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German Pages 205 [254] Year 2022
E-Auto für Dummies
Schummelseite DIE VOR- UND NACHTEILE VON E-AUTOS Die Frage, was die Vor- und Nachteile von Elektroautos sind, sprich: was sie von herkömmlichen Verbrennerfahrzeugen unterscheidet, zieht sich durch das ganze Buch. Die folgende Liste soll aber schon einmal einen Überblick geben – und natürlich zum Weiterlesen animieren. Denn die Details dazu gibt es später. + Steuerersparnisse + Kaufprämien + Eventuell Versicherungsbonus + Niedrigere Energiekosten + Geringere Wartungskosten + Umweltfreundlicher als Verbrennungstechnik + Kaum lokale Emissionen + Geringere Geräuschbelastung + Energierückgewinnung + Kein Kleckern beim »Tanken« + Laden zu Hause möglich + Kostenlose Ladepunkte zum Beispiel an Supermärkten und Hotels + Kostenloses Parken in manchen Städten + Hohes Drehmoment ab Start + Oft üppige Ausstattung + Trendsetter-Image - Oft noch höherer Anschaffungspreis - Noch geringe Modellauswahl - Überschaubarer Gebrauchtwagenmarkt - Ungewisser Wertverlust in der Zukunft
- Stellplatz mit Lademöglichkeit empfehlenswert - Geringere Reichweite, häufigere Ladestopps - Lange Ladezeiten - Häufige Suche nach freien, günstigen Ladestationen - Tarifwirrwarr und hohe Preisschwankungen bei öffentlichen Ladestationen - Komplizierte und zeitaufwendige Aktivierung von Ladesäulen - Defekte Ladesäulen - Mehr Weg- und Zeitplanung erforderlich - Heizung verringert Reichweite
WICHTIGE ABKÜRZUNGEN UND BEGRIFFE AC
Wechselstrom (englisch Alternating Current)
AVAS
Künstliches Warngeräusch für E-Autos, seit 2021 verpflichtend für Geschwindigkeiten bis 20 km/h (englisch Acoustic Vehicle Alerting System)
ASM
Asynchronmotor (Elektromotor)
Bafa
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (www.bafa.de). Behörde für die Beantragung von Umweltboni beim Kauf von E-, Wasserstoff-Autos sowie Plug-in-Hybriden
BEV
Vollelektrisches Auto mit Akku (englisch Battery Electric Vehicle)
BMS
Batterie-Management-System. Sorgt dafür, dass der Akku beim Laden und Entladen keinen Schaden nimmt, zum Beispiel durch zu hohe Temperaturen beim Schnellladen.
CCS
Ladestandard für Gleichstrom in Kombination mit Typ-1(Combo 1) oder Typ-2-Stecker (Combo 2) (englisch Combined Charging System)
Chademo Vor allem in Asien verbreiteter Ladestandard für Gleichstrom (CHArge DE MOve) DC
Gleichstrom (englisch Direct Current)
DOD
maximale Entladungstiefe des Akkus (englisch Depth Of Discharge)
EV1
Electric Vehicle One. Ein von General Motors 1996 bis 1999 gebautes Elektroauto zur Einhaltung der damals strengen Umweltschutzgesetze in Kalifornien.
FI
Fehlerstrom-Schutzschalter. F steht für Fehler und I für das Formelzeichen der elektrischen Stromstärke. Gleichbedeutend mit RCCB. Schützt Menschen vor lebensgefährlichen elektrischen Schlägen.
FSM
Fremderregter Synchronmotor (Elektromotor)
HPC
Ultraschnellladesäulen mit Leistungen von bis zu 350 Kilowatt (englisch High-Power-Charger)
IFEU
Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu
KfW
Kreditanstalt für Wiederaufbau (zuständig für Zuschüsse für private Wallboxen)
km
Kilometer
kW
Kilowatt, elektrische Leistung = 1000 Watt
kWh
Kilowattstunde, Maßeinheit der Energie = 1000 Wh. Bei EAutos zum Beispiel die Lademenge beziehungsweise Kapazität eines Akkus oder die benötigte Menge Strom für x Kilometer Strecke
LMS
Lastmanagementsystem für mehrere Ladepunkte. Die Software sorgt dafür, dass die Gesamtleistung einer oder mehrerer Ladestationen möglichst intelligent auf die Fahrzeuge verteilt wird, die gerade laden.
NEFZ
Neuen Europäischen Fahrzyklus (englisch: New European Driving Cycle (NEDC)), veraltete Richtlinie zur Messung von Fahrzeugverbräuchen und -emissionen
NiCd
Nickel-Cadmium(-Akku)
NiMH
Nickel-Metallhydrid(-Akku)
PEV
Vollektrisches Auto mit Akku (englisch Pure Electric Vehicle), gleichbedeutend mit BEV
PHEV
Hybrid mit von außen aufladbarem Akku (englisch Plugin Hybrid Electric Vehicle)
POI
Interessante Stellen in digitalen Karten (englisch Points of Interest). In Navigationssystemen lassen sich solche Stellen mit
separaten Dateien nachladen – zum Beispiel Informationen zu Ladesäulen PSM
Permanenterregter Synchronmotor (Elektromotor)
PV
Photovoltaik, mittels Solarzellen wird Lichtenergie in elektrische Energie umgewandelt
RCCB
Neue Bezeichnung für Fehlerstrom-Schutzschalter (englisch: Residual Current operated Circuit-Breaker). Siehe FI.
RE
Reichweitenerweiterer (englisch Range Extender), dabei lädt eine zusätzliche Energiequelle (zum Beispiel eine Brennstoffzelle oder ein Benzinmotor) den Akku während der Fahrt kontinuierlich nach.
RFID
Identifikation per elektromagnetischer Wellen, zum Beispiel mittels Chip in Ladekarten (englisch Radio-Frequency Identification)
SUC
Super-Charger, Schnellladestation von Tesla
SOC
Derzeitiger Ladezustand eines Akkus (englisch State Of Charge)
SOH
Nutzungs- und altersbedingter Kapazitätszustand eines Akkus (englisch State Of Health)
TCO
Gesamtkosten des Fahrzeugbetriebs (englisch Total Cost Of Ownership), dazu zählen Kaufpreis, Wertverlust, Fördergelder, Versicherung, Steuerersparnisse, Energie-, Verschleiß-, Reparatur- und Wartungskosten.
WLTP
Reichweitenzyklus, nach dem die Hersteller die Daten für ihre Fahrzeuge zu berechnen haben (englisch Worldwide harmonized Light-duty vehicles Test Procedure), seit 2008, hat NEFZ-Zyklus abgelöst
Ein E-Auto kaufen für Dummies Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 1. Auflage 2022 © 2022 Wiley-VCH GmbH, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This book published by arrangement with John Wiley and Sons, Inc. Alle Rechte vorbehalten inklusive des Rechtes auf Reproduktion im Ganzen oder in Teilen und in jeglicher Form. Dieses Buch wird mit Genehmigung von John Wiley and Sons, Inc. publiziert. Wiley, the Wiley logo, Für Dummies, the Dummies Man logo, and related trademarks and trade dress are trademarks or registered trademarks of John Wiley & Sons, Inc. and/or its affiliates, in the United States and other countries. Used by permission. Wiley, die Bezeichnung »Für Dummies«, das Dummies-MannLogo und darauf bezogene Gestaltungen sind Marken oder eingetragene Marken von John Wiley & Sons, Inc., USA, Deutschland und in anderen Ländern. Das vorliegende Werk wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren und Verlag für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisen und Ratschlägen sowie eventuelle Druckfehler keine Haftung. Coverfoto: Alexander Limbach – stock.adobe.com Korrektur: Daniela König, Petra Heubach-Erdmann Bearbeitung Illustrationen: Anneke Helene Silberstein Print ISBN: 978-3-527-71951-8 ePub ISBN: 978-3-527-83762-5
Inhaltsverzeichnis Cover Titelblatt Impressum Einführung Über dieses Buch Konventionen in diesem Buch Was Sie nicht lesen müssen Törichte Annahmen über den Leser Wie dieses Buch aufgebaut ist Symbole, die in diesem Buch verwendet werden Wie es weitergeht
Teil I: Rund ums E-Auto-Kaufen Kapitel 1: Gründe für den Kauf eines Elektroautos Umweltschonender, leiser und schnell Aber auch problematisch auf Langstrecken
Kapitel 2: Auf der Suche nach dem passenden Modell Die Reichweite Die Geschwindigkeit Die Lademöglichkeiten Der Raumbedarf Für den Urlaub Die Anhängerkupplung, das Cabriodach Die Kosten Die endgültige Entscheidung
Kapitel 3: Doch besser einen Plug-in-Hybrid kaufen? Alle Vorteile, aber auch Nachteile aus beiden Welten
Die Vorteile und Nachteile im Einzelnen
Kapitel 4: Der Staat gibt Geld dazu Diese Fördergelder gibt es Fördergelder werden ausschließlich online beantragt Auch für die private Wallbox gibt es Geld Das Finanzamt gewährt zusätzlichen Nachlass
Kapitel 5: Was sonst noch wichtig ist Kaufen, leasen oder Akku mieten? E-Kennzeichen gewährt Sonderrechte Wärmepumpe ist wärmstens zu empfehlen
Teil II: Rund um die Technik Kapitel 6: Was Elektroautos ausmacht Hybride – der Kompromiss zwischen alt und neu Wasserstoffautos sind mit E-Autos verwandt
Kapitel 7: Starkes Duo: E-Motor und Lithium-IonenAkku Im Elektromotor geht es rund Lithium-Ionen-Akkus, die Energiesammler Ein Jungbrunnen für den Akku
Teil III: Rund ums Laden Kapitel 8: Strom, die unsichtbare Energie Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom Spannung, Stromstärke und Leistung Es gibt vier standardisierte Stecker Die Ladedauer hängt von vielen Faktoren ab Ladesäulen gibt es an fast allen (versteckten) Ecken
Kapitel 9: Rendezvous mit einer öffentlichen Ladesäule Der Ladevorgang startet wie von allein
Kapitel 10: Problemlösungen für den Ladealltag Strom gibt es nur mit der richtigen Karte oder App
Falls die Ladesäule von anderen Autos blockiert ist Wenn Ladestationen Ladehemmungen haben Abbruch aller Kabelkontakte gewünscht Ladekabel bleiben gern mal ungewollt stecken Warum lädt der Akku auf langen Strecken immer langsamer? Supercharger laden (noch) ausschließlich Tesla-Autos
Kapitel 11: Ladestationen für zu Hause Dauersaugen an der Schuko-Steckdose? Lieber nicht! Höchstleistungen sind zu Hause nicht erforderlich Schnelllader für daheim: möglich, aber kaum sinnvoll Auch erhältlich: Wallbox to go Ladekabel sollen keine Stolperfallen für Fußgänger sein Gesetzlich verankert: das Recht auf eine Wallbox Auch möglich: Laden ohne Kabelgewirr Photovoltaik ist die beste Freundin des E-Autos Auto-Akku kann auch das Haus mitversorgen
Kapitel 12: Ein bisschen Pflege tut dem Akku gut Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen Auch Akkus müssen das Balancieren trainieren Notiz
Teil IV: Rund ums Fahren Kapitel 13: Es geht los: Das E-Auto kommt ins Rollen Auf den richtigen Fahrmodus kommt es an Handschaltung ist beim Eingang-Getriebe überflüssig
Kapitel 14: Wenn aus Bewegung wieder Strom im Akku wird Bei der Rekuperation fließt Energie in die Gegenrichtung Für E-Autos brauchen Sie nur noch einen Fuß
Kapitel 15: Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff
Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da Auch die Alpen können Strom speichern Auto-Anhänger fressen Energie Warum E-Fahrer den Winter nicht mögen So hat das Auto mehr vom Strom im Akku Windschattenfahren spart vor allem Sicherheit Notiz
Kapitel 16: So fährt man möglichst weit und kommt schnell an Wenn der Computer die Reichweite über den Daumen peilt Am schnellsten von A über B und C nach D
Kapitel 17: Jetzt nur nichts kaputt machen Bremsscheiben dürfen nicht einrosten Akkus mögen keine Sprints am Wintermorgen E-Autos wollen nicht abgeschleppt werden
Teil V: Rund um Fakten und Mythen Kapitel 18: Ökobilanz jetzt schon besser als von Spritschluckern E-Autos sind in der Ökobetrachtung das kleinere Übel Sind die Akkus später Sondermüll? Anmerkungen
Kapitel 19: E-Autos haben ein schlechtes SozialImage Lieferwege von Kobalt sind schwer nachzuvollziehen Lithium-Abbau geht auch sozialverträglich Elektromobilität verändert den Arbeitsmarkt E-Autos sind viel zu teuer? Anmerkungen
Kapitel 20: Für technische Probleme gibt es schon Lösungen Die Zahl der Ladestationen steigt kontinuierlich Stromnetze werden mitwachsen müssen
E-Autos brennen nicht häufiger und lassen sich löschen Brennstoffzelle hat im PKW keine Vorteile Warum gibt es immer noch keine E-Autos mit Wechselakkus? Bisher ist noch kein E-Auto-Fahrer im Stau erfroren Anmerkungen
Teil VI: Der Top-Ten-Teil Kapitel 21: Dreimal zehn Hilfen rund um das E-Auto Smartphone-Apps helfen beim Suchen und Finden Diese zehn Internetseiten elektrisieren Weitere zehn digitale Schätze
Abbildungsverzeichnis Stichwortverzeichnis End User License Agreement
Illustrationsverzeichnis Kapitel 1 Abbildung 1.1: Tesla-Chef Elon Musk.
Kapitel 2 Abbildung 2.1: Fahrzeuge wie der Smart Fortwo – hier eine Designstu...
Kapitel 3 Abbildung 3.1: Der Lohner-Porsche Mixte von 1899 war der erste Hybr...
Kapitel 5 Abbildung 5.1: So funktioniert eine Wärmepumpe.
Kapitel 6 Abbildung 6.1: Der BMW i8 von 2013 ist ein Plug-in-Hybrid, und zwar... Abbildung 6.2: Aufbau eines Autos mit Brennstoffzelle.
Kapitel 7 Abbildung 7.1: Das Funktionsprinzip eines GleichstromElektromotors. Der Wechsel ... Abbildung 7.2: Elektromotor der Zulieferfirma Aisin mit Übersetzung... Abbildung 7.3: Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus. Abbildung 7.4: Beim Fahren, also beim Entladen des Akkus, wird chemisch gespeiche... Abbildung 7.5: Beim Aufladen des Akkus wird aus elektrischer Energie wieder chemi...
Kapitel 8 Abbildung 8.1: Die vier gängigsten Steckervarianten.
Kapitel 9 Abbildung 9.1: Der Trend geht zu Ladeparks wie diesen von Fastned, ...
Kapitel 10 Abbildung 10.1: Was tun, wenn das Auto den Ladestecker nicht wiede... Abbildung 10.2: Supercharger der Firma Tesla bei Rhüden an der A7....
Kapitel 11 Abbildung 11.1: So berechnen Sie die nötige Leistung Ihrer Wallbox. Abbildung 11.2: Auch wenn es harmlos erscheint: Kommunen geben in ... Abbildung 11.3: Beim Induktionsladen müssen die Spulen nach dem Pa... Abbildung 11.4: Die Ladebox des Vereins IFEU und der dazu gehörige...
Kapitel 12 Abbildung 12.1: Nach etlichen Ladezyklen können die Akkuzellen unterschiedlich st...
Kapitel 15 Abbildung 15.1: Schon der EV1, den Generel Motors von 1996 bis 199...
Kapitel 18 Abbildung 18.1: Wenn man schon Vergleiche zwischen den verschiedenen Antriebssyst...
Kapitel 19 Abbildung 19.1: Das Lithium-Dreieck (»The Lithium Triangle«) erstr...
Kapitel 20 Abbildung 20.1: Eine ehemalige Akkuwechselstation von Better Place...
Einführung Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich dazu kam, das erste Mal in einem Elektroauto zu sitzen: Es war eher zufällig und hatte mit Losglück zu tun. Eigentlich wollte ich 2013 bei einem Internetgewinnspiel einen Gasgrill gewinnen und gab meine Daten ein. Doch statt des zweiten Preises hatte ich das Hauptlos gezogen: einen Wochenendtrip für zwei Personen nach München inklusive Hotel, zwei opulente Abendessen und Besuch der BMWWelt. Ach ja, ganz nebenbei: Uns wurde für die drei Tage auch kostenlos ein Auto zur Verfügung gestellt, ein elektrischer BMW »ActiveE«. Das Modell gab es nicht zu kaufen, sondern nur über die BMWCarsharing-Flotte in Berlin, München und den USA zu leihen. Die übliche 1er-Coupé-Karosse hatte die Technik des wenige Monate später präsentierten BMW i3. Es war das erste Mal, dass ich ein E-Auto fuhr – und mir blieb die Spucke weg. Diese Beschleunigung, diese Lautlosigkeit! Für die Zeitung, für die ich sonst über Lokales und Regionales berichte, schrieb ich spontan einen Autotestbericht, den ersten in meinem Leben: »Kaum zu glauben, dass man damit so manchen Sportwagen mit konventionellem Antrieb an der Ampel stehen lässt – lieben Gruß an den Camaro-Fahrer von der Leopoldstraße! Das funktioniert zumindest an einer Lichtzeichenanlage gut, weil das Drehmoment aus dem Stand ohne Schaltpausen zur Verfügung steht, während ein V8 erst auf Drehzahl kommen muss. Auf der Autobahn verpufft der Vorteil allerdings. Die Schnellstraße ist aber auch gar nicht das Ziel, sondern die Stadt. Staunende Blicke zieht der Wagen dort auf sich, weil er für die Ohren so unspektakulär ist: extrem leise. Fast übertönen die Reifengeräusche das Motorensäuseln, das an eine U-Bahn erinnert. Und zwar beim Be- genauso wie beim Entschleunigen. Das ist überhaupt der Clou: Wer das
Gas- … Verzeihung, Strompedal komplett lockerlässt, merkt, dass das Vehikel fast genauso stark verzögert, wie es beschleunigt. Ungeübte kommen stets zehn Meter vor der Kreuzung zum Stehen. Der Grund: Motorbremse bedeutet Energierückgewinnung. Statt eines – zugegebenermaßen – überflüssigen Drehzahlmessers prangt im Cockpit eine Batterieanzeige. Nadel rechts bedeutet Verbrauch, links Aufladung. Gewöhnungsbedürftig? Nein, sehr praktisch! Man lernt schnell, nur noch mit dem rechten Pedal zu jonglieren. Das Bremspedal verkümmert zum Sicherheitspfand für Überraschungen. Und fürs Halten am Hang. Überhaupt: Autofahren wird wieder einfacher. Kupplung, Schaltung? Nicht vorhanden. Der Hebel aus der Automatikgetriebewelt in der rechten Hand kennt nur noch drei Zustände: vorwärts, rückwärts, parken. Die Bedienung des Navigationsdisplays ist komplizierter.« Ich glaube, ich muss nichts ergänzen, was meine damalige Begeisterung unterstreichen könnte. Die Sätze treffen auch heute noch auf jedes E-Auto zu. Für mich stand damals jedenfalls fest: Irgendwann wird der Umstieg zum E-Auto erfolgen – fünf Jahre später war es bei mir soweit. Der Hunger nach dem Fahrzeug war gestillt, mein Wissensdurst aber nicht. Das Problem: Das meiste, das ich an Informationen auf Internetseiten und auf YouTube fand, war unvollständig, voller Widersprüche und obendrein mit Vorurteilen und Falschinformationen verwoben. Ich hatte lange Zeit so viele Fragezeichen über dem Kopf wie Sie jetzt vermutlich – noch. So kam ich auf die Idee, die Antworten zu sammeln und auf ihren technischen und wissenschaftlichen Inhalt prüfen zu lassen. Sie halten das dabei entstandene Buch gerade in den Händen. Es macht Ihnen die Entscheidung, ob und wann Sie sich ein E-Auto zulegen sollten, leichter. Ich möchte Ihnen auch das nötige
Wissen für das Fahren, Laden, Pflegen und Glücklichsein an die Hand geben. In diesem Sinne wünsche ich eine gute Reise und stets eine Rest-Kilowattstunde Strom im Akku!
Über dieses Buch Dieses neue Buch, Ein E-Auto kaufen für Dummies gibt einen Überblick über das Gebiet der E-Mobilität. Einsteiger sollen so schnell wie möglich und ohne Vorwissen mit einem E-Auto starten können. Und wenn Sie noch keinen Stromer vor der Tür stehen haben, dann gibt Ihnen dieses Buch die nötigen Tipps für Kauf oder Leasing eines solchen Wagens an die Hand. Ziel ist es, die technischen Hintergründe zum Beispiel von Elektromotoren und Akkus so einfach wie möglich zu erklären – auch mithilfe von Illustrationen und garniert mit einer Prise Humor. Um einige Fachbegriffe kommen Sie aber nicht herum: zum Beispiel um solche wie Supercharger, Brennstoffzelle, LithiumIonen-Akku, Wallbox und One-Pedal-Driving. Diesen Fachjargon brauchen Sie aber auch, um sich in der neuen elektrischen Autowelt zurechtzufinden – und beim Fachgespräch mit dem Nachbarn an der Ladesäule nicht dumm dazustehen. Aber keine Angst: Auch das wird auf den folgenden Seiten übersetzt und erklärt. Wenn Sie noch gar nichts von der E-Mobilität wissen, dann ist dieses Buch die kompakte Einführung dazu – auf dem deutschsprachigen Markt gibt es derzeit kein umfassenderes Werk für Nicht-Experten. Falls Sie schon über einiges Grundwissen verfügen, dann werden Sie aber noch etliche Details auf den folgenden Seiten finden, mit denen Sie Ihr Wissen vertiefen und Ihren Horizont erweitern können. Ob Einsteiger oder Fortgeschrittener: In keinem Fall müssen Sie das Buch von vorn bis hinten durchlesen! Sie können es auch als Nachschlagewerk benutzen und sich nur die Kapitel herauspicken, die gerade für Sie interessant sind. Wenn zum
weiteren Verständnis andere Kapitel hilfreich sind, finden Sie Hinweise dazu. Und lassen Sie sich nicht von der Informationsfülle abschrecken! Elektromobile sind nicht komplizierter als konventionelle Autos – nur etwas anders. Um die ersten Runden im E-Auto zu drehen, müssen Sie noch nicht wissen, was sich dabei im Akku abspielt. Am besten legen Sie sich dieses Buch ins Auto, und zwar nicht nur als Nachschlagewerk, sondern auch als Zeitvertreib während einer Ladepause. Wenn Sie gerade nicht fahren, dann erfahren Sie mehr zum Thema E-Mobilität.
Konventionen in diesem Buch Hauptberuflich bin ich Redakteur bei einer regionalen Tageszeitung. Mein Job ist es, den Lesern alle Facetten des täglichen Geschehens zu erklären – und zwar so verständlich und kompakt wie möglich. Genauso halte ich es in diesem Buch. Aus diesem Grund habe ich das Manuskript als Erstes auch jemandem zum Lesen gegeben, der von E-Mobilität überhaupt keine Ahnung hatte – jetzt natürlich schon. Überall dort, wo die Testleserin Verständnisprobleme oder Fragen hatte, habe ich nachgebessert. Um Ihnen die Orientierung im E-Autos für Dummies-Buch zu erleichtern, benutze ich folgende Formatierung: Ich verwende kursiv für Hervorhebungen und für neue Wörter oder Bezeichnungen, die ich im Text erkläre. Fett gedruckte Wörter sind Schlüsselwörter in Aufzählungen oder wichtige Schritte in Handlungsanweisungen. Monofont kommt bei Web- und E-Mail-Adressen zum Einsatz. Achtung: Den Webadressen können eine Zeile auch mal zu eng sein und sie reichen in eine nächste. In diesem Fall habe ich keine Trennstriche verwendet, die normalerweise bei einem Zeilenumbruch Verwendung finden, damit keine Irrtümer bei der Eingabe im Browser vorkommen. Geben Sie
genau das ein, was Sie lesen, und ignorieren Sie den Zeilenumbruch, dann gelangen Sie auch auf die angegebene Internetseite. Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch auf die vollständige Darstellung der männlichen, weiblichen und diversen Formen verzichtet. Stets sind aber immer alle Geschlechter gleichermaßen gemeint, auch wenn nur die männliche Form genannt ist (zum Beispiel Autofahrer, Leser und Wissenschaftler).
Was Sie nicht lesen müssen Jedes Mal, wenn Sie ein »Techniker«-Symbol sehen (siehe Abschnitt »Symbole, die in diesem Buch verwendet werden«), können Sie den Text auch überspringen, ohne eine wichtige Erklärung zu verpassen. Für den interessierten Leser bieten diese technischen Details die Möglichkeit, etwas mehr in die Tiefe zu gehen. Sie müssen auch die grauen Kästen nicht lesen. Diese sind für das Verständnis des Themas nicht notwendig, aber dort trage ich viele nützliche Informationen zusammen – zum Beispiel was unter einem »Frunk« oder dem »Hypermiling« zu verstehen ist, zusätzlich bekommen Sie einen »Lade-Knigge«. Das alles fällt also eher in die Kategorie »nett zu wissen« und soll ein wenig die komprimierte Darstellung der E-Mobilität auflockern.
Törichte Annahmen über den Leser Ich gehe mal davon aus, dass Sie einen Führerschein besitzen – sonst interessierten Sie sich vermutlich nicht für Autos. Oder dass Sie zumindest gerade dabei sind, einen zu erwerben. Wenigstens sind Sie schon einmal in einem Auto mitgefahren, oder? Sie sehen: Nicht alle Leser haben die gleichen Vorkenntnisse, aber für alle schreibe ich dasselbe Buch. Dennoch habe ich mir immer vorgestellt, dass ich für folgende Leser schreibe:
Sie sind seit Jahren Autofahrer und wissen, wie viel Benzin Ihr Auto verbraucht, wo Wischwasser aufgefüllt wird und wann und wie die Winterreifen gewechselt werden. Jetzt sehen Sie die Zeit gekommen, auf ein E-Auto zu wechseln, und wollen wissen, was damit anders wird. Sie sind Fahranfänger und wollen mit Diesel, Schaltgetriebe und Auspuff gar nicht erst anfangen, sondern gleich im Elektroauto durchstarten. Nur leider hatte der Fahrlehrer gar keine Ahnung davon. Privat haben Sie sich überhaupt noch keine Gedanken über die E-Mobilität gemacht – warum auch, die alte Karre tut es ja noch. Aber jetzt stellt Ihnen der Chef ein E-Auto als Dienstwagen hin. Und Sie müssen schnell erfahren, wie man das Teil bedient. Sie haben beruflich viel mit Autos zu tun: Sie müssen sie verkaufen, vermieten, finanzieren, säubern, schrauben, entsorgen oder sonst was. Nun brauchen Sie aber auch etwas Hintergrundwissen, damit Sie bei Fachgesprächen nicht abseitsstehen. Sie fahren schon seit Jahren selbst elektrisch. Aber es nervt Sie, dass Freunde, Verwandte und Passanten Sie dauernd dazu befragen. Am liebsten würden Sie diesen Menschen einfach nur dieses Buch in die Hand drücken. Falls einer dieser Punkte auf Sie zutrifft, dann haben Sie zum richtigen Buch gegriffen.
Wie dieses Buch aufgebaut ist Die Kapitel dieses … für Dummies-Buches bauen zum größten Teil aufeinander auf. Wenn Sie also noch gar nichts über E-Autos wissen, dann erfahren Sie am Anfang, worauf Sie beim Kauf achten sollten, die Grundlagen über die Technik von Fahrzeugen und Akkus und wo die Unterschiede zwischen Wechselstrom- und Gleichstromladen liegen. Dieses Basiswissen hilft Ihnen später, zu verstehen, wie Sie ein Elektroauto laden, fahren und pflegen,
wie Sie Strom sparen und möglichst weit kommen. Nach den ersten Teilen dieses Buches werden Sie dann auch keine Probleme mehr haben, tiefer in die Materie einzusteigen – warum viele Vorurteile zur E-Mobilität wissenschaftlich widerlegbar sind, erklärt sich für Sie dann schon fast von allein.
Teil I: Rund ums E-Auto-Kaufen Der erste Teil kommt denjenigen zugute, die nicht das Ende des Buches abwarten wollen oder können, bis sie ein E-Auto kaufen. Hier erfahren Sie, worauf Sie beim Erwerb besonders achten müssen, ob auf Akkugröße, Aerodynamik oder Wärmepumpe. Letztlich müssen Sie sich aber auch erst einmal bewusst machen, welche Bedingungen ein Auto für Sie erfüllen muss – also: Was ist Ihr Fahrprofil? Der erste Teil hilft Ihnen beim Überschlagen der Gesamtkosten – inklusive aller staatlichen Fördermöglichkeiten. Zu diesem Buch gehört aber auch pure Ehrlichkeit: Es sagt Ihnen, wann ein E-Auto (noch) nicht so gut zu Ihnen passt.
Teil II: Rund um die Technik Im zweiten Teil kläre ich Sie darüber auf, was in einem E-Auto alles anders ist als in herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Bei dieser Gelegenheit erfahren Sie auch gleich, was ein Hybrid ausmacht und dass ein Wasserstoffauto ein naher Verwandter des reinen E-Autos ist. Wie ein E-Motor funktioniert, ist relativ schnell erzählt – er ist nämlich recht simpel im Vergleich zu Hubkolbenaggregaten. Aber dem Lithium-IonenAkku schauen wir dann doch etwas genauer unter die Haube – er ist das eigentliche Herzstück des Wagens.
Teil III: Rund ums Laden Oft haben Neulinge noch Reichweitenangst. In diesem Abschnitt erfahren Sie deshalb, wie Sie die nächste Ladesäule finden und wie diese funktioniert. Oder besser: Wie Sie in wenigen Sekunden eine ganze Langstreckenroute mit allen nötigen Ladestationen planen – beziehungsweise planen lassen. Sie lesen, wie Sie den öffentlichen Strom bezahlen, mit widerspenstigen Ladesäulen und
Blockierern umgehen und sich im Ladekartendschungel schnell zurechtfinden. Aber auch, wie Sie sich am besten zu Hause mit einer Wallbox ausrüsten.
Teil IV: Rund ums Fahren In Teil IV geht es um die Praxis: So starten und fahren Sie ein EAuto. Vertrauen Sie mir: Es ist nicht schwer! Hier steht, was Sie über die Energierückgewinnung wissen müssen, über das OnePedal-Driving, über Stromverbrauch und Reichweitenberechnung. Kurz: Das Buch verrät Ihnen, wie Sie am besten und schnellsten ans Ziel kommen.
Teil V: Rund um Fakten und Mythen Sie sind noch nicht überzeugt von der Elektromobilität, weil die Kollegen und Nachbarn sagen, dass E-Autos eigentlich viel umweltschädlicher sind als Dieselfahrzeuge? Weil Sie fürchten, mit dem Kauf Kinderarbeit in Afrika zu unterstützen, später im Winterstau zu erfrieren oder dass das Stromnetz zusammenbricht? Hinter jedem Vorurteil steckt zwar ein Stückchen Wahrheit, aber oft nicht die ganze. In diesem Teil erfahren Sie, was wirklich dran ist an den Mythen zur E-Mobilität.
Teil VI: Der Top-Ten-Teil Mit digitaler Technik ist das Leben einfacher, auch das der EAuto-Fahrer. In diesem Teil stelle ich Ihnen die besten zehn Smartphone-Apps für Stromer vor – vom kostenlosen Ladestationsfinder bis zum Strompreis-Berechner für das öffentliche Laden. Sie erhalten auch eine Liste mit den besten Internetlinks und Downloads.
Symbole, die in diesem Buch verwendet werden In jedem … für Dummies-Buch werden Symbole verwendet, an denen sich der Leser orientieren und entlanghangeln kann. Hier
finden Sie eine Auflistung der in diesem Buch verwendeten Symbole und ihre Bedeutung. Dieses Symbol weist auf Stellen hin, an denen ich zusätzliche Erkenntnisse zum Thema aufzeige, die das Verständnis erleichtern. Hier bringe ich meine Erfahrungen aus der Praxis ein und verweise auf andere Quellen, die Sie sich ansehen können. Dieses Symbol kennzeichnet Informationen, die für das Verständnis wichtig sind oder die Sie unbedingt im Gedächtnis behalten sollten. Bei diesem Symbol sollten Sie sich in Acht nehmen. Hier kann sonst gehörig etwas schiefgehen. Diese Details sind zwar nützlich, aber nicht unbedingt notwendig. Wenn Sie Ihr Wissen vertiefen wollen, sind sie bestens geeignet, Sie können sie aber sonst auch getrost überspringen.
Wie es weitergeht Sie werden in diesem Buch über viele Wörter und Abkürzungen stolpern, die Sie noch nie gehört oder gelesen haben. Wissen Sie zum Beispiel, wie man einen SUC findet? Kennen Sie die SOH Ihres Akkus? Keine Angst, ich erkläre es immer gleich mit einfachen Worten. Wenn Sie das Buch durchlesen, dann erfahren Sie so etwas ganz nebenbei. Sie können aber auch auf den Schummelseiten am Anfang des Buches nachschauen, auch dort finden Sie immer eine kurze Erklärung. Und: Lassen Sie sich nicht verunsichern, wenn Sie ein eingefleischter E-Fahrer beim Fragen im Internet zurechtweist, dass es einen Unterschied zwischen
Kilowatt und Kilowattstunden gibt – Sie wissen nach wenigen Buchseiten schon mehr als 95 Prozent der Weltbevölkerung!
Teil I
Rund ums E-Auto-Kaufen
IN DIESEM TEIL … Warum soll es jetzt ein elektrisches Fahrzeug sein? Wie finden Sie das passende Modell zu Ihrem Fahrprofil? Welche Fördergelder gibt es wo? Auf welche Details kommt es noch an?
Kapitel 1
Gründe für den Kauf eines Elektroautos IN DIESEM KAPITEL Was sind die entscheidenden Merkmale eines elektrischen Wagens? Unter welchen Bedingungen ist ein E-Auto problematisch?
Als Sie sich (im sprichwörtlichen Sinne) das letzte Mal ein Auto mit Verbrennungsmotor gekauft haben, waren die ausschlaggebenden Faktoren für ein bestimmtes Modell möglicherweise andere als beim ersten E-Auto. Die Reichweite gehörte mit Sicherheit nicht dazu! Eine staatliche Förderung wohl auch selten. Sie wollen viel PS und möglichst schnell unterwegs sein? Kein Problem – stellen Sie sich dann aber nicht nur auf einen hohen Energieverbrauch ein, sondern auch auf ein Reichweitenproblem. In diesem Kapitel erfahren Sie, was bei der Auswahl von Elektromobilen noch alles anders ist und auf welche Details Sie besonders achten sollten – manche wären Ihnen im Leben nicht in den Sinn gekommen.
Umweltschonender, leiser und schnell Sie meinen, die Menschen sollen nun lieber E-Autos kaufen, weil diese die Umwelt schonen? Dann muss ich Sie enttäuschen. Die Umwelt schont am meisten ein Auto, das nie gebaut und gefahren wird. Falls Umweltschutz Ihre Hauptmotivation sein sollte, dann
nehmen Sie besser ein Fahrrad (auch ein E-Bike) oder setzen Sie sich in einen Zug! Denn auch ein E-Auto braucht Energie, um gebaut zu werden und sich zu bewegen, und das nicht zu knapp! Nämlich in der Regel wenigstens rund 12 Kilowattstunden (Strommenge, kWh) auf 100 Kilometer, manchmal auch bis zu 30 kWh – abhängig von Fahrstil, Wärmekomfort und Aerodynamik (Luftwiderstand) des Fahrzeugs. Warum also das Ganze dann? Hier kommt die richtige Antwort: Weil es zwar nicht ökologisch unbedenklich ist (Ökologie: altgriechisch »Lehre vom Haushalt«, ist die wissenschaftliche Betrachtung der belebten Umwelt), aber doch umweltverträglicher als alle vergleichbaren Fahrzeuge, die mit fossilen Energieträgern wie Benzin, Diesel oder Gas unterwegs sind – vorausgesetzt, der Ladestrom wird auch (größtenteils) umweltverträglich hergestellt. Andere mögliche Gründe könnten zum Beispiel sein: E-Autos sind leiser, haben kaum Motorgeräusche und vibrationen. Sie bieten mehr Fahrkomfort ohne Geruckel durch ein Getriebe. Die Beschleunigung ist oft atemberaubend. Die Straßenlage ist mit dem tief verbauten, schweren Akku in der Mitte sehr gut. Es gibt geringe Kosten durch weniger Verschleißteile. Die Energiepreise sind meistens niedriger, erst recht mit einer eigenen Photovoltaikanlage. Es gibt Umweltprämien sowie Steuerbefreiung. Kurz: Fahrkomfort, Fahrspaß und das Potenzial zum Sparen (allerdings je nach Modell) stehen bei Käufern hoch im Kurs. Ein weiterer Grund ist psychologischer Natur: Nach wie vor ist ein Auto für viele Menschen auch ein Stück Prestige. Das Symbol auf der Haube und die Buchstaben oder Zahlen am Heck sind nicht selten ein Statement – das ist in der Elektrowelt nicht anders. Das E auf dem Kennzeichen und in der Typbezeichnung soll nicht
selten signalisieren: Hier ist jemand unterwegs, der innovativ und zukunftsorientiert ist. Mit E-Autos wie von Tesla zum Beispiel kommt noch eine emotionale Komponente hinzu: Das Unternehmen von Elon Musk hat bereits – wie er selbst – einen gewissen Kultstatus erreicht, wie man ihn schon vom Computer- und Smartphone-Hersteller Apple kennt. Nicht selten werden Teslas Fahrzeuge auch als die iPhones der Straße bezeichnet. Wie Apple mit den tastenlosen Handys war Tesla mit seinen E-Autos der Begründer einer neuen Ära, die eine Branche komplett auf den Kopf stellte (und stellt!) und konservative Konkurrenten gehörig in Zugzwang bringt. Auch der Wiederverkaufswert spielt eine Rolle: Lässt sich ein konventioneller Gebrauchtwagen in ein paar Jahren noch zu einem guten Preis verkaufen? Dazu kommt, dass schon etliche Staaten und Länder ein Verkaufsverbot für Verbrenner angekündigt haben, um die Klimaschutzabkommen einzuhalten: Großbritannien und Japan ab 2035, Schottland ab 2032 und die US-Metropole San Francisco ab 2030. Auch Dänemark, Irland, Niederlande, Slowenien und Schweden haben dasselbe Ziel vor Augen. Den schnellsten Verbrenner-Tod plant Norwegen: schon 2025.
Abbildung 1.1: Tesla-Chef Elon Musk. Quelle: Silberstein nach einer Vorlage von Steve Jurvetson, CC-Lizenz 2.0
Gleichzeitig muss man sich fragen, wo man sich in ein paar Jahren überhaupt noch mit den kolbenbetriebenen Fahrzeugen bewegen darf. Denn neben bisherigen Dieselfahrverboten und Ökozonen planen Städte wie Paris Fahrverbote für alle Diesel (ab 2024) und Benziner (ab 2030), Amsterdam will beide Motorvarianten ab 2030 verbieten. In vielen anderen Großstädten gibt es Beschränkungen in verschiedenen Stufen. Fahrten in die Ferien könnten also schon bald zu Hindernis-Slalomfahrten werden.
Aber auch problematisch auf Langstrecken Der vorige Abschnitt klang sehr positiv – wir wollen die Nachteile der E-Mobilität aber nicht ausblenden. Sie hat durchaus auch noch ihre Schattenseiten oder sagen wir: Startschwierigkeiten. Einige werden sich sicherlich mit der Zunahme an Modellen, neuen Batteriezellentechniken und dem weiteren Ausbau der Ladeinfrastruktur beheben. Sie sollten das Projekt E-Auto aber (noch) überdenken, wenn … Sie fast nur auf Langstrecken unterwegs sind und sich keinen großen Akku leisten können oder wollen. Sie auf Langstrecken immer so schnell wie möglich ankommen müssen/wollen. Sie Pausen immer nur höchstens für einen kurzen Toilettengang einlegen wollen. Sie oft einen Anhänger oder Wohnwagen über weite Strecken ziehen und kein Vermögen investieren wollen. Sie sich über Motorsound, Hubraum und Auspuffanzahl und größe definieren. Sie den Geruch von Benzin und Öl als Lebenselixier brauchen.
Sie selbst viel an der Antriebstechnik des Wagens herumschrauben wollen. Nicht unmöglich, aber schon etwas schwieriger wird es mit einem E-Auto auch, wenn … Sie weder zu Hause noch am Arbeitsplatz einen Stellplatz mit Lademöglichkeit haben und ausschließlich auf öffentliche Ladestationen angewiesen sind. Sie sich auf keinen Fall vor dem Losfahren Gedanken machen möchten, wie und wo Sie unterwegs eine Ladesäule finden – es sei denn, Sie fahren ohnehin immer nur innerhalb der Heimreichweite.
Kapitel 2
Auf der Suche nach dem passenden Modell IN DIESEM KAPITEL Worauf kommt es bei Ihrem persönlichen Fahrprofil an? Welche Bedingungen muss das Auto erfüllen? Welchen Einfluss hat die Ladeinfrastruktur in Ihrer Nähe auf den Kauf? Wie berechnen sich die Gesamtkosten eines E-Autos?
Die Anforderungen an ein Fahrzeug sind extrem unterschiedlich, die Fahrprofile der Nutzer ebenfalls. Letztere schränken die Auswahl an tauglichen E-Autos allerdings schon sehr stark ein – in vielerlei Hinsicht. Machen Sie sich zunächst Gedanken um folgende Punkte: Reichweite: Wie weit müssen Sie täglich wenigstens am Stück fahren können? Geschwindigkeitsbedarf: Wie schnell müssen/wollen Sie unterwegs sein? Lademöglichkeiten: Können Sie zu Hause über Nacht laden? Am Tage am Arbeitsplatz? Unterwegs auf Ihrer täglichen Strecke? Raumbedarf: Wie viel Platz brauchen Sie im Auto für Personen und Gepäck? Urlaub: Wollen Sie mit dem Wagen auch mal Langstrecken zurücklegen?
Anhängerkupplung: Brauchen Sie eine für Anhänger oder Wohnwagen? Cabriodach: Muss es oben ohne sein? Kosten: Wie viel darf der neue Fahrspaß kosten?
Die Reichweite Es ist und bleibt der Knackpunkt beim E-Auto-Kauf: Wie weit kommt die Karre ohne Zwischenladung? Das Laden geht (noch) nicht so schnell wie an der Tankstelle. Pendler, die jeden Tag exakt dieselbe Strecke zum Arbeitsplatz zurücklegen, haben es eigentlich einfach: Reichweite geteilt durch 2, dann sollte es passen. In der Tat: Die durchschnittliche deutsche Pendlerstrecke von weniger als 25 Kilometern ist auch hin und zurück für jedes EAuto im Bereich des Machbaren. Die theoretische vom Hersteller angegebene Reichweite richtet sich nach der Größe des Akkus (angegeben in Kilowattstunden, kWh) und dem Stromverbrauch (kWh pro 100 Kilometer). Letzterer wird nach dem Reichweitenzyklus WLTP (englisch Worldwide harmonized Light-duty vehicles Test Procedure) berechnet. Das ist die derzeit gültige Testvorschrift zur Verbrauchsberechnung. Aber gerade der Verbrauch ist keine feste Größe, sondern hängt von sehr vielen Faktoren ab. Zu knapp sollten Sie Reichweiten-Berechnungen deshalb nicht machen! Bedenken Sie, dass auch die im WLTP-Verfahren ermittelten Reichweiten zwar realistisch erreichbar sind, aber dennoch nur unter relativ günstigen Bedingungen. Vor allem im Winter braucht Ihr Wagen zusätzliche Energie für die Heizung und der Akku ist durch die Kälte weniger leistungsfähig. Unter Umständen gehen Ihnen dann rund 30 Prozent der Reichweite verloren. Beispielrechnung: Der Hersteller gibt nach WLTP eine Reichweite von 230 Kilometern an. Im Winter dürfte sie bei etwa 160 Kilometern liegen. Mit einem Sicherheitspuffer können Sie also davon ausgehen, dass Sie einen Arbeitgeber in 70 Kilometern
Entfernung und Ihren Heimathafen zum Feierabend auch erreichen. Gönnen Sie sich bei Ihrer persönlichen Reichweitenberechnung einen Sicherheitspuffer von weiteren zehn Prozent, damit Sie nicht ins Schwitzen kommen! Um herauszufinden, ob es wirklich reicht, machen Sie am besten eine Probefahrt im Winter auf Ihrer Hausstrecke.
