sehr allinählig und mit V o r sicht steigen.

Sehr

heftige,

A u f r e g u n g e n des N e r v e n -

während

der C u r

eintretende

und G e f ä f s s y s t e m s , machen

eine

U n t e r b r e c h u n g d e r C u r a u f einige Zeit, oft gänzliches A u f hören dem

der C u r achtzehnten

nolhwendig. Tag

Erscheint

die I l n n p l r r i s c v o r

und ohne auffallende B e s s e r u n g ,

thut man w o h l den G e b r a u c h d e r B ä d e r auszusetzen, einiger Zeit a b e r sie von

neuem

zu b e g i n n e n ,

und damit

fortzufahren, bis die erwähnten critischen E r s c h e i n u n g e n treten.

T ä g l i c h zweimal

zu b a d e n ,

g e r als e i n e S t u n d e zu Verweilen,

so

nach ein-

und in dem B a d e länist n u r den K r a n k e n zu

rathen, deren K ö r p e r sehr abgehärtet, o d e r bei welchen ein h o h e r G r a d von S c h w ä c h e a l o n i s c h e r Art vorwaltet. Getrunken

wird das T h c r m a l w a s s c r zu einem

hallten

b i s drei S e i d e l . Z u r Unterstützung der W i r k s a m k e i t der ganzen B ä d e r wird auch dasselbe benutzt in F o r m von D a m p f b ä d e r n

und

örtlichen W a s s e r b ä d e r n ( F u f s - , A r m - und I l a n d b ä d e r n

von

3 0 — 3 2 ° I\.), letztere empfiehlt man b e s o n d e r s b e i L o c a l l e i den d i e s e r T h e i l e ,

g e b r a u c h t sie des Nachmittags u n d ver-

weilt in d e n s e l b e n eine bis anderthalb Anwendung.

Stunden.

P l e t h o r i s c h e , o d e r zu activen

stionen disponirte K r a n k e ,

müssen

Conge-

e n t w e d e r ganz a u f den

Gebrauch der Bäder verzichten,'oder zuvor, oder während der C u r

d u r c h Blutentziehungen nachtheiligen

des B l u t s y s t e m e s v o r z u b e u g e n suchen.

Aufregungen

Z u widerrathen sind

die B ä d e r b e i Neigung zu Bluthusten, s t a r k e n

Blutcongestio-

n e n nach dem K o p f e , und dadurch b e d i n g t e r Disposition zu Schlagflufs, b e i F i e b e r , entzündlichen Affectionen und inneru Exulccrationcn,

dagegeu

vorzugsweise indicirt b e i v o r w a l -

»14

Gasteln.

ténder Schwäche torpider Art, und namentlich in folgenden Krankheiten: 1) Chronische Nervenkrankheiten, — allgemeine Abspannung, Entkräftung, Zittern der Glieder, nervöse Hypochondrie, Hysterie, Cardialgie, nervöser Kopfschmerz, Krampfcolik, — Leiden des Rückenmarks, Lähmungen, besonders der untern Extremitäten, anfangende Rückenmarksschwindsucht, von Ueberreizung durch Excesse, oder in Folge von Schlagflufs entstanden. 2) Leiden der Gesclilechtswerkzeuge von Schwäche atonischer Art, — Schleim- und Blutflüsse passiver Art, Bleichsucht, Neigung zu A b o r t u s , Stockungen im Uterinsyslem, Nachtripper, Unfruchtbarkeit, Impotenz. 3) Inveterirte rheumatische und gichtische Localleiden, — Hüft-, K r e u z - und L e n d e n w e h , Coxalgieen, Steifigkeit der Muskeln und Gelenke, Anchylosen, Contracturen. 4) Chronische Leiden der Harnwerkzeuge, krampfhafte Harnbeschwerden, Gries- und Steinbeschwerden. 5 ) Schwere Verwundungen und in Folge dieser, oder metastatischer Complicationen, Neuralgieen, hartnäckige Geschwüre. 6) Leiden der Schleimhäute und Stockungen leichter Art, — Verschleimungen des Magens, blinde Hämorrhoiden. 7) Endlich chronische Hautausschläge und Scropheln. D i e F i l i a l - B a d e a n s t a l t zu H o f - G a s t c i n . Bei der beschränkten und ungünstigen Lage des W i l d b a d e s hatte man schon lange den Plan, an einem bequemen und angenehm gelegenen Orte, in der Nähe vom Bad G. ein zweckmäfsigeres Etablissement zu errichten. Man projectirte zu diesem Zweck eine Anlage theils unter Bad G., in dem, nach H o f - G a s t e i n sich hinziehenden W i e s e n g r u n d e , theils ü b e r Bad G. in dem breiten und anmuthigen Thal von Beckstein, doch ohne diese Pläne zu realisiren, und gründete endlich im J . 1830 eine Filial - Anstalt in dem von Bad G. drei Stunden entfernten Markt H o f - G a s t e i n , indem man den unbenutzten Theil des Thermalwassers in Röhren dahinleitete und daselbst Bäder errichtete. Die Wasseileituug mifst 4171 Klafter (2£ Stunden), besteht aus 2235 Stück hölzernen R ö h r e n , welche auf dem rechten Ufer der Ache theils ganz zu Tage, theils von E r d e bedeckt ü b e r Brücken geführt

Gastein.

315

wurden. Das Th.wasser legt diesen W e g in zwei und einer Vierlclslunde zurück, und verliert nur wenig von seiner Temperatur; nach Eble beträgt die Temperatur des Badewassers zu IIof-G. vom Monat Mai bis October wenigstens 29—26° R., — im Monat September 1832, an einem sehr kalten Morgen, fand ich sie 27°R. Der alte Markt Ilof-Gaslein, beträchtlich tiefer als Bad-Gastein, in der Forlsetzung des Thaies der Ache zwischen dem Pafs Klamm und BaA- Gaslein gelegen, da wo dieses Thal am breitesten ist, zählt 114 Häuser und 6S3 Einwohner und gewährt den Curgäslen einen geräumigem und bequemern Aufenthalt. Die ganze Badeanstalt steht unter einem Ausschussc der Actiengescllschaft, und diese unter dein dortigen Plleggericht. Zur Benutzung des nach IIof-G. geleileten Thcrmalwas« sers befinden sich Geniein- und Separatbäder in dem grofsen Badehaus (hinter dem Brauhaus von Hrn. Moser), dem Militairbadehaus, dem Nolhbad, in der Brauerei des Hrn. Moser, dem Hause des Hrn» Apotheker Pelikan, des Hin. Weifs und Schernlhaner, "Wohnungen für Curgäste sind eingerichtet bei dem Brauer Moser, im Wirthshaus zur goldenen Traube, iin Hause des Apotheker Pelikan und andern PrivMli.'iiisorn. Ocffcntliche Vergnügungsorte finden sich hier so wenig, wie in B a d - G . O b das nach H o f - G . geleitete Thermalwasser eben so wirksam sei, wie das an der Quelle zu Bad-G.? — kann nur die Erfahrung entscheiden. Hr. Eble will die Bäder zu H o f - G . mit ganz gleichem Erfolge, wie die zu B a d - G . gebraucht haben. L ¡ f I e r t t a r. r o m Gasteiner W i l d b a d e . Salzburg 1 7 5 0 . — J, Tiarisani, D i j j . de thermis Gasteinitnsibus. Vien 1780. — J . Barisani, p l i j j . ehem. Unters, d . bei ¡¡hinten W i l d b a d e s 1785. — J. Kiederhuber, E r läuterungen über d . Gebrauck d . G. YVildb. 1790. — J. B. TrommsdorJT», N. J o u r o . B d . XVIII. St. 1. S. 313. St. 2 . S . 24. 52. — J. E. V. Koch - Stern/cld, das Gasleiner T h a l m i t semen w a r m e n Heilquellen. Salzburg 1810. — Castungia, T a s r h e n b u r h auf 1820. — Klaatsch, in HufelantVs u n d Osann'» J o u r n . d . p r . l l e i l l . Bd. LV1II. S t . 1. S. 72. — ßünejeld in Schweigger's Jalirb. d. Cliein. 1828. B d . XXII. St. 4. S. 458. — Les bains d e Gastein et leuis cITets admirables par IV. Streintz. Lina. 1831. — Osann'» plijrsic. med. Darst.

TV. Eckt,

Gaster.

310 d. bekannten

IleMq. B d . II.

Gastrencbjta. S. 132. — D a s W i l d b a d

n e u e r r i c h t e t e F i l i a l - B a d - A n s t a l t zu H o f - G a s t e i n v. B. D a s T h a l - u . V V a r m b a d zu G a s t e i n von — D i e B ä d e r zu Gastein von B. Eble.

G a s t e i n n . u. s. w. und in Rücksicht auf die jetzt seit 10 Jahren vorherrschende Constitio stationaria gastrica die Schriften der neuern Aerzte. Es waltet also in diesen Zeitperioden eine Stimmung des Lebensprocesses bei den Menschen vor, die zu einem Erkranken des gastrischen Systems geneigter macht, als dies zu andern Zeiten der Fall ist, und die ihren näheren Grund in einer Veränderung der innern Bedingungen dieses Lebensprocesses ha23*

3S8

Gaslricus morbus.

b c n inufs. Als solche i n t e r c u r r i r e n d e n u r auf sine k u r z e Zeit a n d a u e r n d e gasirische K r a n k h c i l s a n l a g e müssen w i r f e r n e r die durch d e n S o m m e r u n d H e r b s t bedingte Constitutio a n n u a betrachten. W a s endlich die Constilutio endeuiica betrifft, so finden wir sie in Rücksicht auf die B e g ü n stigung der A u s b i l d u n g gastrischer K r a n k h e i t e n sowohl mehr allgemein klimatisch verbreitet, als auch n u r auf begrenzlern Oeitlichkeilen beschränkt. D a s w a r m e u n d feuchte Clinia, d e r Einilufs der Suinpflufl, scheinen diejenigen U m s t ä n d e z u sein, w e l c h e die Conslilulio cndcmica gaslrica vorzugsweise b e g ü n s t i g e n ; u n t e r der Einw irkung dieser endemischen Einflüsse macht d e r M o r b u s gaslricus in heifsen u n d sumpfigen G e g e n d e n eine siehende Pachtung d e r K r a n k h e i l s bildung. V o n welchen allgemeinen U r s a c h e n die auf eine R e i h e v o n J a h r e n a u s g e d e h n t e , u n t e r den verschiedenarligsten klimatischen Verhältnissen u n d d e n verschiedensten W i t l e r u n g s z u s t ä n d e n f o r t d a u e r n d e Conslilulio stalionaria gaslrica erzeugt w e r d e , liegt ganz im D u n k e l n , da bis jetzt w e d e r ein n ä h e r e r Z u s a m m e n h a n g mit tellui ischcn n o c h cosmischcn V e r ä n d e r u n g e n nachgewiesen w o r d e n ist. "Was a b e r die b e s o n d e r e Stimmung des L e b e n s p r o c e s s e s anbetrifft, w e l che diese Disposition z u r H e r v o r b i l d u n g gastrischer K r a n k heiten einschliefst, so ist auch diese ihrem W e s e n n a c h kein e s w e g e s g e n ü g e n d erkannt, s o n d e r n es lassen sich h i e r ü b e r n u r W ahrscheinlichkeiten aufstellen, die aus der Analogie und Induclion gefunden w e r d e n / Folgende l'uncle dürften bei d e r W ü r d i g u n g des W e s e n s dieser Anlage eine B e a c h t u n g v e r d i e n e n , i n s o f e r n ihre Auffassung dazu dienen k a n n , auf die B i l d u n g der gastrischen K r a n k h e i t e n selbst m e h r Licht zu v e r b r e i t e n . Nicht unwahrscheinlich ist es, dafs die Mischung u n d mit dieser das L e b e n des Blutes eine V e r ä n d e r u n g in sich schlicfse, die, in so weit sie sinnlich w a h r n e h m b a r ist, d u r c h einen grüfseren Gehalt an Kohlenstoff bezeichnet z u sein scheint, u n d mit w e l c h e r Mischungsverä n d e r u n g das Z u r ü c k t r e t e n der ächten entzündlichen D i a these, w ä h r e n d des Einflusses d e r C o n s l i l u l i o slationaria gastrica, in einer ursächlichen Beziehung stehen m a g , ein U m s t a n d , d e r s o w o h l durch die E r f a h r u n g e n jetziger Zeit, als f r ü h e r e r Zeiten aufscr Z w e i f e l gestellt ist. In dieser g r ö f s e r e n Hinneigung der allgemeinen Blutbeschaffcnhcit zum

Gastricus morbus.

389

V e n e n b l u t e , darf d e n n auch wohl d e r G r u n d gesucht w e r d e n , für eine d a u e r n d e s t ä r k e r e A n h ä u f u n g des ß l u t e s im P f o r l a d e r s y s t e u i , u n d d a d u r c h in den O r g a n e n des Unterleibes im Allgemeinen, in soweit sie mit dem P f o r t a d e r s y stem in V e r b i n d u n g stehen. E s treten somit diejenigen U m stände ein, w e l c h e die venöse Constitution im Allgemeinen auszeichnen, u n d hieran k n ü p f t sich nicht n u r allein d e r j e nige Einflufs, den die A b s o n d e r u n g e n in d e n Digestionsapparaten v e r m ö g e der v e r ä n d e r t e n Mischung u n d gröfsern A n h ä u f u n g des Blutes e r f a h r e n , s o n d e r n auch ein r ü c k w i r k e n d e r Einflufs auf die Vitalitätsstimmung d e r r e p r o d u e t i v e n N e r v e n p p h ä r e , die wir uns w o h l in einem m e h r gereizten, u n d s c h w a n k e n d e r e n , u n g l e i c h m ä ß i g e m , auch wohl deprimirteren Z u s t a n d e d e n k e n müssen, w e n n nicht vielleicht schon ursprünglich i m p o n d e r a b l e Einllüsse auf den L e b c n s z u s l a n d dieser N e r v c n a b t h e i l u n g selbst e i n w i r k e n , w o f ü r uns z w a r die b e w e i s e n d e n T h a t s a c h e n fehlen, w a s indessen nicht ganz unwahrscheinlich ist, w e n n w i r d e n n a h e n Z u s a m m e n h a n g d e r W e c h s e l f i e b e r d i s p o s i t i o n mit der Conslitutio stationaria gastrica in E r w ä g u n g ziehen. W e n n n u n schon in allen diesen U m s t ä n d e n U r s a c h e n g e n u g b e g r ü n d e t s i n d , welchc d e r A p p a r a t der DigcslioiiKorgnne für ein vorzugsweise« E r k r a n k e n empfänglich darstellen, so tritt ausserdem a b e r n o c h hinzu d e r a n o m a l e C o n s c u s u s , d e r d u r c h diese A b ä n d e r u n g im Vitalzustande d e r gedachten T h e i l e mit d e r ä u f s e r e n H a u t h e r v o r g e r u f e n w e r d e n m u f s , u n d w o d u r c h a u c h diese f ü r schädliche E i n w i r k u n g e n nicht blos empfänglicher gemacht wird, s o n d e r n d e n s e l b e n auch die specielle R i c h t u n g v o r g e zeichnet ist, in welcher sie die ihr zu T h e i l g e w o r d e n e n Yitalitätsstörungen im I n n e r n des K ö r p e r s reflectiren mufs. Z u diesen allgemein disponirenden ursächlichen U m ständen treten n u n noch folgende indivuelle. D i e Constitutio v e n o s a mit der ihr a n h ä n g e n d e n Plethora abdominalis w i r k t auf eine ähnliche W e i s e disponirend f ü r gastrische K r a n k h e i t e n , als bereits angedeutet w o r d e n ist. D i e S c h w ä c h e der V e r d a u u n g s o r g a n e , u n d eine U e b e r r e i z u n g , so wie eine k r a n k h a f t e Empfindlichkeit d e r s e l b e n , endlich Unterleibsk r a n k h e i t e n ü b e r h a u p t begünstigen die Ausbildung gastrischer K r a n k h e i t e n in einem h o h e n G r a d e . D a s s e l b e gilt v o n der Schwangerschaft in m e h r f a c h e r Beziehung. D i e A n -

390

Gastricus morbus.

Wesenheit von Brüchen, und habituelle Obslructionen, wodurch Zurückhaltungen und Anhäufungen des Darminhalles veranlafst w e r d e n , sind als häufig vorhandene disponirende Momente zu beachten. Endlich aber ist eine schwelgerische unmäfsige Lebensweise, ein zu rasches Essen ohne die Speisen gehörig zu kauen, das sitzende Leben, welches Stockungen im Unterleibe und die Schwäche der Verdauungsorgaue begünstigt, in der erwähnten Hinsicht anzuschuldigen. Die Gclcgcnhcitsursachen, welche die Ausbildung des M o r b u s gastricus veranlassen, können zwar sehr mannigfaltiger Art sein, die häufigsten und wichtigsten aber lassen eich unter folgende Gesichtspuncte zusammenfassen. Die Fehler in der Diät stehen hier oben an. Sie b e ziehen sich theils auf ein Uebermaafs der Speisen und Gelränke, in Beziehung auf das Verdauungsvermögen eines bestimmten Individuums, theils auf eine der Verdauung ungünstige qualitative Beschaffenheit derselben, worauf hier näher einzugehen zu weit abführen würde. Nächst dem ist die Erkältung eine der häufigsten, w e n n nicht die häufigste Ursache der gastrischen Krankheiten, w e n n einmal durch die vorherrschende RichtuDg der gastrischen Krankheitsbildung, oder bei vorwaltender individuellen Disposition, der Reflex derselben nach den Digestionsorganen begünstigt wird. E s ist hierbei nicht blofs der Consensus der Haut mit der innern Auskleidung des Magens- und Darmcanals in Bctracht zu ziehn, sondern auch die U c b e r tragung der durch die Haut empfangneu Störung auf das Gangliensystem zu beachten. Gemüthsaffecle wirken durch ihre rückwirkende Beziehung auf den Vitalitätszustand der Leber sehr häufig auf die Hervorbildung gastrischer Krankheiten ein, besonders gilt dies vom Aerger und Zorn. Hin und wieder gehen gastrische Krankheiten hervor aus unzureichenden und zurückgehaltenen Darmausleerungen. Auch die Suppression chronischer Hautkrankheiten kann ihre Reflexe auf die Digestionsorganc machen, wie dies z.B. bei der Flechte öfter der Fall ist. Endlich pflegen bei einer vorherrschenden Constitutio stationaria gastrica, alle Fieberkrankheiten von welcher Art sie auch sein mögen, ein secundares Miterkranken des gas-

Gastricus morbus.

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lrisclicu Systems hervorzurufen. Besonders beobachten wir dies bei den fieberhaften Ausschlagskrankheiten. Das W e s e n des Morbus gastricus ist zu setzen in eine Heizung und Belästigung des gastrischen Systems, veranlafst von schädlichen Stoffen, die entweder durch einen fehlerhaften Vorgang der Verdauung im Tractus aliracnlarius erzeugt, oder in Folge einer krankhaften Lebensstimmung des chylopoetischen Systems durch einen lebendigen Ausscheidungs- und Absonderungsvorgang dahin abgelagert worden sind. D i e Acrzte haben diese schädlichen Stoffe mit der allgemeinen Benennung Saburra, oder auch Unreinigkeiten der ersten W e g e bezeichnet, die wir dann nach ihrem verschiedenen Ursprünge in eine ursprüngliche (primäre) und eecundäre Saburra unteischeidcn müssen, in so feru sie nämlich entweder das Product einer fehlerhaften Verdauung, oder einer krankhaften schon von einem andern Leiden abhängigen Absonderung ist. In beiden Fällen können diese Unreinigkeiten aber wieder von verschiedener Beschaffenheit sein, und wir unterscheiden in dieser Beziehung gewöhnlich die einfache Magenverderbnifs oder Indigestion, die sauren, ranzigen und scharfen Unreinigkeiten, die galligtc, schleimigtc und fauligtc Saburra, die Saburra stcrcoraccaj — endlich sind die Darminfarcten hierher zu rechnen, ja selbst die Würmer gehören in gewisser Beziehung hierher. Dafs diese verschiedene qualitative Beschaffenheit der Unreinigkeiten auch in Rücksicht der Wirkungen Verschiedenheiten bedingen müsse, ist theoretisch eben so leicht zu folgern, als es durch die Erfahrung mit Gewifsheit nachgewiesen wird. — Weiter unten, w o auf die wesentlichen Differenzen des Morbus gastricus näher eingegangen werden soll, wird hiervon bei passender Gelegenheit mehr die Rede sein. — Zuvor wird es indessen nicht am unrechten Orte sein, den innern Zusammenhang der Krankheitsbildung, wie sie von Unreinigkeiten in den ersten W e g e n bedingt wird, mehr im Allgemeinen zu beleuchten. D i e nächste Wirkung derselben inufs nothwendig auf die innere Fläche des Magens und Darmcanals gerichtet sein und sich in dreifacher W e i s e offenbaren. Sie ist entweder eine scharfe, die Substanz der Schleimhaut im Allgemeinen reizende oder eine belästigende, die Thätigkcil mechanisch beschränkende; oder cmllich eine

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dynamische, auf eine Vitalitätsverstimmung der Nervenpapillen zwcckende, abgesehen von jener secundaren Wirkung, die durch die veränderte Chylificalion sich auf die Säftemischung überhaupt übertragen mufs. Fassen wir nun die weiteren Folgen dieser ersten örtlichen Einwirkung auf, so wird in F o l g e der reizenden Einwirkung ein verstärkter Säftezuflufs nach der Schleimhaut und eine veränderte, vermehrte oder auch wohl beschränktere Secrelion hervortreten, die wieder einen veränderten organisch vitalen Spannungszustand zur Begleitung haben und im weiteren Fortschreiten in dieser Richtung zur Ausbildung entzündlicher Affectionen Veranlassung geben müssen. Es wird aber auch mit dieser Einwirkung auf das G e w e b e der Schleimhaut eine Störung des Motus perislalticus gesetzt, die bis zum Erbrechen und zum Durchfall fortschreiten kann, während auf der andern Seite durch den Eindruck, den die Nervenpapillen zunächst empfangen, eine mehr oder weniger bedeutende örtliche Verstimmung der Empfindung, und aus dieser Ekel, Mangel an Efslust, Druck, Spannung, Schmerz, bis zur Forin des Magenkrampfes und der Colik erwächst, endlich auch eine Rückwirkung dieser gesammten Störung v o n der Schleimhaut des Magens und Darmcanals auf die Centralpuncte des Gangliensystems entsteht, und neben einer Theilnahme des Blutgefäfssystems in dem Hervortreten des Fiebers, zugleich durch Vermittlung des ausgezeichneten Consensúe, in welchem das Gangliensystem vermöge seiner Nervenverbindung mit dem übrigen Körper steht, jene grofse Zahl von secundaren Erscheinungen hervorgebildet wird, welche oben näher bezeichnet worden sind. Unter diesen secundären aus dem gastrischen Zustande entsprungenen, oder vielmehr durch ihn veranlafsten Kxankheitszuständen verdienen die vom Sitz des gastrischen Reizes entfernt hervortretenden Entzündungen, die Krämpfe und Lähmungszufälle, in Rücksicht ihres Zustandekommens durch den gastrischen Zustand eine nähere Beleuchtung. W a s die Ausbildung der Entzündungen anbetrifft, so scheint einmal der organische Zusammenhang, und die Reflectirung des tifcfer nach innen liegenden Krankheilsprocesses an dem Endpunete des Verdauungscanais im Munde und am Ende des Schlundes, hierbei in Betracht z u k o m m e n , wenigstens dürfte

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dieser Zusammenhang bei der aphthösen Entzündung des Mundes, bei der Stomatitis und der Angina angenommen werden können. W e i t häufiger aber scheint die Fortleitung der krankhaften Affeclion durch das Nervensystem in Anschlag gebracht werden zu müssen, wie bei den galligten Brustentzündungen der Kose u . s . w . Diese Affection mag zunächst eine spastische auf die feineren Gefäfse im Parenchyrn der Organe wirkende sein, welche zunächst Congestionen und durch die Steigerung derselben Annäherung zum entzündlichen Krankheitsprocefs und wirkliche Entzündung begründen. O b hierbei eine Mitwirkuug eines, durch das Blut abgelagerten gastrischen, besonders galligten Reizes statt finde, bleibt in Frage gestellt, obgleich es von manchen geachteten Aerzlen z. B. Sloll, mit Wahrscheinlickcil dargethau wird. Aus einem solchen Zusammenhange der Fnlzündungsbildung läfst sich wenigstens ain besten die Erklärung finden, weshalb die reine antiphlogistische Behandlung ohne Entfernung der gastrischen Ursache keine zuverläfsige Heilung gewähren kann. Dafs in Folge der Rückwirkung eines Reizes vom Ganglicnsystem aus Störungen der Vitalität im Rückenmnrke entstellen lind dadurch Krämpfe sowohl in der Form der Convulsionen als des Starrkrampfes hervorgerufen werden, erklärt sich nach unsern Begriffen von der Function des Nervensystems viel leichter als die Erzeugung von Lähmungen auf demselben W e g e , die aber dennoch der Erfahrung zu Folge gar nicht so selten gefunden werden. Die Fortleitung vom Gehirn und Rückenmark kann hier nicht gestört erscheinen, nur die Thätigkeit der Fortschreitung im Gangliensystem, oder wie am häufigsten der Fall sein dürfte n u r in einzelnen A b t e i l u n g e n desselben kann hier ein Hindernifs erfahren, in wie fern ein solches aber einen hemmenden Einflufs auf das Gehirn, wie bei der Apoplexie und beim Sopor, auf den Sehnerven wie bei der Amaurosis, oder auf den Nervus facialis wie bei der Lähmung der W a n g e , auf die Nerven des Kehlkopfes wie bei der Stummheit, die bei W ü r m e r n öfter beachtet wird, oder auf das Rückenmark wie bei Paraplegien ausüben k ö n n e , das wird nach unsern jetzigen physiologischen Ansichten nicht aufgeklärt. Die anatomische Verbindung ist zwar nachgewiesen, aber dadurch

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wird der innere Vorgang, der hier zum Grunde liegt, nicht deutlich. Denn auch zugestanden, dafs das Blutgefäfssystem bei der Ausbildung der Lähmungen öfter eine Rolle spiele, so ist dies doch keinesweges immer der Fall. Es ist nur zu wahr, dafs die physiologische Beziehung des GanglienNervensystems zum Gehirn und Rückenmark noch in ein grofses Dunkel gehüllt ist, dessen Aufhellung von den Physiologen erwartet werden mufs. Hier mag es genügen, die Wichtigkeit des Púneles berührt und die Lücke gezeigt zu haben. Nach diesen allgemeinen Erörterungen über dieKrankheitsbildung durch Unreinigkeiten in den ersten Wegen bleibt noch die Betrachtung der speciellen Formverschiedenheiten des Morbus gastricus übrig, wie sie bestimmt werden, theils durch die besondere Beschaffenheit jener Unreingkeiten, theils durch die Natur derjenigen Vitalitätsstörungen im chylopoetischen Systeme, von welchen diese erst die Folgen sind. — I. Die Unreinigkeiten der ersten W e g e für sich betrachtet, Sordes primarum viarum, Cruditates, Saburra. a) Die Indigestion, Cruditäten, welche durch Speisen und Getränke veranlafst sind. Sie haben ihren Ursprung entweder aus Fehlern in der Diät oder aus einer unzureichenden Einwirkung der Verdauungskräfte, und dadurch bedingten unvollständigen Verdauung. Innerhalb weniger Stunden, nachdem die Speisen gegossen sind, zeigen sich meist schon die Krankheitserscheinungen. Es entsteht Druck und Spannung in der Magengegend, ein öfteres übles Aufslofsen, Ekel, Abneigung gegen Speisen, Neigung zum Erbrechen, wirkliches Erbrechen eines verdorbenen Speisebreies gemischt mit sauren und galligteu Stoffen. Dazu gesellt sich ein übler Geschmack, eine stark belegte Zunge, Eingenommenheit des Kopfes, Kopfschmerz, die oben beschriebene Facies gastrica, und wenn keine Ausleerung durch Erbrechenerfolgt, Auftreibung des Unterleibes, Flatulenz, Schwere in den Unterextremitäten, Colikschmcrz, Unordnung in der Stuhlausleerung, Diarrhoe oder Verstopfung. Bei reizbaren Individuen und Kindern tritt nicht selten ein Fieber hinzu (S. Gastrica febris den Abschnitt Febris saburralis). Als besondere Auswüchse stellen sich ein bei Greisen, Kindern,

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und mit einem apoplectischen Habitus ausgezeichneten Individuen, Sopor und Schlagflufs; bei reizbaren Individuen Herzklopfen u. s. w. Die ganze Krankheilsbildung erreicht ihr Ende mit der Ausleerung der S o r d c s , entweder durch Erbrechen oder durch Stuhlgang. b ) D i e sauren und ranzigen Cruditäten. Die saure Beschaffenheit der Cruditäten veranlafst es, dafs der K r a n k e einen sauren Geschmack im M u n d e hat, es riecht ihm sauer aus demselben, und auch ein ähnliches Aufstofsen findet statt, das durch Erbrechen Ausgeleerte macht die Zähne stumpf. D e r Durst fehlt meistens, der Appetit ist dagegen öfter erhöht, und erstreckt sich auf ungewöhnliche Dinge. Bei ranziger Beschaffenheit, aber auch bei schärferer Säure, entsteht Brennen im Schlünde ( S o d b r e n n e n ) . Die Zunge, die Lippen und das Zahnilcisch werden auffallend bleich, das Gesicht blafs. D e r Urin ist wenig gefärbt, die Stuhlausleerungen riechen säuerlich, sind bei Kindern grün, u n d wie gehacktes Eiweifs, öfter blutig. Die Säure ruft besonders leicht Magenkrämpfe, Colikschmerzen, den After w u n d machende Durchfälle, bei Kindern Schwämmchen und Zukkungen hervor. Bei Erwachsenen zeugt sie Flatulenz, O b struetionen, schmerzhaftes Ziehen in den Gliedmaßen, und bei Kindern bedingt sie eine Veränderung der Clij lilication, die zur Scrophelkrankheit und durch diese zur Atrophie, bei Erwachsenen aber zur Gichtdisposition geneigt macht. Die Ursache dieser Säure liegt entweder in der qualitativen Beschaffenheit der Speisen und Getränke, oder in einer fehlerhaften Absonderung der Magen- und Darmsäfte, die meist in chronischen Congestionszuständen nach dem Magen und der Milz ihren G r u u d hat, oder bei Kindern als ein Symptom der Scrophelkrankheit auftritt. c) Oefter sammeln sich schleimige Stoffe in zu grofser Menge im Blagen- und Darmcanal an, und dies geschieht iheils nach dem lange fortgesetzten Genufs von Speisen, in denen vorzüglich Schleim, Eiweifs, Kleber, Stärkemehl und Zucker überwiegend sind; theils in Folge einer stärkeren Schleimabsonderung, bei Stockungen im Pfortadersystciii und besonders im Mesenterium, so wie in Folge einer allgemeinen Schleimcachexie. Dergleichen Schleimanhäufungeu geben sich kund durch ein fortdauerndes Gefühl von Druck

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und Schwere im Untcrleibe, besonders in der Magengegend nach dem Genufs von Nahrungsmitteln; iin nüchternen Zustande durch Ekel, Uebelkeiten und W ü r g e n , ohne eigentliches Erbrechen, durch einen schleimigen Beleg der Zunge, der besonders des Morgens stark hervortritt; durch ein häufiges Zusammenlaufen eines zähen faden Speichels im Munde; durch einen pappigen widerlichen Geschmack, bei gleichzeitigem Mangel an Appetit und Durst. D e r Unterleib ist aufgetrieben und der K r a n k e wird viel von Blähungsbeschwerden gequält, der Stuhlgang ist unregelmäfsig und unzureichend, häufig verstopft. Das Gesicht erscheint meist blafs, öfter gedunsen, unter den Augen sind bläuliche Ringe, die W ä r m e des Körpers ist vermindert, und dazu gesellt sich Trägheit der Muskelbewegung, eine hypochondrische Gemüthsstimmung, Neigung zum Schlafe, und unruhiger durch häufige AlpanfäNe gestörter Schlaf. Schleimabgang mit dem Stuhlgange, andere Schleimflüsse, Fehler der gesammten I\ep r o d u r t i o n , und Fieber (S. Gaslrica Fcbris den Abschnitt Schleiniliebcr) treten hinzu. Ganz besondere Veranlassung giebt der Status pituilosus aber zur W u r m b i l d u n g . d) Die Saburra biliosa bekundet sich durch einen bittern Geschmack, Ekel, Erbrechen, Druck und schmerzhafte Spannung in den Präcordien und der Lebergegend, eine gelb belegte Zunge, bitteres Aufstofsen, Erbrechen von Galle, Magenkrampf, Colik, galligton Durchfall, heftigere Kopfaffectionen, leichte Theilnahine des Gefäßsystems, Fieber (S. Gastrica febris) secundäre Zufälle, besonders entzündliche Affectionen der Respirationsorgane u . s . w . e) Die Saburra stercoraria, macht besonders Flatulenz, den Abgang sehr übelriechender Blähungen, das Gefühl der Spannung und des Druckes im Unterleibe, Colikschmerzen, Kreuz- und Lendenschmerzen, Schwere in den Unterextremitäten', Mangel an Appetit, eine belegte Zunge, besonders des Morgens, unruhiger Schlaf u.s.w. / ) Endlich hat man bisweilen auch eine fauligte Beschaffenheit der Contenta des Magens- und Darmcanals beobachtet, namentlich in Folge des langen und ausschliefslichen Genusses von animalischen Speisen welche zur Fäulnifs geneigt sind, so wie in Begleitung anderer fauligter Krankheiten. Alsdann fehlt die Efslust gänzlich, es entsteht Ekel vor

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Speisen; dagegen ist der Durst grofs, besonders nach sauren Dingen, der Geschmack im Munde und das Aufslofsen ist fauligl, die Zunge schmierig und braun belegt, im Munde bilden sich Aphthen, es tritt auch öfter ein scorbutischer Zustand des Zahnfleisches ein. Gleichzeitig ist der Unterleib aufgetrieben, und in der Magengegend offenbart sich ein drückendes spannendes ängstliches Gefühl. Der Urin ist dunkel und trübe, die Stuhlausleerungen sind faulig. Die Gesichtsfarbe wird meist schmutzig, und es treten die Symptome der Schwäche im ganzen Lebensprocesse, allmählig aber ein Uebergang zum Faulfieber ein. II. W a s die Vitalitätsstörungen im ch^lopoetischen Apparate anbeliifft, in deren Gefolge' der S.iburralzusland häufiger eintritt, so sind diese nieder verschiedener Art. Iiier können dieselben nur mehr im Allgemeinen angedeutet werden, um die gastrische Krankheitsbildung im Zusammenhange aufzufassen, die speciellere Erörterung ist zu suchen unter dem Artikel Polycholia, Gastrica febris, und zwar Febris biliosa und pituitosa, so wie Infarctus. a) W i r müssen unterscheiden einen acuten Morbus gastricus, der eine krankhafte Ablagerung von Galle, Magenund Darmsäflen in den ert-len Wegen mit mcIi fühlt und ganz entschieden mit einem Congestionszustande nach dem chylopoetischen System in Verbindung steht. Ich nenne diese Art des Erkrankens den acuten gastrischen Congestivzustand, und unterscheide in räumlicher Beziehung seine Richtung nach der Oberbauchgegend, (die von Reil aufgestellte Polycliolie) und seine Richtung nach dem Darmcanal, (den Status gastricus congestivus intestinalis). Dafs diese Unterscheidung nicht ohne Bedeutung sei, wird bei der Beschreibung des Gallenfiebers erhellen. An diesen acuten gastrischen Congestionszustand knüpft sich besonders häufig ein Fieber, und in seiner Wesensprocession führt er zur Entzündungsbildung. Uebrigens finden wir beide vorhin angegebenen Richtungen sehr häufig vereinigt. Da diese Vitalitätsstörung im chylopoetischen Systeme das eigentliche Fundament des Gallenfiebers macht, so verweise ich der näheren Beschreibung wegen auf den Artikel Gnslnrn febris, um Wiederholungen zu vermeiden, obglrii Ii dieselbe auch ohne Verbindung mit einem Fieber aln Giundursache

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der Saburra biliosa beobachtet wird. N e u e r e Aerzte haben diesen Zustand als einen Catarrh der Schleimhaut des Magen- und Darmcanals betrachtet, indessen schliefst derselbe wegen des entschiedenen Mitleidens des ganzen Lebersystemes offenbar mehr ein. Dieser acute M o r b u s gastricus ist es, der seinen Ursprung vorzugsweise der Conslitutio stationaria, annua und endemica verdankt, und der mit der in neuerer Zeit so vielfach zur Erörterung gekommenen Darrnschleiinhautentzünduiig in so naher Beziehung steht. Die Erscheinungen, wciche er hervorruft, lassen sich füglich auf folgende Elemente zurückführen auf die Congestion, welche meist activ ist und auf dem W e g e des entzündlichen Krankheitsprocesses vorschreitet, gleichzeitig aber auch eine durch die gastrische Diathese bezeichnete veränderte Blutmischung einschliefst: auf eine gesteigerte dynamische Spannung in den Gangliennerven, bei der Polycholie vorzüglich im Plexus solaris, die mit der Congestion in der innigsten Beziehung steht, und die auf dem W e g e zur Bildung von Algien und der Ganglitis vorschreiten kann: endlich auf einen fehlerhaften Secretionsvorgang, sowohl in der L e b e r als auf der Schleimhaut des Magen- und Darmcanals, welche freilich mit den beiden erstgenannten Umständen im ursächlichen Zusammenhange steht, durch sein Product aber wieder eigentümlich zurück wirkt. b) W i r müssen ferner unterscheiden den Status pituitosus, der bei weitem am häufigsten als die Folge einer individuellen Disposition auftritt, durch die Conslitutio stationaria, annua und endemica aber freilich begünstigt werden kann, und der seinem W e s e n nach betrachtet werden mufs, theils als das Product einer krankhaften Thätigkeit der Schleimhaut des M a g e n - u n d Darmcanals; theils als die Folge eines Leidens des gesammten Mesenteriums; theils aber als der Reflex einer allgemeinen Cachexie der Säfte. Unter dem Artikel Gastrica febris soll im Abschnitte ü b e r das Schleimfieber auch dieser Gegenstand näher erörtert w e r den, wohin ich um Wiederholungen zu vermeiden verweise. — c) Endlich haben wir hieher die Infarcten und besonders die Darminfarclen zu rechnen, die als ein Product der Säftestockung im Unterlcibe, und eines krankhaftenZustandes

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der Schleimhaut befrachtet w e r d e n können, w o r ü b e r der Artikel Infarctus nachgelesen werden mufs. In prognostischer Beziehung hat der M o r b u s gastricus zwar an und für sich keine so grofse Bedeutung, da sowohl die Natur als die Kunst zu seiner Entfernung viel beizutragen vermögen, indessen in Rücksicht der aus ihm hervorgehenden secundaren Krankheitsbildung erlangt er dennoch hin und wieder ein grofses Gewicht, insofern lebensgefährliche Krankheitszustände durch dieselbe bedingt werden können. Die speciellere Bedeutung ergiebt sich theils aus der Art der Unreinigkeiten, theils aus der besonderen Beschaffenheit der Krankheitszustände des Digestionsapparates, mit denen sie im ursächlichen Zusammenhange stehen. E s versteht sich von selbst, dafs die Individualität des Subjectcs u n d die übrigen allgemeinen prognostischen Momente dabei in Miterwägung gezogen werden müssen. D e r Saburralzustand hat um so weniger Bedeutung, j e mehr er von Diätfehlern abhängig ist, bei übrigens gesunden Individuen vorkömmt, und keine bedenkliche secund a r e Affectionen nach sich zieht. D i e Natur beseitigt diesen Zustand oft von selbst, indem entweder durch d i e V e r dauungskräfle die schädlichen Stoffe überwunden, oder durch die Rückwirkung des Magen- und Danncanals Ausleerungen mittelst des Erbrechens und des Durchfalls hervorgebracht werden. In Rücksicht auf die vollständige Heilung und die Vertilgung der etwa vorherrschenden Disposition zu neuen Indigestionszuständen ist jedoch zu bemerken, dafs bei einer vorwaltenden Schwäche der Verdauung und fehlerhaften Absonderung der Verdauungssäfte diese Aufgabe oft sehr schwierig zu lösen ist, und nur in sofern erzielt werden k a n n , als es möglich ist, alle diejenigen Ursachen zu entfernen, von welchen diese Disposition abhängig ist. Darum ist auch die vollständige Beseitigung der sauren und schleimigten Cruditäten sehr schwierig, weil ihre Erzeugung von einem solchen innern G r u n d e ausgeht. Die galliglen Cruditäten erregen wegen ihrer Schärfe oft stürmische Auftritte und leichtere Ausartungen der Krankheit, in den meisten Fällen sind sie jedoch leichter zu entfernen, schwieriger aber ist es in einzelnen Fällen ihre W i e d e r k e h r zu verhüten, w o r ü b e r bei der Polycholie und dem Gallcnliebcr

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ausführlicher gehandelt werden wird. D a f s die Anwesenheit einer fauligten S a b u r r a , wegen ihres liefverletzenden Einflusses auf den gesammten L e b e n s p r o c e f s von grofser B e deutung sein müsse, ist leicht zu erachten. D i e Bedeutung des gastrischen Congestivzustandes als Ursache der S a b u r r a biliosa liegt ganz besonders in seiner Hinneigung zur Entzündungsbildung, und in der Anknüpfung des F i e b e r s , welches unter dein Einflüsse entzündlicher Krankheitsproccsse, und der S a b u r r a biliosa mannigfaltige Ausartungen eingehen k a n n , wovon beim Gallenfieber die R e d e sein wird. D a s innere ursächlichc Verhältnifs des Schleimzustandes aber ist von der Art, dafs es nicht nur allein sehr schwierig entfernt werden, sondern auch auf vielfache W e i s e zu Ausartungen des Krankheitsprocesses Veranlassung geben k a n n , wie dies beim Schleimfieber nachgewiesen werden wird. Dem Status infaretosus liegen der Regel nach sehr hartnäckige Säftestockungei) im Unlerleibe zum G r u n d e , woraus die Schwierigkeit seiner Heilung gefolgert werden kann. Seine besondere Bedeutung gewinnt er aber durch die vielfachen und öfter bedenklichen secundären Krankheiten, die a u s ihm erwachsen. B e i der C u r des M o r b u s gastricus hat der Arzt folgende Aufgaben zu lösen. 1 ) E s ist unter allen Umständen die Entfernung der schädlichen Stoffe z u bewerkstelligen und vio dies vielleicht besonderer Umstände wegen sofort nicht geschehen kann, wenigstens ihre schädliche Einwirkung zu mäfsigen. 2 ) E s ist bei dem Saburralzustande häufig die zum G r u n d e liegende krankhafte Affection der Digestionsorgane zu behandeln. 3 ) E s sind die etwa aus dem M o r b u s gastricus hervorgegangenen, besonderen bedenklichen und lebensgefährlichen S y m p t o m e und secundären Krankheitsproccsse zu entfernen. 4 ) Endlich ist der W i e d e r e r z e u g u n g der Unreinigkeiten durch eine zweckmäfsige Nachbehandlung vorzubeugen. 1 ) In Rücksicht auf die erste A u f g a b e , die Entfernung der S a b u r r a steht die R e g e l fest, dafs diese Entfernung unter allen Umständen, die es nur irgend zulässig erschei-

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erscheinen lasscD, stattfinden müsse, gleichviel o b wir es mit einem primären oder secundaren Saburralzustande zu thun haben, ob der Morbus gaslricus für sich besteht, oder n u r als eine Complieation bei andern Krankheiten angetroffen wird. Auch in diesem letzteren Falle mufs die Entfernung geschehen, weil der Saburralzustand sonst störend auf den Verlauf derselben einwirken würde. Dafs es indessen Fälle giebt, wo dieser sofortigen Entfernung Hindernisse entgegen treten können, unterliegt keinem Zweifel; dahin gehören z . B . Entzündungeil in den Unterleibsorganen, auch in anderen wichtigen O r g a n e n , Aneurysmen und organische Krankheiten des Herzens, wenigstens in Rücksicht auf die Anwendung von Brechmitteln. Diese Fälle werden jedoch schon in der allgemeinen Therapie näher bezeichnet. Die Entleerung geschieht entweder nach oben durch Brechmittel, oder nach unten durch Abführungsmittel. Die Anwendung des Brechmittels ist dann unerläfslich, wenn man voraussehen kann, dafs sich die Cruditäten vorzüglich im Magen und im obern Theil des Darmcanals befinden; wenn in der Magengegend das Gefühl von D r u c k und Anhäufung, ITebelkeit, Neigung zum Erbrechen, verdorbener Geschmark, — sehr belegte Zunge vorhanden sind. — Die Anwendung von Abführungsmilleln findet dann ihren Platz, wenn sich eine Schwere in den Knieen, Schmerzen in den L e n d e n , ein trüber jumentöser Urin einfinden, der Unterleib gespannt und angefüllt ist, in demselben Kollern, Colikschmerzen, Neigung zum Stuhlgang und Abgang übelriechender Blähungen bemerkt werden. In Rücksicht auf die verschiedenen Saburralzustande ist diese Entfernung der Unreinigkeiten mit folgenden speciellen Berücksichtigungen zu bezwecken. Bei gelinderen Graden der Indigestion gelingt die Entfernung öfter schon dadurch, dafs wir die Natur in ihren Bestrebungen unterstützen, indem wir durch Fasten, die vorhandenen Stoffe der stärkeren und vollständigeren Einwirkung der Verdauung unterwerfen, oder durch eine gelinde Anspornung der Thätigkeit des Magens zu bezwingen suc hen, oder endlich durch sogenannte Digestiva die peristaltischc Med. cMr. F.ncycl. XIII. Bd.

