Einkommensverteilung und Inflation in kurzfristiger Analyse [Reprint 2018 ed.] 9783111713663, 9783110019599


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German Pages 245 [248] Year 1971

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Geleitwort
Inhaltsverzeichnis
1. Inflation und die Theorie der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung
2. Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation
3. Das Problem der kurzfristigen Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung
4. Die Bestimmung der Struktur der Verteilung durch die unternehmerische Preispolitik
5. Die Bestimmung des Niveaus der Verteilung durch die Ausgabenentscheidungen im Einkommenskreislauf
6. Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses
Literatur
Sachregister
Personenregister
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Einkommensverteilung und Inflation in kurzfristiger Analyse [Reprint 2018 ed.]
 9783111713663, 9783110019599

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Beiträge zur Geldlehre herausgegeben von Rudolf Schilcher

Einkommensverteilung und Inflation in kurzfristiger Analyse

Horst Georg Koblitz

mit 6 Abbildungen

w DE

G

Walter de Gruyter • Berlin • New York 1971

©

Copyright 1971 by Walter de Gruyter 8c Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung - Georg Reimer Karl J. Trübner - Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, einschl. der Rechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vom Verlag vorbehalten. Satz und Druck: Courier Druckhaus Ingolstadt, Ingolstadt Printed in Germany. ISBN 3 1 1 0 0 1 9 5 9 0

Geleitwort

Die Verteilung des Nationaleinkommens zwischen den sozialen Gruppen und das Phänomen der Inflation, verstanden als Kaufkraftminderung der Geldeinheit im Zeitablauf, verschränken sich in der Realität vielfach, vorwiegend infolge ihres gemeinsamen Bezuges auf Struktur und Prozeß von Einkommensentstehung und Einkommensverwendung. Dieser Tatbestand scheint offensichtlich zu sein und dürfte kaum bestritten werden. Merkwürdigerweise hat sich daraus aber nicht eine gemeinsame Entfaltung und ebenso unbestreitbare, überzeugende Integration von Verteilungs- und Inflationstheorie ergeben. Vielmehr ist, trotz mancher Ansätze dazu, die Verknüpfung zwischen beiden theoretischen Bereichen unzureichend und schon deshalb problematisch geblieben. Getrennte lehrgeschichtliche Herkunft, verschiedenes Gewicht metaökonomischer Postulate, unterschiedliche Methoden und andere Faktoren mögen diese Sachlage zwar verständlich machen, können sie jedoch nicht wissenschaftlich rechtfertigen; eingehende Untersuchungen dazu sind darum erforderlich. Der Verfasser dieses vierten Werkes der Reihe „Beiträge zur Geldlehre" hat sich eine solche Untersuchung zur Aufgabe gestellt. Auf breiter preis-, inflationsund verteilungstheoretischer Grundlage unternimmt er es, möglichst viele Verbindungslinien zwischen Einkommensverteilung und Inflation aufzuspüren und auf die Ebene wissenschaftlicher Argumentation zu heben. Bei seinen hauptsächlich auf die kurze Frist bezogenen Überlegungen zeigt er sich mißtrauisch gegenüber jedweder „naiven Produktionsethik" (Stigler) in der Verteilungstheorie und strikt ablehnend gegenüber der neoklassischen Preistheorie. Ohne dogmatische Verengung fühlt er sich dem Keynesianismus verpflichtet, argumentiert jedoch stets im Bewußtsein der gegenwärtigen geldtheoretischen Kontroverse. Grundsätzlich denkt er weniger als „reiner" denn als „politischer" Ökonom, allerdings ohne ideologische Einseitigkeit. So nimmt es nicht Wunder, daß die Arbeit ein weites Feld umspannt. Es geht Koblitz nicht allein um die Logik formalisierter Modelle, sondern immer auch um die Rationalität und empirisch-soziale Relevanz der allen Modellen unterliegenden Theorie. Diese wissenschaftliche Haltung ist — zumal unter dem unabdingbaren Postulat des Methodenpluralismus — selbstverständlich zulässig. Darüber hinaus bekennt der Herausgeber gern, daß er sie für fruchtbar hält: Der Wert der Modelle für das Verständnis einer als objektiv gegeben postulierten Realität hängt vor allem anderen ab von der Qualität der Erkenntnisse der zugrundeliegenden Theorie. Nach dem dritten in dieser Reihe erschienenen Werk, dem interessanten Versuch von Rieter, die grundlegenden Aspekte der gegenwärtigen Inflationstheorie

Geleitwort

6

schlüssig herauszuarbeiten und ihre Vorbildung im Werke von Thomas Tooke nachzuweisen, beleuchtet Koblitz das zentrale Problem gegenwärtiger Geldlehre von einer ganz anderen Seite. Die Aufnahme weiterer Beiträge zur Inflationsproblematik in diese Reihe ist beabsichtigt. Bochum, im März 1971

Rudolf

Schilcher

Inhaltsverzeichnis

1. Inflation und die gesamtwirtschaftliche T h e o r i e der Einkommensverteilung 2 . Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation 2.1 Zum Einfluß der schleichenden Inflation auf die faktische Einkommensverteilung

9 18 18

2.1.1 Vorbemerkung

18

2.1.2 Aktive Empfängergruppen und Lohn-lag-Hypothese

21

2.1.3 Passive Einkommensempfängergruppen

31

2.2 Einkommensanspruchsverhalten der gesellschaftlichen Gruppen und Inflation

33

2.2.1 Die verteilungsorientierte Einkommenspolitik der Gruppen als generelle Inflationsursache

34

2.2.1.1 Das Einkommensanspruchsverhalten der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer

51

2.2.1.2 Das Einkommensanspruchsverhalten der Unternehmer-Kapitalisten 2.2.2 Eine positive Interpretation der schleichenden Inflation 3 . Das Problem der kurzfristigen Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung 3.1 Der unzureichende Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

60 73

83 84

3.1.1 Funktionelle Verteilung oder Verteilung auf soziale Klassen

84

3.1.2 Drei Hauptgründe für das Ungenügen der Grenzproduktivitätstheorie

92

3.2 Die Bestimmung von Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau als Kernfrage der Theorie der Einkommensverteilung

101

3.2.1 Zu den Begriffen Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau

101

3.2.2 Der verteilungstheoretische Grundrahmen für die weitere Analyse . . .

105

4. Die Bestimmung der Struktur der Verteilung durch die unternehmerische Preispolitik

110

4.1 Einige Bemerkungen zum Verhältnis von Preistheorie und Inflationstheorie

110

4.2 Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

112

4.2.1 Die Zielsetzung der Unternehmer

112

4.2.1.1 Überblick über die Zielforschung

112

4.2.1.2 Die relevante Zielsetzung in verteilungsanalytischer S i c h t . . . .

117

Inhaltsverzeichnis

8

4.2.2 Kostenbasis und Gewinnaufschlag 4.2.2.1 Die relevante Kostenbasis 4.2.2.2 Absoluter oder relativer Aufschlag 4.2.2.3 Konstanter oder flexibler Aufschlag

126 126 131 133

4.2.3 Zusammenfassung der preistheoretischen Grundannahmen

138

4.3 Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur

140

4.4 Inflation als Determinante der Verteilungsstruktur?

149

5. Die Bestimmung des Niveaus der Verteilung durch die Ausgabenentscheidungen im Einkommenskreislauf

155

5.1 Grundzüge der sogenannten keynesianischen Verteilungstheorie

155

5.2 Der Ansatz von N. Kaldor in kurzfristiger Analyse

158

5.2.1 Darstellung und einige Kritik

158

5.2.2 Kaldor-Modell und das Problem Inflation

171

5.3 Zum Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

174

5.3.1 Vorbemerkung

174

5.3.2 Das Ausgabenverhalten der privaten Haushalte unter Inflation 5.3.2.1 Der Einfluß der Inflation auf die Konsumentscheidungen . . . .

176 176

5.3.2.2 Zur Entwicklung des privaten Sparens bei Inflation

179

5.3.3 Investitionsverhalten und Inflation

182

5.3.4 Ergebnis

192

6. Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses

193

Literatur

197

Sachregister

234

Personenregister

238

1. Inflation und die Theorie der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Die bislang vorliegenden Theorien der gesamtwirtschaftlichen, funktionellen Einkommensverteilung 1 sind zumeist auf die lange Frist hin konzipiert, und — das ergibt sich im wesentlichen aus eben diesem Sachverhalt — sie verknüpfen die eingeschlossenen Größen unter der Annahme konstanter absoluter Preise, d. h. eines konstanten Geldwertes 2 . Diese Verfahrensweise hat eine ehrenwerte Geschichte und entsprang letztlich den umfassenden Anstrengungen klassischer und neoklassischer Theoretiker, partielle und totale Gleichgewichtszustände auf mikroökonomischer Grundlage zu bestimmen 3 . So findet sich bereits bei D. Ricardo

die ursprüngliche Annahme eines konstanten Geldwertes, Konsequenz des

bei ihm vorausgesetzten Goldwährungssystems. Die Verteilung ist demnach eine Angelegenheit der Aufteilung des realen Einkommens (Sozialprodukt) unter den drei Klassen — der Kapitalisten, Bodenbesitzer und Arbeiter 4 . Ist ein Land eingebettet in einen internationalen Währungsverband auf Goldbasis, dann kann das inländische Preisniveau nicht stark und nicht anhaltend steigen, wenn die Faktorpreise, etwa Geldlöhne, steigen. Der Automatismus der Gold-(Geld-) Ströme wird ein gestörtes ursprüngliches Preisniveau wiederherstellen. Einem bleibenden Anstieg der Geldlöhne entspräche bei derartiger (relaUbersichtliche Darstellungen der gegenwärtig relevanten, z. T. stark miteinander rivalisierenden Theorien bieten (in unterschiedlicher Auswahl): Kaldor [426]; Preiser [561]; Davidson [33]; Krelle [93], Kapitel 3-10; Scheele [634]; Scitovsky [602], 2 Wir beachten hier und fernerhin nicht die Probleme, die mit der Messung des Geldwertes durch die Höhe und Veränderung von - aufgrund bestimmter Kriterien ausgesuchten - repräsentativen Preisen verknüpft sind. Vgl. dazu beispielsweise Preiser [140], S. 389 ff.; Arrow [238] sowie das Buch von £. v. Hofsten (1952), das Staff Paper No. 8 von H. E. McAllister (1961) und den Artikel von W. Neubauer (in: A. Blind, Umrisse einer Wirtschaftsstatistik, 1966). 3 Die Dichotomisierung des Preisbildungsprozesses durch Entwicklung des (güter)wert(preis)theoretischen Ansatzes einerseits und des geld(wert)theoretischen Ansatzes andererseits ist charakteristisch für Klassik wie Neoklassik. Unerörtert muß hier bleiben, ob der Vorwurf einer unterlassenen theoretischen Integration der beiden Zugänge, erhoben durch Lange und Patinkin, wirklich zutrifft. Für die preistheoretisch fundierten und am Gleichgewichtskonzept orientierten Verteilungstheorien ergab sich jedenfalls die eigentümliche Sachlage, daß Konstanz des Geldwertes sowohl als Bedingung benötigt wurde wie als Folge deduziert werden konnte. Bereits hier ließe sich das „Neue" in dem Robinson-Kaldor-Ansatz zeigen, doch wollen wir hierauf erst später ausführlich eingehen. 4 Nimmt man Ricardos werttheoretische Aussage hinzu, daß die Rente lediglich preisbestimmt sei, so ergibt sich der Wert der Güter gemäß den eingesetzten Faktoren Kapital und Arbeit, die allein die (relativen) Güterpreise determinieren. Das Verteilungsproblem reduziert sich dann darauf, wie das um die Renteneinkommen verminderte Realeinkommen sich aufteilt auf Arbeit und Kapital. Siehe dazu im einzelnen Cannan [27], Kapitel 7 und 8; Stigler [165]; Blaug [14], S. 104 ff.; Barkai [250]. 1

10

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

tiver) Konstanz des Geldwertes (der absoluten Preise) ein verhältnismäßiger Anstieg der Reallöhne, unveränderte Arbeits- und Kapitalproduktivitäten vorausgesetzt. Da nach klassischer Doktrin langfristig immer der Vollbeschäftigungsausstoß realisiert, das Realeinkommen also gegeben ist — Konsequenz einer entsprechenden Theorie von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt — wird der Anstieg der Geld- und Reallöhne begleitet sein von einem ebensolchen Niedergang der Geld- und realen Gewinne. Ricardos berühmtes FundamentalTheorem der Verteilung, demzufolge Geldlöhne und Gewinnraten invers zueinander variieren, ergibt sich also aus den Bedingungen des vorausgesetzten Goldautomatismus, der eine Rückkehr zum zwischenstaatlichen, längerfristigen, monetären Gleichgewicht erzwingt. Die Tradition dieser langfristigen Betrachtungsweise der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung unter Einschluß der Annahme eines konstanten Geldwertes, in der Grenzproduktivitätstheorie kulminierend, ist bis in die 50er Jahre zwar vielseitig kritisiert, doch in ihrem Kern unerschüttert geblieben. Das war wesentlich dem Mangel an einer theoretischen Alternative von vergleichbar intellektuellem Rang zu danken. (Diese Alternative lieferten erst und vor allem Cambridger Autoren wie ]. Robinson, N. Kaldor, R. F. Kahn, L. Pasinetti u. a.) In stark vergröbernder Übersicht ergibt sich: Wird der Kapitalstock „normal" genutzt, d. h. werden die Produktionskapazitäten in „normalem" (d. h. „wirtschaftlich vernünftigem") Umfang ausgenutzt und ist dementsprechend die Beschäftigung „normal" hoch, d.h. tritt keine nennenswerte unfreiwillige Arbeitslosigkeit ein, so entwickelt sich die Realproduktion proportional zum Kapitalstock; Einflüsse des technischen Fortschritts unbeachtet lassend, bleibt der Kapitalkoeffizient konstant. Die Nominaleinkommen entwickeln sich ihrerseits proportional zur Realproduktion, wobei sich die Faktorpreise gemäß ihren durchschnittlichen Wertgrenzprodukten einstellen. Die Verteilung des Gesamteinkommens — etwa auf Lohn- und Gewinneinkommen — bleibt auch dann dieselbe, wenn sich das Faktorangebot proportional ändert, Produktpreise und Arbeitsund Kapitalproduktivitäten hingegen konstant bleiben (die Reihe der Implikationen und Bedingungen betrachten wir nicht)5. Freilich ist schwer vorstellbar, daß die relativen Preise — Güter- und Faktorpreise eingeschlossen — für irgendeine relevante Periode konstant bleiben, vor allem aber nicht langfristig. Anhand der Bewegungen der relativen Preise sind daher von klassischen und neoklassi5

Vereinfachend läßt sich sagen, daß neben der Annahme konstanter, normaler bzw. Vollbeschäftigung (die auch kurzfristig gerechtfertigt sein kann) jedenfalls der Einschluß des Kapitalkoeffizienten Voraussetzung einer langfristigen Verteilungstheorie ist. Die Vollbeschäftigungsannahme braucht man, sollen die Ergebnisse nicht zufällig werden; erst die Berücksichtigung des Kapitalkoeffizienten bringt die eigentlichen Wachstumsfaktoren ins Spiel. Bedenkt man, daß die Reziproke des Kapitalkoeffizienten die Produktivität des Realkapitals ist, so sieht man unmittelbar die wichtigen Bestimmungsgründe: die Investitionsneigung bzw. Rate der periodischen Kapitalakkumulation, der technische und organisatorische Fortschritt wie auch die Entwicklung des Arbeitskräftevorrats („Bevölkerungswachstum") in quantitativer und qualitativer Hinsicht.

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

11

sehen Autoren eine Anzahl von Theoremen entwickelt worden, die auch Verteilungsbedeutung besitzen, wobei der prinzipiell wert-(preis-)theoretischen Fundierung der Aussagen eine kapital- und wachstumstheoretische Komponente hinzugefügt wurde (vgl. Ricardo-Effekt, Concertina-Effekt, Wicksell-Effekt usw.). Berücksichtigt man den Kapitalkoeffizienten, so gelangt man leicht zu jener Identitätsbeziehung, die als „basic characteristic of macroeconomic distribution theories" bezeichnet worden ist: Gewinnquote = Gewinnrate mal Kapitalkoeffizient, _G O ~

G K

_K '

O

konstante Preise vorausgesetzt 6 . Ändern sich die Preise, so läßt sich der Output O ersetzen durch den Nettowert der Produktion Y ; es ergibt sich: iL _ J L Y ~ K

'

JL Y

Dem wollen wir hier noch nicht weiter nachgehen. Unsere folgenden Überlegungen sollen den kurzfristigen Aspekten der Einkommensverteilung gelten 7 . Es ist bedauerlich, daß der Begriff „Einkommen" sowohl als Nominaleinkommen wie als Realeinkommen aufgefaßt werden kann, wohingegen „Output" oder „Produktion" unzweifelhaft reale Größen sind 8 . • Vgl. Scitovsky [602], S. 28 ff. und die Kommentare von Dettison (S. 34 ff.) und Modigliani (S. 39 ff.) zu diesem Beitrag sowie das Vorwort von Ch. L. Schultze und Weiner zum gesamten Band, Income Shares . . . [190], S. 4. Diese Beziehung ist vorzüglich darauf verwandt worden, die behauptete langfristige Stabilität der faktischen Einkommensanteile der Faktoren bzw. Klassen zu erklären. Dabei ist zu beachten, daß gewöhnlich die Gewinnquote sowie die Gewinnrate zu laufenden, der Kapitalkoeffizient in konstanten Preisen berechnet wird. Es ergeben sich daraus für die Verwendung der Relation Schwierigkeiten, wie besonders der Diskussionsbeitrag von Denison gezeigt hat. Die Beweisführung für die Konstanz der Einkommensverteilung geht so vor, daß jeweils aus der errechneten Konstanz von zwei der enthaltenen Relationen auf die Konstanz der dritten geschlossen wird. - Auch Krelle hat diese Beziehung als Kernbeziehung für seine langfristige Verteilungstheorie aus dem Jahre 1956 verwendet: Krelle [455] und [93], 18. Kapitel. 7 Kurzfristig ist gemeint in dem gewöhnlichen Sinn unveränderter Produktionskapazitäten und Unternehmensorganisation. Es ist nicht zu übersehen, daß diese Voraussetzung das Feld möglicher Überlegungen stark einschränkt. Doch alle längerfristigen Aspekte der Einkommensverteilung verbinden sich mit dem Wachstumsphänomen (wie Arbeiten von ]. Robinson, M. Kalecki, N. Kaldor, R. Findlay, W. Krelle, E. Preiser, E. Scheele u. a. zeigen), das hier nicht interessieren soll. 8 Eine uneingeschränkt befriedigende Methode der Unterscheidung zwischen Nominalund Realeinkommen gibt es nicht. Zweckmäßig scheint hier der Weg, reale Veränderungen zu messen, indem man das nominelle Einkommen durch zuvor berechnete Veränderungen „des" allgemeinen Preisniveaus dividiert (sowohl Konstruktion wie Messung der Veränderungen dieses Index bleiben hier außer Betracht). Berechnet man aber das Sozialprodukt (sowie die wichtigsten Teilgrößen der volkswirtschaftlichen Entstehungs- und Verwendungsrechnung) in konstanten („historischen") Preisen und in laufenden Preisen, so erhält man gleichfalls ein „reales" und ein Nominal-

12

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

Bleiben die (absoluten) Preise konstant, so sind Änderungen des nominellen E i n k o m m e n s (wie seiner Verteilung) zugleich Veränderungen des realen Ges a m t e i n k o m m e n s (und seiner Verteilung) im Sinne einer veränderten gesamtwirtschaftlichen M e n g e an produzierten G ü t e r n u n d Diensten („total availabilities") u n d ihrer Aufteilung auf die Empfangsberechtigten 9 ; Veränderungen in der Verteilung des nominellen G e s a m t e i n k o m m e n s entsprechen also Veränderungen in der des Realeinkommens, w o b e i mit der Realeinkommensverteilung Aspekte ökonomischer u n d sozialer „ W o h l f a h r t " ins Spiel k o m m e n (Wohlfahrt hier unproblematisch verstanden als Ausdruck f ü r die materielle Versorgung der Bevölkerung mit Gütern u n d Diensten) 1 0 . Naheliegenderweise ist es die Verteilung der N o m i n a l e i n k o m m e n , mit der sich die Verteilungstheorie bevorzugt beschäftigt. Freilich sind Aussagen über die Nominaleinkommensverteilung solchen über die Realeinkommensverteilung äquivalent, w e n n Bewegungen der absoluten Preise nicht berücksichtigt werden, ein schlichter Sachverhalt, der von der neoklassischen Verteilungstheorie nachhaltig verwertet wurde. Ein Verlust an Realeinkommen f ü r die L o h n e m p f ä n g e r m u ß aber schon d a n n eintreten, w e n n — bei unverändertem nominalen Anteil a m G e s a m t e i n k o m m e n — die Preise der Lohngüter stärker steigen als die Preise der f ü r andere Einkommensbezieher relevanten Güter. N u n k a n n eine Verteilungstheorie, welcher der Realismus ihrer G r u n d a n n a h men u n d der Wirklichkeitssinn ihrer Fragestellungen nicht gleichgültig sind, schwerlich von konstanten Preisen (einem k o n s t a n t e n Geldwert) ausgehen. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges ist der zwar allmähliche, in den einzelnen Phasen ungleichmäßig rasch voranschreitende, nichtsdestoweniger beharrliche, chronische Preisanstieg eine vertraute Erscheinung. Die „milde", „schleichende" Inflation, manifest w e r d e n d in d e m Anstieg des Preisindex' f ü r die Lebenshaltung, des Preisniveau aller Konsumgüter o d e r des Preisindex' f ü r das gesamte Sozialprod u k t , ist tatsächlich zu einem „Hausgespenst" (W. Hofmann) der kapitalistischen M a r k t w i r t s c h a f t e n geworden 1 1 .

einkommen; dividiert man überdies das letztere durch das erstere, so ergibt sich der „Preisindex für das gesamte Sozialprodukt", der zwar kein originärer Preisindex ist, jedoch die Preisentwicklung in vorteilhafter Weise umfassend repräsentiert. Vgl. Bartels [251], S. 15. 9 Zu den Modellbedingungen eines konstanten Preisniveaus bei wachsenden Nominalund Realeinkommen s. Scheele [157], S. 144 ff. 10 Neben dieser Auffassung einer den Aspekt der veränderlichen Kaufkraft der Geldeinkommen der Wirtschaftsubjekte berücksichtigenden Realverteilung soll eine weitere erwähnt werden: Man kann von Realverteilung auch sprechen im Sinne der Aufteilung des gesamtwirtschaftlichen Produktionsergebnisses auf Konsum, Investition, C I Staatsanteil und Exportanteil (gemessen in den Quoten — . — usw.). Zwischen dieser Realverteilung auf die Komponenten der wirksamen Gesamtnachfrage, der Realverteilung im Sinne der kaufkraftberichtigten Einkommen und der Nominaleinkommensverteilung bestehen enge Beziehungen, die von Seiten der Verteilungstheorie nur in Ansätzen durchleuchtet sind, vgl. Stobbe [166], S. 8 ff.

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

13

H i n z u k o m m t , d a ß die Preisanstiege sich selbst d a n n fortgesetzt haben, w e n n die Beschäftigung der Arbeitskräfte u n d die A u s n u t z u n g des — kurzfristig — gegebenen Kapitalstocks nicht jedenfalls u n d i m m e r „volle" oder „ n o r m a l e " H ö h e erreichten, unbeschadet des Umstandes, d a ß die Vollbeschäftigungs-Garantie von nahezu allen Regierungen ernst g e n o m m e n w u r d e . Steigen aber die Preise u n d schwankt die Beschäftigung, so ändern sich die Proportionen zwischen Beschäftigungsumfang, P r o d u k t i o n , Preis- u n d Lohnniveau, H ö h e u n d Struktur der Nachfrage, E i n k o m m e n — u n d mit allen ändert sich die Verteilung. Nominelles u n d reales G e s a m t e i n k o m m e n w e r d e n — lang- wie kurzfristig — in Ländern mit Vollbeschäftigungspolitik gewöhnlich gleichsinnig variieren. Bei kurzfristig gegebener Beschäftigung u n d Produktivität sind Bewegungen des nominellen E i n k o m m e n s allerdings lediglich von Bewegungen seiner Preisk o m p o n e n t e verursacht 1 2 . Inflationär steigende Preise lassen nominelles u n d reales E i n k o m m e n sich in unterschiedlichem U m f a n g entwickeln; steigen neben den Preisen zudem die G e l d e i n k o m m e n der G r u p p e n unterschiedlich, so ist nicht o h n e weiteres ersichtlich, wessen Realeinkommen sich stärker oder schwächer, schneller oder langsamer verändern u n d f ü r w e n d a m i t die Verteilung „günstiger" oder „ungünstiger" wird. Wie häufig bei gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen gilt es auch bei der Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung zu entscheiden, o b die Überlegungen auf nominellen o d e r realen G r ö ß e n basieren sollen 18 . N u r dort, w o die Beziehung technischer A r t ist, k a n n unbedenklich von realen G r ö ßen ausgegangen werden, wie z. B. bei der P r o d u k t i o n s f u n k t i o n . W i r wählen als Basis nominelle G r ö ß e n , weil G e s a m t e i n k o m m e n u n d E i n k o m m e n der G r u p p e n in den kapitalistischen Verkehrswirtschaften ebenso G e l d s u m m e n darstellen wie Erlöse, Kosten, Konsum- u n d Investitionsausgaben und weil nicht allein bestimmte Verhältnismäßigkeiten zwischen Kosten u n d Preisen, Preisen u n d Eink o m m e n , E i n k o m m e n u n d Ausgaben usw. untersucht werden sollen, sondern weil auch deren (absolute) Niveaus interessieren (Preisniveau, Einkommensniveau usw.). Schließlich legt uns dieses Vorgehen unser T h e m a nahe. Wie verf a h r e n werden soll, wollen wir n u n m e h r erläutern. Unser T h e m a m ü ß t e in vollständiger Formulierung lauten: Schleichende Inflation u n d gesamtwirtschaftliche (funktionelle) Einkommensverteilung in kurzfristiger Analyse. Die G r ü n d e sind einsichtig, die einen so langen Titel unzweckmäßig sein lassen. 11

Zu dem Beispiel der westdeutschen schleichenden Inflation s. das Gutachten der Deutschen Bundesbank vom 21. Juli 1965 [702]; Francke [46] und [365]; Richter [144]; Mengest Goßmann [121]; Stehle [164]. 12 Der Fall, daß eine rückläufige Produktion durch steigende Preise über mehrere Perioden mehr als ausgeglichen wird, das Nominaleinkommen also steigt und steigt, obwohl das Realeinkommen fällt, ist nur unter extremen Bedingungen vorstellbar, die hier nicht interessieren. 18 Scheele [157], S. 14 f.

14

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

Die N o t w e n d i g k e i t einer m a k r o ö k o n o m i s c h e n T h e o r i e der Einkommensverteilung ist zwar bei Gelegenheit ausdrücklich mit d e m Hinweis auf die schleichende Inflation begründet w o r d e n 1 4 ; tatsächlich ist eine Verbindung der beiden P h ä n o m e n e „Verteilung" u n d „Inflation" in der theoretischen Literatur bisher nur beiläufig u n d selten auf systematischer G r u n d l a g e erfolgt. Von seifen der Verteilungstheorie w e r d e n veränderliche absolute Preise regelmäßig aus der Kette relevanter Bestimmungsgründe per A n n a h m e ausgeschlossen; allenfalls werden generell steigende Preise als wesentlicher Bestandteil eines Anpassungsmechanismus wirksam, der von einem gestörten Verteilungsgleichgewicht zu einem neuen Gleichgewicht h i n f ü h r t . In dieser Eigenschaft sind sie weniger unabhängiger u n d aktiver Bestimmungsgrund der Verteilung als vielmehr Folge u n d Teil des m o d u s procedendi von „Umverteilungs"-Prozessen, die durch andere, ursprünglichere Kräfte ins W e r k gesetzt werden 1 5 . Andererseits stellten einige der f r ü h e n nachkeynesianischen Inflationsmodelle ausdrücklich die Verbindung mit dem Verteilungsphänomen her. Dieser „Brükkenschlag" diente generell dazu, Ursachen u n d Verlauf von Inflationsprozessen zu klären 1 6 ; die weiterreichenden Fragen nach den Bedingungen f ü r Anfang, Geschwindigkeit u n d Ende derartiger Prozesse rückten ebenso erst später deutlicher ins Blickfeld wie die erheblichen Schwierigkeiten, die sich aus d e m Z u sammenspiel von zahlreichen Einflußfaktoren, den unterschiedlichen Voraussetzungen f ü r deren Auftreten, ihrer relativen Stärke, wirtschaftspolitischen Kontrollierbarkeit usw. ergaben. Betrachtet m a n den wechselweisen W i r k u n g s z u s a m m e n h a n g von Inflation u n d gesamtwirtschaftlicher Einkommensverteilung genauer, so ist es zweckmäßig, zunächst hinsichtlich der letzteren zwischen Prozeß der Einkommensverteilung u n d faktischer Einkommensverteilung (Ergebnis des Verteilungsprozesses, Ex-post-Verteilung) begrifflich zu unterscheiden 1 7 . Verteilungstheoretisch relevant ist der Prozeß der Einkommensverteilung, denn in seinem Verlauf werden alle verteilungsbestimmenden Faktoren w i r k s a m : Indem die T h e o r i e sich durch die Auswahl bestimmter, f ü r vorrangig erachteter Bestimmungsfaktoren u n d das Aufzeigen ihrer Wirkungsweisen die „Wirklichkeit" spezifischer Verteilungs14

Stobbe [166], S. 18; Helmstädter [400], S. 389. Das ist auch der Fall bei der Verteilungstheorie N. Kaldors, wie noch eingehender zu zeigen ist; s. Abschnitt 5.2.2. 16 Als herausragende Beispiele seien die Arbeiten von Smithies [622], Koopmans [447] und Holzman [410] genannt. Des weiteren siehe Chou [29], Appendix 1. 17 „Einkommensverteilung" ist semantisch nicht eindeutig: Es kann sowohl der Vorgang der Verteilung wie das Resultat des Verteilungsvorganges gemeint sein. - Die faktische Einkommensverteilung ist zu einem wesentlichen Teil auch ein statistisches (Ermittlungs-)Problem. Zur Gestalt tatsächlicher Einkommensverteilungen in verschiedenen Ländern siehe: Economic Survey of Europe in 1965 [712], Kap. 2, Tabellen 2.13 und 2.14; Krelle [93], 2. Kap.; Ducros/Marchai [195], Teil I, u. a. mit Berichten über die Einkommensverteilungen in den USA (von B. F. Haley), Großbritannien (von Feinstein) und Westdeutschland (von ]eck [421]). Weitere Arbeiten zur westdeutschen Einkommensverteilung: Helmstädter [400], Klaus [445], Müller [517] und Krelle [459]. 15

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

15

prozesse „zurechtmacht" — um einen Ausdruck von A. Spiethoff zu verwenden—, sieht sie sich in den Stand versetzt, tatsächliche (empirische) Verteilungsprozesse und deren faktische Ergebnisse — versuchsweise — zu erklären. Der Einfluß steigender Preise auf die faktische Einkommensverteilung 18 wird in der Inflationswirkungslehre — einem im ganzen noch nicht sehr extensiv entwickelten Teilgebiet der Inflationstheorie — traditionellermaßen vorrangig gewürdigt 19 . Es ist üblich, statistische Befunde als Beweismittel heranzuziehen. Der Einfluß allgemein (inflationär) steigender Preise auf den Prozeß der Einkommensverteilung erscheint hingegen als von der Verteilungsanalyse weitgehend vernachlässigt. Behandelt wurde allenfalls die Rolle inflationärer Preisanstiege im Verlauf von bereits — anders als von eben diesen — determinierten Verteilungsprozessen, wie wir kurz gezeigt haben. Der Umstand, daß irgendein Preisniveau, welches die inflationäre Preisbewegung widerspiegelt, als „Deflator" benutzt wird, bedeutet nicht, daß Inflation damit in den Erklärungszusammenhang einbezogen wäre, sondern das ziemliche Gegenteil. Überlegenswert ist aber, ob Inflation nicht einen zusätzlichen, wichtigen monetären Bestimmungsgrund für den Prozeß der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung darstellt, der von der Verteilungstheorie zu Unrecht bisher nicht ausreichend gewürdigt worden ist. (Wie wir am Ende sehen werden, wiegt dieses „Unrecht" nicht allzu schwer; damit werden wir mehr zu einer nachdenklichen Einsicht aus Gründen gefunden haben denn zu einem aufregenden Ergebnis.) Unberührt davon, ob und mit welchem Erfolg die inflationäre Preisentwicklung als zusätzlicher unabhängiger und aktiver Faktor in der Untersuchung des Verteilungsprozesses berücksichtigt werden kann, ist auch die Umkehrung des Zusammenhanges von Inflation und Einkommensverteilung bedeutungsvoll. Die Frage lautet dann: Sind Umstände und Eigenheiten des Verteilungsprozesses, vorrangig die verteilungspolitischen Aktivitäten der einkommensempfangenden Gruppen, nicht erheblich für das Inflations-Phänomen? Verstärken sich etwa die möglichen Preiseffekte einzelner Anstrengungen, den Prozeß der Einkommensverteilung zum eigenen Besten zu beeinflussen, zu der allgemeinen Inflation? Eine gewissenhafte Prüfung aller Aspekte einer solchen denkbaren inflationären Auswirkung von Vorgängen bei der Einkommensverteilung hätte die meisten der wesentlichen Inhalte der gegenwärtigen Inflationstheorie auszuschöpfen. Wir werden uns demgegenüber darauf beschränken müssen, einige der Grundzüge zu skizzieren. Unser Hauptinteresse wollen wir aber der Frage zuwenden, ob und inwieweit die offene, schleichende Inflation — verstanden als langanhaltender, mit gemäßig18 19

Siehe dazu Abschnitt 2.1. Neben den Auswirkungen der Inflation auf Einkommens- und Vermögensverteilung fanden vor allem Beachtung: Auswirkungen auf Wachstum, Ausgaben- bzw. Sparverhalten, Qualität der Unternehmerentscheidung, Effektivität und internationale Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft, Währungsvertrauen und Zukunftserwartung. Daneben interessierten prozessuale Eigeneffekte der Inflation wie beispielsweise Selbstunterhaltung, Selbstübertragung („spill over"), Selbstbeschleunigung.

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Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

ter Rate voranschreitender Preissteigerungsprozeß, gemessen durch irgendein repräsentatives Preisniveau20 — zur Erklärung des Prozesses der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung beitragen kann. Einige Ergebnisse der bisherigen verteilungstheoretischen Bemühungen wären dann zu modifizieren. Unausweichlich wäre das der Fall, wenn sich gut begründen ließe, daß inflationär steigende Preise die Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte in einem wesentlichen Ausmaß beeinflussen, welche ihrerseits den Prozeß der Verteilung (und mithin das Verteilungsresultat) determinieren. Für unser Vorhaben ist es unumgänglich, daß die wichtigsten Bestimmungsgründe dieses Prozesses in ihren hauptsächlichen Verknüpfungen dargelegt werden. Wir wollen dabei im wesentlichen dem gegenwärtigen Stand der verteilungstheoretischen Erkenntnis entsprechen, obgleich wir uns der Tatsache sehr wohl bewußt sind, daß von einer einheitlichen Verteilungstheorie in einem strengen Sinne angesichts der teilweise wirklich alternativen Zugänge zum Verteilungsproblem derzeit nicht gesprochen werden sollte. Abgesehen von dem unmittelbar anschließenden 2. Kapitel folgen unsere Überlegungen in dieser Arbeit also verteilungstheoretischen Linien. Um den für unsere Überlegungen verbindlichen kurzfristigen Horizont nicht zu überschreiten, werden wir der naheliegenden Versuchung nicht nachgeben, den wechselweisen Zusammenhang von Inflation und Vermögensverteilung miteinzubeziehen. Auf die Diskussion wissenschaftstheoretischer Aspekte werden wir gleichfalls — wenn schon widerstrebend — fast durchweg verzichten. Im einzelnen werden wir wie folgt vorgehen: Im Kapitel 2 behandeln wir einige grundsätzliche Beziehungen zwischen Inflation und Einkommensverteilung, und zwar aus inflationstheoretischer Sicht. Unter 2.1 wird uns das Problem der Einwirkung der schleichenden Inflation auf die faktische Einkommensverteilung beschäftigen. Diese Musterung der möglichen Distributionseffekte der Inflation läßt die Gründe außer acht, die es zu der inflationären Preisentwicklung kommen lassen. Unter 2.2 wird der Blickpunkt auf den fraglichen Zusammenhang geändert und geprüft, inwieweit der Inflationsprozeß als bewirkt gesehen werden muß durch das Anspruchsverhalten der sozialen Gruppen im Hinblick auf eine erstrebte Verteilung der Einkommen. Diese Untersuchung der Inflationseffekte verteilungspolitischen Handelns der Gruppen wird verbunden mit einer Durchsicht wichtiger Gehalte der Inflationsdebatte in den letzten Jahren.

20

Durch den Preisniveauanstieg wird Inflation gleichermaßen manifest und gemessen. Eine unvermeidbare Schwäche dieses Inflationsbegriffes liegt darin, daß nicht jede Preissteigerung inflationär genannt werden kann. Gewisse Preissteigerungen sind Teil des „normalen" Funktionierens der Marktwirtschaft. - Der Ausdruck Inflationsprozeß ist strenggenommen pleonastisch, denn unserem Inflationsbegriff zufolge ist der Anstieg der Preise weder Voraussetzung noch Symptom, noch Effekt der Inflation, sondern diese selbst; er hat aber den Vorzug, das Charakteristische anschaulich zu machen. Zur Konfusion des Inflationsbegriffes siehe u. a.: Pedersen [542], S. 1;

Läge [101], S. 33; Bowen [274], S. 199 und [21], S. 19; Bombach [268], S. 190;

Bronfenbrenner/Holzman S. 55.

[285], S. 597-600; Conard

[306], S. 2f.; Schilcher

[642],

Inflation und gesamtwirtschaftliche Einkommensverteilung

17

In Kapitel 3 bemühen wir uns um die Festlegung einer verteilungstheoretischen Ausgangsposition für die weitere Behandlung des Themas — nunmehr auf verteilungstheoretischer Grundlage. Zunächst erörtern wir im Teil 3.1. in gestraffter Auseinandersetzung mit der grenzproduktivitätstheoretischen Lösung einige der Grundsatzfragen der Verteilungsanalyse. Anschließend diskutieren wir in 3.2 die Zweckmäßigkeit eines integrierten Modells zur Erklärung der Einkommensverteilung, aufbauend auf dem Dualismus von Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau. Kapitel 4 enthält die Bestimmung der Verteilungsstruktur mit Hilfe der unternehmerischen Preispolitik, wobei schließlich geprüft wird, ob und wie die inflationäre Preisentwicklung als Determinante in diesem Ansatz berücksichtigt werden kann. Dabei werden wir uns eingehend mit dem Realismus der preistheoretischen Grundlagen der Verteilungsanalyse auseinandersetzen. Kapitel 5 enthält analog die Bestimmung des Verteilungsniveaus aus dem Einkommenskreislauf. Wiederum ist im Anschluß an die kritische Darstellung dieses Zuganges zu prüfen, ob und wie inflationär steigende Preise auf die hier relevanten Entscheidungen und Verhaltensweisen einwirken. Kapitel 6 behandelt schließlich eingangs einige Fragen zur Integrationsfähigkeit beider Ansätze. Abschließend erstreben wir ein Gesamturteil über den Einfluß der Inflation auf den Prozeß der Einkommensverteilung.

2. Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

2.1 Zum Einfluß der schleichenden Inflation auf die faktische Einkommensverteilung 2.1.1 Vorbemerkung Hat die Inflation Einfluß auf die faktische Einkommensverteilung? Bei Durchsicht der Literatur stößt man auf einen erstaunlichen Umstand. Während über den (fördernden, schädlichen oder fehlenden) Einfluß der Inflation auf das Wachstum z. B. zu keiner Zeit eine überwiegende Meinung in einer bestimmten Hinsicht erzielt worden ist1, haben die Inflationstheoretiker den Einfluß der Inflation auf die Einkommensverteilung einmütiger beurteilt: früher dahingehend, daß dieser Einfluß tatsächlich gegeben und als sozialpolitisch gefährlich einzuschätzen sei; neuerdings zunehmend mit der Tendenz, daß sich dieser Einfluß auf das Kernverhältnis der Verteilung, das Verhältnis von Löhnen und Gewinnen respektive Lohnsätzen und Preisen, nicht nachweisen lasse. (Von der Vermögensverteilung und ihren möglichen Veränderungen unter anhaltender Inflation sehen wir innerhalb unserer kurzfristigen Betrachtung ab.) Namentlich durch das Standardwerk Bresciani-Turronis über die deutsche Hyperinflation der Jahre 1918 bis 1923 war die Ansicht genährt worden, daß diese die Verteilung der Einkommen (und in nahezu verheerender Weise die Verteilung der Vermögen) negativ beeinflußt und nachhaltige soziale Schäden hervorgerufen habe2. Seither war weithin akzeptiert, daß die Inflation die faktische Einkommensverteilung in eindeutiger Weise verändert. Gleichwohl bereitete es erhebliche Schwierigkeiten, die Verteilungswirkungen der Inflation zu trennen von den Verteilungswirkungen anderer ökonomischer Prozesse, wie z. B. den Änderungen in den Relationen von Angebot und Nachfrage, Wachstum eingeschlossen3. In direkter Auseinandersetzung mit den Thesen Bresciani-Turronis 1

2

3

sind Laur-

Bach [241], S. 3 6 und [6], S. 10 ff.; Bombach [265], [267]; Conard [306], S. 90 ff.; Schilcher [641]; Friedrich [48]; Barth [10 a]; Paish [131], Kapitel 17; Thorp/Quandt [168], S. 9 9 - 1 2 9 . Bresciani-Turroni [22], Kap. 8. (Das Buch hat wohl seiner englischen Ausgabe wegen - und einer eingehenden Rezension von Joan Robinson damals - starken Einfluß auf das inflationstheoretische Denken gehabt.) Vgl. des weiteren Eulenburg [339]; Graham [50]; Cagan [292]; Heynes [82], Kap. 1; Kessel/Alchian [442], In einer jüngst erschienenen Dokumentation auch zeitgenössischer Beiträge hat F. K. Ringer die Verflechtung von ökonomischen Tatbeständen und politisch-sozialen Konsequenzen daraus zu verdeutlichen gesucht. Bronfenbrenner/Holzmann [285], S. 6 4 7 ; Niehans [522], S. 73; Harris [61], S. 10 f.

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

19

sen und Tedersen in einer gründlichen Studie, gestützt auf empirische Nachrechnungen, zu einem entgegengesetzten Urteil gelangt; dieses verdichtet sich zu der Feststellung, daß die Umverteilungswirkungen und dementsprechend die sozialen Schäden der großen deutschen Inflation viel geringer gewesen seien als bisher angenommen. Sie müßten geradezu als unbeträchtlich eingestuft werden, wenn man die erheblichen negativen sozialen und politischen Folgen bedenke, die eine Massenarbeitslosigkeit und der Fortbestand der staatlichen Kriegsschuld gehabt hätten 4 . Gegenüber einer Hyperinflation will es für die uns hier nur interessierende schleichende Inflation noch schwieriger scheinen, „die Bürde der Inflation zu identifizieren", insbesondere in Hinsicht darauf, wer sie letztlich zu tragen hat 6 . Vom Standpunkt der Logik leuchtet der Vorgang einer schleichenden Redistribution bei anhaltender inflatorischer Preissteigerung unmittelbar ein. Demnach müssen Verteilungswirkungen immer eintreten, sobald die Geldeinkommen verschiedener Gruppen nicht gleichmäßig und nicht gleichzeitig (bzw. nicht gleich ausdauernd und nicht im gleichen Tempo) steigen. Es ist davon auszugehen, daß das System sämtlicher Preise, d. h. insbesondere das Verhältnis aller Güterpreise zu den Preisen für die produktiven Leistungen (Lohnsätzen, Gewinnraten, Abschreibungssätzen usw.) einen die Volkswirtschaft als Ganzes umspannenden Verteilungsmechanismus darstellt 6 . Änderungen in den Preisrelationen, wie sie durch die unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Preise zustande kommen, verändern daher die Verteilung. Da Einkommen stets preisbestimmt sind, werden die Einkommen einzelner Empfängergruppen um so stärker auseinanderstreben, je unterschiedlicher sich die Preise für Güter und Faktorleistungen entwickeln, je unterschiedlicher diese Preise auf den generellen Preisanstieg reagieren. Der letztgenannte Aspekt ist bei unserem Thema von besonderem Interesse. Unter der Decke der allgemeinen, durchschnittlichen Preissteigerungsrate, die als Maßstab der Inflation dient, verändern sich die einzelnen Preise eo ipso mit unterschiedlichen Raten, so daß die Einkommensverschiebungen unter Inflation stets ein strukturelles Moment enthalten. Lassen wir dieses strukturelle Moment unberücksichtigt, so müssen die „verlierenden" Gruppen Realeinkommensverluste hinnehmen, allein als Folge des inflationären Anstiegs des Preisniveaus, selbst dann, wenn sie ihre Geldeinkommen — wenn auch unterdurchschnittlich — zu steigern vermögen 7 . Im Einklang mit der Literatur sind drei Fälle zu nennen,

4

5

Laursen/Pedersen [104], Kap. 10, bes. S. 1 0 8 - 1 1 2 , S. 115, sowie Pedersen [545], Zu dem Vergleich der „sozialen Kosten" von Unterbeschäftigung und Inflation s. beispielsweise Scitovsky/Scitovsky [603], S. 432 ff.; Rees [574], S. 653 f.

Bach [6], S. 62; Thorp/Quandt

[168], S. 197 f.; James [420], S. 11.

• Ein weiterer bedeutender Verteilungsmechanismus ist das Finanzsystem staatlicher Transferzahlungen und Steuern, den wir hier jedoch außer acht lassen müssen.

7

Bach [6], S. 23 ff., bes. FN 8; Liefmann-Keil Thorp/Quandt [168], S. 194.

[109], S. 338 ff.; Bach/Ando

[243], S. 2;

20

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

in denen a priori eine Einwirkung der Inflation auf die faktische Einkommensverteilung gedacht werden kann: Fall A, bei welchem die Einkommen bestimmter Gruppen verzögert (später und zu langsam) dem inflationsbedingten Kaufkraftverlust der Einkommen angeglichen werden 8 ; Fall B, bei welchem die Einkommen bestimmter Gruppen dem Umfang nach unzureichend oder überhaupt nicht der inflationären Preissteigerung angepaßt werden; Fall C, bei welchem reale Kaufkraftverluste und mithin Einkommenseinbußen nach Empfang der Einkommen eintreten, weil in der Spanne zwischen Einkommensempfang und Einkommensverwendung die Inflation fortschreitet. Der Fall A ist in Form bestimmter (Einkommens-)Time-Lag-Hypothesen in zahlreichen nicht nur spezifisch inflationstheoretischen Arbeiten instrumentiert worden; gewöhnlich denkt man dabei an ein Zurückbleiben der Löhne (LohnLag) 9 respektive Vorauseilen der Preise und damit der Gewinne (Profit-Lead) in bestimmten Phasen der Konjunkturbewegung. Einige Autoren begründen die z. T. auch statistisch belegte Bewegung der Verteilungsquoten im Zyklus ausdrücklich mit der Lohn-Lag-Annahme 10 . Der Fall B bezieht sich primär auf die durch die Inflation unterhöhlte Einkommensposition der Fix- oder Quasi-Fix-Einkommensempfänger (Rentner, Pensionäre, Sparer, Inhaber festverzinslicher Papiere sowie bestimmter langfristiger auf Geld lautender Verträge, die festbestimmte Geldeinkommen gewähren). Der Fall C eines Einkommens-Ausgaben-Lags („Robertson-Lag") kann im weiteren vernachlässigt werden. Seine Bedeutung ist offenbar abhängig von der Länge der Zeitspanne zwischen Einkommensempfang und Einkommensverwendung und dem Ausmaß der inflationären Preissteigerung. Solange aber die Einkommensperiode kurz, etwa ein Monat, und die Preissteigerungsrate mäßig ist, ist der Effekt auf die Einkommensverteilung zu geringfügig, um hier eingehender gewürdigt werden zu müssen 11 . Mit anderen Worten: Es „verlieren" diejenigen Gruppen reale Kaufkraft, deren Einkommen langsamer steigen als die Preise, die sie bezahlen. Entsprechend „gewinnen" Gruppen, deren Einkommen schneller zunehmen als die Preise, die diese bezahlen. Vgl. Bach/Ando [243], S. 2. 8 Andere Einkommens-Lags betreffen die steigenden Preisen nacheilenden Mieten, Pachten und Zinssätze. 10 Burkhead [291], S. 209 f.; Robertson [146], S. 204 ff. 11 Empirische Untersuchungen haben erbracht, daß die Verteilungs- respektive Einkommenswirkung dieses Lags gering ist und dort, wo sie von den Benachteiligten erkannt wurde, zu keiner Änderung des tatsächlichen Ausgabenverhaltens geführt hat (vgl. auch Abschnitt 5.3.2.1). Diese Aussage gilt freilich nur für die mäßigen Preissteigerungsraten der schleichenden Inflation. 8

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

21

Kein Zweifel kann darüber bestehen, daß alle genannten „Fälle" nur a priori mögliche Kanäle benennen, durch die die schleichende Inflation die bestehende Einkommensverteilung verändern kann. Die eigentlichen Bestimmungsgründe für die Verschlechterung der relativen Einkommenspositionen einzelner Gruppen liegen tiefer, und zwar ist es die mangelnde Fähigkeit, Inflation vorauszusehen, oder die mangelnde Fähigkeit, der Inflation das eigene ökonomische Verhalten wirksam anzupassen. Fallen diese Gründe fort, dann bleiben inflationäre Preissteigerungen ohne Wirkung auf die Verteilung 1 2 . 2.1.2 Aktive Empfängergruppen und Lohn-Lag-Hypothese W a s nun die unter Fall A prominenteste Hypothese des Lohn-Lags betrifft, so fallen infolge der zurückbleibenden Löhne im Prozeß steigender Preise im ZweiKlassen-Modell die Reallöhne und steigen die Realgewinne, und zwar um so mehr, je langsamer, schwächer oder später die Löhne den Preisen nachsteigen 1 3 . Realeinkommensanteile wechseln von den Lohnempfängern

im Zuge eines

Zwangssparprozesses zu den Gewinnempfängern 1 4 . Die resultierende Gewinninflation im langfristigen Prozeß bedeutet eine Z u n a h m e der Gewinne infolge Inflation; sie zeigt sich in einer erweiterten Spanne zwischen Lohnkosten und (vor allem industriellen) Erlösen. Soweit wir sehen, hat Keynes

erstmals den Gedanken einer systembedingt

verzögerten Anpassung der Löhne an gestiegene Preise, hier der Preise für die Lebenshaltung, in die Inflationstheorie übernommen. Dieser Gedanke hatte zuvor in der Diskussion über die Erreichbarkeit des Vollbeschäftigungs-Gleichgewichts eine ziemliche Rolle gespielt. Nunmehr findet er sich einbezogen in die Darstellung eines durch monetäre gesamtwirtschaftliche Überschuß-Nachfrage ausgelösten Inflationsprozesses, dem allerdings nicht unbedingt ersten Beispiel einer Analyse des, wie wir es heute zu sehen gewohnt sind, reinen Typs der Überschuß-Nachfrage-Inflation 1 5 . Nicht mehr eine — aus welchen Gründen auch immer — steigende Geldmenge ist ursächlicher und aktiver Faktor der PreisBronfenbrenner/Holzman [285], S. 647: „If everyone had equal ability to predict and adjust to inflation, inflation would have no redistributive effects." Ähnlich Bach/ Ando [243], S. 3. - Die Unterscheidung von antizipierter und nicht antizipierter Inflation findet sich erstmals bei Keynes [82], S. 18. 13 Vgl. die frühen Arbeiten von A. H. Hansen (1925, A.E.R.) und S. Kuznets (Secular Movements in Production and Prices, 1930), sowie Dunlop [35], Kap. VIII und IX; Beck [253]; Bell [255]; Schilcher [642], S. 62. 14 Im Grunde ist diese Art von Zwangssparprozeß also nichts weiter als „an adjunct of the wage-lag doctrine". Siehe das pointiert ablehnende Urteil zu dieser Konstruktion bei AlchtanJ Allen [3], S. 725 f. Der angedeutete Zwangssparprozeß ist der inhaltliche Kern der These, daß die Unternehmungen bzw. die Unternehmer als Klasse durch Inflation „gewinnen". 15 Man denke an die frühen Untersuchungen des Einkommen-Ausgaben-Zusammenhanges bei Einkommenstheoretikern wie Aftalion, Wickseil, Wieser, Schumpeter und Zwiedineck-Südenhorst (Kern von Zwiedinecks Analyse der „Preisbestimmungskraft des Einkommens" s. [701] S. 96). 12

22

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

niveausteigerung, sondern ein unabhängig von der Geldmenge steigendes Einkommens-Ausgaben-Niveau18. Keynes argumentiert, kurz gefaßt, folgendermaßen 17 : Steigt die monetäre gesamtwirtschaftliche Nachfrage, etwa aufgrund erhöhter Staatsausgaben im Krieg, so werden die Preise notwendig eher, mehr und schneller steigen als die Geldlöhne. Die in der Situation gesamtwirtschaftlicher Überschußnachfrage manifest werdende inflatorische Güterlücke, zunächst und primär als reale Lücke zu verstehen, wird durch die Preissteigerungen monetär geschlossen; das reale Ungleichgewicht besteht fort 18 . Dieses Theorem der auf nachfrageinduzierten Preissteigerungen beruhenden Gewinninflation bei verzögerter Geldlohnanpassung beruht auf den — in der nachfolgenden Inflationsliteratur im einzelnen heftig umstrittenen — Annahmen voller Preisflexibilität, Vollbeschäftigung und Konstanz der Ausgaben- bzw. Sparneigungen im Verlauf der inflatorischen Entwicklung. Steigen die Güterpreise vor den Löhnen und schneller als diese, so tritt zwangsläufig ein distributiver Effekt ein, dessen Stärke abhängig ist von Größe und Änderungsgeschwindigkeit der jeweiligen Steigerungsraten. Einem wachsenden Anteil der Gewinne am Nationaleinkommen entspricht ein ebenso sinkender Realeinkommensanteil der Lohnbezieher. Von derartigen Gewinnanstiegen — vielfach als Indikator für das Vorliegen einer Überschuß-Nachfrageinflation verwendet — ist behauptet worden, daß sie, historisch betrachtet, Realinvestitionen induziert und gleichzeitig finanziell ermöglicht hätten 19 . Es ist dies der Kern der Hamilton-Keynes-Hypothese, die für die historische Entwicklung der Kapitalakkumulation in den westlichen Industrieländern eine Erklärung bieten will 20 : Die mit den zurückbleibenden Geldlöhnen und fallenls

17

Zu Vergleichen sei erinnert an K. Wicksells klassische Analyse einer UberschußNachfrage-Inflation. Sein „kumulativer Prozeß" steigender Preise, in Gang gesetzt und gehalten durch das Auftreten gesamtwirtschaftlicher Uberschußnachfrage, wird, was wesentlich ist, verursacht durch ein gesteigertes (Kredit-)Geldangebot (d. h. durch die Diskrepanz von durchschnittlicher realer Zinsrate und der von den Banken gesetzten Geldzinsrate). Wicksells Analyse ist das berühmteste Beispiel des quantitätstheoretischen Typs der Nachfrageinflation - aus der Zeit, als die Quantitätstheorie noch eine geldawgefcotsorientierte Theorie war. Zur vorkeynesianischen Quantitätstheorie s. Mill [122], S. 495 und Fisher [42], S. 29 und 158 f. (engl. Ausgabe). Keynes [85], 9. Kapitel. Zur keynesianischen Theorie der Nachfrageinflation Ball [8],

S. 70 ff.; Paish [131]; Fand [340a].

18

Die Vokabel „Inflationslücke" hatte eine offenbar betörende Wirkung auf das Inflationsdenken, wie die eingehende Beschäftigung mit ihr beweist; s. insbesondere die

Beiträge von W. Salant, M. Friedman, selbstverständlich Bent Hansen [60].

C. Warburton

u. a. in A.E.R., 1942 ff. und

19

Allerdings ist bei stark progressiven Gewinnsteuern nicht die Unternehmerschaft, sondern der Staat der hauptsächliche Nutznießer des inflationären Verteilungsvor-

10

Vgl. Hamilton [390], insbesondere S. 356; [391], insbesondere S. 257; [392], insbesondere S. 327 und S. 338 ff.; Keynes [83], Vol. I, Chapt. 7 und Vol. 2, Chapt. 30. Der Ausdruck „Gewinninflation" bedeutet hier nicht, daß die Gewinne steigen infolge hoher Gewinnansprüche („profit push"), sondern eben ausschließlich als Resultante von Preissteigerungen.

ganges; s. Keynes [85], S. 65.

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

23

den Reallohneinkommen einhergehenden historischen Gewinninflationen (auch „Teuerungen" oder „Preisrevolutionen" genannt) hätten Ausmaß und Tempo des wirtschaftlichen Wachstums seit Beginn der Neuzeit wesentlich bestimmt. Die inflationsbedingte Umverteilung des Gesamteinkommens zugunsten der Unternehmergewinne habe die wichtigste Quelle der wachstumsnotwendigen Ersparnisse so gestärkt, daß es zu einer beschleunigten Rate der Kapitalbildung gekommen sei. Die Inflation sei der stimulierende Finanzier des ökonomischen Wachstums gewesen 21 . Ein die genannte Hypothese flankierender Gedankengang soll kurz erwähnt werden. Er stellt ab auf den wachstumsstimulierenden Effekt spekulativer Zinserwartungen in der Folge anhaltender starker Preissteigerungen. Diese auf Irving Fisher (1896, 1907, 1930) und ebenfalls Keynes (1930, 1936) zurückgehende Überlegung beruht auf dem — übrigens auch von Wicksell ausdrücklich beachteten — empirischen Umstand, daß in Epochen andauernder Preisanstiege die Marktzinssätze gleichermaßen steigen: Entgegen der Beweisführung der klassischen Geldtheorie zeigte sich als Ergebnis gründlicher quantitativer Analyse, daß wirtschaftshistorisch nominale Geldzinssätze und Güterpreise hoch und positiv korreliert waren und die säkulare Bewegung von Preisniveau und langfristigen Zinsraten in dieselbe Richtung ging (Keynes 1930: „Gifesow-Paradoxon"). Die Erklärung, die Fisher und Keynes geben, ist verschieden, und sie interessiert hier nur mit Hinsicht auf den Wachstumsaspekt. Fisher geht davon aus, daß der sinkende Geldwert den Realwert langfristiger Effekten beeinträchtigt. Sind die Wirtschaftssubjekte frei von Geldillusion und erwarten sie einen Fortgang der Preissteigerungen, so werden Anbieter wie Nachfrager der Effekten die Zinssätze um die antizipierte Geldwertverlustrate „berichtigen", d. h. die Zinsraten werden höher sein, wenn die Preise steigen. Da jedoch diese Angleichung der Nominalzinssätze nur mit einem Lag erfolgen kann, werden die Investoren von Realkapital gegenüber den Investoren in Effekten begünstigt. Keynes (hier ähnlich Wicksell) argumentiert: Steigende Preise lassen die Unternehmer steigende Gewinne „wittern", sie erhöhen ihre Nachfrage nach dauerhaften Kapitalgütern. Die davon implizierte Steigerung der natürlichen Zinsrate wird von den Banken nur verspätet wahrgenommen, die Unternehmer sind für die Zwischenzeit Nutznießer der Zinsdifferenz 22 . — Bei allem wurde abgesehen von den Auswirkungen solcher Dispositionen, die eine Umschichtung innerhalb des portfolio zum 21

Die Vorteilhaftigkeit der Inflation -

„beneficial inflation" - behauptet seit den

Tagen W. Pettys und John Latus die „Money-Stimulates-Trade"-Doktrin; s. dazu Blaug [14], S. 20 f., und Aschheim/Hsieh [5 a], S. 135 ff. Bei ]. St. Mill findet sich das

22 23

Argument, daß die Inflation produktionsstimulierend deshalb wirke, weil sie den Realwert der Schulden senke, Schuldner aber besonders in der „produktiven Klasse" anzutreffen seien; s. [122], Kapitel 13. Man ist lebhaft erinnert an die umstrittene moderne These von dem wachstumsstimulierenden Effekt der Inflation. Fisher [42]; Keynes [83], S. 142f., 2 0 7 , 2 2 8 , 2 3 1 (englische Ausgabe). Siehe die neuere Diskussion des Zusammenhangs von Inflationsrate und Zinsrate (respektive Bondrate) im Radcliffe-Report [708], § 572; bei Brown [24], Chapt. 9 sowie Arbeiten von C. M. Kennedy (1960), R. ]. Ball (1962, 1965), ]. L. Ford/T. Stark

24

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Gegenstand haben, verursacht von dem inflationsbedingten Verfall der Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes und geldnaher Anlagen 23 . Die kritische Durchsicht des namentlich von Hamilton angebotenen empirischen Materials und weitere Rechnungen lassen seine Hypothese aber als allzu spekulativ erscheinen. Methodische Einwendungen fanden besonders Alchian und Kessel, wenn sie beispielsweise zeigen, daß Hamiltons Resultate sich auf eine falsche Auswahl der Basisjahre für die untersuchten Zeitreihen zurückführen lassen24. Die Schlußfolgerung läßt sich eher halten, daß für das Absinken der Reallöhne in einigen der betrachteten Zeiträume nicht monetäre Faktoren, also auch nicht inflationäre Preissteigerungen verantwortlich waren. Vielmehr haben genau verzeichnete reale Faktoren wie bestimmte zeitgeschichtliche, demografische, institutionelle und andere Umstände diese Entwicklung bewirkt (kriegerische Verwicklungen, rapides Bevölkerungswachstum, Zuwanderung billiger Arbeitskräfte in die betroffenen Wirtschaftsregionen, Zunft- und Gildenwesen, obrigkeitliche Lohnbeschränkungen, Mißernten, Umwälzungen in den Handelsbeziehungen usw.). Bei allem könne, meint die Kritik weiterhin, nicht davon gesprochen werden, daß die historischen Preis„revolutionen" tatsächlich eine Realeinkommensverschiebung von den Arbeiterschichten zu den Unternehmern bewirkt hätten. Immerhin — die Lohn-Lag-These erschien plausibel genug, um nach Keynes in eine Reihe formalisierter Modelle des Inflationsprozesses übernommen zu werden. Diese führten entweder das keynesianische Konzept der Uberschußnachfrageinflation fort 25 oder verbanden es mit den Konzepten kostendeterminierter Preisbildung 26 . Die Lohn-Lag-These findet sich auch in Inflationsmodellen, die allein kostendeterminierte Preisbildung annehmen 27 , und schließlich z. B. in dem Verteilungsmodell von Gallaway2s. Peacock und Ryan haben im weiteren sogar versucht, die Länge des Lohn-Lags empirisch zu bestimmen. Dabei kam es ihnen insbesondere darauf an, die Umstände tarifvertraglicher Lohnbestimmung, am Beispiel Englands, zu berücksichtigen29. (1965 und 1967) sowie Paish [131], Kapitel 1 und in PaishIHennessy [132], S. 15. Wichtig sind auch Arbeiten von D. Meiselman (1963), Ph. Cagan (1965), W. /. Yohel D. S. Karnosky (1969), D. Fand (1969), Barth [10a], Hicks (1970). 24 Kessel/Alchian [441], insbes. S. 49 f. (Diese Arbeit ist im eigentlichen eine kritische Auseinandersetzung mit W. C. Mitchells wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchungen des amerikanischen Sezessionskrieges und der darauf folgenden Jahre); North [525], S. 142; zur Kritik an Hamilton s. auch Felix [343], insbes. S. 445, 453 f.; Maynard [116], S. 156-162; Haberler [56], S. 59 f. 25 Smithies [622]; Koopmans [447]; Turvey [668]; A. H. Hansen. 2 « Duesenberry [320]; Holzman [410]. Vgl. auch Bresciani-Turronis [22], S. 305 ff., und Grahams [50], S. 205, Bezüge zur deutschen Hyperinflation nach dem Ersten Weltkrieg. 27 Holzman [410], S. 152; Dow [318]; Dicks-Mireaux [315], 28 Gallaway [368]. 2 * Dabei wird eine Unterteilung der Gesamtdauer des Lags in vier Teil-Lags vorgenommen: PeacocklRyan [541]; Schlußfolgerung eines zeitweiligen Absinkens des

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

25

Die Gültigkeit der Lohn-Lag-Hypothese ist jedoch auf der logischen und auf der empirisch-statistischen Ebene zu bestreiten. Hinsichtlich ihrer logischen Schwäche ist zunächst an den generellen Satz zu erinnern, daß aus einer möglichen oder wirklichen zeitlichen Aufeinanderfolge zweier Ereignisse, hier Preis- und Lohnänderung, nicht auf einen kausalen Zusammenhang geschlossen werden darf. Gewisse Diskussionen darüber, inwieweit Preissteigerungen etwa dazu tendieren, jeweils Lohnanpassungen nach sich zu ziehen (Preis-Lohn-Runden), sind häufig nicht frei von diesem Denkfehler. Sofern aber die These, und das ist wohl überwiegend der Fall, nur die Tatsache einer solchen zeitlichen Aufeinanderfolge von Preis- und Lohnänderungen behaupten will, bleibt zweierlei zu fragen: (1) Gibt es objektive (auch sozialpsychologische) Umstände, die eine derartige zeitliche Verzögerung der Lohnentwicklung erzwingen? (2) An welche ursprüngliche Konstellation von Preisen und Löhnen ist zu denken, von der anfänglich Preise zu steigen begonnen haben? Hinsichtlich der ersten Frage verweisen die Verfechter der Lag-Hypothese einmal auf den Modellverlauf der Konjunktur. Ist ein Zyklus mit deutlichen Ausschlägen gegeben, so begünstige dieser die Gruppen unterschiedlich in den einzelnen Phasen seines Verlaufs. In der Aufschwungsphase lasse die rasche Expansion der Nachfrage den Output und der steigende Auslastungsgrad der gegebenen Kapitalausstattung die Gewinne steigen; mit Annäherung an die Vollbeschäftigungsgrenze würden die Preise steigen, womit der Anstieg der Gewinne noch verstärkt werde. Im weiteren Fortgang des Prozesses passe sich die Beschäftigung dem gestiegenen Output soweit wie möglich an. Infolge der einsetzenden Verknappung der Arbeitskräfte stiegen dann die Löhne und stiegen selbst dann noch, wenn der Absatz zu stocken und der Output bereits zu schrumpfen beginne. Mit fallendem Auslastungsgrad in der Abschwungphase gingen endlich die Gewinne zurück. Die wiederum mangelhafte und nur verzögerte Anpassung der Beschäftigung an den (diesmal abfallenden) Output und die sinkende Rate der Kapazitätsauslastung begünstigten in dieser Phase nunmehr die Lohnempfänger. Abgesehen von Fristigkeitsproblemen ist diese Ableitung zweifelhaft in ihrer Wirklichkeitsbedeutung. Die moderne Wirtschaftspolitik sucht die konjunkturellen Ausschläge gering zu halten. Löhne und Preise entwickeln sich daher im großen und ganzen kontinuierlich, einzelne konjunkturelle Phasenabschnitte lassen sich schwer markieren. Trotz der Hinweise auf gewisse Gleichläufigkeiten, wie bei der Entwicklung von Gewinnen und Produktion, Geldlöhnen und Reallöhnen usw., ergeben sich konjunkturbedingte Einkommensverschiebungen nur sehr kurzfristig; dabei können die betrachteten Zeiträume oft nur willkürReallohnanteils auf der Grundlage der ermittelten Lohnanpassungsverzögerung S. 389. Ein ähnlicher Ansatz bei Brown [24], S. 127 ff.

26

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

lieh bestimmt werden. Hinzu kommt, daß sich Löhne und Preise in den einzelnen Wirtschaftsbereichen niemals gleichmäßig und gleichzeitig verändern. Dabei kommt es laufend zu Verschiebungen in der relativen Bedeutung einzelner Industrien für das gesamtwirtschaftliche Verhältnis von Lohn- und Gewinneinkommen 30 . Um die Lohn-Lag-Hypothese zu begründen, wird weiterhin ins Feld geführt, daß Lohnsätze prinzipiell weniger beweglich und gegenüber Veränderungen (z. B. Preissteigerungen) weniger reagibel seien als Güterpreise (z. B. gegenüber Lohnsteigerungen) 31 . Man verweist dann gern auf den kollektivvertraglichen Charakter der Lohneinkommen 32 . Doch überzeugen kann das nicht. Wie empirische Untersuchungen ergeben haben, sind Löhne und Preise gleichermaßen rigide (in erster Linie in der Abwärtsrichtung) und gleichermaßen beweglich (in der Aufwärtsrichtung). So wenig die Unternehmer einerseits dazu neigen, die Preise gern, häufig und rasch zu ändern, weil sie die möglichen Konsequenzen dieser „Preisunruhe" bei Konkurrenten und Kunden fürchten, so sehr muß andererseits in Betracht gezogen werden, daß auch die meisten Preise in vertragliche Umstände eingeordnet sind (Liefer-, Abnehmerverträge usw.). Des weiteren können die effektiven Geldlohnsätze ja gewöhnlich, wenn es die Umstände des Arbeitsmarktes und der konjunkturellen Lage erlauben, über die tarifvertraglich ausbedungenen Lohnsätze hinaus verändert werden (wage drift). Betreiben die Gewerkschaften bewußte Reallohnpolitik, so werden die angestrebten Geldlohnsätze mit der inflationären Preisentwicklung abgestimmt. Dabei ist denkbar, daß die Lohnsätze entweder antizipativ oder im Gleichschritt bzw. Quasigleichschritt (Veränderungen des für Gleit-Klauseln relevanten Preisniveaus können allerdings nur verspätet festgestellt werden) oder tatsächlich erst nachträglich abgestimmt werden. Die letztgenannte Möglichkeit muß keineswegs von vornherein als die empirisch relevanteste angesehen werden. Hinzu kommt, daß Güterpreise in den Industriebereichen mit kostenabhängiger Preisfestsetzung tendenziell unbeweglich sind. Unterschiede in den Bewegungen von Löhnen und Preisen sind daher keineswegs „natürlich" 33 . Haben wir mit solchen Überlegungen den Zweifel ausgedrückt, ob man mit der Lohn-Lag-Konstruktion der Wirklichkeit nahekommt, so bleibt zu der zweiten Frage zu überlegen, an welche anfängliche Konstellation von Preisen und Löhnen denn überhaupt gedacht ist, von der an die Preise ursprünglich zu steigen begonnen haben sollen. Das Vorgehen, welches eine solche Ausgangssitua30

Vgl. dazu Burkhead [291]; Schuller [649]; Kuznets [100]; Beck [254]. Darauf kommen wir in den Abschnitten 2.2.1.1 und 2.2.1.2 zurück. 3i Ältere Autoren erklären das angebliche Zurückbleiben der Löhne mit der diesen eigenen „natürlichen Trägheit", eine angesichts gegenwärtiger Verhältnisse ziemlich unglaubwürdige Vorstellung. 33 Auch die vielbeachtete Erscheinung der Rigidität in der Abwärtsrichtung betrifft Löhne und Preise gleichermaßen. Vgl. A. ]. Brown [24], S. 113 f., Kap. 5 passim; Ball [8], S. 120 f.; Bombach [268], S. 198 f. 31

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

27

tion festlegt, kann offenbar nicht anders denn willkürlich sein 84 . Mit ihrem deutlichen Bezug auf das Verteilungsproblem teilen wir Lerners Ansicht: „The 'Who started it first' debate is a complete waste of time because there is no original situation in which there was a 'just' or 'normal' distribution of the product between wages and profits. Any increase can be seen either as the disturbance which bears the full responsibility for the inflation, or as nothing but the correction of an inequity perpetrated in previous history — all depending on the point of view" 35 . Fast überflüssig ist es, anzumerken, daß man mit all dem ständig an eines der umstrittensten Teilprobleme der erbittert durchgefochtenen „Cost push versus Demand pull"-Kontroverse gemahnt wird, die in den 50er Jahren den Schwerpunkt der Inflationsdebatte abgegeben hatte: Wie kann an konkreten Preissteigerungsprozessen festgestellt werden, ob der inflationäre Druck von der Kosten- oder der Nachfrageseite ausgeübt wird? Erst als man das Trügerische eines strikten „Entweder-Oder"-Zugangs erkannt hatte 36 , konnte man sich der nicht geringes theoretisches Geschick erfordernden Arbeit zuwenden, das jeweilige Zusammenwirken von Kosten- und Nachfragefaktoren zu untersuchen. Darauf wird man auch künftig nicht verzichten können, trotz der neuen zauberischen Schlagworte „Phillips-Kurve", „trade off", „guide posts" usw. Der um des weithin anerkannten Zieles „Geldwertstabilisierung" willen gebotene Einsatz der wirtschaftspolitischen Mittel macht eine genaue Analyse gegebener Situationen unumgänglich. Die Lohn-Lag-Hypothese ist jedoch fernerhin von der empirisch-statistischen Seite angezweifelt und von Kessel und Alchian nach Auswertung amerikanischer Daten ausdrücklich verworfen worden 37 . Auf anderem methodischen Wege 34

35 36

Eine Konstellation, bei der Preise anfangen zu steigen, wonach ein Anstieg der Löhne folgt, entspricht dem Bild einer Nachfrage-Inflation (induzierte, charakteristischerweise aber eben verzögerte Lohnsteigerungen als Identifikations-Kriterium). Die auf den Gütermärkten erstmals auftretende Überschußnachfrage löst die Preissteigerung aus. Erst dann führt die davon abgeleitete vermehrte Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zum Nachziehen der Löhne. Existieren nun aber klare Erwartungen bezüglich der künftigen Preisentwicklung, so können die Löhne selbst bei Vorliegen einer Überschußnachfragesituation am Gütermarkt eher steigen als die Güterpreise. Wird von den Gewerkschaften beispielsweise ein weiterer Anstieg der Preise der Lebenshaltungsgüter antizipiert, so kann die „eigentliche" Folge der Ursache voraufgehen (das Identifikations-Kriterium versagt dann). Dieser Vorgang ist für stark interdependente Wirtschaften nicht ungewöhnlich, s. Satnuelsott/Solow [597], S. 183. Erinnert sei an das Problem, ob 'Final-Ursachen' wenigstens in sozialwissenschaftlichen Aussagesystemen berechtigt sind. Lerner [479], S. 259 bzw. [480a], S. 513; siehe auch Machlup [494], S. 129. Die - enttäuschende - Einsicht ist heute allgemein, daß dieser Frageansatz auf ein echtes „Henne-Ei-Problem" zuführt, welches eine rationale Lösung gar nicht gestattet: Slichter [617], S. 35; Holzman [412], S. 22 und S. 3 1 - 3 7 ; Bombach [268], S. 194;

Samuelson/Solotv

37

[597]; Bowen

[274], S. 201 f.; Thorp/Quandt

[168], S. 76 f.;

Franckes Ansatz, die westdeutsche Preissteigerung 1960-63 zu identifizieren, bleibt eben wegen der nur bedingt brauchbaren Indikatoren unbefriedigend, s. [356], S. 112 ff. Kessel!Alchian [441]; Alchian [233]; vgl. auch Thorp/Quandt [168], S.194; Felix [343].

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

kommen Bach und Ando zu dem Ergebnis, daß die Unternehmer während inflationärer Perioden nicht zu Lasten der Arbeitnehmer fortlaufend Realeinkommen Zugewinnen38. Auch Conard ist der vielfach unbesehen geglaubten Wirkung der Inflation auf die faktische Einkommensverteilung nachgegangen. Das Ergebnis war, bezogen auf nordamerikanische Verhältnisse, daß für den Zeitraum von 1939 bis 1958 trotz anhaltender mäßiger Preissteigerung in fast allen gebildeten Teilabschnitten eine Senkung der Lohnquote nicht festzustellen war: „There is no convincing evidence to support the commonly held view that moderate inflation now has a systematically regressive effect on the distribution of income in the United States" 39 . Überdies hat es innerhalb der gesamten betrachteten Zeitspanne abschnittsweise mehr oder weniger starke Geldlohn- und Preisveränderungen gegeben, die sich nicht in das zur Rede stehende Verzögerungsschema einfügen lassen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen außerdem Phelps Brown und Browne*®. Diese empirischen Ergebnisse, so folgert Scherf im Anschluß an Bach und Ando, lassen zwei Erklärungen zu: Entweder sei die redistributive Wirkung der Inflation auf die Einkommensverteilung tatsächlich so schwach, daß sie sich gegen den Einfluß anderer Bestimmungsgrößen der Verteilung nicht durchsetze, oder die redistributive Wirkung sei zwar (tendenziell) gegeben, sei jedoch von den bedrohten Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften rechtzeitig und richtig antizipiert und durch eine ausgleichende Einkommenspolitik abgewendet worden41. Beide Erklärungen sind vernünftig. In Konsequenz der für unsere Arbeit grundlegenden Auffassung aber, daß die Gruppen aktive und bewußte Verteilungspolitik betreiben, geben wir der zweiten den Vorzug. Der „neuartige" Charakter der Inflation nach dem Zweiten Weltkrieg, der diesen Grundsachverhalt reflektiert, wird uns noch beschäftigen. Doch einige ergänzende Betrachtungen, den schwankenden Boden des Ganzen betreffend, sind erforderlich. Das Fehlen einer inflationsinduzierten Verschie38 39

40

41

Bach/Ando [243], S. 4 f. Conard [306], S. 77; ähnlich Scitovsky/Scitovsky [603]; Bach [241], S. 39 f., und Schultz [649 a], S. 264 und S. 266, letzterer allerdings nur für die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg (Grund: der neuartige Charakter der Inflation). „The strongest impression of a l l . . . is that no one course of change in distribution predominated... In a word, inflation does not bring with it any strong tendency to raise pay (damit ist gemeint „the share of income from work in national incomes", H. K.) relatively to the return to property, or vice versa, but is compatible with shifts in either direction. Perhaps we can go further, and surmise that resistances to inflation, which hold back prices or money incomes in some sectors of the economy, tend to bring distributive shifts, but that where inflation is least impeded and most general its distributive effects (between those broad categories alone that we are considering here) are l e a s t . . . (S. 731 f.) Over the whole field, what is remarkable is the absence of any general distributive change in the presence of general inflation" (S. 745). Brown/Browne [287]; s. auch Klein/Ball [446]; Lipsey/Steuer [488]; A. J. Brown [24], S. 116 f.; Bach!Ando [243], S. 1 ff.; Bach [6], S. 23 if.; Economic Survey of Europe [711], Kapitel 8 und 9; Scherf [639], S. 269 f. Bach!Ando [243], S. 2; Scherf [639], S. 265.

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bung der Einkommensverteilung zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern war von uns, besonders Alchian und Kessel folgend, mit der These begründet worden, daß der häufig behauptete, von der Funktionsweise marktwirtschaftlicher Systeme angeblich notwendig bedingte Lohn-Lag nicht existiere 42 . Weder ist Inflation notwendig verbunden mit einem Steigen der Preise (und Gewinne) vor den Löhnen, noch läßt sich behaupten, daß die Löhne „naturgemäß" inflexibler sind als die Güterpreise, oder wenigstens die Lohngüterpreise. Die Kritik hat diesem Standpunkt hinwiederum entgegengehalten, daß doch offenbar die betrachteten Fristen sehr beobachtet werden müssen und von der Abgrenzung der Perioden, wie sie Bach und Ando, Conard und die anderen vornehmen, die Ergebnisse wesentlich abhingen. Zudem werde sich die Frage nach der Existenz einzelner Lohn-Lags nie so recht klären lassen, wenn die jeweilig konkreten Inflationsprozesse nicht genau bestimmt seien. Hinzu komme, daß die als einzige betrachteten großen sozialen Gruppen, Lohn- und Gewinnempfänger, in sich außerordentlich inhomogen sind43. Nur eingehende Analysen der unterschiedlichen, institutionell bedingten Chancen und tatsächlichen ökonomischen Verhaltensweisen der Gruppen würden weiterhelfen. (Sichtbar wird an dieser Stelle immerhin schon, wie anfechtbar die Gruppen-Konstruktion der funktionellen Verteilungstheorie ist.) Auf einen schwerwiegenden theoretischen Sachverhalt bleibt noch hinzuweisen. Es überrascht etwas, daß Keynes in seinem Uberschußnachfrage-InflationsModell der Lohn-Lag-Hypothese eine so pointierte Stellung beigemessen hat, nachdem er gerade in der Frage des konjunkturellen Verhaltens der Geldlöhne frühere Ansichten revidieren mußte. Bei Entwicklung seines zentralen beschäftigungstheoretischen Themas hatte Keynes in der „Allgemeinen Theorie" — dabei noch nicht von den Klassikern entfernt — behauptet, daß Geld- und Reallöhne sich im Konjunkturverlauf invers zueinander bewegten: Im Aufschwung würden Reallöhne fallen, während Geldlöhne (und Ausstoß) steigen, im Abschwung vice versa. (Während die Klassiker argumentiert hatten, daß der Reallohnverfall die Ausstoßsteigerung induziere, suchte Keynes zu begründen, daß die Ausstoßsteigerung die Reallohnsenkung verursache.) Zahlreiche Arbeiten dazu, so von Dunlop, Tarshis, Ruggles, Foxwell, Tsiang, Creamer und Rees, untergruben die These von der Gegenläufigkeit der beiden Lohnarten. Es zeigte sich, daß beispielsweise in der Hochkonjunktur Geldlohnsteigerungen häufig größer sind als die Preissteigerungen bei den Konsumgütern, Geld- und Reallöhne sich also parallel entwickeln. Keynes hat diese Ergebnisse ausdrücklich anerkannt (s. Economic Journal, 1939), zumal der Kern seiner Beschäftigungs- und Einige Autoren kommen sogar zu einer „Lohn-lead"-Hypothese; z. B. Harris [61], bes. S. 87; Kuh [95], der die quartalsweise Änderung der nominellen Gewinne untersucht hat und nicht ermitteln konnte, daß die Lohnsätze stets erst als Folge von Preisänderungen variiert wurden. 43 Vergleiche die strikt ablehnenden Stellungnahmen von James, Rasmussen und 42

Delivanis,

alle in Ducros/Marchai

Verständnis für Alchians

[195] zu Alchian

Position gibt M . W. Reder

[233], S. 633 ff. Ein gewisses

zu erkennen.

30

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Gleichgewichtstheorie davon nicht berührt wurde. All dem können wir hier nicht weiter nachgehen. Aber eine Grundsatzfrage haben wir berührt. Bislang sind analytisches und statistisches Rüstzeug der Theorie noch keineswegs so kongruent verwendbar, daß mit hinreichender Zuverlässigkeit die relativen Gewichte der einzelnen Einflußgrößen bestimmt werden könnten, die die faktische Verteilung determiniert haben. Fraglich ist z. B., wie die Einflüsse voneinander isoliert werden können, die von den laufenden Veränderungen der Produktionsfaktoren in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausgehen, sowie von ihren realen Relationen zueinander. Statistische Zeitreihen werden, zumal wenn sie größere Zeiträume umfassen, dem substanziellen Wandel solcher wichtigen institutionellen Umstände wie Faktormobilität, Marktkonkurrenz, staatlicher Intervention usw. nicht im entferntesten gerecht. Bach urteilt: „We can never be sure in the complex interplay of forces just what observed effects in the past were actually caused by inflation; even though some changes occurred with or just following inflation, we cannot know that other third forces were not the causes" 44 . Die redistributive Wirkung kann also tatsächlich vorhanden sein, fällt aber z. B. auch deswegen nicht auf, weil die Begriffsbildungen der statistischen und der theoretischen Analyse nur mangelhaft übereinstimmen 45 . Besondere Schwierigkeiten bereitet naturgemäß die Berechnung des Unternehmergesamteinkommens. In diesem Einkommensblock bilden die unverteilten Gewinne der Gesellschaften einen Bestandteil von herausragender Bedeutung. Der Verdunklung seiner numerischen Umrisse widmen die Unternehmensleitungen aus bekannten Gründen seit eh und je besondere Anstrengungen 46 . Schließlich darf nicht übersehen werden, daß bei allen erwähnten Untersuchungen eine langfristige Betrachtungsweise vorherrscht. In sehr kurzfristiger Sicht können selbstverständlich zeitliche Anpassungsverzögerungen bestimmter Einkommen an andere die Einkommensverteilung verändern. Das ist aber nicht automatische Folge systembedingter Lags, sondern — wie wir vorziehen zu sagen — resultiert aus dem Erfolg der Gruppen, die ihre Einkommensansprüche zu den eigenen Gunsten erhöhen konnten, ehe noch die rivalisierenden Gruppen 44 45

46

Bach [241], S. 35. Vgl. die Klagen zur statistischen Unbequemlichkeit der von der Verteilungstheorie verwendeten Einkommensbegriffe bei Schuller [649], S. 318 f.; Rothschild [587], S. 180-184; Kravis [451], S. 918; Solow [627], S. 630; Weintraub [680], S. 66 ff.; Titmuss [170]. In seiner einflußreichen NBER-Studie [99], S. 36-38, weist S. Kuznets den obersten Einkommensgruppen einen im einzelnen nicht begründeten Prozentsatz unverteilter Gewinne zu. Cartter [249], S. 875-883, bemüht sich gleichfalls um den Nachweis, daß der Anteil der oberen Einkommensgruppen am Gesamteinkommen sich um ein Wesentliches erhöht, wenn man die unverteilten Gewinne zuschlägt. Zu den Schwierigkeiten bei der Berechnung des gesamten Einkommens aus selbständiger Arbeit aus einer deutschen Sicht s. Hamer/Richter [398].