Die Geschwindigkeit Apropos WLTP-Reichweiten: Diese werden in einem Mix aus verschiedenen Geschwindigkeiten ermittelt. Wenn Sie aber hauptsächlich auf der Autobahn unterwegs sind und das gern auch sehr zügig, dann reduziert sich die mögliche Reichweite stark. Physikalisch ausgedrückt: Für die doppelte Geschwindigkeit ist viermal so viel Energie zur Überwindung des Luftwiderstands erforderlich – dauerhaft Tempo 160 statt 80 dürfte die Reichweite mehr als halbieren. Dieses sollten Sie beim persönlichen Reichweitenbedarf berücksichtigen – oder Ihren Fahrstil ändern. »3,7 Sekunden von null auf hundert … Damit hängt man jeden Porsche ab.« Craig Davies, Tesla-Verkaufschef
Die Lademöglichkeiten Die Reichweiten Ihrer Traumautos sind zu gering, um über den ganzen Tag zu kommen? Dann halten Sie Ausschau nach Lademöglichkeiten an den Orten, wo Sie für gewöhnlich länger stehen – zum Beispiel direkt am Arbeitsplatz oder in der dortigen Nähe (wie Sie öffentliche Ladesäulen leicht ausfindig machen, erfahren Sie in Teil III »Rund ums Laden«). Dann bräuchte die Reichweite Ihres künftigen E-Autos vielleicht gar nicht so groß auszufallen.
Öffentliche Ladesäulen werden Sie in der Regel nicht die ganze Arbeitszeit belegen können. Meistens ist die Standzeit dort auf ein paar Stunden beschränkt – aus gutem Grund: damit sie nicht unnötig lange blockiert werden mit Autos, die schon längst vollgeladen sind. Das heißt jedoch für Sie: Sie müssen zwischendurch zum Auto zurücklaufen und umparken. Notfalls könnten Sie auch eine Schnellladestation auf dem Hinoder Rückweg ansteuern, die auf der Strecke liegt. Allerdings verlängert sich damit Ihr täglicher Arbeitsweg um die entsprechend nötige Ladezeit. Das lässt sich verkraften, wenn Sie dabei bereits einen Teil Ihrer Arbeit erledigen können – zum Beispiel Mails lesen und beantworten. Achten Sie beim Kauf eines E-Autos dann darauf, dass es auch die Möglichkeit zum schnellen Gleichstromladen (DC) hat. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt tummeln sich noch etliche Wagen, die ausschließlich langsamen Wechselstrom (AC) laden können. Empfehlenswert ist im deutschsprachigen Raum eine sogenannte CCSLadesteckdose, mit einer Chademo-Ladesteckdose werden Sie wesentlich weniger Ladesäulen finden. Zu den Details bei den verschiedenen Ladesteckern kommen wir in Kapitel 8 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Es gibt vier standardisierte Stecker«. Bei Kauf eines E-Autos ist auch entscheidend, ob und wie Sie zu Hause laden können. Wir wollen ehrlich sein: Ganz ohne Strom an einem eigenen Stellplatz und nur in Abhängigkeit von öffentlichen Ladesäulen ist das Projekt E-Auto ein schwieriges Unterfangen. Denn dort finden bei den meisten E-Auto-Besitzern die meisten Ladevorgänge statt – dort ist Strom auf Dauer am günstigsten, dort trifft man nicht auf besetzte Ladesäulen oder gar Blockierer. Die Situation lässt sich akzeptieren, wenn Sie zum Beispiel ohne Probleme immer am Arbeitsplatz laden können –
dann brauchen Sie öffentlichen Strom nur auf gelegentlichen Langstrecken. Wohnen Sie zur Miete oder haben eine Eigentumswohnung in einem Mehrparteienhaus und haben einen Stellplatz? Dann haben Sie das Recht auf eine Ladestation für Ihr EAuto. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf hat die Bundesregierung im September 2020 beschlossen. Die Kosten müssen Sie allerdings selbst beziehungsweise mittragen. Und: Kümmern Sie sich rechtzeitig darum, bevor das E-Auto auf dem Hof steht! Mehr dazu erfahren Sie im Kapitel11 unter »Gesetzlich verankert: das Recht auf eine Wallbox«.
Der Raumbedarf Die Auswahl an E-Fahrzeugen wächst stetig, aber sie ist (noch) nicht unendlich. Insbesondere SUVs stehen bei fast allen Anbietern auf der Angebotsliste – Kombis oder Familienvans suchte man Anfang dieses Jahrzehnts noch vergeblich. Der Wunsch nach solchen Fahrzeugen kann die Auswahl schon stark einschränken. Allerdings kann eine Probefahrt auch überraschen: Weil im Frontbereich kein Motorblock viel Platz einnimmt, sind die Innenräume von Fahrzeugen auf reinen E-Plattformen häufig großzügiger als bei Verbrennern. Einen aktuellen Überblick über verfügbare Modelle bieten Ihnen Websites wie www.ecomento.de, www.e-stations.de, efahrer.chip.de oder www.e-autos.de.
Abbildung 2.1: Fahrzeuge wie der Smart Fortwo – hier eine Designstudie des EQ Fortwo – sind keine Raumwunder und eher als kleine Stadtflitzer konzipiert. Quelle: Silberstein nach Vorlage von Matti Blume, CC-Lizenz
Für den Urlaub Bei vielen Autofahrern passt ein E-Auto perfekt zum alltäglichen Fahrprofil – bis auf die Urlaubszeit. Wer sich darüber mit Verteidigern der Benzinfraktion unterhält, bekommt den Eindruck, die Deutschen rauschen alle innerhalb von zehn Stunden vom kühlen Norden bis in die Südspitze Italiens oder nach Andalusien und halten nur alle 1000 Kilometer kurz an, um in zehn Minuten vollzutanken. Wirklich? Ganz so schlimm ist es nicht, aber nahe dran. Es klingt ungesund, was die Deutschen hinter dem Steuer treiben, wenn sie sich erholen wollen: Bei einer Umfrage des Onlineportals AutoScout24.de und des Marktforschungsinstituts Innofact 2020
gaben die Männer im Schnitt an, auch schon mal fünf Stunden und mehr am Stück zu fahren. Bei den Frauen lag die Ausnahmezeit bei 4,2 Stunden. Allerdings gaben zumindest 24 Prozent der Autofahrerinnen an, dass ihre längste Fahrt ohne Pause nicht länger als zwei Stunden betrug. Bei den Männern waren es nur acht Prozent. Wahr ist aber auch: Ein Dauer-Galopp über lange Strecken, der nur von zehnminütigen Tankstopps unterbrochen ist – sofern man das unbedingt will und körperlich kann –, ist mit E-Autos derzeit nicht zu leisten. Noch ist die Faustregel, dass Elektrokutschen im Reichweitenrhythmus – also gegebenenfalls alle 200 bis 400 Kilometer – eine 30- bis 60-minütige Ladepause brauchen. Die Gesamtfahrtzeit ist entsprechend länger als mit einem Verbrenner. Und: Je stärker Sie auf die Tube drücken, umso öfter müssen Sie auch zwischenladen. Das ist ein Knackpunkt, den manche Auto-Urlauber für unerträglich halten, auch wenn der Urlaub nur einmal im Jahr stattfindet. Andererseits gibt es genügend Menschen, die mit dieser Art des Reisens überhaupt kein Problem haben, im Gegenteil. Überlegen Sie mal, ob Sie die Fahrt in den Urlaub nicht in zwei oder drei Tagesetappen aufteilen können. Während Sie sich eine Stadt zwischendurch anschauen, lädt Ihr Auto am Hotel oder auf dem Campingplatz – nicht selten sogar kostenlos. Für Rundreisen von Übernachtungsort zu Übernachtungsort in Etappen, die so lang sind wie die Reichweite, ist ein EAuto dagegen prädestiniert – keinerlei Einbußen gegenüber herkömmlichen Wagen. Sich nur wegen des Urlaubs ein Auto mit riesigem Akku zuzulegen oder einen Plug-in-Hybrid lohnt sich eher nicht, auch nicht finanziell. Wenn eine Umstellung für Sie nicht infrage kommt, sollten Sie stattdessen vielleicht überlegen, sich für die Urlaubszeit einen Leihwagen zu nehmen, ein
anderes Transportmittel zu wählen oder gleich einen ganz anderen Urlaub zu planen. Andererseits: Dass man sehr wohl auch mit einem E-Wagen Urlaubsreisen antreten kann, bewiesen 2015 drei ElektroEnthusiasten mit einem Tesla Model S. Sie fuhren die rund 6600 Kilometer lange Strecke von Tarifa im Süden Spaniens bis zum Nordkap in Norwegen in 104 Stunden und 30 Minuten – und erhielten dafür einen Eintrag im »Guinness Buch der Rekorde«. Dafür waren 26 Ladestopps nötig mit einer Gesamtladezeit von 20 Stunden und 15 Minuten.
Die Anhängerkupplung, das Cabriodach Kommen wir zu weiteren Einschränkungen: Wer E-Auto und gleichzeitig ein Cabrio fahren möchte, wird nicht lange suchen müssen – diese Kombination ist zurzeit noch äußerst rar. Zum Redaktionsschluss für dieses Buch gab es nur zwei nicht exotische Modelle: den Smart Fortwo und den Fiat 500e. Auch der Wunsch nach einer Anhängerkupplung schränkt die Auswahl sehr stark ein, insbesondere wenn Sie viel Zugkraft brauchen. Vor allem sollten Sie Ihre Berechnungen für die Reichweite Ihres Wunschmodells dann auch noch einmal überarbeiten: Denn der Anhängebetrieb bedeutet eine zusätzliche starke Energieabforderung für den Akku – nicht nur wegen des Gewichts eines Anhängers mit Beladung und die Rollwiderstände, sondern vor allem auch wegen des hohen Luftwiderstands. Wollen Sie mit E-Auto und Wohnwagen in den Urlaub reisen, könnte sich die Reichweite leicht halbieren.
Mit Anhänger am E-Auto werden Sie auf noch ein Problem stoßen, und zwar an den Ladesäulen. Die stehen in der Regel so, dass davor ein PKW stehen kann – für ein Anhängsel ist da oft kein Platz, wenn Sie keine Durchfahrt versperren wollen. Erst langsam setzt sich beim Bau neuer Ladeparks die Erkenntnis durch, dass Ladeplätze besser anders zu gestalten sind. Ob sich Ihr Wunsch-Auto mit Ihrem Wohnwagen gut verträgt, können Sie mit der Webseite www.zugwagen.info überprüfen. Dabei geht es nicht nur um zulässige Anhängelast oder Motorleistung, sondern auch um Aerodynamik und Gewichtsverhältnisse. Auch Elektroautos stehen für die Onlineberechnungen zur Auswahl.
Die Kosten Nach all diesen Überlegungen werden Sie nun vielleicht eine kleine Liste mit Fahrzeugen in den Händen halten, die Ihren Ansprüchen entsprechen. Aber können und wollen Sie sich das Traumauto auch leisten? Gerade bei E-Autos ist ein Vergleich der Total Cost of Ownership wichtig (englisch TCO), also der Gesamtkosten des Fahrzeugbetriebs. Denn die Elektrokutschen sind nicht selten etwas teurer in der Anschaffung, können aber oft bei den Betriebskosten wieder punkten. Bedenken Sie, dass mit Stand zur Drucklegung dieses Buches … … es mitunter hohe Fördergelder gibt (siehe Kapitel 4 »Der Staat gibt Geld dazu«). … in den ersten zehn Jahren keine KFZ-Steuern zu zahlen sind (in Deutschland), danach beträgt sie 50 Prozent der üblichen KFZ-Steuer. Die berechnet sich dann aber logischerweise nicht nach Hubraum wie beim Verbrenner, sondern nach dem zulässigen Gesamtgewicht.
… die Dienstwagen-Versteuerung von reinen E-Autos unter Umständen nur 0,25 Prozent beträgt. … die Verschleiß- und Wartungskosten sehr viel geringer sind (Unfallreparaturkosten dagegen laut Untersuchung der Allianz-Versicherung von 2020 etwas höher). … die Energiekosten im Durchschnitt etwa halb so hoch sind wie für Benziner (bei kostenpflichtigen Schnellladern manchmal gleich teuer, zu Hause etwa die Hälfte, bei eigener Photovoltaikanlage etwa ein Viertel so hoch). … Versicherungen unter Umständen Sonderkonditionen für E-Autos anbieten. Eine Vergleichsrechnung über die ganze Betriebsdauer ist natürlich viel schwieriger anzustellen als ausschließlich eine über die Anschaffungskosten, weil sowohl die Energiepreise als auch eventuelle Verschleiß- und Reparaturkosten nur schwer vorauszuschauen sind. Dennoch lohnt es sich, die Ersparnisse zumindest mal grob für die geplante Haltedauer des zukünftigen Wagens aufzustellen – ich versichere Ihnen, es bewegt sich Jahr für Jahr im vierstelligen Bereich. Eine gute Hilfe bei der Kostenberechnung kann die Webseite www.e-stations.de sein. Unter der Rubrik »Elektroautos« finden Sie den »Kostenrechner«, bei dem Sie für Ihr Wunsch-E-Auto und Ihrem bisherigen Verbrenner unter Eingabe von Fahrtstrecken im Jahr, Energiekosten und -verbräuchen eine Vergleichsrechnung vornehmen können. »Ich hoffe, Sie kaufen ihn nicht, denn jedes Mal, wenn ich einen Fiat 500e verkaufe, kostet es mich 14.000 Dollar.« Sergio Marchionne, Fiat-Chef
Die endgültige Entscheidung
Sie können sich jetzt mit einem Taschenrechner hinsetzen und einen Tag lang Prospekte oder Internetseiten vergleichen … Es geht aber auch einfacher und digitaler, herauszufinden, welches E-Auto mit welcher Reichweite zu den eigenen Anforderungen passt, vor allem auch wenn Ihr Fahrprofil nicht so regelmäßig ist wie bei Pendlern: Ingenieure der Ruhr-Universität Bochum haben zum Beispiel eine kostenlose Android-App entwickelt, die Ihnen dabei hilft – insbesondere bei den Reichweiten-, Platz- und Kostenfragen: Mit »EValuation« (https://play.google.com/store/apps/details? id=de.rub.enesys.evaluation) lassen sich mit dem Smartphone Ihre typischen Fahrtstrecken aufzeichnen, während Sie sie mit einem Benziner oder Diesel zurücklegen. Aus den gesammelten Daten generiert das Programm dann eine Liste von E-Autos, die Ihre Anforderungen erfüllen. Darüber hinaus schätzt das Programm auch die Verbrauchskosten im Vergleich zum aktuellen Wagen. Ähnlich funktionieren diese Apps: »EQ Ready App«, nur für Daimler und Smart, »Yubee« vom Stromanbieter Yellow sowie »EnBW mobility+« – eigentlich die Bezahl-App des Ladestationsbetreibers EnBW, sie verfügt aber über einen Modus für virtuelle Fahrten.
Kapitel 3
Doch besser einen Plug-inHybrid kaufen? IN DIESEM KAPITEL Wo sind die Stärken und Schwächen dieser Mischform? Was sind die Vor- und Nachteile im Detail?
Viele Menschen, die noch mit dem Gedanken hadern, von einem konventionellen Wagen auf ein reines E-Auto umzusteigen, weil ihnen die Umstellungen und Herausforderungen noch zu groß vorkommen, entscheiden sich häufig erst einmal für einen Plug-inHybrid – also für ein Auto, das beide Techniken miteinander vereint und mit dem man sowohl rein elektrisch fahren kann als auch wie bisher mit flüssigen Kraftstoffen, falls doch keine Ladesäule verfügbar ist (mehr über den Aufbau eines Hybrids erfahren Sie in Kapitel 6 »Was Elektroautos ausmacht«, Abschnitt »Hybride – der Kompromiss zwischen alt und neu«). »Hybrid ist wie ein Nikotinpflaster. Das ist die Verlängerung des Leidens – aber nicht die Lösung.« Leonhard Graf von Harrach, Ex-Chef von Tesla Deutschland
Alle Vorteile, aber auch Nachteile aus beiden Welten Die Hersteller preisen diese Modelle als die perfekte Kombination an – schließlich vereinten sie »das Beste aus beiden Welten«!
Umweltschonend unterwegs sein – oder besser umweltschonender – und das ganz ohne Reichweitenangst! Tatsächlich lässt sich das erreichen, wenn dies konsequent angestrebt wird. Ein Hybrid eignet sich gut, um sich nicht gleich vollständig umstellen zu müssen, man kann in die elektrische Welt hineinschnuppern. Ist der Akku mal leer und keine Zeit zum Laden oder keine Ladesäule in Sicht, dann geht es eben mit Benzin weiter. Wo Licht ist, ist aber auch Schatten. Man kann sagen, in einem Plug-in-Hybrid sind nicht nur alle Vorteile beider Welten vereint, sondern auch alle Nachteile. Obendrein hat man quasi auch von beiden jeweils nur halbstarke Systeme: sowohl in der Leistung des Verbrennungsmotors als auch in der Reichweite des Akkus. Wirklich stark ist ein Hybrid nur, wenn beide Antriebsarten gleichzeitig in Anspruch genommen werden – aber dann ist es eben auch kein elektrisches Fahren, sondern nur ein herkömmliches Kraftstoffverbrennen mit elektrischer Leistungsunterstützung. Eben eine Zwischenlösung mit teils schlechten Kompromissen. Es geht sogar noch schlimmer: Hybride sind in Verruf geraten, weil einige klimaschädlicher unterwegs sind als ihre Benzin- und Diesel-Brüder. Das liegt gar nicht an den Fahrzeugen selbst, sondern allein am Nutzungsverhalten ihrer Besitzer: Zahlreiche Firmenflotten wurden und werden mit Plug-in-Hybriden als Dienstwagen ausgestattet, weil für sie statt 1 Prozent nur 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises versteuert werden muss. Manche Angestellten haben aber (noch) gar keine Ambitionen, die Autos auch tatsächlich elektrisch zu fahren – es sollen schon Fahrzeuge nach dem zweijährigen Leasing zurückgegeben worden sein, ohne dass das Ladekabel im Kofferraum jemals ausgepackt worden war. Wird aber ein Hybrid-Auto immer nur mit der Energie aus dem Verbrennungsraum gefahren oder sogar geladen, hat der Wagen im Gesamten eine schlechtere Ökobilanz als ein vergleichbares, leichteres konventionelles Auto. Schließlich fährt es ein schweres Paket an Elektrotechnik dann nur spazieren.
Abbildung 3.1: Der Lohner-Porsche Mixte von 1899 war der erste Hybrid-PKW der Welt, obendrein der erste Wagen mit Allradantrieb. Ferdinand Porsche hatte dafür die Radnabenmotoren entwickelt. Quelle: Silberstein nach Fotovorlage eines unbekannten Urhebers, Public domain
Die Vorteile und Nachteile im Einzelnen + Einstieg in die E-Mobilität ohne Reichweitenangst + Langstrecken möglich wie mit herkömmlichem Auto + Finanzielle Förderungen durch Staat und Hersteller + Günstigere Energiekosten bei konsequenter Nutzung des EAntriebs + E-Kennzeichen und damit Privilegien im Straßenverkehr möglich
- Hohes Gewicht, mehr Verschleiß und weniger Platz im Innenraum, weil alle Komponenten für zwei Antriebssysteme mitgeführt werden müssen - Mehr Wartungs- und Reparatur-Aufwand für zwei Antriebssysteme - Viel kleinere Strom-Reichweite gegenüber reinen BatterieFahrzeugen - Häufig geringere, langsame Ladeleistung (viele Modelle können nur Wechselstrom (AC) laden und keine Schnellladestation nutzen) - Weniger Fördergelder durch Staat und Hersteller im Vergleich zum reinen E-Auto, keine Steuerbefreiung - Höhere Energiekosten als beim Verbrenner bei inkonsequenter Nutzung des E-Antriebs Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, sich einen Plug-inHybrid zu kaufen, dann achten Sie besonders darauf, ob es auch zu Ihrem Fahrprofil passt: Den größten Teil aller Fahrten – also zum Beispiel Ihren täglichen Weg zur Arbeit und zurück – sollten Sie rein elektrisch zurücklegen können. Auch im Winter! Kaufen Sie sich also zum Beispiel einen Wagen mit einer angegebenen Akku-Reichweite von 50 Kilometern, dann schafft der Wagen vermutlich tatsächlich nur 35 im Winter – und Ihre Arbeitsstelle sollte dann nicht mehr als 17 Kilometer entfernt liegen. Klingt wenig? Ist es auch. Aber denken Sie daran, dass sonst auf den letzten Kilometern vor zu Hause immer noch einmal der Verbrennungsmotor anspringt – und das ausschließlich im Kaltzustand mit hohen Verbrauchs- und Schadstoffwerten. Das zieht die Ökobilanz stark nach unten und den Verschleiß nach oben.
Wenn Sie planen, einen Plug-in-Hybrid zu kaufen, und der Meinung sind, nahezu 100 Prozent elektrisch fahren zu können, und den Verbrenner nur zur Sicherheit an Bord haben wollen, dann lassen Sie es bitte! Entscheiden Sie sich lieber gleich für ein vollelektrisches Fahrzeug. Mit dem schaffen Sie längere Wege dank eines größeren Akkus auch locker. Ergo: Sie sollten nicht für ein, zwei Urlaube im Jahr an den restlichen 310 Tagen ein 200 Kilogramm schweres Antriebssystem spazieren fahren.
Kapitel 4
Der Staat gibt Geld dazu IN DIESEM KAPITEL Welche Fördergelder gibt es in welchen Höhen? Wo und wie lassen sich Fördergelder beantragen? Wie lässt sich die heimische Wallbox mitfinanzieren?
Wenigstens eine Million E-Autos wollte die Bundesregierung bis 2020 auf den Straßen sehen – deshalb stellte sie 2009 den »nationalen Entwicklungsplan für Elektromobilität« auf. Doch schnell war abzusehen, dass es ohne die richtigen Anreize nichts wird. Also kamen nach und nach verschiedene Förderprogramme dazu – in Deutschland zum Beispiel: 2015: Elektromobilitätsgesetz mit privilegierten Park- und Ladeplätzen, Öffnung von Busspuren, E-Kennzeichen 2016: Befreiung von der KFZ-Steuer, Neukaufprämie von bis zu 4000 Euro, wobei sich Staat und Hersteller die Kosten teilen 2019: Verlängerung des Programms und Erhöhung der Umweltboni auf bis zu 6000 Euro 2020: Verdopplung des staatlichen Anteils (die sogenannte Innovationsprämie als Anti-Corona-Konjunkturmaßnahme), somit bis zu 9000 Euro Prämie für reine Stromer. Förderung privater Ladestationen.
Diese Fördergelder gibt es
Das können Sie als Privatmensch beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) beantragen, wenn Sie ein E-Auto kaufen und anmelden (Stand 2021). Unter Umständen sind es bis zu 9000 Euro in Summe: 6000 Euro gibt der Staat, 3000 Euro der Hersteller parallel dazu beim Neukauf eines reinen E-Fahrzeugs, wenn der Netto-Listenpreis 40.000 Euro nicht übersteigt. Bei Plug-inHybriden sind es 4500 und 2250 Euro. 5000 Euro gibt der Staat, 2500 Euro der Hersteller beim Neukauf eines reinen E-Fahrzeugs, wenn der NettoListenpreis zwischen 40.000 und 65.000 Euro liegt. Bei Plugin-Hybriden sind es 3750 und 1875 Euro. Die Hybriden werden allerdings nur unterstützt, wenn sie höchstens 50 Gramm CO₂ (Kohlendioxid, dieses Gas gilt als klimaschädlich) pro Kilometer ausstoßen oder eine rein elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern haben. Bei Käufen ab 2025 muss die Mindestreichweite mindestens 80 Kilometer betragen. Bei Leasingfahrzeugen mit Laufdauern von unter zwei Jahren wird die Förderungssumme je nach Dauer gestaffelt. Auch junge gebrauchte Autos werden gefördert, sofern die Erstzulassung nach dem 4. November 2019 erfolgte, nicht länger als 12 Monate zurückliegt, sie weniger als 15.000 Kilometer auf dem Tacho und noch keine Förderung genossen haben – dieses trifft in der Regel aber nur auf Vorführwagen zu. Angenommen wird dann ein 80-prozentiger Listennettopreis. 5000 Euro gibt der Staat, 2500 Euro der Hersteller bei reinen Elektroautos, 3750 und 1875 Euro gibt es bei Hybriden. Einen Rechtsanspruch auf eine Förderung gibt es nicht. Die Mittel werden nur bewilligt, solange die Haushaltsposten des Bundes noch nicht erschöpft sind. Es gilt das »Windhundprinzip« – das heißt: Wer zuerst kommt, mahlt
zuerst. Es ist aber denkbar, dass fast leere Fördertöpfe wieder aufgefüllt werden – je nach politischer Stimmung und Lage. Ein gefördertes Auto muss mindestens sechs Monate auf den Namen des Antragstellers zugelassen bleiben. Die Bafa-Förderung darf seit 2020 auch wieder mit anderen Förderprogrammen kombiniert werden – zum Beispiel von den Ländern oder Kommunen. »Von Kaufprämien halte ich nichts. Das ist doch eine typisch deutsche Diskussion.« Peter Ramsauer, Bundesverkehrsminister, 2010 zu Elektroautos
Fördergelder werden ausschließlich online beantragt Die Beantragung des Umweltbonus erfolgt mittlerweile in einem Schritt nach (!) Kauf oder Leasen sowie Zulassung eines Fahrzeugs und ausschließlich online über die Internetseite des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Die Modalitäten zur Antragstellung beim Bafa wechselten in der Vergangenheit häufig. Damit ist auch in Zukunft zu rechnen. Das heißt: Der hier beschriebene Weg könnte im Detail nicht mehr stimmen, wenn Sie dieses Buch lesen. Die Systematik dürfte jedoch noch ähnlich sein. 1. Öffnen Sie die Internetseite www.bafa.de/umweltbonus. 2. Klicken Sie auf »Einzelantrag stellen« (beziehungsweise »Sammelantrag stellen«, wenn es um eine ganze Flotte geht). 3. Klicken Sie auf »Antragsformular« und dann auf »zum Antragsportal«.
4. Füllen Sie das Formular aus. 5. Uploaden Sie einen Scan von Rechnung beziehungsweise Leasingvertrag, verbindliche Bestellung und Kalkulation der Leasingrate, bei Gebrauchtwagen auch Nachweise für Listenpreis und Laufleistung, außerdem die Zulassungsbescheinigung. 6. Nach dem Ausfüllen des Formulars können Sie ein daraus generiertes PDF-Dokument sowie ein Formular zur Bestätigung der wahrheitsgemäßen Angaben herunterladen. Letzteres drucken Sie aus und unterschreiben es. 7. Etwa 15 Minuten nach Abschicken des Online-Formulars erhalten Sie eine Bestätigung per E-Mail inklusive eines Links zum Upload-Bereich. Dort laden Sie die unterschriebene Bestätigung der wahrheitsgemäßen Angaben wieder hoch. 8. Das Amt prüft die Unterlagen auch auf Vollständigkeit. Sollte etwas fehlen, bekommen Sie ebenfalls eine Mitteilung per Mail und können die Unterlagen im Upload-Bereich nachreichen. 9. Nun müssen Sie nur noch auf den Zuwendungsbescheid und auf die damit verbundene Überweisung auf Ihr Konto warten.
Stornieren Sie niemals einen Antrag! Das Bafa wertet einen erneuten Antrag für dasselbe Fahrzeug dann als Dublette und wird ihn ablehnen. Auch dürfen Sie keinen Antrag stellen, wenn das Fahrzeug noch nicht zugelassen ist – der und weitere Versuche selbst nach erfolgter Zulassung werden dann abgelehnt. »Käufer eines vollelektrischen Autos brauchen Geduld, ähnlich dem Warten auf einen Trabant in der DDR.« Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte, nach den Beschlüssen der Regierung zur Förderung von E-Autos
Auch für die private Wallbox gibt es Geld Für Kauf und Installation einer Wallbox (heimische Ladestation) gibt es unter Umständen ebenfalls Geld, und zwar bis zu 900 Euro pro Ladepunkt. Die Bundesregierung hat dafür 2020 im Rahmen des »Masterplans Ladeinfrastruktur« 200 Millionen Euro reserviert und diesen Betrag immer weiter aufgestockt. Bei Redaktionsschluss für dieses Buch war der Fördertopf von 800 Millionen gerade erschöpft, aber es ist durchaus möglich oder sogar wahrscheinlich, dass er erneut aufgestockt wird. Es lohnt sich allemal, sich danach zu erkundigen. Die Anträge werden allerdings nicht bei der Bafa, sondern bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt. Das können private Eigentümer, Wohnungseigentümergemeinschaften, Mieter und Vermieter genauso wie Wohnungsgenossenschaften tun. Für die Ladestation gibt es aber Bedingungen: Sie muss über die Normalladeleistung von 11 Kilowatt verfügen. Der Strom dafür muss zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien kommen (also Ökostromtarif). Sie muss intelligent und steuerbar sein. Sie darf nur privat und nicht gewerblich genutzt werden. Der Antrag muss vor dem Kauf und Aufbau gestellt werden, die Auszahlung erfolgt hinterher. Die Installation muss von einem Fachbetrieb erfolgen.
Auch die Modalitäten zur Antragstellung bei der KfW können sich schnell ändern. Das heißt: Der hier beschriebene Weg könnte im Detail nicht mehr stimmen, wenn Sie das Buch lesen. Die Systematik dürfte jedoch noch ähnlich sein. Informationen zur Beantragung finden Sie auch auf den Internetseiten der KfW unter www.kfw.de. Klicken Sie auf »Privatpersonen«, »Bestehende Immobilie«, »Ladestationen«. Oder Sie suchen nach »Zuschuss 440« – bedauerlicherweise gab es zur Zeit der Recherche für dieses Buch keinen kurzen Direktlink. Hier geht es zum Antrag: www.kfw.de/zuschussportal. Das funktioniert so: 1. Stellen Sie den Antrag online, gegebenenfalls müssen Sie eine Vollmacht von einer Wohneigentümergemeinschaft inklusive Liste aller Eigentümer beifügen. 2. Identifizieren Sie sich nach Mail-Bestätigung per SchufaIdentitäts-Check, Video-Identifikation oder per PostidentVerfahren. 3. Lassen Sie die Wallbox installieren. 4. Bestätigen Sie die Installation online, indem Sie die Rechnung(en) hochladen. 5. Die KfW überweist Ihnen das Geld auf Ihr Konto.
Das Finanzamt gewährt zusätzlichen Nachlass Bei Neuwagen-Zulassungen bis Ende 2025 bezahlen Sie bis 2030 keine KFZ-Steuer für reine E-Autos. Für Plug-in-Hybride gilt dies nicht mehr.
Lädt das E-Auto beim Arbeitgeber, ist das eigentlich ein geldwerter Vorteil, der versteuert werden müsste. Bis Ende 2030 bleibt er aber steuerfrei. Übrigens auch, wenn Sie als Arbeitnehmer eine Ladevorrichtung ausgeliehen bekommen. Fahren Sie ein Dienstwagen-E-Auto auch privat, müssen Sie diesen nicht mit einem Prozent des Bruttolistenpreises versteuern wie Fahrzeuge mit Otto- oder Dieselmotor, sondern nur mit 0,25 Prozent. Das kann im Jahr schon mehr als 1000 Euro auf der Habenseite ausmachen. Für Hybridfahrzeuge sind 0,5 Prozent fällig.
Kapitel 5
Was sonst noch wichtig ist IN DIESEM KAPITEL Soll man den Wagen kaufen, leasen oder den Akku mieten? Warum sollten Sie ein E-Kennzeichen beantragen? Warum sollten Sie auch in eine Wärmepumpe investieren?
Ein Auto ist keine Geldanlage – es sei denn, es handelt sich um einen Oldtimer. Die finden Sie unter den Stromern allerdings noch nicht (oder selten). Die Frage ist eher, wie man den Wertverlust über die Jahre möglichst gering halten kann. Eine Prognose darüber ist jedoch schwierig: Zum einen ist künftig eine hohe Nachfrage nach gebrauchten E-Autos zu erwarten, weil fossile Kraftstoffe mit den CO2-Abgaben immer teurer werden. Andererseits galoppieren die technischen Neuerungen, Reichweiten und Modellideen gerade auf dem E-Markt so schnell, dass ein Wagen schon in wenigen Jahren als veraltet gelten kann. Viele Käufer entscheiden sich wegen dieser Unsicherheiten für ein Leasing – das garantiert feste Raten statt Überraschungsverkaufspreis am Ende. Den Verkaufspreis steigern kann aber auch eine Wärmepumpe zum Teil. Und nur am Rande: Ein E-Kennzeichen spart auch noch etwas Taschengeld.
Kaufen, leasen oder Akku mieten? Ein Beispiel für die Preisentwicklungen der vergangenen Jahre: 2014 kosteten die ersten Volkswagen E-Golf rund 35.000 Euro. Denselben Wagen bekamen Neuwagenkäufer im Jahr 2019 für
12.000 Euro weniger, dabei hatte das Modell schon ein Facelift (englisch Produktaufwertung, benennt in der plastischen Chirurgie auch einen Eingriff zur Gesichtsstraffung) erfahren, hatte einen um ein Drittel größeren Akku und mehr Leistung. Gleichzeitig kam in derselben Zeit der saftige gesetzliche Umweltbonus von bis zu 6000 Euro hinzu (die Erhöhung der Förderung auf 9000 Euro erfolgte erst nach dem Bestellstopp). Sogenannte Early Adopters (englisch frühzeitige Anwender) – also diejenigen, die schon früh auf Elektroautos setzten – hatten dadurch allerdings erhebliche Probleme, nach vier Jahren ihren E-Golf von 2014 noch zu adäquaten Preisen wieder loszuwerden – statt der sonst bei Gebrauchtwagen üblichen Werthalbierung nach vier Jahren mussten sich die Besitzer etwa mit einem Drittel des Erlöses abfinden (das ist mein ganz persönlicher schmerzlicher Erfahrungswert). Wer seinen Wagen geleast hatte, war klar im Vorteil, auch wenn die Gesamtsumme den normalen Neuwagenkaufpreis überstieg. Ganz anders sah und sieht es (meistens) bei Tesla-Fahrzeugen aus: Nicht selten haben die ersten Model-3-Besitzer ihre Wagen nach dem ersten Jahr zum Neupreis wieder losgeschlagen, weil die Wartezeiten weiterhin sehr lang waren. Auch die Model S erster Generation erfreuten und erfreuen sich noch großer Beliebtheit, weil ihnen der Hersteller ein besonderes Bonbon mit auf den Weg gab: lebenslang kostenloses Laden an den Superchargern – wobei sich »lebenslang« auf die Haltbarkeit des Autos bezieht, nicht auf den Besitzer. Der Bonus wird an den nächsten Besitzer weitergegeben – und das hat Nachwirkungen auf den Preis. Übrigens: 2019 hatte Tesla den Bonus für Model S und Model X noch einmal eingeführt. Manche Hersteller haben bei der ersten Generation der E-Autos auch getrennte Finanzierungsmodelle für Chassis und Akku angeboten – Renault zum Beispiel bis 2020: Das Fahrzeug wurde gekauft oder geleast, der Akku gemietet. Damit sollten Interessenten die Angst genommen werden, irgendwann mit einem defekten Akku liegen zu bleiben, was einen teuren Austausch bedeutet hätte. Rund 70 Prozent der Käufer sollen sich
für die Akku-Miete entschieden haben. Auch Nissan hat seinen Leaf und Smart seinen Fortwo damit besser unter das Volk gebracht. Das Akku-Mieten ist mittlerweile passé – warum erwähne ich es dann überhaupt noch? Weil es gerade für Gebrauchtwagenkäufer wieder interessant sein kann, erst recht, wenn das Ziel der Begierde schon älter ist. Denn während beim Kauf Garantien nach einer gewissen Zeit und/oder Laufleistungen erlöschen (meistens nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern), haben Mieter auch im hohen Fahrzeugalter weiterhin die Sicherheit, nicht mit einem leistungsschwachen Akku liegen und beim Weiterverkauf darauf sitzen zu bleiben. Ist ein Mietakku defekt oder schwächelt unterhalb einer zuvor definierten Leistungsgrenze, wird er kostenlos ausgetauscht. Das ist quasi eine verlängerte Garantie. Beispielrechnung bei dem Zoe: Der Renault war beim Kauf rund 8000 Euro günstiger, wenn der Akku gemietet wurde. Der Mietpreis variiert je nach angepeilter jährlicher Laufleistung von 72,13 bis 111,13 Euro beziehungsweise bis 120,87 im Monat für eine Kilometer-Flatrate (Stand Juli 2020). Der Nachteil: Die regelmäßigen Zusatzkosten von wenigstens 853,32 Euro im Jahr bleiben immer gleich, auch wenn der Wagen selbst fast nur noch Schrottwert hat.
E-Kennzeichen gewährt Sonderrechte Das E am Ende des KFZ-Kennzeichens signalisiert: Hier ist ein Auto mit E-Motor unterwegs. Es ist erhältlich für reine akkubetriebene E-Autos, aber auch für Plug-in-Hybride sowie Fahrzeuge mit Brennstoffzelle. Der Zusatzbuchstabe kostet bei der Zulassung nichts, es ist aber auch keine Pflicht – manch
lange Kombination ist aus Platzgründen dann nämlich nicht mehr möglich. Es lohnt sich aber, das E einstanzen zu lassen. Denn die meisten Privilegien im Straßenverkehr werden nur Autos mit dem E gewährt – zum Beispiel kostenloses Parken in Innenstädten und an Ladesäulen, das Befahren von Busspuren oder Ausnahmen von Durchfahrtsverboten. Sie erkennen dies an Verkehrszeichen mit dem Zusatzschild »E-Auto«. Sonstige Zeichen, Zettel in der Windschutzscheibe und Aufkleber oder allein das eingesteckte Ladekabel an der Ladesäule nützen Ihnen leider nichts: Unter Umständen kassieren Sie einen Bußgeldbescheid, wenn Sie es ohne E-Kennzeichen versuchen. Und: Das Kennzeichen E ersetzt nicht die grüne Umweltplakette an der Windschutzscheibe, um bestimmte Umweltschutzzonen zu befahren. Diese Plakette müssen Sie trotzdem extra aufkleben lassen. Das kostenlose Parken auf öffentlichen Plätzen und Rechte auf Sonderfahrspuren wird in den Kommunen völlig unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle Städte gewähren es oder binden es an bestimmte Parkdauern oder -zeiten. Daher: Informieren Sie sich am besten vor einem Städtetrip auf den Homepages der jeweiligen Kommune, was dort mit E-Kennzeichen erlaubt ist.
Wärmepumpe ist wärmstens zu empfehlen Elektroautos haben im Gegensatz zu Verbrennern ein Problem: Der Motor ist sparsam und effektiv, gibt dafür aber kaum Wärme ab, die verhindern könnte, dass die Insassen im Winter kalte Füße bekommen. Die einfachste Methode, dieses Manko auszugleichen, ist eine einfache Heizspirale, die ordentlich Strom aus dem Akku saugt, um die Zuluft zu erwärmen. Das können
nach meinen persönlichen Erfahrungen mit meinem ersten E-Auto von 2014 schon mal 2,5 Kilowatt sein. Das kostet jedoch Reichweite, und das in einer Situation, in der der Akku durch niedrige Außentemperaturen ohnehin schon recht zäh und unwillig ist. Als Lösung preisen viele Hersteller die sogenannte Wärmepumpe an. Das Prinzip ist simpel und altbekannt, nämlich seit 1852. Sie erzeugt eigentlich gar keine Wärme, sondern entzieht sie der Umgebungsluft und gibt sie im Innenraum wieder ab. Sie funktioniert genauso wie ein Kühlschrank, nur dass dabei innen und außen vertauscht sind.
Abbildung 5.1: So funktioniert eine Wärmepumpe. Quelle: Silberstein nach einer Vorlage des Bundesverbands Wärmepumpe e.V.
Mittels eines elektrisch betriebenen Kompressors (Verdichter, von compressare: lateinisch pressen) wird ein Gas in einem Ringrohrsystem unter Druck gesetzt – es verflüssigt sich und gibt Kondensationswärme (Wärmeenergie, die bei der Verflüssigung abgegeben wird, von condensatio: lateinisch Verdichtung) über einen Wärmetauscher in den Innenraum ab. Hinter einem
Expansionsventil (Ausdehnungsventil, von expandere: lateinisch ausbreiten) lässt der Druck nach und das Arbeitsmittel geht wieder in den gasförmigen Zustand über. Dazu nimmt es wieder Wärmeenergie auf, im Falle eines E-Autos aus der Außenluft. In der Folge gelangt das Gas wieder in den Kompressor und der Kreislauf beginnt von vorn. Das Schöne an dieser Technik ist, dass die dabei gewonnene Wärmeenergie unter günstigen Bedingungen viel größer ist als der Energieaufwand zum Betrieb des Kompressors – bis zum Vierfachen! Der Wirkungsgrad ist umso besser, je geringer der Temperaturunterschied zwischen innen und außen ist. Das heißt aber auch: Bei starken Minustemperaturen ist die Pumpe ineffektiv, dann hilft doch wieder nur die Heizspirale, die trotzdem verbaut ist. Tesla hat vor 2020 ganz auf Wärmepumpen verzichtet. Der amerikanische Hersteller war der Meinung, dass Wärmepumpen Geld-, Platz- und Ressourcenverschwendung sind. Um die Energie für Wärme im Innenraum aufzubringen, verbaute Elon Musk lieber etwas mehr Batteriekapazität. Denn was bringt dem Fahrer eine Wärmepumpe im warmen Kalifornien oder auch im kanadischen Sommer? Nichts. Eine größere Batterie dient dagegen der Reichweitenexpansion, wenn die Kapazität nicht gerade für heiße Luft gebraucht wird. In kälteren Gefilden macht eine Wärmepumpe dagegen durchaus Sinn.
Bewährt hat sich in E-Autos bisher auch die gute alte Sitzheizung: Die braucht nämlich nach Messungen des ADAC nur etwa 100 Watt – pro Popo. Eine Lenkradheizung, sofern verfügbar, rund 50 Watt. Der Grund ist, dass hier die Wärmeenergie direkt an den Körper abgegeben wird, statt einen Umweg zu nehmen über ein relativ großes Volumen an Luft, das gleichzeitig wieder an Inneneinrichtung und Glasscheiben abkühlt und obendrein über Lüftungsschlitze wieder hinausgepustet wird. Wohlige Wärme muss also nicht viel Energie und damit Reichweite kosten.
Teil II
Rund um die Technik
IN DIESEM TEIL … Wie ist ein E-Auto aufgebaut? Was sind die Unterschiede zu Hybriden und Wasserstoffautos? Wie funktionieren E-Motoren und Lithium-Ionen-Akkus, die zurzeit (noch) meistens verwendet werden?
Kapitel 6
Was Elektroautos ausmacht IN DIESEM KAPITEL Was sind die Unterschiede zum herkömmlichen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor? Wie sieht es unter der Haube eines Hybrids aus? Worin unterscheidet sich ein E- vom Wasserstoffauto?
An dieser Stelle geht es um die Grundlagen eines Elektroautos. Damit werden Sie in späteren Kapiteln leichter verstehen, warum ein E-Auto im Winter öfter aufgeladen werden muss als im Sommer und warum Sie den Akku nicht immer randvoll laden sollten. Ein Elektroauto ist in vieler Hinsicht genauso aufgebaut wie herkömmliche Autos mit Verbrennungsmotoren. Manche können Sie auf den ersten Blick nicht einmal von Letzteren unterscheiden. Sie haben vier Räder, fahren vor und zurück, können lenken und so weiter. Das heißt: Chassis, Innenausstattung und Fahrwerk sind im Prinzip identisch mit Verbrennervarianten. Die großen Unterschiede liegen in Motor, Antriebsstrang und Energiequelle. Werfen Sie mal gedanklich folgende Komponenten aus einem herkömmlichen Wagen heraus: Kolbenmotor Schalt- beziehungsweise Automatikgetriebe Kupplung Abgasanlage inklusive Katalysator oder Rußpartikelfilter Tank und Tankstutzen
Lichtmaschine Luftfilter Folgende Komponenten werden trotzdem weiterhin in gleicher oder ähnlicher Form gebraucht: Chassis Fahrwerk inklusive Hydraulikbremsen Differenzialgetriebe auf der oder den Antriebsachse(n) Feststellbremse Kühlsystem (für Heizung, Klimaanlage und gegebenenfalls für Akku-Heizung und Kühlung) Klimaanlage 12-Volt-Starterbatterie (für die Bordelektronik und Funktionen wie Warnblinker) Lichtanlage Innenausstattung inklusive Cockpit und Lenkrad Diese Komponenten kommen ganz neu hinzu: Elektromotor(en) Übersetzungsgetriebe (in der Regel ein kleineres EingangGetriebe) Hochvolt-Akku inklusive Unterbodenschutz (gegen Beschädigungen) Gegebenenfalls Temperaturmanagement für den Akku – meistens im Zusammenspiel mit der konventionellen Heizung/Kühlung Leistungselektronik: Ladegerät inklusive Gleichrichter (für Wechselstrom) und Inverter (für die Motoransteuerung) Spannungswandler (zum Laden der 12-Volt-Batterie) Elektrische Heizung beziehungsweise Wärmepumpe
Ladesteckdose Ladekabel Der schwere Akku wird in ausschließlich für den E-Motor konzipierten Fahrzeugen im Unterboden zwischen den Achsen platziert. Das wird als Skateboard-Architektur bezeichnet. Dadurch ergibt sich eine optimale Gewichtsverteilung und der Schwerpunkt des Wagens liegt möglichst tief – was die Straßenlage begünstigt. Sprich: Der Wagen kippt in Kurven nicht so stark zur Seite. Der oder die relativ kleinen Motoren werden an den Achsen angesiedelt. Der Innenraum lässt sich im Vergleich zu Verbrennern günstiger einteilen beziehungsweise vergrößern, weil vor den Vordersitzen kein großer Motorblock im Wege ist – manche Autos warten sogar mit einem zusätzlichen Stauraum unter der Vorderhaube auf. Auch eine Mittelkonsole ist nicht unbedingt erforderlich, weil große Getriebeeinheiten entfallen. »Wie so ein E-Auto produziert wird, sagt Ihnen erstmal niemand. Das behandeln die Unternehmen streng geheim.« Christian Bauer, Wissenschaftler am Labor für Energiesystemanalyse am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen/Schweiz
Tanken oder laden? Manche E-Auto-Enthusiasten sind nicht weniger eigen als Heißluftballonpiloten, die »fahren« statt »fliegen«, und zucken zusammen, wenn sie von Passanten an der Ladesäule gefragt werden, wie lange es denn dauert, bis der Wagen »vollgetankt« ist. In den Medien, in der Werbung, selbst an Ladesäulen: Allenthalben ist die Rede vom »Stromtanken«. Belehrungen, dass man Strom zwar fließen lassen kann, aber den Akku bestenfalls »laden« und nicht »betanken« kann (oder haben Sie Ihren Laptop schon einmal betankt?), sind nicht nur zwecklos, sondern auch unangebracht. Die Energieversorgung von Fahrzeugen werden die Menschen auch die nächsten 100 Jahre vermutlich noch als Tankvorgang bezeichnen, und das ist auch gut so, denn die Beibehaltung der herkömmlichen Begriffe nimmt die Angst vor einer neuen Technologie.