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Bewegung mäfsig anregen, und dadurch einen schnelleren Durchgang bezwecken. In den höheren Graden des Indigestionszustandes, mufs bei fortdauernder Turgescenz nach oben ein Brechmittel, und wenn die Saburra bereits iin Darmcanal befindlich ist, ein Abführungsmittel gereicht werden. Die saure und ranzige Beschaffenheit der Saburra sucht man durch Absorbentia zu neutralisircu, gleichzeitig durch ein gelindes abführendes Verfahren auszuführen, und nur beim bedeutenderen Grade durch die Brechmittel zu entfernen. In erstercr Beziehung ist die Magnesia carbonica, und die Concha praeparata mit Rheum zu empfehlen. Eben so ist die Verbindung von Fei tauri mit Cali carbonicum zu rühmen. Schwieriger ist öfter die Behandlung der schleimigen Cruditäten. D e r Schleim scheint nicht selten so zähe zu sein, dafs er auch durch stärkere Abführungsmittel nicht in hinreichender Menge abgeführt wird. E s sind dann solche Mittel zu rcichen, welche auflösend wirken, die Absonderung im Darmcanal nicht blos in einem iniifsigen Grade vermehren, sondern die W a n d u n g e n desselben auch mäfsig reizen, um auf solche W e i s e die festsitzenden Schleimmassen abzustofsen. Das Ammonium muriaticum, der Tartarus stibiatus, das Gummi ammoniacum, das Sulphur stibiatum aurantiacum, die Aloe, die Visceralcljstiere, sind hier nach Lage der Umstände in Gebrauch zu ziehen. Von Zeit zu Zeit gieht man dann bei vorwaltender Turgescenz nach oben ein Brechmittel mit Tartarus stibialus, und bei vorwaltender Turgescenz nach unten ein Abführungsmittel, etwa von Calomel mit Rheum. Ist eine Saburra stercoracea vorhanden und ging dieser eine längere Zeit dauernde unvollständige Stuhlausleernng vorher, so sind die Excremente oft sehr fest und hart, so dafs es nothwendig wird, selbige erst zur Ausführung geschickt zu machen, wenn man nicht blos wässerige Stuhlausleerungen erzeugen will, bei denen die festen Kothballen dennoch zurückbleiben. Kleine Gaben von Mittelsalzen, abführende Mineralwässer, auflösende Extracte, vermehrtes G e t r ä n k , kleine G a b e n von R h e u m , von Aloe und Seife> befördern mit der pcristaltischen Bewegung die Absonderung

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im Darmcanal, und wirken auf solche W e i s e auf die F l ü s sigmachung, Erweichung und F o r t b e w e g u n g der verhärteten angehäuften Massen. O e f t e r leistet hierbei das Riciuusöl die besten D i e n s t e , und ebenso sind die Senesblättcr b e sonders zu rühmen, vorzüglich in der F o r m des Infus, senae compositi. B e i einer fauligten S a b u r r a , die am häufigsten im Darmcanal v o r k ö m m t , wählt man besonders R h c u m und säuerliche Abführungsmittel, wie Pulpa tamarind., C r e m o r tartari. D i e S a b u r r a biliosa erheischt bei vorwaltender Turgescenz nach o b e n unerläfslich ein Brechmittel, am besten von Tartarus stibiatus. Ist die Anhäufung im Darmcanal, so sind salinische und säuerliche Abfühning.smittel auch in V e r b i n dung mit R h c u m zu wählen. D i e Schärfe der ( l a l l e suchen wir überhaupt durch S ä u r e zu mäfsigen, wozu das B r a u s e pulver, eine Saturatio cali carbonici mit S u c c u s citri oder Essig bereitet, der reine Citrouensaft, das Acidum tartaricum ain geeignetsten sind. E i n wichtiger Umstand ist es, b e i der Anwendung der Ausleerungsmittel zur Entfernung von Darmunreinigkeiten festzustellen, wie lange dieselbe fortzusetzen sei. D e n n auf der einen Seite giebt es ¿;»Klrinche IvrankheilHziisläude, die außerordentlich hartnäckig sind, und einen länger fortgesetzten G e b r a u c h der Ausleerungsmittel nothwendig erheischen, auf der andern a b e r rufen diese Mittel künstlich erzeugte Ausschwitzungen und nach und nach eine S c h w ä c h e der Verdauung, besonders einen gereizten und aufgelockerten Zustand der Schleimhaut hervor, wodurch eine Fortsezzung des M o r b u s gastricus bedingt wird. D e r Arzt wird den speciellen F a l l genau erwägen, die S y m p t o m e sorgfältig prüfen, und wo er zweifelhaft ist, einen vorsichtigen Versuch mit leicht stärkenden Mitteln machen müssen, um eine b e stimmte Basis für sein Handeln zu gewinnen. E i n anderer nicht minder zu beachtender Umstand ist der, dafs, da w o die L a g e der S a c h e einmal die A n w e n dung eines Brechmittels nothwendig macht, man niemals hoffen darf, dieses auch durch Abführmittel zu ersetzen. B e i der S a b u r r a biliosa ist dies besonders zu beachten. Durch die unzweckinäfsige Anwendung von Abführungsmitteln wird 26»

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in solchen Fällen viel geschadet, weil das Leiden verschleppt wird, und Reizuugen der Darmschleimhaut und Schwächung veranlafst werden, die zu Ausartungen des Krankheitsprocesses führen. 2 ) Die zweite Aufgabe, welche der Arzt bei der Behandlung des M o r b u s gastricus zu lösen hat, bezieht sich auf die H e b u n g der Grundkrankheit, wcichc die Bildung der Saburra veranlafste. Bei der einfachen Indigestion ist eine solche meist nicht vorhanden, es sei denn, dafs Schwäche in den Verdauungsorganen, und fehlerhafte Beschaffenheit der Verdauungssäfte zur Bildung derselben beiwirkten, in welchem Falle das ursächliche Verhällnifs dieser Zustände erforscht und behandelt werden mufs (S. Apepsia). Liegt der Süburra ein Status gastricus congestivus zum G r u n d e , so haben wir die venöse Congestion, die nervöse Spannung, und den fehlerhaften Zustand der Absonderung ins Auge zu fassen. In gelindern Graden des Uebels leistet ein Brcchmitlcl, welches nach oben und unten ausleert, alles was gewünscht werden kann. Es entfernt die Sordes, ruft eine starke Absonderung auf der Fläche des Magenund Darmcanals, und in der Leber hervor, und wirkt dadurch nicht blos vermindernd auf die Congestion, sondern diese Absonderungen sind auch als die natürlichste Crisis für die qualitative Verbesserung der Blutmischung zu betrachten, indem sie dasselbe von dein Uebcrrriafse des Kohlenstoffes befreien; cndlich ist die sccundärc W i r k u n g gleichzeitig auf die Verminderung jener congesliven nervösen Spannung im Gangliensystem gerichtet, welche als ein sehr wesentlicher Zug im Krankheitsbilde hervortritt. Im Allgemeinen wird man die Behandlung dieses Zustandes nach folgenden Ansichten zu bestimmen haben. E s prädominirt entweder die Saburra mit ihren Symptomen, in welchem Falle Ausleerungen, und vorzugsweise durch Brechmittel ohne Verzug zu veranstalten sind. O d e r es prädominirt der Congestionszustand und wir müssen das Fortschreiten desselben zur Entzündungsbildung befürchten, so dafs von der sofortigen Anwendung eines Brechmittels nicht die R e d e sein kann, vielmehr Blutentziehungen, meist örtliche vorhergehen, und den Zustand zur Anwendung des

Gastricns morbus.

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Brechmittels erst geeignet inachen müssen. O d e r endlich es prädominiren die Symptome des Krampfes, also der nervösen Affeclion, in welchem Falle die Anwendung des Brausepulvers und einer Saturatio cali carbonici der vorsichtigen Anwendung eines Brechmittels erst Eingang verschaffen mufs. In allen diesen Fällen sind die Brechmittel nicht selten öfter zu wiederholen, und die Ausscheidungen nach der Fläche des Tracius alimentarius zu b e f ö r d e r n , um allmählig eine vollständige Crisis herbeizuführen (S. Gastrica febris den Absch. Febris biliosa). D e r Status pituitosus und infaretosus erheischen die läng crc Zeit fortgesetzte Behandlung ihres Grundverhältnisses, wovon am gehörigen Orte die Rede sein wird. Hin und wieder kommen hierbei selbst Metastasen in Belrachl. 3 ; Die dritte Aufgabe bei der C u r des M o r b u s gastricus richtet sich auf die Behandlung der wichtigeren Symptome und secundären Krankheitszustände, die aus ihm entwachsen sind, z. B. des Fiebers, der Entzündungen, der Krämpfe, der Lähmungszufälle u. s. w.; denn wenn gleich auch die allgemeine Regel ihre Gültigkeit hat, cessante causa cessat effectus, so können diese Zustände durch ihre erlangte Selbstständigkeit doch sodriiigcndeErHchcintingcn mitsich führen, dafs eine gleichzeitige, selbst nächste und erste Behandlung ihres W e s e n s unerläfslich erscheinen mufs. Allgemeine Regeln lassen sich hierfür nicht geben, jeder Zustand ist vielmehr seiner besondern Natur nach aufzufassen und zu behandeln, bis die Entfernung der Ursache möglich und zulässig wird. 4) Endlich ist auf die Verhütung der Wiedererzeugung des gastrischen Zustandes zu wirken, und diesem entsprechend die Reconvalescenz zu leiten. Die erste und nächste Rücksicht erfordert in dieser Beziehung die Diät und das Verhallen des Kranken. Die Speisen und Getränke sind sowohl in Rücksicht auf Quantität als Qualität sorgfältig auszuwählen. Die Zeit und das Geschäft der Verdauung mufs sorgfältig abgewartet, die Stuhlausleerungen müssen rcgclmäfsig unterhalten, für eine erheiternde geistige und körperliche Beschaffenheit mufs gesorgt werden. Aufscrdein ist aber der Zustand der Verdauungsorgane genau zu bc-

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Gastricus succus.

Gastritis.

achten, und durch ein entsprechendes roborirendes Curverfahren die Thatkraft derselben wieder herzustellen. L i t t e r a t u r . G. F. Ilildebrand, Geschichte der Unreinigkciten im Magen u n d Darrokanal 3 B d e . ß r a u n s c h w 1789. — G. Ch. G. Wedekind, Abhandlung von der nähern Kenntnifs nnd Cur der Krankheiten der ersten W e g e , eine gekr. Preisschiift. Nürnberg 1795. — Ghd. /int. Cramberg de vera n o t i o n e et cum m o r h o r u m primarum ^iarum c o m m e o tatio, Acad. Nat. C u r . pracni, alt. decrev. Erlangen 1793. — Jae. L. Doussin-Dubrcuil, des glaires, de leurs causes, de leurs effets et des indications a remplir p o u r les combattre. Paris 1799. 1801. 1804. 1806. 1811. 1815. 1818 18-20. 1824. Nach der achten französischen Originalausgahe ins Deutsche übers, und mit Anmerkung versehen von Jul. II. Gli. Schlegel. Ilmenau 1825. 3te Ausg. — Derselbe, Nouveaux aperçus sur les causes et les effets des glaires. Paris 1816. — G. TV. Ilimmer, über die Verschltirnung als Ursache vieler Krankheiten u. s w. nebst einer A b h . über die eigentliche Bedeutung, den Umfang u n d die Bedingungen der sogenannten gastrischen Methode von L. F. Kreyssig. Dresden 1828. -B — dt.

G A S T R I C U S S U C C U S . S. Magensaft. G A S T R I T I S , inflammatio s. ph/cgmorie ventriculi, M a g e n e n t z ü n d u n g , acut und chronisch. Die Gastritis ist eine zwar häutig vorkommende, aber doch in ihrem W e s e n noch nicht genau genug erkannte Krankheit, welche in der neueren Zeit, besonders seit troussais, der Gegenstand der sorgfältigsten Betrachtungen geworden ist, aus denen sich sehr wichtige Aufschlüsse über mehrere der schwierigsten pathologischen Streitfragen, z. Ii. über die M a g e n - und Darmgeschwüre, die Gaslromalacic, den T y p h u s abdominalis u. s. w. ergeben haben und aus deren fernerer Verfolgung sich noch wichtigere Resultate hoffen lassen. Vorzüglich hat mau in der neueren Zeit die S c h l e i m h a u t des Magens einer gröfsern Aufmerksamkeit gewürdigt und erwiesen, dafs dieselbe eine weit wichtigere Rolle in der Pathologie spiele, als man ihr früher ertheilt hatte und dafs gerade die Entzündung dieser Membran den wesentlichen G r u n d sehr verschiedener Krankheitszustände enthalte, deren tiefere Natur man früher kaum zu deuten wufste und die man deshalb auch oft ganz falsch behandelte. Unter der Bezeichnung der Cardialgie und Gastrodynie, der Indigestion, Dyspepsie u. s. w. wurden und werden sehr häufig Krankheiten begriffen, welche ihrem W e s e n

Gastritis.

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nach zur Gastritis gehören und die Hartnäckigkeit und Malignität vieler Krankheitszuslände, z. B. mancher sogenannter gastrischer und Schleimfieber, und mancher mit dem Cliaracter eines sogenannten nervösen oder typhösen Zustandes auftretender Krankheiten, der bösartigeh Ruhren u. s. w. hat ohne Zweifel, oft ihren Grund in einer derartigen verkannten Entzündung. Die dieser Abhandlung bestimmten Schranken gestatten nicht, so tief und weitläufig in die zu diesen wichtigen Entdeckungen führenden Untersuchungen einzugehen, als e9 der Gegenstand erfordert, wenn er nur einigermafsen befriedigend erschöpft werden soll und ich verweise daher, indem ich hier nur zunächst auf dessen Wichtigkeit aufmerksam mache, auf die am Schlüsse angeführten trefflichen Schriften von Broussais, Louis, Pommer, Billard, Abercrombie, Lesser, Albers, Andral u. s. w. Der Magen wird aus drei verschiedenen, von einander trennbaren Membranen gebildet, von denen die äufsere eine seröse, die mittlere eine musculöse oder fleischige und die innere eine Schleimhaut ist. Die erstere ist eine blofse Fortsetzung des Peritonaei und gehört eigentlich nicht dem Magen selbst nn, sondern dient ihm nur als eine Decke und zur llefeKligung. Die mildere, welche mit der äufsern durch Zellgewebe verbunden ist, besteht aus mehreren dünneren Lagen von Muskelfasern, die theils der Länge nach, theils kreisförmig liegen und die peristaltische Bewegung bewirken. Die innere aber, welche wiederum durch Zellgewebe mit der mittleren verbunden und eine Fortsetzung der Schleimhaut des Oesophagus ist, besteht aus dichtem, nach innen mit einem nicht trennbaren äufserst dünnen und wahrscheinlich zum Schutz der Magenwände gegen den schädlichen Einflufs der in den Magen gelangenden Stoffe bestimmten Oberhäutchen versehenem Zellgewebe, ist mit einem sehr dichten Capillargefäfsnetze überzogen, dessen kleine Mündungen sich sammt denen der Schleimdrüschen, die ebenfalls in der Schleimhaut befindlich, sind, -auf der innern Fläche des Magens öffnen und ist etwas gröfser und weiter, als die Muskelhaut, weshalb sie auch faltig, oder runzelig und uneben erscheint und Tunica villosa genannt wird.

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Gastritis.

Sämmtliche drei Membranen können von Entzündung ergriffen werden und eine Gastritis bilden, allein die Krankheit, welche man in früheren Zeiten mit diesem Namen bezeichnete, bezog sich mehr blofs auf die Muskelhaut des Magens, indem man die Entzündung der Schleimhaut desselben nicht genug kannte und sich diese auch wirklich nicht immer durch solche Zufälle und Zeichcn vcrrälh, als man sie, nach der damaligen Lehre von der Entzündung, hätte erwarten müssen, und weil von der andern Seile die Entzündung der äufsern oder der serösen Magenhaut weniger wie eine Gastritis, als vielmehr wie eine Peritonitis verläuft und zu beurtheilen ist. Das W a h r e ist, dafs sehr oft, ja wohl selbst in der Mehrheit der Fälle die Gastritis sich nicht auf eine der drei Membranen ausschlicfslich beschränkt, sondern dafs sie vielmehr alle drei gleichzeitig an demselben Krankheitsprocesse mehr oder weniger Tlieil nehmen und dafs sich das Krankheitsbild verschieden gestaltet, je nachdem die eine, oder die andere derselben zuerst, oder am tiefsten ergriffen wird. W e n n 6ich auch anfangs die Entzündung n u r auf eine der genannten Membranen beschränkt, so geht sie doch bald auch auf die andern ü b e r , wenn ihr nicht schleunig Einhalt gethan wird. Man unterscheidet gewöhnlich eine a c u t e und eine c h r o n i s c h e Gastritis, allein die letztere ward lange Zeit als eine äufserst unbestimmte und selbst räthselhafte Krankheit angesehen, von der man kein treues Ilild zu entwerfen vermochte, bis in den neueren Zeiten wiederholte sorgfältige Beobachtungen und das Licht der pathologischen Anatomie mehr Aufscklufs ü b e r diesen dunkeln Gegenstand brachte. P. Frank, Marcus und andere deuteten zuerst den wahren G r u n d dieser Verschiedenheit an und später leitete vorzüglich Broussais die Aufmerksamkeit auf diesen P u n k t hin. Hat man sich auch von dem Irrthum des letzteren, bei welchem er fast ohne Ausnahme in jeder K r a n k heit eine Entzündung der Schleimhaut des Magens und der Därme annimmt, bald überzeugt, so hat man doch auch seitdem die überaus grofse Wichtigkeit dieser Membran im allgemeinen mehr erkannt und sich von der Wirklichkeit einer Entzündung der Schleimhaut des Magens, als einer s e l b s t ä n d i g e n , für den ganzen Organismus höchst wichti-

Gastritis,

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gen und von der früher gewöhnlich als Gastritis beschriebenen wesentlich verschiedenen Krankheit vollkommen überzeugt. Man hat erkannt, dafs die sogenannte chronische Gastritis meist in einer Entzündung der Schleimhaut, die acute in einer Entzündung der Muskelhaut des Magens besteht. Neuerlich ist man zuweilen so weit gegangen, dafs man unter Gastritis nur eine Entzündung der Schleimhaut des Magens verstand, was sehr irrig ist, da es eben so gut eine Entzündung der Muskelhaut desselben giebt, ja diese letztere sich weit deutlicher zu erkennen giebt und wo sie mit ddr erstem verbunden ist, die hervorstechenderen Zufälle zu erzeugen pflegt. Den Grund, dnfs die Gastritis sich oft verschieden darstelle, suchte man früher mehr in aufserwesenllichcn Umständen, in der Verschiedenheit der verursachenden Momente, in der verschiedenen Beschaffenheit der erkrankten Individuen u. s. w. und man unterschied deshalb mehrere Arten derselben, wie z. B. eine catarrhalische und rheumatische, eine primäre, secundäre, symptomatische und metastatische, nach dem Grade der Intensität der Entzündung eine oberflächliche und tiefgreifende, nach ihrer deutlicheren Forin eine manifesta und orculla u. s. w. Allein obgleich diese Einteilungen sehr wichtig und selbst vou practischeiu Nutzen sind, so reichen sie doch nicht aus, um als Führer bei dein oft sehr unbestimmten Character der Krankheit dienen zu können, weil sie mehr aufserwesentliche Modificationen andeuten, die sich nicht so sehr auf das W e s e n , als auf die Form der Krankheit beziehen. P. Frank und Cullen kamen der Wahrheit näher, indem sie zwei ihrem W e s e n nach sehr verschiedene Arten von Gastritis unterschieden, der erslere die p h l e g m o n ö s e und e r y s i p e l a t ö s e , der letztere die adhaesiva und erythematica, und indem sie unter ersterer die gewöhnliche acute, tiefergreifende und hauptsächlich die Tunica muscularis betreffende, unter letzterer die sogenannte acute und chronische, mehr die Tunica villosa betreffende Gastritis beschreiben. In so fem Erysipelas und Erythem mehr eine oberflächliche, Phlegmone und Adhäsiventzündung mehr eine durchdringende Entzündung bezeichnet, wird durch jene Benennungen die Gastritis in die der Muskelhaut und in die der Schleimhaut

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des Magens unterschieden. Später baben BroussaiS, Lou Billard, Abercrombie, Lesser, Albers und Andere zur Gewißheit erwiesen, dafs die Gastritis, je nachdem sie die eine, oder die andere der genannten Membranen zu ihrem Sitz hat einen wesentlich verschiedenen Character an 6ich trage und von sehr verschiedener Bedeutung sei, so wie dafs auch von dieser Verschiedenheit die oberste E i n t e i lung der Krankheit hergenommen werden müsse, wenn auch bei der speciellcrcn Betrachtung der Krankheit und in practischer Hinsicht die früher befolgten Unterschiede wesentlich in Betracht kommen müssen. Gastritis acuta. Hat die Entzündung ihren Hauptsitz in der Muskelhaut des Magens, sei es, dafs gleichzeitig die Schleimhaut desselben mit ergriffen sei, oder nicht, so ist dieselbe gewöhnlich sehr deutlich ausgesprochen und von sehr heftigen Zufällen begleitet, die sich als acute, fieberhafte Krankheit darstellen. Es läfst sich behaupten, dafs die Gastritis acuta die Entzündung des Magens mit vorherrschendem Ergriffcnseiii der Muskclhaut desselben sei. Die Kranken leiden dabei an einem sehr heftigen, b l e i b e n d e n und bald mehr brennenden, stechenden und schneidenden, bald mehr spannenden und schnürenden Schmerz in der Magengegend, der durch jeden, auch noch so leisen Druck und durch jede stärkere Bewegung, z. B. Husten, Schlucken u. s. w. vermehrt wird und sich öfters über den übrigen Unterleib und bis in den Hiirkrn verbreitet. Zugleich haben sie anhaltende Angst und Beklemmung und ein häufiges, heftiges Erbrechen, das nicht erleichtert, äufserst. schmerzhaft ist und besonders sich einstellt, sobald irgend etwas in den Magen kommt. Alles Genossene wird sogleich wieder ausgebrochen, oder wenn nichts genossen worden ist, so werden geringe Quantitäten blofsen Schleimes oder Schleim mit Galle ausgeworfen oder es bleibt bei einem blofsen Würgen. Dabei tritt oft ein heftiges langdauerndes Schlucken und Aufstofsen mit bitterem, faulichtem Geschmack, oder ein peinigendes Gefühl von Zuschnürung des Halses ein, und dieser Zustand wird von einem heftigen meist den reinen entzündlichen Character an sich tragenden Fieber ohne Remissionen begleitet, bei welchem der Puls sehr frequent, schnell, hart und grofs, zuweilen aber auch

Gastritis.

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klein, krampfig, ungleich und intermittirend ist, und die Kranken von heftigem Durst mit trockner Zunge und von innerer Hitze und äufserer Kälte gepeinigt sehr leicht in Krämpfe, Ohnmächten und Delirien verfallen. Diese Zufälle haben nach dem Grade und der Ausdehnung der Entzündung, so wie nach dem Sitze der letzteren eine gröfsere oder geringere Heftigkeit und die Krankheit verläuft auch demgemäfs langsamer oder schneller, wiewohl sie im Allgemeinen stets zu den rapidest verlaufenden Uebeln gehört und oft schon binnen Tagesfrist tödlich wird. Unter günstigen Umständen entscheidet sich dieselbe gern wie andere Entzündungen unter den gewöhnlichen kritischen Erscheinungen binnen 7 — i) Togen. Ist der Sitz der Entzündung im Magengrunde, so pflegen die Zufälle milder zu sein, als wenn sie den Pylorus ergriffen hat, am heftigsten aber sind sie, wenn die Cardia der vorzüglich ergriffene Tlicil ist, oder wenn sie sich über einen sehr grofsen Theil des Magens zugleich erstreckt und die sämmtlichen Magenhäute entzündet sind. Sehr wichtig ist aber auch hierbei die individuelle Beschaffenheit der Kranken und die Ursachen, durch welche die Entzündung herbeigeführt worden ist, o b sie z. It. eil) sehr vollblütigen, reizbares oder ein mehr schwächliches, ein sonst gesundes oder ein schon durch andere Krankheiten geschwächtes Individuum betrifft, so wie ob dieselbe durch Erkältung, oder durch eine mechanische Verletzung, oder durch Vergiftung, oder durch Metastasen u. s. w. erzeugt worden ist. Oeffnet man die Leichname der an einer acuten Gastritis verstorbenen, so findet man meist die Blutgefäfse des Magens sehr ausgedehnt und vom Blut strotzend, die entzündete Stelle geröthet und zwar bald heller, bald dunkler und selbst schwärzlich oder violett und man kann deutlich erkennen, dafs diese Färbung von den vom Blut strotzenden Capillargefäfsen abhängt. Von diesen Stellen gehen häufig einzelne dunklere Strahlen und Streifen aus, die ebenfalls von jenen Capillargefäfsen gebildet w e r d e n , sehr oft findet man auch die Magenhäute theilweise in Brand übergegangen und mit Geschwüren besetzt, vorzüglich wenn die Entzündung durch ätzende Gifte bedingt ward. Die Schleimhaut ist zuweilen sehr schlaff, und faltiger als ge-

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wohnlich, oft auch mit einem dicken eiweifsartigen oder eiterartigen Schleim bedeckt, der gleichsam einen neuen inernbranüsen Ueberzug bildet, und öfters sammt der Muskelhaut verdickt, aufgelockert, erweicht und gleichsam aufgelöst, dafs sehr leicht Zerreifsung derselben erfolgt. Gastritis chronica. E i n ganz anderes Krankheitsbild giebt die chronische Magenentzündung, die in bei weitem d e n meisten Fällen eine Entzündung mit vorherrschendem Ergriffensein der Schleimhaut des Magens ist. Im allgemeinen zeichnet sich dieselbe durch weit weniger auffallende Erscheinungen aus und es ist nicht zu zweifeln, dafs sie oft zugegen ist, ohne dafs sie sich durch heftige, empfindliche Schmerzen, oder sehr grofses Krankheitsgefühl verrielhe und dafs sie selbst zuweilen erst erkannt wird, w e n n sie bereits sehr grofse Störungen und Verbildungen herbeigeführt hat. D e r Grund davon liegt in der Natur der Schleimhaut selbst, denn da dieselbe, wie alle Schleimhäute, eine nerven- und blulgcfäfsnrmc und deshalb wenig empfindliche zu keiner grofaen lleaction dispouirtc Membran ist, so äufsert sich auch ihr Erkranken nur erst dann auffallend, w e n n dasselbe in extensiver und intensiver Hinsicht sehr hoch gesteigert ist. Hat die Krankheit aber einmal einen hohen Grad erreicht, dann pflegt sie auch theils von characteristischen örtlichen, theils von besondern allgemeineren Zufällen begleitet zu w e r d e n , welche durch die anatomisch-physiologische Verbindung dieser Membran mittelst des sympathischen Nerven und des Nervus vagus mit dem Gangliensystem und dem Gehirn bedingt, oft die unerklärbarsten Störungen darstellen. W a s nun die Zufälle selbst anbelangt, so beklagen sich die Kranken gewöhnlich über ein Gefühl von W ä r m e und kaum schmerzhaftem Brennen im Magen und Epigastrio» das auch wohl in einen stumpfen Druck und ein Gefühl von Einschnürung übergeht und beim Druck v o n aufsen gesteigert wird. Dabei ist Aufstoßen, Auftreibung des Unterleibs, besonders nach dem Essen und dem Genufs erhitzender und gewürzter Dinge zugegen und die Kranken haben oft Appetitlosigkeit, Ekel und schlechten Geschmack, dafs man ihren Zustand für den einer sogenannten Dyspepsie zu halten versucht wird. D i e ZuDge ist gewöhnlich weifs,

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oder gelblich belegt und der Schlund hat meist ein ungewöhnlich rothes, erysipelatöses Ansehen. So bleibt der Zustand oft wochenlang sich glcich, aber nun erfolgt von Zeit zu Zeit Erbrechen, besonders nach dem Genufs von Speisen und Getränken, das sich allmählig häufiger einstellt und keine Erleichterung bringt; die Darmfunctionen pflegen bald früher, bald später gestört zu werden, indem sich besonders Trägheit des Stuhls und mehrtägige Verstopfungen einstellen, oder auch anderemale sich zwischendurch unerwartete Durchfälle einfinden, durch welche schleimige, dünne, misfarbige Stoffe abgehen. Der Urin ist dabei meist sparsam, dick, molkig, oder mit einem dicken, schleimigen Sediment versehen, zuweilen auch von rothem, entzündlichem Ansehen. Anfangs sind keine oder nur sehr geringe Eieberbewegungen bemerkbar, aber nach und nach werden dieselben deutlicher und besonders Abends exaeerbirend. Der Puls wird beschleunigt, härllich und gespannt, die Elaut trocken und brennend und unter diesen Erscheinungen magern die Kranken auffallend ab, verlieren die Kräfte und sterben leicht unter den Zufällen von Abzehrung, oder unter stürmischen Auftritten, wie z. B. in Folge von Blutbrechcn, oder auch mit den Zuf.illen (ICH ilrandeH, oder der Ulccration der Mngenwünde, u. F. W. Oft beschränkt sich diese Entzündung auf eine kleine Stelle und dann sind die Zufälle geringer und um so täuschender, oft schreitet sie ungewöhnlich langsam vorwärts, oder es treten auffallende Remissionen ein; oft bleibt auch nach ihrer Beseitigung eine so grofse Disposition zu Rückfällen zurück, dafs sie auf sehr geringfügige Veranlassungen wiederkehrt und so kann die Krankheit sich Monate und selbst Jahrelang fortschleichen Getrübt wird das Bild der chronischen Gastritis sehr häufig durch solche Zufälle, welche durch die schon oben erwähnte anatomischphysiologische Verbindung des Magens mit andern Organen, z. B. mit der Leber, der Milz, dem Darmkanal so wie selbst mit den Centralorganen des Nervensystems herbeigeführt werden. Die chronische Gastritis ist eine eben so ernste und bedenkliche Krankheit, als die acute, nur tödtet sie nicht so schnell, als diese. Nimmt sie einen günstigen Verlauf,

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so entscheidet sie sich mehr auf dem W e g e einer sogenannten Lysis, bei welcher jedoch sehr häufig auch wahrhaft kritische Ausscheidungen nicht zu verkennen sind. Zuweilen ist sie so versteckt, dafs man kaum eine Entzündung vor sich zu haben glaubt und nur einen Magenkrampf, eine Dyspepsie und Indigestion vorhandeu meint und plötzlich erfolgt der T o d unter den Zufällen des Brandes, oder einer Magenzerreifsung u. s. w., was dann die Leichenöffnung nachweist. Am häufigsten endet dieselbe mit dem Uebergang in verschiedenartige Nachkrankheiten und organische Verbildungen und Zerstörungen der Magenhäute. Bei den Sectionen der an chronischer Entzündung des Magens verstorbenen Individuen findet man gewöhnlich den Magen klein und zusammengezogen, darmähnlich und nach innen mit vielen Falten versehen, wie bei der acuten Gastritis. Die Schleimhaut ist in gröfserer oder geringerer Ausdehnung krankhaft verändert und bald, wie bei der acuten Gastritis, mehr oder weniger dunkel gerüthet und mit unregelmäßigen dunkeln, schwarzrolhcn oder auch zuweilen weifsen Flecken besetzt, bald auch mit corrodirtcn Stellen, oder mit Erosionen und Ulcerationen versehen. Diese letztgenannten Zerstörungen befinden sich vorzüglich oft in der sogenannten Curvatura major und in der Nähe des Pylor u s und sind bald n u r sehr oberflächlich, bald sehr tiefgehend und bis in die Muekclhaut dringend. Bei sehr langdauernden chronischen Magenentzündungen kommt es meis t e n t e i l s zu bleibenden Desorganisationen und organischen Metamorphosen der Schleimhaut, die sich besonders als Verdickungen, Verhärtungen, Verdünnungen und Erweichungen der Magenhäute darstellen. Nicht selten endet die Krankheit mit einer Perforation oder Zerreifsung des Magens, wie dies ganz vorzüglich oft der Fall in der Gastromalacie ist, welche an sich als eine Folge der Gastritis anzuerkennen ist (siehe Gastromalacie). Die Verhärtung und Verdickung ist häufig nur auf eine kleine Stelle beschränkt, so dafs dadurch gleichsam "Wülste gebildet werden, anderenialc verbreitet sie sich weiter. Zuweilen haben diese Verhärtungen auch einen wirklich scirrhösen Character und selbst der wahre Scirrhus ventriculi, das Carcinom und der Markschwamm des Magens

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sind oft die Folge einer frühern chronischen Gastritis. Man trifft diese Art der Metamorphose insbesondere oft da, wo die Krankheit durch Mifsbrauch geistiger Getränke und durch Gifte erzeugt wird, ganz vorzüglich bei Branntweintrinkern. Die Verdünnung der Magenhiiufe ist nur selten für sich allein die Folge der Gastritis, sondern meistenteils gleichzeitig mit einer Erweichung derselben und sehr oft auch mit Vereiterung, Verschwärung und Zerreifsung derselben verbunden. Die Erweichung kann so weit gehen, dafs die Haut sogleich unter Einwirkung eines leichten Druckes vollends durchreifst. Man hat gezweifelt, diese Erweichungen als Ausgänge der Entzündung anzuerkennen, allein die neueren Untersuchungen von sindral, Crttvcillicr, Billard, besser und Anderer haben die Wahrheit dieser Annahme erwiesen. Verschieden von der Zerreifsung des Magens in Folge der Erweichung sind die Perforationen der Magenwände in Folge der Geschwürbildung. Der Entstehung der Geschwüre geht stets Entzündung voran und wo man daher bei Sectionen erstere im Magen vorfindet, da ist man auch berechtigt und genüthigt, eine vorausgegangene Gastritis anzunehmen. Diese Geschwüre schreiten, sobald es nicht gelingt, sie zur Ausheilung und Vernarbung zurückzuführen, unaufhaltsam weiter, bilden immer tiefergreifende Aushöhlungen und tödten plötzlich, wenn der Tod nicht früher die Leiden endet, mit der Durchlöcherung sämmtlicher Magenhäute und Ergiefsung der Contenta des Magens in die Bauchhöhle. Ihre Gestalt und ihr Umfang ist verschieden; sie sind bald ganz rund, bald ungleich und gezackt, bald mit einem härtlichen Entzündungsrande umgeben, bald wie mit einem Messer ausgeschnitten und sie scheinen bald von der Schleimhaut selbst, bald mehr von den in derselben liegenden Schleinidrüschen auszugehen. Sie sind zuweilen so klein, dafs sie kaum bemerkbar sind, zuweilen erreichen sie aber auch den Umfang eines halben bis ganzen Zolles. Zuweilen finden sich auch in der Schleimhaut kleine puslclartige Erhöhungen vor, die durch die aufgelockerten und angeschwollenen Schleimbälge gebildet werden, llillard hat nach diesen eine besondere Gastritis folliculosa angenom-

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inen, die jedoch als solche iui lebenden Individuo kaum erkannt werden möchte. D a f s diese verschiedenen Verbildungen und Zerstörungen sich mehr in der Entzündung der Schleimhaut, als in der der Muskel- und Peritonealhaut des Magens vorfinden und wenn auch nicht immer, doch in den meisten Fällen von der Schleimhaut ausgehen, davon liegt der G r u n d wohl vorzüglich d a r i n , dafs eine Entzündung der andern beiden Häute schneller entweder in G e n e s u n g , oder in den T o d übergeht, als dafs es zu solchen Producten kommen könnte und die muskulösen und serösen Häute überhaupt nicht s o leicht zu solchen Desorganisationen geneigt sind. Aetiologie. W a s die sogenannte n ä c h s t e Ursache der Gastritis anbelangt, so kann man im allgemeinen sagen, dafs dieselbe, wie j e d e Entzündung, auf einer an einer einzelnen Stelle oder örtlich hervortretenden gesteigerten T h ä tigkeit des Capillargefäfssystems beruhe. D a f s dieselbe aber sich verschieden gestaltet, und z. It. bald als a c u t e , b a l d als chronische Krankheit auftritt, dies hängt theils von dem Zustande, in welchem sich der Organismus überhaupt und der Magen insbesondere zur Zeit der Entstehung der K r a n k heit befindet, theils von der Verschiedenheit der veranlassenden M o m e n t e , theils und vorzüglich aber davon a b , o b die Entzündung die sämmtlichen Magenhäute, oder nur eine derselben ergriffen hat. Durch die Eintheilung der Gastritis in ^cine sthenischc und asthenische, aclive und passive, arterielle und venöse, echte und unechte, nervöse und typhöse u. s. w. wodurch man das W e s e n der verschiedenen F o r m e n der Gastritis erläutern zu können meinte, ist nichts Genügendes gewonnen, den Hauptunterschied bedingt der Theil, der vorzugsweise von der Entzündung befallen ist. D i e acute Gastritis ist gewöhnlich eine sogenannte arterielle und die chronische eine venöse Entzündung; wenn es aber wahr ist, dafs eine sogenannte arterielle Entzündung insbesondere an solchen Theilen erscheint, in denen das arterielle L e b e n und die Muskelstructur vorherrscht, die venöse dagegen an solchen, in denen das venöse L e b e n gleichsam die O b e r h a n d hat und sich mehr ein drüsiger und cellulöser B a u vorfindet, so erklärt dies, warum die chronische Gastritis bei weitem häufiger von der Schleimhaut, die acute

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acutc mehr von der Muskelbaut des Magens bedingt werden müsse. I n B e z u g auf die sogenannten p r ä d i s p o n i r e n d e n U r sachen ist nicht zu leugnen, dafs manche Individuen ungleich leichter als andere von einer Gastritis befallen werd e n ; allein schwer ist es, zu sagen, worin eigentlich d i e g r ö fsere oder geringere Anlage ihren Grund habe, und es läfst sich darüber fast blofs die Yermuthung aussprechen, dafs der Magen bei einzelnen Individuen eine ursprüngliche, oder erst nach und nach erworbene ungewöhnliche Empfindlichkeit und Reizbarkeit zu haben scheinen, bei welcher die schädlichen nufsern Potenzen auch bei geringerem Grade der Einwirkung solche Folgen nach sich ziehen, wie sie unter günstigerer Beschaffenheit dieses Organs n u r auf weit stärkere Eindrücke erfolgen würden und dafs bei einer überhaupt zu entzündlichen Krankheiten geneigten Constitution sich unter diesen Umständen eher eine Gastritis, als z. B. eine Pneumonie einstellen w e r d e , während dieselben Veranlassungen bei einem andern Individuo, das eine gröfsere Disposition zu Brustaffeclionen hat, eine Pneumonie erzeugen würden. E s giebt aber auch mehrfache ¡lufnere Momente, welche zu entzündlichen Magenaffeclioneu prüdisponiren, wie z. B. gewisse Luflbeschaffenheilen, Cliinate und Ortslagen, so wie manche Beschäftigungen und Lebensweisen u. s. w. Dafs die L u f t , auch wenn unsere eudiometrischcn Untersuchungen keine oder n u r höchst unbedeutende Variationen derselben zeigen, unter verschiedenen Umständen auf den thierischen Organismus überhaupt und auf den menschlichen insbesondere höchst verschiedenartig einwirke, ist eine längst ausgemachte Sache; wenn es aber auch überdies eben so gewifs ist, dafs es miasmatische Verhältnisse giebt, welche bestimmte, meist entzündliche Affectionen bestimmter Organe begünstigen, wie z. B. manche Sommer- und Herbstfieber u n d manche exanthematische Fieber beweisen, so ist auch kaum zu zweifeln, dafs die Luft unter gewissen Verhältnissen auch eine Anlage zu Magenentzündungen müsse erzeugen können. Dies wird auch durch die Erfahrung bestätigt, denn wir sehen, dafs z. B. heifse Climate mehr, als temperirte und kalte, die heifse Jahreszeit mehr, als die kälBled. chir. Encycl. XIII. Bd.

