Ehe und Ehescheidung: Kommentar zu d. Vorschriften d. materiellen Rechts (BGB, EheG, RVO u.a.) u. d. Verfahrenrechts (GVG, ZPO, FGG u.a.) [Reprint 2019 ed.] 9783111633039, 9783111252599


191 46 46MB

German Pages 701 [704] Year 1977

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Corrigenda
Einleitung
Erster Teil. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches
Viertes Buch: Familienrecht / Erster Abschnitt: Bürgerliche Ehe
Fünfter Titel: Wirkungen der Ehe im allgemeinen
Sechster Titel: Eheliches Güterrecht
Siebenter Titel: Scheidung der Ehe
Zweiter Abschnitt: Verwandtschaft
Dritter Titel: Unterhaltspflicht
Vierter Titel: Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen
Fünfter Titel: Elterliche Gewalt über eheliche Kinder
Siebenter Titel: Legitimation nichtehelicher Kinder
Zweiter Teil. Ehegesetz
Vorbemerkung
Erster Abschnitt: Recht der Eheschließung
A. Ehefähigkeit
B. Eheverbote
C. Eheschließung
D. Nichtigkeit der Ehe
E. Aufhebung der Ehe
F. Wiederverheiratung im Fall der Todeserklärung
Zweiter Abschnitt: Recht der Ehescheidung
Dritter Abschnitt: Härtemilderungsklage
Vierter Abschnitt: Zusätzliche Bestimmungen
Dritter Teil. Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (Hausratsverordnung)
Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften
Zweiter Abschnitt: Besondere Vorschriften für die Wohnung
Dritter Abschnitt: Besondere Vorschriften für den Hausrat
Vierter Abschnitt: Verfahrensvorschriften
Fünfter Abschnitt: Kostenvorschriften
Sechster Abschnitt: Schlußvorschriften
Vierter Teil. Die verfahrensrechtlichen Vorschriften
1. Gerichtsverfassungsgesetz
2. Zivilprozeßordnung
3. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
FÜNFTER TEIL. Übergangs- und Schlußvorschriften
Art. 12. Erstes Eherechtsreformgesetz
Anhang
Sachverzeichnis
Recommend Papers

Ehe und Ehescheidung: Kommentar zu d. Vorschriften d. materiellen Rechts (BGB, EheG, RVO u.a.) u. d. Verfahrenrechts (GVG, ZPO, FGG u.a.) [Reprint 2019 ed.]
 9783111633039, 9783111252599

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Erich Ambrock Ehe und Ehescheidung

Sammlung Guttentag

Ehe und Ehescheidung Kommentar zu den Vorschriften des materiellen Rechts (BGB, EheG, R V O u. a.) und des Verfahrensrechts (GVG, ZPO, FGG u. a.)

von Dr. Erich Ambrock Vorsitzender Richter am Landgericht Berlin

W DE G 1977 Walter de Gruyter • Berlin • N e w York

CIP-Kurztiteiaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Ambrock, Erich E h e u n d E h e s c h e i d u n g : K o m m e n t a r z u d. V o r s c h r i f t e n d. m a t e r i e l l e n R e c h t s ( B G B , E h e G , R V O u. a.) u. d. V e r f a h r e n s r e c h t s ( G V G , Z P O , F G G u. a.) - 1. A u f l . Berlin, N e w Y o r k : d e G r u y t e r , 1977. (Sammlung Guttentag) I S B N 3-1 1-004543-3

© Copyright 1977 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer, Karl J. Trübner, Veit & Comp., 1000 Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz und D r u c k : H . Heenemann KG, 1000 Berlin 42. Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, 1000 Berlin 61.

Vorwort Der vorliegende Kommentar soll denen, die das ab 1. Juli 1977 geltende Eheund Ehescheidungsrecht anzuwenden haben, eine umfassende Hilfe bieten. Nicht nur die materiell-rechtlichen Vorschriften zum Recht der Ehewirkungen und insbesondere der Ehescheidung, sondern auch die verfahrens-rechtlichen Bestimmungen werden kommentiert. Zwischen den materiell-rechtlichen und den prozessualen Vorschriften besteht nach dem 1. Eherechtsreformgesetz ein so enger Zusammenhang, daß die zutreffende Einordnung einzelner als verfahrensrechtlich behandelter Bestimmungen in das Prozeßrecht zweifelhaft geworden ist (vgl. Blomeyer, FamRZ 1972, 432). Das völlig neue Recht des Versorgungsausgleichs wird stark beeinflußt durch die ebenfalls neuen versicherungsrechtlichen Bestimmungen. Diese sind daher in ihren Grundzügen dargestellt; die Kenntnis der Grundlagen der Rentenberechnung ist für das über die formale Rechtsanwendung hinausgehende Verständnis der Institution des Versorgungsausgleichs unentbehrlich. Die Grundkonzeption und Gesamtanlage des Buches ergeben sich aus dem Inhaltsverzeichnis. Insbesondere die neuen bzw. die geänderten Vorschriften des Eherechts (Eheschließung, Ehewirkungen, Ehescheidung) werden ausführlich kommentiert. Dort, wo unter diesen Gesichtspunkten nur einzelne Vorschriften zu kommentieren waren, wurde zum leichteren Verständnis jedenfalls der Gesetzestext der Vorschriften dieses Bereichs (überwiegend in Kleindruck) mit abgedruckt; bei kleineren Änderungen der Gesetzestexte wurden die neugefaßten Teile des Textes durch Kursivdruck kenntlich gemacht. Im Anhang (unter 2.) wurde der Entwurf einer Verordnung zur Ermittlung des Barwertes einer auszugleichenden Versorgung nach § 1587 a Abs. 3 N r . 2, Abs. 4 BGB („Barwertverordnung") abgedruckt; nach dem derzeitigen Stand der Dinge kann davon ausgegangen werden, daß sie in dieser Form verbindlich werden wird. H e r r Richter am Amtsgericht, Dr. Ortfrid Weidermann, Bochum, hat freundlicherweise die von ihm entwickelten, im Anhang (unter 3.) wiedergegebenen Formulare zur Verfügung gestellt. Das 1. Eherechtsreformgesetz stellt hohe Anforderungen an den Familienrichter, insbesondere im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich, aber auch mit der neuen gesetzlichen Regelung des Prozeßrechts; zahlreiche Vorschriften sind außerordentlich kompliziert ausgefallen (vgl. auch Schwab, FamRZ 1976, 658 ff.). Das Ziel des Gesetzgebers war, durch das neugeschaffene Familienge-

V

Vorwon rieht eine einheitliche Regelung f ü r Scheidung und Scheidungsfolgen zu f ö r dern. Es ist zu h o f f e n , daß dieses Bestreben nicht durch eine weitgehend formalistische Rechtsanwendung in Frage gestellt wird. Das nach Abschluß des Manuskripts (Anfang 1977) erschienene Schrifttum ist im Zuge der K o r r e k t u r e n nach Möglichkeit noch berücksichtigt w o r d e n . H e r r n Rechtsanwalt und N o t a r Wilhelm H a e g e r t , Berlin, d a n k e ich f ü r die Vermittlung zahlreicher Unterlagen, aber auch f ü r vielfältige Anregungen zur Arbeit. Berlin, im J a n u a r 1977 Erich Ambrock

VI

Inhaltsverzeichnis Seite V

Vorwort Abkürzungsverzeichnis Corrigenda

XV XIX

Einleitung

1

ERSTER TEIL Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Viertes Buch: Familienrecht Erster Abschnitt: Bürgerliche Ehe Fünfter Titel: Wirkungen der Ehe im allgemeinen Vorbemerkungen § 1353 (Eheliche Lebensgemeinschaft) § 1354 (aufgehoben) § 1355 (Ehename) § 1356 (Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit) § 1357 (Geschäfte zur Deckung des angemessenen Lebensbedarfs) §1358 (aufgehoben) § 1359 (Sorgfaltspflicht) § 1360 (Familienunterhalt) § 1360a (Unterhaltspflicht; Prozeßkosten) § 1360 b (Zuvielleistung) §1361 (Unterhalt bei Getrenntleben) § 1361a (Hausratverteilung bei Getrenntleben) § 1362 (Eigentumsvermutungen) Sechster Titel: Eheliches Güterrecht I. Gesetzliches Güterrecht §§ 1363—1390 II. Vertragsmäßiges Güterrecht 1. Allgemeine Vorschriften §§ 1408—1413 2. Gütertrennung, § 1414 3. Gütergemeinschaft, §§ 1478, 1509 III. Güterrechtsregister, §§ 1 5 5 8 - 1 5 6 3

17 20 31 37 43 51 51 57 65 65 74 75

75 85 87 88 89

VII

Inhaltsverzeichnis

Siebenter Titel: Scheidung der Ehe I.