Schleichende Inflation und faktische Einkommensverteilung

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den Gegenzug unternehmen, womit eine neue Runde der verteilungspolitischen Auseinandersetzung eröffnet wird. Es gibt keinen zwingenden theoretischen Grund, der dafür stände, daß die Unternehmer mit Preissteigerungen stets den Vorreiter machen. Zusammenfassend ist also zu sagen, daß infolge der Existenz anhaltender Inflation der faktische Anteil der Löhne am Gesamteinkommen sich nicht vermindert hat. Die faktische Einkommensverteilung zeigt unter dem Einfluß der schleichenden Inflation keine statistisch auffälligen Veränderungen. Ein Einkommens-Lag, der die eine oder andere der aktiven Gruppen systematisch benachteiligt, ließ sich nicht nachweisen46®. Das ist freilich ein Ergebnis unter vielen Bedenken 47 . Wie dem sei — zum gegenwärtigen Augenblick lassen sich zweifelsfrei Aussagen über die wirklichen Verhältnisse nicht ableiten 48 . Ohnehin nicht berührt davon wird die Möglichkeit, im Rahmen mehr oder minder einfacher makroökonomischer Modelle, verzögerte Preis-, Lohn- und Einkommensbewegungen und die daraus resultierenden Verschiebungen der Einkommensverteilung analytisch zu behandeln 49 . 2.1.3 Passive Einkommensempfängergruppen Für die Verteilungsrelation zwischen den Gruppen der Lohnempfänger und der Unternehmereinkommensbezieher hat sich bislang keine der schleichenden Inflation signifikant zurechenbare Veränderung feststellen lassen. Im Gegensatz dazu diskriminiert die Inflation offensichtlich die Einkommen der dem Produktionsprozeß fernstehenden passiven Empfängergruppen. Es scheint der Verdacht empirisch hinreichend begründet, daß diese Gruppen zu der fehlenden oder am Gesamteinkommensanstieg gemessen unterproportionalen Steigerung ihrer Einkommen außerdem noch den durch Inflation bedingten Kaufkraftverlust dieser Einkommen hinnehmen müssen. Z u den gemeinten Gruppen zählen die Empfänger von Transferzahlungen in den Systemen der Sozialen Sicherheit ebenso 4,a

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt M. Ziercke in einer jüngst erschienenen Schrift über die redistrikutiven Wirkungen von Inflationen. 47 Ein anderes Problem ist, ob es innerhalb der beiden großen Klassen der Einkommensbezieher zu Verteilungsverschiebungen gekommen ist, bei Arbeitnehmern etwa zwischen Ungelernten und Gelernten, Jungen und Alten usw., bei den Unternehmern zwischen Handwerk, Industrie, Landwirtschaft usw. 48 Wir erinnern nochmals daran, daß wir die (negativen) „wealth effects" inflationärer Preissteigerungen nicht beachten wollten, so etwa den aus der Gläubiger-SchuldnerBeziehung entspringenden „real-indebtness-effect", siehe z. B. Patinkin [133]. Die „real balance effects"-Doktrin sieht bekanntlich die Geldmenge als eine Komponente des „Reichtums" einer Volkswirtschaft, deren Realwert abhängig ist von den Bewegungen des (absoluten) Preisniveaus. Inflation vermindert den Realwert dieser Vermögenskomponente und mithin das gesamte Realvermögen. Das hat dieser Doktrin zufolge Konsequenzen für die Ausgabenentscheidungen der Wirtschaftssubjekte wie für weitere ökonomische Größen. Die empirische Bedeutung des Zusammenhanges ist gering. 48 Vgl. die Versuche von Niehans [522] und Pesek [548].

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

wie die Besitzer festverzinslicher Wertpapiere, Berechtigte aus Lebensversicherungen und anderen Formen relativ geldnaher Vermögenshaltung. Besonders durch Inflation betroffen sind die, welche diese letztgenannten Vermögensanlagen als Formen individueller privater Zukunftsvorsorge halten, um aus ihnen den Lebensunterhalt bei Krankheit und Alter zu bestreiten 5 0 . Die Gruppe der Beamten braucht nicht mehr, wie früher üblich, den passiven Empfängergruppen hinzugezählt zu werden. Inzwischen haben die Beamten und ihre Organisationen gewerkschaftsähnliche Verhaltensweisen angenommen. In der Art und Weise, wirksame Einkommenspolitik zu betreiben (auch mit Hilfe des „Beinahe-Streiks"), unterscheiden sie sich nur mehr graduell von dem Verteilungshandeln der Arbeiter und Angestellten und deren Gewerkschaften. Die wirklich passiven Gruppen können die relativen Einkommensverluste, direkte Kürzungen der Nominaleinkommen werden vermieden, nicht wettmachen. Das gelingt selbst dann nicht, wenn bestimmte Bindungen an andere Einkommen (wie in der deutschen Alterssicherung) oder sonstige allgemeine Geldwertkonventionen dynamische Anpassungen vorsehen. D e r Umstand der zeitlichen Verzögerung wird durch diese nicht beseitigt. Passiv zu nennen sind Gruppen nicht deshalb, weil sie die inflationäre Preissteigerung nicht zu bemerken oder zu antizipieren vermögen und darum Abwehrmaßnahmen unterlassen; das wäre keine glaubwürdige Erklärung in Zeiten, wo nicht nur die wissenschaftliche Öffentlichkeit das Inflationsthema unermüdlich erörtert. Vielmehr sind diese Gruppen zur Passivität gezwungen, weil sie am einkommenschaffenden Produktionsprozeß nicht teilnehmen oder in einflußloser Stellung teilnehmen, wie z. B. häufig Besitzer von Kapitalbeteiligungen die aufgrund der modernen Formen der Unternehmensleitung nur geringe Mitwirkungschancen haben 5 1 . Die Einkommenspolitik dieser Gruppen, besonders der Sozialeinkommensbezieher, kann nicht direkt im Produktionsprozeß ansetzen. Politische, moralische und publizistische Mittel müssen die ökonomische Schwäche auszugleichen suchen (Beeinflussung von Parteien, Parlamenten, staatlicher Verwaltung, Öffentlichkeit usw.). Wirksame ökonomische Mittel stehen jedenfalls nicht zu Gebote. D e r in Abständen wiederkehrende Vorschlag eines disziplinierteren Verbraucherverhaltens (Empfehlung zu Kaufstreik und Boykott eingeschlossen) hat sich als in hohem M a ß e unrealistisch erwiesen. Neben der Tatsache, daß diese Gruppen ihrer Einkommensposition zufolge nicht gerade den kaufkräftigsten Teil der gesamten Verbraucherschaft darstellen, hat sich gezeigt, daß die generelle Regel, der 50

51

Bach/Ando [243], S. 7 f. und S. 13; Staff-Report on Employment, Growth, and Price Levels [705], S. 110; Thorp/Quandt [168], S. 196 f.; Harris [61], Kapitel 5; BronfenbrennerlHolzman [285], S. 649; Bronfenbrenner [279], S. 36; Scherf [639], S. 269 f.; Morag [123], S. 143. An diesem Punkt erscheint es praktisch, wenn die ökonomische Analyse diese Gruppen zu einer einheitlichen Eigentümerklasse zusammenfaßte. Die sozialgesetzlichen Ansprüche wären dabei als Eigentumsersatz zu betrachten. Doch abgesehen davon, ob die Homogenität des Verhaltens tatsächlich so einschneidend ist, müßte eine derartige Verschmelzung unter soziologischen Kriterien fragwürdig bleiben.

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zufolge Nachfrager schwerer als Anbieter zu organisieren sind, sich an diesem Beispiel gut bestätigt. Hinzu kommt, daß die Marktstellung der Konsumenten unverhältnismäßig schwächer ist als die der Produzenten. Da dieser Weg, der Bürde der inflationären Preisentwicklung entgegenzuwirken, indem man den Preisauftrieb selbst zu bremsen sucht, sich als wenig praktisch erwiesen hat, bleiben den bedrängten Gruppen keine ökonomisch relevanten Möglichkeiten, der Inflation zu widerstehen. Eine der Hauptthesen Bachs in seiner gründlichen Untersuchung der schleichenden Inflation besteht daher zu Recht: „ . . . we live in a society where the major economic groups are increasingly effective in protecting their own income shares, and where private wage and salary earners are especially successful, at the expense of more passive, quasi-fixed income groups" 52 . Eine Wirtschaftspolitik der Preisstabilisierung, die sich damit rechtfertigt, daß sie dieser sozial-politisch („verteilungsethisch") bedenklichen regressiven Verteilungswirkung der Inflation entgegentreten will, hat ein gutes Argument für sich53. Dennoch wird eine solche Politik schwerlich viele Befürworter finden können, wenn sie als Preis Arbeitslosigkeit fordert. Eine andauernde bzw. ernstliche Minderauslastung der Produktionskapazitäten und die damit einhergehende Minderung der Einkommen und allgemeinen „Wohlfahrt" wird keine demokratische Gesellschaft hinnehmen können.

2.2 Einkommensanspruchsverhalten der gesellschaftlichen Gruppen und Inflation Mit dem Folgenden unterbrechen wir für eine Weile unseren Hauptgedankengang, der dem Einfluß der Inflation auf die Einkommensverteilung gewidmet ist. Die Kernfragestellung zu verkehren ist nicht nur reizvoll, es ergeben sich daraus auch einige wichtige Einblicke in die Vorgänge enger Wechselwirkung zwischen schleichender Inflation und Einkommensverteilung, beide ihrerseits als gesamtwirtschaftliche Totalverläufe aufgefaßt. Wie eingangs erwähnt, wollen wir den Inflationsprozeß als letztlich determiniert verstehen durch Vorgänge bei der Verteilung der Einkommen. Genauer ausgedrückt: In dem verteilungspolitischen Verhalten, insbesondere der aktiven 52

Bach [6], S. 26. Man beachte den Untertitel seines Buches: „A Study in Economics, Ethics, and Politics". Vgl. auch Bronfenbrenner [279], S. 37. 53 Vgl. Bombach [265], S. 19 f.; Radcliffe-Report [708], § 5 7 ; Gutachten des Wirtschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium [713], S. 82 f.; Föhl/Zweig [355], S. 277 ff.; Akerman [229], S. 6 ff.; Preiser, in [140], S. 409 f.; Pesek [548], S. 153; Holzman [414]; Lerner [481], S. 4 ff.

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Empfängergruppen, wird die eigentliche, „tiefere" Ursache der anhaltenden inflationären Preissteigerung gesehen. W i r werden keine die zahlreichen Probleme der inflationstheoretischen Analyse systematisch berücksichtigende Darstellung versuchen. Vielmehr beschränken wir uns auf einige grundsätzliche Bemerkungen, die die Stellung dieses Erklärungsansatzes unter den anderen skizzieren. Des weiteren sollen die Bestimmungsgründe des Anspruchsverhaltens der aktiven Gruppen knapp erörtert werden, wobei wir der Preis- und Gewinndetermination etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden. Diesen Punkt beenden soll eine knappe Beurteilung des Inflationsphänomens. 2.2.1 Die verteilungsorientierte Einkommenspolitik der Gruppen als generelle Inflationsursache Im Hinblick auf das Verteilungsproblem scheint es vernünftig zu sein, davon auszugehen, daß die verteilungspolitischen Anstrengungen der Gruppen, die ihre Einkommen und Anteile am Gesamteinkommen zu erhalten und zu steigern suchen, die Dynamik des Verteilungsprozesses in Gang halten. Die Gruppen empfangen und akzeptieren die ihnen zufließenden Einkommen nicht einfach passiv, sondern planen deren H ö h e und suchen durch geeignete Verhaltensweisen die selbstgesetzten Verteilungsziele zu realisieren. Das Einkommensinteresse der Gruppen, das sich zumeist in Verbänden organisiert und praktische ideologische Verkleidungen erfahren hat, zielt im Kern darauf, Ansprüche auf das Gesamteinkommen ökonomisch und/oder politisch durchzusetzen. „Anspruch", ein zentraler Begriff in unseren weiteren Überlegungen, ist nicht zu verstehen als bloße Forderung nach einem bestimmten Einkommen respektive Einkommensanteil, sondern als effektiver Versuch, dieses Einkommen im ökonomischen Prozeß und Prozeß der Verteilung aktiv zu verwirklichen. So wird der Anspruch auf ein höheres Lohneinkommen zum Beispiel wirksam durch eine tatsächlich durchgeführte Erhöhung der Geldlohnsätze. O b das angestrebte höhere Einkommen, Lohnsumme, sich in der Folge allerdings realisieren läßt und die Lohnempfänger in die von ihnen erwartete „günstigere" Verteilungsposition gelangen, hängt von gewissen Bedingungen ab. In erster Linie darf es nicht zu Entlassungen kommen, sei es infolge von Produktionseinschränkungen, sei es infolge arbeitssparender Faktorensubstitution. In nächster Linie hängt die Realisierung der „günstigeren" Verteilungsposition davon ab, ob die mit der Nominallohnerhöhung erwartete Steigerung der Realeinkommen der Lohnempfänger wirklich eintritt. Steigen die Preise, so fällt die reale Kaufkraft der Einkommen, die nominale Einkommenssteigerung hat nur eine verminderte oder eventuell gar keine Realeinkommenswirkung. Die Chancen der einzelnen Gruppen, die eigenen Einkommens- und Vertei54

Man entsinne sich der Weberschen Machtdefinition: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung, den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht", Max Weber [173], S. 28.

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lungsvorstellungen durchzusetzen, insbesondere gegen den Widerstand anderer Gruppen, sind in einem kapitalistischen Marktsystem ungleich verteilt 54 . In der Vorhand sind die Gruppen, die am ökonomischen Prozeß der Güterproduktion beteiligt sind, d. h. das Sozialprodukt selber zu produzieren helfen, auf das sie zugleich ihre Ansprüche richten 55 . Abgesehen vom Staat sind es die Anbieter von Faktorleistungen und Gütern, im reduzierten sozialen Zweiklassenschema Arbeitnehmer und Unternehmer-Kapitalisten, denen die Art und Weise der Beteiligung am Produktionsprozeß zugleich die Chance eines unmittelbaren Zugriffs auf das Gesamteinkommen liefert. Innerhalb dieser beiden Großgruppen bestehen Teilgruppen, die unter- und gegeneinander um Einkommen konkurrieren 5 6 . Die nicht am Produktionsprozeß beteiligten Gruppen sind auf Einsicht und Wohlwollen des wirtschafts- und sozialpolitischen Gesetzgebers angewiesen, der allein ihren Einkommensforderungen Geltung verschaffen kann. Der „Staat" selbst ist nicht nur uneigennütziger Anwalt der Interessen aller Gruppen und Schlichter zwischen ihnen, sondern er verfolgt auch eigene Einkommensinteressen. Insgesamt aber vervollständigt sich das Bild zu einem sämtliche gesellschaftlichen Gruppen und den Staat beteiligenden „Kampf" um die Verteilung des Gesamteinkommens. Dieser Kampf wird auch von aktiven Gruppen nicht nur mit ökonomischen Mitteln ausgetragen 57 . Aus der Erfahrung anhaltender inflationärer Preissteigerungen haben die Gruppen ein deutliches Realeinkommensbewußtsein gewonnen. Ansprüche auf Einkommen oder besser Einkommensanteile lauten zwar auf Geldeinkommen, zielen aber auf Realeinkommen respektive Realeinkommensanteile. Die gewerkschaftlichen Einkommensansprüche etwa sind auf den Reallohn hin orientiert. Zwischen diesem und der Wohlfahrtssituation der Arbeitnehmer besteht nicht nur eine direkte und offensichtliche Beziehung, sondern seine Veränderun-

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Z u den verschiedenen Typen von Marktmacht vgl. den Klassifikationsvorschlag von Gäfgen [363], Überblicktafel S. 55. Danach lassen sich unterscheiden: Macht(einflüsse) aufgrund der gegebenen Marktform, aufgrund Marktlage, aufgrund Marktorganisation und aufgrund sozial-funktioneller Marktmacht. Charakteristischerweise hat auch die proklamierte Haltung des Solidarismus nicht verhindern können, daß die Einzelgewerkschaften eher auf eine Verfestigung bestehender Lohnstrukturen („system of established relativities", Turner) hinarbeiten als auf deren Überwindung: die Rigidität der Lohnstruktur verhindert jedoch die schrittweise Nivellierung der Lohneinkommen in den einzelnen Branchen. Zur Rivalität zwischen den einzelnen Gewerkschaften unter dem Inflationsaspekt s. Blair [261]; H. A. Turner [667]; Soffer [624 a]; Wootton [183], Kapitel IV und V; Hines [407 a], S. 80 f. Eine zukünftige Theorie wird vielleicht in der Lage sein, durch Integration von ökonomischen, politologischen und soziologischen Erkenntnissen ein umfassendes Bild dieser Vorgänge zu liefern. Solche soziologischen, sozialpsychologischen usw. Faktoren in Verteilungsmodelle in Gestalt von Trendvariablen einzubeziehen, scheint nicht sonderlich fruchtbar. Es läuft auf eine Verschiebung des Problems hinaus, solange ausreichende quantitative Unterlagen nicht eine Abschätzung des Gewichts derartiger Variabler erlauben.

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gen sind mit Hilfe eines Preisindexes für die Lebenshaltung („Lebenshaltungskosten") oder des Konsumgüterpreisniveaus auch vergleichsweise leicht meßbar. J e nach dem Grad der Preis(niveau)elastizität des beanspruchten Geldlohneinkommensniveaus wird Inflation zu mehr oder weniger raschen Steigerungen der Einkommensansprüche der Lohnempfänger führen. Entsprechendes gilt für die unternehmerische Gewinn(spannen)politik 5 8 . Anzumerken ist, daß sich die Gruppen verteilungspolitisch nicht ausschließlich an der realen Kaufkraft der Einkommen orientieren. Für die gewerkschaftliche Lohnpolitik haben weitere Faktoren Bedeutung, die, entsprechend interpretiert, als Bestimmungsgründe für Wahrscheinlichkeit und Ausmaß von Geldlohnänderungen aufgefaßt werden können: bisherige und erwartete Entwicklung der Gewinne, Lohnstrukturvorstellungen (insbesondere Löhne in vergleichbaren Industriezweigen), Produktivitätsentwicklung, Beschäftigungslage, Haltung der staatlichen Wirtschaftspolitik usw. Für die unternehmerische Verteilungspolitik lassen sich eine Reihe ähnliche Faktoren leicht auffinden 5 9 . Nun liegt es einigermaßen nahe, den Zusammenhang, nach welchem die Einkommensempfänger, Geldillusion vermeidend, ihre Einkommenspolitik am Realeinkommen ausrichten, umzukehren. D a n n sind es gerade die Anstrengungen der Gruppen, eine bestimmte Realeinkommensverteilung durch Berücksichtigung der herrschenden und erwarteten Inflationsrate zu sichern oder zu den eigenen Gunsten zu verbessern, welche die inflationäre Preisentwicklung auslösen und unterhalten, auf die sie doch zugleich Bedacht nehmen 6 0 . Im Prozeß der anhaltenden schleichenden Inflation sind Steigerungen der Nominaleinkommen und der Preise um so enger verknüpft, je stetiger Beschäftigung, Produktion und Absatz sind und je weniger staatliche Einkommenspolitik interveniert. Einkommenssteigerungen können Preissteigerungen zur Folge haben (wie im Fall steigender Einkommensansprüche der Lohnempfänger) oder unmittelbar Preissteigerungen bedeuten (wie im Fall steigender Ansprüche der Gewinneinkommensbezieher). Steigende Einkommen der Anbieter von Faktorleistungen bedeuten höhere Kosten der Produktion und — im Regelfall — höhere effektive gesamtwirtschaftliche Nachfrage auch bei unveränderten Ausgabegewohnheiten. Lohnansprüche sind nicht unter allen Umständen unabhängig von der Beschäftigungslage. In welchem M a ß e sie aber von dieser abhängig sind, ist hochgradig kontrovers, wie die aktuelle Diskussion um die Lipseysehe Theorie der Phillips-Kurve zeigt 8 1 . Vgl. Hicks [403], S. 394; A. ]. Brown [24], S. 104. ' Wir verwenden hier die Ausdrücke Einkommens- und Verteilungspolitik gleichbedeutend für das verteilungsbezogene Gruppenhandeln. Einkommenspolitik i. S. der staatlichen Einflußnahme auf die Höhe und Entwicklung der Einkommen der Gruppen unter Beachtung wirtschaftspolitischer Zielsetzungen bleibt außer Betracht. , 0 Eine Frage für sich ist, ob die Lohnempfänger und ihre Gewerkschaften nicht dennoch einer „Geldeinkommensverteilungsillusion" erliegen, wenn sie Geldlohnsenkungen mit Nachdruck zu verhindern suchen, den von Preiserhöhungen verursachten Reallohnsenkungen aber nur schwachen Widerstand entgegensetzen im Vertrauen auf zukünftige Geldlohnsteigerungen. 58

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Höhere Einkommen für die Unternehmer, angestrebt über die Durchsetzung erhöhter Einkommensansprüche, unterliegen ebenso der Bedingung einer angemessen hohen und zusammengesetzten Nachfrage, wenn die Ansprüche sich auch wirksam und dauerhaft realisieren sollen. Offenbar wirken Angebots- und Nachfragefaktoren im Prozeß steigender Preise einheitlich, wenn auch auf komplizierte Weise zusammen. Die Einflüsse beider Seiten zu trennen ist schwierig, worauf wir bereits hingewiesen haben 62 : „In practice — and in theory — an inflation could be said to be the result of both, i. e. any inflationary process that has been progressing for some time is the outcome of an intricate interaction between the cost and demand factors" 63 . An der Analyse der Inflation in allen Aspekten des Phänomens können wir hier nicht interessiert sein. Es ist daher überflüssig, in dem Dickicht widerstreitender Inflationsdoktrinen, Analysen wie Wunderkuren, mehr herumzustochern, als für unsere Zwecke nützlich ist64. Dabei werden sich einige — von einem strikt geldtheoretischen Standpunkt gesehen sogar recht bedenkliche — Auslassungen nicht vermeiden lassen. So werden wir beispielsweise weitgehend die Beziehungen vernachlässigen müssen, die zwischen Geldzins, Geldangebot (respektive Geldmenge), Geldnachfrage (respektive Umlaufgeschwindigkeit) und der betrachteten inflationären Preisentwicklung bestehen. Diese Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen, sie war aber nicht zu umgehen. Immerhin — der Zins ist auch Faktorpreis und somit unmittelbar verteilungsrelevant 65 . Es ist zudem der Zins, welcher an hervorragender Stelle monetäre Impulse in das Wirkungsgeflecht des ökonomischen Systems transmittiert; diese Feststellung ist gerade für ansonsten sehr gegensätzliche theoretische Entwürfe des Systemzusammenhanges gültig. 61

Zu dem dabei behandelten Zusammenhang von Arbeitslosigkeitsrate, Veränderungsrate der Geldlöhne und schließlich Veränderungsrate der Preise vgl. Abschnitt 2.2.1.1. Wir werden dort diesen Sachverhalt erneut berühren. s « Vgl. S. 29. M Botha [18], S. 147; ähnlich James [420], S. 14; Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 614, FN 24; Dicks-Mireaux [33 a], S. 5. 4 * Zur Diskussion des - inzwischen klassisch zu nennenden - Problems der Dichotomie von Kosren(stoß)-Inflation und Uberschußnachfrage- respektive Nachfrage(zug)Inflation siehe, herausgegriffen aus der großen Fülle, Ackley [225]; Fellner [346]; Schultze [163], Kapitel 1 und 2; Holzman [412]; Machlup [494]; Bowen [274]; Haberler [56], [382]; Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 600-625; Pitcbford [137], Kapitel 2; Ball [8], S. 62 ff.; Hagger [58], vorwiegend Kapitel 5: Inflation Types; Zebot [697], S. 352 ff. Für die empirische Identifikation des jeweils vorliegenden Inflationstyps verwendet Phelps die „Richtung der Verteilungsänderung" als Kriterium: Ein Anstieg der Gewinnquote deute auf den Uberschuß-Nachfragetyp, ein Anstieg der Lohnquote auf den Kostentyp [549], S. 39 ff.; vgl. auch Conard [306], S. 77 ff. • 5 Die Wirkung von etwa aus geldpolitischen Überlegungen veränderten Zinssätzen auf die Einkommensverteilung ist noch wenig erforscht. Einen Ansatz, der den Einfluß hoher Zinssätze aufgrund monetärer Stabilisierungspolitik auf die personelle Einkommensverteilung abschätzt, entwickeln BrownleelConard [290]; s. auch Niehans [522].

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In den keynesianischen Einkommens-Ausgaben-Modellen h a b e n Veränderungen der Geldmenge typischerweise nur nachgeordnete Bedeutung, es sei denn, die Zinsrate variiert. In z u m Teil polemisch zugespitztem Widerspruch dazu heben die monetaristischen Autoren, die gegenwärtig eine wachsende Publizität entfachen, den unmittelbaren Einfluß von Geldmengenvariationen auf Ausgaben u n d E i n k o m m e n , Preise u n d Beschäftigung hervor. Essentiell bedeutsam ist dabei die betonte Unterscheidung zwischen der (exogen gegebenen u n d wirtschaftspolitisch manipulierbaren) nominalen Geldmenge u n d der (als endogene G r ö ß e aufzufassenden) realen Geldmenge. Ausgehend davon gelangen diese Autoren z u m Nachweis direkter W i r k u n g e n nominaler Geldmengenänderungen auf die Preise u n d weiteren ökonomischen Variablen. Gleichgültig hier, o b diese Unterscheidung in der „real balance"-Doktrin in erster Linie einkommenstheoretisch oder in der neuformulierten Quantitätstheorie p r i m ä r inflationstheoretisch eingesetzt wird 8 6 — in beiden Fällen zeigt sich eine folgenreiche H e r a u s f o r d e r u n g an die Lehrsätze des (noch) herrschenden, keynesianisch geprägten Inflations- u n d Einkommensdenkens. Eine Folge dieser scheinbaren Rehabilitierung der Rolle monetärer Einflüsse im ö k o n o mischen Prozeß ist der sich ausbreitende W a n d e l der Ansichten über die Geeignetheit der Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung u n d Stabilisierung. Wir lassen die Schlüsselfrage, o b u n d mit welcher Effizienz Änderungen des nominalen Geldstocks oder — in einem umfassenderen Sinne — veränderte Gesamtliquiditätspositionen direkt u n d u n a b h ä n g i g von einer — vermittelnden — Bewegung der Zinsrate Ausgabenverhalten u n d Preisniveau beeinflussen, undiskutiert. Es ist nichtsdestoweniger eine f ü r das Verstehen der Funktionsweise des verkehrswirtschaftlichen Systems unerläßliche Frage 6 7 . Auf S. 39 f. fügen wir eine Übersicht der wichtigsten, weil zur Zeit meistbeachteten, inflationstheoretischen Ansätze ein. Sie soll der Orientierung dienen u n d zugleich die Neigung bestärken, sich mit der Inflationsliteratur systematisch zu befassen 6 8 . 6

* Die moderne nachkeynesianische Quantitätstheorie - oder das, was sich unter diese Flagge stellt - ist eine spezifische Theorie der Geldnachfrage und, entgegen einem Diktum von Friedman, zugleich eine Theorie des Preisniveaus und (Geld-)Einkommens. (Als strittig muß gelten, ob die Basisaussage, daß die Nachfrage nach Realkasse in hohem Maße stabil sei, als empirisch gesicherte Invarianzannahme oder Verhaltenshypothese zu interpretieren ist.) 67 Eine gedankenreiche Gegenüberstellung der keynesianischen und der quantitätstheoretischen Inflationslösungen nimmt fand [340 a], S. 561-565 vor. In der weiten Perspektive der alternativen Modelle des Geldwirkungsprozesses (Neoklassik, Keynes, Patinkin, Monetanismus, „New View'VRadcliffe) s. H. G. Johnsons drei kritische Prüfberichte der modernen Geldtheorie (Nr. 1, in A. E. R., 1962 und Nr. 2, in Indian Economic Journal, 1963 sind Kapitel 1 und 2 in Johnson [72]; Nr. 3 ist enthalten in D. Croome / H. G. Johnson, Eds., Money in Britain, 1970) sowie Ritter [581 a] und neuerlich Fand (in: Kredit und Kapital, 3.799., 1970). 68 Siehe die z. T. ausgezeichneten Bestandsaufnahmen bei Bronfenbrenner/Holzman [285]; H. G. Johnson, in [72]; Conard [306]; Cagan [293]; Scherf [158]; Perlman, Einführung zu [201]; Rieter [144 a].

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Ubersicht der wichtigsten inflationstheoretischen Ansätze (zugleich eine Übersicht der Inflationsursachen) 1. Nachfrageorientierte keynesianische Inflationstheorien („demand pull theories") a) Positive gesamtwirtschaftliche Uberschußnachfrage nach Gütern — inflatorische Güterlücke (Keynes [85]; Smithies [622]; Koopmans [447]; A. H. Hansen; S. E. Harris). b) Positive gesamtwirtschaftliche Uberschußnachfrage nach Gütern und/oder Faktoren — inflatorische Güter- und/oder Faktorlücke (Bent Hansen [60]; Turvey/Brems; Enthoven [338]). c) Positive gesamtwirtschaftliche Überschußnachfrage nach Gütern und/oder Faktoren und/oder Einkommen (Turvey [669]; Paish [131]; Cohen-Report; K. Kurihara). 2. Kosten-(bzw. angebots-)orientierte keynesianische Inflationstheorien („cost push theories") a) Gesamtwirtschaftlicher Lohnkostendruck — „autonomer" Anstieg der durchschnittlichen Stücklohnkosten (Keynes [83], [84]; S. Weintraub; Slichter; Kaldor; Pedersen; Dow; Dicks-Mireaux; Bodkin; Balogh; Streeten und zahlreiche „liberale" Autoren wie Chamberlin, Haberler usw.). b) Gesamtwirtschaftlicher Materialkostendruck — „unabhängiger" Anstieg des durchschnittlichen Importgüterkostenanteils (Kalecki [433], [78]; Dow [318]; Dicks-Mireaux). c) Gesamtwirtschaftlicher Gewinndruck — „autonomer" Anstieg des durchschnittlichen Stückgewinns, „profit push" (G.Means; Galbraith [364]; Lerner [479]). d) Gesamtwirtschaftlicher Gemeinkostendruck — Anstieg des Anteils der „overheads" per Stück (R. Mack (1958); Schultze [163]). 3. Anspruchsverhalten-Ansatz („third approach") Verteilungsaktives Lohnanspruchs- und Gewinnanspruchs-Verhalten als generelle Inflationsursache — Symmetrie von „wage push" und „profit push" (Holzman [414]; Means [507], [119] [120]; Lerner [479]; Ackley [225]). 4. Kombinierte Ansätze a) Mischinflations-Modelle aus Kosten- und Nachfrageelementen (Duesenberry [320]; Ball [8]; Pitchford [137]; Brown [24]; Haberler [56]). b) „Sectoral demand-shift"-Inflation — Kombination von sektoraler Uberschußnachfrage, Lohn- und Preisrigiditäten und gesamtwirtschaftlichen Kostenmechanismus (Schultze [163]; Bowen! Masters).

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c) „Trade-off-function"-Modelle — Wahldilemma zwischen Arbeitslosigkeit — Geldlohnsteigerung — Inflation (Phillips [550]; Lipsey [486]; Samuelson/Solow [597]; Bodkin; Bowen [21]; Perry [134]; Klein/Ball [446]; Reuber (1964)). 5.

Marktungleichgewichtsansatz (.Lerner [480]; Bombach [265], [268]; E. S. Phelps (1969); (1969) ).

Solow

6. Nachfrageorientierte Ansätze moderner quantitätstheoretischer Prägung Änderungen der nominalen Geldmenge als „ursächlicher, aktiver und unabhängiger" Beeinflussungsfaktor der Gesamtnachfrage und des Preisniveaus (Friedman; Cagan; Seiden; des weiteren auch: Patinkin; Meitzer; Brunner; H. G. Johnson, Allais). Die konventionelle Unterscheidung zwischen dem Typ des Inflationsprozesses („its basic nature") und dem Mechanismus des Inflationsprozesses („mechanics of the inflationary process") hat zweifellos einigen heuristischen Wert 89 . Dennoch — man muß sich darüber im klaren sein, daß mit der Typisierung von Inflationsprozessen anhand eines Faktors, wie bei uns des Faktors „Anspruchsverhalten der Gruppen" oder mehrerer Faktoren, die als inflationsverursachend, inflationsnotwendig, inflationsunterhaltend oder dergleichen angesehen werden, über die Analyse des Inflationsprozesses im eigentlichen vorentschieden wird. Die Wahl einer Typologie anhand alternativer Inflationsursachen70, die den einzelnen Typen die Namen verleihen, ist bereits Teil der Erklärung der alternativen Inflationsprozesse. Andererseits bedarf man zur präziseren Klärung dieser Prozesse weiterer Kriterien. Von ausschlaggebender Bedeutung ist unter diesen die Art der angenommenen Preis- und Lohndetermination. Einige Autoren klassifizieren die Inflationstypen unmittelbar mit Hilfe der zugrunde gelegten Art der Preisbildung71. Im strikten Schema sind Preis- und Lohnbildung entweder kosten- bzw. anbieterdeterminiert oder nachfrage- bzw. marktdeterminiert, flexibel. Einige Kombinationsmöglichkeiten stehen offen und bilden den Kernteil verschiedener Inflationsmodelle72. 69

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Hagger [58] unterscheidet „inflationary shock", „inflationary mechanism" und „inflationary Situation". Letzteres ist aber wohl eher ein wirtschaftspolitisches Kriterium. Als fruchtbar hat sich die von Turvey dargelegte Ursachen-Trichotomie von „Überschußnachfrage nach Gütern", „Überschußnachfrage nach Faktoren" und „Einkommensverteilungsinflation" (income-share inflation) erwiesen [669]; siehe auch Giersch [371 a]. Schnitze identifiziert den letztgenannten Inflationstyp rundweg mit Kosteninflation: „Income-share inflation is simply another and perhaps better name for cost-push inflation" [163], S. 40. Vgl. das mit unserer Feststellung in FN 79, S. 42. Bowen [274], S. 205 f.; Pitchford [553], S. 61; Brown [24], Kapitel 1. Grundsätzlich lassen sich vier Modelltypen bilden: Preise und Löhne gleichermaßen kostendeterminiert oder flexibel oder wechselweise gemischt kostendeterminiert und

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Weiterhin ist üblich, Lohn- und Preisveränderungen in „autonome" und „kompensatorische" zu klassifizieren73. Beurteilt man, wie eingangs dargetan, das Anspruchsverhalten der Gruppen in Richtung auf sichere und steigende Realeinkommensanteile als fundamentalen Antrieb für den Prozeß der chronischen, schleichenden Inflation, so stößt man nicht unvermittelt auf Turveys „Einkommensverteilungsinflation". Es erweist sich aber auch, daß der Ausdruck bereitwillig verschiedene Konzeptionen des Inflationsgeschehens etikettiert. Die Rezeption des Begriffs „Einkommensverteilungsinflation" im Verlauf der Inflationsdebatte hat teilweise zu einem solchen Bedeutungswandel des Begriffs geführt, daß er heute Turveys ursprünglichem Konzept entfremdet sein dürfte. Den verschiedenen Modifizierungen gesellten sich neue Begriffe hinzu, die nicht unbedingt in allen Aspekten dasselbe meinen: „administrative inflation" (G. C. Means), „sellers' inflation" (A. P. Lerner), „markup inflation" (G. Ackley)74. Allen Varianten gemeinsam ist die Voraussetzung anbieterdeterminierten Preis- und Lohnverhaltens. Beispielsweise Means formuliert: „ . . . my conception of an administrative inflation restsonthebasicassumption that neither wage rates nor administered commodity prices are precisely determined by market forces" 75 . Die „Marktkräfte", wobei hier vor allem an die Konstellationen der Nachfrage zu denken ist, begrenzen zwar den Radius möglicher Lohn- und Preisinitiativen, bestimmen aber diese Initiativen nicht in eindeutiger Weise und damit auch nicht Höhe und Änderungsrate der Löhne und Preise. Die von uns favorisierte theoretische Konzeption der „Einkommensverteilungsinflation" gründet sich auf die empirisch hinreichend gesicherte Tatsache „autonomer", anbieterdeterminierter Preis- und Lohnbildung in weiten Bereichen der spätkapitalistischen Marktwirtschaften. Wie leicht erklärlich ist, kommt den Lohn- und Preissteigerungen, welche die straff organisierten Arbeitnehmerschaften und Unternehmer in den Schlüsselindustrien — auch gegen „gesamtwirtschaftliche Vernunft" — durchzusetzen in der Lage sind, entscheiden-

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flexibel, s. Turvey [669], S. 534; Scbultze [163], S. 26 ff.; Hagger [58], S. 66 ff.; Pitchford [552]. Eine Erweiterung auf ein 9-Typen-Schema vollzieht Pitchford an anderer Stelle [137], S. 22. Diesen im Economic Survey of Europe in 1956 [711] verwendeten Begriff übernimmt zum Beispiel Schnitze [163], S. 20. „Kompensatorisch" heißen Kostenveränderungen ausgleichende Bewegungen der Preise und Löhne (bei Löhnen die sogenannten „Lebenshaltungskosten"), „autonome" Bewegungen sind solche ohne vorherige Kostenänderungen. Machlup [494], S. 130, unterteilt in „responsive", „defensive" und „aggressive" Steigerungen. Hansen [60], S. 17, übernimmt Keynes' Unterscheidung von „induzierten" und „spontanen" Steigerungen. Means [507], [507 a], [119], [120]; Ackley [225], [226], [2], Kapitel XVI; Lerner [479] und [480 a], Means [507], S. 29. Vergleiche auch Schilchers Beschreibung des kostendeterminierten Preisverhaltens in einer Anbieterinflation [640], S. 80.

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de Bedeutung zu 76 . Konsequenterweise sind die Lohnpolitik der Gewerkschaften und die Preispolitik der marktbeherrschenden Unternehmer — „ein Charakteristikum der neueren Inflationstheorie" — in das Hauptfeld der Inflationsuntersuchungen vorgerückt 77 . Eingehend werden dabei die Bedingungen, Kennzeichen und Wirkungen erfolgreichen gewerkschaftlichen und unternehmerischen Verhaltens in bezug auf Löhne und Preise gewürdigt 78 . Es wurde der überwiegend auf „Lohnstoß" verdichtete Kosteninflationsgedanke, Lohnkosten sind der bedeutendste Kostenfaktor, modifiziert zugunsten der allgemeineren Vorstellung, daß sowohl Arbeitnehmer wie Unternehmer sich verteilungsbewußt verhalten und verteilungspolitisch aktiv handeln. Diese Gleichförmigkeit des Anspruchsverhaltens bei allen Gruppen hat zur Konsequenz, daß zwischen dem Lohn- und dem Gewinnelement im Preis keine grundsätzliche Asymmetrie besteht; die verteilungspolitisch motivierte Änderung beider ist die tiefere Ursache der chronisch (schleichend) inflationären Preisentwicklung, die eigentliche sedes materiae. Der bei Verschiedenheiten im einzelnen beherrschende gemeinsame Gedanke ist der: Die Einkommensgruppen suchen ihre Realeinkommen respektive Realeinkommensanteile zu behaupten oder zu steigern, indem sie ihre Geldeinkommen via Preis- und Lohnsatzvariationen zu erhöhen trachten. Gelingt es, hohe oder höhere Geldeinkommensansprüche durchzusetzen, so bedeutet das, staatliche und zwischenstaatliche Wohlfahrtstransfers beiseite lassend: Die Preise steigen in den Bereichen, in denen die Unternehmer in verteilungspolitischer Absicht ihre Gewinnspannen vergrößern oder (gegen Kostensteigerungen) halten wollen oder/und die Arbeitnehmer Geldlohnsätze steigern. Kompensatorische Preis- und Lohnbewegungen finden immer dann statt, wenn Unternehmer oder/und Arbeitnehmer ihre bisherigen Einkommensanteile lediglich schützen wollen 79 . 78

Der Gedanke, daß die Einkommensansprüche der aktiven Gruppen den Inflationsprozeß vorantreiben, ist mit aller Klarheit entwickelt bei Holzman [410]. Siehe auch Duesenberry [320], der Nachfrageelemente einbezieht, und Aujac [240]. Es finden sich auch die Ausdrücke „pressure-group inflation", „struggle-for-income inflation" (Zawadzki [186]), „supply-push inflation". 77 Scherf [158], S. 28; Adelman [228], S. 16. Auf das ebenfalls beachtliche Ausgabenverhalten des Staates sowie die außenwirtschaftlichen Einflüsse gehen wir in dieser Arbeit nicht ein. 78 Dabei ist nicht an ausschließlich anbieterdeterminierte, vollkommen nachfrageunabhängige Lohn- und Preisbildung zu denken. Welcher Rang der Nachfragebeteiligung zukommt und wie man sie in Modellen auf der Grundlage anbieterdeterminierter Preise und Löhne berücksichtigt, ist eine hochaktuelle Frage. Sie führt unmittelbar zu den umstrittenen mikroökonomischen, preistheoretischen Grundlagen der Inflationstheorie; siehe z. B. den jüngst erschienenen Sammelband von Phelps und Kapitel 4 dieser Arbeit. n Mit dieser Betonung der den Lohn- und Preissteigerungen zugrundeliegenden generellen Verhaltensweise - genannt Anspruchsverhalten der Anbieter von Gütern sowohl wie von Faktorleistungen - wollen wir das Konzept der Anbieterinflation abheben von dem der Kosteninflation. Obwohl vielfach als identisch angesehen, scheint uns das sich auf spezifische Verhaltensannahmen gründende Anbieterinfla-

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Wesentlich ist, daß hinsichtlich des verteilungsbewußten Anspruchsverhaltens — gegenüber dem Sozialprodukt sowohl als dem sozialen Gegner — zwischen Arbeitnehmern und Unternehmern keine Unterschiede bestehen. Beide „verschulden" und „verantworten" die Wirkungen dieser Haltung, u. a. Inflation, prinzipiell gleichermaßen80. Nicht wesentlich ist, ob der kontinuierliche, langfristige Prozeß wechselweise steigender Geldeinkommensansprüche in irgendeiner Periode mit einer Lohn- oder Preisvariation aufs neue beginnt, wesentlich ist aber, daß es keiner Uberschußnachfrage und keiner Geldangebotsexpansion bedarf, um in Gang zu kommen. Wie aber sieht die „Verteilungsinflation" im Gewände des Uberschuß-Nachfrage-Konzeptes aus? Denkbar ist etwa das Eintreten einer Situation, in welcher der Gesamtumfang aller Ansprüche größer ist als das reale Gesamteinkommen (Sozialprodukt), zu den geltenden Preisen gerechnet. Alle Einkommensansprüche können dann real nicht erfüllt werden. Insgesamt gesehen gilt ohnehin, daß keine Gruppe real „gewinnen" kann, ohne daß eine andere „verliert", wenn das reale Gesamtangebot starr ist, gleichgültig ob die Preise steigen oder nicht. Steigen die Preise aber, so ist die Kernfrage die, ob das infolge gestiegener oder steigender Einkommensansprüche geschieht oder infolge einer gestiegenen bzw. steigenden, nunmehr exzessiven Gesamtnachfrage nach Gütern und/oder Faktoren, wobei die Ursachen unterschiedlichster Natur sein können. (Ein faktisch gestiegenes Geldeinkommen kann darunter sein!) In dem Fall einer positiven, gesamtwirtschaftlichen, monetären, Ex-ante-Uberschußnachfrage nach Gütern — aufgrund hoher oder höherer Ausgabenneigungen bei einer Gruppe oder mehreren Gruppen der wirksamen Nachfrage — sieht der nachfrageorientierte Ansatz reiner keynesianischer Abkunft81 die generelle Inflationsursache. Dem Argument liegen als Annahmen zugrunde:

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tionsargument eine Weiterführung des zeitlich früheren, naiven, mehr mechanistischen Kosteninflationsarguments zu sein. Wir sehen darin mit aller Vorsicht eine Parallele zur Entwicklung innerhalb der Quantitätstheorie. Auch dort wurde, namentlich durch Wickseil, die ursprünglich naive, mechanistisch gedachte Beziehung zwischen Geldmengen- und Preisniveauvariation vertieft: durch die Einführung von Annahmen über das Verhalten der Geld- bzw. Kreditgeber und -nehmer, das Ausgabeverhalten der Investoren usw. Dadurch konnten die Zusammenhänge etwa zwischen Geldmengensteigerung und Ausgabenvermehrung, Ausgabenvermehrung und Preissteigerung eingehender analysiert werden als zuvor. Will man jedoch den Kosie«(inflations)gedanken nicht aufgeben, so wird man genötigt sein, den Gewinnanteil im Preis aufzufassen als Bruttokosten der Unternehmerbeteiligung am Produktionsprozeß. herner schreibt: „A 'sellers' inflation' could just as well be started by an increase not in the wage asked, but in the percentage markup of prices above cost", [479], S. 259. Den Ausdruck „sellers' inflation" hat Lerner nicht durchsetzen können. Z u seiner Analyse s. Lerner [480], S. 1 3 8 - 1 4 2 . Die Gleichartigkeit von Lohnund Gewinnansprüchen betonen auch Ackley, Means, z. B. [507], S. 31, Pitchford [552], S. 146 und Zawadzki [186], S. 44. - hall/Doyle resümieren diese Wendung des Inflationsdenkens: „ . . . regardless of the initial pull or push, inflation continues because both management and labour are able to mark up prices and wages to Protect their shares of total Output" [200 a], S. 147. Eine alternative Nachfragelösung bieten die um M. Friedman, Ph. Cagan und R. Sei-

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1. Flexible, d. h. marktdeterminierte Preisbildung im Sinne des neoklassischen Konzepts. 2. Nur bei Vollbeschäftigung wird das Güterangebot kurzfristig nachfrage-/ preis-unelastisch (Keynes' „true Inflation"). Produktivitätsverbesserungen aufgrund höherer Technik bleiben kurzfristig unwirksam (Annahme 2 später modifiziert). 3. Die Uberschußnachfrage am Gütermarkt („inflatorische Güterlücke") führt notwendig zu Überschußnachfrage am Faktormarkt (Faktorlücke). Später insbesondere durch Bent Hansen modifiziert. 4. Elastisches Geldangebot, welches entweder via Geldmengensteigerung oder Steigerung der Umlaufsgeschwindigkeit die wertmäßig erhöhten Umsätze finanziert. Voraussetzung des hinreichenden Geldangebots ist hinwiederum ein entsprechend niedriges Zinsniveau. In der Situation der Ungleichheit von gestiegenem Einkommensanspruchsniveau, nunmehr zu interpretieren als Niveau wirksamer monetärer Gesamtnachfrage, und demgegenüber starrem Realeinkommensniveau ist der allgemeine Preisanstieg als eine unabwendbare, zwangsläufige Folge anzusehen: Die Gruppen fragen mehr Realeinkommen nach, als tatsächlich Realeinkommen (Wert des gegebenen Outputs, zu den bislang gegebenen Preisen gerechnet) verfügbar ist. Die Überschußnachfrage löst den Anpassungsprozeß steigender Preise aus 82 . den versammelten Verfechter einer erneuerten, reformulierten Quantitätstheorie. Weitere Vertreter einer „aufpolierten Quantitätstheorie" (Joan Robinson) sind: Patinkin, Meitzer, Brunner, Harry G. Johnson, Hazlitt, Haberler. 82 Vgl. die z. T. bereits erwähnten Arbeiten von Keynes [83]; Smithies [622]; Koopmans [447]; Turvey [668] und [669], S. 534; Bent Hansen [60], bes. Kapitel VII; Wilson [182], S. l f . ; Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 623; Paish [131], S. 105, 120; Scitovsky/Scitovsky [603], S. 442. - Hansen korrigiert die Keynes-Ableitung vor allem in dem Punkt, daß Uberschußnachfrage nach Gütern nicht notwendig Überschußnachfrage nach Faktoren bedeuten müsse. Er wendet das Überschuß-Nachfragekonzept auf Güter- und Faktormärkte (vornehmlich Arbeitsmarkt) gleichermaßen an, wobei er den Einfluß der in beiden Märkten unterschiedlichen sonstigen Einflußgrößen herausstellt. „Inflationärer Druck" resultiert Hansen zufolge aus positiver monetärer Überschußnachfrage nach Gütern oder nach Faktoren, vor allem Arbeit, oder beiden zusammen. Zur Kritik der Hansen-Definition von „inflationärem Druck" s. Archibald [237], S. 189; Enthoven [338], S. 262 ff.; Schnitze [163], S. 46 ff. Letzterer folgt bei Entwicklung seines „demand-shift"-Konzeptes zunächst der Hansen-Analyse. Kern dieses Teiles seiner Überlegungen ist, daß selbst bei Abwesenheit einer positiven monetären Geitf»jfüberschußnachfrage inflationäre Preisanstiege auftreten können, ausgehend von verschiedenen Verschiebungen in der sektoralen Nachfrage (s. [163], S. 53). Die durch positive Überschußnachfrage in einzelnen Sektoren induzierten partiellen Preis- und Lohnsteigerungen breiten sich über den gesamtwirtschaftlichen Kostenmechanismus aus und führen zu allgemeinen Preissteigerungen. Hinzu kommt, daß wegen der faktischen Lohn- und Preisrigiditäten die Sektoren mit negativer Uberschußnachfrage nicht nur keine kompensatorischen Preissenkungen, sondern sogar Preissteigerungen erfahren. Das ist Folge davon, daß auch in den nachfrage-verlierenden Sektoren Wettbewerbsfaktorpreise gezahlt werden müssen, die via kostendeterminierte Preisbildungspraktiken zu steigenden Preisen führen. Die Kostenfaktoren bringen die Inflation im ganzen zwar nicht hervor, tragen sie jedoch von den ursprünglich betroffenen Sektoren fort überallhin. Siehe dazu Stel-

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Dabei wird nachzuweisen gesucht, daß selbst bei Vorliegen effektiver gesamtwirtschaftlicher Überschußnachfrage 83 Einkommen, auch Löhne, erhöht, Preisanstiege dagegen vermieden werden können, sofern noch ungenutzte Ressourcen für den Produktionsprozeß verfügbar sind 84 und die Einkommenssteigerungen im Gleichschritt mit der Produktivitätsentwicklung laufen. Es wird zugestanden, daß Preissteigerungen bereits vor Erreichen des Vollbeschäftigungs- respektive Kapazitätspunktes eintreten: Ursache können Engpässe sein oder zeitliche Verzögerungen (z. B. der Ausgaben-Produktions-Lag, sog. Lundberg-Lag).

ONj - Produktion bei beginnenden Engpässen („low füll employment", Lerner) ONo - Produktion bei Vollbeschäftigung Fig. l a

Fig. l b

Im Ergebnis des die Angebotslücke eliminierenden Preisanstiegs steigen die Gewinne. Solange die Lohnsätze nicht steigen, bleibt das reale Lohneinkommen niedriger. N i m m t man eine verzögerte Lohnanpassung an 85 , so kommt es zu einer zeitweiligen Redistribution von Realeinkommen zuungunsten der Lohnbezieher®6. Dieser Nachfragelösung unterliegen zwei fundamentale Annahmen der neoklassischen Preistheorie 87 : lungnahmen von Seiden [606]; Reynolds [579]; Brockie [276]; Bowen/Masters (1964); Hancock (1966); Gäfgen [362]; Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 612 f. Man erinnere sich B. Hansens Definition der Nachfrage als „aktive Versuche zu kaufen" (Güter oder Faktoren). Weitere Möglichkeiten zu definieren sind nach Hansen: „geplante Käufe" und „Optimumkäufe". Optimumkäufe bezeichnen den erforderlichen Umfang der Käufe, die bei Rationalverhalten vorzunehmen wären, die aber nicht vollständig zu aktiven Kaufversuchen führen, weil von Anfang an mit Enttäuschungen gerechnet wird, Hansen [60], S. 21 ff. 84 Diese Grundannahme der Uberschußnachfragetheorie findet sich implizite auch in verteilungstheoretischen Ableitungen. U. a. z.B. bei Krelle [93], S. 115ff. 85 Vgl. Punkt 2.1 88 Diese Verschiebung der Einkommensverteilung soll unter Umständen für längere Zeit anhalten als umgekehrt eine durch steigende Löhne zugunsten der Lohnempfänger hervorgerufene Verteilungsänderung. Es ist aber ziemlich zweifelhaft, ob a priori angenommen werden darf, daß Preise steigenden Löhnen eher und rascher angepaßt werden, als es umgekehrt der Fall ist. Vgl. die abweichende Meinung bei Lübbert [112], S. 170, Fußnote 2. 87 Von Blaug in anderem Zusammenhang ausdrücklich erwähnt: Blaug [14], S. 674. 83

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(1) Eine positive Überschußnachfrage führt notwendig zu einem Preisanstieg (Walras' Uberschußnachfrage-Hypothese). (2) Ein Uberschießen des Preises über die (Stück-) Kosten führt zu einem Anstieg des Outputs (Marshalls Überschußpreishypothese). Beide Annahmen werden von der neueren Inflationstheorie, gemeint sind die den Uberschußnachfragekonzepten folgenden Ansätze, gestützt auf bessere preistheoretische Erkenntnisse, als unrealistisch verworfen. Die Nachfragelösung ist mithin überwunden88. Der Tatbestand von prinzipieller Bedeutung, daß Höhe und Veränderung der Einkommensansprüche auf verteilungsbewußtes Handeln der Gruppen zurückgehen, gestattet nicht, weiterhin flexible Löhne und Preise anzunehmen. Löhne und Preise sind nicht Resultanten eines anonym wirkenden Marktmechanismus, vielmehr werden Preise von den Anbietern von Gütern gesetzt und von den Anbietern von Faktorleistungen unter Einsatz von Machtmitteln ausgehandelt. Die aktiven Einkommensempfängergruppen orientieren sich vorrangig an ihren verteilungspolitischen Zielsetzungen (Reallohn oder Realeinkommensanteil, Gewinnrate oder Gewinneinkommensanteil) und nicht primär an der aktuellen Marktsituation oder Konjunkturlage. Oligopolistische und monopolistische Strukturen auf Güter- und Faktormärkten erleichtern dieses Verhalten wesentlich. Gesamtnachfrage bzw. Gesamtbeschäftigung werden erst dann für die Preis- und Lohnpolitik bedeutungsvoll, wenn hohe Werte für die entsprechenden Elastizitäten vermutet werden. Das wird immer dann der Fall sein, wenn die Abweichungen von dem Vollbeschäftigungs- oder Vollauslastungsniveau groß sind und/oder zunehmen89. Autonome Verteilungspolitik kommt zum Stillstand, wenn eine theoretisch und empirisch schwer zu fixierende „kritische Grenze" des Gesamtumfanges von Arbeitslosigkeit und/oder brachliegenden Kapazitäten überschritten wird. Andererseits ist richtig, daß Forderungen nach erhöhten Einkommen von einer günstigen Gesamtsituation, wie sie nahe bei oder bei Vollbeschäftigung herrscht, besonders stimuliert werden. Aber sie haben diese keineswegs zur Voraussetzung. Allenfalls wächst die Wahrscheinlichkeit, daß diese Forderungen in effektive Einkommensansprüche umgewandelt werden können. Angewendet auf das Inflationsproblem bedeutet das: Ein das verfügbare Realeinkommen übersteigender Gesamtumfang der Einkommensansprüche muß weder zwangsläufig dieses Realeinkommen zum Steigen bringen, wenn Vollbeschäftigung noch nicht erreicht ist, noch dahin wirken, daß die „Lücke" mone88

89

„Damit soll nicht gesagt sein, daß eine schleichende Inflation nicht auch von der Nachfrageseite ausgehen kann, etwa als Begleiterscheinung eines sich über mehrere Jahre erstreckenden Investitionsbooms bei Vollbeschäftigung. Aber auch hierfür ist letzten Endes die Existenz inkompatibler Ansichten verschiedener Gruppen, und zwar über die Realverteilung, verantwortlich zu machen", Stobbe [166], S. 108, F N 1. Dem stimmen wir voll zu. Indikatoren sind: Prozentsatz von Arbeitslosigkeit, Entwicklung der Lager, Prozentsatz unausgelasteter Produktionskapazitäten, fallende Erlöse usw.

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

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tär durch steigende Preise geschlossen wird. Das gegebene Realeinkommen kann — aus mancherlei Gründen, häufig struktureller Art — nicht nur kurzfristig unterhalb des potentiellen Niveaus bei Vollbeschäftigung einrasten. Amerikanische Erfahrungen weisen in diese Richtung. Es ist aber möglich, daß selbst weitgehend anbieterdeterminierte Preise bei Uberschußnachfrage steigen, weil Preisreagibilität in der Aufwärtsrichtung nicht ausgeschlossen werden darf. Im Grundsätzlichen aber ist die Schlußfolgerung wichtig: Inflation beseitigt nicht notwendig das Ungleichgewicht zwischen Anspruchssumme und Gesamtangebot. Sie fungiert nicht als automatischer Anpassungsprozeß in Richtung auf ein wiederherzustellendes monetäres Gesamtgleichgewicht. Die Verteilungsinflation schleppt vielmehr die Ungleichheit gerade weiter, indem verteilungsmäßig motivierte Preispolitik und Lohnpolitik mit steigenden Einkommensansprüchen direkt oder indirekt die Preise hinaufdrücken. Da die Ungleichgewichtigkeit zwischen Einkommensansprüchen und gesamtwirtschaftlichem Realeinkommensangebot nicht notwendig durch inflationär steigende Preise beseitigt wird, ergibt sich folgendes: Ansprüche bleiben nicht nur real unerfüllt, was bei unzureichendem Angebot selbstverständlich ist, sondern unter Umständen auch nominal, dann nämlich, wenn Produktion und Beschäftigung hartnäckig unter dem Vollbeschäftigungsniveau verharren oder fortlaufend weiter unter dieses fallen („inflationary depression"). Auf eine Steigerung der Lohnansprüche über den Weg erhöhter Lohnsätze werden die betroffenen Unternehmer wenn irgend möglich mit Preissteigerungen reagieren. Diese Lohn- und Preissteigerungen senken aber bei unverändertem Geldangebot die reale gesamtwirtschaftliche Endnachfrage, so daß es wahrscheinlich zu Produktionseinschränkungen und Entlassungen kommen wird. Das Realeinkommen sinkt bei steigenden Preisen. Selbst wenn das nominale Geldangebot seine begleitende (nicht verursachende!) Rolle voll ausspielt, sind über steigende Preise steigende Gewinnraten und zugleich wachsende Arbeitslosigkeit beobachtet worden. Die Koexistenz von Arbeitslosigkeit und Inflation in Verbindung mit steigenden Geldlohnsätzen ist keine für die neuere Inflationstheorie überraschende Erscheinung mehr. Die Kurzbeschreibungen lauten etwa: „inflationary depression" (A. P. Lerner), „inflated recession" (H. Apel), „inflationary underemployment" 90 . Versorgt ein hinreichend elastischer Bankenapparat, nachgiebige Geldpolitik also unterstellt, die aufgrund steigender Preise steigende (transitorische) Geldnachfrage — oder die Geldumlaufsgeschwindigkeit ist entsprechend passiv —, so kann die gesamte Güternachfrage davon unberührt bleiben. Es kommt zu einem Gesamteinkommens- und Beschäftigungsfall, indem die Angebotskurve sich nach links verschiebt, wie das die nachfolgende einfache Figur 2a zeigt. •»Thorp/Quandt [168], S. 79; Ruggles [593], S. 302; Lerner [479], S. 258, [480 a], S. 510 ff.; Blair [261], S. 437; Lindauer [110], Kapitel 12; Bohley [16]; Wilson [182], Kapitel I und V; BackmantLevine [246 bj.

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Realeinkommen

Fig. 2a Die kurzfristige Angebotskurve wird als nach rechts ansteigend angenommen, d. h. größere Produktion verbindet sich mit höheren Preisen. Mit Erreichen der Kapazitätsgrenze wird sie vollkommen unelastisch. Dahinter steckt die einfache Tatsache, daß eine größere Produktion kurzfristig nur durch vermehrte Beschäftigung erreicht werden kann, wenn die Kapitalausstattung nach Umfang und Qualität gegeben ist und weitgehend gleichmäßig ausgeschöpft wird 91 . Die kurzfristige Angebotskurve ist überdies gegen Änderungen des Geldangebots und der Höhe der Ausgaben unempfindlich. Infolge des Kostenstoßes verschiebt sich die ursprüngliche Angebotskurve AiA zu der Position A2A. Anstieg des Preisniveaus und Rückläufigkeit der Produktion und dementsprechend Beschäftigung sind z. T. direkt abzulesen. Regelmäßig werden Lohnerhöhungen jedoch das Niveau der gesamtwirtschaftlichen Ausgaben anheben; die Nachfragekurve NN verschöbe sich nach rechts. Ob der positive Effekt steigender Ausgaben auf Produktion und Beschäftigung stark genug ist, den zunächst deduzierten Niedergang von Produktion und Beschäftigung abzuschwächen oder aufzuhalten, kann nur anhand konkreter Situationen beurteilt werden. Immerhin geht der Druck auf die Beschäftigung nicht nur auf den Kostenstoß zurück, sondern ebenso auf Faktoren, die über die Nachfrageseite wirksam werden. Es hat nicht unwesentlich zur Popularisierung M

Diese gleichmäßige Ausnutzungsrate ist nicht als mit der Vollbeschäftigungsrate identisch zu denken. - Zur implizierten Annahme limitationaler Produktionsverhältnisse s. Abschnitt 3.1.2.

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

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des Kostenstoß-Gedankens beigetragen, daß das Verhalten der so entgegengesetzten Einflüssen ausgesetzten Nachfrage nicht eindeutig bestimmbar ist 92 . Es sind also nicht die Ausgabeneffekte erhöhter Einkommen 9 3 , welche die Preise nach oben ziehen (saugen) — „die monetäre gesamtwirtschaftliche Nachfrage sucht mehr Güter zu kaufen als real verfügbar sind" —, so daß die steigenden Preise die Überschußnachfrage monetär eliminieren und monetäres Angebot und monetäre Nachfrage am Markt ausgleichen (Vorstellung der markträumenden Preisbewegung, „market Clearing concept"). Vielmehr sind es die hohen und steigenden Geldeinkommensansprüche der Gruppen, die den Inflationsprozeß „eigentlich" verursachen und praktisch auslösen: Die Unternehmer erhöhen autonom die Preise, um Gewinnspannen zu verteidigen oder zu erhöhen; die Unternehmer erhöhen aber auch deshalb die Preise, weil verteilungspolitisch motivierte Lohnsteigerungen eintreten oder erwartet werden.

NOMINALEINKOMMEN Geldeinkommensansprüche der Gruppen

Fig. 2 b 92

M

Unter den nachfrageseitigen Einflüssen, die bei spontanen (autonomen) Lohnsteigerungen zu Arbeitslosigkeit führen können, befinden sich so einleuchtende wie diese: a) Infolge Existenz von „Geldpreis-Illusion" (zum Unterschied von „Geldeinkommens-Illusion") werden die Ausgaben, in realen Größen bemessen, reduziert; b) bei Beschränkung der Geldmenge und fixer Zinsrate können die Ausgaben vermindert werden aufgrund eintretender real-balance-Effekte, die die Konsum-Ausgaben-Funktion nach unten verschieben, oder bei steigender Zinsrate aufgrund verminderter Investierungen (einige Zinselastizität der Investitionsfunktion vorausgesetzt); c) Verminderung der Investierungen und Exporte infolge steigender Lohnkosten. (Holzman: „indirect cost-pull"); vgl. Holzman [413], S. 723; [412], S. 27-29. Zu beachten ist, daß sich die Nachfrage der Unternehmer weit mehr durch die erwarteten als die laufenden, realisierten Einkommen bestimmt. Aufgrund der umfangreichen Kreditmöglichkeiten dieser Einkommensempfängergruppe können von dieser Seite Nachfragesteigerungen ausgehen, die erst im nachhinein zu Einkommenssteigerungen führen. Aus diesen kann die zur Finanzierung der Mehrnachfrage hingenommene Verschuldung wieder abgebaut werden.

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Den Zusammenhang von Einkommensansprüchen und Preisniveaubewegung wollen wir, dabei einen Ansatz von Reder [565] variierend, mit Hilfe der Figur 2b veranschaulichen. Nehmen wir an, daß nominales Gesamteinkommen und generelles Preisniveau sich entlang der Linie N proportional entwickeln. F sei die Kurve der tatsächlichen Einkommensansprüche der passiven Empfängergruppen, L die Kurve der Einkommensansprüche der aktiven Lohnemfpänger (tarifvertraglich ausgehandelte tatsächliche Lohnsummen). Der Verlauf von L ist auch, aber nicht ausschließlich determiniert durch die jeweiligen Preisniveaus. G sei schließlich die Kurve der Einkommensansprüche der Gewinnempfänger, d. h. die nach Vorliegen von F und L von den Unternehmern beanspruchte Gewinnaufschlagssumme, sollen die jeweils dazugehörigen Niveaus des Realeinkommens auch wirklich produziert werden. Die Kurven W und G sind positiv mit p und Y korreliert. Nehmen wir nun an, daß bei unserer kurzfristigen Betrachtungsweise Realeinkommen und Beschäftigung unverändert bleiben (wir hatten oben gesehen, wie dabei keineswegs an Vollbeschäftigungsniveaus für beide gedacht werden muß). Bei dem existierenden Preisniveau pi übersteigen sämtliche Geldeinkommensansprüche, d. h. die Summe von F, L und G (Kurve A), das tatsächliche Nominaleinkommen. P2 wäre dann der Gleichgewichtswert für das Preisniveau (bei dem Ansprüche [A] und Einkommensangebot [N] gleich hoch sind), wenn die Kurven W , G und daher A tatsächlich den nach links konkaven Verlauf haben. Ist das nicht der Fall, und die Realität scheint Hinweise darauf zu liefern, so erreicht das Preisniveau an keiner Stelle seinen Gleichgewichtswert, die Inflation schreitet unbegrenzt fort. (Angezeigt von der gestrichelt gezeichneten Kurve A\) Die Grundzüge der Konzeption der „Einkommensverteilungs-Inflation" in unserer Sicht (Inflation aufgrund der verteilungsbezogenen Einkommensansprüche der Gruppen) wollen wir abschließend zusammenfassen: 1. Steigerungen der Einkommensansprüche entspringen der Sorge oder Unzufriedenheit der gesellschaftlichen Gruppen über die von ihnen innegehaltenen Realeinkommens-Positionen; dementsprechend kommt es zu Versuchen, den eigenen Realeinkommensanteil zu schützen oder zu vergrößern. 2. Gesteigerte Einkommensansprüche manifestieren sich in autonomen Geldlohnsteigerungen („autonom" besonders bezüglich der Produktivitätsentwicklung) sowie autonomen Gewinnsteigerungen („autonom" besonders bezüglich der Nachfragesituation) der Anbieter von Gütern und Dienstleistungen, Rohstoffen und Material (letzteres bedeutet „autonome" Steigerungen der Nicht-Arbeitskosten). 3. Inflation ergibt sich, gemäß 2., als Anstieg der durchschnittlichen Kosten pro Ausstoßeinheit, insbesondere als Anstieg der durchschnittlichen Stücklohnkosten oder/und als Anstieg der durchschnittlichen Bruttogewinnrate pro Ausstoßeinheit.

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

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4. Die Art der vorliegenden Preisdetermination erklärt das Konzept der Aufschlagspreisbildung (vgl. das 4. Kapitel dieser Arbeit). Stücklohnkostenanstiege führen dementsprechend auch dann zu Produktpreissteigerungen (Inflation), wenn sich die Unternehmer verteilungspolitisch passiv verhalten, die gestiegenen Kosten also lediglich in höhere Preise weitergeben. 5. Ein elastisches Geldangebot alimentiert die zu den steigenden Preisen wertmäßig steigenden Transaktionen, finanziert also die Lohn-Preis-Spirale. Diese nachgiebige Geldversorgung ist in erster Linie Konsequenz der wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Besorgnis, keine ernstliche Gefährdung der Vollbeschäftigung zuzulassen. 6. Bestimmte institutionelle Umstände, wie Gruppenmacht, industrielle Konzentration, Lohn- und Preis-Rigiditäten, wirtschaftspolitische Dilemma-Situationen usw. sind wichtige Bausteine von Inflationsmodellen dieses Typs. 7. Die Rolle der Nachfragebeteiligung ist umstritten. Fest steht aber, daß „aut o n o m e " Lohn- und Gewinnerhöhungen nicht nur nicht der Existenz von Uberschußnachfrage bedürfen, sondern eben selbst bei stabiler oder sogar rückläufiger Gesamt-Nachfrage virulent werden können. Damit ist über die Bedingungen, unter denen über Preis- und Lohnsteigerungen höhere Einkommensansprüche wahrscheinlich eintreten, so wenig ausgesagt wie darüber, wann sie sich realisieren lassen, in welchem Umfang und T e m p o und mit welchen Nebenwirkungen. Wichtig ist hier etwas anderes: W e n n Inflation die Folge des Anspruchsverhaltens ökonomisch beherrschender Gruppen ist, so kann sie nicht im Sinne eines Anpassungsprozesses verstanden werden, der UnVerhältnismäßigkeiten zwischen Gesamtangebot und Gesamtnachfrage ins Gleichgewicht bringt. W i e immer man die Frage beantworten will, o b es einen wirksamen Mechanismus im Gesamtsystem gibt, der jeweiliges Realeinkommensniveau und Einkommensanspruchsniveau einander gleichgewichtig anzugleichen vermag — Inflation fungiert nicht dafür. Im Anschluß wollen wir noch die Frage prüfen, o b wirklich diese Gleichförmigkeit verteilungspolitischen Verhaltens bei Lohnempfängern ebenso wie Gewinneinkommensbeziehern behauptet werden kann, die wir bisher unterstellt haben. Heikel ist insbesondere, ob Gewinneinkommen überhaupt unter verteilungsmäßigen Zielsetzungen beansprucht werden können, was offensichtlich dann nicht möglich ist, wenn diese Einkommen jenen Residualcharakter haben, der ihnen von der Theorie oft zugeschrieben worden ist. W i r wollen daher die Lohnpolitik kurz, die unternehmerische Preispolitik etwas eingehender — unter Beachtung des Inflationsaspekts — prüfen. 2.2.1.1 Das Einkommensanspruchsverhalten der gewerkschaftlich organisierten Arbeitehmer Das Anspruchsverhalten der Lohnempfänger und ihrer Gewerkschaften ist verteilungspolitisch motiviert. W i e immer im einzelnen Gewerkschaften ihre

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Forderungen nach steigenden Lohnsätzen begründen, so geschieht es in Wahrnehmung ihrer ökonomischen Kernfunktion, den von ihnen vertretenen Arbeitnehmern durch hohe und steigende Einkommen einen für „angemessen" (oder „gerecht") deklarierten Anteil am Nationaleinkommen zu sichern. Programm und Mitteleinsatz mögen in den konkreten Fällen unterschiedlich sein94, von zentraler Bedeutung für die Durchsetzung der gewerkschaftlichen Ziele ist aus schwerwiegenden Gründen, wennschon von vielen Kritikern beklagt, die NominallohnpolitikMa. Was die Effizienz dieser Politik anlangt, sind die Meinungen geteilt95. Unter anderen Wirkungen ist die Wirkung auf die Einkommensverteilung zu trennen von der auf „das" allgemeine Preisniveau und die Rate seiner Veränderung. Was die letztgenannte Wirkung betrifft, so bestehen keine Zweifel, daß steigende Geldlöhne im Verlauf der Inflationsprozesse eine erhebliche Rolle spielen; umstritten ist hinwiederum vor allem, ob diese Rolle eine ursächliche oder eine begleitende ist. Steigende Geldlohnsätze beeinflussen potentiell die Angebots- und Nachfrageseite der Gütermärkte in Richtung steigender Preise. Für das Angebot von und die Nachfrage nach Beschäftigung ergeben sich prima facie einander entgegengesetzte Wirkungen; die Wirkung auf die Nachfrage seitens der Unternehmer in Richtung auf fallende Beschäftigung kann überwiegen, selbst wenn man davon absieht, daß die Angebotskurve der Lohnempfänger einen nach rückwärts gewendeten Abschnitt aufweist. Die Machtzunahme der Gewerkschaften in und nach dem Zweiten Weltkrieg und die wachsende Verbreitung organisierter Lohnbildung sind erhebliche Merkmale des strukturellen Wandels der Wirtschaftsordnungen der entwickelten kapitalistischen Staaten. Nach Ansicht zahlreicher Theoretiker ist damit ein neues und anhaltendes inflationäres Element in diese Ordnungen gelangt. Gewerkschaften sind nicht nur willens, sondern auch in der Lage, autonome Lohnsteigerungen durchzusetzen, ohne dabei unbedingt den Stand der GesamtbeZu einer Typisierung der Gewerkschaftsbewegungen anhand alternativer ökonomischer Programme und alternativem Mitteleinsatz s. Kerr [439]; und nochmals ders. [438], S. 266 ff. Kerr stellt ausdrücklich die enge Verknüpfung von ökonomischen und politischen Aktivitäten der Gewerkschaften und deren Konsequenzen für die potentielle und faktische Einkommensverteilung fest, s. [438], S. 266. - Zu den politischen Aspekten der Lohnbestimmung s. Ross [150]; Kiilp [97]. 9 4 a Damit wird die umfassende soziale Bewegung, Gewerkschaften genannt, auf einen bloßen Einkommensinteressenverband verkürzt, was selbstverständlich grob einseitig ist. Immerhin signalisieren steigende Geldlohnsätze die Teilnahme der Lohnempfänger am wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt. Regelmäßig wird die mit der Nominallohnpolitik verknüpfte „Philosophie steigender Löhne" von den Gewerkschaften verteidigt mit dem Hinweis auf das Erfordernis hoher und steigender (Massen-) Kaufkraft für den Wachstumsprozeß. Man vergleiche die gewerkschaftlichen Argumente zur „Expansiven Lohnpolitik". - Steigende Löhne haben zudem verbandsinterne Wirkungen: Sie sind bevorzugtes Erfolgskriterium der Gewerkschaftsführer und wirken integrierend im Sinne des sich rechtfertigenden Fortbestandes der Organisation. Zu dem letzten Aspekt s. Pedersen [542], S. 31; Slichter [155], S. 13 f. 9 5 Vgl. die knappe Ubersicht der dazu wesentlichsten Meinungen bei Bronfenbrenner [281], S. 399 f.; sowie die gut belegte Übersicht bei Hildebrand [404], S. 9 8 - 1 4 6 . 94

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schäftigung und der Produktivitätsentwicklung in Rechnung stellen zu müssen 96 . Die Argumentation der Lohnstoß-Hypothese ist bekannt. Sie ist in einigen Arbeiten außerordentlich verfeinert worden über das Argument eines „unqualifizierten" Lohnstoßes hinaus 97 . M a n ist berechtigt, die Lohnkosten-Inflations-Modelle ebenfalls als „keynesianisch" zu bezeichnen, obwohl Keynes

selber kein derartiges Modell in Voll-

ständigkeit erarbeitet hat 9 8 . Mit großer Wirkung hat er jedoch die Erkenntnis zu einem seiner systemtragenden Gedanken gemacht, daß das allgemeine Preisniveau abhängig ist von dem Niveau der Geldlöhne und nicht der Höhe des Geldangebots. Diese Einsicht war keineswegs auf Keynes'

eigenem Holz ge-

wachsen 9 9 , doch sie fügte sich in glücklicher Weise seinem beschäftigungstheoretischen Interesse; mit ihrer Hilfe konnte er schlüssig zeigen, daß von einer Reduktion der Geldlöhne keine den Ausstoß stimulierenden und die Arbeitslo-

96

Zur Evidenz des Lohnstoß-Verhaltens s. beispielsweise Slichter [616], [619]; Bowen [21]. Schlußfolgerungen zu Teil II, 8, S. 167 ff., [274 a]; Reynolds [579]; Akerman [229]; Samuelson/Solow [597], S. 181: „Once this is done, we recognize the qualitative possibility of cost-push inflation"; Holzman [412]; Machlup [494]; Dow, Chamberlin und Pedersen, in Hague [200]; Kuhn [467]; Weintraub in zahlreichen Arbeiten; Kaldor [428]; A. ]. Brown [24], S. 295. - Die alte Schumpetersdit These, daß die „Inflation aus der Lohntüte" komme, münzt Pedersen an anderer Stelle zu der schlichten Feststellung aus, daß Inflation jede Lohnsteigerung sei, die nicht zu Arbeitslosigkeit führe [542], S. 15. Dieser Definitionsvorschlag wird jedoch nur so recht verständlich vor dem Hintergrund von P.s Ausweg aus der „stock-and-flow"Kalamität; P. hatte schon in früheren Arbeiten angeregt, die Bestandsgröße Geldmenge „Zahlungsmittel", die Stromgröße Geldeinkommen aber „Geld" zu nennen. Somit sind Lohnsteigerungen Geldvermehrungen, die zu Inflation führen, Geldpolitik (antiinflationistischej Einkommenspolitik. - Zur Diskussion des empirischen Nachweises der Lohnstoß-Hypothese s. Phelps [549]; er findet in seinem makroökonomischen Test einige statistische Signifikanz für Lohnstoßverhalten, s. S. 38 f., S. 63 ff.; des weiteren s. die Arbeiten von Reynolds, Kuh, Levinson, Garbarino, Weintraub, Bowen, Bodkin und anderen sowie Arbeiten der Anti-Phillips-Kurve-Autoren wie Kaldor, Hines, Dicks-Mireaux, Dow, Phelps und anderen.

Holzman [412], S. 27 ff. unterscheidet mit Sorgfalt zwischen „cost-push", „direct cost-pull" und „indirect cost-pull", wobei er besonders die positiven und negativen Beschäftigungseffekte beachtet. (Vgl. auch FN 92, oben.) , 8 B e i Keynes finden sich lediglich einige der bekannten Bausteine der Lohnstoßlösungen, wie Lohn- und Preisrigiditäten, „spontane" Lohnsteigerungen, Sperrhakeneffekte, nachgiebiges Geldangebot usw., s. [82]; [83], besonders Buch III, Kapitel 11; [84]. - Zur „Janusköpfigkeit" von Keynes' Inflationsdenken s. Weintraub [679], Ball [8] und Fand [340 a]. Man kann sagen, daß Keynes die Dichotomie-Debatte nach dem 2. Weltkrieg „verschuldet" hat; s. auch Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 64 und Bowen [21], S. 199, Fußnote. 99 Zu dem Ubergang von dem „Goldwährungs-" zum „Lohnwährungssystem" schrieb Hicks: „In the new world which began after 1931 the problem of wages is bound to have a distinctly different character from that which it had in an older time. Since 1931, wages questions have been closely connected with monetary questions; it was even true that the general level of wages has become a monetary question . . . the world we now live is one in which the monetary system has become relatively elastic so that it can accommodate itself to changes in wages, rather than the other way about" [403], S. 391.

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sigkeit beseitigenden Impulse zu erwarten waren, wie das die vorkeynesianische Klassik behauptet hatte: Wegen der engen Verbindung von Geldlohn- und Preisniveau, Keynes setzte weiterhin Marginalpreiskalkulation voraus, würde infolge der gleichfalls sinkenden Preise das erhoffte Sinken der Reallöhne nicht eintreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat an die Stelle der (prophezeiten) Stagnationssorge das Problem, den Geldwert zu stabilisieren. Es lag nahe, sich des Geldlohn-Preisniveau-Nexus erneut zu bedienen — diesmal, um den Prozeß inflationärer Preissteigerungen („Lohn-Preis-Spirale") zu analysieren. Die Reihe der Autoren, die sich alsbald mühten, die Interferenzen zwischen Vollbeschäftigungsgarantie, Lohn-Preis-Beziehung und Inflation aufzuklären, war sofort ansehnlich100. Die Lohnstoß-Hypothese hat extrem widersprüchliche Stellungnahmen auf sich gezogen101. In der einen Randzone der Meinungen finden sich jene Kritiker der gewerkschaftlichen Lohnpolitik, die den Nachweis zu führen suchen, daß die Gewerkschaften ihre am Arbeitsmarkt sowohl wie in der öffentlichen Meinung angeblich übermächtige Stellung dazu mißbrauchen, um willkürliche und ungerechtfertigt große Lohnsteigerungen zu erzwingen. Anhaltender inflationärer Lohndruck in der Folge der ungleichen Machtverteilung auf überbetrieblicher Ebene sei unvermeidbares Merkmal der „laboristic economy" (Chamberlin). Die Unternehmer seien regelmäßig bestrebt zu verhindern, daß die erzwungenen Lohnsteigerungen die Gewinne schmälerten. Zudem seien die Preise in der Regel an den Kosten der Produktion orientiert. Preissteigerungen wären aus diesen Gründen regelmäßige Folge der Lohnsteigerungen, wobei es nur offen bleibe, inwieweit die Arbeitnehmer als Konsumenten die Lohnsteigerungen finanzierten. Es sind vor allem strikt „liberale" Autoren, die diesen Befund zugleich mit sorgenvollen gesellschaftspolitischen Schlüssen verbinden: Hayek, F. A. Lutz, Röpke, H. W. Briefs, Chamberlin, Lindblom, ]. M. Clark und andere102. In der entgegengesetzten Randzone des Meinungsspektrums finden wir jene Autoren — aus ansonsten z. T. streng verschiedenen theoretischen und ideologischen Feldlagern — die zum Kern ihrer Einsicht in die Sache die These gemacht haben, daß Lohnniveau und Lohnstruktur tatsächlich nicht anders seien, als sie auch ohne die Existenz von Gewerkschaften wären. Manche verbinden damit sogar die noch weiter gehende Aussage, daß Gewerkschaften vielfach mögliche Lohnanstiege aufgrund ihrer institutionellen und operativen Schwerfälligkeit 100 j ^ i t den Jahreszahlen der einschlägigen ersten Veröffentlichungen

nennen wir

(z. T. im Literaturverzeichnis): Beveridge (1944); Bach (1947 [240 a]); Dunlop (1947 [322]); H. W. Singer (1947); H. Simons (1948); Reder (1948 [565]); Bronfenbrenner (1948); Lindblom

(1949 [111]); ]. M . Clark

(1951 [302]); Haberler

Chamberlin (1951 [296]); Slichter (1951 [616]) usw. 101 108

(1951

[379]);

Z u r weiten Spanne der Meinungen s. Mason [503] und Hildebrand [404], Chamberlin [296], S. 181 £f., [297], S. 13 f., [299], S. 2 2 4 f., besonders polemisch [295]; Lindblom [111]; Haberler [379], S. 39, [382], S. 2 4 - 2 7 .

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verhindert hätten 103 . Die These dieser Autoren beansprucht Gültigkeit für die lange Frist (vorübergehende, kurzfristige Lohnerfolge der Gewerkschaften werden nicht ausgeschlossen). Darüber hinaus stellen einige Vorsichtige die These auf Reallöhne ein, wobei Inflation als monetäres Phänomen aufgefaßt wird, zu dessen Gedeihen ein wachsendes Geldangebot unerläßlich sei104. Ihren bildhaften Ausdruck hat diese extreme These in der Metaphorik der „Thermometerfunktion" (Friedman) oder „Regenmacher-Funktion" der Gewerkschaften gefunden: Sowenig das Thermometer den Temperaturanstieg selbst erzeugt hat, den es anzeigt, sowenig hat es das rituelle Tam-Tam der Medizinmänner vermocht, den Himmel zu öffnen. Eine der gemäßigten Zwischenpositionen haben diejenigen bezogen, die autonome Lohnstöße — autonom in bezug auf Nachfrage, Preise und Gewinne — zwar als empirisch bedeutungslos ablehnen, induzierten Lohnstößen aber eine nicht unerhebliche Rolle zubilligen. Die Würdigung derivativer Lohnstöße dient hier freilich nur dazu, die Überschußnachfrage-Konzeption zu verfeinern und zu festigen. Die Konturen dieser Konzeption sind stärker die der monetaristischen Lösung als die des ihr opponierenden keynesianischen Ansatzes. Die Argumentation ist in Kürze die folgende: Löhne steigen grundsätzlich aus Anlaß steigender Preise und Gewinne, wobei diese durch Uberschußnachfragesog und reichliche Geldversorgung in Bewegung gebracht werden; Kausalfaktor der Inflation sei letztlich stets eine geldpolitisch nicht verhinderte Steigerung der Geldmenge. Die Gewerkschaften seien kein prädominanter Faktor im Inflationsprozeß, sondern eines seiner passiven Glieder. Die Existenz der Gewerkschaften habe sogar dann einen anti-inflationären Effekt, wenn die Unternehmer sich in der Erwartung, daß einmal den Gewerkschaften zugestandene Geldlöhne später 103

nennen aus der Reihe der Vertreter des Anti-Kostenstoß-Argumentes: Boulding, in Wright [199], S. 245; Rees [573], [575], S. 439; Reynolds [576], S. 249, [577], S. 195, [579], S. 196 f., S. 201; Morton [514], S. 18; Bronfenbrenner [281], S. 289; Friedman, in Revision eigener früherer Ansichten [358], bes. S. 207, 210, 217 ff., 231 ff.; Paish [131], S. 106 ff. und S. 99 f.; Rydenfeldt; Christenson [301]; Gifford [370], in Auseinandersetzung mit Bowen [21]. - Friedman hat insbesondere durch Anwendung der Marshallschen Theorie der „joint demand" nachzuweisen gesucht, daß ein Einfluß der Gewerkschaften auf die Lohnentwicklung nicht gegeben sei: Auch für Arbeit gelte, daß ihre Nachfrageelastizität langfristig abhänge von der Wichtigkeit des Arbeitsfaktors für das Endprodukt und der Größe seines relativen Anteils an den Gesamtkosten des Endprodukts. Monetäre Restriktion werde wegen ihres nachfrageeinschränkenden Effektes (Arbeitslosigkeit!) gewerkschaftlichen Lohnansprüchen wirksame Fesseln anlegen (Friedman hat 1954 in einer Arbeit mit Kuznets den Versuch einer empirischen Verifizierung unternommen). Zur Diskussion der Friedman-Ableitung s. Ulman [671] und F.s Kommentar im gleichen Band. Auf einige weitere Arbeiten sei noch hingewiesen. Die Aufgabe, das Ausmaß der organisatorischen Stärke der Gewerkschaften (und zugleich der Konzentration auf den Produktmärkten) zu korrelieren mit gemessenen Lohnsteigerungen, führte zu einem negativen Ergebnis bei Rees (1961), H. G. Lewis (1963), M. W. Reder (1962, 1965 [521]) und L. W. Weiss (1966 [683]). Dementgegen ergaben sich brauchbare Korrelationswerte bei Levinson (1960 [107]), Segal (1962 [605]; 1964 [605 a]) und Bowen (1960 [20], Kapitel 5). 104 Friedman [358], S. 211 ff.