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tcrc, schneller L u f t - und Witterungswechsel, feuchte Luft u. s. w. eine solche Disposition veranlasse. So sind auch Personen, die sich häufigem Luftwechsel, der Kälte und Nässe, der Morgen- und Abendluft aussetzen, wie z. B. T r u p p e n , welche während feuchter W i t t e r u n g in den Bivouacs zubringen müssen, weit mehr der Gastritis ausgesetzt, als andere, die 6ich diesen vorbereitenden Einflüssen entziehen können. Auch das Alter hatEinflufs auf die gröfscre oder geringere Geneigtheit zu dieser Krankheit, denn sie befällt am häufigsten Kinder in dem ersten Lebensjahre mit dem Ausgang in Gastromalacie und mit den fortschreitenden J a h r e n scheint sie seltner zn werden. Vorzüglich aber wird diese Prädisposition durch diätetische Einflüsse bedingt, z. B. durch andauernden starken Geuufs geistiger G e t r ä n k e , durch Schlemmerei und durch Verweichlichung des Magens. Endlich ist auch derjenige vorzüglich zur Gastritis disponirt, der schon früher an einer solchen erkrankt w a r , oder der überhaupt schon öfters am Magen gelitten hat und es ist selbst anzunehmen, dnfs Kinder, welche in den ersten Lebensalter am Magen gelitten haben, oft für ihr ganzes L e b e n eine Disposition zur Magenentzündung behalten. Die sogenannten e x c i t i r e n d e n oder G e l e g e n h e i t s ursachen der Gastritis sind grofsentheils dieselben, welche so eben als prädisponirende aufgeführt worden sind. Dieselbe Potenz, welche eine Anlage zur Entzündung des Magens giebt, z. B. W e c h s e l von Ilitze und Kälte, Nässe, Diätfehler u. s. w. veranlafst bei gesteigerter Einwirkung oder schon vorhandener Prädisposition die Krankheit selbst. Die Gelegenheitsursachen sind theils idiopathische, theils sympathische, kommen bald von aufsen, bald von innen oder vom Organismus selbst her und wirken theils mehr dynamisch, theils mehr chemisch und mechanisch. Zu den idiopathischen, unmittelbar auf den Magen einwirkenden gehören scharfe, reizende, erhitzende, gewürzte Speisen und Getränke, Uebermaafs im Genufs geistiger Getränke, U e b e r ladungen des Magens, zu heifs oder zu kalt genossene Dinge, unzweckmäfsig genommene Brech- und Abführmittel und v o r allem Gifte, wie Arsenik, Sublimat, Schwefel-, Salpeterund Salzsäure u. s. w . , ferner mechanische Verletzungen

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Gastritis.

des Magens durch verschluckte spitze, oder sonst verletzende Körper, z. B. Glassplilter, Fischgräten, Nadeln, oder durch Stöfse und Quetschungen von aufsen her. Zu den mehr sympathisch wirkenden Gelegenheitsursachen gehören unterdrückte Hauttransspiration, Unterdrückung gewohnter normaler, oder auch zwar abnormer, aber doch dem K ö r p e r gleichsam zum Bedürfnifs gewordener Ausscheidungen von Blut, Schleim und andern Flüssigkeiten, unzeilig geheilte chronische Geschwüre, Fontanellen und Setaeeen, die Metastasen chronischer und acuter Hautausschläge, der Gicht, des Rheumatismus u. s. w. Zuweilen hat man auch in Folge bedeutender K o p f - und Rückenmarksverletzungeu Gastritis entstehen sehen und oft llicilt sich eine Entzündung eines benachbarten Organs, z. B. des Darinkanals, der Leber, der Milz, des Bauchfells dem Magen mit, wie sich umgekehrt auch die Magenentzündung auf jene tibertragen kann, und nicht minder oft gesellt sich eine Magenentzündung, vorzüglich eine Entzündung der Schleimhaut des Magens zu manchen Fiebern und andern Krankheiten, z. B. zu Gallen- und Schleimfiebern, zum T y p h u s , zur Plltllisis u. s. w. Die Gastritis kann oft Icirht mit andern Krankheiten verwechselt werden und wird zuweilen, besonders die chronische, erst nach dem T o d e durch die Section erkannt, so dafs sie wirklich dann eine occulte oder verlarvte zu nennen ist. Die Diagnose derselben ist aber schwierig, weil die Krankheit selbst, wenigstens die chronische, sehr oft gar nicht mit sehr heftigen und sehr characteristischen Zeichen auftritt, weil mehrere andere Krankheiten in ihren E r scheinungen sehr grofse Aehnlichkeit mit ihr haben und •weil oft mit derselben entweder von Anfang an, oder im späteren Verlaufe sich Complicationen bilden, welche das eigentliche Bild der Gastritis trüben. Dessenohngeachtet wird ein aufmerksamer Beobachter, der gewohnt ist, stets eine genaue Anamnese zu machen, den Verlauf der Krankheiten von ihrem ersten Beginn scharf zu beobachten, die prädisponirenden sowohl, als die Gelegenheitsursachen zu erforschen und die W i r k u n g der vielleicht schon angewendeten Heilmittel zu prüfen, nicht leicht in sehr grofsen Irrthum dabei verfallen und am wenigsten sich zu einer fal-

27*

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Gastritis.

sehen Curmelhode verleiten lassen. Lcichter wird stets eine Entzündung der Schleimhaut des Magens, als die der Muskelhaut desselben verkannt werden. Die Krankheiten, mit denen die Gastritis Aehnlichkeit hat, sind Entzündungen des D u o d e n i , des Peritonaei, des Omenti, der L e b e r , der Milz u n d des Pancreas, die Cardialgie und Gastrodynie, das nervöse Erbrechen (z. B. bei Schwangern), die Cholera, die Erweichung, Perforation u n d Zerreifsung des Magens, gastrische Unreinigkciten, Scirrhen und andere organische Fehler des Magens; allein abgerechnet, dafs die meisten dieser Krankheiten sich durch ihre bcsondern der Gastritis fremde Symptome characterisiren, so erleichtert doch meist die Art der Entstehung derselben, ihre D a u e r und die vorausgegangenen Umstände die Diagnose sehr, wenn nicht gerade Complicationen dieser Krankheiten mit der Gastritis statt finden. Bei der E n t z ü n d u n g d e s D u o d e n i , die übrigens der Gastritis sehr verwandt und gleich ist, pflogt der Schmerz nicht so sehr auf die cpigastrische Gegend beschränkt u n d weniger oberflächlich zu sein, als bei der Gastritis, auch erfolgt in der Regel das Erbrechen bei ihr nicht so schnell und heftig gleich nach dem Genufs von Speisen und Getränken. Die P e r i t o n i t i s kann, wenn sie den den Magen unmittelbar bedeckenden, oder den ihm zunächstliegendcn Theil des Bauchfells ergriffen hat, einer aeuten Gastritis sehr gleichen, allein sie unterscheidet sich von ihr thcils durch die Art, den Sitz und die Ausdehnung der Schmerzen, theils dadurch, dafs das Erbrechen alles Genossenen nie bei ihr so auffallend ist. D i e O m e n t i t i s , welche an sich eine seltene und meist nur eine Folgekrankheit anderer Entzündungen, oder die W i r k u n g äufserer Verletzung ist, kommt selten selbstständig vor, gleicht mehr der Peritonitis und erzeugt nicht das characteristische Erbrechen der Gastritis. Die H e p a t i t i s wird am häufigsten mit der Gastritis verwechselt, doch geschieht es häufiger, dafs man die letztere für die erstere nimmt, als umgekehrt. Vorzüglich veranlafst die chronische Magenentzündung leicht Täuschung. Am meisten ähnelt diejenige Leberentzündung der Gastritis,

Gastritis.

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welche ihren Sitz in dem linken Leberlappen hat, insbesondere, wenn sich dieser, wie sehr oft der Fall ist, sehr weit nach dem linken Ilypochondrio hin erstreckt. Allein die Leberentzündung beschränkt sicli nur selten auf diesen Lappen allein, vielmehr verbreitet sie sich gewöhnlich weiter über die Leber und wenn dies auch nicht der Fall ist, so pflegen doch die Schmerzen sich bei ihr, weiter nach der rechten Seite auszudehnen, als es bei der Gastritis zu geschehen pflegt. Auch ist bei denselben meist zugleich ein besonderer Schmerz in den Schultern und ein ictcrisches Ansehen zugegen. Ueberdies verträgt die Hepatitis nicht die Lage auf der linken Seite, welche dann alle Leiden steigert und auch das characteristischc Erbrechen der Gastritis ist ihr fremd. Ziemlich eben so verhalten sich die Zufälle, welche von Gallensteinen erzeugt werden. Die E n t z ü n d u n g d e s P a n c r e a s , welchc n u r selten vorkommt, besonders nicht als acute Krankheit, und die überhaupt wegen der verborgenen Lage dieser Drüse schwer zu erkennen ist, unterscheidet sich von der Gastritis theils durch die bei ihr viel lieferliegenden, mehr uach der R ü k kcnwirbelsiiule zu sich äufsernden Schmerzen, und durch das geringere Gefühl von Schmerz oder Drücken im Epigastrio, theils durch den Mangel des Erbrechens nach dem Essen und T r i n k e n , theils durch eine bei ihr gewöhnliche wässerige Diarrhöe, theils auch durch einen bei ihr sehr gewöhnlichen Ptyalismus. Die M i l z e n t z ü n d u n g characterisirt sich durch den besondern Sitz der Schmerzen in der Tiefe des liuken H y pochondrii und ist eben so wenig mit dem so e i g e n t ü m lichen Erbrechen der Gastritis verbunden. Zuweilen kann ein bedeutender Saburralzustand, Anhäufung von gastrischen Unreinigkeiten, Schleim und W ü r mern der Gastritis ähnliche Zufälle hervorrufen, allein die Heftigkeit dieser Zufälle, unter denen Flatulenz, Blähungen, Coliken, Vollheit des Magens die vorherrschenden sind, das stürmische Erbrechen, die grofse Angst, die Schmerzen und so weiter stimmen dann nicht mit dem meist n u r sehr geringen, oder gar nicht vorhandenen Fieber überein, wie es bei der Magenentzündung der Fall ist, und das Brcchcn ist dabei gewöhnlich mehr lindernd.

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Gastritis.

Schwierig ist zuweilen die Unterscheidung der Gastritis, vorzüglich der chronischen, von der sogenannten G a s t r o d y n i e und der C a r d i a l g i e , und eine Täuschung ist hier um so wichtiger, da diese Zustände ihrem W e s e n nach weit weniger mit der Entzündung des Magens verwandt sind, als es die erwähnten entzündlichen Krankheiten sind. Besonders schwer wird die Diagnose auch dadurch, dafs der Magenkrampf zuweilen in eine Gastritis übergeht, so dafs man die Grenze zwischen beiden kaum b e m e r k t , so wie dafs umgekehrt sich leicht zu der letzteren ein Krampf hinzugcsellt. O f t kann aber eine gründliche Anamnese Aufschlufs geben und aufserdem pflegt denn doch die Natur und der Sitz der Schmerzen, die bei der Cardialgie und Gastrodynie mehr auf die Herzgrube beschränkt sind, mehr in einer einschnürenden Empfindung bestehen, und in der Regel periodisch stärker und schwächer, schnell kommend und gehend und beim äufsern D r u c k eher sich mindernd als steigernd sind, 60 wie f e m e r die Abwesenheit des Fieb e r s , das oft gleichzeitige Zugegensein anderer Krämpfe, der Puls, die Zunge, der Urin u. s. w. und das seltnere und nicht immer nach dem Genufs von Speisen und Getränken erfolgende Erbrechen auf die Erkenntnifs der W a h r heit hinzuführen. Achnlich verhält es sich auch mit dem E r brechen, an welchem schwangere F r a u e n zu leiden pflegen. Auch die C h o l e r a hat zuweilen grofsc Achnlichkeit mit der Gastritis. Zwar ist dieselbe eine durch ihre Symptome meist scharf ausgezeichnete Krankhcilsform, die oft epidemisch herrscht, eigentlich ohne Fieber ist und gewöhnlich weit stürmischere Ausscheidungen nach oben und u n ten macht, als die letztere, allein auch diese ist zuweilen, wenigstens im Anfange von eben so heftigen Zufällen begleitet, ohne dafs das Fieber sehr stark ist. Einen Unterschied bietet jedoch das Brechen, welches bei der Cholera stets, in der Gastritis a b e r vorzüglich n u r dann statt findet, wenn etwas in den Magen gebracht worden ist. Ueberdem pflegt die Cholera nicht von fixen Schmerzen in der Magengegend, sondern mehr von colikartigen Schmerzen und aufserdem von allerhand andern Krampfzufällen begleitet zu werden, während bei der Gastritis die entzündlichen vorherrschen.

Gastritis.

"'fl sutura. Berst des Zäpfchens, ein «lie Operation nicht zureichend bezeichnender, von Roux eingeführter N a m e ) , Uranorr haphia, Vraniskorrhaphia (n5 O I ' J K I ' O Ç , oi nanoxon (coelurn) palatum, KyanorrhapUia, (a xùnrog, idem significat quod ovçarof), T'elosynthesis ( vox hybrida, a velum ct ovmtOraiiunio vondero durch Roux operirten S t e p h en s o n gebraucht.) Literatur. C. F Graefe, über die G a u m c n n a h t , in Ilufeland's J o u r n . B d . XL1V. S. 116. — Ders. in v. üracje's u. v 1fralthers J o n r n . d. Cliir. u. Augenheilk. E d . 1, II, 1 11. 3. — V. Graefe's u, V. ll'althcr's J o u r n . Bd. IV, V. II. 2. Iid. \ 1 . II. I . Bd. VII. II. 4 . B d . IX. I I . 2. B d . XIII. II. 4. — Stcphcnson, Diss. de velosynthcsi. Edinb. 1820. — Thom. Aleoek, on the réunion of the dividcd palate, in den Transactions of the apothec. and surgeon of England and W a l e s . L ondon 1822« Besonders abgedruckt. L o n d o n 1822. Mit einer illu ro. Tafel. — JDonigcsj Diss. de variis uranorihapbes melliodis aphorismi. Beiolini 1824. — P.J. Roux, Mémoire sur la staphyloraphie, ou la division congénitale etc. Paris 1825 avec pl. Utbers.

Gaumcnspaltung.

Gebärmutter (geburtshüinicli),

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mit A n m c r t . v. J. F. Dieffenbach. Berlin 1826. — J . F. DicjfcnIttch's Beiträge zur Gaumennaht io IJecker's Annalen der Medizin. B d . III. I l f t . 1. S. 1 — 2 6 . Bd. IV. S. 145 u. 298. Bd. VI. 'S. 305. Dcss. cliir. Erfahrungen l s t e Aklh. Berl. 1829. S. 4 9 3te u. 4te Abtli. 1834. S. 127. F' R. Schwerdt, de uranorrhaphe inslrumentisque etc. Berol. 1827. c. IV. tab. aen. Deutsch bearbeitet: Die Gauroennaht, eine Darstell, aller ihrer Methoden etc.« mit einer erläuternden V o r rede von C. o. Graefe, Berl. 1829. G — n>.

G A U M E N S P A L T U N G . S. Gaumennabt. G A U M E N V O R H A N G , soviel als Gaumensegel. S. d. A. Palatum. G A U M E N Z U N G E N M U S K E L . S. Gaumenmuskeln. G E B A E R M U T T E R . S. Uterus G E B A E R M U T T E R , ( g c b u r t s h ü l f l i c h ) . Die Gebärmutter ist ein wichtiges, die Gcsclilcchtsfunclioncn des W e i b e s hauptsächlich bedingendes Organ. "Wenn die beginnende Pubertät durch den LIutergufs aus der Gebärmutter sich ü u n d giebt, und hierdurch erst die Fähigkeit sich entwickelt, schwanger z u w e r d e n , so tritt erst nach erlangter Geschlechtsreife bei gegebener Veranlassung die Function dieses Organes deutlicher hervor. V o n dieser ausführlich zu handeln, ist Aufgabe der Geburtskunde. W e n n daher in dieser die Gebärmutter auch in anatomischer Hinsicht betrachtet w i r d , so gcschicht dieses hauptsächlich in Beziehung auf die Geschlechtsverrichtungen, welche in diesem Organe erscheinen. U m die Veränderungen desselben währ e n d der Geschlechtsfunctionen genau kennen zu lernen, inufs man von der Beschaffenheit dieses Theiles aufser jenen Vorgängen genau unterrichtet sein. Besonders wichtig sind für den Geburtshelfer diejenigen Veränderungen, welche während der Schwangerschaft, der G e b u r t und des Wochcnbcttca in der Gebärmutter vorkommen; daher werden sie bei der Darstellung dieser Zustände besonders betrachtet. In der Schwangerschaft erst erkennt man das eigenthümliche G e w e b e des Uterus genau, dessen Muskelfasern alsdann nicht zu verkennen sind. W e n n die Gebärmutter während der Schwangerschaft zur Ausbildung des Eies dienen 6oll, so bekommt sie während der G e b u r t die Bestimmung, das Ei zu trennen und auszutreiben. Die Geburtsthütigkeit äufsert sich zum gröbsten Theile an diesem Organe.

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Gebärmutter

(gcburtsliülflich).

In dem Wochenbette endlich bildet sich die Gebärmutter in den frühern Zustand zurück. Aufser der physiologischen Beziehung ist noch die pathologische zu bemerken, und nicht blos in den genannten Zuständen, sondern auch aufscrhalb jener Zeit; denn wenn auch die Krankheiten deF Gebärmutter nicht alle in das Gebiet der Geburtshülfe gerechnet werden können, so wird doch in vielen Fällen sowohl zur Erkenntnifs als auch zur Behandlung die technische Geburtshülfe, z. B. die geburtshülfliche Untersuchung nölhig. Die Krankheiten der Gebärmutter kommen sehr häufig vor. Diese Thatsache findet darin ihre Erklärung, dafs bei den Verrichtungen dieses Organcs bedeutende Veränderungen in dem Gewebe und nach geringfügigen Einwirkungen oft sehr wichtige Störungen eintreten, dafs dieselben bisweilen in sehr kurzer Zeit, und häufig wieder mit denselben Störungen zurückkehren, dafs insbesondere mechanische Einwirkungen, die bedeutende Folgen hinterlassen, nicht selten sind. Nimmt man bei der Häufigkeit der Gelegenheitsursachen zugleich auf die Wichtigkeit Rücksicht, welche die Gebärmutter im weiblichen Organismus zeigt, so erscheint es nicht befremdend, wenn an den meisten Krankheiten des weiblichen Geschlechts der Uterus grüfsern oder geringem Antheil nimmt. Wichtig ist insbesondere der Consensus, in welchem die Gebärmutter mit manchen andern Organen steht, und durch welchen sie in diesen gewisse Krankheilszufälle hervorbringt, sobald in ihr selbst gewisse krankhafte Affectionen erscheinen. W e n n auf diese W e i s e manche Krankheiten der Gebärmutter, welche darum, weil sie nur geringe idiopathische Erscheinungen hervorbringen, verborgen bleiben würden, sich kund geben, so giebt es dagegen auch andere Krankheiten, welche, obwohl sie auf die Organisation der Gebärmutter auf eine sehr störende W e i s e einwirken, selbst in den pahe liegenden Organen, in dem Mastdarm und der Harnblase nur wenige oder gar keine Symptome hervorbringen. Oft sind aber regelwidrige Erscheinungen in der Ausscheidung des Harnes und des Rothes die einzigen Symptome, welche bei einer allmählig sich ausbildenden

UehürmuLler (geburtsbiilflicli).

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Krankheit der Gebärmutter auf das Vorhandensein des Ucbels zunächst einen Schlufs erlauben lassen. Die Krankheiten der Gebärmutter sind mannigfaltig verschieden; sie b e r u h e n entweder auf einer Störung der Kräfte oder der Organisation und des Mechanismus; die ersteren gehören mehr in das Gebiet der Medicin im engern Sinne, die letzteren aber hauptsächlich in das der Geburtshilfe, bei jenen wird diese n u r der Erkenntnifs, bei diesen aber auch der Behandlung wegen in Anspruch genommen. Doch kommen auch während der G e b u r t dynamische Störungen in der Gebärmutterthätigkeit vor, die von dem Geburtshelfer nicht blofs erkannt, sondern auch behandelt werden sollen. W a s die Krankheiten der Gebärmutter betrifft, welchc während der Schwangerschaft, der Geburt und des W o c h e n bettes häufig Gegenstand der Behandlung werden, so gehören hierher zuerst die regelwidrigen Affectionen der Bewegungsfasern der Gebärmutter, welche hauptsächlich zur Zeit der G e b u r t sich äufsern; denn entweder erscheinen die W e h e n zu häufig und zu wirksam, oder zu selten und zu wenig wirksam, oder endlich sie sind der Art nach regelwidrig. D e r Gcburlshclfer hat alsdann die Aufgabe zu lösen, in dem einen Falle die Tli.'lligkeil der Gebärmutter zu uiäfsigcu, in dem andern zu erhöhen und in dem drillen so umzustimmen, dafs sie regelmäfsige Zusammcnzichungen hervorbringen kann. Aufserdem kann der Uterus an Vollblütigkeit leiden, und diese einestheils in Entzündung, und anderntheils in Blutflüsse übergehen, wenngleich diese auch häufig zu krankhaft dynamischen Zuständen sich gesellen. W e n n daher die Blutentziehungen durch die Vollblütigkeit und die Entzündung gehindert werden, so wird die antiphlogistische Behandlung nur bei einer gewissen Classe der Blutgefäfse besonders während der Schwangerschaft nöthig, während in den meisten Fällen solche Mittel, welchc die Zusammenziehnng befördern, oder die regelwidrige Zusammenziehung regelmäfsig machen, d.h. die sogenannten blutstillenden u n d krampfstillendcn Mittel angezeigt sind. Aufserdem verdient die Erweichung und Pulresceuz der Gebärmutter, ein seltener Krankhcitsprocefs, alle Aufmerksamkeit des Geburtshelfers, der freilich, wenn das U c b e l

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Gelärmutterarterie,

GebSrmutterblutflufs.

einen hoben Grad erreicht hat, Heilung nicht immer zu bewirken vermag. Von besonderer Wichtigkeit sind die organischen und mechanischen Störungen, welche während der Schwangerschaft, Geburt und des Wochenbettes entstehen oder Gegenstand der Behandlung werden können; es gehören hierher die Verengerung und Verwachsung des Muttermundes, Geschwüre, Abscesse, Geschwülste, besonders aber die Zerreifsung der Gebärmutter, dann die Schiefheit und Schief« läge, nebst den übrigen Lagestörungen (Vorfall, Vorwärts-, Rückwärtsbeugung, Umstülpung) der Gebärmutter. W e n n in jenen Fällen die Behandlung selten den Zweck hat, radicale Heilung des vorhandenen Krankheitszustandes zu bewirken, sondern meistens nur ein symptomatisches Verfahren möglich ist, so wird in diesen gewöhnlich die Anzeige, die regelmäfsige Lage der Gebärmutter wiederherzustellen, erfüllt. (Vgl. den Art. Uterus.) « ~ G E B A E R M U T T E R A R T E R I E . S. uterina arteria. G E B A E R M U T T E R , B l u t f l u f s d e r s e l b e n . Die Bestimmung der Gebärmutter ist eine so wichtige und ihre Function eine so eigentümliche, wie keines mehr der Organe des weiblichen Körpers etwas ähnliches darbietet. — Darum ist auch ihr Leben von dem der übrigen Organe sehr verschieden. — In der Kindheit, gleich einem in mütterlichen Boden schlummernden Keime, blos für ihre eigene Entwicklung bedacht, tritt sie mit dem beginnenden reiferen Alter mit nicht wenig bedeutungsvollen Erscheinungen in der Reihe der sichtbar thätigen Systeme des weiblichen Körpers auf, und erlangt bald ein so auffallendes Uebergewicht über alle Theile des ganzen Organismus, dafs unmöglich verkannt werden kann: sie sei es, der in dieser Periode die Oberherrschaft über sämmtliche Glieder dieser individuellen Organenkette übertragen ist. Mit einigen, in Bezug auf ihre Zwecke als Hülfsorgane erscheinenden Anhängen bildet sie ein eigenes System, das wir das Generationssystem nennen; und so wie zunächst von diesen, erscheint der Uterus überhaupt jetzt als Centraiorgan des ganzen weiblichen Körpers. Jedoch währt bekanntlich diese Superiorität nur eine gewisse Zeit hindurch, und diese nennen wir die.Zeugungsfähigkeitsperiode des Weibes, die im gemässigten Clima ge-

GebärmutterLlqlflufs.

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wohnlich mit 15 Jahren beginnt und mit 45 wieder verschwindet. Es kann hier nicht der Ort sein, die in diese dreifsigjährige Periode fallenden Functionen des weiblichen Körpers näher zu bezeichnen, aber als wesentlich für unser Thema ist zu bemerken, dafs die hier in Allem sichtbare Grundidee durch einen vermehrten Säfteandrang gegen den Uterus sich ausspricht, in Folge dessen ein (von Jörg schon längst als Plus von Nahrungssloff bezeichneter) Blutüberschufs in den zahlreichen mit dem Gefäfssysteme des Unterleibes in Verbindung stehenden Gefäfsen dieses Organes entsteht, der entweder bei eintretender Conccplion zur plastischen Bildung des Lies verwendet oder beim Unterbleiben dieser, in monatlichen Zwischenräumen durch die inneren W a n d o des Uterus ausgeschwitzt und nach aufsen ergossen wird. Diesen periodischen Blutabgang nennen wir die Menstruation, und er ist ein rein physiologischer Act, W e n n nun gleich aber der Abgang dieses Blutes während der Schwangerschaft cessirt und Letzteres, wie bemerkt, zur plastischen Bildung des Eies verwendet wird, so häuft doch eine grofse Menge desselben sich im Parenchyma des Uterus an, was llieils während der Geburt und zwar bei Trennung der Placenta, und thcils nach derselben, d. i. im "Wochenbette, sich ausscheidet, wodurch sich ein anderer Blutabgang aus dem Uterus gestaltet, den wir den Lochienflufs nennen. Auch diese Blutausscheidung ist ein rein physiologischer Vorgang, dessen Bestehen zur nölhigen Rückbildung der Genitalien absolut erforderlich ist. Allein so wie jede naturgcmäfse Erscheinung im Organismus entarten und eine pathologische Richtung nehmen kann, so können auch diese normalen Blutausscheidungen auf die eine oder die andere Weise entweder gestört oder zu einem excessiven Grade gesteigert werden, wodurch sie offenbar das Gebiet der Physiologie überschreiten, und in das der Pathologie übergehen: so wie auf der andern Seite sogar Blutausschcidungen au3 dem fraglichen Organe statt haben künnen, die in keiner Beziehung dem einen oder dem andern der genannten physiologischen Acte angehören, sondern offenbar als protopathische Erscheinungen auftreten. Hierdurch führt uns die Natur selbst zu einer Einlhci-

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Gcbannutterblutflufs.

luug der aus dem Uterus stallhabendcn Blulabgänge, die für die Theorie sowohl, als für die Praxis von gröfster W i c h tigkeit ist, und die vor Allem h i e r um so mehr ins Auge gefafst werden mufs, als es in der Idee eines W ö r t e r b u c h s liegt, jeden einzelnen Gegenstand so viel als möglich in geeigneter T r e n n u n g vorzutragen: Sie werden nämlich eingetheilt: ¿4, in physiologische, und B, in pathologische Blutflüsse. W a s nun die ersteren betrifft, so kann von ihnen hier durchaus nicht weiter die Rede sein, und sie müssen einzig und allein dahin verwiesen w e r d e n , w o sie nach der O r d nung des Alphabets die Reihe trifft. Hier also blos von den pathologischen Blutabgängen aus der Gebärmutter, die wir auch streng genommen allein Gebärmutterblutllüsse, Haemorrhagiae uteri, Metrorrhagiae, nennen können. — Ist nun gleich durch diese Eintheilung in dieser verwickelten Sache gewisserniafsen die erste Bahn gebrochen, so ist es doch nicht minder schwierig, genau eine Gränze zu ziehen, durch die sich der physiologische Gebärmutterblutabgang von dem pathologischen unterscheidet, indem weder die äufseren Erscheinungen, noch die Menge des abgehenden Blutes es immer vermögen, ü b e r die Natur des Blutflusses genügenden Aufschlufs zu geben, sondern vorzugsweise der G r a d der Störung anzuschlagen ist, der durch den Blutabgang in dem Allgemeinbefinden der F r a u erzeugt wird. W i r verstehen daher unter Gebärmulterblutflufs jenen Zustand des W e i b e s , w o s i c h d i e G e f ä f s e d e r i n n e r n W a n d des U t e r u s in einem s o l c h e n k r a n k h a f t e n Z u s t a n d e b e f i n d e n , dafs ein A u s f l u f s von B l u t a u s ihnen statt hat, der nicht Folge ihrer e i g e n t ü m l i chen n o r m a l e n F u n c t i o n ist, u n d eine S t ö r u n g der G e s u n d h e i t des W e i b e s in d e r A r t b e w i r k t , d a f s der n o t h w e n d i g e Vorrath von Blut früher oder später erschöpft w e r d e n mufs, und die Folgen der ü e p l e t i o n eintreten. D a s aus den Gefäfsen der innern W a n d u n g der Gebärmutter austretende Blut ergiefst sich zuerst in deren Höhle und dann aus dieser durch den Muttermund in die Scheide und durch die äufsern Genitalien; oder das in die Gebär-

G cburmullerblulflufs.

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muttcrhöhlc ergossene Blut wird entweder durch den verengerten Muttermund oder durch einen in diesem befindlichen Blutpfropf in der Gebärmutter zurückgehalten und häuft sich da, nach dem verschiedenen Raumverhällnisse dieses Organes, in dem Grade an, als die blutenden Gefäfsc in ihrem Ausströmen fortfahren. — Hierdurch hat 6ich eine eigene Eintheilung der Gebärmutterblutflüsse begründet, die in practischer Hinsicht nicht ohne Interesse ist, und uns den äufseren, Metrorrhagia externa seu apcrla, und den inneren Gebärinutterblutflufs M. interna seu occulta, geschaffen hat. — Als einer eigenen Unterabtheilung des innern GebärmutIcrblulflusses mufs hier auch desjenigen erwähnt werden, der in Folge einer Zerreifsung des Uterus, der Trompeten, oder der Ovarien entsteht, und wobei die lUutergiefsung in die Höhle des Bauchfells geschieht. — Die Eikenntnifs dieses, so wie des innern Blulflusses überhaupt ist immer schwieriger als die der M. aperta, da das entscheidende Symptom, der Abgang des Blutes nämlich, fehlt. Allein hierbei treten nicht selten die später genauer anzugebenden, nächsten Folgen des Blulflusses, so wie allgemeinen Erscheinungen sehr bald und auf eine unverkennbare "Weise hervor, und setzen die Diagnose aufser Zweifel. Linen nicht geringen Werth hat man inif den (lind gelegt, in dem das Blut zum Vorschein kömmt, und es ist offenbar von Wichtigkeit, ob es blos in Tropfen, oder in einem zusammenhängenden Strahle, oder in einem gleichsam das ganze Volumen der Scheide ausfüllenden Strome ausfliefst. Das Erste nennt man B l u t t r ö p f e l n , Stillicidium sanguinis, das Andere B l u t f l u f s , Errhusis, und das Letztere B l u t s t u r z , Haemorrhagia uteri.— Hierbei ist nun das abgehende Blut in der Regel hellrolh und flüssig, da es zunächst aus den Gefäfsen des Uterus kommt, und vorher nicht erst einige Zeit in der Höhle desselben verweilt hat. — Verweilt es aber einige Zeit in der Uterushöhle und wird erst später entweder durch dynamische Zusammenziehungen des Fruchthälters, oder durch mechanisches Einschreiten der Kunst ausgeleert, was nämlich der Fall ist, wenn sich eine innere Blutung in eine äufsere verwandelt, so erscheint es dunkelroth, coagulirt und geht gewöhnlich in gröfseren oder kleineren Klumpen ab. Bei noch länge-

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G ebärmuttcrbkittlufs.

rem Verweilen in den Genitalien weicht es so von seiner natürlichen Beschaffenheit ab, dafs es oft schwarz und selbst stinkend zum Vorschein kommt, Nicht selten entsteht ein solcher Blutilufs ohne besonders bemerkbare Vorboten und aufser der gewöhnlichen Menstruationsperiode, zuweilen aber auch gehen ihre Erscheinungen vorher, die ihn gleichsam ankündigen; diese sind: Frösteln im ganzen Körper, Klingen und Sausen vor den Ohren, erschwertes Athmen, Beängstigung, Seufzen, grofse Unruhe, Herzklopfen, Zittern der Extremitäten, Schwere in den Füfsen, Spannen in der Lenden- und Beckengegend, Vollheit im Unterleibe u. s.w. kurz lauter Erscheinungen, die ein Molimen haemorrhagicum verkünden. Ueber kurz oder lang nach solchen Vorboten erfolgt der Blutilufs selbst, der entweder anhaltend ist, oder stofsweise erscheint, in welchem letzterem Falle er nicht selten mit wehenartigen Schmerzen verbunden ist, so wie ihn überhaupt auch heftige krampfhafte Erscheinungen, ermattende Ohnmächten, Schwindel, Ohrensausen u. s. w. begleiten können. J e nach dem Alter, der Constitution, der Lebensart der Kranken, so wie hauptsächlich der Menge des verlornen Blutes wird die Störung sein, die dadurch in der Gesundheit des betreffenden Individuums hervorgebracht wird, weshalb bei einem früher beim andern später die Erscheinungen eintreten werden, die man als die bekannten Zeichen eines übermäfsigen Blutflusses anführt. Diese sind nämlich: blasses und eingefallenes Gesicht, matte, trübe, meistens geschlossene und mit blauen oder braunen Ringen umgebene Augen; spitze eiskalte Nase und kalter Schweifs über der Stirne. Dabei sind die Extremitäten kalt, die Kranken fühlen sich sehr ermattet, bekommen öfter Ohnmächten, Schwindel, Sausen und Klingen vor den Ohren, Schauer und Frösteln; sie klagen über Trockenheit im Munde und beängstigenden Durst. Der Puls ist klein, schnell, aussetzend und oft kaum mehr fühlbar. Hiezu gesellen sich nicht selten Drücken in der Herzgrube, Zusammenschnüren und Brennen im Schlünde, Ueblichkeiten und Neigung zum Erbrechen und oft auch wirkliches Erbrechen. Entsteht die Metrorrhagie aus einer reinen allgemeinen Ursache, so ist sie in der Regel von einem Fieber beglei-

£ebärniutterblutflufs.

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tct, dessen T y p u s w i e der d e r B l u t u n g am Läufigsten rcmittirend uud n u r selten intermittirend ist. E s scheint z w a r in solchen F ä l l e n d i e B l u t u n g zu inlermilliren, weil d i e B I u t ausscheiduDg n u r z u g e w i s s e n Zeiten statt h a t , allein hier geschieht es gewöhnlich, d a f s die innere Hämorrhagie ununterbrochen fortfährt, d a s E r g o s s e n e a b e r w ä h r e n d der R e niission in dem U t e r u s zurückgehalten, z u m T h e i l e a u c h selbst der flüssigere Theil w i e d e r eingesogen w i r d , b i s es b e i der nächsten E x a c e r b a t i o n coagulirt, klumpicht o d e r z u p o l y p ö s e n M a s s e n formirt, ausgestofsen w i r d . D a h e r ist a u c h s o lange d a s F i e b e r dauert, immer eine R ü c k k e h r der B l u tung z u befürchten. D i e Metrorrhagien aus allein örtlichen U r s a c h e n sind seilen mit F i e b e r \ c r b u n d e n u n d mnrhen n u r d a n n Interm i s s i o n e n , w e n n sie durch wehenartige C o n t r a c l i o n e n d e r G e b ä r m u t t e r bedingt w e r d e n . A u f s e r d e m sind sie habituell u n d d a u e r n ohne U n t e r b r e c h u n g f o r t , b i s z u ihrer B e e n digung. D i e w e i t e r n F o l g e n eines G e b ä r m u t t e r b l u t f l u s s e s s i n d nicht immer dieselben u n d hängen sehr v o n d e n o b w a l t e n den U m s t ä n d e n u n d seiner Heftigkeit a b : entweder tödtet er schnell und dann gehen ihm meistens ein eiskalter S c h w c i f s , b e d e u t e n d e O h n m ä c h t e n , Zittern aller E x t r e m i t ä t e n , A n g s t , tiefe S e u f z e r , r ö c h e l n d e s A t h e m h o l e n , S e h n c n h ü p f c n , u n d C o n v u l s i o n e n v o r a u s ; o d e r er tödtet nach u n d nach als F o l g e der immer zunehmenden E n t k r ä f t u n g , durch ein schleichendes F i e b e r , o d e r auch durch L u n g e n - u n d W a s s e r s u c h t . B e i A n d e r e n entsteht wohl keiner dieser tödtlichen A u s g ä n g e , allein eine anhaltende S c h w ä c h e , S c h w e r e d e s K o p f e s , D r u c k im Hinterhaupte, V c r d a u u n g s b e s c h w e r d e n , unheilbarer weif s e r F l u f s , Hysterie, Melancholie, V e r s t o p f u n g d e s U n t e r l e i b e s , Unfruchtbarkeit, Vorfälle, Scirrhus u n d K r e b s d e s U t e r u s , sind d i e F o l g e n , die d a s L e b e n einer solchen K r a n k e n b i s z u ihrem G r a b e begleiten. S e h r wichtig ist es, u n d f ü r d i e P r a x i s v o n u n v e r k e n n b a r e m Vortheile, b e i j e d e m G e b ä r m u t t e r b l u t f l u s s e auf d e s s e n ursächliche V e r h ä l t n i s s e g e n a u e R ü c k s i c h t z u n e h m e n , lind in dieser B e z i e h u n g müssen w i r d e n s e l b e n eintheilcn: /I, in den activen o d e r h y p e r d y n a m i s c h e n , B , in den passiven o d e r adynamisch CD,

508

Gebärmulterblulilul's.