Scheidungsgründe § 1564 (Scheidung durch Urteil) S 1565 (Zerrüttungsprinzip; Mindesttrennung und Scheidung) § 1566 (Zerrüttungsvermutungen; Fristenscheidung, einverständliche Scheidung) § 1567 (Getrenntleben) § 1568 (Härteklauseln)

Unterhalt des geschiedenen Ehegatten 1. Grundsatz § 1569 (Unterhaltsanspruch) 2. Unterhaltsberechtigung § 1570 (Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes) §1571 (Unterhalt wegen Alters) § 1572 (Unterhalt wegen Krankheit oder Gebrechen) § 1573 (Unterhalt bis zu angem. eigener Erwerbstätigkeit) § 1574 (angemessene Erwerbstätigkeit) § 1575 (Ausbildung, Fortbildung, Umschulung) § 1576 (Unterhalt aus Billigkeitsgründen) § 1577 (Eigene Einkünfte, Vermögen) § 1578 (Maß des Unterhalts) § 1579 (Ausschluß bei grober Unbilligkeit) § 1580 (Auskunftspflicht) 3. Leistungsfähigkeit und Rangfolge §1581 (Unterhalt nach Leistungsfähigkeit) § 1582 (Zusammentreffen mehrerer Ansprüche) § 1583 (Gütergemeinschaft mit neuem Ehegatten) § 1584 (Rangfolge mehrerer Unterhaltspflichtiger) 4. Gestaltung des Unterhaltsanspruchs § 1585 (Art der Unterhaltsgewährung) § 1585a (Sicherheitsleistung) § 1585 b (Unterhalt für die Vergangenheit) § 1585 c (Unterhaltsverträge) 5. Ende des Unterhaltsanspruchs § 1586 (Wiederheirat oder T o d des Berechtigten) § 1586 a (Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs) § 1586b (Tod des Verpflichteten) III. Versorgungsausgleich 1. Grundsatz Vorbemerkungen § 1587 (Voraussetzungen)

91 94 108 115 120

II.

132 134 143 150 158 167 174 188 193 200 208 217 219 224 230 231 233 236 237 239 244 245 247

249 254

2. Wertausgleich von Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung § 1587a (Ausgleichspflichtiger Ehegatte; auszugleichende Versorgungsansprüche) 264 § 1587 b (Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften durch das Familiengericht) 283

VIII

Inhaltsverzeichnis A n h a n g nach $ 1587b 1. Die V o r s c h r i f t e n der R e i c h s v e r s i c h e r u n g s o r d n u n g f ü r die Ü b e r t r a g u n g und B e g r ü n d u n g von A n w a r t s c h a f t e n 2. Beitragserstattung nach R V O (AVG, R K G ) § 1587c (Ausschluß des Versorgungsausgleichs) § 1587d ( R u h e n der V e r p f l i c h t u n g z u r B e g r ü n d u n g von R e n t e n a n w a r t schaften) § 1587 e (Auskunftspflicht; Erlöschen des Ausgleichsanspruchs) 3. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich § 1587f ( A n t r a g ; V o r a u s s e t z u n g e n ) § 1587 g (Anspruch auf Geldrente) § 1587 h (Ausschluß des Ausgleichsanspruchs) § 1587 i (Abtretung von V e r s o r g u n g s a n s p r ü c h e n ) § 1587k ( A n w e n d b a r e V o r s c h r i f t e n ; Erlöschen des Ausgleichsanspruchs) § 1 5 8 7 1 ( A b f i n d u n g künftiger Ausgleichsansprüche) § 1587 m ( T o d des Berechtigten) § 1587n ( A n r e c h n u n g auf U n t e r h a l t s a n s p r u c h ) 4.

Parteivereinbarungen § 1587o ( V e r e i n b a r u n g ; F o r m )

295 309 310 317 321 323 327 332 333 335 336 340 340 341

5. Schutz des V e r s o r g u n g s s c h u l d n e r s § 1587p (Leistung an den bisherigen Renteninhaber) A n h a n g nach § 1587 p 1. Unfallrente, § 592 R V O 2. Erziehungsrente, § 1265 a R V O

345 346 346

Zweiter Abschnitt: Verwandtschaft Dritter Titel: Unterhaltspflicht I. Allgemeine V o r s c h r i f t e n § 1605 (Auskunftspflicht) §1610 (Angemessener U n t e r h a l t ) Vierter Titel: Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern §1616 (Familienname des ehelichen Kindes) §1617 (Familienname des nichtehelichen Kindes) §1618 ( E i n b e n e n n u n g des nichtehelichen Kindes)

349 349 im

allgemeinen

Fünfter Titel: Elterliche Gewalt über eheliche Kinder § 1626 (Elterliche Gewalt) § 1627 (Ausübung der elterlichen Gewalt) § 1628 (nichtig) § 1629 (Vertretung bei Getrenntleben, w ä h r e n d eines Scheidungsverfahrens) §§1630-1670 §1671 (Elterliche G e w a l t nach Scheidung) §1672 (Elterliche Gewalt bei Getrenntleben) §§ 1 6 7 3 - 1 7 0 4

352 353 355

356 357 357 360 364 371 373

IX

Inhaltsverzeichnis Siebenter Titel: Legitimation nichtehelicher Kinder § 1720 (Familienname des legitimierten Kindes) § 1737 (Familienname des für ehelich erklärten Kindes) § 1740f (Rechtswirkung der Ehelicherklärung) § 1740g (Namensübertragung auf überlebenden Elternteil)

380 380 381 382

ZWEITER TEIL Ehegesetz Erster Abschnitt: Recht der Eheschließung A.

Ehefähigkeit § 1 Ehemündigkeit 384 §2 Geschäftsunfähigkeit 385 §3 Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und der Sorgeberechtigten . . . 386

B.

Eheverbote §4 Verwandtschaft und Schwägerschaft §5 Doppelehe §6 aufgehoben §7 Annahme als Kind §8 Wartezeit §9 Auseinandersetzungszeugnis des Vormundschaftsgerichts §10 Ehefähigkeitszeugnis für Ausländer

396 398 399 401

Eheschließung Vorbemerkung § 11 (Standesbeamter) § 12 Aufgebot § 13 Form der Eheschließung § 13 a Erklärung über den Ehenamen § 14 Trauung § 1 5 Zuständigkeit des Standesbeamten § 15 a Besondere Zuständigkeit für Nichtdeutsche

406 407 409 412 414 417 418 419

C.

D.

X

Nichtigkeit der Ehe Vorbemerkung I. Nichtigkeitsgründe § 1 6 (Erschöpfende Aufzählung der Gründe) § 17 Mangel der Form §18 Mangel der Geschäfts-oder Urteilsfähigkeit §19 aufgehoben § 2 0 Doppelehe § 2 1 Verwandtschaft und Schwägerschaft § 22 aufgehoben

391 383

422 423 424 425 427 428

Inhaltsverzeichnis II.

E.

F.

Berufung auf die Nichtigkeit § 23 (Grundsatz) § 24 Klagebefugnis § 25 aufgehoben § 26 Vermögensrechtliche Beziehungen der Ehegatten §27 aufgehoben

Aufhebung der Ehe Vorbemerkung I. Allgemeine Vorschriften § 28 (Erschöpfende Aufzählung der Gründe) § 29 (Rechtsgestaltendes Urteil) II. Aufhebungsgründe § 30 Mangel der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters § 3 1 Irrtum über die Eheschließung oder über die Person des anderen Ehegatten § 32 Irrtum über die persönlichen Eigenschaften des anderen Ehegatten § 3 3 Arglistige Täuschung § 3 4 Drohung III. Erhebung der Aufhebungsklage § 3 5 Klagefrist § 36 Versäumung der Klagefrist durch den gesetzlichen Vertreter . . . . IV. Folgen der Aufhebung § 37 (Folgen) Wiederverheiratung im Fall der Todeserklärung § 38 (Auflösung der bisherigen Ehe) § 39 (Aufhebung der neuen Ehe) § 40 aufgehoben

428 429 431

434 435 435 436 437 438 441 443 444 446 446

449 450

Zweiter Abschnitt: Recht der Ehescheidung aufgehoben Dritter Abschnitt: Härtemilderungsklage aufgehoben Vierter Abschnitt: Zusätzliche Bestimmungen § 77 a—SO

452

DRITTER TEIL Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (Hausratsverordnung) Erster Abschnitt: Allgemeine Vorschriften SS 1,2 . Zweiter Abschnitt: Besondere Vorschriften für die Wohnung §§3-7 Dritter Abschnitt: Besondere Vorschriften für den Hausrat §§8-10