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nicht zurückgenommen werden können, gewerkschaftlichen Forderungen widersetzen. Wenn auch Lohnerfolge der Gewerkschaften nicht verneint werden könnten, so verursache am Ende doch allein die Geldpolitik, die sich anhaltend um die Behauptung der Vollbeschäftigung sorge, die Inflation, indem sie das Geldangebot eilfertig jedem dieser von Gewerkschaften erreichten kurzfristigen Geldlohnanstiege anpasse und sie damit zu dauernden Anstiegen siegle105. Haberler repräsentiert diesen Standpunkt sicher nicht ohne einige Abweichungen. So verraten seine Schlußfolgerungen ein weitergehendes Anerkenntnis der gewerkschaftlichen Lohnstoß-Möglichkeiten. Dennoch wird, wie wir meinen, hinter seinem ausgewogenen Urteil das Grundmuster der monetaristischen Haltung erkennbar. Wir zitieren ausnahmsweise etwas ausführlicher: „There can be no inflation without an expansion in aggregate demand and there can be no large and sustained expansion in aggregate demand without an increase in the supply of money. This also holds in the case of wage push. It follows that demand pull and expanding money supply are more basic than wage push. However, wage push by labor unions can be a potent factor in the double sense that (a) it tends to speed up demand-pull inflation (though it may also shorten the inflationary period by bringing things more quickly to a head) and (b) in case monetary demand does not expand any more, wages may still be forced up faster than output per man-hour rises so that prices continue to creep up. The resulting unemployment and loss of output and income provide a strong inducement to expand monetary demand and inflate prices" 106 . Wir teilen die Ansicht jener anderen gemäßigten Autorengruppe, die das aktive und unabhängige Lohn„stoß"-Verhalten der Gewerkschaften mit in das Zentrum ihrer nüchternen Inflationsanalyse stellt. Ohne in wirtschaftsmoralisches Wehgeschrei auszumünden, wird festgestellt, daß die Gewerkschaften über ausreichende Macht und adäquate Mittel, diese Macht wirksam einzusetzen, verfügen, um Einkommensansprüche der Lohnempfänger nachhaltig zu steigern. Dabei sind die Gewerkschaften eben nicht in solchem Maße auf die Nachfragesituation (und Produktivitätsentwicklung) angewiesen, wie es die Logik der Überschußnachfrage-Konzepte verlangt. Das heißt aber andererseits nicht, daß ihr Aktionsraum schrankenlos wäre. Darauf, den Einfluß dieser „kritischen Schranken" auf den wirklichen Gang der Geldlohnentwicklung theoretisch zu präzisieren und empirisch zu erhärten, zielt gegenwärtig die Inflationsforschung in erster Linie107. 105

106 197

Beispielhaft ist dafür die Ableitung Mortons, der sich allerdings der Anziehungskraft des keynesianischen Uberschußnachfrageansatzes etwas mühsam erwehren muß, siehe [514], [515] und den Kommentar von Bronfenbrenner [277]. Des weiteren s. Warburton [678]; Stmkin [610], S. 150 f.; Paish [537], S. 95 ff. Haberler [56], S. 77; s. auch S. 12 f., 61,63; [381], S. 96; [382], S. 20. Zu diesen „kritischen Grenzen" zählen: Arbeitslosigkeit; Endgüternachfrage; Produktivitätsentwicklung (dabei interessieren jeweils Stand, Rate und Tempo der Veränderung). Des weiteren technologische und verhaltensmäßige Gegebenheiten im

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

57

So ist etwa längst nicht mehr umstritten, daß eine sich abschwächende oder sich verstärkende Nachfrage Rate und Tempo von Nominallohnsteigerungen „bis zu einem gewissen Grad" beeinflussen wird. Auf diesen Punkt wäre ein Gegensatz zu den überschußnachfrageseitig konstruierten Inflationskonzepten auch schwerlich begründbar. Schließlich kann es keinen Zweifel geben, daß eine Reihe aufeinanderfolgender Lohnstöße ohne begleitende, permittierende Nachfragesteigerung zu Produktions- und Beschäftigungsrückgängen führen müßte. Allerdings regeneriert sich die erforderliche Nachfragebeteiligung zu einem Teil wegen des Einkommens-/Ausgabeneffektes der Löhne aus den fraglichen Lohnsteigerungen selbst108. Problematisch geblieben bis heute ist, wie bereits erwähnt, bei welcher Prozentmarke jenes Niedrig-Niveau der Nachfrage und demzufolge Beschäftigung zu denken ist, bei welchem — eine Frage der Perspektive — Lohnstöße entweder ausbleiben oder, allmählich zunehmend, hervortreten. Phillips hat mit Hilfe englischen Zahlenmaterials eines größeren wirtschaftshistorischen Abschnitts den Funktionalzusammenhang zwischen Arbeitsnachfrage (bzw. Rate der Arbeitslosigkeit) und Geldlohnänderungsrate berechnet. Er und seine Nachfolger, die zugleich dem Kosteninflationsgedanken entgegenzutreten suchten, ermittelten ein Ergebnis, demzufolge das Beschäftigungsniveau fehlender Lohnänderungen und mithin stabiler Preise sich ziemlich exakt angeben läßt: Dieses Niveau stellt 2V2°/O Arbeitslosigkeit in England, 61/2—8°/o Arbeitslosigkeit in den USA dar109. Bemühungen, zu einer theoretischen Fundierung des in der Phillips-Kutve abgebildeten Zusammenhanges zu kommen, finden sich erstmals bei Lipsey (1960). Seine „Theorie der Phillips-Kurve" fußt im Kern auf der funktionalen Abhängigkeit der Geldlohnänderungsrate von der Existenz positiver oder negativer Uberschußnachfrage nach Arbeit; als Maßstab für diese gebraucht er die Arbeitslosigkeitsrate. Wichtige Arbeiten stammen außerdem von Dicks-Mireaux/ Dow, Eckstein/Wilson und Corry/Laidler. Das Für und Wider um den Wert des Erklärungsinstrumentes „Phillips-Kurve" scheint inzwischen zum zentralen Thema der theoretischen Inflationsdiskussion geworden zu sein. Die Verlängerung der Diskussion in den Bereich der Wirtschaftspolitik steht im Zeichen des „trade off"-Gedankens110. Nicht mehr der Nexus zwischen Löhnen und Pro-

108

Unternehmensbereich: z. B. Substitutionsmöglichkeiten; Entschlossenheit der Unternehmer zur Niedrig-Kosten-Politik, zur Verteidigung von Gewinnspannen. Schließlich vorrangig: Haltung der Träger der Wirtschaftspolitik. Zur Kritik der „ungeschliffenen" Lohnstoß-Hypothese s. Bowen [21]; Dicks-

Mireaux [33 a], S. 14ff.; ]. M. Clark [31]; Haberler [56], S. 65 ff., 79 ff. - Zur Ent-

109 110

faltung der die Nachfrage beteiligenden „qualifizierten" Lohnstoß-Hypothese s. Gallaway [365], [366] sowie kritisch dazu D. W. Johnson [423] und Holzman [412], S. 37 f. Eine empirische Studie des Preisanpassungsprozesses nach einer ursprünglichen Lohnerhöhung gibt Yance [694].

Phillips [550]; Lipsey [486]; Terry [134].

Fixpunkte sind der Streit um Linearität und Non-Linearität der Kurve, Lage der Kurve (Unterschiedlichkeit der englischen und amerikanischen Daten), wirtschafts-

58

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

duktivität, wie in den 50er und frühen 60er Jahren, sondern der Nexus von Löhnen und Beschäftigungsstand steht im Hinblick auf Inflation im Brennpunkt des Interesses. Wie man im einzelnen auch die Lohnentwicklung erklärt wissen möchte, die folgenden Faktoren scheinen jedenfalls von entscheidender Bedeutung zu sein für die Höhe und Veränderungsrate der Geld-Lohnsätze im Zeitverlauf 1 1 1 : (1) Die Tendenz der Geldlöhne, in einem erheblichen M a ß e Änderungen des Preisniveaus

der Lebenshaltungsgüter

(„Lebenshaltungskosten")

zu

fol-

gen 1 1 2 . (2) Die wichtige Rolle des Niveaus und der Änderungsrate der Gewinne als erklärender Variabler der Lohnsatzentwicklung 1 1 3 . (3) Die relative Unempfindlichkeit der Geldlöhne gegenüber der — auch möglicherweise sinkenden — Nachfrage nach Beschäftigung. (4) Der Modellcharakter von bestimmten Lohnvereinbarungen, der sich dahin auswirkt, daß die Löhne in weiteren Industrien — mit sinkender Nachfrage so gut wie mit existierender Uberschußnachfrage — hochgedrückt werden. Soweit wir sehen, neigt keiner der zeitgenössischen Lohntheoretiker dazu, die gewerkschaftliche Lohnpolitik als der Maximierungsvorstellung unterworfen zu denken 1 1 4 . politische Beeinflußbarkeit der Kurvenlage (läßt sich eine „bessere Phillips-Kurve" wirtschaftspolitisch erreichen?). Einen Vergleich alternativer Theorien der PhillipsKurve unternimmt Ramser (in: Kyklos, Vol. 23, 1970). Die Existenz eines „permanenten Trade Offs" ist, z. B. durch Friedman, bestritten. Dazu Solow, Price Expectations and the Behavior of the Price Level, Manchester 1969. 111 Zu den Punkten 1, 3 und 4 vgl. Schnitze [163], S. 59, der diese Charakteristika der Lohnbestimmung seiner eigenen Inflationsanalyse zugrunde legt. u i Eine Methode der Abwehr von Realeinkommensverlusten durch Inflation ist daher auch die vertragliche (oder gesetzliche) Preisbindung der Löhne („Lohngleit-Klauseln"), s. Bernstein [256], bes. S. 323 f., 326, 328 f. und 335 f., sowie Sen Gupta [609]. 113 In seiner Kritik der Lipsey-Hypothese der Phillips-Kurve hat N. Kaldor dafür plädiert, von einer Determination der Lohnsätze durch die Gewinne auszugehen. Der Anstieg der Geldlöhne sei abhängig von der Verhandlungsstärke der Arbeitnehmer, diese wiederum hänge selbst von der Prosperität der Industrie ab, welche sowohl das Verlangen der Gewerkschaften nach höheren Löhnen wie die Bereitschaft und Fähigkeit der Unternehmer, sie zu gewähren, bedinge [428], S. 293 f. Die KaldorHypothese wird gestützt von Levinson [107]; Bhatia [260]; Eckstein/Wilson [330]; Ripley [581], S. 135. Ablehnend urteilen Lipsey/Steuer [488] und Bodkin (in seiner Untersuchung des Lohn-Preis-Produktivitäts-Nexus, 1966). Sie kommen zu dem Schluß, daß es doch die Arbeitslosigkeitsrate als Maßstab der Nachfrage nach Arbeit sei, die Höhe und Veränderungsrate der Geldlöhne bestimme. Gewinne würden, wie es Kaldor selbst beschreibe, mit steigender und fallender Investition und Produktion steigen und fallen; dafür sei aber letztlich die Nachfrage bestimmend. 1 , 4 Wie es vor Zeiten Dunlop getan hat, als er die Lohnbestimmung in Analogie zum Konkurrenzmodell für die Gütermärkte zu erklären suchte: „Logical models of the trade union are as indispensable to analytical conditions under which an enterprise maximizes profits", Dunlop [35], S. 32 sowie Kapitel 3. Was auch immer maximiert werden sollte - Lohnsatz (unter Vernachlässigung von Beschäftigung und insgesamt erzielter Lohnsumme), gesamtes Lohneinkommen, Lohneinkommen der

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

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Mit Regelmäßigkeit auftretende Lohnstöße von gewerkschaftlicher Seite sind daher in unserer vereinfachenden Übersicht gut vorstellbar. Freilich spielt eine Rolle, ob die Gewerkschaften so ausschließlich auf die Lohnsätze als Zielvariable fixiert sind, daß es für sie nebensächlich ist, wie die Beschäftigung in der jeweiligen Industrie oder in der Gesamtwirtschaft sich entwickelt. Vielfach scheinen sie von der Annahme auszugehen, daß jedenfalls für den Bereich, in dem die Lohnsätze steigen sollen, die Nachfrage nach Beschäftigung vollkommen unelastisch ist115. Wie immer — geht man von der praktischen Möglichkeit autonomen Lohnanspruchsverhaltens aus, so ist die Wirkung auf das allgemeine Preisniveau schwerlich außer acht zu lassen: Lohnsteigerungen, etwa in einer produktivitätsbegünstigten oder Schlüsselindustrie erreicht, wirken in mehrfacher Hinsicht unvermeidlich inflationär: In der betroffenen Industrie führen die Lohnkostensteigerungen zu Preissteigerungen, um so mehr, wenn alle Unternehmer eines Wirtschaftszweiges gleichzeitig, wenn auch nicht notwendig gleichmäßig, die Kostensteigerung zu spüren bekommen. Die beginnende Preissteigerung schwemmt wegen der von ihr ausgehenden Kosteneffekte hinüber in die nachgelagerten Industrien und ruft weitere Preissteigerungen hervor, in dem Ausmaß, in dem auch diese Industrien sich an den Kosten orientieren („spill over effects"). Daneben beunruhigt die auslösende Lohnsteigerung die etablierte Lohnstruktur. So wird die ursprüngliche Lohnerhöhung zu Modell und Maßstab weiterer Lohnerhöhungen in anderen, selbst produktivitätsschwachen Industrien. Neuerliche Preissteigerungen sind zu erwarten, wobei als weiterer Faktor ins Spiel kommt, wohin sich die aus den Lohnsteigerungen fließende erhöhte effektive Nachfrage wendet. Diese Bemerkungen können insgesamt nichts weiter sein als Streiflichter auf die lohntheoretische Misere. Diese gehört bekanntlich zu den vielbeklagten Schuldenposten des Keynesschen Nachlasses. Aber man wird sich nicht, auch im

1IS

Mitglieder (unter Aus- oder Einschluß von Kompensationen für Arbeitslose), Beschäftigung - das Konzept ist einer gründlichen Kritik unterzogen worden. Dabei bediente sich diese zu einem erheblichen Teil der aus der Marginalanalyse vertrauten Argumente; s. insbesondere Reder [567]. Hines hat versucht, die gewerkschaftliche Militanz zu quantifizieren. Als Index des gewerkschaftlichen Vermögens, die Löhne hinaufzudrücken, verwendet er „the rate of change of unionization". Diese Rate sei nicht ableitbar aus der Höhe und Änderungsrate der Nachfrage nach Arbeit, gemessen durch Unterbeschäftigung. Die enge und statistisch signifikante Beziehung zwischen der Veränderungsrate der Geldlöhne und dem Niveau und der Änderungsrate des gewerkschaftlichen Organisationsgrades, die er in verschiedenen Arbeiten herausgerechnet hat, läßt ihn ebenfalls die Nachfragezug-Hypothese verwerfen: „ . . . trade unions are not ineffectual in the matter of wages as some observers have insisted" [407 a], S. 85; s. auch [406], [407]. Auch Gifford hält der Phillips-Lipsey-Hypothese entgegen, daß eine so weitgehend von anderen Einflußgrößen determinierte Größe wie die Arbeitslosigkeitsrate schwerlich selbständiger, aktiver Bestimmungsgrund der Entwicklung der Geldlohnsätze sein könne [371], S. 88. Vgl. auch H. G. Johnson [72], S. 144 f., S. 13 f. (deutsche Ausgabe); Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 631-635; Dicks-Mireaux [33 a], S. 14 ff.; Reynolds [579]; Holmes/Smyth (1970).

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

verteilungstheoretischen Interesse, damit begnügen können, die Geldlöhne einfach als exogen gegeben zu betrachten, nicht-ökonomischen Kräften unterworfen. Jede erfolgversprechende Erklärung der Geldlohnsätze wird sowohl die Beschaffenheit des Arbeitsmarktes wie der Gütermärkte einschließlich der Bedingungen, die für diese gelten, einzubeziehen haben 1 1 6 . Ob ein genauer Einblick in die (bisher noch geheime) Praxis der kollektiven Lohnverhandlungen, wie neuerlich von Lief mann-Keil und Külp wieder gefordert, der Theorie weiterhelfen wird, bleibt in Skepsis abzuwarten. Die Lohntheorie nach ihrem gegenwärtigen Stand wie auch die ökonometrischen Versuche zur Geldlohnbestimmung sind noch weit entfernt davon, eine allgemein brauchbare Lösung zu bieten. Der Lohnstoß-Ansatz bleibt mit manchen Bedenken behaftet, die sich verstärken, wenn man den Arbeitsmarkt in die Verbindung des Gesamtsystems aller Märkte einbezieht. Hier ging es uns nur darum, darzulegen, daß Lohnanspruchsverhalten tatsächlich vorliegt. Einen einseitigen und bedingungslosen Kausalzusammenhang mit der schleichenden Inflation behaupten zu wollen, wäre töricht. Stand und Entwicklung der Gütermärkte sowie Geldnachfrage und Geldangebot behalten ihre — gewisse — Bedeutung. Aber: Die Ereignisse des Arbeitsmarktes und die dort feststellbare Lohnbewegung leiten sich nicht unmittelbar und streng von diesen vorgenannten Variablen her. Die wachsende Bewußtheit der Arbeitnehmer für die Verteilungsverhältnisse, die Zunahme der gewerkschaftlichen Macht und die Zielsetzungen der demokratischen Gewerkschaften, die auf breiter gesellschaftlicher Zustimmung beruhen, sind entscheidende Voraussetzungen des Lohnanspruchsverhaltens 117 . Genau zu klären, auf welche Weise sich steigende Lohnansprüche—„durch welche Kanäle" (Wickseil) — in generell steigende Preise umsetzen, ist eine Aufgabe der Inflationsanalyse, die hier außerhalb unseres Interesses liegt. 2.2.1.2 Das Einkommensanspruchsverhalten der Unternehmer-Kapitalisten Wir wollen nunmehr klären, ob eine so weitgehende Gleichförmigkeit des Anspruchsverhaltens aller Einkommensempfängergruppen existiert, daß neben dem wirkungsvollen Lohnstoß („wage push") ein vergleichbar wirkungsvoller Gewinnstoß („profit push") angenommen werden kann. In Kürze: Gibt es autonome Gewinneinkommensansprüche? Eine Reihe von Autoren bejahen diese Frage, wennschon zum Teil unter Skrupeln. Bei Thorp und Quandt lautet die Feststellung autonomen Gewinnanspruchs-Verhaltens so: „Among the claimants for income are the owners of business enterprise and the managers who operate in their behalf. They can try to maintain and in116 117

Eckstein [327], S. 143; Hildebrand [405], S. 18; Dunlop, Einleitung zu [219], S. 11. Die Verteilungsinffektivität der „bloßen" Nominallohnpolitik ist häufig bemerkt worden. Es zeigte sich, daß die Steigerung der Lohneinkommensansprüche nur dann nachhaltig verteilungsrelevant sein wird, wenn sie von gewissen institutionellen Regelungen der Einkommensverwendung der Arbeitnehmer begleitet wird („Investivlohn" als Beispiel).

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61

crease profits by keeping costs down but they can also do so by maintaining or raising prices." 118 Die Vertreter der nachfragetheoretischen Inflationsansätze keynesianischer wie moderner monetaristischer Richtung lehnen den Gedanken eines autonomen, einkommensverteilungspolitisch motivierten „Gewinn-Preisstoßes" logischerweise ab. Selbst Autoren, die, wie Haberler, Bowen, Backman, Fellner u. a. „Lohnstoß"-Verhalten für bedeutungsvoll halten, behaupten, daß „the impact of the two on the price level fundamentally different" sei; denkbar sei zwar eine Lohn-Preis-Spirale, aber nicht eine Gewinn-Preis-Spirale119. Das Argument dieser Autoren schwankt um diesen Kern: Gewinne sind nicht nur abhängig von den Preisen, sondern auch von Umsätzen und Kosten. Es sei wenig wahrscheinlich, daß Unternehmer, die sich einer unveränderten Nachfrage und stabilen Kosten konfrontiert sähen, ihre Preise erhöhen; es sei denn, die bisherigen Preise waren noch nicht jene „Gleichgewichtspreise", die der Zielsetzung Gewinnmaximierung oder anderen unternehmerischen Zielvariablen entsprechen. (Auf diese preistheoretische Grundlage des Arguments werden wir insbesondere zurückkommen.) Wie Stigler anmerkt: „Traditional economic theory argues that oligopoly and monopoly prices have no special relevance to inflation. A monopolist (to take the simpler case) sets a profit-maximazing price for given demand-and-cost conditions. If inflation leads to a rise in either demand or costs, a new and usually higher price will be set. The price will usually be above the competitive level at any given time, but its pattern will not be other than passively responsive to monetary conditions." 120 Der These, daß Konzentration und Monopolisierung die PreissteigerungsMacht der Unternehmer zu einer anhaltend wirksamen Kraft im Inflationsprozeß machten, begegnen die neoklassischen Autoren mit der Behauptung, daß nicht 118

Thorp/Quandt [168], S. 63, s. auch S. 64, 69 ff.; weitere Vertreter des „profit push" und einer Inflation vom Kostenstoß-Typ: Holzman [410], S. 155 f.; Lerner [479], S. 259; Kuhn [467], S. 245; Ackley [226], S. 421, [225], S. 622; Means [119], [507 a] und in weiteren Arbeiten; Blair [261], S. 441 ff.; Pitchford [137], S. 33 f.; A. ]. Brown [24]; skeptisch, wenngleich nicht strikt ablehnend Machlup [494], S. 130 f.; Markbam

[500], S. 148 f.; Eckstein/Fromm [36], S. 34. Gewinnstoßverhalten ist bei Hofmann,

118

in einer leider sehr einseitigen, ideologischen Analyse, einzige anhaltend wirksame Inflationsursache [69]. Haberler [56], S. 71 ff., 19, [379], S. 44 f., [380], S. 75, [381], S. 90, [382], S. 28-30; Backman [245], S. 18, [246], S. 207; [246 a], in direkter Kritik von Means; Fellner u. a.

[41], S. 69 ff.; Eckstein [324], S. 367 f.; Adelman [228], S. 34 f.; Bailey [248], S. 103; H. W. Briefs [23], S. 36 und passim; Bowen [21], S. 19 ff.; Zebot [698], S. 428 f.; be-

sonders scharfe Zurückweisung erfährt die „profit push"-These bei den Vertretern

der „Chicagoer Schule", Friedman, Cagan, Seiden (vgl. DePodwin/Seiden [314] und die Kritik dieser Arbeit durch Weiss [683] sowie die Antwort von Seiden Siehe ansonsten auch Ball [8], S. 74 f., und Wilson [182], S. 103 f. 120

Stigler [659], S. 8; ähnlich H. W. Briefs [23], S. 36.

[607 a]).

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

die Existenz, sondern allenfalls die Einführung von Monopolen dort, wo vorher Wettbewerb herrschte, für inflationär steigende Preise verantwortlich sein kann 121 . Weiterhin wird gesagt: Steigende Konsum- und Investitionsausgaben bei gegebenem Realeinkommen, sei es infolge einer Änderung in den nach Keynes üblichen Bestimmungsgründen für Konsum und Investition, oder sei es infolge des Abbaus einer die geplante Kassenhaltung der Wirtschaftssubjekte übersteigenden tatsächlichen Kassenhaltung (z. B. weil die angebotene Geldmenge gestiegen ist), führen zu einem Steigen der Preise und der Gewinne. Machen die Gewinne unter diesen wie auch anderen Umständen einen steigenden Anteil am Gesamteinkommen aus, so wird das als Indikator für die Existenz einer positiven monetären Überschußnachfrage genommen — nicht aber als Hinweis auf die Existenz eines autonomen Gewinnstoßes von Seiten der Unternehmer. Diese erhöhen die Preise, vergrößern damit die Gewinnspannen, um, dem Markträumungskonzept der Preisbildung entsprechend, die bestehende Überschußnachfrage abzutragen 122 . Gegen die Auffassung, daß Gewinne mit Hilfe unternehmerischer Preispolitik ebenso wie Lohneinkommen mit Hilfe der Geldlohnpolitik unter verteilungspolitischem Vorzeichen beansprucht werden, scheint zu sprechen, daß Gewinne nicht von Preisen, sondern von der Relation zwischen Kosten und Erlösen abhängen, Erlöse hinwiederum sich nach dem Umfang des Absatzes richten. Doch Erlöse sind zugleich preisbestimmt, und es bleibt bei der Frage, ob diese Preiskomponente, in verteilungsmäßiger Hinsicht motiviert, preispolitisch autonom verändert werden kann oder nicht123. Naheliegend ist der Einwand, daß das konkrete Vorliegen eines Gewinnstoßes praktisch selten unmittelbar nachweisbar sein wird (Mangel an brauchbaren Gewinnstatistiken). Auf Lohnkonflikte und Lohnforderungen fällt das volle Licht der Öffentlichkeit. Die publizierten Ergebnisse von Lohnverhandlungen geben Aufschluß darüber, in welchem Umfang sich die Lohnforderungen in Einkommensansprüche haben umsetzen lassen. Demgegenüber sind die Preisund Gewinneinkommenspolitik der Unternehmer — Gewinnpolitik nicht i. S. von Ausschüttungspolitik — nach Motivation im einzelnen, Planung und Durchführung weit weniger transparent 124 . Selbst wenn mit der Annahme admini121

Haberler [382], S. 28. Inwieweit dabei häufig die unberechtigte Identifizierung von Marktgleichgewicht und Markträumung im Spiel ist, kann hier nicht beachtet werden. Zu der Unterschiedlichkeit beider Konzepte s. Davidson [311], S. 562-565. 125 Ebensowenig zum Grundsätzlichen besagt der verwandte Hinweis, wonach ein eventueller Gewinnstoß für die Höhe des Preises und die Rate seiner Veränderung in der Regel von geringerer Bedeutung sein werde, da der Gewinnanteil im Preis relativ klein sei gegenüber dem Lohn(kosten)anteil. 124 Rothschild knüpft an die Unterscheidung von „vereinbarten" („bilaterale Lohnfestsetzung") und „verkündeten" Preisen („unilaterale Preis- und Spannenfestsetzung") die Folgerung, daß den Gewinneinkommensempfängern sogar eine flexiblere verteilungspolitische Aktivität möglich sei: schnellere Beschlußfassung, keine schwerfällige Revision von Entscheidungen bei Eintritt von günstigen Lagen, geringere Öffentlichkeit usw. Rothschild [590], S. 74.

182

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strierenden Preisverhaltens den Unternehmern grundsätzlich die Chance zugebilligt wird, Preisfestsetzungen nach eigenem Ermessen und nicht als folgsame Agenten des Marktes vorzunehmen, können im einzelnen viele Gründe vorliegen, die dazu führen, daß Preise gehalten oder erhöht werden, ohne daß unbedingt verteilungspolitische Absichten am Werke sein müssen: Kostensteigerungen, etwa infolge verteuerter Vorleistungen, ein hoher oder steigender Finanzierungsbedarf infolge laufender oder geplanter Investitionsprogramme usw. Keineswegs darf hinter Preissteigerungen immer Verteilungshandeln vermutet werden. Andererseits gibt es wohl stets Gründe, seien es solche der Vergangenheit oder der Zukunft (Antizipation von Kostensteigerungen), die sich zur öffentlichen Rechtfertigung anführen lassen, wenn eine bestimmte Preispolitik eingeschlagen wird, die genuin verteilungsmäßigen Vorstellungen folgt 125 . Dieser Einwand mangelhafter Verifizierbarkeit von autonomen Gewinneinkommensansprüchen hat zweifellos einige empirische Bedeutung, besagt jedoch nichts Grundsätzliches zu ihrer theoretischen Möglichkeit und praktischen Verwirklichung. Die theoretische Möglichkeit hängt offenbar gänzlich ab von den getroffenen preis- und gewinntheoretischen Voraussetzungen. Akzeptierten wir hinsichtlich der preistheoretischen Grundlagen für unsere Überlegungen das neoklassische Modell des Unternehmerverhaltens, so wäre der Gewinnstoß-Gedanke nicht aufrechtzuerhalten, da er mit diesem Modell nicht konsistent ist. Die Preissetzung selbst der oligopolistischen und monopolistischen Unternehmer unterliegt diesem Modell zufolge der strengen Bedingung für das Gleichgewicht einer Unternehmung. Die angestrebte Maximierung der Umsatzgewinne wird von den Unternehmern nur erreicht, wenn sie Angebotsmengen und Preise in der Höhe wählen, die die jeweilige Lage des Cournotschen Punktes angibt. Dessen Lage ist ihrerseits durch Verlauf der Kosten- und Absatzfunktionen determiniert. Mithin können Preise nicht nach eigenem Ermessen gesetzt werden, sondern sind abgeleitet aus den in den Funktionen niedergelegten Bedingungen des Marktes 126 . Die Möglichkeit eines autonomen oder spontanen Gewinnstoßes scheidet aus, Preise werden erst und nur dann variiert, wenn sich Kosten- oder/und Absatzfunktionen geändert haben. Diese Logik rationalen Unternehmerverhaltens in neoklassischer Sicht wird selbst durch das von der Empirie erzwungene Anerkenntnis administrierender Preisfestsetzung nicht gestört. Solche preispolitischen Praktiken lassen sich scheinbar bequem als an der Oberfläche sichtbar werdende Reflexe des Wirkens der „fundamentalen Angebots- und Nachfragekräfte" werten; nur wenn sich diese „Kräfte" ändern, werden die Preise eben neu administriert 127 . 125

Etwa wenn die Unternehmer „Gewinne" aus Rationalisierungs- und Produktivitätsfortschritten weder mit den Arbeitnehmern teilen noch zu Preissenkungen benutzen, sondern dazu, ihre eigenen Gewinneinkommen zu steigern. 12e „Seilers, in this model, don't ask higher prices, they just get them." Machlup [494], S. 127. 127 Zur Kritik dieser Interpretation s. Ackley [225], S. 629 f. Ähnlich Arrow, in Abramovitz [189], S. 43.

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Es steht monopolistischen Unternehmern immerhin sogar innerhalb des neoklassischen Modells frei, ihre Preise unterhalb der durch die „Grenzerlösgleich-Grenzkosten"-KaIkulation ermittelten gewinnmaximalen Preise festzulegen 1 2 8 . Die Vermeidung öffentlichen Unwillens, Furcht vor den M o n o p o l kontroll-Behörden oder die Absicht, nicht Einkommensforderungen des verteilungspolitischen Gegners herauszufordern, sind oftgenannte Motive dafür, die nichtsdestoweniger in das Gewinnmaximierungskonzept einbezogen werden. M a n interpretiert dann die Befolgung solcher Motive als Ausdruck unbeirrten langfristigen Strebens nach maximalen Gewinnen. Monopolistische Unternehmer verzichten mithin auf den vollen Gebrauch ihrer durch Marktmacht begünstigten Preisstellung 129 . Es kann zu inflatorischen Preissteigerungen dann kommen, wenn die Unternehmer — aus mancherlei denkbaren Gründen — die Preise näher an das Cournotsche Optimum heransetzen. Nun kann aber das neoklassische Modell des Unternehmerverhaltens schwerlich als zureichendes Erklärungsinstrument des Preisbestimmungsprozesses betrachtet werden 1 3 0 . M a n braucht nicht einmal das Schwergewicht auf die Fragwürdigkeit der Maximierungszielsetzung zu legen, um zu sehen, daß oligopolistische und monopolistische Unternehmer weder so verfahren wollen noch verfahren können, wie das Modell es von ihnen verlangt 1 3 1 : 1. Die Annahme scheint empirisch wenig begründet zu sein, daß die fraglichen Unternehmer wirklich ihre Preise derart flexibel setzen wollen, indem sie sich den von den Funktionen ausgedrückten Marktbedingungen beugen, d. h. auf eine aktive Preispolitik verzichten: „There is no evidence that firms in imperfect markets set their prices by reference to the elasticity of their sales-function, or that short-period pricNicht ausgeschlossen ist bei dieser Sichtweise, daß die Unternehmer von den strategischen Nicht-Preis-Parametern Gebrauch machen, die ihnen zur Verfügung stehen, um auf eine Änderung der zugrunde liegenden Funktionen aktiv hinzuwirken. 1 ! 8 Zu diesem „underpricing" und der damit einhergehenden Erscheinung von „unliquidated monopoly gains" s. Galbraith [364]; Laßmann und Bohley verweisen auf das Verhaltensbeispiel amerikanischer Firmen während der amerikanischen Rezession 1956/58: Laßmann [477], S. 63 f.; Bohley [16], S. 61, S. 76 f.; Rose [584], S. 342. 129 Vgl. z. B. Scitovsky, T. [601]; bereits auch schon Schumpeter [655], S. 371. - In diesen Arbeiten zeichnet sich der Weg eines Räsonnements ab, auf dem die Gewinnmaximierung schließlich zur universellen „Leerformel" für die oberste unternehmerische Zielsetzung wird. Alle unternehmerischen Verhaltensweisen gelten danach schließlich, bei näherer Untersuchung, „ . . . as merely roundabout approaches to profit maximization". Kopiin schließt in sein affirmatives Urteil ausdrücklich „targetpricing", Umsatzmaximierung, Vollkosten-Preissetzung und dgl. ein; s. [449], S. 137. Dieses Verfahren, jedwedes unternehmerische Verhalten auf die umstrittene Zielsetzung hin „umzudeuten", ist freilich eines der ernsthaftesten Beispiele für eine artifizielle ökonomische Semantik, die eine erfahrungswissenschaftliche Theorie scheuen sollte. 130 Siehe dazu etwas ausführlicher die Abschnitte 3.1.2 und 4.2 dieser Arbeit. 131 Aus der selbstverständlich weit umfassenderen Kritik der neoklassischen Marginaltheorie greifen wir - zweckmäßigerweise - hier nur diese beiden Punkte heraus. Sie sind allerdings von grundsätzlichem Charakter.

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ing is the outcome of any deliberate attempt to maximize profits by reference to an independent revenue and a cost function." 1 3 2 2. Selbst wenn man zugestehen wollte, daß sich die Unternehmer wie im Modell gefordert verhalten wollen, so gibt es doch ernstliche Zweifel, ob sie es tatsächlich können. Rationalität der Entscheidung impliziert das Informationsproblem. Jede im neoklassischen Sinne rationale preispolitische Entscheidung beruht auf zuverlässigen Kenntnissen der Kosten- und Nachfragefunktionen. Wie man weiß, sind die Kenntnisse der Nachfragefunktion besonders schlecht; es bleibt daher stets ungewiß, wie die Verkäufe auf Preisänderungen reagieren werden. Ein weiteres Moment der Unsicherheit liegt darin, daß die Unternehmer, welche in oligopolistischen Industrien operieren, mit der wechselseitigen Abhängigkeit der eigenen Entscheidung und denen der Konkurrenten zu rechnen haben. Inmitten einer dynamischen Umwelt und deren unvorhersehbarer Entwicklung in die Zukunft ist es den Unternehmern also nicht möglich, die für die Marginalpreiskalkulation benötigten exakten Werte zu erlangen. „A model of the firm which assumes that the firm chooses an equilibrium solution under conditions of complete knowledge is an inadequate tool for the analysis of the behavior of firms."133 Die neuen Hypothesen über den Prozeß der Preisbestimmung sind ausgelöst worden durch die seit den 20er Jahren zunehmend beobachtete Tatsache oligopolistischer und monopolistischer Marktstrukturen. Letztere haben seither eine — noch gegenwärtig — wachsende Verbreitung gefunden. Nimmt man die Entwicklung zu Großbetrieben mit Massenfertigung von Gütern und Dienstleistungen hinzu sowie die wachsende Konzentration der Unternehmen und der Verfügungsgewalt, so wird unter diesen neuartigen institutionellen und technologischen Voraussetzungen ein von dem neoklassischen Konkurrenzmodell stark abweichendes Preisverhalten der Unternehmer vieler wichtiger Industrien plausibel. Demnach sind Preise das Ergebnis expliziter unternehmerischer Entscheidung und nicht bloßen reaktiven Anpassungsverhaltens an die Wechselwirkungen zwischen Angebots- und Nachfragekräften im Markt. J e größer der Unvollkommenheitsgrad des jeweiligen Marktes, um so wahrscheinlicher wird ein autonomes strategisches Verhalten hinsichtlich der Preise (und Mengen), um so stärker zeigt sich, daß die Unternehmer Preise „machen" (Vorstellung der „power over price", Means)13*. Bemerkenswert ist, daß diese Art von eigen132 133

194

Kaldor [426], S. 224 f.

Margolis [498], S. 199; siehe des weiteren Fellner [344], S. 249; Gordon [373], S. 2 8 0 f.; Boulding [273], S. 5: „A theory which assumes knowledge of what cannot be known is clearly defective as a guide to actual behavior." Eckstein/Fromm [329], S. 1163 f., Eiteman [38], S. 7 0 ; Alchian (J.P.E., Vol. 5 8 , 1 9 5 0 ) . Adelman schreibt die elegante Formulierung „prices do not rises, price are raised", Adelman [228], S. 2 0 ; s. auch Machlup [494], S. 127, 138. - Zur Geschichte und Vieldeutigkeit des von Means aufgebrachten Begriffs „administered pricing" siehe

66

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

mächtiger Preisfestsetzung („discretionary behavior") nicht nur für industrielle Großunternehmen charakteristisch sein soll 1 3 5 ,

sondern auch für Unterneh-

men kleinerer Größe 1 3 6 . In der T a t sehen sich aber besonders marktbeherrschende Unternehmen steil verlaufenden Preis-Absatz-Kurven gegenüber, so daß Preiserhöhungen zu keinen bemerkenswerten Absatzwirkungen führen. Im Ergebnis läßt sich sagen, daß die Menge aller produzierten Güter und Dienstleistungen zu Preisen umgesetzt wird, die von Seiten der Anbieter (selten Käufer) gesetzt werden 1 3 7 , und daß man darin einen unvermeidbaren und sogar unentbehrlichen Bestandteil, so Means,

Galbraith

u. a., des gegenwärtigen kapi-

talistischen Wirtschaftssystems erblicken muß. Das dem neoklassischen Verhaltensmodell entgegengestellte Konzept der Aufschlags-Preis-Bestimmung will dieses Vorgehen der Unternehmer erklären in seinen Voraussetzungen, Formen und Auswirkungen. Die Grundzüge des im einzelnen nicht einheitlichen Konzepts 1 3 8 sind: (1) Die Unternehmer legen die Preise fest durch Aufschläge zu einer zuvor ermittelten Kostenbasis. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß die Unternehmer hinsichtlich ihrer Kosten über immerhin ausreichende Informationen verfügen. (2) Derart bestimmte Preise werden unverändert beibehalten für eine gewisse Zeitdauer.

Namentlich

beherrschende

oder preisführende

Unternehmen

wünschen, stabile Preise zu setzen. Das Ausnutzen von Marktchancen durch kurzfristige flexible Preispolitik wird von ihnen als langfristig unprofitabel eingeschätzt 139 . (außer den Arbeiten von Means selber) Fackler [340], S. 46 f.; Backman [246], S. 203-215; vgl. auch AdamsILanzillotti [227] (mit erheblicher Bibliografie). i»5 Wenn auch das Schwergewicht gesamtwirtschaftlicher Auswirkungen bei diesen liegt. Das zeigt exemplarisch das Aufsehen, daß der Preispolitik der amerikanischen Stahlindustrie in der Diskussion der Nachkriegsinflation zugefallen ist (aufschlußreich war insbesondere der Konflikt der Kennedy-Administration mit der Stahlindustrie). Unter den zahlreichen Untersuchungen siehe etwa Eckstein/Fromm [36]; Means [120], Kapitel VI und VII, [120 al, S. 128 f.; Administered Prices [187]; Steel and Inflation [218] sowie G. ]. McManus, „Inside Story of Steel Wages and Prices", 1967. ls» Kaplan/Dirlam/Lanzillotti [79], S. 282 f.; Thorp/Quandt [168], S. 65 f. - Haynes schwächt demgegenüber diesen Befund ab mit der Feststellung, in kleinen Unternehmen sei „partial marginalism" (F. Machlup) in der Vorhand; er schließt, daß ein „great deal of pricing behavior is working in a marginalist direction", [397], S. 322. 137 Gegner dieser Auffassung ist Bailey. Er will die Existenz derartiger Preise beschränkt wissen auf die öffentlichen Dienste sowie öffentlich geleiteten Unternehmen: Bailey [248], S. 89; ders. [249], S. 459 ff.; ähnlich Seiden [607], S. 454 ff. und wiederholt Stigler, so z. B. [659], S. 4 ff. und neuerdings, mit ]. S. Kindahl, in: The Behavior of Industrial Prices, New York 1970, S. 9 und 63 f. 1 5 9 Zu Einzelheiten im verteilungsspezifischen Interesse wie Art der gewählten Kostenbasis, Art, Höhe und Bestimmtheit der Aufschläge, unternehmerische Zielsetzung usw. s. Punkt 4.2. 13a Kaplan/Dirlam/Lanzillotti [79], S. 130, 260. - Kurzfristige Preisrigidität ist begrifflich nicht eindeutig. Sylos-Labini bestimmt sie in dreifacher Hinsiebt. Ja.) to

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

67

(3) Derart bestimmte Preise werden bei Kostenverschiebungen prinzipiell eher, rascher und intensiver angepaßt als bei etwaigen Nachfrageverschiebungen140. (4) Gegenüber Nachfrageverschiebungen zeigen die preissetzenden Unternehmer ein unsymmetrisches Verhalten. Prinzipiell führt steigende Nachfrage noch eher zur Preisanpassung als fallende Nachfrage 141 . Bedeutsam ist aber, daß die Unternehmer gegenüber veränderlicher Nachfrage Nicht-Preis-Reaktionen bevorzugen: die wichtigsten sind veränderte Lagerhaltung, veränderter Umfang der Produktion und flexible Lieferfristen. Wichtig ist hier nur dies: die Unternehmer sind diesem Preisbestimmungskonzept zufolge in der Lage, Gewinn-Aufschläge und Angebotspreise — in Grenzen — nach eigenem Ermessen festzulegen. Es überrascht also nicht, wenn damit die Annahme begründet wird, daß die Unternehmer diese Chance für die Realisierung einkommenspolitischer Vorstellungen zu nutzen suchen. Die Möglichkeit zu verteilungsaktiver Preispolitik verbindet sich auf anschauliche und meßbare Weise mit den vorliegenden verteilungspolitischen Intentionen. Es ergibt sich daher als weiteres Merkmal dieses Preiskonzeptes: (5) Die Preissetzung durch Aufschläge zu den Kosten dient wesentlich („essentially") der Sicherstellung von Gewinnen 142 . Nur sehr kurzfristig werden Lohnsteigerungen aus Gewinnen finanziert. Ansonsten werden höhere Löhne, ausgenommen der Fall ungewöhnlich hoher Gewinne aus Produktivitätsfortschritten und Umsatzsteigerungen, rasch zu Preissteigerungen führen, die die Gewinne schützen sollen. Diese hohe Preisflexibilität in bezug auf die Lohnkosten wird von der Erwartung weiterer Inflation besonders gestützt. Gelingt es nicht, zu den erhöhten Preisen im bisherigen Umfang zu verkaufen, so werden Produktion und Nachfrage nach Arbeit reduziert. the degree of correspondence between price variations and demand variations, (b) to the degree of correspondence between price variations and cost variations, and (c) to the frequency of price variations" [156], Postskript zu Kapitel V, 1968, S. 114. 140 „ . . . the firm seeking to avoid frequent price changes and trying to conform to the markets general preference for stability will find variations in costs to be a more useful price policy guide than changes in demand, Bowen [21], S. 288. Selbst eine relative Wettbewerbsindustrie wie der amerikanische Kohlebergbau steigerte die Preise, unbekümmert um den Stand der Nachfrage, auf einen klaren Anlaß hin, wie er mit Lohnsteigerungen vorliegt. Das Maß der Preissteigerung ist das gleiche wie das der Lohnsteigerung, vgl. Yordoti [695], S. 287 ff. 141 Markham notiert das Beispiel der amerikanischen Stahlindustrie, die während der amerikanischen Rezession 1957/58 trotz einer auf weniger als 50°/o abgesunkenen Kapazitätsauslastung die Preise um weniger als 3°/o herabsetzte. Markham [500], S. 169. 142 Vgl. Thorp/Quandt [168], S. 64. Vgl. auch die Schlußfolgerung einer älteren Studie: Wegen der engen Beziehung zwischen Preisen und Gewinnen seien die Unternehmer erpicht darauf, „to exercise a substantial degree of control over the prices of their products. In addition they usually favour price stability as a means of business planning", N e l s o n / K e i m [125], S.XX, 60-62; vgl. auch Tucker [170a].

68

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

Die erwähnte Situation einer Koinzidenz von Inflation und Arbeitslosigkeit tritt ein143. Selbstverständlich können die Unternehmer keine beliebigen Ansprüche verwirklichen und Aufschläge und Preise nicht in völliger Willkür halten oder erhöhen. Wenn schon die Preise nicht von der Nachfrage determiniert werden, so begrenzt diese doch den Bereich, in welchem Preise gesetzt werden können. Die Vorgeschichte des Marktes und der Industrie, in denen ein Unternehmer operiert, das Verhalten aktueller und potentieller Mitbewerber und Kunden, die Chancen für Produktsubstitution und -differenzierung, die Chancen der Markterweiterung und der Anwendung des technischen Fortschrittes usw. sind einige der Faktoren, die den Unternehmer sowenig von der Marktkonstellation völlig absehen lassen, wie sie den Prozeß der Entscheidung für bestimmte Preise komplizieren. An eine unbegrenzt nur von der Kostenseite her determinierte Preisbildung ist folglich nicht zu denken, weder was die Festsetzung der Preise noch was ihre Veränderung im Zeitablauf betrifft 144 . Mit dem Konzept der Aufschlags-Preissetzung werden Gewinnstöße aus verteilungspolitischer Absicht erklärbar. Ob sie darüber hinaus tatsächlich erleichtert werden von der Anwendung des Aufschlagsverfahrens, ist nicht ganz klar. Die Behauptung zielt dahin, daß sich die Unternehmer gegenüber Lohnforderungen weniger ablehnend verhalten werden. Zugestandene Lohnsteigerungen können zur Rechtfertigung von Preissteigerungen dienen, ohne daß das Ausmaß der Preissteigerung genau dem Ausmaß der Lohnsteigerung zu entsprechen brauchte. Ohnehin treffen Lohnkostensteigerungen die (inländischen) Wettbewerber gleichfalls, so daß die Furcht vor Preissteigerungen im Alleingang schwindet, da parallele Preisaktionen der anderen wahrscheinlich sind. Hinzu kommt noch ein psychologischer Vorteil: Gewährte Lohnsteigerungen bezeugen dem sozialen Gegenspieler den guten Willen und die Leistungsfähigkeit der betroffenen Unternehmungen. Die nachfolgenden Preissteigerungen „verlieren" sich in der Bewegung des Gesamt-Preissystems, so daß die resultierende Zurücknahme des anfänglich zugestandenen Einkommensvorteils unzurechenbar bleibt. Wie dem im einzelnen auch sei, festgestellt werden muß, daß die AufschlagsPreissetzung von den Unternehmern nicht zu beharrlichen und ungerechtfertigt hohen Preissteigerungen benutzt werden kann 145 . Richtig dürfte zudem wohl 143

Vgl. S. 47. "4 Vgl. den abgewogenen Standpunkt Ackleys: „My thesis is that the best simple and general description is to say that they (Preise) rise when costs rise usually not before; that the price rise tends to be about equal to the rise in costs at 'moderate' levels of demand, somewhat greater (but not 'much greater') when demand is at a higher level, somewhat (but not much) less when demand is lower, Ackley [225], S. 630, Fußn. 9; ders. [226], S. 425. - Die Liste der Autoren, die modifizierte Konzepte der Aufschlags-Preisbildung vertreten, in welchen die Nachfrage also „fühlbar" werden kann, ist eindrucksvoll; s. Schnitze [163], S. 55, Fußn. 22; des weiteren Wilson [182], S. 91; James [420], S. 14 ff. 145 Die These Means', Ackleys, Lerners und anderer, daß preisadministrierendes Verhalten inflationäre Auswirkungen zeige, stand im Mittelpunkt der zweiten Debatte

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

69

sein, d a ß die Tatsache administrierender Preissetzung f ü r sich allein g e n o m m e n noch nicht auf die M o t i v e u n d Ergebnisse des Preisverhaltens der Unternehmer schließen läßt 1 4 6 . Es k a n n aber andererseits auch nicht ausgeschlossen werden, d a ß die Unternehmer ein Interesse a m Fortgang der inflationären Preissteigerung haben, d a er gestattet, bisher gültige Gewinnaufschläge wenigstens zu b e h a u p ten. Rothschild verweist auf einen weiteren institutionellen U m s t a n d : . . . „ M i t der wachsenden Bedeutung großer, spezialisierter Investitionen w i r d der Produktionsradius vieler Unternehmungen längerfristig auf wenige W a ren konzentriert. D a m i t erhält der Preis bestimmter P r o d u k t e direkten u n d entscheidenden Einfluß auf das E i n k o m m e n der Entscheidungsträger. Wie bei den Löhnen wird der Preis in solchen Fällen zu einem wichtigen strategischen Instrument, dessen Bewegungen m a n alles eher als mit Gleichmut betrachtet." 1 4 7 Es ist hier nicht unsere Aufgabe, die G r ü n d e u n d Bedingungen, u n t e r denen Preissteigerungen eintreten werden, analytisch schärfer zu fassen. Es k o m m t uns allein auf die Feststellung an, d a ß die Unternehmer aktive Preispolitik betreiben k ö n n e n , weil d a m i t das unternehmerische verteilungsmäßige Anspruchsverhalten erklärbar wird. Indem Aufschläge u n d Preise — u n d selbst Kosten — b e w u ß t festgelegt werden, erstreben die U n t e r n e h m e r die Realisierung der v o n ihnen gewünschten Einkommensposition. Dieser U m s t a n d , d a ß die Unternehm e r ihre E i n k o m m e n u n d d a m i t die Verteilung planen, wird uns im 4. Kapitel noch eingehender beschäftigen. M i t dem unter inflationstheoretischem Blickpunkt sichtbar gewordenen Gewinnanspruchsverhalten w i r d schließlich auf eine v o m neoklassischen Marginalkonzept verschiedene Auffassung von der N a t u r der G e w i n n e hingedeutet. G e w i n n ist nicht weiterhin zu verstehen als Residuum, als der „verbleibende Rest", w e n n alle Faktorleistungen entgolten w o r d e n sind 1 4 8 , sondern als eine „im Prozeß der wirtschaftlichen Entwicklung selbständig bestimmte Größe" 1 4 9 . Sowenig wie aus d e m Residuumgedanken wollen wir G e w i n n aus d e m v e r w a n d vor dem amerikanischen Senat 1957/59 über die Bedeutung der Preisadministrierung. Interessanterweise war Kern der ersten Debatte 1935 ff. der Aspekt der Preisrigidität als Folge des fraglichen Preisverhaltens gewesen. Means prägte für derart selten veränderte Preise den Ausdruck „administered prices": Er sollte eine möglichst neutrale, unemotionale Beschreibung dieses Gegentyps zu den flexiblen Preisen der klassischen Preistheorie geben. Anknüpfend an die beobachtete Preisstarrheit entwickelten HalllHitch (1938), Sweezy (1939) und Stigler ihre Konzepte der geknickten Preis-Absatz-Funktion. 148 Backman [245], S. 18. 147 Rothschild [592 a], S. 62. 148 Sog. „reiner Gewinn", nach Abzug aller kontraktbedingten Kosten der Produktion (einschließlich der Kosten des Managements, Risikoprämien, Abschreibungen in einer Höhe, die die Investierungen aur dem gegebenen Niveau hält, Zahlungen an die Anteilseigener). 149 Preiser in Kennzeichnung des „gegenwärtigen Standes der Distributionstheorie", s. [561], S. 305.

70

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

ten Gedanken begründet sehen, nach welchem Gewinn die Belohnung für die Übernahme von Risiko oder das Ausüben von Kontrolle oder eine Kombination von beiden ist: Gewinne wären danach — abgesehen von dem Fall vollkommener Anpassung an die Daten bei vollkommenem Wettbewerb, wo keine Gewinne auftreten — ex ante unmeßbare, unvorhersehbare Überschüsse über die Kosten für vom Glück und den Umständen begünstigte Unternehmer, egal ob nun infolge günstiger Marktlagen, zeitweiliger Vorsprünge in der Produktionstechnik oder was immer 150 . Es kommt uns hier nicht darauf an, darzulegen, daß die Existenz von Gewinnen zwar auf die mangelnde Anpassung an die Daten des ökonomischen Prozesses (Höhe und Struktur der Nachfrage, technisches Wissen, Umfang, Verteilung und Kontrolle der Faktorvorräte, mangelnde Übereinstimmung von Investieren und Sparen usw.) zurückgeführt werden könnte, die Realität aber den vielfältigen Anpassungsvorgang nie zum Ende kommen lasse, so daß stets Gewinne auftreten müssen. Vielmehr wollen wir das Gewicht darauf legen, daß die neuere Theorie sich eindeutig geneigt zeigt, Gewinne als dauerhafte Einkommenskategorie jener sozioökonomischen Klasse aufzufassen, welche die Funktionen von Kapitaleigner und Unternehmer (Manager) vereint 151 . Die Konstruktion eines drei- oder zweigliedrigen Einkommens der Unternehmer-Kapitalisten in der Lehrbuch-Tradition von ]. B. Say und der englischen Klassik, A. Marsball usw. wird damit ebenso aufgegeben wie die Konzeption der Gewinne als „windfall gains". Statt dessen wird die Einheitlichkeit und Dauerhaftigkeit der Gewinne als Einkommen aus Besitz- und Unternehmertätigkeit betont 152 , diese Einkommen müssen nicht anders als die Lohneinkommen nach Höhe und Entwicklung verteilungspolitischen Zielsetzungen der Empfänger genügen. Stellt man auf die verschiedenen Funktionen von Unternehmern und Kapitalbesitzern im Produktionsprozeß ab, so ist eine funktionale Aufteilung der Gewinne unvermeidlich. Folgt man freilich einer der Tendenzen der modernen Unternehmenstheorie, so können Gewinne als Einkommen der Unternehmung aufgefaßt werden. Ihre „innere" Verteilung ist dann Gegenstand der Auseinandersetzung der institutionellen Gruppen innerhalb der Unternehmung, vor allem der Unternehmensleiter und Eigner 153 . Ob in Verbindung dazu das monopolistische Element in allen Gewinnen hervorgehoben wird 154 150

151 152

Z u der,,unvermeidlichen Verknüpfung von Gewinn und Unsicherheit" siehe [87]; Weston [686]; ders. [687]. Vgl. die kritische Darstellung bei Lamberton S. 47 ff.

Blaug [14], S. 470; Preiset [559], S. 158; Marchai

Knight [102],

[496], S. 560 ff.; Davis [312],

S. 248 ff. Der Zins ist dann keine selbständige Einkommenskategorie, sowenig wie die Zinsempfänger eine selbständige Klasse bilden. Vgl. aber auch die Beiträge von Davis

[312] und Weston [687].

153

154

Die Kämpfe auf den Hauptversammlungen der Gesellschaften um die Ausschüttungsquote sind dafür ein oft bemerktes, wenn auch in seiner Bedeutung nicht zu überschätzendes Anzeichen.

Vgl. Kaldor [426], S. 223 f.; Preiser [559], S. 161.

71

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

oder man darauf abstellt, daß Gewinne zu ihrem erheblichen Teil das Ergebnis unternehmerischer Organisation und Planung sind, ist hier nicht näher prüfbar. Selbstverständlich gibt es keine Garantie für sichere Gewinn-Einkommen, es ist sogar wahrscheinlich, daß das erwartete oder angestrebte Niveau der Gewinne nicht genau realisiert wird. Entscheidend ist aber, daß das Motiv, sichere Gewinne zu erzielen, bei den Unternehmern in starkem Maße anzutreffen ist 155 ; Abweichungen vom erstrebten Niveau der Gewinne brauchen im Prinzip nicht anders gesehen zu werden als der Umstand, daß die Gewerkschaften eine über bestimmte, kollektiv vereinbarte Lohnsätze angestrebte Lohneinkommenssumme tatsächlich nicht erreichen. Es widerspräche auch aller Logik der Analyse und Erfahrung der Wirklichkeit, wenn die Theorie die Unternehmer einer Wirtschaftsordnung, die ihnen die Entscheidungen über Produktionsziele, Produktionsumfang, Investierungen und selbst Kosten und Preise weitgehend überläßt, hinsichtlich ihrer Einkommen auf den Sorgenstuhl banger Residuumempfänger setzte 158 . Hinzu kommt: Mit diesem Gewinnkonzept wird die Bedeutung der Verträge für die Einkommensentwicklung gewürdigt. Das Streben der Unternehmer nach sicheren Gewinnen äußert sich in ihrer deutlich erkennbaren Neigung, Einkaufswie Verkaufsbeziehungen vertraglich möglichst dauerhaft zu regeln (längerfristige Abnahme-, Liefer-, Miet-, Pachtverträge; in die Verträge eingearbeitete Verdienstspannen und Gewinnaufschläge usw.) 157 . Im Lichte dieser Beobachtung, die die Marktwirtschaft institutionell als Vertragswirtschaft erweist, wird die Unterscheidung von kontrakt- und residualbestimmten Einkommen in einer zusätzlichen Hinsicht überflüssig. Ohnehin erscheinen die realen Schwierigkeiten, die sogenannten leistungs- oder funktionsbedingten Einkommen der Unternehmer abzugrenzen gegenüber ihren Überschußeinkommen, unüberwindlich 158 .

155

Rothschild

stellte es nachdrücklich dem Streben nach maximalem Gewinn zur Seite,

s. [585], S. 361; vgl. Fellner [344], S. 249, und Thorp/Quandt

[168], S. 109 f.

i5« "vCir übergehen hier das sicherlich nicht unerhebliche Problem, daß die Gewinnpolitik der Unternehmer nicht einheitlich ist. Größe der jeweiligen Unternehmung oder Unternehmungsgruppe, Arbeits- oder Kapitalintensität der Produktion, innere Organisation und Rollenverteilung, Stellung am Markt, Art und Umfang der Investitionsprogramme usw. sind Einflußgrößen von Rang. 157 158

Dazu bes. Weintraub [174], S. 191 ff., [680]; auch Haller [59], S. 56 ff.

Zur Überflüssigkeit des Residualprinzips, zumal unter den institutionellen Bedin-

gungen der „pressure economy" (M. Bronfenbrenner), s. Stavenhagen [657], S. 810, und Laursen. In einer Besprechung der Aufsatzsammlung E. Schneiders [161] schreibt

Laursen zu der in dem Verteilungsbeitrag von Schneider verwendeten, aber nicht allgemein üblichen Identifizierung von kontrakt- bzw. residualbestimmten Einkommen mit dem Einkommen der N i c h t U n t e r n e h m e r - bzw. Unternehmer-Haushalte kritisch: „However it does seem unsatisfactory to identify the distinction between wage earners i n c o m e and entrepreneur i n c o m e with the distribution between contractual income and residual income. Perhaps the latter is even superfluous. The fact that wage rates are contracutally fixed by agreement between labour unions and employers' associations does not mean that the i n c o m e of wage earners is any less residual than the income of entrepreneurs. T h e income of a wage earner appears as a residual between rates multiplied by hours worked and costs (which may be

72

Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

In der Tat ist das Instrumentarium der modernen Preis- und Einkommenstheorie hinreichend ausgebildet, um die Klasseneinkommen auch ohne diese altertümliche Zweiteilung in den Griff zu bekommen. Die hier verwendete Gewinnauffassung stellt klar auf den Charakter der Gewinne als Anteil am Gesamteinkommen ab. Die damit verbundene Betonung der Seite des Einkommensempfanges hat allerdings zur Folge, daß die „Quellen" des Gewinns verdeckt werden, ein Nachteil gegenüber Gewinnkonzepten, die die Funktionsbedingtheit hervorheben (Gewinne als Entgelt für die Leistung der Kapitalbesitzer oder die reinen Unternehmerleistungen). Das muß hingenommen werden. Was unseren ursprünglichen inflationstheoretischen Blickpunkt angeht, ist nunmehr verständlich, daß Gewinnanspruchsverhalten angenommen werden darf. Mit Aufschlägen und Preisen planen die Unternehmer administrativ die Gewinne. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sie zu diesem Zwecke mit steigenden Preisen operieren, selbst dann, wenn die Kosten nicht gestiegen sind. Allerdings werden Kostensteigerungen in der Regel als „Alibi" für eine preispolitische Einkommensstrategie verwandt. Mit dem geschilderten Anspruchsverhalten ist allerdings nur auf die Macht der Unternehmer verwiesen, auf die Erzielung von Gewinnen mittels Preispolitik aktiv hinzuwirken. Die Höhe dieser Gewinne, die die Unternehmer anstreben bzw. zu schützen suchen, sowie das Problem, wovon diese Höhe determiniert ist, werden uns erst in den Kapiteln 4 und 5 beschäftigen. Der Zusammenhang der Einkommensansprüche mit dem Preisniveau läßt sich auf einfache Weise illustrieren. Schreibt man die Verteilungsidentität Y = L + G um, so erhält man p •

YR =

1

•N +

JI • K

wobei p Preisniveau, YR Realeinkommen, 1 Geldlohnsatz, N Beschäftigungsmenge, n Bruttogewinnrate (einschließlich Geldzinsen) auf das bewertete eingesetzte Kapital K bedeuten. Löst man nach p auf, bezeichnet die durchschnittYR

liehe Arbeitsproduktivität (-j^-) mit X und die durchschnittliche Kapitalintensität

mit ß, so erhält man p = -|

(1 + Jt-ß)

negligible). Furthermore wage rates are contractually fixed in the same sense as prices of goods are fixed by a contract between the entrepreneur and the consumers and they are dependent on market conditions in the same sense though possibly not to the same degree as prices of goods." [478], S. 541 f.

73

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

Kurzfristig hinreichende Konstanz der technologischen Koeffizienten X und ß angenommen 159 , ergibt sich, daß die Preisniveauentwicklung durch Anstiege von 1 bzw. n veranlaßt wird, und zwar

Ü£_ iL 81 ~

YR

8p ;

bn ~

K

YR

Steigen die Lohnsätze oder erhöht sich die Gewinnrate, so handelt es sich in der Logik des Einkommensanspruchs-Inflationskonzeptes grundsätzlich nicht um Anpassungs-Reaktionen dieser Variablen in bezug auf eine durch andere Faktoren ausgelöste inflationäre Preissteigerung, sondern um ursprüngliche Anstöße, ausgehend von verteilungspolitischen Zielsetzungen der betreffenden Einkommensempfängergruppe. Das schließt nicht aus, daß Preissteigerungen auch vorausgehen können, denen Löhne und Gewinne defensiv folgen; steigende Einkommensansprüche enthalten dann ein kompensatorisches Element. Es sollte keiner weiteren Begründung bedürfen, daß von einer Gleichung wie oben die inflationstheoretische Arbeit lediglich ihren Ausgang nehmen kann. Deren engere Probleme liegen im Auffinden von — auch ökonometrisch testbaren — Beziehungen über die Lohnentwicklung 160 , insbesondere des Verhältnisses zwischen Tariflöhnen und Effektivverdiensten („wage drift"), in der Bestimmung der Gewinnraten, in der Aufklärung der Verhältnismäßigkeiten von Lohn- zu Produktivitätsentwicklung, Arbeitslosigkeits- zu Lohnentwicklung, in einer Aufspaltung zu großer Aggregate auf der Nachfrage- und Angebotsseite von Märkten für Güter und Faktoren usw. Nur eine umsichtige Analyse der Bedingungen, Formen und Wirkungen, mit denen die Einkommensansprüche der Gruppen jeweils steigen und sich gegebenenfalls wie geplant realisieren, erbringt ein brauchbares Bild dieses genuin gesamtwirtschaftlichen Totalvorganges „Inflation". Keine Frage, daß die Wirtschaftspolitik dieses Bild dringend benötigt. 2.2.2 Eine positive Interpretation der schleichenden Inflation Die verteilungspolitischen Ansprüche der Gruppen auf hohes und steigendes Einkommen sind gemeint in dem absoluten Sinne von „mehr Geld" 161 . Haben die Gruppen mit Anhalten der inflatorischen Preissteigerungen die Einstellung gewonnen, daß Einkommens- und damit Verteilungsverbesserungen nur über ls

* Es ist kaum kontrovers, daß kurzfristig mit einer Produktion mit fixen Produktionskoeffizienten gerechnet werden muß. Mit Abschluß einer realen Investierung ist der Produktionsprozeß auf eine bestimmte Technologie festgesetzt. Allerdings können solche definitiven Anlagen unter Schwankungen des Prozeßniveaus genutzt werden; eine Änderung des Prozesses selbst ist während der „Lebensdauer" der Anlagen besonders bei kapitalintensiver Produktion schwerlich möglich. Krelle [455], S. 68 f.; Lübbert [112], S. 21 ff. 1.0 Vgl. z. B. die auf die englische Nachkriegsinflation bezogenen Modelle von Dow und Dicks-Mireaux; Dow [318]; Dicks-Mireaux [315]; beide [315 a]. 1.1 Bronfenbrenner [282], S. 187.

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

erhöhte Geldeinkommen erreichbar sind, so fördert das eine sozial-psychologische Zwangssituation, die in einem fortgesetzten Einkommenswettlauf ihr Ventil sucht. Sie verschärft sich noch, wenn die Gruppen die durch die begleitende Inflation hervorgerufenen realen Kaufkraftverluste ihrer bisherigen Einkommen erkennen und zusätzlich auszugleichen suchen. Je nachdem, wie stark die wechselseitige Kostendetermination der Löhne (durch die „Kosten" für die Lebenshaltung) und der Preise (durch die Lohnkosten) ist, je nachdem wird der inflationäre Prozeß schneller oder langsamer, nachhaltiger oder schwächer voranschreiten — „It is the interaction of prices, profits and wages which maintains the inflationary process, and it is the existence of monopoly elements in both factor and product markets which leads to this result." 162 — sofern eine hinreichend w/isteigende (nicht i/onzwsteigende) monetäre Nachfrage die Lohn- und Preissteigerungen alimentiert 163 . Der fortgesetzte Einkommenswettlauf verleiht dem System eine „inflationäre Schlagseite": „The argument in an unrefined form states that escalation creates a sort of endless chain, putting an inflationary bias into the economy by providing for continued automatic wage and price increases once an upward climb has startet." 1 6 4 Diese „Quasi-Automatik" wechselweise ablösender Lohn- und Preisanpassungen ist weder völlig willkürlich noch völlig reibungslos zu denken. Zwar setzen die aktiven Empfängergruppen die Rolltreppe in Bewegung, auf der sie sich laufend zu überholen suchen, doch über die Geschwindigkeit derselben haben sie keine unbeschränkte Macht. Allein der Einfluß institutioneller Gegebenheiten ist dafür zu stark. Haben etwa die Gewerkschaften je die Machtstellung, um das gesamte Arbeitsangebot und die den Unternehmern angebotenen Lohnsätze effektiv zu kontrollieren? Ist die Preisentwicklung nicht ein zwar wichtiger, aber keineswegs einziger Maßstab der Lohnveränderung? Herrscht etwa stets Einmütigkeit bei den Empfängergruppen über Höhe und Zeitpunkt („timing") von Einkommensforderungen? Arbeitnehmer und Unternehmer-Kapitalisten werden in den Lohnverhandlungen durch ihre Verbände vertreten; in diesen Verbänden aber vollziehen sich 182 16S

Eckstein [325], S. 283. Steigende Einkommensansprüche werden von einem elastischen Bankenapparat in der Regel finanziert; ob sie sich jedoch via die von ihnen ausgehenden Ausgabeneffekte ihre bestätigende („validating", „underwriting") Nachfrage selbst schaffen können, ist fraglich. Auf diese Weise ließe sich ein sich selbst unterhaltender Prozeß steigender Einkommensansprüche denken, der zugleich ein Prozeß anhaltender, sich selbst nährender Inflation wäre. Die Beschäftigung geriete nicht unter Druck, da die Einkommensansprüche sich in der antizipierten Höhe realisierten. Selbst nachdrückliche Verfechter der „markup inflation" sind skeptisch angesichts der Vielzahl zusätzlich erforderlicher Bedingungen.

Einkommensanspruchsverhalten und Inflation

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komplizierte Prozesse der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung, welche bestimmten rechtlichen und gewohnheitsmäßigen Verhaltensmustern folgen, die nicht geradlinig zu Ergebnissen führen. Oligopolistische und monopolistische Unternehmen haben Spielräume für Preissetzungen, die sie nach eigenem Ermessen ausfüllen können. Bestehende vertragliche Preis- oder Lohnvereinbarungen sind nur nach Ablauf der Zeit, für die sie abgeschlossen worden sind, ersetzbar usw. Alle diese institutionellen Umstände tragen dazu bei, daß die Lohnund Preisbewegungen — in Grenzen — eigene Wege gehen können. Die Voraussetzung, Güterpreise seien beweglicher und gegenüber dem allgemeinen Preisanstieg empfindlicher als die Preise für Arbeitsleistungen, hatten wir bereits in Ablehnung der Lohn-Lag-Hypothese kritisiert. Die Gegenthese ist aber nicht die, daß Preise und Lohnsätze statt dessen als im gleichen M a ß voll beweglich zu gelten haben, sondern, daß sie als gleichermaßen beschränkt beweglich angesehen werden müssen 1 6 5 . Das asymmetrische Verhalten der meisten Löhne und Preise ist oft bemerkt worden. Preise steigen gewöhnlich in guten Zeiten, während sie während rückläufiger Konjunktur nicht fallen. Andererseits steigen die Preise in den leistungsfähigen produktivitätsstarken Industrien, ohne in den weniger begünstigten Industrien zu fallen. Die generelle Feststellung ist zulässig: Begründet durch die faktische Möglichkeit anbieterdeterminierter Preis- und Lohnfestsetzung 16 ® werden Preise wie Löhne gehalten oder erhöht, selten aber gesenkt, Löhne gewöhnlich noch weniger als Preise. Geldlohnsenkungen stoßen auf den entschiedenen Widerstand der Gewerkschaften, die aus mancherlei Gründen sich auf niedrigere Geldlöhne nicht einlassen können 1 6 7 . Von den Unternehmern werden Preise „durchgehalten" auch gegenüber einer fallenden Nachfrage. D a bei kann maßgeblich sein: Die Unternehmer erwarten, daß keine demokratische Regierung ein schroffes oder anhaltendes Fallen der Gesamtnachfrage wegen der negativen Beschäftigungseffekte zulassen wird. Sie wissen, daß Lohnsenkungen nicht, wie früher in Rezessionsperioden, möglich sind. Sie stellen in Rechnung, daß wachsende Investitionen für Rationalisierung, Forschung usw. 1 8 8 sich nicht mit fallenden Preisen finanzieren lassen. Während der dominierende Einfluß des Anspruchsverhaltens der Gruppen auf die Entwicklung des Preisniveaus eindeutig ist, ergibt sich in bezug auf die Ein1M 1,5

166

187

169

Tborp/Quandt [168], S. 58, s. auch S. 66, 71, 193; Hicks [403], S. 394. Eine Ausnahme bilden die Preise für Rohstoffe und Grundnahrungsmittel, die tatsächlich stark marktabhängig, d. h. flexibel sind. Giersch spricht von der „Vorderlastigkeit" des herrschenden Wirtschaftssystems: Sie bestehe (neben zwei weiteren Faktoren) primär darin, daß die Gesamtheit der Anbieter, gleich ob am Arbeitsmarkt oder an den Gütermärkten, besser organisiert sei als die Gesamtheit der Nachfrager; Giersch [49]. Slichter [616]; Hicks [403], S. 391 schreibt: „It is hardly an exaggeration to say that instead of being on a Gold Standard we are on a Labour Standard." S. auch Richardsort [580]. Zur Bedeutung des wachsenden Anteils der fixen Kosten an den Gesamtkosten für den Inflationsprozeß s. Ch. L. Schultze [163], Kapitel 4.

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kommensverteilung, auf die hin es ja motiviert ist, ein paradoxes Ergebnis. Werden nämlich Preissteigerungen von einer restriktiven Geld- und/oder Einkommenspolitik des Staates nicht behindert, so sind Geldlohnforderungen für die Gewerkschaften in Zeiten hoher Beschäftigung und steigender Produktivität zwar ziemlich leicht in Einkommensansprüche umsetzbar, eine nachhaltig positive Verschiebung der Einkommensverteilung zugunsten der Arbeitnehmer tritt aber nicht ein. Gibt es hinwiederum eine straffe Politik der Preisniveaustabilisierung, so werden Geldlohnsteigerungen verteilungsmäßig effektiv, freilich zu Lasten einer zunehmenden Zahl von Arbeitslosen. In diesem Fall ist es wahrscheinlich, daß die Unternehmer auf die Lohnkostensteigerungen, denen sie nicht mit steigenden Verkaufspreisen begegnen können, durch Senkung von Produktion und Beschäftigung reagieren. Sehen sich die Unternehmer nicht gehindert, zum Schutz ihrer Gewinnspannen die Preise zu erhöhen, so ist eine Kürzung des Gewinnanteils durch steigende Geldlöhne nicht erreichbar. Es entspricht der seit den 50er Jahren überwiegenden Ansicht 19 ', daß durch die wechselweisen Steigerungen der Lohn- und Gewinneinkommensansprüche die Verteilung der Realeinkommen zwischen den ökonomischen Kerngruppen nicht verändert wird. „In a large and prolonged inflation, the rise in prices and wages and the accompanying expansion of the money supply, are part of a race to stay in the same place." 170 Die Möglichkeit einer nützlichen Komplizenschaft der ansonsten antagonistisch wirkenden aktiven Empfängergruppen 1 ' 0 ® ist mit diesem Befund verträglich. Das Durchsetzen höherer Geldlohn- und Gewinneinkommensansprüche mit der Folge steigender Preise mag die relativen Realeinkommenspositionen zwischen Arbeitnehmern und Unternehmer-Kapitalisten im wesentlichen unverändert lassen: die Verteilungsposition beider zusammen kann günstiger werden, zu Lasten der passiven Empfängergruppen, deren Realeinkommen aufgrund der inflationären Preissteigerung fallen, es sei denn, der Staat greift rechtzeitig und ausreichend nachhaltig ein. Über nachteilige Auswirkungen der Inflation ist sehr viel — wenn auch meist sehr allgemein — geschrieben worden 171 . Das gesicherte Wissen ist demgegenAbweichend in diesem Punkt und leichte Verschiebungen der Einkommensverteilung zugunsten der Arbeitnehmer, besonders in Industrien mit schlagkräftigen Gewerkschaftsorganisationen bemerkend, z. B. Levinson [108], s. Tabelle 25, S. 106; s. auch S. 109, [483], S. 308 ff.; Brown/Hart [288]; Kerr [438], Tabelle 2, S. 285; Ozanne [533], S. 177 ff. sowie der kritische Kommentar von Gallaway [367] und O.s Antwort [534]; Külp [17], S. 338 f. 170 Bernstein [256], S. 330; des weiteren Bronfenbrenner [278] S. 296 ff. und Fellner [345], S. 492. McKenna verwendet in diesem Zusammenhang den Ausdruck „Bail-Out-Inflation": Gewerkschaften und Unternehmer wüßten, daß höhere Lohnsätze und Gewinnaufschläge an sich unprofitabel seien; doch sie vertrauen darauf, daß die Regierungen Arbeitslosigkeit nicht zulassen werden; die nachfragestützenden Maßnahmen der Regierung bürgen dafür, daß die gesteigerten Einkommensansprüche tatsächlich profitabel werden.

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über weniger groß und seiner spekulativen Einfärbungen wegen nicht unbedingt zuverlässig. Das konnten wir exemplarisch sehen bei der Frage nach den Inflationswirkungen auf die faktische Verteilung des Nationaleinkommens auf Löhne und Preise. Die verbreitete Inflationsverdrossenheit hat ihr fertiges Urteil gesprochen. Die Richter sind vielmals gebannt von dem Schreckensbild der ökonomischen und sozialen Schadensfolgen galoppierender oder Hyper-Inflationen und übertragen die ihnen dabei zuteil werdenden Ängste und Einsichten, mit nur kleinlauten Einschränkungen, in ihre Wertung milder, kriechender Inflationen. Nicht selten stellt sich der Hinweis ein, daß den gemäßigten Inflationen eine unaufhaltsame Tendenz zur Selbstbeschleunigung innewohne. Für die Gefahr, daß in der schleichenden Inflation eine Art von „monetärer Patent-Maschine" gesehen wird, die es erlaubt, gewisse ökonomische Konflikte auf relativ geräuschlose Weise zu regeln, hat die Federal Reserve B a n k of Philadelphia eine einprägsame Formel gefunden. Ihre Warnung vor dem „verführerischen C h a r m e " der schleichenden Inflation lautet: „First it is tolerated, then it is accepted, and finally it is rationalized". Eine abgewogene Beurteilung der positiven und negativen Effekte der Inflation versuchen wir nicht. Statt dessen wollen wir im Zusammenhang unseres Themas nur einen Aspekt etwas genauer würdigen, der obigen Formel nach im letzten, bedenklichsten Stadium des Fehlverhaltens gegenüber Inflation, der R a tionalisierung. Eine „günstige" Beurteilung der Inflation ergibt sich daraus, daß strikte Preisstabilität und eine entsprechende Politik der Preisstabilisierung wenig wünschbare Alternativen zu einem gemäßigten Ansteigen des Preisniveaus voraussetzten bzw. eintreten ließen 1 7 2 . Abgesehen von dieser „Theorie des geringeren Übels" ergibt sich zumal aus dem Verteilungsproblem ein Anhalt zu einer positiven Beurteilung. Der Einkommenskampf der Gruppen, erkennbar als genereller Antrieb der spiralenförmig steigenden Löhne und Gewinne, hat seine letzte Ursache in dem permanenten Konflikt zwischen den gesellschaftlichen Gruppen über die Verteilung des realen Sozialprodukts. Dabei hegen die Gruppen mehr oder weniger genaue Vorstellungen über eine Verteilung, die sie „gerecht", „angemessen", „fair" oder „vernünftig" nennen. In der Regel orientieren sich diese Vorstellungen an den relativen Einkommen der Bezugsgruppen 1 7 3 . Derartige Verteilungs171

171

175

Zum Katalog der negativen Inflationswirkungen siehe Slichter [618], S. 167 ff., [617], S. 15 ff.; Bach [242], S. 101 ff., [241], S. 34 ff.; Jacoby [419], S. 643 ff.; Conard [306], S. 2; Zebot [698], S. 393 ff. Slichter nennt als solche: hohe und zunehmende Arbeitslosigkeit, öffentliche Kontrolle der Gewerkschaften, die aber ein Eckstein der demokratischen Ordnung seien, abnehmende Rate der technischen Neuerungen infolge beschränkter Kreditmöglichkeiten usw. Slichter [614]; ders. [617]. Inwieweit dabei gesamtwirtschaftliche Quoten oder bestimmte Einkommensdifferenzierungen (etwa Lohnstruktur) eine erhebliche Bedeutung haben, bleibt hier unerörtert.

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Vorstellungen können als Forderungen nach „angemessener", „gerechter" usw. Beteiligung am Produktionsfortschritt, wirtschaftlichen Wachstum usw. deklariert werden. Doch das Problem der „gerechten" Verteilung ist theoretisch nicht lösbar; das ist sicher noch eines der verläßlichsten Ergebnisse der wohlfahrtstheoretischen Anstrengungen so brillanter Köpfe wie Bergson, A. P. Lerner, Scitovsky, Baumol, Boulding, Little und Hayek (wir nennen nur einige Teilnehmer der jüngeren Debatte). Während ökonomische (und gesellschaftspolitische) Ziele wie Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung, Zahlungsbilanzgleichgewicht, Wachstum oder dergl. bei allen Begriffsproblemen „mehr oder weniger eindeutig quantifizierbar" (G. Bombach) sind, gibt es für die gerechte Einkommensverteilung keine „einfache Maßzahl". Vor allem wohl infolge des Fehlens einer wissenschaftlichen Ethik ist von niemand und durch nichts allgemein verbindlich feststellbar, welche Verteilung des Nationaleinkommens als „gerecht", „angemessen", „fair" usw. gelten kann. Zum wenigsten haben bestehende, faktische Verteilungsverhältnisse generelle normative Bedeutung174 (ganz abgesehen davon, daß sich die „normative Kraft des Faktischen" seit je im Lichte der Rechtstheorie wie wissenschaftlichen Methodenlehre als ein Institut von reichlich zweifelhaftem Wert erwiesen hat). Sowenig es eine natürliche Ordnung des sozialen und Wirtschaftslebens gibt, sowenig gibt es eine natürliche Regelung der Verteilung der Einkommen (wie Vermögen), eine Art distributiver Entelechie, der es nahezukommen gelte. Die Aufgabe, eine Einkommensverteilung zu gewährleisten, die die beteiligten Gruppen immerhin soweit zufriedenstellt, daß sie nicht die Zerstörung des ökonomisch-gesellschaftlichen Systems herbeiführen, besteht dennoch. Soll der Konflikt abweichender Verteilungsvorstellungen bei den Gruppen im Rahmen der bestehenden Ordnung ausgetragen werden, so sind mehr oder weniger institutionalisierte soziale Mechanismen des Ausgleichs erforderlich. Hier zeigt sich die Möglichkeit, der schleichenden Inflation einen positiven Grundakzent zu verleihen, der nur Verfechtern einer Preisstabilität um jeden Preis zynisch vorkommen mag. Die Argumentation (bei Autoren wie M. Reder, M. Bronfenbrenner, S. Slichter u. a.) ist wie folgt: Verbesserungen der relativen Einkommensposition einer Gruppe können unter den obwaltenden Systembedingungen nur erreicht werden durch Erhöhungen ihrer Nominaleinkommen. Werden etwa Geldlohn- oder Güterpreiserhöhungen als Mittel eingesetzt, so wird erwartet, daß Beschäftigung, Produktion, Absatz oder dergleichen auch bei den höheren Löhnen oder Preisen nicht sinken. Direkte Umschichtungen zwischen den Einkommen bei unveränderter Gesamteinkommenssumme sind verteilungspolitisch nicht praktikabel. Sie sind auch theoretisch nicht denkbar, weil eine solche Umschichtung die Summe nicht unberührt lassen würde; einer der üblichen Hinweise bezieht sich auf die mutmaßlich unterschiedlichen 174

Gegen diesen Grundsatz wird in wirtschaftspolitischen Empfehlungen häufig verstoßen. Ein Beispiel dafür ist die Parallelitätsthese zu einer geldwertneutralen Produktivitäts- und Geldlohnentwicklung.