C, in den krampfhaften oder dysdynamischen und endlich D, in den, durch Degeneration und Dislocation des Uterus veranlafsten Blutflufs. E r s t e r e r beruht offenbar auf einer erhöhten Irritabilität des Gefäfssystems, die selbst zu einer förmlichen Synocha gesteigert sein kann. Er wurde zwar von den Erregungstheoretikern gänzlich geleugnet, kommt aber sicher und selbst viel häufiger vor, als man gemeiniglich glaubt. —• Besonders sind es junge, kräftige, durch reichliche und gute Nahrungsmittel, durch vieles Schlafen und Sitzen eine allgemeine Plethora erzeugende Personen, welche dieser Art der Metrorrhagie ausgesetzt sind. Indessen leiden nicht selten auch solche daran, die zwar dem Anschein nach schwächlich und mager sind, aber eine eigenthümliche Anlage zu Unterlcibscongestionen besitzen. Als Gelegenheitsursachen werden gezählt: heftige körperliche Bewegungen, besonders unter der freien Einwirkung der Sonne; Tanzen, Reiten u. dergl. zu sehr erhöhter Geschlechtstrieb, heftige Leidenschaften, überinäfsiger Genufs erhitzender Getränke und stark nährender Speisen, z.B. des Weines, Caffees, Punsches, Branntweins, mineralischer, Eisen und viele Kohlensäure enthaltender Wässer, der Mifsbrauch warmer besonders mineralischer Bäder u. s. w. Unter den oben angegebenen Vorboten und häufig mit den gewöhnlichen Erscheinungen eines entzündlichen Zustandes nimmt man besonders heftige, anhaltende, brennende Schmerzen im Schoofse, grofse Empfindlichkeit und Härte des Unterleibes zumal in der Gebärmuttergegend wahr, und es würde sich sicher eine förmliche Entzündung des Uterus ausbilden, wenn die Gefäfse dem Andränge des Blutes widerstünden und diese wahrhaft kritische Ausleerung hinderten. W i e wohlthätig indessen auch hier ein solcher Blutflufs zur Beseitigung der ersten Gefahr eines entzündlichen Gebärmutterleidens wirke, so kann er doch durch zu grofse Heftigkeit oder zu lange Dauer seinen salutären Charakter verlieren, und in eine der andern zwei Arten übergehen. Bei dem p a s s i v e n Gebärmutterblutflusse verdient vor Allem die Anlage des Individuunis die vorzüglichste W ü r digung, indem es namentlich die schwächliche cacocbyinische

GeLärmuttcrLIutflufs.

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Constitution ist, zu der er sieb vorzugsweise gesellt. Diese ist entweder durch die G e b u r t von einer s c h w a c h e n , erschöpften und kranken Mutter ererbt, die selbst ehemals an Blutflüssen, am weifsen Flusse und au andere Krankheilen gelitten hat, oder sie ist zufällig durch schädliche Einflüsse, welche schon von frühester Kindheit an, einwirkten, e r w o r ben, z. B . weichliche Erziehung, schlechte Nahrung, feuchte, nafskalte W o h n u n g , Rhachitis, S c r o p h e l n , zu früh g e w e c k ter Geschlechtstrieb. K o m m e n hiezu zur Zeit der Geschlechtsreife Einflüsse, welche die angeborne und ererbte S c h w ä c h c zu steigern v e r m ö g e n , als da s i n d : zu früh anstrengende Arbeiten, häufiges Nachtwachen, sitzende, unthätige L e b e n s art, Leidenschaften aller Art u . s . w . so wie auch öftere E n t bindungen, A b o r t u s , schlechtes Verhallen im W o c h e n b e t t e u. dgl. so werden Metrorrhagien der Art früher oder später unvermeidlich sein. D e r Blutflufs hat hier durchaus keine V o r b o t e n , erfolgt selbst ohne alle Empfindung von wehenartigen S c h m e r z e n , höchstens mit Gefühl von K ä l t e und S c h w e r e in der Gebärmuttergegend. E r daueit ununterbrochen fort, ist meistens sehr heftig, und hat sehr bald grofsc Erschöpfung zur F o l g e . D e r k r a m p f h a f t e Gebäimultoiilufs ereignet sieh b e i schwachen, cmplindlichen F r a u e n von allgemeiner grol'scr R e i z b a r k e i t und Neigung zu hysterischen Krämpfen, die sich vorzugsweise in den Geschlechtslheilen aussprechen. Als Gelegenheitsursachen finden sich hier vorzüglich solche, die zugleich mit der allgemeinen auch örtlich die Nervenempfindlichkeit des U t e r u s aufregen, daher psychische und physische Aufregungen des Geschlechtstriebes, unglückliche u n befriedigte L i e b e , der Beischlaf, O n a n i e u. s. w . — Aufserdem gehören noch hieher alle Veranlassungen, welche Stagnationen des Blutes im U n t e r l e i b e hervorzubringen vermögen und besonders reizend auf die Genitalien einwirken, daher Verstopfungen und Verhärtungen, b e s o n d e r s ' krampfhafter Art im U n t e r l e i b e , LJeberladung des M a g e n s , Gallenergiefsungen, starke Kothansammlungen, W ü r m e r j n den ersten W e g e n u . s . w . D i e s e r Art des Blutflusses gehen vorher stets mehr oder weniger krampfhafte Erscheinungen, die ilm auch während seines ganzen Verlaufes begleiten; er erscheint häufig plötzlich, slofsweise unter krampfhaften wehenartigen

510

Gcbärmuttcrblutllufs.

Schmerzcn, die sich bei Berührung des Leibes sehr vermehren. E r wiederholt sich in Paroxysmen und auch in den Zwischenräumen befindet sich die Kranke unwohl. Die v i e r t e A r t dieses Blutflusses wird, abgesehen, dafs sie sich auch in Folge solcher allgemeinen Krankheiten, durch die besonders die reproduetive Sphäre leidet, als da sind die Lucs venerea, Scropheln, Scorbut u . s . w . entwikkeln k a n n , besonders durch örtliche Einwirkungen, denen der Ulerus so häufig blos gestellt ist, erzeugt. Hieher sind zu zählen: Conlusionen des Uterus durch einen Schlag, Stöfs, Druck oder Fall; Zerreifsungen der Ulerusgefäfse nach Verwundungen durch geburtshülfliche Manual- und Insfrumentaloperationen, besonders durch gewaltsames rohes L ö sen der Placenta, eines Eies oder einer Mola; ferner Aftergebilde aller Art, Vereiterungen, Geschwüre, varicöse Ausdehnung der Gcfäfse, Scirrhus und K r e b s , Auswüchse, P o l y p e n , Vorfall, Zurück- und Vorwärtsbeugungen, Umstülpung; schlecht angelegte, verwundende Mutterkränze u. s. w. "Wenn nun gleich diese Einlheilung in practischcr Hinsicht von höchstem Interesse ist, so ist jedoch nicht zu übersehen, dafs wohl nur selten die eine oder andere der angeführten Arten ganz rein auftreten, noch weniger lange in ihrer angeführten Eigentümlichkeit bestehen wird, indem z . B . bei einer allgemeinen oder örtlichen Vollblütigkeit nicht selten ein krampfhafter Zustand in der Geschlechlssphäre hinzukömmt, und dem entzündlichen Blutflufs zugleich auch den Charakter des krampfhaften aufprägt. — Auch bei den aus Schwäche und Atonie entstehenden Blutungen findet häufig zu gleicher Zeit noch ein krampfhafter und selbst entzündlicher Localzustand statt; und bei längerer Dauer einer jeden Art des Blutflusses ist es unvermeidlich, dafs er endlich in den passiven übergehe. W i e wichtig aber auch das bisher Gesagte zur richtigen Beurtheilung der Gebärmutterblutungen 6ein mag, so ist es doch bei weitem nicht hinlänglich, genügendes Licht über dieses, wenn nicht immer das G r a b , doch sicher die Quelle eines höchst kummervollen und siechen Lebens vorbereitenden Uebels zu verbreiten, indem es, wie schon Eingangs bemerkt, in einem Organe seinen Silz hat, dessen

GebürmutterLlutilufs.

511

Ilaupicharakter mit beginnender Pubertät auf einem beständigen W e c h s e l sowohl seines organischen als auch seines dynamischen Lebens gegründet ist. Denn ganz anders sincl die Verhältnisse des Uterus im nicht schwängern und anders sind sie im schwängern Zustande; anders wieder während der G e b u r t , und anders im W o c h e n b e t t e , so dafs es absolut nothwendig erscheint, die Metrorrhagie auch nach diesen wechselnden Zuständen zu betrachten, u n d daher b e sonders von ihr. I, Aufser der Zeit der Schwangerschaft, G e b u r t , und des Wochenbettes, II, während der Schwangerschaft, III, während der Geburt, u n d endlich I V , nach derselben und während des Wochenbettes, gesondert zu handeln. I. Die Metrorrhagie aufser der Schwangerschaft, der G e b u r t u n d dem W o c h e n b e t t e ist im Ganzen seltener, als die andern Arten, da zu dieser Zeit bei weitem nicht jener Andrang der Säfte gegen den Uterus statt hat, als während dieser Perioden. Am seltensten beobachten wir sie in den früheren Lebensjahren, wo die lilnlprfüfHC des Uterus noch lange nicht jene Ausbildung und Ucii hluilli;'K\ir, j e d o c h e t w a s u n d e u t l i c h b e s c h r i e b e n , in den J a h r b ü c h e r n d e r i n - u n d a u s l ä n d i s c h e n g e s a m m t e n M e d i c i n , h e r a u s g e g e b e n v o n ('. Christian Schmidt. J a h r g a n g 1831, 15. If. PI. f. p. 8 0 u n d 8 1 ; u n d nach einein d a s e l b s t b e f i n d l i c h e n C i t a t e d ü r f t e d e r desf.dlsigc O r i g i n a l a u f s a l z in d e n A n n a l e » d e r c h i r u r g i s c h e n Abllicilung des allgemeinen K r a n k e n h a u s e s in H a m b u r g — H a m b u r g 1833, p. 1 4 2 seq. e n t h a l t e n s e i n , w e l c h e S c h r i f t u n s b i s h e r a b e r n o c h n i c h t z u G e s i c h t g e k o m m e n ist. — D i e Z u k u n f t m u f s e n t s c h e i d e n w a s v o n diesem V o r s c h l a g e zu halten s e i , d a ä p r i o r i sich e i n e M e n g e G r ü n d e d a g e g e n finden lassen. II. U m k e h r u n g e n d e r G e b ä r m u t t e r . A. U m k e h r u n g d e r G e b ä r m u t t e r n a c h rückw ä r t s , d. i. Z u r ü c k b e u g u n g d e r s e l b e n . Retrovcrsio uteri. Hierunter versteht man diejenige Ausweichung des U t e r u s , w o s e i n e L ä n g e n a c h s e so v o n d e r ( l e n t r a l l i n i e d e s K e e k e n s a b w e i c h t , das sich d e r G r u n d d e s s e l b e n nach d e r Aushöhlung des Kreuzbeins senkt, während der Mullerhals Dach v o r n e gegen die S c h a m b e i n v e r b i n d u n g in d i e H ö h e steigt. In d e n g e r i n g e m G r a d e n k r e u z e n sich d i e s e b e i d e n A c h s e n in e i n e m r e c h t e n W i n k e l w o b e i d e r M u t t e r g r u n d einen Viertelkreis von oben nach hinten und abwärls, der Mutterhals a b e r einen solchen von unten nach vorne und a u f w ä r t s b e s c h r e i b t . In d e n h ö h e r n G r a d e n tritt d e r G r u n d b i s a n d e n A u s g a n g des K e r k e n s , w o d u r c h n o t w e n d i g e r W e i s e d e r M u t t e r h a l s h o c h ü b e r die S y m p h y s i s o s s i u m p u bis zu stehen kömmt. D i e s e s U e b e l k a n n s o w o h l im n i c h t s c h w a n g e r n als im s c h w a n g e r n Z u s t a n d e v o r k o m m e n , d o c h ist es ö f t e r w ä h r e n d als a u f s e r d e r S c h w a n g e r s c h a f t b e o b a c h t e t w o r d e n , w o v o n die U r s a c h e n leicht e i n z u s e h e n sind u n d s p ä t e r n o c h besonders werden angegeben werden. a) V o n d e r Z u r ü c k b c u g n n g d e r n i c h t s c h w a n Gebärmutter. S o w i e d u r c h a u s kein Z w e i f e l i s t , d a f s dieses U e b e l a u c h in F o l g e u r s p r ü n g l i c h e r B i l d u n g e r s c h e i n e n k ö n n e , w o es d a n n oft, a u f s e r d e r U n f ä h i g k e i t z u e m p f a n g e n , fast gar k e i n e Z u f ä l l e m a c h t u n d d a h e r a u c h im L e b e n s e l t n e r erkaDnt w i r d , w i e d e r v o n Sehreger beschriebene Fall gern

Gebärrautterdislocationrn.

567

([Iom's Archiv f. med. E r f a h r u n g 1817. S. 3 1 1 ) z u r G e n ü g e b e w e i s t , so ist es ü b e r h a u p t nicht zu l ä u g u e n , dafs seine Existenz im nicht s c h w a n g c r n Z u s t a n d e häufiger statt hat, als man in f r ü h e r n Zeilen zu ahnen schien, M a n mufs dieses d e r so häufigen V e r n a c h l ä f s i g u n g der geburtshülflichen U n t e r s u c h u n g bei K r a n k h e i t e n der G e s c h l e c h t s o r g a n e z u s c h r e i b e n , in d e s s e n F o l g e die D i a g n o s e s e h r häufig verfehlt u n d namentlich das v o r s t e h e n d e U e b e l mit K r a n k h e i t e n verwechselt w u r d e , die z w a r ähnliche Z u f ä l l e h e r v o r b r i n g e n k ö n n e n , dem W e s e n nach a b e r ganz u n d gar v o n ihm verschieden sind. D i e s e sind n u n Schwangerschaft, G e b ä r m u t t e r p o l y p o n , V o r f a l l , U m s t ü l p u n g , Extrauterinals c h w a n g e r s c h a f t , l i l a s c n k r a n k h c i l c n u. s. \v.; u n d n u r ein richtiges 15ild, das sich der Arzt von dem fraglichen U c b c l gemacht h a t , vermag ihn v o r solchen V e r w e c h s l u n g e n z u b e w a h r e n . — Solche K r a n k e klagen im Allgemeinen ü b e r ein d r ä n g e n d e s G e f ü h l in der M u t t e r s c h e i d e ; es entstehen alle Arten v o n U r i n b e s c h w e r d e n , der U r i n ist meistens roth, geht in geringer M e n g e ab u n d ist mit einem B o d e n s a l z e versehen. E b e n s o ist die K o l h a u s s c h e i d u n g e r s c h w e r t , gehindert u n d w i r d oft m e h r e r e T a g e angehalten. D i e F a e ces selbst sind hart u n d fe*l. D a b e i sind s c h m e r z h a f t e E m p f i n d u n g e n im ganzen l l n t c r l e i b e v o r h a n d e n , es fehlt der A p p e t i t , u n d ö f t e r stellt sich E r b r e c h e n ein, w a s , da sich nicht seilen auch n o c h K o p f s c h m e r z e n , S c h w i n d e l u n d O h n mächten dazu gesellen, sehr leicht Anlafs z u r V e r m u t h u n g einer S c h w a n g e r s c h a f t giebt. Hiezu gesellen sich f r ü h e r o d e r später n o c h S t ö r u n g e n der G e b ä r m u l t e r f u n c t i o n e n selbst, in F o l g e d e r e n die M e n s t r u a t i o n immer unregelmäfsiger w i r d , u n d z w a r s o , dafs sie e n t w e d e r z u r rechten Zeit erscheint a b e r immer in geringer M e n g e a b g e h t , o d e r a u c h der Zeit n a c h unregelinäfsig eintritt. Ihrem Eintritte gehen i m m e r heftige S c h m e r z e n v o r h e r , die zuweilen w ä h r e n d i h r e r ganzen D a u e r gegenwärtig bleiben. In der Zwischenzeit stellt sich ein weifser F l u f s ein, der indessen nichts bösartiges an sich hat, i n d e m er ohne ü b l e n G e r u c h u n d auch nicht c o r r o d i r c n d ist. E r steigert sich nicht selten s o , dafs ihm zuletzt die M e n s t r u a t i o n gänzlich weicht u n d endlich z u w e i len selbst erst nach J a h r e n sich organische V e r ä n d e r u n g e n d e s U t e r u s d a z u gesellen, indem dieser in 6eincr falschen

568

Gcb'.irmutterdisloealionen.

Lage mit seiner U m g e b u n g v e r w ä c h s t , sich verhärtet und endlich selbst carcinomatös entartet. D i a g n o s e . Sic geht zum Theile aus den eben angeführten Erscheinungen der Krankheit h e n o r , erhält aber erst ihre volle Bestätigung durch eine genaue g e b u r t s h i l f liche U n t e r s u c h u n g , die durchaus bei keinem L e i d e n , mit welchem topische Affeclionen der Genitalien w r b u n d e n sind, verabsäumt w e r d e n darf. W i r treffen liicbei gleich beim E i n f ü h r e n des Fingers in die Mutterscheide, deren v o r d e r e W a n d straff in die I l ö h e gezogen, die hintere dagegen erschlafft o d e r gar prolabirt ist. In der Aushöhlung des Kreuzbeins befindet sich der G e b ä r m u t i e r g r u n d , der sich durch seine r u n d e Gestalt und seine gleichmäfsige H ä r t e zu erk e n n e n giebt, etwas schmerzhaft anzufühlen ist, und meistens voluminöser als im gesunden Zustande erscheint. — N a c h v o r n e , hinter der Symphysis erreicht man die Scheid e n p o r t i o n , die ebenfalls schmerzhaft und angeschwollen ist. D e r M u t t e r m u n d ist häufig rund und etwas geöffnet. D a u e r t die Krankheit schon länger und haben sich schon Desorganisationen gebildet, so sind auch diese durch nichts b e s s e r als durch die U n t e r s u c h u n g auszumitteln. U r s a c h e n . P r ä d i s p o n i r e n d e: J e n e seltenen Fälle, w o das Uebel als F o l g e ursprünglicher Bildung erscheint u n d daher aufser der U n f r u c h t b a r k e i t n u r wenige lind oft gar keine Zufälle verursacht, abgerechnet, gehören hieher: allgemein zu weites Becken, Erschlaffung der W e i c h l h e i l e , mehrere und schnell hintereinander erfolgte G e b u r t e n , Anschwellung des U t e r u s , b e s o n d e r s in seinem G r u n d e , u n d endlich die ü b l e Gewohnheit mancher F r a u e n den Urin mit G e w a l t lange zurückzuhalten. — O c c a s i o n e l l e : Langes Stehen, starke Anstrengung, besonders das Heben und T r a gen schwerer L a s t e n , heftiges E r b r e c h e n , N i e s e n , Husten, Lachen, Schreien und starke Anstrengung bei der Stuhlausl e e r u n g ; starkes Zusammenschnüren des Unterleibes, b e sonders im W o c h e n b e t t e ; organische Krankheiten benachb a r t e r Theile, z. B. der Ovarien u. a. w . , Exostosen des Beckens, Untcrleibswassersucht und endlich i m m e r w ä h r e n d e Lage auf dein l l ü c k e n . Behandlung. W e n n es möglich ist noch auf die Ursache des Uebels zu wirkeD, so findet dieses die erste

GeL'armutterdislocationen.

569

Berücksichtigung, und dann können bald ruhiges Verhalten, L a g e a u f dem B a u c h e o d e r a u f d e r S e i t e , l e i c h t

auflösende

und e r ö f f n e n d e M i t t e l , u n d b e i e i n e m c o n g e s t i v e n Z u s t a n d e dos U t e r u s ö r t l i c h e B l u t e n l z i e h u n g c n ,

v o r Allem

zeitige A p p l i c a t i o n des C a t h e t c r s , angezeigt sein. Indicationen dann

aber

erfüllt u n d d e r U t e r u s w e i c h t nicht v o n

handelt

es

2tens

sich

um

selbst,

Wiederherstellung

n o r m a l e n L a g e d u r c h die K u n s t ,

die

Sind diese

u n d 3 l e n s um

seiner

Erhaltung

d e s s e l b e n in d i e s e r L a g e s o w i e UOJ B e s e i t i g u n g d e r d u r c h das U e b e l h e r v o r g e b r a c h t e n D i e Erfüllung sehr

schmerzhaft,

der

Zufälle.

zweiten

mühsam

und

Anzeige

ist in

der

zuweilen

sogar

unmöglich,

Regel

da man n u r s e h r selten das U e b e l in B e h a n d l u n g

bekömmt,

wenn die G e b ä r m u t t e r noch

Das

noeuvre der

selbst

besieht

geburtshülflichen

ganz b e w e g l i c h ist.

darin,

dafs

Untersuchung

man

nach

zwei

den

Finger

Ma-

Regeln in

die

S c h e i d e nach d e r A u s h ö h l u n g d e s K r e u z b e i n s hinführt, d e n herabgesunkenen

Grund

des U t e r u s e m p o r h e b t u n d ihn ¡11

seine natürliche Lage zurückbringt. t e r e n F ä l l e n in d e r R ü c k e n -

Dieses

kann

in l e i c h -

o d e r a u c h n o c h b e s s e r in d e r

S e i t e n l a g e g e s c h e h e n ; «die b e q u e m s t e L a g e j e d o c h ,

sowohl

f ü r den A r z t als für die K r a n k e , ist i n d e f s j e n e a u f K n i e n und Ellenbogen; übel

nur

Schade,

angewendetem

dafs

Schamgefühle

oft F r a u e n z i m m e r sich

schwer

aus

dazu

ver-

stehen. E s h a b e n z w a r M e h r e r e , w i e z. B . Croft, Schweighäusor

1F.

Schmitt,

etc. ( w e l c h e r l e t z t e r e j e d o c h s e i n e M e i n u n g

s p ä t e r w i e d e r z u r ü c k n a h m ) die m a n u e l l e R e p o s i t i o n f ü r u n n ö l h i g e r k l ä r t und sich d a r a u f b e s c h r ä n k t , und Harnverhaltung die

Gebärmutter

zu heben

von

6elbst

zurücktrete, und wirklich

finden sich

bewährte;

allein

sein

dann

blos

die

Stuhl-

abzuwarten,

w i e d e r in i h r e n o r m a l e

Fällen aufgezeichnet,

wo

und

einziges

bis Lage

w i r auch e i n e M e n g e dieses V e r f a h r e n a u f s Vertrauen

von Beste

auf d i e s e n

blos

v o r b e r e i t e n d e n Act zu setzen, ist d u r c h a u s nicht z u b i l l i g e n und könnte v o n

den

schädlichsten F o l g e n werden.

Dabei

ist a b e r a u c h n i c h t zu ü b e r s e h e n , dafs die g r o f s e E m p f i n d l i c h k e i t und oft e n t z ü n d l i c h e R e i z u n g d e r G e b ä r m u t t e r

die

a u g e n b l i c k l i c h e R e p o s i t i o n w e d e r r ä t h l i c h n o c h m ö g l i c h macht, u n d h i e r niufs n a t ü r l i c h erst z u r B e s e i t i g u n g d i e s e s N e b e n -

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Gebärmutterdislocalionen.

u m s t a n d e s eine geeignete B e h a n d l u n g eintreten, che von der w i r k l i c h e n R e p o s i t i o n die R e d e sein kann. D a s V e r f a h r e n aber, die R e p o s i t i o n v o r z u n e h m e n , o h n e die H a r n b l a s e v o r erst zu entleeren, ist im Allgemeinen d u r c h a u s nicht zu billigen u n d könnte, o h n e e t w a s z u nützen, selbst sehr schmerzhaft u n d gefährlich w e r d e n ; Desormeaux's und der Madame Boimn V o r s c h l a g endlich, mittelst des hakenförmig gebogenen Zeigefingers den M u t t e i h a l s a b w ä r t s zu ziehen u n d im F a l l e er nicht a u f z u f i n d e n w ä r e , ihn mit einem löffelähnlichcn I n s t r u m e n t e a u f z u s u c h e n , ist g e r a d e z u zu verwerfen. Z u r E r f ü l l u n g d e r dritten Indication bringt man, u n t e r B e o b a c h t u n g u n d langer F o r t s e t z u n g einer steten Seitenlage ( n a c h jy. Schmitt d e r r e c h t e n ) einen sorgfältig g e r e i n i g t ^ B a d e s c h w a m m , der mit feiner L e i n w a n d ü b e r z o g e n ist, nach d e r Scheide, so ein, dafs d e r s e l b e g e n a u d e n Platz einnimmt, d e n v o r h e r d e r G r u n d der G e b ä r m u t t e r inne halle, damit dieser nicht w i e d e r herabsinken k a n n . Auch ein l ' e s s a r i u m , u n d n a c h IV.Schmitt das ringförmige v o n Lcvrct, k a n n hier w e n i g s t e n s auf einige Zeil sehr gute D i e n s t e leisten. D e r S c h w a m m ist an seinem u n t e r n E n d e mit einem B ä n d c h e n zu v e r s e h e n , damit er täglich w enigstens ein M a l h e r a u s g e n o m m e n u n d gereinigt w e r d e n kann. — Dafs z. B. E n t z ü n d u n g d e r T h e i l e u. s. w. d e r m o m e n t a n e n Application des S c h w n m m c s entgegen sei u n d erst g e h o b e n w e r d e n m ü s s e , versteht sich von s e l b s t , so wie es auch einleucht e n d ist, dafs es bei E r s c h l a f f u n g der W e i c h t h e i l e sehr zweckmäfsig sein d ü r f t e , den S c h w a m m v o r e r s t in A b k o c h u n g e n v o n a d s t r i n g i r e n d e n D e c o c l e n zu tauchen, in welchem F a l l e auch die kalten F l u f s - u n d S e e b ä d e r , u n d auch die aufsteigende D o u c h e mit tonischen Flüssigkeiten v o n Desormeaux empfohlen wurden. W a s die Beseitigung d e r d u r c h das U c b e l h e r v o r g e b r a c h t e n Z u f ä l l e betrifft, so w e r d e n diese wohl nach Beseitigung des G r u n d ü b e l s in der R e g e l v o n selbst verschwind e n ; sollten a b e r auf irgend eine W e i s e F o l g e k r a n k h e i t e n z u r ü c k b l e i b e n , so w erden diese n a c h i h r e r N a t u r u n d ihrem Charakter gewürdiget und behandelt. b) V o n d e r G ebärniutler.

Zurückbeugung

der

schwangcrn

Gebärmutterdislocationen.

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W e n n auch schon in den Schriften von Ilippocratcs, Philtimenus und Moschion sich Andeutungen von dieser Krankheit finden, und sie schon um die Mille des l ö t e n Jahrhunderts von Rodericus a Castro (de universa muliebr. inorboruiii medicina, Ilamb. 1C28 J. L. II. cap. 17. p. 273) beobachtet und beschrieben, und von ihm bald als C o n torsio bald als Aversio bezeichnet, bald auch Reclinalio uteri genannt w u r d e , so ist es doch Prof. Gregoire zu Paris, dem die abermalige Entdeckung dieses Uebels mit Recht zugeschrieben wird. Sein Schüler JValter Wall aus England sah bei seiner Rückkehr in sein Vaterland diese Krankheit im J a h r e 1751 und consultiile deshalb Ilunter, dem er das, was er von Gregoire über dieses Uebel gehört halte, miltheille. Beide behandelten dieKranke mit gröfstcr Sorgfall, vermochten aber dennoch nicht, sie zu reden; und jedem, mit der geburtshülflichen Litteratur n u r etwas befreundeten A r z t e , ist es bekannt, durch welche schöne Abbildung Hunter in seinen Iconibus de utero gravido, T a b . XXVI. diese so wichtige Krankheit vor neuer Vergessenheit bewahrte. Nach ihm sah dieses Uebel Lyne im J a h r e 17G7 wieder und setzte durch seinen desfalsigen Seclionsbericht die Existenz desselben nicht nur aufser Zweifel, sondern trug durch seine trefflichen Remcikungen zur uubezweifelten Gewifsheit über die wahre Natur dieses damals immer noch bestrittenen Uebels sehr viel bei. — V o n nun an w u r d e es häufig beobachtet, was die vielen d a r ü b e r erschienenen Schriften beweisen; und im J a h r e 1775 nahm sie zuerst Plenk in seinem Lchrbuchc der Geburtshülfe auf. Hieraus geht nun hervor, dafs diese Krankheit weit früher beobachtet w u r d e als die Retrovcrsio uteri im nichlschwangern Zustande; denn erst als man über jene im Reinen w a r , vermuthelc man, dafs dieses Uebel auch aufser der Schwangerschaft vorkommen könnte und hatte bald Gelegenheit, sich aus der Erfahrung hiervon zu überzeugen. Die Symptome sind im Wesentlichen denen desselben Zustandes aufser der Schwangerschaft gleich, n u r ist es leicht denkbar, dafs sie, da der Uterus vermöge seines durch die Schwangerschaft gesetzten Zustandes der Expansion unaufhörlich wächst und sich ausbreitet, in einem bei weitem heftigem G r a d e auflrctcn, und deswegen auch das Uebel

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Gebärmutterdlslocationen.

viel früher schon sich zur höchsten Gefahr steigert, und iu einer Zeit zum T o d e führt, w o man bei dieser Krankheit a u s s e r der Schwangerschaft noch kaum eine Ahnung von dem bestehenden Uebel hat. — Vorzüglich sind es hier drei Gruppen von Zufällen, die sich einstellen, und zwar geht die erste von der gestörten Harnausleerung, die zweite von der gehemmten Kothausscheidung, und die drille von dem eingeklemmten und bedrängten Uterus aus. E s werden daher diese anfangs blos topischen Erscheinungen, wenn keine Hülfe eintritt, sich immer und immer zur gröfsern Heftigkeit steigern, in kurzem den ganzen Organismus mit in die leidende Sphäre ziehen und endlich durch Entzündung und Brand, oder Zerreifsung der aufs Aeufserste ausgedehnten Urinblase, w e n n nicht ein entstehender Abortus zu einem bessern Ausgange hinführt, die gänzliche Auflösung der Kranken unter den heftigsten Schmerzen und Qualen herbeiführen. Es dürfle daher hier überflüssig sein, dieses ganze Heer der Zufälle namentlich anzugeben, indem sich der gebildete Arzt dieselben leicht aus den gestörten Functionen gruppiren kann, und ü b e r die gründliche Diagnose der Krankheit aufser allem Zweifel gesetzt werden wird, wenn er es auch hier nicht versäumt, durch eine gründliche obstetricische Untersuchung sich volle Gewifsheit ü b e r die Natur des Uebels zu verschaffeil. W a s nun die Acliologie betrifft, so dient uns auch hier wieder diese Krankheit im nicht schwängern Zustande zur Grundlage, wobei es jedoch natürlich ist, dafs die Schwangerschaft als solche noch ganz eigene prädisponirende und Gelegenheitsursachen mit sich bringt, weshalb auch dieses U e b e l häufiger i n als a u f s e r der Schwangerschaft vorkömmt. Iu der neuern Zeit stritt man häufig über die Entstehungsweise dieser Eetopie und glaubte vorzugsweise, sie entstehe nie plötzlich in Folge erlittener Gewalt oder übermäfsiger Kraftanstrengung, sondern sie werde durch Urinverhaltung uud Druck von Seite der Blase und Gedärme erzeugt, bis erst Sammhammer (Rust's Magazin der gesammten Heilk. XIX. B. 1. II.) aus Erfahrung bewies, dafs sie

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doch auch durch äufsere G e w a l t plötzlich hervorgebracht w e r d e n könne. Auch hat man die V c r m u l h u n g geäufsert, dafs die R e troversio uteri allezeit bereits v o r der Empfängnifs besiehe u n d sich erst w ä h r e n d der Schwangerschaft, w o sich die G e b ä r m u t t e r vergröfsere, durch die b e k a n n t e n Beschwerden k u n d gebe, welche Vermuthung aber Mei/stier (Forschungen des 19ten J a h r h u n d e r t s u. s. w . I V . Bd. Leipz. 1833. pag. 5 3 ) d u r c h die sprechendsten Thatsachen gänzlich entkräftete. N a c h unserer U e b e r z e u g u n g liegt indessen eine H a u p t ursache in d e r bei Schwängern so häufig in den ersten M o n a t e n v o r k o m m e n d e n , theils consensnellen, theils selbst auch mechanischen U r i n b c s c h w e r d e n . U m dem häutigen Triebe, den U r i n zu lassen, wobei oft nicht mehr als einige T r o p f e n a b g e h e n , nicht jeden Augenblick nachgeben zu m ü s s e n , halten ihn solche P e r s o n e n oft mehrere S t u n d e n zurück, wobei eine immer sich mehrende Ansammlung desselben in der Blase entsteht, diese sehr ausgedehnt wird, u n d daher mechanisch auf den ebenfalls in Ausdehnung begriffenen Uterus d r ü c k t , bis dieser weicht und sich mit seinem G r u n d e nach hinten senkt. Es sind daher vorzüglich solche Personen diesem IJebel unterworfen, die beständig im Kreise vieler M e n s c h e n sich aufhallen und deshalb genirt sind, ihre natürlichen Bedürfnisse zu befriedigen. — Hieraus e r k l ä r e n wir es u n s , dafs wir bisher dieses U e b e l n u r bei N ä h e r i n n e n u n d bei P e r s o n e n höhern Standes, die die A b e n d e beim Spiele und in geselligen Kreisen zubringen, beobachtet haben, wozu noch ü b e r d i e s das hiermit verb u n d e n e S i t z e n , und bei letzteren d e r häufige G e n u f s des Thee's, das ihrige beitragen dürften. — Nicht minder wird dieses U e b e l auch erzeugt durch allzufestes u n d starkes E i n s c h n ü r e n des U n t e r l e i b s , besonders in der Absicht dad u r c h die Schwangerschaft zu v e r b e r g e n , daher v o n dieser K r a n k h e i t auch solche P e r s o n e n vorzugsweise befallen w e r den dürften, die ihre Schwangerschaft zu verheimlichen beabsichtigen. D a s U e b e l entsteht in jenen M o n a t e n , w o der U t e r u s einen Bolchen Umfang zu erreichen anfängt, dafs es ihm im kleinen B c c k e n an R a u m gebricht und er v o n diesem

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ins grofse emporsteigt. Also am häufigsten im 3 t e n , sellener im 4ten und fast gar nicht mehr im ölen Monate. Iiier kömmt sein G r u n d zunächst mit der Urinblase in Berührung und wird unter dem Einilusse der oben angegebenen Bedingungen nach rückwärts gedrängt. Ist der Uterus so einmal aus seinem schwebenden Gleichgewichte gekommen, so vermehrt sich das Uebel sehr schnell, da er vermöge seiner eigenen Schwere immer tiefer herabsinkt u n d , der normalen Stellung geradezu entgegen, in seiner Kegolform auf der Basis zu ruhen bestrebt ist, während der Mutterhals mehr oder weniger in die Höhe sieht. — Man hat noch eine Menge anderer Ursachen angeführt, allein ganz sicher ohne Erfahrung, die unschuldigste aber ist wohl der Sitz der Placenta an der hintern W a n d der Gebärmutter, da ja zur Zeit, wo gewöhnlich diese Deviation entsteht, in der Regel noch gar keine Placenla vorhanden ist. Die P r o g n o s e hängt ab von der D a u e r der Krankheit, der Entfernbarkeit der Ursachen, dem Grade der Einkeilung des retrovei Urteil Uterus, und dem Zustande dieses letzteren, so wie der ihn umgebenden Gebilde. Auch hat sie hier, so wie überhaupt bei jeder Schwangern, eine zweifache Richtung, und zwar in Bezug auf das Leben der Mutter und das des Kindes. F ü r letzteres ist sie bei einem nur etwas hühern Grade des Ucbels fast immer ungünstig, indem entweder schon während der Krankheit Abortus erfolgt oder dieser noch eintritt, nachdem die Reposition glücklich vollzogen worden. F ü r die Muller aber ist der Ausgang nicht immer so gefährlich, doch kann sie unter der Einwirkung ungünstiger Nebenumstände sehr leicht auch unterliegen. Starke Einklemmung verunniöglichet nicht selten die Reposition und dann ist die Prognose die schlimmste, wie sie es ebenfalls ist, wenn sich schon Brand ausgebildet hat, oder die Urinblase zerrissen ist. Zuweilen schafft noch ein entstehender Abortus Hülfe. B e h a n d l u n g . E s sind hier die nämlichen drei Indicationen zu erfüllen, wie bei der Retroversio uteri im ungeschwängerten Zustande. Im Betreff der Indicatio causalis ist daher, wie es auch die bestenAerzle und Geburtshelfer z . B . W. Schmitt, Bums etc. anrathen, sogleich zur Application des Catheters

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zu schreiten; und wenn das Ucbel nicht schon den höchsten Grad erreicht hat, so dafs die Einführung des Katheters gar nicht mehr möglich wäre, reicht dieses Verfahreu in Verbindung mit einer zw eckmäfsigcn Seitenlage oft schon allein hin, das Uebel zu heben. W i r können uns für die Zweckmäfsigkeit dieser Methode auf einige Fälle in unserer Praxis berufen, lind namentlich bewährte sie sich bei einer Person sehr auffallend, w o sich zwischen dem 3ten und 5len Monate der Uterus wenigstens 5 — 6 Mal retrovertirte, die heftigsten Zufälle erregte und jedesmal nach dem Abzapfen einer sehr grofsen Menge Urins von selbst wieder in seine normale Stellung zurücktrat. — Hiermit verbindet man nun zugleich die Sorge für die Entleerung des Mastdarms, welche zweckmäfsigcr durch Clyslicre als durch innerliche Abführmittel, die leicht schaden könnten, erreicht wird. Um diese aber gehörig beibringen zu können, ist es notliwendig, dem Kranken eine solche Lage zu geben, dafs durch sie der Druck auf den Mastdarm so viel als möglich ist, vermindert werde. E s ist dies die bekannte: auf Ellenbogen und Knieen. Sollten aber demungeachtct der Einführung des Afterrohrs noch Hindernisse im W e g e stehen, so bringe man zwei Finger in die Scheide und schiebe den F u n d u s uteri so viel man kann in die Höhe und nach vorne, worauf nicht selten die Application des Clystirs möglich wird. Gut ist es, wenn die K r a n k e bis zur erfolgten W i r k u n g diese Stellung beibehalten kann, wodurch die Entleerung bedeutend erleichtert wird. Sind nun diese Hindernisse beseitigt und der Uterus weicht nicht von selbst zurück, so ist es Zeit an seine künstliche Reposition zu denken, wenn nicht ein topischer Entzündungszustand vorhanden ist, der, da er die Operation höchst schmerzhaft, gefährlich und selbst unmöglich machen könnte, vorerst gehoben werden mufs. W a s die Reposition selbst betrifft, so halten sie M a n che, wie z. B. Burns für unnöthig, indem sie nach gehöriger Entleerung des Mastdarms und der Blase von selbst erfolgen soll. W e n n wir dieses auch zugeben, und unsere Erfahrung so wie besonders das von uns oben angeführte Beispiel auch deutlich dafür spricht, so ist es doch nicht zu läugnen, dafs es Fälle giebt, wo trotz der statt gehabten

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E n t l e e r u n g e n der U t e r u s doch nicht in die Höhe steigt; u n d warum sollte man in einem solchen Falle seine Zuflucht nicht zur Reposition n e h m e n ? — Anlangend die M e t h o d e , so ist auch hier jene ausreichend, die wir bei der l \ c t r o v e r s i o u im nichtschwangern Zustande anempfohlen haben. E s wird hier immer die Lage a u f K n i e m und Ellenb o g e n nothwendig sein; und w e n n bei starker Einklemmung 2 Finger nicht hinreichen, so ist es ratlisam deren vier oder auch die ganze Hand zu nehmen. Richter u. And. haben z w a r den V o r s c h l a g , gemacht, die Reposition durch den Mastdarm v o r z u n e h m e n , u n d Bums geht gar so weit, dafs er 2 Finger der einen Hand in den Mastdarm und m e h r e r e d e r andern, vielleicht auch die ganze Hand, in die Scheide z u bringen riith und so den G r u n d der G e b ä r m u t t e r in die H ö h e zu führen. Reichten die Finger nicht hin, so schlug Richter ein H j s t e r o m o c h l i o n v o r , um mit diesem die R e position zu vollenden. Allein dieses alles ist unnöthig, unanständig, viel schmerzhafter als die angegebene M e t h o d e , deshalb auch in der n e u e m Zeit e b e n s o , wie die Vorschläge, den Mutlerhals und M u t t e r m u n d d u r c h E i n f ü h r u n g eines Fingers in letzteren a n z u z i e h e n , aus einer vernünftigen Praxis schon längst g e s t r i c h e n , so wie auch sicher einige n e u e r e ähnliche Vorschläge keinen Eingang f i n d e n w e r d e n . — Nach vollendeter Reposition ist noch längere Zeit eine Seitcnlage zu b e o b a c h t e n , um d e r W i e d e r k e h r des Hebels vorzubeugen. Sollte es indessen ganz unmöglich sein, die G e b ä r m u t ter wieder in ihre natürliche Lage z u r ü c k z u b r i n g e n , so wächst die G e f a h r mit jeder S t u n d e u n d die K r a n k e ist unwiederbringlich verloren, w e n n nicht auf irgend eine aufserordentliche W e i s e noch Hülfe geleistet w e r d e n kann. Indessen sind auch hierin die B e m ü h u n g e n der Aerzte nicht fruchtlos geblieben, und es zählt uns die hierher gehörige T h e r a p i e fünf verschiedene Mittel a u f , die auch noch da, w o alles schon auf der äufsersten Spitze steht, einen glücklichen Ausgang der Sache herbeizuführen vermögen sollen. E s sind dieses 1) die künstliche Fehlgeburt, (Carus) 2) A n b o h r u n g der Urinblase ü b e r der Schambeinverbindung, (Chestor u n d James Lyne) 3) die D u r c h b o h r u n g des schwangern U t e r u s mittelst eines T r o i c a r t s an der hintern W a n d der

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der Sclicidc eingestofsen, ( H u n t e r ) 4) der Schamfugenschnitt, (Purcell) und endlich 5) der Bauchschnilt, um dann die Gebärniulter mit der Hand in die Ilölie zu heben (Callisen u. Fiedler). Von diesen fünf Vorschlägen sind es offenbar nur die 2 oder höchstens die 3 ersten, von denen etwas zu erwarten ist, während der Schamfugenschnitt und die Laparotomie gewifs niemals zum erwünschten Ziele führen, wohl aber die ohnehin schon so grofsea Leiden der F r a u nur noch vermehren würden. Sie sollten daher aus Rücksicht auf die Euthanasie auch nicht einmal des Versuches wegen unternommen werdeil. Die künstliche Frühgeburt wäre hier allein die Operation, die eine günstige Prognose zulicfse; und nur in dein Falle, dafs zu ihrer Ausführung der Muttermund gar nicht zu erreichen wäre, rnüfste man zum Blascnstiche seine Zuflucht nehmen. Die Durchbohrung des Uterus nach Hunter ist vorzüglich auch von Murat in Schutz genommen und von Jourel im Jahre 1812, dann später von Viricel in Lyon, und im Jahre 1828 von Uaynliam mit glücklichem Erfolge für die Mutter, ausgeführt worden. Sie bleibt immer ein sehr gefährliches Mittel und könnte höchstens dann angezeigt sein, wenn beim höchsten Grade der l\etroversion der Muttermund zur Verrichtung der künstlichen Frühgeburt gar nicht zu erreichen wäre, und dem Blasenstiche ebenfalls bedeutende Hindernisse im W e g e stünden. Alei/sner und Eichhorn sind jedoch der Meinung, dafs zu dieser Zeit der Schwangerschaft die Quantität des Fruchtwassers so gering sei, dafs man auf eine beträchtliche Verminderung des Volumens durch diese Operation nicht rechnen könnte. B. V o r w ä r t s b e u g u n g d e r G e b ä r m u t t e r . Antroversio uteri seu versio uteri antrorsum. Ein der Retroversio uteri entgegengesetztes Leiden ist, wie es der Name giebt, die Antroversion, eine Krankheit, deren Existenz von vielen Aerzten gänzlich geläugnet, von Andern a b e r , und dieses mit allem Rechte, nur im nichtschwangern Zustande für möglich gehalten wird. Nur Vaudelocque will sie in der Schwangerschaft, und zwar im 2(en Monate derselben, als Folge der W i r k u n g eines BrechmitMcd. dar. Encjcl. XIII. Bd.