455 456 458

XI

Inhaltsverzeichnis Vierter Abschnitt: V e r f a h r e n s v o r s c h r i f t e n §§ 1 1 - 1 9 F ü n f t e r Abschnitt:. Kostenvorschriften SS 2 0 - 2 3 Sechster Abschnitt: S c h l u ß v o r s c h r i f t e n SS 2 4 - 2 7

460 464 465

VIERTER TEIL Die verfahrensrechtlichen V o r s c h r i f t e n 1. Gerichtsverfassungsgesetz S 23 a 5 23 b S23c S 72 § 119 S 133 S 138 S 170 S 200

(Zuständigkeit in K i n d s c h a f t s - , Unterhalts- und E h e s a c h e n ) 467 (Familiengericht, Zuständigkeit) 470 (Gemeinsames Amtsgericht in F a m i l i e n - u n d V o r m u n d s c h a f t s s a c h e n ) . . 476 (Zuständigkeit in Zivilsachen in zweiter Instanz) 477 (Zuständigkeit O L G in Zivilsachen) 477 (Zuständigkeit B G H in Zivilsachen) 478 ( V e r f a h r e n vor den großen Senaten) 478 ( N i c h t öffentliche V e r h a n d l u n g in Familien- und K i n d s c h a f t s s a c h e n ) . . 479 (Feriensachen) 479 2. Zivilprozeßordnung

Erstes Buch: Allgemeine V o r s c h r i f t e n Erster Abschnitt: Gerichte Erster Titel: Sachliche Zuständigkeit der Gerichte und S 1 (Sachliche Zuständigkeit) S 2 (Streitwert) SS 3 - 1 1

Wertvorschriften 481 481 483

Vierter Titel: Prozeßbevollmächtigte und Beistände S 78 (Anwaltsprozeß) S 7 8 a ( P a r t e i - u n d A n w a l t s p r o z e ß bei güterrechtlichen Streitigkeiten) S 78 b ( N o t a n w a l t ) SS 7 9 - 9 0

485 488 493 494

Fünfter Titel: Prozeßkosten SS 9 1 - 9 3 S 9 3 a (Kostenteilung in Ehesachen) SS 9 3 b - 1 0 7

496 498 501

Siebenter

Titel: Armenrecht

SS 1 1 4 - 1 2 7 a

XII

und

Prozeßkostenvorschuß 504

Inhaltsverzeichnis Sechstes Buch: Familiensachen, Kindschaftssachen, Unterhaltssachen, E n t m ü n d i g u n g s s a c h e n

Erster Abschnitt: Verfahren in Familiensachen Erster Titel: Allgemeine Vorschriften für Ehesachen (Gerichtsstand) § 606 § 6 0 6 a ( A n e r k e n n u n g ausländischer Entscheidungen) § 6 0 6 b (Internationale Zuständigkeit) §607 (Prozeßfähigkeit) (Allgemeine V o r s c h r i f t e n ) § 608 §609 (Prozeßvollmacht) §610 (Verbindung) §611 (neue G r ü n d e ; Widerklage) §612 (Mündliche V e r h a n d l u n g ; V e r s ä u m n i s v e r f a h r e n ) §613 ( A n h ö r u n g , V e r n e h m u n g der Parteien) §614 (Aussetzung) §615 ( Z u r ü c k w e i s u n g verspäteten V o r b r i n g e n s ) §616 (Amtsermittlung) §617 ( B e s c h r ä n k u n g des V e r h a n d l u n g s g r u n d s a t z e s ) §618 (Zustellung) §619 ( T o d einer Partei) §620 (Einstweilige A n o r d n u n g e n ) § 6 2 0 a ( V e r f a h r e n bei einstweiliger A n o r d n u n g ) § 6 2 0 b ( A u f h e b u n g , Ä n d e r u n g , A n t r a g auf mündliche V e r h a n d l u n g ) § 620 c (Rechtsmittel) § 6 2 0 d (Begründungszwang) § 6 2 0 e (Aussetzung d e r Vollziehung) § 6 2 0 f (Geltungsdauer der A n o r d n u n g ) § 6 2 0 g (Kosten des A n o r d n u n g s v e r f a h r e n s )

511 516 518 519 521 521 522 523 524 526 527 532 534 535 537 537 538 548 551 554 555 555 555 558

Zweiter Titel: Verfahren in anderen Familiensachen §621 (Zuständigkeit) § 6 2 l a (Verfahren) § 6 2 1 b ( V e r f a h r e n über A n s p r ü c h e aus G ü t e r r e c h t ) § 621 c (Zustellung) § 6 2 1 d (Berufung, Revision) § 6 2 l e (Beschwerde, weitere Beschwerde) § 6 2 1 f (Kostenvorschuß)

559 562 567 568 568 569 574

Dritter Titel: § 622 § 623 § 624 §625 § 626 § 627

575 577 581 583 585 587

Scheidungs- und Folgesachen (Antragsverfahren) (Verhandlungs-, Entscheidungsverbund) (Folgesachen) «. (Beiordnung eines Rechtsanwalts) (Antragsrücknahme) ( V o r w e g e n t s c h e i d u n g über elterliche Gewalt)

XIII

Inhaltsverzeichnis 5 628 § 629 § 629 a §629b § 629 c §629d § 630

(Vorwegentscheidung über Scheidungsantrag) (Entscheidungsverbund) (Rechtsmittel im Entscheidungsverbund) (Zurückverweisung) (Erstreckung der Rechtsmittelentscheidung) (Wirksamwerden der Entscheidung in Folgesachen) (Einverständliche Scheidung)

589 593 595 599 600 602 602

3. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Zweiter Abschnitt: Vormundschaftsachen §45

(Verrichtungen f ü r Ehegatten; Zuständigkeit)

608

§ 53 § 53 a § 53 b §53c § 53 d §53e § 53 f § 53 g §64a

(Wirksamkeit einzelner Verfügungen) (Stundung der Ausgleichsforderung) (Versorgungsausgleich, Verfahren, Auskunftspflicht) (Aussetzung des Verfahrens über Versorgungsausgleich) (Vereinbarung über Versorgungsausgleich) (Zahlungen z u r Begründung von Rentenanwartschaften) (Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich) (Wirksamwerden von Entscheidungen) (Familiensachen)

609 609 609 612 613 614 615 615 617

FÜNFTER TEIL Ubergangs- und Schlußvorschriften Art. 12 Erstes Eherechtsreformgesetz

619

ANHANG 1. Gesetz zur Änderung beamtenversorgungsrechtlicher Vorschriften 628 2. Entwurf einer V e r o r d n u n g zur Ermittlung des Barwerts einer auszugleichenden Versorgung nach § 1587 a Abs. 3 N r . 2, Abs. 4 BGB 635 3. Übersicht und Formulierungshilfen zu den notwendigen Erklärungen, Anträgen und Einigungen der Parteien imVerfahren auf Scheidung der Ehe . 642 Sachregister

XIV

659

Abkürzungsverzeichnis ABl ABl MR AcP AFG AG AHKAB1 ALR AVAVG AVG BAFöG BAG BAnz Baumbach/ Lauterbach BayObLG BB BBG BEG BFH BeurkG BGB BGH BGHSt BKGG BMJ (BJM) BSG BSHG BT Betr BVerfG BVerwG BVG

Amtsblatt Amtsblatt der Militärregierung (amerikanisches, britisches Kontrollgebiet) Archiv f ü r zivilistische Praxis Arbeitsförderungsgesetz Amtsgericht Amtsblatt der Alliierten H o h e n Kommission in Deutschland (1949-1955) Allgemeines Landrecht f ü r die Preußischen Staaten von 1794 Gesetz über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung (aufgehoben durch § 249 N r . 1 AVG) Angestelltenversicherungsgesetz Bundesgesetz über die individuelle Förderung der Ausbildung Bundesarbeitsgericht Bundesanzeiger Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Kommentar z u r Z P O Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebsberater Bundesbeamtengesetz Bundesgesetz zur Entschädigung f ü r O p f e r der nationalsozialistischen Verfolgung Bundesfinanzhof Beurkundungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Zivilsachen Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Strafsachen Bundeskindergeldgesetz Bundesminister(ium) f ü r Justiz Bundessozialgericht Bundessozialhilfegesetz Bundestag Der Betrieb Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Gesetz über die Versorgung der O p f e r des Krieges (Bundesversorgungsgesetz)

XV

Abkürzungsverzeichnis DA DAVorm DBG DDR DJ DJZ Dölle DRiG DRiZ DRZ

Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden Der Amtsvormund Deutsches Beamtengesetz Deutsche Demokratische Republik (Mitteldeutschland) Deutsche Justiz Deutsche Juristenzeitung Dölle, Familienrecht, Bd. I, II Deutsches Richtergesetz Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechtszeitschrift (bis 1950, jetzt J Z )