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Sparneigungen der belasteten und begünstigten Gruppen. Eine Gruppe „gewinnt", indem ihre Geldeinkommenssumme sich erhöht über das bisherige Niveau, ohne daß die nominalen Einkommens-Niveaus anderer Gruppen gesenkt werden. Wenn es richtig ist, daß die realeinkommensbewußte Verteilungspolitik der Gruppen ständige Steigerungen der Geldeinkommen hervorbringt, die zu Preissteigerungen führen, dann kann die „schleichende Inflation" als ein Mittel interpretiert werden, welches den unterliegenden verteilungsethischen Dissens mildert, abschwächt und tendenziell auf „sozialen Frieden" hinwirkt: Steigende Preise erlauben, daß real in Summe unerfüllbare Einkommensansprüche scheinbar erfüllt werden über wachsende Geldeinkommen und Preise. Wie Bronfenbrenner schreibt: „Among the motivations of secular inflation, we have mentioned ( . . . ) its appeal as a social lubricant, as a mollifier of conflict between economic classes regarding the distribution of the national income. This function appears to be underemphasized in modern monetary economics, with its tendency toward over-aggregation. Carrying this thought a step further, may we not view secular inflation as the dominant manifestation or outcome, in the middle of the twentieth century, of the unsolved conflict or 'contradiction' as to the distribution of income in capitalist society?" 175 Wenn also die Inflation den Konflikt auch nicht auflöst oder ausgleicht, so kann sie ihn doch abschwächen (Reders Vorstellung vom „Sicherheitsventil" 1 7 6 ). Unter Hinweis auf die merkliche Steigerung der Einkommen und des wirtschaftlichen Wohlstandes in den kapitalistischen Systemen wird gelegentlich geschlossen, daß Einkommenskämpfe allmählich verschwinden und die Verteilung der Einkommen zu einem der wirtschaftstheoretisch weniger bedeutenden Problem absinke 177 . Das ist jedoch nicht einzusehen. Vielmehr ist festzustellen, daß „auch in der Wohlstandsgesellschaft... der Kampf um die Einkommensverteilung weiter(geht)" 178 . Der Verteilungskonflikt ist ein fortdauernder Konflikt, dessen ethische, politische und gesellschaftliche Dimensionen über das Nur-Ökonomische hinausgehen; Inflation wird als Vorgang erkennbar, der diese Untergründe aufdeckt 179 . Eine sozialpsychologische Interpretation der Einkommensinflation 180 , die der Inflation den Rang eines auf soziale Stabi175

178 177 178 17t

180

Bronfenbrenner

[279], S. 42 f., vgl. auch S. 35. Mit einiger Vorsicht gleicher Mei-

nung ist Bach [6], S. 64 ff. Reder [565], S. 47 ff. Helmstädter [400], S. 389. Preiser [143], S. 28.

„For inflation is a disease of society, a moral breakdown and not merely a technical miscalculation, still less an acceptable means to some of the more respectable of a politician's ends. Inflation is political, sociological, moral; it is a matter for the conscience of a people entire." Shackle in einer Buchbesprechung [609 a], S. 613, der damit freilich einer „Rechtfertigung" der Inflation nicht zustimmen kann.

Bronfenbrenner!Holzman

[285], S. 625 f.; vgl. auch Arbeiten von Schtnölders.

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Gesellschaftlicher Verteilungskonflikt und schleichende Inflation

lisierung hinwirkenden Mechanismus zubilligt, bedarf allerdings zweier Einschränkungen: 1. Die zeitliche Dimension des Arguments darf nicht übersehen werden. In langer Frist ist eine pazifizierende "Wirkung von einer derart akzeptierten Inflation 181 schwerlich zu erwarten, wenn die inflatorische Entwicklung nicht von einer Steigerung der realen Produktion, des Rea/einkommens, begleitet wird 182 (falls sie diese nicht geradezu stimuliert, was aber weiterhin als kontrovers gelten muß). Immerhin fällt es schwer zu glauben, um ein Argument von Smithies zu wiederholen, daß eine stabile gesellschaftliche Ordnung auf einen anhaltend instabilen Geldwert begründbar sein soll. Sowenig uns die konfliktmildernde Funktion der Inflation beim augenblicklichen Stand der Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaftsordnungen bestreitbar erscheint, so unabweislich ist die Notwendigkeit, ökonomische und gesellschaftliche Institutionen einzusetzen, die andere Formen des Konflikt-Ausgleichs gestatten. 2. Wenn auch die Inflation den gesellschaftlichen Hauptkonflikt abzuschwächen fähig ist, birgt sie zugleich doch weiteren sozialen Konfliktstoff. Die Einkommenssteigerungen der hochbeschäftigten Inflationsvolkswirtschaften erreichen nicht alle Gruppen. Es ist jedoch eine politische und soziale Tatsache, daß ein stark sinkender Einkommensanteil dieser benachteiligten Gruppen gesellschaftspolitisch gesehen nicht hingenommen werden kann. Diesen Punkt abschließend, bleibt festzuhalten, daß die fortgesetzte Steigerung der Einkommensansprüche und der damit einhergehende Einkommenswettlauf nicht rein ökonomisch erklärbar sind 183 . Ebensowenig kann die resultierende inflationäre Preisentwicklung nur ökonomisch begriffen werden. Was die angeblichen Wirkungen einer wirtschaftlichen und sozialen Destabilisierung durch schleichende Inflation angeht, so werden diese in Ländern, die Erfahrungen mit einer galoppierenden Inflation haben, verständlicherweise überschätzt 184 . Demgegenüber ist einmal mehr zu unterstreichen, daß Arbeitslosigkeit, ganz abgesehen von ihren sozialpolitischen Verwicklungen, das ökonomisch bedeutsamere Übel ist. Das läßt sich z. B. an dem Zusammenhang zwischen Ausstoßlücke (Differenz zwischen aktuellem und potentiellem Ausstoß) und Unterbe181 182 188 184

Ausdruck „accepted Inflation" bei Bach [6], S. 80. In diesem Sinn spricht Pen zu Recht vom Wachstum als dem „großen Harmoniestifter" [546], S. 125. Ders. [547], S. 48 f. Siehe dazu auch die Studie von B. Wootton [183], bes. Kapitel VI und S. 174 f. Es scheint so, daß andere Faktoren erheblich destabilisierender wirken als die Realeinkommenseinbußen einiger Empfängergruppen infolge einer Inflation gemäßigten Ausmaßes. Solche Faktoren sind u. a.: die Verminderung der Einkommenschancen für ältere Arbeitnehmer und für bestimmte Berufe, die Verlagerung von Einkommenschancen innerhalb einzelner Industriezweige und zwischen ihnen, wie sie durch den technischen Fortschritt herbeigeführt wird, die Änderung der industriellen Struktur einzelner Wirtschaftsgebiete usw.

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schäftigungsrate zeigen. Die kurzfristige Elastizität der Beschäftigung in bezug auf den Ausstoß schätzte Okun (der dabei US-amerikanische GNP-Daten für den Zeitraum von 1947 bis 1960 benutzte) auf annähernd 0,33, d. h. eine einprozentige Änderung des Ausstoßes ist verbunden mit einer eindrittelprozentigen Änderung der Beschäftigung. Oder alternativ: es bedarf eines dreiprozentigen Anstiegs des Outputs, um die Beschäftigung um ein Prozent zu erhöhen („Okun's Law", nach Solow)lss. Diese Schätzung ist viel niedriger, als man a priori erwarten würde. Sie bedeutet, daß die sozialen Kosten von Unterbeschäftigung, gemessen an der Lücke zwischen potentiellem Output bei Vollbeschäftigung und tatsächlichem Output, dreimal so groß sind, wie von der Annahme einer Beschäftigungselastizität von eins impliziert ist. Das bedeutet: Die Unterbeschäftigungsrate für sich genommen untertreibt die ökonomischen (und sozialen) Kosten von respektive „Verluste" durch Arbeitslosigkeit. Die Analyse dieser Verlustlücke zwischen tatsächlichem und potentiellem Output „points out that measures of unemployment understate the economic cost and the economic problem of a slack economy. The unemployment rate misses the submerged part of the iceberg associated with depressed rates of participation of labor force, the shrinkage of the workweek through parttime jobs and the loss of overtime, and the sag in labor productivity."186 Auf das seit der Arbeit von Samuelson/Solow187 neuerlich prominent gewordene wirtschaftspolitische Dilemma, daß hohe Beschäftigungsniveaus sich nicht mit hohen, sondern steigenden Niveaus von Preisen und Löhnen verbinden, haben wir hingewiesen: „The terms of trade, our economy offers us, between inflation and unemployment are not to our liking."188 Dieses Dilemma, wählen zu sollen zwischen hoher Beschäftigung, die aber Inflation bedingt, oder stabilem Geldwert, der aber spürbare Arbeitslosigkeit voraussetzt, muß als „cruel" (Tobirt), „unenviable and unfair" (Duesenberry) empfunden werden. Welche Lösung des „Trade-off" von Inflation und Arbeitslosigkeit189 am Ende vorgeschlagen wird, ist zum nicht geringen Maße abhängig von der generellen theoretischen Position des wirtschaftspolitischen Ratgebers. Diese gibt den Ausschlag, ob die Nachteile einer vollbeschäftigten, jedoch inflatorischen Wirtschaft stärker gefürchtet werden als die Nachteile einer geldwertstabilen Wirtschaft mit beträchtlicher Arbeitslosigkeit. Bedeutsam ist weiterhin, wie die Solow [628], S. 7 6 - 8 6 ; Okun [527]; ders. [126], Okun [126], S. 296; des weiteren: Soligo [625]; günstigere Schätzungen bei Scitovsky/Scitovsky [603], S. 435 und Lerner [481], S. 4.; Sachverständigenrat [709], Ziff. 83. 187 [597], 188 Tobin [666 a], S. 101. Zur Rolle der Inflationserwartungen beim Fortgang der Inflation, s. Solow [628 a], Cagan [293], E. S. Phelps (1967, 1969) und Solow (1969). is» Weitere prominente „Trade-offs" bestehen: zwischen (größerer) Gleichheit der Einkommen bzw. Vermögen und (abnehmender) Rate der Kapitalbildung (Effizienz, Fortschritt usw.); zwischen (hoher) Beschäftigung und (zunehmendem) Verzicht auf Rüstung, ein Problem, dem sich die Friedensforschung zu widmen hat.

185 186

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Chancen einer unterbeschäftigten Wirtschaft eingeschätzt werden, zu wachsen und den technischen Fortschritt voranzutreiben. Neoklassische Autoren beschwören die Gefahren des schleichenden Geldwertverfalls; sie halten die Verluste, die durch eine gewisse inflationseindämmende Arbeitslosigkeit entstehen, für weit geringer als die Gewinne daraus, daß das Wachstums- und Fortschrittspotential selbst einer mäßig unterbeschäftigten Wirtschaft durch monetäre Instabilität nicht unterhöhlt wird. Zusammenfassend kann gesagt werden: Soweit zu sehen war, beeinflußt die schleichende Inflation die faktische Einkommensverteilung zwischen den aktiven Einkommensempfängergruppen nur sehr kurzfristig und vorübergehend. Für alle längeren Zeitabschnitte ergibt sich hingegen weder eine theoretisch zweifelsfrei denkbare noch eine empirisch nachweisliche Beeinflussung. Auszunehmen davon ist lediglich der Sonderfall einzelner passiver Einkommensempfängergruppen mit ihren festen oder quasifesten Geldeinkommen. Sofern die sehr kurzfristigen Inflationswirkungen in Betracht gezogen werden, begegnet man stets dem Bedenken, daß die analysierte Situation immer nur Teilstück zeitlich ausgedehnterer Entwicklungen sein kann. Mit dem Herausgreifen einzelner Situationen schleicht sich von vornherein ein Element der Willkür in den Urteilszusammenhang ein, das auch dadurch nicht restlos beseitigt wird, daß man die Vorgeschichte ausdrücklich berücksichtigt. Des weiteren hat sich aber gezeigt: Das verteilungspolitisch motivierte Anspruchsverhalten vornehmlich der ökonomisch beherrschenden Empfängergruppen ist nicht nur für die Dynamik des Verteilungsprozesses verantwortlich, sondern es stellt zugleich den schubkräftigen Treibsatz im Prozeß der schleichenden Inflation dar. Damit wollen wir nicht sagen, daß diese Gruppen Inflation als solche bedenkenlos wollen oder auch nur allzu bereitwillig in Kauf nehmen. Den Gruppen geht es in vorderster Linie darum, sich ihren „angemessenen" Anteil am Gesamteinkommen, einen „angemessenen" Lebensstandard oder dergleichen zu sichern und darüber hinaus gegen die Erosion durch steigende Kosten bzw. Preise zu schützen. Es gibt wenig Zweifel, daß der nach jedem weiteren offenen Konfliktfall erreichte Zustand nur ein „unbehaglicher Waffenstillstand" (]. K. Galbraith) auf Zeit sein kann. Dieser wird aufs neue verletzt werden, trotz wachsenden gesamtwirtschaftlichen Realeinkommens (und Wohlstandes), solange nicht Institutionen existieren, die die fortwährenden Verteilungskämpfe wirksam kontrollieren. Die spätkapitalistischen Wirtschaftsgesellschaften werden neuartige gesetzliche und politische Schritte unternehmen müssen, wenn der permanente Einkommenswettlauf der Gruppen nicht mit einem Kollaps des Systems enden soll.

3. Das Problem der kurzfristigen Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Unseren Hauptgedanken, dem Einfluß der schleichenden Inflation auf die Einkommensverteilung gewidmet, wieder aufnehmend, wollen wir uns nunmehr dem Einfluß der Inflation auf den Prozeß der Einkommensverteilung zuwenden. Wie unter Abschnitt 2.1 zu sehen war, ist der Einfluß der Inflation auf die faktische Einkommensverteilung zwischen Löhnen und Gewinnen empirisch nicht erwiesen, und seine theoretische Möglichkeit ist umstritten. Man könnte daraus unmittelbar schließen, daß mithin ein Einfluß auf den Verteilungsprozeß ebensowenig gegeben sein kann, da dieser ja in der faktischen Einkommensverteilung ausmündet. Das wäre jedoch voreilig. Das Urteil über die inflationsinduzierte faktische Verteilungswirkung gründete sich zum einen auf die statistischen Befunde einiger Autoren, die ihre Statistiken selbst mit gewisser Skepsis betrachten. Zum anderen gründete es sich auf einige theoretische Argumente, die nicht unbedenklich bleiben mußten. Für das hier Folgende nun ist die Fragestellung gänzlich eine theoretische, und die Ergebnisse sollen nicht auf irgendwelche statistische Bedeutung hin geprüft werden. Eine bequeme Ubereinstimmung mit den unter 2.1. getroffenen Feststellungen könnte sich ergeben, wenn das abschließende Ergebnis lauten müßte: die Inflation hat keinen oder nur einen unwesentlichen Einfluß auf den Prozeß der Verteilung. Aber selbst in diesem Fall wäre unser Vorgehen ausreichend gerechtfertigt. Indem es zeigt, auf welchen Wegen der Inflationseinfluß wirksam werden müßte, und die Gründe aufführt, die dem konterkarieren, ist ein vertieftes Verständnis der Zusammenhänge gewonnen. Es könnte jedoch auch sein, daß der Inflation ein nachhaltiger Einfluß zuerkannt werden muß; es bliebe dann der Statistik das hier nicht interessierende Problem überantwortet, wie dieser Sachverhalt verifiziert werden kann. Unsere Überlegungen sind im weiteren verteilungstheoretisch. Sie sollen schließlich auf die Frage zulaufen, ob die Inflation jenen Größen zugezählt werden kann, die nach dem Stand des gegenwärtigen verteilungstheoretischen Denkens den Verteilungsprozeß entscheidend determinieren. Wir können nicht umhin, einige der in unserer Sicht wichtigen Kernpunkte dieses Denkens darzustellen. Das wollen wir praktischerweise in Auseinandersetzung mit der grenzproduktivitätstheoretischen Lösung unternehmen, die noch immer einen Teil der verteilungstheoretischen Überlegungen beherrscht. Diese Methode birgt nur scheinbar die Gefahr in sich, zu umständlich zu sein. Einmal würde der Stellenwert der Inflation unter den erklärenden Variablen nicht klar ohne Kenntnisse vom Gewicht der übrigen Variablen. Zum anderen aber soll damit eine der

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Grundthesen dieser Arbeit gestärkt werden, daß Einkommensverteilung und Inflation in einem engen Zusammenhang stehen, den das Verhalten der mächtigen Einkommensgruppen bei der Entstehung wie Verwendung der Einkommen herstellt.

3 . 1 Der unzureichende Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung 3.1.1 Funktionelle Verteilung oder Verteilung auf soziale Klassen Die Klärung der Faktoren, die den Prozeß der Einkommensverteilung wirksam beeinflussen, und die Klärung der Art und Weise, in der sie das tun, unterliegen einer unüberbrückbaren, folgenreichen Behinderung: Der Untersuchungsbereich „liegt nicht so offen zutage wie der anderer Teilstücke der Wirtschaftstheorie" 1 . Der Prozeß der Einkommensverteilung in einer kapitalistischen Marktwirtschaft ist aufs engste verstrickt mit der Preisbildung für Güter und Faktorleistungen sowie mit der Bestimmung und Verwendung des Gesamteinkommens 2 . Die Verteilungstheorie ist demzufolge in wichtigen Teilen Kostgänger jener Theorien, die sich mit der Erklärung dieser zentralen Vorgänge beschäftigen, kurzfristig also vor allem der Preis- und Einkommenstheorie. Diese Theorien liefern Einsichten in den Verteilungsprozeß als Nebenprodukte der den eigenen Fragestellungen folgenden Überlegungen 3 . Wie Preise (und prinzipiell auch Löhne) 4 zustande kommen und wie sie sich in der Zeit entwickeln, ist offenbar nicht nur für die Inflationsanalyse, die hier weiter nicht mehr interessiert, von erheblicher Bedeutung. Seit den Anfängen der englischen Klassik ist der preistheoretisch fundierte Zugang zum Verteilungsproblem üblich. Seinen bisherigen Höhepunkt hat er zweifellos in der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung gefunden, die von der Neoklassik aus ihrer alles überdeckenden Hinwendung zum Preisphänomen analytisch ungewöhnlich verfeinert worden ist 5 . Unter strengen produktionstechnischen, natuPreiser [561], S. 290; s. auch Scheele [634], S. 335; Krelle [93], S. VI. Hinsichtlich der Verknüpfung von Preisbildung und Verteilung erinnere man sich der klassischen Darlegung Schumpeters in seiner frühen Abhandlung: Das Sozialprodukt und die Rechenpfennige [654], S. 632 f. - „Die funktionelle Verteilung auf Löhne und Gewinne ist immer ein Nebenprodukt des Preisbildungsprozesses, ganz unabhängig davon, ob das der Untersuchung zugrunde liegende Modell mikro- oder makroökonomisch ist, ob es vom Marginalprinzip Gebrauch macht oder nicht. Eine Preistheorie muß daher das Kernstück jeder Theorie der funktionellen Verteilung sein." Stobbe [166], S. 80 f. Ebenso Scheele [636], S. 329. * „ . . . any theory about the whole economy will have corollaries about income distribution, Kaldor's theory and marginal productivity are two illustrations of this." Reder [570], S. 205. 4 Zumeist wird das Lohnniveau in den makroökonomischen Verteilungsmodellen als exogen bestimmte Variable behandelt. 1

2

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

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raiökonomischen Voraussetzungen* legt die Grenzproduktivitätstheorie einen streng deterministischen Zusammenhang zwischen Güterpreisen und -mengen sowie eingesetzten Faktoren und deren Preisen dar. Ihre gesamtwirtschaftliche Version bestimmt bei gegebenem Beschäftigungsangebot 7 den Lohnanteil am Gesamteinkommen durch die durchschnittliche gesamtwirtschaftliche Grenzproduktivität (das Grenzprodukt) 8 der Arbeit oder, da die Kurve der Grenzproduktivität bei gegebenem technischen und organisatorischen Wissen gegeben ist, durch die relative Seltenheit des Faktors Arbeit. Diese wird von der Höhe des Preises ebenso wie von der Höhe des Grenzprodukts widergespiegelt 9 . Das die Gewinnmaximierungsbedingung ausdrückende Grenzproduktivitätstheorem für eine Einzelfirma lautet: p • (GPA) = 1

wobei p gegebener und erwarteter Güterpreis 10 , GPA Grenzprodukt der Arbeit und 1 Geld-Lohnsatz bedeuten. Der Preis für Arbeit (wie für jeden anderen Produktionsfaktor) steigt in dem Maß, wie sich seine eingesetzte Menge verringert (der Faktor relativ seltener wird), wenn der Einsatz des anderen Produktionsfaktors (oder der anderen Faktoren) nicht verändert wird. Der Mehreinsatz eines Faktors aber kommt der Senkung seiner Grenzproduktivität gleich (Bewegung auf der Kurve). Der Gewinnmaximierung erstrebende Unternehmer wird die Einsätze der Produktionsfaktoren immer so lange variieren, bis der Grenzproduktivitätssatz erfüllt ist. Formt man diesen um zu

= (GPA) und P erweitert mit der Reziproke der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität, also dem Arbeitskoeffizienten A, so ergibt sich 1• N (GPA) • N p- O ~ O

(GPA) A

Der relative Lohnanteil in den Gesamterlösen einer Firma ist demnach abhängig von dem GPA/A-Verhältnis. Die gesamtwirtschaftliche Verteilung der Einkommen einer Volkswirtschaft entspricht der Verteilung der Erlöse dieser Einzelfirma. Sofern alle Firmen Gewinnmaximierung anstreben und integriert sind, ist die Verteilung wiederum allein 'Kritische Darstellungen finden sich u. a. bei Stigler [165]; Preiser [558]; Zarnowitz [185]; Bombach [266]; Krelle [93], 7. Kapitel; Matzner [505]. Derartige aus der neoklassischen Marginal-Preistheorie wohlbekannte Annahmen sind: vollständige homogene Faktorqualitäten, vollständige physische Teilbarkeit der Produktionsfaktoren, uneingeschränkte Faktorsubstitutionalität, ertragsgesetzliche Kostenfunktionen u. a. 7 Eine selbst kurzfristig nicht unbedenkliche Annahme, wenn nämlich Beschäftigungseinheiten statt als „Arbeiter" als „Arbeitsstunden" definiert werden. 8 Wir übergehen die präzise Möglichkeit, zwischen diesen beiden Ausdrücken zu unterscheiden, s. Schneider [162], II. Teil, S. 167 und Hofmann [68], S. 224 f. * Vgl. die sorgfältige Analyse bei Preiser [558], S. 273 f. 10 Im vollkommenen Konkurrenzmodell sind gegebener und erwarteter Preis notwendig identisch. 6

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

abhängig von der Grenzproduktivität. Die Ausdrücke p und 1 bedeuten jetzt gesamtwirtschaftlichen Durchschnittspreis (Preisniveau) beziehungsweise -lohnsatz, N und O gesamtwirtschaftliche Beschäftigung und gesamten Output. Im Gleichgewicht wird das Sozialprodukt durch die beteiligten Faktoren voll ausgeschöpft, die Einkommensverteilung ist somit determiniert 1 1 .

Fig. 3 Der eigentlich langfristige Charakter dieser Theorie zeigt sich darin, daß entsprechend der Gleichheit von Reallohn und Grenzproduktivität im Gleichgewichtsfall der Reallohn nur steigen kann, wenn Kapitalakkumulation und technischer Fortschritt voranschreiten und mithin die Kurve der Grenzproduktivität der Arbeit anheben (Verlagerung der Kurve). Ganz nebenbei ergab sich die nicht nur einigen Ö k o n o m e n willkommene Möglichkeit, durch die Darlegung der offensichtlichen Rationalität dieses Verteilungsprozesses, die soziale Kritik am bestehenden Verteilungssystem zurückzuweisen 13 . Für die ökonomische Theorie ist es sicher konsequent gewesen, das Problem der Verteilung einfach als das der Verteilung der Einkommen auf die verschiedenen, miteinander wettbewerbenden und gegeneinander substituierbaren Produktivfaktoren aufzufassen. Die ricardianische Lösung des Problems hatte freilich die sozialen Klassen als Besitzer dieser Faktoren nicht außer Betracht gelassen. Die Wahl der Einkommenskategorien im Rahmen der Grenzproduktivitätstheorie entspricht aber gänzlich produktionstechnischen Gegebenheiten und nicht sozial erheblichen Fragestellungen. Solche werden geradezu versteckt hinter einer „Algebra", wie Joan Robinson schreibt, die das Zustandekommen der 11

Zu einer Kritik der Grenzproduktivitätstheorie in ihren über diese „heroisch vereinfachende" Version hinausgehenden Spielarten s. Keirstead [80], S. 6 ff.; Krelle [93], S. 67 f., sowie S. 67, Fußn. 5 angegebene Literatur; Schleicher [643]. " Fig. 3 entspricht der bekannten Darstellung bei ]. B. Clark [30], S. 194. 13 Der Locus classicus ist John Bates Clark, The Distribution of Wealth (1908) [30], besonders 1. Kapitel; vgl. außerdem Stigler [165], S. 297; Blaug [14], S. 433 f. - Freilich stellt der Vorwurf, die Theorie sei überhaupt nichts weiter als eine bloße gesellschaftliche Rechtfertigungslehre, eine polemische Einseitigkeit dar. So aber neuerdings wieder Hofmann [408], S. 99 ff., S. 118. Vgl. auch Alberts Anhang zu [231], S. 462 ff.

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

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Einkommensanteile der sozialen Gruppen angeblich strengen ökonomischen Regelmäßigkeiten unterwirft: „Die symmetrischen Beziehungen zwischen x und y erscheinen glatt und angenehm, völlig frei von bitteren Assoziationen, wie sie möglicherweise durch das Verhältnis zwischen ,Kapital und Arbeit' suggeriert werden; und die augenfällige Rationalität des Systems bei der Verteilung des Produkts auf die Produktionsfaktoren verschleiert die willkürliche Verteilung der Faktoren auf die Menschen." 1 4 Gegenüber diesem unbefriedigenden Verfahren ist zu betonen, daß die moderne Verteilungstheorie die Reife klassischer Erkenntnis zurückgewinnen muß, indem sie die Verteilung unter den wirklichen, und wie wir einschränkend sagen wollen, wichtigen sozialen Klassen zu erklären sucht. Zwei weitere Gründe sprechen dafür: (1) Das beherrschende Interesse der staatlichen Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik gilt der wirtschaftlichen Situation sozialer Klassen. (2) Erfahrung und Analyse des gesellschaftlichen Verteilungsprozesses in den gegenwärtigen kapitalistischen Wirtschaften zeigen als hervorstechendes Element den Konflikt sozialer Klassen über ihre Anteile am Sozialprodukt 15 . Zu (1): Es ist davon auszugehen, daß jedem ökonomisch-gesellschaftlichen System die Aufgabe obliegt, die Verteilung der Einkommen zu regeln. In den modernen Systemen des entwickelten marktwirtschaftlichen Spätkapitalismus spielt bei der Lösung dieser Aufgabe die Wirtschafts- und Sozialpolitik eine richtunggebende Rolle. So vollzieht sich die Verteilung im Prozeß des gesellschaftlichen Produzierens keineswegs ungestört von staatlicher Einflußnahme. Von der ökonomischen Theorie erwartet die Politik Bezugssysteme, die dieser Politik Rationalität der Entscheidungen ermöglichen. Solche Bezugssysteme enthalten eine überschaubare und manipulierbare Zahl von Variablen und eine Reihe hypothetischer Beziehungen zwischen ihnen. Mit ihrer Hilfe lassen sich sowohl reale Verläufe vergleichen wie auch Wirkungen alternativer Entscheidungen überlegen 18 . Richtig ist zwar, daß jede Einkommensverteilung personelle Verteilung ist, derart, daß alle Ansprüche auf Einkommen „letztlich" einzelnen Privaten (bzw. 14 ls

w

Robinson [148], S. 74 f. Um Mißverständnisse auszuschließen, sei angemerkt, daß soziale Klasse als Begriff sowenig dem marxistischen Sinngehalt nach verwendet wird wie der Begriff des Einkommenskampfes im Sinne des marxistischen Klassenkampfes. Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Anspruch an die Verteilungstheorie mit der Forderung nach Verfeinerung widerstreitet, denn die Aufspaltung großer Aggregate ist ebenso zu wünschen wie die Berücksichtigung zahlreicher empirischer Verhaltensweisen. Der Widerspruch ist nicht aufzuheben, so daß als Ausweg „mittlere" Lösungen anzustreben sind.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

privaten Haushalten) zustehen 17 , gleichgültig ob die Einkommen diesen sämtlich auch tatsächlich zufließen und für diese verfügbar werden oder nicht (wie in Fällen unverteilter Gewinne, Formen vertraglicher oder gesetzlicher Vorsorge usw.). M a g diese Verteilung, bei der herkömmlicherweise die H ö h e der persönlichen Einkommen als Kriterium der Klassifizierung der Einkommensbezieher verwandt wird, eine gewisse theoretische Beachtung verdienen 18 , für die Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist sie von geringem Interesse. Diese Politik ist nicht orientiert auf die Einkommen einzelner (bzw. Einzelhaushalte), oder eben doch nur insoweit, als bestimmte Einkommen im Durchschnitt und auf Dauer für eine größere Zahl von Empfängern typisch sind (Durchschnittseinkommen bestimmter Wirtschaftszweige, z. B. Landwirtschaft, bestimmter Berufsgruppen usw.) und sich einer politischen Gestaltung empfehlen. Z w a r entzündet sich soziale Kritik der Verteilungsverhältnisse häufig an individuellen Einkommen, die als unangemessen hoch oder niedrig, sicher oder ungesichert usw. beurteilt werden — grundsätzlich hat das aber weniger beweisführenden als demonstrativen Charakter. Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik ist primär gruppen- oder klassenbezogene Politik. Gerade die großen Klassen sind es auch, die umgekehrt auf sie einen bestimmenden Einfluß auszuüben vermögen. Selbst die entfaltete Sozialpolitik unserer Tage setzt mit ihren Maßnahmen gruppenbezogen an; freilich hat der Katalog der einkommenswirksamen M a ß n a h m e n einen solchen Umfang angenommen, daß nahezu die gesamte Bevölkerung auf irgendeine Weise in das „Einzugsgebiet" der Sozialpolitik geraten ist 19 . Zu (2): Akzeptiert man für die Verteilungstheorie die fundamentale Ausgangstatsache des anhaltenden Konflikts über die Verteilung der Einkommen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, so k o m m t man notwendig dazu, sich mit den Einkommensempfängern zu beschäftigen, deren Zielsetzungen und Verhaltensweisen im ökonomischen Prozeß wirksam werden und f ü r den Gang des Verteilungsgeschehens ins Gewicht fallen. Diese aktiven Einkommensempfänger sind — wie wir betonten — eben die, welche an der Produktion selbst beteiligt sind und im ökonomischen Prozeß ihre Ansprüche auf Einkommen geltend machen. (Daß auch diese über außerökonomische Mittel verfügen, wird festgestellt, wenngleich eine ökonomische Theorie der Verteilung allein zur Klärung derartigen Verhaltens wenig beitragen kann.) Diese Empfänger gilt es 17

Sehen wir, was wir auch im übrigen für unsere Überlegungen tun wollen, vom Gesamthaushalt „Staat" ab. Siehe etwa den jüngsten Vorschlag einer Theorie der personellen Verteilung bei Krupp [465]. Krupp leitet seinen Gedankengang ein mit der Behauptung der beschränkten Aussagefähigkeit der funktionellen Verteilung, wiewohl es auch ihm schließlich auf die Verteilung unter den sozialen Klassen ankommt. S. auch höhnet [17], der sich dabei sehr stark auf die Grenzproduktivitätstheorie stützt. " Eine Tatsache, die Achinger zu seiner These geführt hat, die Sozialpolitik sei in ihren Auswirkungen nicht mehr „gruppenspezifisch", sondern „quantitativ-total" geworden. Vgl. [1].

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Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

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nach einem relevanten Merkmal zusammenzufassen. Nehmen wir daher noch unsere Neigung hinzu, der Verteilungstheorie nachdrücklich solche Fragestellungen zu empfehlen, die den Erfordernissen der Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik entspringen, so erweist sich eine Aufteilung nach sozialen Klassen als unumgänglich. N u n ist das Kriterium, liegt privater Besitz an produktiven Faktoren (einschließlich sachlicher Produktionsmittel) und aus Besitz legitimiertes Verfügen über diese vor oder nicht, noch immer konstitutiv f ü r Art und Weise der Beteiligung der Wirtschaftssubjekte am Produktionsprozeß in einer kapitalistischen Marktwirtschaft. Privater Besitz an sachlichen Produktionsmitteln und die ungleiche Verteilung dieses Besitzes sind aber zum anderen die beiden Tatbestände — u n d es sind primär gesellschaftliche u n d keine ökonomischen Tatbestände —, die die sozialen Klassen konstituieren, auf die es ankommt. Je nachdem, ob Einkommen aus Besitz von sachlichen Produktionsmitteln oder aus durch Besitz legitimiertem Verfügen über diese herrühren oder aus Arbeit in unselbständiger Erwerbstätigkeit, gliedern sich die Einkommensempfänger in zwei soziale Klassen: 1. Unternehmer-Kapitalisten, die Einkommen — „Gewinn" — empfangen aus unternehmerischer Tätigkeit und Besitz. 2. Arbeitnehmer, die Löhne, Gehälter usw., zusammen „Lohn", beziehen aus unselbständiger Beschäftigung 20 . Vom Standpunkt der Umfassendheit ist zweifellos zu bedauern, daß die sozialen Transfereinkommen überwiegend vernachlässigt werden (die reinen Besitzeinkommen werden ja den Unternehmereinkommen zugeteilt) 21 . Doch scheint dies gerechtfertigt, wenn man die geringe Effizienz der ökonomischen Verhaltensparameter dieser Gruppe bedenkt, die sich etwa darin zeigt, d a ß sie der schleichenden Redistribution durch Inflation nicht widerstehen kann. Die erwähnten konstitutionellen Tatbestände des kapitalistischen Systems sind also grundlegend für die Unterscheidung in die beiden relevanten sozialen Klassen, zwischen denen und durch die die Verteilung des Gesamteinkommens vor allen anderen vorgenommen wird. Soziale Klassen sind nun aber Teilstrukturen einer die Gesamtgesellschaft beschreibenden „Sozialstruktur", und mit dieser verbinden sich eine Reihe komplizierter soziologischer Fragestellungen. Andererseits begründen Besitz und aus Besitz legitimierte Verfügungsmacht bzw. Besitz von Arbeitsleistungen Funktionen im Produktionsprozeß, und hier liegt der ökonomische Ansatz. !0

Neben Krelle, der seinen umfänglichen Verteilungsmodellen diese Zweiteilung zugrunde legt, s. u. a. Preiser [569], S. 294; Davidson [33], S. 1; Stobbe [166], S. 29 f., S. 33; Scitovsky [602], S. 15 f. 21 Drei-Klassen-Modelle enthalten z. B. Arbeiten von Weintraub, Fohl, Holzman, Aujac, Robinson und anderen.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Wenn schon eine wachsende Literatur sich mit dem Thema plagt, ob die Zwei-Klassen-Teilung für die spätkapitalistische Gesellschaft noch soziologisch relevant genannt werden kann, so will uns das hier nicht weiter verfolgenswert erscheinen. Für unsere analytischen Bedürfnissse ist die Unterteilung in die Klassen der Unternehmer-Kapitalisten und der Arbeitnehmer noch immer hinreichend genug begründet, um die Spaltung der Gesellschaft auszudrücken, welche für die Verteilungsfrage die wesentliche ist. Sie verweist auf eine ökonomische und soziale Polarisierung, die objektiv weiterhin gegeben ist und subjektiv erfahren wird zumal in Zeiten sich zuspitzender Lohn-Konflikte 2 2 , 2 S . Das Vorgehen der Verteilungstheorie, die Einkommensempfänger zwar zu gliedern nach ihrer ökonomischen Funktion im Produktionsprozeß, diese Funktion aber bestimmt zu sehen von dem primär gesellschaftlichen Umstand des Besitzes oder Nichtbesitzes von sachlichen Produktionsmitteln, führt zu einer echten Schwierigkeit: Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse und Ausübung einer speziellen Produktions-Funktion sind keine identischen Merkmale, und daher ist die Verteilung nach sozialen Klassen nicht mit der funktionellen Verteilung ohne weiteres identisch 24 ; die Einkommen der Unternehmer-Kapitalisten und der Arbeitnehmer sind keineswegs ohne weiteres einfach „Gewinn" und „Lohn". Unter den begreiflicherweise zahlreichen, z. T . recht ehrwürdigen Einwänden wollen wir nur zwei hier erhebliche nennen und kurz darlegen, warum wir sie unter verteilungstheoretischem Blickpunkt nicht für stichhaltig halten: (1) Die Gesamteinkommen der Klassen stellen eine Mischung von Einkommen verschiedener Herkunft dar. (2) Die Trennung der „eigentlichen" Unternehmerfunktion von der Kapitaleigentümerschaft hat verschiedene Klassen mit verschiedenem Gesamteinkommen entstehen lassen. Popitz [556], bes. S. 96 f. sowie Popitz/Bahrdt/Jüres/Kesting [138], Ch. v. Ferber, [347]. Zur Gegenthese der Nivellierung der Klassengegensätze durch die Entwicklung zur mittelständischen Wohlstandsgesellschaft siehe insbesondere Schelsky [637]. Im übrigen vgl. Martin [502]; Dahrendorf [32]; Eisermann [333], 2® Eine Entwicklung in Richtung einer wachsenden Gleichverteilung des privaten Besitzes an Produktionsmitteln brächte das Verteilungsproblem im dargelegten Sinne zum Verschwinden. M. Bronfenbrenner meint, daß damit zwei Fragen entstünden: a) Wird das kapitalistische System eine solche Entwicklung zulassen? Eine Antwort darauf hätten Soziologen und Politologen zu geben. b) Wird das kapitalistische System das überleben oder seinen Charakter in unvorhersehbarer Weise wandeln? Die Antwort hierzu hängt davon ab, wie sich Gesamtsparen, Investitionen, Kapitalbildung und Wachstumsrate dann entwickeln würden. Vgl. Bronfenbrenner [279], S. 41 ff. 'Wright z. B. gibt auf die zweite Frage die negative Antwort: Der Kapitalismus werde dann nicht überleben, s. [693] und weiter Addey [224] sowie Lerner [105], Kapitel 21-25. 24 Kromphardt erneuert den alten terminologischen Vorschlag, zwischen institutioneller Verteilung (auf soziale Klassen) und funktioneller Verteilung (auf Einkommensarten) zu unterscheiden, [463], S. 51 ff. Vgl. Albert [231], 22

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

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Zu (1): Das Problem der heterogenen Gesamteinkommen beschäftigt die Theorie seit langem. Dem Ansinnen, das Gesamteinkommen der UnternehmerKapitalisten aufzuspalten, steht entgegen: (a) Die von uns bereits erwähnte, begründete Neigung der neueren Theorie, dieses Einkommen als einheitliche Größe zu behandeln 25 . (b) Die statistischen Hemmnisse einer Trennung (gegenüber (a) von geringerem Gewicht, aber dennoch bedeutsam) 28 . Wir verzichten daher auf eine Aufteilung des Einkommens der UnternehmerKapitalisten-Klasse 27 . Übrig bleibt das Problem des Mischeinkommens bei den Arbeitnehmern. In der Verteilungstheorie ist seit je und noch von M. Kalecki die „Alles-undNichts"-Hypothese verwendet worden 28 , derzufolge die Arbeitnehmer ihre gesamten Einkommen ausgeben und nichts sparen, wohingegen die UnternehmerKapitalisten ihre Einkommen voll sparen und nichts konsumieren. Ohne Arbeitnehmersparen kann es natürlich auch keine Arbeitnehmergewinne geben. Mit der erheblichen Steigerung der Masseneinkommen und zumal den vielfältigen Formen einer staatlich ermunterten Vermögensbildung der Arbeitnehmer in manchen Ländern ist aber eine positive Arbeitnehmer-Sparquote realistisch geworden. Es ist eine empirisch zu entscheidende Frage, ob das daher den Arbeitnehmern zufließende Kapitaleinkommen eine solche Höhe erreicht hat, daß die Theorie nicht weiterhin davon absehen darf 29 . Zu (2): Es wird vielfach darauf hingewiesen, daß die Trennung von Eigentums- und Leitungsfunktion, besonders im industriellen Bereich, eine Tatsache von ernstzunehmender ökonomischer wie soziologischer Bedeutung sei30. Wie 25

s. Seite 70. Das Gesamteinkommen der Selbständigen in Besitz- und Arbeitseinkommen rechnerisch - aufzuteilen, ist auch in der Verteilungstheorie vorgeschlagen worden: z. B. Krelle [455], S. 77 f., der in der dann üblichen Weise einen Wertansatz für die Arbeitsleistung der Selbständigen macht: Durchschnittsarbeitseinkommen der Unselbständigen = Durchschnittsarbeitseinkommen der Selbständigen. Kuznets ist ein entschiedener Gegner einer derartigen Aufteilung vom volkseinkommensstatistischen Standpunkt her. Siehe [100], S. 82, S. 54. 27 Abgesehen davon, daß die konventionelle Unterscheidung von sozialen und ökonomischen Faktoren reichlich fragwürdig ist, verzichten wir auch darauf, den Unterschied zwischen Besitz von Produktionsfaktoren einerseits und der Ausübung der ökonomischen Funktion im Produktionsprozeß andererseits (Besitzfunktion und Unternehmerfunktion) zu berücksichtigen. Für das Zwei-Klassen-Modell der makroökonomischen Einkommensverteilung hat es nur geringe theoretische Konsequenzen, wenn man das Mischeinkommen der Unternehmer-Kapitalisten vernachlässigt. Vgl. aber Stobbe [166], S. 12 ff. 28 Ausdruck bei Weintraub [682], S. 13. 2 ® Das aber kann geschehen, solange dieser Einkommensbestandteil keine relevante Höhe (etwa über 5%>) innerhalb des Gesamteinkommens dieser Klasse hat. Das scheint bisher noch - selbst für die USA - der Fall zu sein. Friend/Kravis [359], S. 271; Rothschild [592], S. 764 f. Ähnlich argumentieren Stobbe, Preiser, Kaldor. 30 Erstmals dargestellt bei Berle/Means [13]; s. auch Florence [43], Kapitel VI. 26

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

uns scheint, wird dieser Umstand jedoch allzu bereitwillig überbewertet. Z u m einen erlaubt die beträchtliche Konzentration der Vermögen die Annahme, daß auch weiterhin eine, gemessen an der Gesamtbevölkerung, kleine Zahl von Eigentümern die bedeutenden Unternehmen kontrolliert 3 1 . In seiner N B E R - S t u die schätzte Lampman32 aufgrund der Auswertung von amerikanischen Erbschaftssteuererklärungen, daß im J a h r e 1953 1,6 Prozent der erwachsenen Amerikaner 3 2 Prozent sämtlicher privater Vermögenswerte in Besitz hatten, darunter 82 Prozent aller Aktien. Dabei ist beachtenswert, daß eine Beteiligung von 5 Prozent an einem Großunternehmen zumeist genügt, um wirksam Kontrolle auszuüben 3 3 . Z u m anderen besitzt die Gruppe der wirklich einflußreichen Unternehmensleiter („top manager") selber einen erheblichen Teil der Anteilsrechte eigener wie fremder Gesellschaften 3 4 . Die Schlußfolgerung, die die Verteilungstheorie aus der personellen Trennung beider Funktionen zu ziehen hat, soweit diese wirklich besteht und für die Unternehmenspolitik relevant wird, sollte daher nicht die sein, die einheitliche Unternehmer-Kapitalisten-Klasse aufzuspalten. Statt dessen sollte sie diesem Faktor gerecht zu werden suchen bei der Art der unternehmerischen Zielsetzung und Strategie, die sie ihren Überlegungen zugrunde legt. Darauf kommen wir daher zurück, wenn wir die verteilungsmäßig relevante unternehmerische Zielsetzung zu erörtern haben 3 5 . Soviel aber ist bereits klar: Die Grenzproduktivitätstheorie wird dabei nicht mehr von Nutzen sein können, da sie an der Gewinnmaximierungsannahme als unverzichtbarem Element festhalten muß. 3.1.2 Drei Hauptgründe für das Ungenügen der Grenzproduktivitätstherorie Ein halbes Jahrhundert warf die Grenzproduktivitätslehre ihren Schatten über das gesamte verteilungstheoretische Denken 3 8 . Dabei vermied diese eine Wür-

31 3i

33

34

35

Vgl. die kritische Studie des amerikanischen Beispiels von Kolko [89], S. 73 ff. Lampman [103]. Einen eingehenden Bericht über die Ergebnisse der Forschungen von Lampman, Smith und Calvert, die die Untersuchungen von Lampman weitergeführt haben, sowie Kolko und weiteren gibt Lundberg (neuerlich ins Deutsche übersetzt). Dieser verwendet solches Material zur Stützung seiner provozierenden Thesen über die amerikanische Gesellschaft und ihr politisches System. Lundberg [113] (einige Passagen des Buches druckte „Die Zeit" in ihren Ausgaben vom 28. März und 4. April 1969). Berle/Means [13], S. 93: Kontrolle, als Macht definiert „to select or change management", „is determined by the firm's voting securities". In Übernahme dieses 5%>Kriteriums („the máximum permissible ownership block") untersuchen Monsen und Mitarbeiter u. a. die unterschiedliche Gewinnentwicklung bei von Management und bei von den Eigentümern geleiteten Unternehmen. Monsen/Chiu/Cooley [510], S. 435 ff. Vgl. dazu Kolko [89], S. 63. Auch im Hinblick auf gesellschaftliche, verpflichtende Standards ist eine Trennung zwischen Unternehmensleitern und Kapitalisten nicht zu rechtfertigen: Leitende Angestellten-Großverdiener stehen den reinen Gewinnempfängern sozial und politisch (!) näher als den übrigen Angestellten, eingeschlossen die, welche über geringfügigen Aktienbesitz verfügen. Vgl. Punkt 4.2.1.2

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

93

digung der gesellschaftlichen Grundtatbestände des privaten Eigentums an den Produktionsmitteln und der ungleichen Verteilung unter den sozialen Klassen ebenso wie die daraus fließenden Fragen sozialer Macht. Doch weder kann der Verlauf der Grenzproduktivität als alleiniger Bestimmungsfaktor der Verteilung gelten, noch darf übersehen werden, daß selbst die für Höhe und Kurve der Grenzproduktivität entscheidende „relative Seltenheit der Faktoren" eher als gesellschaftliches denn als ökonomisches Problem verstanden werden muß 3 7 . Statt mit dem Grenzproduktivitätstheorem das generelle ökonomische Gesetz der Verteilung gefunden zu haben 3 8 , dessen Existenz der skeptische John

St. Mill

in seinem berühmten Diktum verneint hatte 3 9 , stellt sich die Theorie im Blick heutiger Erkenntnis dar als ein Modell für die Nachfrage nach Faktorleistungen, genauer noch: als ein (statisches) Modell nachfragedeterminierter Preise, angewendet auf die Faktormärkte. Die Bestimmungsgründe für das Angebot von Faktorleistungen bleiben unbeachtet. Die Mängel der Theorie, die für ihre gesamtwirtschaftliche Version wohl kaum schwerer wiegen als für ihre einzelwirtschaftliche Version 4 0 , haben zu verschiedenen Versuchen geführt, die bedrängte Theorie gegen ihre Kritiker zu behaupten 4 1 . Doch ihre Eignung zu einer Erklärung des Prozesses der gesamtwirtNoch 1953 identifizierte Fellner die Grenzproduktivitätstheorie mit der Theorie der funktionellen Verteilung schlechthin. Fellner [345], S. 484; Levinson und Budd pflichten ihm in der Diskussion bei, s. S. 495 f. bzw. 498, im gleichen Band; s. auch Bombach [266], S. 98. " Preiser [558], S. 287 f. 33 Clark [303], S. V. " Mill [122], Einführende Bemerkungen sowie S. 193 f. 4 0 Anderer Meinung ist Krelle [93], S. 68 ff., der die einzelwirtschaftliche Version für unbedenklicher halten darf, weil er das neoklassische Unternehmensmodell nicht in Zweifel zieht; Schleicher [643], S. 41 ff. Unter den zahlreichen kritischen Einwendungen interessieren wir uns hier nur für einige von grundsätzlicher Bedeutung. 41 Besonders in zwei Punkten sollte sich die Grenzproduktivitätstheorie als elastisch erweisen: (a) Die ursprüngliche Voraussetzung vollkommener Konkurrenz ließ sich durch den Einbau von Nachfrageelastizitäten für Güter und Angebotselastizitäten für Faktoren in den Grenzproduktivitätssatz modifizieren (Anwendung der Amoroso-RobinsonRelation); zu dem Versuch, Verteilungswirkungen aus den Substitutionselastizitäten (Verhältnis von relativen Änderungen der Faktoreinsatzverhältnisse zu relativen Änderungen der Faktorpreisverhältnisse) abzuleiten. Hicks [67], Kapitel 6; Heuss [66]; Solow [627]; Bronfenbrenner [283]. (b) Die ursprünglich stillschweigend unterstellte Gültigkeit des Sayschen Theorems wurde ersetzt durch die Voraussetzung veränderlicher Nachfrage. S. dazu bei Meade [506]; Heuss [401]; ders. [66], - Im Ergebnis zeigt sich allerdings eine neue Schwierigkeit: Variieren Nachfrage und Output, so kann die Grenzprodukt-Kurve nicht weiterhin die Nachfragekurve aller Unternehmen, nach Arbeit sein. Veränderungen des Lohnsatzes und demnach der Ausbringung bewirken im Kreislauf veränderte Angebotskurven der Unternehmen, weil sich die Produktpreis-Mengen-Relationen verändern. Als Folge variieren auch die Faktornachfragekurven der einzelnen Unternehmen und demzufolge die Gesamtnachfragekurve nach Arbeit; s. dazu z. B. Davidson [33], Kapitel 3 und 4; Blaug [14], S. 445. (c) Eine weitere Verteidigungsstellung ließ sich gewinnen durch die Behauptung des Erklärungswertes der Theorie für die lange Frist, so z. B. bei Findlay [350] und, auf Findlay aufbauend, Münnich [124], S. 73 ff., s. auch S. 43; Robinson [147]. M

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

schaftlichen Verteilung konnte unseres Erachtens nicht entscheidend verbessert werden. Wesentliche Umstände dieses Prozesses in der gegenwärtigen kapitalistischen 'Wirtschaftsgesellschaft sind weiterhin unberücksichtigt geblieben. Aber nicht die Vernachlässigung der sozialen Implikationen des Verteilungsgeschehens — an sich ernsthafter Grund genug — hat die Grenzproduktivitätstheorie zu einem Teil der Dogmengeschichte werden lassen. Verantwortlich dafür sind ihre unzureichenden analytischen Voraussetzungen. Unter den zahlreichen Kritikpunkten wollen wir drei (bekannte) Gründe f ü r das Ungenügen der Theorie etwas eingehender behandeln: (1) Der unzureichende Realismus der neoklassischen Preistheorie, die der Grenzproduktivitätslösung der Verteilung den theoretischen Unterbau liefert. (2) Der produktionstechnische Determinismus der Grenzproduktivitätstheorie, welcher aktivem verteilungspolitischen Verhalten im ökonomischen Prozeß keinen Spielraum läßt 42 . (3) Der Charakter dieser Theorie als einer Theorie der relativen Anteile, welcher die absolute H ö h e der Anteile nicht erklärt. Unschwer läßt sich erkennen, daß diese Punkte in enger Beziehung zueinander stehen. Wir wollen sie kurz erläutern. Zu (1): Der unbefriedigende Realismus der neoklassischen Preistheorie trat infolge der empirischen Erforschung tatsächlichen unternehmerischen Preisverhaltens klar zu Tage 4 3 . Die durch die empirisch gewonnenen Ergebnisse geschärfte Einsicht in die Vorgänge bei der Preisbestimmung 4 4 hat zu einer Revision der neoklassischen Preisdoktrinen geführt, die inzwischen alle f ü r die Preistheorie konstitutiven Bereiche umfaßt: (a) Die Verhaltensweise am M a r k t oder M a r k t f o r m ; (b) die unternehmerische Zielsetzung; (c) die Methode (oder Technik) der Preisfestsetzung; (d) Letztlich hat die Entwicklung der Cofcb-DoKg/ai-Produktionsfunktion der MakroVersion großen Auftrieb gegeben; siehe die neuerliche Darlegung bei Bronfenbrenner [284], S. 478 ff. und Fergusons 1969 erschienenes Buch zur neoklassischen Produktions- und Verteilungstheorie. 41 Ferguson [349], S. 26; Boulding [272], S. 480. - Als produktionstechnisch determiniert erscheinen uns auch die Differentialgewinntheorien von Weintraub, Föhl und Rüstow; s. auch Krelle [479], S. 273 ff. 48 Neben den vielgenannten Untersuchungen von Hall/Hitcb [388] und Andrews [4] siehe auch: die NBER-Studie des Committee on Price Determination [707]; Lester [482]; Machlup [492]; ders. [493]; Hague [384]; Eiteman [38]; Heflebower [398]; Kaplan/Dirlam/Lanzillotti [79]; Fog [45]; Barback [9]. 44 Daneben ergaben sich aus der theoretischen Diskussion, ständig schärfer gefaßt, die unwahrscheinlichen Implikationen der neoklassischen Rationaltheorie: Vollkommene Information, auch die Zukunft betreffend (vollkommene Voraussicht), unendliche Reaktionsgeschwindigkeit, unbeschränkte Überführbarkeit einer bestimmten Entscheidungssituation in andere usw.

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

95

(d) die Stellung des Preises unter den übrigen marktstrategischen Parametern 45 . Die aus den empirischen Untersuchungen, häufig auf der Basis von Umfragen, erzielten Kenntnisse brachten sowohl hinsichtlich des tatsächlichen Marktverhaltens der Unternehmer wie hinsichtlich der Vielfalt unternehmerischer Zielsetzung Unerwartetes. Mit der bisherigen Theorie, insbesondere dem Maximierungskonzept, mußte das unvereinbar erscheinen. Uberraschend waren auch die zahlreichen von den Unternehmern tatsächlich angewandten Techniken der Preissetzung. Die in den oben genannten Bereichen von der neoklassischen Preistheorie ursprünglich gemachten Voraussetzungen 48 erwiesen sich, wie oben erwähnt, nur hinsichtlich (a) als wirklich und wirksam modifizierbar 47 . Auf die Kontroverse über die der Marginaltheorie noch weiterhin zuzubilligende Relevanz können wir hier nicht weiter eingehen 48 . Zwar hat sich Andrews — mit einigem Recht — gegen das verbreitete Mißverständnis gewandt, mit dem Akzeptieren des Aufschlagsverfahrens als vorherrschender unternehmerischer Verhaltensweise („Vollkostenprinzip" bei Hall und Hitch, „Normalko-

stenprinzip" bei ihm selbst) sei bereits eine neue Theorie der Preisbildung entwickelt 49 . Doch die Zielforschung hat inzwischen eine Reihe von Zielsetzungen erbracht, die sehr wohl mit den empirisch vorherrschenden unternehmerischen Methoden der Preisbestimmung verbunden werden können, so daß damit das Grundgerüst einer konsistenten preistheoretischen Alternative gewonnen ist. In dem gegenwärtigen Schwebezustand, in dem die neuen Ansätze we45

Der letztgenannte Bereich ist selbst im ganzen als eine Folge der empirischen Forschung zu betrachten. Zum Problem des Aufgehens der Preistheorie in einer umfassenden Parametertheorie s. Schneider [646], S. 433 ff. 49 Vollkommener Wettbewerb, freie und voll flexible Preisbildung zu (a), strenge Gewinnmaximierung zu (b), Marginalkalkül zu (c), ausschließliche Orientierung der Wirtschaftssubjekte an Preisen zu (d), mit ergänzenden Annahmen hinsichtlich Gültigkeit des Ertragsgesetzes, volle Faktorensubstitutionalität usw. 47 Andrews, einer der einflußreichsten Kritiker dieser Theorie, sieht ihren „vollständigen Passe-Partout" in den folgenden drei Gleichungen, alle bezogen auf die gewinnmaximale Ausbringung: = GK (1) GE (2) LFDE ^ LFDK LFDE — langfristiger Preis ( = Durchschnittserlös pro Einheit) eines gegebenen Outputs LFDK— langfristige Durchschnittskosten pro Einheit dieses Outputs (3) KFDE ^ KFVK KFDE — kurzfristiger Durchschnittserlös pro Ausstoßeinheit eines gegebenen Outputs KFVK — kurzfristige durchschnittliche variable Kosten pro Einheit dieses Outputs. Bedingungen (2) und (3) legen fest, ob die gewinnmaximale Ausbringung lang- bzw. kurzfristig weiterhin angeboten werden kann oder nicht. Andrews [5], S. 66 f. 48 Innerhalb der nur noch schwer überschaubaren Literatur siehe Margolis [498]; Sylos-Labini [156]; Andrews [5]; Dobrinski [34], bes. Kap. II; McGuire [117]; Lamberton [102]; Machlup [495]. Man beachte insbesondere die neueren Übersichtsaufsätze von Langholm [471a] und Silberston [609 c], 4 » Andrews [5], S. 33 ff.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

der von der orthodoxen Theorie abgewehrt noch in diese einbezogen werden konnten 50 , bleibt es einigermaßen subjektivem Schiedsspruch überlassen, ob die realistische Alternative ausreichend eigenständig genannt werden darf. Uns scheint das zulässig zu sein. Die Einwände gegen die essentiellen Kernstücke der Marginaltheorie, Gewinnmaximierung und Grenzkosten-Grenzerlös-Ausgleichs-Methode, sind so erdrückend, daß die Preistheorie auf sie verzichten sollte, will sie nicht „unrealistisch" bleiben 51 . Das Zusammentreffen von theoretischer und empirischer Untersuchung hat zweifellos die begriffliche Präzisierung innerhalb der realistischen Konzepte, wenn auch nicht verhindert52, so doch erschwert53. Den Ubergang zu den neuen preistheoretischen Horizonten des Verteilungsproblems vollzieht M. Kalecki. In der Darstellung seiner Verteilungstheorie von 1938/39 bereits würdigt er die unternehmerische Politik der Preissetzung54. Kalecki verzichtet auf die Annahmen vollkommenen Wettbewerbs, ertragsgesetzlicher Kostenverläufe und eines langfristigen Gleichgewichts. Statt dessen nimmt er, unter dem neuartigen Aspekt des Bestehens freier Kapazitäten als normaler Erscheinung, horizontale Grenz- und Durchschnittskostenkurven an (bei Kalecki sind diese Kosten Primärkosten). An der Gewinnmaximierung hält er — zunächst noch — fest 55 . Nunmehr stehen also Lohnhöhe, Preisniveau, Beschäftigung und Verteilung nicht mehr in einem produktionstechnisch streng determinierten Zusammenhang; über die Preis-Grenzkosten-Ungleichung kommt die Marktmacht in den Ansatz. In der 2. Fassung seiner Verteilungstheorie gibt Kalecki endlich die Gewinnmaximierungsannahme auf. Er verwendet hier ein Konzept angebotsdeterminierter Preisbildung, ein Zusammenhang mit der Nachfrage wird nicht mehr konstruierbar 58 . Die Preise werden ermittelt durch Aufschläge zu den 50 51

M 55

54

Vgl. Heflebower

[398], S. 361.

Dabei ist der Doppelsinn des Ausdrucks „unrealistisch" - sowohl „abstrakt" wie „empirisch falsch" - zu beachten; wir zielen auf die letztgenannte Bedeutung. Cyert/

Grimberg [307], S. 308, Anm. 14.

Heflebower [398], S. 3 6 2 f.; vgl. bereits Machlup [492], S. 537. Zudem scheint die Eleganz der deterministischen Lösung des Marginalkalküls im Rahmen der neoklassischen Konkurrenzmodelle unerreichbar. Lediglich angemerkt sei: Hinter der Kontroverse um die Marginalpreistheorie wird die weitaus grundsätzlichere Auseinandersetzung sichtbar, inwieweit überhaupt eine Theorie ökonomischen Rationalverhaltens begründbar ist. „The Distribution of the National Income" [433]. Wegen der geringfügigen Verschiedenheit gegenüber der ursprünglichen Lesart in „The Determinants of Distribution of National Income", in: Eta., Vol. 6 (1938) als 1. Fassung bezeichnet. Kaleckis „Theory of Economic Dynamics" [78] ist dann die 2. Fassung. Hinsichtlich der preistheoretischen Annahmen waren Nachfolger: Weintraub, bes.

[174], Harcourt [395] und Solow/Stiglitz

[628 b], sowie natürlich A. Mitra.

Scitovsky [602], S. 26 f. schreibt daher von Kaleckis erster Fassung als einem „first cousin" der Grenzproduktivitätstheorie. 5® In seine 1. Fassung übernimmt Kalecki Lerners eiwze/wirtschaflliches Monopolgradkonzept und gebraucht es für seine Bestimmung des gesamtwirtschaftlichen Monopol-

55

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

97

Primärkosten, wobei die eigenen früheren und die Preise der Konkurrenten als Leitlinien gelten; die Relation zwischen Primärkosten und Preisen wird dann einfach als Monopolgrad definiert 57 . Kaleckis Beiträge sind in vielerlei Hinsicht wichtig. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der unternehmerischen Preispolitik für die Verteilung. Sie erlauben besonders mit der letzten Fassung den Einschluß realistischerer unternehmerischer Zielsetzungen, als es die Gewinnmaximierungsannahme sein kann. Schließlich lassen sie mit der in ihnen für die Erklärung der Verteilung adaptierten Aufschlagsmethode 58 das Verteilungsproblem deutlich hervortreten. Doch Kaleckis Ansichten gehen in einem nicht über die Erkenntnis der Grenzproduktivitätstheorie hinaus: hier wie dort ist die Verteilung im ZweiKlassen-Fall abhängig von der Relation zwischen Lohnsatz und Produktpreis, Änderungen dieser Relation entsprechen Änderungen in der Verteilung. Die von Kalecki begonnene neue preistheoretische Grundlegung wird uns unter Abschnitt 4.2 näher beschäftigen. Zu (2): Der zweite Hauptstoß gegen die Grenzproduktivitätstheorie gilt ihrem produktionstheoretischen Determinismus 59 , der durch die strikte Verkettung von Grenzproduktivität und Faktornachfrage zustande kommt. Zwar hat die naive Machttheorie zu Unrecht behauptet, die Verteilung vollziehe sich allein nach den gesellschaftlichen Machtverhältnissen, wie sie durch die Existenz des Privateigentums an Produktionsmitteln begründet würden; abgesehen davon, daß die Hinnahme dieser Sicht durch die ökonomische Theorie einem Selbstverzicht auf eingehende Analyse entsprochen hätte, brauchte sie aus guten Gründen dies nicht zuzugestehen. Die Argumentation wollen wir hier nicht wiederholen80. Immerhin brachte die Kontroverse — der Böhm-Bawerk die zündende Parole geliefert hatte — eine Tendenz nicht mehr zum Verschwinden, die im verteilungstheoretischen Denken der Gegenwart zu einer weitgehenden Übereinstimmung geführt hat: Die von der Grenzproduktivitätstheorie ausgearbeitete strikte Abhängigkeit der Einkommensverteilung von den produktionstechni-

Da die Nachfrageelastizität en

=

—^¡r ist, gilt also im p — CjE

Maximierungsfall

(GK = GE): n = — ; vgl. Kalecki [433], S. 201. EN " Kalecki [78], S. 12 f. 58 Sie ist nicht identisch mit dem üblicherweise als Voll- oder Normalkostenverfahren entwickelten Aufschlagsverfahren. 59 Abgesehen von der Kritik der ursprünglich unterliegenden Produktionsfunktion im engeren: die Frage der unendlichen Teilbarkeit (in der Logik des mathematischen Erfordernisses nach Stetigkeit, wenn Differenzierbarkeit gegeben sein soll), Homogenität der Faktorqualitäten, ertragsgesetzlich determinierte konvexkonkave Gesamtkostenfunktion mit u-förmigen Durchschnitts- und Grenzkostenkurven, Variabilität der Produktionskoeffizienten usw. 60 Vgl. Preiset [558], S. 279 ff. Wir akzeptieren im ganzen Preisers Urteil über die Leistungen der Grenzproduktivitätstheorie. Des weiteren: Liefmann-Keil [484], S. 405 ff.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

sehen Bedingungen wird, jedenfalls f ü r die kurze Frist, überwiegend abgelehnt. Statt der Auffassung, d a ß sich die Verteilung unter d e m Z w a n g des Grenzproduktivitätsprinzips in strikter Abhängigkeit von den Produktionsbedingungen vollziehe, wird n u n m e h r die Verteilung als determiniert verstanden von den verteilungsbewußten Entscheidungen der Einkommensempfänger. Diesen legen produktionstechnische Gegebenheiten allerdings Beschränkungen auf. (Das gilt wiederum besonders in kurzfristiger Betrachtung, w e n n P r o d u k t i o n s f u n k t i o n , Kapazitäten, Allocation der Ressourcen usw. gegeben sind.) In dem Vorgang der Preisbestimmung wird ein verteilungspolitisches H a n d e l n bemerkbar, das der — wie streng auch immer — herrschenden Produktionslogik nicht u n t e r w o r fen ist, diese aber auch nicht ignoriert, w e n n „nichts Utopisches" (E. Preiser) geplant werden soll. Die Entwicklung des Denkens bis hierhin hat sich in Schritten vollzogen 6 1 . Anfänglich w a r lediglich an den Einsatz vorhandener Faktorbestände gedacht, wobei die Besitzer der Faktoren sich verteilungspolitisch passiv oder neutral verhalten, d. h. über die Faktoren nur nach den Notwendigkeiten der vorgegebenen Produktionsverhältnisse verfügen. Dem entsprach die Vorstellung des vollkommenen Konkurrenzmodells, nach welchem die Preise unpersönliche Ergebnisse a n o n y m e r M a r k t k r ä f t e sind; mit deren Ü b e r n a h m e hatten die Unternehmer, unter A n w e n d u n g des Marginalkalküls, keine ö k o n o mischen Entscheidungen zu planen u n d durchzusetzen, sondern Rechenaufgaben zu lösen. In d e m folgenden Stadium der Entwicklung k a m es zur Konzeption von Nachfrage- u n d Angebotsfunktionen (resp. -kurven) f ü r die Faktoren. Hinsichtlich des neuen Aspektes der Angebotsfunktionen w a r wichtig, d a ß verschiedene Bestimmungsgründe f ü r das Faktorangebot vorliegen k o n n t e n , die F o r m u n d Lage der Funktion veränderten; damit w a r erreicht, d a ß die Diskussion gewisser reaktiver Verhaltensweisen der Anbieter von Faktoren auf alternative Konstellationen hin möglich w u r d e . Erst im neueren Stadium aber (und auf selbstverständliche Weise mit den Bedingungen der m o d e r n e n „pressure economics" verknüpft) 6 2 k a n n d a v o n ausgegangen werden, d a ß die Verteilung von den E i n k o m m e n s e m p f ä n g e r n bzw. -klassen geplant u n d in bestimmter H ö h e aktiv angestrebt wird. Dabei ist wichtig geworden, d a ß die Unternehmer ihre Preise nicht v o m M a r k t übernehmen, sondern genug Bewegungsfreiheit u n d M a c h t zeigen, die Preise f ü r das Angebot selbst zu bestimmen. Es ergibt sich eben damit, d a ß nicht nur die Lohnpolitik der Gewerkschaften als von einer einkommenspolitischen Motivation geleitet zu verstehen ist — ein U m s t a n d , der im allgemeinen nicht bezweifelt wird — sondern auch die unternehmerische Preispolitik. Die einkommenspolitische Motivation prägt wesentlich die angestrebte Zielsetzung, an der sich die Unternehmer im weiteren bei ihren Preisentschlüssen ausrichten 6 3 . 61

Zu dieser Entwicklung vgl. Preiser [141], S. 48. Zu dem analogen Vorgang in der Preistheorie vgl. Rothschild [585], S. 355 f. 92 Der Ausdruck findet sich zum Beispiel bei Bronfenbrenner. 6S Zu der verteilungstheoretisch relevanten Zielsetzung s. Punkt 4.2.1.2.

Erklärungswert der Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung

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Der Gewinn, für den die Grenzproduktivitätstheorie, wenn auch in der engen Bedeutung des „reinen" Gewinns, keinen Platz hat, weil die Einkommen der Faktoren das Produkt restlos ausschöpfen64, wird zur zentralen „strategischen Größe" des unternehmerischen Preisverhaltens. Erinnert man sich der Feststellung Bombachs, daß „die produktionstheoretisch orientierte Verteilungstheorie . . . notwendigerweise Funktionaltheorie" sein muß 65 , so zeigt sich, daß die Chance, verteilungspolitisches Verhalten der sozialen Klassen zu berücksichtigen, eben davon abhängt, wie man den technologischen Zwang theoretisch „aufbricht". Wie Haavelmo einleuchtend darlegt, ist die Vorstellung, daß der Produktionsprozeß „ziemlich definitiven technologischen constraints" unterliege, „zwar eine der fundamentalen Annahmen der ökonomischen Theorie", dennoch aber sei sie „a rather ridiculous one". Von Bedeutung sei doch wohl, daß über die technologische Produktionsfunktion sinnvoll nicht unabhängig davon gesprochen werden könne, wer Unternehmer ist. Die Produktionsfunktion werde einer Unternehmung keineswegs als Datum zuteil, und Haavelmo schließt: „ . . . in that case the constraints are certainly not of a pure technological nature. They are in part man-made, organizational or perhaps of a purely personal nature." 66 In nahezu allen Wirtschaftsbereichen läßt sich die Beobachtung treffen, daß zwischen den technologisch fortgeschrittenen und den damit vergleichbaren zurückliegenden Unternehmen ein ausgedehntes Gefälle besteht. Verständlicherweise sind die subjektiven Kenntnisse der Unternehmer über den objektiv erreichten Stand des technischen Wissens individuell verschieden und unvermeidlich unvollkommen. Entscheidend ist jedoch, welche Erfahrungen sie mit den jeweils bislang angewandten Produktionsverfahren sammeln konnten und ob sie sich neuen Erfahrungen gegenüber nicht verschließen. Das ist ganz offensichtlich ein Problem außerhalb einer gegebenen Technologie. Damit aber zeigt sich, daß der wirkliche Aktionsspielraum für unternehmerische Motive und Entscheidungen größer ist, als ein strikt produktionstheoretischer Ansatz glauben machen will 67 . Z u m Ausschöpfungs-Theorem s. Stigler [165], Kapitel 12. Bombach [266], S.117. •• Haavelmo [55], S. 157 f. Wir folgen hier der Wiedergabe von Krüsselberg [94], S. 56. Vgl. auch Kaldor [432], S. 309 f. 8 7 Im übrigen zeigt sich, daß der Spielraum für Produktionsentscheidungen in einem bestimmten Aspekt enger begrenzt ist, als im Rahmen der Grenzproduktivitätstheorie von Anfang her angenommen worden war. Die moderne industrielle Technik erschwert die kontinuierliche Substitution zwischen den Faktoren, wenn diese nicht sogar völlig suspendiert wird. Die Produktion vieler Güter erfordert spezialisierte Investitionen, für die starre technologische Faktoreinsatzrelationen charakteristisch sind (Vorstellung der „divisible, but unadaptable plant", Stigler [685], S. 305). Alternative Produktionsverfahren deuten daher auf die empirische Möglichkeit von größeren, von der Grenzproduktivitätstheorie nicht determinierbaren, Zwischenbereichen der Faktoreinsatzkombination. Vgl. auch Fukuoka [360], S. 23 ff.

64 15

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Zu (3): Die moderne neoklassische Verteilungstheorie ist eine Theorie der relativen Anteile 68 . Sie basiert auf der allgemeinen neoklassischen Theorie der relativen Preise und Löhne; gesamtwirtschaftlicher Ausstoß und gesamtwirtschaftliche Beschäftigung, Preisniveau usw. werden wenig diskutiert. Die Grenzproduktivitätslösung enthält keine Bestimmungsgleichung für die Größe des Gesamteinkommens, die Verwendungsseite desselben wird reichlich nachlässig behandelt. Die absoluten Anteile bleiben mithin unzureichend bestimmt, es sei denn, man vertraut sich jener klassischen Zuversicht in die Segnungen der freien Preisbildung an, daß die verfügbaren Ressourcen an Realkapital und Arbeit jedenfalls beschäftigt werden (Say'sches Theorem). Nur dann kann jedenfalls das reale Gesamteinkommen als gegeben und bestimmt angesehen werden (Wir merken an, daß nicht an automatische, immerwährende Vollbeschäftigung gedacht war, doch an eine langfristig unaufhaltsame Tendenz zur Vollbeschäftigung, sofern Löhne und Preise unbeschränkt flexibel sind). Doch die Systemkräfte (voran der Steuerungsmechanismus der relativen Preise) sind keineswegs imstande, den Vollbeschäftigungszustand und damit die Gültigkeit des Say'schen Theorems sicherzustellen. In der neoklassischen Systemlösung waren zu Unrecht die Erkenntnisse aus der Analyse der Preisbewegung eines Gutes oder Faktors auf die Analyse der Preisbewegung in einer Wirtschaft als ganzer (sämtliche Güter und Faktoren umfassend) übertragen worden. Der Einwand gegen die Grenzproduktivitätstheorie, ein spezieller Verwendungsfall für die neoklassische Theorie der relativen Preise zu sein, die zwar die relativen Anteile (wie wir dann sagen werden: die Verteilungsstruktur) festlegen kann, nicht aber zugleich die (absolute) Höhe der Anteile (später: das Verteilungsniveau), besteht zu Recht 89 . Aber ist dies der Einwand, der auch gegen jede andere ausschließlich preistheoretisch fundierte Verteilungslösung erhoben werden kann 69a ? So nachhaltig diese Einwände (neben anderen) die Grenzproduktivitätstheorie für die Erklärung der Verteilung unbrauchbar werden lassen, sie schmälern nicht das Verdienst der Theorie, gezeigt zu haben, daß die Verteilung der Einkommen denselben Faktoren unterliegt, die auch für das Verhältnis von Löhnen und Preisen Bedeutung haben. Die Aufgabe besteht eben darin, einen realisti" Siehe die glanzvolle Ableitung bei Hicks [67], Kapitel 6; ebenso die knappe Wiedergabe bei Scitovsky [602], S. 22-26. Zu den Ausdrücken „Verteilungsstruktur" und „Verteilungsniveau" s. Abschnitt 3.2.1 dieser Arbeit. •9* Im Kern betrifft das auch Kalecki. Zwar verwendet er ein Gerüst von Kreislaufgrößen, doch dienen ihm diese vorwiegend als makroökonomischer Mantel für seine durchschlagenden, preistheoretisch begründeten Determinanten der Verteilung: Monopolgrad und Verhältnis von Material- und Arbeitskosten. Die makroökonomischen Folgerungen sind gewonnen durch lineare Aggregation der einzelwirtschaftlichen Ergebnisse. - Zur Kritik dieser Aggregationsmethode s. Dunlop [35], Kapitel 8. Generell zum Aggregationsproblem s. die Schriften von H. Theil (1954), R. G. Allen (1956) und H. A. ]. Green (1964).

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Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau

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scheren und daher aussagefähigeren Weg aufzuzeigen, nach dem sich im Prozeß der Preisbildung die Lohn-Preis-Relation bestimmt.

3.2 Die Bestimmung von Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau als Kernfrage der Theorie der Einkommensverteilung Nachdem wir uns in Auseinandersetzung mit der Grenzproduktivitätstheorie einiger der uns wesentlich erscheinenden Ausgangspunkte f ü r eine theoretische Analyse der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung vergewissert haben, wollen wir nunmehr den Grundrahmen f ü r die Analyse derselben beschreiben. N u r innerhalb dieses verteilungstheoretischen Rahmens wird letztlich die Frage zu beantworten sein, ob und in welchem Ausmaß die inflationäre Preissteigerung Einfluß hat auf den Prozeß der Verteilung der Einkommen.

3.2.1 Zu den Begriffen Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau Die Kernfrage der gesamtwirtschaftlichen Theorie der Einkommensverteilung ist, wir wiederholen: Wie läßt sich der Prozeß der Verteilung der Einkommen auf Löhne und Gewinne erklären? Gemäß diesen nominellen Anteilen am Gesamteinkommen ergeben sich die Verteilungspositionen der beiden relevanten sozialen Klassen der Arbeitnehmer und Unternehmer-Kapitalisten. Hervorhebenswert ist, daß deren Einkommensanteile sich in zweifacher Hinsicht kennzeichnen lassen: (1) als Einkommenssumme, d. h. absoluter Betrag im Gesamteinkommen — absoluter Anteil (z. B. Lohnsumme); (2) als Einkommensquote, d. h. Bruchteil des Gesamteinkommens — relativer Anteil (z. B. Lohnquote). N u n ist es üblich, im betrachteten Zwei-Klassen-Schema die Einkommensquote der einen oder anderen Klasse als Abbreviatur für die zu bestimmende Verteilungssituation zu verwenden 7 0 . Doch die Quote allein, etwa die Lohnquote, sagt über die Verteilungssituation der Lohnempfänger bzw. die Verteilungssituation insgesamt wenig aus. Wennschon f ü r Zwecke der Analyse unentbehrlich, ist ihr Wert als statistische Meßziffer ohnehin zweifelhaft, ganz abgesehen von ihrer Ungeeignetheit f ü r öffentliche lohn- und verteilungspolitische Diskussionen 71 . Uns k o m m t es aber darauf an, nicht den Umstand zu verdecken, daß die Lohnquote allein nicht kenntlich macht, auf welche H ö h e des — potentiell durch 70 71

Hier ist an keine faktisch bestehende, sondern an die mit Mitteln der theoretischen Analyse zu bestimmende Verteilungssituation zu denken. G. Bombach äußert sich dazu klar in: [266], S. 99 sowie 110.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

Vollbeschäftigung und Vollauslastung möglichen — Gesamteinkommens sie sich bezieht. Stellen wir zunächst einfach fest, daß für die Beurteilung der Verteilungssituation einer Klasse in der Tat die bloße Quote nicht ausreicht. Dafür ist die Entwicklung des absoluten Einkommens bzw. die Höhe des absoluten Anteils, welche in engem Verhältnis zur Höhe des Gesamteinkommens steht, ebenso wesentlich. Es ist somit sinnvoll, zwischen VerteilungssirMfefwr, ausgedrückt in den relativen Anteilen, und VerteilungsMiVedM, ausgedrückt von den absoluten Anteilen, zu unterscheiden. Der umfassende verteilungstheoretische Ansatz, der von dieser Art von Dichotomisierung ausgeht, hat dann zu entwickeln, welche Faktoren — und auf welche Weise — im Prozeß der Verteilung wirksam zugleich (!) Struktur und Niveau der Verteilung determinieren. Die bisherigen verteilungstheoretischen Lösungen haben, zumeist unbewußt, dieser Dichotomie entsprochen. Entweder wurde der Zugang von der preistheoretischen Seite unternommen: Mit der Bestimmung des Lohn-Preis-Verhältnisses ergab sich eine Bestimmung der Verteilungsstruktur. Wurde der Zugang von der Seite der Einkommensverwendung unternommen, so ergab sich eine gemeinschaftliche Bestimmung des Niveaus des Gesamteinkommens und seiner Verteilung auf die Klassen72. Hervorgehoben werden muß, daß jeder dieser Ansätze mit der Anteilsbestimmung zugleich Struktur und Niveau der Verteilung festlegt. Der preistheoretische Zugang bestimmt jedoch mit der Lohn-Preis-Relation primär die Struktur der Verteilung, während die Höhe des mithin strukturierten und zu verteilenden Einkommens unbestimmt bleibt oder durch ergänzende Annahmen a priori festgelegt wird. Der einkommenstheoretische Zugang bestimmt primär das Niveau der Verteilung, indem er mit der gesamtwirtschaftlichen Determination von Beschäftigung, Output und Nominaleinkommen zugleich die Verteilung festlegt. In ihm fehlen Aussagen über die Bestimmungsfaktoren der Geldlohn-Preis-Relation. Die Vorstellung eines Verteilungsniveaus bedarf aber noch der Verdeutlichung. Wie erwähnt, kann sich der relative Anteil (Quote) auf unterschiedliche Werte (Niveaus) des Gesamteinkommens beziehen. Gleiche Quoten können demnach durchaus Unterschiedliches bedeuten, wenn die absoluten Anteile verschieden sind, d. h. wenn mit dem Niveau des Gesamteinkommens auch das Niveau der Verteilung unterschiedlich ist. Dazu einige weitere Bemerkungen: 1. Die relativen Anteile sind in der Regel keine geeigneten Maßstäbe für das verteilungspolitische Verhalten der Klassen. Weder Arbeitnehmer noch Unter72

Es läßt sich auch so sagen: Der Ansatz auf die Verteilungsstruktur hin bringt die Faktoren ins Spiel, die auf der Seite des Angebots auf die Verteilung einwirken. Demgegenüber betont der Ansatz zum Verteilungsniveau die gesamtwirtschaftlichen, nachfrageseitigen Bestimmungsgründe der Einkommensverteilung. Es ließen sich demgemäß die vorliegenden Lösungen in angebotsdeterminierte und einkommensnachfragedeterminierte Verteilungstheorien klassifizieren.

Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau

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nehmer legen ihren individuellen oder branchenweiten Einkommensplanungen u n d -entscheidungen in erster Linie die Q u o t e zugrunde. Individuellen Einkommensempfängern d ü r f t e diese geradezu gleichgültig sein. Orientierungs- (wenn nicht sogar Ziel-)Größen sind viel eher, mikro- wie m a k r o ö k o n o m i s c h , die Z u wachsrate der (absoluten) Einkommenssumme, Einkommensdifferenzierungen, die Proportion dieser E i n k o m m e n s s u m m e zu einem relevanten Preisindex (z. B. L o h n s u m m e z u m Preisindex f ü r die Lebenshaltung, also Reallohn) oder bestimmten anderen Bezugsgrößen (eingesetztes Kapital, Umsatz usw.). Das wird bei der unternehmerischen Zielsetzung genauer zu prüfen sein. Bei Lohnverhandlungen taucht die L o h n q u o t e gelegentlich auf. Solange aber einzelne Gewerkschaften f ü r branchenmäßig u n d regional begrenzte Bereiche diese Verhandlungen f ü h r e n , ist die gesamtwirtschaftliche L o h n q u o t e ein reichlich abstraktes Orientierungsmaß, dem, anders als L o h n h ö h e u n d Lohndifferenzierungen, eher rhetorische als praktisch-politische Bedeutung beizumessen ist 73 . 2. Auch ohne eingehende wohlfahrtstheoretische Begründung läßt sich sagen, d a ß die H ö h e der erzielten E i n k o m m e n u n d das entsprechende Niveau der Einkommensverteilung das A u s m a ß materieller „ W o h l f a h r t " unmittelbar bedingen, die den E i n k o m m e n s e m p f ä n g e r n zuteil wird 7 4 . Gerade in den kapitalistischen Marktwirtschaften funktionieren E i n k o m m e n s h ö h e u n d Konsumstandard als M a ß s t ä b e der erreichten (wie angestrebten) sozialen Position. Z w a r ist denkbar, d a ß die soziale Lage („Lebenshaltung"), gemessen an irgendeinem als verpflichtend e m p f u n d e n e n „Lebensstandard" 7 5 , trotz h o h e r E i n k o m m e n unbefriedigend ist, doch der umgekehrte Fall entspricht schwerlich allgemeiner Erfahrung. 3. In einer weiteren Hinsicht ist der Wohlstandseffekt einer bestimmten Einkommensverteilung beachtlich. Aus der inflationären Entwicklung der Güter7S

Die Quote als alleinige Kennziffer für die Verteilungsposition einer Klasse ist in einem weiteren Punkt fragwürdig (der jedoch ebenso auf die Vorstellung eines Verteilungsniveaus bezogen werden muß): Sie gibt nicht zu erkennen, wie viele Einkommensempfänger an ihr partizipieren (Frage der durchschnittlichen oder ProKopf-Einkommen). Eine Berücksichtigung dieses personellen Moments sprengt den Rahmen einer Theorie der Verteilung unter den sozialen Klassen. 74 „Economic welfare so far as it can be measured by income has been defined as Potential or realized command over economic goods, the services of persons and things." Kyrk [470], S. 343. Dobb [317], S. 357. Die Relation dieser Einkommen (Einkommensverteilung) ist aber vielfach ein besserer Gradmesser der Wohlfahrt als irgendein Gesamteinkommensindex, da ein hoher Anteil des Gesamteinkommens unter Umständen nicht wohlstandsfördernd verwendet werden kann (Rüstung, Auslandshilfe usw.). 75 Zu Inhalt und Umfang des Begriffs „Lebensstandard" (desired manner of living) siehe Pipping [136]. In das komplizierte Gefüge individueller und sozialer Normen, die in das Leitbild eines bestimmten Lebensstandards eingehen, zählen - neben anderen - nicht nur Normen der Einkommensverwendung (Konsum, Sparen), sondern auch Bedingungen, unter denen Einkommen erworben wird, etwa auch das Verhältnis von Arbeitszeit und Muße.