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tels gesehen haben. Auf jeden Fall ist dieses Uebel sehr seilen, und wie Lohmeier gegen Desgrcmges sehr richtig bemerkt, ist das immerwährende Anfüllen der Blase mit Urin, so wie der gänzliche Mangel an Raum in der vordem Region des Beckens, wohin sich der Uterus senken könnte, so wie selbst auch das öftere Liegen auf dem Rücken, für die Entstehung dieses Uebcls ein beständiges Ilindernifs. Nichtsdestoweniger spricht 6ich doch die Erfahrung ganz entschieden für die Möglichkeit und Wirklichkeit dieser Dislocation aus; denn nachdem sie schon Levret (freilich erst bei der Seclion einer vergeblich am Blasenstein Operirten und Verstorbenen (dami Willich, Kirschner u. And. gesehen hatten, beschreibt uns W. Schmitt allein fünf Fälle dieser seltenen Spccies von Ectopia uteri und entkräftet dadurch jeden Zweifel, den man allenfalls noch über die Existenz dieses Uebels erheben könnte. Solche Kranke haben gewöhnlich einen beständigen Trieb zum Urinlassen und Schmerz bei der Berührung des Unterleibs über der Schanibeinvcrbindung. Treten sie auf die Füfse, so fühlen sie, dafs ihnen ein harter Körper auf die Blase fällt, der sie nöthiget, den Urin zu lassen. E b e n so fühlen sie das Zurückfallen dieses Körpers, wenn sie sich auf den Rücken legen. Bei der geburtshülflichen Untersuchung findet man die Lage der Gebärmutter entgegengesetzt der bei der Retroversion. W a s die Ursachen betrifft, so ist es auch hier das Wochenbett, das den Grund zu diesem Uebel legt und zwar dann, wenn dasselbe, besonders bei einer sehr starken Inclination des Beckens, allzufrüh verlassen wird. Eben so können anhaltende Stuhlverstopfungen und Knochenauswüchse an der hintern W a n d des Beckens zur Entstehung dieses Uebels beitragen. Die Folgen sind, besonders nach Siebold, Hindernisse der Conception und der Urinsecretion, so wie auch Verwachsungen der Vaginalportion mit dem Mastdärme. F e r ner Ilaeniorihoidalbeschwerden, Eiterung des Mastdarms und der Mutterscheide, so wie auch Indurationen der Gebärmutter. B e h a n d l u n g . Auch hier ist die erste Bedingung, nach möglichster Beseitigung der Ursache, die Wiederherstellung

Gebärmutterdislocatloncn.

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d e r normalen Lage, %vas auch nicht schwer i s t , wenn n o c h l e i n e Verwachsungen entstanden sind. Erhöhte Rückenlage und D r u c k von aufsen, über der Symphysis ossium pubis nach rückwärts, vermögen gewöhnlich die R e p o s i t i o n herzustellen, und zur Zurückhaltung liiufs diese Lage l ä n gere Zeit beobachtet und ein passender Schwamm zwischen Vagina und Cervix uteri nach rückwärts geschoben und getragen werden. Auch hier empfehlen sich die ringförmigen Pessarien. W ä r e aber die Vaginalportion schon mit der Scheide verwachsen so würde erst die blutige T r e n n u n g erforderlich sein. Ist Ilypertrophia uteri oder eine entzündliche T u m e s c e n z desselben vorhanden, so müssen örtliche Blutentziehungen in der K r e u z - W e i c h e n - und P c r i u e a l - G e gend gemacht und überhaupt antiphlogistische Mittel gereicht werden» Iii. U m b e u g u n g e n d e r G e b ä r m u t t e r . Zwei den Umkehrungen der Gebärmutter sehr ähnliche U e b e l sind die Umbeugungen des U t e r u s , die sich von crsteren dadurch unterscheiden, dafs nicht die Achse des Uterus im Ganzen von der des B e c k e n s entweder nach v o r - o d e r rückwärts abweicht und also der Muttergrund immer in der dem Stande des Muttcilialscs entgegen gesetzten Seite steht, sondern dafs die G c b ä r m u t t e r a c h s e , vwc Mei/sfier sich ausdrückt, gleich einem Hufeisen so in eine gänzlich krumme L i n i e gebogen ist, dafs Multerhals und Muttergrund zugleich nach abwärts stehen, während der Scheitelpunct des B o g e n s nach aufwärts gerichtet ist. Ist der Gebärmuttermund nach vorwärts gerichtet, s o heifst das U e b e l P r o n a t i o n , ist er aber nach rückwärts gerichtet, so heifst es S u p i n a t i o n , wofür auch wieder A n dere die A u s d r ü c k e A n t i f l e x i o und l l c f l c x i o g e b r a u chen. E s ist dieses zwar keine vollkommene Dislocation, w o h l a b e r eine partielle, d. h. des Fundus uteri, wodurch eine eigene Formveränderung des Fruchtliällers entsteht, die nirgends so gut Platz findet als hier, da sie mit einer vollkommenen Dislocation verwechselt werden k ö n n t e : b e s o n ders mit d e r vorhergehenden. Carus war der erste, der ausführlich auf diesen Zustand aufmerksam gemacht hat. ( G y n a c c o l o g i e , 2 r T h . Leipzig 1 8 2 0 . S . 5 5 1 seq.) und nach ihm ist es unstreitig Meißner, 37*

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d e r sich d a s gröfste V e r d i e n s t u m die D a r s t e l l u n g dieses U e b e l s e r w o r b e n hat. E s unterscheidet sich v o n d e r Antro- u n d R e t r o v e r s i o uteri d a d u r c h , dafs bei ihm immer eine W a n d der G e b ä r mutter eingebogen d. i. geknickt, die a n d e r e a b e r g e w ö l b t ist, so dafs z. B. bei d e r P r o n a t i o n die v o n l e r e eingebogen, die h i n t e r e g e w ö l b t , u n d bei d e r Supination die hintere e i n g e b o g e n u n d die v o r d e r e gewölbt ist. V o n b e i d e n Arten sind bisher n u r einige Beispiele bek a n n t g e w o r d e n , u n t e r d e n e n der Fall von Möller ( d e p r o n a t i o n e uteri p o s t partum, m o r b o atroci n o n d u i n descripto. M a r b u r g 1 8 0 3 ) , d e r v o n Brünninghausen ( d e r die Sache j e d o c h R e t r o v e r s i o uteri n a n n t e , d e r B e s c h r e i b u n g n a c h a b e r einen F a l l v o n Reclination erzählte, siehe v. Siebold's J o u r n a l etc. 3 r Bd. 1. S t . ) u n d endlich d e r n e u e s t e v o n Meifsner ( F o r s c h u n g e n des 19ten J a h r h u n d e r t s etc. V. T h . L e i p z . 1833, p. 1 0 6 ) die b e m e r k e n s w e r t h e s t e n sind. — I n diesen 3 F ä l l e n w a r e n die K r a n k e W ö c h n e r i n n e n Beim ersten w u r d e schon u n t e r der G e b u r t ein ungewöhnliches A u f t h i i r m e n des L e i b e s w a h r g e n o m m e n ; am 3 t e n T a g e des W o c h e n b e t t e s entstand S c h m e r z im U n t e r l e i b e u n d am 11. d e r T o d . D i e Section zeigte deutlich das b e s p r o c h e n e U e b e l . — Im 2ten F a l l e entstand die K r a n k h e i t in der 4ten W o c h e n a c h d e r G e b u r t , d u r c h das plötzliche A u f h e b e n u n d T r a g e n eines F a s s e s . E s erfolgte sogleich ein nicht zu stillender Blulflufs mit zugleich d r ü c k e n d e n E m p f i n d u n g e n beim Stuhlgange. Bei d e r gcburtshülflichen U n t e r s u c h u n g fand B., w i e er sich a u s d r ü c k t e , eine R e t r o v e r s i o uteri, w o b e i der M u t t e r m u n d völlig in der Mitte stand u n d sich in der G e g e n d d e s M a s t d a r m s eine G e s c h w u l s t v o n d e r F o r m u n d G r ö f s e eines halb durchschnittenen B o r s d o r f e r Apfels zeigte. B. s c h o b die G e s c h w u l s t a u f w ä r t s , w o r auf d e r M u t t e r m u n d eine Richtung nach dem K r c u z k n o c h e n erhielt, u n d d e r Schmerz am M a s t d a r m e v e r s c h w a n d . — Im F a l l e v o n Meifsner erfolgte das U e b e l auch im W o c h e n b e t t e , w u r d e a b e r f ü r eine S e n k u n g d e r G e b ä r m u t t e r gehalten. D i e K r a n k e klagte seit dieser Zeil ü b e r k r a m p f h a f t e B e s c h w e r d e n beim Eintritte d e r M e n s t r u a t i o n , w u r d e a b e r vier M a l w i e d e r s c h w a n g e r , w o j e d o c h i m m e r die S a c h e in d e r 8 — 1 0 W o c h e mit A b o r t u s endete, bis die K r a n k e in Meifs-

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ners B e h a n d l u n g k a m u n d hergestellt w u r d e . — U e b r i g e n s k a n n diese Mifsstaltung des U t e r u s auch in F o l g e u r s p r ü n g licher Bildung auftreten, wie die B e o b a c h t u n g e n v o n Ilreschet (Uarle/s's r h e i n i s c h - w e s l p h ä l i s c h e J a h r b ü c h e r Bd. V , St. 3, 1 8 2 2 ) u n d jene v o n Schreger ( / / o r w ' s Archiv f. practischc Medicitt 1817, 2. II.) deutlich b e w e i s e n . — W a s die B e h a n d l u n g dieser I l a l b d c v i a f i o n e n betrifft, so k a n n bei d e r g e r i n g e n Anzahl v o n B e o b a c h t u n g e n a u s d e r E r f a h r u n g nichts Specielles festgesetzt w e r d e n ; ü b r i g e n s a b e r d ü r f t e n aus den b i s h e r a n g e g e b e n e n therapeutischeil R e g e l n bei a n d e r n L i s l o c a t i o n e n auch f ü r diesen Fall ä p r i o r i genügende A n h a l t s p u n c t e f ü r d i e Praxis g e f u n d e n werden können. IV. S c h i e f l a g e n d e r G e b ä r m u t t e r . Als s o w o h l i h r e n E r s c h e i n u n g e n w i e ihren F o l g e n nach bei weitem geringere G r a d e v o n Dislocation d e r G e b ä r mutter sind die Schieflagen d e r s e l b e n a n z u s e h e n ; sie u n terscheiden sich v o n d e n e b e n a b g e h a n d e l t e n , dafs der G r u n d d e r G e b ä r m u t t e r z w a r v o n der Achse des mütterlichen K ö r p e r s a b g e w i c h e n i s t , a b e r d o c h i m m e r n o c h n a c h d e r B a u c h h ö h l e hinsieht, w ä h r e n d der M u t t e r h a l s schief nach a b w ä r t s in die «lern F u n d u s uteri entgegen gesetzte Seife d e s Beckens gerichtet ist. Dieser Z u s t a n d , den wir Schiefläge d e r G e b ä r m u t t e r , Situs uteri obliquus o d e r auch Obliquitas uteri quoad silum n e n n e n , mufs w o h l v o n d e r O b l i quitas uteri q u o a d figuram u n t e r s c h i e d e n w e r d e n , w o z w a r a u c h eine Schiefheit des U t e r u s zugegen ist, bei d e r a b e r d e r U t e r u s eine r e t o r t e n f ö r m i g e Gestalt h a t , u n d also der schief s t e h e n d e Mutterhals gegen die nämliche Seile hinsieht, gegen w e l c h e hier auch der M u l l c r g r u n d gerichtet ist. D i e ser Z u s t a n d k ö n n t e sich zur O b l i q u i l a s q u o a d situm v e r hallend betrachtet w e r d e n , wie die I'ro- u n d S u p i n a t i o n z u r A n t r o - u n d R e t r o v e r s i o n , w e n n nicht diese d u r c h k r a n k hafte Z u s t ä n d e , b e s o n d e r s im W o c h e n b e t t e , erst e r z e u g t w ü r d e n , w ä h r e n d die O b l i q u i t a s uteri q u o a d figuram F o l g e u r s p r ü n g l i c h e r B i l d u n g ist. E s läfst sich z w a r nicht l ü u g n c n , dafs durch allerlei k r a n k h a f t e Z u s t ä n d e d e r G e b ä r m u t t e r s o w o h l als d e r sie u m g e b e n d e n T h c i l e diese Schieflagen auch im j u n g f r ä u l i c h e n Z u s t a n d e k ö n n e n erzeugt w e r d e n , u n d w i r haben schon

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GebärmuUerdislocationen.

o b e n angegeben, dafs selbst 1111 normalsten Zustande der U t e r u s nicht ganz p e r p e n d i c u l ä r steht, sondern vom Mastdärme immer etwas nach rechts u n d v o r n e gedrückt w i r d , w o d u r c h der Mutterhals nach links und hinten zu stehen k ö m m t ; allein w e n n von wirklichen Schiefingen im E r n s t e die R e d e ist, so versteht man hierunter immer n u r die, die w ä h r e n d d e r Schwangerschaft v o r k o m m e n , indem die aufser der Schwangerschaft iibciL.iupt sehr seilen s i n d , u n d •wenn sie vorkommen, anderen bei weitem wichtigern K r a n k hcitszuslünden angehören. W e n n es ü b r i g e n s keinem Zweifel unterliegt, dafs solche schiefe Stellungen des Fruchlhält e r s w ä h r e n d der Schwangerschaft nicht ohne Einflufs auf den Verlauf dieser bleiben können, so k a n n man doch mit Bestimmtheit s a g e n , — u n d es stimmen hiermit auch alle n e u e r e n Schriftsteller iiberein — dafs im vorigen J a h r h u n d e r t dieses Uebel, und z w a r namentlich von Devenier, bei •weitem z u sehr in seinen Folgen übertrieben w o r d e n ist; d e n n man hat nicht nur die Aufzählung unendlicher Modificationen aufs höchste ü b e r b o t e n , sondern auch den Folgen eine viel zu grofse Wichtigkeit eingeräumt. Nach den gegenwärtigen Ansichten u n d E r f a h r u n g e n d e r bewährtesten u n d beschäftigtesten Practiker k ö n n e n hier n u r diejenigen Abweichungen des G e b ä r m u t l e r g r u n d e s von d e r Längenachse des mütterlichen K ö r p e r s zur Sprache k o m m e n , die zur Zeit einer Schvvangorschnft eintreten, w o der U t e r u s schon gröfstciilheils aus dem kleinen ins grofse Rekt e n emporgestiegen ist und, in den erschlafften Bauchdecken den nüthigen W i d e r s t a n d nicht findend, mit seinem G r u n d e , der theils am freiesten u n d theils auch am schwersten ist, das Uebergewicht b e k o m m e n d , sich gegen die eine o d e r die a n d e r e Seile zu neigen anfängt. M a n hat vier verschiedene A r t e n der Schieflage angen o m m e n und z w a r : 1) V o r w ä r t s n e i g u n g , Situs uteri obliquus anterior, 2) R ü c k w ä r t s n e i g u n g , Situs uteri obliquus posterior, 3) u n d 4) S c h i e f l a g e n g e g e n d i e e i n e o d e r d i e a n d e r e S e i t e , Situs uteri obliqui laterales seu dexter et sinister. D e r Situs uteri obliquus anterior, den man gewöhnlich auch den H ä n g e b a u c h nennt, darf und kann durchaus

Gebärmutterdislocationen.

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nicht mit der Antroversio verwechselt w e r d e n , da diese überhaupt während der Schwangerschaft nicht vorkömmt, und wenn sie vorkömmt, zu einer Zeit stalt haben müfste, w o eich der Uterus noch im kleinen Hecken befindet. D e r Ilängebauch entsteht vielmehr erst gegen das E n d e der Schwangerschaft und kömmt nur bei solchen vor, die schon öfter geboren haben und nebstdcni ein sehr stark geneigtes Becken besitzen. — Die Hypochondrien sind bei solchen F r a u e n völlig weich und wenig gespannt, und im Sitzen ruhet der Unterleib den Schwangern auf den Schenkeln. Die Rückwärtsneigung wird von Manchen für unmöglich gehalten, und wenn man bedenkt, dafs nach rückwärts die W i r b e l s ä u l e emporsteigt, die natürlicher W e i s e dem Uterus nicht aus dem W e g e gehen kann, so sollte man auch wirklich glauben, eine Rückwärlsneigung des Uterus, nachdem dieser schon aus dem kleinen ins grofse Becken gestiegen ist, sei nicht denkbar. Allein erstens könnte eine Kyphosis vorhanden sein, wodurch das fragliche Ilindernifs beseitigt wäre, und 2tens kann dieser Zustand in einem so geringen Grade vorkommen, dafs allerdings die W i r b e l s ä u l e kein Ilindernifs machen kann. Diesen geringen G r a d beschreibt vorzüglich Mei/sner, und nach ihm trifft man in dergleichen Fällen den Unterleib sehr gleichmäfsig aufgetrieben an, keineswegs zugespitzt und selbst am Filde der Schwangerschaft wenig stark und hervorragend. Die Bewegungen der Frucht sind schwach und undeutlich, und werden hinterwärts in der Tiefe empfunden. Den Mutterhals findet man ganz nach vorne und an den Blasenhals angedrängt. Hierzu kommen noch Slörungen der V e r d a u ung und Respiration, Blutspurken, Schwindel, Kopfschmerzen, Ohnmächten u. dgl., w elche Zufälle sämmtlich von der heftigen Einklemmung der Gedärme und der gestörten Circulation des Blutes im Unterleibe herrühren. Das Uebel kommt nach Meijsner bei solchen Erstgebärenden v o r , die schon bejahrt sind, wahrscheinlich weil die Bauchbedeckungen bei ihnen nicht mehr so nachgebend und zur Ausdehnung geschickt sind; so wie auch bei solchen, die um ihre Schwangerschaft zu verbergen, den Unterleib durch Schnürleiber anhalten und fest zusammenpressen. W a s die Scitcnschieflngc der schwängern Gebärmutter,

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Gebärmulterdislocationcn.

Situs obl. lateralis, betrifft, so ist bei ihr die eine Seite immer mehr erhöht als die andere und härter. Diese Lage kommt meistens bei sehr weitem Berken oder bei solchcn vor, wo ein Darmbein höher stellt als das andere. Häufig ist hiermit Schiefläge des Kindes verbunden, so dafs zwar der Kopf unten ist, aber auf einem Darmbeine aufsteht und bei eintretender Geburt anstatt seiner die Schulter sich vorlegt. Aufscrdcm machen solche Schieflagen die Schwangerschaft mehr oder weniger beschwerlich und wirken nicht seilen nachtheilig auf den Verlauf der G e b u r t , da sie häufig die regelmäfsige Entwicklung der Geburtsthätigkeit stören und die übelsten Kiudeslagcn vorbereiten können. Man hat daher bei ihnen schon in der Schwangerschaft darauf zu sehen, dafs man die aus ihnen hervorgehenden Beschwerden so viel als möglich ist erleichtern und ihren üblen Folgen vorbeuge. Es sind daher bald solchc Mittel angezeigt, die die Bauchdecken unterstützen und ihre Bürde tragen helfen, bald aber auch solche, die die von den Bauchdecken der Ausdehnung des Uterus entgegengesetzten Hindernisse zu beseitigen vermögen, — In dieser letzten Beziehung passen erschlaffende Einreibungen auf den Unterleib, damit die gespannte Bauchdecke nachgeben und der Uterus sich besser nach vorne ausdehnen k a n n ; und zur Unterstützung der allzusehr nachgebenden Bauchdecken bei der Schieflage nach vorne oder zur Seile, empfiehlt sich am besten das zeitige und anhaltende Tragen einer zweckmäfsig construirten Leibbinde, mit einer stelcn Körperlage auf der Seite, die der gröfsten Ausdehnung des Leibes entgegengesetzt ist: also auf dieser, nach welcher hin der Muttermund gerichtet ist. W a s die Behandlung dieses Zuslandes w ä h r e n d der G e b u r t betrifft, so dürfte es nicht leicht etwas a b e n t e u e r licheres geben, als die verschiedenartigsten Vorschlüge, die man zu diesem Zwecke gemacht hat, und eine F r a u , ehedem nach solchen Grundsätzen behandcll, durfte von Glück sagen, mit dem Leben davon gekommen zu sein, daher es auch kömmt, dafs Uelizäus zur Ermahnung sich veranlafst fand, nach der Entbindung solcher Frauen alle Aufmerksamkeit auf die Mutter zu richten, indem diese von heftigen

Gcbärmutterdislocationen.

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C o n v u l s i o n e n pflege befallen zu w e r d e n . Z u m G l ü c k e ist man in der n e u e m Zeit v o n all diesen schädlichen Eingriffen z u r ü c k g e k o m m e n , indem man sich ü b e r z e u g t h a t , dafs auch hier das einfachste V e r f a h r e n n i e w ä h r e n d der S c h w a n gerschaft das b e s t e sei. E s ist dalier auch w ä h r e n d der G e b u r t immer die Lage auf j e n e r Seile, gegen welche h i n d e r M u t t e r h a l s gerichtet ist, oder, w i e sich ¡.tisch a u s d r ü c k t , auf der dem T u m o r uteri entgegen gesetzlcn Seile, die emp f e h l e n s w e r t e s t e . D e r L e i b wird hierbei ebenfalls millelst einer L e i b b i n d e o d e r von d e n H ä n d e n e i n e r v e r s t ä n d i g e n P e r s o n unlerslülzt. U n t e r solchen U m s t ä n d e n tritt i m m e r d e r v o r l i e g e n d e K i n d c s l h e i l — w e n n nämlich das K i n d k e i n e regelwidrige L a g e hat, w o es natürlich eine ganz a n d e r e Hiilfelcistung e r f o r d e r t — in das Merken ein u n d v o r w ä r t s : u n d alles w a s m a n w e i t e r zur E r r e i c h u n g dieses Z w e c k e s angerathen h a t , ist nicht allein unnütz, s o n d e r n m e h r o d e r w e n i g e r nachlheilig. V. U m s t ü l p u n g d e r G e b ä r m u t t e r . W i e der N a m e ganz richtig b e z e i c h n e t , ist dieses ein H e r a b s i n k e n des G r u n d e s und K ö r p e r s der G e b ä r m u t t e r durch d e n geöffneten M u t t e r m u n d , w o d u r c h ihre i n n e r e u n d o b e r e F l ä c h e zur äufsci n u n d u n t e r s t e n wird, w ä h r e n d die ä u f s c r c die Höhle der G e b ä r m u t t e r darstellt, in w c l c h c die mit ihr in organischem Z u s a m m e n h a n g e s t e h e n d e n G e bilde, als die O v a r i e n , die M u t t e r r ö h r e u n d B ä n d e r , s o w i e zuweilen selbst auch G e d ä r m e , mit h e r a b g e z o g e n w e r d e n . D a f s h i e r z u v o r h e r das V o l u m e n d e r G e b ä r m u t t e r ansehnlich v e r g r ö f s e r t u n d ihr G e w e b e e r w e i c h t w e r d e n m ü s s e , sind e b e n s o unerläfslichc B e d i n g u n g e n , als dafs auch eine E r ö f f n u n g u n d E r w e i t e r u n g d e s M u t t e r m u n d e s statt haben mufs. W e n n es daher z w a r möglich i s t , dafs d u r c h irgend einen k r a n k h a f t e n Zustand, b e s o n d e r s d e r Basis der G e b ä r m u t t e r , eine solche V o r b e r e i t u n g der G e b ä r m u t t e r geschehen könnte, so gehört dieses d o c h n u r zu d e n pathologischen R a r i t ä t e n ; u n d man kann sicher die B e h a u p tung aufstellen, dafs die Umsliilpung der G e b ä r m u t t e r imm e r n u r eine d e n G e b ä r e n d e n u n d W ö c h n e r i n n e n eigene K r a n k h e i t s e i , u n d d i e s e allein h i e r z u die p r ä d i s p o n i r e n den Ursachen abgeben könne. Die erforderliche Gelegenheitsursache ist i m m e r gewaltsamer Art u n d besteht

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Geb'drmutterdislocationen.

entweder in D r u c k von oben auf den Gebärmultergrund, oder in Z i e h e n v o n i n n e n und zwar am N a b e l s t r a n g e b e i noch fest mit dem M u t t e r g r u n d e z u s a m m e n h ä n g e n d e r P l a c e n t a , b e s o n d e r s b e i m G e b ä r e n in a u f r e c h ter Stellung, w o b e i auch d a s K i n d sehr Icicht hera b u n d a u f d e n B o d e n f a l l e n k a n n . — Doch ist es auch möglich, dafs bei bedeutender Erschlaffung der Thcile, das Uebel spontan entstehe, wo es aber immer n u r in einem geringen Grade erscheinen wird. Man thcilt diese Krankheit in 3 Grade ein. I. Grad. D e r niedrigste, welcher eigentlich mehr den Namen der Depressio fundi uteri oder höchstens Inlussusception verdient, und wobei der Muttergrund, nach Ausschliefsung der F r u c h t , vermöge seiner eigenen Schwere und gewöhnlich bei gleichzeitiger Atonie der Gebärmutter, besonders w e n n auf irgend eine W e i s e , entweder durch Mifpressen der Gebärenden oder durch äufsere Gewalt, ein Druck auf den F u n d u s uteri statt hat, herabsteigt und sich auf den innern Muttermund auflegt. Ist der Mutterkuchen noch mit dem Muttergrunde vereinigt, so wird hierdurch die Entstehung des Uebels begünstigt. II. oder unvollkommener Grad der Gebärmutterumstülp u n g , Inversio uteri incompleta, Iicifst jener Zustand, w o d e r G r u n d und ein Theil des Körpers des Uterus schon d u r c h d e n M u t t e r m u n d herabgedrängt oder herabgezogen wurde. D e r III. oder vollkommene Grad dieses U e b e l s , Inversio uteri completa, ist endlich alsdann vorhanden, wenn die Gebärmutter völlig umgestülpt ist, gänzlich aus dem Unterleibe hervorgezogen erscheint und nicht selten mützenförmig zwischen den Schenkeln bis zu den Knieen herabhängt. Dafs hiermit auch eine völlige Umstülpung der Mutterscheide verbunden sein k ö n n e , versteht sich von selbst. D i a g n o s e . W e n n auch der höhere Grad des Uebels theils durch seine heftigen, mit einer so gewaltsam entstandenen und bedeutenden Ectopie nothwendiger W e i s e verb u n d e n e n Zufälle, theils durch seine ins Auge springenden Localerscheinungen, keinen Augenblick einen Zweifel über seine N a t u r übrig läfst, so ist die Diagnose doch viel schwie-

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riger, wo diese Krankheit n u r in einem ihrer geringem Grade statt hat; und hierher allein gehören auch die Fälle, w o sie mit einem Polypen, einer Mole u. s.w. verwechselt worden ist. D e n ersten Grad begleitet immer ein lästiges Pressen in der Tiefe des Unterleibs und im Berken, womit gewöhnlich noch ein starker Blutflufs verbunden ist. Bei längerer D a u e r des Ucbels stellen sich lästige Schmerzen ein, die häufig periodisch sind und daher öfter f ü r Nachwelten gehalten werdeil. Im günstigen Falle wird dieser Zustand chronisch und verursacht später allerlei U r i n - , Stuhl- und Menstrualionsbcschwcrden; im ungünstigem Falle aber gesellen sich Gebärnuiltercnt/.ündung und Kindbcltficber hinzu, die nicht selten einen tüdlliclicn Ausgang nehmen. Im 2tcn Grade sind natürlich sogleich bei seinem Entstehen auch die Erscheinungen viel stürmischer, der Uterus tritt mit seinem Grunde durch den Muttermund und erscheint als eine blutüberzogene Halbkugel, aus der das Blut sichtbar und beständig triefet. — In Folge der damit n o t w e n d i g e r W e i s e verbundenen Spannung und Dehnung der Bänder und übrigen Wcirhtheile gesellen sich nun bald die heftigsten Konvulsionen hinzu, die oft auch noch fortwähren, wenn die Reposition schon vollzogen ist, oder auch erst nach dieser eintreten. Auch hier ist es die geburtshülfliche Untersuchung, die jeden Zweifel über die Natur des Uebels, so wie über d e n Grad seiner Existenz, zu heben vermag, und wo n u r immer dieselbe mit Umsicht und Sachkenntnis angestellt wird, kann eine Täuschung wohl niemals statt haben. Behandlung. Es sind zwar auch hier im Allgemeinen dieselben Indicationen 7.11 erfüllen, wie bei den übrigen Dislocationcn der Gebärmutter; da aber dieses U e b e l bei weitem von gefährlichem Ncbenumständen begleitet ist, u n d viel leichter als alle übrigen Deviationes uteri mit dem T o d e enden kann, so ist die Prognose hier bei weitem die die ungünstigste, und wird noch überdies gesteigert durch den G r a d , in welchem das Leiden auftritt. Es ist daher nebst den gewöhnlichen 2 Indicationen — der schleunigen Reposition und Retention des invertirten Uterus — besonders auch noch d i e mit grüfster Unisicht zu erfüllen: die

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Zufalle und Folgen des Uebels, als Blutflüsse, Entzündung, Brand u. dgl. so schnell und sicher als möglich zu beseitigen und ihre gewöhnlich lebensgefährliche W i r k u n g abzuhalten. Im Betreff der ersten Indication ist es zwcckmäfsig zu unterscheiden, in welchem Grade des Uebel stall hat und ob es erst entstanden ist, oder schon längere Zeit währte. Die vollkommene und plötzlich entstandene Unistiilpung, die immer nur in der fiten Geburtsperiode statt haben wird, erfordert ohne alle andere Rücksicht die schleunigste Reposition, die in der erhöhten Rückenlage vorgenommen wird. Ist die Placenta noch durchaus mit dem Uterus verbunden, so darf sie nicht erst getrennt, sondern niufs m i t zurückgebracht werden. Ist sie aber n u r noch wenig mit der Gebärmutter verbunden, so ist es rathsam sie vor der Reposition erst gänzlich zu trennen.—' Ist kein Blulflufs vorhanden und der Uterus trocken, so wird er erst in Eile ganz mit O c l überzogen, mit der beöllen Hand unifafst, etwas zusammengedrückt und so in der Richtung der Führungslinie in das Becken und durch den Muttermund zurückgeschoben, wobei die ausgestreckten Finger an die zuletzt vorgefallene Gegend und die innere Fläche der Iland an den Gebärmutiergrund zu liegen kommen, damit die zuletzt vorgefallene Stelle immer zuerst wieder zurückgebracht werde. Man folgt mit der Hand nach bis in die Höhle der Gcbärmutscr und lal'st sie dort kurze Zeit ruhig liegen, um durch ihren Reiz Contractionon hervorzurufen. Bei grofser Reizlosigkeit ist es rathsam durch sanfte Bewegungen der Hand ihre W i r k u n g noch zu unterstützen und hierbei zugleich auf die Trennung der Placenta zu wirken, indem es nicht zu rathen ist, die Hand eher aus dein Ulerus zurückzuziehen, als bis die Placenta getrennt ist und mit herausgeführt werden kann. Hierbei werden innerlich W e h e n b e fördernde Mittel, als Zimmt, M u t t e r k o r n , Säuren u. s. w. gegeben. Ii. Oslander empfiehlt vorzüglich den Borax. Sollte aber der vorgefallene und im Muttermunde befindliche Theil durch Krampf in dem letzteren festgehalten u n d nicht mehr können zurückgebracht w e r d e n , so mufs natürlich erst gegen die krampfhafte Einschnürung gewirkt werden. Innerlich starke Gaben Opium und äufserlich das

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A n w e n d e n erwärmter Oele, b e s o n d e r s des O l e u m hyoseyami u n d endlich d a s E i n r e i b e n d e s B e l l a d o n n a - E x t r a c t e s n a c h d e r A n g a b e v o n Chamsicr a) Rt.p. Iixtr. b e l l a d o n n a e 5i), C e r a t . simpl. j j M . f. U n g t . D . au dein M u t t e r m u n d e , s i n d h i e r v o u N u t z e n u n d m a c h c u d u r c h H e b u n g des K r a m p f e s die R e p o s i t i o n möglich. S o l l t e a b e r die K r a n k e d u r c h B l u t v e r l u s t u n d N e r v e n r e i z u n g sich in e i n e m s o l c h e n Z u stande von Schwäche befinden, dafs während der Reposit i o n d e r T o d z u b e f ü r c h t e n w ä r e , so ist es rathsain erst durch angemessene innerliche Mittel, besonders die T i n c t u r a opii c r o c a t a mit N n p h t h e n d a s A l l g e m e i n b e f i n d e n z u b e s s e r n . Baudelocque d e r J ü n g e r e e m p f i e h l t in diesem F a l l e E r s c h ü t t e r u n g des umgestülpten Illerus durch Galvanismus, es ist a b e r u n s e r s W i s s e n s n o c h n i e m a l s v o n diesem M i t tel G e b r a u c h g e m a c h t w o r d e n . — U c b r i g o n s g i e b t es s o g a r F ä l l e , w o die R e p o s i t i o n f r e i w i l l i g e r f o l g t e , s o w i e es iin G e g e n t h e i l e a u c h b e o b a c h t e t w u r d e , d a f s t r o t z a l l e r B e m ü h u n g e n die U m s t ü l p u n g n i c h t v o n d e r S t e l l e z u b r i n gen war, und das U e b e l chronisch w u r d e . In solchen Fäll e n k a n n d e r V o r f a l l viele J a h r e u n t e r m e h r o d e r w e n i g e r q u ä l e n d e n B e s c h w e r d e n f o r l b c s t e h e n . v. Siebold ( H a n d b u c h z. E r k e n n t n i f s u n d H e i l u n g d e r F r a u c n z i m m c r k r a n k h e i t c n B . II. 3 r A b s c h n i t t p. 3(>!)) b e r i c h t e t , dafs er bei m e h r e r e n F r a u e n , die 7 0 u n d 8 0 J a h r e alt g e w o r d e n w a r e n , s o l c h e v e r a l t e t e I n v e r s i o n e n a n g e t r o f f e n h a b e , die a u f s e r e i n e m u n b e d e u t e n d e n weifsen Flusse keine weiteren Incommoditäten verursacht hatten. Bei einer u n v o l l k o m m e n e n Uinstülpung, bei d e r d e r M u t t e r m u n d erweitert und n u r ü b e r demselben ein T h e i l des umgestülpten Grundes oder Körpers der Gebärmutter g e f ü h l t w i r d , r e i c h t es z u , die R e p o s i t i o n mit b l o s 2 F i n g e r n v o r z u n e h m e n , die man a n d e n h e r a b g e s t i e g e n e n M u t t e r g r u n d s e l z t , u n d ihn d u r c h s a n f t e E r h e b u n g w i e d e r a u s seiner Einbiegung zurück und an O r t und Stelle zu bring e n s u c h t , v. Siebold (I. c. S. 3 7 1 u. 3 8 4) w i l l sich h i e r z u mit e n t s c h i e d e n e m V o r t h e i l e eines a b g e r u n d e t e n h ö r n e r n e n M u t l e r r o h r s , a n d e s s e n v o r d e r e m E n d e ein S c h w ä m m c h e n befestigt ist, b e d i e n t h a b e n . E r f ü h r t e es d u r c h die S c h e i d e b i s a n d e n M u t t e r m u n d , d r ü c k t e d a m i t den u m g e s t ü l p t e n G r u n d z u r ü c k u n d liefs ihn d e r S i c h e r h e i t w e g e n v o n e i n e r

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Gcbarmutterdlslocatloncn.

unterriclitetea Person so lange zurückhalten, bis sich der [Muttermund anfing mehr zu coutrahircn, und von einem Blulflusse nichts mehr zu befürchten war. — Auch Löffler bringt einen ähnlichen Apparat in Vorschlag ( U u f e l a n d ' s J o u r n a l XVI. B. 4 St.) Hätten w i r es mit einer schon länger bestehenden Inversion zu thun, so fällt natürlich die Dringlichkeit der Reposition weg, indem jetzt von einer augenblicklichen Gefahr auch schon darum keine Rede mehr sein kann, als die chronische In\ ersion meistens nur in einem geringem Grade vorkömmt, da ein höherer entweder bald gehoben werden mufs, oder mit dein T o d e endigt. Diese chronische Invers. kömmt zuweilen auch in Verbindung mit Polypen oder anderen Krankheiten der Gebärmutter vor, und erfordert erst eine zweckmäfsige Behandlung der begleitenden Zufälle, ehe z u r Reposition geschritten werden darf. W a s nun die 2te Indication, die Retentio uteri, betrifft, so ist schon angegeben w o r d e n , dafs man die Iland nicht eher aus dem Uterus entfernen soll, als bis derselbe sich bereits zu contrahiren a n f ä n g t ; und ebenso wollte v. Siebold durch das Liegenlasseu seines Mutterrohrs nichts anderes erzwecken, als die Erfüllung der vorstehenden Indication. — Nächst diesem ist es nun nothwendig, dafs die K r a n k e auch längere Zeit im Bette liegen bleibe, und zwar bei einem gehörigen diätetischen Verhalten mit mehr recliuirtem O b e r k ö r p e r und ausgestreckten unteren Glicdmafsen, die mau zur Verhütung nachtheiliger Bewegungen noch aneinander binden kann. Alle übrigen zur Zurückhaltung des Gebärmuttergrundes empfohlenen Mittel, als da sind: diePessarien, die von Fries augerathene Flasche von elastischem Harze und dgl. sind theils unuöthig, theils schädlich, und verdienen durchaus keine Nachahmung. Die Beseitigung der Zufälle und Folgen der Inversion, als Blutflüsse, Entzündung, Brand u.s.w. was wir oben als die 3te Indication bezeichnet haben, kann hier einer genaueren und vereinzelten Betrachtung nicht unterzogen werden, da einerseits hierdurch der Raum dieser Blätter zu sehr in Anspruch genommen würde, und anderseits alle diese F o l geübel als eigene Krankheiten an den geeigneten O r t e n

GebärmutterdJslocatlonen,

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besonders abgehandelt w e r d e n müssen, w o es dann dem gebildeten Arzte ein Lcichtes sein wird, ihre Behandlung auch auf diesen speciellcn Fall übertragen. YI. G e b ä r m u t t e r b r u c h . So wie es fast kein Eingeweide giebt, das nicht im Staude w ä r e sich aus seiner natürlichen Höhle durch Ausdehnung oder Zerreifsung seiner Umgebung einen W e g nach aufsen unter die Haut zu bahnen und eine Geschwulst darzustellen, die wir mit dem Namen Hernia belegen, eben so hat man dies auch von der Gebärmutter beobachtet u n d als G e b ä r m u t t e r b r u c h , H y s t e r o c e l e bezeichnet. Da sie sich aber in der Mitte einer Höhle befindet, wo sie fast von allen Seilen durch andere Gebilde umgeben ist, so dafs sie zur Peripherie und zu jenen Oeffnungen, wo die Brüche hervortreten, immer nur sehr schwer gelangen kann, und häufig erst jene Theilc hervortreten müssen, die den Uterus zunächst umgeben, so dürfte der Gebärmulterbruch wie Roche und Sanson (Nouveaux elemens de Pathologie niedico-chirurgicale, Bruxellcs, T o m e III, p. 368) ganz richtig behaupten, niemals primitiv vorkommen, sondern immer n u r da, w o schon Brüche vorhanden sind, in die der gröfste Theil der Eingeweide schon getreten ist. D e r älteste hierher gehörige Fall ist der von Pol, den derselbe in einer öffentlichen Zeitung bekannt machtc, aus welcher ihn wieder Sennerl in seinen, im J a h r e 1620 erschienenen, Institutionen aufgenommen und mitgetheilt hat. D a derselbe mehr Aufschlufs als alle von uns doch n u r aus a priorischen Ansichten zu begründende Aetiologie u n d Symptomatologie zu geben vermag, so wollen wir ihn statt dieser in K ü r z e , wie ihn Alei/sner I. c. p. 148 erzählt, auch hier miltheilen: „Eine arme Frau, welche mit ihrem Manne in einer 15 jährigen Ehe 9 Kinder gezeugt hatte, w a r bei ihrer ersten Niederkunft ihres ungeduldigen, mürrischen und unausstehlichen Betragens wegen, von ihrer Hebamme verlassen w o r d e n , und kam ohne Hülfe nieder. Obgleich sie schon damals gefühlt hatte, dafs sich etwas Ungewöhnliches in ihrem Unterleibe ereignete, gebar sie doch noch 8 Mal darauf leicht, und ohne dafs irgend eine Regelwidrigkeit zum Vorscheine gekommen w ä r e , stets mit glücklichcm Ausgange. Nicht lange nach d e r öteu Nieder-

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Gebärmutterdislocationen.

k u n f t f ü h l t e sie a b e r den Schmerz, welchen sie sich in d e r ersten G c b u r f s a r b e i t zugezogen hatte, öfter u n d deutlicher, ja es d r ä n g t e sich sogar in der l i n k e n Inguinalgegend u n t e r der H a u t etwas h e r v o r , w a s sie ängstlich m a c h t e , u n d sie bestimmte, ihrem M a n n e u n d einigen B e k a n n t e n die Sache lnitzutheilen, v o n d e n e n sie a b e r keinen a n d e r n T r o s t erhielt, als den, dafs sie es der N a t u r überlassen möchte. — N a c h u n d nach n a h m a b e r die G r ö f s c dieser H e r v o r r a g u n g so zu, dafs sie endlich bis z u den K n i e e n h e r a b r e i c h t e u n d die Patientin z u m steten Sitzen o d e r Liegen nülhigte, w o b e i sie a u f s e r conlinuirlichen heftigen S c h m e r z e n gar bald a u c h in dieser u n g e w ö h n l i c h e n G e s c h w u l s t die B e w e g u n g e n einer l e b e n d e n L e i b e s f r u c h t deutlich v e r s p ü r t e . — Als n u n die Zeit ihrer N i e d e r k u n f t hcrannahete, n a h m sich der Magistrat zu N e i f s e , dem O r t e , w o sich diese a r m e F r a u befand, d e r B e k l a g e n s w e r t h e n au, u n d ü b e r t r u g einigen Aerzten die B e s o r g u n g d e r s e l b e n , die a b e r d u r c h a u s keinen a n d e r n W e g v o r sich sahen, auf dem die E n t b i n d u n g beendiget w e r d e n k o n n t e , als die E r ö f f n u n g d e r G e s c h w u l s t u n d der in ihr gelegenen G e b ä r m u t t e r . Am 9ten D e c e m b e r 1 5 3 1 w u r d e die O p e r a t i o n u n t e r n o m m e n , u n d ein starkes u n d m u n t e r e s K i n d a u s d e r G e s c h w u l s t gefördert, die M u t t e r s t a r b j e d o c h am dritten T a g e nach d e r E n t b i n d u n g u n t e r fürchterlichen Schmerzen." D e n 2ten Fall hat Sennert selbst b e o b a c h t e t ; die G e schwulst, die in F o l g e eines Schlages auf die Inguinalgegend entstand u n d zuletzt so grofs w u r d e , dafs sie das W e i b in e i n e r B i n d e tragen m u f s t e , w u r d e am E n d e des 9ten M o nats, w o W e h e n eintraten, geöffnet u n d ebenfalls ein l e b e n d e s K i n d h e r a u s g e n o m m e n , allein a u c h diesmal starb die F r a u , j e d o c h erst am 2 0 s t e n T a g e . — D i e 3te B e o b a c h t u n g ist v o n Ruysch. D i e G e s c h w u l s t entstand in d e r N ä h e der Inguinalgegend u n d z w a r an d e r Stelle, w o f r ü h e r einmal eine eiternde W u n d e statthatte. Sie wuchs, bis sie am E n d e d e r Schwangcrschaft bis an die K n i e e hinabreichte. Als die G e b u r t endlich herannahete, h o b die H e b a m m e den sog e n a n n t e n B n i c h s a c k in die H ö h e u n d unterstützte ihn auf eine solche W e i s e mit d e r H a n d , dafs der K i n d e s k o p f ger a d e auf die O e f f n u n g des B r u c h e s traf u n d so g e w a n n d e r v o r l i e g e n d e K o p f d e n Beckeneingang, w o r a u f d a n n die G e burt

(i c I) .1 rra < J 11 c n I t.sio ca t I'OJI e n.