EGBGB EheG 1 EheRG Ermann

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ehegesetz Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts Ermann, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar

FamÄndG

FGG

Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften vom 11. August 1961 Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht. Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit

GAL Gernhuber GG GKG GVB1 GVG

Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Gerichtskostengesetz Gesetz- und Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz

HGB HRR

Handelsgesetzbuch Höchstrichterliche Rechtsprechung

Jansen JFG

Jansen, Freiwillige Gerichtsbarkeit Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Juristische Rundschau Justizministerialblatt Nordrhein-Westfalen Juristenzeitung

FamRZ

JR JMRW JZ Keidel/ Winkler KG KGJ KonsG KRABI

XVI

Keidel/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit Kammergericht Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse (Konsulargesetz) vom 11.9. 1974 Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland

Abkürzungsverzeich nis LAG LG LM LSozG LZ

Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausi;l(.*ich.sye.setz) Landgericht Das N a c h s c h l a g e w e r k des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen von Lindenmaier und M ö h r i n g Landessozialgericht Leipziger Zeitschrift f ü r Deutsches Recht

Maßfeiler/ Böhmer MDR MiZi MRG

Monatsschrift f ü r Deutsches Recht Anordnungen über Mitteilungen in Zivilsachen Gesetz der Militärregierung

NdsRpfl NJW

Niedersächsische Rechtspflege Neue Juristische W o c h e n s c h r i f t

Odersky OGH OLG OLGZ OVG

Nichtehelichengesetz Oberster Gerichtshof f ü r die Britische Zone Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen Oberverwaltungsgericht

Palandt

Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 35. und 36. Aufl., jeweils Hinweis auf die einzelnen Bearbeiter Personenstandsgesetz

PstG RAB1 RAG RFH RG RGBl RGR RKG Rpfl RPflG RuStAG RVO RzW SchwBG SeuffA Schönke/ Schröder SGB SJZ

Maßfeller/Böhmer, Das gesamte Familienrecht

Reichsarbeitsblatt Reichsarbeitsgericht Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Kommentar, herausgegeben von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern Reichsknappschaftsgesetz Der Deutsche Rechtspfleger Rechtspflegergesetz Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz Reichsversicherungsordnung Rechtsprechung zum W i e d e r g u t m a c h u n g s r e c h t Schwerbehindertengesetz vom 29. 4. 1974, f r ü h e r Gesetz über die Beschäftigung Schwerbeschädigter Seufferts Archiv f ü r Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten S c h ö n k e / S c h r ö d e r , Strafgesetzbuch, Kommentar Sozialgesetzbuch Süddeutsche Juristenzeitung, ab 1. 1. 1951 Juristenzeitung

XVII

Abkürzungsverzeichnis Soergel

Bürgerliches G e s e t z b u c h , neu herausgegeben von Siebert

SozG Staudinger StAZ StGB

Sozialgericht K o m m e n t a r z u m Bürgerlichen G e s e t z b u c h , jeweils Hinweis auf den einzelnen Bearbeiter D a s Standesamt Strafgesetzbuch

Stein/Jonas

S t e i n / J o n a s , Zivilprozeßordnung, K o m m e n t a r zur Z P O

Thomas/Putzo

T h o m a s / P u t z o , Zivilprozeßordnung mit G V G , K o m m e n t a r

VerschG

Verschollenheitsgesetz

VersR

Versicherungsrecht, Juristische R u n d s c h a u f ü r die Individualversicherung Verwaltungsgericht Verordnungsblatt Volljährigkeitsgesetz, G e s e t z zur N e u r e g e l u n g des Volljährigkeitsalters G e s e t z über den Versicherungsvertrag Warneyer, D i e Rechtsprechung des Reichsgerichts P e r s o n e n s t a n d s v e r o r d n u n g f ü r die W e h r m a c h t Weimarer V e r f a s s u n g Zivilprozeßordnung und N e b e n g e s e t z e

VG VOB1 VolljG W G Warn WehrmPerStVo WRV Wieczorek ZfA ZfV ZjBlBrZ Zöller ZPO ZRP

XVIII

Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zentraljustizblatt für die Britische Z o n e Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz und N e b e n g e setzen, K o m m e n t a r Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik

Corrigenda

Seite 29

In der 1. Zeile muß es richtig heißen: „Ablauf eines Jahres der Trennung kann . . . "

Seite 65

In der 2. Zeile des zweiten Absatzes muß es richtig heißen: „nach § 620 Z i f f . 9 ZPO (vgl. dortAnm. III 9)..."

Seite 86

In der 1. Zeile muß es am Anfang richtig heißen: , 5 1587 t ) . . . " In der 6. Zeile des zweiten Absatzes (9.) muß das erste W o r t richtig lauten „Ablehnung"

Seite 104 Seite 136 Seite 154 Seite 179 Seite 211 Seite 249 Seite 334 Seite 401 Seite 441

Seite 491

In der 6. Zeile des letzten Absatzes (3.) muß es richtig heißen: „. . . (ÄGZ 160, 4 4 ; . . In der 14. Zeile muß es richtig heißen: „Unfähigkeitsrente (§§ 1246, 1 2 4 7 R V O ) . . In der 5. Zeile von unten muß es richtig heißen: „ . . . f ü r das i?«» des Einkommens des Verpflichteten oder der Hälfte dieses Einkommens, wenn der Unterhaltsverpflichtete Pensionär ist, ist bei Krankheit kein geeigneter Maßstab. Die Bedürfnisse richten sich individuell nach der Art der Krankheit und ihrer Behandlungsbedürftigkeit. Der Unterhalt wegen Krankheit umfaßt alle als sog. Krankenhilfe auch nach § 37 BSHG gewährten Leistungen, also ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit vorhandenen Verbandmitteln, Krankenhausbehandlung sowie sonstige zur Genesung oder zur Linderung der Krankheitsfolgen erforderliche Leistungen, bei Leistungsfähigkeit des Verpflichteten also u. U. eine Kur. Soweit der angemessene Unterhalt zu leisten ist und Leistungsfähigkeit besteht, kann der Berechtigte auch einen Spezialisten hinzuziehen oder eine Kapazität konsultieren wie ihm auch die Inanspruchnahme besonderer klinischer Hilfsmittel nicht zu versagen ist (Brühl a. a, O . Rdn. 455). Der Verpflichtete muß daher, besonders, wenn er auf einer Operation des Berechtigten zur Wiederherstellung seiner Gesundheit und Arbeitsfähigkeit besteht, die anderweitig nicht gedeckten Kosten des Eingriffs tragen. Insoweit können auch Sonderbedarfsansprüche nach § 1585 b BGB bestehen.

2. Kranken- und Altersversicherung Der Unterhaltspflichtige ist nach § 1578 Abs. 2 gehalten, Mittel für eine Krankenversicherung des Berechtigten zur Verfügung zu stellen. Die vom geschiedenen Ehegatten abgeleitete Krankenversicherung endet mit der Scheidung (BSG 12, 75, vgl. Gitter, die soziale Sicherung der Nurhausfrau FamRZ 1974, 233); jedoch ist bzw. besteht auch für den Unterhaltsberechtigten nach §313 Abs. 4 S. 2 R V O bei bisheriger Krankenversicherung durch den Ehemann das dann durch satzungsmäßige Beiträge zu belegende Recht der Weiterversicherung (vgl. Ruhland, familiärer Unterhalt und Leistungen der Sozialen Sicherheit, S. 123). Zur Alterssicherung vgl. § 1578 Abs. 2, zur Anrechnung von Vermögen und Einkünften § 1577 Abs. 1.