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

preise (wobei vor allem an solche zu denken ist, die in den Preisindex für die Lebenshaltung eingehen) ergibt sich, daß mit der fallenden realen Kaufkraft der Geldeinkommen das Ausmaß erreichbarer Versorgung gesenkt wird. Die schleichende Wohlfahrtsminderung wird um so fühlbarer, wenn die Geldeinkommen nicht oder nur wenig steigen. Dieser Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe, Verteilung und Inflation wird transparenter mit Hilfe der Vorstellung des Verteilungsniveaus. Freilich besagen auch die Wohlfahrtsaspekte der Relation von Geldeinkommen und damit beschaffbarer Gütermengen (Kaufkraft der Geldeinkommen) nichts Endgültiges über die „Wertgeltung" einer gegebenen Verteilung. Etwa steigen mit steigenden Geldlöhnen bei angenommen zunächst konstanten Preisen die Reallöhne. Verbindet sich dieser Vorgang aber mit steigender Arbeitsproduktivität und konstanter Ausbringung, so sind Entlassungen nicht zu umgehen. Eine derartige „Verbesserung" der Einkommenssituation der Beschäftigten auf Kosten der Arbeitslosen dürfte ebensowenig günstig zu beurteilen sein wie die Bewegung einer in depressiven Konjunkturlagen steigenden Lohnquote oder eine nur über verlängerte Arbeitszeiten erreichbare Steigerung des absoluten Anteils der Lohnempfänger und des Gesamteinkommens (Verlust des Gutes „Freizeit"). Die Frage der Wohlfahrt ist eben von einem „normalen" oder „befriedigenden" Umfang der Produktion und Beschäftigung nicht zu trennen (sowenig wie von den Bedingungen, die für diese gelten)78. Da kurzfristig Beschäftigung (Arbeitseinsatz) und Realeinkommen (physischer Output) sich mehr oder minder proportional verändern", ergibt sich aus allem, daß Gesamtbeschäftigung, Gesamtproduktion, Gesamteinkommen und Preisniveau in die Verteilungsanalyse einbezogen werden müssen, will man zu vernünftigen Schlüssen kommen 78 . Erst unter Berücksichtigung der Einkommenssumme, die eine Klasse erhält und deren Höhe sich im Regelfalle der Höhe des Gesamteinkommens entsprechend ändert, läßt sich die wirtschaftliche Lage der Klasse beurteilen (Höhe der verfügbaren Ausgabensumme, Verhältnis von Einkommensbeziehern und Einkommenslosen usw.). Das antizyklische Steigen der Lohnquote in der Depression läßt immerhin die Regel zunichte werden, daß eine hohe Quote aus der Sicht einer Klasse — verteilungspolitisch — wünschenswert sein muß. Hier zeigt sich zudem, daß Einkommenssumme und Einkommensquote sich nicht gleichsinnig ändern müssen: Eine steigende Quote kann mit konstanter oder rückläufiger Anteilssumme verbunden sein, wie andererseits auch eine Steigerung der Anteilssumme die Quote unberührt lassen kann7®.

77 78 79

Die Stabilität der relativen Anteile in der Zeit läßt überdies bei wachsendem Gesamteinkommen den Abstand zwischen den absoluten Anteilen größer und größer werden - noch ein Hinweis auf die Dualität von Struktur und Niveau der Verteilung in der langen Frist. Siehe S 80 f So auch Bombach [266], S. 100. Brortfenbrenner z. B. nennt das Beispiel der amerikanischen Inflation 1945-1954, w o

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Worauf es nach allem f ü r die Erklärung der Einkommensverteilung ank o m m t , ist: Nicht n u r die Struktur der Verteilung, wie sie in den „ b l o ß e n " Q u o ten ausgedrückt ist, sondern auch das Niveau der Verteilung, wie es durch die H ö h e der Anteilssumme (Zählergröße) ausgedrückt ist, m u ß in Ansatz gebracht werden. N u r so ist ein Erklärungssystem f ü r die Verteilung zu finden, welches „nicht n u r ein Q u o t e n m o d e l l (ist), s o n d e r n . . . zugleich die Niveaulagen (bestimmt)" 8 0 . Die T r e n n u n g nach Verteilungsstruktur u n d Verteilungsniveau w ü r d e selbstverständlich eine Klassifizierung der bisherigen verteilungstheoretischen Lösungen erlauben; doch mit einer solchen, die den bisherigen Einteilungen jeweils in bestimmten Aspekten ähneln w ü r d e , w ä r e wenig gewonnen 80 ®. 3.2.2 Der verteilungstheoretische Grundrahmen für weitere Analyse D a der Verteilungsprozeß in den W i r k u n g s z u s a m m e n h a n g des generellen ökonomischen Prozesses einer Volkswirtschaft eingeschlossen ist, ist es nicht einfach, die G r ö ß e n unter den übrigen zu isolieren, die die Verteilung im Prozeß (und somit auch Ergebnis) determinieren. Die als wesentlich e r k a n n t e n Einflußgrößen müssen aus d e m generellen Z u s a m m e n h a n g g e n o m m e n u n d mit der Einseitigkeit verwendet werden, welche die Theorie stets gestattet, wenn die ökonomische Wirklichkeit in einem spezifischen Erkenntnisinteresse erfaßt werd e n soll. Dieses Vorgehen ist weniger bedenklich bei jenen Zielsetzungen u n d Verhaltensweisen, die sich in erster Linie u n d sozusagen „ e r k l ä r t e r m a ß e n " auf die Einkommensverteilung beziehen: die gewerkschaftliche Geldlohnpolitik u n d die Preis- bzw. Gewinnpolitik der Unternehmer. H i n z u k o m m e n aber Einflußgrößen, die keinen beabsichtigten oder erklärten o d e r u n m i t t e l b a r erkennbaren Bezug zur Verteilung haben, nichtsdestoweniger diese aber w i r k s a m beeinflussen, wie z. B. das Ausgabenverhalten der Klassen im Kreislauf. Die der Konsum- u n d Investitionstätigkeit zugrundeliegenden Neigungen u n d Gewohnheiten „entspringen ganz anderen Überlegungen u n d Absichten der Wirtschaftssubjekte, u n d auch w e n n die Einkommensverteilung de facto d a v o n beeinflußt wird, ändert das nichts an der Tatsache, d a ß unmittelbar

steigende Geldlöhne mit konstanter Lohnquote verbunden waren, s. [279], S. 49 f. Unter dem Wohlfahrtsaspekt ist wahrscheinlich verteilungspolitisch eine konstante Quote der Lohnempfänger bei steigendem Einkommen einer steigenden Quote bei konstantem oder fallenden absoluten Einkommen, vorzuziehen. 80 Bombach [266], S. 145, welcher in seinem, in dem Aufsatz Preisstabilität, wirtschaftliches Wachstum und Einkommensverteilung S. 9-11 entwickelten, Modell diesem Anspruch gerecht zu werden sucht. Siehe ansonsten Bombachs Kommentar S. 137 ff. 80 * Siehe Klassifizierungen beispielsweise bei Kaldor [426]; Scheele [634]; Scitovsky [602]; Krelle [93], S. 23 ff.; Bombach [266]; Stobbe [166]; Lübbert [112], S. 4; Hofmann [68], S. 267; Davidson [33].

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

nur die Lohnforderungen der Arbeiter und die Preissetzung der Unternehmer auf die Verteilung abzielen" 8 1 . Wennschon es richtig ist, daß grundsätzlich alle volkswirtschaftlichen Parameter mehr oder minder auf die Einkommensverteilung einwirken 8 2 — die vorliegenden Theorien der Einkommensverteilung beziehen nur jeweils eine beschränkte Anzahl von Bestimmungsgrößen in ihren Zusammenhang ein 8 3 . Das hat den Vorteil, die ökonomische Logik des Verteilungsprozesses deutlich hervortretenzusehen, methodologisch gewissenhaft müssen jedoch diese „ T h e o r i e n " Modelle genannt werden. Die Kritik an ihnen zeigt einige methodische und inhaltliche Schwerpunkte, deren wir uns im weiteren zu erinnern haben werden: 1. Die unzureichende Anzahl der berücksichtigten Bestimmungsgrößen wird bemängelt; angesichts der zuvor geschilderten schwierigen Situation der Verteilungstheorie ist dieser Vorwurf naheliegenderweise leicht zu erheben. Der legitimen Forderung, alle irgendwie relevanten Größen einzubeziehen, steht das ebenso wissenschaftlich berechtigte Interesse entgegen, die Zahl der eingeschlossenen Variablen zu verkleinern. 2. Die ausgewählten Bestimmungsgrößen selbst und die Form ihrer Verknüpfung werden kritisiert, z. B. die F o r m der angenommenen Preisdetermination, die Spar- und Investitionsfunktion, die unternehmerische Zielsetzung usw. D a Preise, Produktionsmengen, Einkommen und Verteilung in einem generellen Prozeß bestimmt werden, der nur zu einem Teil erkennbar unmittelbaren „verteilungsbewußten" Entscheidungen unterliegt, sind Einseitigkeiten, wie sie dieser spezifischen Fragestellung entsprechen, die sich nichtsdestoweniger aber auf den komplizierten Gesamtzusammenhang beziehen muß, auch für die Verteilungstheorie wohl kaum zu vermeiden. 3. Schließlich bezieht sich die Kritik auf die Frage der Exogenität gewisser Bestimmungsgrößen der Verteilung, z. B. des Geldlohnsatzes und der Investitionen. Regelmäßig wird daran die Forderung geknüpft, diese Größen ihrerseits auf ihre Bestimmungsgründe zurückzuführen. Legitimerweise kann eine Variable nur dann als exogen aufgefaßt werden, wenn die Richtung des Einflusses im gezeigten Zusammenhang eindeutig und nicht umkehrbar ist. Vielfach ist die bestimmende Größe jedoch ihrerseits von den zu erklärenden Variablen bestimmt 8 4 . 81 82 88

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Preiser [141], S. 15 f. „Actually, the distribution of income is determined by the entire set of prices and quantities that the economy generates." Reder [570], S. 202. Ein Umstand, den Krelle in seinen ausführlichen, den einfachen Ansatz vom KaldorTyp erweiternden Gesamtnachfrage-Modellen zu überwinden trachtet; der Preis ist der mangelhafter Überschaubarkeit. Krelle [93], 14.-17. Kapitel. Diese Kritik wird oft in der speziellen Hinsicht geltend gemacht, daß auch die Rück-(„feed back"-)Wirkungen einbezogen werden müssen, also z. B. der Einfluß der Gewinne auf die Investitionen (im Anschluß an das Kaldor-Modell) oder der Preissteigerung auf die gewerkschaftliche Lohnpolitik oder das unternehmerische Pro-

Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau

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Nochmals sei betont: Jeder Zugang zur Erklärung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung bestimmt zugleich deren Struktur und Niveau. Doch da Einkommen sowohl mit Preisen wie mit Output, Beschäftigung und Verkäufen variieren, ergibt sich je nachdem, ob Preise (in Relation zu den Kosten) oder Output, Beschäftigung, Verkäufe und Einkommen (in Relation zu den Ausgaben) untersucht werden, eine primäre Bestimmung von Verteilungsstruktur oder Verteilungsniveau. Das jeweils andere bleibt unzureichend erklärt — dem ersten Zugang fehlt eine Bestimmung des Gesamteinkommens, dem zweiten eine Darlegung der Preisdetermination. Das Gemeinte läßt sich mit dem Beispiel des Einkommensanteils „Gewinne" auch so ausdrücken: Bekanntlich hängen Gewinne sowohl ab von den Preisentscheidungen der Unternehmer (die unter der Voraussetzung bestimmter Marktformen bestimmten Zielsetzungen folgen und gewisse Formen der Aufschlags-Preissetzung anwenden) als auch dem Umfang des Gesamtkreislaufs, Höhe und Zusammensetzung der Gesamtnachfrage usw. Je nachdem akzentuieren die vorliegenden Theorien die Angebots- oder die Nachfrageseite, wobei, wie wir bereits betonten, seit der Klassik vorzugsweise angebotsorientierte Theorien auf preistheoretischer Grundlage entwickelt wurden. Zwar wird in einigen neueren Arbeiten, abgesehen von Kalecki, eine Verknüpfung beider Seiten vorgenommen, doch der Schwerpunkt liegt ebenso bei der Angebotsseite, wie der gewählte preistheoretische Unterbau regelmäßig zur Grenzproduktivitätstheorie hinführt85. Für die von ihm so genannte „Keynesianische Verteilungstheorie" hat N. Kaldor gerätselt, wie die Grenzproduktivität, die er damals für noch bewährt angesehen haben mag, in diese einseitig nachfrageorientierte Konzeption Eingang finden kann86. Einen Vorschlag hat er seither nicht gemacht87. Wie wir es sehen, ist weder der Weg, die Nachfragefaktoren einem preistheoretisch fundierten Modell einzufügen, noch der andere Weg, die Preisdetermination auf irgendeine Weise in einem nachfrageorientierten Modell zu berücksichtigen, erfolgversprechend88. Statt dessen scheint allein zukunftsweisend zu

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M 87

88

fitverhalten. In dem ersten, verteilungstheoretischen Beispiel (im Anschluß an Kaldor) ist die Investitionsquote, im zweiten, inflationstheoretischen Beispiel ist die Profitrate (Dow-Modell) exogen angenommen. Baumol zeigt in einem Modell vom KaldorTyp, in welchem er die Lohnquote vom Gesamteinkommen und die effektive Gesamtnachfrage nach dem Output abhängig von der Lohnquote sein läßt, wie Einkommensniveau und Verteilung simultan determiniert werden. Baumol [12], S. 400 ff. Vgl. auch FN 47, 5. Kapitel unserer Arbeit. So etwa bei Robinson [147]; Findlay [350]; Gallaway [368]; Münnich [124], Niebans und Krelle unternehmen gleichfalls Integrationsversuche, beide jedoch unter Befolgung der preistheoretischen Orthodoxie der Neoklassik. Kaldor [426], S. 236. Für seine in Schritten entwickelten wachstumstheoretischen Vorstellungen hat Kaldor auf die Grenzproduktivitätsthese ganz verzichtet, ohne daß damit allerdings eine Aufgabe der grundsätzlichen Angebotsorientierung seiner Wachstumsmodelle eingetreten wäre. S. dazu Oppenländer [128], S. 191 ff., bes. Zusammenfassung S. 240 f. Scheele beurteilt die bisherigen Versuche, Marktform und unternehmerische Preis-

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Kurzfristige Bestimmung der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung

sein, beide Zugänge zu einem einheitlichen, integrierten Erklärungszusammenhang zu verbinden. E. Preiser und A. Stobbess> sind in dieser Weise vorgegangen, und wir fühlen uns ihrem Beispiel verpflichtet90. Bei unserem Verfahren, den Zugang von der preistheoretisch (respektive inflationstheoretisch) fundierten Seite — Bestimmung der Verteilungsstruktur — zu verbinden mit dem Zugang von der einkommensanalytischen Seite — der Bestimmung des Verteilungsniveaus — muß sich zeigen, wie die Verteilung herauskommt, wenn sich die Planung von Preisen und Angebotsmengen und die Planung von Ausgaben- und Nachfragemengen entsprechen oder voneinander abweichen. Der Grundgedanke der folgenden Darlegungen ist jedoch nun deutlich: Das Verteilungsproblem soll von zwei Seiten angegangen werden; neben der geeigneten Verbindung beider Zugänge ist zu prüfen, ob die Inflation als erklärende Variable eine Rolle spielen kann. Es ist eine kurze Überlegung wert, ob mit der Darstellung des strukturellen oder des Niveauansatzes zu beginnen ist. Für jedes Vorgehen gibt es Gründe und Beispiele. Wir beginnen mit dem strukturellen Ansatz, weil er Verhaltensweisen und Entscheidungen berücksichtigt, die unmittelbar auf die Verteilung gerichtet sind91: Es ist ohnehin sinnvoll, bei der Bestimmung der Verteilung „die Frage nach den objektiven Bedingungen, die den Zielsetzungen der Wirtschaftssubjekte die Grenzen abstecken", anzuschließen92. Offenbar können weder

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Politik in die gesamtwirtschaftliche Theorie der Einkommensverteilung einzubeziehen, als unbefriedigend. Scheele [634], S. 232: „Hier liegt ein noch ungelöstes Problem der modernen Distributionstheorie - wenn es überhaupt lösbar ist. Kaldors Berücksichtigung der erwähnten Faktoren in Form von Nebenbedingungen für die Verteilung ist bisher noch am sinnvollsten." Wenn es überhaupt lösbar ist? Das muß, selbst wenn man in Rechnung stellt, welche Schwierigkeiten jede Theorie hat, die mit Aggregaten arbeitet, sich aber auf einzelwirtschaftliches Verhalten stützen muß, Widerspruch herausfordern. Eine Theorie der Verteilung, die keine adäquate Lösung dafür bietet, wie die ökonomischen Entscheidungen, die unmittelbar die Verteilung selbst betreffen, in den Ansatz eingebracht werden können, bleibt immer unakzeptabel. Preiser [141], bes. S. 9 und Teil IV; Stobbe [166], S. 76 ff. Siehe auch Krelles Zustimmung zu dem Gedanken Preisers, den preistheoretischen und den kreislauftheoretischen Zugang zu verbinden, in [458], S. 147 ff. Krelle integriert in seinem umfassenden Modell selbst beide Ansätze, allerdings behält er Gewinnmaximierung und Marginalpreiskalkül bei [93], 14.-16. Kapitel, [460]; auf ähnlich altmodischer preistheoretischer Grundlage entwickeln integrative Ansätze Niehans [520], Findlay [350], Ferguson [349] und Gallaway [368]; siehe des weiteren Moroney)Allen [513 a]; Weintraub [174] sowie diesem verwandte Arbeiten von Rüstow [593] und Föhl. Scheele, der beide Arbeiten betont streng kritisiert, hat dieser Lösung zunächst wenig zugetraut und sich, wie oben erwähnt, recht pessimistisch zu den Chancen geäußert, die Preispolitik in die makroökonomischen Theorien der Einkommensverteilung einzubeziehen, Scheele [634], S. 225 ff. Dabei konnte er sich einig wissen mit Kaldor, der sich ebenfalls syntheseskeptisch geäußert hatte [429], S. 121. Neuerdings hat Scheele selbst einen Integrationsansatz versucht [636], S. 341 f. „It is the hire decisions, the supply side, that make the wheels of production and employment go round; the actual demand outlays then play their part in the final equilibrium arbitrament of prices, Output, employment, and the distributive shares."

Weintraub [174], S. 106. Preiser [141], S. 22.

Verteilungsstruktur und Verteilungsniveau

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die Aufschläge und Preise noch die Investitionen als die „Hauptwaffen" unternehmerischer Verteilungspolitik in jede beliebige Höhe gebracht werden, sowenig wie die Löhne jede Steigerung erfahren können, die einflußstarke Gewerkschaften zunächst tatsächlich zu erzwingen vermögen, ohne daß nachhaltige Auswirkungen auf andere Größen des Systems eintreten' 3 . In welchem Umfang sich also die in konkrete Einkommensansprüche umgesetzten verteilungspolitischen Absichten der sozialen Gruppen realisieren lassen, ist sowohl eine Frage des je gegebenen Zustandes des Gesamtsystems wie der Fähigkeit der Gruppen, bei ihren Entscheidungen die Veränderungen dieses Zustandes zu antizipieren. Dabei begegnen wir immer der Schwierigkeit, daß Veränderungen auch durch andere als verteilungspolitische Initiativen der handelnden Gruppen eintreten und daß auch diese primär nicht verteilungspolitisch gemünzten Initiativen verteilungsrelevant werden können.

• s Neben dem Punkt, daß alle solche Überlegungen notwendig dazu führen, nach den Bedingungen für die Stabilität des ganzen Systems zu fragen, ergibt sich auch für das Schwanken der Verteilung eine gewisse Spannenbetrachtung (als Grenzen der Spanne: niedrigster Reallohn, niedrigste Mindestverzinsung).

4. Die Bestimmung der Struktur der Verteilung durch die unternehmerische Preispolitik

4.1 Einige Bemerkungen zum Verhältnis von Preistheorie und Inflationstheorie In diesem Kapitel wollen wir zeigen, auf welche Art und Weise die unternehmerische Preispolitik im Prozeß der Einkommensverteilung die Struktur dieser Verteilung, das ist das Verhältnis von Geldlohn- und Preisniveau, festlegt. Dazu werden wir, systematischer als im Vorhergehenden geschehen, die preistheoretischen Grundlagen unserer Überlegung offenlegen, ehe wir den Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur beschreiben. M i t diesem Ansatz endlich haben wir den Bezugsrahmen gewonnen, innerhalb dessen wir abschließend den möglichen Einfluß der schleichenden Inflation auf den Verteilungsprozeß diskutieren können. Das gemeinsame Interesse an dem Preisverhalten der Unternehmer und seinen Auswirkungen auf den Prozeß der Preisdetermination hat Preistheorie und Inflationstheorie in ihren modernen Versionen auf getrennten Wegen nahe zusammengeführt 1 . In das Verständnis des Konzeptes der dem neoklassischen Konkurrenzpreismodell kontrastierenden Aufschlags-Preisbestimmung hat dieser Umstand jedoch auch Elemente der Verwirrung getragen. Die Erkenntnisziele beider Theo riebereiche sind eben nicht identisch: Zustandekommen und Höhe der relativen Güterpreise ist die Fragestellung des einen, die Untersuchung der Bedingungen und Gründe, unter denen die Preise einer Gütergesamtheit, absolute Preise, sich ändern, die Fragestellung des anderen Bereichs. Dennoch ist der Unterschied 2 anscheinend eher methodisch-logisch als theoretischinhaltlich. Dabei sind wir uns durchaus bewußt, daß eine solche unkommentierte Aussage wahrscheinlich wenig aufklärt 3 . Immerhin, wir wollen auch nur darauf hindeuten, daß sich an dieser Stelle eine integrative Entwicklung von Preis-/Werttheorie und Geldwerttheorie, letztere in ihrer aktuellen Erscheinungs1 2

3

Vgl. Abschnitt 2.2.1.2. Den Unterschied in einem mikro- und einem makroökonomischen Zugang sehen zu wollen, wäre unzutreffend. Die Verwendung der Aufschlagspreisbildung für den inflationstheoretischen Gedankengang beweist gerade das Bemühen, mikroökonomisch fundiert zu argumentieren. Eine Erörterung des von O. Lange und D. Patinkin aufgeworfenen Problems der Dichotomisierung des Preisbestimmungsprozesses durch die klassische Theorie und seiner fehlenden Lösung bei Keynes scheint uns hier nicht möglich. M a n darf aber nicht vergessen, daß wir an dieser Stelle an dem tiefen Wasser einer Integration von (Güter-)Preistheorie und Geldtheorie stehen. Die Kontroverse von neoklassischen Autoren wie Possati, Patinkin, Kuenne u. a. mit den Treuhändern der keynesianischen Systemlösung setzt hier an.

Verhältnis von Preistheorie und Inflationstheorie

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form als Inflationstheorie, anzubahnen scheint. Man kann sich das anhand der Tatsache rigider Preise (wie Löhne) verdeutlichen. Es handelt sich nämlich lediglich um eine — wennschon nicht folgenlose — Verschiebung des Aspektes, wenn man, anstatt die Gründe herauszuarbeiten, die die Unternehmer zum Festhalten an herrschenden Preisen veranlassen, die Umstände untersucht, unter denen diese Gründe für die Unternehmer unwichtig werden, d. h. Preissteigerungen eintreten4. Freilich, eine Einschränkung besteht fühlbar nach wie vor: Der Einfluß auf die Preisentscheidungen über die (relativen) Güterpreise, der von einem Steigen des allgemeinen Preisniveaus ausgeht, ist bislang noch sehr unzureichend durchforscht. Dieser Mangel wird den Gehalt unserer Überlegungen unter Abschnitt 4.4 beeinträchtigen. Bemerkenswerterweise hat die Aufschlags-Preisbildung bisher in der Inflationstheorie, insbesondere in deren Versionen des „third approach" und der „demand-shift"-Theorie eine bedeutendere Rolle gespielt als im Rahmen der Preistheorie. Dort wird sie vielfach noch als ein „Spezialproblem" am Rande behandelt5. Jede makroökonomische Theorie, die die unternehmerischen Preisentscheidungen als Determinante der Verteilung behandeln will, hat einige methodische Grundsatzentscheidungen vorab zu treffen. In der Alternative, ob sie ihre Überlegungen entweder mit der Konstruktion der „repräsentativen Unternehmung" (A. Marshall) oder der Vorstellung eines im Durchschnitt charakteristischen Unternehmerverhaltens verbinden soll, entscheiden wir uns für die letztere: „ . . .Eine Theorie, die dahin zielt, den wirtschaftlichen Verlauf als Ganzes darzustell e n . . . kann nicht vermeiden, Durchschnitte und Gesamtheiten kollektiver Natur zu verwenden."6 Bei der Wahl zwischen den beiden gegenwärtig dominierenden einzelwirtschaftlichen Preistheorien entscheiden wir uns, wie bisher schon verdeutlicht worden ist, gegen die Marginaltheorie und für die Aufschlags-Preistheorie7. Dabei wird es im weiteren nicht nur darum gehen, die Grundannahmen dieser Theorie unter verteilungstheoretischem Blickwinkel darzulegen. Es wird schließlich zu fragen sein, ob die inflationäre Preisänderung nicht selbst eine Einflußgröße der Preisbestimmung ist. Wer will, kann in jeder Inflationstheorie, die in der einen oder anderen Version die Aufschlags-Preisbestimmung zum Kernstück ihres Erklärungszusam4

Dementsprechend ist eine Systematik, die die Ausdrücke „Vollkostenprinzip" {Hall/

Hitcb) und „Normalkosten-Prinzip" (P. W. S. Andrews) der preistheoretischen, „ko-

s

sten"- oder „anbieterdeterminierte Preisbildung" und „administrierte Preisbildung" der inflationstheoretischen Fragestellung zuweisen wollte, nicht unzweckmäßig, aber inhaltlich nicht allzusehr fundiert. Wir bevorzugen daher den neutralen Ausdruck Aufschlags-Preisbildung. Vgl. z. B. bei Ott [129].

• Haberler [57], S. 237.

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Aufschlags-Preisbildung ist also keine Frage der formalen Technik bei der Preisfestsetzung, sondern bezeichnet ein qualitatives, vom neoklassischen Kanon abweichendes Preisverhalten.

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Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

menhanges entwickelt hat, jene „volkswirtschaftliche Preistheorie" sehen, die Kromphardt, an die Idee H. Möllers erinnernd, für die gesamtwirtschaftliche Verteilungstheorie für erforderlich hält8. Unbeirrt von pessimistischen Äußerungen, die die Klärung des Prozesses der Preisbestimmung für unzureichend fortgeschritten erklären9, wollen wir uns nun den preistheoretischen Grundlagen des Ansatzes zur Bestimmung der Verteilungsstruktur zuwenden.

4.2 Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie 4.2.1 Die Zielsetzung der Unternehmer Angelpunkt einer jeglichen preistheoretisch fundierten Konzeption des Verteilungsproblems ist die zugrunde gelegte generelle Zielsetzung der Unternehmer. Diese verleiht den Preisentschlüssen, wie immer diese im einzelnen zustande kommen, Richtung, Sinn und Bestimmtheit. Wir wollen zunächst, in aller nötigen Kürze, die bisherige Zielforschung überblicken, deren „innerer Kompaß" die Auseinandersetzung mit dem Gewinnmaximierungspostulat ist. Sodann werden wir uns für die empirisch relevante und verteilungstheoretisch zweckmäßige, generelle unternehmerische Zielsetzung entscheiden, die den weiteren Überlegungen als Grundlage dienen soll. 4.2.1.1 Uberblick über die Zielforschung Die orthodoxe Preistheorie war hinsichtlich der anzunehmenden Zielsetzung der Unternehmer sehr konsequent verfahren. Ausgehend von dem apriorisch bestimmten Menschenbild einer spekulativen Psychologie wurde ökonomisches Handeln generell als Maximierungsverhalten gedeutet. Im Rahmen des behaupteten hedonistischen Nutzenkalküls deduzierte man als Maxime rationalen unternehmerischen Preisverhaltens das Streben nach Gewinnmaximierung. Diese Zielsetzung hat lange Zeit als evident gegolten und kam erst unter dem Einfluß der methodologischen Kritik auf den Status einer Hypothese und damit in die einzig zulässige Form einer Aussage in den empirischen Wissenschaften10. Kromphardt [464], S. 697. Von preistheoretischer Seite urteilt Eckstein: „Although the determination of prices has been in the centre of microeconomic theory for the last ninety years, there is an astonishing paucity of solid information about the pricing process." [325], S. 269. Lanzillotti, zu einem der besten Kenner der Sache geworden, verweist auf „the inadequate state of knowledge of the price-making process." [474], S. 921; ders. [473], S. 442. Ähnlich Hagger nach einer Durchsicht wichtiger Modelle des Inflationsprozesses: „Perhaps the most urgent task at the present time is to answer the basic question: How should commodity prices be regarded in a model of creeping inflation?" [58], S. 104. 10 Scitovsky hat wohl erstmals klargemacht, daß die Gewinnmaximierungsannahme 8

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Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

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Mit der Gewinnmaximierung war zwar die Richtung des unternehmerischen Entscheidungsprozesses bezüglich der Preissetzung postuliert. Doch nur mit Hilfe des Cournotschen Theorems ließ sich der Prozeß dieser Entscheidung selbst in der Strenge mathematischer Logik determinieren. Das Theorem ist seither als zwingende Regel entsprechend wohldefinierten Rationalverhaltens verstanden worden. Heute herrscht wenig Streit darüber, daß diese Analyse mehr das Bild eines fiktiven Unternehmers in einem Netz logischer Verbindungen zeichnet als das Bild des realen Unternehmers, dessen Verhalten von zahlreichen empirischen Bedingungen und Möglichkeiten bestimmt wird. Gegner und Verfechter dieses deterministischen Entscheidungsmodells sind sich hingegen nicht einmal untereinander einig, ob mit dem Cournot-Theorem überhaupt tatsächliches Preisverhalten erklärt oder/und voraussagbar gemacht werden sollte. Umstritten ist auch, ob es immerhin als vernünftige und mithin höchst praktische Richtschnur für die Preisentschlüsse der realen Unternehmer von Wert sein könnte 11 .

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bei methodisch genauem Hinsehen eine Hypothese über unternehmerisches Verhalten darstellt. (Dieser Hinweis findet sich bei Blaug [14], S. 498.) Darüber hinaus eröffnete er die lange Reihe von Versuchen, die strenge Gewinnmaximierungsannahme durch Berücksichtigung weiterer Einflußgrößen auf das Unternehmerverhalten zu modifizieren. Zu Scitovskys Versuch, die „Muße" einzubauen ([601], S. 357 f.), s. den Beitrag von J. P. Nettl (1956/57, in R. E. S.) - Vorbehalte zeigte Machlup: „It seems to be methodologically sounder if we do not reduce the non-pecuniary satisfactions and dissatisfactions (Utilities and disutilities) of the businessman to money terms and do not try to make them part of the profit maximization scheme of the firm", [492], S. 526. Während Machlup in diesem berühmten Artikel (1946) noch der Preistheorie die Aufgabe zuweist, die Preis-Ausstoß-Entscheidungen realer Unternehmer zu klären, bezieht er 1967 eine konträre Stellung: Die traditionelle Preistheorie sei nie dazu bestimmt gewesen, „to serve to explain and predict the behavior of real firms" [495], S. 9. Vgl. die kritischen Bemerkungen Grunbergs zu dem Artikel Koplins, in welchem dieser sich anstrengt, den Realismus der Gewinnmaximierungsannahme nachzuweisen. Kopiin [449]; Grunberg [377]. Die Kontroverse um die Gewinnmaximierung zeigt beispielhaft die Bedeutung methodologischer Ausgangsstellungen. Kopiin ist dabei noch über den im anglo-amerikanischen Raum vielbeachteten Standpunkt M. Friedmans (in: [47], S. 3-43) hinausgegangen. Friedman zufolge ist fehlender Realismus ihrer Grundannahmen kein Einwand gegen eine Theorie. Worauf es allein ankomme, sei ihr prognostischer Wert, das bedeutet ihre „Kraft", bisher nicht beobachtete Erscheinungen und also auch künftiges unternehmerisches Verhalten „vorherzusagen" („predictive power"). Logische Widerspruchsfreiheit ist unerläßlich. Abgesehen davon, daß dieses auf dem Operationalismus P. W. Bridgmans basierende Wissenschaftskonzept Friedmans der Methodologie des Kritischen Rationalismus Poppers (Alberts, Bartleys u. a.) nicht standhält, verdeutlicht Friedmans Rechtfertigung einer preistheoretischen Entscheidungslogik unbeabsichtigt den Modellcharakter der neoklassischen Theorie. Eine knappe Darstellung der von Friedman ausgelösten Diskussion gibt McGuire [117], S. 3-11, s. auch S. 84 und 89, Fußn. 49. Machlup, der eine Friedman ähnliche methodologische Position innehält, hat wiederholt seinen marginalistischen Standpunkt bekräftigt. Er spricht von einem „Trugschluß unangebrachter Konkretheit", dem jene Verfechter des Realismus in der Theorie erlegen seien, die die theoretische Konstruktion „Unternehmung", die eine heuristische Fiktion sei, verwechselten mit einem empirischen Konzept, einer realen Organisation, wie etwa General Motors. Machlup [495], S. 9 f., S. 15. Allerdings gesteht er zu, daß die reale Existenz von Unternehmen nicht übergangen werden

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Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Erst in der Gemeinsamkeit von theoretisch-methodischer und empirischer Kritik sind die Grundlagen dieses „mechanistisch-utilitaristischen Entscheidungsmodells" (G. Katona) nachhaltig erschüttert und seine psychologischen, soziologischen und ökonomischen Vereinfachungen kenntlich gemacht worden. Verständlicherweise hat insbesondere die Verbindung von kurzfristiger, strenger Gewinnmaximierung mit der Annahme gegebener Kosten- und Preis-Absatz-Funktionen die Kritik aufgestachelt 12 . Sie verdichtete sich zu dem sarkastischen Urteil, unter derartigen Annahmen denaturierten die ökonomischen Preisentscheidungen für die Unternehmer zum Lösen von Rechenaufgaben. Mit der aus Beobachtung und Erfahrung zu gewinnenden Essenz unternehmerischen Handelns sei das nicht zu vereinbaren. Die Auseinandersetzung mit der Gewinnmaximierungsannahme 18 hat eine große Zahl von bleibenden Einwänden gegen diese hervorgebracht, von denen wohl die wichtigsten sind: Immoralität, unzutreffende Motivationsgrundlage, statischer Charakter, zeitliche Indeterminiertheit (die Periode, für die Maximierung angestrebt wird, läßt sich erst durch zusätzliche Überlegungen bestimmen), Übergehen der Probleme unvollkommener Information13® und Unsicherheit, Unangemessenheit gegenüber der komplizierten Organisations- und Entscheidungsstruktur moderner Großunternehmen, Fraglichkeit eines gemeinschaftlichen Maximierungsinteresses zwischen Unternehmensleitern und Kapitaleignern, praktische Undurchführbarkeit (Kosten-Zurechnungsproblem bei Mehrproduktunternehmen, Zurechnung des wachsenden Fixkostenanteils usw.). Gegenüber diesen und weiteren, oft eindrucksvoll formulierten Einwänden und Zweifeln haben die unerschütterlichen Verteidiger des Gewinnmaximierungskonzepts im engeren und des neoklassischen Konkurrenzpreismodells im weiteren wetterfeste Stellungen bezogen. Albert hat das Gelände wohl richtig kann, wenn diese in oligopolistischen oder monopolistischen Märkten operieren. N u n mutiert die Frage nach dem „Realismus" einer Theorie nahezu zwangsläufig in die Frage nach dem Charakter der Theorie schlechthin. Wir folgen hier der Linie, nach welcher es das Ziel aller ökonomischen Theorien ist, Erklärungen für Teile der ökonomischen Wirklichkeit zu finden. (Daher unsere zahlreichen Verweisungen auf empirische Forschungsarbeiten.) Diese Erklärungen, „höhere Formen der Beschreibung" (P. A. Samuelson), haben nur dann Erkenntniswert (besitzen nur dann „informativen Gehalt"), wenn sie grundsätzlich durch empirische Befunde widerlegt werden können, d. h. auf Wegen der kritischen Nachprüfung „an der Erfahrung scheitern können". 18 Die 1932 erstmals (und jüngst in einer revidierten Fassung) erschienene, berühmte Studie von Berle/Means [13] enthielt bereits zahlreiche Elemente der späteren Kritik, etwa seitens Baumol, Simon, Penrose, Cyert und March, Williamson usw. Für eine knappe Übersicht wesentlicher Kritikpunkte s. McGuire [117], S. 80-83; Heinen [64], S. 28-30. Außer der bei Heinen, S. 29, Fußnote, angegebenen Literatur s. Oliver [528], S. 375 ff.; Farrell [341], S. 424 f.; Mering [508], S. 83-85; Anthony [236], S. 126 ff.; Machlup [485], S. 12 f.; Andrews [5], 19 Die Verkettung dieser Zielsetzung mit dem Marginalismus überhaupt, F. Machlup würde sagen „explicit marginalism", betont nachdrücklich Katona, s. z. B. [434], S. 182 f.; ebenso Gordon [373], S. 268 f. und Schmitt-Rink [644 al. Anderer Auffassung ist Schneider [645], S. 431. 13 ' Boulding [273], S. 5 f.

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rekognosziert, wenn er zwei hervorstechende „konventionalistische Strategien" der Verteidigung vermeldet: Einmal wird so vorgegangen, daß man das Streben nach maximalem Gewinn als Element eines spezifisch definierten Begriffs „Unternehmer" auffaßt, zum anderen wählt man das Verfahren, Gewinnmaximierung begrifflich vage zu halten und über die ursprünglich enge Fassung hinaus zu dehnen (empirisch völlig bedeutungslos ist am Ende jene Version, die als zeitlichen Bezug des Maximierungsstrebens die gesamte Lebensdauer der Unternehmung annimmt) 14 . Dieser Zwang, unter dem Ansturm empirischer und theoretischer Gegengründe dieses Zielkonzept zu retten durch Begriffsextrapolation hatte freilich eine unbeabsichtigte Folge: Der — oft bestrittene — tautologische Charakter der Gewinnmaximierungs-„Hypothese" kam unverhüllt zu Tage. Die auf unterschiedlichen Wegen erreichten Modifikationen der strengen, absoluten, sog. „mechanischen Gewinnmaximierung" 15 haben daher die Kritik nicht beschwichtigen können. Diese Versuche unternehmen es z. B., die Gewinnmaximierung als langfristige Zielsetzung zu interpretieren (Unternehmer dürfen sozusagen erlaubtermaßen auf das Ausbeuten kurzfristiger Gewinnchancen am Markt durch ständige Preisvariationen verzichten zugunsten des langfristigen Gewinnmaximums), sie als relative Gewinnmaximierung aufzufassen (z. B. unter Einschluß von Ungewißheit, wobei dem Gewinnkalkül objektive oder subjektive Erwartungswerte zugrunde liegen) oder durch Berücksichtigung weiterer Zielsetzungen den strikten Zielmonismus zu überwinden 18 . Als erfolgversprechender Ausweg erschien manchen, die Gewinnmaximierung aufzugeben, jedoch am Maximierungsprinzip festzuhalten. Statt Gewinn wurden andere quantitative Zielgrößen wie Umsatz, Absatz, Marktanteil, Wachstumsrate der Umsätze usw. in den Vordergrund gerückt, wobei man bestimmten empirischen Entwicklungen zu entsprechen hoffte. Dabei kamen soziologische Faktoren ebenso zum Zuge 17 wie ökonomische 18 . Alle diese Versuche, die Ge" Albert [232], S. 16. 15 Der Ausdruck stammt von Lange [471], dessen Darstellung der Struktur des neoklassischen Gewinnmaximierungsprinzips (bes. auf den Seiten 19 ff. und 29 f.). Dobrinski folgt [34], S. 103-105, s. auch S. 15 und 100 f. Zur Darstellung der Gewinnmaximierung s. auch Heinen [399], S. 12 ff. 16 Solche zusätzlichen Zielsetzungen, die sich der obersten (primären) Zielsetzung nachordnen und als Nebenbedingungen in das formulierte Modell des Entscheidungsprozesses eingehen, sind: Mindestumsatz, Mindestfreizeit, gewünschter Liquiditätsstatus, Umfang oder Obergrenze der finanziellen Fremdverpflichtungen, Modernität der Produktionsverfahren, soziale Zielsetzungen, Vermeiden staatlicher Intervention, Vermeidung neuer Konkurrenz, Vermeidung neuer Einkommensansprüche der sozialen Gegenseite usw. 17 So begründet W. Baumol sein Konzept der Umsatzmaximierung („revenue maximization hypothesis") mit der weitgehenden Trennung von Eigentum und Management; die leitenden Angestellten seien vielfach am Umsatz, nicht am Gewinn beteiligt; ein gewisser Mindestgewinn werde überdies angestrebt („acceptable level of Profits"); Baumöl [11], S. 46-52, S. 69 und Cyert/March (1963). Ausführliche Diskussion des Baumol-Modells der Unternehmung bei Krüsselberg [94], S. 172-187. 18 Die Umsatzentwicklung wird als zentraler Maßstab unternehmerischen Erfolgs auf-

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winnmaximierung mit den beobachteten Handlungsweisen der Unternehmer zu harmonisieren, führten freilich nur dazu, daß aus dem verteidigten Konzept etwas qualitativ anderes wurde. Seine Ausweitung hatte das Ergebnis, „that it becomes more a concept of maximum satisfaction. This is largely subjective." 1 9 Die aktuelle Zielforschung hat z. T . bereits jenseits der Kontroverse um Für und Wider der Gewinnmaximierung eine erstaunliche Vielfalt unternehmerischer Motive und Zielsetzungen erbracht 2 0 . Dabei fanden starke Beachtung genuin nicht-ökonomische und nicht-monetäre 2 1 Zielsetzungen wie Einfluß, Macht, Prestige, Unabhängigkeit, Sicherung der Existenz der Unternehmung usw. Preistheoretische Analysen schwenken mehr und mehr auf den W e g ein, Bündel von Zielen zu betrachten, wobei die Einzelziele nicht notwendig gleichzeitig und mit gleicher Intensität angestrebt zu werden brauchen 2 2 . Es spiegelt sich darin freilich nur die Tatsache wider, daß die Theorie der Unternehmung unter dem Zwang, ihre neoklassische Version aufzugeben, ihrer Einheitlichkeit verlustig gegangen ist. Nach vielen Richtungen sind alternative Konzepte entwickelt worden, in denen bestimmte Zielannahmen konstitutive Bauelemente darstellen. Ihre Synthese in einer neuen umfassenden Theorie hat bisher nicht gelingen wollen und kann wahrscheinlich auch nicht mehr gelingen. Wir betonen das, um das Bewußtsein dafür zu schärfen, daß das von uns verwendete AufschlagsPreis-Konzept nur eines unter anderen ist, wie alle anderen Einseitigkeiten aufweist und sich bei aller Verschiedenheit weniger von dem neoklassischen Konkurrenzmodell entfernt als einige der sonstigen neueren Theorien.

gefaßt. White [688], S. 191 f.; Osborne [529], S. 592 ff.; Hall [387], S. 154 ff. Demgegenüber betont Keirstead, daß der Gewinn Maß und Kriterium des Erfolges der Manager sei, allerdings unter Zugrundelegung der Gewinnmaximierungsannahme [80], S. 39, 43, 58. 19 Kaplan!DirlamILanzillotti [79], S. 128 f. 2 0 Vgl. Heinett [64], S. 59-82; Williamson [181], S. 32 ff. - Im übrigen hat die moderne Wettbewerbstheorie die Typologie der Ziele ergänzt durch eine Typologie der Unternehmer. S. z. B. Heuss [65], S. 9 ff., der eine 4-Gruppen-Teilung vornimmt. In der Reihenfolge abnehmender „Wettbewerbsmentalität": die Schumpeterschen Pionierunternehmer, die Produkte schöpfen und Märkte schaffen, die spontan imitierenden Unternehmer, die unverzüglich den von den ersteren geschaffenen Märkten zutreten, die unter Druck reagierenden Unternehmer und die immobilen Unternehmer. Während die von den ersten beiden Gruppen erfaßten Unternehmer als initiative gelten, werden die letzteren beiden Gruppen als konservative Unternehmer klassifiziert. 21 Machlup [492], S. 526; Oliver [528], S. 376; Dunning [323]; Heinen [399], S. 24ff.; Barback [9], S. 24 f., 164 f. Hinter dem Gewinnstreben mögen ursprüngliche Motivkräfte stehen, die jedoch nicht dem Bereich ökonomischer Analyse zugänglich sind. Vgl. Parsons [538], S. 53. Etwa sind Macht und Ansehen letzte Antriebe, die in einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung sich übersetzen in konkrete spezifische Ziele wie Gewinn, Umsatz und Kapital. Erst diese sind „die für die Ökonomie relevante Basis des Unternehmerverhaltens". 22 Zur Behandlung solcher „Zielsysteme" oder „Zielstrukturen" siehe Heinen [399], Teile D und E; Schmidt-Sudhoff [160] und die Schriften von ]. Bidlingmaier (1964; 1968) und H. Waechter (1969).

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Die Verteilungstheorie wird sich auf die im Durchschnitt vorherrschende, typische Zielsetzung beschränken müssen, soll ihre Ableitung nicht auf unübersichtliche Weise kompliziert werden. Diese Zielsetzung gilt es nunmehr deutlicher zu beschreiben. 4.2.1.2 Die relevante Zielsetzung in verteilungsanalytischer Sicht

Auf dem Weg, auf welchem wir die generelle unternehmerische Zielsetzung festlegen wollen, die dem verteilungstheoretischen Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur durch die unternehmerische Preispolitik zugrunde liegen soll, sind zwei Überlegungen an den Anfang zu stellen: 1. Darf das Gewinnmotiv weiterhin unterstellt werden? 2. Welches Ausmaß von Zielerreichung ist mit diesem Motiv zu verbinden? Was die Berechtigung des Gewinnmotivs angeht, so haben manche Autoren die Ablehnung der Gewinnmaximierung so weit geführt, daß sie den Gewinn überhaupt aus seiner zentralen Stellung für die Erklärung des unternehmerischen Preisverhaltens abgelöst sehen möchten. So meinen z. B. Monsen und Downs, daß die — behauptete — „fundamentale Interessenungleichheit" zwischen Managern und Eigentümern der Unternehmen gegen die Dominanz des Gewinnstrebens eingewendet werden müsse 23 . Ohne sorgfältige soziologische Nachprüfung ist es unmöglich zu beurteilen, ob diese Interessenungleichheit wirklich so schwer wiegt, daß sogar das Gewinnmotiv vernachlässigt werden kann. Mehr spricht dafür, daß die Trennung zwischen Managern und Eigentümern auf andere Weise wirksam wird. Darauf kommen wir sogleich noch einmal zurück. Für die Analyse der Verteilung in einer Zwei-Klassen-Gesellschafl ist zudem gleichgültig, ob das Interesse, Gewinne zu erzielen, primär bei den Unternehmensleitern liegt — es gibt Gründe, anzunehmen, daß auch bei diesen ein solches besteht — oder den Kapitaleignern. Es wäre absurd, zu glauben, daß irgendein anderes Motiv durchgehalten werden könnte, wenn die aus diesem hergeleiteten Zielsetzungen und Preispolitiken sich auf die Dauer als gewinnschmälernd oder völlig unprofitabel erweisen sollten. Man kann einer Diskussion darüber aber schließlich mit dem einfachen Hinweis allen Boden entziehen, daß die empirischen Befunde eindeutig für das Gewinnmotiv als leitendes Prinzip unternehmerischen Handelns sprechen24. " Monsen/Downs [509], S. 226 f. 24 „But it is axiomatic that, whatever the failure to maximize profits in the conventional sense, profit-making is the guiding principle among all the companies in the sample." KaplanlDirlamlLanzillotti [79], S. 130, s. auch S. 260; Fog [45], S. 31; Robinson [582], S. 582; Keirstead [80], S. 38 f.; vgl. auch Heinen [64], S. 37 ff.; ders. [399], S. 28. - Abgesehen davon, daß die Manager selbst vielfach über Anteile an den Unternehmen verfügen, sind die vielfältigen Vergütungsformen nicht zu übersehen, die den behaupteten strikten Gegensatz zwischen dem Gewinninteresse der Eigentümer und dem Einkommens- und Erfolgsinteresse der Manager abschwächen, wenn

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Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Doch, und damit kommt die zweite der oben genannten Überlegungen ins Spiel, in welchem Ausmaß werden Gewinne oder besser Gewinneinkommen angestrebt? Daß nicht weiterhin Maximierung angenommen werden kann, läßt sich, wir erwähnten das, mit dem Mangel an Information 25 , Unsicherheit, Vernachlässigung des sozialen Kontextes, unzureichender Überschaubarkeit und Kompliziertheit des Entscheidungsprozesses in modernen Großunternehmen u. a. begründen 28 . An die Stelle von Maximierungsverhalten ist darum eine andere generelle Motivationshypothese bezüglich des unternehmerischen Preisverhaltens zu setzen. Diese alternative Motivationshypothese fußt auf den Umständen begrenzter Rationalität und dem Erstreben gewisser realistischer Anspruchsniveaus: Die Unternehmer suchen statt Maximal-(oder Optimal-)Lösungen für die von ihnen zu leistenden Entscheidungsprozesse „angemessene" oder „befriedigende" Lösungsstandards. Die Entscheidungsträger fixieren bestimmte „Anspruchsoder Befriedigungsniveaus", z. B. bestimmte Gewinnhöhen, die tatsächlich erreichbar scheinen und bei deren Eintreten sie zufriedengestellt wären. Sodann wird in einem Suchprozeß jene Handlungsalternative ausgewählt, bei deren Anwendung das Anspruchsniveau erreicht (oder übertroffen) wird. Es ist dies der Entwurf des Konzeptes einer akzeptablen Strategie als Konsequenz der Einsicht, daß optimale Strategien wegen der herrschenden Unsicherheit unrealistisch erscheinen. Diese Motivation des Entscheidungsverhaltens — Erreichung befriedigender Ausmaße der Zielerfüllung — ist von H. Simon mit dem Ausdruck „satisficing" beschrieben worden. Beachtlich ist nämlich, daß individuelles unternehmerisches Erfolgsstreben nur in Abstimmung mit den sozialen Umweltfaktoren („social environment", das politische, sozialpolitische, ethische usw. Einflüsse umschließt) verstanden werden kann 27 . Speziell auf das dominierende Gewinneinkommensstreben der Unternehmer hin gesehen, die Anspruchsniveaus der Unternehmen umfassen regelmäßig eine Reihe von Zielgrößen, findet sich in dem „satisficing"-Konzept eine brauchbare psychologische Basis (Motivierung) für die Vorstellung befriedigender Gewinne als vorherrschender unternehmerischer Zielsetzung 28 . Dieses Konzept, verbunnicht aufheben. Gewinnerzielung ist auch aus einem anderen Grund unumgänglich: In wachsendem Maße wird der Gewinn pro Aktie zu einem Schlüsselmaßstab der Bilanzanalyse sowie Anlageberatung und -entscheidung. 25 Die neoklassische Theorie übergeht z. B. im allgemeinen auch die Möglichkeit falscher Informationen. Vgl. Machilup [495], S. 24 f. und 31. 28 Mason [504], S. 6. 27 Der Ausdruck „satisficing" kontaminiert „satisfaction" (Befriedigung) und „sacrifice" (Opfer). Zum Vergleich von Maximierung und „Satisficing" s. McGuire [117], S. 97,182-184 sowie S. 33 f.; Ckland [304], S. 208-210; Anthony [236]. 28 Vgl. Simon [154], S. 254; Margolis [498], S. 190; ders. [499]; Cyert/March [308], S. 47. In der Literatur wird vielfach nicht beachtet, daß Motiv und Zielsetzung nicht auf der gleichen (psycho)logischen Ebene liegen. „Motiv" verstehen wir als die der Zielsetzung unterliegende Intention, „Zielsetzung" aber in dem (von B. Hansen und

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

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den mit der der naturwissenschaftlichen Psychologie entlehnten Idee des Anspruchsniveaus, gestattet ein zum Maximierungskonzept alternatives Verständnis der unternehmerischen Zielentscheidung. Diese besteht demnach darin, ein zu erreichendes Anspruchsniveau festzulegen (d. h. speziell hier die Festlegung der Höhe der zu verwirklichenden Gewinne) und dieses Anspruchsniveau anzupassen, wenn die angestrebte Höhe nicht mindestens erreicht oder dauernd überschritten wird 28 . Die Tatsache der Aufschlagspreisbildung für sich genommen ist selbstverständlich kein Beweis dafür, daß die Unternehmer nicht Gewinnmaximierung zu betreiben suchen30. Gewinnmaximierung ist auch mit Hilfe einer Durchschnittskostenkalkulation durchaus erreichbar. Zum anderen ist die Affinität zwischen Aufschlags-Preis und befriedigender oder „normaler" Zielerreichung aber nicht zu übersehen, denn: Der mit Hilfe der Durchschnittskosten-Kalkulation festgestellte Preis „maximizes profits only by accident not by design" 31 . Entscheidend ist die dem Marginalkonzept entgegengesetzte Motivationshypothese, derzufolge die Preisfestsetzung der Erreichung befriedigender Lösungen für die angestrebten Zielwerte dient; der Preisprozeß ist kein „logische^) Prozeß des Findens eines Maximums" (F. Machlup), was auch immer das Maximandum wäre. Das anspruchsbedingte Entscheidungsverhalten in Richtung auf befriedigende Gewinne steht allerdings nur zur „mechanischen" Gewinnmaximierung in einem leicht erkennbaren Gegensatz. „Soziologische Gewinnmaximierung" 32 verwischt die Trennungslinie, und die Gefahr ist nicht unbeträchtlich, daß der ganze Unterschied der Konzepte auf ein scheinbar semantisches Problem reduziert wird. Unseres Erachtens erlaubt allein diese Betonung der unterliegenden Motivation eine scharfe Trennung. ]. Tinbergen eigentlich für die Zwecke der Wirtschaftspolitik geprägten) Sinne der quantitativen Beschränkung von endogenen Variablen. Motiv der Unternehmer ist „Gewinn" zu erzielen, Zielsetzung, Gewinne von einer bestimmten Höhe absolut oder in bezug auf eine Vergleichsgröße oder dergleichen. 2 " Zum Verlauf von Anspruchsanpassungsprozessen siehe Sauermann/Selten [600], S. 579 ff.; Dobrinski [34], S. 138 ff.; Heinen [64], S. 83 ff., S. 239 ff. (Fußnoten 131 und 132, S. 239 weitere Literatur); McGuire [117], S. 211 ff. Eine Konvergenz von Satisficing auf das Marginalkalkül zu behaupten Day [313] und Schmitt-Rink [644 a]. 30 Die Aufschlags-Preis-Kalkulation ist „gegenüber alternativen unternehmerischen Zielsetzungen neutral" betont nachdrücklich Dobrinski [34], S. 101, s. auch S. 76 ff., bes. S. 78, FN. 21, wobei er sich auf Hall und Hitch sowie Sylos-Labini stützen kann. Kuhlo und Gruber sehen wiederum hinter der Ermittlung des Gewinnzuschlags Gewinnmaximierung am Werke. Kuhlo [466], S. 142, FN. 24, S. 144 ff.; Gruber [375], S. 492. Andere Autoren sehen einen eindeutigen Verbund zwischen Aufschlag und einer Nicht-Maximierungs-Zielsetzung, so Preiser [141], S. 19; Bohley [16], S. 61 f. 31 Heflebower [398], S. 263. 32 Das Konzept einer „soziologischen Gewinnmaximierung" (bei Lange, Economie Politique, Tome 1, Paris 1962, S. 169 ff.) stellt den umfassenden Versuch dar, zu zeigen, wie ein maximaler Gewinn unter Einschluß politischer, sozialer und anderer Umweltfaktoren bestimmt werden kann. Siehe dazu Dobrinski [34], S. 110-11 sowie S. 124 ff.

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

120

Im übrigen wird Rationalität der Entscheidung auch innerhalb des „satisficing"-Konzeptes intendiert, nur handelt es sich bei dieser nicht um die absolute, umfassende, objektive Rationalität der Maximierungshypothese. Rationalität hier ist beschränkt, subjektiv 3 3 . Diese Beschränkung ist nicht nur Folge mangelnder oder falscher Informationen und Kenntnisse, des Vorliegens habituellen Verhaltens, sondern auch von Interessen- und Zielkonflikten innerhalb der Unternehmen 3 4 . Die Organisationstheorie widmet allen diesen Faktoren einer begrenzten Rationalität große Aufmerksamkeit. W i r wollen hervorheben, daß hiermit der Ansatzpunkt gegeben ist, wenn der Trennung zwischen Unternehmensleitern und Kapitaleignern Rechnung getragen werden soll. Beide Seiten, sieht man von einer durch die Organisationsstruktur der Unternehmung anders definierten Beteiligung am Prozeß der Zielauswahl und Zielvergleichung ab, haben häufig weder gleiche noch stets miteinander verträgliche Zielvorstellungen. Der Zwang, diesen „klasseninternen" Gruppenkonflikt durch K o m p r o m i ß beizulegen, wirkt deutlich in Richtung auf befriedigende Lösungen hin 3 5 . Die Hypothese des Anstrebens „befriedigender Niveaus der G e w i n n e " 3 6 wird mit zahlreichen Argumenten von zumeist starker empirischer Relevanz gestützt. Es liegt nahe, daß sich dabei Ubereinstimmungen mit jenen Argumenten ergeben, die die zeitweilige Stabilität von relativen Güterpreisen erklären sollen 3 7 . Unter anderem sprechen für befriedigende Gewinne: (1) Die Situation der Unsicherheit, in der die unternehmerischen Entscheidungen gefällt werden müssen 3 8 ; (2) der

Wunsch

nach

Sicherheit

und

Stabilität

der

Gewinneinkommen 3 9 ;

Grundlegend zum Konzept des „satisficing" und der „bounded" (oder „limited") „rationality": Simon [154], Kapitel 14 und 15, insbes. S. 248; [153], S. XXIVff.; [612], S. 262-265; [613], S. 1 ff. Simon folgend Baumol [11], Teil I; Cyert! March [308]; Sylos-Labini [156], Kapitel 4 und Postscript von 1969. 34 Vgl. Heinen [64], S. 222-235. 3 5 Es ist denkbar, daß dem Interesse der Kapitaleigner durch die Zusicherung einer Mindestausschüttung entsprochen wird, wodurch sie daran gehindert werden, in die Unternehmenspolitik einzugreifen. 36 Lamberton macht darauf aufmerksam, daß die Zielsetzung „befriedigender Gewinne" nicht so neuartig ist für die Theorie, wie sie zuweilen erscheinen mag. A. Marshall schrieb von „fair" oder „normal rate of profit" und E. H. Chamberlin von „ordinary", „good" oder „reasonable profit", allerdings bezogen auf das reine Kapitaleinkommen. Lamberton [102], S. 89; Sylos-Labini [156], Kapitel 4 und Postscript von 1968 dazu; Cyert/March [308]. 37 Rose [584], S. 340 ff. 38 Gordon [373], S. 271. „Angesichts der im Augenblick der Preisfestsetzung bestehenden Unsicherheiten wird nicht angenommen, daß die Unternehmung die Maximierung ihres Profits gemäß einer genau festgelegten Strategie versucht." Kalecki [78] (2. Fassung der Verteilungstheorie von Kalecki), S. 12. 3 9 Die verbreitete Idee der Sicherheit - persönliche, soziale, nationale usw. Sicherheit wirkt auch in den wirtschaftlichen Bereich als Wunsch, eher sichere als hohe und risikoreiche Gewinne zu erzeilen. Vgl. Keirstead [80], S. 41; Hall und Hitch schreiben von „richtigem" oder „fairem" Gewinn, Andrews und J. Robinson von „norma-

38

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

121

(3) das unternehmerische Bemühen, die Beziehungen zu den aktuellen Wettbewerbern, den Lieferanten und Kunden kontinuierlich zu gestalten, „Beunruhigung" zu vermeiden, die zu unvorhersehbaren und unter Umständen unerwünschten neuen Konstellationen führen könnte (Überlegungen aus dem sozialen Kontext: „Fairneß", Vermeidung des Eindrucks, „Ausbeutung" zu betreiben) 40 ; (4) die Furcht, daß zu hohe Gewinne potentielle Wettbewerber zu Markteintritten ermutigen (Sorge vor neuen und eventuell sogar Uberkapazitäten) 41 ; (5) die Vermeidung unerwünschter staatlicher Reaktionen, wie Revision der Steuerpolitik und Preispolitik, Verstärkung staatlicher Aufsicht und Kontrolle; (6) das Bestreben, dem sozialen Gegner, vor allem den Gewerkschaften, nicht Appetit zu machen; (7) die innere Unternehmensorganisation, wo an die Stelle der Entscheidungen einzelner Unternehmer die Kollektiventscheidungen verschiedener Instanzen getreten sind; dabei sind oft unterschiedliche Zielsetzungen aufeinander abzustimmen (vielfach werden z. B. Rentabilität und Liquidität, maximale Umsätze und finanzielle Unabhängigkeit als Gegensätze genannt); (8) das Verpflichtetsein auf moralische oder quasi-moralische Leitbilder wie Reputation („image"), Wunsch, als diszipliniert und maßvoll zu gelten, nicht als Profitmacher („profiteer") dastehen zu wollen; (9) „Business statesmanstrip" i. S. einer ausgleichenden Politik zwischen den einander widerstreitenden Gruppeninteressen (Unternehmensleitung, Aktionäre, Kreditgeber, Arbeitnehmer, Konsumenten usw.). Dieses Argument ist sehr angreifbar und wird überwiegend abgelehnt. Mit allen diesen Argumenten bleibt die empirische Evidenz befriedigender Gewinne als primärer unternehmerischer Zielsetzung entfernt davon, restlos schlüssig zu sein. Immerhin stützen sie aber die Überlegenheit dieser Hypothese gegenüber der Annahme maximaler Gewinne als oberster Zielsetzung der Unternehmer. „It is commonly supposed that maximizing profit is the first concern of business managements. This seems to be no longer true, however, unless the

40 41

lern" Gewinn, Streeten von „comfortable steady income". Streeten [663], S. 176 f.; Mering [508], S. 83; Hague [384], S. 150; Oxenfeldt [130], S. 304, 307 f. und 323. Zu Interpretationsmöglichkeiten des „Normalgewinnes" s. Ritzmann [145], S. 48 f.; Kaldor [426], S. 226; Andrews [4], S. 157. Dieser Gedanke hat auch im Marginalkonzept Berücksichtigung gefunden, s. kritisch Andrews [5], S. 84 f. Andrews' „fear of entry" ist wesentlich für die Bestimmung der Höhe der „costing margin" im Normal-Kosten-Ansatz. Andrews [4], S. 154, S. 164; Markwalder [501], S. 682 ff.; Cyert/March [309], S. 684 f. Zum Konzept der „eintritts-abweisenden" Preispolitik s. vor allem J. S. Bain (1956) und Sylos-Labini [156].

122

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

phrase is very broadly defined from a long-run point of view. Professional managements quite commonly aim for profits which will be regarded as reasonable by employees, customers, and governmental bodies, and as satisfactory by investors, even though higher profits might be obtainable, at least in the short run. The profit goals of a number of companies in the postwar years, for example, were apparently well below the maximum amounts obtainable at the time." 42 „Anstreben befriedigender Gewinne" ist jedoch zu vieldeutig, um dem Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur als generelle unternehmerische Zielsetzung zugrunde liegen zu können. Die Zielsetzung muß statt dessen schärfer gefaßt werden. Hilfreich ist dabei die Überlegung, auf welche Größe das Gewinnstreben gerichtet zu denken ist: auf die Gewinnsumme, die Gewinnquote oder eine Gewinngröße, die die absoluten Gewinne auf eine andere Größe bezieht? Wir entscheiden uns für die letzte Möglichkeit. Als generelle Zielsetzung fungiert dann eine befriedigende Gewinnrate ji. Diese stellt die Relation dar zwischen Gewinnsumme G und eingesetztem Kapital K, letzteres, übereinstimmend mit Preiser, verstanden als „investierte Geldsumme" 43 ' 44 . Wennschon die Unternehmer Gewinneinkommen in fest bestimmter, befriedigender Höhe beanspruchen, so bedürfen sie für die Planung dieses Einkommens doch einer Orientierungsgröße. Ohne Relation zu einem derartigen Bezugswert, das eingesetzte werbende Kapital bietet sich begreiflicherweise dafür an, würden diese Gewinneinkommen wirklich „in der Luft schweben" 45 . Jones stellt fest 46 : „The best single measure of the success of a business enterprise is the rate of return which it earns on the capital invested in it. Standing alone, the amount of net income has little significance... It is doubtful if any relationship in business and finance is as important as the ratio of net business income to capital employed." Die betriebswirtschaftliche Erscheinungsform für das Anstreben einer gewünschten Gewinnrate ist das Rentabilitätsstreben, das Bemühen, eine angemessene Verzinsung der eingesetzten Mittel unter Ein- oder Ausschluß fremder Mittel zu erreichen. Großunternehmen verwenden vielfach statt der Gewinn42 4S 44

45 48

Jones [74], S. 138 f.

Die Schwierigkeiten der Kapitalmessung sind bekannt. Einiges zu den Meßproblemen s. [704], Chapter 2. (Dieser Hinweis findet sich bei Howe [416], S. 48, FN. 1). Preiser betont mit großem Nachdruck, daß „die gewünschte Profitrate" die „Richtschnur alles unternehmerischen Verhaltens" sei. Preiser [141], S. 17, s. auch S. 18-22 passim, S. 49; Jeck [71], S. 86; vgl. auch Lübbert [112], S. 70 f. Robinson hat Zweifel gegenüber der Gewinnrate als einem brauchbaren Zielkonzept für die kurze Frist, weil der Wert des Kapitals nicht feststellbar sei. Langfristig betrachtet sei die Verwendung dieses Konzeptes günstiger [147], S. 190-92.

Preiser [141], S. 19. Jones [74], S. 1.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

123

rate das den Umsatz einbeziehende Produkt aus Umsatzerfolg (—) und Kapitalumschlag

IV.

„turnover".

Bei — kurzfristig — konstantem Kapitalstock ist natürlich die Zielsetzung einer fest bestimmten Gewinnrate dem Ziel einer Gewinnsumme von fest bestimmter Größe äquivalent. Die Annahme, daß eine geplante Gewinnrate gefordert wird, stimmt mit empirischen Ergebnissen überein 47 . Wovon ist nun die Höhe der geforderten Gewinnrate bestimmt? Unter den Gründen, die Unternehmer anführen, „to justify the particular size of the profit target used as a guide in pricing decisions", nennt Lanzillotti an erster Stelle: „fair or reasonable return" 48 . Das braucht nicht mehr zu bedeuten, als daß eben nicht maximale Gewinne gewünscht werden. Sieht man sich jedoch jene Faktoren näher an, die die Entscheidung für eine bestimmte Höhe der zukünftig beanspruchten Gewinnrate beeinflussen, so erkennt man rasch, daß sie sich einer analytisch präzisen Fassung entziehen. Es spielen eine Rolle: die bislang realisierte Gewinnrate (nicht anders als auf der Basis von Erfahrungen läßt sich ein Urteil über das zukünftig Erreichbare bilden); traditionelles, gewohnheitsmäßiges oder sozial und politisch bedingtes Einkommensanspruchsverhalten 49 ; Vorstellungen der Unternehmer darüber, welchen Gewinn sie „auf Dauer glauben durchsetzen zu können" 50 ; Grad des Optimismus hinsichtlich der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und damit des als wahrscheinlich zu erwartenden Auslastungsgrades; strukturelle Gegebenheiten wie Marktzustand, Umfang und Verteilung der Ressourcen usw. Eckstein und Fromm geben eine knappe Übersicht solcher Faktoren: 47

Unter den meistgenannten Zielsetzungen steht „target return on Investment" oben-

an: Kaplan!Dirlam!Lanzillotti [79], S. 128 ff.; Lanzillotti [474], S. 922 f., 938, [475], S. 682, 685; Blair [261], S. 441; Eckstein [325], S. 269 f.; Howe [416], S. 45 ff.;

N. A. A. Research Report [706], Kapitel 6: Return on Capital as a Guide in Pricing, s. auch Bibliografie dort S. 105 ff. Lanzillotti [474], S. 931. Tucker [170 a], S. 64 f., referiert 23 rationelle Begründungen von Seiten der Unternehmensleitungen für das von diesen praktizierte Aufschlagsverfahren. Tucker resümiert: „In the author's experience, a majority of managers set (or attempt to set) prices on the basis of a fair profit . . . In most cases, though, the differences in the markup percentages are more the result of habit patterns, and local concepts of 'fair and just' profit", ebd., S. 42. 49 Es macht nur geringe Schwierigkeiten, auch hier von einem, aus der Konsumtheorie bekannten „habit persistence effect" auf das Verhalten zu sprechen. 50 Auf diese Haltung begründet Preiser sein Konzept des „strukturellen Monopolgrades". Siehe [141] S. 22 und 48. Wie vage dieses Konzept bleiben muß, wird offenbar, wenn Preiser schließlich eingesteht, daß die Gewinnrate „der Ausdruck eines gar nicht oder schwer beeinflußbaren Datums, nämlich der Sozialstruktur" sei; [141], S. 54, ebenso S. 15. An anderer Stelle räumt Preiser ein, daß die angestrebte Gewinnrate und mithin der von ihr abgeleitete Gewinnaufschlag „subjektive und statistisch nicht meßbare Größen" seien; [141], S. 49. 48

124

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

„The target rate of return is based on market structure and long-run economic conditions of the industry, including barriers to entry, international trade barriers, concentration, product differentiation, the necessary quantity and quality of managerial talent, long-run demand elasticities, the degree of risk attached to the profits, and the valuation placed on the firm's equity and debt instruments in the capital markets." 51 Eine eindeutige quantitative Determination der Gewinnrate kann bei Mitwirkung so zahlreicher qualitativer Faktoren schwerlich erwartet werden. Die theoretisch mögliche Rate schwankt daher für einen ziemlichen Bereich; empirische Studien geben aber eine einigermaßen hinlängliche Vorstellung 52 . Die Wahl einer bestimmten Ziel-Gewinnrate gehört zu den Grundentscheidungen einer rational geführten Unternehmung. Die Gewinnrate dient aller weiteren unternehmerischen Aktivität als Orientierungswert, sie besitzt längerfristig Gültigkeit 53 . Selbst wenn die tatsächlich erreichten Raten über einige Wirtschaftsperioden hinweg abweichen, kommt es ohne das Hinzutreten weiterer Faktoren zu keiner Revision des einmal festgelegten Gewinnziels. Wird die gewünschte Rate befriedigender Gewinne nicht realisiert, so wird eine Reaktion darauf vor allem dann ausbleiben, wenn die Abweichung als einmalig oder außergewöhnlich gelten darf. Erst positive oder negative Abweichungen, in denen eine anhaltende Tendenz erkennbar wird, werden zu einer Anpassung der beanspruchten Rate an die permanent realisierte Rate führen. Wegen der Schwächung der Leistungsanreize wird eine Anpassung nach unten seltener vollzogen als eine solche nach oben. Die Unternehmer suchen nicht nur den Mühen und Kosten einer Flexibilisierung der angestrebten Gewinnrate zu entgehen, sie fürchten zugleich den Verlust an Stetigkeit in der Unternehmenspolitik, der dann wahrscheinlich eintreten würde. Als wichtiges Ergebnis ergibt sich aus diesen Überlegungen zur verteilungstheoretisch akzeptablen, generellen unternehmerischen Zielsetzung nunmehr Folgendes: Die Unternehmer planen für einige Dauer eine bestimmte anzustrebende Gewinnrate und richten an dieser ihre konkreten Preisentscheidungen aus. Unternehmerische Preispolitik ist also im Grunde genommen Gewinnpolitik. 51

52

53

Eckstein!Fromm [329], S. 1165. - Es ist keine Frage, daß die Gewinnraten von Industrie zu Industrie schwanken. Wir übergehen die Problematik eines Ausgleichs unterschiedlicher Raten und legen eine einheitliche, gesamtwirtschaftliche Gewinnrate zugrunde. Uber die Höhe der Zielverzinsung auf das eingesetzte Kapital bei einigen bedeutenden amerikanischen Firmen s. Lanzillotti [474], S. 938; Means [120], S. 236; Blair [261], S. 440; Barback [9], S. 170; Tucker [170 a], S. VII. ]eck [71], S. 85. Bei Kaldor und Stobbe findet sich zum Beispiel der Zusammenhang zwischen Gewinnrate und langfristigem Zins am Kapitalmarkt. Kaldor [428], S. 287 bis 292; Stobbe [661], S. 150 ff. Wahrscheinlich werde die Gewinnrate über dem Zinssatz liegen, da die Risiken einer Realinvestition größer seien als die des Engagements am Kapitalmarkt.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie Wie Lanzillotti

125

resümiert: „ . . . it is perhaps more accurate to speak of admi-

nistered profits rather than administered prices." 5 4 Mit ihrem Vorgehen, die Gewinne zu planen und entsprechend die Angebotspreise zu wählen, teilen die Unternehmer die Verkaufserlöse auf in Kosten und Überschüsse, mit anderen Worten, sie planen eine bestimmte Verteilung der Einkommen. Die generelle

unternehmerische Zielsetzung,

üblicherweise

im

preistheoretischen Rahmen dargestellt, wird mithin als verteilungspolitische Maxime unternehmerischen Verhaltens interpretierbar. Sie drückt den Wunsch der Unternehmer-Kapitalisten aus, dauerhaft und in befriedigendem Umfange Einkommen zu gewinnen. Die Zielsetzung erweist sich damit als ein Bestimmungsgrund der Einkommensverteilung von wesentlichem Rang 5 5 . Man kann einwenden, daß bei den zahlreichen konkreten Einzelpreisentscheidungen die verteilungspolitische Absicht vielfach nicht wirksam sein wird, ja gezweifelt werden darf, ob manche Preise nicht überhaupt ohne Bewußtsein des Verteilungsproblems festgelegt werden. Das mag im einzelnen zutreffen. Es besagt aber nichts gegen das Prinzipielle der Auffassung, daß in der Summe aller Preisentscheidungen und auf Dauer die Preispolitik von den Unternehmern — einzel- wie gesamtwirtschaftlich — als das zentrale strategische Mittel gehandhabt wird, mit welchem sie die Gewinneinkommen zu realisieren trachten, die sie planen 5 8 . Dabei darf nicht übersehen werden, daß trotz der vielfältigen Formen effektiven Nicht-Preis-Wettbewerbs 5 7 der Preis die Schlüsselgröße ist für die Entwicklung der unternehmerischen Politik. „Richtige" Preise gewährleisten einen kontinuierlichen Strom der Erlöse. 54

55

58 57

Lanzillotti [474], S. 938: „It would be more accurate and more useful, both to an understanding of management thinking and a guide to public policy to speak of 'administered profits'. By doing so attention would be focused on the fact that our big corporations are interested in and have the economic power to make administrative decisions that will fully utilize or underutilize industrial capacity as necessary to meet 'profit objektives'", ders. [476], S. 155 f. - Vgl. dieses Ergebnis mit unseren entsprechenden Feststellungen auf S. 70 ff. Angemerkt werden muß, daß wir den Gewinnbegriff, der in der Preistheorie so sehr wie in anderen Bereichen der Theorie entfernt davon ist, einheitlich definiert zu sein, hier in seiner allgemeinsten Form verwenden: Differenz zwischen Produktionserlösen und (im weiteren dann: direkten) Kosten. Davon werden selbst Formen rudimentärer Entscheidung einbezogen, bei denen die Unternehmer nichts weiter tun, „als dem Markt zu folgen". Große Anstrengungen werden verwandt auf Produktvariation und Produktgestaltung, Qualitätsänderung, Absatzmethoden - häufig auch als Instrumente „verdeckter Preisänderung" - Werbung usw. „There is today a widespread belief in business circles that competitive efforts should be directed toward non-price aspects of competition almost to the exclusion of price, that sales campaigns should emphasize qualitiy, service and performance and should avoid price cutting as a competitive technique." Nelson/Keim [125], S. X X I , s. auch S. 6 f., S. 36, S. 59-62. „Pricing policy and 'non-price' (quality and style) competition appear to be closely linked in the majority of companies surveyed. There is a wide range of thinking on the importance of non-price competition. Those companies that stress engineering and seals services and play downprice policy, or declare themselves uninterested in competing primarily on price, are selling goods with values lending themselves to successful differentiation." Kaplan/Dirlam/Lanzillotti [79], S. 260; s. auch Do-

126

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Der mit der Bestimmung der Gewinnrate als vorherrschender Zielsetzung verbundene „Rückfall in den Zielmonismus" ist, das sollte klar sein, nur unter unserer verteilungstheoretischen Fragestellung zu rechtfertigen. Im Hinblick auf diese ist nun einmal vor einer zu extensiven Berücksichtigung der vielfältigen preistheoretischen Erkenntnisse zu warnen. Diese betreffen ja nicht nur die zahlreichen einzelwirtschaftlich relevanten Zielsetzungen, sondern auch die unterschiedlichen Zusammenhänge in der Folge unterschiedlicher Marktstrukturen, Verhaltensweisen und Techniken bei der Preisbestimmung. Wollte man all das in Ansatz bringen, so wäre man der Gefahr erlegen, daß die eigentliche Verteilungsproblematik zugedeckt wird bzw. sich, wie bei der Grenzproduktivitätstheorie geschehen, zu einem bloßen Anhang des Preisproblems entstellt. Die zahlreichen preistheoretischen Beziehungen müssen auf das im ganzen Vorherrschende und durchschnittlich Charakteristische gebracht werden58. Dabei ist darauf zu achten, daß die gewonnenen generellen Beziehungen nicht im direkten Gegensatz zu einzelwirtschaftlichen Verhältnissen stehen, obwohl keine Ubereinstimmung für alle Fälle beabsichtigt ist oder auch nur denkbar wäre. 4.2.2 Kostenbasis und Gewinnaufschlag Die im Weg der Aufschlagskalkulation gebildeten Angebotspreise haben zwei konstitutive Komponenten. Für alle Größen, deren Einfluß auf den Prozeß der Preisbestimmung und -Veränderung man untersuchen will, gilt es daher, zu zeigen, auf welche Weise sie auf die eine oder andere Komponente einwirken. Unter diesen Einflußgrößen befinden sich die unternehmerische Zielsetzung und, was einige heikle Fragen aufwirft, die Nachfrage. Die beiden fraglichen Preiskomponenten sind: (1) die Kostenbasis, verknüpft mit dem Problem des anzunehmenden Auslastungsgrades der kurzfristig gegebenen Produktionskapazitäten; (2) der Aufschlag, verknüpft mit dem Problem, auf welche Weise die Zielsetzung diesen determiniert. 4.2.2.1 Die relevante Kostenbasis Die Kosten hätten keine Bedeutung für die Einkommensverteilung, wenn sie nicht eine klare Wirkung auf die Güterpreise hätten. Bei unserer Suche nach der

58

brinski [34], S. 57-61, S. 156 ff.; Hall/Hitch [388], S. 113; Andrews [4], S. 161; Hague [384], S. 151; Stigler [660], S. 149 ff. „Die einer makroökonomischen Verteilungstheorie adäquate Preistheorie muß auf wenige grobe Striche reduzierbar sein und muß sich daher auf die einfachsten und am häufigsten vorkommenden Preisbildungsprinzipien beschränken." Stobbe [166], S. 51, s. auch S. 69. Der Versuch einer weitgehenden Theoretisierung des Preisphänomens unterliegt ohnehin Schranken: „ . . . selbst das komplizierteste und umfassendste preistheoretische Totalmodell (vermag) nicht mehr... als einige bestimmte Phänomene der Wirklichkeit abzubilden, (immer entzieht) sich aber die ganze Komplexität der Wirklichkeit einer vollständigen theoretischen F a s s u n g . . O t t [129], S. 187; s. außerdem Scheele [636], S. 322.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

127

verteilungstheoretisch zweckmäßigen und empirisch relevanten Kostenbasis für die Preisbildung gehen wir von zwei Voraussetzungen aus: (1) Linearität der Kostenfunktionen im relevanten Produktionsbereich, (2) Existenz von Reserve-Produktionskapazitäten. Wennschon die Debatte um ertragsgesetzliche oder lineare Kostenverläufe „kaum als beendet angesehen werden k a n n " 5 9 , sprechen umfangreiche und mit großer statistischer Sorgfalt angelegte empirische Kostenuntersuchungen überwiegend für die Geradlinigkeit der Gesamtkosten und mithin konstante durchschnittliche Primärkosten und Grenzkosten in einem weiten Bereich der Kapazitätsauslastung 9 0 . Die gesamten Stückkosten sind bei niedriger Ausbringung, etwa an der Schwelle zum relevanten Produktionsbereich, hoch, fallen dann innerhalb desselben bis in die Nähe der oder bis genau zur Kapazitätsgrenze. Hiernach verharren die Stückkosten entweder auf ihrem niedrigsten Niveau, oder sie beginnen zu steigen. W i e einige der empirischen Studien gezeigt haben, nehmen viele Unternehmer einfach an, daß ihre Kosten sich derartig verhalten 8 1 . Der Grad an Realismus für die Annahme von Kostenkurven dieser Form wächst zudem, wenn man Produktionsfunktionen vom Leontief-Typ unterstellt, da fixe Produktionskoeffizienten die Produktionsverhältnisse in der modernen Industrie gut auszudrücken scheinen 6 2 . Weiterhin läßt sich — kurzfristig durchaus berechtigt — annehmen, daß neben gegebenen Produktionskapazitäten und Produktionsprogrammen Konstanz der verwendeten Produktionsverfahren besteht. Ist somit über „ W a s " und „ W i e " der Produktion bereits entschieden, so geht es im weiteren lediglich darum, wieviel und zu welchem Preis produziert werden soll. Allerdings gilt die LinearitätsVoraussetzung eindeutig nur für den relevanten Produktionsbereich. Damit berühren wir die 2. vorangestellte Voraussetzung, derzufolge das Bestehen ständiger freier Kapazitäten dem normalen Erscheinungsbild kapitalistischer M a r k t wirtschaften zuzurechnen ist 6 3 . Die Unternehmer planen und realisieren mit dem Anstreben normaler Auslastungsgrade in der Regel Ausbringungsniveaus unterhalb der Kapazitätsgrenzen ihrer Anlagen 6 4 . 59 60

61 82 63

64

Ott [129], S. 137; vgl. auch Gutenberg [378], S. 22 ff., S. 35; Natzmer [518], S. 37 ff., bes. S. 78; Dane [310], S. 97ff., bes. S. 113; Krelle [91], S. 69. Vgl. Gutenberg [54], S. 378 ff., der die bedeutendsten, „historisch" gewordenen Untersuchungen aufführt; ebenso Johnston [73], Kap. 5 und 6; Walters [676], S. 40 ff. sowie die instruktive Übersicht empirischer Untersuchungsresultate, S. 48-50; [707], S. 90 ff. Lester [482], S. 67 f.; VPiles [689], S. 518 f.; EitemanlGuthrie [337], S. 838; Andrews [4], S. 142 und 254. Krelle [91], S. 61. Kalecki macht diese Voraussetzung erstmals für die Verteilungstheorie, in [433], S. 203, 205 und behält sie auch für die 2. Fassung seiner Überlegungen zum Verteilungsproblem bei (vgl. Fußnote 54, 3. Kapitel). S. auch Andrews [4], S. 87-98. Die Angaben über die Spannbreite des relevanten Produktionsbereiches schwanken

128

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Ob die Gesamtkosten mit Annäherung an die Kapazitätsgrenze progressiv zu steigen beginnen, womit auch die durchschnittlichen Primärkosten und Grenzkosten steigen, wird nicht einheitlich beurteilt. Gutenberg z. B. hält die Ansicht Deans, der einen solchen Anstieg für wahrscheinlich hält, ohne ihn aber statistisch verifizieren zu können, für unbewiesen. Das setze intensitätsmäßige Anpassung von seiten der Unternehmer voraus, und diese Reaktion sei nicht ohne weiteres anzunehmen65. Andere Autoren halten eine L-gestaltete Kostenkurve für wahrscheinlich, da mit beginnender Vollauslastung Kostensteigerungen notwendig eintreten müßten68. Dieses Problem ist für unseren Ansatz irrelevant. Als Basis für den Gewinnaufschlag können die gesamten Stückkosten, variable Stückkosten oder Standard(stück)kosten dienen67. Wir verzichten auf die Verwendung der gesamten Stückkosten als Aufschlagsgrundlage mit der ausdrücklichen Annahme einer geschlossenen, voll integrierten Wirtschaft68. Sind somit zugleich Lohnkosten einzige variable Kosten — Materialumsätze zwischen den Unternehmen fallen fort —, so ist die Höhe der Angebotspreise bei vorausgesetzter linearer Kostenfunktion allein abhängig von den Geldlöhnen und den Aufschlägen. Diese enthalten als Bruttogewinnaufschläge alle Kosten des Angebots von seiten der Unternehmer69. Doch die variablen Stückkosten als Aufschlagsgrundlage zu wählen70 wäre unbefriedigend, wenngleich die Linearität der Kostenfunktionen ja die Ursache dafür ist, daß zwischen Kosten und Beschäftigungsgrad keine eindeutige Beziehung besteht. Doch es ist schwer einzusehen, wie auf die Planung und Durchführung der unternehmerischen Preisentscheidungen die Niveaus von Ausbringung und Beschäftigung keinen Einfluß haben sollen. Daß die Preisentscheidungen tatsächlich kapazitätsbewußt gefällt werden, ergibt sich zudem aus dem Investitionskalkül. Abgesehen davon, daß Investitionen vielfach über den Preis finanziert werden, liegen den Investitionsentscheidungen stets Vorstellungen

65 66

67 68

69

70

bei den einzelnen Autoren, z. B. zwischen 70 und 85°/o bei Lester [482], S. 68; 7 0 - 8 0 % bei Lanzillotti [474], S. 923, F N 5 ; 4 0 - 8 5 ° / o bei Dobrinski [34], S. 73 f. Derartige Spannen variieren ohnehin branchenspezifisch erheblich. Die Schwelle zur Rentabilitätszone der Auslastung liegt bei Dienstleistungsunternehmen (z. B. Hotels) wesentlich niedriger als bei Unternehmen mit stark kapitalintensiver Produktion. Gutenberg [54], S. 379. Überstunden, Verteuerung aufgrund höherer Produktionsintensität (erhöhte Materialbeanspruchung), innerbetriebliche Engpässe und Beschaffungsengpässe (z. B. kostensteigernde Schnellkäufe) usw. Vgl. z.B. die neun von Tinsley ökonometrisch geprüften Aufschlagsregeln [169], S.4ff. Die Unterscheidung zwischen variablen („primary costs") und fixen Kosten („overheads") ist ohnehin nur eine Frage der Konvention, hauptsächlich bedingt von dem zugrunde gelegten zeitlichen Horizont und den von den Unternehmern gebrauchten Rechnungsmethoden. Da wir hier nur kurzfristig argumentieren, ist die oben angeführte einschränkende Annahme erforderlich, langfristig sind ja sämtliche Kosten als variabel zu betrachten. Es ist nebensächlich, ob der sogenannte Normalgewinn i. e. S. ebenfalls als Kostenfaktor angesehen wird oder als Zuschlagsgröße zu den Kosten, vgl. z. B. Heflebower [398], S. 363, F N 10. Vgl. z. B. Hall/Hitch [388], S. 110 ff., 113, 120; Ackley [226], S. 420 f.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

129

über die zu erwartende und anzustrebende Auslastung der neuen (wie der bereits vorhandenen) Anlagen zugrunde, anders wäre die Investitionsrechnung gar nicht durchführbar. Schließlich kommt hinzu, daß die von uns zugrunde gelegte Zielsetzung einer in fest bestimmter Höhe geforderten Gewinnrate nur sinnvoll ist, wenn die Ausbringung einbezogen wird. Generell sind Gewinne hoch, wenn die Investierungen hoch sind, sie steigen und fallen aber mit steigendem oder fallendem Umfang der Produktion (wie Produktivität). Als Aufschlagsgrundlage für den Einzelpreis sind daher die durchschnittlichen Lohnkosten bei einer durchschnittlichen „normalen" oder Standardrate der Auslastung, die von den Unternehmungen längerfristig antizipiert und angestrebt wird, zu verwenden71. Dieser Kostenbasis wird ein Gewinnaufschlag zugeschlagen, der das angestrebte Gewinnziel sichern soll und dessen Eigenschaften noch näher zu prüfen sind72. Die Kosten der jeweils realisierten Ausbringung werden weiterhin ermittelt, da sie gegebenenfalls erforderliche Reformulierungen von Standardkostengrundlage und/oder Aufschlag indizieren können. Damit ist bereits gesagt, daß die tatsächliche Ausbringung schwanken kann. Angesichts der Abneigung der Unternehmer gegen eine kurzfristige, flexible Preispolitik ist es die variable Ausbringung, die veränderlichen Nachfragekonstellationen quantitativ oder zeitlich angepaßt wird. Die Variabilität des mengenmäßigen Angebots verträgt sich zudem mit der eingänglich getroffenen Voraussetzung freier Kapazitäten. Um die auf der Grundlage eines gegebenen Kapitalstocks administrativ gesetzten Angebotspreise effektiv werden zu lassen, müssen die Unternehmer geradezu die realisierte Ausbringung als „nachgiebige" Größe behandeln 73 . Es ist ferner denkbar, daß der Bereich elastischen Angebots „selbst unter der Voraussetzung großer Reservekapazitäten in der verarbeitenden Industrie begrenzt (wird) durch den Umfang der Rohstoffläger" 74 . Daraus folgt jedoch nicht, daß in der verarbeitenden Industrie die Preise dann ebenfalls nachfragedeterminiert würden, wenn sich diese Lager infolge steigender Produktionsauslastung, hervorgerufen durch steigende Nachfrage nach den Erzeugnissen der verarbeitenden Industrie, allmählich erschöpfen. Sind die Preise in der Grund-

71

72

73

74

Dieser Standardauslastung entspricht ein längerfristig durchschnittlich erwarteter und anzustrebender Umfang der Produktion und der dafür benötigten Beschäftigung. „The principal type of target-return pricing is building prices directly from Standard costs, plus a margin sufficient to provide the desired profit target." Lanzillotti [473], S. 4 4 6 und 451. Überlegungen dazu, ob die Unternehmer etwa die Wahl des Auslastungsgrades nicht der Zielsetzung einer bestimmten beanspruchten Gewinnrate nachordnen, sondern im Gegenteil den Auslastungsgrad als grundlegendes Ziel planen und eine darauf abgestimmte Gewinnrate antizipieren, lassen wir hier unberücksichtigt. Jeck diskutiert eingehend das „Dreieck" gleichbedeutender Ziele, Gewinnrate, Gewinnspanne und Auslastungsgrad, s. [71], S. 87 ff., bes. 9 5 f. Vgl. Scheeles Kritik an Kaleckis Unterscheidung von nachfragedeterminierter Preisbildung in der Grundstoffindustrie und kostendeterminierter Preisbildung in der verarbeitenden Industrie. Scheele [634], Teil I, S. 346.