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burt bis zu E n d e glücklich ohne alle Beihülfe der Kunst, ja selbst ohne sonstige Schwierigkeiten, verlief. Aus diesen drei Beobachtungen geht n u n mit vieler Wahrscheinlichkeit hervor, dafs ursprünglich ein Inguinalbruch vorhandfen w a r , in den sich der Uterus mit seinem Grunde eingebogen hatte und in welchcm dieser dann festgehalten w u r d e , als er in Folge eingetretener Schwangerschaft sich weiter ausdehnen mufste. E s ist aber auch möglich, dafs besonders nach mehreren schnell aufeinanderfolgenden Geburten der Nabelring so erschlafft und sich erweitert, oder dafs selbst eine partielle Trennung der Bauchmuskeln oder der Linea alba entsteht, durch welche hindurch ein Theil der Gedärme oder dos Netzes (ritt und den bekannten Nabel- oder Bauchbruch darstellt. Entsteht nun Schwangerschaft und der sich immer weiter ausdehnende Uterus erreicht diese Bruchstelle, so weichen zwar die C o n tenta des Bruchsackes zurück, allein in denselben hinein kann sich, wenn er grofs genug ist, der Uterus legen und so allerdings ein Bruch der schwangern Gebärmutter entstehen. — Ich hatte einmal Gelegenheit einen solchen Gebärmuttcrbruch in der Linea alba während einer Zwillingssclnvangerschaft zu beobachten, bei welchem die I>auchinuskeln eine grofse Strecke getrennt waren, und durch welche Trennung der Uterus sehr deutlich gefühlt werden konnte. Doch war der Uteriis nicht aus dem Risse herausgetreten u n d konnte dieses auch nicht, da stets eine passende Leibbinde getragen wurde. Nach der Geburt des Zwillingspaares aber, wo die Gebärmutter kleiner w u r d e und die Bauchmuskeln sich um sie zusammenzogen, trat sie auf einmal mit ihrem G r u n d e durch die vorhandene T r e n n u n g der weifsen Linie und wurde sammt den beiden Placenten so eingeklemmt, dafs die heftigsten Zufälle entstanden. — Nach einer starken Gabe Tinctura opii croc. drang ich in die Uterushühle und von hieraus durch die einklemmende Stelle, trennte die Placenta los und brachte mittelst angemessener Uufserer Handgiiffe den Uterus wieder in die Bauchhöhlc zurück, woselbst er auch durch einen zweckmäfsigeu Verband erhalten wurde. — Aehnlichc Fälle wie dieser sind auch von Saxtorph (Acta reg. «oc. med. Havn. Kopenhagen 1818, Vol. V.); von Frank in Stuttgardt (Textor's Chiron Med. chir. Ecycl. Xllf. Bd.

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(.leLirimiUerdislocatioiien.

etc. Sulzbach 1820, I, B. 2 IL), dann von Riedel, (Zeitschrift für N a t u r u n d Heilkunde herausgegeben von D r . Choulajit, Ficinus etc. D r e s d . III. B. 2 II.) u n d endlich von Grotanelli (sinossi delle varie specie di diflicolta del parto etc. Siena 1825. S. 2 1 5 ) beobachtet u n d beschrieben w o r d e n ; u n d B r ü c h e der leeren G e b ä r m u t t e r sahen: Papen, Ckoppart, Lallement und Mural an den Leichen bejahrter Frauen. Allein alle diese Fülle haben nicht das grofse Interesse wie die angeführten von Pol, Sennert und Ruysch, w o sich die Bruchstelle in der Leistengegend b e f a n d ; — u n d dafs aus einem solchen B r u c h e die F r u c h t , u n d zwar l e b e n d , durch d e n Kaiserschnitt wäre zu T a g e gefördert worden, ist w o h l aui'ser Pol und Sennert noch von Niemand beobachtet worden. D i e T h e r a p i e wird auch hier nach denselben G r u n d Sätzen eingeleitet, auf die die G r u n d b e h a n d l u n g sämmtlicher Dislocationen der G e b ä r m u t t e r gestützt ist; jedoch ist hier die prophylactische Behandlung von der grüfsten W i c h t i g keit, indem man bei irgend einer Anlage, d. i. bei schon vorhandenem Inguinal- o d e r Bauchbruche, das Eintreten des U t e r u s in den Bruchsack bestmöglichst zu verhüten suchen m u f s , was einzig und allein durch das T r a g e n einer angemessenen Leibbinde und geistige W a s c h u n g e n des Unterleibs z u erreichen isf. Sollte a b e r d e r U t e r u s wirklich schon in den Bruchsack oder durch eine T r e n n u n g der Linea alba aus der Bauchhöhle herausgetreten sein, so ist er in einer horizontalen Rückenlage w i e d e r zurück zu bringen. Ist die Reposition nicht möglich, so ist das E n d e der Schwangerschaft ruhig a b z u w a r t e n und gegen etwa eintretende Z u fälle symptomatisch zu verfahren. Bei eintretender G e b u r t ist v o r Allem zu beabsichtigen, d e n Mutlerhals so viel als möglich in die Directionslinie des Beckens, zu bringen um den Eintritt des K o p f e s in den Beckeneingang zu bewerkstelligen; u n d dafs dieses möglich sei, b e u r k u n d e t der obenangeführte Fall von Ruysch, obgleich die 2 anderen von Pol u n d Sennert das Gegentheil z u beweisen scheinen, weshalb auch diese genöthiget w a r e n den Kaiserschnitt vorzunehmen. — Sehr wichtig ist hier die Frage, o b nicht in einem ähnlichen F a l l e Heil von der künstlichen Frühgeburt z u erwarten w ä r e ? —

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ticLürmuttcrdlsIocationcn. L i t t e r a t u r .

Dieselbe ist, besonders über einige A r t i k e l der Disloc,alionen des U t e r u s , so znlilrcieh und so in den einzelnen Handbüchern und J o u r n a l e n zerstreut, dafs es nicht räthlich ist, hier j e d e einzelne Beobachtung und Abhandlung anzuf ü h r e n , sondern es w e r d e n hier n u r sännntlichc M o n o g r a p h i e n angegeben, die ü b e r die fraglichen A r t i k e l erschienen sind, in welchen die einzelnen Beobachtungen immer ritiri sind, und daher leicht gefunden w e r d e n können. A d . I. Lossius, M. J., Diss, d e uteri p r o l a p s u . L i p s . 16G6. — Becke, David, v d., Diss, d e procidentia uleri. H a m b . 1C83. — Foerster, C. f f ' . , Diss, de p r o c i d e n t i a uteri J e n . 1G84. — U'cdul, Fi. //., Diss, de procidentia uteri. Altdorf 1(>9.>. — Goclickc, A. 0., Disput, cxhibens n o v u m a r l i i i r i m n ciirandi procidentiam uteri veram. Ilalac 1 7 1 0 . — Chopart, Diss, de uteri prolapsu. P a r i s 1722. — Hausmann, J . J , , Diss, de uleri p r o c i d e n t i a . Viteiub. 1728. — Ilclnickc, J . K., Diss, d e uteri d c l a p s u , suppressiouis u r i u a c et subsctjiiutae m o r t i s causa. Gedani 1732. — Sturm, J . C.. Diss, de procidentia u t e r i . Erford 1 7 4 4 . — de Büchner, Diss, de procidentia u t e r i . Erf. 1 7 4 4 . — Otto, C. F., Diss, de p r o c i d e n t i a uterinis. Vitcrub. 1 7 6 4 . — Ululine)', fV, J . , S e l t e n e u . höchst m e r k w . W a h m e h i u . v. e. samtnt d . K i n d e ausgefallenen G e b ä r m u t t e r narli e. neunmonatliclicn S c h w a n gerschaft N i i r n b . 1771. l i e z , F !.. > Aplioris. circa seipielas ex prolapsu u t c i i o r i u n d a s l l e i d e l l i . 17HG. — Klinge, ./. //. II'. C o m m e n t a l i o de uteri prondt-nlia iisuque p c s s a r i o i u m in hoc m o r b o . Gött. 1 7 8 9 . — Dieselbe S c h r i f t übersetzt nnter dem T i t e l : Ueber d . Vorfall d. Gebärmutter u . d. Gebrauch d. Mutter kränze. I l a n n o v . 1 7 9 0 . — Ilunold, Ph., de p e s s a r i i s , s p e d a l i n i de q u i b u s d a m e m e n d a t i o n i b u s n e c e s s a r ü s . M a r b . 1 7 9 0 . — Fuhr, Diss, d e procidentia uteri. Stuttg, 1793. — Bachmann, Diss, de prolapsu uteri. Duisb. 1 7 9 4 . — Meifsner, F. L-, die Dislocalionen d. Gebärmutter u . d. Mutterscheide, v. Seiten i h r e r Entstehung, ihres Einflusses u , ihrer B e h a n d l , dargest. Leipz. 1821. Ir T l i . Ad II. Wltozcck, Ignat. D i s j . de utero retroflexo, m o r b o gravidi* perniciosissimo. Prag 1777. — C i n j p c r s , II., de retroversione uteri gravidi. Diss. L u g d . Batavor 1777. — It all, Ahr. Diss, de uteri gravidi retro versione. Hal. 1782. — Baumgarlcn, Il J . Diss, d e utero retroverso. IV, An Essay on the Retroversion of Argentorati 1 7 8 5 . — Cockell, the U t e r u s illustrated w i t h Cases a n d Observations. L o n d o n 1 7 8 5 . — Jahn, Fr. D e utero retroverso Diss J e i i a e l 7 8 7 . — Gill, Th. D e i s t a h e r n i a e u t e r i n a specie, q u a e retroversio uleri vulgo dicitur. E d i n b . 1787. — Mclitsch, J . A b l i a n d l . v. d. sogen. Urobeugung d. G e b ä r m u t t e r . Prag 1790. — Lindblad, J . Animadversiones i n uteri retroversionem. U p s a l 1 7 9 7 . — Korscheck, J. C. I)e retroverso utero Diss. Hal. 1799. Fersmann, d e uteri gravidi retroversione. Göttingac 1799. — l r i e s , C. J . , A b l i a n d l . v. d. Umkelirurig od. eigentl. Inversion d . Gebärm.

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Gebaniiutlei'ilislocatioiien.

Münster 1804. — Buczynski, de retroversione iitrri. Vilnae 1811. — KacgcU, Erfahrung, u. Abhandl. a. d, Gcl>icte d. Krankh. d. weibl. Geschlechts. Mannheim 1812. — Schweighiiuser, Aufs. üb. «-ini^e physiolog, u. pract. Gegenstände d. Geburtshilfe, Nürnberg 1817. — Fahle, de retroversione uteri diss. înaug. Remimi 1817. — Schmitt, IV. J., Bemerk, o. Erfahr, üb. d. Zurütkbtugung d. Gebärmutter bei Niehtseliwangern, nebst einigen Beobacht. üb. d. Vorwärtsbeugung. W i e n Meifsner, F. £., die Dislorationen d. Gebärmutter eie. IlrTh. Auch unter dem Titel : Die Schieflagen u. d. /iirüekbeugung d. Gebärmutter nelisl c. Zugabe üb. d. neuerlich bekannt gewordene L'm beugung derselben. Leipz. 1822. — Eichhorn, I i , v. d. Zuriickbeugung d. niclitschwaugern u. schwangern Gebärmutter. Inauguralabli. Mit e. Kupfertafel. 1822. (ohne Druclort). — Dreier, Joach. Lund.. de retroversione uteri, llavniae 182G. — Horn, ./. Ph., Bemerk, u. Beobacht. üb. e. Gegenstände d. pract. Geburtshülfe. W i e n 1826. — Schreiner, ßf. si., Inaugural-Alihandl. üb. d. Vor- u. Rückwärtsbeugung d. Gebärmutter bei Niehtseliwangern. W ü r z b u r g 1826. — Ad. III. lUöller, de pronatione uteri post partum, morbo atroci nondum descripto. Marl». 1803. — Carusj Gynäcologie, Ilr Th. Leipz. 1820, S . 5 5 1 . — Jtfeifsner, etc. Ilr Tb. p. 179. — Ad. IV. Müller, God. Guil. Diss, de situ uteri obliquo in gravidi» et ex scijuente pai tu difficili. Argcntorat 1731. — Jl inkier, A, D-, de situ uteri obliquo. Diss. Gutting, 1743. — Pelitzäus, Ben., de partu difficili ex positura uteri obliqua. Argentarat. 1758. — ìì'acrt. J. van, Diss, de utero gravido devio, causa partus difficiles et laboriosi. Lugd. Batav. 1768. — Jahn, JD., de situ uteri obliquo. Diss. Ilelmst. 1785. — Faber, ./. G., de metrolaxia, praesertim de causis et signis ¡Hins. Tiibing. 1792. — Meifsner, etc. Ilr Th. — A il V. Sandcn, van, Observ. de prolapsu uteri inversi ab excrescentia carnosa. Piegiomont 17*23. — IVesenfeld, C., Diss, de inverso utero. Francof. 1732. — ¡Pachter, Iiel bedeutender, als bei der chronischen, da bei jener der Uebcrgang in den Brand statt finden, und hierdurch der T o d veranlafst werden kann, während bei dieser der ungünstige Ausgang gewöhnlich erst durch Folgeübcl hervorgebracht wird. 2) Nach den Symptomen richtet sich die Vorhersage in so fern, als manche Zufälle die Ausdehnung, die Heftigkeit der Entzündung anzeigen. Besondere Rücksicht inufs man auf die Kräfte nehmen ; das gleich anfangs eintretende Gefühl der Schwäche hängt nur von der Unterdrückung der K r ä f t e a b ; ein schnelles Sinken der Kräfte verkündigt, zumal wenn die vorher heftigen Schmerzen plötzlich aufhören, und andere ungünstige Zeichen hinzukommen, den nahen T o d . Bei den verschiedenen Ausgängen sind diese Erscheinungen schon angegeben worden. 3) Nach den Ausgängen richtet sich die Vorhersage am meisten; am erwünschtesten ist die Zertheilung, die bei schneller und zweckmäfsiger Kunsthülfe in sehr vielen F ä l len bewirkt werden k a n n ; dieser steht die Eiterung am nächsten. Die ungünstigste Prognose findet bei dem Brande statt, d e r , wenn er n u r einen einigermafsen bedeutenden Umfang hat, gewöhnlich den T o d herbeiführt. Verhärtung e n , Degenerationen, Verwachsungen bringen gewöhnlich erst später einen ungünstigen Ausgang hervor. 4) Nach der Ausdehnung der Entzündung ist die V o r hersage sehr verschieden; denn je mehr die Krankheit sich ausdehnt, und die ganze Gebärmutter einnimmt, deslo übler

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GeLärmutterentzündung.

ist die Vorhersage; je kleiner die Stelle ist, auf welche die Entzündung sich beschränkt, desto eher läfst sich die Heilung erwarten. Die Entzündung des Muttermundes, wenn sie sehr beschränkt ist, zeigt nur geringe Gefahr, während die Entzündung des Gebärmuttergrundes oder eines Theiles des Körpers selten geringen Umfang und geringe Gefahr hat. Erstreckt sich die Entzündung auch auf andere O r gane, so wird die Vorhersage um so ungünstiger, je wichtiger das ergriffene Organ ist. Ist der Sitz der Entzündung mehr in der äufsern oder innern Membran, so ist die Prognose darum nicht so übel, weil alsdann bei zweckmäfsiger Behandlung ain ehesten die Zertheilung bewirkt werden kann. Hat die Entzündung das Parenchyin des Uterus ergriffen, und ist sie selbst auf jene Membranen herabgeschritten, so sind eher ungünstige Ausgänge zu erwarten. 5) Uebrigens richtet sich die Vorhersage auch nach den Ursachen. W a s zunächst die Anlage betrifft, so wird bei vollsaftigen, robusten Individuen mehr die acute Mctritis entstehen, und diese immer eine gewisse Heftigkeit zeigen; dagegen sind reizbare, schwächliche F r a u e n mehr zur chronischen Metritis geneigt; entsteht aber bei ihnen in Folge heftig wirkender Einflüsse die acute, so darf man gefährliche Zufälle und üble Ausgänge erwarten. Die Gelegenheitsursachen haben in so fern auf die Vorhersage Einilufs, als alle mechanisch einwirkenden Schädlichkeiten meistens auf die Stelle der Einwirkung beschränkte Entzündungen bewirken, die mehr dynamisch wirkenden, gröfstentheils inneren Schädlichkeiten eine über einen gröfsern Umfang sich erstreckende Entzündung hervorrufen. Besonders gefährlich pflegt die durch Metastase, durch Unterdrückung regelmäfsiger oder regelwidriger Absonderungen entstehende Mctritis zu sein. 6) Endlich hängt die Vorhersage davon ab, ob die Entzündung zu einer Zeit eintritt, wo die Gebärmutter in ihren eigentümlichen Functionen begriffen ist oder nicht. Entwickelt sich z. B. die Mctritis bei einem Mädchen, welches aber erst die Menstruation bekommt oder bekommen hat, entsteht sie in Folge der Unterdrückung der Menstruation, so ist die Gefahr gewöhnlich viel gröfser, als wenn sie zu

G21 einer Zeit, in welcher die Verrichtungen der Gebärmutter nicht mehr erscheinen, zu Stande kommt. Die Entzündung der schwängern Gebärmutter ist stets gefährlich, -wenn nicht bald die Zcrthcilung oder eine Frühgeburt bewirkt wird. D e r hierbei eintretende Blutflufs pflegt zur Abnahme der Entzündung beizutragen; doch ist ein übler Ausgang durch dieses Ereignifs nicht immer zu vermeiden, da die Krankheit sehr oft noch in das Wochenbett sich fortsetzt und bisweilen noch an Heftigkeit zunimmt. E r folgen Verwachsungen der Gebärmutter mit den nahe liegenden Organen oder mit dem Chorion oder der Placenta, so wird im ersten Falle die Geburt oder eine etwa nachfolgende Schwangerschaft gestört, und in den andern Fällen, in welchen in der Gegend der Verwachsung ein brennend e r , durch Bewegungen und Erschütterungen des K ö r p e r s vermehrter Schmerz statt findet, die Geburt des Kindes, besonders aber die Austreibung der Nachgeburt sehr erschwert. Der Ausgang in Eiterung kann nur dann glücklich endigen, wenn der Eiter am untern Abschnitte der Gebärmutter sich bildet, und bald einen passenden Ausweg findet. Bei der Eiterung im Gcbärmuttergrunde erfolgt m e u stens der T o d , wenn auch die Schwangerschaft noch iht regelmäfsiges Ende erreichen sollte. Die während der Geburt eintretende Metritis ist aucl\ gefährlich; doch erfolgt nicht gar selten ein günstiger Aus> gang, wenn das Uebel früh erkannt und zweckmäfsig bev handelt wird, wenn es nur auf eine kleine Stelle der Ge v bärmutier beschränkt ist, wenn die Gelcgenheitsursachen nicht mit zu bedeutender Gewalt wirkten. Uebrigens darf; man, wenn selbst die Geburt durch die Naturkräfte vollen s det w i r d , nicht immer einen günstigen Ausgang erwarten^ da bisweilen die Entzündung in das W o c h e n b e t t sich fort N setzt und dann sehr oft den T o d veranlafst. Die im W o c h e n b e t t e erscheinende Metritis, sie ma^ eben in diesem erst oder schon während der Geburt ent N standen sein, ist immer, wenngleich das Uebel bei frühzei N tiger Erkenntnifs und zweckmäfsiger Behandlung sehr glücklich endigt, als eine gefährliche, nicht selten unerwartet mit dem T o d e endigende Krankheit anzusehen. Die Gefah^ wird um so grüfser sein, je mehr die Entzündung in de^

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Gebärmutterentzüodung.

Gebärmutter und selbst ü b e r dieselbe hinaus, auf andere Unterleibsorgane sich verbreitet hat, je mehr die regelmäfsigen Secretionen des W o c h e n b e t t e s abnehmen oder ganz aufhören, je heftiger das Fieber, je gröfscr die-allgemeine Anlage zu Entzündungen ist und mit je gröfserer Gewalt die Gelegenheitsursachen wirkten. Die Vorhersage wird immer ungünstiger, je weniger die angewendete Kunsthülfe eine Verminderung der I'nlzündinigszufälle zu bewirken im Stande w a r , und je weniger die kritischen Bemühungen, der Natur beobachtet werden. Brand endigt meistens tödtlich; nur partieller Brand der Vaginalportion läfst die Möglichkeit der Heilung zu. Bisweilen erfolgt auch plötzlich der Tod, den man aus bestimmten Zeichen nicht voraus erkennen konnte. Die Phlebitis uterina ist meistens tüdllich, wenn sie bei der Ausbildung nicht schnell gehemmt wird< Hat sich die Entzündung auch auf die Venen des Unterleibes ausgedehnt, so läfst sich die Heilung nicht mehr erwarten. Behandlung. Die Behandlung der Gcbärmutterentzündung stimmt mit den andern Entzündungen in den meisten Stücken überein. Soviel als möglich mufs der Arzt versuchen, diese Krankheit in ihrer Entstehung zu unterbrechen. Diese Aufgabe ist oft schwer zu lösen, weil man die Krankheit nicht immer im Anfange mit Bestimmtheit erkennt. Doch gelingt bisweilen die frühzeitige Erkenntnifs bei grofser Aufmerksamkeit auf die einwirkenden Schädlichkeiten und auf die darauf folgenden Erscheinungen. W e n n man alsdann ein zweckmäfsiges Verfahren zur Anwendung bringt, und die krankhaften Zufälle wieder verschwinden, so kann man wohl auf die Vermuthung, die Entzündung der Gebärmutter in ihrer Ausbildung unterbrochen zu hab e n , geleitet w e r d e n ; doch darf nicht unerwähnt bleiben, dafs diese Zufälle als blofse Vorboten der zu spät, zu sparsam eintretenden Menstruation oft auch ohne alle Kunsthülfe schnell verschwinden, sobald diese in den gehörigen GaDg kommt. W i l l man in manchen Fällen die Unterbrechung dieser Krankheit bewirken, so mufs man hauptsächlich auf die GeIegenheitsursachen Rücksicht nehmen, und ihren Einilufs so schnell wie möglich zu hemmen suchen. So wird bisweilen durch Erkältung oder ähnliche Ursachen die Menstrua-

Gebärmutterentzündung. tion unterdrückt oder ibr Eintritt z u der bestimmten Zeit verhindert, und es folgen die ersten Symptome der Gebärmutterentzündung; alsdann entfernt man zuerst die Gelegenhcitsursache, sorgt für eine ruhige Lage, suclit durch warme Bähungen, nüthigenfalls durch Halbbädcr, Dampfbäder etc. den Blutflufs wiederherzustellen, und vermindert die erhöhte Thätigkeit der Gcfäfse durch die antiphlogistische Methode, namentlich durch Blulenlziehungen u. s. w. Gleichzeitig sucht man die Gelegenheitsursache zu entfernen und die W i r k u n g zu entkräften; bei vorausgegangener Erkältung wendet man ein erwärmendes Verhallen und dinphorclisr,he Arzneien a n ; daher wird Spiritus Minderer! oft sehr gepriesen, auch das Vinum antimonii kann unter solchen Umstünden nützlich wirken. Liegen gastrischc Reize zum G r u n d e , gingen heftige G e m ü t s b e w e g u n g e n der Entstehung dieser Krankheiten voraus, so kann ein frühzeitig gegebenes Brechmittel den Erfolg h a b e n , dafs die Erscheinungen der drohenden E n t zündung schnell wieder verschwinden. Doch ist hierbei z a bedenken, dafs eine zu spät erfolgende "Wirkung höchst nachtheilig auf die Unterlcibseingeweide wirken, namentlich auch die Gebärmutier zu sehr erschüttern kann. Auch mufs man sich hüten, die gastrischen Zufälle, welche bei dieser Krankheit durch Consensus entstehen, für die idiopathischen Erscheinungen eines gastrischen Leidens zu halten und demnach Brechmittel zu verordnen, die unter solchen Umständen das Uebel nur vermehren können. Bisweilen werden bei gastrischen Anhäufungen nach dem Brechmiltel oder auch ohne eine solches kühlende Abführungen nuthig; in andern Fällen müssen bei bedeutender Plethora und bei bedeutender Zunahme des örtlichen Reizes Blutausleerungen vorausgehen. Ist die Entzündung schon zu Stande gekommen, so mufs sie nach dein Grade der Heftigkeit, nach der Ausdehnung, nach dem Charakter, nach der Zeit der Entstehung zweckmüfsig behandelt werden. 1) Hei nculer Metriiis, die bei vollsaftigen, jungen P e r sonen Med. cliir. E n c j c l . XIII. Bd.

40

626

Gebärmutterentzündung.

schlechtstheilc, auch aromatische Bäder, und verordnet eine stärkende Diät, läfst namentlich Wein, Fleischbrühen u. s. w. reichen. Entstehen dagegen die Symptome der Eiterung, so sucht man diese zu befördern, und den Ausflufs des Eiters zu unterstützen. Man verordnet daher erweichende Bähungen oder Umschläge, Injectionen und Dampfbäder. Erfolgt der Abgang des Eiters durch die Scheide, so sind wiederholte Injectionen nüthig, um die Scheide gehörig rein zu erhalten. Findet der Ausflufs des Eiters auf einem andern W e g e statt, so wird bisweilen eine besondere Behandlung in Beziehung auf die Lage, auf Verband u.s.w. erfordert. Uebrigens sorgt man hauptsächlich für eine zweckmäfsige Unterstützung der Kräfte, z. B. durch Fleischbrühen, Eier, Schneckenbrühen, Salep, isländisches Moos, China. Sehr oft wird Opium nebst Mineralsäuren gewisser Symptome wegen hier erfordert. Finden andere Ausginge statt, so verlangen 6ie eine entsprechende Behandlung. Da sie als besondere Ucbel betrachtet werden, so wird von ihnen hier nicht näher gehandelt. Auch nach vollkommen geheilter Metriiis bleibt sehr oft eine Schwäche zurück, die eine roborirende Nachbehandlung erfordert. 2 ) Bei der chronischen Metritis sind allgemeine Blutentziehungen gewöhnlich nicht angezeigt; bisweilen finden sie nur im Anfange der Krankheit und bei jungen, vollsaftigen Personen eine Anzeige; später werden gewöhnlich nur die örtlichen Blutentziehungen nöthig. Man setzt die Blutegel über der Schambeinverbindung, in der Lenden- oder Hüftengegend, wenn die Seiten- oder die vordere Fläche der Gebärmutter der Sitz der Entzündung war, an der inneren Seite der Schenkel, wenn die Menstruation unterdrückt, und dadurch diese Krankheit zur Entstehung gebracht wurde, an dem Mittelfleische und in der Umgegend des Afters, wenn die hintere W a n d der Gebärmutter entzündet ist. — An mehreren der genannten Stellen können auch blutige Schröpfköpfe angesetzt werden. Französische Aerzte haben sogar mittelst des Speculum vaginae an den Muttermund selbst Blutegel anzusetzen versucht,

GebürmulterentzünduDg.

627

jedoch mit so geringein Erfolge, dafs diese Methode keine besondere Lobredner sich erwerben wird. Aufser den Blutentziehungeu sind die erweichenden Mittel von N u t z e n ; man läfst Einspritzungen aus einem I n fusum hyoseyami, cicutae in die Scheide machen, oder einen in einen Aufgufs getauchteu Schwamm in oder vor die Geschlechtsthcile legen, halbe und ganze Bäder gebrauchen. Manche empfehlen sogarDouchebäder, die aber die Schmerzen oft vermehren und daher eher schädlich als nützlich sind. Aufserdem sind die gegenreizenden Mittel oft erfolgreich, nach welchen die noch vorhandenen Schmerzen sich bald vermindern, ja bald ganz verschwinden. Man legt Blasenpflaster über die Schambeinverbindung, an die innere Seile der Oberschenkel. Man läfst sie wiederholt anwenden, wenn die eiternde Stelle heilt; es scheint dieses wirksamer zu sein, als wenn man die Eiterung lange unterhält. Manche empfehlen auch Fontanellen an die Oberschenkel. Auch Einreibungen der grauen Quecksilbersalbe sind mit Erfolg angewendet w o r d e n ; doch läfst sich bezweifeln, dafs diesem Mittel allein der gute Erfolg zuzuschreiben ist, wenn gleichzeitig noch andere Mittel in den Gebrauch gezogen wurden. Auch innerlich wird das Quecksilber, besonders das Calomel mit Nutzen angewendet; mau giebt es gewöhnlich mit narcotischen Mitteln, z. B. mit Extractum conii oder belladonnae. Ueberdies richtet man sich bei der Behandlung nach den Gelegenheitsursachen, welche das Uebel hervorbrachten. Man beachtet daher die Unterdrückung eines Blutflusses, eines Ausschlages, einer rheumatischen Affection, und sucht solche Uebel wieder hervorzubringen oder die nöthigen Ableitungen zu bewerkstelligen. Auch die in der Gebärmutter etwa selbst liegenden Ursachen sind zu b e r ü c k sichtigen. Man sorgt f ü r ein zweckmäfsiges Verhalten, für milde, mehr vegetabilische Kost, für Milchkost, für ruhige, horizontale Lage, verbietet den Beischlaf u . s . w . 3) Bei der in der Schwangerfchaft eintretenden Metritis wird die streng antiphlogistische Methode nothwendig. G e wöhnlich wird eine viel grofsere Menge Blutes aU bei einer 40*

628

Gebärmuttcrcntzündung.

nicht schwangern Person und nicht seilen wiederholt entzogen. Auch die Ansetzung der Blutegel zeigt sich meistens nützlich. Aufserdem gjebt man die kühlenden Salze, besonders Salpeter in Emulsionen, und nach Verminderung der Entzündung Calomel, jedoch nicht bis zum Speichelflusse. Aufserdem nützen ölichte Einreibungen, erweichende Bähungen oder Umschläge auf die schmerzhafte Stelle, so wie Clystiere. Bildet sich ein Abscefs aus, so erfordert er oft eine chirurgische Behandlung, nämlich die künstliche Eröffnung, wenn er am untern Abschnitte der Gebärmutter sich entwickelt, und am Scheidengewölbe bei der innern Untersuchung eine deutliche Fluctuation sich zeigt. Aufserdem mufs man die Kräfte der Schwangern auf eine passende W e i s e z u unterstützen suchen, und den Verlauf der S c h w a n g e n schaft und der eintretenden Geburt genau beobachten. J e mehr sich der Eiter auf die benachbarten Organe ausdehnte, desto gefährlicher pllegt der Zustand zu sein; sehr oft erfolgt vor oder während oder nach der Geburt des Kindes mit oder bald «ach dem Platzen des Abscesses der T o d . 4) Bei der währeud der Geburt eintretenden Gebärmutterentzündung mufs man, abgesehen davon, dafs man die Ursachen zu entfernen sucht, auf den Grad der Entzündung Rücksicht nehmen. Selten gelingt es, die Krankheit noch während der G e b u r t vollends zu beseitigen; meistens verschwindet sie erst im W o c h e n b e t t e bei einer zweckmäfsigen Behandlung vollständig. Gewöhnlich genügt es, die weitere Enlwickelung der Entzündung zu hindern, und die G e b u r t auf eine schonende W e i s e zu Ende zu bringen. Man sorgt im Allgemeinen für eine ruhige, horizontale Lage mit einiger Erhöhung der Steifsgegend, verbietet das Verarbeiteu der W e h e n , vermeidet so viel als möglich das häufige Untersuchen u . s . w . Bei geringerem Grade des Uebels sind aufserdem erweichende Mittel angezeigt; man mache z. B. Einspritzungen i p die Mutterscheide von lauwarmem Oele, Milch, oder von dem Aufgusse von Malven, Hyoscyamus oder Cicuta und dergleichen Mittel; das allgemeine Verhalten mufs dabei besänftigend sein. Bei dem höhern Grade der Entzündungen und bei be
o ly [>.

Muttermund h e r v o r , ohne hervorgelrieben zn werden; daher nimmt auch init dein Hervortreten der Geschwulst in die Mutterscheide die Ausdehnung der Gebärmutter nicht ab. Bisweilen werden einzelne Polypen von der Gebärmutter ausgestoßen, ohne dafs dieselbe am Umfang verliert; gewöhnlich sind mehrere zugleich in dem Uterus vorhand e n ; die getrennten wachsen meistens sehr schnell wieder nach; daher sie Levret polypi vivaccs nennt. Sie hängen mit der Substanz der Gebärmutter zusammen, die gewöhnlich im Umfange des Polypen ganz dieselbe Beschaffenheit, wie dieser, oder eine ulcerirle Oberfläche zeigt. Sic besitzen keine besondere Haut an der Oberfläche, daher sie eine gewisse Unebenheit zeigen, und sondern oft auch eine jauchige Materie ab. Beim Abbinden entsteht eine bedeutende Blutung. Diese Polypen sind von den schwammigen Auswüchsen der Gebärmutter genau zu unterscheiden. U n t e r s c h e i d u n g des G e b ä r m u t t e r p o l y p e n von a n d e r n Z u s t ä n d e n u n d K r a n k h e i t e n . Diese ist darum von besonderer Wichtigkeit, weil bei aller Vorsicht Irrthuin gar leicht vorkommen kann, und in sehr vielen Fällen ein Zweifel eintritt, der ein zv\eckm;> feiges Handeln nicht gestattet, wenn man nicht durch Unvorsichtigkeit Schaden bringen will. I. U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m u t t e r p o l y p e n von der Schwangerschaft. Im Allgemeinen nimmt mau auf das Alter in Beziehung auf die Möglichkeit einer Einpfängnifs, auf die Begattung u. s. w. Bücksicht; denn bei nicht mehr zeugungsfähigen Personen und bei unberührten Geschlechtsteilen kommen bisweilen Gebärmutterpolypen vor. Im Speciellen hat man auf folgende Zeichen zu sehen: Gebärmutterpolyp. Schwangerschaft. 1) Die a l l g e m e i n e n Z u f ä l l e , welche beiden Zuständen gemeinschaftlich sind, nehmen mit der Zunahme des Poly- mit dem Fortschreiten der pen zu. Schwangerschaft gewöhnlich ab. 2) Die B r ü s t e sind bald' voll, bald schlaff, nie- schwellen allmählig an, und

Gcbärmtiltcrpotyp. mals f o ausgedehnt wie bei Schwängern.

erreichen gegen Ende der Schwangerschaft die gröfstc Ausdehnung. 3) Die M e n s t r u a t i o n erscheint unordentlich, häufiger, mit seltener noch und gewöhnScliuierzen verbunden, und lieh nur in den ersten Moals Blutflufs unter den oben uaten, meistens regelinäfsig berührten Symptomen. Das periodisch, oder ist krankhaft, I>Iut hat die oben angeführte den Abortus oder die PiaBeschaffenheit. centa praevia begleitend. 4) Die A u s d e h n u n g d e s U n t e r l e i b e s kommt nur bei grofsen Po- nimmt allmälilig zu, erreicht lypen v o r , ist unregelmäfsig gewöhnlich einen gröfsern in Betreff der Gestalt und Umfang, ist meistens gleichder Entwickelung. förmig. 5) Die S c h e i d e n p o r t i o n ist veikür^t, aber hart, dick. verkürzt, aber aufgelockert, weich. 6) Der M u t t e r m u n d öffnet sich ohne wahre W e h e n , bleibt gewöhnlich kurz vor der Ausoft lange offen und ist nie- treibung einer Frucht oder mals vollkommen verstrichen. Mole unter wehenartigen Schmerzen. 7) D u r c h d e n M u t t e r m u n d f ü h l t m a n den r u n d e n , oder wenn der die Theile des Eies, oder P o l y p durch denselben hin- nach T r e n n u n g der Eihiillen, durch getreten ist, den birn- Theile der Frucht selbst, förmigen Körper. 8) Die D a u e r ist auf unbestimmte Zeit ausge- auf bestimmte Zeit beschränkt, dehnt. 9) K i n d e s b e w e g u n g e u finden nicht statt. nach fünfmonatlicher D a u e r der Schwangerschaft sich ein. Besonders schwierig ist die Unterscheidung des Polypen von einer Molenschwangerschafl. Man wird auch hier auf die Begattung Rücksicht zu nehmen haben, da die Molenschwangcrschaft Folge einer Begattung ist. Im Uebrigen wird auf dieselben Merkmale geachtet werden müssen, die bei der Schwangerschaft schon angeführt w u r d e n ; denn die

652

Gcbärmutterpotyp.