3. Anrechnung von Nebeneinkünften Einkünfte aus Teilzeitarbeit sind anrechnungspflichtig, soweit der Verpflichtete im übrigen der Unterhaltspflicht uneingeschränkt nachkommt, also den auf ihn entfallenden Teil des Unterhalts leistet (§ 1577 Abs. 1). Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit sind nach Billigkeitsgrundsätzen anzurechnen; da die Arbeit nur unter gesundheitlicher Beeinträchtigung ausgeübt wird, nur bei zwingenden wirtschaftlichen Gründen in der Person des Verpflichteten, nach Maßgabe von § 1577 Abs. 2, vgl. i. e. § 1577 Anm. III. 155

BGB § 1 5 7 2 V 4

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

4. Eingeschränkte Leistungsfähigkeit Für den Fall eingeschränkter Leistungsfähigkeit gilt im übrigen wiederum §1581.

VI. Zur Beweislast Die Beweislast f ü r das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1573 hat der Anspruchsteller. Da neben der Erkrankung auch dargetan sein muß, daß die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann, genügt die Vorlage eines ärztlichen Attestes in der Regel nicht, jedenfalls dann nicht, wenn darin nicht einmal (wie bei der sogenannten Krankschreibung nicht selten) der Grund Erwerbsunfähigkeit angegeben ist. Das Gericht muß selbst in der Lage sein, über die Voraussetzungen des § 1572 zu entscheiden und den Schluß zu ziehen, ob überzeugend Krankheit und Erwerbsunfähigkeit dargetan und in Streitfällen bewiesen sind. In manchen Fällen, z. B. bei einer Carzinomerkrankung die im Zeitpunkt der Scheidung bereits vorgelegen hat, kommt auch die schriftliche Äußerung des behandelnden Arztes als sachverständiger Zeuge gemäß § 377 Abs. 4 Z P O in Betracht. In besonders zweifelhaften Fällen wird die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zu umgehen sein, insbesondere dann, wenn eine sogenannte Invalidität behauptet, das heißt das Vorliegen der Voraussetzungen der § 1572 und damit einer Krankheit für einen unübersehbaren andauernden langen Zeitraum geltend gemacht wird. Hier empfiehlt sich in der Regel die Heranziehung der von den Parteien benannten behandelnden Ärzte als Gutachter nicht, sondern die Bestellung gerichtlicher Sachverständiger, die Erfahrung auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin haben und sich hinsichtlich der tatsächlichen Grundlagen und Feststellungen mit den behandelnden Ärzten in Verbindung setzen. Die damit und mit der Eigenuntersuchung verbundene Augenscheinseinnahme kann nicht erzwungen werden. Wird sie verweigert, tritt ein Ausschluß mit dem Beweismittel nach § 230 Z P O ein, während im übrigen der Rechtsgedanke des 5 444 Z P O und die freie Beweiswürdigkeit nach § 286 Z P O Bedeutung gewinnt. Das führt in der Regel zu dem Schluß, daß eine zur Erwerbsunfähigkeit führende Erkrankung nicht vorliegt und die Aufnahme einer angemessenen Beschäftigung erwartet werden kann.

VII. Ausschluß des Unterhaltsansprüchs Zum (relativen) Vorrang des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem eines neuen Ehegatten vgl. § 1582, zum Ausschluß des Unterhaltsanspruchs bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 1579 vgl. dort und oben Anm. 12. In Betracht kommen insbesondere eigene langjährige Unterhaltsentziehung (z. B. bei jetzt Trunksüchtigen) oder bei chronischen Erkrankungen als Ausschluß 156

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B VoT § 1 5 7 3

oder Minderungsgrund die kurze Dauer der Ehe. Wegen mutwilliger Herbeiführung (d. h. hier) Aufrechterhaltung der Bedürftigkeit ist der nach 5 1579 Abs. 1 Ziff. 3 Anspruch ausgeschlossen, wenn der Unterhaltsberechtigte die Unterhaltung durch Verzicht auf die Versorgung einer behandlungsbedürftigen Krankheit sichern will. Er muß sich daher in ärztliche Behandlung begeben und sich u. U. operieren lassen, wenn dies zur Wiederherstellung seiner Gesundheit erforderlich ist. Der bisher aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht vorgeschlagenen Anwendung des § 254 BGB bedarf es daher in Zukunft nicht mehr. Die Beweislast f ü r das Vorliegen von Ausschlußgründen nach § 1579 trägt der Antragsgegner.

VIII. Verbundverfahren und einverständliche Scheidung Zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs im Verbundverfahren mit der Folge, daß zugleich mit der Ehescheidung zu entscheiden ist, vgl. § 623 Z P O , zur vorausgesetzten Herbeiführung eines Schuldtitels vor Anspruch der Scheidung in den Fällen einverständlicher Ehescheidungen vgl. § 630 Z P O .

Vorbemerkung vor § 1573 Grundsätzlich endet die Lebensgemeinschaft mit der Scheidung. Soweit keine Nachwirkungen der Ehe vorliegen, sind die Ehegatten daher für ihr wirtschaftliches Schicksal selbst verantwortlich (Stödter, zumutbare Erwerbstätigkeit nach der Scheidung S. 74 bei Cuny, Unterhalt und Versorgung der geschiedenen Ehefrau, vgl. auch V o r § 1569). Daraus folgt grundsätzlich die Arbeitspflicht, von der die Rechtsprechung weitgehend schon bisher ausging (vgl. LG Bonn FamRZ 1961, 314; weitergehend für getrenntlebende Eheleute LG Köln, M D R 1961, 1061; vgl. aber auch KG FamRZ 1974, 453 betr. § 627 Z P O a. F.). Der Umstand, ob nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten die Ausübung einer Erwerbstätigkeit üblich war (so noch LG Berlin J R 1948, 163), ist ohne Bedeutung. Eine Ausnahme beinhaltet die vom Rechtsausschuß eingefügte positive Härteklausel des § 1576, bei der es sich um eine eng auszulegende Bestimmung in Sonderfällen handelt (vgl. dort Anm. I), weil ihre Anwendung für die Zubilligung von Unterhalt schwerwiegende Gründe voraussetzt. Die ehelichen Lebensverhältnisse finden jedoch im Rahmen von § 1573 bei Bestimmung der Angemessenheit der Berufstätigkeit nach § 1574 Abs. 2 Berücksichtigung und können dadurch auf die Erwerbspflicht zurückwirken. Der nach langjähriger Ehe berufsentfremdete, aber auch der haushaltsführende Ehegatte müssen sich um eine angemessene Arbeitsstelle erst bemühen. Diese Bemühun157

BGB § 1573

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

gen können kürzere oder längere Zeit erfolglos bleiben. In diesen Fällen liegt eine ehebedingte Bedürftigkeit vor. Die Nichterlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit ist nach § 1573 selbständiger Anspruchsgrund.

§ 1573 (1) Soweit ein geschiedener Ehegatte keinen Unterhaltsanspruch nach dem §§ 1570 bis 1572 hat, kann er gleichwohl Unterhalt verlangen, solange und soweit er nach der Scheidung keine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden vermag. (2) Reichen die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt (§ 1578) nicht aus, kann er, soweit er nicht bereits einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 hat, den Unterschiedsbetrag zwischen den Einkünften und dem vollen Unterhalt verlangen. (3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn Unterhalt nach den §§ 1570 bis 1572, 1574 zu gewähren war, die Voraussetzungen dieser Vorschriften aber entfallen sind. (4) Der geschiedene Ehegatte kann auch dann Unterhalt verlangen, wenn die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit wegfallen, weil es ihm trotz seiner Bemühungen nicht gelungen war, den Unterhalt durch die Erwerbstätigkeit nach der Scheidung nachhaltig zu sichern. War es ihm gelungen, den Unterhalt teilweise nachhaltig zu sichern, so kann er den Unterschiedsbetrag zwischen dem nachhaltig gesicherten und dem vollen Unterhalt verlangen. Übersicht I. II.

III. IV. V.

VI. VII. VIII. IX.

158

V o r r a n g der Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 — 1572 Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit 1. Freiwilliger oder unfreiwilliger Arbeitsplatzverlust anläßlich der Scheidung, Anrechnung von Einkünften aus unzumutbarer Arbeit 2. Angemessenheit der Beschäftigung 3. Ausbildungs- und Umschulungsverpflichtung (Obliegenheit) Bemühungen um eine angemessene Beschäftigung Dauer des Unterhaltsanspruchs, N u r h a u s f r a u e n , Dauer der Ehe Absatz 2 ; Der sog. Aufstockungsanspruch; Teilzeitarbeit, K o n kurrenzen mit anderen auf Teilleistung gerichteten Unterhaltsansprüchen Absatz 3; Unterhaltsanspruch aus § 1573 nach Wegfall anderer Unterhalts ansprüche Nachhaltigkeit der Beschäftigung Maß des Unterhalts Erlöschen, Verbundverfahren, einverständliche Scheidung und Unterhaltsanspruch

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1573 II 1

I. V o r r a n g der Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 —1572 § 1573 kommt nur zur Anwendung, wenn nicht bereits ein Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1572 besteht. Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 bis 1572 wegen Alters, Krankheit oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sind wegen ihres zeitlich unbegrenzteren Charakters und der fehlenden Verpflichtung, sich um eine Erwerbsstelle zu bemühen, gegenüber solchen aus § 1573 vorrangig. Soweit dagegen eine Ausbildung in Erwartung der Ehe abgebrochen oder nicht aufgenommen, nunmehr aber nachgeholt werden soll, sieht § 1575 einen besonderen Unterhaltsanspruch vor, vgl. dazu Anm. II 3. Kann der nach langjähriger Ehe geschiedene Ehegatte (z. B. eine 50jährige Frau) nur vorübergehend wegen konjunktureller oder sonstiger Schwankungen des Arbeitsmarktes nicht vermittelt werden, bestehen Ansprüche nach § 1573, während der vor Erreichen der Altersgrenze der öffentlichen Altersversorgung, insbesondere nach einer langen Berufsunterbrechung nicht mehr vermittlungsfähige Ehegatte Ansprüche nach § 1571 geltend machen kann.

II. Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit Voraussetzung für den Unterhaltsanspruch nach § 1573 Abs. 1 ist die Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit während der Ehe (Begr. S. 125). Für den nicht berufstätig gewesenen, aber auf die Einkünfte einer Erwerbstätigkeit angewiesenen Ehegatten beruht die Nicht- oder alsbaldige Nichterlangung einer angemessenen Erwerbsstelle in der Regel auf der unterbrochenen Berufstätigkeit während der Ehe. Der im Einzelfall schwer zu führende Nachweis, daß die Aufgabe oder Nichtausübung einer Beschäftigung wegen der Ehe erfolgt ist, ist jedoch nicht erforderlich; der Gegenbeweis einer längeren pflichtwidrigen Nichtausübung der Erwerbstätigkeit ist nur unter den Voraussetzungen des § 1579 insbesondere dem Gesichtspunkt der mutwilligen Herbeiführung einer Bedürftigkeit (§ 1579 Abs. 1 Nr. 3) möglich, vgl. Dieckmann, FamRZ 1977, 89. Ohne die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit wären durch Wirtschaftslage und die im Zeitpunkt der Scheidung bestehende technische Entwicklung die Erwerbsmöglichkeit des geschiedenen Ehegatten nicht in gleicher Weise beeinträchtigt worden (Begr. S. 126). 1. Freiwilliger oder unfreiwilliger Arbeitsplatzverlust anläßlich der Scheidung, Anrechnung von Einkünften aus unzumutbarer Arbeit Anspruchsberechtigt ist aber auch der Ehegatte, der bisher aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Eheleute in Beruf oder Geschäft des Lebensgefährten mitgearbeitet, diese Arbeitsstelle durch die Scheidung verloren und eine angemessene Beschäftigung noch nicht gefunden hat. 159

BGB § 1573 II 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Arbeitslosigkeit durch die Scheidung kann z. B. auch wegen der Kündigung eines Ehegatten durch den Arbeitgeber beider Ehegatten wegen der zwischen ihnen bestehenden Spannungen eintreten. Die zeitweilige Sperrung des Arbeitslosengeldes nach § 199 N r . 1 und 2 AFG hindert nicht die Aufnahme der Erwerbstätigkeit. Die freiwillige Aufgabe einer angemessenen Erwerbsstelle anläßlich der bevorstehenden Scheidung erfüllt zwar auch die Voraussetzung der Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit zu einem nach § 1573 maßgeblichen Zeitpunkt, jedoch ist der Unterhaltsanspruch hier in der Regel nach § 1579 Abs. 1 N r . 3 wegen mutwilliger Herbeiführung der Bedürftigkeit beschränkt oder ausgeschlossen. Wenn die familiären Konflikte durch das Streben nach Alimentierung zum Anlaß genommen worden sind, dem Lebenskampf auszuweichen (zur sogenannten Rentenneurose vgl. i. e. § 1572 Anm. 12), besteht kein Unterhaltsanspruch. Aber auch dann, wenn die Arbeitsstelle nicht wegen der Scheidung, sondern aus sonstigen Gründen aufgegeben worden ist, kann die Bedürftigkeit im Sinne des § 1579 Abs. 1 N r . 3 selbst herbeigeführt worden sein, wenn nunmehr eine neue Arbeitsstelle nicht gefunden werden kann (die Unterscheidung von Brühl, Unterhaltsrecht 3. Aufl. Rdn. 551 zwischen Arbeitsunlust und sonstiger Mutwilligkeit ist nicht mehr haltbar), jedoch ist der Arbeitsplatzverlust durch strafbare H a n d l u n g nicht in jedem Fall eine mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit. Andererseits muß auch der Ehegatte anspruchsberechtigt sein, der bisher eine unangemessene Erwerbstätigkeit bei Scheidung aufgegeben hat (Begr. S. 125), weil Opfer, die mit Rücksicht auf eine bestehende Ehe erbracht wurden, jetzt nicht mehr erwartet werden können (Begr. S. 125). V o r allem kann der Ehegatte, der über das Zumutbare hinaus gearbeitet hat, nicht schlechter gestellt werden, als der während der Ehe nicht erwerbstätige Ehegatte, zumal die unzumutbare Arbeit vielfach im Vertrauen auf die Sicherung durch die Ehe oder zur Erhöhung des Familienwohlstandes ausgeübt worden sein kann. Wird eine solche nicht angemessene Arbeit weiterhin versehen, sollen diese Einkünfte entgegen den früheren — nur auf den Fall der Unterhaltsentziehung abgestellten — Entwürfen nicht anzurechnen sein, sofern der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind nach Billigkeitsgrundsätzen anzurechnen (§ 1577 Abs. 2). Bisher ist die Anrechnung von Einkünften aus einer der Lebensstellung und der Vorbildung nicht entsprechenden Arbeit anders als bei ausgeübter Beschäftigung trotz gesundheitlicher oder altersbedingter Behinderung angenommen worden (Brühl a. a. O. Rdn. 528). In Z u k u n f t kommt es nach § 1577 Abs. 2 vor allem auf die wirtschaftlichen Verhältnisse an, so daß nicht jeder Zuverdienst bei gesicherten wirtschaftlichen Verhältnissen anrechnungspflichtig ist (vgl. i. e. § 1577 Anm. III, § 1570 Anm. V 2c), wenn eine unzumutbare Beschäftigung vorliegt. 2. Angemessenheit der Beschäftigung Auch der bisher nicht berufstätig gewesene Ehegatte braucht nicht jede, son160

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 3 II 3

dem nur eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben (§ 1574 Abs. 1), anders u. U. bei eingeschränkten wirtschaftlichen Verhältnissen, vgl. auch insoweit § 1574. Inwieweit eine Beschäftigung angemessen ist, ist in § 1574 gesetzlich erläutert. Neben Beruf (Ausbildung), Fähigkeiten, Lebensalter und Gesundheitszustand ist auch auf die ehelichen Lebensverhältnisse abgestellt, was lange streitig war (vgl. Lange FamRZ 1972, 225, Held FamRZ 1971, 494), aber im wesentlichen der bisherigen Rechtsprechung entspricht. Hinsichtlich der Bestimmung der Angemessenheit nach diesen Merkmalen in einzelnen wird auf die Anm. zu § 1574 Abs. 2 verwiesen. Alter und Gesundheitszustand, z. B. bei einer nach vielen Fehlgeburten gesundheitlich anfälligen Frau, können auch bei Fehlen der Voraussetzungen der §§ 1571, 1572, 1576 Unterhaltsansprüche begründen, soweit eine diesen Umständen Rechnung tragende angemessene Arbeitsstelle nicht erlangt werden kann (vgl. § 1574 Abs. 2). Die Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse ist keine Frage des Klassenhalts (so Schwab, Probleme des Unterhaltsrechts nach der Scheidung, FamRZ 72, 242), sondern trägt dem Umstand Rechnung, daß der nicht erwerbstätig gewesene Ehegatte durch seinen häuslichen Einsatz dem erwerbstätig gewesenen Ehegatten die weitere Anknüpfung an die durch gemeinsame Gestaltung erworbene Lebensstellung ermöglicht. Deshalb ist auch die Berücksichtigung der Dauer der Ehe (5 1579 Abs. 1 Ziff. 1) für die Zubilligung des Unterhaltsanspruchs, dessen Umfang und Dauer notwendiges Korrektiv, so daß die in jungen Jahren geschiedene kinderlose Ehefrau nach wenigen Ehejahren nicht eine lebenslange Unterhaltung wird fordern können. 3. Ausbildungs- und Umschulungsverpflichtung (Obliegenheit) In mittleren Lebensjahren besteht nach § 1574 Abs. 3 für den geschiedenen Ehegatten die Verpflichtung, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn Fähigkeiten und Gesundheit dies zulassen. Zu den Folgen der Verletzung dieser Obliegenheit vgl. 5 1574 Anm. III. Eine gleichartige Verpflichtung besteht, wenn wegen fehlender Vermittlungsmöglichkeiten ' o d e r anderer Umstände ein Berufswechsel erforderlich wird (vgl. i. e. Anm. § 1574). Solange eine Ausbildung durchgeführt wird, bestehen Unterhaltsansprüche nach § 1575. Nach der Begründung des Eherechtsgesetzes S. 130 soll § 1573 Anwendung finden, weil der Betroffene während der Weiterbildung eine Erwerbsstelle nicht zu finden vermag. Die Regelung des § 1575, die sich nicht auf die Unterhaltsgewährung in H ö h e der Ausbildungskosten beschränkt, würde dadurch weitgehend obsolet. Zu beachten ist, daß der höhere Ausbildungsstand nach Abschluß der Ausbildung für die Bestimmung der angemessenen Erwerbstätigkeit außer Betracht zu bleiben hat (§ 1575 Abs. 3). Dies soll dazu führen, daß der Verpflichtete nicht mit dem Risiko belastet wird, ob der Unterhaltsberechtigte die der Ausbildung entsprechende Berufsstellung erlangt (Begr. S. 132), entspricht im übrigen aber der konsequenten Berücksichtigung der ehelichen Lebensver161

BGB § 1573 III hältnisse. Zu ihre G r e n z e Andererseits können (vgl.