Hybride – der Kompromiss zwischen alt und neu Unter Hybriden versteht man Mischformen, also Fahrzeuge, die sowohl einen konventionellen Verbrennungsmotor besitzen als auch parallel dazu die Komponenten eines E-Fahrzeugs: E-Motor und Akku. Dabei handelt es sich gar nicht um eine neue Erfindung: Schon die Autobauer-Pioniere experimentierten um das Jahr 1900 mit gemischten Antrieben.
Parallele Hybride In der Regel sind Hybrid-Antriebe so aufgebaut, dass sowohl Verbrennungs- als auch E-Motor ihre Kraft entweder einzeln oder gleichzeitig auf den Antriebsstrang übertragen können – also in einem Paket mit Kupplung und Automatikgetriebe. Die Leistungen beider Motoren addieren sich. Man spricht von parallelen Hybriden (parallel: nebeneinander). Wirklich wiederbelebt wurden diese Techniken erst wieder ab Ende der 1990er Jahre mit Autos, die neben den Überschüssen der Lichtmaschine auch Teile der Bremsenergie in der Starterbatterie speichern und diese Energie beim Beschleunigen wieder in das Antriebssystem zurückgeben (Boost-Funktion) – also den Verbrennungsmotor lediglich unterstützten, das aber durchaus effektiv und kraftstoffsparend in ungünstigen Drehzahlbereichen. Solche Autos nennt man heute Micro-Hybride (vom griechischen mikrós: klein). Bei sogenannten Mild-Hybriden (mild englisch: ein bisschen) kommt ein eigener, größerer Akku hinzu, auch ein größerer EMotor ist im Einsatz – der dient dem ganzen Antriebssystem gleichzeitig als Generator, der Strom erzeugt. Mit so einem Wagen lassen sich auch gewisse Strecken allein mit elektrischem Strom zurücklegen, während der Verbrennungsmotor mal
ausgeschaltet bleibt. Toyota hat recht früh diese Hybridtechnik im Prius zur Perfektion gebracht und war Vorbild für viele andere. Allein mit Bremsenergie und Überschüssen aus dem Stromgenerator kommt man aber nicht sehr weit. Will man größere Distanzen elektrisch zurücklegen, braucht es nicht nur noch größere Akkus, sondern auch die Möglichkeit, nachzuladen, wenn der Wagen parkt – also Ladeklappe und Leistungselektronik. Solche Autos nennt man Plug-in-Hybride (plug englisch: Stecker). Sprich: Sie können an einer Ladestation oder an einer normalen haushaltsüblichen Schuko-Steckdose aufgeladen werden.
Serielle Hybride Es gibt aber auch serielle Hybride (seriell: hintereinander). Dabei treibt der Verbrennungsmotor (oder ein Motor mit anderer Energiequelle) einen Stromgenerator an, der wiederum den Akku des Autos speist. Der Antrieb erfolgt dann rein elektrisch ausschließlich aus dem Akku. Der Vorteil ist, dass der Verbrennungsmotor dauerhaft im optimalen Drehzahlbereich laufen kann – nur dafür ist er dann dimensioniert. Somit dient der Verbrennungsmotor quasi nur als fortwährende Energiequelle des Akkus eines im Prinzip reinen E-Autos – als Range Extender (englisch: Reichweitenerweiterer). Ein bekanntes Beispiel ist der BMW i3 mit optionalem Range Extender. Kombinierte oder sogenannte Mischhybride schaffen es, die Betriebsart umzustellen: mit dem Verbrennungsmotor Strom generieren, Akku aufladen und E-Motor antreiben (seriell) oder Antriebswelle mechanisch direkt antreiben – gegebenenfalls mit Unterstützung des E-Motors aus dem Akku (parallel).
Abbildung 6.1: Der BMW i8 von 2013 ist ein Plug-in-Hybrid, und zwar ein paralleler: Der Ottomotor treibt die Hinterräder an, der E-Motor die Vorderräder. Quelle: Silberstein nach einer Vorlage von Design Milk, CC-2.0-Lizenz
Gas- oder Strompedal? Manche E-Mobilisten reiten darauf herum, dass es eigentlich »Strom-« statt »Gaspedal« heißen müsste. Erst dabei fällt Gewohnheitsmenschen auf, dass dieser Begriff auch schon vor der Elektro-Revolution merkwürdig war: Müsste es nicht eher Benzin- oder Diesel-Pedal heißen? Nein, Kenner wissen: In Ottomotoren regelte das Pedal ursprünglich tatsächlich die Zufuhr eines GasLuftgemisches in die Brennkammern – und zwar mit einem Schieber in den Vergasern (!). Das ist aber mit der Einspritztechnik ohnehin schon passé. Die Gaspedale werden auch da schon digital in der Stellung ausgelesen und danach die Luftzufuhr geregelt. Insofern brauchen wir nun auch nicht bei EAutos beharrlich auf eine Umbenennung zu pochen.
Wasserstoffautos sind mit EAutos verwandt
Wir können es kurz machen: Ein Wasserstoffauto ist keine völlig andere Technik, sondern nichts anderes als ein serieller Hybrid mit einer Strom erzeugenden Brennstoffzelle als Range Extender. Das heißt: Es ist ein Elektro-Auto mit allem Pipapo, Vor- und Nachteilen – eben mit E-Motor und Lithium-Ionen-Akku. Nur wird der Akku zur Reichweiten-Erweiterung ständig durch die Brennstoffzelle nachgeladen. So sind je nach WasserstofftankGröße Fahrten von 500 bis 700 Kilometern möglich. Das Prinzip ist uralt, Christian Friedrich Schönbein hat es 1838 entdeckt: In der Brennstoffzelle wird chemische Energie in elektrischen Strom gewandelt – quasi in einer umgekehrten Elektrolyse, also bei einem chemischen Prozess. Als Brennstoff eignet sich unter anderem Wasserstoff (H2). Der oxidiert zusammen mit dem Sauerstoff (O2) aus der Luft zu Wasser (H2O), die frei werdenden Elektronen erzeugen die nutzbare elektrische Spannung.
Abbildung 6.2: Aufbau eines Autos mit Brennstoffzelle.
Quelle: Silberstein nach Vorlage von Peter Welleman, Public domain
Der E-Motor im Auto kann allerdings direkt von einer Brennstoffzelle nicht optimal mit Strom versorgt werden. Denn diese kann nicht sehr schnell in der Leistung rauf- oder herunterreguliert werden, ein Akku ist als Puffer unverzichtbar. Jedoch kann dieser kleiner ausfallen als in einem reinen E-Auto: Bei den derzeit verfügbaren Fahrzeugen mit Brennstoffzelle liegen die Akkukapazitäten bei unter 10 Kilowattstunden.
Batterie oder Akku? Der Begriff »Batterie« ist eigentlich nicht ganz korrekt: Nach DIN 40729 heißen wieder aufladbare Stromspeicher eigentlich Akkumulatoren, kurz: Akkus. Oder »Sekundärbatterien«. Aber die Begriffe haben sich mittlerweile verwischt. Erst recht in der Welt der E-Mobilität, die seit den 2000er Jahren insbesondere durch Tesla und fernöstlichen – auf jeden Fall aber nicht deutschen – Entwicklern innovativ vorangetrieben wird. Die wissenschaftliche Sprache in dieser Branche ist nun einmal Englisch, genauer: amerikanisches Englisch. Der britische »accumulator« ist da unbekannt, es gibt nur die »rechargeable battery«. In der Angleichung der Sprachen setzt sich auch bei E-Autos der Begriff Batterie durch – merkwürdigerweise bei Laptops und Smartphones aber nicht unbedingt.
Kapitel 7
Starkes Duo: E-Motor und Lithium-Ionen-Akku IN DIESEM KAPITEL Was sind die physikalischen Grundlagen eines Elektromotors? Woraus besteht so eine aufladbare Batterie für E-Autos? Wie haltbar ist ein Lithium-Ionen-Akku?
Kernstücke eines jeden Elektromobils sind der Stromspeicher und der Elektromotor – also der Energielieferant und der Energieverwerter, der die Energie in Bewegung umsetzt. Das Prinzip eines Elektromotors ist schon alt: Er wurde bereits 1837/38 patentiert. Und er ist nach wie vor als Antriebsmaschine beliebt, weil er äußerst effizient im Umgang mit Energie ist – zuverlässig, verschleiß-, wartungs-, geräusch- und vibrationsarm. Bei den Akkus dagegen experimentieren Forscher nach wie vor an den geeignetsten Mischungen an chemischen Bestandteilen. Stand der Technik sind zurzeit (noch) Lithium-Ionen-Akkus.
Im Elektromotor geht es rund Elektromotoren machen sich die gegenseitige Wirkung von elektrischer Ladung und Magnetismus zunutze. Zum Verständnis müssen Sie ein wenig Schulphysik wiederholen: Jeder Magnet hat einen Nordpol und einen Südpol. Auf sogenannte ferromagnetische Stoffe wie Kobalt, Eisen und Nickel wirken die Magnetkräfte anziehend.
Zwei Magnete können sich anziehen oder abstoßen, je nach Lage zueinander: Stehen sich zwei gleiche Pole gegenüber (Süd- und Südpol, Nord- und Nordpol), sprich, sind ihre magnetischen Felder entgegengesetzt, stoßen sie sich ab. Stehen sich zwei unterschiedliche Pole gegenüber und liegen die Magnetfelder in der gleichen Richtung, ziehen sie sich an. Auch Strom hat zwei Pole: Plus- und Minuspol, also eine positive und eine negative elektrische Ladung – was an jeder haushaltsüblichen Gerätebatterie zu sehen ist. Magnetfelder und Stromladungen wirken ebenfalls aufeinander ein – das nennt man Lorentzkraft, benannt nach dem niederländischen Mathematiker und Physiker Hendrik Antoon Lorentz: Ein magnetischer Nordpol zieht die elektrische Minusladung an und stößt die Plusladung ab. Und umgekehrt zieht der magnetische Südpol die elektrische Plusladung an und stößt die Minusladung ab. Ein Elektromagnet nutzt die Lorentzkraft und verstärkt die Wirkung, indem eine Stromleitung um einen ferromagnetischen Kern gewickelt ist – als Spule. So wird mit einem Elektromagneten ein Magnetfeld erzeugt, das sich je nach Stromfluss beliebig ein- und abschalten und sogar umpolen lässt. Das alles sind die Bausteine und physikalischen Hintergründe für Elektromotoren – sie sind erstaunlich simpel aufgebaut: Mehrere Elektromagnete und Magnete (oder nur Elektromagnete) sind so um und an einer Achse angeordnet, dass die gegenseitigen Anziehungs- und Abstoßungskräfte beim regelmäßigen Umpolen eine Drehbewegung erzeugen. Dies zeigt auch Abbildung 7.1.
Abbildung 7.1: Das Funktionsprinzip eines Gleichstrom-Elektromotors. Der Wechsel des Magnetfeldes wird über Schleifringe und -kontakte erzeugt. Quelle: Silberstein
Da ein Akku im E-Auto Gleichstrom bereithält, könnte man annehmen, dass die meisten Fahrzeuge auch von reinen Gleichstrom-Elektromotoren wie in Abbildung 7.1 angetrieben werden. Das ist allerdings nicht der Fall, weil sie weniger effektiv als Wechselstrom- beziehungsweise Drehstrom-Motoren arbeiten (mehr zu den Unterschieden zwischen diesen beiden Stromarten erfahren Sie in Kapitel 9 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom«). Sie haben eine geringere Leistungsdichte und einen schlechteren Wirkungsgrad. Zudem benötigen sie für den Magnetfeldwechsel im Rotor Schleifringe und -kontakte (Bürsten). Diese verschleißen durch Reibung und können störende Funkenfeuer erzeugen. Deshalb verwenden die meisten E-Autos DrehstromElektromotoren. Dazu muss der Gleichstrom im Auto wieder durch einen Wechselrichter in Wechselstrom gewandelt werden, und zwar in drei Strom führende Phasen mit zeitlich versetzter Wechselspannung. Diese sorgt in Elektromagneten automatisch
für die entsprechende Umpolung. Dafür braucht es in den meisten Fällen keine verschleißenden Kontakte. In Elektrofahrzeugen kommen diese Arten von WechselstromMotoren zum Einsatz: Bei permanenterregten Synchronmotoren (PSM) befinden sich im Rotor Permanentmagnete aus seltenen Erden, während außen herum platzierte Elektromagnete (Stator) durch Drehstrom für ein rotierendes Magnetfeld sorgen. Diese Motoren sind klein und effizient, aber teuer. Man findet sie zum Beispiel in VW ID.3, Porsche Taycan und vielen Hybriden. In fremderregten Synchronmotoren (FSM, oder auch stromerregte Synchronmotoren genannt, SSM) sind die Permanentmagnete durch Elektromagnete ersetzt, die unter Gleichstrom stehen – was wiederum die Effektivität mindert und unter Umständen doch wieder verschleißende Schleifkontakte erfordert. Diese Motoren sind aber besonders günstig und treiben zum Beispiel Renault Zoe und den eSmart an. Asynchronmotoren (ASM) heißen so, weil das außen durch Elektromagnete erzeugte Magnetfeld schneller rotiert als der elektromagnetische Rotor im Innern. Stator und Rotor laufen also nicht synchron. Sie sind schwerer und weniger effektiv, aber können auch mal für eine kurze Zeit mit Überlast betrieben werden, was wie ein Booster wirkt. Daher sind diese Motoren bei Premiumfahrzeugen wie Tesla Model S und X, Mercedes EQC und Audi E-Tron zu finden. Tesla kombiniert auch Asynchron- und Synchronmotoren. Als vierte Variante kämen Reluktanzmotoren infrage, werden aber in Reinform nicht verbaut, sondern nur als veränderte permanenterregte Synchronmotoren (also als Hybride). Reluktanz (von reluctari, lateinisch: widerstreben) bezeichnet den magnetischen Widerstand. Dabei wirken die von den äußeren Spulen erzeugten Magnetfelder nicht nur auf die Permanentmagnete, sondern zusätzlich auf den aus weichmagnetischen Materialien (wie Eisen) speziell geformten
Rotor, der mit Permanentmagneten besetzt ist. Somit sind bei gleicher Leistung weniger teure Magnete erforderlich. So spricht BMW beim i3 von einem zusätzlichen Reluktanzmoment.
Abbildung 7.2: Elektromotor der Zulieferfirma Aisin mit Übersetzungsgetriebe auf der Mondiale Paris Motor Show 2018. Quelle: Silberstein nach einer Vorlage von Matti Blume, CC-BY-SA 4.0
Der Wirkungsgrad eines E-Motors liegt bei mehr als 90 Prozent. Das heißt: Mehr als 90 Prozent der elektrischen Energie, die am Motor ankommt, wird in Bewegungsenergie umgesetzt. Nur ein kleiner Teil geht in Form von Reibung und Wärme verloren. Zum Vergleich: Ein Ottomotor hat einen Wirkungsgrad von weniger als 40 Prozent, ein moderner Diesel im besten Fall von etwas mehr als 40 Prozent.
Lithium-Ionen-Akkus, die Energiesammler Die Idee von wiederaufladbaren Batterien ist schon mehr als 120 Jahre alt. Aber nach wie vor steht diese Frage im Raum: Wie kann man auf möglichst kleinem Raum und mit geringem Gewicht sowie möglichst günstig so viel Energie wie möglich speichern? Die Lithium-Ionen-Technik erfüllt diese Anforderungen derzeit am besten – darum geht es in diesem Abschnitt. Dieser Akku-Typ kennt keinen Memory-Effekt (häufiges Teil- statt Vollladen und -entladen führt also nicht zu Kapazitätsverlusten) und ist relativ lange halt- und gut recycelbar. Deshalb finden Lithium-Ionen-Akkus vielfach Verwendung, ob in Handy, Laptop oder als Stromspeicher für ganze Häusergruppen. Und natürlich in E-Autos. Der Akku eines Fahrzeugs besteht aus mehreren Akku-Packs – also miteinander verbundenen Paketen – und die wiederum aus einzelnen Akku-Zellen. Eine Zelle ist die kleinste Speichereinheit und ist in mehreren Schichten aufgebaut, die gerollt oder gefaltet sind. Jetzt geht es unvermeidbar tief in die Chemie. Sie können die folgenden Punkte überlesen, wenn Ihnen die Information reicht, dass elektrische Energie in Lithium-Ionen-Akkus in chemische Energie gewandelt wird und umgekehrt. »Technik ist am mächtigsten, wenn man sie nicht sehen kann.« Dan Kaufman, Leiter von Googles Geheimlabor Advanced Technologies and Products (ATAP)
Der Aufbau
Ein Akku hat zwei Pole, zwischen denen eine elektrische Spannung anliegt (siehe Abbildung 7.3): Plus und Minus, also positiv und negativ geladene Elektroden (Kathode (+) und Anode (-) genannt). In Lithium-Ionen-Akkus werden als leitfähige, aber chemisch zu den Elektroden die nicht reaktionsfähigen Materialien Aluminium an der Kathode (+) und Kupfer an der Anode (-) eingesetzt – in Folienform. Die Kathode (+) besteht aus Metalloxiden, in denen LithiumIonen eingelagert werden können, die Anode (-) aus einer Grafit-Kristallgitter-Struktur, in der bei einem vollen Akku bereits Lithium-Atome eingelagert sind. Dort teilen sich diese je ein Elektron (Elementarteilchen von Atomen und Ionen, immer negativ geladen) mit dem Grafit. Ionen sind Atome, denen Elektronen fehlen – deshalb ist ihre relative Ladung positiv. Zwischen Kathode und Anode befindet sich eine Elektrolytlösung aus einem organischen Lösungsmittel und einem Leitsalz, in dem sich Lithium-Ionen frei bewegen können. In der Mitte liegt eine Membran (eine Trennschicht, auch Separator genannt), die nur diese durchlässt, nicht aber Metallionen, Teile des Grafits oder Elektronengas. Denn das bedeutete einen Kurzschluss. Die Lithium-Atome im Grafit haben eine größere Affinität (Anziehungskraft) zum Material der Kathode (+) als zur GrafitAnode (-). Das heißt: Sie haben den Drang, sich zur Kathode zu bewegen. Dies ist als elektrische Spannung an den Polen messbar.
Abbildung 7.3: Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus. Quelle: Silberstein
Beim Fahren 1. Wird der Akku entladen (also beim Fahren), wird die chemisch gespeicherte Energie in elektrische gewandelt (siehe Abbildung 7.4): Die Lithium-Ionen lösen sich vom Grafit und geben das gemeinsam gebundene Elektron (negativ) an den Stromkreis ab. Die Elektronen können zur Kathode (+) nur den Umweg über die elektrischen Leitungen nehmen. Die Energie des Stromflusses wird in Motor, Heizung und anderen Verbrauchern genutzt. 2. Die an der Kathode (+) ankommenden Elektronen (negativ) verbinden sich mit dem Metalloxid, das dadurch seine Ladung ändert. Durch den Ladungsüberschuss an der Kathode
werden die frei gewordenen Lithium-Ionen (positiv) angezogen. Diese wandern durch den Separator zum Metalloxid – in Summe wird die Kathode somit ladungsneutral.
Abbildung 7.4: Beim Fahren, also beim Entladen des Akkus, wird chemisch gespeicherte Energie in elektrische gewandelt. Quelle: Silberstein
Beim Laden 1. Wird der Akku aufgeladen (zum Beispiel an einer Ladesäule), läuft der Prozess umgekehrt (siehe Abbildung 7.5): Elektrische Energie wird wieder in chemische gewandelt. Durch die
Ladeelektronik liegt eine elektrische Spannung an den Elektroden an – höher als die momentane des Akkus. Die Kathode wird zur Anode und umgekehrt. 2. Dem Akku-Pluspol (jetzt Anode) werden aus dem Metalloxid Elektronen (negativ) entzogen und über die elektrischen Leiter dem Minuspol (jetzt Kathode) zugeführt. Dort gibt es dadurch einen negativen Ladungsüberschuss, der die Lithium-Ionen aus dem Metalloxid anzieht. Sie wandern durch den Separator und nehmen zusammen mit dem Grafit je ein Elektron (negativ) auf. Dies geschieht entgegen ihrer größeren Affinität – das heißt: Für diesen Prozess muss Energie von außen zugeführt werden.
Abbildung 7.5: Beim Aufladen des Akkus wird aus elektrischer Energie wieder chemisch gespeicherte. Quelle: Silberstein
Eine übliche Akkuzelle liefert eine Nennspannung von 3,6 Volt. Diese vielfach in Reihe geschaltet ergeben die nötigen Hochvoltakku-Pakete mit mehreren Hundert Volt. Üblich sind 400 Volt oder gar 800 Volt wie bei Porsche Taycan, Audi etron GT, Hyundai Ioniq 5 und Kia EV 6.
Die Akkus sind seit einigen Jahren ein spannendes Forschungsfeld mit vielfachen und schnellen Entwicklungen und mit noch ungeahnten Potenzialen. Insbesondere wird das Zusammenspiel verschiedener Materialien für Anoden, Kathoden und Elektrolyte getestet. Namhafte Hersteller forschen derzeit vor allem an Feststoffbatterien, die die Reichweiten deutlich vergrößern und Ladedauern verkürzen sollen. Zum Einsatz kommt darin ein festes Leitmedium zwischen Plus- und Minuspol statt einer Elektrolytlösung. »Wer die dickste Batterie hat, ist der Coolste.« Achim Kampker, StreetScooter-Gründer, kritisiert die Elektro-SUVs
Ein Jungbrunnen für den Akku Pauschal lässt sich nicht sagen, wie lange Lithium-Ionen-Akkus ausreichend Leistung zeigen – mehrere Faktoren sind dafür ausschlaggebend: die chemische Zusammensetzung der Akkuzellen der technische Aufbau durch die Fahrzeugentwickler die Häufigkeit des Ladens und Entladens Lade- und Fahrverhalten des Besitzers Für Lithium-Ionen-Akkus gilt generell, dass hohe Temperaturen sowie lange Zeiträume mit nahezu leerem oder randvollem Akku schädigend für die chemischen Strukturen der Zellen sind, im Besonderen der Grafitgitter. Sprich: Je öfter diese Situationen vorkommen, desto mehr und schneller verliert der Akku an Kapazität und Leistung. Die Hersteller tragen bereits Vorsorge, um die größten Risiken zu minimieren:
Die Bordelektronik regelt die Lade- oder die Fahrleistung herunter, wenn es nötig wird. Denn das Auf- und Entladen erzeugt durch die Innenwiderstände Wärme – umso mehr, je größer der Stromfluss ist. Ein Teil der Energie, die eigentlich zum Fahren gedacht war, geht dafür verloren (je nach Akku und Ladeelektronik zwischen zwei und zehn Prozent). Ab 30 Grad Celsius bekommen die Akkus bereits Stress. Immer mehr Fahrzeugmodelle haben eine aktive Kühlung beziehungsweise Heizung ihrer Zellenpakete – damit kann die Leistungsreduktion vermieden werden, kostet aber zusätzlich Energie. Die Fahrzeuge sind so programmiert, dass die Randbereiche der Akku-Kapazität gar nicht genutzt werden. Sprich: Sie sind eigentlich 10 bis 15 Prozent größer dimensioniert, um Puffer nach oben und unten zu gewähren. Wir sprechen daher von Brutto- und Netto-Akkugröße. Das heißt: Selbst wenn im Cockpit 100 Prozent Vollladung angezeigt wird, wäre eigentlich noch Luft nach oben. Auch wer mit leerem Akku auf der Strecke stehen bleibt, hätte eigentlich noch Strom für ein paar Kilometer – dann aber hinterher einen beschädigten Stromspeicher, wenn er diesen nutzen dürfte.
Sie können die Lebensdauer des Akkus erhöhen, wenn Sie möglichst nicht immer vollladen und nicht immer fast leer fahren, auch wenn Sie langsam statt schnell laden. Siehe auch Kapitel 12 »Ein bisschen Pflege tut dem Akku gut«, Abschnitt »Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen«. Kaufen Sie ein Auto mit einer aktiven Akku-Kühlung, wenn Ihnen die Akku-Haltbarkeit wichtiger ist als minimaler Stromverbrauch. Doch auch wenn ein Akku sehr schonend behandelt wird: Mit der Zeit und mit jedem Ladezyklus – man spricht dabei vom Laden der Menge Strom, die der Gesamtkapazität des Akkus entspricht, egal in wie vielen Einzelladungen – baut er ab. Dabei häufig nicht linear, sondern in einer Kurve: Die Kapazität verliert in den ersten
Jahren relativ schnell bis auf etwa 90 Prozent, danach reduziert sie sich langsamer, die Kurve flacht ab. Parallel dazu steigen die Innenwiderstände, die die Leistung – zum Beispiel für die Beschleunigung – reduziert. Letzteres merken die Besitzer in der Regel nicht, weil die Fahrzeuge in der Höchstgeschwindigkeit ohnehin limitiert sind. Die Degradation (lateinisch degradare: herabsetzen, Kapazitätsverluste) machen sich allerdings eindeutig in der Reichweite bemerkbar. Nach einer Faustformel verlieren die in Elektroautos verbauten Lithium-Ionen-Akkus nach 500 bis 1200 Ladezyklen und acht bis zehn Jahren etwa 20 bis 30 Prozent ihrer Kapazität. Das wäre bei sehr kleinen Akkus (zum Beispiel mit 30 Kilowattstunden Kapazität) etwa nach einer Gesamtfahrleistung von 80.000 bis 200.000 Kilometern. Bei größeren Akkus ist dieses Level erst nach viel mehr Kilometern erreicht, weil die Ladezyklen größer ausfallen: mit einem 100-kWh-Akku eben erst zwischen fast 280.000 und 667.000 Kilometern. Faustformeln führen allerdings bei vielen Neulingen zu der Annahme, dass die Akkus dann schrottreif seien und ausgetauscht werden müssten. Dem ist nicht so! Die meisten Akkus halten noch sehr viel länger – verlieren nur weiter an Kapazität und Leistung, die Autos somit an Reichweite. Selbst nach dem Ableben des Chassis sehen die Recyclingpläne der Hersteller vor, Akkus hinterher weiter als stationäre Speicher einzusetzen. Dort kommt es weniger auf das Verhältnis von Kapazität, Volumen und Gewicht an, also kann man mehrere altgediente Akkus mit verminderter Leistung zusammenschalten.
An der Haltbarkeit der Batteriezellen wird weiter geforscht – in dieser Hinsicht wird es in Zukunft noch bessere Entwicklungen geben. Nur als Hintergrund: Nach einer Studie von 2013 in den USA hatten die Akkus von 100 Tesla Roadster nach 160.000 Kilometern noch 80 bis 85 Prozent ihrer Kapazität. Fünf Jahre später hat die Auswertung von 350 Fahrern verschiedener Teslas eine Restkapazität von über 90 Prozent nach 200.000 Kilometern ergeben. Der Kauf eines größeren Akkus macht nicht nur Sinn, wenn Sie eine möglichst große Reichweite haben möchten, sondern auch, wenn der Akku möglichst lange halten soll. Denn je größer die Kapazität ist, desto langsamer altert er – für die gleiche Laufleistung über die gesamte Lebensdauer sind nämlich weniger Ladezyklen nötig.
Was ist ein Frunk? Eigentlich ist es nur eine kleine Randnotiz, scheint aber für viele E-Mobilisten elementar zu sein. Dabei ist ein Frunk ja nicht einmal eine Besonderheit von EAutos – Porsche hat ihn schon immer gehabt, der VW Käfer und der Fiat 500 auch. Kurz: Ein Frunk ist nichts anderes als ein Stauraum unter der vorderen Haube. Dort befinden sich bei E-Autos wie bei Fahrzeugen mit fossilem Heckmotor keine großen Antriebsaggregate, Platz ist also zwischen dem vorderen Fahrwerk genug. Den Begriff Frunk hat die Herstellerfirma Tesla geprägt. Er ist eine Mischung aus Trunk (englisch: Kofferraum) und Front (lateinisch frontal: Stirnband eines Pferdes, vorn). Andere Hersteller wie BMW mit dem i3 hatten zwar in ihren Konzepten nicht ganz so viel Platz unter der Nicht-Motor-Haube, wollten auf das prestigeträchtige Accessoire aber nicht ganz verzichten – das Resultat ist bei solchen Fahrzeugen dann ein Mini-Frunk, in dem aber wenigstens das nicht selten verschmutzte Ladekabel seinen Platz findet.
»Die Zukunft gehört dem Elektroauto.«
Martin Winterkorn, ehemaliger VW-Vorstandsvorsitzender, 2008
Teil III
Rund ums Laden
IN DIESEM TEIL … Was müssen Sie als E-Autofahrer über elektrischen Strom wissen? Welche Stecker gibt es? Wie finden Sie öffentliche Ladesäulen und bedienen sie? Worauf kommt es bei einer heimischen Wallbox an? Wo sind die gesetzlichen und technischen Fallstricke?
Kapitel 8
Strom, die unsichtbare Energie IN DIESEM KAPITEL Was verbirgt sich hinter den Ladesäulen-Bezeichnungen AC und DC? Was ist der Unterschied zwischen Spannung, Stromstärke und Leistung? Welcher Stecker passt in welches Auto? Wie lange dauert das Laden? Wie findet man öffentliche Ladesäulen?
Das Laden eines E-Autos ist im Grunde so simpel wie bei einem Handy oder Laptop: Stecker rein und los geht's. Manchmal ist es aber komplizierter: Es gibt nämlich verschiedene Stecker- und Stromvarianten, und nicht jedes Auto akzeptiert alles. Aber fangen wir erst einmal mit dem Elementaren an, im wahrsten Sinne des Wortes: bei den durch Metallleitungen flitzenden Elektronen – dem Strom.
Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom Es gibt für E-Autos zwei verschiedenen Ladearten: AC und DC. Die Kürzel haben tatsächlich die gleichen Ursprünge wie der Name der australischen Hard-Rock-Band AC-DC: Die Buchstaben stehen im Englischen für Wechsel- und Gleichstrom (alternating current und direct current).
AC ist Wechselstrom und unter anderem das, was aus Ihrer haushaltsüblichen Schuko-Steckdose (Akronym für SchutzKontakt und bezeichnet ein vorwiegend in Europa verwendetes System von Steckern und Steckdosen) zu Hause kommt: Ein Strom, der seine Stärke und Richtung im regelmäßigen Rhythmus wechselt – bei uns in Deutschland 50-mal in der Sekunde, also mit 50 Hertz (physikalische Einheit für die Frequenz, benannt nach Heinrich Hertz). Die Spannung beträgt im einphasigen Stromnetz 230 Volt, die Stromstärke maximal 16 Ampere. Es ist meistens auch erlaubt, mit einer einphasigen Ladestation bis zu 20 Ampere zu beziehen. Beim Drehstrom, umgangssprachlich auch als Stark-, Kraftoder Herdstrom bezeichnet, handelt es sich ebenfalls um Wechselströme – hier aber auf drei Phasen (Strom führende Leitungen) verteilt und in der Frequenz verschoben. In der Verkettung ergibt sich eine Spannung von 400 Volt. Die Stromstärke beträgt in normalen privaten Haushalten maximal 16 oder 32 Ampere. Bei DC handelt es sich um Gleichstrom, bei der Stärke und Richtung – Sie ahnen es bestimmt schon – gleichbleibend sind. Hierbei sind höhere Spannungen und Ströme möglich – Schnellladestationen geben daher Gleichstrom. Der Strom kann auch direkt ohne Ladegerät in den Akku geladen werden.
Spannung, Stromstärke und Leistung Diese Begriffe Spannung, Stromstärke und Leistung begegnen Ihnen bei elektrischen Leitungen immer wieder. Zur Erklärung wird immer gern ein Vergleich mit einem Wasserhahn herangezogen: Die Spannung (in Volt gemessen) ist demnach gleichzusetzen mit dem Druck, mit dem Wasser durch eine Leitung fließt.
Die Stromstärke, also die Strommenge, die zu einem bestimmten Zeitpunkt fließen kann (gemessen in Ampere), wäre gleichzusetzen mit der Leitungsdicke. Je dicker sie ist, desto mehr Wasser kann zeitgleich durch sie hindurchfließen. Die Leistung einer Leitung – oder Ladesäule – (gemessen in Watt beziehungsweise Kilowatt) ergibt sich aus dem Produkt von Spannung und Stromstärke. In einer kurzen Formel ist das: Leistung gleich Spannung mal Stromstärke – W = V x A.
Die Steckdose zu Hause hat 230 Volt bei 16 Ampere. Daraus ergäben sich V x A = 3680 W = 3,68 kW. Bei einer Drehstrom-Ladesäule ist es etwas komplizierter wegen der Dreiphasigkeit (es gibt drei Strom führende Leitungen): Bei ihr ergeben sich zum Beispiel 22 kW aus Wurzel (3) x 400 V x 32 A. »Sie mögen heute noch darüber lachen, aber wir werden übermorgen mit einem Megawatt laden.« Stefan Niemand, verantwortlich bei Audi für Elektrifizierung
Es gibt vier standardisierte Stecker Auf der Welt haben sich mehrere Ladestandards durchgesetzt: Typ 1 und 2 für Wechselstrom (AC) sowie Chademo und CCS für Gleichstrom (DC). Daran orientieren sich auch die verschiedenen Stecker und Kommunikationsprotokolle (das sind die digitalen Verfahrensstandards, mit denen Fahrzeuge und Ladesäulen miteinander Informationen austauschen). Über den Unterschied zwischen Wechsel- und Gleichstrom lesen Sie im Abschnitt »Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom« dieses Kapitels.
Typ 1 ist in Amerika und Asien verbreitet – in Europa mittlerweile nicht mehr. Er lässt nur einphasig Wechselstrom laden, was lange Ladezeiten bedeutet. Typ 2 ist vor allem in Europa verbreitet und kann Drehstrom ein-, zwei- oder dreiphasig übertragen (je nach Ladestation und Fahrzeugtyp). In Japan wurde 2010 das Chademo-System (Ladestandard für Gleichstrom, leitet sich her von »CHArge DE MOve«, französisch: laden zum Bewegen) entwickelt, und zwar mit einer eigenen Steckerverbindung. Es ist vor allem in Asien vorherrschend, aber auch an manchen Ladesäulen in Europa anzutreffen – Trend eher rückläufig. CCS (Ladestandard für Gleichstrom, englisch Combined Charging System) unterteilt sich in die Varianten Combo 1 und 2, die jeweils mit den in Amerika und Europa gebräuchlichen AC-Steckern Typ 1 und 2 kombiniert sind und zwei zusätzliche Gleichstrompole mitbringen – daher die Bezeichnungen Combo 1 und 2. Das bedeutet: Fahrzeuge mit ComboSteckdose können sowohl die jeweilige Typ-Steckdose für Wechselstromladung aufnehmen als auch die CCS-Kombi für Gleichstrom. Andersherum vertragen allerdings Autos nur mit Typ-Steckdose keine Combo-Stecker. Nicht selten haben E-Autos von Haus aus auch ein Ladekabel an Bord, das in die haushaltsübliche Schuko-Steckdose mit 230 Volt passt und auf der Fahrzeugseite über einen TypStecker verfügt. Das ermöglicht allerdings nur einphasiges und damit langsames Wechselstromladen.
Abbildung 8.1: Die vier gängigsten Steckervarianten. Quelle: Silberstein
Der amerikanische Hersteller Tesla hält noch eine Ausnahme parat: Ältere Model S laden an den firmeneigenen Superchargern auch Gleichstrom über die Typ-2-Stecker – wegen der Leitungsquerschnitte sind Leistung und Stromstärke aber begrenzt. In China – und nur dort – gibt es noch den GB/T-27930Standard, der wie bei älteren Teslas sowohl Wechselstrom als auch Gleichstrom händeln kann.
Die Ladedauer hängt von vielen Faktoren ab Wie lange das Laden dauert, lässt sich pauschal nicht sagen, die Zeit hängt von vielen Faktoren ab. Als Erstes von der Leistung, die die Ladesäule hergibt, und von der Leistung, mit der Ihr EAuto laden kann. Gemessen wird die Leistung in Kilowatt (kW) – siehe auch in diesem Kapitel weiter oben im Abschnitt »Spannung, Stromstärke und Leistung«. Je größer dieser Wert, desto schneller geht es. Allerdings: Das schwächste Glied bestimmt die Ladeleistung: Wenn Ihr Auto nur mit 40 kW laden kann, wird die Ladestation auch nur mit maximal 40 kW arbeiten, obwohl sie vielleicht sogar für 150 kW ausgelegt ist. Andersherum lädt eine 20-kWLadestation auch nur mit 20 kW, selbst wenn Sie mit einem Porsche Taycan vorfahren, der mehr als 250 kW verträgt. Die Ladezeit berechnet sich so: Akkugröße (kWh) geteilt durch Ladeleistung (kW) gleich Zeit in Stunden. Wenn Sie mit 50 kW an einem Schnelllader laden, dann haben Sie in einer Stunde 50 kWh (Kilowattstunden) in den Akku gepumpt. In der Regel brauchen E-Autos aber viel länger, um vollzuladen. Woran liegt das? Das hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab: Ladestand des Fahrzeug-Akkus
Temperatur des Fahrzeug-Akkus Lademanagement der Ladesäule/n Die Autohersteller haben die Ladesysteme so programmiert, dass sie die Akkuzellen möglichst nicht schädigen. Das könnte nämlich geschehen, wenn mit hoher Leistung geladen wird und die AkkuTemperatur sehr niedrig oder extrem hoch ist. Manche Autos verfügen daher über Heizungs- und Kühlsysteme in den Akkus. Auch wird die Gefahr einer Zellschädigung größer, je voller der Akku bereits ist. Zellschädigend ist bei Lithium-Ionen-Akkus nicht nur das 100-prozentige Vollladen, sondern auch das Leerfahren bis auf 0. Aus diesem Grund haben die Hersteller die Fahrzeuge so programmiert, dass diese Randbereiche der Akkus gar nicht genutzt werden. Sprich: Die Akkus sind eigentlich 10 bis 15 Prozent größer dimensioniert, um Puffer nach oben und unten zu gewähren. Wir sprechen daher von Brutto- und Netto-Akkugröße. Wenn Ihr Cockpit-Display angibt, der Akku sei 100 Prozent voll, dann sind die Zellen immer noch nicht randvoll. In den zellschädlichen Situationen regeln die Fahrzeuge die Ladeleistung herunter. Wenn Sie die Leistungswerte über die Zeit in einem Diagramm abbilden, entstehen sogenannte Ladekurven: Am Anfang wird mit geringer Leistung geladen – dadurch erwärmt sich der Akku (falls er noch nicht durch das Fahren oder durch eine Heizung aufgewärmt ist) und die Ladeleistung wird langsam gesteigert bis zur Maximalleistung. Ist der Akku halb voll, fallen bei vielen Wagen die Ladekurven bereits wieder ab, spätestens aber bei etwa 80 Prozent. Die letzten Kilowattstunden, bevor ein Akku vollgeladen ist, dauern in der Regel am längsten.
Wer immer möglichst schnell laden und weiterkommen will, lädt nicht voll, sondern immer nur bis etwa 80 Prozent der Akku-Kapazität (oder wo beim jeweiligen Fahrzeug die Ladeleistung am stärksten nachlässt) und legt gegebenenfalls einen Ladestopp mehr ein. Wenn Hersteller Ladegeschwindigkeiten angeben, dann sind die meistens gemessen worden, wenn der Akku zwischen 20 und 80 Prozent geladen war. In der Regel sind die Fahrzeuge so konzipiert, dass sie diese Strommenge an einem Schnelllader innerhalb von 30 bis 45 Minuten aufnehmen können. Ebenfalls ladehemmend wirkt ein extrem kalter Akku im Winter – dann ist das Elektrolyt in den Zellen zähflüssiger, die LithiumIonen bewegen sich langsamer. Die Situation bessert sich quasi von allein: Der Ladevorgang selbst erzeugt Wärme. Oder der Wagen verfügt über eine aktive Akku-Heizung, dann geht es schneller. Aber auch eine Ladestation regelt gern ihre Leistung herunter: wieder abhängig von Temperaturen – erst recht, wenn sie selbst den Strom aus einem eigenen Hochvoltakku freigibt. Andererseits ist es aber auch möglich, dass Sie sich gerade die maximale Ladeleistung mit weiteren an der Ladestation hängenden Autos teilen müssen – dies ist zum Beispiel auch bei den Superchargern von Tesla der Fall. Bei zwei Autos an einer Ladesäule bekommen dann unter Umständen beide nur die Hälfte der Leistung. Wenn eins der Fahrzeuge aus den oben genannten Gründen herunterregelt, verschiebt das Lademanagement das Leistungsverhältnis und gibt dem anderen Wagen entsprechend mehr. Anlagen mit mehr als zwei Ladepunkten können in der Verteilung der Leistung zum Beispiel auch geplante Abfahrtzeiten mit einbeziehen und entsprechend Fahrzeuge bevorzugen, die als Erstes wieder wegfahren müssen.
Ladesäulen gibt es an fast allen (versteckten) Ecken Sie sind ziemlich aufgeschmissen, wenn Sie bei Ihrer ersten Fahrt mit einem E-Auto unvorbereitet losfahren und hoffen, genau dann auf Ladestationen zu treffen, wenn Sie sie brauchen. Vergessen Sie es! Die meisten Ladestationen stehen nicht direkt an den Hauptverkehrsstraßen und keine Neonbeleuchtung weist auf sie hin. Nicht einmal auf Schildern zu Autobahnraststätten finden Sie in Deutschland Hinweise. Viele Ladesäulen sind eher in versteckten Ecken eines Gewerbegebiets zu finden oder verteilt im ganzen Stadtgebiet. Obendrein sind sie nicht selten schon besetzt, wenn man sie erreicht, die Geräte sind defekt oder Sie als Fahrer haben nicht die passende Ladekarte dabei. Diese Misserfolge können Sie sich in den meisten Fällen ersparen, wenn Sie die nächste Ladestation per Navigationssystem suchen. Kaum ein E-Auto wird ohne ausgeliefert. Und in der Regel sind darin schon einige Ladesäulen verzeichnet und es lässt sich nach Lademöglichkeiten in der Nähe des Stand- oder Zielorts suchen. Leider sind diese Verzeichnisse selten vollständig und auf dem neuesten Stand. Eine Möglichkeit, dies zu beheben, sind sogenannte POI-Dateien (Points Of Interest, englisch Interessante Stellen), mit denen man Navigationsgeräte füttern kann. Damit können Sie den Datenbestand Ihres Auto-Navis stets auf dem neuesten Stand halten. Und so funktioniert es: 1. Rufen Sie die Internetseite Goingelectric.de auf. Sie hält zum Beispiel einen »POI-Generator« parat, mit dem Sie immer eine aktuelle Datei erzeugen können: www.goingelectric.de/stromtankstellen/poi. 2. Wählen Sie Ihr Fahrzeug, die gewünschten Länder, Ladeanschlüsse und Ladeleistungen, Ihre Ladekarten und Ladeverbünde.