Zeichen einer gewöhnlichen Schwangerschaft sind von denen einer Molenschwangerschaft nicht sehr verschieden; nur nimmt die Ausdehnung des Leibes bei der Blasenmole schneller z u , und die bei Molen vorkommenden Blutflüsse, die eine Verwechselung mit dem Polypen leicht zulassen, endigen gewöhnlich im vierten, höchstens fünften Monate der Schwangerschaft mit dem Abgänge der Mole. Ist der Gebärmutterpolyp in die Scheide herabgetrefeii, so ist eine Verwechselung mit Schwangerschaft nicht mehr möglich. Uebrigcns kann bei einem Polypen Schwangerschaft entstehen, wie mehrere Beobachtungen lehren. Ist dieses der Fall, so pflegt Abortus einzutreten; ein Polyp ist daher bisweilen Ursache eines wiederholt erfolgenden Abortus; indessen sind auch Fälle bekannt geworden, in welchen das Kind neben dem Polypen seine vollkommene Reife erlangte. Ist der Polyp nicht vor der Schwangerschaft erkannt worden, so wird es nicht leicht möglich sein, ihn während derselben zu erkennen, denn eine etwa eintretende Blutung wird eher dem drohenden Abortus, oder bei längerer Dauer der Schwangerschaft dem Aufsitzen des Mutterkuchens zuzuschreiben sein. Die Erkenntnifs kann n u r dann vor der Entbindung statt finden, wenn er vorher in die Scheide herablrilt, oder wenn eine geburtshilfliche Operation das Einführen der Iland in die Höhle der Gebärmutter nöthig macht. Gewöhnlich wird erst nach der Austreibung des Eies der Polyp bei einer genauen innern Untersuchung erkannt, und es ist hier auch meistens die beste Zeit, den Polypen zu entfernen. Endlich scheint es mir aufser allem Zweifel, dafs auch während einer Schwangerschaft Polypen in der Gebärmutter sich bilden können; sie scheinen von dem bei etwa vorkommender partieller Lösung des Mutlerkuchens ausgetretenen Blute, welches gerinnt, und an der innern Fläche der Gebärmutier sich ansetzt, ihre Entstehung herzunehmen, und keine grofse Selbstständigkeit zu gewinnen, da sie meistens schon vor der Frucht ausgestof?en werden. D e r P o l y p kann auch mit andern krankhaften Zuständen verwechselt werden, z. B. mit Vorfall, Umstülpung der Gebärmutter u. 8. w. D e r Gebärmutterpolyp wird dem

(iclj'.ii'iniiltcrpolyp.

653

Vorfalle ähnlich, wenn er in die Mutterscheidc lief herabIrilt und an seiner unlcrn Fläche zufällig eine dein Muttermunde gleichkommende Vertiefung zeigt. II.

Unterscheidung

von dem V o r f a l l e d e r Vorerst

nimmt

man

des

Gcbärmuttcrpolypen

Gebärmutter. auf

die

Entstehung

des

Ucbels

Rücksicht, da sich beim Vorfalle meistens gewisse Gelegenheitsursacheii

auffinden lassen.

U c b r i g e n s mufs man den

unvollkommenen und vollkommenen Vorfall

unterscheiden,

da die Diagnose bei diesem leichter ist als b e i j e n e m . 1) U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m u t t e r p o l y p e n dem u n v o l l k o m m e n e n

von

Gebärmuttervorfalle.

Polyp.

Vorfall.

a ) D i e B e s c h a f f e n h e i t der Geschwulst ist weich, nachgiebig, nicht cm-

härtlich, gegen Berührung em-

pfindlich.

piiudlich.

b) D i e F o r m unten breit,

ist

oben am Mut-

mählig dicker werdend.

termunde schmal. c) D e r

unten schmal, nach o b e n all-

Muttermund

umgiebt ringförmig den Stiel;

findet sich am untersten T h e i l e

eine am K ö r p e r des Polypen

der Gebärmutter,

und

läfst

etwa

die Spitze des Fingers

oder

befindliche

Vertiefung

läfst eine S o n d e nicht ein- eine S o n d e eindringen. dringen. d) U m s t ü l p u n g d e r M u t t e r s c h e i d e fehlt, daher der F i n g e r oder

ist vorhanden, daher der F i n -

die Sonde neben dem P o l y -

ger

pen hoch hinauf bis an das

dem herabgetretenen Multer-

Scheidengewölbe vordringt.

halse

oder

die S o n d e

an das

neben

herabgesenkte

Scheidengewölbe anstöfst. e ) D i e R e p o s i t i o n ist nicht möglich; jeder Versuch dazu veranlafst Schmerzen.

möglich

und veranlafst

leichterung b e i

Er-

vorhandenen

Beschwerden. / ) B l u t f l u f s ist gewöhnlich vorhanden. 2)

Unterscheidung

gewöhnlich fehlend,

des Gebärmutterpolypen von dem v o l l k o m m e n e n Gebärmuttervorfallc.

654

jGrbärmuttcrpoIvp.

Polyp. a) D e r M u t t e r m u n d ist weder zu seheu noch aufseu zu fühlen. l>) Die S o n d e Infst sich in die Scheide und selbst ueben dem Stiele in den Muttermund einbringen.

Vorfall. vor den Goschlechlslheilen zu sehen und zu fühlen.

nicht lief in die Scheide und nur in den vor den Geschlechtstheilen befindlichen Muttermund einbringen. c) Die oben berührte F o r m ist nicht blofs zu fühlen, sondern auch zu sehen. Uebrigens ereignet sich bei grofsen in der Mullerscheide tief herab- oder selbst vor die Geschlechtslheile tretenden Polypen ein Vorfall der Gebärmutier, der jedoch meistens nur ein unvollkommener ist. Die Personen klagen alsdann über eine gewisse Leere über den Schambeinen so wie über einen lästigen Drang, als wollten die Eingeweide aus den Genitalien hervorkommen. Diese Symptome nehmen bei körperlichen Anstrengungen, beim Husten, Niesen u. s. w. zu. Eine Verwechselung des Gebärmullerpolypen mit Uinstülpung der Gebärmutter ist nicht seilen, aber wegen der verschiedenen Behandlung dieser Uebel von solcher W i c h tigkeit, dafs die gröfste Sorgfalt nolhvrcndig ist, um nicht in einen Irrlhum zu gerathen. Entschuldigen läfst sich diese Verwechselung durch die übereinstimmende Form, in welcher jenes, wie dieses Uebel sich zeigt. In beiden Fällen ist nämlich die Geschwulst unten dick, oben dünn, dabei glatt. III. U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m u t t e r p o l y p e n von der Umstülpung der G e b ä r m u t t e r . E s sind hier zwei Fälle zu unterscheiden; denn entweder wird ein in der Scheide befindlicher Polyp mit einer Umstülpung der Gebärmutter ohne weitern Vorfall, oder ein vor den Geschlechlstheilen befindlicher Polyp mit einer Umstülpung und einem Vorfalle der Gebärmutter verwechselt. 1 ) U n t e r s c h e i d u n g d e s in d e r S c h e i d e b e f i n d lichen P o l y p e n von der Umstülpung der G e b ä r mutter.

ijoLärmiiltcrpnlyp,

655

V o r allen Dingen sind die Gelegenheitsursachen zu b e rücksichtigen; • denn die Umstülpung der G e b ä r m u t t e r erfolgt gewöhnlich nach der G e h u r t , besonders in der Nachgeburtsperiode, w e n n am Nabelstrange mit aller K r a f t gezogen wird u. s. w. Malgaigne will einen männlichen K a theter in die Harnblase bringen, das o b e r e E n d e hinterw ä r t s , und seine Concavität nach unten richten; das o b e r e E n d e des Katheters soll sich alsdann in der trichterförmigen Stelle des Gebärmuttergrundes durch die Scheide durchfühlen lassen! Polyp. Umstülpung. «) D e r M u t t e r m u n d läfst sich n u r mit Mühe erreichen, w e n n leicht erreichen, ist ausgeder P o l y p sehr grofs, und dehnt und erweitert, auch, d e r Muttermund um dessen w e n n das U e b e l eben erst Stiel zusammengezogen ist. entstanden ist, noch weich. b) Der F i n g e r oder die S o n d e dringt n e b e n dem Stiele in dringt in den M u t t e r m u n d den Muttermund bis in die nicht tief ein. — W e n n bei Höhle der G e b ä r m u t t e r ein. partieller Umstülpung eine W a n d des Uterus stehen bleibt, kann die S o n d e w i e beim P o l y p e n eindringen. c) Die R e p o s i t i o n ist nicht möglich und jeder Ver- möglich, u n d bringt Erleichsuch veranlafst Beschwerden, terung. Eine veraltete Inversion läfst sich auch nicht mehr reponiren. d) D i e E m p f i n d l i c h k e i t fehlt; denn beim Drücken, ist vorhanden; denn bei starK r a t z e n , Einschnüren, beim k e r Berührung, beim KratUmlegen einer Ligatur klagen zen mit dem Nagel klagen die Kranken nicht ü b e r die K r a n k e n ü b e r Schmerzen. Schmerzen. 2) U n t e r s c h e i d u n g d e s v o r d e n G e s c h l e c h t s theilen b e f i n d l i c h e n P o l y p e n v o n d e r mit Vorfall v e r b u n d e n e n U m s t ü l p u n g d e r G e b ä r m u t t e r . Polyp. Umstülpung. a ) Die O c u l a r i n s p e c t i o n zeigt die eigenthümlichc Beschaffen- die e i g e n t ü m l i c h e Beschaffen-

656 heit des P o l y p e n .

Gcbärmulterpolyp.

Iioit der Gebärmutier; ist die Uinslülpung nach der Geburt entstanden, so entdeckt man nicht selten noch die anhängende Placcnta oder Stücke derselben, oder die Stelle, an welcher dieselbe festsafs. 6) Die U n t e r s u c h u n g weiset die Uneuipfindlichkeit d e r G e - die Empfindlichkeit "der Geschwulst, die Härle und Fe- schwulst, die "Weichheit u n d stigkeit des Stiels nach. Nachgiebigkeit des aus dem Muttermunde hervorgetretenen Mutterhalses nach, c) D e r M u t t e r m u n d läfst den Stiel des Polypen hin- die Gebärmutter hindurchlredurchtreten, und umgiebt den- ten, ohne darüber noch einen selben, giebt aber die Einfüh- Raun) zu gestatten, umrung einer Sonde zu. schliefst daher den hervorgetretenen Muttcrhals, wie ein Ring, und giebt das Vordringen der Sonde nicht zu. Nicht selten entsteht eine Umstülpung der Gebärmutter bei dein Polypen. Die Symptome eines in der Gebärmutter befindlichen Polypen gehen alsdann der bestimmten Gclegenheitsursache vorher, welche den Austritt des Polypen und die Entstehung der Inversion bewirkt. Man fühlt alsdann den Stiel des Polypen in der Muttcrschcide, oder man sieht ihn vor den Geschlechtsteilen, mit einer unten breiten und oben vom Muttermunde umgebenen schmälern Geschwulst verbunden. In den Muttermund kann weder der Finger, noch die Sonde vordringen. Auch kann man die obere, im Muttermunde liegende Geschwulst, wenn der umgestülpte Theil der Gebärmutter nicht verdickt ist, zurückschieben. Die Kranken klagen ü b e r einen ziehenden Schmerz unter dem Nabel und in den Hüften, ü b e r ein Gefühl, als würde alles herausgerissen, welches beim Stehen u n d Gehen sich vermehrt, beim Liegen aber abnimmt, so wie ü b e r einen sehr lästigen und anhaltenden Schmerz, der sich von den Lendenwirbeln bis zum Kreuzbeine und bis in die Schenkel herab erstreckt. IV. U n -

GeLärmutterpotyp.

657

IV. U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m a t t e r p o l y p e n von den fibrösen Geschwülsten der Gebärmutter. In den n e u e m Zeilen lernte man diese fibrösen G e schwülste der Gebärmutter näher kennen, die man früher häufig mit Scirrhus verwechselte, und die man mit den Polypen, besonders mit den fibrösen verwechseln kann. Diese fibrösen Geschwülste haben eine verschiedene, gewöhnlich aber ziemlich umgränzteForm, (meistens rund oder eiförmig; treten sie in die Mutterscheide herab, auch wohl gelappt, auch conisch, mit dem d ü n n e m Ende nach unten gerichtet, gestielt oder nicht gestielt): eine verschiedene G r ö f s e , denn sie schwanken vom geringsten Umfange bis zur Gröfse eines Kindeskopfes und darüber ( m a n hat solche Geschwülste von 10, 20 — 2 5 , in einem Falle sogar von 39 Pfund gefunden): einen verschiedenen S i t z ; denn sie entwickeln sich entweder an der äufsern Fläche der Gebärmutier zwischen dem Gewebe derselben und dem Bauchfelle mit einem oft sehr dünnen Stiele, treten in die Unterleibshöhle hervor und erreichen daruü) oft eine beträchtliche Gröfse; oder in der Mitte zwischen der äufsern und innern W a n d in der Substanz der Gebärmutter, ohne mit dem G e w e b e derselben in Zusammenhang zu stehen, indem sie die Fibern dieses Organs von einander drängen, treten bisweilen nach innen, bisweilen nach aufsen hervor, und erreichen keine beträchtliche Gröfse; oder in der Substanz selbst, jedoch mehr an der innern oder äufsern Fläche; oder endlich an der innern Fläche selbst, sind gestielt und werden dann die fibrösen Polypen genannt: eine verschiedene B e s c h a f f e n h e i t ; denn sie sind anfangs glatt und weifs, und bestehen aus zaserigen und lederartigen Häuten und F i b e r n , aus in unregelmäfsige concentrische Lagen zusammengerollten oder verschiedentlich verwickelten Bündeln, bisweilen auch aus regelmäfsen L a g e n , enthalten bisweilen zellige, gelbgraue Knoten, werden bei hinzukommender Entzündung mehr oder weniger roth, bei Degeneration braun, selbst schwärzlich, sind anfangs meistens weich, wie fleischig, später werden sie dichter und fester, wie Knorpel oder Knochen, zuletzt selbst ossificirt, indem sich an verschiedenen Stelleu K n o r h r n k e r a e oder Steine (sogenannte Uterinsteine) bilden, werden biHwrilen auch carcinomatös entartet, uneben, höckerig, weich, iilccrirl, im Innern hirnähnliche Masse, EiMed. clur. EnrJ.I. XIII. IIJ. 42

658

Oeb'armutterpolvp.

fer, Blut enthaltend. — Die Erkenntnifs dieser Geschwülste ist aber meistens sehr schwierig, nur wenn sie an der Scheidenportion ihren Sitz haben, sind sie leichter zu entdecken; doch müssen wir die Darstellung dieser Diagnose einem andern Artikel überlassen, und beschränken uns darauf, die hauptsächlichsten Merkmale angeführt zu haben, um diese Geschwülste von den Polypen zu unterscheiden. V. U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m u t t e r p o l y p e n von den schwammigen A u s w ü c h s e n der Gebärmutter. Diese im Ganzen seltenen Auswüchse haben eine breite Basis, eine rauhe, mit einer dünnen Haut bedeckte O b e r fläche ein Aggregat von Gefäfsen, weshalb Blut ergossen wird, obwohl anfangs der Ausflufs mehr wäfsrig ist, und eine der Placenta entsprechende Beschaffenheit, entstehen am Muttermuude ( n i e in der Höhle der Gebärmutter,), nehmen denselben stellenweise oder gänzlich ein, wachsen gewöhnlich nach der Entfernung wieder hervor, sind gewöhnlich von geringem Umfange, füllen aber auch bisweilen das Becken aus, wuchern sogar aus der Mutterscheide hervor, und zeigen alsdann der Besichtigung eine glänzende Fleischfarbe, sehen abgerissen, weifs aus, und stellen nach dem T o d e eine weiche, welke, schleimige, weifsliche Substanz dar, sind gegen die Berührung unempfindlich und erregen überhaupt keine Schmerzen, schrumpfen nach der Unterbindung ein, und zeigen dann eine dem Eiweifs ähnliche Substanz. VI. U n t e r s c h e i d u n g d e s G e b ä r m u t t e r p o l y p e n von dem Scirrhus und Krebse der Gebärmutter. N u r die Blutungen, die bei beiden Uebeln vorkommen, lassen eine Verwechselung zu, die bei näherer Untersuchung bald verschwinden mufs; denn die vorhergegangenen u n d begleitenden Symptome, besonders die charakteristischen Schmerzen, der ichoröse, blutige Ausflufs, dann die Härte, Ungleichheit, die blumenkohlartigen Auswüchse des Muttermundes unterscheiden den Krebs hinlänglich von dem P o lypen. Doch ist noch zu bemerken, dafs die scirrhöse und carcinomatöseDegeneration bisweilen den Polypen begleitet, in manchen Fällen die Ursache desselben ist, bisweilen aber nach der Entfernung des Polypen sich erst entwickelt. —

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Gebärmutterpolyp.

Alsdann begleiten die Zeichen des Scirrlius und Krebses den Polypen oder Folgen demselben. V e r l a u f . Dieser ist bei der Darstellung der Diagnose zum Theil schon betrachtet worden. D e r in dem G r u n d e der Gebärmutter sitzende Polyp dehnt allmählig den Mutterhals und Muttermund aus, tritt durch denselben in die Mutterschcide herab, und kommt später nicht selten vor den Genitalien zum Vorschein, wobei bisweilen der Gebärmuttergrund sich herabsenkt und umstülpt. — Daher werden vier oder drei Stadien f ü r den Verlauf des Polypen der Gebärmutter unterschieden. Das Herabsteigen des Polypen geschieht bald früher, bald später, ja bisweilen gar nicht, wenngleich die begleitenden Zufälle von solcher Heftigkeit sind, dafs der T o d eintreten inufs. Ein am Mutterhalse sitzender Polyp tritt gleich in die Mutterschcide herab, und bringt leicht einen Prolapsus uteri hervor, wenn er vor die Geschlechtstheile hervortritt. Bleiben die Polypen in der Mutterscheide liegen, so werden sie gewöhnlich nicht verändert. Treten sie aber vor die äufseren Geschlechtstheile hervor, so sind sie fortwährend der Luft ausgesetzt; aufserdem wirkt die vom hervorfliefsenden Schleime und Harne herrührende Nässe nachtheilig ein; auch findet ein D r u c k von den Schenkeln statt. Daher wird der Polyp exeoriirt, und die Absonderung noch vermehrt. Das Gehen, später fast jede körperliche Bewegung wird lästig, selbst unerträglich. Durch die Blutflüsse oder durch die anhaltenden Schleimflüsse leidet bald mehr oder weniger das Allgemeinbefinden; daher entstehen wassersüchtige Anschwellungen, Zchrfieber, allgemeine Entkräftung und bald der Tod. Doch dauert nicht selten dieses Uebel mehrere J a h r e lang, ehe dieser Ausgang stattfindet, der bisweilen überraschend schnell eintritt, wenn sehr gefährliche Blutflüsse erfolgen. — Bei zwcckmäfsiger Kunsthülfe wird aber sehr oft dieser üble Ausgang verhütet. V o r h e r s a g e . Diese ist nach den Umständen verschieden, denn wenn auch im Allgemeinen diese krankhafte Bildung immer von Bedeutung ist, und meistens das Einschreiten der Kunst verlangt, so wird doch bisweilen die Hülfe von der Nalur «elbst geleistet, und zwar bei bald geringer bald bedeutender Gefahr. Die Polypen der Gebärmutter

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6C0

GebarmnUcr[)oty|>.

können nämlich, wie ich in der neuen Zeitschr. f. Geburlsk. ( I . B. 3. H. p. 29—55) auseinandersetzte, in ihrem W a c h s thum stehen bleiben, schwinden, gelöst w e r d e n , lind zwar entweder nach wiederholten Blutungen, bei der gröfsten Schwache, oder schon früher bei dem Herablrcten des P o lypen aus dem Muttermunde, welcher gleichsam die Stelle der Ligatur vertritt. "Wenn in diesem Falle die Genesung meistens zu erwarten ist, so kann in jenem doch der T o d der grofsen Schwäche wegen noch später eintreten. Dieselbe Beobachtung machtc Meifsner (üb. d. Polypen u.s.w. Leipz. 1820 p. 85 u. f. und v. Stebold's J o u r n . f. Geburtsh. u.s.w. 6. B. 2. St. p. 310). Die Prognose hängt übrigens a b : von dem S i t z e des Polypen; ein am Mutlerhalse sitzender Polyp kann früher erkannt und entfernt werden, als ein im Gebärmuttergrundc sitzender, welcher später erkannt und nicht so bald entfernt werden kann, vielmehr sehr üble Zufälle, namentlich gefährliche Blutillissc erregt: von der B c s c h a f f c n h c i t ; Polypen mit dünnem Stiele werden leichter entfernt, und bringen weniger Gefahr als Polypen mit dickem Stiele oder mit einer breiten Basis aufsitzend; weiche, dünne Polypen werden eher durch die Naturhülfe entfernt, als feste, fibröse Polypen: von der D a u e r des Uebels; je länger der Polyp gedauert hat, desto ungünstiger pflegt die Prognose zu werden, weil das Allgemeinbefinden immer mehr leidet: von den Z u f ä l l e n , die der Polyp erregt; je mehr Blut verloren gegangen ist und fortwährend verloren geht, desto weniger Hoffnung ist vorhanden, weil die allgemeine Schwäche immer gröfser wird. — Die Hoffnung nimmt immer noch ab, wenn hektisches Fieber hinzukommt. Gleichzeitig vorhandener Vorfall der Gebärmutter erleichtert oft die Erkenntnifs und Entfernung des Uebels; eine Inversion erschwert gewöhnlich die Diagnose und das zur Entfernung des Polypen nöthige Kunstverfahren. Am übelsten wird die Vorhersage, wenn Scirrhus des Muttermundes hinzukommt; denn wenn hier auch der Polyp entfernt wird, so tritt binnen kurzer Zeit offener Krebs ein, der dem Leben bald ein E n d e zu machen pflegt. Auch bei den bösartigen Polypen von schwammiger Beschaffenheit ist die Vorhersage ungünstig, weil die häufigen Blutungen bald grofse Schwäche und

< i cli.iinni l tcr j>

(>.

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Zehrlicbcr hervor'bringen. Uebrigentt Int noch das Verhältxiil's zur Einpfängnifs und SchwangciM.hnft zu berücksichtigen; denn wenn auch der Polyp noch sehr klein ist und wenige Zufälle erregt, so verhindert er doch sehr oft die Einpfängnifs, oder bewirkt, wenn dennoch Schwangerschaft eintritt, Abortus, der bei fortdauernder Ursache nicht selten wiederkehrt, und wenn in seltenen Fällen die Schwangerschaft ihr regelmäfsiges Ende erreicht, so treten bei der Geburt selbst manche Gefahren ein, indem einestheils die Geburt des Kindes durch den Polypen selbst, anderntheils die Zusammenziehung der Gebärmutter erschwert und dadurch die Entstehung gefährlicher Blutllüsse veranlagt werden kann. Die während der Schwangerschaft entstehenden Polypen pflegen solche gefährliche Zufälle nicht zu erregen, weil sie leichter durch die Natur selbst getrennt und entweder vor oder mit, oder nach dem Kinde ausgetrieben werden. B e h a n d l u n g . Diese besteht hauptsächlich in der Entfernung des Polypen; ist diese erfolgt, so mufs mau noeb die übelu Folgen zu entfernen suchen, welche durch den Polypen veranlafst worden sind. Doch hat man auch in den neuern Zeiten Mittel empfohlen, welche das Uebel ohne alle Operation entfernen sollten. S o behauptet Weise (über die Zurückbildung der Scirrhen und der Polypen, und über die Heilung der Krebsgeschwüre. Leipzig, 182.9. 8.), dafs die Polypen, besonders die knorpelartigen, durch die thierische Kohle zurückgebildet würden. Kahhis versichert einen zwei Zoll langen Mutterscheidenpolypen mittelst Opiumtinctur geheilt zu haben; derselbe wurde nach dem Betupfen mit Laudanum liquid. Syd. kleiner und verschwand nach dem Einlegen eines in Laudanum getauchten Haarseiles. Auch hat man Palliativmittel versucht; so empfiehlt z . B . Ulsamer das Mutterkorn gegen die bei Gebärmutterpolypen entstehenden Blutflüsse. Indessen geht bei der Anwendung solcher Mittel nur die Zeit verloren, und man täuscht sich, indem man das ohnedies erfolgende Stillstehen des Blutflusses für W i r kung des Mittels hält, während die Schwäche immer zunimmt, der Polyp gröfser wird u.s.w. Doch erscheint eine Vorbereitungscur nicht ganz überflüssig; denn wenn man die Gelegenheitsursachen, zumal solche, die im Körper selbst liegen, kennt, so mufs man diese zu entfernen oder ihre

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Gebärmutlerpolyp.

Wirkung aufzuheben suchen. Man nimmt daher auf unterdrückte Exantheme, auf Syphilis u. s. w. Rücksicht. Ist die Schwäche von bedeutendem Grade, so giebt man vor der Entfernung auch stärkende Mittel; doch ist niemals zu rathen, eine vollständigeStärkungscur einzuleiten; denn wenn die Blulilüsse und die Leucorrhöe häufig eintreten oder fortdauern, so nimmt trotz der stärkenden Mittel die Schwäche immer zu, und die Lebensgefahr wird immer gröfser. Die Entfernung des Polypen ist aber selbst das beste Mittel, um die Ursache der zunehmenden Schwäche, die Blulilüsse zu entfernen. Auch darf man sich selbst durch einen hohen Grad von Schwäche von einer Operation nicht abhalten lassen; denn selbst ein lentescirendes Fieber verschwindet nicht selten bald, wenn es gelingt, durch die Operation selbst die übermäfsigen Aussonderungen zu mäfsigen oder ganz zu hemmen. Die zur Entfernung des Polypen anwendbaren Methoden sind verschieden; nämlich: das Abdrehen und Herausreifsen, das Aetzen, das Unterbinden und Ausschneiden; doch sind jetzt nur noch die beiden letzten Methoden in Gebrauch und zwar mit Recht; denn das Abdrehen und Herausreifsen, Abkneipen, mag es mit der Hand oder mit Polypenzangen geschehen, ist schmerzhaft, giebt zu Reizung oder Verletzung und dadurch zu Entzündung und Blutflüssen, dann aber auch zum Vorfalle und zur Umstülpung der Gebärmutter Veranlassung; dcnnoch hat Palctta noch in den neueren Zeiten das Ausreifsen der Polypen der Gebärmutter empfohlen; und das Wegätzen, welches durch Aetzmittel oder durch das Glüheisen bewirkt werden kann, erscheint für diese Auswüchse schon des Ortes wegen unzweckmäfsig, dann aber ist es gewöhnlich zu langwierig und unwirksam; denn der Polyp wird meistens nur verringert, nicht ganz zerstört, oder er bildet sich bald wieder, weil der oft sehr tief in die Gebärmutterhöhle hinaufgehende Stiel des Polypen nicht vom Aetzmittel berührt werden kann. — Nach Richter und Meifsner würde nur eiu bei der geringsten Berührung leicht blutender, die Mutterscheide ganz ausfüllender, die Anwendung der Instrumente hindernder, und Lebensgefahr bringender Polyp das Aetzmittel oder Glüheisen verlangen. Doch soll die Unterbindung, wenn der

Gcbärinulterpoljp.

€63

Polyp klein geworden ist, um sie zuzulassen, und dann noch die Abschneidung nachfolgen, um den Fäulnifsprocefs des Polypen abzukürzen. Demnach sind hier n u r die beiden Methoden (Unterbindung und Abschneidung) zu betrachten. Unterbindung. Diese ist eine sehr alte Methode, obwohl sie n u r in denjenigen Fällen, in denen der Polyp vor den Geschlechtstheilen lag, mit den blofsen Fingern aus Mangel an W e r k z e u g e n geübt werden konnte. Durch die Erfindung solcher ist diese Methode sehr vervollkommnet worden. Sie entspricht am meisten der Natur, indem bei der Unterbindung die Absonderung des Polypen hier auf ähnliche W e i s e stattfindet, wie bisweilen eine Lösung des Polypen freiwillig erfolgt. —• Mit dieser meinen Meinung (neue Zeitschrift für Geburtkunde. 1. Band 3. Heft, p. 50) stimmen Mci/sticr und Jörg überein, welcher letztere in der Vorrede zu Meifsticr's Schrift über die Polypen diesen Punct am genauesten erörtert. Sic ist fast für alle Fälle passend, selbst bei Polypen mit sehnigem Stiele; denn wenn bei diesen auch noch das Abschneiden nöthig wird, um den P o lypen gänzlich zu entfernen, so verhindert doch die umgelegte Ligatur den Zudrang der Flüssigkeiten zu dem Polypen, und bewirkt auf diese W e i s e das Absterben desselben. N u r da, w o die Entfernung des Polypen rasch erfolgen mufs, wenn gefährlichen Zufällen vorgebeugt werden soll, pafst die Unterbindung nicht, z. B. bei vorgefallenen Polypen mit umgestülpter Gebärmutter, bei welchen die Ausschneidung sicherer zum Ziele führt, und möglichst schnelle Reposition des Uterus gestattet. In allen andern Fällen, in welchen keine dringende Gefahr vorhanden ist, kann ihr die langsame W i r k u n g nicht zum Vorwurfe gereichen; denn darauf, dafs der Polyp gleich auf der Stelle, oder erst in den folgenden Tagen entfernt wird, kommt es in diesen Fällen nicht an; dagegen verschwinden diejenigen Zufälle, welche die Kräfte schwächen, z. B. die Blutflüsse, gewöhnlich gleich mit der Umlegung der Ligatur, ohne dafs neue Zufälle von einiger Wichtigkeit erregt werden. Auch kann man der Unterbindung den Vorwurf nicht machen, dafs dieselbe vor der Wiedererzeugung des Polypen keine hinreichende Sicherheit gewähre; denn bei der Abschneidung kann der Polyp mich wieder entstehen, und nicht die Un-

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Gebärmu tterpolyp.

terbindung Überhaupt, sondern nur die unvollkommne ist hier anzuklagen; eben so die unvollkommene Ausschneidung des Polypen. Uebrigens hängt die Wiedererzeugung desselben sicher nicht immer von der Operationsmetbode, welche den vorhandenen Polypen vielleicht vollkommen entfernte, sondern von der noch fortdauernden oder fortwirkenden, innern und äufsern Ursache ab. Aufscrdcm ist bei der Unterbindung zu berücksichtigen, dafs dieselbe von den Kranken der Ausschneidung vorgezogen wird, indem dieselben zu jener sich viel eher als zu dieser verstehen. Vertheidigt und in den Schutz genommen wird die Unterbindung von Lernet, welcher die Ligatur hauptsächlich empfohlen hat, von Haugk, der nur im Allgemeinen der Ligatur den Vorzug giebt, bei kleinen, an einem dünnen Stiele hängenden und leicht zu erreichenden Polypen aber das Abschneiden für zweckmäfsig hält, von Mende, Jörg, Nicolai, liahlff, Deguise, Roche, Sansón, Mayor, Madame Boivin, Dugés, Clarke, Bums, Baillie und Andern. Manche, welche das Abschneiden empfehlen, verlangen die vorläufige Unterbindung entweder unbedingt QBreschet), oder unter gewissen Umständen, z. B. wenn in dem Stiele gröfsere pulsirende Gefäfse entdeckt werden. Bei der Unterbindung ist auf folgende Puñete zu achten: 1) auf die Stelle, welche unterbunden wird. Am zweckmäfsigsten wird diejenige Stelle des Stiels gewählt, welche der Ursprungsstelle am nächsten liegt; doch ist es für das Gelingen der Operation nicht immer nothwendig, dafs die Unterbindung dicht an der Gebärmuttersubstanz unternommen wird; denn wenn auch der Stiel weiter entfernt von der Gebärmutter unterbunden wird, so verschwindet doch meistens auch der Rest des Stiels, entweder durch die Resorption oder durch Eiterung; ja bei allmähliger Unterbindung wird bisweilen der Polyp an seiner W u r z e l abgestofsen, wenngleich die Ligatur von derselben entfernt liegt: (man vergleiche Thomas Arthur Stone über die Trennung des Halses des Gebärmutterpolypen nach Entfernung des Körpers der Geschwulst, mitgelheilt in von Siebold's Journ. f. Geburtsh. 7. B. 2. St. p. 641). Da es schwierig ist, den Stiel des Polypen von der Substanz der Gebärmutter zu

Gebärmutterpolyp.

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unterscheiden, wenn dieselbe erschlafft und durch den schweren Polypen hervorgezogen wird, so mufs man hierauf besondere Aufmerksamkeit verwenden, und in zweifelhaften Fällen die Ligatur lieber etwas tiefer als zu hoch anlegen; doch hat die Erfahrung gelehrt, dafs die Unterbindung eines Stückes ja selbst der ganzen Gebärmutter nicht absolut tödtlich ist. D a aber die Gränze zwischen Polyp und Uterus bei langem, schmalem Stiele leichter zu unterscheiden ist, als bei kurzem Stiele, so ist auch bei jenem die Unterbindung leichter als bei diesem. 2 ) Auf den Grad des Zusammenschnürens; dieser darf weder zu bedeutend, noch zu gering sein; im ersten Fall kann der Faden besonders bei weichem Polypen durchschneiden und dcmnacli dieselbe W i r k u n g wie die Scheere haben, zu Blutungen Veranlassung geben, auch die Gebärmutter zu sehr reizen; und, wie man 6agt, selbst Convulsionen hervorbringen; im letzten Falle hat die [Jntcrbindung geringen oder gar keinen Erfolg, indem die Trennung kaum oder gar nicht beginnt. Am zweckmäfsigsten ist es, wenn der Polypenstiel allmählig zusammengedrückt, und die Ligatur nach und nach angezogen w i r d ; denn gerade bei einer allmähligen Unterbindung erfolgt ein naturgemäfses Absterben des Polypen an seiner Einpilanzungsstelle in der Gebärmuttersubstanz, indem der ganze Stiel sammt dem Polypen anschwillt und abwelkt. D a s Zurückbleiben eines Restes des P o l y p e n , welcher zur Wiedererzeugung desselben Aftergebildes Gelegenheit geben könnte, ist in einem solchen Falle nicht zu fürchten. Uebrigens mufs der Faden die gehörige Beschaffenheit haben, nicht zu dünn, um nicht ein vorzeitiges Durchschneiden, und nicht zu breit sein, um nicht das langsame Durchschneiden zu veranlassen. 3) Auf die besonderen Umstände, unter welchen die O p e ration unternommen wird; denn es ist einleuchtend, dafs von ihnen theils die Methode, theils der Erfolg bestimmt wird. Ist der Polyp in die Scheide oder vor die äufseren Geechli'chlsthcilc herabgetreten, so ist die Unterbindung am lcichlcHtni zu bewerkstelligen. B e f i n d e t s i c h der Polyp noch in der Gobürinulloiliöhlc, so wird die Entfernung nur durch etwa voiliniulciKi Blutungen oder Nervenzufälle, die auf andere Weine nirlit zu beseitigen sind, verlangt; doch wird

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Gcbärmutterpotyp.

ihr gewöhnlich durch den harten, langen Mutterhals ein nicht selten untibersteigbares Hindernifs entgegengesetzt. In der R e g e l soll man daher nur bei hinlänglich erweitertem Muttermunde die Operation versuchen, oder bei nicht sehr dring e n d e n S y m p t o m e n so lange verschieben, bis der P o l y p ganz oder theilweise in die Mutterscheide herabgetreten ist. Indessen hat man in den neuern Zeiten das Austreten des P o l y p e n b e i dringenden Zufällen durch Borax und Mutterk o r n mit Erfolg z u beschleunigen gesucht. S o n s t gab man d e n w e n i g z u v e r t e i d i g e n d e n Rath, den Muttermund z u erweitern, uin das Einführen der W e r k z e u g e möglich z u inachen; doch ist ein solches schmerzhaftes Verfahren gewifs in vielen Fällen ohne allen Erfolg. ' B i s w e i l e n verschwinden die gefährlichen Erscheinungen, w e n n man den P o l y p e n durch den vielleicht nur w e n i g geöffneten Muttermund herv o r z i e h e n , o d e r nur ein wenig aus seiner Stelle bringen k a n n , worauf später die Operation ausführbar ist. Wenn der untere Abschnitt der Gebärmutter gar nicht erweitert w e r d e n kann, und der Blutllufs Lebensgefahr erzeugt, s o soll man denselben nach Mende (Krankheiten der W e i b e r . Berlin 1 8 1 1 . 8. 2. Tb. p. 1 7 5 ) ohne B e d e n k e n mit einem Schnitte spalten, und dann w o möglich den P o l y p e n abschneiden, w e i l das A b b i n d e n in diesem Falle schmerzhafter w ä r e , den Blutilufs vermehren, Entzündung und Eiterung hervorbringen würde. W e n n g l e i c h sich Meifsner gegen die N o t w e n d i g k e i t einer solchen Vorschrift erklärt, so führte sie doch Dupuytren in einem verzweifelten Falle aus, er schnitt nämlich den Mutterhals e i n , u n d hakte Museux's Pincelte in den P o l y p e n ein, um ihn herabzuziehen und abzuschneiden. — Hat ein P o l y p beim Hervortreten aus dem Mutterm u n d e eine Umstülpung bewirkt, so mufs, um diese schnell z u entfernen, der P o l y p schnell unterbunden und unter der Ligatur abgeschnitten w e r d e n , damit auf der Stelle die R e position der Gebärmutter versucht w e r d e n kann. — Ist ein P o l y p scirrhös, und hat sich die Scirrhosität bis in die G e bärmuttersubstanz verbreitet, so ist die Unterbindung s o w e n i g als irgend eine andere Methode angezeigt; nur w e n n die Krankheit in dem P o l y p e n allein ihren Sitz hat, ist die schnelle T r e n n u n g durch den Schnitt nach umgelegter Liga-

Gebärmutierpolyp.

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tur nothwendig, um so viel ah möglich die Resorption zu vermindern. W a s die Methode der Unterbindung betrifft, so ist diese entweder eine blos manuelle, oder eine instruinentelle. Jene ist blos da anwendbar, wo der Polyp am Muttermunde ansitzt, und seine Wurzel mit den Fingern leicht erreicht werden kann, z.B. Vorfall oder Umstülpung der Gebärmutter statt findet. Indessen hat sie, obwohl sie einfach ist, keinen besondern Eingang gefunden, weil sie in vielen Fällen schwierig auszuführen und insofern unvollkommen ist, als man nicht im Stande ist, mit Leichtigkeit die Ligatur täglich fester anzuziehen. Man gebraucht dazu einen hinreichend starken seidenen oder hänfenen gewachsten Faden, in welchen man eine Schleife macht. Während die Kranke nach Entleerung der Harnblase und des Mastdarms auf einem Querbette in einer halbsitzenden, halbliegenden Stellung verharrt, leitet man mit den in die Scheidc eingebrachten Fingern oder der halben Hand die Schleife bis an die Wurzel des Polypen, fixirt sie hier, und läfst sie durch einen Gehülfen in hinreichendem Grade anziehen. Man befestigt alsdann den Faden an einer Leibbinde und zieht ihn in den folgenden Tagen nach und nach fester an, wobei jedesmal die Finger oder die Hand in die Scheide eingebracht werden müssen. Da, wo der Sitz des Polypen höher ist, und die Finger nicht so leicht an die W u r z e l desselben gelangen können, ist die Anwendung der Werkzeuge nothwendig und passend. Diese sind sehr verschieden, und werden hier nicht näher betrachtet, da sie unter den Artikel P o l y p e n u n t e r b i n d e r gehören. Nur Einiges werde hier erwähnt. Vor Levret waren die Unterbindungsgeräthschaften sehr unvollkommen; er selbst brachte an seinem Werkzeuge mehrere Verbesserungen an; Keck und Herbiniaux trugen hierzu bei; Conti gli, ein Italiener, erfand ein dem ersten Levret'sehen ähnlicher Instrument, jedoch von noch geringerer Brauchbarkeit. Auch Levannier brachte einen Polypenunterbinder, der mit Lcvret's Werkzeug viel Aehnlichkeit hat, in Vorschlag. — Laugier und Buttet haben das Verdienst, die Unterbindung dadurch vervollkommnet zu haben, dafs sie den Faden kreuzten und so den Polypen an allen Stellen mit der Schlinge

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GcLürmutlerpol)[).

fafslen. Sehr cinfach ist das Unterbindungswerkzeug vou Stark, der einen silbernen weiblichen Catheter gebrauchte. Auch Basedow gebrauchte zwei elastische Catheter. Richter's von Görtz beschriebenes Werkzeug ist vollkommener als die früheren, doch auch nicht ohne Mängel. Nissen war bemüht, die Spitzen der Cylinder aneinander zu halten, um auf diese Weise den Polypen an allen Stellen zu fassen. Jörg verbesserte dieses Werkzeug; Meifsner suchte das Zerreifsen des Fadens zu vermeiden. Gooch gab eine einfache Vorrichtung an, um die Röhren nach angebrachter Schlingc mit einander zu verbinden. Geringe Brauchbarkeit zeigen David?s, Löffler's, Klett's, Cuillerier's Werkzeuge. DesaulCs zuerst von Hasselberg bekannt gemachtes Werkzeug besteht aus zwei Schlingenleitern und einem Schlingenzieher. Bichat, Patrix, Hunter veränderten es; auch von Graefe's Apparat gehört hierher. Beils und Ricou's Methode entspricht der Bichat'schen. Das Werkzeug des letztem zeichnet sich durch seine Schwerfälligkeit aus. Dubais vereinigte das Unterbindungswerkzeug mit Guillon'sMutterspiegel. Auch Clarke und Denman lieferten Polypenunterbinder. Colombat empfiehlt zur Unterbindung eine Pincette, Polypodom genannt. Auf den Gebrauch des sogenannten Roderick'sehen Rosenkranzes stützen sich die Polypenunterbinder von Boucher, Sauter, Ribke, Mayer und Braun, die manche Vorzüge haben, jedoch auch noch Manches wünschen lassen. Doch überlassen wir die ßeurlhcilung dieser Werkzeuge in Betreff ihrer Anwendbarkeit, so wie die Angabe ihres Gebrauchs einem andern Artikel, und betrachten hier nur zunächst die Erscheinungen, welche nach der Unterbindung eintreten, mit Beziehung auf die dabei nöthige Behandlung. Ist der Stiel des Polypen dünn, so erfolgt gewöhnlich schon an den nächsten Tagen die Trennung desselben, welche sich durch einen übelriechenden, schwärzlichen Ausflufs kund giebt. Man hat alsdann nicht einmal nüthig, den Faden fester anzuziehen. Am dritten oder vierten Tage kann ohne besondere Zufälle der Zweck der Operation erreicht sein. Ist der Stiel des Polypen dick und fest, so widersteht er der Ligatur länger; der Polyp schwillt an, wird roth, endlich blau; der übelriechende Ausflufs entsteht erst später. Die Lösung erfolgt erst am achten, neunten Tage oder

GeLärmutlerpoljp.