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

beachten ist freilich, daß die Finanzierung der Ausbildung vielfach an der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten finden wird (§ 581). wird häufig öffentliche Ausbildungsförderung erlangt werden i. e. § 1575), die jedoch grds. subsidiär ist.

III. Bemühungen um eine angemessene Beschäftigung Nicht allein die T a t s a c h e , daß der geschiedene Ehegatte nicht erwerbstätig ist, kann den Anspruch auslösen. Es müssen Bemühungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erlangen, erfolglos bleiben (Begr. S. 125). Der Unterhaltsberechtigte wird also bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs dartun müssen, daß er eine solche Beschäftigung nicht zu finden vermag (zur Beweislast Maier-Reimer, Gutachten zum 48. Juristentag 1976 A 76). Ist während der Ehe zeitweise immer wieder die gleiche Beschäftigung ausgeübt worden, kann diese einen Fingerzeig auf die Zumutbarkeit der Beschäftigung darstellen ( B G H F a m R Z 1976, 328, für unangemessene Beschäftigungen und hinsichtlich der Beweispflicht Bosch, F a m R Z 1971, S. 66 Anm. 126). Die Beweispflicht ist jedoch gegenüber dem geltenden Recht unverändert (vgl. § 1570 Anm. V I I I a. A. Lange, Bosch a. a. O . ) . D e r geschiedene Ehegatte wird darlegen müssen, daß er beim zuständigen Arbeitsamt zur Vermittlung gemeldet ist, welche Beschäftigungen ggf. angeboten oder abgelehnt worden sind. Es wird vorgetragen werden müssen, daß er den Anzeigenmarkt verfolgt oder entsprechende Bemühungen eingeleitet hat (z. B. durch Antworten auf Annoncen, Bewerbungsschreiben und dgl.). Ist eine frühere Arbeitsstelle k u r z vor der Scheidung aufgegeben worden, sind an die Beweispflicht besondere Anforderungen zu stellen. D a in vielen Fällen der G r u n d des Arbeitsplatzverlustes streitig sein wird, bedarf es u. U . der Einholung von Auskünften bei dem Arbeitgeber, ggf. auch bei dem früheren Arbeitgeber, über den G r u n d des Arbeitsplatzverlustes.

IV. Dauer des Unterhaltsanspruchs, Nurhausfrauen, Dauer der Ehe Sind die V o r a u s s e t z u n g e n des § 1573 gegeben, ist der Unterhaltsanspruch zeitlich nicht eingeschränkt, solange die anspruchsbegründenden Merkmale gegeben sind. Die Eherechtskommission hatte nach T h e s e II 6 b einen Ausgleichsanspruch für zwei J a h r e und nach T h e s e II 6 c einen Unterhaltsanspruch für zwei J a h r e und danach einen Billigkeitsanspruch vorgeschlagen (Begr. S. 126, F a m R Z 1970, 213, 215). Diese V o r s c h l ä g e sind nicht Gesetz geworden, jedoch werden die tatsächlichen anspruchsbegründenden V o r a u s s e t z u n g e n für kinderlose Ehegatten in mittleren Lebensjahren nicht zeitlich unbeschränkt vorliegen, da vielfach nach einer Übergangszeit eine angemessene Erwerbstätigkeit erlangt werden kann. Die bei Eheschließung die Berufsausübung unterbrechende Ehefrau muß alsbald eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf 162

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1573 V

suchen und darf nicht Jahre warten, um dann erschwert in das Berufsleben zurückzufinden (Lüderitz, Gutachten zum 48. Juristentag B 1 1 4 ) , sofern sie nicht berechtigt eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung nach § 1573 Abs. 3 betreibt. Bei der Nurhausfrau ohne Berufsausbildung ist zu berücksichtigen, daß eine neue Lebenssituation entstanden ist, deren Bewältigung auch bei ernsthaftem Bemühen Zeit erfordert (vgl. Lüderitz a. a. O., Gutachten B 114). Bei ganz kurzer Dauer der Ehe, z. B. wenn sich die 24jährige Stenotypistin von ihrem Ehemann getrennt hat, kann je nach Sachlage nach § 1579 Abs. 1 Ziff. 1 jeder Unterhaltsanspruch u. U. nach einer Ubergangszeit ausgeschlossen sein, auch wenn der Ehemann vermögend ist, sofern nicht bei Vorhandensein von Kindern die Anwendung dieser Bestimmung durch § 1579 Abs. 2 ausgeschlossen ist, vgl. Köhler, Handbuch des Unterhaitsr., 3. Aufl. S. 59. Langjährige Berufsunterbrechung und fortgeschrittenes, die Durchführung einer Ausbildung ausschließendes Alter können zeitlich unbeschränkte Unterhaltsgewährung erforderlich machen. In mittleren Lebensjahren des Unterhaltsberechtigten wird u. U. alsbald Teilzeitarbeit möglich sein, z. B. Ausübung einer Beschäftigung als Sprechstundenhilfe.

V. Absatz 2; Der sog. Aufstockungsanspruch; Teilzeitarbeit, Konkurrenzen mit anderen auf Teilleistung gerichteten Unterhaltsansprüchen Wird eine angemessene Erwerbsfähigkeit erlangt, dadurch der Unterhalt aber nicht voll gedeckt, gilt für den Fehlbedarf § 1573 Abs. 2 (sog. Aufstokkung, vgl. Dieckmann, F a m R Z 1977, 86; Holzhauer, J Z 1977, 7 5 ; Böhmer, J R 1977, 47). Der Anspruch ist nicht so zu verstehen, daß jeder Gehaltsunterschied zu einem Anspruch gegen den höher verdienenden Ehegatten führt. Die in einem Krankenhaus festangestellte Arztin dürfte daher einem Lehrer nicht alimentationspflichtig sein, vgl. auch die Bedenken Dieckmanns a. a. O. und § 1574 Anm. 114 a. E., II 2 b a. E. sowie unten Anm. I X . Bei Teilzeitarbeit ist der Fehlbedarf nicht nach den Einkünften bei voller Ausübung der Erwerbstätigkeit sondern nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen, so daß, insbesondere bei Fortsetzung bisher ausgeübter Teilzeitbeschäftigung, die beiderseitigen Einkommen anzusetzen und nach dem Lebensbedarf aufzuteilen sind (Uber den dabei anzulegenden Maßstab vgl. § 1570 Anm. V 2 b und unten V I I I ) . Ist der Betroffene wegen der Betreuung von Kindern, wegen Alters oder Krankheit teilweise nach den § 1570 bis 1572 unterhaltsberechtigt, teilweise arbeitspflichtig, und kann, soweit Arbeitspflicht besteht, der volle Unterhalt nicht erlangt werden, bleibt der Teilanspruch nach den § 1570 bis 1572 bestehen und der Ünterhaltsanspruch nach § 1573 besteht insoweit, als die Einkünfte aus der angemessenen Erwerbstätigkeit den Restbedarf nicht decken. Grund für die Regelung ist, daß die günstigeren Ansprüche aus den § 1570 bis 1572 nicht verloren gehen sollen (vgl. Begr. S. 127). 163

B G B § 1 5 7 3 VI

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

VI. Absatz 3; Unterhaltsanspruch aus § 1573 nach Wegfall anderer Unterhaltsansprüche Der Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit im Zeitpunkt der Scheidung ist durch § 1573 Abs. 3 der Wegfall der Voraussetzungen der §§ 1570 bis 1572 also des Unterhaltsanspruchs wegen Alters, Krankheit oder Kindesbetreuung deshalb gleichgestellt, weil die Bedürfnislage in Zusammenhang mit der Ehe steht. Sie hat ihren Grund darin, daß sich der Ehegatte nach der Scheidung während bestimmter Zeiten, z. B. während der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, nicht um eine Erwerbstätigkeit bemühen konnte. N a c h Ablauf dieser Zeiten, die dem Nachwirkungsbereich der Ehe zuzuordnen sind, muß er sich um eine angemessene Arbeitsstelle bemühen.