3. Wählen Sie das entsprechende Dateiformat für Ihr Navigationsgerät aus. Klicken Sie auf »POI herunterladen«! 4. Wie diese Datei auf das Navi überspielt wird (in der Regel mit einer SD-Karte), ist von Fahrzeug zu Fahrzeug unterschiedlich. Anleitungen finden Sie aber schnell per Internetsuche nach »POI« und Ihrem Fahrzeug-Typ. Aktueller sind Sie, wenn Sie eine App für die Suche nach Ladestationen auf Ihrem Smartphone verwenden. Diese Funktion bieten in der Regel alle Bezahlapps der Ladesäulenbetreiber beziehungsweise der Ladeverbünde. Die beschränken sich aber auf die eigenen Ladestationen und die der Partner. Deshalb achten Sie bei einer App darauf, dass als Basis die Datenbank von Goingelectric verwendet wird – sie kommt für Deutschland, Österreich und Schweiz der Vollständigkeit seit Jahren sehr nahe. Zum Beispiel: »EVMap«, »AirElectric« und »Next Plug«. Für lange Reisen ist es sinnvoll, nicht einzelne Ladestationen, sondern gleich die ganze Reihe bis zum Zielort suchen zu lassen. Auch dafür gibt es hervorragende Tools. Das bekannteste ist »Abetterrouteplanner« (auch als App verfügbar). 1. Rufen Sie die Internetseite abetterrouteplanner.com auf. 2. Wählen Sie links im Menü Ihr Fahrzeug aus – somit werden Verbrauch und Akkugröße berücksichtigt. 3. Geben Sie Start- und Zielort ein. 4. Fügen Sie gegebenenfalls weitere Wegpunkte hinzu. 5. Klicken Sie auf den runden Button mit dem stilisierten Weg. 6. Teilen Sie das Ergebnis als Link zur Website, als Excel-Tabelle zum Herunterladen oder zum Öffnen in Google Maps. 7. Die App hat noch viele weitere Einstellmöglichkeiten: zum Beispiel, wie voll der Akku bei An- und Abfahrt sein soll.
Ein ähnlicher Routenplaner verbirgt sich hinter der App »ladEn« von Tobias Berg sowie hinter der Website www.plugshare.com. »Wir brauchen ein Recht auf Laden, zu Hause und am Arbeitsplatz ebenso wie im öffentlichen Raum.« Silke Bagschik, Vertriebs- und Marketing-Managerin der IDBaureihe bei Volkswagen
Kapitel 9
Rendezvous mit einer öffentlichen Ladesäule IN DIESEM KAPITEL Welcher Stecker passt in welches Auto? Wie lange dauert das Laden? Wie findet man öffentliche Ladesäulen?
Stehen Sie das erste Mal an einer Ladesäule? Keine Angst! Sie werden den Energiespender schon zum Laufen bekommen – zumindest mit den folgenden Anleitungen für die verschiedenen Typen. Lassen Sie sich von den vielen Aufklebern mit Handlungsschritten auf der Station nicht abschrecken: Im Laufe der Zeit bekommen Sie Routine und wissen, was in welcher Reihenfolge zu tun ist. Oder denken Sie heutzutage an einer Tankstelle noch darüber nach?
Der Ladevorgang startet wie von allein Bei Ladestationen ohne Authentifizierung reicht das Einstöpseln eines Kabels: 1. Öffnen Sie die Ladeklappe Ihres Autos. 2. Stecken Sie das passende Ende des Ladekabels in die Steckdose der Ladesäule, falls diese kein fest installiertes Kabel hat.
3. Stecken Sie den Stecker in die Buchse des Fahrzeugs. 4. Auto und Ladesäule tauschen über das Kabel Daten aus, was ein paar Sekunden dauern kann – zum Beispiel Akkugröße, Ladestand und mit welcher Ladeleistung die Station nun arbeiten kann und sollte. 5. Der Wagen signalisiert (meistens) den erfolgreichen Ladevorgang mit einer LED – häufig grün und/oder blinkend. Wenn sie ausgeht, ist der Akku voll. 6. Holen Sie sich einen Kaffee am nächsten Kiosk! Den haben Sie sich jetzt verdient und Sie haben genug Zeit dafür. Sollte das Laden nicht funktionieren, will die Ladestation vermutlich erst erfahren, ob Sie berechtigt sind und wo gegebenenfalls die Kosten in Rechnung zu stellen sind. Gehen Sie zum Freischalten einer Ladesäule mit Identifizierung wie folgt vor.
Bei kostenlosen Ladesäulen mit Identifizierung Selbst kostenfreie Stationen wollen häufig eine Ladekarte sehen – ganz einfach, weil die Technik dieser Säule es so vorsieht, der Betreiber vielleicht in Zukunft doch noch auf Bezahlung umstellen möchte oder weil der Nutzerkreis limitiert ist (zum Beispiel nur für eigene Mitarbeiter). Alle Ladekarten sind in der Regel mit sogenannten RFIDTranspondern (englisch Radio-Frequency Identification, Identifikation per elektromagnetischer Wellen, hier mittels Chip in Ladekarten) ausgestattet, genauso wie zum Beispiel auch ein deutscher Personalausweis, eine Bücherei- oder Bankkarte. Das heißt: Bei Stationen, die keine bestimmte Identifikation, sondern nur irgendeine verlangen, schalten Sie auch mit solchen Karten frei. Theoretisch können Sie also auch Ihre gechipte Hauskatze vor die Ladesäule halten. Miau! Das Starten des Ladevorgangs ist einfach:
1. Öffnen Sie die Ladeklappe Ihres Autos. 2. Halten Sie Ausschau nach einer Anleitung auf der Ladesäule: Manche verlangen, dass das Kabel eingesteckt ist, bevor der Ladevorgang gestartet wird. 3. Halten Sie eine Karte mit RFID-Transponder vor das Lesegerät, bis Ihnen eine LED oder ein Display die Akzeptanz signalisiert. Meistens ist dies mit einem solchen Zeichen gekennzeichnet: ((o)) 4. Stecken Sie Ihr Ladekabel in die Ladesäule, falls noch nicht geschehen und es kein fest installiertes gibt. 5. Stecken Sie das Ladekabel in Ihr Auto. 6. Eine LED an der Buchse des Autos sollte Ihnen nun signalisieren, dass der Ladevorgang startet.
Kostenpflichtige Freischaltung per Ladekarte Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei den kostenlosen Karten. Der einzige Unterschied ist, dass der Kartenanbieter alle Ladevorgänge speichert und in der Regel am Ende eines Monats in Rechnung stellt. Gelegentlich setzt sich der Preis eines Ladevorgangs nicht allein aus dem Preis für den Strom in Kilowattstunden (Verbrauchspreis) zusammen. Manchmal werden zusätzlich einmalig pro Ladung auch Startgebühren, also eine sogenannte »Session-Fee«, verlangt oder Standzeitpreise. Letztere werden in der Regel ab dem Ende des Ladevorgangs für jede Minute berechnet, die das Auto die Ladesäule nur noch blockiert, ohne zu laden. Deshalb werden sie gelegentlich auch Blockiergebühr genannt. Damit soll erreicht werden, dass der Besitzer sein Fahrzeug nach Ende des Ladevorgangs schleunigst umparkt und den Platz für weitere Kunden frei macht.
Sie sollten sich vorher (!) überlegen, welche Karte an dieser Ladesäule gerade die günstigste sein dürfte. Leider verraten Ihnen die Ladesäulen das im Zuge des Freischaltens nur in den seltensten Fällen, und wenn, dann haben sie im ungünstigen Fall dadurch schon die Abrechnung einer »Session-Fee« veranlasst. Ein Vergleich direkt an der Säule ist kaum möglich. Wie hoch die Preise einer bestimmten Ladekarte an einer bestimmten Ladesäule tatsächlich sind, erfahren Sie am besten mit der App des jeweiligen Säulenbetreibers oder zum Beispiel mit dem Ladekarten-Kompass der Internetseite emobly.com/de oder mit Apps wie »Ladefuchs« oder »Chargeprice«.
Abbildung 9.1: Der Trend geht zu Ladeparks wie diesen von Fastned, die gleich mehrere Schnellladestationen an einem Ort parat halten. Die können auch mit verschiedenen Karten und Apps aktiviert werden, doch die Preise können je nach Bezahlart verschieden sein. Quelle: Silberstein
Kostenpflichtige Freischaltung per App Häufig bieten Ladestationen neben der RFID-Freischaltung auch Lösungen per Smartphone-App an. Sie bieten auch den Vorteil, dass Sie in der Regel den fälligen Preis an einer bestimmten Ladesäule schon erfahren, bevor Sie den Ladevorgang starten. Die Nachteile sind: Wie bei den Ladekarten akzeptieren die Ladesäulen-Betreiber nur ihre eigenen Apps oder die Ihrer Partner. Je nach App können die Preise unterschiedlich sein – einen Überblick bieten hier wieder der Ladekarten-Kompass der Internetseite emobly.com/de oder Apps wie »Ladefuchs« oder »Chargeprice«. Sie brauchen eine gute Netzverbindung. Vermeiden Sie es auch, erst eine App herunterladen zu müssen, wenn Sie schon vor der Ladesäule stehen. Auch die Registrierung mit Angabe der Bezahlart sollten Sie schon zu Hause erledigt haben. Die Freischaltung dauert häufig länger als per Ladekarte. So gehen Sie vor: 1. Öffnen Sie die Ladeklappe Ihres Autos, halten Sie Ihr Ladekabel bereit, falls es kein fest installiertes gibt. 2. Halten Sie Ausschau nach einer Anleitung auf der Ladesäule: Manche verlangen, dass das Kabel eingesteckt ist, bevor der Ladevorgang gestartet wird. 3. Starten Sie die App auf Ihrem Smartphone. 4. Wählen Sie die entsprechende Ladesäule auf der angezeigten Landkarte aus (achten Sie dabei auf die richtige Nummer des Ladepunkts!) oder scannen Sie den QR-Code am Ladepunkt ein. Alternativ können Sie oft auch die Ladepunkt-Nummer manuell eingeben.
5. Tippen Sie auf Buttons wie »Ladevorgang vorbereiten«, »starten« und/oder »bezahlen«. 6. Stecken Sie das Ladekabel an Ladesäule und Auto ein, falls noch nicht geschehen. 7. Ladestation, Fahrzeug und/oder App sollten Ihnen nun den erfolgreichen Ladestart signalisieren.
Kostenpflichtige Freischaltung per EC- oder Kreditkarte Die Vorgehensweise ist dieselbe wie bei den kostenlosen Karten, nur dass der Ladevorgang eben nicht kostenlos ist, sondern der entsprechende Betrag direkt von Ihrem Konto abgezogen wird. Der Vorteil dieser Art des Bezahlens: Vor dem Start des Ladevorgangs muss Ihnen der genaue Preis angezeigt werden – damit bleiben Sie zumindest nicht im Dunkeln. So gehen Sie vor: 1. Öffnen Sie die Ladeklappe Ihres Autos. 2. Halten Sie Ausschau nach einer Anleitung auf der Ladesäule: Manche verlangen, dass das Kabel eingesteckt ist, bevor der Ladevorgang gestartet wird. 3. Halten Sie Ihre EC- oder Kreditkarte vor das Lesegerät, bis Ihnen eine LED oder ein Display die Akzeptanz signalisiert. 4. Nun sollte Ihnen das Display den Preis für den Ladevorgang anzeigen – es sei denn, er ist bereits an anderer Stelle vermerkt, zum Beispiel mit einem Aufkleber auf dem Gerät. 5. Gegebenenfalls müssen Sie diese Tarifinfo noch einmal mit Ihrer EC- oder Kreditkarte am Lesegerät bestätigen oder die PIN der Karte eingeben (Persönliche Identifikationsnummer). 6. Stecken Sie Ihr Ladekabel in die Ladesäule, falls noch nicht geschehen und es kein fest installiertes gibt. 7. Stecken Sie das Ladekabel in Ihr Auto.
8. Eine LED an der Buchse des Autos sollte Ihnen nun signalisieren, dass der Ladevorgang startet.
Die Tesla-Identifikation Wer mit seinem Tesla an einem Supercharger lädt, muss ausnahmsweise weder eine Karte herauskramen noch eine App starten. Die Ladestation erkennt das Fahrzeug beim Datenaustausch über das Ladekabel. Die Bezahlmodalitäten hat der Fahrer bereits dauerhaft in seinem Tesla-Konto hinterlegt beziehungsweise kann sie (zum Beispiel bei Leihfahrzeugen) spontan über das Cockpit-Display eingeben. Hier ist das Laden so einfach wie mit einer Ladestation ohne Identifikation (siehe oben). E-Mobilisten träumen davon, dass es in Zukunft überall so einfach ist. Porsche und Daimler haben diese Funktion schon in einigen Modellen für zum Beispiel Ionity-Ladesäulen implementiert – nennt sich »Plug & Charge«. Weitere Modelle sollen folgen.
Kapitel 10
Problemlösungen für den Ladealltag IN DIESEM KAPITEL Welche Ladekarten und/oder Apps braucht man? Was tun, wenn die Ladesäule zugeparkt ist oder sich verweigert? Wie beende ich das Laden vor der Vollladung? Was tun, wenn das Ladekabel feststeckt? Warum lädt der Akku auf langen Strecken immer langsamer? Kann ich einen Nicht-Tesla am Supercharger laden?
Ich gebe es zu: Das Laden funktioniert nicht an allen Ladesäulen ohne Probleme. Manchmal sind es aber nur winzige Ursachen, die den Energiefluss unterbinden und deren Beseitigung mit nur wenigen Handgriffen erledigt ist. An dieser Stelle erfahren Sie auch, warum das Laden mal schnell und manchmal nur sehr langsam vonstattengeht.
Strom gibt es nur mit der richtigen Karte oder App Es lässt sich pauschal nicht sagen, welche Ladekarten oder Apps am geeignetsten sind, weil sich Tarife immer wieder ändern. Aber Sie können es relativ schnell herausfinden:
1. Schauen Sie zunächst, welche Ladestationen sich in der Nähe von zu Hause, Arbeitsplatz und Ihren häufigsten Routen befinden (siehe Kapitel 8 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Ladesäulen gibt es an fast allen (versteckten) Ecken«). 2. Recherchieren Sie in den gängigen Internetseiten oder Apps, wer die Betreiber sind beziehungsweise welche weiteren Ladekarten und Verbünde akzeptiert werden – wählen Sie die für Sie günstigsten Varianten aus. Welche das sind, sehen Sie zum Beispiel gut im Überblick auf dem Ladekartenkompass der Webseite emobly.com/de. 3. Für Langstrecken sollten Sie immer ein paar Generalisten parat haben, zum Beispiel Shell-Recharge, Plugsurfing, EnBW und/oder Maingau. Solche Anbieter sind meistens nicht die günstigsten, aber die meisten Ladesäulen lassen sich mit einer dieser Karten freischalten.
Es spricht nichts dagegen, sich sehr viele Karten zuzulegen – zumindest, wenn diese keine Grundgebühren kosten. Tarife ändern sich sehr häufig, sodass mal die eine und schon wenige Wochen später die andere die günstigere Wahl ist.
Falls die Ladesäule von anderen Autos blockiert ist Was können Sie machen, wenn die Ladesäule wegen falsch geparkter Autos nicht erreichbar ist, wenn sie möglicherweise auch noch von einem Verbrenner zugeparkt ist? Ganz ehrlich? Nichts! Bleiben Sie friedlich, suchen Sie sich eine andere Ladesäule! Alles andere bringt Sie in Gefahr, selbst Bußgeld oder Schadensersatz zu zahlen. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht auflisten, auf welche Ideen andere verärgerte E-Mobilisten schon gekommen sind. Aber: Selbstjustiz ist strafbar und Nötigung kann auch teuer werden.
Achten Sie zunächst auf die Beschilderung: Ein Symbol am Boden und ein P-Schild mit dem Zusatz »E-Autos frei« und/oder »Während des Ladevorgangs« heißen eben noch nicht, dass an dieser Stelle keine Autos mit Otto- oder Dieselmotor parken dürfen. Unterstellen Sie den Fahrerinnen und Fahrern nicht gleich Absicht! Den meisten ist überhaupt nicht bewusst, wo sie gerade stehen und wofür diese merkwürdige Box vor ihnen überhaupt gut ist. Wenn Sie sie antreffen, bleiben Sie höflich – Sie können sie ja bitten, umzuparken. Ich persönlich habe noch nie erlebt, dass sich jemand geweigert hat. Vielleicht reicht Ihr Ladekabel ja auch bis zum Nachbarparkplatz oder zu einem in der nächsten Reihe – es ist nicht verboten, die Ladestation von einem anderen Stellplatz aus zu nutzen. Ein freundlicher Hinweis ist allerdings erlaubt. Sie können einen Zettel an die Windschutzscheibe hängen und hoffen, dass die Fahrerin oder der Fahrer den Ladeplatz künftig freihält. Lustige Karten gibt es auch bereits im Handel zu kaufen. Steht das Auto eines ignoranten Fahrers jedoch regelmäßig auf einem Platz, der mit einem Halte- oder Parkverbotsschild mit Ausnahme für E-Autos gekennzeichnet ist, können Sie tatsächlich überlegen, der Stadtverwaltung mal einen Wink zu geben.
Wenn Ladestationen Ladehemmungen haben Es kommt immer wieder vor, dass man auf eine Ladesäule trifft, die den Dienst verweigert. Jedenfalls lässt sie sich zunächst nicht mit den gewöhnlichen Maßnahmen zum Laden bewegen. Das heißt aber nicht, dass sie wirklich defekt ist – nicht selten lässt sie sich wiederbeleben. Gehen Sie dabei wie folgt vor:
1. Koppeln Sie zunächst Ihr Ladekabel wieder ab, falls Sie es schon eingesteckt hatten. 2. Wenn von außen ein Schild mit Texten wie »Außer Betrieb« oder gar ein Absperrband angebracht ist, sollten Sie tatsächlich von weiteren Schritten absehen. 3. Achten Sie auf das Display: Gibt es Hinweise oder sogar Anweisungen, wie Sie vorgehen könnten? 4. Achten Sie auf Anleitungen, die an der Ladesäule angebracht sind. Starten Sie einen neuen Ladeversuch, beachten Sie aber genau die angegebene Reihenfolge. Zum Beispiel wollen manche Ladestationen, dass ein Kabel erst nach der Identifikation eingesteckt wird, andere, dass dies vorher geschieht. 5. Starten Sie einen neuen Versuch, diesmal vielleicht mal mit einer anderen Ladekarte oder -App. 6. Achten Sie beim erneuten Einstecken des Ladekabels darauf, dass es sich nicht verkeilt, es sich bis zum Anschlag einschieben lässt (aber ohne Gewalt!) und Sie die Verriegelung hören. Ohne Verriegelung wird aus Sicherheitsgründen kein Ladevorgang gestartet. 7. Wenn auch das erfolglos bleibt: Suchen Sie an der Ladestation nach einem Aufkleber mit einer HotlineTelefonnummer. Häufig können die Service-Mitarbeiter die Ladestation aus der Ferne freischalten oder zumindest neu starten. 8. Manchmal liegt der Fehler gar nicht bei der Ladesäule, sondern bei Ihrem Auto. Ist vielleicht noch ein Lademanager in der Software des Autos aktiv, der den Wagen erst kurz vor der nächsten Fahrt aufladen lässt? 9. Geben Sie auf und suchen Sie eine neue Ladestation.
Vom Drücken eines roten Notausknopfes ist generell abzuraten – meistens funktioniert es hinterher auch nicht besser. Dieser Knopf ist nur dafür vorgesehen, Gefahren abzuwehren.
Abbruch aller Kabelkontakte gewünscht Sie wollen losfahren, aber das Ladekabel steckt noch? Wenn der Ladevorgang läuft, müssen Sie diesen erst stoppen, um das Kabel zu entriegeln. Das geht entweder an der Ladesäule oder am Fahrzeug. Viele Säulen verlangen dazu, dass man sich erneut mit der Ladekarte beziehungsweise EC- oder Kreditkarte identifiziert (sonst könnte ja jeder beliebige Passant das Laden stoppen). Wenn Sie den Ladevorgang mit einer App gestartet haben, können sie ihn auch damit wieder beenden. Wie Sie den Ladevorgang vonseiten des Autos stoppen, ist unterschiedlich und im Bordhandbuch zu erfahren. Häufig geht dies, indem man die Zentralverriegelung des Autos öffnet oder bei eingeschaltetem Fahrzeug (quasi »Zündung an«) einen Knopf an der Ladeklappe drückt.
Ladekabel bleiben gern mal ungewollt stecken Wenden Sie keine Gewalt an! Denn in der Regel ist die Sicherheitsverriegelung der Grund für das Steckenbleiben. Und dieses Problem müssen Sie meistens Software-seitig lösen:
1. Läuft der Ladevorgang noch? Dann müssen Sie ihn auf alle Fälle erst beenden! Siehe in diesem Kapitel im Abschnitt »Abbruch aller Kabelkontakte gewünscht«. 2. Normalerweise wird das Kabel entriegelt, wenn der Ladevorgang beendet ist. Geschieht dies nicht, kann es sein, dass der Verriegelungsstift klemmt. Drücken Sie den Stecker noch einmal leicht (!) in die Buchse – ist ein Klack zu hören, könnte es geholfen haben, um den Stecker nun herauszuziehen. 3. Vielleicht ist der Verriegelungsstift auch im Winter festgefroren. Dagegen hilft zum Beispiel, für zehn Minuten eine heiße Wärmflasche an die entsprechende Stelle zu halten und dann mehrmals die Entriegelung zu betätigen. Wagen Sie es nicht, auf den Gedanken zu kommen, heißes Wasser über die Ladeklappe zu schütten, um sie aufzutauen! Es besteht Kurzschluss- und Verletzungsbeziehungsweise sogar Lebensgefahr! 4. Manchmal hat sich auch die Ladesäule »aufgehangen«. Sprich: Die Software ist abgestürzt. Suchen Sie nach einer Service-Hotline an der Ladestation! Die Mitarbeiter dort können die Ladestation in der Regel aus der Ferne neu starten. Dann sollte es mit der Entriegelung klappen. 5. Wenn gar nichts anderes mehr hilft, drücken Sie den roten Notausschalter. Das sollte die absolute Notlösung bleiben – bedenken Sie, dass es auch möglich ist, dass die Ladestation danach keinen Mucks mehr macht, dann kann sie auch nicht mehr ferngewartet werden – und Ihr Kabel bleibt für immer und ewig gefangen.
Abbildung 10.1: Was tun, wenn das Auto den Ladestecker nicht wieder hergibt? Auf keinen Fall Gewalt anwenden! Quelle: Silberstein
Warum lädt der Akku auf langen Strecken immer langsamer? Besitzer von Fahrzeugen ohne aktive Akku-Kühlung stellen gerade an warmen Sommertagen fest, dass das Laden an Schnellladesäulen gelegentlich nicht so schnell vonstattengeht, wie es eigentlich sollte. Gerade auf Langstrecken kann es vorkommen, dass eine Ladestation ab dem zweiten Halt nicht mehr mit voller Leistung, sondern vielleicht nur noch mit der Hälfte lädt. Diesen Effekt nennt man Rapidgate – der Begriff entstand nach vielen Beschwerden von Nissan-Leaf-Fahrern im Jahr 2018
(englische Zusammensetzung aus schnell und Schleuse. Gleichzeitig soll der Begriff wohl auch auf einen Skandal hindeuten, ganz im Sinne von »Watergate«). Ein Skandal ist die Ladehemmung auf Langstrecken aber bei Weitem nicht. Der Hintergrund ist einfach: Beim Laden und Entladen eines Lithium-Ionen-Akkus entsteht Wärme. Auf Langstrecken mit Ladestopps ausschließlich an Schnellladern wird ein Akku permanent entweder gerade ge- oder entladen. Und im Sommer reicht die Luftkühlung nicht mehr aus, um den Akku nennenswert herunterzukühlen. Hohe Temperaturen von mehr als 55 Grad Celsius können jedoch den Energiespeicher schädigen. Deshalb sorgt die Software des Fahrzeugs dafür, dass dem Akku ab einer bestimmten Temperatur keine Spitzenleistungen mehr abverlangt werden: Sie kappt zum Schutz des Akkus gegebenenfalls Spitzengeschwindigkeiten, auf alle Fälle aber auch dauerhaft leistungsstarkes Laden. Ein Ladestopp kann dann gegebenenfalls mehr als doppelt so lange dauern wie gewohnt. In den Internetforen von E-Auto-Fahrern wird oft diskutiert, ob es sich lohnt, langsamer zu fahren, um den Akku weniger stark aufzuheizen und den Rapidgate-Effekt zu minimieren. Erfahrungen der Nutzer zeigten aber offenbar, dass dies keine nennenswerte Abkühleffekte bringt. Allerdings sollten Sie nicht vergessen, dass das Langsamfahren reichlich Strom spart. Dadurch können Sie vielleicht einen Ladestopp unter zeitfressenden Rapidgate-Bedingungen einsparen. Mehr dazu lesen Sie auch in Kapitel 16 »So fährt man möglichst weit und schnell«, Abschnitt »Am schnellsten von A über B und C nach D«. Anfang 2019 veröffentlichte Nissan für den 40-kWh-Leaf ein Software-Update, das den Rapidgate-Effekt abmildert und höhere Ladeleistungen wieder zulässt.
Supercharger laden (noch) ausschließlich Tesla-Autos Die Welt der Schnellladestationen ist derzeit nicht einheitlich: Verschiedene Steckersysteme trennen zwischen CCS-1- (in den USA), CCS-2- (in Europa), Chademo- (weltweit, vorrangig Asien) und GB/T-Fahrzeugen (in China) – auf diese Stecker haben sich verschiedene Autobauer geeinigt. Mehr dazu lesen Sie auch in Kapitel 8 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Es gibt vier standardisierte Stecker«. Der amerikanische Hersteller Tesla Motors fuhr anfangs eine andere Strategie: Weltweit lässt Firmen-Chef Elon Musk ganze Batterien von Gleichstrom-Schnellladesäulen aufbauen, die zurzeit nur Tesla-Fahrzeuge nutzen können und zunächst ausschließlich auf den Typ-2-Stecker basierten: die sogenannten Supercharger (SUC, englisch: Super-Lader). Mittlerweile werden auch Supercharger mit CCS-Stecker ausgerüstet, damit Tesla Model 3 dort laden können. Das Netz der Supercharger ist zumindest in Europa, Nordamerika, im Mittleren Osten, Ostasien, Australien und Neuseeland bereits so dicht, dass die Fahrzeuge auf keine Fremdlader angewiesen sind, wenn sie quer über die Kontinente reisen. Das Netz wird ergänzt durch sogenannte Destinationcharger (englisch: Ziel-Lader). Das sind Wechselstrom-Ladestationen ebenfalls mit Typ-2-Stecker, die vornehmlich an Übernachtungsmöglichkeiten wie Hotels installiert sind. Diese Stationen ohne Identifizierung können von allen Fahrzeugen genutzt werden, die über Typ 2 Wechselstrom laden können, die Supercharger jedoch nicht. Diese identifizieren das ladende Tesla-Fahrzeug über den Stecker. Wer seinen Renault Zoe ansteckt oder seinen VW E-Golf, bleibt leider energielos. Das soll aber nicht dauerhaft so bleiben: Elon Musk hat angekündigt, demnächst Autos anderer Marken an Superchargern laden zu lassen. Erste Tests mit wenigen
Stationen in den Niederlanden liefen bereits 2021. Zur Drucklegung dieses Buches stand jedoch noch kein offizieller Termin dafür fest, ab dem dies in ganz Europa möglich sein soll. Die Bezahlung soll dann für Nicht-Teslas über eine SmartphoneApp erfolgen.
Abbildung 10.2: Supercharger der Firma Tesla bei Rhüden an der A7. Quelle: Silberstein
Lade-Knigge für mehr Rücksicht unter EFahrern Wie ärgerlich es ist, wenn eine Ladesäule von Fahrzeugen blockiert wird, die gar keinen Strom benötigen, wird bereits im Abschnitt »Falls die Ladesäule von anderen Autos blockiert ist« ausführlich behandelt. Öffentliche Ladesäulen sind ein gemeinschaftliches Gut: Weil es nicht so viele Stationen wie E-Autos gibt beziehungsweise auch noch lange nicht geben wird, müssen sie sich die Fahrer teilen. Dabei ist ein rücksichtsvolles Miteinander von Vorteil – und zwar für alle. Folgende Tipps können das E-Auto-Fahrerleben enorm erleichtern:
Blockieren Sie keine Ladesäule, ohne zu laden! Ladeplätze sind keine Parkplätze. Wenn der Akku voll ist, stellen Sie den Wagen bitte um, damit der Nächste auch eine freie Station finden kann. Wie weit der Ladevorgang ist, können Sie zum Beispiel mit einer App zu Ihrem Fahrzeug erfahren oder grob abschätzen. Viele Autos geben diese Information beim Start des Ladevorgangs auf dem Cockpit-Display an. Unterbrechen Sie keinen Ladevorgang fremder Fahrzeuge! Auch wenn Sie mit winzigem Reststrom an der einzigen Ladestation weit und breit ankommen, widerstehen Sie der Versuchung, die bereits verwendete Ladesäule mit dem Notausschalter zu unterbrechen, um anschließend Ihr eigenes Auto anzuschließen. Sie wären sicherlich selbst erbost darüber, wenn dies andere mit Ihnen machten. Der unbekannte Besitzer braucht sicher genauso dringend Strom wie Sie, sonst hinge sein Auto nicht am Kabel. Wenn der Wagen vor Ihnen allerdings schon fertig geladen ist, sollte zumindest an Schnellladestationen der Stecker auch schon entriegelt sein. In diesem Fall dürfen Sie umstöpseln. Seien Sie aber so nett und schließen Sie auch die Ladeklappe des fremden Fahrzeugs! Wählen Sie die passende Ladesäule! Wenn Sie zu einem Ladepark mit mehreren verschiedenen Ladesäulen kommen, dann nehmen Sie bitte die, die auch zur Ladeleistung Ihres Fahrzeugs passt. Es macht keinen Sinn, eine Ultraschnellladesäule mit Leistungen von bis zu 350 Kilowatt (sogenannte High-Power-Charger, HPC) zu blockieren, wenn Ihr Wagen ohnehin nur maximal 40 kW verträgt. Eilige Fahrer mit neueren Fahrzeugen werden es Ihnen danken. Gehen Sie pfleglich mit der Ladesäule und den Anschlüssen um! Wenden Sie keine Gewalt an, lassen Sie die Stecker nicht unnötig auf den Boden plumpsen! Nichts ist ärgerlicher, als eine defekte Ladesäule vorzufinden. Melden Sie Defekte auch dem Betreiber – der bekommt es unter Umständen sonst gar nicht mit. Hilfreich ist es auch, wenn Sie nicht funktionierende Geräte in Ladesäulen-Verzeichnissen wie www.goingelectric.de eintragen. Dann sparen Sie anderen unnötige und frustrierende Fahrtwege. Parken Sie so, dass niemand gestört wird. Ja, die Betreiber von Ladestationen bedenken oft nicht, dass es E-Autos gibt, bei denen sich die Ladeklappe nicht mittig vorn befindet. Und die Kabel sind sowieso immer zu kurz. Unter Umständen klappt das Anstöpseln nur, wenn Ihr Auto quer über zwei Stellplätze steht. Parken Sie bitte nur im Notfall so und hindern Sie keine anderen Autos am Ausparken. Am besten bleiben Sie auch während des Ladens in der Nähe – oder beachten folgenden Hinweis. Legen Sie eine Ladescheibe hinter die Windschutzscheibe! Sie sieht aus wie eine Parkscheibe, hat zur Unterscheidung aber eine andere
Farbe und soll die Uhrzeit angeben, bis zu der Sie vermutlich laden. Somit können andere Ladewillige sehen, ob es sich gegebenenfalls lohnt, ein paar Minuten zu warten, statt eine andere Station aufzusuchen. Noch besser ist, Sie geben auf der Karte auch Ihre Telefonnummer an – so sind Sie erreichbar, falls Ihr Wagen aus irgendwelchen Gründen umgeparkt werden muss. Im Internet gibt es Vorlagen für Ladescheiben zum Selberbasteln. Zum Beispiel unter www.ratgeberelektroautos.de/download/Ladescheibe_Ratgeber_Elektroautos.pdf
Wenn Sie am Ende des Ladevorgangs zu Ihrem Auto zurückkehren und neben Ihnen steht ein weiteres Auto mit nicht eingestecktem Ladekabel, dann heißt das so viel wie: »Hallo! Wenn Sie fertig sind, möchte ich auch gern laden.« Seien Sie so nett und stöpseln Sie das fremde Kabel an der Ladestation an. Diese Geste funktioniert natürlich nur an kostenlosen Ladesäulen ohne Identifizierung, es sei denn, Sie wollen eine Akkuladung an Bedürftige spenden.
Kapitel 11
Ladestationen für zu Hause IN DIESEM KAPITEL Reicht daheim die gute alte Haushaltssteckdose zum Laden? Wie schnell muss eine heimische Wallbox laden können? Wozu braucht es mobile Ladeboxen? Welche Lösungen gibt es für Mieter und Wohnungseigentümer in Wohnblöcken? Was ist mit dem kabellosen Induktionsladen? Wie lassen sich Photovoltaikanlage für das Auto und dessen Akku für das Haus nutzen?
Ein E-Auto hat einen Vorteil gegenüber Verbrennern: Sie können es sogar zu Hause »betanken«. Und dafür braucht es am Anfang nicht einmal eine besondere Ausrüstung: Es reicht eine ganz normale Steckdose, die Sie sonst auch für den Staubsauger verwenden. Sie werden allerdings schnell sehen, dass eine Wallbox (englisch: Wandkiste, kompakt gebaute Ladestation für den heimischen Einsatz) in der Garage, unter dem Carport oder am festen Stellplatz mehr Vorteile bietet, als nur etwas schneller zu laden. Es hat seine Gründe, warum diese Investition staatlich gefördert wird.
Dauersaugen an der SchukoSteckdose? Lieber nicht! Die meisten E-Autos werden auch mit einem Ladekabel für die heimische Schuko-Steckdose (Schutz-Kontakt, CEE 7/3) inklusive
eines fest integrierten Geräts zur Ladesteuerung ausgeliefert: An einer Seite befindet sich ein normaler doppelpoliger SchukoStecker, auf der anderen Seite ein Typ-2-Stecker für das E-Auto (mehr über die Steckertypen für E-Fahrzeuge lesen Sie in Kapitel 9 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Es gibt vier standardisierte Stecker«). Damit können Sie zu Hause sofort loslegen. Diese langsame Art des Ladens ist allerdings nicht unproblematisch und sollte keine Dauerlösung sein. Denn: Schuko-Steckdosen und deren Leitungen sind nicht für dauerhaft hohe Ströme ausgelegt. Das Laden ist verlustreicher als das Laden an einer Wallbox. Das Laden dauert länger als an einer Wallbox. Das Kabel ist nicht gegen Ausstecken während des Ladens gesichert. Im Detail: Das einphasige Wechselstromnetz steht in Europa unter einer Spannung von rund 230 Volt und ist mit Stromstärken von 10 bis 16 Ampere abgesichert. Die maximale Ladeleistung wäre 3,68 Kilowatt (kW, 230 Volt mal 16 Ampere). Die Leitungen müssen für solche Stromstärken einen Querschnitt von wenigstens 1,5 Quadratmillimeter aufweisen. Das hat einen guten Grund: Kleinere Leitungen hätten einen höheren Widerstand, was zu mehr Abwärme führt – bei hohen Anforderungen wäre die Brandgefahr erhöht. Aber wir reden hier von Maximalwerten. Um auf Nummer sicher zu gehen, sind die Ladesteuereinheiten dieser Ladekabel – man nennt sie umgangssprachlich auch »Ladeziegel« – auf 10 Ampere limitiert. Die maximale Ladeleistung liegt dann bei 2,3 kW (230 Volt mal 10 Ampere). Das heißt, Sie können in einer Stunde 2,3 kWh in den Akku laden. Das vollständige Laden eines zum Beispiel 45 kWh großen Akkus wie der kleinste beim ID.3 von Volkswagen dauerte dann fast 20 Stunden. Aber genau das ist das Problem: Ihre Stromleitung zu Hause steht dann unter hoher Dauerbelastung, und im selben Stromkreis
gibt es vielleicht noch andere Stromabnehmer. Das kann an Engstellen durch schlecht sitzende oder korrodierte Verbindungen dann doch zu Hitzebildung und zum Durchschmoren führen. Nicht umsonst bezeichnen viele Hersteller die Schuko-Ladekabel auch als »Notladekabel« – als solche sollten Sie sie auch verwenden. Wenn Sie erst einmal keine andere Lösung sehen, als Ihr E-Auto an einer Schuku-Steckdose zu laden – zum Beispiel weil die Installation einer Wallbox noch mit Vermieter oder Hauseigentümergemeinschaft geklärt werden muss, dann lassen Sie unbedingt aber vorher die bestehende Elektroinstallation von einem Fachmann prüfen! Ein Stundenlohn für einen Handwerker ist allemal günstiger als eine neue Garage. Eine separate Stromleitung vom Sicherungskasten bis zum Autostellplatz ohne weitere Stromabnehmer wäre empfehlenswert. Verzichten Sie darauf, bei zu kurzem Ladekabel ein Verlängerungskabel oder eine Kabeltrommel zu verwenden! Sie könnte den dauerhaft hohen Stromfluss nicht verkraften und durch Hitzeentwicklung einen Brand verursachen! Mit einer Wickelung um eine Trommel wird es noch gefährlicher: Sie verstärken den Effekt, weil die Wärme nicht abgeführt werden kann. Eine Wallbox wird über dreiphasige Drehstromleitungen gefüttert, deren Leitungen einen größeren Querschnitt aufweisen – die Wärmeentwicklung ist geringer (mehr zu den verschiedenen Stromarten erfahren Sie im Kapitel 8 »Strom, die unsichtbare Energie«). Da sind wir auch gleich beim nächsten Punkt: Wärmeentwicklung an welcher Stelle auch immer bedeutet Energieverlust. Das heißt: Beim Laden mit den dünneren Leitungen zur Schuko-Steckdose landet letztlich nicht alle Energie im Auto-Speicher, den Sie beim Energieversorger bezahlen. Die Rede ist von bis zu 20-prozentigen Verlusten gegenüber einer
Wallbox. Auf Dauer können Sie dabei Euro-Beträge in dreistelliger Höhe auf Ihrer Stromrechnung sammeln.
Höchstleistungen sind zu Hause nicht erforderlich Niemand möchte morgens in sein Auto steigen und feststellen, dass der über Nacht geladene Strom für die geplante Tour nicht reicht. Nicht selten hegen E-Neulinge deshalb den Wunsch, an ihrem heimischen Stellplatz eine möglichst leistungsfähige Ladestation installieren zu lassen – vielleicht sogar eine Gleichstrom-Schnellladestation, um auch tagsüber noch einmal »schnell« wieder vollladen zu können. Verabschieden Sie sich von solchen Wünschen, aber auch Ängsten! Die heimische Ladebox muss den Leistungen eines High-Power-Chargers (HPC, Ladestation mit 350 kW Leistung) gar nicht gleichkommen. Denn: Eine Wallbox ist zum langsamen Laden während einer längeren Stehzeit gedacht, zum Beispiel nachts. Geräte mit hoher Leistung sind teurer als mit geringerer Leistung, gegebenenfalls muss der Energieversorger Ihnen sogar eine zusätzliche Stromleitung ans Haus legen, was Extrakosten bedeutete. Je langsamer geladen wird, desto schonender ist es für den Akku, desto weniger verliert er an Leistung und Akkukapazität über die Jahre (siehe Kapitel 13 »Ein bisschen Pflege tut dem Akku gut«, Abschnitt »Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen«). Der Normalfall ist, dass eine Wallbox an eine dreiphasige Drehstromleitung (400 Volt) des Hauses angeschlossen wird – so wie zum Beispiel ein elektrischer Küchenherd auch. Die ist in der Regel mit 16 Ampere abgesichert. Das ergibt rund 11 Kilowatt (kW) Leistung (die Berechnung lautet: Wurzel (3) x 400 V x 16 A).
Das heißt: Sie können in einer Stunde 11 Kilowattstunden (kWh) in Ihren Akku laden. Ein Wagen mit einem 45-kWh-Akku (netto) wäre somit in etwas mehr als vier Stunden von null auf hundert vollgeladen. Sollten mehrere E-Autos in einer Siedlung gleichzeitig laden, dann ist das etwa eine Netzbelastung wie mittags, wenn alle Bewohner Essen kochen. Daher können einzelne Wallboxen mit Leistungen von bis zu 11 kW bei Einfamilienhäusern aus Sicht der Stromnetzbetreiber meistens problemlos installiert werden. Sie sind in der Regel genehmigungsfrei. Seit März 2019 gibt es laut bundesweit gültiger Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) aber immerhin eine Meldepflicht. Bei Ladeeinrichtungen mit 22 kW sieht die Sache anders aus. Dazu brauchen Sie schon einmal einen Drehstrom-Anschluss, der mit 32 Ampere abgesichert ist (Wurzel (3) x 400 V x 32 A = 22 kW). Solche und leistungsstärkere Anlagen sind normalerweise beim Energieversorger genehmigungspflichtig. Ihr Auto wäre damit doppelt so schnell aufgeladen wie mit 11 kW. Ein Wagen mit einem 45-kWh-Akku stünde also bereits nach etwas mehr als zwei Stunden wieder vollgeladen auf dem Hof – wenn er denn überhaupt diese Leistung aufnehmen kann. Aber brauchen Sie das wirklich? So kommen Sie zur richtigen Entscheidung – und die wird Sie vielleicht überraschen: 1. Erkundigen Sie sich, mit wie viel Leistung Ihr Auto maximal Wechselstrom (AC) laden kann – damit erübrigen sich möglicherweise schon alle anderen Überlegungen. Denn die meisten Hersteller nehmen 11 kW mittlerweile als Standard an. 2. Fragen Sie Ihren Stromnetzbetreiber, welche Leistungsgrößen bei Wallboxen an Ihrem Standort erlaubt, meldungs- oder gar genehmigungspflichtig sind. Er wird Ihnen auch sagen können, über welchen Hausanschluss Sie bereits verfügen. Beim Netzbetreiber handelt es sich nicht unbedingt um den Energieversorger, mit dem Sie einen Stromvertrag
abgeschlossen haben, sondern um die Gesellschaft, die die Netze wartet, repariert und gegebenenfalls erweitert. Die Kontaktdaten erfahren Sie notfalls im Rathaus Ihrer Kommune oder Stadt. 3. Machen Sie sich Gedanken, wie Ihr Fahrprofil aussieht: Wie viel fahren Sie täglich maximal? Wie viel Strom braucht der Wagen für diese Strecken? Als Maximalwert können Sie natürlich nur die Netto-Akku-Kapazität nehmen, denn mehr als einmal vollladen können Sie zu Hause ja nicht. Alles andere müssen Sie unterwegs laden. 4. Überlegen Sie, wie viele Stunden der Wagen jeweils über Nacht an der Wallbox steht, bis Sie wieder losfahren. 5. Der Bedarf an heimischer Ladeleistung berechnet sich wie folgt und wie in Abbildung 11.1 zu sehen: Ihre normale tägliche Fahrtstrecke in Kilometern geteilt durch 100 mal Durchschnittsverbrauch des Autos in kWh pro 100 Kilometer. Diesen Wert wiederum teilen Sie durch die durchschnittliche Standzeit in der Nacht in Stunden. Bei den meisten wird ein Wert weit unter ihren ursprünglichen Erwartungen herauskommen.
Abbildung 11.1: So berechnen Sie die nötige Leistung Ihrer Wallbox. Quelle: Silberstein
6. Statt die leistungsfähigste Ladestation zu Hause an die Wand zu schrauben, die möglich ist, sollten Sie überlegen, ob Sie die Mehrkosten dafür nicht besser in eine Flatrate-Ladekarte investieren, mit der Sie unterwegs schnell laden können.
Lassen Sie eine Wallbox nur von einem Fachmann installieren! Sie riskieren sonst durch laienhafte Montagen Kabelbrände oder sogar durch Stromschläge Ihr Leben! Nur
er kann beurteilen, ob ein neues Kabel gelegt werden muss, welche Absicherung nötig ist und ob ein zusätzlicher Zähler installiert werden muss. In der Regel braucht es auch einen separaten Fehlerstrom-Schutzschalter (FI-Schalter oder neu auch RCCB, englisch: Residual Current operated CircuitBreaker) für die Wallbox. Diese schalten bei hohen Fehlerströmen gegen Erde die Spannung ab und vermeiden somit lebensgefährliche Unfälle. Es gibt Wallboxen mit Typ-2-Steckdose, in die Sie das Kabel aus dem Kofferraum Ihres Autos stecken, und Wallboxen, die ein fest installiertes Kabel haben. Geben Sie ruhig etwas mehr für Letztere aus. Täglich das Kabel ein- und auszupacken wird schnell nervig. Außerdem ist jede Steckverbindung eine potenzielle Korrosionsstelle mit Kontaktproblemen. Wählen Sie das Ladekabel lang genug, sodass es jede Ecke des parkenden Autos erreichen kann. Sie wissen nicht, an welcher Stelle Ihr nächster Wagen seine Ladeklappe hat.
Schnelllader für daheim: möglich, aber kaum sinnvoll Ja, durchaus, die gibt es. Wie bei öffentlichen Ladestationen verwenden diese dann einen CCS- oder Chademo-Ladestecker (mehr zu den Steckertypen erfahren Sie in Kapitel 9 »Strom, die unsichtbare Energie«, Abschnitt »Es gibt vier standardisierte Stecker«). Die Wandlung des haushaltsüblichen Wechselstroms (AC) in Gleichstrom (DC) erfolgt dann mit einem Gleichrichter (Elektronik zur Umwandlung von Wechselspannung in Gleichspannung) in der Wallbox und nicht wie beim AC-Laden über den Gleichrichter im Fahrzeug. Der Kauf einer DC-Wallbox kann durchaus Sinn machen, wenn das eigene Fahrzeug AC nur
sehr langsam laden kann (vielleicht nur mit 3,6 kW), aber DC viel schneller. Es gibt nur ein Problem: Diese Anlagen sind sehr teuer – das fängt bei rund 6000 Euro nur für das Material an und geht in fünfstellige Bereiche. Das liegt nicht nur am zusätzlich verbauten Gleichrichter – nicht selten braucht es dafür eine gesonderte Hausleitung und einen separaten Trafo. Denken Sie daran, dass auch hier der Stromnetzbetreiber eine Genehmigung für Anlagen mit mehr als 11 kW Leistung erteilen muss. Für den Heimgebrauch dürfte sich diese Investition in eine DC-Wallbox kaum lohnen, sondern ist eher für den gewerblichen Betrieb gedacht. Künftige E-Autos werden auch kaum mit weniger als 11 kW Wechselstrom laden können.