130

Z u r Bestimmung der Struktur der Verteilung

stoffindustrie tatsächlich marktdeterminiert 75 , so wird die vermehrte Nachfrage nach Rohstoffen, indiziert von dem fortschreitenden Lagerabbau, diese zum Steigen veranlassen. Das bedeutet jedoch steigende Produktionskosten der verarbeitenden Industrie und damit, in Konsequenz der vorausgesetzten kostenorientierten Preissetzung, steigende Preise auch hier. Es bedarf also nicht des „Umkippens" in ein nachfragedeterminiertes Preisverhalten, um die Preisänderung zu erklären. Sie ergibt sich deutlich als Effekt des Kosteneinflusses 76 . Es sind regelmäßig die leistungsfähigen Unternehmen eines Wirtschaftszweiges oder einer Wirtschaft im ganzen, deren Kostenniveaus führend werden. Den von diesen Unternehmen gesetzten Preisen folgen die übrigen Unternehmen, auch unter Hinnahme niedriger Gewinne infolge ungünstigerer Kostensituationen. Hier spielen derartige Überlegungen eine unwesentliche Rolle, da wir allein Lohnkosten betrachten und diese sich aufgrund tarifvertraglicher Regelungen für gleiche Wirtschaftszweige auch über größere Tarifgebiete tendenziell angleichen 77 . Es versteht sich von selbst, daß eine flexible Preispolitik unter der Bedingung ständig veränderlicher Ausbringung außerordentlich schwierig, eine vernünftige Kalkulation erschwert und kompliziert würde 78 . Die Wirklichkeit liefert genug Beweise, daß die Unternehmer neben einer stetigen Preispolitik auch größere Stetigkeit der Produktion anstreben, also ebenso wenig geneigt sind, den Auslastungsgrad kurzfristig sehr schwanken zu lassen 79 . Kann aufgrund der beschäftigungspolitischen Haltung der Regierungen mit einem Andauern gesamtwirtschaftlicher Vollbeschäftigung gerechnet werden, so lassen sich die Auslastungsgrade längerfristig auf „normaler" Höhe fixieren. Kurzfristige Schwankungen der Nachfrage führen dann nicht automatisch zu Produktionsänderungen, zu diesen aber eher als zu Preisänderungen. Dem Konzept der Aufschlags-Preisbildung ist wiederholt der Vorwurf eines Zirkelschlusses gemacht worden: Normalausstoß hänge, neben anderen Fakto75 76

77

78

78

Wir lassen beiseite, ob diese Annahme Kaleckis zu Recht besteht. Vgl. Kalecki [78], S. 11: „Die Preise der Fertigprodukte werden natürlich durch „nachfrageabhängige" Preisänderungen von Rohstoffen in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings wird dieser Einfluß erst über die Kosten ausgeübt." Scheele kann also mit diesem Einwand die Unterscheidung beider Industriegruppen nicht ihres Sinnes berauben. Ein Faktor administrierter Angleichung der Kostenstrukturen ist die Veröffentlichung von Standardkosten durch die Verbände. Bekanntlich verweist bereits Keynes auf den Vorteil von - in Grenzen - starren Löhnen und Preisen für die Rechenprobleme der Unternehmer. Unter den Gründen sind: Vermeidung ständiger Fluktuation der Beschäftigung; Erhaltung der Kontinuierlichkeit der Lieferungen (oft bestehen langfristige Abnahmeverpflichtungen); Vermeidung von Unruhe in der Leitung der Unternehmenspolitik (z. B. beharrliche Diskussionen über die Richtigkeit des gewählten Produktionsprogramms); Kosten und Mühe häufiger Anpassung der Produktion an schwankenden Auftragseingang, der Beschäftigung an schwankende Ausbringung; Verlust der Kontinuierlichkeit des Produktionsprozesses. Auftretende U n V e r h ä l t n i s m ä ß i g k e i t e n zwischen Produktion, Auftragsumfang und Absatz dienen aber als Indikatoren für eine Uberprüfung der unternehmerischen Preis- und Produktionsentscheidungen.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

131

ren, vom Preis ab; der Preis werde seinerseits aber im Aufschlags-Verfahren ermittelt, wobei eine Annahme über die Höhe des Normalausstoßes zugrunde liege. Sylos-Labini

verweist darauf, daß der Vorwurf dann berechtigt wäre,

wenn das Aufschlags-Prinzip zur Bestimmung von (ursprünglichen) Preisen verwandt wird, nicht aber, wenn Vreisänderungen

zu erklären seien 7 9 8 .

Wir wollen uns nun der Charakterisierung des Aufschlages zuwenden. 4.2.2.2 Absoluter oder relativer Zuschlag Die als Ziel festgesetzte Gewinnrate und mithin das — kurzfristig — bestimmte absolute Gewinneinkommen werden von den Unternehmern tatsächlich beansprucht mittels Angebotspreisen, die durch Aufschläge zu der gewählten Kostenbasis zustande kommen. Der Aufschlag hat den erstrebten Umfang der Gewinneinkommen sicherzustellen, der sowohl die fixen Kosten der Produktion deckt wie auch ein bestimmtes Niveau der sog. „ N e t t o - " oder „Normalgewinne" erbringt. Diese innere Aufteilung der gesamten Gewinneinkommen, preis- und inflationstheoretisch

ziemlich bedeutsam 8 0 , ist hier nebensächlich, da wir für die

Unternehmer-Kapitalisten-Klasse

ein

einheitliches Einkommen

vorausgesetzt

haben. Der Gewinnaufschlag zu der Kostenbasis kann als absoluter oder relativer (prozentualer) Betrag behandelt werden. Sind Lohnkosten die einzigen Primärkosten 8 1 , so lauten die alternativen, formalen Preisbildungsprinzipien für den absoluten Aufschlag g 8 2 pt = d l ^ + g,

(4:1)

für den prozentualen Aufschlag g ' 8 3 pt = d l ^ ( l + g'), wobei dl

(4:2)

also die durchschnittlichen Lohnkosten für die für die Periode t er-

wartete bzw. geplante Ausbringung sind. »a Sylos-Labini [156], S. 22. S. z. B. zur Rolle der Fixkosten für den Verlauf des Inflationsprozesses: Schnitze [163], Kap. 4. In der Beachtung der Fixkosten - direkte Kosten - Verhältnisse für die Preisbestimmung sieht Kalecki einen der Unterschiede seiner Theorie zur Vollkostentheorie, s. [78], S. 19 f. 81 Hier durchschnittliche variable Kosten der Periode t bei einer als normal erwarteten und angestrebten Ausbringungsrate q*. 82 Vgl. Regel 9 bei Tinsley [169], S. 10 f. und S. 12 ff.; Baumol [11], S. 65 f.; Weintraub [174], S. 69. 7

80

83

Vgl. Regel 4 bei Tinsley [169], S. 7 f. Duesenberry Formel Pt =

[320] verwendet die Mark-up

, wobei Wt Lohnsatz, M „constant percentage marking up", Wt „wage-cost per unit of Output in industry" bedeuten. jt S. ansonsten Fog [45], Kapitel 5 u. 6. 31

;t „real Output per man",

132

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Entgegen dem gewöhnlichen Verfahren der Voll- oder Normalkosten-Konzepte bzw. des Konzepts der administrierten Aufschlagspreisbildung geben wir dem absoluten Aufschlag den Vorzug 84 . Wir können uns nicht der Logik des Pre/serschen Gedankens verschließen, daß mit der Annahme der Gewinnrate als verteilungsmäßig relevanter Zielsetzung der Weg „mit strenger Notwendigkeit" zum absoluten Gewinnaufschlag hinführt. In der Tat ist der prozentuale Aufschlag abhängig vom Kostenniveau, hier allein den Lohnkosten, einer Größe also, die „in keiner festen Beziehung zu n = P/K, d. h. zu derjenigen Größe steht, die durch den Zuschlag verwirklicht werden soll" 85 . Anders als Preiser wählen wir als Bezugsgröße für den Aufschlag jedoch nicht die Arbeitsmenge N, gemessen in Arbeitsstunden, sondern die Ausbringung Q. gemessen in Produkteinheiten. Letztere steht über den Kapitalkoeffizienten ebenso in direkter — produktionstechnischer — Relation zu K wie jene über die Kapitalintensität. Die allgemeine Vergleichbarkeit wird durch den Bezug auf die Ausbringung nicht schlechter, als sie ohnehin ist, denn Arbeitsleistungen sind nicht weniger inhomogen als produzierte Gütermengen. Von Vorteil ist, daß der Gewinnanteil auf die gleiche Größe, die Einheit des produzierten Gutes, bezogen wird wie die Lohnkosten. So ergeben sich mit aller Klarheit Lohn und Gewinn als symmetrische Anteile im Preis. Das entspricht soweit dem tatsächlichen Vorgehen der Unternehmer, wenngleich diese andererseits überwiegend den prozentualen Aufschlag praktizieren. Ist K die beanspruchte Gewinnrate, so ergibt sich mit den Identitäten Gt = x • Ko und Gt = g • Q* für den absoluten Gewinnaufschlag der Ausdruck 31

gt =

' K0 - Q T

, A

->\

(4:3)

Der Kapitalstock als „investierte Geldsumme" ist kurzfristig gegeben (Ko)86. Bei unverändertem Kapitalkoeffizienten ist der Gewinnaufschlag eindeutig bestimmt von der beanspruchten Gewinnrate. Durch diese strenge Verknüpfung mit der beanspruchten Gewinnrate verleiht der Gewinnaufschlag der unternehmerischen Preispolitik nicht nur Richtung und Bestimmtheit. Damit wird zugleich der Vorwurf widerlegt, daß die Aufschlags84 85

88

Andrews neigt freilich ebenfalls dem absoluten Zuschlag zu, s. [4], S. 157, S. 184; s. auch Holzman [410], S. 152. Preiser [141], S. 19 bzw. S. 17 (Preiser schreibt statt Gewinn G Profit P); s. auch Jeck [71], S. 68 ff. Jeck hält entgegen unserer Ansicht den Unterschied zwischen beiden Preisbildungsprinzipien für „rein formal", S. 75 f. Einen modifizierten absoluten Aufschlag verwendet Kalecki in der 2. Fassung seiner Verteilungstheorie mit der Formel p = m u + n p, wobei der eigene Preis außer von den direkten Produktionskosten u auch von dem gewichteten Durchschnittspreis p aller Unternehmen der betreffenden Industrie abhängt. Ist der eigene Preis gleich diesem Durchschnittspreis, so hängt die Aufteilung zwischen Lohn- und Gewinnanteil von der Höhe der Parameter m und n ab. S. [78], S. 12 ff., S. 28. Williamson entwickelt im Anschluß daran sein Modell einer Preis-Preis-Inflation, [689 a]. Das entspricht dem Ausdruck nach „target-rate return pricing".

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

133

preiskalkulation in Wahrheit den Preis indeterminiert lasse, da sie die Höhe des Aufschlags unerklärt lasse. Wichtig ist hier zudem, daß sie als eine „für die funktionelle Verteilung entscheidende Größe" erkennbar geworden ist87. 4.2.2.3 Konstanter oder flexibler Aufschlag Die Überlegung, ob die Gewinnaufschläge als konstant oder flexibel zu betrachten sind, taucht üblicherweise verbunden mit der Frage auf, ob denn der Nachfrage nicht doch ein Einfluß auf die nach dem Aufschlagsprinzip festgelegten Preise zugestanden werden muß. Gegenüber diesem grundsätzlichen Punkt mag sekundär sein, auf welche Weise dieser Einfluß schließlich formal berücksichtigt werden kann. Da wir uns die Aufschläge als unabhängig vom Kostenniveau determiniert vorstellen, einzig abgeleitet von der beanspruchten Gewinnrate, so modifiziert sich die Frage nach dem Nachfrageeinfluß konsequenterweise dahin, ob die Planung der Gewinnrate diesem Einfluß zugänglich ist oder nicht. Nur bei einer weniger strengen Verknüpfung von Aufschlag und Rate wäre denkbar, daß die Gewinnrate konstant geplant wird, die Aufschläge jedoch flexibel gehandhabt werden. In unserem Fall kann es zur Änderung der Aufschläge eben nur in der Folge einer Änderung der als Ziel gesetzten Gewinnrate kommen. Preiser, der den absoluten Aufschlag so eindringlich verfochten hat, ist dagegen, der Nachfrage einen unmittelbaren Einfluß auf die Aufschläge einzuräumen. Als geplante Größen brauchten sie nicht den Wechsellagen der Nachfrage zu entsprechen, wie die faktisch anfallenden Gewinnmargen es notwendig tun müssen88. Unter entschiedener Betonung des dualistischen Aufbaus seines Ansatzes will er die Wirksamkeit nachfrageseitiger Faktoren auf den Teil des Modells beschränkt wissen, welchen er, Kaldor folgend, aus dem Kreislaufzusammenhang entwickelt. Nun wird eine strikte Isolierung der Bestimmungsgründe der Verteilung auf der Angebotsseite von jeglicher Nachfragebeteiligung — in welcher Art und Form auch — nicht überzeugen, selbst wenn sie beabsichtigt wäre, was bezweifelt werden muß. Letztlich dient die Festsetzung von Gewinnaufschlägen zu nichts anderem als dazu, Angebotspreise zu ermitteln, die tendenziell die angestrebte 87

88

So auch bei Stobbe [166], S. 109 und ders. [661], S. 133. Stobbe verwendet allerdings den prozentualen Aufschlag, vgl. [166], S. 51 f., 71. - Vgl. auch Gruber [376], S. 520 f., die für ihr eigenes Modell allerdings am Gewinnmaximierungsprinzip festhält. Leider ist sein Argument in diesem Punkt nicht ganz übersichtlich. Wieso kann die realisierte Gewinnmarge vom geplanten Aufschlag abweichen, wenn wie bei Preiser (S. 19) eine konstante Gewinnrate angenommen wird und die Aufschläge mit dieser Größe streng verbunden gedacht werden? Im Rahmen des unterstellten Preisverhaltens der Unternehmer müssen diese den Aufschlag also explizit geändert haben, wenn die Marge von dem geplanten Aufschlag abweicht. Keine Schwierigkeiten bereitet dagegen die Möglichkeit, daß geplante und realisierte Gewinnrate, bei unveränderten Aufschlägen, voneinander abweichen. S. Preiser [141], S. 50 f., siehe auch die Stellungnahmen bei Scheele [634], Teil II, S. 228 f. und Krelle [452], S. 150.

134

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Gewinnrate zu realisieren vermögen. Geforderte Gewinnrate sowie daraus abgeleitete Aufschläge sind Plangrößen. In die Planung der Ziel-Gewinnrate fließen durchaus Erwägungen ein, die den Stand der Nachfrage und ihre mutmaßliche Entwicklung betreffen, soweit diese jedenfalls in einem relevanten Ausmaß erkennbar sind 8 9 . Angesichts der Umstände, daß die Unternehmer ihr Preisverhalten an den Kosten und der Gewinnrate orientieren 9 0 und daß sie dahin neigen, einmal gesetzte Preise zu stabilisieren, nicht zuletzt mittels Variation von Nicht-Preis-Parametern, bleibt eine zeitweilig fluktuierende Nachfrage ohne Einfluß auf den Preis. Das entspricht der von uns akzeptierten generellen Motivationshypothese für das Unternehmerverhalten, derzufolge im allgemeinen nicht zu erwarten steht, daß die Unternehmer jede sich kurzfristig bietende Marktchance auszunutzen bestrebt sind. Bei kurzfristig gegebenen Produktionskapazitäten und mangelnder Preisflexibilität kann es zu Veränderungen der Lager oder/und Lieferfristen k o m m e n ; die letztere Reaktionsweise ist besonders in der Investitionsgüterindustrie anzutreffen wegen der dort vorherrschenden Kundenproduktion. W a n n kurzfristige Nachfrageänderungen auch die Ausbringung und schließlich die Beschäftigung berühren, ist in makroökonomischer Betrachtung Sache der konkreten Situation; es bedarf nachhaltig wirksamer Gründe, ehe die Ziel-Gewinnrate und notwendigerweise der Aufschlag modifiziert werden. M a n kann darum eine im Zeitablauf konstante Gewinnrate voraussetzen, die sich bezieht auf die zu der angestrebten Normalauslastung der Produktionskapazitäten gehörige Ausbringung (s. Fig. 4 a). Nicht gedacht ist an eine Konstanz der Gewinnrate, die sich auf den gesamten relevanten Produktionsbereich oder sogar über

Fig. 4a Daß derartige Kenntnisse von den Nachfragebedingungen stets unvollkommen sind, sei nochmals hervorgehoben. Ihre Messung ergibt nahezu unlösbare Probleme. Hall/ Hitcb [388], S. 114 f.; Hague [384], S. 147. »o Wegen der preisdeterminierenden Stellung der Aufschläge, die unabhängig von der Kostenbasis festgelegt werden, kann von einem rein kostenorientierten Preisverhal89

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

135

Es bedeuten: Qt* geplante Ausbringung, Qi—Q2 relevanter Produktionsbereich, Qk Vollbeschäftigungs- resp. Kapazitätsausbringung. Im Preis pi ist der Aufschlag g (A—B) enthalten. Steigt die Nachfrage nach N2N2, so wird nicht der Preis pä gefordert, sondern die Ausbringung auf Qt** ausgedehnt, es sei denn, die Primärkosten steigen oder die geforderte Gewinnrate hat sich geändert. \ P dlk \

\

%

\

Ausbringung

»-

Fig. 4b

Die hyperbolische Kurve zeigt Angebotspreise, zu denen die Gewinnrate konstant bleibt; der Stückgewinn variiert infolge flexibler Aufschläge für den ganzen Bereich Qi—Q2. Zu bemerken bleibt, daß die bedeutsame Kostenorientierung des Unternehmerverhaltens bei der Preisbestimmung und -änderung eindeutig nur ist unter der Einschränkung, daß die andere konstitutive Preiskomponente, der geplante Aufschlag, nicht ständig variiert. Damit kommt allerdings eine Schwierigkeit auf, die erwähnt werden muß. Wie Reder in Auseinandersetzung mit Kaleckis Theorie gezeigt hat, impliziert die Annahme einer horizontal verlaufenden Angebotskurve der Unternehmer, daß die Primärkostenniveaus aller Unternehmer nicht nur horizontal, sondern auch gleich sein müßten. Diese letztere Implikation aber könne schwerlich realistisch genannt werden. Gäbe es aber Unternehmen mit Niedrig-Kosten-Niveaus und solche mit Hoch-Kosten-Niveaus, so werde bei zunehmendem Output das Gewicht der letzteren Unternehmensgruppe zunehmen, das gesamtwirtschaftliche, durchschnittliche Kostenniveau müsse ansteigen. Die industrielle Angebotskurve könne daher nicht horizontal verlaufen 91 . Wie wir festgestellt hatten, wird die Gewinnrate für einige Dauer geplant und konstant gehalten; die geplanten Aufschläge werden daher nicht fortlaufend

91

ten nicht gesprochen werden. Anbieter-Orientierung ist daher zutreffender; vgl. auch Schilcher [642], S. 64. Reder [568], S. 191 f.; s. auch Davidson [33], S. 52 f.; Külp [97], S. 281.

136

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

angepaßt an die jeweils wirklich erreichte Gewinnrate 9 2 . Fehlende Variabilität der Gewinne, wie sie z. B. Samuels und Smyth festgestellt haben 9 3 , ist zwar auch mit veränderlichen Aufschlägen verträglich, deutet dennoch zugleich darauf hin, daß die Unternehmen mit stetigen Gewinnen zufriedengestellt werden. Dem entspricht das Anstreben einer für einige Dauer konstanten Gewinnrate 9 4 . Selbst wenn die tatsächlichen Gewinne schwanken, da sie nicht nur eine Funktion der Kostenentwicklung, sondern auch des Absatzes sind, bleiben geforderte Gewinnrate und Aufschläge fest. Erst wenn es über eine relevante Reihe von Perioden hinweg nicht zu einer wenigstens annähernden Realisierung der geforderten Gewinnrate gekommen ist, wird wahrscheinlich eine Neuformulierung der Zielsetzung erfolgen. (Das Anspruchsniveau wird heruntergesetzt 05 .) Schließlich liefert die Empirie hinreichende Hinweise dafür, daß die Gewinnaufschläge nicht fortwährend flexibel angepaßt werden, das heißt, als stabile Verhaltensparameter betrachtet werden können 9 6 . Von dem Problem des Nachfrageeinflusses im Rahmen eines Preisbestimmungskonzeptes mit absoluten Aufschlägen bleibt am Ende nur das: Wann nötigt eine erkennbar permanente Entwicklung in der Höhe und/oder Zusammensetzung der Nachfrage die Unternehmer zur Revision der Ziel-Gewinnrate und demnach der Aufschläge? Denn daß eine solche Nachfrageentwicklung die Revision erzwingen kann, sollte nicht bezweifelt werden. Etwa werden sich die Unternehmer in der Prosperität an hohe realisierte Gewinne gewöhnen und ihre Gewinnziele entsprechend formulieren. Kommt es zu einer Abschwächung der Konjunktur mit Druck auf die Gewinne, so werden die Unternehmer nichts un82

93

94

95

98

Z. B. behandelt Kaldor die Gewinnrate als konstante Determinante des langfristigen Gleichgewichts, s. [427], S. 612; ders. [428], S. 287 f. In einer neueren Arbeit erklärt Kaldor diese Konstanz eingehender, s. [431], S. 217, s. auch S. 178 f. Sie fanden damit - Ergebnis einer Untersuchung der Gewinnentwicklung britischer Firmen - eine ältere Hypothese bestätigt: Unternehmen in den höher konzentrierten Industriebereichen haben weniger variable Gewinne als Unternehmen in den geringer konzentrierten Industrien they are better able to withstand difficult trading periods because of their particular type of market in which they operate and that this is reflected in lower variations in their profits over time". Samuels/Smyth [594], S. 137. Es scheint dies eine Bestätigung einer weiteren These zu sein, daß Unternehmen mit unzweifelhafter Marktmacht nicht zu preispolitischer Aktivität neigen und sich mit Erreichen stetiger Gewinne zufriedengeben. „It is true that this planned rate of profit will not be achieved in the short run, except when demand conditions happen to conform to those assumed in setting prices; but the planned rates of profit may be achieved over an average of good and bad times. If so, the question arises to what extent these planned longterm rates of profit are given by the structural conditions of the economy, and to what extent they depend upon recognized conventions. This questions cannot be answered with precision. Within certain limits, however, it seems reasonable in the light of recent thinking to suppose that the overall rate of profit, in the longer term as in the short contains, like the pay structure, an element which can be regarded as depending on contemporary attitudes and implicitly aggreed condition." [712], Part II S. 4. Das wird, unter preistheoretischem Blickpunkt, besonders wichtig, wenn die fixen Kosten nicht über den Aufschlag entgolten werden, weil dann die durchschnittlichen Gesamtkosten für den gesamten Bereich realisierter Produktionsumfänge variieren. Eckstein [324], S. 368-371; Ackley [226], S. 425 f.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

137

versucht lassen, die bisherigen Gewinne zu verteidigen. An eine Revision der Gewinnziele wird zunächst nicht gedacht. Da wiederum die Preispolitik als variabel zu handhabendes Instrument kurzfristig ausfällt, müssen andere Größen der Gewinnrechnung entsprechend beeinflußt werden: Reduktion der Kosten (Einführung kostensparender Maßnahmen wie Abbau von Sonderleistungen usw.) oder Drosselung der Investitionen oder beides sind die gebräuchlichsten Möglichkeiten unternehmerischen Anpassungsverhaltens. Nehmen wir an, daß sich die mutmaßliche, dauerhafte Veränderung der Nachfrage in einer Veränderung des erwarteten Gesamteinkommens Yt ausdrückt. Nehmen wir des weiteren an, daß in die Planung der Gewinnrate auch die Relation zwischen diesem Einkommen und dem Einkommen einer vorhergehenden Periode Y 0 eingeht, in der die Gewinnrate eine maßstäblich gewünschte Höhe erreichte („previous pattern level"). Die Reaktion der Unternehmer in Richtung auf eine reformulierte Ziel-Gewinnrate auf eine Variation der Nachfrage hin läßt sich dann formal wie folgt beschreiben: Jtt = f (Yt, -^r) lo dxt dYt

6f ÖYt

+

8f -

Ö Y t

8f Y ö ( Yt~, ) Io Sf

+

(4:4)

d (

'

Yt Y ^ dYt

J _

. , Y t ' Y o 8 ( y~) Io

(4:5)

Es ist nützlich, nochmals den subjektiven Charakter der beanspruchten Gewinnrate und des von ihr abgeleiteten Aufschlags zu betonen 9 7 . So konkret sich eine einmal formulierte Zielsetzung auf die tatsächliche Gestaltung des Verhältnisses zwischen Kosten, Mengen und Preisen auswirkt, der Prozeß der Festlegung dieser Zielsetzung unterliegt einer Vielzahl subjektiver Bestimmungsgründe. Unter diesen ist die Nachfrage — immer aufgefaßt als in der Erwartung der Unternehmer bestehend — nicht der einzige, aber zweifellos ein erheblicher Faktor. Von der zutreffenden Einschätzung ihrer Höhe, mit anderen Worten der Höhe der erwarteten Verkaufserlöse, hängt sehr wesentlich ab, ob der kalkulierte Gewinnaufschlag die beanspruchte Gewinnrate verwirklicht. 97

So ließen sich z. B. Merkmale des Zusammenhangs zwischen Unternehmer-Typologie und Marktentwicklung bei Heuss, mit dem dieser den Verlauf der Wettbewerbsintensität untersucht, mit Nutzen auf die Frage der Ziel-Gewinnraten-Bestimmung verwenden. Etwa muß die jeweilige Entwicklungsphase eines Marktes - Heuss unterscheidet nach den vier Phasen, Experimentierung, Expansion, Ausreifung, Stagnation/Rückbildung - Einfluß haben auf die Beurteilung der Unternehmer, welche Gewinnraten verteilungspolitisch durchsetzbar sind. Vgl. Heuss [65], S. 105 ff., S. 151 ff.

138

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Ein kritischer Punkt verbleibt, den das Konzept kostenniveaubezogener Gewinnaufschläge vermeidet. In der Planung unveränderte Aufschlagssätze—in dem einen wie anderen Fall — angenommen, führen steigende Kosten beim prozentualen Aufschlag mit dem Anstieg der Preise zugleich zu einem die Kostenerhöhung quasi-automatisch implizierenden Anstieg der Gewinne. Im Fall der absoluten Aufschläge bleiben bei steigenden Kosten und lediglich im Ausmaß der Kostenveränderung steigenden Preisen die Gewinne unverändert. Während die nominale Ziel-Gewinnrate weiterhin erreicht wird oder doch erreichbar ist, müßte die Gewinnquote fallen, wenn der Kostenanstieg in einer Lohnsteigerung besteht, und zwar nominal wie real. (Die Gewinnrate fiele lediglich real!) Es ergibt sich, daß gewinnrate-bezogene Aufschläge für die Unternehmer-Kapitalisten verteilungspolitisch ungünstig sind. Kann das stimmen? Wir hätten ein Ergebnis, das sich im Konflikt befindet mit den Tatsachen; z. B. wäre es mit jenen empirischen Feststellungen schwer verträglich, denen zufolge die Unternehmer bestrebt sind, eine feste proportionale Beziehung zwischen Preisen und Primärkosten zu behaupten, „at least in the short run", wie Scitovsky betont 98 . Wir stellen die Klärung zurück, solange wir nicht den Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur skizziert haben". Hier ist aber bereits zu bemerken, daß eine Erwägung dahingehend, daß die durchschnittlichen Lohnkosten fortgesetzt steigen können, um schließlich extrem hoch zu liegen, ohne daß eine Revision der Aufschläge stattfindet, den Sinn des Aufschlags-Preiskonzeptes verfehlen muß. 4.2.3 Zusammenfassung der preistheoretischen Grundannahmen Die preistheoretischen Grundannahmen für den Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur lassen sich zusammenfassen wie folgt 100 : 98

Vgl. Phelps Brown/Weber [289], S. 267 f.; Scitovsky [602], S. 29. Phelps Brown/Weber sehen in diesem unternehmerischen Verhalten ein Argument für die Erklärung der behaupteten relativen Konstanz der Lohnquote. Die Stabilität der Lohn-Preis-Relation (Reallohn) im Konjunkturverlauf scheint empirisch gesichert. Vgl. Kuh [95] und seinen Beitrag zum Brookings Model for the United States, 1965, sowie R. R. Neilds Studie der britischen Wirtschaft (Pricing and Employment in the Trade Cycle, 1963). •» S. Abschnitt 4.3. 100 Diese Zusammenfassung ergänzt unsere Feststellungen von S. 66 f. - Bei Means [120 a], S. 163 f. findet sich eine knappe Darstellung des Aufschlagspreis-Kalküls in 5 Schritten: (1) Bestimmung der „rate of return on capital"; (2) Wahl einer „Standard rate of operation" für die Preisentscheidung; (3) Schätzung der durchschnittlichen Produktionskosten pro Einheit bei dieser Standard-Operationsrate; (4) Wahl des „target price"; (5) nach Prüfung der Marktgegebenheiten Festsetzung „des" Preises. Means faßt so zusammen: „Target pricing starts with the target rate of return and works from that to costs and demand . . . In contrast, the traditional theory starts with demand and costs. Also the target calculus involves a balancing of greater or less profit and greater or less risk of new competition", ebd., S. 165; ebenso [120], S. 236 ff. - Zum Schritt-Verfahren beim Marginal-Kalkül s. Machlup [114 a], S. 43, FN 1.

Preistheoretische Grundlagen der modernen Verteilungstheorie

139

(1) Die Unternehmen streben als vorherrschendes, generelles Ziel eine Gewinnrate in einer durch vorbereitende Planung fest bestimmten Höhe an. Diese ermittelte Gewinnrate soll nicht maximale Gewinne sichern, aber den wirklichen Möglichkeiten entsprechen, d. h. sie soll erreichbar sein. Des weiteren soll sie befriedigend hoch sein, d. h. hoch genug, um die Besitzer und Verfügungsberechtigten des investierten Kapitals zufriedenzustellen, aber gleichzeitig niedrig genug, um neue Wettbewerber fernzuhalten. Zu dem Risiko zu hoher Gewinne zählt auch, daß sie von Arbeitnehmern, Kunden und Lieferanten sowie den staatlichen Behörden und der öffentlichen Meinung nicht toleriert werden. (2) Die gewünschte Ziel-Gewinnrate ist eine Bruttorate, welche Entgelte für alle produktiven Leistungen, ausgenommen die für Arbeit („pay"), einschließt. Diese Rate dient als langfristiges Zielkriterium, eine „relativ dauerhafte Vorstellung von der als notwendig betrachteten Rendite" (Preiser) konkretisierend. Mit dieser Rate müssen die einzelnen, kurzfristigen unternehmerischen Preisentscheidungen konsistent sein. Sie dient überdies als Kontrollgröße, an der bemeßbar ist, inwieweit das tatsächliche Ergebnis der wirtschaftlichen Aktivität vom geplanten abweicht. (3) Die beanspruchte Gewinnrate wird über einen absoluten Aufschlag verwirklicht. (4) Bei der Festsetzung der Angebotspreise verhalten sich die Unternehmer im übrigen kostenorientiert. Kostenstand und Kostenentwicklung dienen den Unternehmern als eine zuverlässigere und brauchbarere Grundlage der Preisentscheidungen als Höhe und Variation der Nachfrage. (5) Als Kostenbasis für den Aufschlag dienen die „Standard"- oder „Normal"Kosten. Sie kommt zustande durch eine Vorausschätzung der zu erwartenden bzw. Planung der anzustrebenden normalen Kapazitätsauslastung. Abweichungen der wirklichen Kosten von den „Normal"-Kosten beeinflussen die Preise so lange nicht, wie sie nicht für dauernd angesehen werden. Werden Kostensteigerungen für dauerhaft angesehen, so variieren die Preise mit der dann durchgeführten Revision der Kostenbasis. Da speziell Lohnsteigerungen als dauerhaft gelten, erhöhen diese ziemlich sicher die Kostenbasis und führen demnach zu Preissteigerungen (offen bleibt, wie rasch). (7) Grundsätzlich reagieren die Unternehmer kurzfristig auf schwankende Nachfrage weder mit Preisvariation noch mit einem Wechsel des Auslastungsgrades. Eine Preisreaktion auf fallende Nachfrage ist noch seltener als eine Reaktion auf zunehmende Nachfrage. Generell sehen die Unternehmer in Preiswettbewerb, vor allem in kurzfristiger Sicht, kein Mittel, um Gewinn, Umsatz, Marktanteil oder dergleichen zu erhöhen (Qualitätsverbesserungen, Produktgestaltung, Werbungs- und Verkaufskampagnen, Erweiterungsinvestitionen erscheinen geeigneter).

140

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

(8) Der Einfluß der Nachfrageseite ist dessen ungeachtet nicht völlig ausgeschlossen. Er wirkt jedoch nicht unmittelbar auf die Aufschläge und demnach die Preise, sondern auf dem Weg über eine reformulierte Ziel-Gewinnrate. Ist diese etwa zu hoch gesteckt worden, so kommt es mit der Reduktion der Rate und der Aufschläge zu Preisfall oder, da Preisfall nicht allzu häufig ist, zu Preisstabilität dann, wenn steigende Lohnkosten „eigentlich" einen Preisanstieg hätten hervorrufen müssen. Möglich ist, daß erst eine zukünftige Kostensteigerung das Ausbleiben eines Preisfalles im Zeitpunkt der Reduktion der Gewinnrate „legitimiert".

4.3 Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur Erinnern wir uns kurz der bekannten Produktivitätsgleichung für die Verteilung. Sind der Reallohnsatz l r als -L und die durchschnittliche physische ArP beitsproduktivität

als ^

definiert (Yr Realeinkommen, N jahresdurchschnitt-

liche Beschäftigung), so ergibt sich L

'"N

-k

(4-6)

Wie sich unmittelbar sehen läßt, sind Bewegungen des relativen Lohnanteils — das heißt der Struktur der Verteilung — identisch mit Bewegungen des Reallohns gegenüber Änderungen der Arbeitsproduktivität. Proportionale Veränderungen von Arbeitsproduktivität und Reallohn lassen die Verteilung unverändert. Wie Stobbe bemerkt: „Bei konstanter Arbeitsproduktivität können Aussagen über die Entwicklung des Lohnanteils durch Aussagen über die des Reallohns ersetzt werden und umgekehrt. Eine Theorie der funktionellen Einkommensverteilung ist somit einer Theorie des Zusammenhangs zwischen Löhnen und Preisen, d. h. einer Theorie des Reallohns, äquivalent." 101 Freilich ist zweifelhaft, ob Modelle, die diesen „lohnpolitisch orientierten Ansatz" verwenden, „lohnpolitisch" deshalb, weil sie, wie Bombach feststellt, „von der Annahme aus(gehen), daß die Gewerkschaften stark genug sind, die Anpassung des Reallohnes an den Produktivitätsfortschritt durchzusetzen"102, irgend etwas erklären. Zwar verbindet die Gleichung offenbar einige strategisch bedeutsame Größen der Lohn- und Preispolitik, wie Nominallohnsatz, Preisniveau und Arbeitsproduktivität, doch ihr Wert als Orientierungsrelation bei der Analyse der Entwicklung dieser Größen ist sehr begrenzt. Da sie einzig aus definitori101 102

Stobbe [166], S. 61. Bombach [266], S. 107, S. 106.

141

Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur

sehen Beziehungen hergeleitet ist, enthält sie sowenig spezifische Aussagen über das verteilungsbezogene Verhalten der sie beeinflussenden tragenden Gruppen der Lohn- und Preispolitik, wie sie auch keine spezifische Determination der Lohn- und Preisentwicklung berücksichtigt 103 . Ob ein Lohnanstieg über den Produktivitätsfortschritt hinaus die Produktion verringert oder nicht, in welchem Umfang das Preisniveau steigen wird und ob dieser Anstieg auf die Beschäftigung zurückwirken wird — alle diese Fragen bleiben offen. Im Grunde kommt dieser Ansatz über eine zusätzliche Definition der Verteilung nicht hinaus. Nun kann die Produktivitätsgleichung auch zu einem einfachen preistheoretischen Zusammenhang umgeschrieben werden. Es ergibt sich: J_

Y P P Der relative Lohnanteil bestimmt sich dann aus dem Verhältnis von spezifischen Lohnkosten (Stücklohnkosten) dlic zum Güterpreis 104 . Wie wiederum leicht erkennbar ist, verbessern Nominallohnsteigerungen bei unveränderten Preisen direkt die Verteilung zugunsten der Lohnempfänger. Ob die Gewinnaufschläge jedoch flexibel sind, ob Produktion und mithin Beschäftigung unverändert bleiben, ist nicht ohne weiteres klar. Immerhin weist diese Verknüpfung von Preisen und (Lohn-)Kosten zur Erklärung der Verteilung 105 in eine uns vertraute Richtung 106 . Nimmt man die Entwicklung der Arbeitsproduktivität für die kurzfristige Analyse als exogen gegeben an und vermeidet eine endogene Bestimmung des Nominallohnsatzes, so bleibt das Preisniveau als einzige Determinante der Lohnquote übrig. Weder die Produktivitätsgleichung noch diese Gleichung geben Aufschluß über die Bestimmungsgründe der Preisniveau-Entwicklung. Eine weitere Möglichkeit liegt darin, daß man die definitorische Gleichung für den Lohnanteil am Gesamteinkommen 1 • N = a • P • YR überführt in: P = — a

103 104

105

108



An

AN

(4:7a)

Vgl. Helmstädter [400], S. 398. Vgl. Bombach [266], S. 106. Das Verhältnis von Stücklohn zu Preis ist aber der Bestimmung der Lohnquote, wie sie sich aus dem Monopolgrad-Konzept in Kaleckis 2. Fassung ergibt, adäquat. Auf diese weist D. Suits in seiner Analyse des von Krelle in „Bestimmungsgründe der Einkommensverteilung" entwickelten Modells nachdrücklich hin, s. Professor Krelle's Theory of Income Shares, [629], S. 14. Krelle verteidigt seinen Ansatz gegen seine Kritiker im 18. Kapitel seiner „Verteilungstheorie" [93], S. 262 ff. Wenngleich Bombach das für bedenklich hält, da damit „das Vollkostenprinzip sich in die Distributionstheorie ein(schleicht)"; Bombach [266], S. 106 f. Bombach hat diesen Einbruch der neueren Preistheorie damals - 1957/58 - noch etwas ratlos aufgenommen. So konnte er auch offensichtlich mit der Vorstellung nichts anfangen, daß die Unternehmer den Gewinn kalkulieren; s. [268], S. 193, FN 10. Wir haben dementgegen gerade einige Mühe darauf verwendet, den Realismus der preistheoretischen Grundannahme zu zeigen, dergemäß die Unternehmer ihre Gewinne planen.

142

Z u r Bestimmung der Struktur der Verteilung

Auf diese Weise kommt Weintraub zu seiner prominenten Bestimmungsgleichung für das Preisniveau107, mit welcher er die quantitätstheoretische Erklärung für die Preisänderung P = f (M) zu ersetzen hofft durch die ebenso geradlinige Hypothese P = f (1). Ist die durchschnittliche Produktivität gegeben oder entwickelt sich diese ruhig, so behauptet die Gleichung eine proportionale Beziehung zwischen Preisniveau und Nominallohnniveau. Statt eines k, das als Reziproke der Geldumlaufgeschwindigkeit V entspricht (wie bei K. Wickseil) oder dem Marshallschtn k der Analyse der Kassenhaltung fungiert nunmehr k = — als stabiler Verhala tensparameter. Wird die quantitätstheoretische Abfolge von Geldmengen- und Preisänderung durch stabile Zahlungsgewohnheiten108 oder durch die auf Transaktions- und Vorsichtsmotiv gegründete stabile Geldnachfrage gestiftet, so ergibt sich Weintraube Zusammenhang durch das bei der Aufschlagspreisbildung wirksame stabile Verhalten der Unternehmer, woraus wiederum die Stabilität des relativen Lohnanteils resultiert. Für die Gleichförmigkeit von Geldmengen- respektive Lohnniveauänderung und anschließender Preisniveauänderung, jedenfalls in der kurzen Frist, gibt es genügend empirisches Material. Sowohl bei den neueren Quantitätstheoretikern, namentlich M. Friedman, wie bei Weintraub finden sich daher explizite Aussagen darüber, daß die relative Invarianz der jeweilig relevanten Verhaltensparameter (bei Friedman die Nachfragefunktion nach Geld) sich mit den von den Naturwissenschaften entdeckten Gleichförmigkeiten vergleichen ließe. Ohne das hier im einzelnen diskutieren zu wollen, muß angemerkt werden: Monokausale Erklärungsansätze machen zwangsläufig mißtrauisch, vor allem dann, wenn für sie universale Gültigkeit beansprucht wird. Abgesehen davon, daß sich in den beiden letzten Fällen auch dann ökonomisch sinnvolle Aussagen treffen lassen, wenn man den jeweiligen Kausalnexus umkehrt109, ist keineswegs klar, ob der beobachtete Parallelismus der fraglichen Variablen nicht die Konsequenz des Einwirkens dritter Faktoren ist. Wir kommen nunmehr zu dem theoretischen Ansatz, der die Struktur der Verteilung mit Hilfe der unternehmerischen Preis/Gewinn-Politik bestimmen will110. Als Vorzüge des Konzeptes anbieterdeterminierter Preisbildung hinsichtlich der Analyse des Verteilungsproblems sind besonders bemerkenswert: 107

108

109 110

Weintraub [157], Chapter 2; ders. [681], S. 710; ders. [682], S. 12 f.; s. auch Scherf [158], S. 78 f. Hinzu kommt der weitgehend invariante Grad der gesamtwirtschaftlichen Integration. Das ist das Kernargument A. P. Lerners gegenüber Weintraub; s. [480], S. 130 f. Die hier erörterten Bestimmungsgründe der Verteilung, mitsamt denen innerhalb des von uns skizzierten Ansatzes, sind nicht neu. Diese Feststellung trifft auch Gruber im Hinblick auf ihr eigenes, integriertes Modell, in [376], S. 497.

Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur

143

1. Die durch dieses Konzept umfaßten preistheoretischen Grundlagen sind weitaus realistischer als die der neoklassischen Preisentscheidungslogik. Mithin ist eine empirisch relevantere Erklärung des Verteilungsprozesses zu erwarten. 2. Dieses preistheoretische Konzept läßt das Verteilungsproblem in einer kapitalistischen Marktwirtschaft deutlich hervortreten. Richtig ist, daß eine Preisaufschlagstheorie geradezu zwangsläufig immer dann zugleich eine Verteilungstheorie implizieren wird, wenn man eine Zwei-Klassen-Gesellschaft voraussetzt und den Unternehmern die Freiheit einräumt, die Preise gemäß eigenen Kalkülen selbst zu bestimmen 111 . Eine Bestimmungsgleichung für das Preisniveau stellt konsequenterweise die Kernbeziehung des Zusammenhanges dar, den wir nun rasch skizzieren wollen und innerhalb dessen sich die Struktur der Verteilung als determiniert erweisen wird. Den Ausgang stellt der bereits entwickelte Grundgedanke dar, daß die Unternehmer mit ihren preispolitischen Entscheidungen die Verteilung des Gesamteinkommens „planen" 112 . Das ist nicht so aufzufassen, daß die Unternehmer unmittelbar eine bestimmte Gewinnquote am Gesamteinkommen anstreben, diese Quote ist für den einzelnen Unternehmer eine Maßstabsziffer ohne erkennbare Beziehung zu seiner eigenen Preispolitik. Unmittelbar richten die Unternehmer ihr Augenmerk allein auf die eigenen Gewinneinkommen, wobei sie sich an ihrer jeweiligen selbstgesetzten Ziel-Gewinnrate orientieren. Lediglich aus gesamtwirtschaftlicher Sicht läuft dieses einzelwirtschaftliche Verhalten notwendigerweise darauf hinaus, daß die Unternehmer insgesamt, in der Summe ihrer Preisentschlüsse, eine Aufteilung des Gesamteinkommens auf Gewinne und Löhne vornehmen. Entscheiden wir uns kurz, auf welches Gesamteinkommen bezogen die Planungen der Unternehmer zu denken sind. Da wir von der redistributiven Staatstätigkeit absehen und die (nutzungsbedingten) Abschreibungen nicht als Einkommen auffassen wollen 113 , ergibt sich als Einkommensgröße, auf die im 111

S. auch Ott [531], S. 186. Unser Gedankengang entspricht in einigen Grundzügen den Überlegungen der Monopolgrad-Theorien. Wir verzichten aber auf den Monopolgradbegriff, da er nur ein weiterer Name für die Preis-Lohn-(Kosten)-Relation ist. Keineswegs kann er als ein selbständiger Bestimmungsgrund der Verteilung aufgefaßt werden, selbst dann nicht, wenn man die Gewinnmaximierungsannahme fallen läßt. Wegen seines tautologischen Charakters bringt er nichts Zusätzliches über die unternehmerische Preispolitik zur Sprache. Vgl. Kaldor [426], S. 93; Rothschild [587], S. 165, S. 167; Stobbe [166], S. 78 ff., S. 124, besonders S. 79, FN 1; Jeck [71], S. 88; Münnich [124], S. 49 ff.; Scheele [634], S. 342 f. Einige der Monopolgrad-Ansätze, auch der E. Preisers, sind ohnehin weit mehr psychologische Theorien der Preissetzung unter Machteinfluß als brauchbare Theorien darüber, wie sich „Macht" in Preise „umsetzt". Die Mutmaßung einiger Autoren scheint nicht unbegründet, daß der Monopolgrad ebenso wie die Geldumlaufgeschwindigkeit als ein Instrument dazu dient, mit komplexen Sachzusammenhängen in einfacher Weise umzugehen (vgl. auch Bombachs Rezension des Buches von A. Mitra, in W. W. A., 1957). 113 Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung scheidet aus dem erheblichen Posten der nichtausgeschütteten Gewinne die Abschreibungsbeträge aus.

112

144

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Ergebnis die Verteilungsansprüche—auch der anderen Klasse—zielen, das Volkseinkommen (Nettosozialprodukt zu Faktorkosten) 114 . Die Wahl einer Nettogrößen-Betrachtung dürfte dem üblichen Vorgehen der Verteilungstheorie entsprechen 115 , wenngleich immer wieder Kritik daran geäußert worden ist, so daß einige Autoren dazu übergegangen sind, mit BruttoGrößen zu operieren 116 . Wir teilen diese Bedenken nicht, solange nicht mit dem Übergang zu einer langfristigen Betrachtung die Wachstumsfaktoren ins Spiel kommen. Allerdings impliziert unsere Wahl, daß die Einkommen uneinheitlich behandelt werden. Beschränkt man sich etwa streng auf die meßbaren, produktiven Leistungen, für welche Einkommensansprüche geltend gemacht werden — also Kapitalnutzungen und Arbeitsleistungen —, so zeigt sich, daß die Einkommen für die ersteren tatsächlich als Nettogrößen ins Gesamteinkommen eingehen, die letzteren aber nicht: Das Arbeitseinkommen bleibt eine Brutto-Größe in dem Sinne, daß der „Verschleiß", welcher beim Erbringen der Arbeitsleistung entsteht, nicht in Ansatz gebracht wird. Das (Netto-) Volkseinkommen ist also die Summe von Nettokapital- und Bruttoarbeitseinkommen 117 . Unternehmerische Preis/Gewinn-Politik bedeutet in ihrem Kern, so hatten wir festgestellt, Planung der Relation zwischen Geldlohnniveau und Preisniveau. Das gilt einzel- ebenso wie gesamtwirtschaftlich. Die Unternehmer, welche sich am Arbeitsmarkt bestimmten Geldlohnsätzen gegenübersehen 118 , legen mit ihren Preissetzungen die Verteilung der Erlöse respektive Einkommen fest. Änderungen dieser Lohn-Preis-Relation, und seien sie auch nur vorübergehend, haben Verschiebungen in den relativen Einkommensanteilen der Klassen zur Folge. Die Höhe der Produktion Q* — bzw. wegen Y = P • Q die Höhe des Gesamteinkommens Y* —, welche — welches — die Unternehmer anzubieten planen l u

Wird die Teilnahme des Staates im Einkommenskreislauf nicht beachtet, so sind die betrachteten Marktpreise frei von der Kostensteuer-(und Subventions-)Komponente und entsprechen voll den Faktorkosten. Mit dem Ausschluß des Staates verbinden wir nicht die - falsche - Vorstellung, daß die umfassende Erklärung des Verteilungsgeschehens von der Unterscheidung zwischen „primärer" Verteilung und nachfolgender sogenannter Umverteilung ausgehen müsse, derart daß zunächst die erstgenannte zu bestimmen sei und sodann die Modifizierung infolge staatlicher Redistributionsmaßnahmen. 115 Vgl. Krelle [456], S. 55; ders. [93], S. 108. Niehans [520], S. 16 f. 117 Eine Schwierigkeit, die die Klassiker mit ihrer Vorstellung des „natürlichen Lohnes" vermieden. Freilich stellte eine reine Nettobetrachtung, die die Berechnung dieses „Verschleißes" erforderlich machen würde, den Theoretiker wie den Statistiker vor unlösbare Aufgaben. Vgl. Münnich [124], S. 7. Immerhin, die englische Statistik z. B. legt deswegen ein Brutto-Volkseinkommen zugrunde, Kalecki und Burkhead etwa benutzen das „gross national home-produced income" (unter Ausschluß des Staates); vgl. Kalecki [433], (zit.) S. 197; Burkhead [291], S. 198 f. 118 „ . . . firms are not confronted with real wage-rates in the labour market. What is relevant to the firm's hiring decision is the relationship between the money wagerate . . . (assumed equal in each industry) and the price of the firm's p r o d u c t . . . " Davidson [331], S. 567, Fußnote.

145

Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur

in einer beliebigen Periode t, hängt wesentlich ab von der Größe dieser Relation P/1. Das geplante Angebot läßt sich, eine durchaus realistische Grundannahme, als eine zunehmende Funktion der Preis-Lohn-Relation auffassen 1 1 9 : Qt* = Q •

(f

); Q' > 0

bzw.Yt* = Y - ( y ) ; Y' > 0

(4:8) (4:9)

Wahrscheinlich ist, daß erst von einer bestimmten Größe dieser Relation an, d. h. einer bestimmten Mindesthöhe der Erlöse in bezug auf die Kosten, die Unternehmer überhaupt ein Angebot hervorbringen werden. Das heißt, die Funktion des Angebots beginnt nicht im Koordinatenursprung. Es zeigt sich aber, daß das Preisniveau seinerseits abhängig ist von der Höhe der geforderten Gewinnrate n * . Damit ergibt sich: Ist es den Unternehmern insgesamt möglich, das Preisniveau in einer H ö h e festzusetzen, bei der die geplanten Gewinne Gt* die gewünschte Gewinnrate der Erwartung nach realisieren, so werden sie dazu veranlaßt, das dazu erforderliche Güterangebot hervorzubringen 1 2 0 . Als bequeme Verhaltensannahme kann dabei gelten, daß das Ziel einer befriedigenden Gewinnrate, begründet auf ein bestimmtes Anspruchsniveau, sich orientiert an der für die Vorperiode gültigen Gewinnrate. Diese soll zum wenigsten erneut erreicht werden 1 2 1 : jtt* = JI (Jit-i)

(4:10)

Wichtig ist, daß jit* nicht lediglich prognostiziert, sondern aktiv angestrebt wird, d. h. alle weiteren Aktionsparameter auf diese hin ausgerichtet werden. Das von den Unternehmern geplante Angebot wird normalerweise unterhalb des Angebots bei Vollauslastung QK liegen. Bezieht man etwa die Lage am Arbeitsmarkt und die technischen Produktionsbedingungen ein, so wäre eine „Gesamtangebotsfunktion" präzise ableitbar 1 2 2 . Die Vertiefung des Zusammenhangs von Ausbringung und Preisniveau 123 ergibt, daß das letztere seinerseits abhängig ist von weiteren Bestimmungsgrößen. Im Einklang mit den von uns akzeptierten preistheoretischen Grundlagen ergibt sich eine Bestimmungsfunktion des Preisniveaus 118 120

121 122

123

* drückt aus, daß es sich um Planungsgrößen handelt. Daß die Unternehmer über Zielgewinnrate und Ausbringung hinaus weitere Größen vorab festzulegen suchen, um dann festbestimmten Handlungsverläufen folgen zu können, ist z. B. konstitutiv für die Unternehmenstheorie von Cyert und March [308], S. 50 ff.

Vgl. Margolis

[498], S. 190.

Zur grafischen Ableitung einer derartigen Funktion, bei der das Preisniveau die Determinante des Gesamtangebots ist, s. Lindauer [110], S. 196 ff. Es werden dort die alternativen Fälle bei flexiblen, inflexiblen und nach unten starren Geldlöhnen gezeigt. Die Umkehrung der funktionalen Beziehung, mit der das Gesamtangebot zu einer bestimmenden Variablen des Preisniveaus wird, kann ebenfalls als Gesamtangebotsfunktion bezeichnet werden; zu dieser s. Whittlesey/Freedman/Herman [179], S. 392 ff.

146

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

Pt* = f (Jt t *, 1),

(4:11)

die in expliziter Schreibweise lautet 1 2 4 : p > - U j Pt

~

Qt*

+

'

+

Qt*

K

°

(4-12) (

'

Diese Gleichung ist die Kernbeziehung bei der Bestimmung der Verteilungsstruktur. Sie zeigt klar den Einfluß der einkommensstrategischen

Variablen

1 + JI auf das von den Unternehmern geplante Preisniveau. M i t der Planung einer bestimmten Produktion Q t * und einer entsprechenden Auslastung der Anlagen wird zugleich die Höhe der Beschäftigung Nt bestimmt: Nt* = N ( Q t » )

(4:13)

Nt* variiert entlang dieser Funktion mit Q t * . Dabei sind die genauen Eigenschaften der Funktion hier nebensächlich, Art und Größe des Kapitalstocks K 0 , technische Entwicklung und Kapitalintensität der Produktion haben selbstverständlich Bedeutung. Diese Faktoren dürfen aber als kurzfristig stabil gelten, so daß die Unternehmer N allein in Abhängigkeit der Produktion Q t * bestimmen, welche sie planen und abzusetzen hoffen. Ist der Geldlohnsatz 1 exogen gegeben, d. h. 1 = 10, so ist wegen L = 1 • N auch der absolute Lohnanteil Lt bestimmt. Allerdings kann das Lohnniveau gleichfalls determiniert werden durch weitere Variable 1 2 5 , doch verzichten wir hier darauf aus Gründen der Übersichtlichkeit für das Ganze. Das vollständige System zur Bestimmung der Verteilungsstruktur, in dessen Zentrum die Bestimmungsgleichung für das Preisniveau steht, umfaß die Beziehungen: Yt

= L t + Gt

(4:14)

Yt

= Pt • Qt

(4:15)

Gt* = Jtt* • K 0

(4:16)

Lt* = 10 • N t *

(4:17)

JTt* = 3t ( J l t - l )

(4:10)

Pt* Qt* = Q ( t - ) lo

(4:8)

als Definitionsgleichungen;

,!4

li5

Eckstein und Fromm testen in ihrem jüngst erschienenen Aufsatz eine ähnliche Gleichung auf ihre ökonomische Aussagefähigkeit, u. a. auf ihre Brauchbarkeit zur Erklärung der inflationären Preisentwicklung in den USA, s. [329]; Eckstein [325], S. 269. Nach unseren Ausführungen unter Punkt 2.2.1.1 wäre etwa an eine instruktive Lohnbestimmungsgleichung von der Art lt = f (

, G t _ i , PErw) zu denken. Pt-1 Der Geldlohnsatz wäre dann, Geldillusion bei den Arbeitnehmern ausgeschlossen, abhängig vom Reallohnniveau und von der Gewinnhöhe der Vorperiode sowie der erwarteten Preisentwicklung, siehe z. B. bei Weintraub [175], S. 71.

Der Ansatz zur Bestimmung der Verteilungsstruktur

147

wobei Qt*
* '

als Verhaltensgleichungen; sowie Yt* = Y t

(4:19)

126

als Gleichgewichtsbedingung . Von den zwölf Variablen des Systems, Yt, Lt, Gt, Pt, Qt, Gt*, nt*, n t - i , K 0 , Qt*, Nt*, Lt*, I 0 , Pt*, sind K 0 ,1 0 und jt t _ i gegeben. Das Modell enthält Y, das Geldeinkommen. Daher könnte mit Hilfe geeigneter Interpretation Gleichung (4:15) ebenfalls als Preisbestimmungsgleichung aufgefaßt werden. Wir belassen sie hier in dem Verständnis einer „Identität" 127 . Das von den Unternehmern geplante Einkommen Yt* und die entsprechende Planung der Verteilungsstruktur werden nur dann verwirklicht, wenn a) das angestrebte Preisniveau Pt* auch behauptet werden kann, wenn b) die Produktion im geplanten Umfang durchgeführt und abgesetzt wird und wenn c) die Kosten sich nicht ändern, d. h. der ohnehin exogen bestimmte Lohnsatz konstant bleibt bzw. künftige Kostensteigerungen bei den Preisentscheidungen im ausreichenden Maße antizipiert worden sind. Die Lösung des Systems läßt sich natürlich durch die weitere Annahme sehr vereinfachen, daß die Unternehmer die geplante Ausbringung kurzfristig jedenfalls realisieren, also Qt* = Qt ist. Damit müssen zugleich Nt* als Nt und Lt* als Lt sich wie geplant realisieren. Das würde ja nicht bedeuten, daß es nicht vielleicht zu unbeabsichtigter Lagerbildung oder zu Verlängerung von Lieferfristen kommt. Die Bedeutung einer in „normaler" Höhe geplanten Auslastung für die Verteilung zeigt sich unmittelbar darin, daß eine tatsächlich zurückgehende Auslastung des investierten Kapitals die realisierte Gewinnrate unter die geforderte sinken läßt. Da sich andererseits der durchschnittliche Kapitalkoeffizient erhöht, kommt es wesentlich auf das Verhältnis von Gewinnsenkung und Volkseinkommenssenkung an, ob sich die Verteilung ändert oder nicht. Ob sich in diesem Verhältnis aber etwas ändert, hängt davon ab, wie sich das Preisniveau verhalten wird in Abhängigkeit von der unternehmerischen Preispolitik. Wir müssen aber hier darauf verzichten, bestimmte Eigenschaften des Systems und die Wirkungsweise im einzelnen näher zu prüfen. Wir haben mit ihm 126

127

Als Gleichgewichtsbedingung über die kurze Frist hinaus hätte zu gelten: Yt* = YT = YN, d. h., das geplante ist nicht nur gleich dem verwirklichten Einkommen, sondern außerdem dem Einkommen bei Normalauslastung der Anlagen, YN, gleich. Vgl. aber z. B. Weintraub [681], S. 705. Soweit wir sehen, kann (4:15) nur in der Interpretation als „equality" Bestimmungsgleichung für das Preisniveau sein. (Daraus folgt übrigens eine „demand pull"-Erklärung der Inflation).

148

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

den Grundrahmen gewonnen, innerhalb dessen ein möglicher Einfluß der inflationären Preisentwicklung geprüft werden kann. W i r geben daher lediglich das Hauptergebnis knapp wieder: Der von den Unternehmern mittels ihrer Preispolitik geplante Einkommensanteil der Lohnempfänger ist um so niedriger, je höher bei der geplanten Ausbringung und der damit bestimmten Beschäftigung das Preisniveau ist in Relation zum Geldlohnniveau. Die Verteilungsposition der Lohneinkommensempfänger verbessert sich, wenn das Preis-Lohn-Verhältnis fällt. Das wird durch einen Anstieg des Geldlohnniveaus geschehen müssen, da ein Fallen des Preisniveaus empirisch unwahrscheinlich ist. Nach (4:8) und (4:13) müßten dann Ausbringung und Beschäftigung fallen. Allerdings wird der Lohnanstieg unweigerlich auf Preissteigerung hinwirken 1 2 8 . Entwickeln sich die Umsätze und demzufolge die Gewinne tatsächlich etwa nicht so günstig wie geplant, so ist nicht ohne weiteres entscheidbar, welchen Parameter die Unternehmer realistischerweise variieren. Die prinzipielle Alternative, vor der sie stehen, lautet: Sollen sie mit vorherrschender Zielbewußtheit die Preise variieren, um die gewünschte Zielrate zu erreichen? Oder sollen sie Preisstabilität bevorzugen, d. h. aber eine niedrigere als die gewünschte Gewinnrate akzeptieren? Als Reaktion bleiben im letzteren Fall immerhin Lageraufbau und/oder Produktionseinschränkung 1 2 9 . Dieser Ansatz, der so eindeutig auf die preispolitischen Entscheidungen der Unternehmer abstellt, vernachlässigt den Zusammenhang im Kreislauf, d. h. den Einfluß von Seiten des Niveaus der Verteilung. J e höher die Preise in Relation zu den Löhnen liegen, desto höher wird zwar das ausgebrachte Angebot sein, desto niedriger aber die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Setzen wir voraus, was wohl berechtigt ist, daß der Konsumanteil der Unternehmer-Kapitalisten relativ gering ist, so m u ß ein mit steigender Preis-Lohn-Relation fallender Lohnanteil die Nachfrage nach Konsumgütern senken. Es werden darum die Verkäufe nicht im geplanten bzw. antizipierten Umfang stattfinden können, die preispolitischen Planungen erfüllen sich nicht, und die beanspruchte Gewinnrate wird verfehlt. Es zeigt sich, daß die Unternehmer durchaus irgendeine H ö h e des Einkommens und seiner Verteilung planen können, für die die wirksame Nachfrage sodann aber nicht ausreichend hoch genug ist, um das ausgebrachte Angebot auch aufzunehmen. Die Gleichgewichtsbedingung Y t * = Y t wird dann nicht erfüllt 1 3 0 . Es ergibt sich ein ähnliches Ergebnis wie das, welches Krelle findet unter seiner weit größeren Zahl von Einflußgrößen und Annahmen (darunter Gewinnmaximierung): „Wird die Kapazität nicht voll genutzt, so zeigt sich . . . ein fundamentaler Zwiespalt, der sich . . . durch die ganze Verteilungstheorie hindurchzieht: alles, was die Verteilung für die Lohnbezieher verbessert, verringert die Produktion und damit die Beschäftigung" [93], S. 115. 12® Zu den strategischen Handlungsalternativen s. ]eck [71], S. 98, 70. Zu den preispolitischen Reaktionen bei unvorhergesehener Veränderung von Kosten und Nachfrage s. Barback [9], S. 171 ff. 130 Zur Kritik der Monopolgradtheorien s. Scheele [634], Teil I, S. 357 f., S. 342 f.; Davidson, [33], S. 59; Kaldor [426], S. 225 ff. 128

Inflation als Determinante der Verteilungsstruktur?

149

Ohne Frage ist der wesentliche Mangel eines Modells von der Art des vorstehenden das Fehlen einer Lohnbestimmungsgleichung sowie einer Arbeitsangebotsfunktion 1 3 1 . Wir haben das bewußt in Kauf genommen.

4.4 Inflation als Determinante der Verteilungsstruktur? Dieses Kapitel abschließend, wollen wir der Frage nachgehen, ob der Inflation — im Rahmen des soeben skizzierten Ansatzes zur Bestimmung der Verteilungsstruktur — ein Einfluß auf den Verteilungsprozeß zuerkannt werden muß. Der Ansatz enthält ganz offensichtlich die Möglichkeit zu inflationärer Preisentwicklung, die die Folge des verteilungspolitischen Anspruchsverhaltens der beiden relevanten Klassen ist, so wie sich dies in der Preisbestimmungsgleichung (4:18) niederschlägt. Inflation wäre mithin Ergebnis, nicht aber Determinante der Verteilungsvorgänge. Demgegenüber ist zu bedenken, ob Inflation nicht vielleicht doch in einer Weise auf die Preisentscheidungen der Unternehmer einwirkt, auf die unser Gleichungssystem keinen Hinweis liefert. Knapp gefragt: Beeinflussen nicht etwa auch steigende Preise die Preise? Zunächst ist nochmals daran zu erinnern, daß wir Inflation als anhaltende Preissteigerung, gemessen an einem zweckmäßigen Preisniveau, definiert haben. Weder die Zunahme der gesamten Geldmenge noch das Vorliegen von Überschußnachfrage am Güter- oder/und Faktormarkt 1 3 2 , jedoch auch nicht die Existenz verteilungspolitischen Verhaltens der sozialen Klassen ist somit begriffliches Merkmal der Inflation. Wie Gleichung (4:18) erkennen läßt, könnte Inflation über das Lohnelement und über das Gewinnelement in den Preisen wirksam werden. Der Einfluß auf das Lohnelement, Lohnkosten sind in unserer Argumentation einziger Bestandteil der Aufschlagsbasis, muß unerörtert bleiben, da wir, wie bisher schon geschehen, die Geldlohnsätze und ihre Entwicklung als exogen bestimmt betrachten wollen. Ungeachtet dessen — es kann keinen Zweifel geben, daß Anstiege des Geldlohnniveaus zu einem Teil inflationsbedingt sind 133 . Den gewählten 131

132

Daneben fallen weitere Mängel weniger ins Gewicht: d i e U n V o l l s t ä n d i g k e i t d e r berücksichtigten Kostenfaktoren, das Fehlen der wirtschaftlichen Staatsaktivität, die Behandlung von Erwartungen, die Art der Produktionsfunktion. In vollständiger Lesart: positive, monetäre, gesamtwirtschaftliche, Ex-ante-Oberschußnachfrage über eine Reihe von Perioden bei unelastischem oder nicht voll elastischem mengenmäßigen Angebot an Gütern und/oder Arbeitsleistungen. Die Preis- bzw. Lohnbestimmungsgleichungen machen die Preis- bzw. Lohnveränderungen abhängig von der Güter- bzw. Faktorlücke: dt

133

= f p ( N - Q ) sowie -4— = fl ( A - Q ) , N Nachfrage, A Angebot, dt

Vgl. Abschnitt 2.2.1.1.

150

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

preistheoretischen Grundlagen nach führen inflationsbedingte Steigerungen des Geldlohnniveaus so gut wie von anderen Faktoren verursachte Lohnsteigerungen zu einer vollständigen Preisanpassung seitens der Unternehmer (Nachziehen sowie Vorwegnehmen in zeitlicher Hinsicht eingeschlossen). Wir konzentrieren unser Interesse also auf das systemendogen bestimmte Gewinnelement in den Preisen — die Aufschläge. Da wir diese hinwiederum als absolute Aufschläge verstehen, festgelegt in strenger Abhängigkeit von der jeweils geforderten Gewinnrate, so ist die entscheidende Frage endlich die: Hat die Inflation Einfluß auf die Gewinnrate als der Schlüsselgröße der unternehmerischen Preis-Einkommens-Strategie? Nun ist zunächst evident, daß der Realwert der mit der geforderten ZielGewinnrate kurzfristig fest bestimmten Gewinneinkommen bei Inflation abnimmt. Wird dieselbe Zielgewinnrate über eine Reihe von inflationären Perioden hinweg gefordert, die Bezugsgröße eingesetztes Kapital aber als konstant behandelt, so müßte das de facto bedeuten, daß die Unternehmer zumindest bereit sind, ein sinkendes Realeinkommen zu akzeptieren. Der reale Verlust läßt sich ausdrücken durch das Produkt von realem Gewinneinkommen und Steigerungsrate des Preisniveaus _G_ P

dP dt

_]_ P .

Dieser Ausdruck gilt gleichermaßen für die verwirklichten Gewinneinkommen. Doch es muß als unwahrscheinlich erscheinen, daß die Unternehmer ein infolge Inflation sinkendes Realeinkommen hinnehmen würden bzw. überhaupt hinnehmen müßten. Genaueres Zusehen lehrt, daß ein solches Ergebnis allenfalls bei einzelwirtschaftlicher Betrachtungsweise stimmen kann. Insgesamt betrachtet, steht dem Realeinkommensverlust durch steigende Preise natürlich der Realeinkommensgewinn aus eben denselben steigenden Preisen gegenüber. Die Unternehmer gewinnen sogar einen Teil des Sozialprodukts hinzu, wenn die Geldlohnentwicklung nicht im Gleichschritt mit der Preisniveauentwicklung verläuft. Das läßt sich aus Gleichung (4:18) in Verbindung mit Gleichung (4:16) unmittelbar ablesen. Wie sich ergibt, entsteht das Problem einer sinkenden realen Gewinnrate dann nicht, wenn diese Gleichungen zur Kennzeichnung gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge verwendet werden. Bei einem einheitlichen Preisniveau, das die Preise für Konsum- und Kapitalgüter gleichermaßen repräsentiert, entspricht jedem Anstieg der Reproduktionskosten des eingesetzten Kapitals ein ebensolcher Anstieg der Produktpreise. Wendet man sich freilich wieder der einzelwirtschaftlichen Ebene zu, so muß voran die Annahme eines einheitlichen Preisniveaus aufgegeben werden; es ist nicht realistisch, anzunehmen, daß sich die Preisentscheidungen der einzelnen Unternehmer auf ein solches Gesamtpreisniveau hin orientieren. Des weiteren kann nicht vorausgesetzt werden, daß die Preisentwicklung aller Güter einschließlich der Kapitalgüter im Gleichschritt erfolgt.

Inflation als Determinante der Verteilungsstruktur?

151

Eine einzelne Unternehmung „gewinnt" bei Inflation auf der Output-ErlösSeite (infolge des Preisanstiegs der Ertragsgüter) und „verliert" auf der InputSeite (infolge des Preisanstiegs der Kostengüter). Die Gefahr einer „illusorischen Einschätzung" der wirklichen Ertragslage ist dann gegeben, wenn ein Unternehmen von den Preissteigerungen der Kapitalgüterkosten nicht oder nicht ausreichend Notiz nimmt; der Gewinn aus der Preissteigerung auf der Ertragsseite kommt ja in den ermittelten Gewinnen voll zur Geltung. Bei signifikanter Steigerung der Kapitalgüterpreise sind notwendig ein Teil dieser ermittelten Gewinne keine „echten" Gewinne 134 , sondern stellen in Wahrheit Kapitalreproduktionskosten dar: „ . . . in inflation present accounting methods make reported profits look higher than they 'really' are by the amount to which the depreciation and inventory costs charged fall short of actually replacing the assets and materials used up." 1 3 5 „Substanzverluste" müssen unvermeidlich eintreten, wenn die Bestände des Sachanlage-Vermögens und die Abschreibungen auf dieses zu den historischen und nicht den gestiegenen laufenden Kostenpreisen gerechnet werden 138 . Wichtig ist uns hier nicht die Gefahr einer Unterkapitalisation z. B. 1 3 7 , sondern allein, daß Inflation eine exakte Berechnung der Gewinne gefährdet, bei großen Preissteigerungsraten sogar zerstört. „The rate of return computed in uniform dollars is the best single index of inflation on a business e n t e r p r i s e . . . T h e separate effects on capital and on income, however, are important also. When the price level is rising, accounts kept in historical dollars tend to understate capital and overstate income, sometimes by large amounts. The size of the differences depends on three factors: the rate of price level rise, the rate at which the net book investment is expanding, and the book earning rate." 1 3 8 Offenkundig stellen die buchmäßig ermittelten Gewinne keine „echten" ökonomischen Gewinne im vollen Umfang dar, wenn die Preise auf der „Einsatz"Seite der Unternehmungen stärker und/oder schneller steigen als jene auf der 134

Z u m Problem der „Scheingewinne" sowie der Verkennung der realen Ertragsrate auf das eingesetzte Kapital im Hinblick auf die „Qualität der Unternehmerentscheidung" siehe u. a. [705], S. 10. Zur Überbewertung solcher Faktoren wie „overborrowing", „over-confidence", „over-extension of industrial equipment" und dergl.

s. die Kritik Slichters [617], S. 15 f.; Bach [6], S. 11 ff., bes. S. 17; Barth [10 a], S. 64 ff.

135 136

137 1,8

Bach [6], S. 33, s. auch S. 79 f.; Clark [31], S. 18.

Die deutsche betriebswirtschaftliche Literatur hat die Frage der Substanzerhaltung der Unternehmung mit der sich daraus ergebenden Notwendigkeit eines adäquaten Rechnungswesens eingehend behandelt. „Abschreibungen" hatten wir überdies aus unseren Überlegungen ausgeklammert. Jones [74], S. 62 f. Vgl. auch verschiedene Arbeiten von R. Mathews und ]. McB.

Grant sowie Baer/Sintonsen [247].

152

Zur Bestimmung der Struktur der Verteilung

„Absatz"-Seite. Die Unternehmen w e r d e n jene Teile der Buch-Gewinne den Rücklagen zuweisen müssen — u n d nicht e t w a ausschütten dürfen —, u m die „Erhaltung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" zu gewährleisten. Die zurückbehaltenen Anteile k ö n n e n zur Finanzierung jener Investitionen in Anlagen u n d Läger verwendet w e r d e n , die zur Erreichung des Zustandes der Untern e h m e n erforderlich w e r d e n wie er, sieht m a n von allem sonst ab, o h n e das Auftreten der inflationären Preisentwicklung ohnehin eingetreten wäre. Im Hinblick auf den geschilderten Erklärungsansatz zur Verteilung ist festzuhalten, d a ß mit der A n n a h m e , die Bezugsgröße f ü r die geforderten Gewinne i n k o m m e n , das eingesetzte Kapital, sei einfach als „investierte G e l d s u m m e " aufzufassen 1 3 9 , sich der „Historische-Kosten-Irrtum" in den Ansatz einschleicht. Die allmähliche Erosion der Werteinheit des eingesetzten Kapitals bedeutet aber, d a ß die realen Gewinnraten, angestrebte wie realisierte, verschleiert werden 1 4 0 . Eine inflationsbewußte Preiskalkulation seitens der Unternehmer w i r d daher bei der Bestimmung der Bezugsgröße „Kapital" mit Wiederbeschaffungspreisen operieren müssen. Die Probleme f ü r das betriebswirtschaftliche Rechnungswesen sind beträchtlich, vor allem d a n n , w e n n der gleitenden Preisveränderung fortgesetzt entsprochen werden soll (Index-Methoden sind konsequenterweise häufig vorgeschlagen worden) 1 4 1 . Im Ergebnis zeigt sich, d a ß die Unternehmer dem Z w a n g u n t e r w o r f e n sind, die angstrebte Ziel-Gewinnrate durch „Richtigstellung" der Bezugsgröße Kapital den inflationär steigenden Preisen anpassen zu müssen. Dabei ist möglich, d a ß die Ziel-Gewinnraten von vornherein niedriger geplant werden als die wirklich erreichbaren Raten. Lanzillotti, Beteiligter der bedeutenden „Brookings Institution"-Studie der Preispolitik u n d Preispraxis einer Reihe großer USamerikanischer Industrieunternehmen 1 4 2 , erklärt die ermittelte Tatsache, d a ß die Zielraten die realisierten Raten vielfach unterschritten, unter anderem so: „Some of the companies have f o u n d t h a t pricing o n an historical-cost basis using the company's traditional objective does n o t provide a d e q u a t e capital for replacement and expansion at current costs, a n d accordingly have m a d e allowance for this factor in their pricing formulas. T h u s , if actual profit rates were 'adjusted' for changes in the price level, the actual profits w o u l d m o r e closely a p p r o x i m a t e the stated targets." 1 4 3 Allerdings k a n n der Fall eintreten, d a ß die den Preissteigerungen bei den Kapitalgütern angepaßte Zielgewinnrate nicht realisierbar ist, weil die entspre139

Vgl. Abschnitt 4.2.2.1. no Vgl, di e Gegenüberstellung von „reported (historical-dollar) earning rates and the adjusted (uniform-dollar) earning rates" für vier ausgesuchte Unternehmen bei Jones [74], Tabelle 1, S. 5. 141 Außer der Arbeit von Jones siehe Grant!Mathews [374]; Wilk [180], Chap. 3 and passim; Mason [115]; Bohley [16], S. 65 ff. 142 Pricing in Big Business, hier bereits mehrfach zitiert. 143 Lanzillotti [474], S. 929.

Inflation als Determinante der Verteilungsstruktur?

153

chenden erhöhten Aufschläge und Preise nicht durchsetzbar sind144. Selbst einzelne ertragreiche Unternehmen können es u. U. schwer haben, eine reale Gewinnrate von befriedigender Höhe zu verdienen. Allerdings kann eine mit veränderter Ausschüttungspolitik verstärkte Selbstfinanzierung den — zumeist nur zeitweisen — Verzicht auf Preissteigerungen auf der Ertragsseite ausgleichen. Die Anpassung der geforderten Geldgewinnrate und entsprechend der Gewinnaufschläge an die Inflationsrate ist nicht als kontinuierlicher Prozeß vorstellbar. Dazu sind die zu bewältigenden rechentechnischen Anforderungen zu groß. Außerdem wird aus bereits mehrfach erwähnten preisstrategischen Gründen eine ständige Variation der Aufschläge von den Unternehmen nicht gewünscht. In Sicht des Verteilungskonfliktes zwischen den sozialen Klassen verdient es angemerkt zu werden, daß die Verwendung inflationsbezogener Rechnungsmethoden nicht unumstritten ist. Während das Interesse der Unternehmer daran offenkundig ist, die ausgewiesenen Buchgewinne um die Preissteigerungen auf der Anlagegüterseite zu berichtigen145, sehen die Gewerkschaften darin den Versuch, die wirkliche Höhe der Gewinne zu verdecken. Über die erklärte Haltung der amerikanischen Gewerkschaften, insbesondere AFL/CIO, berichtet Theilacker: „Die Gewerkschaften konnten den gesamtwirtschaftlichen Vorzügen realer Erhaltungskonzeptionen in der Unternehmungsrechnung keinen Geschmack abgewinnen und stehen — aus ihrer Sicht verständlich — auf dem Standpunkt, daß derartige Korrekturversuche darauf abzielen, den Anteil der Unternehmereinkommen zu vergrößern." 146 Neben der Wertminderung des „eingesetzten Kapitals" gibt es aber noch einen weiteren triftigen Grund dafür, die Ziel-Gewinnrate bei Inflation, alle anderen Dinge gleich, zu revidieren. Wie wir bereits feststellten, kommt es unter der Annahme gewinnrate-bezogener, absoluter Aufschläge bei einer Steigerung des Lohnniveaus nicht unmittelbar zu einer Angleichung der Gewinneinkommen an die neue Lage. Es ist theoretisch denkbar, daß der relative Gewinnanteil beständig in dem Maße zurückgeht, wie die Kosten steigen. Da schwerlich angenommen werden kann, daß die Lohnkosten nicht steigen, würde ein bei unveränderter Zielrate unveränderter Aufschlag lediglich den absoluten Gewinnanteil unverändert lassen.

144

145

148

Z u den Gründen für die Stabilität vieler Preise s. oben S. 66 f.

Vgl. das Eingeständnis von S. E. Harris:

„As a matter of fact I know and probably you know that there is pressure being put on the accountants to change that method of accounting of business profus so that these large inflationary profus . . . will not seem as large as they are." wiedergegeben in: Five Monographs on Business Income, American Institute of Accountants 1950, S. 29, zitiert nach: Theilacker [167], S. 131.

Theilacker [167], S. 129 f., S. 3.

154

Z u r Bestimmung der Struktur der Verteilung

Bei dieser Konstellation bedarf es der ausdrücklichen Entscheidung der Unternehmer, Ziel-Gewinnrate und mithin Aufschlag neu zu formulieren; die Höhe und Entwicklung der bisherigen Rate liefern dabei den wichtigsten Anhalt. Diese Ansicht der Sache hat den Vorteil, daß sie die Quasi-Automatik der kostenniveaubezogenen, prozentualen Gewinnaufschläge vermeidet. Statt dessen wird die Angebotspreissetzung als echtes unternehmerisches Entscheidungsproblem erkennbar. Der bisherige, institutionalisierte Verteilungsprozeß wird nicht quasi-automatisch verlängert, sondern einer Überprüfung unterzogen. Der Verlauf des neuen Verteilungsprozesses ist somit eindeutiges Resultat der preispolitischen Entscheidungen der Unternehmer. Dabei ist hier nebensächlich, ob Gewinnraten und Aufschläge als Antwort auf bereits erfolgte Kostensteigerungen variieren oder ob zukünftige Kostensteigerungen antizipiert werden. Letzteres dürfte, Ackley zufolge, von wesentlicherer Bedeutung sein: „And while I suspect that the average level of markups may be advanced under highly inflationary conditions, I think that this comes primarily through some tendency to anticipate pending cost rather than through a change in the markups applied to such cost increases." 147 Als Ergebnis all dieser Überlegungen bleibt festzustellen, daß der Inflation, d. h. also kontinuierlich steigenden Preisen, eine bestimmende Rolle bei den Preisentscheidungen zugebilligt werden muß. Allerdings ist dieser Einfluß unter den mäßigen Preissteigerungsraten der schleichenden Inflation nur schwach modifizierender Art. Er wirkt sich aus auf dem Weg über angleichende Modifizierungen der Gewinnraten. Dabei unterliegt der Gedanke, daß die Unternehmer reale Gewinnraten von befriedigender Höhe anstreben, so wie sich generell die Verteilungsansprüche der sozialen Gruppen auf das reale Einkommen richten. Die noch zu entwickelnde spezifische Verteilungstheorie für eine inflationäre Wirtschaft wird diesen Einsichten Rechnung tragen.