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selbst noch später. Die Anschwellung des Polypen bringt, wenn sie sehr bedeutend ist, dadurch, dafs die naheliegenden Theile gedrückt werden, übele Zufälle hervor, z. B. Harnverhaltung, heftige Schmerzen u.s.w. U m die Ursache dieser Zufälle zu heben, kann man genölhig werden, den Polypen zu scarificiren, oder unter der Ligatur abzuschneiden, wobei dieselbe stark angezogen werden mufs, um den Zuflufs der Säfte und den Blutflufs zu verhindern. Findet an dem Polypen eine Aussonderung statt, so erfolgt keine bedeutende Anschwellung; auch wird sie verhütet, w e n n gleich anfangs die Ligatur etwas stark angezogen und dadurch den Zuflufs der Säfte verhindert wird. Doch kann dieses n u r bei weichen, unempfindlichen Polypen geschehen. Gegen die während der Unterbindung erfolgenden Ausflüsse verordnet man theils der Reinigung wegen theils aber auch um die Resorption der faulichten Aussonderung zu verhindern, Injectionen von Essig oder W e i n mit W a s s e r , oder von Camillen- oder Arnicaaufgufs, bei grofser Empfindlichkeit der Geschlechtstheile setzt man Hyoscyamus u . s . w . zu. Bei Absonderung der stinkenden Jauche kann auch, wenn keine Excoriation statt findet, eine Auflösung des Chlorkalks nützlich werden. Auch innerlich wird eine entsprechende Behandlung statt finden müssen. Uebrigens ist es aus mehreren Gründen nothwendig, dafs die Kranke eine ruhige Lage beobachtet. Auch dürfen, wenn das Befinden gar nicht gestört ist, immer n u r leichte, dünne Speisen genossen werden. Nach der Unterbindung entsteht gewöhnlich Schmerz, der, wenn er gelinde, drückend ist, nicht weiter zu beachten ist. Bisweilen ist aber der Schmerz heftiger; er entsteht entweder durch die Spannung der Nerven oder durch die von der Ligatur veranlafste Reizung der Gebärmutter, oder durch die Einschnürung eines Theiles derselben. In den beiden ersten Fällen kann das Nachlassen der Ligatur N u z zen haben, wenn dieselbe gleich anfangs zu stark angezogen worden war; in dem dritten Falle ist es aber durchaus nüthig, und die Ligatur mufs besser angelegt, oder wenn ein Irrthum in der Diagnose stattfindet, und erst jetzt klar wird, gänzlich gelöst werden. Bei reizbaren, empfindlichen Personen nützen innerlich krampfstillende Mittel, z. B. Eniul-

670

Gebärmutterpotyp.

sioncn mit Extractum hyoscyami oder Bittermandelwasser, in andern Fällen Opium u.s.w. Aeufserlich gebraucht man mit Erfolg Einspritzungen in die Mutterscheide von einem Infusum florum chamomillae oder Herb, hyosc. oder Rad. valerianae. Auch mufs man auf die Entleerung des Mastdarms und der Harnblase bedacht sein, da bei der Zurückhaltung dieser Excretionen nicht selten auch ein dumpfer Schmerz entsteht. Bisweilen entstehen nach dem zu festen Zusammenschnüren Ohnmächten; alsdann wird das Nachlassen des F a dens dringend nülhig. In andern Fällen sind die Ohnmächten Folge des zu bedeutenden Blutverlustes, und erfordern alsdann eine besondere den Umständen entsprechende Behandlung. Dr. Siegmayer (». Siebold's J o u r n . f. Geburtsh. 8. B. 3. St. p. 845) beobachtete nach der Unterbindung des Gebärmutterpolypen, so oft er die Schnur fester zusammenzog, einen Wechselliebcrfrost, der eine bis drei Stunden dauerte, und in Hilze überging, die sich nach 6 — 8 Stunden unter Schweifs verlor. D e r Anfall blieb erst nach dem Abgange des Polypen (am 7ten Tage nach der Unterbindung) weg, ohne dafs er durch Chin. sulph. merklich geschwächt wurde. In manchen Fällen entwickelt sich eine Gebärmutterentzünduug, welche zweckmäfsig behandelt werden mufs. Besonders nützlich zeigen sich Bähungen und Bäder. Auch wird die Diät der Behandlung entsprechend eingerichtet •werden. Hat sich der P o l y p gelöst, so wird das W e r k z e u g lokker, der Faden kann in hohem Grade angespannt, ohne dafs Schmerz eintritt, und endlich ganz hervorgezogen werden, wobei ein kleiner, zusammengefallener Polyp abzugchen pflegt. Auch trägt bisweilen eine Veränderung der Lage, wie sie z. ß . bei Befriedigung eines natürlichen Bedürfnisses statt findet, zum Abgange des Polypen bei. Ein grofser Polyp mufs künstlich entfernt werden. Man gebraucht dazu die Polypenzange, die jedoch bei sehr grofsen Polypen nicht ausreicht; weshalb man selbst zu Geburtszangen seine Zuflucht nahm; doch hat bei engen Geschlechtstheilen und grofsein Polypen der Gebrauch solcher Zangen oft manche Schwierigkeiten, und veranlagt viele Schmerzen. In einem

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GeLärmutterpotyp.

F a l l e gelang m i r die Ausziehung eines s e h r grofsen, u n t e r b u n d e n e n G e b ä r m u l t e r p o l y p e n , d e r mit einer P o l y p e n z a n g e nicht gefafst w e r d e n

konnte,

dadurch,

dafs ich a n

einer

S t e l l e , w o der P o l y p geplatzt w a r , eine T r e n n u n g b e w i r k t e , und den s o gebildeten L a p p e n kräftig anzog.

Bisweilen ver-

ä n d e r t sich d e r P o l y p w e n i g o d e r gar n i c h t , die S c h n u r verlängert

sich

beim

Anziehen nicht;

alsdann

kann

man

vermuthen, dafs d e r P o l y p einen festen, sehnigten S t i e l hat. M a n ist alsdann genöthigt,

den P o l y p e n unter d e r L i g a t u r

abzuschneiden. N a c h dem A b g a n g e des P o l y p e n findet gewöhnlich n o c h die A b s o n d e r u n g

e i n e r schleimigen F l ü s s i g k e i t statt;

r ü h r t theils v o n d e r S t e l l e ,

an

diese

w e l c h e r die T r e n n u n g d e s

P o l y p e n erfolgte, theils v o n der durch d e m s e l b e n gereizten M u t t e r s c h e i d e h e r ; b i s w e i l e n zeigt sich auch ein, w e n n g l e i c h meistens g e r i n g e r B l u f a b g a n g ,

d e r nicht leicht z u fürchten,

datier auch nicht gleich zu stillen ist, saftigen

Personen.

Gewöhnlich

besonders bei voll-

ist d e r Ausflufs aus

der

M u t l e r s c h e i d e in den ersten T a g e n nach dem A b g a n g e des P o l y p e n so, w i e in den späteren T a g e n des W o c h e n b e t t e s . M a n macht anfangs gelinde aromatische E i n s p r i t z u n g e n ; b e i vorkommenden

Blutungen

werden

gelinde

adstringirendc

E i n s p r i t z u n g e n n u r dann nölhig w e r d e n , w e n n dieselben e i n e n passiven C h a r a k t e r h a b e n und k e i n e V o l l b l ü t i g k e i t G r u n d e liegt.

zu

D a u e r t die regelwidrige A b s o n d e r u n g lange,

ist die Schlaffheit v o r w a l t e n d ,

so

einer Abkochung der W e i d e n - ,

sind die I n s e r t i o n e n a u s

Eichen-

oder

Chinarinde,

mit K a l k w a s s e r , M y r r h e n t i n c t u r u . s . w . angezeigt; Behandlungsart

auch die i n n e r e

entsprechend

welcher

eingerichtet

w e r d e u niufs. A u c h die N a c h c u r i s t nicht a u f s e r Acht z u lassen.

In

den meisten F ä l l e n sind innerlich u n d äufserlich s t ä r k e n d e , n ä h r e n d e M i t t e l angezeigt;

daher eine F l e i s c h d i ä t ,

mittel, C h i n a u . s . w . meistens empfohlen w e r d e n .

Eisen-

Bei vor-

waltender Schlaffheit ist j e d e Anstrengung des K ö r p e r s a n fangs zu vermeiden, um d e r E n t s t e h u n g d e r L a g e s t ö r u n g e n vorzubeugen.

Indessen

giebt e s a u c h F ä l l e ,

(z. B . b e i vollsaftigcn P e r s o n e n )

in

welchen

mehr eine kühlende B e -

handlung nötliig wird, um die W i e d e r e r z e u g u n g des P o l y p e n zu verhüten.

In diesen F ä l l e n ist auch a u f d a s E r s c h e i -

672

Geb'ärmutterpolj'p.

nen der Menstruation besondere Aufmerksamkeit zu verwenden. — Im Uebrigeii mufs man auf die etwa noch fortwirkenden Ursachen seheD, und diese zu eutfernen suchen. Abschneidung. Diese Methode wird in manchen Fällen, wie bei der Unterbindung zum Theil schon gezeigt worden ist, z.B. bei sehnigtem Stiele des Polypen, der sich durch die Unterbindung nicht lostrennt, bei mit gefährlichen Zufällen verbundener Umslülpung der Gebärmutter, wo es darauf ankommt, den Polypen schnell zu entfernen und die Gebärmutter zu reponiren, nölhig, und kann aufserdein bei jedem Polypen vorgenommen werden, welcher vor die äufseren Geschlechtstheile herabgetreten ist, oder mit leichter Mühe hervorgezogen werden kann, der zugleich einen sehr dünnen Stiel besitzt und nur geringe Blutungen veranlafst hat. Will man jedoch auch einen Polypen mit gefäfsreichem Stiele ausschneiden, so hat man, wenn die Blutung zu fürchten ist, nur nöthig, vorher die Unterbindung, und unter dieser die Abschncidung vorzunehmen. Indessen ist diese Maafsregcl nicht durchaus nolhwendig; denn die Erfahrung lehrt, dafs die Furcht vor der Blutung nach der Abschneidung des Polypen ziemlich ungegründet ist. Bei 200 von Dupuytren durch den Schnitt vollbrachten Operationen entstand die Blutung, die durcfi Tamponiren gestillt wurde, nur in zwei Fällen. Die Gefäfse nämlich, welche überdies im Stiele dünner und sparsamer zu sein pflegen, als im Körper des Polypen, ziehen sich nach dein Schnitte schnell zurück, oder werden durch die Zusaminenziehungen der Gebärmutter an der Stelle der Operation zusammengedrückt, so dafs dadurch die Blutung gestillt wird. In den neuesten Zeiten ist daher diese Methode häufiger angewendet worden. Sie wurde übrigens schon in den altern Zeiten geübt, in den neuern hauptsächlich durch Oslander und El. v. Siebold mehr allgemein empfohlen. Simson, Horlacher, Stein d. J . (gem. deutsche Zeitsch. f. Geburlsk. 4. B, 1. H. p. 79), auch Carus (v. Siebold's Journ. f, Geburtsh. u.s.w. 7. B. 3. St. p. 941), obgleich er in dem Lehrb. d. Gynäcologie, Leipz. 1820 p. 338 bei grofsen Polypen und bei nicht ganz feststehender Diagnose die Unterbindung vorzieht. Langenbeck, dann Dupuytren, Lejeune, Lisfranc geben der Abschneidung den Vorzug. E. v. Siebold rühmt von

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GeLärmutterpotyp.

von dieser Operation die geringeren Schmerzen, die k ü r zere Zeit ihrer Vollendung, die unbedeutenden, oft ganz fehlenden Zufälle während und nach der Operation, das Vermeiden des nach der Unterbindung entstehenden häfslichen Geruchs, der Fäulnifs und des Ausflusses einer stinkenden Jauche, der Störungen des Stuhls und der Ilarnexcretion, die Entfernung der Angst und Unruhe der K r a n ken in den Tagen, w o sie sonst das Unterbindungsinstrument bei sich tragen mufs, die weniger zu befürchtende Inversion der Gebärmutter, das leichlere Verhüten des Abreifsens des Polypen, die gröfsere Sicherheit vor der Wiedererzeugung nach völliger Exstirpalion, das baldige Verlassen des Bettes, die leichter mögliche Untersuchung der Höhle der Gebärmutter sogleich nach der Operation, die unbedeutende, meistens und besonders bei varicöser oder anfangender Induration der Gebärmutter höchst wohlthätige Blutung, um die Entzündung zu verhüten, die krankhafte Anschwellung zu heben, und die normale Contraction der Gebärmutter zu befördern, die Ausführung der Operation, ohne dieKranke zu entblöfsenu.s.w. E r will daher selbst bei Polypen mit breiter Basis diese Operationsmethode unternehmen, jedoch zuvor die Ligatur benutzen, um durch das Zusammenschnüren den Stiel zu bilden, verlangt jedoch eine kleine, im Fühlen sehr geübte Hand. Horlacher zieht das Abschneiden v o r , weil es weniger schwierig sei, nicht leicht starke Blutungen zur Folge habe, nicht leicht mit Verletzung der benachbarten Theile verbunden sei, und die "Wiederkehr des Polypen nicht leicht befürchten lassen. Indessen ist nicht zu verkennen, dafs manche hier gerühmte Vortheile auch der Unterbindung zugeschrieben werden könn e n , z. B. die geringe Gefahr vor Verletzung der benachbarten Theile. Dupuytren rühmt ebenfalls die Schnelligkeit, die Schmerzlosigkeit der Operation, die schnelle Heilung uach derselben ohne Entzündung, Blutung, sah jedoch oft nach Excisiun eines Polypen Gebärmutterkrebs entstehen. Die von Meifsner angeführten Einwürfe gegen die Ausschneidung: die Gefahr beim Vorziehen des Polypen aus der Mutterscheide, die Blutungen, und die Möglichkeit, mit dem Stiele des Polypen einen Theil der Gebärmutter mit herauszuschneiden, bedürfen nach den Erfahrungen solcher Med. chir. Ecycl. XIII. Bd

43

674

GebSrmuUerpotyp,

Mannet' kaum einer Widerlegung. Nach Langenbeck macht die Resection alle Polypenunterbinder entbehrlich. Derselbe erklärt den Trennungsprocefs beim Abschneiden auf dieselbe W e i s e , wie beim U n t e r b i n d e n , und nimmt jene Methode gegen mehrere Einwürfe kräftig in Schutz. Richter empfiehlt zum Abschneiden des Gebärmutterpolypen eine lange, vorn abgerundete und stumpfe Scheere mit etwas auf der breiten Seile aufwärts gekrümmten Blättern. Nach Carus, der dieses angiebt, soll man auch, (jedoch weniger passend, wegen leicht möglicher Verletzung der Geburtslheüe) einen schneidenden Ilaken, wie man deren sich früher zur Zerstückung des Kindes bediente, zu diesem Zwecke gebrauchen können. El. v. Siebold bedient sich zweier Scheeren, die von der Vereinigung beider Blätter an bis an ihr oberes stumpfes E n d e abgerundet, vorn beinahe sondeuförmig auslaufen und nach der Führungslinie des Beckens gekrümmt sind. Die eine hat eine Länge von 9®, die andere jene von 1ÜJ Zoll. l)ie letztere ist stärker gekrümmt als die erste, und ist bestimmt, im Gebärmuttergrunde sitzende Polypen zu exstirpiren. D e r obern Krümmung der Blätter entspricht die entgegengesetzte Krümmung der Griffe, wodurch die Scheere die Form eines lateinischen «S bekommt. Nach Entleerung des Mastdarms und der Harnblase wird die K r a n k e auf ein Querbett oder auf das Geburtskissen gelegt. Sitzt der Polyp sehr hoch im G r u n d e der Gebärmutter, so bringt E. v. Siebold, wenn es nothwendig und möglich ist, die eine Hand, meistens die linke, mit P o made oder O e l bestrichen, conisch geformt in spiralförmigen Bewegungen durch den Scheideneingang hinter und unter dem Polypen bis an den Stiel; sitzt der Polyp im K ö r p e r oder Halse der Gebärmutter, oder kann der Stiel leicht erreicht werden, so gebraucht er nur zwei Finger zum Leiter für die Scheere; bei Umstülpung der Gebärmutter ist daher das Abschneiden viel leichter zu bewerkstelligen. Ist der Polyp schwer zu erreichen, so läfst man ihn von einem Gehülfen allmählig etwas in der Mutterscheidc anzieh e n , was einmal mittelst eines Hakens geschah. Auf den Fingern oder der Hand führt er die mäfsig erwärmte und an ihrem obern Ende mit O e l bestrichene Scheere bis zum

GeLSrmutterpolyp.

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Stiel des Polypen, schneidet ihn zwischen dem Zeige- und Mittelfinger haltend unter den Fingern ab, und leitet ihn, wenn er klein ist, mit denselben sogleich aus den Geschlechtst e i l e n heraus. Ist dieses nicht möglich, so bedient er sich einer kleinen, der Levret'scheu ähnlichen Polypenzange, deren Löffel getrennt sind, und wie seine Geburtszange durch die drehbare Axe vereinigt werden können. Nur wenn eine beträchtliche Blutung entsteht, macht er Einspritzungen von Weiuessig mit Wasser gemischt in die Gebärmutter, führt einen cylinderförmigen aus feinem Badeschwamm zugeschnittenen und in die gedachte Flüssigkeit getauchten Tampon, an dem eine Schnur befestigt ist, mittelst eines Fischbeinstäbchens ein, den man etwas stark andrückt und wieder herausnimmt, so wie man nichts mehr von der Blutung zu fürchten hat. E.v. Siebold empfiehlt nach der Operation Ruhe, horizontale Seitcnlagc und eine antiphlogistische Behandlung, Liuspritzungen von einem Absud der Cicuta, später mit etwas Kalk- oder Bleiwasscr gemischt, wenn der Geruch nachgelassen hat, von einen Decoct im Anfange von Flor, rosar. rubr. mit herb, salviae, dann von Cort. chinae, quercus, Rad. tormentillae u. s. w. Nachtheilige Folgen aufser dem Wundtieber und einem gelinden Grade von Mctritis sind nach E. v. Siebold nicht zu befürchten, und selbst diese Zufälle hier uubedeutender als nach der Unterbindung. Dupuytren stützt sich bei dieser Operation auf die Beweglichkeit des Uterus; denn er hakt eine Museux'sehe Pincette in den Polypen ein, zieht denselben und gleichzeitig die Gebärmutter mittelst langsamer Tractionen herab, bis die Vaginalportion zwischen den Schamlippen fühlbar wird, und trennt ihn dann an der Vereinigungsstelle mit der Gebärmutter mittelst einer über die Fläche gekrümmten Scheere ab, worauf der Uterus seinen vorigen Standpunet wieder erreicht. Langenbeck giebt ebenfalls E. v. Siebold's Methode an, und empfiehlt bei sehr grofsem, die Vagina genau ausfüllenden Polypen das Verkleinern desselben durch Zusammendrücken und mäfsiges Herabziehen mit einer Zange, bis der Muttermund zu erreichen ist, falls dieses aber nicht gelingen sollte, das Verkleinern mit einem Messer oder scharfen

43*

676

Gcbärmnllcrpol\]).

H a k e n , w i e Ed. v. Siebold (r. Siebold's J o u m . f. Geburtsh. u . s . w . 10. B. 3. St. p. 166 u. ff.) in einem F a l l e einen G e b ä r m u t t e r p o l y p e n erst theilweife, " e i l er mit den Fingern nicht bis an die Basis gelangen konnte, u n d am andern T a g e gänzlich mit der Schecre entfernte. D e r s e l b e will selbst in schwierigen Füllen a n d e r h i n t e r n W a n d d e r Scheide die Finger u n d Scheere, deren gebogene Blatter mit der Coneavität zwischen die hintere W a n d der Scheide u n d den P o l y p e n , deren gebogene Griffe mit der Coneavität gegen das Mittelfleisch gerichtet sind einführen u n d im äufsersten Falle sogar in die Commissura labioruin posterior einschneiden. Trifft inan einen P o l y p e n a n , welcher mittelst ausgeschwitzter L y m p h e n o c h Nebenverbindungen eingegangen ist, so soll man diese nach Meifsner's R a t h mit einem breiten, dünngespaltenen Stückchen Fischbein, das man auf allen Seiten rings uin den P o l y p e n herum zwischen diesen u n d die Mutterscheide in die H ö h e bringt, trennen. Hierauf folgt die U n t e r b i n d u n g oder Abschncidung des Polypen. W a s die bösartigen P o l y p e n von schwammiger Beschaffenheit betrifft, so ist an eine l\adicalcur nicht wohl zu d e n k e n ; denn so oft man diese P o l y p e n entfernt, desto schneller wachsen sie n a c h , u n d jede Exstirpation ist von gefährlichen Blutungen begleitet. N u r w e n n man die T r e n n u n g in ganz gesunden Theilen vornehmen k ö n n t e , dürfte m a n hoffen, vollständige Heilung zu b e w i r k e n . E i n gründliches Verfahren wird gegen die zu G r u n d e liegende U r sache, die man sorgfältig auszumitteln hat, ein Palliativverfahren gegen die hervorstehenden S y m p t o m e , z. B. gegen die B l u t u n g e n , Absonderungen einer jauchigen Flüssigkeit, die hieraus hervorgehende Schwäche u . s . w . gerichtet sein. S y n o n y m e u n d E t y m o l o g i e . F ü r das W o r t Polyp, welches bei C a Icnus und Paulus jitgineta für diese Afterbildungen gebraucht wird,

findet'sich bei Ilippocrateg das Wort /ivxijz (fungui), auch bei Tulpius Fungus t weshalb auch iui Deutschen das W o r t S c h w a m m , F i l s in diesem Sinne vorkommt. F ü r G e b ä r m u t t e r oder M u t t e r p o l y p findet man auch bei Melius, Dionis u . A. die B e n e n n u n g xtnyMoiq (ccrcosih) von xiQxoq (cauda, S c h w a n z ) . Man erklärt die A n w e n d u n g derselben d a d u r c h , dafs diese Afterbildung bisweilen bis vor die äufseren Geschlechtstheile hervortrete u n d dann gleichsam einen Schwanz bilde. M. Aurel Severinus n e n n t daher den Geliärmutterpolyp Cauda vaginae. D o c h verstehen m a n c h e auch unter diesem Namen die krankhaft vergröfserte Clitoris. Auch h a t man unter

G c b a r m u l t c r p o l j p.

677

Sarcoma, Sarcosis (Fleischgewächs) den Polyp der Gebärmutter beschrieben. Mit Physconia uteri poli/posa ber.eii.ilnet man ebenfalls dieses Uebe). So wenig bezeichnend miri der Ausdruck Polyp, (no¿(/rroç oder vielmehr TioXv:xav, von tiot.v;, multus , und noi'i, pes, gleichsam Vielfufs) für dieses Uebel ist, wenn man auf die Grundbedeutung sieht, so kann man doch einen passenden Namen nicht an die Stelle setzen, und ist daher am g e r a t e n s t e n , diese altgemein augewendete Benennung beizubehalten. L i t t e r .1 t u r. Schnnkius, diss de polypo post febrem epidemirnm ex utero egresso Yitenb. 1739. — Levret, Observations sur la cute radicale de plusieurs polypes de la matrice etc. Paris 1771. 8. — Iterbiniaux, Parallèle des instruroens pour la ligature des polypes de la matrice. Haye 1771. — Ders. Traité sur divers, accouchemens laborieux et sur les polypes de la matrice à Bruxelles 1782. 1793. II. Vol. 8. — Görs, diss, sistens novum ad polypos uteri instrumentum. Göttingae 1783. — Nissen, diss, de polypis uteri et vaginae, novoque ad eorum ligaturam instrumento. Gotting. 1789. — Unitize, diss, de ortu et discrimine polyporum praecipue polyporum uteri. Jenae 1790. — Zeitmann, diss, de signis et curatioue polyporum uteri. Jenael790. — Jiothbart, diss, de polypis uteri. Erf. 1795. — IJasselberg, Comment, chir. in qua novam humerum ex articulo exstirpandi methodum novuroque ad ligaturam polyporum instrumentum propotiit. Gryphiae 1788. 8. Lefaucheux, sur les tumeurs circonscrites et indol. du tissu cellul. de la matr. et du vagin. Paris 1802. — Mayer, comment, med. cliir. de polypis uteri. Berol. 1821. 4. c. tabula aenea. — ß l e i f s n e r , über die Polypen in d. verschiedenen Höhlen d. menscht. Körpers. Nebst e. kurzen Geschichte d. Instrumente u. Operntionsarten. Mit e.Vorrede von J ö r g . Mit einem Kupfer. Leipzig 1820. ( Polypen d. Gebärmutter v. p. 24 —143). — Simson, diss, de polypis uteri Iiorumque resectione. Berol. 1828. 8.— Schmidt, diss. chir. de polyporum exstirpatione. Berolini 1829. 4. Acced. tabul. litliographicae XV. — Jiurchard, diss. obst. med. de polypis uteri nonnulla. Berol. 1832. 8. — A u f s e r d e m die L e h r - und Ilandbüchcr der W e i b e r k r a n k h e i t e n , z. B . : Mcnde, die Krankheit. d. W e i b e r . 2 Th. Berl. 1811. p. 1 5 6 - 1 8 8 . — Carus, Lehrb. d. Gynäcologie. 1. T h . Leipz. 1820. p. 3 2 6 - 3 3 8 . — V.SieboId's Handb, z. Erkenntnis u. Heilung d. Frauenziinnierkrankh, 1. ß . Frankf. am M. 1824. — 1821. 2te sehr vermehrte Ausgabe, p. 685 — 721. — Burnt Ilandb. d. Geburtsh. ro. Inbegriff d. W e i ber- u. Kinderkrankli., nach d. achten Ausgabe herausgegeb. v. Kilian. Bonn 1834. p. 1 2 1 — 1 2 8 . — Langenbeck, Nosologie u. Therapie d. Chirurg. Krankh. u . s . w . 5. B. 1. Abth. Gotting. 1834. p. 161—210, E n d l i c h a u c h Z e i t s c h r i f t e n , z. B . : Starck's Arch. f. Geburtshülfe. 1. B . 2. St. 3. St. 3. B. 4. B. 3. St. — v. Sicbold's Chiron. 2 B d . 2 St. — Ders. Journ. f. Geburtshülfe etc. an den schon oben citirten Stellen. — Neue Zeitschrift f, Geburtsk.

Gebärmutlcrpiitrcscenz.

678

Dd. III. S. 120. — Loders Jon mal f. v.; bei gleichzeitig vorhan-

700

Gebärmutlerputrescenz.'

denen Durchfällen giebt man diese Mittel in Verbindung mit schleimigen; auch pafst hier das salzsaure oder schwefelsaure Eisen. Da die innere Behandlung sehr geringen Erfolg hatte, brachte Boer die äufsere mit gutem Erfolge in Anwendung. Nachdem er Einspritzungen fruchtlos gemacht, ein Liniment an den Uterus zu pinseln vergebens versucht hatte, brachte er mit Ilülfc eines Plümaccauxleiters Bourdonets und Plümaceaux, mit einem Linimente bestrichen ein, worauf innerhalb sechs und dreifsig Stunden das Faule sich ablöste, alle Zufälle nachliefsen, und die Kranken unter fortdauernder Suppuration zusehends genasen. Das Liniment selbst ist unbekannt geblieben. In der Pathologie und Therapie nach Schoenlein's Vorlesungen wird angegeben, dafs Boer Mischungen von Theriak mit Eibischsalbe vorgeschlagen habe. Joerg empfiehlt Einspritzungen in die Gebärmutter von Decocteu der China mit Schierling, Calmus, Eichenrinde, andern bittern aromatischen Kräutern, auch wohl mit Essig und W e i n , Kalkwasser u. s. w. Er gebraucht dazu ein an eine elastische Röhre befestigtes, elfenbeinernes, oben breit gefeiltes Röhrcheu, welches mit einem Schwämme umgeben wird, um das schnelle Abiliefsen der eingespritzten Flüssigkeit zu verhüten. Wenzel will die Heilung der Putrescenz durch äufsere Anwendung von Mitteln, weil auf den todten Theil auch die kräftigsten Mittel nicht wirken können, nicht anerkennen, giebt jedoch die Heilung dieser sphacelösen Verderbnifs, wenn sie auf kleine Stellen beschränkt ist, durch die erhöhte Lebensthätigkeit an den Gränzen der verdorbenen Stellen zu. Dagegen hält Bölling die örtliche Anwendung von Arzneien für unerläfslirh; er empfiehlt hesonders das Chlor, dann die Säuren, unter ihnen das Acidum pyrolignosum. Ist der Sitz des Uebels am Muttermunde, so kann man diese Mittel, mittelst des Pinsels appliciren; ist die innere Wandung der Gebärmut. ter ergriffen, so können Einspritzungen mit einer Mutlerspritzc versucht oder die Mittel in einer passenden Forin mit Boer's Porte-PIumaceaux angebracht werden. — W a h r scheinlich ist es mir, dafs das Kreosot bei innerer und äufserer Anwendung gegen dieses Uebel sich nützlich erweisen wird. Uebri-

Gpliärmutterscliirn.-'gi'.

Gebärt» ntlr rvoif.ill.

701

Uebrigens versieht es sich von selbst, dafs da, w o das Krankhafte rieh trennt und eine eiterförmige Absonderung eintritt, die örtliche wie die allgemeine Behandlung passend eingerichtet werden mufs. Zur Nachcur w e r d e n meistens stärkende, tonische Mittel, z. B. C h i n a , Eisen e r f o r d e r lich sein. Synonyma.

Wenzel

gebraucht für die Pulrescenz

de« Uterus den

Ausdruck: s p h a c e l o s e V e r d e r b n i f s ( C o r r u p t i o ephacelosa Auch klimmt die B e n e n n u n g : Gangraena l i g e r B r a n d d e r G e b ä r m u t t e r vor.

uteri

spontanen,

uteri). Ireiwil-

L i t t e r a t u r . Alph. Leroy, Vorlesungen über die Gebärmutterblutflüsse u. 9. w . A. d. Französ. von Renard. Leipzig 1802. 8 . — ß o e r , Abliandl. und Versuche geburlsli. Inhalts. 3 . T b . W i e n 1793. 8 . p. 7 3 — 108. — J. £*. Zimmermann, Diss. de putresrentia uteri adjecta raoibi hujus observati historia. Lipsiae 1815. 4. — C. Wenzel, über die Krankheiten des Uterus u. s. w . Kol. p . 44 — 52. — J . C. G. J o e t g , Schriften zur Uelörderung der Kenntnifs des menschl. W e i b e s im Allgemeinen und zur Bereicherung der Geburtahtilfe insbesondere. 2 . T b . Leipz. 1815. 8 . — J . Locher, Diss. de pulrescenlia uteri. Berolini 1819. 8. — G. /'. Schmidt, Diss de putrescentia uteri Gotting. 1825. 8 . — Aufserdeni gehören mehrere Stellen aus Zeitschriften hierher» besonders Genieiris, deutsche Zeitschr. f. Geburtsk. B d . 6. Heft 1. p. 7 8 — 1 2 t . ( ü b e r die Putrescenz der Gebärmutter von Balling.) Hü — r.

GEBÄRMUTTER, Schieflage derselben. S . Gebärmutter, Dislocationen derselben. GEBÄRMUTTER, U m s t ü l p u u g derselben. S. cbendas. GEBÄRMUTTER, Verschliefsung derselben. S. Atresia, chirurg. GEBÄRMUTTER, V o r f a l l derselben. S. Gebärmutter, Dislocationen derselben.

Med. chir. Encycl. XIII. B d .

45

V c r z c i c h n i f s d e r im d r e i z e h n t e n B a n d e e n t h a l t e n e n A r t i k e l .

riihlingsadonis Frumentum Frumentum indicum Frumentum saracenicum Frumentum turcicum Frutigerbad Fucus Fiinffingerlraut Fuga daemonum Fugile Fugilla Fulgur Fuligo Fulmen Fulminans argentum Fulrainans auruio Fulminans mercuriu3 Fulminans pulvis Fulminans sal Fulminaris lapis Fulminado Fulmine tacti Fumaria Fumarsaiire Fumigatio Fumigatio chymica Fumus terrae Functio Fnnctiones animales Functiones vitales Funda Fungi Fungoser Abscefs Fungoses Geschwiir Fungus Fungus articulorum Fungus bedeguar Fungus cellulosus Fungus cerebri Fungus cervinus Fungus chirurgorum

S.

1

Fungus cranii

1 1 1 1

Fungus genu Fungus haematodes Fungus iguiarius Fungus laricis Fungus mammae Fungus medullae spinalis Fungus medullar» Fungus raelitensis Fungus oculi Fungus osseus Fungus quernus praeparatns Fungus salicis Fungus sambuci Fungus testiculi Fungus tunicae albugineae testis Fungus ulceris Fungus uteri Fungus vesicae urinaTiae Funiculi umbilicalis deligatio Funiculus umbilicalis Funiculus spermaticus Funiculus varicosus Fnnis felleus Furcale os Furfur amygdalarum Furfuracea urina Furfuratio Furfurina Furia infernalis Furnus F u r o r uterinus Furunkel Fuselol Fusio Fuls Fufs (kuiistlicher) Fuftbad Fufibander

1 Fungus cynosbati 1 Fungus durae matris

4

A

4 4 k 4

4

5 5 5 5 5 5 5 5 9 10 10 10 10 10 10 11 11 13

i4 l4 14 34

34 34 35 35 35

S,

35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 35 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 36 39 39 39 39 42 42

V e r z e i c h n i f s d. i. dreizehnten B a n d e enthaltenen Artikel. Fnfsgebnrt Fufsgelenk Fnfsgeschwür Fufsknocheu Fufsrose Fufrriickenarterie Fufsrücken venen Fnfsseuclie Fulssohle Tufs Wurzelbänder F u fs Wurzel knoch eu Fustelholzbauiu

S. A9 74 75 75 80 80 SO so 80 «0 80 80

(VJ, I Gal>ian Gabianum oleum Gadus Gährung Gähnen Gänsefufs Gänsehaut Gänsepappel Gaeophagi Gäscht Gagates Gagel Gailen Gais Gala Galacttcum acid'ttro Galactophora Galactophori ductusGalactopoetica Galactorrhoea Galacturia Galanga Galbanetum Paracelsi Gal'banum, Pflanze Galbanum, Gummi Galda»Gummi Gale Galea Galea aponeurotica Galeancoit Gatega Galega iiemorensis vernaGalena Galena mineralisata Galenica medicina Galenica medicament» Galenion Galenische Schleuder Galenits Galeopsis Galeropia Galgant Galipea Galitzenstein Galium

8t 82 82 87 8.9 8y 89 89 89 90 90 90 90 90 91 91 91 92 92 y2 96 96 96 96 96 102 102 102 102 102 103 10.5 103 103 103 104 104 104 104 115 116 116 116 122 122

Gall'ïche Theorie 8. Galla« Galläpfel Galle Gallenasparagin Gallenblase Gallenblase, Wunde» Gallenblasenabscels Gallenblasenlistel Gallenblasengang Galleiiblasenschnitb Gallencolik Gatlenfett Gallenlieber Gallenlistel Gallengang Gallenharz (¡aliens,iura Gallensteine GallenstofI Gatlensnfs Galleuzucker Gallerte, Leim Gallerte, Gelatin» Galliens morbus Gallina Gallinaginis caput Gallitrichum Gallium Gallmei Gallsucht Gallus Gallussäure Galreda Galvanismus Gamander Gambia -Gummi Gambeer Gambogia Ganglia' Ganglia cervicalia Ganglia lumbalia Ganglia sacralia Ganglia thoracica Ganglien Ganglien des Gehirns Gangliensystem Ganglion cardiacum Ganglion caroticum Ganglion cavernosum Ganglion cerebri anticum et posticum Ganglion ciliare Ganglion coccygeum Ganglion Gasscri Ganglion intercaroticum Ganglion lenticulare Ganglion maxillare Meckelii Ganglion ophthalmicum Ganglion petrosum

45*

703 •124 124 124 121 134 134 134 136 136 136 136 l4l l4l l4l l4t l4l l4l l4l l4l 156 156 156 156 156 162 162 162 162 162 162 162 163 163 163 163 l6j 163 163 163 163 I6î l6ï 166 166 167 167 167 212 212 212 212 212 212 213 213 214 214 214 214

704

Verzeichnis

d . i. d r e i z e h n t e n B a n d e e n t h a l t e n e n

Ganglion semilunare Gasseri S. G a n g l i o n s e m i l u n a r e n . syrapath. Ganglion sphenopalatinura Ganglion Gangraena Gangraena « d e e u b i t u Gangraeua senilis Gangraenescentia Garcinia Gardenia Gargareon Gargarisma Garmiswyl Gartenampfer Gartenkörbel Gartenkresse Gartenmalvo Gartenmelde Gartenmiiuze Garten nelke Gartensalat Gartensaturei Garyophyllata Garyophyllus Gas Gasbad Gastein Gaster Gasteralgia Gasterysterotomia Gastrenchyta Gastrica febris Gastricismus Gastricus m o r b u s Gastricus succus Gastritis Gastrobrosis Gastrocele Gastrocnemius muscuhis Gastrocolitis Gastrodialysis Castroduodonalis arteria Gastrudynia Gastroelytrotomia Gastroenteromalacia Gastroepiploica arteri* GastrolitUiasU

Berichtigung.

2l4 214 214 214 225 280 286 294 294 299 300 300 301 301 301 301 302 302 302 302 302 302 302 302 302 303 303 316 316 316 316 317 380 380 4 06 4 06 4 u 437 437 4 ¡3 438 438 4.JS 458 458 438 4.38

Artikel.

Gastromalacie S. Gastropathia Gastrorrhagia Gastroraphia Gastroscirrhosis Gastrotomia Gaub Gauchheil Gauitheria Gaumen Gaumen» k u n s t l i c h e r Gaumenarterie Gaumenbein Gaumenbogen Gaumendriisen Gaumeufortsatz Gaumengefäfse GaumeuhaWer Gaumenloch Gaumenmuskeln Gaumennadel Gaumennaht Gaumennerven Gaumenschlundkopfmuskel Gaumensegel Gaumensegel ( k ü n s t l i c h e s ) Gaumensegelnaht Gaumenspaltung Gatimenvorhang Gaumenzungenmuskel Gebärmutter Gebärmutter (geburtshülfliehJ Gebärimitterarterie Gebärmutterblutflufs Gebärmutterbrnch Gebärmutterdislocationen Gebärmutterentziindnng Gebärmutterexstirpation Gebärmutterhämorrhoiden Gebärmutterkreb» Gebärmutterpolyp Gebärmutterputrescenz Gebärmutterschieflage Gebärmutterumstiilpnng Gebärmutterverschliefsung Gebärmuttervorfall

43< 462 462 462 462 462 463 465 465 465 467 471 471 474 474 474 474 475 475 475 476 476 476 477 477 477 473 49.9 4 99 49.9 499 499 502 5l)3 5.56 556 597 631 634 63.9 639 678 701 701 70 t 701

S . 4 7 7 ist die Zeile 1 8 v. o. G A U M E N S E G E L > k ü n s t l i c h e r u. s. w . gaD2 zu s t r e i c h e n .

Verzeichnifs d. i. dreizehnten Bde. enlh. Art. nach ihr. Aut. 7 0 5

Verzeichnifs der

im dreizehnten B a n d e enthaltenen A r t i k e l nach ihren A u t o r e n .

JSerndt, Gastrica febris. Gastrici» morbus. Bluff, Gangliensystem. Fest, Fulmine tacti. E. Gräfe, Fucus. Fugile. Funda. Fungus. F u n g u j cellnlosus. Fufs (künstlicher). Galacturia. Galea. Galeropia. Gallenblase. Gargarisma. Gastrenchyta. Gastrocolitis, Gastrotomia, Gaumen (Liinstliclier). Gaumensegel (kiinstl ) Grofshcim, Gaumensegelnaht. Hecker, Galenus. Gatib. fledenus, Furunkel. llenle, Gähnen. Gänsehaut. Galle. H — r , Gastrobrosis. Höhlt Galactorrhoe». Hüter, Gebärmutter. Gebärmutterentzündung. Gebärmutterexstirpation. Gebärmutterpolyp. Gebärmutterputrescenz. Jäger, Gangraena. G. a deeubitu. G. senilis. Gangraenescentia.. Kreysig, Gallensteine, Gastritis. Gastromalacie. Michaelis, Gallenblasenschnitt. Osann, Frutigerbad. Gabian. Gadus. Gailen. Gais. Galipea ( Angu. stura). Gallerte. Garcinia. Garmiswyl. Gastein. V. Schlecht endal, Fucus. Fumaria. Fungi. Gadus. Gährung, Gagates. Galbanum (die Pflanze). Galbanum (Gummi). Galda (Gummi). Galeancon. Galeopsis. Galipea. Galium, Gallerte. Garcinia. Gardenia. Gas. Gaulthtfria. Schlemmf Funiculus spermaticus. Fürs. Fufsbänder. Fnfsgelenk. Fufsknochen. Ftifsrückenvenen. Ganglia ceryicalia. 6 . lumbalia. G. saernlia, G. thoracica. G. caroticum. G. coccygeum. G. intercaroticum. Gastrocnemius musculus. Gaumen, Gaumenbein. Gaumendriisen. GanmeiigeFäfse. Gaumenmuskeln. Gaumennerren. Seiffert, Ganglion (chirurg.). Vlsamer> Fufsgeburt. Gebärmutterblutflufs. Gebärmntterdislocatioiien. Gebärmutterhämorrhoiden.

Berlín, gedruckt bei P e t » e h .