Auch erhältlich: Wallbox to go Eine Ladestation für die Wand (englisch Wall), die plötzlich mobil sein soll? Die Bezeichnung klingt etwas widersinnig, ist es aber nicht. Denn dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Technik in einer Ladebox kein Hightech und schon gar nicht unbedingt sehr groß ist. Warum sollte man sie dann nicht einfach überall mit hinnehmen? Mehrere Hersteller wie zum Beispiel Juice Technology, DinaTech oder Go-e bieten Geräte an, die einfach in eine übliche rote Drehstromsteckdose (CEE) mit 16 oder 32 Ampere angeschlossen werden. Obendrein sind sie wasserdicht und haben ein besonders stabiles Gehäuse. Im Grunde sind sie aufgebaut wie die oben beschriebenen Notladekabel für die haushaltsübliche Schuko-Steckdose, bieten jedoch viel höhere Ladeleistungen. Mit einer Wandhalterung verrichten sie ihren Job zu Hause als klassisches Wandgerät, können aber auf Reisen dann dazu dienen, an jeder irgendwo auffindbaren Drehstromsteckdose das Auto aufzuladen. Die finden sich mitunter ja auch in Firmenhallen, Werkstätten, Tiefgaragen von Hotels und an Privathäusern von
Freunden. Die Ladeleistungen reichen wie bei stationären Wallboxen von 3,7 bis 22 Kilowatt. Teils gibt es auch gleich noch Adapter für Schuko- und/oder für die blaue, einphasige CampingSteckdose dazu – die Ladeleistung ist dann entsprechend reduziert. Wenn Sie wissen, dass in absehbarer Zeit ein Wohnungswechsel ansteht, dann ist die mobile Wallbox mit Sicherheit die bessere Wahl. Dann können Sie sie auch einfach ausstöpseln und mitnehmen. Von der staatlichen Förderung durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau sind die mobilen Wallboxen allerdings ausgeschlossen.
Ladekabel sollen keine Stolperfallen für Fußgänger sein Nicht jeder hat ein Einfamilienhaus mit Garage. Bei Miet- oder Eigentumswohnungen in der Stadt muss das eigene Auto nicht selten auf der Straße parken. Manchmal ist die eigene Steckdose aus dem Keller oder ersten Stock aber gar nicht weiter entfernt als das Kabel des »Ladeziegels« (das Steuergerät für das Laden an der 230-Volt-Haushaltssteckdose). Legen Sie nicht einfach das Ladekabel über den Fußweg! Nicht nur, dass Kabel und Auto Schaden davontrügen, wenn jemand daran hängen bliebe. Wenn jemand stolpert und sich verletzt, stehen Sie in der vollen Verantwortung und müssten gegebenenfalls Schmerzensgeld und/oder Schadenersatz zahlen. Das Thema sorgt immer wieder für Diskussionen in Internetforen. Darf man oder darf man nicht? Reicht es, das Kabel mit Absperrband oder einem Schild abzusichern? Oder es mit einer
Matte oder mit einem Kabeltunnel abzudecken? Leider nein. Da spielt es auch keine Rolle, ob dort täglich 50 Passanten vorbeikommen oder nur einmal im Jahr einer. Eigentümer und verkehrssicherungspflichtig für einen öffentlichen Gehweg ist die jeweilige Kommune. Die müssen Sie in jedem Fall um Erlaubnis bitten! Die Erfahrung vieler E-Mobilisten ist, dass die Antwort auf Anfragen bei Kommunen in der Regel nein ist. Verständlicherweise, denn die Stadt oder Gemeinde will natürlich auch nicht die Verantwortung für Verletzungen tragen. Kabel auf Gehwegen stellen gefährliche Hindernisse vor allem auch für Rollatornutzer, sehbehinderte Menschen, Rad fahrende Kinder, Inlineskater et cetera dar – die Kommunen sind aber dazu angehalten, Gehwege barrierefrei zu gestalten. Meistens lassen die Kommunen aber auch nicht zu, dass Sie ein Kabel unter dem Pflaster verbuddeln oder es durch die Luft zum Beispiel über einen Baum, Fahnenständer oder Schwenkarm baumeln lassen – alles fände unter, auf oder über einer öffentlichen Verkehrsfläche statt. Zudem kann es zu Komplikationen kommen, wenn zum Beispiel Kanalisationsarbeiten anstehen oder ein Baumbeschnitt. Was also tun? Es lohnt sich dennoch, Ihr Anliegen bei der Kommune kundzutun – vielleicht haben ja auch noch andere Bewohner in Ihrer Straße das gleiche Anliegen und Sie können sich zusammentun? Dann könnten Sie zum Beispiel erreichen oder zumindest anregen, dass … in Ihrer Straße eine öffentliche Ladestation aufgebaut wird. Sie an anderer Stelle vielleicht eine eigene Ladebox anbauen können, die separat abgerechnet wird (technische Lösungen dafür gibt es). die Stadt sich kreative Lösungen überlegt. Zum Beispiel könnte sie erlauben oder selbst veranlassen, dass an
mehreren Stellen des Fußweges geeignete Pflastersteine oder ein Kabeltunnel (zum Beispiel eine Entwässerungsrinne) eingesetzt werden, in denen bei Bedarf ein Kabel stolpersicher eingelegt werden kann. Die Genehmigung für solch eine Lösung hat zumindest die Stadt Potsdam 2020 für Privatanträge in Aussicht gestellt. Im Stadtteil Bornstedter Feld findet sie bereits mehrfach Anwendung.
Verzichten Sie so oder so darauf, bei zu kurzem Ladekabel ein Verlängerungskabel oder eine Kabeltrommel zu verwenden! Sie könnte dauerhaft hohen Stromfluss nicht verkraften und durch Hitzeentwicklung einen Brand verursachen! Siehe auch Abschnitt »Dauersaugen an der Schuko-Steckdose? Lieber nicht!«.
Abbildung 11.2: Auch wenn es harmlos erscheint: Kommunen geben in der Regel nicht ihr Einverständnis dafür, dass Ladekabel über Fußwege oder durch die Luft geführt werden. Quelle: Silberstein nach Vorlage von Frank Giese
Gesetzlich verankert: das Recht auf eine Wallbox Wer ein Haus sein Eigen nennt, braucht keine Nachbarn zu fragen, wenn er eine Ladebox an die Carport- oder Garagenwand bauen möchte. Für Besitzer von Eigentumswohnungen oder Mietern mit Stellplatz in einer gemeinschaftlich genutzten Tiefgarage oder auf Parkflächen sieht die Lage schon anders aus. Lange Zeit hatten sie keine Chance auf Installation einer Lademöglichkeit, wenn die Miteigentümer oder der Vermieter dies nicht wollten. Eine einzige Gegenstimme reichte aus, um das Vorhaben platzen zu lassen. Im September 2020 hat der Bundestag jedoch das namensmonströse »Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften« beschlossen. Die Abkürzung klingt auch nicht viel besser: Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG). Aber danach hat ein Eigentümer einer Wohnung nun das Recht auf die Installation einer Wallbox. Der Einbau muss zwar auf einer Eigentümerversammlung beschlossen werden, aber widersetzen sich die Miteigentümer, kann der Beschluss eingeklagt werden. Sprich: Ihre Hausnachbarn können lediglich über die Art der Anlage mitentscheiden. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Sie als Eigentümer bauen eine Wallbox nur für sich allein und tragen alle dabei entstehenden Kosten. Oder die Versammlung beschließt gleich eine gemeinschaftliche Anlage, bei der die Kosten auf alle verteilt
werden – die aber auch alle nutzen können. Dazu braucht es allerdings wenigstens zwei Drittel der Stimmen und mindestens 50 Prozent der Miteigentumsanteile.
In der Regel lohnt es sich, dieses Projekt gemeinsam anzugehen. Machen Sie den Miteigentümern klar, dass sie vermutlich in wenigen Jahren ebenfalls eine Lademöglichkeit brauchen werden. Dann lassen sich gleich Anlagen mit einer Lastverteilung installieren – mehrere Ladestationen mit 11 oder gar 22 Kilowatt werden später nicht ohne Weiteres parallel betrieben werden dürfen. Da schiebt der Energieversorger meistens einen Riegel vor. Zudem lohnen sich mehrere Ladepunkte bei der Beantragung von Fördergeldern (siehe Kapitel 5 »Der Staat gibt Geld dazu«, Abschnitt »Auch für die private Wallbox gibt es Geld«). Am besten gelingt Ihr Plan, wenn Sie folgende Schritte in dieser Reihenfolge einhalten und stets gut vorbereitet sind: 1. Informieren Sie sich über die verschiedenen Varianten von Ladestationen, die in Ihrem Fall infrage kommen. Schauen Sie nach Einzellösungen für Ihr Auto allein, aber auch nach Anlagen mit Lastmanagementsystem für mehrere Ladepunkte (die Software sorgt dafür, dass die Gesamtleistung der Anlage möglichst intelligent auf die Fahrzeuge verteilt wird, die gerade laden). 2. Informieren Sie Ihre Miteigentümer über Ihr Vorhaben und suchen Sie Mitstreiter – beziehen Sie Letztere gleich in die Planungen mit ein. Durch persönliche Gespräche lassen sich Fragen und Vorurteile gleich im Vorfeld beantworten beziehungsweise aus dem Weg räumen. 3. Strittige Diskussionen sollten Sie lieber vermeiden. Empfehlen Sie allen, die Zweifel haben, dieses Buch – oder drücken Sie ihnen gleich ein Exemplar davon in die Hand.
4. Lassen Sie einen Elektriker den Standort prüfen. Er kann Ihnen auch sagen, welche Lösung möglich und welche ideal ist. Zudem kann er die Installationskosten abschätzen. 5. Fragen Sie beim Stromnetzbetreiber, welche Anlagen genehmigungsfähig sind – wenn dies nicht der Elektriker schon übernommen hat. 6. Stellen Sie für verschiedene Lösungen Listen mit Vor- und Nachteilen sowie Kosten zusammen. 7. Stellen Sie einen entsprechenden Antrag fristgerecht für die nächste Eigentümerversammlung. In der Regel muss der Antrag drei Wochen vorher eingereicht sein. 8. Präsentieren Sie Ihre Ideen bei der Versammlung. Die sollte danach den entsprechenden Beschluss fassen, auch darüber, wie verbrauchter Strom gezählt und abgerechnet wird. 9. Stellen Sie bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) einen Förderantrag. 10. Vergeben Sie oder die Hausverwaltung den Auftrag für die Installation an einen Elektriker. 11. Laden Sie Ihr Auto – und die Miteigentümer zu einer Probefahrt ein. Auch Mieter einer Wohnung mit eigenem Stellplatz haben einen Rechtsanspruch auf die Installation einer Wallbox zum Laden eines Elektroautos – das regelt das geänderte Mietrecht (§ 554 Bürgerliches Gesetzbuch). Dabei können Mieter und Vermieter vereinbaren, ob der Mieter eine eigene Box installieren lässt und alle Kosten dafür trägt oder ob dies der Vermieter tut. In letzterem Fall kann dann die Miete entsprechend erhöht werden. Obendrein kann eine zusätzliche Mietkaution für das Gerät fällig werden. Der ADAC stellt ein Musterschreiben für Mieter an ihre Vermieter zum Download bereit: https://bit.ly/3lcLPaB. Diesen Link habe ich extra für Sie verkürzen lassen. Denn das ultralange Original hätten Sie bestimmt nicht abtippen
wollen. Außerdem hätten Sie das sicher nicht fehlerfrei hinbekommen.
Auch möglich: Laden ohne Kabelgewirr Die Idee ist verlockend: Statt immer umständlich ein Ladekabel aus dem Frunk oder Kofferraum zu holen, zu entknoten und einzustöpseln, gibt es eine technische Möglichkeit, ganz kontaktlos das E-Auto aufzuladen: per Induktion (bei der elektromagnetischen Induktion entsteht an einem elektrischen Leiter durch ein sich veränderndes Magnetfeld eine elektrische Spannung). Das funktioniert genauso wie beim »Wireless Charging« des Smartphones, bei elektrischen Zahnbürsten oder bei Induktionskochfeldern: In einer Platte am Boden ist eine Spule eingebaut, die sogenannte Primärspule. Fließt Strom durch deren Wicklung, wird ein Magnetfeld erzeugt. An Ihrem Auto muss als Gegenstück am Unterboden ebenfalls eine Spule verbaut sein – die Sekundärspule. Wenn Sie diese direkt über der Spule Ihrer Ladestation parken, führt das Magnetfeld in der Spule des Autos ebenfalls zu einem Stromfluss – damit kann der Akku des Autos geladen werden. Das ist sehr bequem. Leider hat die Sache aber nicht nur Vorteile: Die Technik ist noch nicht sehr verbreitet und damit recht teuer. Es gibt (noch) keinen einheitlichen Standard. Die meisten Fahrzeughersteller bieten sie nicht von Haus aus an, das Auto müsste separat umgerüstet werden. Sie müssen sehr genau einparken – befinden sich die Spulen nicht exakt übereinander, funktioniert der Ladevorgang schlecht bis gar nicht. Ohne Navigationshilfe oder autonome Einparkfunktion ist das ein fast aussichtsloses Unterfangen. Allerdings: Wenn ein Auto ohnehin zentimetergenau einparken
muss, dann könnte es eigentlich auch gleich Metallkontakte ansteuern. Über die Induktion geht reichlich Energie verloren, wenigstens 15 bis 20 Prozent – und zwar in Form von Wärme an die Luft zwischen den Spulen. Je weiter die Spulen auseinanderliegen, desto größer sind die Ladeverluste. Zum Vergleich: Beim Laden per Kabel gehen etwa fünf Prozent verloren. Der Unterschied kann auf Dauer also viel Geld kosten.
Auch die Induktion ist eine so alte Technik wie E-Motoren und Akkus, sie ist seit Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Der Elektropionier Nikola Tesla, nach dem die amerikanische Elektroautomarke benannt ist, führte sie erstmals 1891 einem staunenden New Yorker Publikum vor.
Abbildung 11.3: Beim Induktionsladen müssen die Spulen nach dem Parken exakt übereinanderliegen. Dieser Prototyp eines Induktionsladers wurde 2011 bei der Tokyo Motor Show gezeigt. Quelle: Silberstein nach einer Vorlage von NJo, CC-BY-SA-3.0
Photovoltaik ist die beste Freundin des E-Autos Zugegeben, Sie brauchen nicht unbedingt Solarzellen auf dem Dach, um ein E-Auto zu fahren – aber es ist eine sehr wertvolle
Kombination, wenn Sie die Möglichkeiten dazu haben. Warum? Es gibt wohl kaum eine günstigere Stromquelle als die eigene Photovoltaikanlage (PV, mittels Solarzellen wird Lichtenergie in elektrische Energie umgewandelt). Zudem gibt sie zu 100 Prozent erneuerbar erzeugten Strom ab. Als grobe Faustformel kann man festhalten: Ein E-Auto mit Strom vom heimischen Energieversorger halbiert etwa Ihre Kilometerkosten im Vergleich zu einem vergleichbaren Fahrzeug mit Verbrennungsmotor. Mit Strom vom eigenen Dach kommen Sie allerdings auf etwa ein Viertel der Kosten. Selbst kleine PV-Anlagen mit einer Spitzenleistung von 5 Kilowatt peak (kWp) produzieren an Sonnentagen mehr Strom, als ein Einfamilienhaus durchschnittlich verbraucht. Für gewöhnlich wird der Überschuss gegen eine über 20 Jahre festgelegte Vergütung in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Durchschnittlich kommen solche Anlagen auf einen Eigenverbrauch von etwa 30 Prozent. Laden Sie auch noch Ihr Auto mit eigenem Sonnenstrom, dann steigern Sie diesen Anteil immens. Und dieser Strom kostet Sie nur die entgangene Einspeisevergütung plus eventueller Umsatzsteuer, falls Sie zur Abgabe verpflichtet sind. Bei einer Anlage, die Anfang 2021 in Betrieb genommen wurde, wären das zum Beispiel 9,57 Cent pro kWh.
Abbildung 11.4: Die Ladebox des Vereins IFEU und der dazu gehörige PVManager können von jeder beliebigen Photovoltaikanlage den Überschussstrom errechnen und damit das E-Auto laden. Die helle Linie des Diagramms zeigt die Leistung aus Sonneneinstrahlung, die dunklere darüber die entsprechend angepasste Ladeleistung, unten den Verbrauch im Haus. Screenshot: Silberstein
Wenn Sie mit Strom aus einer eigenen PV-Anlage ein EAuto füttern wollen, dann achten Sie darauf, auch eine passende »smarte Wallbox« – also eine steuerbare – zu installieren. Die berechnet aus den Daten des PVWechselrichters im Haus die Differenz zwischen solar erzeugter und im Haus verbrauchter Energie und lädt möglichst nur mit dem Überschussstrom das E-Auto. Sprich: Schiebt sich eine Wolke vor die Sonne oder beginnt die Waschmaschine mit dem Heizen des Wassers, regelt die Wallbox entsprechend die Ladeleistung für das Auto herunter und andernfalls auch wieder herauf. Sollte sich keine Wallbox finden, die mit dem vorhandenen Wechselrichter kommunizieren kann, gibt es auch Lösungen, bei denen die Werte mittels digitaler Zähler im heimischen Sicherungskasten ermittelt werden. Ein Beispiel dafür ist die
förderfähige Ladebox der Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU). Sie bietet auch den Selbstbau einer Box während eines Workshops an. Infos gibt es unter www.i-feu.de.
Auto-Akku kann auch das Haus mitversorgen Die Idee ist charmant für Besitzer von Photovoltaik-Anlagen (siehe voriger Abschnitt »Photovoltaik ist die beste Freundin des E-Autos«): Tagsüber pumpt die Sonne den Akku des Wagens voll Strom und abends beziehungsweise nachts lässt man ihn wieder in die umgekehrte Richtung fließen und nutzt ihn in der Wohnung für Licht, Kochen und Fernsehen. Bidirektionales Laden nennt man das (lateinisch: laden in zwei Richtungen, Strom kann vom Haus in den Akku fließen und umgekehrt). Der Auto-Akku fungiert dann als Hausspeicher – der Besitzer bräuchte keinen separaten stationären Haus-Akku. Und die Energieversorger träumen schon davon, die vielen EAutos künftig als Schwarm-Stromspeicher zu nutzen, um Schwankungen bei Erzeugung und Abnahme auszugleichen – Smart Grid ist der Begriff dafür (englisch: intelligentes Stromnetz). Das könnte der Energiewende einen guten Dienst erweisen: Günstiger Überflussstrom aus erneuerbaren Energien könnte für die Zeit zwischengeparkt werden, in der die Nachfrage größer ist, und dann teurer verkauft werden. Autobesitzer könnten quasi im Schlaf Geld verdienen, weil sie ihr Auto als Pufferspeicher zur Verfügung stellen und zur Stabilität des Stromnetzes beitragen. Wenn es das Fahrzeug unterstützt, könnten Sie aber auch zum Beispiel unterwegs ein anderes (liegen gebliebenes) Fahrzeug mit Strom versorgen (so der Plan beim E-Auto Sion von Sono Motors) oder auf dem Campingplatz mit Ihrem Hochvolt-Akku Elektrogrill und Fernseher betreiben. Das große Problem dabei: Sowohl das Fahrzeug als auch die Ladestation müssen für das bidirektionale Laden vorbereitet sein
– und daran hapert es noch gewaltig. Zurzeit können das bei Gleichstromladungen nur Fahrzeuge mit dem ChademoLadesystem, in der Regel Autos von asiatischen Herstellern wie Nissan und Mitsubishi. Für CCS gibt es noch keine Lösungen. Das bidirektionale Laden mit Wechselstrom beherrschen auch nur wenige Wallboxen, dann meist relativ teure Geräte direkt von den Fahrzeugherstellern. Andere machen immer wieder Entwicklungsankündigungen, aber Taten folgen in der Regel keine. Die Frage ist auch, ob es sich für die Besitzer überhaupt lohnt. Denn jeder Lade- und Entladevorgang lässt einen Akku altern – er verliert an Kapazität und Leistung. Der Wertverlust eines Wagens mit geschwächtem Akku übertrifft möglicherweise die Einsparoder gar Verdienstmöglichkeiten bei Weitem. Obendrein müssen Sie sich darauf einstellen, dass Sie morgens in ein Auto steigen, dessen Akku nur noch zur Hälfte gefüllt ist. Insofern könnte ein günstigerer, fest installierter Hausspeicher sinnvoller sein – der könnte tagsüber auch Strom der PV-Anlage aufnehmen, während das Auto unterwegs ist. Bidirektionales Laden wird noch kaum unterstützt. Wenn Sie sich sehr dafür interessieren, werden Sie sich auf wenige Fabrikate einschränken müssen. Dann kommt zurzeit auch nur die Verwendung im eigenen Haus infrage. Wirklich rentabel scheint aber auch das noch nicht zu sein. Eine Steuerung oder gar eine Vergütung seitens der Stromnetzbetreiber für Schwarm-Energiespeicher gibt es leider noch nicht. Aber man darf gespannt sein, was sich in der Zukunft in dieser Richtung tut.
Kapitel 12
Ein bisschen Pflege tut dem Akku gut IN DIESEM KAPITEL Wie schont man den Akku am besten? Was hat es mit dem Balancieren der Akkuzellen auf sich?
Die chemische Zusammensetzung von Batteriezellen ist nicht von unendlicher Dauer. Lithium-Ionen-Akkus haben leider ein Problem mit hohen Temperaturen sowie langen Zeiträumen mit nahezu leerem oder randvollem Akku. Das schädigt auf Dauer die chemischen Strukturen in den Zellen, im Besonderen die Grafitgitter. Je öfter diese Situationen vorkommen, desto mehr und schneller verliert der Akku an Kapazität und Leistung.
Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen Keine Angst! Um größere Schäden am Akku zu vermeiden, hält die Software Ihrer Bordelektronik schon wirksame Maßnahmen vor. Sie können mit Ihrem Verhalten allerdings die Lebensdauer Ihres Akkus erhöhen und den Abfall der Leistungsfähigkeit verzögern, indem Sie Folgendes tun: Lassen Sie Ihren Wagen nur so kurz wie möglich mit vollem oder leerem Akku stehen. Bei längeren Standzeiten – zum Beispiel während des Urlaubs – hinterlassen Sie ihn möglichst mit einem Akkustand von 50 Prozent.
Versuchen Sie, mit dem Ladestand stets zwischen 20 und 80 Prozent zu bleiben (der Netto-Akku-Kapazität, den Sicherheitspuffer des Herstellers nicht mitberechnet), optimal wären sogar 30 bis 70 Prozent. Bei den meisten Autos lassen sich Maximalwerte für AC-Ladungen einprogrammieren. Laden Sie nur bis auf 100 Prozent, wenn Sie dies für Langstrecken benötigen, um die nächste Ladesäule sicher zu erreichen. Starten Sie den Ladevorgang nicht abends, wenn Sie nach Hause kommen, sondern so spät wie möglich, dass die Zeit reicht, den Akku bis zur nächsten Fahrt am Morgen auf den gewünschten Ladestand zu bringen. In der Regel lassen sich geplante Abfahrtzeiten und gewünschte Füllstände im Auto programmieren – dann übernimmt der Bordcomputer den nächtlichen Ladestart für Sie. Vorteil im Winter: Sie starten dann auch mit einem durch das Laden vorgewärmten Akku. Laden Sie, wann immer es geht, so langsam wie möglich mit geringer Leistung. Nutzen Sie Schnelllader möglichst nur auf Langstrecken zum Zwischenladen. Legen Sie auf Langstrecken lieber einen Ladestopp mehr ein, statt auf möglichst großen Distanzen den Akku immer von 100 auf nahezu 0 leer zu fahren. Im Übrigen geht das Laden unter 70 bis 80 Prozent auch schneller. Siehe auch Kapitel 16 »So fährt man möglichst weit und schnell«, Abschnitt »Am schnellsten von A über B und C nach D«. Auch wenn dieser Tipp nicht mehr zum Laden, sondern schon zum Fahren gehört: Vermeiden Sie es, im Kaltzustand des Akkus – also gleich nach dem Start – »Vollstrom« zu geben. Auch ein Überhitzen ist nicht gut – zum Beispiel unter Dauerlast auf der Autobahn. Aber davor sollte die Bordelektronik den Akku schützen und ihn entsprechend kühlen beziehungsweise die Leistung reduzieren. »Wer oft zu schnell seine Batterie lädt beziehungsweise entlädt, mindert deren Lebenserwartung.«
Martin Winter, Batterieforscher in Münster
Auch Akkus müssen das Balancieren trainieren Nach mehreren Tausend Kilometern kann es vorkommen, dass der Akku scheinbar mehr an Kapazität verliert, als zu erwarten wäre. Das kann daran liegen, dass nicht mehr alle Zellen gleich voll geladen sind, wie es eigentlich sein soll. Sprich: Eine Zelle ist zu 100 Prozent gefüllt, andere aber nur zu 95 oder 90 Prozent. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn die vielen Zellen sind nicht alle identisch: Es gibt durch die Herstellungsprozesse ganz leichte Unterschiede in der chemischen Zusammensetzung und Kapazität. Werden nun alle Zellen beim Laden und Entladen aber immer gleich gefordert, vergrößern sich die Differenzen mit jedem Ladezyklus.1 Das muss man sich in etwa vorstellen, wie in Abbildung 12.1 zu sehen ist.
Abbildung 12.1: Nach etlichen Ladezyklen können die Akkuzellen unterschiedlich stark geladen sein. Quelle: Silberstein
Manche Bordcomputer melden dann 100 Prozent für das Gesamtsystem, obwohl noch nicht alle Zellen randvoll sind – orientiert am Höchststand der schwächsten Zelle. Andere
verharren in der Anzeige bei 95 Prozent und der Akku nimmt keinen Strom mehr auf – damit die schwächsten Zellen nicht überladen und geschädigt werden. Beim Fahren und Entladen bleiben diese Verschiebungen bestehen – man nennt sie auch Zellendrift (drift, englisch: Verschiebung, Spannungsabweichungen zwischen den Zellen). Wenn der Bordcomputer meint, der Akku ist bei 0 Prozent, dann gibt es immer noch Zellen, die bei 5 und mehr Prozent liegen – eben die, die zuvor bei der angeblichen Vollladung an der 100erGrenze waren. Auch hier verweigert der Bordcomputer eine weitere Entladung, um die schwachen Zellen zu schützen. Tatsächlich hat der Fahrer aber nur 90 bis 95 Prozent der eigentlich verfügbaren Kapazität nutzen können. Die schwächsten Zellen beeinflussen also die Gesamtkapazität, und das im Laufe der Zeit immer mehr. Um dieses Problem zu beheben, sollten die Akkuzellen ab und zu ausbalanciert (lateinisch ins Gleichgewicht bringen), sprich: alle Zellen wieder auf denselben Level gebracht werden. Das Batteriemanagementsystem startet diesen Prozess in der Regel ganz automatisch, nämlich dann, wenn die Zellendrift einen bestimmten Wert überschreitet. Wie tut es das? Es setzt den Ladevorgang einfach dann ganz vorsichtig mit geringen Strömen fort, wenn der Akku eigentlich schon voll gewesen ist, der Ladestecker von der Ladestation aber längere Zeit nicht abgezogen wird. Geladen wird dann so lange, bis auch die schwächsten Zellen wieder beim Maximum sind. Bei Batteriemanagementsystemen mit sogenanntem aktiven Balancing können dabei Ströme von kapazitätsreichen, starken Zellen in schwächere umleiten. Solche mit passivem Balancing beladen einfach alle Zellen der Akkupacks weiter, wobei überschüssige Energie bei den bereits vollen Zellen zu ihrem Schutz über einen Widerstand in Wärme umgewandelt wird – der hat quasi die Funktion eines Überdruckventils. Die Bedingungen, wann ein Batteriemanagementsystem ein Balancing startet, sind von Modell zu Modell unterschiedlich. In
Internetforen wird fleißig darüber diskutiert, wie man es manuell auslösen kann. Beim VW E-Golf heißt es zum Beispiel, der Wagen müsse weniger als 30 Prozent Füllstand haben, wenigstens eine halbe Stunde parken, dann mit Wechselstrom (AC) an Typ 2 voll aufgeladen werden und mit eingestecktem Ladekabel weitere 30 Minuten stehen. Auch wenn es ratsam ist, den Ladezustand zur Schonung des Akkus stets zwischen maximal 20 und 80 Prozent zu halten (siehe in diesem Kapitel im Abschnitt »Akkus mögen weder Hitze noch Gedrängel in den Zellen«), sollten Sie ihn dennoch für das Balancing auch ab und zu mal vollladen lassen und danach länger mit eingestecktem Ladekabel stehen lassen. Wie oft sollte das geschehen? Die Empfehlungen von eingefleischten E-Mobilisten reichen von alle drei Monate bis zu einem Jahr – aber das hängt natürlich auch von den Laufleistungen Ihres Fahrzeugs ab. Wenn Sie ohnehin für Langstrecken ab und zu bis 100 Prozent laden, brauchen Sie sich gar keine Gedanken darüber zu machen. Die Hersteller geben meistens auch an, dass die Batteriemanagementsysteme das Balancing automatisch übernehmen, ohne dass der Besitzer etwas davon merkt. Deshalb verzichten sie ganz auf Handlungsempfehlungen. Aber das System muss natürlich auch die Gelegenheit dazu bekommen.
Notiz 1 Eine ausführliche, aber leicht verständliche Erklärung gibt es im Internet unter: www.elektroautomobil.com/newsbeitrag/dierichtige-balance/
Teil IV
Rund ums Fahren
IN DIESEM TEIL … Wie bekommt man ein E-Auto auf der Straße bewegt? Wie viel verbraucht der Wagen und wieso ist die Reichweite so unzuverlässig? Welche Besonderheiten gibt es sonst noch beim Fahren?
Kapitel 13
Es geht los: Das E-Auto kommt ins Rollen IN DIESEM KAPITEL Wie startet man ein E-Auto? Wie bedient man ein Eingang-»Automatikgetriebe«? Wo ist die Handschaltung geblieben?
Zunächst eine gute Nachricht: Im Grunde wird ein E-Auto genauso gestartet und bedient wie jedes andere Auto auch – zumindest wie eins mit Automatikgetriebe. Die Hersteller machen einem den Umstieg leicht. 1. Treten Sie auf die Bremse und halten Sie sie gedrückt. 2. Je nach Ausführung: Drehen Sie wie üblich den Schlüssel im Zündschloss (auch wenn es keine Zündung mehr gibt) beziehungsweise betätigen Sie den Startknopf. Der große Unterschied ist, dass danach kein Motorbrummen zu hören ist, bestenfalls der geschwindigkeitsabhängige Signalton AVAS (englisch Acoustic Vehicle Alerting System, künstliches Warngeräusch für E-Autos, seit 2021 verpflichtend für Geschwindigkeiten bis 20 km/h). Viele Neulinge verwirrt das Motoren-Imitat etwas, aber man gewöhnt sich schnell daran. Und im Cockpit gehen ein paar Lampen und/oder Displays an. In der Regel teilt das System dem Fahrer nun mit, dass der Wagen »Fahrbereit« oder »Ready« ist. Sie können nun losfahren.
Wenn Sie beim Startvorgang nicht gleichzeitig auf die Bremse treten, dann schalten Sie den Wagen ein, ohne dass er fahrbereit ist. Das entspricht dem früheren »ZündungEinschalten ohne laufenden Motor«.
Auf den richtigen Fahrmodus kommt es an Auch das klingt benutzerfreundlich: Die Schaltung funktioniert genauso wie beim Verbrenner mit Automatikgetriebe, obwohl es in den allermeisten E-Autos gar kein Schaltgetriebe gibt. Der Wählhebel kann sich klassischerweise in der Mittelkonsole befinden oder rechts am Lenkrad. Manchmal muss er gezogen und geschoben, manchmal gedreht werden. Es gibt auch Varianten mit Druckknöpfen. Die Buchstabenbezeichnungen sind aber stets gleich: ✔ »P« Park
Parken
✔ »D« Drive
Fahrenergie
✔ »N« Neutral Leerlauf ✔ »R« Reverse Rückwärts
Wenn Sie losfahren wollen, gehen Sie so vor: 1. Drücken Sie nach dem Einschalten des Wagens den Entriegelungsknopf am Wählhebel (falls vorhanden). 2. Ziehen oder drehen Sie den Hebel auf »D« für »Drive« (englisch fahren). 3. Lassen Sie den Entriegelungsknopf los. 4. Treten Sie zur Beschleunigung auf das Gaspedal … pardon, Strompedal.
5. Nach dem Anhalten drücken Sie erneut den Entriegelungsknopf und schieben/drehen den Hebel in Position »P« für »Park« (englisch parken), damit der Wagen nicht mehr rollen kann. Zum Rückwärtsfahren gehen Sie genauso vor, wählen statt »D« aber die Position »R« für »Reverse« (englisch rückwärts). Die Position »N« für »Neutral« ist auch beim E-Auto der Leerlauf – der Wagen bewegt sich nicht, wenn Sie »Gas« geben, er kann aber auch wegrollen, wenn Sie auf abschüssiger Straße stehen. Manche Hersteller verbinden mit dem Wählhebel noch andere Funktionen. Bei Volkswagen zum Beispiel gibt es noch eine Stellung »B« sowie »+«- und »–«-Zeichen. Damit können Sie allerdings die Rekuperation (Energierückgewinnung) einstellen und nicht – wie man denken könnte – manuell Gänge schalten.
Handschaltung ist beim Eingang-Getriebe überflüssig Warum gibt es eigentlich keine Elektroautos mit der guten alten Handschaltung? Ganz einfach: weil es nichts zu schalten gibt. Kein E-Auto (mit wenigen Ausnahmen) wird mit einem klassischen mechanischen Schaltgetriebe mit mehreren Gängen gebaut, sondern in der Regel nur mit einem Übersetzungsgetriebe, das über einen einzigen Gang für alle Geschwindigkeiten verfügt. Warum? Im Gegenzug zum Verbrennungsmotor können EMotoren den Drehmomentbedarf über alle erforderlichen Drehzahlen (Umdrehungsfrequenz einer Achse) abdecken. Auch wenn das Drehmoment (momentum, lateinisch: Bewegungskraft, Drehwirkung einer Kraft auf einen Körper, zum Beispiel auf eine Achse) mit steigender Drehzahl abnimmt, gibt es doch nicht so
einen Abfall gen null wie bei Verbrennern. Im unteren Drehzahlbereich schneiden E-Motoren noch besser ab als die Gaskonsumenten: Ein volles Drehmoment aus dem Stand heraus lässt jede Gangschaltung überflüssig erscheinen. Auch der mögliche Drehzahlbereich (bis weit über 20.000 Umdrehungen in der Minute) ist um ein Vielfaches größer als bei Hubkolbenmotoren. Die Vorteile eines Eingang-Getriebes liegen auf der Hand: Weniger Getriebezahnräder erzeugen weniger Reibungs- und Energieverluste in Form von Wärme. Außerdem brauchen sie weniger Wartung und Platz sowie überhaupt keine Kupplung, die verschleißt. Die Insassen werden mit einer absolut ruckelfreien Beschleunigung belohnt. Der Wählhebel für den Fahrer sieht unter Umständen eben auch nur so aus wie für ein klassisches Automatikgetriebe gemacht – genauso gut können Druckknöpfe diese Funktion übernehmen. Ich will es nicht verheimlichen: Es gibt tatsächlich E-Autos mit Mehrgang-Getrieben. Immer wieder arbeiten Zulieferfirmen an Zweigang-Einheiten. Damit wollen sie ein größeres Beschleunigungsvermögen auch in höheren Geschwindigkeiten sowie eine höhere Maximalgeschwindigkeit an sich erreichen – in erster Linie für teure Sportwagen interessant. Denn damit verbunden sind dann wieder alle oben beschriebenen Nachteile sowie ein höherer Preis.
Kapitel 14
Wenn aus Bewegung wieder Strom im Akku wird IN DIESEM KAPITEL Wie funktioniert das Rekuperieren? Was ist das One-Pedal-Driving?
Ein Geheimnis für die Effektivität von E-Autos ist auch die Möglichkeit der Energierückgewinnung, auch Rekuperation (von recuperatio, lateinisch: Wiedererlangung) genannt. Dabei kommt den Technikern zugute, dass ein Elektromotor nicht nur zur Krafterzeugung verwendet werden kann, wenn man Strom fließen lässt, sondern auch genauso effektiv als Dynamo, (griechisch dýnamis: Kraft) der Strom erzeugt, wenn die Motorwelle durch eine äußere Kraft gedreht wird. Der Aufbau eines Stromgenerators ist quasi derselbe (siehe Kapitel 7 »Starkes Duo: E-Motor und Lithium-Ionen-Akku«, Abschnitt »Im Elektromotor geht es rund«). Dann wird Bewegungsenergie wieder zurück in elektrische Energie gewandelt.
Bei der Rekuperation fließt Energie in die Gegenrichtung Und genauso funktioniert es: Wenn der Fahrer abbremsen möchte und das rechte Pedal (beim One-Pedal-Driving, siehe nächster Abschnitt »Für E-Autos brauchen Sie nur noch einen Fuß«) lupft oder leicht auf die Bremse tritt, dann wird beim E-Auto der Energiefluss umgedreht. Das heißt: Der noch rollende Wagen
treibt die Motorwelle mit seinen Spulen innerhalb von Magnetfeldern an. Dadurch wird eine Induktionsspannung an den Leitungsenden erzeugt. Denn bei der elektromagnetischen Induktion entsteht an einem elektrischen Leiter durch ein sich veränderndes Magnetfeld eine elektrische Spannung (mehr dazu in Kapitel 11 »Ladestationen für zu Hause«, Abschnitt »Auch möglich: Laden ohne Kabelgewirr«) – umgekehrt zur Spannung des Akkus, der lädt wieder auf. Der elektromotorische Widerstand wirkt auf die Welle und bremst das Fahrzeug ab. Beim Rekuperieren handelt es sich also im sprichwörtlichen Sinn um eine Motorbremse. Zum Schutz des Akkus beschränken die Hersteller die mögliche Rekuperationsleistung – je nachdem mit welcher Leistung er sonst schnellladen kann, welche Temperatur er hat und wie voll er bereits geladen ist. Ein fast voller Akku kann schließlich auch kaum rekuperieren. Umso früher setzen die konventionellen mechanischen Bremsen zur Verzögerung ein. An Wunder brauchen Sie nicht zu glauben: Sie gewinnen beim Rekuperieren nicht alle Energie zurück, die Sie in das Beschleunigen gesteckt haben. Erstens geht während der Fahrt einiges zur Überwindung der Luft-, Roll- und Reibungswiderstände verloren, zweitens lösen sich bei jedem Be- und Entladen des Akkus rund zehn Prozent der Energie in Wärme auf (salopp ausgedrückt, natürlich löst sich Energie nicht auf, sondern wird umgewandelt, sorry!). Das heißt: zehn Prozent beim Beschleunigen und noch einmal zehn Prozent beim Rekuperieren. Insofern erhalten Sie maximal etwa 80 Prozent zurück – abzüglich der erwähnten Widerstandskräfte während des Rollens.
Wenn Sie in den Bergen fahren und weite Strecken nur bergab bremsend unterwegs sind, kann es allerdings sein, dass Sie nach der Fahrt dank Rekuperation mehr Strom im Akku haben als vorher. Das Verfahren der Rekuperation ist nicht neu, sondern wird seit mehr als 100 Jahren schon bei Straßenbahnen und ELokomotiven eingesetzt. Der Strom wird dabei allerdings nicht in einen Akku geladen, sondern zurück in die Oberleitung gespeist. Auch die Lichtmaschine von Verbrennungsmotoren arbeitet nach diesem Prinzip. Das Rekuperieren ist auch der Grund, warum konventionelle Bremsen bei E-Autos um ein Vielfaches weniger verschleißen – diese kommen einfach viel seltener zum Einsatz. Es soll schon E-Autos der ersten Generation gegeben haben, denen der TÜV die Plakette verweigert hat, weil die Bremsscheiben verrostet waren. Mittlerweile sorgt die Bordelektronik dafür, dass die Bremsen gängig bleiben.
Für E-Autos brauchen Sie nur noch einen Fuß Für Fahrer, die zum ersten Mal in einem E-Auto sitzen, ist es erst einmal ungewohnt: das One-Pedal-Driving (englisch Ein-PedalFahren). Das heißt: Das rechte Pedal im Fußraum ist eben nicht nur zum Beschleunigen da, sondern auch zum Abbremsen – nämlich dann, wenn man den Fuß wieder zurücknimmt – je mehr, desto stärker ist die Bremswirkung. Das funktioniert genauso wie in einem Auto-Scooter auf dem Jahrmarkt. Viele E-Mobilisten schwören auf das bequeme
Handling insbesondere im Stadtverkehr mit vielen Stop-and-goSituationen. Die Bremswirkung kommt dabei durch die Rekuperation im Motor (siehe vorigen Abschnitt) – diese können Sie also gut mit dem rechten Fuß steuern, je nach Modell sogar bis zum Stillstand. Wenn Sie allerdings in einer Gefahrensituation mehr Bremswirkung brauchen, treten Sie wie gewohnt auf das Bremspedal – dann setzen die Bremsscheiben und/oder Trommelbremsen an den Rädern ein. Nicht alle Fahrzeugtypen haben das One-Pedal-Driving als Standard aktiviert – zum Beispiel Volkswagen. Der Grund: Geübte E-Mobilisten können unter Umständen mit einer manuell zu betätigenden Rekuperation stromsparender unterwegs sein (siehe Kapitel 15 »Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff«). Dabei setzt beim leichten Tritt auf die Bremse zunächst nur die Rekuperation ein. Erst bei starkem Tritt auf die Bremse kommt auch die Wirkung von Scheibenund/oder Trommelbremsen hinzu. Diese Einstellung ist nicht unsinnig, denn nicht selten rekuperiert man zunächst zu stark, um gleich wieder »Gas« zu geben – beim Laden und Entladen des Akkus gehen aber stets um die zehn Prozent der Energie verloren. Bei Fahrzeugen, die das One-PedalDriving nicht als Standard aktiviert haben, lässt es sich aber zuschalten, häufig sogar in mehreren Intensitätsstufen.
Kapitel 15
Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff IN DIESEM KAPITEL Wie viel Strom benötigt das E-Auto? Warum verbraucht das E-Auto in den Bergen, im Winter und mit Anhänger mehr? Wie kann man Strom sparen? Was bringt das Windschattenfahren?
Oft werde ich – neben der Reichweite meines E-Autos – auch gefragt, wie viel Strom der Wagen denn so verbraucht. Wäre ich Physiker, gefiele mir diese Antwort: »Gar keinen!« Denn Strom kann man gar nicht »verbrauchen«. Die Elektronen (negativ geladene Elementarteilchen, mehr zum Thema Strom erfahren Sie in Kapitel 9 »Strom, die unsichtbare Energie«) sind nach dem Fahren immer noch vorhanden, sie befinden sich nur an einer anderen Stelle. Den Strom kann man nur gebrauchen, und zwar zur Energie-Umwandlung in Bewegung, Licht und Wärme zum Beispiel. Aber ignorieren Sie einfach solch spitzfindige Wortklaubereien – selbst Ihr Energieversorger stellt Ihnen ja wohl eine Rechnung auf Ihren »Stromverbrauch«, und der müsste es ja eigentlich besser wissen.
Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da
Es gibt unterschiedliche Verbraucher im Fahrzeug – in erster Linie natürlich den Elektromotor beziehungsweise in manchen Autos auch mehrere Elektromotoren. Sie verzehren den Großteil der Energie im Akku. Wie viel genau, ist von Modell zu Modell unterschiedlich und von vielen zusätzlichen Faktoren abhängig, insbesondere von … Luftwiderstand, der abhängig ist von Aerodynamik, Witterung und Geschwindigkeit. Rollwiderstand, der von Gewicht, Reifenart sowie Beschaffenheit der Straße abhängt. Reibungsverlusten beweglicher Teile im Auto. Wärmeverlusten beim Laden und Entladen des Akkus, die beim Beschleunigen und Rekuperieren entstehen. Herstellerangaben für Stromverbräuche definieren in der Regel das Optimum bei sehr sparsamer Fahrweise. Die Bandbreite ist groß – ein paar Beispiele: Renault Twizzy 5,8 Kilowattstunden (kWh) auf 100 km VW e-Golf
12,7 kWh
Tesla Model S 18,5 kWh Jaguar I-Pace 21,1 bis 24,2 kWh
Das Gewicht spielt bei E-Autos eine viel kleinere Rolle als bei Verbrennungsfahrzeugen – wegen der Rekuperation (siehe Kapitel 14 »Wenn aus Bewegung wieder Strom im Akku wird«), bei der bis zu 80 Prozent der zuvor in die Beschleunigung investierten Energie wieder zurückgewonnen werden kann, wenn der Wagen abgebremst wird. Gewicht spielt zwar eine Rolle beim Rollwiderstand, viel entscheidender für einen günstigen Verbrauch ist jedoch die Aerodynamik (griechisch zusammengesetzt aus Luft und Kraft, Luftwiderstand) eines E-Autos. Hier kommt aber wiederum die
Größe ins Spiel: Eine größere sogenannte Stirnfläche (die Fläche des größten Querschnitts) erhöht den Luftwiderstand. Somit gilt für E-Autos genauso wie für Verbrenner: Große SUV (englisch Sports Utility Vehicles, Geländewagen) verbrauchen wesentlich mehr Energie als kleine Stadtflitzer der gleichen Antriebsart. »Auf der Autobahn bei 130 km/h sind die Fahrwiderstände so hoch, dass sich die Reichweite beinahe halbiert.« Rudolf Krebs, VW-Verantwortlicher für Elektrotraktion, 2013 Die Fahrenergie ist aber noch nicht alles. Neben dem Antrieb gibt es noch viele weitere Verbraucher, und letztlich saugen sie alle zusätzlich an der Energie im Akku (wenn auch teils über den Umweg über die weiterhin im E-Auto verbaute 12-Volt-StarterBatterie).
Abbildung 15.1: Schon der EV1, den Generel Motors von 1996 bis 1999 anbot, zeigte die Wichtigkeit der Aerodynamik bei E-Autos. Der Wagen hat einen der niedrigsten Widerstandsbeiwerte (cw-Wert) von Serienfahrzeugen: 0,195. Quelle: Silberstein nach Vorlage von Rick Rowen (Mariordo), CC BY-SA 2.0
Manche sind existenziell für die Mobilität und Sicherheit im Straßenverkehr: zum Beispiel Bordelektronik, Servolenkung, Licht, Scheibenwischer und Wischwasserpumpen. Andere dienen nur dem Komfort: Heizung/Klimaanlage, Radio- und Entertainmenteinheit, Fensterheber, Sitzverstellung und so weiter. Und alle haben unterschiedlichen »Energiehunger«. Der ADAC hat mal den Konsum typischer elektrischer Verbraucher in PKWs ermittelt, ich habe sie noch mit meinen eigenen Erfahrungswerten ergänzt. Elektrische Heizung (Heizgitter)
bis 2000 Watt
Beheizbare Front- und Heckscheibe 800 Heizung (Wärmepumpe)
600
Zigarettenanzünder
bis 180
Lüftung in Mittelstellung
170
Abblendlicht (Halogen)
125
Fernlicht (Halogen)
120
Nebelscheinwerfer
110
Sitzheizung (pro Popo)
100
USB-Anschluss
bis 100
Lenkradheizung
50
Abblendlicht (LED)1
50
Fernlicht (LED)
48
Beheizbare Außenspiegel
40
Schluss- und Nebelleuchten
35
Radio
20
Mobiles Navigationsgerät
10
LED-Tagfahrlicht
8
Viele E-Autos können Ihnen im Cockpit den MomentanStromverbrauch anzeigen. Wenn das Fahrzeug steht, erfahren Sie quasi die Summe aller Nebenverbräuche. Nutzen Sie diese Angabe, so oft Sie können! So bekommen Sie ein Gefühl dafür, welcher Verbraucher wie viel Energie benötigt. Übrigens: Die Angabe des Momentanverbrauchs kann aber verwirrend sein, wenn er als Verbrauch auf 100 Kilometer angegeben ist: Da werden sonst sparsame Geräte im Stau plötzlich zu wahren Schluckspechten. Daher könnte beziehungsweise sollte es sein, dass Ihr Auto im Stand auf die Anzeige »pro Stunde« wechselt.
Auch die Alpen können Strom speichern Physiker sprechen von potenzieller Energie oder Höhenenergie, die ein Körper bekommt, wenn er entgegen der Schwerkraft in die Höhe gehoben wird. Das heißt: Wenn Sie mit Ihrem Auto einen Berg hinauffahren, dann müssen Sie nicht nur Energie für die Fortbewegung investieren, sondern auch zusätzlich für den Höhenzuwachs. Dabei spielt das Gesamtgewicht des Fahrzeugs inklusive Mann, Maus und Gepäck eine große Rolle: Die Höhenenergie multipliziert sich aus dem Gewicht, der Anziehungskraft der Erde und der Höhe. Als Beispiel: Wenn Ihr Wagen 2 Tonnen wiegt und Sie einen 100 Meter hohen Berg erklimmen wollen, zieht das etwa 0,55 Kilowattstunden zusätzlich aus dem Akku (2000 kg x 9,81g x 100 m : 3,6). Sie können sich leicht ausrechnen, wie viel Energie Sie zusätzlich brauchen, um 1000 Meter in die Höhe zu fahren. Das Gute ist aber: Diese Energie ist keineswegs verloren! Sie erhalten sie zurück, wenn Ihr Wagen den Berg wieder hinunterrollt – Sie merken das umgehend an der dann viel günstiger
berechneten Reichweitenangabe im Cockpit. Entweder fließt diese Energie gleich in die Fortbewegung – Sie kommen also voran, obwohl Sie extrem wenig oder sogar gar keinen Strom verbrauchen – oder Sie können sogar bei steilen Abfahrten durch das Rekuperieren wieder Energie in den Akku zurückgewinnen. Im Endeffekt hat das Überfahren eines Berges im Vergleich zu einer Fahrt in der Ebene kaum Auswirkung auf Stromverbrauch und Reichweite, wenn sich Ihr Wagen danach wieder auf gleicher Höhe befindet. Ist Ihr Akku allerdings sehr leer und Ihr nächster Ladestopp liegt auf einem Berg, dann sollten Sie das Höhenprofil zusätzlich zur Reichweitenangabe Ihres Autos berücksichtigen.
Auto-Anhänger fressen Energie Wenn Sie den Abschnitt »Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da« in diesem Kapitel aufmerksam gelesen haben, dann wissen Sie, dass die Aerodynamik (griechisch zusammengesetzt aus Luft und Kraft, Luftwiderstand) eines E-Autos ein entscheidender Faktor für den Verbrauch ist. Mit Anhänger gilt das für das ganze Gespann. Es ist kein Geheimnis, dass Planenanhänger etwa halb so windschlüpfrig sind wie Wohnzimmerschränke. Wohnwagen und Pferdeanhänger sind nur wenig besser. Je nach Bauart von Zugwagen und Anhänger, Gewichtsverteilung, Reisegeschwindigkeit und Fahrweise kann der Verbrauch um 30 bis 50 Prozent höher ausfallen als ohne Anhängsel. Der Einfluss der Fahrweise ist ein ganz besonderer. Sprich: ob Sie mit gleichbleibender Geschwindigkeit unterwegs sind oder immer wieder beschleunigen und abbremsen müssen. Normalerweise schiebt der Anhänger durch seine Trägheit das Zugfahrzeug beim Entschleunigen weiter nach vorn – diese Energie würden Sie beim Rekuperieren ebenfalls wieder zurückgewinnen können. Doch größere Anhänger verfügen über
eine eigene Bremse, die durch einen Mechanismus in der Deichsel aktiviert wird. Diese Bremsenergie geht Ihnen also dann doch in Form von Wärme in den Trommelbremsen des Anhängers verloren – das wirkt sich negativ auf die Verbrauchsbilanz Ihres Gespanns aus. Denkbar ist, dass es in Zukunft mal Anhänger mit eigener Rekuperation gibt. Achten Sie beim Ziehen eines Anhängers besonders auf die Aerodynamik, um nicht Reichweite zu verschwenden. Langsam fahren zahlt sich noch mehr aus als bei Fahrten ohne Anhänger. Der Verbrauch steigt mit vielen Bremsmanövern.
Warum E-Fahrer den Winter nicht mögen In der kalten Jahreszeit sind die Bedingungen für E-Autos in vielfacher Hinsicht ungünstig, was die Reichweite stark reduziert. Zum Beispiel: Wenn Sie im Auto nicht erfrieren wollen, müssen Sie die Heizung einschalten, die reichlich Strom aus dem Akku saugt. Bei kalten Temperaturen ist auch der (nicht vorgeheizte) Akku träge und hat höhere Verluste. Neue Fahrzeugmodelle heizen die Akkus auf, aber auch das kostet – wenn es nicht am Ladekabel geschieht – zusätzlich Strom. Winter- statt Sommerreifen, Nässe oder gar Schnee erhöhen den Rollwiderstand. Den zu überwinden, kostet zusätzlich Energie aus dem Stromspeicher.
So hat das Auto mehr vom Strom im Akku
Jede Energieersparnis erweitert die Reichweite. Wollen Sie möglichst weit kommen, sollten Sie vielleicht auf den einen oder anderen Komfort verzichten – auf keinen Fall aber an Verbrauchern, die durch Licht oder freie Sicht der Sicherheit dienen. Anhand der Liste im Abschnitt »Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da« können Sie aber sehen, dass das Abschalten von Verbrauchern nicht immer gleich sinnvoll ist: Auf das Radio oder Navi zu verzichten, bringt Sie nicht wirklich weiter, die Heizung etwas herunterzudrehen, dagegen schon. Diese Tipps können helfen: Nutzen Sie die Standheizung und wärmen Sie den Innenraum schon auf, während der Wagen noch an der Ladestation hängt. Dann braucht diese Energie schon mal nicht aus dem Akku gezogen zu werden und Sie starten mit 100 Prozent. Meistens reichen zehn Minuten. Schalten Sie Verbraucher wieder ab, sobald sie ihre Schuldigkeit getan haben – zum Beispiel, wenn die Heckscheibe abgetaut oder der Popo von der Sitzheizung warm ist. Ziehen Sie sich im Auto lieber eine dickere Jacke an, als die Luftheizung auf Wohnzimmertemperatur einzustellen. Halten Sie die Fenster geschlossen, wenn Heizung oder Klimaanlage arbeitet. Sparen Sie aber nicht an Licht oder Lüftung! Sicherheit geht vor! Den meisten Strom sparen Sie allerdings, wenn Sie sparsam fahren! Das heißt in erster Linie: Fahren Sie nur so schnell wie nötig, nicht wie möglich. Denn je schneller man fährt, desto größer ist der Verbrauch – in erster Linie durch den Luftwiderstand. Bedenken Sie: Für die doppelte Geschwindigkeit ist viermal so viel Energie zur Überwindung des Luftwiderstands erforderlich! Sprich: Der Verbrauch steigt quadratisch zur Geschwindigkeit. Das ist physikalisches Gesetz – das gilt übrigens nicht nur für E-Autos.
Nehmen Sie vor Hindernissen, Kreuzungen oder Tempolimits immer frühzeitig den Fuß vom Strompedal. Beim starken Bremsen mit den Bremsscheiben beziehungsweise Trommelbremsen verpufft die vorher in die Beschleunigung gesteckte Energie, und zwar in Form von Wärme, die durch Reibung entsteht. Aber selbst das Abbremsen per Rekuperation lässt Energie verpuffen: Bei jedem Be- und Entladen des Akkus gibt es Verluste von bis zu zehn Prozent. Auch hier wird Energie in Wärme gewandelt – und geht in der Regel an die Umgebungsluft verloren. Aus demselben Grund: Lassen Sie den Wagen lieber häufig ausrollen – E-Mobilisten nennen das auch »segeln«. Vermeiden Sie häufiges Beschleunigen und Abbremsen beziehungsweise Rekuperieren – fahren Sie möglichst mit konstanter Geschwindigkeit. Manche Fahrzeuge verzichten aus diesem Grund auf das One-Pedal-Driving als Grundeinstellung (siehe Kapitel 14 »Wenn aus Bewegung wieder Strom im Akku wird«. Rekuperiert wird dann nur, wenn die Bremse betätigt wird – ansonsten rollt das Fahrzeug aus und wird nur durch die natürlichen Widerstände abgebremst.
Windschattenfahren spart vor allem Sicherheit Im Abschnitt »Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da« dieses Kapitels haben Sie erfahren, dass der Luftwiderstand eine große Rolle für den Verbrauch spielt. Man kann ihn theoretisch austricksen: mit Windschattenfahren. Das haben Sie sicher schon bei Radrennen gesehen. Manche E-Mobilisten hängen sich bei Autobahnfahrten hinter größere Transporter oder LKW. Wissenschaftliche Untersuchungen gibt es zwar nicht zu diesem Thema, aber Erfahrungswerte von Mitgliedern in verschiedenen Foren drehen sich um gesparte Strommengen von zwei bis drei Kilowattstunden auf 100 Kilometer – im Idealfall! Heißt: bei möglichst kurzem Abstand zum vorweg fahrenden Wagen. Der ist aber wesentlich kürzer als der vorgegebene Sicherheitsabstand nach der Faustformel »doppelte Tachozahl in Metern«. Nennenswerte Wirkungen soll es mit vernünftigem Sicherheitsabstand dagegen nicht geben – dafür aber nicht selten Steinschläge auf Motorhaube und Windschutzscheibe. Fazit: Verzichten Sie lieber auf ein paar Kilowattstunden und kommen Sie sicher an! Windschattenfahren ist – wenn es eine energiesparende Wirkung haben soll – eine gefährliche Sache. Sie müssten dafür den Sicherheitsabstand zum Vordermann unterschreiten. Bremst dieser stark, reicht Ihre Reaktionszeit vermutlich nicht mehr aus, um nicht aufzufahren. Daher kann man diesen Versuch nur als sicherheitsgefährdend bezeichnen.
Notiz
1 Der Scheinwerfer-Hersteller Hella spricht von 60 Prozent Stromersparnis der LED gegenüber Halogen: https://www.hella.com/techworld/de/Technik/Beleuchtung/LE D-Scheinwerfer-833/
Kapitel 16
So fährt man möglichst weit und kommt schnell an IN DIESEM KAPITEL Wie berechnet sich die Reichweitenanzeige? Wie kommt man am schnellsten ans Ziel?
Sie kann schon ziemlich verwirren und E-Auto-Fahrern Schweißperlen auf die Stirn zaubern: die Reichweitenangabe im Cockpit. Sie will in den seltensten Fällen mit den tatsächlich gefahrenen Kilometern übereinstimmen – warum nur? Als Erstes: Nehmen Sie die Reichweitenangabe nicht als feste Größe an! Sie ist stets nur eine Vermutung. Quasi eine mögliche Reichweite, die sich an Ihrem Fahrprofil orientiert.
Wenn der Computer die Reichweite über den Daumen peilt Die Reichweitenanzeige im Cockpit wird aus folgenden Werten berechnet: Ladestand des Akkus Durchschnittsverbrauch der zurückliegenden Kilometer Vielleicht noch: Temperatur draußen und im Akku
Im Groben ausgedrückt gibt die Anzeige an, wie weit Sie mit dem im Akku vorhandenen Strom fahren können, wenn Sie bis zum Schluss mit dem gleichen Verbrauch weiterfahren wie auf der bisherigen Strecke seit … nun, diese Definition ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich: seit Beginn der Fahrt, auf den vorigen 100 Kilometern oder Ähnliches. Gerade die Annahme, Sie würden genauso viel Strom verbrauchen wie bisher, entspricht allerdings nur sehr selten der Realität. Vielleicht wird es draußen kühler und die Heizung braucht mehr Energie? Oder Sie sind vorher viel Landstraße mit durchschnittlich Tempo 80 gefahren, wollen jetzt aber auf die Autobahn wechseln? Oder Sie sind bisher viel bergab gefahren und haben bis zur nächsten Ladestation einen Anstieg vor sich – dann werden Sie merken, dass die Reichweitenangabe möglicherweise um mehr als das Doppelte schrumpft, als Sie tatsächlich Kilometer zurücklegen. Bedenken Sie also bei Ihrer Reichweitenplanung das Höhenprofil der Strecke unbedingt mit!
Am schnellsten von A über B und C nach D Lohnt es sich wirklich, auf der Autobahn Vollstrom zu geben, um möglichst schnell anzukommen? In Kapitel 15 »Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff«, Abschnitt »So hat das Auto mehr vom Strom im Akku«, konnten Sie lesen, dass der Energieverbrauch stark steigt, je schneller man fährt. Das heißt: Auf einer geplanten Route könnten drei statt zwei Ladestopps nötig sein, wenn Sie statt mit Tempo 100 mit 150 über die Autobahn preschen. Möglicherweise dauert der Ladestopp dann länger, als Sie an Zeit beim Fahren gewonnen haben. Eine kleine Beispielrechnung: Sie wollen mit einem E-Golf vom Kieler Hauptbahnhof zur Lister Meile in Hannover fahren – eine Strecke von knapp 248 Kilometern. Der Wagen schafft ein Tempo von 140 km/h. Die Software »A Better Routeplanner« (https://abetterrouteplanner.com) schlägt dafür zwei Ladestopps
in Quickborn und in der Lüneburger Heide vor mit Ladezeiten von 24 und 33 Minuten. Insgesamt soll die Fahrt dann 3 Stunden und 21 Minuten dauern. Sie können dem Internettool aber auch mitteilen, es dürfe für einzelne Etappen auch mal eine niedrigere Maximalgeschwindigkeit vorsehen, »wenn dies zum Erreichen des nächsten Ladepunktes erforderlich ist«. Das geht so: 1. Gehen Sie im Menü links auf »Einstellungen«. 2. Klicken Sie auf »Geschwindigkeit«. 3. Legen Sie den Schalter »Geschwindigkeitsanpassung« nach rechts, sodass er sich blau färbt. Damit optimiert »A Better Routeplanner« die Tourenberechnungen. Für unsere Beispielfahrt schlägt das Programm nun vor, auf der ersten Etappe nur 90 km/h zu fahren, an Quickborn vorbeizufahren und nur in der Lüneburger Heide zu laden – nun ist dort ein Ladestopp von 35 Minuten erforderlich. Dafür verkürzt sich die Gesamtzeit mit Fahrt und Ladepausen auf 3 Stunden und 17 Minuten. Zugegeben, das ist nur ein kleiner Gewinn, aber Sie sehen, dass schnelleres Fahren unter Umständen sogar ein späteres Ankommen zur Folge hat. Bedenken Sie auch immer: Mit jedem zusätzlichen Ladestopp vergrößert sich die Gefahr, dass Sie vor einer besetzten Ladesäule warten müssen oder gar auf ein defektes Gerät treffen. Dann verlängert sich Ihre Fahrtzeit noch einmal beträchtlich. Um die Eingangsfrage zu beantworten: Ein Routenplaner mit Ladestopp-Berechnungen wie »A Better Routeplanner« eignet sich hervorragend dazu, eine geeignete Strategie in der Hand zu haben.
Was ist Hypermiling?
Unter dem Begriff Hypermiling versteht man den Versuch, mit einem Fahrzeug so weit zu kommen wie nur irgend möglich. Er stammt aus dem Englischen und setzt sich zusammen aus »Hyper« für etwas »Besonderes/Großes« und »Miles« für Meilen, der Einheit, nach der in den USA die Distanzen gemessen werden. Bei Autos mit Verbrennungsmotoren geht es um möglichst weite Strecken mit einer Tankfüllung, bei E-Autos um Strecken mit einer Akkuladung. Die Fahrer halten sich dabei nicht nur an die Tipps, die in Kapitel 15 »Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff«, Abschnitt »So hat das Auto mehr vom Strom im Akku« beschrieben sind, sondern stellen das Energiesparen an oberste Stelle: Sie verzichten auf jeglichen Komfort wie Heizung oder Radio. Sie fahren so langsam, dass Luftwiderstand keine Rolle spielt, sprich: unter Tempo 60. Sie fahren möglichst konstant, um keine Energie beim Bremsen oder Rekuperieren zu verlieren. Sie nutzen den Windschatten vorwegfahrender Fahrzeuge. Sie erhöhen den Reifendruck über die empfohlene Angabe, um den Rollwiderstand noch weiter zu drosseln. Manche kleben auch noch die Lücken zwischen den Blechteilen ab, um den Luftwiderstand weiter zu reduzieren, legen das Auto tiefer, montieren schmalere Reifen, … Aber mal ganz ehrlich: Macht das Autofahren so noch Spaß? Zudem können einige Maßnahmen zur Reichweitenverlängerung auch schnell auf Kosten der Verkehrssicherheit gehen. Den offiziellen Rekord unter den E-Fahrzeugen hält ein Tesla Model S, den ein Team der deutschen Elektroauto-Vermietung NextMove 2018 auf einer Rundstrecke am Lausitzring 1128 Kilometer mit einer Akku-Ladung bewegt hat – mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 38 km/h.
Ein zu stark erhöhter Reifendruck verringert nicht nur den Rollwiderstand der Reifen, sondern auch die Auflagefläche desselben auf dem Asphalt. Im Falle einer Notbremsung kann dies einen längeren Bremsweg bedeuten.
Kapitel 17
Jetzt nur nichts kaputt machen IN DIESEM KAPITEL Muss man die Bremsscheiben öfter »freibremsen«? Sind Kurzstrecken schädlich für Auto und Akku? Darf man das E-Auto abschleppen lassen?
Die Rekuperation (Energierückgewinnung, siehe Kapitel 14 »Wenn aus Bewegung wieder Strom im Akku wird«) bei E-Autos ist eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Sache – wird doch die Bewegungsenergie beim Bremsen als Strom zurück in den Akku geladen, statt dass Bremsbeläge und Bremsscheiben Wärme produzieren. Das könnte beim besonders sparsamen Fahren jedoch dazu führen, dass die Bremsscheiben Oberflächenrost ansetzen. Kommt es dann zu einer Notbremsung, bei der es auf die mechanische Bremskraft ankommt, könnte das zu einem echten Sicherheitsrisiko werden. »Werden Scheibenbremsen zu selten benutzt, rosten sie. Durch den Rost haben Bremsscheiben und -klötze keine optimale Auflage mehr, die Bremswirkung lässt nach«, monierte der ADAC 2017 gerade bei Elektrofahrzeugen. Und: Es liege die Vermutung nahe, dass »korrodierte Scheibenbremsen ein generelles Problem von Elektroautos sind«.
Bremsscheiben dürfen nicht einrosten Zu starke Verrostung beanstandet auch der TÜV – dann müssten Scheiben und Belege gewechselt werden. Das dürfte teurer sein
als der beim Rekuperieren gesparte Strom. Das sollte also vermieden werden. Deshalb: Werfen Sie immer wieder mal einen Blick auf die Bremsscheiben. Sind sie stets silbern glänzend, gibt es keine Probleme. Trommelbremsen, wie sie zum Beispiel beim ID.3 von Volkswagen hinten verbaut sind, sind ohnehin nicht betroffen. Gibt es leicht bräunliche Ansätze, sollten Sie dafür sorgen, dass die Bremsen wieder blank werden: Bremsen Sie bei der nächsten Fahrt (in gefahrloser Situation ohne nachfolgende Fahrzeuge!) bei geringer Geschwindigkeit mal etwas stärker als die Rekuperation, gegebenenfalls auch zwei- oder dreimal. Beobachten Sie die Scheiben erneut. Sie können dauerhaft der Rostbildung entgegenwirken: 1. Lösen Sie sich vom Gedanken, immer sparsam rekuperieren zu müssen – auch eine gelegentliche Bremsscheibenbremsung hat ihre Vorteile. 2. Beobachten Sie, wie Ihr Auto mit dem Bremsen umgeht: Eine gute Fahrzeugprogrammierung wäre es, wenn die Bremsscheiben automatisch in Intervallen mal beim Bremsen mit betätigt werden. 3. Laden Sie Ihr Auto nicht immer nur auf 80 bis 90 Prozent, um den Akku zu schonen. Gelegentliche Vollladungen kommen auch den Bremsscheiben zugute. Warum? Wenn der Akku mal bis zur maximalen Netto-Kapazität gefüllt ist, gibt es erst einmal keinen Platz mehr für Strom aus der Rekuperation – in manchen Cockpitdisplays lässt sich dies auch ablesen. Dann nimmt die elektronische Bremsregelung die mechanischen Bremsen auch für leichteres Entschleunigen zur Hilfe. Dies ändert sich erst wieder allmählich nach einigen Kilometern, wenn der Akku an Ladestrom verloren hat.
Bleiben leichte Freibremsmanöver erfolglos und ist der Rost schon fortgeschrittener, sollten Sie dringend eine Werkstatt aufsuchen und Scheiben und Belege wechseln lassen!
Akkus mögen keine Sprints am Wintermorgen Keine Angst – man könnte fast behaupten, genau für Kurzstrecken sind E-Autos gemacht! Ganz ohne Verschleiß geht es natürlich nie, auch ein Akku ist bei Kälte unwilliger und empfindlicher. Aber jedenfalls sind Kurzstrecken für E-Autos nicht ganz so folgenschwer wie für klassische Verbrenner. Denn für Letztere sind kurze Fahrten der Graus schlechthin. Auf den ersten drei bis zehn Kilometern – je nach Außentemperatur – ist man schon am Ziel angelangt, bevor Motor, Getriebe und Auspuffanlage überhaupt die Chance gehabt hätten, auf Betriebstemperatur zu kommen. Die Folgen: Das Öl ist noch zähflüssig, die Schmierung vermindert, der Verschleiß hoch, die Zündungen laufen noch suboptimal, der Katalysator funktioniert noch nicht, die Schadstoffemissionen sind erhöht. Aus diesem Grund wird seit jeher geraten, in dieser Phase sehr behutsam mit dem Gaspedal umzugehen, die Drehzahlen des Motors nicht zu hoch zu treiben. Kurz: Worst Case! All diese Dinge können den Fahrzeugen mit Steckdose nicht passieren – abgesehen von einem ähnlichen Verschleiß in den Achslagern. Das heißt aber nicht, dass eine Elektrokutsche gar nicht mit tiefen Temperaturen zu kämpfen hätte. Insbesondere sind die Lithium-Ionen-Akkus betroffen: Sind die noch kalt (unter 15 Grad Celsius), ist das Elektrolyt in den Batteriezellen zähflüssig und weniger leitfähig – je kälter, desto schlimmer. Schäden in den Akkuzellen können in dieser Situation insbesondere durch starke Ströme verursacht werden – sprich: wenn Sie sie im kalten Zustand gleich mit starken Beschleunigungen unter Druck setzen. Durch die Nutzung des
Akkus, sprich durch Stromfluss, wärmt er sich auf – die Gefahr von Akkuverschleiß nimmt ab. Manche Hersteller helfen nach und lassen die Akkupakete separat aufheizen, auch wenn dies einen zusätzlichen Verbrauch an elektrischer Energie bedeutet. Und vor der Idealtemperatur sind Leistungsspitzen eben nicht abrufbar. Gehen Sie auch bei einem E-Auto im Winter bei Antritt der Fahrt behutsam mit der Beschleunigung um. Laden Sie Ihren Wagen im Winter kurz vor dem Losfahren auf – zum Beispiel mit einer Zeitprogrammierung über Nacht. Dann ist der Akku beim Start erwärmt.
E-Autos wollen nicht abgeschleppt werden Der Wagen ist stehen geblieben, weil der Akku leer ist oder weil die Elektronik spinnt? Normalerweise hätten Sie jetzt einfach ein Abschleppseil aus dem Kofferraum geholt und sich zur nächsten Energiequelle oder Werkstatt ziehen lassen. Bei einem E-Auto ist darauf unbedingt zu verzichten! Es sei denn, der Hersteller erlaubt dies im Handbuch ausdrücklich. Liegen gebliebene Elektroautos dürfen nicht abgeschleppt werden, sondern sollten am besten immer komplett verladen werden. Auch eine Halbverladung, bei der nur die Vorderräder aufgenommen werden und die Hinterräder am Boden mitdrehen, sollte nur bei E-Autos mit reinem Vorderradantrieb gewagt werden. Warum eigentlich? Das Geheimnis liegt in denselben physikalischen Wirkungen wie beim Rekuperieren: Drehen die Räder beim Abschleppen über den Antriebsstrang den Elektromotor mit, wird darin eine Induktionsspannung aufgebaut, die ohne aktivierte Elektronik nicht abgeführt werden kann. Dies kann die Steuerungselektronik erheblich schädigen. Übrigens: Die
Drehung wird auch auf den E-Motor übertragen, wenn der Wählhebel auf »N« für »Neutral« steht – also ist dies auch keine Option für ein Abschleppen.
Teil V
Rund um Fakten und Mythen
IN DIESEM TEIL … Wie umweltschonend oder -schädigend sind E-Autos wirklich? Wie sozialverträglich sind die Rohstoffbeschaffung und die Herstellung? Wie sollen die technischen Probleme gelöst werden?
Kapitel 18
Ökobilanz jetzt schon besser als von Spritschluckern IN DIESEM KAPITEL Produziert ein E-Auto mehr CO2 als Benzin- und Dieselautos? Sind die Akkus später Sondermüll?
Sind Sie bereit für das Reich der Mythen? Ich habe diesen Teil bewusst an das Ende des Buchs gestellt. Denn nachdem Sie sich ausführlich mit der Technik, der Ladeinfrastruktur und vielen anderen Unterschieden zwischen fossilen und elektrischen Antriebssystemen auseinandergesetzt haben, werden Sie die folgenden Ausführungen viel leichter verstehen. Seit Jahrzehnten gibt es eine unerbittliche Schlacht zwischen Befürwortern und Gegnern um die Frage, ob die Elektromobilität der richtige Weg ist zum Schutz von Umwelt und Klima. Oder führt sie uns geradewegs in die nächsten Katastrophen? Im Kern ist – oder war zumindest in der Vergangenheit – immer etwas dran an den Vorwürfen gegen die E-Mobilität. Über die Einordnung und Gewichtung von Problemen bestimmen aber nicht selten die speziellen Interessen mancher Kritiker – fragen Sie doch mal einen Ölscheich, was er von einem Tesla hält! Die beiden Meinungslager kann man grob aufteilen in Klima- und Umweltbewusste sowie Konservative, die wirtschaftlich direkt oder indirekt von der alten Fossil-Mobilität abhängen und sie deshalb möglichst lange bewahren wollen. Weil sich die beiden Lager gegenseitig Faktenverdrehung, Verschleierung und Schönrechnerei vorwerfen, helfen am Ende
nur wissenschaftliche Studien von unabhängigen Institutionen – weshalb im Folgenden auch etliche Quellenangaben zu finden sind. Doch auch die fallen nicht immer einheitlich aus, weil sich die Grundlagen mit den Jahren verändern (zum Beispiel wird immer mehr Energie klimaneutral hergestellt) und sich je nach Land und Erdteil unterscheiden. Wir versuchen es dennoch mit allgemeingültigen Antworten – als Erstes zur Frage, ob E-Autos nicht sogar klimaschädlicher sind als herkömmliche Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
E-Autos sind in der Ökobetrachtung das kleinere Übel Klar, am Heck eines E-Autos werden keine Stickoxide, keine Kohlendioxide (CO2) und kein Feinstaub ausgeblasen – lokal emissionsfrei (lateinisch örtlich ausstoßfrei) nennt man das. Aber global (lateinisch Kugel, im übertragenen Sinne Erdkugel, also: weltweit, umfassend) betrachtet ist der Wagen alles andere als emissionslos. Wir müssen das komplette Paket der Energieaufwendungen für die Fahrzeuge unter die Lupe nehmen – also auch für die Herstellung des Stroms und aller Fahrzeugkomponenten.
Der Vorwurf Kritiker argumentieren, dass die Herstellung von Batteriezellen dermaßen energieaufwendig sei, dass mit der Elektromobilität viel mehr klimaschädliches Kohlendioxid (CO2, in der Atmosphäre fördert den Treibhausgaseffekt, der für die Klimaerwärmung verantwortlich gemacht wird) entsteht, als anfangs gedacht. Außerdem entstünden zwar keine Abgase beim Fahren im Fahrzeug, aber eben dort, wo der Strom dafür erzeugt wird: in den Kraftwerken. Somit seien Elektrofahrzeuge gar nicht umweltschonender als herkömmliche Fahrzeuge mit
Verbrennungstechnik – die Probleme seien nur verschoben und verdeckt. Die Diskussion wurde 2017 befeuert, als das Forschungsinstitut Svenska Miljöinstitutet (IVL) eine Studie zur CO2-Belastung bei der Batteriezellherstellung herausbrachte1 – sie ist auch als die »Schwedenstudie« bekannt geworden. Sie ist eine sogenannte Metastudie (lateinisch: Kegel – im Sinne von zuspitzend – und Untersuchung, wissenschaftliche Forschungsarbeit, die die Ergebnisse verschiedener Studien auswertet und zusammenfasst). Demzufolge sei die Produktion jeder Kilowattstunde Kapazität eines E-Auto-Akkus so schädlich wie 150 bis 200 Kilogramm zusätzliches Kohlendioxid in der Luft. Ein schwedischer Journalist schlussfolgerte daraus, dass einem Tesla Model S mit einem 100kWh-Akku bei der Erstzulassung bereits 17,5 Tonnen CO2 auf den Schultern laste. Und: Ein durchschnittliches Benzin- oder Dieselauto müsse schon 8,2 Jahre lang durch die Gegend fahren, um ähnlich viel CO2 durch den Auspuff zu blasen. Diese Zahlen gehen noch heute in sozialen Medien um die Welt. Und selbst 2019 kamen noch Studien wie die viel zitierte vom ifoInstitut zu dem Schluss, dass E-Autos so gut wie keine Vorteile gegenüber Dieselfahrzeugen hätten, wenn man die gesamte Produktionskette betrachtet.2 Die Autoren haben die Messdaten eines Mercedes C 220d mit denen eines Tesla Model 3 verglichen. Fazit: Der Tesla stoße umgerechnet auf den während der durchschnittlichen Lebensdauer eines Autos gefahrenen Kilometern sogar mehr CO2 aus (mehr als 156 Kilogramm) als der Diesel (141 kg).
Die Fakten Es stimmt tatsächlich: Solange unser Strom nicht komplett aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, werden auch noch Kohle und Gas für die E-Mobilität verbrannt. Die E-Mobilität ist eben nur so sauber wie die Stromproduktion, die dahintersteht – ob beim Fahren oder bei der Herstellung der Autokomponenten.
Auch das stimmt: Jedes E-Auto trägt einen um 70 bis 130 Prozent3 größeren CO2-Rucksack (Summe aller Emissionen, die noch aus dem Herstellungsprozess resultieren) mit sich herum als ein vergleichbares herkömmliches Fahrzeug mit Verbrennungsmotor: Insbesondere die Batteriezellfertigung benötigt sehr viel Energie – der Strom dazu setzt sich auch wieder je nach Herstellungsland aus unterschiedlichen Energiequellen zusammen. Den Rucksack muss ein E-Auto dann erst einmal mit seiner höheren Effektivität beim Fahren wieder aufholen – wie schnell ihm das gelingt, hängt aber natürlich auch wieder vom jeweiligen verwendeten Strommix ab (Verhältnis der verschiedenen fossilen und erneuerbaren Energiequellen). Aber: Der Vergleich fällt unter objektiver Betrachtung positiver für die neuen Antriebstechniken aus, als Kritiker gern behaupten. Das ist jedenfalls auch das Ergebnis einer viel beachteten Studie der Universität Eindhoven/Niederlande,4 die sich die Berechnungen der ifo-Studie noch einmal vorgeknöpft hat – also wieder ein Vergleich Tesla gegen Diesel-Daimler. Sie kommt zu ganz anderen Ergebnissen: Das Model 3 verursache pro Kilometer 91 Gramm CO₂-Äquivalent – 65 Prozent weniger als der Mercedes C 220d mit 260 Gramm. Seinen CO₂-Rucksack durch die Akku-Produktion hat der Tesla demzufolge schon nach 30.000 Kilometern abgeworfen – und fährt danach umso klimaschonender weiter bis zur Verschrottung (mit 40 gegenüber 228 Gramm). Ein weiteres Beispiel: Die Forscher des Paul-Scherrer-Instituts in der Schweiz kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Sie wagen nicht nur Prognosen über die voraussichtlichen Umweltauswirkungen im Jahr 2040, sondern beziehen in ihren Berechnungen neben Herstellungs- und Fahrenergie auch noch das Recycling (griechisch/lateinisch: Kreis und zurück, Kreislauf der Wiederverwertung von Wertstoffen für die Herstellung neuer Produkte) und Abwracken am Ende sowie sogar den Straßenbau mit ein.5 Danach sind Elektroautos die nachhaltigste Option und produzieren im Jahr 2040 wohl nur noch etwas mehr als die
Hälfte an Kohlendioxid (101,4 g CO2-Äquivalent) wie Benziner (194,8) und weniger als zwei Drittel so viel wie Diesel-Autos (166,7). Zurück zur Schwedenstudie: Die Autoren selbst wehrten sich nach den vielen Schlagzeilen gegen die in ihrem Namen geführten Feldzüge kontra E-Mobilität und sagten, sie seien falsch zitiert worden. 2019 brachten sie eine neue korrigierte und eindeutigere Studie heraus.6 Nun lagen die belastenden Energieaufwendungen bei 61 bis 106 kg CO2-Äquivalente – also nur noch etwa halb so groß wie vorher.
Das Fazit In der Mehrzahl kommen die Wissenschaftler immer wieder zu den gleichen Ergebnissen: Elektroautos lassen sich zwar nicht ohne Treibhausgasemissionen und anderen Umweltschäden produzieren und fahren, aber im Großen und Ganzen sind sie immer noch das kleinste Übel, wenn auf individuelle Mobilität nicht verzichtet werden soll. Ist ein E-Auto ab heute mit dem jetzt verfügbaren deutschen Strommix unterwegs, dann ist es in der Klimagesamtbilanz von der Herstellung, Nutzung und Verwertung her jetzt schon besser als ein vergleichbares modernes, konventionelles Auto mit Verbrennungsmotor – erst recht, wenn immer mehr erneuerbare Energiequellen erschlossen werden.7 Aber wie kommt es immer wieder zu den eklatanten Unterschieden in den Ergebnissen der Studien? Hier ein paar Antworten: Manche Studien entstehen nicht unabhängig, sondern haben Lobbyverbände mit ihren besonderen Interessen als Auftragund Geldgeber.
Metastudien laufen Gefahr, auf veraltete Daten zu basieren, weil sie ja nur auf die Daten zurückgreifen können, die bereits in älteren Studien verwendet wurden. Wenn ein Tesla zum Vergleich herangezogen wird, muss auch genau dessen Batteriezellproduktion für die CO2-Werte herangezogen werden. Manche Studien verweisen jedoch auf Durchschnittswerte aus China, wo ein Großteil der Zellen unter anderem mit Kohlestrom hergestellt wird (oder wurde). Gerade die Batteriezellen von Tesla werden aber mittlerweile in den Tesla-Gigafactories fast nur mit erneuerbaren Energien hergestellt, also mit vergleichbar geringem CO2Ausstoß. Andere namhafte Zellenhersteller verfolgen ähnliche Ziele. Werden Belastungen aus der Akku-Herstellung des einen Fahrzeugs mit reinen Emissionen bei der Fahrt des anderen Fahrzeugs verglichen, bleiben zum Beispiel die Herstellungsprozesse von Verbrennungsfahrzeugen und deren Kraftstoffe völlig unberücksichtigt. Doch für Vergleiche zwischen den verschiedenen Antriebssystemen müssen sämtliche Energieaufwendungen mit einbezogen werden, also Well to Wheel (englisch: vom Bohrloch bis zum Rad). In Abbildung 18.1 ist zu sehen, wie viel Energie nötig ist, um 100 Kilometer zurückzulegen, wenn man Strom aus Kohle im E-Auto verwendet (von links), Strom aus erneuerbaren Energien, das Gleiche mit Umweg über eine Brennstoffzelle und Erdöl im Verbrennungsmotor. Manche Studien lassen außer Acht, dass der Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien stetig steigt. Der Anteil der Erneuerbaren hat in den vergangenen Jahren aber immer weiter zugenommen und lag im Jahr 2020 in Deutschland erstmals bei mehr als 50 Prozent der Nettostromerzeugung.8 Anfang der 2000er Jahre lag er noch bei 8,6 Prozent. Viele Studien gehen von einer üblichen Lebensdauer eines Autos von 150.000 Kilometern aus. Mittlerweile zeichnet sich jedoch ab, dass E-Autos viel länger durchhalten als gedacht
und als konventionelle Autos – auch ihre Akkus –, um die 250.000 Kilometer. Der CO2-Rucksack wiegt damit in seiner Bedeutung wesentlich weniger.
Abbildung 18.1: Wenn man schon Vergleiche zwischen den verschiedenen Antriebssystemen anstellt, dann müssen sämtliche Energieaufwendungen mit einbezogen werden, also »Well to Wheel«. Datenquelle: Well-To-Wheels-Report Version 4.1 European Commission, 2014. Grafik: Gregor Hagedorn (htc1977), CC-BY 4.0
»Es ist offenbar schwer, den Mythos, dass Batteriefahrzeuge umweltschädlicher als Verbrenner seien, aus den Köpfen zu bekommen.«
Christian Bauer, Wissenschaftler am Labor für Energiesystemanalyse am Paul-Scherrer-Institut (PSI) in Villigen/Schweiz
Sind die Akkus später Sondermüll? Dass Haushaltsbatterien und -akkus am Ende ihres Daseins nichts in der normalen Mülltonne zu suchen haben, weiß jedes Kind. Schwermetalle wie Quecksilber, Cadmium und Blei wären eine große Umweltbelastung. E-Autos sind allerdings nicht mit althergebrachten Blei-Säure- oder Nickel-Cadmium-Batterien bestückt, sondern wegen ihrer hohen Energiedichte in der Regel mit Lithium-Ionen-Akkus wie viele moderne Geräte wie Laptops, Handys und Co. auch. Die enthaltenen Materialien sind nicht so umweltschädigend wie die oben genannten, aber eben auch nicht völlig unbedenklich.
Der Vorwurf Ein Tesla, der im Herbst 2019 in Tirol nach einem Unfall ausbrannte, sorgte für Schlagzeilen. Offenbar war es ein Problem, das Wrack einschließlich des 600 Kilo schweren Akkus zu entsorgen. Sogleich war vom »Tesla als Sondermüll« die Rede.9 Kein österreichisches Recyclingunternehmen wollte den Schrotthaufen übernehmen, Tesla tat dies letztlich auch nur auf Druck durch die Medien. Bei den Lesern setzte sich der Gedanke fest, E-Auto-Besitzer blieben letzten Endes immer auf Sondermüll – der Batterie – sitzen. Wirklich?
Die Fakten Die Grundbaustoffe eines E-Auto-Akkus – Lithium, Nickel, Mangan, Kobalt, Aluminium, Kupfer und Kunststoff – sind für ein Recycling (griechisch/lateinisch: Kreis und zurück, Kreislauf der Wiederverwertung von Wertstoffen für die Herstellung neuer Produkte) eigentlich hoch begehrt, schon allein weil die
Beschaffung und Aufbereitung der Rohstoffe aufwendig und teuer ist. Und die Hersteller sind nach EU-Richtlinie sogar verpflichtet, sie zurückzunehmen beziehungsweise die kompletten Kosten für die umweltgerechte Entsorgung zu tragen. Hersteller wie zum Beispiel Volkswagen versprechen eine Recyclingfähigkeit von mehr als 90 Prozent – zumindest in der Zukunft.10 Die daraus gewonnenen Materialien können direkt wieder für die Produktion neuer Batteriezellen verwendet werden. Dabei sollen recycelte Batterie-Rohstoffe genauso leistungsfähig sein wie neue.11 Was war dann beim Tesla in Tirol das Problem? Unter anderem sind Recyclingfirmen nur auf unbeschädigte Akkus ausgerichtet – in diesem Fall war rechtlich gesehen zunächst unklar, wer zuständig ist. Und Abschleppunternehmen hatten sogar Angst, der verkohlte Akku könnte trotz dreitägigem Tauchgang wieder Feuer fangen.12 Aber selbst das Recycling von unbeschädigten Akkus ist noch nicht auf dem Level, wo es schon sein sollte und könnte: Tatsächlich gibt es zurzeit nicht nur bei Volkswagen lediglich Pilotanlagen wie die in Salzgitter – schließlich gibt es auch noch nicht viel zu tun, weil noch nicht viele E-Auto-Akkus ausgemustert werden. Volkswagen rechnet damit, dass die Rücklaufquote erst gegen 2025 anzieht.13 Die bisherigen Anlagen erreichen zurzeit auch erst eine Recyclingquote von etwa 70 Prozent. Das ist weniger als bei anderen Batterietypen in Deutschland üblich: Blei-Säure-Batterien wurden laut Bundesumweltamt 2019 zu 81,9 Prozent recycelt, Nickel-Cadmium-Batterien zu 77,6 und sonstige Batterien zu 75,5 Prozent.14 Das heißt leider auch, dass rund 30 Prozent der EAuto-Akkus noch auf einer Deponie landen – die Tendenz ist aber glücklicherweise fallend.
Das Fazit
Das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus hinkt noch hinterher, hat aber auch noch reichlich Potenzial. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, den Akkus vor der Demontage ein zweites Leben einzuhauchen, und zwar als stationäre Energiespeicher für Eigenheime mit Photovoltaikanlagen oder in mobilen Ladestationen. Kapazitätsverluste, die während der mobilen Zeit eingetreten sind, sind dort nicht entscheidend, weil die Akkus ohne Platz- und Gewichtssorgen zu größeren Einheiten konfiguriert werden können als in Fahrzeugen. Im »zweiten Leben« können sie noch einmal etliche Jahre weiter bestehen.