147

Ackley [226], S. 426.

5. Die Bestimmung des Niveaus der Verteilung durch die Ausgabenentscheidungen im Einkommenskreislauf

5.1 Grundzüge der sogenannten keynesianischen Verteilungstheorie Für die Bestimmung des gesamtwirtschaftlichen Niveaus der Einkommensverteilung hat sich das Instrumentarium der keynesianischen Einkommenstheorie als vorzüglich geeignet erwiesen. Daß diese Eignung erst ziemlich spät aufgedeckt wurde, Kaldors richtungweisender Beitrag erschien 20 Jahre nach der „General Theory", kann freilich nur denjenigen überraschen, der den zeit- und wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund dieser Theorie unbeachtet lassen möchte. Verständlich ist aber: Solange man unter dem Eindruck von tiefer Depression und Massenarbeitslosigkeit nach der Lösung suchte für das Problem, welche Bestimmungsfaktoren eine ausreichende Höhe der Gesamtbeschäftigung und des Gesamteinkommens sichern, so lange mußte die Frage nach der Verteilung dieses Einkommens zweitrangig erscheinen. (Hier einmal abgesehen von der weiteren Frage nach der Bedeutung der Einkommensverteilung als Determinante der Konsum- und Investitionsentscheidungen.) In der Tat hat Keynes selber dem Verteilungsproblem wenig Aufmerksamkeit gewidmet, ausgenommen einige vorwiegend spekulative Betrachtungen in Beziehung mit den mutmaßlichen, langfristigen Entwicklungschancen des kapitalistischen Wirtschaftssystems. In dem Maße nun, in dem es wirtschaftspolitisch gelang, die Entwicklung von Beschäftigung und Einkommen in den westlichen Industrienationen zu verstetigen, nicht zuletzt dank einer immer weiter verbesserten Theorie, wandte sich ein Teil des wissenschaftlichen Interesses wieder stärker den Fragen der Verteilung zu. Es kann inzwischen als gesicherte Erkenntnis gelten, daß sich die gesamtwirtschaftlichen Prozesse der Einkommensbestimmung und -Verteilung mit den gleichen theoretischen Werkzeugen behandeln, wenn auch nicht restlos erklären lassen. Die Determinanten der Gesamtnachfrage entscheiden sowohl über die Höhe und Veränderung des Gesamteinkommens wie die Höhe der absoluten Klasseneinkommen, d. h. das Niveau seiner Verteilung. Die zahlreichen Modelle dieses theoretischen Ansatzes1 zur Erklärung des Verteilungsprozesses zeigen gewisse Verschiedenheiten bei einer im ganzen einheitlichen Grundstruktur. Als erster entwickelte wahrscheinlich Boulding in Arbeiten zwischen 1948 und 1

Die Einseitigkeit dieses Ansatzes zeigt sich freilich darin, daß die Höhe der (absoluten) Anteile ausschließlich mit nachfrageseitigen Faktoren bestimmt wird.

156

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

1951 den Typ dieser Modelle 2 . Aufbauend auf Bilanzgleichungen für Unternehmen und Haushalte sowie einfachen Investitions- und Konsumfunktionen, zeigt er die Unternehmerbeschlüsse als entscheidende strategische Größe (wobei der Dividendenpolitik eine besondere Schlüsselstellung zufällt). Diese Gedanken blieben, vor allem wegen ihrer unübersichtlichen Entwicklung anhand von grafischen Figuren und ihrer Einbettung in den erfolglos gebliebenen Vorschlag einer erneuerten Grundlegung der Wirtschaftstheorie, ohne nachhaltigen Einfluß 3 . Erst Kaldor lieferte, neben ]. Robinson, mit seinem Vorschlag einer „Keynesian Theory of Distribution" 4 einen verblüffend einfachen Ansatz, der sich als sehr fruchtbar erweisen sollte und eine Reihe mehr oder weniger gleichartiger Arbeiten inspiriert hat 5 . Der Grundgedanke aller dieser Ansätze, die Verteilung aus dem Kreislaufzusammenhang zu erklären, ist der: Die gesamten zu verteilenden Einkommen der Gruppen entstammen den Erlösen der Unternehmer, wobei diese „gleich den Gesamtausgaben der verschiedenen Gruppen von Wirtschaftssubjekten sein müssen und diese Gesamtausgaben die Summe von Konsum- und Investitionsausgaben sind" 6 . Die auf dieser Grundbedingung aufbauenden verteilungstheoretischen Ansätze machen also Gebrauch von dem dichotomischen Charakter der Geldströme im Kreislauf, einerseits Ausgaben, andererseits Einkommen zu sein. „In these theories, given the level of Output, the determinant of the proportional distribution of the income stream is the proportional division of the expanditive stream, i. e., the composition of effective demand." 7 Die hauptsächlichen Vorzüge des exemplarischen Vorgehens von Kaldor sind: 1. Dieser Zugang zum Verteilungsproblem mit Hilfe des von Keynes und seinen Nachfolgern entwickelten Instrumentariums gestattet, mit der Höhe des Gesamteinkommens (Einkommensniveau) zugleich auch die Verteilung desselben (Verteilungsniveau) zu bestimmen. Mit der Preisgabe des Sayschen Theorems ist die Gesamtnachfrage grundsätzlich eine endogene Variable des Sy* Boulding [270], S. 6 6 - 8 1 und S. 8 2 - 9 5 . Enthalten sind darin die beiden ersten M o delle, die mit unwesentlichen Änderungen übernommen wurden in die 1. Auflage von [19], Kapitel 14. [271] enthält das 3. Modell von Boulding. Endlich findet sich eine gewisse konzentrierte Zusammenfassung in [272]; vgl. aber auch Hahn [385]. 3 Z u Bouldings Verteilungstheorie siehe die Monografie von Kerber [81] und die Darstellung bei Blümle [262], S. 1 8 0 - 1 8 4 . 4 Kaldor [426], S. 227 ff., abgesehen von seinen weiteren Arbeiten, die dem Einbau des hier entwickelten Verteilungs-Mechanismus in die Wachstumstheorie gewidmet sind. Robinson [147], S. 75 ff., 255, 271, 3 1 2 und passim. - M. S. Turner vervollständigt die Liste der Vertreter der von ihr so genannten „Cambridge Theory of Distribution" um die Namen Champernowne (1958), Kahn (1959), Harcourt (1963, 1965), Mirrless (1961/62) und Pasinetti (1962), s. [667 a], 5 So z. B. im deutschen Sprachbereich: E. Schneider [647], wiederabgedruckt in [161];

Föhl [353]; Bombach [265]; Niehans [520], • Scheele [634], S. 141; ders. [636], S. 334 f. 7

Davidson [33], S. 103 f.

Grundzüge der sogenannten Keynesianischen Verteilungstheorie

157

stems. Die Bestimmungsgründe der Nachfrage, letztlich Neigungen und Gewohnheiten der wirtschaftenden Subjekte in bezug auf Konsum und Investieren, werden zugleich zu Bestimmungsgründen der Verteilung. 2. Die Kreislaufanalyse liefert zudem den Nachweis, daß Gewinneinkommen nicht nur unter günstigen Umständen anfallen, sondern als dauerhafte Einkommenskategorie im Einkommenskreislauf fortbestehen können. Wie sich aus der aus den keynesianischen Einkommensidentitäten formulierten Gleichung für den Unternehmergewinn ergibt, sind es die Unternehmer selber, die mit ihrer Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern jene zusätzliche Nachfrage kreieren, die die gesamte monetäre wirksame Nachfrage größer sein läßt als das zu den Produktionskosten gerechnete Angebot. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß die bestehenden Preise dauerhaft über jenen Preisen liegen können, die gerade die Kosten der Produktion, in einer geschlossenen Wirtschaft also die Lohnsumme, erlösen. Es bleibt immer ein „Mehr" für die Gewinne, wobei freilich die Spanne zwischen kostendeckenden und tatsächlich erzielten Preisen, wie wir hier bereits anmerken wollen, nicht allein mit der Kreislaufanalyse erklärbar ist. Hier treten vielmehr die Überlegungen ein, die wir den verteilungspolitischen Intentionen der unternehmerischen Preispolitik gewidmet haben. Diese Verteilungserklärung aus dem Kreislaufzusammenhang heraus hat neben weiteren zwei besonders gravierende Nachteile. Zum einen wird die Verteilung der Einkommen als abhängig gesehen von den Ausgabenentscheidungen der Gruppen, obwohl diese schwerlich verteilungspolitisch motiviert sein dürften. Zum anderen rückt mit der Verwendung gesamtwirtschaftlicher Beziehungen zwischen aggregierten Variablen leider das Problem des Funktionierens des ökonomischen Systems als Ganzem ins Blickfeld. (Von dieser „Gefahr" ist der andere Ansatz, welcher von dem individuellen Verhalten der Unternehmer ausgeht, weit weniger betroffen.) Die Vollbeschäftigungsannahme, in den Kreislaufansätzen zur Verteilungsanalyse seit Kaldor üblich, erweist sich gegen dieses herandrängende Problem nur als Schild von zweifelhaftem Wert. So ergibt sich für diese Gruppe von Theorien, die den Namen Keynes' ausdrücklich für ihre Charakterisierung beanspruchen, ein überraschendes, kurioses Ergebnis: „These theories bear a striking resemblance to their classical predecessors, for there is never a lack of 'real' effective demand . . . In economics such as our own, where employment is likely to fluctuate, these theories are incomplete explanations of the real world." 8 8

Davidson [33], S. 104. Im gleichen Sinne nennt Samuelson Kaldors Theorie eine „equilibrating theory of income distribution": gleichgewichtige Verschiebungen in der Einkommensverteilung bringen Vollbeschäftigung hervor.

158

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Mit diesem Einwand, zweifellos von elementarer Bedeutung, können wir uns hier nicht eingehend beschäftigen 9 . Nach einer kritischen Darstellung des Kaldor-Ansatzes werden wir eine Reihe von spezifischen, kritischen Einwendungen nennen. Diskutieren wollen wir davon nur einzelne, wobei das Kriterium das ist, ob damit für das Verständnis des Zusammenhanges von Verteilung und Inflation etwas erreicht wird.

5 . 2 Der Ansatz von N . Kaldor in kurzfristiger Analyse 5.2.1 Darstellung und einige Kritik Generelle Grundlage aller Ansätze zur Bestimmung des Verteilungsniveaus aus dem Kreislaufzusammenhang bilden die nachstehenden Beziehungen: Y Y C bzw. S

= = = =

L C CL Sl

+ + + +

G I Cg Sg

(5:1) (5:2) (5:3a) (5:3b)

Diese Identitäten sind aus der Einkommenstheorie für eine geschlossene Wirtschaft ohne Staatsaktivität wohlbekannt und bedürfen keiner näheren Erklärung. Für C l bzw. S l , Cg bzw. Sg und I lassen sich spezifische Verhaltensannahmen treffen. Freilich sind die Bestimmungsgründe der Konsum/Spar- und Investitionsentscheidungen zu komplex, als daß sie in einem Verteilungsmodell, am wenigsten für eines der kurzen Frist, vollständig berücksichtigt werden sollten. Vielfach beschränkt man sich auf die Annahme exogen vorbestimmter Investitionen und eines allein einkommensabhängigen Konsums bzw. Sparens 10 . Betrachtet man die gleichfalls vertraute Keynes-Gleichung für den Unternehmergewinn G = C q + I — S l , so ergibt sich erst aus einer zusätzlichen Überlegung die Festlegung der abhängigen und der determinierenden Variablen. Dazu schreibt Kalecki: „Nun ist es offensichtlich, daß die Kapitalisten zwar entscheiden können, in einer bestimmten Periode mehr zu konsumieren und zu investieren als in einer 9

10

Hinzu kommt, daß eine Diskussion darüber noch einen weiteren Einwand von ähnlichem Rang einzubeziehen hätte: Dieser weitere Einwand bezieht sich auf den Umstand, daß in dem herkömmlichen keynesianischen Konzept zwar die Bestimmungsgründe der Nachfrage ausführlich gewürdigt werden, nicht aber die Bestimmungsgründe und Bedingungen des Gesamtangebots. (Erinnert sei an die Versuche, eine keynesianische Gesamtangebotsfunktion zu begründen). Es muß aber fraglich erscheinen, ob die Gesamtnachfrage stets einem ausreichend hohen Angebot begegnet; die stillschweigende Voraussetzung, daß das immer der Fall sein wird, liefe auf eine Inversion des Sayschen Theorems hinaus, die weiterer Begründung sehr bedürftig ist. Ältere Verteilungsanalysen gelangten zu einer sehr erheblichen Vereinfachung dadurch, daß sie Arbeiter-Sparen a priori ausschlössen und Unternehmer-Konsum als unerheblich vernachlässigten. Dann gilt natürlich L = C sowie G = I.

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

159

anderen, nicht aber, mehr zu verdienen. Es bestimmen folglich die Investit i o n - und Konsumentscheidungen ihre Profite und nicht umgekehrt die Profite ihre Konsum- und Investitionsentscheidungen." 11 Das mag so lange uneingeschränkt gültig sein, wie man sich ausschließlich auf den mit der Gleichung definierten Zusammenhang bezieht. Verläßt man diesen aber, so bemerkt man sofort, daß mit ihm nur ein Ausschnitt aus dem vollen Bild der Wirklichkeit vermittelt wird. Aus einer Reihe von Umständen wollen wir auf die zwei erheblichen hinweisen: Zum einen wird in der Investitionstheorie, dem eindringlichen Vorschlag ]. Tinbergens folgend, die Gewinnabhängigkeit der Investitionen stark hervorgehoben. Es bedarf nicht einmal einer Lag-Relation von der Art It = f (Gt_i), um diese Abhängigkeit als empirisch sehr bedeutungsvoll bewerten zu können 12 . Zum anderen sollte die ausführliche Behandlung der unternehmerischen Preis/Gewinn-Politik deutlich gezeigt haben, daß die Unternehmer mit ihren Preisentscheidungen ein zentrales Mittel besitzen, unmittelbar auf eine bestimmte Höhe ihrer Gewinne hinzuwirken. Nichtsdestoweniger gilt für den hier behandelten Ansatz, daß es die aus Investitions- und Konsumentschlüssen resultierenden Ausgaben sind, die über die Höhe der Erlöse und ihre Verteilung, d. h. auch die Gewinne bestimmen. Herzstück des Kaldor-Ansatzes ist der Einfall, daß sich das Instrumentarium der keynesianischen Einkommenstheorie alternativ dazu verwenden läßt, um Beschäftigungs- und Einkommensniveau oder um die Verteilung der Einkommen zu bestimmen. Kaldor zufolge muß dann jeweils das andere, Verteilungsoder Einkommensniveau, als gegeben angesehen werden. Die Bestimmung der Verteilung läuft darauf hinaus, daß Gewinnanteil und Investitionsquote derart verbunden werden, daß Änderungen der Investitionsquote eine um ein Vielfaches stärkere Änderung des Gewinnanteils hervorrufen (Multiplikatorprinzip): „The principie of the multiplier . . . could be alternatively applied to a determination of the relation between prices and wages, if the level of output and " Kalecki [78], S. 50; Preiser [141], S. 10. Preiser folgt deutlich Kaleckis Darlegung, wobei dieser allerdings unter der Voraussetzung fehlenden Lohnempfängersparens (SL = O) argumentiert. 12 Krelle z. B. begründet die gewinnabhängigen Investitionen mit zwei guten Argumenten: (1) Investitionen müssen nicht nur wirtschaftlich, sondern auch finanziell möglich sein (vgl. die Preiser-Unterscheidung von Investitionsneigung und Investitionsmöglichkeit). Gewinne bedeuten aber Liquidität, und sie steigern die Kreditwürdigkeit gegenüber Banken. (2) Selbstfinanzierung aus Gewinnen stärkt Einfluß und Stellung der Geschäftsleitung gegenüber den Unternehmenseignern, bedeutet Unabhängigkeit nach außen und vermindertes Risiko. Krelle [456], S. 371, S. 349. Diese Überlegungen hat Krelle in seine „große" Verteilungstheorie dann übernommen, vgl. [99], S. 156.

160

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

employment is taken as given, or the determination of the level of employment, if distribution (i. e., the relation between prices and wages) is taken as given." 13 Die Annahme einer positiven Sparquote der Arbeitnehmer bei Kaldor ist für die Verteilungstheorie neu. Man sieht, wie einem inhaltsschweren Umstand des sozioökonomischen Wandels mit einem einfachen analytischen Kunstgriff entsprochen werden soll 14 . Das Kaldor-Modell im Überblick 15 : Es gelten die Identitäten Y = L + G (5:1) und S = S L + S G (5:3b) sowie die Gleichgewichtsbedingung (5:4)

Igepl. = Sgepl.

Als Annahme über das Sparverhalten finden sich die einfachen linearen Sparfunktionen: SL = sL • L

(5:5)

Sg = s g - G

(5:6)

Unter Verwendung von (5:3b) werden (5:5) und (5:6) in (5:4) eingesetzt. Wird L mittels (5:1) substituiert, so ergibt sich G _ Y

1 SG — S L

I _ Y

SL SG —SL

(5:7)

Der Ausdruck für den Multiplikator, 1/(sg_Sl), wird von Kaldor als „Empfindlichkeitskoeffizient der Einkommensverteilung" bezeichnet, da er angebe, wie je nach Größe der Differenz der beiden Sparkoeffizienten eine Änderung der Investitionsquote zu einer Änderung des Gewinnanteils führen muß. Das Modell ist denkbar übersichtlich und zeigt die Abhängigkeit der Verteilung von dem Anteil der Investitionen am Gesamteinkommen bzw. am Wert der Gesamtproduktion 16 sowie den marginalen (gleich durchschnittlichen) Spar>» Kaldor [426], S. III.

14

Der Fortschritt der Verteilungstheorie in der Behandlung des Arbeitnehmer-Sparens vollzog sich in Etappen:

1. Stufe: s l = O bzw. ) Sl = sl • L = O i

2. Stufe: s l > O bzw^ ^ j

Klassik, K. Marx, Kalecki, Keynes, ]. Robinson, u. a.

K d d o r un{J

Nachfolger

3. Stufe: s l > O, wobei

S l = s l (L + G l ) > O Pasinetti

15 19

Eine neuere ausführliche Darstellung gibt Kowalski [90], S. 63 ff. Die enge Korrelation zwischen Gewinn- und Investitionsquote zählt Kaldor innerhalb seiner Wachstumstheorie, neben der bereits erwähnten Konstanz der Gewinnrate, zu den „stylized facts". Damit sind Sachverhalte gemeint, die sich im bisherigen Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung als kontinuierlich erwiesen haben. Kaldor [431], S. 178 f.; an früherer Stelle ist von „remarkable historical constancies" die Rede, s. [427], S. 591.

161

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

koeffizienten SO und SL17. Von diesen wird in vertrauter Keynesscher Weise angenommen, daß sie in der Zeit weitgehend invariant sind, so daß es die Investitionsquote ist und deren Schwankungen, welche die Verteilung wesentlich determiniert. Die Gleichung (5:7), sogenannte Kaldor-Formel, deriviert unter der Annahme fehlenden Arbeitnehmersparens — SL = 0 — zu18 G Y

1 ~

SG

J_ '

Y'

(5:8)

bei Vernachlässigung des Unternehmer-Konsums — SG = 1 — zu19 (i Y

_

Y

(5:9)

Für das Funktionieren des Modells, die Anpassung der Gewinnquote an einen autonom veränderten Anteil der Investitionen, müssen Kaldor zufolge20 zwei Bedingungen gegeben sein: (a) die Sparkoeffizienten sind verschieden groß21 sq^SL

(5:10)

(b) und der Sparkoeffizient der Gewinne ist größer als der der Arbeitseinkommen S

G

> S L

(5:11)

Diese letztere Bedingung wird von Kaldor als Stabilitätsbedingung bezeichnet22. Den Prozeß der Anpassung der Gewinnquote an eine veränderte Stärke der Investitionen fügt Kaldor lediglich verbal hinzu. Angenommen, die Investitionsquote steige mit steigenden Investitionen, so werden modellgerecht die Preise steigen, da das Realeinkommen voraussetzungsgemäß auf dem Vollbeschäftigungsniveau kurzfristig festliegt. Steigende Preise bedeuten steigende Erlöse und Gewinne. Wegen SG = SG • G und der Bedingung SG > SL steigt SG und mithin S. Das Sparen gleicht sich den unabhängig vom laufenden Einkommen veränderten

Wir verwenden hier absichtlich noch nicht den Ausdruck „Sparneigung". Wir kommen darauf zurück im Anschluß an die Pasinetti-Ergänzung des Kaldor-Ansatzes. 18 Das ist der Fall, der von Keynes mit der Parabel vom „Krug der W i t w e " beschrieben wird, [83], Vol. I, S. 139. 19 So stellt ]. Robinson hinsichtlich der Unternehmer fest, daß „ . . . whose consumption is negligible and whose sole function and aim is to organize production and accumulate capital"; s. [147], S. 73. 20 Kaldor [426], S. 230. 21 Reder hat für seinen Verifikationsversuch allerdings auch mit Gleichheit beider Koeffizienten gerechnet und dennoch ein sinnvolles Ergebnis erhalten. Reder [570], S. 192. 22 Der Realismus von SG > SL ist nicht zweifelhaft angesichts der Tatsache „that the bulk of profits accrues in the form of Company profits and a high proportion of companies' marginal profits is put to reserve". Kaldor [426], S. 229, F N 1; ders. [428], S. 215 sowie [431], S. 194 f. 17

162

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Investitionen an. Die Sparkoeffizienten müssen also nicht ex ante bestinjmte Werte haben, sondern Sg und S l müssen im Verlauf des Prozesses bestimmte Werte annehmen, damit sich die Gewinnquote der Investitionsquote anpaßt. Die Stabilitätsbedingung verdeutlicht, daß das System etwa im Falle von sg kleiner s l nicht auf eine neue stabile Lage hin konvergieren würde: die Preise müßten vielmehr kumulativ weiter steigen, die neue Gewinnquote bliebe indeterminiert23. Für das Verhältnis der Determinanten der Verteilung untereinander, Investitionsanteil und spezifische Sparkoeffizienten, wird wechselseitige Unabhängigkeit postuliert. Eine der Grundannahmen der keynesianischen Theorie ist gültig, derzufolge von den Unternehmern über den Umfang der Investitionen unabhängig von der Höhe der laufenden Ersparnisse entschieden wird24 und wonach bei fehlender Übereinstimmung zwischen Sparen und Investitionen die letzteren ein höheres Sparen erzwingen, nicht aber umgekehrt. Ist das aus dem laufenden Einkommen resultierende freiwillige Sparen geringer als der von den Unternehmern geplante und realisierte gewünschte Umfang der Investierungen, so tritt zusätzliches Sparen zwangsweise auf. . Höhere Investitionen können aber, wenn das Realeinkommen festliegt, nur derart im Kreislauf „untergebracht" werden, daß Preise und Gewinne flexibel reagieren, d. h. also steigen. Wegen des vorgegebenen höheren Sparkoeffizienten sg kommt es zu einer Verschiebung der Einkommensverteilung zugunsten der Gewinneinkommen. Die Anpassung ist vollzogen. Das Kaldor-Modell ist in Realgrößen verfaßt, was sich aus der Absicht des Autors erklärt, diese Verteilungsmechanik in seinen wachstumstheoretischen Erklärungsansatz zu integrieren. Da das Modell einfach ist, bereitet eine Interpretation mit monetären Größen keine ernstlichen Schwierigkeiten. Investitionen und Konsum sind sowieso monetäre Ausgabengrößen, und der Anpassungsprozeß, dessen Eigenheiten wir unter 5.2.2 betrachten wollen, ist monetärer Natur. Freilich läßt eben diese monetäre Veränderung einiger der Variablen die Frage aufkommen, ob das Modell eigentlich ausreichend determiniert ist25. Das System besteht aus fünf Gleichungen, die Kaldor-Formel (5:7) ist ja von den übrigen linear abhängig, enthält jedoch neun Variable: Y, L, G, I, S, S l , Sg, sg und sl. Da I, sg und s l als Verhaltensgrößen per Annahme exogen vorgegeben sind, bleiben sechs Variable übrig, die bestimmt werden müssen. Das System enthielte einen Freiheitsgrad. Nun ist Kaldor hinsichtlich seiner Voll13

Vgl. die Bemühung Bombacbs, zu zeigen, daß auch im Falle von s l > sg ein neues Gleichgewicht erreichbar ist, da G/Y, die nunmehr bei Steigen der Investitionsquote fallen muß, so lange positiv sein kann, wie s l >

u 25

^

ist. Bombach [266], S. 134 f.

Das muß nicht heißen, daß der Sparprozeß langfristig völlig ohne Einfluß auf die Investitionen bleiben müßte; siehe Preiser [559], S. 126 f. Vgl. dazu auch Ritzmann [145], S. 86, sowie Kowalski [90], S. 65.

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

163

beschäftigungsannahme von lapidarer Kürze 26 . Es ist daher nicht ohne weiteres klar, ob diese Annahme auf den Sachkapitalbestand oder das Arbeitskräfteangebot zu beziehen ist oder auf beide. Doch Scheele s Vermutung, die Beschäftigung sei also unbestimmt, was er im übrigen mit dem Mangel an irgendwelchen Aussagen über das Lohnniveau verbindet, scheint unzutreffend 27 . Abgesehen davon, daß Kaldor gelegentlich unterscheidend von „full utilization of resources" spricht28, trifft er an ganz anderer Stelle die plausible Feststellung, daß die Höhe des Outputs begrenzt werde durch die verfügbare Menge der Beschäftigung: „ . . . employment rather than physical capacity is the effective bottleneck setting a limit to production for the economy as a whole — i. e., it is assumed that the available capacity is more than sufficient to employ the available labour force." 29 Vollbeschäftigung bedeutet also volle Beschäftigung des Arbeitsangebots. Da_mit aber sind alle realen Niveaus gegeben: N = N, Beschäftigung, sowie Q = Q, Realeinkommen. Zu einer Schließung des Systems führt das noch nicht, es sei denn, man wollte die Definitionsgleichung des Nominaleinkommens Y = P • Q einbeziehen. Aber mit dieser zusätzlichen Gleichung erhielte man auch eine weitere Variable, P 30 . Die Lösung liegt in der vom Modell implizierten Annahme exogener, unveränderter Geldlohnsätze. Wegen N = N ist aber L = 1 • N, also L = L. Das Modell ist geschlossen, es enthält keinen Freiheitsgrad. Nur eine solche Konstanz von L erlaubt die für den Angleichungsprozeß erforderliche Senkung des realen Lohnanteiles, so daß sich das vermehrte Sparen der Gewinnempfänger voll auswirkt. Über eine von der Preis- und Gewinnsteigerung induzierte Lohnsteigerung wird folgerichtig auch nichts gesagt. Abgesehen von dem generellen Bedenken, daß mit dem Lohnsatz 1 ein wichtiger verteilungspolitischer Verhaltensparameter exogen vorgegeben ist, fällt es selbstverständlich schwer, hinzunehmen, daß die durch sinkende Reallohneinkommen gestörten Verhältnisse am Arbeitsmarkt nicht unmittelbar zu lohnpolitischen Gegenaktionen führen sollen31. Dazu kommt, daß die zusätzliche Investitionsnachfrage die — „abgeleitete" — Nachfrage nach Arbeitsleistungen ebenfalls in Bewegung bringt. Das " „We shall a s s u m e . . . a state of full e m p l o y m e n t . . . so that total output or income (Y) is given." Kaldor [426], S. 228. " Scheele [634], S. 175 f. Münnich schließt sich dem an; siehe [124], S. 57. 28 Kaldor [426], S. 236. " Kaldor [428], S. 216. Und an anderer Stelle [432], S. 315: „Experience shows that even in times when production is limited by labour shortages, plant is not (normally) fully utilized." Diese Feststellungen scheinen zudem gut verträglich mit der These, daß in fortschreitenden Wirtschaften die Arbeitskraft immer knapper wird. 30 Wir stellen die Überlegung bis zum Punkt 5.2.2 zurück, ob eine Gleichung nicht für das Preisniveau trotzdem erforderlich ist, da Preisveränderungen ja auftreten, die Variation des Preisniveaus daher eine systemendogene Erscheinung ist. 31 Zu diesem kritischen Punkt s. Vibe-Pedersen [171], S. 35.

164

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Ergebnis wird sein, daß die Unternehmer der Investitionsgüterindustrien untereinander und gegenüber den Unternehmern der Konsumgüterindustrien die Löhne hinauf „bieten" werden bzw. die Gewerkschaften auf den Plan gerufen werden. Pasinetti hat das Gerüst des Kaldor-Ansatzes in einem bestimmten Punkt berichtigen können. Offenbar war von Kaldor übersehen worden, daß den Arbeitnehmern als Folge einer angenommen positiven Sparquote auch Besitzeinkommen zufließen müssen32. Schwerlich kann man unterstellen, daß die Arbeitnehmer ihre Ersparnisse oder die Erträge aus den durch Sparen gebildeten Kapitalanteilen den Unternehmer-Kapitalisten ausgleichslos überlassen. Dann bliebe der alte methodische Zugang plausibler, daß diese Ersparnisse für so geringfügig angesehen werden, daß die daraus fließenden Gewinneinkommen als unbedeutend vernachlässigt werden können 33 . Da Kaldor eine positive Sparquote aus Lohneinkommen explizite eingeführt hat, sind die Gleichungen (5:1) und (5:5), Pasinetti zufolge, neu zu formulieren 34 : Y = L + GL + G g

(5:12)

sowie S l = S l ( L + GL)

(5:13)

Es ergibt sich eine mit der Kaldor-Formel nahezu identische Formel: die identische rechte Seite bezieht sich nunmehr aber nicht auf die gesamten Gewinne G, sondern nur den Teil der Gewinne, der den Unternehmer-Kapitalisten zufällt, G G : GG _ Y ~

1 sq-sl

'

I Y

_

sl sg-sl

(5:14)

Während Kaldor die Verteilung auf Gewinne und Löhne bestimmt, ergibt sich in der Logik der Pasinetti-Ergänzung eine Verteilung der Einkommen zwischen den Klassen der Unternehmer-Kapitalisten und Arbeitnehmer35. Das scheint uns der geeignete Punkt zu sein, den Charakter der Sparkoeffizienten sg und sl zu überdenken. Wie Kaldor später nochmals nachdrücklich ver32 33 34 35

Pasinetti [539], S. 270 f.

Stobbe zufolge sei dieser Weg „heute noch mit einigermaßen gutem Gewissen (zu) beschreiten"; s. [166], S. 39. Vgl. auch Rothschild [592], S. 764 f. Wir folgen nicht genau der Schreibweise Pasinettis. Pasinetti verwendet seine Erkenntnis freilich nur als Ausgangsstellung für die Ableitung seines Theorems über die langfristige Verteilung der Einkommen. Dieses behauptet, daß die Sparneigung der Arbeitnehmer langfristig ohne Einfluß auf die Verteilung zwischen Löhnen und Gewinnen, wohl aber von Einfluß auf die Verteilung der Einkommen zwischen Unternehmer-Kapitalisten und Arbeitnehmern ist; [539], S. 272 und S. 274. Mit der Beweisführung werden generelle Probleme der Wachstumstheorie und spezifische der Grenzproduktivitätstheorie des Kapitals berührt, die uns nicht interessieren. Siehe aber die an die Pasinetti-Veröffentlichung anschließende Diskussion in der gleichen Zeitschrift: Samuelson/Modigliani [595] und

die Kommentare von Pasinetti, Robinson und Kaldor sowie die Antwort von Samuelson und Modigliani im gleichen Band.

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

165

sichert hat, sind diese — auch von ihm so genannten — „Sparneigungen"'6 bezogen zu sehen auf Gewinne und Löhne, nicht aber auf das Verhalten von zu Klassen vereinigten Individuen: „ . . . I have always regarded the high savings propensity out of profits as something which attaches to the nature of business income, and not to the wealth (or other peculiarities) of the individuals who own property . . . high savings propensity attaches to profits as such, not to capitalists as such."37 Es bedarf keiner Erläuterung, daß man das nicht allenfalls und notwendig so sehen muß38. Faßt man die Sparneigungen nämlich nachdrücklich als Verhaltensparameter der sozialen Klassen auf — die Homogenität des Sparverhaltens innerhalb dieser Klassen (Einheitlichkeit der Sparneigungen) bleibt ein Sonderproblem —, so werden diese interpretierbar als einkommenspolitische „Waffen", mit denen die Klassen zugunsten der eigenen Verteilungsposition aktiv wirken können39. Die staatliche Förderung des Vermögensparens der Arbeitnehmer läuft eben darauf hinaus, die Arbeitnehmer im Gebrauch dieser „Waffe" zu ermutigen40. Über die methodische Qualität der Kaldor-Formel besteht einige Unsicherheit. Während Ritzmann sie kurzerhand für eine „tautologische Umschreibung" des Verteilungskoeffizienten — ausgibt41, fragt sich zwar Reder ebenfalls, ob nicht etwa eine „disguised tautology" vorliege, kommt aber dann zu dem Schluß, daß empirischer Gehalt insofern gegeben sei, als hinsichtlich von SG und SL die implizite Annahme getroffen werde, daß diese über die Zeit hin als konstant betrachtet werden können42. Damit verweist auch er auf den Charakter von SG und SL als Verhaltensparameter. Dem eigentlichen Erklärungswert der Formel wird man auch dann nicht gerecht, wenn man sie als „Identität" kennzeichnet43. Zwar sind die Investitionen nur mittels einer atavistischen Investitionsfunktion von der Art I = I ins Mo36

37 38 39 40

41 42 43

„Sparneigungen" drücken nicht unmittelbar eine psychologische Haltung aus, sondern sind die funktionale Beziehung zwischen Sparen und einer Gesamteinkommensgröße, d. h. „Endergebnis einer Vielzahl von wirtschaftlichen Entscheidungen . . . , die nicht unbedingt auf das Sparen ausgerichtet sind . . R o t h s c h i l d [592], S. 761 f. Kaldor [432], S. 310. Vgl. die Verschiebung der Sparfunktion infolge des Verhaltens des „representative man" im Zuge des „wealth-saving-effect" bei Pigou [551], S. 349 f. So bei Preiser [141], S. 10 f. und passim. Weiterhin ist natürlich zu fragen, ob mit den - unterschiedlichen - Sparneigungen und den dahinterstehenden Spar-/Konsumgewohnheiten die sozio-ökonomischen Klassen nicht allzu dürftig gekennzeichnet sind. Dem Versuch, weitere soziologische Tatbestände in das Modell einzufügen, dient die Arbeit von Rothschild [591]; dazu dann Frey [357] und Helmstädter [400 a], S. 54ff.; letzterer mit Hinblick auf empirische Anwendung. Ritzmann [145], S. 81; ähnlich Helmstädter [400], S. 404. Reder [570], S. 188. Er verweist in FN 20, S. 188, dazu auf Kaldors Stellungnahme zu der Konstanzannahme in [427]. So bei Rothschild [591], S. 82.

166

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

dell eingefügt, sg und sl stellen jedoch eben echte Verhaltensparameter dar. Folglich ist die Kaldor-Formel als eine erweiterte I/S-Gleichgewichtsbedingung aufzufassen, die komparativ-statische Gleichgewichtszustände bestimmt: Alternativen Investitions- und Sparanteilen werden alternative Verteilungsniveaus zugeordnet44. Das dürfte überdies der Ansicht von Kaldor selber entsprechen45. Eine einfache Figur gestattet die grafische Veranschaulichung der Bestimmung des gleichgewichtigen Verteilungsniveaus. Wir beschriften die Koordinaten mit den absoluten Einkommensanteilen der Klassen. Benötigt werden die umgeschriebene Verteilungsidentität G = Y—L

(5:1)

und die der Kaldor-Formel äquivalente Gleichung G —

SG — SL

1 —

SG — SL Y

(5:15)

6».

Fig. 5

(5:1) wird wiedergegeben durch eine Gerade, die die Koordinaten im Winkel von 45° schneidet; höheren (niedrigeren) Werten von Y entspricht eine Verlängerung (Verkürzung) dieser Geraden. (5:15) wird in einer Geraden abgebildet, die den positiven Ast der Ordinate schneidet und negativ geneigt ist. Sie stellt die Menge aller Gleichgewichts-Wertepaare LY„, G Y n dar für alternative Werte von Y 46 . 44 45

46

Ähnlich urteilt Kromphardt [463], S. 151 f. sowie [464 a], S. 162. Vgl. Kaldor [429], S. 122. - Die Diskussion dieses Punktes braucht nicht als abgeschlossen betrachtet zu werden. Siehe dazu einige neuere Beiträge von P. A. Riach (1969), H . - ; . Ramser (1969) und R. Lüdeke (1970) in Kyklos, die hier sowenig berücksichtigt werden konnten wie die beiden Arbeiten von Schmitt-Rink (1969) und (1970) in J. f. N. St. Unter Benutzung von (5:1) ergibt sich aus (5:15) GYn = —

SG

•I

-

SL SG

, Ly

Vgl. unsere Grafik mit der von Stobbe

[166], S. 83.

167

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

Der Winkel ß zwischen beiden Geraden wird um so kleiner, je enger die Sparneigungen SG und SL zusammenrücken; bei SG = SL bleibt das System indeterminiert, die Geraden verlaufen parallel. Für irgendein Y n kommen sie zur Dekkung. Man erkennt die Bedeutung der Stabilitätsbedingung (5:11) so > SLDer Schnittpunkt der beiden Geraden bei Pi ergibt die absoluten Anteile der Klassen G Yi und L Yi im Gleichgewicht bei einem Volkseinkommen Yi. Für hohe Y muß, wenn I = konstant, der Anteil der Gewinneinkommen folgerichtig klein sein. Kaldors Ansatz zur Bestimmung des Verteilungsniveaus aus dem Einkommenskreislauf ist stark beachtet worden, hat aber zugleich auch eine vielseitige, teilweise polemische Kritik herausgefordert. Anhand der expliziten wie nachgewiesen impliziten Annahmen hat man die Schwächen und Grenzen des Ansatzes zu analysieren gesucht. Einige wichtige Einwendungen wollen wir im Anschluß aufführen. Sie haben insgesamt das positive Urteil über die theoretische Fruchtbarkeit des kaldorianischen Vorgehens nicht schwächen können 47 . Schwieriger zu bewerten ist die empirische Bedeutung des Ansatzes, namentlich in der Fassung, die Kaldor ihm selbst gegeben hat. Tests mit empirischem Material haben zu widersprüchlichen Resultaten geführt 48 . Einige Aspekte des Modells, auf die sich die kritischen Einwendungen beziehen, wollen wir hier nur aufführen, ohne im weiteren darauf zurückzukommen: die Exogenität des Lohnsatzes bzw. die fehlende Berücksichtigung des lohnpolitischen Verhaltens der Arbeitnehmer 49 ; die Annahme jeweils einheitlicher Sparquoten der beiden Klassen; die fehlende Berücksichtigung der Angebotsbedingungen (keine Produktionsfunktion oder Angebotsfunktion); Fehlen ökonomischer Staatstätigkeit; die fehlende Trennung der Gewinne in ausgeschüttete und einbehaltene Gewinne 50 ; die Klasseneinteilung des Modells allein anhand von Sparkoeffizienten (auf diese Weise sei eine Einteilung in beliebig viele [Tobin] oder beliebig andere Gruppen [Reder] erzielbar, die formale Struktur des Ganzen bereite dem keine Schwierigkeiten) 51 . 47

Vgl. die in der Tendenz ähnlichen Standpunkte von Bombach [266], S. 136 und Krelle [93], S. 80 und 97. - Integrationsversuche mit der Grenzproduktivitätstheorie sind in einer Reihe von Arbeiten unternommen worden. Von kurzfristigen Analysen

48

Während Reder den Ansatz mit einiger Vorsicht, wenn auch schlechter als den Grenzproduktivitätsansatz bestätigt findet, kommt Helmstädter zu einem positiven Ergebnis. Phelps Brown hingegen schließt, daß der Mechanismus dieses Ansatzes „does not seem to have played any large part in practice in the determination of distributive shares". Reder [570], S. 188 ff.; Helmstädter [400], S. 404 ff.; Phelps

49

nennen wir: Sen [608]; Harcourt [395]; Thalberg [664 a]; Solow/Stiglitz

[628 b],

Brown [25], S. 37 sowie S. 30 ff.

Rothschild sucht den Kaldor-Ansatz, wie schon erwähnt, zu erweitern, indem er „das Widerstreben der Arbeiter und Gewerkschaften, eine Verschlechterung ihrer einmal erlangten Einkommen angesichts steigender Investitionen zu akzeptieren", berücksichtigt; s. [591], S. 85 ff. 50 Bombach [266], S. 137 f. und [265], S. 9 ff. 51 Dazu s. Tobin [666], S. 119 f.; Reder [570], S. 188; ähnlich wie Tobin neuerdings Kowalski [90], der schließt, daß eine Ausweitung auf n-Gruppen an den Aussagen

168

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Eine Reihe anderer Punkte wird in unseren anschließenden Überlegungen von, wenn auch unterschiedlicher, Bedeutung sein: das Problem der Exogenität der Investitionen; die Annahme gegebener Niveaus von Beschäftigung und Realeinkommen; die Annahme flexibler Preise und Gewinnspannen, ohne daß eine explizite preistheoretische Fundierung im Modell enthalten wäre 52 ; die Annahme konstanter Sparquoten bzw. Sparneigungen, die auch von den Preisveränderungen nicht beeinflußt werden53. Zum letzten sogleich eine kurze Bemerkung. Die Voraussetzung invarianter Sparneigungen, insbesondere in kurzfristigen Zusammenhängen, ist durchaus üblich, und nicht nur im Rahmen keynesianischer Systeme. Gleichwohl hat sie dort essentiellen Rang, wie Klein feststellt54: „It is an implicit supposition in Keynesian economics, especially the business-cycle aspects, that capital formation is volatile (impulsive, dynamic, variable) while consumption is passive (regular, stable, steady). Consumption is seen as adjusting to the macro-environment that is created by investment." Doch er schließt damit, daß diese „Keynesian role of consumption . . . , however, outmoded" sei, denn neuere Studien des Konsumverhaltens zeigten klar die aktive Rolle des Konsums. Speziell solche Konsumsparten wie dauerhafte Konsumgüter, Ausgaben für Luxusgüter (Vergnügen, Dienstleistungen, Ferien) „have been large enough to make consumption as a whole volatile" 55 . Der Zwang, der auf eine Änderung in den Sparneigungen hinwirkt — wenigstens aber in der Sparneigung der Unternehmer, die sich steigenden Gewinnen gegenübersehen — läßt sich anhand einer Grafik veranschaulichen58. Zunächst wird die Kaldor-Formel wiedergegeben durch eine Gerade, die wegen

——

so — SL

am negativen Ast der Ordinate beginnt und wegen sg > s l eine Steigung größer als 1 hat. Zeichnen wir dazu die 45°-Linie als Kurve der GleichgewichtsS + — I so ergibt der Schnittpunkt dieser Kurve mit der Kurve Wertepaare von — des ebenfalls Gleichgewichts werte von

G I

+

I

verbindenden Kaldor-ZusamS

G

menhanges die stabile Ausgangslage Pi. ( — ) t ( — ) i und (-^"h stellen folglich die entsprechenden (geplanten) Werte dar. Steigt die Investitionsquote aufgrund 51 53 54 55 59

über den Einfluß der Investitionsquote und der Sparquoten auf die Verteilung nichts ändere (S. 143). Wie wir vorziehen zu sagen: keine explizite Bestimmung der Lohn-Preis-Relation, d. h. der Verteilungsstruktur. Sen [608], S. 63. Klein [86], S. 202 f. Klein [86], ebd. Ähnlich: Ackley [2], S. 240ff.; Aschheim/Hsieh [5 a], S. 78. Vgl. mit der in etwas anderer Richtung zielenden Darstellung bei Ferguson [349], S. 27.

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

169

autonomer Investitionsentschlüsse der Unternehmer auf (-^-Js, so würde das bei unveränderten Sparneigungen der Gewinnempfänger und Lohnbezieher zu einer r Gewinnquote (—)2 führen. Kurzfristig werden steigende Preise diese Gewinnquote bei P2 verwirklichen.

JL .

1

j

^

Gleichgewichtig kann dieser Zustand darum aber nicht sein, weil die dazugehörige gesamtwirtschaftliche Sparquote lediglich „erzwungen", nicht aber freiwillig geplant wird 57 . Die neue, gleichgewichtige Verteilung wird bei P3 eintreten müssen, d. h. die „Kaldor-Kurve" verlagert sich. Das muß sich aus dem 57

Die generelle Gleichgewichtsbedingung des Systems lautet: I = SG G + SL • L.

170

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

wahrscheinlichen U m s t a n d ergeben, d a ß die anhaltend höheren G e w i n n e i n k o m men die Gewinnbezieher zu einer E r h ö h u n g ihrer Sparneigung stimulieren werd e n (Sß
SL ausgedrückte „built-in-stability" des Systems. Die implizite getroffene Annahme des Lohn-Lags wirkt in der gleichen Weise. Es bedarf also nicht der Voraussetzung inelastischer Preiserwartungen, um den Preisauftrieb zu begrenzen (Ausgaben werden aufgeschoben, weil nur noch mit nachlassenden Preissteigerungen gerechnet wird). Ebensowenig bedarf es dazu der von den Preissteigerungen ausgelösten „real-balance-effects": Der sinkende Realwert der liquiden Vermögensanlagen führt, bei Abwesenheit von Geldillusion, zu einer steigenden Nachfrage nach nominaler Kassenhaltung und entsprechender Verminderung der Ausgaben aus dem laufenden Einkommen. Dieser Ausgleichseffekt ist bekanntlich ohnehin kein Baustein genuin keynesianischer Systeme. In inflationstheoretischen Analysen findet sich in Verbindung mit Vollbeschäftigung und Inflation gelegentlich die These, daß hohe und/oder steigende Gewinne preisstabilisierend seien. Da ein verhältnismäßig hoher Anteil der Gewinne gespart werde, müsse ein derartiger Ausfall von effektiver Nachfrage beruhigend auf die Preisentwicklung wirken 86 . Doch abgesehen von der weniger bedeutenden Möglichkeit einer infolge der verbesserten Ertragslage großzügigeren Ausschüttungspolitik ist doch wahrscheinlich, daß — je nach dem Grad ihrer Gewinnabhängigkeit — die Investitionen ermutigt werden. Steigende Gewinne können zwar die Investitionsneigung unter gewissen Umständen unberührt lassen, führen aber jedenfalls zu einer Verbesserung der Investitionsmöglichkeiten 67 . Anders als die Nachfrage nach Konsumgütern, die weitgehend abhängig ist von dem verfügbaren Einkommen der Haushalte, hängt die Nachfrage nach Investitionsgütern ab von den Finanzierungsquellen dieser Nachfrage. Steigende 85

66

67

Die Lohnempfänger haben im Modell den Status passiver Fix-Einkommensbezieher, wie unter Punkt 2.1.3 geschildert. Daß es die inflationäre Preisentwicklung ist, durch die die redistributive Wirkung zustande kommt, wird von Vibe-Pedersen erstaunlicherweise verneint. S. [171], S. 35. In seiner Rezension dieses Buches rügt Scheele diesen Punkt zu Recht, s. [635], S. 14*. Simkin [610], gibt das Beispiel einer Analyse, in der der Inflationsprozeß zum Stehen kommt, nachdem der Fixeinkommensklasse, bei ihm Rentner, ein „ausreichend" großer Teil des Realeinkommens abgenommen worden ist. So z. B. Haberler [56], S. 12. - Auch von einer Aufteilung der Gewinne auf beide Klassen - wie in einer Reihe von Plänen zur „Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand" vorgesehen - könnte a priori erwartet werden, daß sie Inflationsimpulse abschwächt. Ein fundiertes Urteil, bisher wegen des Mangels aller Erfahrung dazu nicht möglich, hinge von den Antworten auf die Fragen ab: 1. Akzeptieren die Arbeitnehmer im Rahmen ihrer Einkommensanspruchspolitik die Überlassung von Eigentumsrechten als echtes Substitut von Lohnzahlungen?; 2. Wie ist die Verfügungsgewalt über derartige Vermögenstitel (einschließlich der Chance des Verkaufs) rechtlich geregelt?; 3. Werden bisher gepflegte Sparformen vernachlässigt, so daß sich positive und negative Spareffekte neutralisieren? Die Bedeutung der Selbstfinanzierung (aus Gewinnen) für die Investitionsentscheidung ist empirisch gesichert, s. einschlägige Untersuchungen von Tinbergen, Meyer! Kuh, Kalecki, Kaldor, L. R. Klein. Krelle resümiert: „Alle Tests (sind) eindeutig" [456], S. 370.

Der Ansatz von Kaldor in kurzfristiger Analyse

173

oder hohe Gewinne bedeuten nicht nur vermehrte Liquidität, sondern auch verbesserte Chancen, Leihkapital zu erhalten. Der im Kaldor-Modell enthaltene Prozeß inflationärer Anpassung ist mit dem ursprünglich aus der Analyse eines schwankenden Volkseinkommens bekannten „Wicksellschen Prozeß" vergleichbar. Beschreibt dieser den von zusätzlicher Investitions-Nachfrage ausgelösten generellen Preissteigerungsprozeß mit seiner Auswirkung auf die Höhe des nominalen Gesamteinkommens und für das neue Einkommensgleichgewicht, so beschreibt der Kaldor-Prozeß die von einer veränderten Investitionsquote bewirkte (Preis-)Anpassung, die zu einer neuen, gleichgewichtigen Verteilung führt. In beiden Fällen ist die Höhe der realen Produktion aufgrund von Vollbeschäftigung festgelegt, während sich die Zusammensetzung dieser Produktion im Verlauf des Prozesses ändert. Freilich ist nicht zu verkennen, daß Wickseil vor dem Hintergrund des — von ihm unbezweifelt gültigen — klassischen Vollbeschäftigungs-Theorems argumentiert, während Kaldor Vollbeschäftigung scheinbar willkürlich annehmen muß, um sein Modell aussagefähig zu machen. Kaldor läßt zudem das Phänomen der wegen des Wettbewerbs um die knappen Ressourcen steigenden Geldlöhne beiseite. Ansonsten scheinen aber zwei wesentliche Bedingungen bei beiden Prozessen gleichermaßen gegeben zu sein: 1. Vorliegen einer das zu den eben herrschenden Preisen gerechnete Angebot überschießenden gesamtwirtschaftlichen monetären Ex-ante-Nachfrage infolge gesteigerter Investitionsnachfrage (bei Wickseil aufgrund einer ursprünglichen positiven Spanne zwischen natürlichem und Geldzins, bei Kaldor aufgrund einer Änderung in den Bestimmungsgründen der Investitionen). 2. Uneingeschränkte Flexibilität der Preise und Gewinne. Der in unserer Sicht entscheidende Mangel des KaWor-Modells ist das Fehlen einer Bestimmungsgleichung für das Preisniveau, nicht aber die Annahme eines Produktionsniveaus bei Vollbeschäftigung. Der Kaldor-Mechanismus funktioniert über veränderliche Preise bzw. Nominaleinkommen. Wie wir wissen, muß die Analyse des Anpassungsprozesses an ein gestörtes I/S-Gleichgewicht mit Hilfe des Keynes-Apparates, gleichgültig ob bei Unter- oder Vollbeschäftigung, nicht mit der Annahme einer nachfrageabhängigen Preisbestimmung verbunden werden (weder was die Häufigkeit noch was die Amplitude von Preisvariationen betrifft). Vielmehr kann sehr wohl die realistische Voraussetzung gemacht werden, daß Preise und Gewinnaufschläge durch explizite unternehmerische Entscheidung festgelegt werden, ja selbst, daß „die Preisbildung den Kampf zwischen einzelnen sozialen Gruppen um ihren Anteil am Sozialprodukt widerspiegelt" 6 8 . Die außerordentliche Elastizität der keynesianischen Spar-/InvestitionsAnalyse gestattet das. 68

H. G. Johnson [72], S. 128.

174

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Freilich ergibt sich damit die Aufgabe zu zeigen, in welchem Verhältnis die Entscheidungen über eine erhöhte Investitionsnachfrage zu den Preisentscheidungen stehen. Dabei ist beachtenswert, daß weder die Investitions- noch die Preispolitik eine an kurzfristigen Einkommenschancen orientierte Politik ist. D a Investitionen nicht ohne Preisantizipation geplant werden können, sind sie nicht unabhängig von der Preispolitik zu denken. „ T h e investment decision presupposes a price (and usually a market-share) assumption, which, in turn, determines short-run price decisions thereafter. Thus, investment decisions in effect are themselves a form of pricing decision, and over time become an inherent part of price policy." 6 9 Das muß hier unvertieft bleiben. Es deutet sich aber erneut an, daß der zweckmäßige Weg, die Determinanten des Preisniveaus zu berücksichtigen, der ist, Kaldor-Ansatz und preistheoretisch fundierten Ansatz in einem integrierten Erklärungssystem zu verbinden. Im Ergebnis zeigt sich, daß innerhalb des Kaldor-Ansatzes die inflationäre Preissteigerung eine Wirkung des Verteilungsprozesses ist. In bewußter Umkehrung der Beziehung wollen wir nunmehr überlegen, ob, aus welchem Grund auch, inflationär steigende Preise auf jene Nachfrageentscheidungen der sozialen Klassen einwirken, die im Prozeß der Einkommensverteilung das Niveau dieser Verteilung determinieren.

5.3 Zum Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen 5.3.1 Vorbemerkung Im keynesianischen Einkommens-Ausgaben-System stellen C und I monetäre, eben Ausgaben-Größen dar. Für die ihnen zugrunde liegenden Nachfrageentscheidungen wird jedoch, wie seit der Klassik üblich, vorausgesetzt, daß sie von den Wirtschaftssubjekten in realen Größen geplant werden. D a m i t wird die Nachfrage nach Gütern als — außer vom Realeinkommen 7 0 — abhängig verstanden von den relativen Güterpreisen, nicht aber zugleich auch von den absoluten Preisen 7 1 . Ließe man es dabei bewenden, so wäre die Frage, ob ein inflationär steigendes absolutes Preisniveau die Ausgabenentscheidungen

beeinflußt, bereits be-

«• Lanzillotti [474], S. 940. Abgesehen von den psychologischen Faktoren, die sich niederschlagen in Konsumneigung, Investitionsneigung, Preis- und Einkommenserwartungen usw. 71 Keynes läßt dabei, im Gegensatz zur Klassik, Geldillusion beim Arbeitsangebot zu: die Arbeiter sind nicht bereit, zu einem fallenden Geldlohn weiterhin anzubieten, wohl aber zu einem infolge Preisfall sinkenden Reallohn.

70

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175

antwortet: Bei Abwesenheit von Geldillusion verschiebt Inflation zwar die allgemeine Rechenebene, Höhe und Zusammensetzung der realen Nachfrage bleiben aber von ihr unberührt; die Güternachfragefunktionen sind in bezug auf die absoluten Preise homogen vom Grade Null. Doch die Antwort ist weniger einfach, als es zunächst scheinen mag. Auch ohne allzu heftige Seitenblicke auf die Realität gibt es eine Reihe von Argumenten, die einen Inflationseinfluß glaubhaft machen könnten: (1) Die Bewegung des absoluten Preisniveaus vollzieht sich nicht über proportionale Veränderungen aller Preise. Ohne Preisstrukturfragen hier näher prüfen zu wollen, ist festzustellen, daß im Inflationsprozeß Preise nicht gleichzeitig und nicht gleichmäßig steigen. Substitutionseffekte sind daher unvermeidlich. Damit wäre zumindest eine veränderte Zusammensetzung der realen Nachfrage anzunehmen. (2) Von einem steigenden Preisniveau wird eine Veränderung des Realwertes des in Geld gehaltenen Vermögens ausgelöst. Ist die reale Kassenhaltung M/P eine Determinante der Nachfrage-Ausgaben-Entscheidungen, so werden die „real-balance-effects" wirksam. Die empirische Bedeutung dieser von Scitovsky, Pigou, Kalecki, Patinkin u. a. beschriebenen Ausgleichsbewegung und ihre Bedeutung für keynesianische Systeme werden derzeit noch stark diskutiert. (3) Preiserwartungen können bewirken, daß reale Nachfrage-Entscheidungen modifiziert werden, wenn auch vielleicht nur hinsichtlich der Wahl des Zeitpunktes für Käufe („timing"). (4) Anhaltende Inflation bewirkt möglicherweise einen Wechsel in den Verhaltensweisen und Einstellungen der Nachfrager, mit dem Ergebnis, daß bislang gebräuchliche, habituelle Verfahrensweisen geändert werden. (5) Veränderungen in der Einkommensverteilung schließlich, durch Inflation hervorgerufen, könnten Einfluß auf die Nachfrage haben. Selbst wenn man davon ausgeht, daß sich im Verhältnis von Gewinn- und Lohneinkommen nichts ändert, brauchen das Zurückbleiben von Festeinkommen und eine effektive progressive Besteuerung nicht einflußlos zu bleiben. Die Punkte (1) — (5) werden im weiteren eine Rolle spielen. Allerdings ist festzustellen, um ein Urteil vorwegzunehmen, daß wir noch wenig darüber wissen, wie sich die reale Nachfrage unter inflatorischen Bedingungen verhält 72 . Trotzdem wollen wir einige Überlegungen anführen, die den Zusammenhang von Inflation und Ausgabenentscheidungen in deutlicherem Lichte zeigen. 72

SamuelsonlSolow, nachdem sie sich gefragt haben, ob die reale Nachfrage durch Inflation positiv, negativ oder überhaupt nicht beeinflußt wird: „We do not know whether real demand behaves this way or not" [597], S. 186.

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Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

5.3.2 Das Ausgabenverhalten der privaten Haushalte unter Inflation 5.3.2.1 Der Einfluß der Inflation auf die Konsumentscheidungen Faßt man den Konsum als nominelle (Ausgaben-) Größe auf, so ist er außer vom Geldeinkommen — Einkommen ist, in welcher hypothetischen Verknüpfung auch, stets die Hauptdeterminante der Konsumentscheidungen — weiterhin als beeinflußt zu denken von den (absoluten) Preisen C = C (Y, P) 73 . Sind die Haushalte frei von Geldillusion, so reagieren sie auf eine Steigerung der Preise bei unverändertem Einkommen mit ihrem Realkonsum ebenso wie auf eine Senkung der Nominaleinkommen bei unveränderten Preisen: Mit sinkendem Realeinkommen wird der Realkonsum reduziert. Mit anderen Worten: Bei fehlender Geldillusion planen die Haushalte den Konsum in Wahrheit als reale Größe in fester Relation zum jeweiligen Realeinkommen74. Steigende Preise bleiben ohne Einfluß, da sie Realkonsum und Realeinkommen proportional senken, und der nominale Konsum wird nicht entsprechend erhöht. Ein etwas anderer Verlauf ist realitätsnäher. Wiederum planen die Haushalte ihre Konsumausgaben anscheinend in Abhängigkeit von den Geldeinkommen. Sind bestimmte Preise gegeben, so ist auch der Realkonsum festgelegt. Versuchen die Haushalte aber nun, dieses Niveau des Realkonsums75 angesichts steigender Preise aufrechtzuerhalten, so werden sie die Ausgaben entsprechend erhöhen müssen und das Sparen vermindern. Mithin ergäbe sich ein Einfluß des Preisniveaus, die Haushalte wären nicht völlig frei von Geldillusion78. Dieser Gang der Dinge scheint gewissen neueren Erkenntnissen der These des Konsumverhaltens zu entsprechen. Danach sind die Haushalte geneigt, die angestrebte Höhe ihres Konsums nicht den jeweils schwankenden Einkommen anzupassen, sondern dem aus dem Strom der bisherigen und für die Zukunft erwarteten Einkommen sich abzeichnenden „Normaleinkommen" („lifetime income": Modigliani/Brumberg; „permanent income": Friedman). Auch gegenüber einer begrenzten Steigerung der Preise werden die Haushalte an real bedingten Konsumgewohnheiten festzuhalten suchen. Sie nehmen eher zeitweilig sinkende Ersparnisse hin, als daß sie den Konsum wesentlich einschränken. Man muß beachten, daß eine voneinander getrennte Betrachtung von inflationärer Preissteigerung und Einkommensentwicklung außerordentlich schwierig ist. Wie wir in Abschnitt 2.2.1 argumentiert hatten, ist Inflation letztlich verursacht durch das Anspruchsverhalten der sozialen Gruppen in Richtung auf 73

74 75

74

Vgl. mit Niehans, der Konsumfunktionen dieses Typs, getrennt für Lohnempfänger und Unternehmer, verwendet, in [520], S. 22, S. 34. Vgl. ]eck [71], S. 133. Die Annahme, daß irgendwelche historisch erreichten Konsumniveaus den gegenwärtigen Konsum maßgeblich bestimmen, ist eine empirisch sehr bedeutungsvolle Annahme. Vgl. Weintraub [174], S. 30 ff. und 35 f.; s. auch Jeck [71], S. 132 f. und Barth [10 a], S. 85-102, bes. S. 100 f.

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steigende Einkommen. Bei kombinierten Steigerungen der Einkommen und der Preise ist eine theoretische Aussage darüber, ob die reale Konsumnachfrage unter dem Einfluß der Inflation variiert, also kaum isoliert von der Einkommensentwicklung zu beurteilen. Wir wollen trotzdem einige der literarischen Ansichten zum Inflationseinfluß auf die Nachfrage nach Konsumgütern referieren. Die Kaufantizipationsthese bejaht die Möglichkeit eines Inflationseinflusses: „Inflation decreases the attractiveness of holding money as against spending it." 77 Die Erfahrung steigender Preise und die Erwartung künftig weiterhin steigender Preise — wird gesagt — bewirken, daß ohnehin geplante Güterkäufe vorgezogen werden, um der Preissteigerung zuvorzukommen. Vorrats- oder Lagerkäufen auf Seiten der Haushalte erkennt man allerdings wenig praktische Bedeutung zu78. In gleiche Richtung müßte die aus Gewöhnung an inflationäre Preissteigerungen resultierende Verminderung der Preiselastizitäten der Nachfrage sich auswirken: Wird die schleichende Inflation als „normal" toleriert, so führt das zu einer nachlassenden Rationalität der Kaufentscheidungen. Steigen außerdem die Einkommen oder erwartet man, daß sie steigen werden, so kann das ein „weniger genaues Rechnen" zur Folge haben. Mutmaßlich ist ein Einfluß dynamischer Preiserwartungen auf die Konsumentscheidungen tatsächlich gegeben: Es will einleuchten, daß hohe Preise Ausgaben tendenziell entmutigen, während steigende Preise, an die sich die Erwartung eines weiteren Preisanstiegs knüpft, zu Ausgaben anspornen. Andererseits ist zweifelhaft, ob die Erwartung eines inflationären Preisanstiegs nicht im Gegenteil die realen Kaufentscheidungen unbeeinflußt läßt, wenn der Preisanstieg nämlich als kontinuierlicher Prozeß verstanden und als „normal" akzeptiert wird. Dem entgegengesetzt wird die These, daß in Erwartung auch nur begrenzt steigender Preise beabsichtigte Käufe wahrscheinlich eingeschränkt oder zeitlich unbestimmt aufgeschoben werden, vor allem in der Hoffnung auf günstigere und überschaubarere Umstände. Insbesondere Ausgaben für augenblicklich weniger wichtige und dringliche Dinge, etwa gewisse dauerhafte Konsumgüter seien davon betroffen. (Die Wahl des Anschaffungszeitpunktes ist stets wesentlicher Bestandteil der Konsumentscheidung.) Inflation wirkt sich alsdann so aus, daß die weitere Entwicklung als risikoreicher betrachtet wird und darum die Anstrengungen zur finanziellen Vorsorge (Ersparnisbildung) verstärkt werden müssen. Katona hat diese Interpretation amerikanischen Verbraucherverhaltens wiederholt gegeben. Er schreibt z. B.: „ . . . price increases made many people dissatisfied with their income even when it was rising. Unfavorable notions impede the gratification of wants that are not entirely essential. In the minds of many people, this tendency 77

78

Bach [6], S. 56.

Das symmetrische Verhalten der Unternehmer kann in dem Bestreben bestehen, Verkäufe aufzuschieben (Güter-Hortungs-These).

178

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was reinforced by an opinion that because of rising prices they would need more money for necessary expenditures and must therefore reduce or postpone less essential purchases." 79 In der Theorie der Kassenhaltung finden sich bereits bei 1. Fisher (1911), L. v. Mises (1912) und A. C. Ptgou (1918) Aussagen über eine vermehrte Geldhaltung aus dem Motiv, auf unerwartete Fälle vorbereitet zu sein. Namentlich Pigou zog den Preisanstieg von Gütern, auf die — früher oder später — nicht verzichtet werden kann, als Bestimmungsgrund hinzu. Der „wealth-saving-effect" anhaltender inflationärer Preissteigerungen weist gleichfalls auf einen Verlauf hin, in dem wegen des sinkenden Realwertes der Kassenhaltung die Frivaten ihre reale Nachfrage nach Konsumgütern senken, d . h . einen größeren Teil ihres laufenden Einkommens sparen; die 1 = S-Kurve verlagert sich nach links80. Die empirische Bedeutung einer derartigen Verschiebung der Konsum- respektive Sparfunktion ist reichlich zweifelhaft. Sowohl die Annahme statischer Preiserwartungen wie die Vernachlässigung der tatsächlich sehr ungleichmäßigen Verteilung der Vermögensanlagen (und darunter der Kassenhaltung) und Einkommen (Sparchancen) stimmen bedenklich. Am erheblichsten ist aber das Problem des unterstellten Geldtyps: Nur „outsidemoney" (Gurley/Shaw) bedeutet „Reichtum" in den Händen der Privaten (einschließlich Banken), und ihm entspricht eine Nettoverschuldung des Staates an diese. Nur bei diesem Geld wird sein veränderter Realwert den beschriebenen Effekt auslösen, wobei noch angenommen werden muß, daß der notwendig ebenfalls sinkende Realwert der staatlichen Schuld den Staat zu keiner zusätzlichen Nachfrage stimulieren wird. Offenbar machen diese monetären Aktiven (vor allem Staatsschuldpapiere, „fiat paper money") in den gegenwärtigen Geldverfassungen des kapitalistischen Westens nur einen kleinen Teil aller monetären Aktiven aus. Welche theoretischen Konsequenzen das Einführen von „outside-money" in die keynesianische Systemwelt auch haben mag, für den tatsächlichen Verlauf der Konsumund Sparfunktion dürfte dieser Effekt ziemlich unwichtig sein. Die Wirkung der inflationären Preissteigerung auf die reale Nachfrage ist also nicht eindeutig. Das Dilemma bleibt wesentlich auch dann bestehen, wenn man z. B., wie es Katona tut, den Effekt der Nachfrageverminderung ausdrücklich für erheblicher erklärt als den Effekt der Nachfragesteigerung 81 . Die überwiegende Ansicht der Konsumtheoretiker geht wohl dahin, daß die Preisentwicklung allgemein nicht zu den empirisch entscheidenden Determinann

Katona [436], S. 126 f. Als Beispiel schildert Katona die Einstellung amerikanischer Haushalte zum Kauf eines neuen Autos. S. auch Suits [630], S. 40. 80 In entgegengesetzter Richtung vollzieht sich der als Pigou-Effekt bezeichnete Automatismus: Bei diesem bringen sinkende Löhne und Preise ein Preisniveau hervor, das niedrig genug ist, um die reale Nachfrage ausreichend hoch werden zu lassen, damit der Output bei Vollbeschäftigung Aufnahme findet. 8» Katona [435], S. 73.

Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

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ten der H ö h e und Veränderung der Konsum-Ausgaben gezählt werden muß 8 2 . Berücksichtigt man aber dennoch Inflation als Einflußgröße, so ist nicht erkennbar, in welche Richtung sie auf die Ausgabenentscheidungen wirkt 8 3 . Als Zwischenergebnis haben wir damit die Einsicht gewonnen, daß die Inflation auf dem Weg über die Konsumneigungen den Prozeß der Einkommensverteilung nicht beeinflußt. Vorsichtiger ausgedrückt: Es ist keine eindeutige Aussage darüber möglich, ob und wie die Konsumentscheidungen von inflationär steigenden Preisen beeinflußt werden. 5.3.2.2 Zur Entwicklung des privaten Sparens bei Inflation Werfen wir noch einen Blick auf die andere Seite der Münze Einkommensaufteilung, das Sparen. In der keynesianischen Einkommenstheorie repräsentiert es den Verzicht der Haushalte auf Ausgabe aus den verdienten Einkommen, d. h. Enthaltung von der Entnahme von Leistungen aus dem M a r k t ; Sparen erscheint somit lediglich als eine — negativ definierte — „Restgröße" 8 4 . Es entspricht nicht eben schlecht einer vielbeachteten Tradition ökonomischen Denkens, die im Konsum den eigentlichen und letzten Zweck aller wirtschaftlichen Aktivität sah, wenn man sich die Einkommensaufteilung derart vorzustellen hat, daß die Haushalte zunächst über Höhe und Zusammensetzung des Konsums entscheiden. Erst im darauffolgenden Zug wird über den nicht für den Konsum bestimmten Anteil der laufenden Einkommen verfügt 8 5 . Diese Dispositionen betreffen dann — der Umfang des Sparens ist ja mit der H ö h e des Konsums festgelegt — allein die Anlageform der Ersparnisse, alternativ Güter, Wertpapiere oder Geld. Der Zins erhält dabei seine regulative Bedeutung („and rules the roost"). Diese Betrachtungsweise ist nicht unbedingt zwingend. Für die Aufteilung hoher Einkommen ist der Konsum wahrscheinlich nur von nachgeordneter Wichtigkeit. Hinzu kommt, daß große Einkommensanteile als nicht ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaften per se gespart werden. Es wäre daher nicht unbegründet, wenn man den Sparentscheidungen bei gesamtwirtschaftlicher Betrachtungsweise den richtungweisenden ersten Platz einräumte. Wie dem auch sei, diesen Gedanken können wir hier nicht verfolgen. Er ist jedoch geeignet, als Rechtfertigung dafür zu dienen, daß wir uns nicht nur des Zu82 88 84

85

R. Ferber [348]; Suits [630]; Liu/Cbang; Lydall. Vgl. Mueller [516]; Neil [519]; Conard [306], S. 82 ff.; Bronfenbrenner/Holzman [285], S. 645. Vgl. bei Heynes die objektiven Einflußfaktoren des „Hanges zum Verbrauch" sowie die subjektiven Spargründe der Haushalte und Unternehmen; s. [84], 3. Buch, 8. bzw. 9. Kapitel. Vgl. Keynes [84], Chapter 13, II, S. 166 bzw. Kapitel 13, II, S. 139. Die neoklassische Auffassung war und ist eine andere. Ihr zufolge findet die Planung der Aufteilung der Einkommen auf Konsum und Sparen, das heißt die Aufteilung der Einkommen auf die Befriedigung gegenwärtiger Bedürfnisse und zukünftiger Bedürfnisse, simultan statt.

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sammenhanges von Inflation und Konsum, sondern auch des Zusammenhanges von Inflation und Sparen kurz annehmen. Für die interessierende Frage, ob die inflationäre Preissteigerung die Sparentscheidungen beeinflußt, müssen wir darauf verzichten, die Motive zum Sparen und die objektiven Bestimmungsgründe des Sparens im einzelnen zu erörtern. Wir begegnen wiederum Thesen, die prima facie einleuchten: (1) Inflation schwächt die Bereitschaft zum Sparen („entmutigt den Sparer") und führt zu vermindertem Sparen. (2) Inflation trifft insbesondere die geldwertempfindlichen Spar-(Anlage-)Formen und führt insgesamt zu einer Umschichtung in der Gesamtheit aller Sparformen. Die 1. These wird von der Wirklichkeit nicht bestätigt. Trotz unzweifelhaft anhaltender Inflation ist die Sparneigung nicht gesunken. Wie das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland zeigt, haben die Ersparnisse (und erstaunlicherweise insbesondere das Kontensparen) im Zeitverlauf sogar mit einer höheren Rate zugenommen als die Einkommen. Das gilt gerade auch für das Sparen aus den Masseneinkommen 86 . Selbst aber dann, wenn man den statistischen Befunden den Zweifel entgegenhält, daß diese natürlich keine Auskunft darüber geben, ob das Sparen nicht vielleicht höher gewesen wäre, wenn keine Inflation geherrscht hätte — die Sparminderungsthese scheint empirisch nicht begründet, jedenfalls aber bisher nicht begründbar zu sein; Exo hält den Einfluß der Preisniveausteigerung deshalb nicht für eindeutig bestimmbar, weil „andere Faktoren in die gleiche Richtung wirken wie die Preisänderung oder aber deren Wirkung überdecken" 87 . Wie erklärt sich das? Zunächst ist beachtlich, daß steigende Preise zwar tendenziell die Spaibereitsckafl ungünstig zu beeinflussen vermögen, daß steigende Preise sich aber auch regelmäßig mit steigenden Geldeinkommen verbinden. Damit ergibt sich jedoch eine dem Verfall des Sparens entgegenwirkende höhere Sparfähigkeit. Der von steigenden Einkommen ausstrahlende Spar-ExpansionsEffekt kann bei weitem die Auswirkung der von steigenden Preisen initiierten Entmutigung übertreffen. Zweck- und Vorsorgesparen zumal, ohnehin als weniger zinsempfindlich betrachtet als das Ertragssparen, dürften gegenüber mäßigen Inflationsraten kaum reagieren. Hinzu kommt der bereits bei der Diskussion des Konsumverhaltens unter Inflation erwähnte Gesichtspunkt, daß eine unsichere weitere Preisentwicklung das Sparen anregt. (Man erinnere sich des bereits bei Keynes aufgeführten Sparmotivs der Haushalte: Rücklagenbildung, um gegen unvorhergesehene Ausgaben gewappnet zu sein.) Schließlich muß, wie öfters schon zu Recht geschehen, angemerkt werden, daß den Beziehern der unter Inflation charakteristischerweise steigenden Einkommen gar keine andere 88 87

Vgl. die umfangreiche Studie von Exo [39], Tabellen 1 (S. 215), 7 (S. 231), 17 (S. 250), 17b (S. 253); s. auch Katona [435], S. 74; Huhle [417], S. 86; Zweig [700]. Exo [39], S. 57, s. auch S. 35; ähnlich ThorpIQuandt [168], S. 106.

Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

181

Wahl bleibt als zu sparen. Es besteht wenig Grund dafür, zu folgern, daß sie ihren Konsum stets um das Maß ihrer Einkommenszuwächse ausdehnen wollten. Die letzte Überlegung läßt im Sinne der These (2), oben, fragen, ob es unter Inflation nicht immerhin zu einer nachweisbaren Umschichtung unter den einzelnen möglichen Anlageformen kommt. Unabwendbar trifft Inflation ja die geldwertempfindlichen Anlagen, also Geld und auf Geld lautende Forderungen, wie Kontensparen, Versicherungssparen, festverzinste Wertpapiere (Pfandbriefe, Obligationen, Anleihen, Schuldscheindarlehen u. a.) und dergleichen mehr. Die Wahl dieser Anlageformen wird mit realen Vermögensverlusten „bestraft" 88 . Aber trotz eines erheblichen — in der Bundesrepublik z. B. ziemlich ausgeprägten" — Inflationsbewußtseins und eines teilweise wachsenden Geldwertpessimismus in großen Teilen der Bevölkerung, wovon Befragungen Zeugnis geben 90 , ist ein Übergang zu geldwertsicheren Anlageformen in einem merklichen Umfang nicht festzustellen. Gegenüber Anlagen wie Aktien, Investmentzertifikaten, Sachwerten erfreut sich hierzulande, wie auch z. B. in den USA91, das besonders kaufkraftgefährdete Kontensparen ungebrochener Beliebtheit bei der Masse der Sparer. Der hohe Liquiditätsgrad dieser Sparform allein erklärt das nicht. Wahrscheinlich ist, neben der von den Instituten immer wieder betonten Sicherheit (Sparkassen haben spezifische Gewährsträgerhaftung), die rechnerische Überschaubarkeit ausschlaggebend. Kurs- und Bewertungsschwierigkeiten treten hier nicht auf, wohingegen man der Anlage in Aktien noch weithin als spekulativem Verhalten mißtraut. Die Erhaltung der Kaufkraft der Sparbeträge scheint vielen wegen der ungewissen Kursentwicklung ungesichert 92 . Außerdem dürfte die Einstellung zur Aktien-Anlage weit stärker bestimmt werden von der sozialen Stellung der Anleger etwa und ihrer relativen Stellung in der Einkommenspyramide als von Geldwerterwartungen. Der Umstand, daß die Anleger trotz Abwesenheit von Geldillusion die unterschiedliche Geldwertempfindlichkeit einzelner Anlageformen nicht in Rechnung stellen, läßt sich aus folgenden Gründen erklären 93 : 88

Slichter [617], S. 15; Jacoby [418], S. 20; Wäldchen [172], S. 114f. Ein auffällig geringes Informationsniveau gegenüber dem schleichenden Geldwertschwund erbrachten englische Umfragen; s. Noelle-Neumann [524], S. 36, FN 3. Die deutschen Erfahrungen mit zwei bedeutenden Inflationen wirkten wohl nachhaltig auf die Urteilsbildung in der Bundesrepublik ein. S. auch Böhme [15]. •• Vgl. [703], Tabellen 23 und 35; [704], S. 4/4; Geiger [369]; Noelle-Neumann [524]. 81 Katona [436], S. 128. 92 In der Bundesrepublik sind zudem bestimmte psychologische Barrieren gegen die Anlage in Aktien festzustellen („Fremdheit" dieser Sparform, Schwerverständlichkeit des Zins-Kurs-Mechanismus wie des Börsengeschehens überhaupt usw.). Vgl. mit Timm [665], S. 537. - Von der jüngsten Entwicklung in der Bundesrepublik wird das in Frage gestellt. Angesichts der anhaltenden Hochzins-Politik und der publizistischen Würaigung des schleichenden Geldwertschwundes sind die Sparer zins- und kaufkraftbewußter geworden. Eine Verschiebung unter den Anlageformen ist offenkundig. 93 Zu den beiden erstgenannten Gründen vgl. LeverkusIWieken [106],

89

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Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

(1) Die mangelnde Kenntnis des Zusammenhanges zwischen schleichendem Geldwertschwund und der Entwicklung der „Substanz" der einzelnen Anlageformen. (2) Die tiefe Verwurzelung bestimmter traditioneller Anlageformen im Bewußtsein der Sparer. (3) Die Erwartung stabiler und dauerhafter Einkommen; mit dem Sparen aus höheren Einkommen lassen sich inflationsbedingte Geldwerteinbußen relativ leicht ausgleichen. (4) Die Gebundenheit einiger Formen des Geldsparens an langfristige Verträge (z. B. Versicherungssparen), die verhindert, daß plötzliche, fühlbare Preissteigerungen zum Anlaß genommen werden, die Anlagegewohnheiten zu ändern. (5) Die Existenz staatlicher Sparförderung wie in der Bundesrepublik; bei Inanspruchnahme der Vergünstigungen (Prämien, Steuervorteile) überwiegen diese bei weitem die Inflationsverluste. Man kann schließen, daß Wirkungen der Inflation auf die Höhe und Zusammensetzung des Sparens so lange unbedeutend bleiben, wie die Preissteigerungsrate periodisch begrenzt bleibt. Die Kenntnis von der schleichenden Inflation beseitigt darüber hinaus das „Vertrauen in die Währung" so lange nicht, wie die Effizienz der wirtschaftspolitischen Kontrolle der Inflation seitens des Staates geglaubt wird. Eine der Schwierigkeiten, die manche Autoren bei den Modellen vom KaldorTyp darin sehen, daß konstante und gegenüber Preisänderungen unempfindliche Sparneigungen angenommen werden, scheint also in Hinsicht auf das Inflationsphänomen nicht zu bestehen94. 5.3.3 Investitionsverhalten und Inflation Einen deutlichen Zusammenhang zwischen Investitionsnachfrage und Preisniveauentwicklung erbrachte die über Keynes hinausführende Untersuchung des Einkommensmultiplikatorprinzips. Es konnte gezeigt werden, wie — gleichgewichtswertiges — Realeinkommen und Geldeinkommen sich dann ergeben, wenn die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern einem nicht vollelastischen oder unelastischen Güterangebot begegnet. Nur für den Fall nämlich, daß sich das Preisniveau während der Dauer des Multiplikatorprozesses nicht ändert, entwickeln sich Real- und Geldeinkommen parallel, sind Realeinkommens- und Geldeinkommensmultiplikator gleich95. 94

Vgl. Sen [608], S. 63. - Damit soll nicht behauptet werden, daß die Beziehung zwischen Einkommenshöhe und Ersparnis im Verlauf inflationärer (Um-)Verteilungsprozesse nicht weiterhin fragwürdig wäre, und zwar in doppelter Hinsicht: a) inwieweit ist sie als eindeutig, und b) inwieweit ist sie als stabil zu betrachten.

»5 Vgl. Goodwin [372]; Shinohara [609 b].

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Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

Der von einer autonomen Steigerung der wertmäßigen Investitionsnachfrage ausgelöste inflatorische

Multiplikatorprozeß 9 6 schließt monetär die aufgerissene

Güterlücke. Dabei m u ß es notwendig, wie unter Abschnitt 5 . 2 . 2 geschildert, zu einer Umverteilung der Einkommen zwischen Gewinnempfängern und Lohnbeziehern kommen 9 7 . Aber unser Interesse geht hier in eine andere Richtung. Wie sich aus dem Ansatz zur Bestimmung der Verteilung aus dem Kreislauf ergab, sind es die veränderlichen Investitionen, die wesentlich den Verteilungsprozeß

determinieren,

welcher zu einem neueren Verteilungsniveau hinführt. O b w o h l wir es vermieden hatten, näher darauf einzugehen, von welchen Bestimmungsgründen die Investitionen ihrerseits abhängen, ist es im Sinne unseres Themas konsequent zu fragen, ob zu diesen Gründen auch die inflationäre Preisentwicklung gezählt werden muß. M i t dieser Fragestellung ändern wir allerdings nicht unsere grundsätzliche Meinung, daß für einen Ansatz zur kurzfristigen Analyse der Verteilung im allgemeinen die Annahme exogen bestimmter Investitionen voll Genüge tut. Nun würden wir sicherlich das Konto der in unserer Sache notwendigen Überlegungen überziehen, wollten wir an dieser Stelle auch nur die bedeutendsten Einflußgrößen der Investitionen nach Wirkungsweise und relativem Gewicht untereinander beschreiben und beurteilen. Die Liste dieser Bestimmungsgründe, die eine extensive Spezialliteratur mit einem breiten Unterstrom ökonometrischer Forschung aufgewiesen hat, ist lang: Zinsrate, existierender Kapitalstock, Niveau und Veränderungsrate von Nachfrage und Einkommen, Gewinne und Gewinnerwartungen,

Erwartungen

und allgemeine

Verhaltensfaktoren

(Markt, Prestige etc.) überhaupt, die Teil des gesamten Feldes ökonomischer Aktivität sind, usw. 9 8 . W i r müssen aber auf einen sehr ernst zu nehmenden Umstand hinweisen. Wie man nämlich ohne Übertreibung feststellen kann, ist infolge schwerwiegender konzeptioneller Gegensätze das Fundament einer einheitlichen Investitionstheorie, welche man einst in der neoklassischen Theorie der optimalen Kapitalallokation zu besitzen wähnte, zerstört. Z u den Ursachen dieses Vorganges zählen: 1. Die Investitionstheorie wurde einerseits der Kapital- und Zinstheorie, ande98

97

98

Es muß nicht unbedingt vorausgesetzt werden, daß die Preise erst bei Erreichen der Vollbeschäftigungsmarke in Bewegung geraten. Wirklich bedenklich ist statt dessen die Annahme, daß sich die Konsumplanungen auf den Realkonsum richten - der auch jedenfalls realisiert wird - , wohingegen die Planungen der Investitionen auf das monetäre Niveau derselben hinzielen. Eine eingehende Behandlung dieses Zusammenhanges findet sich bei Vibe-Pedersen [673], sowie [171], S. 17 ff. Hier sind ausschließlich die mit dem Produktionsprozeß verknüpften Realinvestitionen gemeint. Außer Betracht bleiben die ertragsorientierten Anlagen von Geld in Aktien, Obligationen und anderen Forderungsrechten (finanzielle Investitionen). Diese Dispositionen der Vermögenshaltung werden besonders im angelsächsischen Raum völlig gleichrangig neben der erstgenannten Gattung als „Investitionen" bezeichnet.