Anmerkungen 1 Dahllöf & Romare: »The Life Cycle Energy Consumption and Greenhouse Gas Emissions from Lithium-Ion Batteries«, No. C 243, Mai 2017. 2 Christoph Buchal, Hans-Dieter Karl und Hans-Werner Sinn: »Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?«, ifo Schnelldienst, 8/2019, 25. April 2019, S. 40–54, https://www.ifo.de/DocDL/sd-2019-08-sinn-karlbuchal-motoren-2019-04-25.pdf
3 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI: »Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf – Sind Batterien für Elektroautos der Schlüssel für eine nachhaltige Mobilität der Zukunft?«, Karlsruhe, Januar 2020, S. 10, www.ifeu.de/Publikationen/2020-FaktencheckFraunhoferInstitut.pdf
4 Auke Hoekstra und Maarten Steinbuch: »Comparing the lifetime green house gas emissions of electric cars with the emissions of cars using gasoline or diesel«, Eindhoven University of Technology 2020, www.oliver-krischer.eu/wpcontent/uploads/2020/08/English_Studie.pdf
5 Jan Berndorff: »Vorfahrt für E-Autos«, in 5232 – Das Magazin des Paul-Scherrer-Instituts, 01/2020, S. 18 ff. 6 Erik Emilsson, Lisbeth Dahllöf: »Lithium-Ion Vehicle Battery Production«, IVL, November 2019. 7 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI: »Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf«, ebd. 8 Fraunhofer Institut: »Nettostromerzeugung in Deutschland 2020: erneuerbare Energien erstmals über 50 Prozent«, vom 4.1.2021, www.ise.fraunhofer.de/de/presse-undmedien/news/2020/nettostromerzeugung-in-deutschland-2021erneuerbare-energien-erstmals-ueber-50-prozent.html
9 Redaktionsnetzwerk Deutschland: »Ein Tesla als Sondermüll: Wer entsorgt das ausgebrannte Auto?«, 16.11.2019, www.rnd.de/wirtschaft/ein-tesla-als-sondermull-werentsorgt-das-ausgebrannte-autoI3BB4VQLPZCAJEE2JV3YP2B5SI.html
10 Vgl. Andreas Schweiger: »VW Salzgitter recycelt Batterien«, Braunschweiger Zeitung vom 30.1.2021, Wirtschaft. 11 Ebd. 12 Vgl. Redaktionsnetzwerk, ebd. 13 Vgl. Schweiger, ebd. 14 Umweltbundesamt: »Altbatterien – Im Jahr 2019 hat Deutschland alle von der EU geforderten Mindestziele erreicht«, vom 27.10.2020, www.umweltbundesamt.de/daten/ressourcenabfall/verwertung-entsorgung-ausgewaehlterabfallarten/altbatterien#im-jahr-2019-hat-deutschlandalle-von-der-eu-geforderten-mindestziele-erreicht, am 30.1.2021.
Kapitel 19
E-Autos haben ein schlechtes Sozial-Image IN DIESEM KAPITEL Müssen Kinder im Kongo für E-Auto-Akkus nach Kobalt schürfen? Leiden Bauern in Chile und Bolivien unter der LithiumFörderung? Vernichtet die Elektromobilität Arbeitsplätze? Sind E-Autos für die Normalbevölkerung viel zu teuer?
Die E-Mobilität ist von Kritikern nicht nur in Sachen Umweltschutz infrage gestellt worden, sondern auch bezüglich ihrer globalen Sozialverträglichkeit. Sprich: Mit der Rohstoffbeschaffung für Akkus und Motoren gerieten auch die Folgen ferner Bevölkerungsgruppen in den Fokus – insbesondere im Kongo und in Chile. Aber auch hierzulande hat der Mobilitätswandel soziale Auswirkungen: Gewerkschaften fürchten massive Arbeitsplatzverluste, wenn die Produktion von Verbrennungsmotoren nicht mehr gefragt ist. Sozial gelagert ist zudem die Frage danach, ob sich überhaupt alle Menschen noch individuale Mobilität leisten können, wenn sie elektrisch ist.
Lieferwege von Kobalt sind schwer nachzuvollziehen Neue Antriebstechniken erfordern neue Rohstoffe. Dazu gehört auch das Metall Kobalt, das in den Lithium-Ionen-Akkus
Verwendung findet. Gewonnen wird dieser Rohstoff in verschiedenen Ländern der Welt – zum Beispiel in Russland, Australien, auf den Philippinen und auf Kuba. Der größte Teil, mehr als 60 Prozent, stammt allerdings aus der Demokratischen Republik Kongo.
Der Vorwurf »Im Kongo schuften schon kleine Kinder den ganzen Tag lang für die Akkus, die in unseren Elektrofahrzeugen stecken«, prangerte die Bild-Zeitung im Oktober 2019 an.1 Die Menschen dort müssten in ihren Hinterhöfen bis zu 100 Meter tiefe Gruben buddeln, um wenigstens einmal am Tag etwas zu essen zu haben. Auch Entwicklungshilfeminister Gerd Müller ging darauf ein: »Es ist ein Skandal, dass allein im Süd-Kongo 40.000 in einbruchgefährdeten Minen ihre Gesundheit und Leben aufs Spiel setzen, nur damit die Rohstoffe am Anfang der Lieferketten möglichst günstig abgebaut werden können.«2 Der Vorwurf zirkuliert immer wieder in sozialen Medien – auch in Zusammenhang gesetzt mit Grünen-Politikern.
Die Fakten Der größte Teil des Kobalts, rund 80 Prozent, wird als Nebenprodukt des industriellen Kupfer- und Nickelabbaus im Tagebau von großen, internationalen Unternehmen gewonnen. Problematisch sind die restlichen 20 Prozent, die im illegalen Kleinbergbau gefördert werden – tatsächlich teils auch von Kindern.3 Wer Kobalt auf dem Weltmarkt auf Umwegen zum Beispiel über China einkauft, kann nicht oder nur sehr schwer nachverfolgen, woher es letztlich stammt. Das Problem wurde als Erstes nicht im Zusammenhang mit EMobilität publik, sondern generell mit Akkus aus Haushaltsgeräten: 2016 wies die Menschenrechtsorganisation Amnesty International darauf hin, dass in den Minen »Kinder ab sieben Jahren unter lebensgefährlichen Bedingungen« arbeiteten, »um Kobalt für Elektrogeräte abzubauen, die aus dem Verbraucheralltag nicht mehr wegzudenken sind«: Smartphones,
Tablets und Laptops.4 Elektroautos kamen im damaligen Bericht gar nicht vor – weil sie damals noch keine Rolle spielten. Auch heute wird nur ein geringer Teil für Elektroautos verwendet – 2017 waren es 8,2 Prozent. Weitere 35,5 Prozent wurden in jenem Jahr für andere Lithium-Akkus in Geräten gebraucht, der Rest dagegen für ganz andere Anwendungen, zum Beispiel für Superlegierungen, Schnellarbeitsstahl, Karbide und Diamantwerkzeuge, Magnete, Keramik & Farbstoffe sowie für Nickel-Cadmium- (NiCd) und Nickel-Metallhydrid-Akkus (NiMH).5
Das Fazit Die Deutsche Rohstoffagentur schätzt, dass der Anteil der Kobaltverwendung für Elektroautos wegen steigender Produktionsmengen bis 2026 auf etwa 26,7 Prozent ansteigt.6 Gesichert ist das nicht, denn gleichzeitig versuchen die meisten Hersteller so weit wie möglich, auf Kobalt in den Akkus zu verzichten – es ist nämlich sehr teuer. Die ersten Hersteller in China verbauen bereits kobaltfreie Akkus, auch Volkswagen will in diese Richtung gehen.7 Bis dahin haben sich allerdings auch Volkswagen und BMW verpflichtet, die Herkunft des verwendeten Kobalts zurückzuverfolgen8 beziehungsweise ganz auf Kobalt aus dem Kongo zu verzichten.9 Um wirklich die Situation im Kongo zu verbessern, müssen aber auch alle anderen Firmen ihre Lieferketten zurückverfolgen, die Kobalt für andere industrielle Produkte verwenden. Der Kunde kann es später nicht.
Lithium-Abbau geht auch sozialverträglich Klarer Fall: Für die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus braucht man Lithium. Wegen der rasant steigenden Nachfrage wird das Alkalimetall oft auch als »weißes Gold« bezeichnet. Es zählt entgegen häufigen Annahmen nicht zu den seltenen Erden (17 Metalle der dritten Nebengruppe des chemischen
Periodensystems) und kommt quasi in allen Erdteilen vor (in minimaler Menge selbst im menschlichen Körper), aber nicht immer in gleicher Konzentration und nicht überall lässt es sich gleich gut abbauen. Ein kleiner Teil des Lithiumvorrats wird im Hartgesteinsbergbau als Nebenprodukt gewonnen. Der größere Teil stammt aber aus Solen, also aus Salz-Wasser-Lösungen aus Salzseen oder aus der Erde. Die größten Ressourcen werden in Bolivien vermutet (21 Millionen Tonnen), dann kommen Argentinien (17) und Chile (9). Über diese drei Länder erstreckt sich die große Salzebene, auch »The Lithium-Triangle« genannt. Es folgen USA (6,8), Australien (6,3) und China (4,5). In Europa sind wohl Deutschland (2,5) und Tschechien (1,3) die Kandidaten für die größten Vorkommen.10
Der Vorwurf Der Vortrag des bekannten Fernseh-Professors Harald Lesch mit dem Titel »Das Kapitalozän – Erdzeitalter des Geldes«11 vom 2. Dezember 2018 ging in sozialen Medien und auf YouTube genauso viral wie die ZDF-Dokumentation mit dem Titel »Der wahre Preis der Elektroautos«12. In beiden Fällen heißt es, dass jeden Tag in der Atacama-Wüste in Chile für die LithiumGewinnung 21 Millionen Liter Grundwasser nach oben gepumpt werden. Das führe dort zur Austrocknung der Landschaft, die Bauern hätten keine Chance mehr, ihren Ackerbau und ihre Viehzucht aufrechtzuerhalten. Lesch: »Wir richten unglaubliche Schäden an! Mit einer neuen E-Mobilitätswelle auf der Welt wird es richtig heftig … In Wirklichkeit vernichten wir hier Lebensräume.« »Die Bauern der Atacama haben keine Zukunft mehr«, heißt es in der ZDF-Doku, »Schuld daran sind die Lithium-Minen … Riesige Mengen Lithium brauchen die deutschen Autobauer. Hier hat das dramatische Folgen.« Der Abbau gefährde auch das Ökosystem für die Tiere.
Abbildung 19.1: Das Lithium-Dreieck (»The Lithium Triangle«) erstreckt sich über die südamerikanischen Länder Bolivien, Argentinien und Chile.
Quelle: Silberstein nach Vorlage von Mamayuco, CC BY-SA 4.0
Die Fakten Die Salzlösungen aus dem Boden wie in Chile, Bolivien und Argentinien werden nach oben in Verdunstungsteiche gepumpt. Nach rund fünf Monaten im Verdunstungsbecken bleibt unter anderem Lithium zurück – 6-prozentig in einer schleimigen Masse. Die bringen Lastwagen in eine Fabrik, die sie zu Lithiumkarbonat weiterverarbeiten. Allerdings handelt es sich bei diesem Wasser aus dem Boden nicht etwa um Grundwasser, das zum Trinken oder Bewässern von Feldern geeignet wäre – dafür ist es viel zu salzig. Tatsächlich gibt es aber Befürchtungen, dass trinkbares Grundwasser aus den umgebenen Regionen nachfließt – das Problem wird also möglicherweise in andere Gebiete verlagert. Zu dieser Frage fehlen derzeit jedoch noch wissenschaftliche Untersuchungen.13 Falsch sind jedoch die Aussagen, dass die E-Autos das Hauptproblem sind. Denn Lithium wird in vielfältiger Weise verwendet: nur 35 Prozent für Batterien und Akkus (allerdings bisher immer noch vornehmlich für Laptops, Smartphones, Tablets, Haushaltsgeräte wie Zahnbürsten, Staubsauger, Akkuschrauber et cetera), 32 Prozent zur Herstellung von Glas und Keramik und das übrige Drittel für Schmiermittel, Klimaanlagen, Strangguss, Kunststoffe und Aluminium.14
Das Fazit Eins steht fest: Wasser aus einer Wüstenregion in Massen verdunsten zu lassen, ist nicht unproblematisch – weder für Mensch noch Natur. Und mit dem steigenden Bedarf an E-Autos steigt auch der an Lithium weiter an – was die Probleme bei der Förderung verschärfen dürfte. Das heißt allerdings auch: Selbst wenn künftige E-Mobilitäts-Akkus ganz ohne Lithium auskommen sollten, ändert sich damit für die Atacama-Bauern und -Tiere erst einmal nichts. Der Atacama-Salzsee in Chile dient schon viel länger vornehmlich zur Gewinnung von Kalium – Lithium ist
dagegen lediglich ein Nebenprodukt. Es sollten aber auch Hersteller von Keramik, Handys und Laptops ihre Lieferketten kritisch durchleuchten. Und: Alle Vorwürfe beziehen sich auf die Situation in Chile, sie sind nicht für das ganze »Lithium Triangle« zutreffend. Denn besser als in Chiles Atacama-Wüste geht es offenbar in Bolivien zu, also gleich nebenan. Salar de Uyuni heißt die dortige Salzebene. Es ist die größte der Welt. In Bolivien wacht der Staat über die Lithiumgewinnung, nicht allein externe und Großkonzerne wie im Nachbarland Chile. Dafür sorgt ein bolivisches Gesetz. Mit Kooperationsvereinbarungen – auch mit deutschen Firmen – sollen vor Ort drei neue Batteriefabriken entstehen, die Arbeitsplätze schaffen.15 Vertraglich festgelegt sind dabei auch eine umweltverträgliche Lithium-Förderung, die Nutzung regenerativer Energien, das Rückpumpen von übrig bleibendem Prozesswasser und der Aufbau einer dezentralen Stromversorgung. Das bolivianische Staatsunternehmen behält die Mehrheit der Anteile an den Joint Ventures. Es geht also auch anders. Und die Hersteller täten gut daran, ihre Rohstoffe lieber aus solchen Gebieten zu beziehen. Vergessen werden darf auch nicht, dass das »Lithium Triangle« nicht die einzige Quelle auf der Welt für Lithium ist – auch an den anderen Orten werden die Produktionsmengen hochgefahren, nach neuen Quellen gesucht. Bei den Akkus der Elektro-Vehikel kommt mit der Zeit noch eine immer größer werdende Quelle hinzu: das Recycling. Und wer weiß, wie lange Lithium überhaupt noch notwendig ist für den Bau von Akkus? Das Ende der Entwicklungs-Fahnenstange sind Lithium-Ionen-Akkus nicht: Es wird schon an Stromspeichern mit einfacher und umweltfreundlicher zu gewinnenden Rohstoffen geforscht, zum Beispiel mit Natrium.
Elektromobilität verändert den Arbeitsmarkt
Wer einmal die komplexe Technik eines recht neuen Dieselfahrzeugs mit der eines E-Autos vergleicht, wird feststellen, dass es in Ersterem viel mehr zu entdecken gibt: Der Motorraum eines Diesels ist so vollgestopft, dass man den Boden nicht erblicken kann. Ein moderner Verbrennungsmotor hat etwa zehnmal mehr Bauteile als ein Elektromotor: etwa 2500 statt 250, je nach Ausstattungslinien und EU-Norm.16 Dazu kommen noch Getriebe- und Abgastechnik.
Der Vorwurf Bei den Gewerkschaften schrillten gleich mit der Einführung der ersten auflagenstarken Elektro-Autos mit einer einfachen Schlussfolgerung die Alarmglocken: Wenn die neuen Antriebe mit viel weniger Bauteilen auskommen, brauchen die Hersteller ja viel weniger Personal an den Produktionsbändern. Noch 2019 sagte IG-Metall-Vorsitzender Jörg Hofmann, er wolle »kein Horrorszenario« entwerfen, aber er befürchte, dass die EMobilität hierzulande »weit mehr als nur 150.000 Arbeitsplätze« kostete.17 Das gehe aus einer damals aktuellen IG-Metall-Studie hervor. Dieses Mantra hat sich in den Köpfen vieler Beschäftigter bis heute festgesetzt: Elektroautos sorgen für Arbeitslosigkeit.
Die Fakten Es gibt einen großen Denkfehler: Erstens brechen die Bestellzahlen zum Beispiel für Dieselautos nicht ein, weil die Kunden plötzlich E-Mobilitätsfans geworden sind (schade eigentlich), sondern schlicht, weil sie keine Diesel mehr haben wollen. Der Knick in den Zulassungsstatistiken ist eindeutig zum Zeitpunkt des Dieselskandals 2015 auszumachen.18 Die Trends sind eindeutig, nicht nur in Europa, sondern vor allem auch in Asien und Nordamerika. Das heißt: Die Konzerne verlieren Kunden, auch wenn sie ihre Modellpalette gar nicht umstellen. Weniger Kunden bedeuten weniger Geld bedeutet Arbeitsplatzabbau. Die Frage ist für solche Unternehmen eher,
wie die Modellpalette zu ändern ist, damit die Kunden nicht weiter abwandern, sondern ein anderes Produkt wählen. Das Fraunhofer-Institut für Organisation und Arbeitswirtschaft IAO in Stuttgart hat sich zum Beispiel Gedanken über die Beschäftigung bei Volkswagen im Jahr 2030 gemacht und kommt zum Ergebnis, dass durch E-Mobilität und Digitalisierung der Beschäftigtenbedarf bei Volkswagen weniger stark sinken werde, als wissenschaftliche Studien bislang nahelegten. Vor allem sei es möglich, die Belegschaft in anderen Bereichen unterzubringen, wenn bei Volkswagen frühzeitig die richtigen Maßnahmen eingeleitet würden.19 Zwar sei in der Fahrzeugfertigung mit einer Reduzierung des Personalbedarfs um etwa zwölf Prozent zu rechen. Das sei aber eher Resultat von Prozess- und Standortoptimierungen als von Veränderungen am Produkt.20 Es gibt sogar Studien wie die »MoveOn III« vom Bundesinstitut der Berufsbildung, der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung und des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung, die sagen, dass die Mobilitätswende bis 2040 mehr Arbeitsplätze schaffe, als sie vernichte: nämlich im Verhältnis von 220.000 zu 280.000.21
Das Fazit Gewerkschaften und Betriebsräte schwenken in ihrer Denke mittlerweile wieder um. Ex-DGB-Chef Michael Sommer schreibt im Vorwort zur Fraunhofer-Studie: »Die negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung werden nicht so dramatisch sein wie befürchtet. Wir können das steuern.« Im Unternehmen seien frühzeitig strategische Gegenmaßnahmen ergriffen worden, um die Beschäftigungseffekte infolge der Elektromobilität abzufedern, heißt es bei Volkswagen selbst, zum Beispiel durch das Erschließen neuer Kompetenzfelder wie der Batteriezellentwicklung und -fertigung.22 In Sachen Digitalisierung sei mittelfristig sogar mit einem Jobzuwachs zu rechnen.
Offen bleibt in der Studie allerdings, ob die Entwicklung in der Gesamtheit auch für die Zulieferindustrie gilt. Da hängt sicherlich viel von der Art der herzustellenden Komponenten ab: Bremsen und Schiebedächer werden weiter gefragt sein, Getriebezahnräder, Kupplungsscheiben und Abgassensoren dagegen weniger bis überhaupt nicht mehr. In diesen Bereichen werden Zulieferfirmen in absehbarer Zeit keine Zukunft mehr haben. Stark spezialisierte Unternehmen haben echte Probleme – viele werden nicht überleben. Allerdings entstehen rund um die Elektromobilität auch viele neue Firmen und Arbeitsplätze.
E-Autos sind viel zu teuer? Wer schon ernsthaft mit dem Gedanken gespielt hat, sich statt eines herkömmlichen Verbrenners ein neues E-Auto zu erwerben, wird vielleicht folgende Feststellung in den Prospekten gemacht haben: Die Varianten mit Elektroantrieb waren nicht die günstigsten, sondern eher die mit herkömmlicher Technik. Und wer sich nach dem Flaggschiff der E-Mobilität – einem Tesla – umgeschaut hat, wird den Traum möglicherweise gleich wieder verworfen haben, wenn er bei der Preisangabe ankam.
Der Vorwurf Ja, es stimmt: E-Autos sind keine Schnäppchen. Im direkten Vergleich zwischen alter und neuer Technik – und zwar bei einigermaßen vergleichbaren Fahrzeugen – schneiden sie in der Regel teurer ab. Nur ein Beispiel: 2014 kostete der VW E-Golf mit 36.500 Euro etwa 15.000 Euro mehr als sein ähnlich ausgestatteter Benzin-Bruder – also fast die Hälfte mehr.
Die Fakten Das Blatt hat sich dank Umweltprämien und Herstellerrabatten mittlerweile stark geändert. Kleinwagen wie den VW E-Up! bekam man 2020 dadurch zum Beispiel sogar günstiger als die nicht elektrische Variante.
Aber auch wenn der Anschaffungspreis höher ist als beim kolbengetriebenen Fahrzeug, kann sich die Wahl eines E-Autos im Laufe der Zeit mehr als amortisieren: durch günstigere Steuern, Wartungs- und Energiekosten. So entfallen zum Beispiel Ausgaben für Öl- und Kupplungsscheibenwechsel völlig, halten durch die Rekuperation auch Bremsscheiben und -belege viel länger. In Deutschland sind E-Auto-Besitzer für zehn Jahre von der KFZ-Steuer befreit. Obendrein – und das ist eine sehr wirkungsvolle Schraube bei den Gesamtkosten insbesondere für Vielfahrer – sind die Stromkosten umgerechnet auf die Fahrtstrecke in der Regel viel günstiger.
Das Fazit Letztlich darf man also nicht nur den Kaufpreis berücksichtigen, sondern alle Ausgaben, die mit der individuellen Mobilität zusammenhängen. Wir sprechen dabei von den Vollkosten, also »Total Cost of Ownership«, wie man im Englischen sagt. Der ADAC hat Mitte 2020 einen Vergleich der Vollkosten von verschiedenen elektrischen Modellen, Plug-in-Hybriden, Benzinund Diesel-Autos mit vergleichbarer Motorleistung und ähnlicher Ausstattung aufgestellt. Grundlage aller Berechnungen war eine durchschnittliche Haltedauer von fünf Jahren, eine Jahresfahrleistung von 15.000 Kilometern und die damals gültige Umweltprämie. Das Fazit des Clubs: »Rechnet man alle Kosten eines Autos zusammen, vom Kaufpreis über sämtliche Betriebsund Wartungsaufwände bis zum Wertverlust, schneiden Elektroautos immer häufiger besser ab als Verbrenner.«23 Auch die Zeitschrift Auto Motor und Sport hat das Anfang 2021 für 17 Paarungen vergleichbarer Fahrzeuge durchgerechnet. Dabei zeigte sich: In 15 Fällen waren die Stromer auf Dauer günstiger. Die Sparraten lagen zwischen 11 und 335 im Monat. Es gab allerdings einen entscheidenden Faktor: Das Auto muss die Möglichkeit haben, günstigen Hausstrom laden zu können. Immer nur teurer Strom an öffentlichen Ladesäulen – insbesondere an Schnellladesäulen – würde den Kostenvorteil auffressen.24
Hohe Umweltprämien braucht es bald aber vermutlich gar nicht mehr, weil die Herstellung der speziellen E-Komponenten mit größeren Mengen günstiger wird – insbesondere der Akkus. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Analysten von Bloomberg New Energy Finance. Demnach sollen PKW und Transporter mit Elektroantrieb ab 2027 in der Herstellung billiger als Verbrenner sein.25
Anmerkungen 1 Til Biermann: »Für unsere E-Autos muss Caleb (8) an einer Mine schuften«, 29.10.2019, bild.de, https://www.bild.de/bild-plus/news/ausland/newsausland/kinderarbeit-im-kongo-fuer-unsere-e-autos-musscaleb-8-schuften65646914,view=conversionToLogin.bild.html
2 »Für deutsche E-Autos müssen Kinder im Kongo schuften«, Schweriner Volkszeitung, 30.10.2019, www.svz.de/26176257 3 Siyamend Al Barazi, Uwe Näher, Sebastian Vetter, Philip Schütte, Maren Liedtke, Matthias Baier, Gudrun Franken: »Kobalt aus der DR Kongo – Potenziale, Risiken und Bedeutung für den Kobaltmarkt«, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover 2017, www.bgr.bund.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Commodi ty_Top_News/Rohstoffwirtschaft/53_kobalt-aus-der-drkongo.pdf;jsessionid=22F806346401001F95D824D23D14475C.2_c id292?__blob=publicationFile&v=10
4 Amnesty International: »Smartphone-Hersteller profitieren von Kinderarbeit«, 18.1.2016, https://www.amnesty.de/2016/1/19/smartphone-herstellerprofitieren-von-kinderarbeit
5 Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR): »Rohstoff Kobalt«,
Berlin (verm.) 2018, www.deutscherohstoffagentur.de/DERA/DE/Downloads/m-kobalt.pdf? __blob=publicationFile&v=4
6 Ebd. 7 Martin Jendrischik: »Ohne Kobalt: Zeitalter der kobaltfreien EAuto-Batterien beginnt«, 20.5.2020, www.cleanthinking.de/ohne-kobalt-zeitalter-derkobaltfreien-eauto-batterien-beginnt/
8 Pressemitteilung von Volkswagen: »Volkswagen Konzern tritt Industrieinitiative für verantwortungsbewussten Einkauf strategischer Mineralien bei«, 18.4.2019, www.volkswagennewsroom.com/de/pressemitteilungen/volkswagen-konzerntritt-industrieinitiative-fuer-verantwortungsbewussteneinkauf-strategischer-mineralien-bei-4876
9 Cora Werwitzke: »BMW verzichtet zukünftig auf Kobalt aus dem Kongo«, electrive.net, 27.3.2019, www.electrive.net/2019/03/27/bmw-verzichtet-zukuenftigauf-kobalt-aus-dem-kongo/
10 Wikipedia.de: »Lithium«, de.wikipedia.org/wiki/Lithium 11 www.youtube.com/watch?v=N9wedHA_BNo&t=8s 12 www.youtube.com/watch?v=b0kN81HW8t8&t=8s 13 Dirk Steffens: ZDF-Doku »Terra X – Die Wahrheit über Lithium«, Sendung vom 16.2.2020, https://www.youtube.com/watch?v=bAgGpm-3uRI
14 USGS (United States Geological Survey), 2020: »Mineral Commodity Summaries 2020 – Lithium Data Sheet«. https://pubs.usgs.gov/periodicals/mcs2020/mcs2020lithium.pdf
15 Philipp Lichterbeck: »Bolivien versucht die drastischen Umweltfolgen der neuen Mobilität zu lindern«, Der
Tagesspiegel, online 21.05.2019, www.tagesspiegel.de/wirtschaft/raubbau-fuer-e-autosbolivien-versucht-die-drastischen-umweltfolgen-der-neuenmobilitaet-zu-lindern/24240056.html
16 Vgl. E-Auto-Journal: »Elektromotor vs. Verbrennungsmotor«, e-auto-journal.de/elektromotor-vs-verbrennungsmotor/?cnreloaded=1, am 18.12.2020.
17 Ecomento: »IG Metall IG Metall: ›E-Mobilität kostet weit mehr als nur 150.000 Arbeitsplätze‹«, ecomento.de/2019/06/07/igmetall-warnt-e-mobilitaet-kostet-weit-mehr-als-nur-150000-arbeitsplaetze/, am 17.12.2020.
18 Vgl. Statista: »Diesel-Anteil fällt bei Neuzulassungen unter 30 Prozent«, 17.10.2018, de.statista.com/infografik/10534/anteil-von-benzin-unddiesel-an-pkw-neuzulassungen-in-deutschland/, am 17.12.2020.
19 Vgl. »Fraunhofer-Studie: Beschäftigung bei Volkswagen im Jahr 2030«, vom 15.12.2020, www.volkswagenag.com/de/news/stories/2020/12/fraunhoferstudy—employment-at-volkswagen-in-2030.html, am 17.1.2021.
Die Studie in Kurzfassung gibt es hier als PDF: www.volkswagenag.com/presence/stories/2020/12/frauenhofer -studie/6095_EMDI_VW_Kurzstudie_um.pdf, am 17.1.2021.
20 Vgl. Thomas Kruse: »Neue Studie über VW: E-Mobilität ist doch kein Jobkiller«, in Wolfsburger Nachrichten vom 17.12.2020. 21 Anke Mönnig, Nicole von dem Bach, Robert Helmrich u.a.: »MoveOn III: Folgen eines veränderten Mobilitätsverhaltens für Wirtschaft und Arbeitsmarkt«, Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn 2021, Preprint, https://lit.bibb.de/vufind/Record/DS-778966
22 Vgl. Fraunhofer-Studie, s.o.
23 Thomas Kroher: »Kostenvergleich Elektro, Benzin oder Diesel: Lohnt es sich umzusteigen?«, ADAC.de vom 27.7.2020, www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/auto-kaufenverkaufen/autokosten/elektroauto-kostenvergleich, am 19.1.2021. Der ausführliche ADAC-Kostenvergleich »eFahrzeuge + Plug-In Hybride gegen Benziner und Diesel« findet sich hier als PDF-Datei: https://assets.adac.de/image/upload/v1594909696/ADACeV/KOR/Text/PDF/E-AutosVergleich_joxjsi.pdf
24 Markus Abrahamczyk: »Trotz Mega-Kaufprämie: Lohnt sich das Elektroauto wirklich?«, t-online.de, 30.1.2021, www.tonline.de/auto/elektromobilitaet/id_89372638/elektroautomega-praemien-lohnt-sich-der-kauf-wirklich-.html? fbclid=IwAR1gQzW3BLMtzG5qOq74W84gECTApDyeXRv0l3s_izLfFzG0 x06Imf7zO2
25 Bernd Conrad: »Wann werden Elektroautos billiger als Verbrenner?«, 21.05.2021, Auto, Motor und Sport, www.automotor-und-sport.de/tech-zukunft/alternativeantriebe/elektroautos-produktionskosten-preis-vergleichbenziner-diesel/
Kapitel 20
Für technische Probleme gibt es schon Lösungen IN DIESEM KAPITEL Wann wird es genügend Ladestationen geben? Bricht das Stromnetz zusammen, wenn alle Menschen elektrisch fahren? Brennen E-Autos häufiger? Und wie löscht man sie dann? Sind E-Autos nur eine Zwischenlösung und ist Wasserstoff die Zukunft? Wann gibt es endlich Elektroautos mit Wechsel-Akku? Droht E-Fahrern im Winterstau der Erfrierungstod?
Seit Jahren höre ich von Gesprächspartnern, dass es einfach noch nicht genügend Ladestationen gibt, um auf die neue Antriebsart problemlos umsteigen zu können. Sie ziehen auch viele andere technische Probleme heran, die der E-Mobilität offensichtlich immer noch eine gewisse Unreife bescheinigen: Wo soll der ganze Strom herkommen? E-Autos brennen doch immer so schnell und im Winterstau muss man im Auto erfrieren. Soll man wirklich lieber auf die »nächste« Technik Wasserstoff warten? Warum das keine gute Idee ist, erfahren Sie im Folgenden.
Die Zahl der Ladestationen steigt kontinuierlich
Es ist schon heute so, dass es in Deutschland schon viel mehr öffentliche Ladesäulen als Tankstellen (etwa 14.500) gibt. Das größte Ladesäulenverzeichnis im Internet, www.goingelectric.de, zählte im Mai 2021 insgesamt 24.150 Standorte in Deutschland mit 69.293 Ladepunkten. Und es werden täglich mehr. Dennoch bleibt die Sorge, dass das Wachstum der Ladeinfrastruktur nicht Schritt halten könnte.
Der Vorwurf Etwas mehr Ladestationen als Tankstellen reicht nicht. Denn am Stromkabel hängen Autos viel länger als am Benzin- oder Dieselschlauch – gegebenenfalls drei Stunden statt drei Minuten, also: bis zu 180-mal so lange. Wollte man Wartezeiten vermeiden, müsste man also wohl etwa 2,6 Millionen (180 x 14.500) Lademöglichkeiten bereitstellen. Davon sind wir aber noch sehr, sehr weit entfernt. Die Schlussfolgerung: Wir können gar nicht alle aufs E-Auto umsteigen, denn es gibt auf lange Sicht gar nicht genug Ladesäulen.
Die Fakten Der direkte Vergleich von Ladestationen mit Tankstellen ist Unsinn. Denn während Autos mit Flüssigkraftstoffen stets eine Tankstelle für die Energieaufnahme aufsuchen müssen, finden 80 bis 90 Prozent aller Ladevorgänge von E-Autos an einer heimischen Steckdose oder Wallbox statt. Nach der obigen Rechnung wären somit schon nur noch 520.000 Ladestationen nötig – wir lassen dabei mal außer Acht, dass ein Teil der Ladestationen gelegentlich ausfällt und dass nicht jede Station für jeden auch zugänglich ist. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Reiner-Lemoine-Institut in einer Studie von 2020, die im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) entstand: Bis zum Jahr 2030 seien 440.000 bis 843.000 Ladepunkte nötig, heißt es darin.1 Aber auch das Ziel der 520.000 Ladestationen hätten wir in Deutschland noch lange nicht erreicht, nicht einmal zu fünf
Prozent. Das ist jedoch weder verwunderlich noch tragisch. Denn bisher fahren ja auch noch nicht alle Autos im Bestand mit Strom, sondern laut Kraftfahrt-Bundesamt nicht einmal vier Prozent (Stand Januar 2021: 3,6 Prozent mit elektrischen Antrieben inklusive Plug-ins und Brennstoffzelle, 1,2 Prozent reine EAutos).2 Allerdings ist die Tendenz stark steigend: Bei den Neuzulassungen liegt der Anteil der Elektrischen viel höher (Januar 2021: 13,5 Prozent).
Das Fazit Im Augenblick kann man annehmen, dass die Versorgung der EAutos mit Ladestationen genauso gut ist wie die der Verbrenner mit Tankstellen. Für die Zukunft ist entscheidend, ob die Ladeinfrastruktur stets mit den rasant steigenden Zahlen von ladewilligen Fahrzeugen Schritt hält. Tut sie das nicht, könnte der Frust aus den Warteschlangen dämpfend auf die Neuwagenbestellungen und damit auf die Entwicklung der EMobilität wirken. Aber in dieser Hinsicht gibt es leichte Entwarnung, einen entlastenden Faktor sozusagen: die Steigerung der Ladegeschwindigkeit – statt mit maximal 50 Kilowatt dürften künftige Modelle eher 150 bis 350 kW vertragen. Das reduziert Lade- und damit Blockierzeiten. Eine Ladestation kann dann in derselben Zeit drei- bis siebenmal so viele Fahrzeuge versorgen wie noch 2020. Früher hat man mal ein Verhältnis von 10:1 als guten Maßstab genommen – also für zehn E-Autos sollte wenigstens eine Ladesäule zur Verfügung stehen. Für das Jahr 2030 hat das Reiner-Lemoine-Institut ein Bedarfsverhältnis von 20:1 ermittelt – 14:1 im städtischen Bereich, 23:1 im ländlichen.3
Stromnetze werden mitwachsen müssen
Keine Frage: Der Strombedarf wird mit dem Umstieg auf Elektroautos im Allgemeinen steigen – irgendwoher muss die Energie ja kommen. Dass die Ladeinfrastruktur noch nicht so weit ausgebaut ist, wie sie könnte und später sein müsste, ist im vorigen Abschnitt zu lesen. Aber auch, dass 80 bis 90 Prozent aller Ladevorgänge derzeit zu Hause stattfinden – an der heimischen Wallbox oder gar an der haushaltsüblichen SchukoSteckdose. Da drängt sich gleich die nächste Frage auf: Sind denn die Stromnetze dafür ausgelegt?
Der Vorwurf Den Anfang aller Hiobsbotschaften machte eine Studie der TU München und der Unternehmensberatung Oliver Wyman 2018: Erreichte die E-Auto-Quote 30 Prozent, hieß es, dann wäre das hiesige Stromnetz im gegenwärtigen Zustand »flächendeckend überlastet« – zumindest, wenn viele der Nutzer gleichzeitig lüden.4 In einigen Orten mit hoher E-Auto-Dichte könne dies auch früher geschehen: »Bei einer Ortsnetzgröße von 120 Haushalten reichen bereits 36 Elektro-Autos aus, um das Netz lokal zu überlasten.« Viele Medien griffen diese Nachricht mit Schlagzeilen wie »Blackout-Gefahr durch Elektroautos«5 und »Wie Elektroautos die Stromversorgung gefährden«6 auf. Wieder einmal war es Professor Harald Lesch, der es in einer ZDF-Sendung »Terra X Lesch & Co.« auf die Spitze trieb: »Nehmen wir mal an, eine Million von den 54 Millionen Fahrzeugen … möchte schnell aufladen, weil die Leute nach Hause gekommen sind und demnächst irgendwo hinfahren wollen« – so war sein Szenario.7 Jedes Auto zöge 350 Kilowatt – mal eine Million mache zusammen 350 Gigawatt. Diese Leistung müsste ständig parat gehalten werden, auch wenn gar keine Autos laden. Und, so Lesch: »Aktuell liefert das gesamte deutsche Stromnetz durchschnittlich: 68,5 Gigawatt.« Das hieße: Wenn nur eine Million Autos in Deutschland um 18 Uhr schnell laden wollten, dann bräuchte man das Sechsfache der aktuellen Energiemenge.
Ganz klarer Fall für die Zuschauer: Das kann niemals reichen, das gibt einen Zusammenbruch des Stromnetzes – ein Horrorszenario, das sich in den Köpfen der Zuschauer festbrannte. Bis heute.
Die Fakten Der kleinste Irrtum bei Leschs Ausführung ist die Tatsache, dass es in Deutschland erst 47 Millionen Fahrzeuge gibt. Viel größer fällt ins Gewicht, dass zu Hause niemand mit 350 kW laden können wird, maximal mit 22 kW, in der Regel mit sehr viel weniger. Schnellladesäulen mit derartigen Leistungen werden erst einmal die Ausnahme an Fernstraßen bleiben – keine einzige wird in einer privaten Garage stehen. Die wenigsten Autos werden in absehbarer Zeit eine Leistung von 350 kW überhaupt abrufen können. Der dritte Denkfehler: Eine Million E-Autos starten genauso selten gleichzeitig ihren Ladevorgang, wie eine Million Autos zur selben Sekunde an den Tankstellen stehen – dann stünden an jeder Tankstelle Deutschlands 69 Autos Schlange. Man darf also nicht von einer Gleichzeitigkeit des Strombezugs ausgehen. Selbst die Autoren der TU-Studie hatten parallel schon die Lösung genannt: Die Nutzer müssten flexibel sein, sprich: akzeptieren, dass der Netzbetreiber die Ladevorgänge intelligent startet und stoppt. Denn dann »könnte ein Netzausbau vollständig überflüssig werden.«8 Das Fraunhofer-Institut hat eine andere Herangehensweise bei der Problematik: Es geht vom allgemeinen Strombedarf aus, ganz unabhängig von Ladezeiten: »Würden alle PKW in Deutschland als Batteriefahrzeuge fahren, dann stiege die Stromnachfrage um circa 20 Prozent.«9 Für 2030 seien sieben bis zehn Millionen EAutos in Deutschland prognostiziert – dadurch erhöhe sich die Stromnachfrage bis dahin nur um moderate 3 bis 4,5 Prozent. »Der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor liegt bei rund 30 Prozent, das heißt, nur 30 Prozent der E-Fahrzeuge laden gleichzeitig.« Bei einigen Stromverteilnetzen brauche es Anpassungen und
Mehrinvestitionen, »die sich allerdings in einem überschaubaren Rahmen halten«.
Das Fazit Schon jetzt gibt es Bestrebungen, auch die häusliche Ladeinfrastruktur durch die Netzbetreiber steuerbar zu gestalten, die Lasten so zu verteilen, dass Lastspitzen vermieden werden – geförderte Wallboxen müssen zumindest für diese Technik nachrüstbar sein. Letztlich wird es auch darauf hinauslaufen, dass das Ladeverhalten auch über die Strompreise gesteuert wird: Laden ist dann zum Beispiel in der Nacht günstiger als am Tag – wenn Strom sogar manchmal im Überfluss vorhanden ist. Die E-AutoBesitzer werden dankbar sein, wenn ein Computer den günstigsten Bezug automatisiert steuern kann. In einigen Gebieten mit veralteten Leitungen und Transformatoren werden die Betreiber die Stromnetze ausbauen müssen – das aber nicht nur für die Elektromobilität. Es ist ein über viele Jahre dauernder Prozess, bei dem die Netze mit dem steigenden Bedarf mitwachsen können.
E-Autos brennen nicht häufiger und lassen sich löschen Wer kennt das nicht? Kaum fängt irgendwo auf der Welt ein Tesla Feuer, geht ein Foto davon in den sozialen Medien viral, selbst Fernsehnachrichten berichten dann schon mal über ein einzelnes brennendes Auto in China – nur weil es ein Elektrofahrzeug oder zumindest ein Hybrid ist. Die Online-Kommentare lauten dann etwa so: »Da tickt eine Zeitbombe … Es fließen im Ernstfall Tausende Ampere Kurzschlussstrom, die metallisches Gerät augenblicklich flüssig werden lassen.«10 Die Akkus fingen aus heiterem Himmel heraus an zu brennen. Ist das wirklich so?
Der Vorwurf Der Übeltäter ist für Kritiker schnell ausgemacht: der Hochvoltakku in jedem E-Auto. Der gerate bei Überladung oder durch Kurzschlüsse bei mechanischer Deformation – also zum Beispiel bei einem Unfall – schnell in Brand. In einer Kettenreaktion durchlaufe das Feuer den gesamten Akku, sei von der Feuerwehr auf herkömmlichen Weg, also mit einem Wasserstrahl, nicht zu löschen. Es werde enorm heiß, giftige Chemikalien traten aus.
Die Fakten Zunächst einmal sind die Sicherheitsbestimmungen für alle Autos gleich, egal mit welchem Antrieb. Nur Fahrzeuge, die die gesetzlichen Vorschriften erfüllen, dürfen auch verkauft werden. Auch für E-Autos gilt, dass alle Komponenten »eigensicher« ausgelegt sind. Das heißt: Selbst bei einem Fehler oder Defekt darf von ihnen keine Gefahr ausgehen. Für E-Autos bedeutet das zum Beispiel: Im Falle eines Unfalls wird der Akku sofort von allen Hochspannungs-Elementen gekappt, sodass nirgends mehr Spannung anliegt.11 Trotzdem können aber Brände der Antriebsakkus vorkommen – zum Beispiel, wenn sich bei einem Unfall ein metallischer Gegenstand in die Zellenpakete bohrt. Es kommt zum Kurzschluss, dadurch zur Entzündung und schließlich steckt eine Zelle die nächste an – das nennt man dann einen Thermal Runaway (englisch: thermisches Durchgehen, Überhitzung einer exothermen chemischen Reaktion).
Das Fazit Die Selbstentzündung eines E-Autos ohne Einwirkung von außen ist allerdings extrem selten – genauso selten wie bei allen anderen Autos auch. Der Deutsche Feuerwehrverband schreibt selbst: »Die Entwicklung bei neuen Antriebstechniken wird von den Feuerwehren intensiv beobachtet. Die bisher bekannten Brandereignisse lassen nicht erkennen, dass sich das Risiko im
Vergleich zu den ohnehin schon vorhandenen Gefahren erheblich erhöht.« Und: »Das Sperren einer Garage für alternativ angetriebene PKW ist aus brandschutztechnischer Sicht … nicht angezeigt.«12 Das bestätigen auch Studien der TU Braunschweig von 2021.13 Tatsächlich sei das Brandrisiko aller Fahrzeuge gestiegen, egal mit welchem Antrieb – ganz einfach, weil die verbaute Masse mit den Jahren zugenommen hat und damit die Brandlasten größer geworden sind. Gleichwohl müssen sich aber die Feuerwehren auf die neue Technik ein- und umstellen. Denn mit den herkömmlichen Löschmitteln wie Wasserstrahl und Pulver bekommen sie Akkubrände von außen tatsächlich nicht in den Griff. Da braucht es ganz neue Ausrüstungen: Eine Möglichkeit ist zum Beispiel ein Container voller Wasser, in den das brennende Auto komplett getaucht wird. Die Flüssigkeit flutet dann auch den Akku und kühlt ihn dauerhaft herunter. Ein Container ist allerdings unpraktisch: Er muss zum Einsatzort geschafft werden, mit Löschwasser geflutet und der brennende Wagen muss per Kran hineingehoben werden – sehr langwierig und aufwendig. Währenddessen sind dann schon etliche Chemikalien aus dem Akku in die Umwelt ausgetreten. Als gute Alternative hat sich bereits die sogenannte Löschlanze bewährt: Sie wird mit Kraft in die Batterie gerammt. Damit wird anschließend der Akku von innen mit Wasser geflutet. Die rund 8000 Euro teure Lanze ist kleiner, leichter zu transportieren und somit schneller einzusetzen. Es bedarf allerdings spezieller Schulungen, damit die Feuerwehrleute auch genau wissen, wie die Lanze anzuwenden ist.14 Letztlich bilanziert Dipl.-Ing. Peter Bachmeier, Leitender Branddirektor und Vorsitzender des Fachausschusses Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz der deutschen Feuerwehren: »[Das Löschen] gestaltet sich unter Umständen etwas schwieriger als die Brandbekämpfung von herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen. Jedoch nicht komplexer oder
gefahrbringender als etwa ein Brand eines gasbetriebenen KFZ.«15
Brennstoffzelle hat im PKW keine Vorteile Ob in Wirtschaft, Politik, Zeitungsleserbriefen oder sozialen Medien: Wird das Thema E-Mobilität diskutiert, gibt es immer einen, der das Argument in den Raum wirft, es lohne sich doch gar nicht, in die Akkutechnik zu investieren, weil sie mit all ihren Problemen eh nur eine Zwischenlösung sein könne. Die Zukunft liege doch in der Brennstoffzelle und Wasserstoff als Energieträger! Im Politikersprech klingt das dann so: Die Bundesregierung solle »technologieoffene Politik betreiben, synthetische Kraftstoffe und die Brennstoffzelle sollten eine Chance bekommen«.16
Der Vorwurf Ja, E-Autos haben Nachteile: kurze Reichweiten bei geringen Akkukapazitäten, längere Ladestopps und zum Teil problematische Rohstoffbeschaffung und -entsorgung. All das ließe sich mit der Brennstoffzellentechnik stark reduzieren, weil der Strom zum Fahren aus grün produziertem Wasserstoff gewonnen würde, den man an Tankstellen so einfach und schnell nachtanken könnte wie Benzin oder Diesel (mehr zur Technik von Wasserstoff-Autos und Brennstoffzellen erfahren Sie in Kapitel 6 »Was Elektroautos ausmacht«, Abschnitt »Wasserstoffautos sind mit E-Autos verwandt«).
Die Fakten Tatsächlich ist ein Wasserstoffauto zunächst einmal nichts anderes als ein komplettes E-Fahrzeug mit Elektromotor und Akku, das durch eine Brennstoffzelle und einen Wasserstofftank ergänzt ist. Die Brennstoffzelle gewinnt Strom aus dem Wasserstoff und lädt den Akku, der als Zwischenspeicher dient,
kontinuierlich nach. Die Reichweite erhöht sich und der Akku kann wesentlich kleiner ausfallen als in reinen E-Fahrzeugen. Als Abfallprodukt entsteht wieder Wasser – es gibt sonst keine Emissionen. Das klingt doch gut, oder? Aber der Teufel steckt wie so oft im Detail. Zum Beispiel beim Tanken: Anfang 2020 gab es ganze 432 Wasserstofftankstellen – weltweit! Nur 330 davon waren öffentlich zugänglich. Zwar hat Deutschland mit 87 H2-Tankstellen einen großen Anteil an diesem weitmaschigen Netz, aber die sind nicht gleichmäßig verteilt: Bundesländer wie Sachsen-Anhalt, Thüringen, Saarland und Sachsen verfügten Anfang 2021 nur über null bis drei Stationen.17 Wenn Sie also Ihrer Frau zum Feierabend am Telefon sagen: »Schatz, ich fahre auf dem Heimweg noch kurz tanken«, dann könnte es durchaus sein, dass Sie sich erst zum Frühstück wiedersehen. Ein Grund für die spärliche Verbreitung ist das Henne-Ei-Problem, erst recht im Zusammenhang mit großen Kosten: Eine H2Zapfsäule kostet locker mal 1,2 bis mehr als 1,5 Millionen Euro – kein Pappenstiel, auch wenn der Bund den Bau mit fast 950.000 Euro fördert.18 Eine Schnellladesäule für E-Autos ist dagegen ab etwa 60.000 Euro zu bekommen, die Ladebox für zu Hause ab 600 Euro. Allerdings: Viele weitere Tankstellen sind geplant und es werden allmählich mehr. Ein Kilogramm Wasserstoff schlägt derzeit mit 9,50 Euro zu Buche – an allen öffentlichen H2-Tankstellen in Deutschland ist der festgesetzte Preis gleich und spiegelt in keiner Weise die tatsächlichen Kosten für Erzeugung, Transport, Steuern und Marge wider. Mit der per Brennstoffzelle daraus gewonnenen Energie kommt ein PKW im günstigen Fall rund 100 Kilometer weit, sprich: Diese 100 Kilometer kosten 9,50 Euro. »Damit sind die Kraftstoffkosten vergleichbar mit denen für einen durchschnittlichen Benziner mit einem Verbrauch von sieben Litern«, sagt das Unternehmen H2-Mobility selbst, das derlei Zapfsäulen in Deutschland aufbaut.19 Und dabei ist der Preis
schon subventioniert und die Rechnung von H2-Mobility orientiert sich eher am Idealfall, dass Sie mit einer verbrauchsarmen Fahrweise vertraut sind. Zum Vergleich: Mit 9,50 Euro für Ladestrom eines E-Autos kommen Sie meistens schon rund 140 Kilometer weit (bei einem angenommenen Preis von 0,39 Euro für eine kWh und einem Verbrauch von 17 kWh auf 100 Kilometern). Noch ein Problem mit der Wartezeit: »Ein durchschnittlicher Tankvorgang dauert nur etwa drei Minuten«20, verspricht H2Mobility. Also viel schneller als Stromladen. Der Anbieter behauptet, Wasserstoff werde so einfach wie Benzin getankt: »Tankklappe auf, Zapfventil ran, fertig. Der einzige nennenswerte Unterschied besteht im Aggregatzustand. Wasserstoff (H2) ist nicht flüssig, sondern gasförmig.« Das ist natürlich Wasser (oder Wasserstoff?) auf die Mühlen derjenigen, die möglichst überhaupt keine Veränderungen oder Einschränkungen erfahren möchten. Dabei hat das Drei-Minuten-Versprechen schon einen gravierenden Haken: Es gilt nur für einen Kunden – nämlich den ersten an der Zapfsäule. Schon der zweite muss warten, bis wieder Druck aufgebaut ist. Denn für den Tankvorgang muss der Wasserstoff auf 700 bar hochgepumpt werden – in wenigstens weiteren fünf Minuten. Außerdem muss die vereiste Zapfpistole abtauen – mehr als sechs Autos pro Stunde kann eine solche Tankanlage mit der derzeitigen Technik nicht abfertigen.21 Das sind alles Widrigkeiten, die den ungeduldigen Nutzer betreffen – es gibt weitaus schlimmere, global wirkende: Das allergrößte ist in der Herstellung des Wasserstoffs zu finden. Das Molekül H2 ist zwar im Überfluss auf der Erde vorhanden, aber in der Regel nicht allein. Es kann zum Beispiel aus Wasser (H2O) mittels der Elektrolyse vom Sauerstoff (O) getrennt werden. Aber dazu braucht es Energie, und zwar in derselben Form wie beim Laden eines E-Autos: Strom. Das allgemeine Ziel ist es, grünen Wasserstoff zu verwenden: Das heißt, dieser Strom müsste mit Wind- oder Wasserkraftwerken gewonnen werden, aus Photovoltaik- oder
Biogasanlagen. Die Klimabilanz wäre also wie bei E-Autos sehr gut, weil kein zusätzliches CO2 in die Atmosphäre entlassen würde. Dennoch gibt es einen erneuten Haken: Bei der Brennstoffzelle geht durch Elektrolyse, Wasserstofflagerung und -transport, Verdichten beim Tanken, Stromerzeugung in der Brennstoffzelle und letztlich bei der Zwischenspeicherung im Lithium-Ionen-Akku viel Energie verloren. Von 100 Kilowattstunden, die beispielsweise ein Windkraftrad erzeugt, kann das H2-Auto nachher nur noch etwa 30 Kilowattstunden für die Fortbewegung verwenden.22 Man spricht dabei vom Wirkungsgrad Well to Wheel, also von der Energiegewinnung bis zur Fahrt auf der Straße (englisch: vom Bohrloch bis zum Rad). In diesem Fall sind es also nur 30 Prozent. Zum Vergleich: Reine E-Autos verlieren kaum Energie beim Stromtransport, fast nur beim Speichern und Entladen im Akku – und letztlich bleiben je nach Modell 70 bis 80 Prozent der ursprünglichen Energie zum Fahren. Fakt für heute ist zudem, dass der meiste Wasserstoff zurzeit noch gar nicht aus erneuerbaren Energien hergestellt wird – da ist die Quote noch schlechter als beim deutschen Strommix. Standard ist in Deutschland immer noch die Herstellung aus Erdgas (48 Prozent), also aus einem fossilen Energieträger – ganz einfach auch, weil es mit einem Euro pro Kilogramm eine sehr günstigste Methode ist.23 Auf den Plätzen zwei und drei folgen die Herstellung aus flüssigen Kohlenwasserstoffen (30 Prozent) und aus Kohle (18), ebenfalls fossil. Nur vier Prozent werden derzeit per Wasserelektrolyse gewonnen – allerdings mit Tendenz nach oben. Preis pro Kilogramm: sechs bis zehn Euro. Auch die Reformierung aus Biogas ist möglich.
Das Fazit Neuwagen- und Kraftstoffpreis allein dürften kein ausreichender Anreiz für die Autofahrer sein, sich künftig ein Wasserstoff-Auto zu kaufen – es spart kein Geld, auch nicht, wenn Benzin und Diesel im Zuge der CO2-Abgaben immer teurer werden.
Das grundsätzliche Problem ist aber der Energiehunger der Brennstoffzellen-Technik. Jetzt mögen Sie sagen: Ist doch egal, Wind und Sonne kosten doch nichts! Es ist jedoch ein Unterschied – auch finanziell – ob Sie drei Windkrafträder statt eines aufbauen und betreiben müssen oder ob Sie Ihr Dach mit einer dreimal größeren Photovoltaikanlage eindecken müssen. Selbst die Wasserstoff-Befürworter ahnen, dass der Ökostrom aus Deutschland dafür gar nicht reicht. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sagte deshalb Anfang 2020: »Meine Idee ist, dass wir bis 2050 unseren Energiebedarf zu über 50 Prozent aus importiertem, nachhaltig erzeugtem Wasserstoff decken werden. Rund 25 Prozent werden wir nach Expertenberechnungen aus heimischen Wind- und Solaranlagen gewinnen können.«24 Den Rest des mit Sonnenenergie in Nordafrika produzierten Wasserstoffs sollen dann Tankschiffe um den Kontinent herum nach Norddeutschland schippern, bevor er per LKW und Bahn zu den Tankstellen verteilt wird. Vorteil: In Nordafrika ließe sich Wasserstoff günstiger als in Europa herstellen, die Sonneneinstrahlung ist dort intensiver, Grundstückspreise niedriger, Einwände von Bevölkerung und Verwaltungen kaum zu erwarten. Der Energieaufwand für den Transport dürfte jedoch steigen und somit den Gesamtwirkungsgrad verschlechtern. Und günstiger wird es für den Endverbraucher dann auch nicht: »Im Durchschnitt erhöht allein der Schiffstransport die Gesamtkosten um 50 bis 150 Prozent.«25 Viel schlimmer aber wiegt wohl die erneute Abhängigkeit von Staaten außerhalb des Kontinents: Wer weiß schon, ob im Land der Wasserstoffträume in zehn Jahren noch stabile politische Verhältnisse herrschen? Experten sind sich einig: Die Brennstoffzelle hat in PKW keine entscheidenden Vorteile, eine größere Reichweite wiegt die Nachteile nicht auf. Man sollte Wasserstoff allerdings auch nicht schlechtreden, er hat durchaus seine Daseinsberechtigung: H2O wird in Zukunft sicher eine zunehmende Rolle als Energiespeicher
spielen – zum Beispiel ortsgebunden und überall, wo Akkus zu groß und zu schwer sind – also zum Beispiel in LKW, Linien- und Reisebussen sowie in Schiffen, die lange Strecken fahren müssen, sowie in der Luftfahrt. Ergo: Wo Akkus wegen ihres Gewichts und ihrer Größe schlecht einzusetzen sind, macht Wasserstoff mit seiner höheren Energiedichte durchaus Sinn. Dann rechtfertigen sich auch höhere Preise. Bei der Stahlherstellung gibt es vermutlich in der Zukunft gar keine andere Alternative, als auf Wasserstoff zurückzugreifen, soll irgendwann klimaneutral produziert werden.26
Warum gibt es immer noch keine E-Autos mit Wechselakkus? Die Idee klingt eigentlich gut: Wenn das Laden eines Fahrzeugs zu lange dauert, dann könnte man alternativ lauter Stationen aufbauen, an denen die Autos in viel kürzerer Zeit den kompletten Akku gegen einen vollgeladenen austauschen. Wie Pfandflaschen im Getränkemarkt wechselt man einfach leer gegen voll und bezahlt nur für die Füllung – also für die Strommenge.
Der Vorwurf Fans der Wechselakku-Technik empfehlen, statt in Tausende von Ladestationen zu investieren, an denen die Autofahrer wertvolle Stunden ihres Lebens mit Warten verschwenden, sollten an den Hauptverkehrsadern besser Wechselstationen aufgebaut werden. Mit einem entsprechenden Netz und einer Einigung auf StandardAkkus und Wechseltechnik könnten die Menschen mit E-Autos auch sehr lange Strecken ohne lange Pausen unterwegs sein, wie heute mit Verbrennern.
Die Fakten
Das Startup Better Place mit Sitz in Palo Alto (USA) hatte sich ab 2007 dieser Mammutaufgabe gestellt und in Israel vollautomatische Test-Wechselstationen aufgebaut – für umgerechnet rund zwei Millionen Euro pro Stück. Gegen eine Flatrate von 200 Euro monatlich sollten die Mitglieder unendlich viele Akkus wechseln dürfen. Doch der Erfolg blieb aus, Better Place ging bereits 2013 Pleite, alle Stationen wurden stillgelegt. Das lag nicht nur daran, dass es damals noch nicht genug Interessenten für E-Autos im Allgemeinen gab, sondern es fanden sich auch keine Hersteller, die tatsächlich Fahrzeuge mit Wechselmöglichkeiten bauen wollten. Allein Renault hatte von seinem Modell Fluence eine Version mit dieser Technik angeboten.27 Davon waren in Israel nachher tatsächlich 940 unterwegs, aber das reichte nicht für ein weltumspannendes Wechselakku-Unternehmen. Der chinesische Hersteller Nio verkündete 2018 einen Neustart und wollte bis 2020 rund 1100 Batteriewechselstationen entlang der Transitroute von Nord- nach Südchina bauen. Auch in Europa und USA wollte das Unternehmen einsteigen. Der Tausch im »Akku-Drive-Inn« sollte nur zwei Minuten dauern und die Fahrerin oder der Fahrer müssten dabei nicht einmal aussteigen.28 Anfang 2020 waren es dann gerade 158 Stationen in mehr als 50 Städten, die tatsächlich installiert waren.29
Das Fazit Die Probleme, die Nio am Anfang bremsten, hatten mit Better Place eins gemein: Kein Hersteller will sich mit anderen auf einen Akku-Standard einigen. Denn die anderen chinesischen Hersteller Changan New Energy und Geely setzen auch auf Tauschbatterien, die sind aber nicht Nio-kompatibel. Nun entbrennt zwischen diesen drei Anbietern ein Wettkampf, wer wohl die schnellsten Wechselstationen mit den größten Akkuvorräten baut.30 Solange der nicht entschieden ist, wird wohl keine Technik nach Europa herüberschwappen.
Abbildung 20.1: Eine ehemalige Akkuwechselstation von Better Place in Katzrin/Israel. Quelle: Silberstein nach Vorlage von Eli Berckovitz, CC BY-SA 3.0
Die Hersteller müssten sich nicht nur auf einheitliche Größenformate und Einschubtechnik einigen, sondern auch auf identische Akku-Leistungsmerkmale – sprich: Akku-Kapazität, Spannung, flüssigkeitsführende Kühlung und Heizung. Jedoch gehören ja gerade die Akku-Spezifika zu den größten Verkaufsargumenten eines Herstellers – wer will da zurückstecken? Und die Entwicklung gerade bei den Batteriezellen und in den E-Auto-Designs schreiten so schnell voran, dass ein Standard schon nach kurzer Zeit veraltet wäre. Ein schönes Zitat, das angeblich von einem Entwicklungsingenieur eines großen deutschen Automobilherstellers stammen soll, hat Dirk Baranek 2015 auf Mobilegeeks.de veröffentlicht: »Stellen Sie sich einmal vor, alle konventionellen Autos hätten den gleichen Motor. So wäre das
dann mit den Austausch-Akkus. Will keiner, macht keiner, wird nicht kommen …«31
Bisher ist noch kein E-AutoFahrer im Stau erfroren Jedes Jahr beim ersten Schneefall gehen diese Bilder durch die sozialen Medien: Eingeschneite Autos stehen im Stau und die Texte dazu suggerieren, dass die Insassen von E-Autos nun dem Schicksal erliegen müssten, in ihren Autos zu erfrieren.
Der Vorwurf Der Grund für solche Sorgen liegt in der weitverbreiteten Reichweitenangst beim Fahren von E-Autos. Wenn man annimmt, dass jede Tour mit einem Stromer immer knapp bis zur nächsten Ladesäule kalkuliert ist, kann man zu dem Schluss kommen, dass der Strom im Akku bei unvorhergesehenen Ereignissen wie einem Stau dann doch nicht mehr reichen könnte. Erst recht, wenn man wie aus Kapitel 16 »Den Stromverbrauch hat der Fahrer im Griff«, Abschnitt »Die Akku-Energie ist nicht nur zum Fahren da« weiß, dass gerade die elektrische Heizung ein großer Energiefresser ist. Und ist der Akku erst einmal leer, gibt es weder für Heizung noch zum Fahren genügend Saft.
Die Fakten Zunächst einmal: Bisher ist noch kein E-Auto-Fahrer in einem Stau erfroren. Man kann sich leicht ausrechnen, warum die Insassen bei einem Winterstopp nicht gleich dem Tod geweiht sind. Die normalen Heizungen in E-Autos benötigen laut ADAC im Schnitt bis zu zwei Kilowatt (kW). Das heißt, nach einer Stunde Laufzeit hätte sie den Akku-Ladestand um zwei Kilowattstunden (kWh) verringert. Hier handelt es sich aber um Durchschnittswerte. In der Realität sieht es so aus, dass die Heizung anfangs sogar bis zu 3,7 Kilowatt benötigt, aber herunterschaltet, sobald der Innenraum
aufgewärmt ist. Danach wird nur noch so viel Energie benötigt, wie durch Lüftung und Abkühlung an Scheiben und Blech verloren geht – nach Angaben des Energiebetreibers EON 30 bis 50 Prozent der Maximalleistung, sprich 1,1 bis 1,8 Kilowatt. Fahrzeuge mit Wärmepumpe sind noch besser dran: Die brauchen für die Heizung nur bis zu 0,6 Kilowatt.
Das Fazit Selbst in Elektroautos mit herkömmlicher Heizung haben Sie im Winterstau gute Überlebenschancen. Nehmen wir mal den ungünstigen Fall an, Ihr Wagen hat nur eine Akkukapazität von 36 kWh und Sie geraten mit halb vollem Energiespeicher (18 kWh) in den Stau. Dann können Sie ohne Panik mehr als fünf Stunden bei wohliger Wärme im Auto verharren und haben anschließend immer noch genug Strom, um die nächste Ladesäule im Umkreis von 50 Kilometern zu erreichen. Mittlerweile haben neuere E-Autos aber schon viel größere Akkus mit Kapazitäten von 45 kWh und mehr. Grob gerechnet reichen alle 10 kWh mehr an Akku für weitere fünf Stunden im Stau. Sie wollen noch ein Beispiel? Kein Problem: Nehmen Sie einen Wagen mit besagten 45 kWh Akku und Wärmepumpe! Geraten Sie damit bei halb vollem Akku ans verschneite Stauende, dann können Sie erst einmal für bis zu 24 Stunden ein Nickerchen im Warmen einlegen, bevor es weitergeht. Der ADAC hat das Szenario mit zwei Autos bei -9 bis -14 Grad Celsius Außentemperatur in der Nacht und einer Fahrzeuginnentemperatur plus Sitzheizung mal durchgetestet.32 Das Ergebnis: Der Renault Zoe hatte nach dem Zwölf-StundenTest etwa 70 Prozent des 52 kWh großen Akkus verbraucht, der VW-eUp! (32,3 kWh) rund 80 Prozent. Ersterer hatte im Schnitt rund 3 kW benötigt, Letzterer etwa 2 kW. Sie können auch im Winterstau etwas zusätzliche Energie aus dem Wagen kitzeln, um länger durchzuhalten:
Regeln Sie die Heizung auf die niedrigste für Sie noch angenehme Temperatur. Statt molliger 26 Grad Celsius reichen sicherlich auch 22 Grad. Stellen Sie die Heizung auf Umluft um, dann wird keine warme Luft nach außen gepustet. Vermutlich beschlagen dann die Scheiben, aber das ist im Stau verkraftbar (es sei denn, Sie beobachten gern die Menschen im Nachbarauto). Verwenden Sie eher die Sitzheizung, die braucht weniger Energie als die Raumluftheizung. Ziehen Sie sich eine Jacke an oder legen Sie sich eine Decke um. Halten Sie Türen und Fenster möglichst geschlossen, damit keine Wärme entweicht. Schalten Sie unnötige Stromverbraucher aus – insbesondere Scheiben- und Außenspiegelheizung sowie Abblendlicht –, lassen Sie aber die Standlichtbeleuchtung aus Sicherheitsgründen an.
Größere Autos haben auch eine größere Außenfläche und mehr Luftvolumen im Innern. Die Wärmeverluste sind dann größer. Auch Autos mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren kann im Winterstau schnell die Puste ausgehen, wenn der Tank nicht voll genug ist.
Anmerkungen 1 Alexander Windt und Oliver Arnhold (RLI): »Ladeinfrastruktur nach 2025/2030: Szenarien für den Markthochlauf«, Studie des Reiner Lemoine Instituts im Auftrag des BMVI, Berlin 2020. 2 Kraftfahrt-Bundesamt: »Elektromobilität in Deutschland auf der Überholspur«, Pressemitteilung Nr. 01/2021,
www.kba.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/Allgemein/pm 01_2021_E_Antrieb.html
3 Ebd. 4 Gunther Friedl, Friedrich Walcher, Jörg Stäglich, Thomas Fritz, Dennis Manteuffel: »Blackout – E-Mobilität setzt Netzbetreiber unter Druck«, Oliver Wyman/TU München, 2018, www.oliverwyman.de/content/dam/oliver-wyman/v2de/publications/2018/Jan/2018_OliverWyman_EMobilityBlackout.pdf
5 Jürgen Flauger/Franz Hubik: »Blackout-Gefahr durch Elektroautos«, Handelsblatt-Online, 21.1.2018, www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/boom-belastetstromnetz-blackout-gefahr-durchelektroautos/20866160.html?ticket=ST-9907132yd1ZsECBuxhfe0MMExKv-ap4
6 Ralph Diermann: »Wie Elektroautos die Stromversorgung gefährden«, Sueddeutsche.de, 29.10.2018, www.sueddeutsche.de/wissen/elektroautos-blackoutstromnetz-1.4189454
7 ZDF-Sendung »Terra X Lesch & Co. – Brennstoffzelle im Auto: Besser als Lithiumakkus?«, 2019, www.youtube.com/watch?v=TswNLBnAPjU
8 Friedel, Walcher u.a., ebd. 9 Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI: »Batterien für Elektroautos: Faktencheck und Handlungsbedarf«, S. 19. 10 BR24: »Wie gefährlich sind Brände bei E-Autos wirklich?«, 26.1.2020, www.br.de/nachrichten/wissen/wie-gefaehrlichsind-braende-bei-e-autos-wirklich,RoPFuv7
11 ADAC: »Wie sicher sind Elektroautos bei Brand, Unfall oder Panne?«, 18.2.2021, www.adac.de/rund-ums-
fahrzeug/elektromobilitaet/info/sicherheit-elektroauto/
12 Deutscher Feuerwehrverband: »Keine erhöhte Brandgefahr durch in Tiefgaragen abgestellte Elektrofahrzeuge«, 22.2.2021, https://www.feuerwehrverband.de/keine-erhoehtebrandgefahr-durch-in-tiefgaragen-abgestellteelektrofahrzeuge/?fbclid=IwAR0UJZX541lT9iVARpXjT8mFcg3VXUQnYRLpobLOpQBNJhWKQXlMSDAVb4
13 Deutsche Wirtschaftsnachrichten: »Neue wissenschaftliche Erkenntnisse: Fangen E-Autos tatsächlich schneller an zu brennen?«, https://deutsche-wirtschaftsnachrichten.de/511269/Neue-wissenschaftlicheErkenntnisse-Fangen-E-Autos-tatsaechlich-schneller-an-zubrennen
14 Bettina Stenftenagel: »Wendeburger Spezialisten für Batteriebrände«, Peiner Nachrichten vom 21. Januar 2021. 15 Deutscher Feuerwehrverband, ebd. 16 Wie es zum Beispiel die FDP stets fordert: www.fdp.de/mobilitaet_e-autogipfel-einspurige-foerderungist-ein-irrweg,
vom 4.11.2019, am 21.12.2020.
17 Vgl. Ecomento.de: »Deutschland jetzt mit 87 WasserstoffTankstellen«, ecomento.de/2020/02/20/wasserstofftankstellen-karte-deutschland-2019/, am 18.12.2020. 18 Vgl. Website der Stadt Siegen: »Erste Wasserstoff-Tankstelle der Region in Siegen eröffnet« vom 24.6.2019, www.siegen.de/willkommen/detailansicht-news/news/erstewasserstoff-tankstelle-der-region-in-siegen-eroeffnet/, am 18.12.2020;
Braunschweiger Zeitung: »Braunschweigs erste Wasserstofftankstelle ist am Start«, vom 12.11.2020, www.braunschweigerzeitung.de/braunschweig/article230903704/Braunschweigserste-Wasserstoff-Tankstelle-ist-am-Start.html, am 18.12.2020.
19 H2-Mobility-Homepgae, https://h2.live, am 21.12.2020. H2Mobility ist zusammen von Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total gegründet worden, BMW, Honda, Hyundai, Toyota und Volkswagen sowie die Now GmbH (Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie) sind eigenen Angaben zufolge assoziierte Partner. 20 H2-Mobility GmbH: »Wir können Wasserstoff«, Broschüre, September 2020, https://content.h2.live/app/uploads/2020/09/H2M_Broschuer e_A5_Deutsch_2020-09-17.pdf, am 21.12.2020.
21 Vgl. Josef Reitberger: »Wasserstoff-Autos: Darum hat die Technologie keine Chance gegen Akkus«, vom 3.12.2020, efahrer.chip.de/e-wissen/wasserstoff-autos-darum-hat-dietechnologie-keine-chance-gegen-akkus_101550, am 27.12.2020.
22 Volkswagen-AG: »Wasserstoff oder Batterie? Bis auf Weiteres ein klarer Fall«, www.volkswagenag.com/de/news/stories/2019/08/hydrogen-orbattery—that-is-the-question.html#, am 8.1.2021.
23 Viele Quellen beziehen sich bei diesen Angaben auf das Standardwerk von Michael Sterner und Ingo Stadler: »Energiespeicher – Bedarf, Technologien, Integration«, 2. Aufl., 2017; vgl. Elektroauto-News.net: »Wasserstoff-Basics: Wie kann man Wasserstoff herstellen?« vom 14.12.2020, www.elektroauto-news.net/2020/wasserstoff-basics-wiekann-man-wasserstoff-herstellen, am 8.1.2021;
vgl. EUWID – Neue Energien: »Wie wird Wasserstoff hergestellt?«, www.euwid-energie.de/wie-wird-wasserstoff-hergestellt, am 8.1.2021. 24 Zitiert in Joachim Becker: »Welcher Antrieb ist der Beste?«, Süddeutsche Zeitung online vom 12.2.2020, www.sz.de/1.4779319, am 21.12.2020; Ähnlich auch in Veit Medick und Gerald Traufetter: »Wasserstoff ist das Öl von morgen«, Spiegel-Online vom 24.01.2020,
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anjakarliczek-cdu-wasserstoff-ist-das-oel-von-morgen-a00000000-0002-0001-0000-000169122934, am 21.12.2020.
25 Steffen Bukold: »Kurzzeitstudie: Blauer Wasserstoff – Perspektiven und Grenzen eines neuen Technologiepfades«, Greenpeace Energy, 01/2020, www.greenpeaceenergy.de/fileadmin/docs/publikationen/Studien/blauerwasserstoff-studie-2020.pdf
26 Vgl. Deutsche Welle: »Der lange Weg zum grünen Stahl«, vom 26.7.2019, www.dw.com/de/der-lange-weg-zumgr%C3%Bcnen-stahl/a-49752965, am 10.1.2021. 27 Vgl. Wikipedia: Better Place, de.wikipedia.org/wiki/Better_Place, am 18.1.2021.
28 Vgl. Holger Holzer: »Die Rückkehr des Wechselakkus«, auf Zeit-Online vom 10.12.2018, https://www.zeit.de/mobilitaet/2018-12/elektromobilitaetwechsel-akkus-elektroauto-rueckkehr-zukunft, am 18.1.2021.
29 Vgl. »Better Place 2.0 – der chinesische Hersteller Nio setzt auf Wechselakkus«, auf Pressebox.de, www.pressebox.de/inaktiv/berylls-strategy-advisorsgmbh/Better-Place-2-0-der-chinesische-Hersteller-Niosetzt-auf-Wechselakkus/boxid/1034157,
vom 18.1.2021.
30 Vgl. »NIO, Geely und Changan New Energy im Kampf um Akku-Wechselzeiten« auf Elektroauto-News.net vom 28.10.2020, https://www.elektroauto-news.net/2020/niogeely-changan-new-energy-kampf-akku-wechselzeiten, am 18.1.2021. 31 Dirk Baranek: »Wechselakkus bei Elektroautos: Das Konzept ist tot«, Mobilegeeks.de, vom 20.1.2015, https://www.mobilegeeks.de/artikel/wechselakkus-beielektroautos-das-konzept-ist-tot, am 18.1.2021.
32 ADAC: »Kältetest E-Auto: Wie lange halten Elektroautos im Stau durch?«, 12.2.2021, https://www.adac.de/rund-umsfahrzeug/elektromobilitaet/info/haertetest-winter-stau/
Teil VI
Der Top-Ten-Teil
IN DIESEM TEIL … Die zehn besten Smartphone-Apps für E-Auto-Fahrer Die zehn nützlichsten Internetseiten Weitere digitale Schätze zum Thema E-Mobilität
Kapitel 21
Dreimal zehn Hilfen rund um das E-Auto IN DIESEM KAPITEL Zehn Apps, die Ihnen helfen könnte Zehn spannende Internetseiten zum Stöbern
Es gibt viele hilfreiche Smarthpone-Apps, Internetmagazine und Downloads rund um das E-Auto. In diesem Kapitel habe ich Ihnen jeweils meine zehn Favoriten aufgelistet.
Smartphone-Apps helfen beim Suchen und Finden Abetterrouteplanner (ABRP): Routenplaner mit automatischer Ladestationssuche AirElectric: Ladestationsfinder mit Daten von Goingelectric.de sowie Live-Daten der Verfügbarkeit und vermutlicher Preisentwicklungen EVMap: Ladestationsfinder mit Daten von Goingelectric.de sowie Live-Daten der Verfügbarkeit Next Plug: Ladestationsfinder mit Daten von Goingelectric.de Ladefuchs: Welche Ladekarte ist an Ladestation X gerade die günstigste Wahl? Angabe für AC und DC getrennt. Chargeprice: Preisberechnung für gewählte Ladestationen wie auf der gleichnamigen Internetseite
&Charge: Bei Online-Käufen bei zig Anbietern sammelt man keine Punkte, sondern Kilometer fürs E-Auto. Die kann man dann beim Laden an einer Bezahlsäule wieder einlösen. Man kann sogar seine heimische Wallbox in das System integrieren und so anderen Fahrern eine zusätzliche Lademöglichkeit bieten. EValuation: Android-App zur virtuellen Reichweiten-Überprüfung mit beliebigen Fahrzeugen. Klärt die Frage: Käme ich mit einem E-Auto im Alltag zurecht? YubeeundEQ Ready App: Ähnlich wie EValuation
Diese zehn Internetseiten elektrisieren www.goingelectric.de:
Umfassendste Datenbank mit aktuellen Störungsmeldungen von Usern abetterrouteplanner.com:
Routenplaner mit automatischer
Ladestationssuche www.emobly.com/de:
Online-Magazin mit nützlichem Ladekarten-
Kompass www.ecomento.de:
Online-Magazin mit Modellverzeichnis
www.electrive.net:
Branchendienst der Elektromobilität mit Nachrichten, Terminen und Jobmarkt efahrer.chip.de:
Online-Magazin der Chip-Redaktion mit News
und Tests www.e-autos.de:
Autobörse mit Modellübersicht über mögliche Gebrauchtfahrzeuge www.e-stations.de:
Online-Magazin mit Modellverzeichnis und Kosten-Vergleichsrechner zwischen E- und VerbrennerFahrzeugen chargeprice.app:
Was kostet das Laden an einer bestimmten Ladesäule? Die Seite berechnet verschiedene Ladekarten mit den
Daten des eigenen Fahrzeugs durch. www.zugwagen.info:
Online-Rechner für die Eignung von Gespann-
Kombinationen
Weitere zehn digitale Schätze Interessengemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU). Sie bietet Workshops zum Selbstbau einer förderfähigen Wallbox an, die auch mit jeder beliebigen Photovoltaikanlage zum Überschussladen kombiniert werden kann: www.i-feu.de Ladescheibe zum Selberbasteln: www.ratgeberelektroautos.de/download/Ladescheibe_Ratgeber_Elektroautos.pd f
Musterschreiben des ADAC für Mieter an Vermieter zur Installation einer Wallbox: https://bit.ly/3lcLPaB Notfall-Rettungsdatenblätter für viele verschiedene E-Autos: https://rettungskarten-service.de/rettungskartenelektroautos/ www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/unfall-schadenpanne/rettungskarte/
Dokumentarfilm »Warum das Elektroauto sterben musste« des Autors und Regisseurs Chris Paine von 2006 über die Geschichte des E-Autos von General Motors, EV1: https://vimeo.com/281506059#
Erklärvideo: »Wie funktioniert ein Elektroauto?« Am Beispiel eines Tesla Model S: https://www.youtube.com/watch?v=RB-TeOTxqkY Broschüre des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, »Wie umweltfreundlich sind Elektroautos? Eine ganzheitliche Bilanz«:
https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/elek troautos_bf.pdf
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle: für die Beantragung von Umweltboni beim Kauf von E-, WasserstoffAutos sowie Plug-in-Hybriden: www.bafa.de Kreditanstalt für Wiederaufbau: Fördergeld für private Wallbox: www.kfw.de/zuschussportal
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1.1: Tesla-Chef Elon Musk. Abbildung 2.1: Fahrzeuge wie der Smart Fortwo – hier eine Designstudie des EQ Fortwo – sind keine Raumwunder und eher als kleine Stadtflitzer konzipiert. Abbildung 3.1: Der Lohner-Porsche Mixte von 1899 war der erste Hybrid-PKW der Welt, obendrein der erste Wagen mit Allradantrieb. Ferdinand Porsche hatte dafür die Radnabenmotoren entwickelt. Abbildung 5.1: So funktioniert eine Wärmepumpe. Abbildung 6.1: Der BMW i8 von 2013 ist ein Plug-in-Hybrid, und zwar ein paralleler: Der Ottomotor treibt die Hinterräder an, der EMotor die Vorderräder. Abbildung 6.2: Aufbau eines Autos mit Brennstoffzelle. Abbildung 7.1: Das Funktionsprinzip eines GleichstromElektromotors. Der Wechsel des Magnetfeldes wird über Schleifringe und -kontakte erzeugt. Abbildung 7.2: Elektromotor der Zulieferfirma Aisin mit Übersetzungsgetriebe auf der Mondiale Paris Motor Show 2018. Abbildung 7.3: Aufbau eines Lithium-Ionen-Akkus. Abbildung 7.4: Beim Fahren, also beim Entladen des Akkus, wird chemisch gespeicherte Energie in elektrische gewandelt. Abbildung 7.5: Beim Aufladen des Akkus wird aus elektrischer Energie wieder chemisch gespeicherte. Abbildung 8.1: Die vier gängigsten Steckervarianten. Abbildung 9.1: Der Trend geht zu Ladeparks wie diesen von Fastned, die gleich mehrere Schnellladestationen an einem Ort parat halten. Die können auch mit verschiedenen Karten und Apps aktiviert werden, doch die Preise können je nach Bezahlart verschieden sein.
Abbildung 10.1: Was tun, wenn das Auto den Ladestecker nicht wieder hergibt? Auf keinen Fall Gewalt anwenden! Abbildung 10.2: Supercharger der Firma Tesla bei Rhüden an der A7. Abbildung 11.1: So berechnen Sie die nötige Leistung Ihrer Wallbox. Abbildung 11.2: Auch wenn es harmlos erscheint: Kommunen geben in der Regel nicht ihr Einverständnis dafür, dass Ladekabel über Fußwege oder durch die Luft geführt werden. Abbildung 11.3: Beim Induktionsladen müssen die Spulen nach dem Parken exakt übereinanderliegen. Dieser Prototyp eines Induktionsladers wurde 2011 bei der Tokyo Motor Show gezeigt. Abbildung 11.4: Die Ladebox des Vereins IFEU und der dazu gehörige PV-Manager können von jeder beliebigen Photovoltaikanlage den Überschussstrom errechnen und damit das E-Auto laden. Die helle Linie des Diagramms zeigt die Leistung aus Sonneneinstrahlung, die dunklere darüber die entsprechend angepasste Ladeleistung, unten den Verbrauch im Haus. Screenshot: Silberstein Abbildung 12.1: Nach etlichen Ladezyklen können die Akkuzellen unterschiedlich stark geladen sein. Abbildung 15.1: Schon der EV1, den Generel Motors von 1996 bis 1999 anbot, zeigte die Wichtigkeit der Aerodynamik bei E-Autos. Der Wagen hat einen der niedrigsten Widerstandsbeiwerte (cwWert) von Serienfahrzeugen: 0,195. Abbildung 18.1: Wenn man schon Vergleiche zwischen den verschiedenen Antriebssystemen anstellt, dann müssen sämtliche Energieaufwendungen mit einbezogen werden, also »Well to Wheel«. Datenquelle: Well-To-Wheels-Report Version 4.1 European Commission, 2014. Grafik: Gregor Hagedorn (htc1977), CC-BY 4.0 Abbildung 19.1: Das Lithium-Dreieck (»The Lithium Triangle«) erstreckt sich über die südamerikanischen Länder Bolivien,
Argentinien und Chile. Abbildung 20.1: Eine ehemalige Akkuwechselstation von Better Place in Katzrin/Israel.
Stichwortverzeichnis A Abschleppen 151 Aerodynamik. siehe Luftwiderstand Akku 71 als Hausspeicher 119 Entsorgung 161 Leistung 75 Lithium-Ionen-Akkus 121 Akkumiete 52 Amnesty International 164 Anhänger 7, 141 App 92, 95 Ladekarte 195 Ladestationsfinder 195 Preisberechnung 195 Reichweitenüberprüfung 196 Routenplaner 195 Arbeitsplätze 170 Asynchronmotor 69 Atacama-Wüste 166 Automatikgetriebe 59, 129 AVAS. siehe Warngeräusch
B
Balancing 122 Batterie. siehe Akku Batteriemanagementsystem 124 Batteriezellherstellung 156 Bidirektionales Laden 119 Blockiergebühr 91 Brand. siehe Feuer Bremsscheibe 149 Brennstoffzelle 53, 64, 182 siehe Wasserstoffauto Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle 45
C Cabrio 6 CCS 3, 83 Chademo 83
D Degradation 76 Destinationcharger 102 Dienstwagen 42, 49 Dieselfahrverbot 3 Dieselskandal 170 Drehmoment 131 Drehstrom 82, 107 Dynamo 133
E
Eigentumswohnung 113 E-Kennzeichen 53 Elektrode 71 Elektrolyse 64 Elektrolyt 86 Elektromagnet 68 Elektromobilität Nachteile 4 Nationaler Entwicklungsplan 45 Elektromotor 61, 67, 133 Elektron 72 Energie sparen 142
F Fahrprofil 1, 8, 43 Fehlerstrom-Schutzschalter 109 Feststoffbatterie 75 Feuer 180 Finanzamt. siehe KFZ-Steuer Fördergeld 45, 172, 197 Beantragung 47 Programm 45 Wallbox 48 Frunk 77
G
Gebrauchtwagen 46 Gleichstrom 69, 82
H Handschaltung 131 Heizspirale 53 High-Power-Charger 103 Höhenenergie 140 Hybrid Micro 62 Mild 62 parallel 62 seriell 62, 64 Hypermiling 147
I Induktionsspannung 133 Induktives Laden 116 Internetseite aktuelle Störungsmeldungen 196 Ladekarten 196 Routenplaner 196
K Kabeltrommel 107 Kabeltunnel 112 Kapazitätsverlust. siehe Degradation
Kaufprämie. siehe Fördergeld KFZ-Kennzeichen. siehe E-Kennzeichen KFZ-Steuer 45, 49, 172 Klimaschutz 156 Kobalt 163 Kohlendioxid, CO2 156 Kolbenmotor. siehe Verbrennungsmotor Kosten 172 Berechnung 8 Total Cost of Ownership 7 Kraftstrom. siehe Drehstrom Kreditanstalt für Wiederaufbau 48
L Ladebox. siehe Wallbox Ladeinfrastruktur 176–177 Ladekabel 89, 105 auf Fußweg 111 steckt fest 98 Ladekarte 90, 95 Lade-Knigge 103 Ladekurve 86 Ladeleistung 85 Laden bidirektionales 119 induktives 116 Schuko-Steckdose 105
Ladepark 103 Ladesäule 85, 89 Anzahl 175 außer Betrieb 97 blockiert 96 finden 87 Freischaltung per App 92 Freischaltung per EC- oder Kreditkarte 93 Freischaltung per Ladekarte 90 mit Identifizierung 90 Ladescheibe 104 im Internet 197 Ladestandard. siehe Steckertyp Ladestation. siehe Ladesäule Ladevorgang 89 stoppen 98 Ladezyklus 76 Langstrecke 96 Ladevorgang langsam 100 Lastverteilung 114 Leasing 51 Leistung 82 Lithium-Abbau 166 Lithium-Ionen-Technik 71 Lorentzkraft 68 Löschlanze 181 Luftwiderstand 138
M Magnetismus 67 Memory-Effekt 71 Mietrecht 115 Mietwohnung 113 Mythen 155
N Niederspannungsanschlussverordnung 108 Notausknopf 98–99
O Ökobetrachtung 156 Ökozone 3 One-Pedal-Driving 133, 135, 143
P Parken, kostenlos 53 Photovoltaik 117, 119 Plug-in-Hybrid 6, 41, 46, 53, 62 Steuer 49 POI 87
R Range Extender 62, 64 Rapidgate 100
Recycling 158, 161 Reibungsverlust 138 Reichweite 2, 76 Anzeige 145 Wasserstoffauto 182 Winter 142 Rekordfahrt 6 Rekuperation 133, 135, 138, 141, 149 Reluktanzmotor 70 Rettungsdatenblatt 197 RFID-Transponder 90, 92 Rohstoffbeschaffung 163 Rollwiderstand 138
S Schnelllader zu Hause 110 Schnellladesäule 82, 85 Kosten 183 Ladevorgang langsam 100 zu Hause 107 Schuko-Steckdose 81, 83, 105 Schwedenstudie 156 Segeln 143 Seltene Erden 69 Sitzheizung 55 Smart Grid 119
Solaranlage. siehe Photovoltaik Sozialverträglichkeit 163 Spannung 82 Standheizung 142 Standzeitpreis. siehe Blockiergebühr Starkstrom. siehe Drehstrom Startgebühr 90 Stecker 81 CCS 83 Chademo 83 Typ 1 83 Typ 2 83 Steckertyp 83 Strom sparen 142 Strommix 157 Zusammensetzung 185 Stromnetz 177 Strompreis 179 Stromproduktion. siehe Strommix Stromstärke 82 Supercharger 52, 102 Synchronmotor 69
T Tesla-Identifikation 93 Thermal Runaway 180
Total Cost of Ownership 173
U Umweltbonus. siehe Fördergeld Umweltschutz 1, 41 Plakette 53 Zone 53 Urlaubsfahrt. siehe Langstrecke
V Verbrennerfahrzeug 2, 169 Verbrennungsmotor 61
W Wallbox 4, 105, 196 mobile 110 smarte 118 zu Hause 113 Wärmepumpe 54 Wärmeverlust 138 Warngeräusch 129 Wasserstoffauto 53, 64, 182 Reichweite 183 Wasserstofftankstelle 183 Wechselakku 187 Wechselrichter 69 Wechselstrom 69, 81
Well to Wheel. siehe Wirkungsgrad Wiederverkaufswert 2 Windschattenfahren 143 Winter 151 Winterstau 190 Wirkungsgrad 69–70, 185 WLTP 2
Z Zellendrift 124 Zulieferindustrie 171
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