184

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

rerseits der Unternehmenstheorie verpflichtet. Daraus ergaben sich gewisse Verwirrungen über die „eigentlichen" Fragestellungen der Theorie. 2. Das auf den preistheoretischen Grundannahmen beruhende Unternehmermodell wird nicht mehr allgemein als gültig angesehen98®. So wie sich daraus Konsequenzen für die Erklärung des Verteilungsprozesses ergeben haben — wir versuchten das darzulegen —, so ergeben sich daraus auch Folgerungen für die Erklärung der Prozesse der Investierung und Kapitalakkumulation". Wir sehen darin, daß einige Autoren den unternehmerischen Erwartungen die ausschlaggebende Rolle bei den Investitionsentscheidungen zumessen, einen der wirksamsten Versuche, die neoklassische Lösung abzuschütteln. Diese hatte ja, auf der Basis der Kernrelation zwischen Zinssatz und Investitionsrate, eine Reihe von rationalen Investitionskalkülen entwickelt, die sämtlich spezifische Anwendungsformen des bezweifelten Rationalprinzips darstellen. Allerdings wird man wohl L. Klein bei dessen Verteidigung der neoklassischen Theorie beipflichten müssen, daß eine Sichtweise zu extrem ist, die die Investitionsnachfrage allein abhängig machen will von den subjektiven Antizipationen der Unternehmer hinsichtlich zukünftiger Absatzmärkte, technologischer Entwicklungen, Bevölkerungswachstum und weiterer ungewisser Kräfte, für die der Nationalökonom keine adäquate Theorie besitzt. Klein, der allerdings am Gewinnmaximierungsprinzip festzuhalten sucht, schreibt: „While it is probably true that much investment activity is autonomous and depends on factors that are unrelated to the economic quantities that are to be studied here, it is still true that business firms in a capitalist economy are trying to make as much profit as possible and will adapt their demand for capital goods to the behavior of prices, sales, capital accumulation, etc." 100 Zweifellos ist es aber dieses „merkwürdige Neben- und Ineinander von Reschenbarem und Nichtrechenbarem"101, welches sowohl den Unternehmern die Wirtschaftlichkeitsrechnung und Investitionsentscheidung erschwert, wie es den Ökonomen in Verlegenheit bringt, der diese Erscheinungen beschreiben und erklären soll. 3. Eine weitere Ursache für den Verlust der einheitlichen Geschlossenheit der Investitionstheorie liegt in der Konzeption einer Investitionsnachfrage-FunkAlle drei der „klassischen" Kriterien der Investitionsrechnung (Kapitalwertmethode, Methode des internen Zinssatzes und Annuitätsmethode) unterstellen Gewinnmaximierung: Angestrebt wird Maximierung der Differenz zwischen dem Gegenwartswert der Kosten („Angebotspreis der Investierung") und dem Gegenwartswert eines Stromes künftiger Erträge. 99 Jorgenson [424], S. 131 f. 981

100

101

Klein [86], S. 62. Gutenberg [53], S. 215.

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tion. Selbst dann, wenn man das neoklassische Modell des gewinnmaximierenden Unternehmers unterstellt, ist es nach dem Urteil einiger Kritiker unstatthaft, die Nachfrage nach Investitionsgütern unmittelbar herzuleiten aus der Nachfrage nach Kapital. Üblicherweise pflegt das zu geschehen. In Wahrheit nämlich existiere gar keine Nachfragefunktion für Investitionsgüter, welche den Zinssatz mit der Rate der Investierungen verbindet. Die Begründung dieser These, sie findet sich z. B. auch bei A. P. Lerneri0i und T. Haavelmo10S, liest sich bei Witte so: „The firm's demand is for the services of the capital goods it acquires. To maximize profits over a specified time interval it must secure at particular dates a specified flow of services of capital goods, and to secure these services, it must acquire the capital goods. Thus derived from its demands for a flow of capital services is a demand for a stock of capital goods and not for a continuous flow of these goods. Once the firm has acquired its optimal flow of capital goods' services, its capital stock will not be augmented by new investment. Its net investment will remain equal to zero in the absence of a change in circumstances which renders its present stock of capital goods non-optimal. The firm's demand is for stock rather than for flow of capital goods because the services it wishes to have available are proportional to, or are at least functionally related to, the stock and not to the rate of change of the stock . . . The fact of positive capital accumulation says nothing, however, about the rate at which capital goods will be acquired." 104 Ist der benötigte Kapitalsíock die Größe, auf die das Nachfragestreben der Investoren gerichtet ist, so läßt sich von dieser Größe aus keine kontinuierliche Nachfragefunktion für Investitionsgüter ableiten (Kapitalstock hier verstanden als Zusammenfassung art- und qualitätsgleicher Investitionsgüter; in Unternehmungen bestehen regelmäßig mehrere Kapital„stöcke" nebeneinander). Die zitierte Betrachtung des Investitionsvorgangs beraubt die gewohnte makroökonomische, zinsabhängige Investitionsfunktion, wie sie von den Lehrbüchern überwiegend dargeboten wird, ihrer üblichen, „naiven" (Haavelmo) mikroökonomischen Grundlegung und methodischen Berechtigung. In Kenntnis dieser herausfordernden Auffassung, doch unbeirrt durch diese, sucht Jorgenson aus der reformulierten neoklassischen Position heraus darzulegen, „that it is possible to derive a demand function for investment goods based on purely neoclassical considerations" 105 . Eine kontinuierliche ,0Í ws 1M 105

A. P. Urner [105], S. 323 ff. Haavelmo [55], S. 190, S. 196, S. 216. Witte [691], S. 441. Er fährt fort: „While it is true that the conventional derivation of such a demand schedule, as in Keynes' construction of the marginal efficiency of investment schedule, must be dismissed as naive, there is a sense in which the demand for investment

186

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Nachfrage nach Investitionsgütern sei durchaus herleitbar von einem bestimmten (benötigten oder gewünschten) Kapitalstock. Demgegenüber hat etwa Witte in der zitierten Arbeit einen möglichen Weg der Argumentation aufgezeigt, auf welchem man zu einer Gesamt-Investitionsfunktion gelangt, die auf einer tragfähigen mikroökonomischen Basis beruhen soll. Ihm zufolge richtet sich die Rate der Nettoinvestitionen zwar ebenfalls an der Höhe des Zinssatzes aus (sowie der Höhe des Gesamteinkommens bzw. Outputs), letztlich determiniert wird sie jedoch von Form und Lage der Kapitalgüter-Awgefcois-Kurve („flow-supply-curve"). Zu welcher Höhe die Investition gelangt, m. a. W. in welchem Umfang die Nachfrager von Kapitalgütern zum Zuge kommen, bestimmt die Struktur der anbietenden Kapitalgüterindustrie („there is a capacity and cost constraint on the rate of output of capital goods") 1 0 6 . Witte muß sich indessen vorhalten lassen, daß er in diesem Konzept die Kaufentscheidungen der Nachfrager von Investitionsgütern nur unbefriedigend berücksichtigt hat. Zu wessen Gunsten diese — hier nur umrissene — Kontroverse zwischen Vertretern von „Stock-" oder „Flow-"Konzeptionen der Investitionsnachfrage entschieden werden mag, läßt sich augenblicklich nicht abschätzen. Für unsere weiteren Aussagen über den möglichen Einfluß der Inflation auf die Investitionen, Höhe wie Veränderungsrate derselben, dürfen wir gleichwohl diesen Punkt tiefreichenden, konzeptionellen Widerspruchs nicht aus den Augen verlieren: Hinsichtlich des zentralen Problems, ob die Investitionen letztlich determiniert werden durch die Produktions-(Output-)Entscheidungen der Kapitalgüterproduzenten — so Haavelmo,Witte — oder durch die Kauf-(Input-)Entscheidungen der Kapitalgüterbenutzer („capital-using firms") — so Neoklassik, Jorgenson —, besteht keine Einmütigkeit 107 . Die Schwierigkeit liegt darin, daß „Nachfrage" nach und „Angebot" von Kapitalgütern im Rahmen des üblichen Angebots-Nachfrage-Schemas nicht behandelt werden können. „The 'demand' in this case is for a stock of capital, whereas the supply is a flow. In this dimensional difference between the demand and the supply side lies the main problem of an equilibrium theory of investment. Here lies, perhaps, also the key to an understanding of why actual processes of investment, in the short run, may be wild and, perhaps, unpredictable." 1 0 8 goods can be taken to depend on the cost of capital; such a theory of investment behavior can be derived from the neoclassical theory of optimal capital accumulation." Siehe Jorgenson [424], S. 133 sowie dann S. 135-151 (Voraussetzungen S. 136). Vgl. auch die Kommentare von Tobin, Griliches und Miller sowie die Antwort Jorgensons im gleichen Band S. 156 ff. " " Witte [691], S. 443 ff.; s. auch Clower [305]. 107 Vgl. mit der Formulierung bei Witte [691], S. 448. 108 Haavelmo [55], S. 215 (Hervorhebung von ihm).

Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

187

4. Als vierte Ursache für die verbreitete Zerfahrenheit der Aussagen über die Bestimmungsgründe des Investitionsverhaltens müssen die empirischen Untersuchungen genannt werden. Die Resultate selber und die Interpretationen dieser Resultate sind teilweise so widersprüchlich, daß man die resignierte Feststellung Joan Robinsons wohl verstehen kann: „ . . . as to what governs the level at which it (the rate of investment, H. K.) gets itself established we know very little." 109 Als Konsequenz aus den bezeichneten Widrigkeiten der Investitionsanalyse ergibt sich für uns, daß die anschließenden Bemerkungen über den — möglichen — Einfluß der Inflation auf die Investitionsentscheidungen allgemein genug bleiben müssen, damit der schwankende Untergrund des Ganzen nicht allzu spürbar wird. Wie wir zugestehen wollen, sind infolgedessen einige von den weiteren Aussagen zwangsläufig vage. Vorstellbar ist, daß die folgenden Inflationseffekte in bezug auf das Investitionsverhalten relevant werden: (1) (2) (3) (4)

Erhöhung der Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung; Höherschätzung von Realinvestitionen gegenüber finanziellen Investitionen; Beeinflussung der Preiserwartungen; Beeinflussung der Gewinnerwartungen.

Zu (1): Investitionsentscheidungen gründen auf der Antizipation zukünftiger Ereignisse. Ob der Kauf von Investitionsgütern heute, d. h. die mehr oder weniger rasche Anpassung eines vorhandenen Kapitalstockes an einen gewünschten Kapitalstock, auf einer zutreffenden Beurteilung der Zukunft beruht, wird sich erst später herausstellen. Die von der Inflation ausgehende Dynamik, vor allem der Preise und Löhne, vermehrt die zahlreichen bestehenden Unsicherheiten und Risiken um einen weiteren Faktor. Er verstärkt die Neigungen der Unternehmer: bei den Investitionsentscheidungen grob zu verfahren; einen kurzen, überschaubaren Planungszeitraum zu wählen; eine rasche Amortisierung der aufgewendeten Ausgaben herbeizuführen, u. a. indem die wirtschaftliche Lebensdauer von Investitionsobjekten kürzer angesetzt wird als die wirklich zu erwartende Lebenszeit der betreffenden Objekte; die Investitionen aus einbehaltenen Gewinnen, verdienten Abschreibungen, Nettozunahmen der Pensionsrückstellungen und anderen eigenen Reserven zu finanzieren; den Ertragserwartungen das entscheidende Gewicht beizumessen, wobei in die Investitionsrechnung bei zunehmender Unsicherheit die Reihe der Einnahmen aus den Investitionen niedriger, die der Ausgaben höher als tatsächlich erwartet eingesetzt werden. Die Frage, ob sich also folgern läßt, daß Inflation die Investitionen aufgrund des genannten Effektes anregt oder hemmt, läßt sich offenbar angesichts dieser gegensätzlichen Aspekte des Investitionsverhaltens nicht beantworten, eine sy» Robinson [147], S. 55; vgl. auch Krelle [456], S. 345-349.

10

188

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

stematische Beziehung ist nicht erkennbar. Die Vermutung wiegt aber schwer, daß vor allem in kapitalintensiven Industrien mäßige Preissteigerungen für sich genommen keine Wirkung auf die Investitionsentscheidungen haben. In Fällen, wo eine steigende reale Nachfrage die Preisbewegungen veranlaßt, ist es eben diese, die die Investitionen beeinflußt (Akzelerationsprinzip). Festzuhalten bleibt, daß veränderliche Preise stets einen Faktor darstellen, der die Wirtschaftlichkeitsrechnungen, die den Investitionsentscheidungen voraufgehen, erschweren muß. Andererseits brauchen von den mäßigen Preissteigerungsraten der schleichenden Inflation nicht jene desintegrierenden Wirkungen befürchtet werden, die von Keynes und Lerner einer zu extensiven Preisflexibilität zugesprochen werden. Zu (2): Während die Unternehmer-Kapitalisten insgesamt durch die inflationäre Preissteigerung „gewinnen", sind die Begünstigungen wie die nachteiligen Inzidenzwirkungen auf der einzelwirtschaftlichen Ebene ungleich verteilt 110 . Wegen der sich im Verlauf der Inflation verschlechternden Geld-Gläubiger-Position könnte man vermuten, daß die Unternehmer, wenn sie die Wahl zwischen realen oder finanziellen Investitionen haben, den ersteren den Vorzug geben. Der Versuch, sich gegen Kaufkraftverluste zu sichern, ist ein starker Beweggrund. Ob daraus eine merkliche Steigerung der realen Investierungen unter Inflation folgt, ist selbst a priori schwer zu entscheiden. Erstens sind die Risiken einer realen Investierung im Regelfall höher. Zweitens muß immerhin die Vorteilhaftigkeit der zusätzlichen realen Investitionen gegeben sein, und das ist ein Problem des Standes und der Bewegung der realen Nachfrage, der Gewinnaussichten usw. Legt man freilich die Annahme zugrunde, daß steigende Preise den Anstoß zu einer optimistischen Beurteilung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung geben, so braucht nicht ausgeschlossen zu werden, daß im Entscheidungsfall reale Investitionen präferiert werden. Offensichtlich wird davon das Investitionskriterium nicht außer Kurs gesetzt, nachdem die kalkulierte Ertragsrate („Kalkulationszinsfuß") höher sein muß als die in der alternativen Verwendung erreichbare Rate („opportunity rate") 111 . Wie auch immer, steigende Preise sind stets zu den Ereignissen zu zählen, welche die Unternehmer veranlassen, ihr bisheriges Investitionsverhalten und die von diesem erfaßten Handlungsalternativen zu überprüfen. 110 111

Den Einfluß auf die bereits existierenden Investierungen haben wir unter Abschnitt 4.4 gestreift. Wir haben einfacherweise angenommen, daß die Unternehmer über die investierbaren Fonds bereits verfügen (Selbstfinanzierung). - Es kann angenommen werden, daß wegen der relativen Verschlechterung der Gläubigerpositionen die Bereitschaft der Unternehmer zunimmt, sirh bei Inflation zu verschulden, d. h. Fremdfinanzierung wird begünstigt; s. z. B. Ball [8], S. 258 ff. und Barth [10 a], S. 79 f. Da die Gläubiger dem sinkenden Realwert ihrer auf Geld lautenden Forderungen mit höheren Zinsansprüchen begegnen werden, hängt es am Ende davon ab, ob die Investitionsneigung der Unternehmer dennoch stark genug ist, um diesen Finanzierungsweg zu besenreiten. Vgl. FN 23, 2. Kapitel unserer Arbeit.

Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

189

Zu (3): Im Zuge von Inflation steigende Marktpreise der Kapitalgüter werden, eine „normale" Angebotsreaktion der Kapitalgüterproduzenten kann vorausgesetzt werden, c. p. zu einem Anstieg des Kapitalgüterangebotes führen 112 . Auf der Nachfrageseite ist die Wirkung ungewiß. Der erhöhte Angebotspreis der Investierungen müßte sich als tendenziell investitionshemmend erweisen (die Preise der Kapitalgüter und die Produktpreise sind wesentliche Bestimmungsgründe der Ertragserwartungsbildung). Bei gegebenem Marktzins und sonst gegebenen Erwartungen ist daher von erheblicher Bedeutung, wie sich die Relation zwischen Investitionsgüterpreisen und Preisen der übrigen Güter im Verlauf des generellen inflationären Preisanstiegs entwickelt. Ist der Preisanstieg der übrigen Güter stärker oder kommt er rascher voran als der Preisanstieg der Kapitalgüter, so lassen sich Investitionsausgaben eher „zurückgewinnen", der Kapital-Input würde stimuliert. Das gilt in verstärktem Maße dann, wenn die Preiserwartungen der Unternehmer hinsichtlich der Kapitalgüterpreisbewegung weniger elastisch sind als hinsichtlich der Preisentwicklung der übrigen Güter. Wirkt die Erwartung steigender Preise ebenso investitionsstimulierend? Es ist ja durchaus wahrscheinlich, daß die Erfahrung anhaltender schleichender Inflation die Unternehmer weitere Preissteigerungen erwarten läßt. Man hat oft geschlossen, daß in diesem Falle Käufe von Kapitalgütern vorverlegt werden, um der Verteuerung zuvorzukommen und um die erwartete Vorteilhaftigkeit projektierter Investitionen nicht zu schmälern. Indes, tatsächlich sind erwartete Preissteigerungen für die Investitionsentscheidungen „fast ohne jede Bedeutung", wie eine Reihe empirischer Untersuchungen erbracht hat 113 . Wie erklärt sich das? Einmal sind die aufgrund der — mäßigen — inflationären Preissteigerung eintretenden zusätzlichen Ausgaben relativ unbeträchtlich gegenüber dem breiten Hauptstrom der „Grund-"Ausgaben. Zum anderen sind die Anschaffungskosten für die Entscheidungen der Investoren wohl wichtig, aber keineswegs ausschlaggebend. Entscheidend sind die Rechengrößen der Ertragsseite, und diese unterliegen den mächtigen Bestimmungsgründen, welche die Zukunftsschätzungen der Unternehmer formen. Somit sind es die Nachfragepreise für Investierungen — das sind die jeweiligen Summen der auf die Bezugszeitpunkte abgezinsten zukünftigen Nettoeinnahmen —, welche den Ausschlag geben. Bei ihrer Bestimmung haben, neben der Zinsbewegung 114 , die Erwartungen ihre große Bedeutung. Aber es sind nicht die Preiserwartungen, sondern die umfassenderen Gewinnerwartungen, die unter diesen dominieren. 112

118 114

Die Angebotselastizität wird jedenfalls positiv, wegen der kurzfristig gegebenen Produktionskapazitäten aber verschieden von unendlich sein. Gutenberg [53], S. 225; Eisner/Strotz [336]; Eckstein [326], S. 423. Die Bedeutung des Zinssatzes beruht eben nicht auf seinem Gewicht als Kostenfaktor, sondern auf seiner Rolle bei der Festlegung des Nachfragepreises einer Investierung. Wie sich aus der Wirtschaftlichkeitsrechnung ergibt, variieren Nachfragepreis und Zins gegensinnig.

190

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

Bleibt schließlich zu bemerken, daß die Rolle von Preiserwartungen, gerichtet auf die Output-Seite der Unternehmen, um so unbedeutender sein wird, je stärker die eigenen unternehmerischen Möglichkeiten sind, die Preise zu setzen. Erwartungen, die Kostenbewegung betreffend, erhalten u. U. größeres Gewicht. Das gilt besonders hinsichtlich der Lohnkosten, wohingegen der Kostensteigerung verteuerter Investitionsgüter im Regelfall, wie erwähnt, unter den sonstigen Faktoren der Wirtschaftlichkeitsrechnung keine ausschlaggebende Stellung zuzubilligen ist. Zu (4): Mit dem Einfluß auf die Gewinnerwartungen sind wir bei dem letzten der oben aufgeführten Inflationseffekte angelangt, welche geeignet schienen, möglicherweise das Investitionsverhalten zu verändern. Im Verlauf anhaltender Inflation steigen die Preise und die Einkommen, unter den letzteren auch die Gewinne. Das ist das hinsichtlich der Einkommensbewegung gewünschte, hinsichtlich der Preisbewegung in Kauf genommene Ergebnis des Anspruchsverhaltens der Klassen. Während zum einen zwischen steigenden Gesamteinkommen und steigenden Gewinnen ein enger, nicht unbedingt proportionaler Zusammenhang besteht, sind zum anderen Gewinne und Investitionen in hohem Maße positiv korreliert 115 . Diese Feststellung ist aufschlußreich unter einem doppelten Aspekt: (a) Die Bereitschaft der Unternehmer, zu investieren, steigt mit steigenden Gewinnen, gemeint sind tatsächliche sowie erwartete Gewinne. (Höhere realisierte Gewinne schrauben wegen der Vergangenheitsbezogenheit jeder Voraussicht die Gewinnerwartungen höher). Da die Vorteilhaftigkeit der Investitionen in Geldgrößen ermittelt wird, lassen steigende Gewinne die Unternehmer auf steigende Wirtschaftlichkeit schließen116. Auf jeden Fall lassen steigende Gewinne erwarten, daß in der kommenden Periode wenigstens eine Gewinnrate wie die eben erzielte erreicht werden kann. (b) Steigende Gewinne vermindern den Druck der Liquiditätsbeschränkung („Iiquidity constraint"), der die Investitionsentscheidungen stets unterworfen sind. Nun ist Gutenberg bei seiner Untersuchung der Investitionsentscheidungen industrieller Unternehmen darauf gestoßen, daß der Ausdruck „Gewinnerwartungen" in der Praxis nicht üblich ist. Doch er kommt nach Auswertung seines Materials schließlich zu dem Urteil, daß von den Unternehmern „Absatz- und 115

Zu dem Gewinn-Investitions-Zusammenhang unter Inflation s. Kaldor [428], S. 290 sowie Barth [10], S. 60 ff. Allerdings darf nicht vergessen werden, daß in einem erheblichen Umfang auch nicht primär gewinnorientierte Investitionen vorgenommen werden. Gründe sind: Sicherung der Existenz der Unternehmung („Verurteilt-Sein zum Wachstum"), Sicherheitsstreben, Behauptung einer bestimmten Marktstellung (Gutenberg: „strategische Investitionen"), staatliche Steuerpolitik u. a.; s. Gutenberg [53], S. 218 f. und Preiser, in [140], S. 175.

Einfluß der Inflation auf die Ausgabenentscheidungen

191

Gewinnerwartungen weitgehend miteinander identifiziert werden".

Offenbar

herrscht die Ansicht bei diesen vor, daß mit steigendem Absatz steigende Gewinne einhergehen, ohne daß man sich dabei eine streng proportionale Verknüpfung vorstellt 1 1 7 . Damit rückt ein Wirkungszusammenhang ins Blickfeld, der eine bevorzugte Stellung bei der Determination des Investitionsverhaltens einnimmt. Bekanntlich sind die Investitionen, neben anderen Faktoren, in erheblichem M a ß e bestimmt von den Veränderungsraten des Gesamteinkommens oder der Gesamtproduktion bzw. der Gesamtnachfrage. Veränderungen der Nachfrage können die Unternehmer natürlich nicht unmittelbar feststellen, doch werden diese hinlänglich deutlich indiziert vom Ausmaß der Desinvestierung in Lagern und/oder der Entwicklung des Auftragsbestandes. Entwickelt sich die Nachfrage kontinuierlich 1 1 8 , so werden die Unternehmer durch Kapitalgüterkäufe den gegebenen Kapitalstock dem erforderlichen Kapitalstock anpassen, welcher der künftigen

Nachfrage

gerecht

wird.

Die

beanspruchte

Gewinnrate

ist

letztlich

entscheidend dafür, welche Relation zwischen Umsätzen und Kapitalstock die Unternehmer zu verwirklichen suchen. Diese Relation wird im Regelfall eine wachsende Funktion der Gewinnrate sein. Eine positive Wirkung der Inflation auf das Investitionsverhalten kann nach unseren notwendig grobkörnigen Überlegungen angenommen werden. Sie folgt daraus, daß — steigende Gewinne die Ausgabenbereitschaft der Unternehmer in bezug auf wertmäßige Kapitalgüterkäufe verstärken, — steigende Gewinne die finanziellen Investitionsmöglichkeiten der Unternehmer erhöhen, — steigende Gewinne zu optimistischen Gewinnerwartungen führen, die sich ihrerseits mit optimistischen Absatzerwartungen durchsetzen. In welchem Umfang steigende Gewinn-/Absatzerwartungen zu vermehrten Kapitalgüterkäufen führen, hängt von der Reaktionsgeschwindigkeit der investierenden Unternehmer ab. W i e stark die Erhöhung der Investitionsneigung deshalb aus diesem Grund ist, läßt sich in dieser Kürze nicht abschätzen. Entscheidend ist: Nicht erwartete Gewinne schlechthin, sondern die erwarteten Gewinne aus den zusätzlichen Investierungen — „the efficiency of investment" — sind (ist) ausschlaggebend für die Investitionsentschlüsse.

117

118

Gutenberg [53], S. 117, S. 223; Krelle [456], S. 370 f.; Thorp/Quandt [168], S. 110: „ . . . profit in most businessmen's minds is associated with growth." Entscheidend ist dabei, daß die Unternehmer die auslösende Veränderung der Einkommen und Nachfrage für anhaltend einschätzen. Das Akzelerationsprinzip beruht mithin nicht auf einem starren, technologischen Zwang zum Investieren, sondern auf einer verdeckten Theorie der Erwartungen. - Selbst wenn das Niveau der Investierungen u. U. unverändert bleiben sollte, ergeben sich Wirkungen hinsichtlich der Zeitpunktwahl für Investierungen und ihrer Aufteilung unter den Unternehmen; dazu s. Eisner [335], S. 237 f.

192

Zur Bestimmung des Niveaus der Verteilung

5.3.4 Ergebnis Inflation hat einen gewissen positiven Nettoeffekt auf die Höhe der realen Investitionen. Das entscheidende Verbindungsglied in der Wirkungskette sind die tatsächlichen Gewinne und die Erwartungen, die sich auf die zukünftige Entwicklung richten und von denen Gewinnerwartungen ein wesentlicher Teil sind. Die Absicht, Gewinne zu erzielen, und die unter Inflation steigenden Erwartungen hinsichtlich der Gewinnmöglichkeiten sind die treibenden Kräfte bei der Anpassung des Investitionsverhaltens. In dem Ansatz zur Bestimmung des Verteilungsniveaus wird dieser Rückwirkungsmechanismus inflationär steigender Preise auf die Investitionsentscheidungen und -ausgaben unbedingt berücksichtigt werden müssen. Hingegen ist der Einfluß auf die Konsum- und Sparneigungen ohne systematische Klarheit und kann daher vernachlässigt werden.

6. Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses

Diese Arbeit versammelt eine Vielzahl von Überlegungen und Hinweisen aus z. T. disparaten Gebieten der Theorie, obwohl sich in der Verteilungs-, Preisund Inflationstheorie der natürliche Schwerpunkt ergab. Dabei hat uns die Absicht geleitet, den Fragen nachzuspüren, die sich aus den Umständen ergeben, daß — erstens — die Prozesse der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverteilung und der schleichenden Inflation sich miteinander verschränken und daß — zweitens — sie dabei in ein spezifisches, wechselseitiges Bedingungs- und Förderungsverhältnis einzutreten scheinen. Obwohl wir die Probleme der Staatsaktivität und der außenwirtschaftlichen Beziehungen nahezu völlig vernachlässigt haben, galt es einer Springflut von theoretischen und empirischen Informationen und Schlußfolgerungen Herr zu werden. Als geeigneter Weg dazu erschien uns die Auswahl von Bezugssystemen, welche eine Ein- und Zuordnung dieser Aussagen gestatten mußten. Deshalb haben wir die Hauptzüge der gegenwärtigen Verteilungsanalyse in ihren beiden grundtypischen Ansätzen geschildert (4. und 5. Kapitel). So konnten die vorherrschenden Bestimmungsgründe der Einkommensverteilung herausgehoben und in ihrer Wirkungsweise veranschaulicht werden 1 . Dabei kam es uns darauf an, den Nachweis zu führen, daß Inflation sich jeweils als Resultante des Wirkens dieser verteilungsbezogenen Antriebskräfte erklären läßt. In gewollter Umkehr der Fragerichtung wurde im übrigen untersucht, ob und inwieweit Inflation ihrerseits auf die für wesentlich erkannten Bestimmungsgründe der Verteilung Einfluß hat. (Abschnitte 4.4 bzw. 5.3). Dabei erwies es sich, daß die Analyse der Inflationswirkungen gegenüber den Schwerpunktgebieten der Inflationstheorie — Ursachenforschung, Prozeßanalyse, antiinflationäre Politik — weitgehend unterentwickelt ist. Einkommensverteilung und Inflation stellen umfassende, sozioökonomische Prozesse dar, die nur streckenweise den Bereich durchqueren, der der ökonomischen Analyse zugänglich ist. Der hochfahrende Charakter mancher Modellergebnisse könnte vermieden werden, wenn dieser — es ist erlaubt zu sagen: 1

Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß sich die aggregierten Verteilungsparameter beider Zugänge, allen voran die Preis- und Investitionsentscheidungen, genau entsprechen werden und sich somit die mittels Preispolitik v o n den Unternehmern geplante Verteilung im Prozeß der Einkommensbestimmung und -Verwendung auch realisieren läßt. Die Schwierigkeit einer Verbindung beider Zugänge zu einem integrierten Erklärungszusammenhang liegt insbesondere in zwei Fragekreisen: Welche Preisdetermination kann einheitlich angenommen werden? Wie sind H ö h e und Veränderung des Produktions- und Beschäftigungsniveaus zu behandeln? Hinsichtlich der letzten Frage ist das Problem das, o b nicht mit der Annahme eines bestimmten Beschäftigungs- und Produktionsniveaus u. U. ein bestimmter Anpassungsprozeß festgelegt wird, durch Annahme eines anderen Niveaus ein anderer Prozeß.

194

Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses

triviale — Sachverhalt jederzeit beherzigt würde. Die Fragestellungen und Lösungen der Ökonomen sind unvermeidbar einseitig. Sie werden wichtigen Gegebenheiten und Einrichtungen der politischen, gesellschaftlichen und eben selbst ökonomischen Wirklichkeit der spätkapitalistischen Länder nicht gerecht, obwohl von ihnen der Fortgang der Einkommensverteilung und Inflation wesentlich mitbestimmt wird. Die vieldiskutierten Invarianzen des Verteilungsprozesses beispielsweise, man denke an die durch die Vollbeschäftigungsgarantie abgesicherte Lohn-Preis-Spirale, das Theorem von der (relativen) Stabilität der Lohnquote und ähnliches, haben ihre Wurzeln in gewissen, allenfalls nur langfristig veränderlichen, Gewohnheiten, Neigungen und Einstellungen. Deren Bestimmungsgründe liegen, der Augenschein trügt nicht, außerhalb des engen Sperrkreises des sogenannten „rein ökonomischen". Damit wollen wir keine resignierende Haltung empfehlen. Immerhin kann die ökonomische Analyse zureichend zeigen, warum unter den gegebenen Bedingungen der spätkapitalistischen, entwickelten Systeme für Veränderungen in der Einkommensverteilung zwischen den sozialen Klassen offenbar nur ein schmaler Korridor zur Verfügung steht. Vorstöße zu seinen Grenzen, ausgehend von dem Anspruchsverhalten der einen oder anderen Klasse, setzen systemimmanente Gegentendenzen in Kraft. Diese mögen zu einem Teil außerökonomisch determiniert sein, sie werden nichtsdestoweniger manifest in spezifischen Beschäftigungs- und Produktionsbewegungen sowie in jener spezifischen Gesamtpreisbewegung, die wir Inflation nennen. Wir haben hiermit einen Stand der Betrachtung erreicht, bei welchem wir unser abschließendes Urteil über das Verhältnis von Einkommensverteilung und Inflation in kurzer Frist formulieren können. Nach allem kann geschlossen werden, daß die relevanten Bestimmungsgründe des Einkommensverteilungsprozesses weit mehr die inflationäre Preisdynamik in Gang setzen und halten, als diese umgekehrt das Verteilungsgeschehen beeinflußt. Inflation erweist sich — im ganzen gesehen — als Reaktionsprozeß auf die verteilungspolitische Auseinandersetzung hin und nicht als determinierender Prozeß für das Verteilungsgeschehen. Die mäßige, schleichende Inflation ist kein vitaler, aktiver und unabhängiger Bestimmungsgrund für die Verteilung der Einkommen, namentlich der ökonomisch beherrschenden Gruppen. In dieser Hinsicht wird die Verteilungsanalyse ihr nicht Rechnung tragen müssen. Das gilt aber nur unter den Einschränkungen: 1. Inflation spielt eine nicht unbedeutende Rolle als Zwischenglied in den modi procedendi einer Reihe von Umverteilungsvorgängen. Für deren Analyse wird die Verteilungstheorie sich mit den Theorien der ökonomischen Staatstätigkeit, des Außenhandels und des Geldes eingehender, als bisher geschehen, zu verbinden haben. 2. Der Rückwirkungsmechanismus inflationär steigender Preise auf die wichtigen Parameter der verteilungspolitischen Entscheidungsprozesse bedarf wei-

Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses

195

terer Durchdringung. Insbesondere die Theorien des Konsum- und des Investitionsverhaltens gewinnen hier noch an Bedeutung. Die dominante Stellung des Verteilungsprozesses gegenüber der Inflation tritt um so deutlicher hervor, je klarer das Verhältnis zwischen den beiden wichtigsten verteilungsstrategischen Instrumenten der Unternehmer, der Preis- und der Investitionspolitik, entwickelt wird. Die Frage, o b die Unternehmer primär Preise setzen oder primär die Investitionen planen, um bestimmte Gewinne zu erreichen, ist im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Theorie entscheidbar: W i r hatten bereits darauf hingewiesen, daß die Investitionsentscheidungen aufgefaßt werden können als Element einer langfristigen Preispolitik zur Erzielung der gewünschten Gewinnraten 2 . W i r haben mit Nachdruck zu zeigen gesucht, daß die Unternehmer bei ihren preispolitischen Entscheidungen die H ö h e der gewünschten Erlöse respektive Einkommen antizipieren und daß diese Antizipationen den Gang der Einkommens- und Preisniveau-Entwicklung stark beeinflussen. Allerdings hängen die tatsächlich erreichten Werte von diesen Preis-Entscheidungen allein nicht ab. Aus den Ausgabenentscheidungen im volkswirtschaftlichen Kreislauf ergibt sich nämlich erst, ob die festgesetzten Preise „gültig", „akzeptiert" werden, das heißt, ob also Verkäufe im antizipierten Umfang zu den gewählten Preisen stattfinden können. Ist das nicht der Fall, so realisieren sich die preispolitisch angestrebten Einkommensansprüche der Unternehmer nicht, die beanspruchte Gewinnrate wird verfehlt, das Niveau der Gewinne (und Löhne) stellt sich anders als gewünscht ein. Das m u ß allerdings nicht notwendig zu Preisänderungen führen; wir haben verschiedentlich unterstrichen, daß die Zurückweisung von Preisen sich nicht in einer Preisvariation auswirken muß, sondern in unvorhergesehenen Änderungen der Lagerbestände (oder Lieferfristen), des Produktionsumfanges oder sonstiger Konditionen des Angebots. (Eine entsprechende Ableitung galt dem Anspruchsverhalten der durch Gewerkschaften kollektiv handlungsfähigen Arbeitnehmer.) Den Zusammenhang zwischen Preis- und Lohnentscheidungen einerseits, den Ausgabenentscheidungen andererseits gilt es unter dem Verteilungs-Blickwinkel weiter aufzuklären. Es gibt keinen Grund, anzunehmen, daß sich die (aggregierten) Entscheidungsresultate der beiden Einflußkanäle genau entsprechen, derart, daß die von den Unternehmern letztlich geplante Verteilung 3 sich in den Prozessen der Einkommensentstehung und Einkommensverwendung voll realisiert. Der mehr oder weniger weitreichenden Abstimmung von Investitions- und 1 s

Vgl. dazu nochmals Preiser [141], S. 54; Stobbe [166], S. 76 ff. und 140 f., sowie dessen Anmerkung zu Scheeles Rezension seines Buches [635], S. 143. Die Chance für eine nachhaltige Einwirkung der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer ergibt sich wohl erst, wenn die Nominallohnpolitik, wichtiges Potential der Einkommensentstehung, mit einer quantitativ bedeutenden Einflußnahme auf die Einkommensverwendung der Arbeitnehmer verknüpft wird.

196

Die dominante Rolle des Verteilungsprozesses

Preisentscheidungen fällt dabei die Schlüsselrolle zu. Es wird noch weiterer Überlegungen bedürfen, um diesen Preis-Investitions-Zusammenhang für die Verteilungsanalyse ausreichend zu erhellen. Inflation ist ein monetäres Phänomen, wenngleich von starken realen Kräften hervorgerufen. In seiner Behandlung neigt man trotz Anerkennung gewisser säkularer Aspekte zur kurzfristigen Analyse. Wenn wir wiederholt feststellen mußten, daß die Analyse der Wirkungen der Inflation auf den Verteilungsprozeß unvollkommen entwickelt ist, so hat das nicht nur seine Ursache in dem mangelhaften Ausbau der Inflationswirkungslehre schlechthin. Es ergaben sich ausreichende Hinweise dafür, daß die mäßige, schleichende Inflation die Verhaltensweisen nicht nachdrücklich verändert. Allerdings veranlaßt das „Inflationsklima" Zustände verstärkter Aufmerksamkeit und Kontrolle. Hinzu kommt, daß der Verteilungsprozeß, auch dann wenn er in monetären Größen beschrieben wird, ganz überwiegend als real-wirtschaftlicher Prozeß verstanden wird. Deshalb gravitiert seine Erklärung natürlicherweise hin auf die Erklärung seines Verlaufes in der langen Frist. Die Verknüpfung mit der Wachstumstheorie ist dann die notwendige Folge.

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233

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Sachregister

Abschreibungen 143,151, 187 Administrierte Preise (s. anbieterdeterminierte Preise) Aggregationsproblem 100 Akzelerationsprinzip 188,191 Anbieter-Inflationstheorie (s. Einkommensanspruchs-Inflationstheorie) Anlageform und Inflation 180 ff. Anspruchsniveau der Gewinne (s. unternehmerische Zielsetzung) Arbeitslosigkeit und Inflation (s. inflationary depression) und Geldlohnänderungen (s. Phillips-Kurve) und Geldlohnkürzungen 53 f., 75 Arbeitsproduktivität 50, 73,129,140 f. Aufschlagspreisbildung (s. neuere Preistheorie) Auslastung der Produktionskapazitäten normale ~ 10, 25, 126 ff., 130,147 Ausschöpfungstheorem (s. Eulersches Theorem) Ausstoßlücke 80 f., 104 Cobb-Douglas-Funktion 94 Cohen-Report 39 Concertina-Effekt 11 Cost push vs. Demand pull 27, 37 Cournotsches Theorem 113 Differentialgewinn-Theorie der Einkommensverteilung 94 Einkommen fixe ~ 20, 31 ff., 172 monetäres ~ 11 ff., 34 ff., 146 f., 182 reales ~ 11 ff., 34 ff., 50,100,150,182 T r a n s f e r s 31,89 Volks ~ 143 f. Einkommensansprüche Begriff 34, 43, 109 der sozialen Gruppen (s. Einkommens-

politik) Einkommensanspruchs-Inflationstheorie 21, 33 f., 39 ff., 49 ff., 56, 73 ff., 79 f. Einkommens-Lag (s. Lohn-Lag) Einkommenspolitik der sozialen Gruppen 28, 30 f., 33 ff., 36, 42 f., 46, 49 ff., 73 ff., 78 ff., 82, 98, 105 f., 108 f., 194 ff. der Gewerkschaften 26,35 ff., 42 f., 50 ff., 56 ff., 60,72,140,163,195 der Unternehmer 35 ff., 42 f., 50, 60 ff., 72, 108 f., 117 ff., 143, 150, 174, 195 der passiven Empfängergruppen 32 f., 35 Einkommenstheorie, keynesianische 155, 159 f. Einkommensverteilung auf soziale Gruppen 84 ff. faktische 14,18 ff. funktionelle 84 ff. „gerechte" 77 ff. personelle 87 f. Prozeß der ~ 14, 84,149,155,193 ff. Einkommensverteilungs-Inflationstheorie (s. Einkommensanspruchs-Inflationstheorie) Eulersches Theorem 99 Freie Kapazitäten 127 ff. Geldillusion 36,172, 174 f., 181 Geldlohnniveau Preiselastizität des ~ s (s. Einkommenspolitik der Gewerkschaften) Geldmenge 22,37 f., 44,51, 55 f. Geldpolitik 38, 47, 55 f. Geldumlaufsgeschwindigkeit 37,47,142 f. Geldwert Messung des ~ e s 9 Stabilisierung des ~ e s 27, 33,54, 76 Gesamtangebotsfunktion 158,167 Gesamtnachfragetheorie der Einkommensverteilung 106 Gewerkschaftsbewegung

Sachregister Charakter der ~ 52 und faktische Lohnentwicklung 54 ff. Gewinnaufschläge absolute ~ 131 ff., 139 Begriff der ~ 69 ff, 99,132 Bestimmungsgründe der ~ 62, 64, 73, 97, 107, 118 ff. empirische Bestimmung der ~ 73, 120 ff. „normale" ~ 120, 128, 131 relative ~ 131 ff. Stabilität der ~ 120,124,133 ff., 139 und Inflation (s. Gewinn-Inflationstheorie) Gewinnerwartungen und Inflation 187, 190 ff. Gewinn-Inflationstheorie 21 ff., 42, 61 ff., 67 ff. Gewinn-Lead 20, 29 Gewinnmaximierung (s. unternehmerische Zielsetzung) Gewinn-Preis-Spirale 61 Gewinnquote 11,101,143,159 Gewinnrate beanspruchte, geplante ~ 121 ff., 132 ff., 139,143,152,191,195 realisierte ~ 151 ff., 194 f. Gewinnstreben (s. Einkommenspolitik der Unternehmer) Gewinntheorie 69 ff. Gibson-Paradox 23 Grenzproduktivitätstheorie der Verteilung 10, 84 ff., 92 ff., 97 f., 107, 167 guide posts 27 Hamilton-Keynes-Hypothese 22 f. Inflation Begriff 12 f., 15 f., 19,149 H y p e r ~ 18 f. schleichende ~ 12 f., 15 f., 20,38 ff., 42, 73 ff., 194 f. Typen von ~ 40 f. und Gleichgewicht 44, 47, 51 inflationary depression 19, 46 f. Inflationsbewußtsein 180 Inflationslücke 22, 44 Inflationstheorie

235 Ubersicht der alternativen Erklärungsansätze 38 ff. Inflationswirkungen 15, 18 ff., 27 ff., 76 f., 80 ff., 187 ff., 193 Investitionen Bestimmungsgründe der ~ 174,183 gewinnabhängige ~ 159,172,190 ff., zinsabhängige ~ 184 ff., 188 f. Investitionsfunktion 165,168, 170 Investitionspolitik 174,183,190,195 Investitionsquote 159 ff., 168 Investitionstheorie 183 ff. Kapitalakkumulation 22 Kapitalgüter Angebot und Nachfrage 184 ff. Preise der ~ 151 ff. Kapitalismus 81 f., 89 ff. Kapitalkoeffizient 10 f. Kapitalstock 10,13,122,132, 185 ff. Kaufantizipationsthese 177 Keynesianische Verteilungstheorie (s. Kreislauftheorie der Einkommensverteilung) Klassische Theorie der Einkommensverteilung 9 f. Konjunkturverlauf 25 f., 29 Konstanz-Theorem der Einkommensverteilung 11,194 Konsum Bestimmungsgründe des ~ s 172, 174, 178 f. in keynesianischer Sicht 62,168,179 •Konsumfunktion 176 Kostenfunktionen 127 ff. Kosten-Inflationstheorie 39 f., 42 f. Kreislauftheorie der Einkommensverteilung 10,106 f., 133,155 ff., 173 ff. Kritischer Rationalismus 113 Lebensstandard 103 Liquidität 38,121,173 Lohnbildung anbieter(kosten-)determinierte ~ 40 ff., 46,74 flexible ~ 40 f.

236 Lohneinkommensansprüche (s. Einkommenspolitik der Gewerkschaften) Lohngleitklauseln 58 Lohnkosten-Inflationstheorie 42 f., 47 ff., 53 ff., 142 Lohn-Lag-Hypothese 20 ff., 75,172 Lohn-Preis-Spirale 25 f., 51,54, 61,194 Lohn-Preis-Verhältnis 54, 97, 100 f., 125, 141 ff., 168 Lohnquote 101 ff., 140 ff. Lohnstruktur 35 Lohntheorie 52,56 ff., 73 Lundberg-Lag 45 Macht Begriff bei M. Weber 34 Markt ~ 3 5 , 5 1 , 9 6 Marginaltheorie (s. neoklassische Preistheorie) Marktform 93 ff., 107 Marktungleichgewichts-Inflationstheorie 40 Marktzutritt 121 Monetarismus 38 Monopolgrad-Theorie der Einkommensverteilung 96 f., 123, 133, 141, 143,148 Multiplikatortheorem 159 f., 182 f. Nachfrage Begriff bei B. Hansen 45 Nachfrageverschiebungs-Inflationstheorie 39, 44 Neoklassische Theorie der Einkommensverteilung (s. Grenzproduktivitätstheorie) Neo-Quantitätstheorie (s. Quantitätstheorie des Geldwertes) „New View" 38 Nominallohnpolitik (s. Einkommenspolitik der Gewerkschaften) Normalkostenprinzip 95,97,111,132 outside money 178 Phillips-Kurve 27, 36 f., 46, 57 ff., 67 f. Pigou-Effekt 165,178 Preisbildungsprozeß Dichotomisierung des ~ e s 9,110

Sachregister Preise absolute ~ 10 anbieter(kosten-)determinierte ~ 24,26, 40 ff., 46, 62 f., 65 ff., 74, 96 flexible ~ 40, 44,168, 173 relative ~ 10,19,100, 174 Stabilität der ~ 66 f., 69,152 f. Preiserwartungen und Inflation 21, 23, 27, 81, 172, 175, 177 und Investition 187,189 f. und Zins 23, 188 f. Preis-Investitions-Zusammenhang 195 f. Preiskalkulation (s. Preistheorie) Preis-Lohn-Spirale 25 ff. Preis-Lohn-Verhältnis (s. Lohn-Preis-Verhältnis) Preispolitik der Unternehmer (s. Einkommenspolitik der Unternehmer) Preisrigidität (s. ratchet effect) Preistheorie neoklassische ~ 45 f., 61 ff., 85, 94 ff., 111,113 neuere ~ 51, 65 ff., 95, 110, 118 ff., 130 ff., 138 ff., 142 ff. und Inflation 61 ff. und Inflationstheorie 110 ff. Produktionstheorie 73,97 ff. Profit (s. Gewinn) Quantitätstheorie des Geldwertes vorkeynesianische ~ 22, 43,142, 173 N e o - ~ 38, 40, 43 f., 61,142 Radcliffe-Report 23, 33 Radcliffismus 38 ratchet effect 26, 44, 51, 67, 75, 111 Rationalverhalten 94, 118 ff. real-balance-effect 31, 38,172,175,178 Reallohnentwicklung 22 ff., 29 Rentenprinzip 9, 71 Ricardo-Effekt 11 Robertson-Lag 20 Saysches Theorem 93,100,156,158,173 satisficing 118 ff.

237

Sachregister Scheingewinne 151 Selbstfinanzierung 172,188 Soziale Gruppen (s. Sozialstruktur) Soziale Sicherheit 31 Sozialstruktur 29,31 f., 87 ff., 165 Sparen der Arbeitnehmer 91,158 ff., 165 der Unternehmer 91,158 ff., 165 in keynesianischer Sicht 158,161 f., 168, 179 und Inflation 180 ff. Sparfunktion 178 Substanzerhaltung 151 ff. „tradeoff" 27,51,58, 80 f. trade-off-function 40 Uberschußkapazitäten (s. freie Kapazitäten) Überschußnachfrage-Hypothese, walrasianische 46 Uberschußnachfrage-Inflationstheorie 21 f., 27, 29, 39, 43 ff., 49, 61, 147, 149 Überschußpreis-Hypothese, Marschallsche 46 Umverteilung 19,194 Unsicherheit 65,70,114,120,187 f. Unterkapitalisation 151 Unternehmenstheorie (s. Preistheorie) Unternehmerische Zielsetzung 94 f., 98, 112 ff., 118 ff., 125 Vermögensverteilung 16 Verteilungsniveau Begriff 101 ff. Bestimmung des ~ s 158 ff.

Verteilungspolitik der sozialen Gruppen (s. Einkommenspolitik) Verteilungsstruktur Begriff 101 ff. Bestimmung der ~ 140 ff. Verteilungstheorie Überblick 9,105,107 ff. und Inflation 12 ff., 104 Verteilungswirkungen der Inflation (s. Inflationswirkungen) Vollbeschäftigung als Modellannahme 10, 100, 157,159 f., 162 f., 168,173 als wirtschaftspolitische Zielsetzung 13, 76,194 Vollkostenprinzip 95,97,111,132,141 Wachstum und Einkommensverteilung 11,196 und Inflation 22 ff., 80,191 wage drift 26,73 wealth-effect (s. real-balance-effect) Wettbewerbstheorie 116 Wicksell-Effekt 11 Wicksellscher Prozeß 22,173 Wohlfahrt Begriff 12,103 f. Theorie der ~ 78 Zielsetzung (s. Unternehmerische Zielsetzung) Zins als ein Preis 37, 70,189 Fishers realer ~ 23 Zwangssparen 21,162

Personenregister

Abramovitz, M. 63, 206, 225 Achinger, H. 88,198 Ackley, G. 37, 39, 41, 43, 61, 63, 68, 90, 128,136,154,168, 198, 208 f., 227 Adams, W. 66,208 Adelman, M. A. 42,61,65,208 Aftalion, A. 21 Akerman, J. 33,53,208 Albers, W. 208 Albert, H. 86, 90,113 ff., 208 Alchian, A. A. 18, 21, 24, 27, 29, 65, 198, 209, 219 Alexis, M. 228 Allais, M. 40 Allen, B . T . 108,223 Allen, R. G. 100 Allen, W. R. 21.198,218 Allessi, L. de 209 Ando, A. 19 ff., 28 f., 32, 209 Andreae, C. A. 207, 219, 223 Andrews, P. W. S. 94 f., I l l , 114, 120 f., 126 f., 132, 198, 216 Anthony, R. N. 114,118, 209 Apel, H. 47 Archibald, G. C. 44, 209 Arndt, H. 227 Arrow, K . J . 9,63,209 Aschheim, J. 23,168,198 Atsumi, H. 209 Aujac, H. 42, 89, 209 Bach, G. L. S. 18 ff., 28 ff., 32 f., 54, 77, 79 (., 151,177,198,209 Backman, J. 47, 61, 66,69, 209 Baer, W. 151,209 Bahrdt, H. P. 204 Bailey, M. J. 61, 66, 209 Bain, J. S. 121,198 Balassa, B. 211 Ball, R. J. 22 f., 26, 28, 37, 39 f., 43,53, 61, 188, 198, 207, 210, 212, 218 f., 222 f., 224,231 Balogh, T. 39

Barback, R. H. 94,116,124,148,198 Bardel, R. L. 198 Barkai, H. 9,210 Bartels, H. 12,210 Barth, H. J. 18, 24, 90, 151,176,188,190, 198 Bartley, W. W. 113 Baumol, W. J. 78, 107, 114 f., 120, 131, 199 Beck, J . W . 21,26,210 Bell, F. W. 21, 210, 215 Bergson, A. 78 Berle, A. A. 91 f., 114,199 Bernstein, E. M. 58,76, 210, 228 Bernstein, P. L. 210 Bethmann, J. Ph. von 210 Beveridge, W. H. 54 Bhatia, R. J. 58, 210 Bidlingmaier, J. 116 Bishop, R. L. 207 Blair, J. M. 35, 47, 61,123 f., 210 Blaug, M. 9, 23, 45, 70, 86, 93,113,199 Blind, A. 9 Bliimle, G. 156,210 Blumner, S. M. 210 Boddy, F. M. 228 Bodkin, R. G. 39 f., 53, 58 Bohley, P. 47,64,119,152,199, 210 Böhm-Bawerk, E. von 97 Böhme, H. 181, 199 Bohnet, A. 88,199 Bombach, G. 16, 18, 26, 27, 33, 40, 78, 85, 93, 99, 101, 104 f., 140 f., 143, 156, 162,167,170,208, 210, 216 f. Botha, D. J. 37,199 Boulding, K. E. 55, 65, 78, 94, 114, 155 f., 170,199, 207,208, 211 f., 232 Bowen.W. G. 16, 27, 37, 40, 45, 53, 55, 57,61, 67, 199,211 Bowman, M. J. 211 Bradley, Ph. E. 207, 212, 214, 216 f., 222 Brems, H. 39 Bresciani-Turroni, C. 18, 24,199 Bridgman, P.W. 113

Personenregister Briefs, G. 227, 232 Briefs, H . W . 54,61,199 Brockie, M. D. 45,211 Bronfenbrenner, M. 16, 18, 21, 32 f., 37, 44 £., 52 ff., 59, 71, 73, 76, 78 f., 90, 93 f., 98,104, 179, 211 Brown, A. J. 23, 25 f., 28, 36, 39 f., 53, 61, 199 Brown, E. H. Phelps 28, 76,138,167, 170, 199,211 Browne, M. H. 28,170,199, 211 Brownlee, O. 37, 212 Brumberg, R. 176 Brunner, K. 40,44 Budd, E. 93, 211 Burkhead, J. 20, 26,144,212 Butters, K. 207 Cagan, Ph. 18, 24, 38, 40, 43,61, 81, 212 Calvert, St. K. 92 Cannan, E. 9,199 Carson, D. 226 Cartter, A. M. 30,212 Chamberlain, N. W. 207, 217, 225 Chamberlin, E. H. 39, 53 f., 212 Champernowne, D. C. 156 Chang, P. P. 179,212 Chiù, J. S. 92, 223 Chou, Shun-Hsin 14,199 Christenson, C. L. 55, 211 f. Clark, J. B. 86,199 Clark, J. M. 54,57, 93,151,199,212 Cleland, S. 118,212 Clemence, R. V. 222 Clower, R.W. 186,212 Coleman, J. R. 207,226 Conard, J. W. 16, 18, 28 f., 37 f., 77, 179, 212 Conrad, A. H. 212 Cooley, D. E. 92, 223 Corry, B. A. 57 Creamer, D. 29 Croome, D. 38 Cyert, R. M. 96,114f., 118,120f., 145,212 Dahrendorf, R. 90,199 Dana, S. 127,213

239 Davidson, P. 9, 62, 89, 93, 105, 135, 144, 148,156 f., 170,199, 213 Davis, R. M. 70,213 Day, R. H. 119,213 Dean, J. 128 Delivanis, D. J. 29 Denison, E. F. 11 DePodwin, H. J. 61,213 Dicks-Mireaux, L. A. 24,37, 39, 53, 57,59, 73,199, 210, 213 Dirlam, J. B. 66, 94,116 f., 123,125, 201 Diwan, R. K. 213 Dobb, M. H. 103, 213 Dobrinski, W. 95, 115, 119, 125, 128, 200 Dow, J. C. R. 24, 39, 53, 57, 73, 210, 213 Downs, A. J. 117,222 Doyle, P. 43, 207,212, 218 f., 222 ff., 231 Ducros, B. 14, 29, 207, 209, 211, 218, 220, 229 Duesenberry, J. 24, 39, 42, 81,131, 213 Dunlop, J. T. 21, 29, 54, 58, 60, 100, 200, 208,211,213,226,228 Dunning, J. H. 116,213 Eckstein, O. 57 f., 60, 61, 65 f., 74, 112, 123 f., 136,146,189,200,213 Egle, W. P. 214 Ehrlicher, W. 200,214 Eisermann, G. 90,214 Eisner, R. 189, 191, 214 Eiteman, W. J. 65,94,127,200,214 Enthoven, A. C. 39, 44,214 Eulenburg, F. 18,214 Exo, R. 180,200 Fackler, W. D. 66, 214 Fand, D. 22,24,38, 53,214 Farrell, M. D. 114,214 Fei, J. C. H. 214 Feinstein, C. H. 14 Felix, D. 24,27,214 Fellner, W. J. 37, 61, 65, 71, 76, 93, 200, 208, 214 Ferber, Ch. von 90, 214 Ferber, R. 179,214,218 Ferguson, C. E. 94,108,168,170, 214 Findlay, R. 11, 93,107 f., 214

240 Fisher, I. 22 f., 178,200 Fleming, M. 214 Florence, P. S. 91,200 Fog, B. 94,117,131, 200 Föhl.C. 33, 89, 94,108,156, 200, 207, 215 Ford, J. L. 23 Fossati, E. 110 Foxwell, H. S. 29 Francke, A. 13, 27, 200, 215 Freedman, A. M. 145,206 Frey, B. 165,215 Friedman, M. 22, 38, 40, 43, 55, 58, 61, 113,142,176, 200, 212, 215 Friedrich, H. 18,200 Friend, I. 91, 215 Frisch, H. 206, 222, 226,229 Fromm, G. J. 61, 66, 123 f., 146, 200, 213 Fukuoka, M. 99,215 Funck, R. 215 Gabriel, S. 210 Gäfgen, G. 35, 45,215 Galbraith, J. K. 39,64, 66, 82, 215 Gallaway, L. E. 24, 57, 76, 107 f., 215, 218 Garbarino, J. W. 53 Geiger, H. 181,215 Giersch, H. 40,75,215,223 Gifford, J. R. 55,59, 215 Gilbert, M. 200 Goodwin, R. M. 182,215 Gordon, R. A. 65,114,120, 216, 221 Goßman, J. 13,203 Graham, F . D . 18,24,200 Grant, J. McB. 151 f., 216 Grayson, H. 200 Green, H. A. J. 100 Griliches, Z. 186 Gruber, U. 119,133, 142, 216 Grunberg, E. 96,113, 212, 216, 220 Günthardt, W. 200 Gurley, J. G. 178 Gutenberg, E. 127 f., 184, 189 ff., 200, 216 Guthrie, G. E. 127,214 Haavelmo, T. 99,185 f., 201 Haberler, G. 24, 37, 39, 44, 56 f., 61 f., 111, 172, 201, 216

Personenregister Hagger, A. J. 37, 40 f., 112, 201, 216 Hague, D. C. 53, 94, 121, 126, 134, 207, 212, 216, 218 f., 223 f. Hahn, F. H. 216 Haldi, J. 216 Haley, B. F. 14,208 Hall, M. 116,216 Hall, R. L. 69, 94 f., 111, 119 f., 126, 128, 134, 216 Haller, H. 71, 201 Hamer, G. 30, 216, 225 Hamilton, E. J. 22, 24, 216 Hancock, K. 45 Hansen, A. H. 21, 24, 39,171, 216 Hansen, B. 22, 39, 41, 44 f., 118, 200 f. Hansmeyer, K. H. 207 Harcourt, G. C. 96,156,167,217 Harris, S. E. 18, 29,32, 39,153, 201, 215 Hart, P. E. 76, 211 Hauck, H. 201 Hayek, F. A. von 54,78, 217 Haynes, W. W. 66,217 Hazlitt, H. 44, 201 Heflebower, R. B. 94,96,119,128, 217 Heinen, E. 114,116 f., 119 f., 201, 217 Heller,W.W. 228 Helmstädter, E. 14, 79,141, 165, 167,170, 217 Hennessy, J. 24, 204 Herman, E. S. 145,206 Heuss, E. 93,137, 201,217 Hicks, J. R. 24, 36, 53, 75, 93, 100, 201, 217 Hildebrand, G. H. 52,54, 60, 217 Hines, A. G. 35, 53, 59, 217 Hitch, C. J. 69, 94 f., I l l , 119 f., 126, 128, 134, 216 Hoffmann, W. G. 207,220,225 Hofmann, W. 12, 61, 85 f., 105,201, 217 Hofsten, E. von 9 Holmes, J. M. 59 Holt, Ch. C. 217 Holzman, F. D. 14,16,18, 21, 24, 27, 32 f., 37, 39, 42, 44 f., 49, 53, 57, 59, 61, 79, 89, 132,179, 211, 218 Horwich, G. 217 Hosmalin, G. 218

Personenregister Howe, M. 122 f., 218 Hsieh, Chiang-Yao 23,168,198 Huhle, F. 180,218 Hutton, G. 201 Isaacs, A. 209 Jacoby, N. H. 77,181, 218 James, E. 19,29, 37, 68, 218 Jeck, A. 122,124, 132, 143, 148,176, 201, 218 J o h n s o n , D . W . 57,215,218 Johnson, H. G. 38, 40, 44, 59, 173, 201, 218 Johnston, J. 127,201 Jones, R. C. 122,151 f., 201 Jorgenson, D. W. 184 ff., 218 Jouvenel, B. de 201 Jüres, E. A. 90, 204 Jürgensen, H. 231 Kahn, R. F. 10,156, 200, 218 Kaldor, N. 9 ff., 14, 39, 53, 58, 65, 70, 91, 99, 105, 107 f., 121, 124, 133, 136, 143, 148, 155 ff., 161 ff., 170 ff., 190, 201, 218 Kalecki, M. 11, 39, 91, 96 f., 100,107,120, 127, 129 ff., 132, 135, 144, 158 ff., 172, 175, 201, 219 Kamerschen, D. R. 225, 232 Kaplan, A. D. H. 66, 94, 116 f., 123, 125, 201 Karnosky, D. S. 24 Katona, G. 114,177 f., 180 f., 219 Keim, W. G. 67,125,203 Keirstead, B. S. 86,116 f., 120, 202 Keiser, N. F. 207 f., 221, 226 Kemp, M. C. 219 Kennedy, C. M. 23 Kerber, W. 156,202 Kerr, C. 52,76,219 Kessel, R. A. 18,24, 27, 29, 209,219 Resting, H. 90, 204 Keynes, J. M. 18, 21 ff., 29, 39, 44, 53 f., 110, 130, 155-161, 174, 179, 182, 188, 202, 219 Kindahl, J. S. 66 Klaus, J. 14,219

241 Klein, L. R. 28, 40,168,172,184, 202, 219, 221 Knight, F. H. 70, 202 Knutson, P. H. 202 Koch, H. 217 Köhler, C. 207 Kohler, H. 231 Kolko, G. 92, 202 Konrad, A. 219 Koopmans, T. 14, 24,39,44,219 Kopiin, H. T. 64,113, 216, 219 Kowalski, L. 160,162, 167, 170, 202 Kravis, I. B. 30, 91, 215, 219 Krelle, W. 9, 11,14, 45, 73, 84, 86, 89, 91, 93 f., 105 ff., 127,133,141,144,148,159, 167,187,191,202,220 Kromphardt, J. 90,112,166, 220 Krupp, H. J. 88,220 Krüsselberg, H. G. 99,115,202 Kuenne, R. E. 110 Kuh, E. 29, 53,138,172,202 Kuhlo, K. Ch. 119,220 Kuhn, A. 53, 61, 220 Kühne, K. 220 Külp, B. 52,60, 76,135,202, 220 Kurihara, K. K. 39, 211, 231 Kuznets, S. 21, 26,30, 91, 202 Kyrk, H. 103,220 Läge, F.K. 16,202 Laidler, D. 57 Lamberton, D. M. 70,95,120,202 Lampman, R. J. 92,202 Lane, F. C. 216 Lange, O. 9,110,115,119, 220 Langholm, O. 95, 221 Lansing, J. B. 221 Lanzillotti, R. F. 66, 94,112, 116 f., 123 ff., 128 f., 152,174, 201, 208,221 Laßmann, G. 64,221 Laursen, K. 18 f., 71, 203, 221 Law, J. 23 Lecaillon, J. 222 Lee, K. S. 217 Lenz, F. 207, 220 Lerner, A. P. 27, 33, 39 ff., 43, 47, 61, 68, 78, 81, 90, 96,142,185, 188, 203, 221

242 Lester, R. A. 9 4 , 1 2 7 f., 221 Leverkus, J . Ch. 181,203 Levine, M. 4 7 , 2 0 9 Levinson, H. M. 53, 55, 58, 76, 93, 203, 221 Lewis, H. G. 55 Liefmann-Keil, E. 19, 60, 97, 203, 221 Lindauer, J. 47, 145, 203 Lindblom, Ch. E. 5 4 , 2 0 3 Linhardt, H. 221 Lipsey, R. G. 28, 3 6 , 4 0 , 57 (., 221 Little, J. M. D. 78 Liu, T . C. 179 Lomax, K. S. 221 Lubbert, J . 4 5 , 7 3 , 1 0 5 , 1 2 2 , 1 7 0 , 203 Ludeke, R. 166 Lundberg, F. 9 2 , 2 0 3 Lutz, F. A. 54, 200, 203, 2 1 6 , 2 1 9 , 2 2 1 f. Lydall, H. F. 179 Machlup, F. 27, 37, 41, 53, 61, 63, 65 (., 94 ff., 113 f., 116, 118 f., 138, 203, 216,

222

Mack, R. 39 Mansfield, E. 211 March, J . C. 114 f., 118,120 f„ 145, 212 Marchal, J . 14, 29, 70, 207, 209, 218, 220, 222, 229 Margolis, J. 65, 9 5 , 1 1 8 , 145, 222 Markham, J. W. 61, 67, 222 Markwalder, D. 121,222 Marshall, A. 46, 70, 111, 120, 211 Martin, A. von 9 0 , 2 2 2 Marx, K. 160 Mason, E. S. 54, 222 Mason, P. 152,203 Masters, S. H. 3 9 , 4 5 Mathews, R. L. 151 f., 216 Matzner, E. 8 5 , 2 2 2 Maynard, G. 2 4 , 2 0 3 Maynes, E. S. 221 McAllister, H. E. 9 McCormick, B. J . 217 McGuire, J. W. 9 5 , 1 1 3 f., 118 f., 203 McKenna, J . P. 76 McManus, G. J. 66 Meade, J . E. 93, 203, 222

Personenregister Means, G. C. 39, 41, 43, 61, 65 f., 68 f., 91 f., 1 1 4 , 1 2 4 , 1 3 8 , 1 9 9 , 203, 222 Meiselman, D. 24 Meitzer, A. H. 40, 44 Menges, G. 13,203 Mering, O. von 1 1 4 , 1 2 1 , 2 2 2 Meyer, J . R. 172 Mill, J. St. 22 f., 93, 203 Miller, R. F. 186 Mirrless, J . 156 Mises, L. von 178 Mitchell, W. C. 24 Mitra, A. 9 6 , 1 4 3 Modigliani, F. 1 1 , 1 6 4 , 1 7 6 , 227 Möller, H. 112 Monsen, R. L. 9 2 , 1 1 7 , 222 f. Morag, A. 3 2 , 2 0 3 Morgan, E. V. 223 Morgan, J. N. 223 Moroney, J . R. 108,223 Morton, W. A. 55 f., 211, 223 Mueller, E. 179,223 Mueller, M. G. 207, 221, 226 f. Muennich, F. 9 3 , 1 0 7 , 1 4 3 f., 163,203 Müller, J . H. 14,223 Mulvihill, D. F. 207, 219, 221 Myers, Ch. A. 208, 213, 219,226, 228 Natzmer, H. von 127, 223 Neil, H. E. jr. 179,223 Neild, R. R. 138 Nelson, C. L. 228 Nelson, H. S. 6 7 , 1 2 5 , 2 0 3 Nettl, J. P. 113 Neubauer, W. 9 Niehans, J . 18, 31, 3 7 , 1 0 7 f., 144,156,176, 223 Noelle-Neumann, E. 181, 223 North, D. C. 24, 223 Northrup, H. R. 207,228 Nußbaumer, A. 223 Okun, A. M. 8 1 , 2 0 3 , 2 1 1 , 2 2 3 Oliver, H. M. J . 1 1 4 , 1 1 6 , 2 2 3 Oppenländer, K. 107,170, 204 Osborne, D. 116,223 Ott, A. E. I l l , 126 f., 143, 204, 223 f., 226

Personenregister Oxenfeldt, A. R. 121,204 Ozanne, R. W. 76,224 Pagenstecher, V. 224 Pahlke, J. 229 Paish, F.W. 18, 22, 24, 39, 44, 55f., 204, 224 Paranka, S. 207, 219, 221 Parsons, T. 116,224 Pasinetti, L. L. 10,156, 160,164, 224 Patinkin, D. 9,31, 40, 44,110,175, 204 Peacock, A. T. 24,218, 224 Pedersen, J. 16,19, 39,52 f., 203,224 Pen, J. 80,224 Penrose, E. T. 114 Perlman, R. 38, 207 f., 222 f. Perry, G. L. 40,57,204 Pesek, B. P. 31, 33, 224 Petty, W. 23 Pfeifer, W. 204 Phelps, E. S. 37, 40, 42,53, 81,204, 211 Phillips, A. 231 Phillips, A.W. 40,57,224 Pierson, F. C. 207,219,226 Pigou, A. C. 165,175, 178, 224 Pipping, H. E. 103,204 Pitchford, J. D. 37, 39 ff., 43, 61, 204,224 f. Poole, K. E. 225 Popitz, H. 90,204,225 Popper, K. 113 Posselt, G. 204 Preiser, E. 9, 11, 33, 69 f., 79, 84 f., 91, 93, 97 f., 106, 108, 119, 122 f., 132 f., 139, 143, 159, 162, 165, 170, 190, 195, 204, 225 Quandt, R. E. 18 f., 27, 32, 47, 60 f., 66 f., 71, 75,180, 191, 205 Raabe, K.-H. 210, 225 Rakshit, M. K. 225 Ramser, H.-J. 58,166 Ranis, G. 211 Rasmussen, P. N. 29 Reder, M . W . 29, 50, 54f., 59, 78f., 84, 106,135,165,167,225 Rees, A. E. 19, 29,55, 225 f.

243 Reynolds, L. G. 45,53,55,59,226 Riach, P. A. 166 Ricardo, D. 9 f. Richardson, J. H. 75,226 Richter, H.-W. 30, 216 Richter, P. 13,204 Riemersma, J. C. 216 Rieter, H. 38, 204 Ringer, F. K. 18 Ripley, F. C. 58, 226 Ritter, L. S. 38, 226 Ritzmann, F. 121,162,165,204 Robertson, D. J. 20,205 Robinson, J. 10 f., 18, 44, 86 f., 89, 93,107, 117, 120, 122, 156, 160 f., 164, 170,187, 205, 226 Röpke, W. 54 Rose, K. 64,120, 205, 226 Ross, A. M. 52, 205 Rothschild, K. W. 30, 62, 69, 71, 91, 98, 143,164 f., 167,171,205,226 f. Rousseas, St.W. 212,229 Rowan, R. L. 207, 228 Ruggles, R. 29, 47, 227 Rüschemeyer, D. 224 Rüstow, H.-J. 94,108,227 Ryan, W. J. L. 24,224 Rydenfeldt, S. 55 Salant, W. S. 22 Samuels, J. M. 136,227 Samuelson, P. A. 27, 40, 53, 81, 114, 157, 164,175, 207, 212, 219, 227 f. Sato, K. 227 Sau, R. K. 227 Sauermann, H. 119,223,227 Saunders, P. 207 Say, J. B. 70 Scitovsky, A. A. 19,28, 44, 81,227 Scitovsky, T. 9, 11, 19, 28, 44, 64, 78, 81, 89,96,100,105,112,138,175,227 Sebba, G. 227 Segal, M. 55, 227 Seiden, R. T. 40,43,45, 61, 66,213,227 Selten, R. 119,227 Sen, A. K. 167 f., 182,228 Sen Gupta, A. K. 58, 228

Personenregister

244 Shackle, G. L. S. 79,228 Shaw, E.S. 178 Shinohara, M. 182,228 Shultz, G. P. 226 Silberston, A. 95, 228 Simkin, G. G. F. 56,172,228 Simon, H. A. 114, 118,120, 205, 228 Simons, H. 54 Simonsen, M. H. 151,209 Singer, H . W . 54 Skidmore, F. 207 Siesinger, R. A. 209 Slichter, S. H. 27, 39, 52 ff., 75, 77 f., 151, 181, 205, 228 Smith, A. D. 224 Smith, E. O. 217 Smith, J. D. 92 Smith, W . L . 227 Smithies, A. 13, 24, 39,44, 80, 207, 228 Smyth, D. J. 59,136,217,223,227 Sobotka, St. P. 228 Soffer, B. 35,228 Soligo, R. 81,228 Solow, R. M. 27, 30, 40, 53, 58, 81, 93, 96, 167,175, 227,229 Spengler, J. J. 218 Spiethoff, A. 15 Spilker, H. 210 Spivey, W. A. 207,212,232 Suits, D. B. 141,178 f., 229 Sweezy, P. 69 Sylos-Labini, P. 66, 95,119 ff., 131, 205 Schebeck, F. 229 Scheele, E. 9, 11 ff., 84, 105, 107 f., 126, 129, 133, 143, 148, 156, 163, 172, 195, 205, 229 Schelsky, H. 90, 229 Scherf, H. 28,32,37,42,142,205, 229 Scherhorn, G. 207 Schilcher, R. 16,18,21,41,135, 229 Schleicher, H. 86,93,230 Schlesinger, J. R. 230 Schmidt, W. P. 205 Schmidt-Sudhoff, U. 116, 205 Schmitt-Rink, G. 114,119,166, 230 Schmölders, G. 79

Schneider, E. 85, 95, 114,156, 205 ff., 210, 221,224, 226, 230 f. Schuller, G. J. 26,30,230 Schultz, P . T . 28,230 Schultze, Ch. L. 11, 37, 39 ff., 44, 58, 68, 75,205, 230 Schumpeter, J. A. 21,53,64, 84, 230 Schuster, E. 230 Stark, T. 23 Starleaf, D. R. 209, 220 Stavenhagen, G. 71, 230 Stehle, Th. 13,205 Steuer, M. D. 28, 58, 221 Stigler, G. J. 9, 61, 66, 69, 85 f., 99, 126, 205, 208, 230 Stiglitz, J. E. 96, 167, 218, 229 Stiller, E. 215 Stobbe, A. 12 f., 46, 84, 89, 91, 105, 108, 124, 126, 133, 140, 143, 164, 166, 195, 205, 230 Streeten, P. 39,121, 230 Streissler, E. 216,230 Strotz, R. H. 189,214 Tarshis, L. 29 Taylor, G . W . 207,219,226 Teigen, R. L. 227 Thalberg, B. 167,231 Theil, H. 100 Theilacker, E. 153,205 Thorp, W. L. 18 f., 27, 32, 47, 60 f., 66 f., 71, 75, 180,191, 205 Timm, H. 181,231 Tinbergen, J. 119,172 Tinsley, P. A. 128,131,206 Titmuss, R. M. 30, 206 Tobin, J. 81,167,170,186,231 Tsiang, S. C. 29 Tucker, Sp. A. 67,123 f., 206 Turner, H. A. 35,231 Turner, M. S. 156,170,231 Turvey, R. 24, 39 ff., 44, 231 Tyrni, I. 231 Ulman, L. 55, 231 Uzawa, H. 218

245

Personenregister Vibe-Pedersen, J. 163,172,183, 206, 231 Vickrey, W. 231 Voigt, F. 218 Waechter, H. 116 Wäldchen, P. 181,206 Wallich, H. C. 231 Walras, L. 46 Walters, A . A . 127,231 Warburton, C. 22,56, 231 Weber, B. 138,211 Weber, M. 34, 206 Weiner, L. 11 Weintraub, S. 30, 39, 53, 70, 89, 91, 94,96, 108,131,142,146 f., 170,176, 206, 231 f. Weiss, L.W. 55,232 Wellisz, S. 232 Wells, P. 214 Werner, J. 232 Weston, J. F. 70,232 White, C . M . 116,232 Whittlesey, C. R. 145, 206 Wickseil, K. 21 ff., 43,60,142,173 Wieken, K. 181, 203 Wieser, F. von 21 Wiles, P. 127,232

Wilk, L. A. 152,206 Williamson, J. 132,232 Williamson, O. E. 114,116, 206,231 Willms, M. 232 Wilson, Ch. Z. 228 Wilson, T. A. 44, 47, 57 f., 61, 68, 206, 213, 216 Witte, J. G. jr. 185 f., 232 Wolff, P. de 200 Wolfson, Th. 207 Wootton, B. 35, 80, 206 Wright, D. McC. 55, 90, 206 f., 211 f., 215 f., 232 Yance, J.V. 57,232 Yohe, W. I. 24 Yordon,W. J. jr. 67,232 Zarnowitz, V. 85, 206,232 Zawadzki, K. K. F. 42 f., 206 Zebot, C. A. 37,61,77,232 Zeitel, G. 229 Ziercke, M. 31 Zöllner, D. 232 Zweig, G. 33,180, 215, 232 Zwiedineck-Südenhorst, O. von 21, 232 f.

Beiträge zur Geldlehre Herausgegeben von Rudolf Schilcher Obwohl das Interesse der ökonomischen Forschung an monetären Fragen und damit die Bedeutung der Geldlehre innerhalb der gesamten Ökonomik in den letzten fünfzig Jahren deutlichen Schwankungen unterlag, hat sich im Ganzen eine beträchtliche Entwicklung vollzogen, bei der allerdings viele Einzelfragen ungelöst blieben. Um dieser Entfaltung der Geldlehre Stärke und Dauer zu geben, ist aber auch die Erforschung der zahlreichen noch offenen Spezialprobleme erforderlich. Zudem bedarf es der Sicherung neuer geldwirtschaftlicher Erkenntnisse durch ihre Verzahnung mit den wissenschaftlichen Nachbargebieten, zum Beispiel der Finanztheorie. Die vorliegende Reihe soll Beiträge zur Bewältigung dieser Aufgaben liefern.

Die Kursbildung auf dem Devisenmarkt und die Devisenterminpolitik der Zentralbanken Von Manfred Neidner. Groß-Oktav. Mit 16 Abbildungen und 6 Tabellen. 181 Seiten. 1970. Gebunden D M 44,-. ISBN 3 11 000860 2 Einige Zentralbanken der führenden Industrieländer des Westens haben seit etwa 10 Jahren der Swapsatz- bzw. Devisenterminpolitik einen wichtigen Platz in ihrem geldpolitischen Instrumentarium eingeräumt. Der Verfasser hat sich deshalb die Aufgabe gestellt, die Möglichkeiten aufzuzeigen, die der Geldpolitik durch dieses verhältnismäßig junge Instrument erschlossen werden.

Lieferantenkredit und Geldpolitik Von Vincenz Timmermann. Groß-Oktav. 123 Seiten. 1971. Gebunden D M 44,-. ISBN 3 11 003559 6 Der Autor betrachtet den bisher in Deutschland ausschließlich aus betriebswirtschaftlicher Sicht untersuchten Lieferantenkredit erstmals unter volkswirtschaftlichem Aspekt. Sein theoretischer Standort wird durch die Überlegung bestimmt, daß durch den Lieferantenkredit auch die nicht-monetären Unternehmen zu intermediären Finanzierungsinstituten und damit zu einem Element des volkswirtschaftlichen Geldsystems werden. Im Vordergrund der Untersuchung steht die Frage nach der geldpolitischen Rolle des Lieferantenkredits. Dabei prüft der Verfasser vor allem das Problem, ob systematische Veränderungen des zahlenmäßig so bedeutenden, statistisch aber nirgendwo erfaßten Kredittyps der offiziellen Geldpolitik der Zentralbank entgegenwirken, und versucht anhand empirischer Ergebnisse für die Aktiengesellschaften unterschiedlicher Größe und verschiedener Wirtschaftsbereiche in der BRD eine Antwort auf die weithin akzeptierte These von der aktiven, geldpolitisch störenden Kreditpolitik der Unternehmen zu geben.

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Steuerbedarf und Geldpolitik in der wachsenden Wirtschaft Von Jürgen Pahlke. Groß-Oktav. 154 Seiten. 1970. Gebunden D M 32,-. ISBN 3 11 000859 9 Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Frage, ob und in welchem Umfange es ohne Gefährdung der Geldwertstabilität möglich ist, den Staat ständig durch Geldschöpfung zu finanzieren und auf Steuern zu verzichten. Ausgehend vom derzeitigen Geldsystem der Bundesrepublik beschreibt der Verfasser Maßnahmen einer Geldreform, die für die „wachstumskonforme" Ausweitung des Geldvolumens in der wachsenden Wirtschaft eine Geldschöpfung zugunsten des Staates erfordern.

Die gegenwärtige Inflationstheorie und ihre Ansätze im Werk von Thomas Tooke Von Heinz Rieter. Groß-Oktav. Etwa 380 Seiten. 1971. Gebunden etwa D M 96,-. ISBN 3 11 001958 2 Die Theorie der Inflation hat in den letzten 15 Jahren einen großen Sprung nach vorn getan. Zahlreiche und vielseitige Untersuchungen über die Ursachen, Abläufe und Wirkungen inflatorischer Prozesse haben die Orientierung zunehmend erschwert. Mit der vorliegenden Arbeit wird versucht, eine gedrängte, aber dennoch vollständige Übersicht über den derzeitigen Stand der Inflationstheorie zu geben. Darüber hinaus liefert der Autor einen speziellen Beitrag zur inflationstheoretischen Diskussion, indem er prüft, inwieweit die Ansätze der gegenwärtigen Theorie der Inflationsursachen bereits im Werk des englischen Banking-Theoretikers Thomas Tooke vorgebildet sind.

Wechselkurs und Leistungsbilanz Von Klaus-Dieter Jacob. Groß-Oktav. Etwa 192 Seiten. 1971. Gebunden etwa D M 48,-. ISBN 3 11 003551 0 Der Autor befaßt sich mit den von einer einmaligen Wechselkursänderung ausgehenden Wirkungen auf den Saldo der Leistungsbilanz, der wichtigsten Teilbilanz der Zahlungsbilanz. Anhand mehrerer Modelle werden verschiedene wediselkursinduzierte Effekte aufgezeigt und die Bedingungen einer normalen Leistungsbilanzreaktion formuliert. Nach einer kritischen Darstellung von „Elasticities - Approach" und „Income-Absorption - Approach" werden die Versuche einer Synthese dieser unterschiedlichen Ansätze behandelt. Besondere Betonung erfahren u. a. jene Modelle, die explizit auch die Geldmenge (nominal und real) berücksichtigen.

Walter de Gruyter • Berlin • New York

Weitere Literatur zur Volkswirtschaft Geschichte der Volkswirtschaftslehre Von Siegfried Wendt. 2., neubearbeitete Auflage. 184 Seiten. 1968. D M 5,80. ISBN 3 11 006279 8 (Sammlung Göschen Band 1194/1194a)

Allgemeine Volkswirtschaftslehre Von Andreas Paulsen. 4 Bände. 5.-9. Auflage 1967/70. Band 1 und 4 je D M 3,60; Band 2 und 3 je D M 5,80. ISBN 3 11 002768 2, 3 11 002769 0, 3 11 002770 4, 3 11 002771 2 (Sammlung Göschen Band 1169,1170/1170a, 1171/1171 a, 1172) Die Bände enthalten: I: Grundlegung • Wirtschaftskreislauf - II: Haushalte • Unternehmungen • Marktformen - III: Produktionsfaktoren - IV: Gesamtbeschäftigung • Konjunkturen • Wachstum.

Übungsaufgaben mit Lösungen zu Andreas Paulsen, Allgemeine Volkswirtschaftslehre I/II und III/IV Von Wilhelm Wedig. 2., erg. Auflage. 199 Seiten. 1969. - 240 Seiten. 1969. J e D M 5,80. ISBN 3 11 002783 6, 3 11 002792 5 (Sammlung Göschen Band 1227/1227 a, 1240/1240 a)

Allgemeine Volkswirtschaftspolitik Von Hans Ohm. 2 Bände. 2./3. Auflage. Band 1 D M 3,60; Band 2 D M 5,80. ISBN 3 11 002775 5 , 3 11 002776 3 (Sammlung Göschen Band 1195,1196/1196a) Die Bände enthalten: I: Systematisch-theoretische Grundlegung - II: Der volkswirtschaftliche Gesamtorganismus als Objekt der Wirtschaftspolitik.

Finanzwissenschaft Von Heinz Kolms. 4 Bände. 1./3. Auflage. 1964/67. Band 1/2 je D M 3,60; Band 3/4 je D M 5,80. ISBN 3 11 006087 6 , 3 11 006118 X , 3 11 006179 1 , 3 11 006181 3 (Sammlung Göschen Band 148, 391, 776/776a, 782/782a) Aus dem Inhalt der Bände: I: Grundlegung • öffentliche Ausgaben - II: Erwerbseinkünfte • Gebühren und Beiträge • Allgemeine Steuerlehre - III: Besondere Steuerlehre (Einkommensteuern, Vermögenssteuern, Erbschaftssteuern, Zuwachssteuern, Verkehrssteuern, Ertragssteuern, Verbrauchssteuern und Zölle, Kommunale Aufwandsteuern) IV: öffentlicher Kredit • öffentlicher Haushalt • Finanzausgleich.

Genossenschaftswesen Von Reinhard Schultz. 219 Seiten. 1970. D M 5,80. ISBN 3 11 002799 2 (Sammlung Göschen Band 1249/1249 a) Aus dem Inhalt: Grundlegung - Historische Entwicklung und heutige wirtschaftliche Bedeutung der Genossenschaften - ökonomischer und rechtlicher Aufbau der Genossenschaft - Die Genossenschaften in der Dynamik der Wettbewerbswirtschaft - Genossenschaften und Wirtschaftsordnung - Literaturverzeichnis - Register

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