VII. Nachhaltigkeit der Beschäftigung N a c h § 1573 Abs. 1 bis 3 besteht kein Anspruch, wenn sich einige Zeit nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit herausstellt, daß die aufgenommene Tätigkeit nicht weiter oder vorerst nicht weiter ausgeübt werden kann. So kann z. B. der Ehegatte seine Arbeitsstelle wieder verlieren, weil er durch die jahrelange Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe den Anforderungen der übernommenen Tätigkeit nicht gerecht werden kann. Auch solche Fälle gehören zum Nachwirkungsbereich der Ehe (Begr. S. 127). Abs. 4 gewährt daher einen Unterhaltsanspruch in Abweichung von Abs. 1 sowohl dann, wenn eine Tätigkeit erst nach der Scheidung aufgenommen worden ist als auch dann, wenn der Ehegatte bereits vor Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft erwerbstätig ist, in beiden Fällen aber die Erwerbstätigkeit nicht nachhaltig war (Begr. S. 128). Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der nachhaltigen Sicherung des Lebensunterhalts verweist die Begründung des Eherechtsgesetzes auf die Rechtsprechung zu § 75 BEG. Nach dieser Vorschrift endet der f ü r die Kapitalentschädigung des Verfolgten zugrunde zu legende Entschädigungszeitraum, wenn eine frühere oder gleichwertige Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, die eine ausreichende Lebensgrundlage bietet. Dabei ist als ausreichend eine Lebensgrundlage anzunehmen, wenn der Verfolgte nachhaltig Einkünfte erzielt hat, die dem Durchschnittseinkommen von Personen mit gleicher oder ähnlicher Berufsausbildung entsprechen. Hatte die Frau schon vor Eheschließung die Tätigkeit als Lehrerin nicht, ausgeübt, kommt es auf die Nachhaltigkeit der Einkünfte aus der zumindest zeitweise in der Ehe ausgeübten Tätigkeit als Hortleiterin an (vgl. B G H R z W 1968, 181), vgl. oben und i. e. § 1574. Soweit im Wiedergutmachungsrecht auf die Beschäftigung in einer vergleichbaren Beamtengruppe abgestellt und f ü r den Einkommensvergleich eine Tabelle mit Einkommensrichtsätzen aufgestellt worden ist (vgl. §§ 12, 13, 3. D.VO zum BEG), ist die Beurteilung nach der H ö h e des Einkommens auf § 1573 Abs. 4 164

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB §1573 VII

nach der H ö h e des Einkommens auf § 1573 Abs. 4 nicht übertragbar, da es auf die Angemessenheit, also den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechende Erwerbstätigkeit ankommt und der Begriff der Nachhaltigkeit insofern von der H ö h e der Einkünfte gelöst ist, als auch eine teilweise Unterhaltssicherung genügt, wenn die Erwerbsstelle den Teilunterhalt ermöglicht und nur die D e k kung des Fehlbedarfs nach § 1573 Abs. 2 erforderlich ist. Nachhaltigkeit ist etwas Dauerndes, nicht etwas Vorübergehendes (Begr. S. 127). O b der Ehegatte seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit nachhaltig sichern konnte, ist danach zu entscheiden, ob vom Standpunkt eines objektiven Beobachters nach objektiven Merkmalen (vgl. K G R z W 1973, 388) und allgemeiner Lebenserfahrung die übernommene Tätigkeit als nachhaltig angesehen werden konnte ( B G H R z W 58; 267; 60, 393; B G H R z W 68, 2 1 6 ; K G R z W 1973, 388; B G H R z W 1969, 196; O L G München R z W 72, 65; K G R z W 1972, 140). Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die bei Beginn der Tätigkeit (a. A. V o g t , F a m R Z 1977, 106; o f f e n b a r auch Dieckmann a. a. O . S. 89, wie hier R z W 1976, 179) überschaubar waren, so daß die Nachhaltigkeit der Tätigkeit zu verneinen ist, wenn das Arbeitsverhältnis aus Krankheitsgründen ( B G H L M N r . 59 zu § 75 B E G ) , wegen seiner zeitlichen Begrenzung ( B G H R z W 1958, 288, 267), wegen Alters des Betroffenen in dem Zeitpunkt, in dem die Beschäftigung aufgenommen worden ist (vgl. auch B G H R z W 1967, 43 und Begr. S. 127), oder aus sonstigen wichtigen Gründen besonders anfällig war. W a r mit dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (z. B. bei fortschreitender Erwerbsminderung bis zu 6 0 % wegen geistigen vorzeitigen Altersabbaus) zu rechnen, ist die Nachhaltigkeit der Erwerbstätigkeit auch dann nicht gegeben gewesen, wenn der Betroffene noch einige J a h r e als Sprachlehrer seinen Lebensunterhalt sichern konnte ( B G H R z W 1969, 196). Bei freiberuflicher Tätigkeit liegt bei längerer, sich regelmäßig wiederholender Tätigkeit für einen oder mehrere Auftraggeber jedenfalls bei nicht nur vorübergehendem Einkommen eine nachhaltige Unterhaltssicherung vor. Auch wenn bei der Beschäftigung in einem längeren Zeitraum in abhängiger Stellung die Möglichkeit jederzeitiger K ü n d i g u n g bestand (vgl. B G H R z W 1958, 4 4 3 ; 60, 3 9 1 ; O L G Frankfurt R z W i 9 6 0 , 174; K G R z W 1973, 388), soll es auf die spätere Entlassung nicht ankommen, wenn die K ü n d i g u n g im Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit nicht voraussehbar war. — Bei Fortsetzung der Tätigkeit ohne Unterbrechung während der Ehe wäre der geschiedene Ehegatte durch Konjunktur- und Wirtschaftslage nicht in gleicher Weise betroffen (Begr. S. 126 zu A b s a t z 1). Die Rechtsprechung im Wiedergutmachungsrecht über die generelle Unbeachtlichkeit konjunktureller Einflüsse (vgl. B G H R z W 1968, 2 1 6 ; 1959, 307) kann nur bei Arbeitsplatzverlust nach längerer Eingliederung in das Berufsleben auf § 1573 Abs. 4 übertragen werden a. A. Dieckmann a. a. O . 90, vgl. aber oben II. Anders bei Aufnahme einer Beschäftigung in einem krisenanfälligen Unternehmen in der H o f f n u n g , sie werde nicht auf Dauer sein (Begr. S. 128). 165

BGB § 1 5 7 3 VIII

1. Teil: Die Vorschrift des BGB

Die Einkünfte brauchen nicht während eines fest bestimmten Zeitraums erzielt sein, weder sind 3 und 5 Jahre in jedem Fall notwendig, noch ein Zeitraum von einem Jahr schlechthin unzureichend (KG R z W 1972, 140, vgl. aber B G H R z W 1967, 550, 551; über die Auffassung der Entschädigungsbehörde vgl. B G H R z W 1968, 32). Erzielt der Betroffene nach kurzer Zeit die erforderlichen Einkünfte nicht mehr, so kann dies darauf beruhen, daß von vornherein nicht mit der erforderlichen Sicherheit damit zu rechnen war, er werde in Z u k u n f t auf Dauer ( B G H R z W 1967, 466, 550) diese Einkünfte haben (KG R z W 1972, 140). Zu berücksichtigen ist auch, daß bei jüngeren Eheleuten die Möglichkeit-des Arbeitsplatzwechsels eher gegeben ist, so daß in derartigen Fällen der Verlust des Arbeitsplatzes bei entsprechenden Bemühungen nicht gleichzeitig zum Verlust der nachhaltigen Unterhaltssicherung führen muß. Bei Frauen in vorgerücktem Lebensalter, die bisher nicht berufstätig waren, sind an die Annahme der Nachhaltigkeit einer Beschäftigung strenge Anforderungen zu stellen, weil Wendigkeit und Erfahrung bei der Behauptung auf dem Arbeitsmarkt fehlen können. Insoweit genügt es nicht, wenn ein halbes Jahr ein ausreichendes Einkommen erzielt wird und die Bürobeschäftigung wegen des angegebenen Arbeitsmangels, in Wirklichkeit u. U. wegen der eingeschränkten Leistungsfähigkeit, verloren geht.

VIII. Maß des Unterhalts Für die H ö h e des Unterhaltsanspruchs gilt § 1578, das heißt, der Unterhaltsanspruch bemißt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen und umfaßt den gesamten Lebensbedarf. Dem Berufstätigen müssen mehr Mittel als dem nicht berufstätigen Ehegatten verbleiben. Deshalb ist auch unter Berücksichtigung des Gleichberechtigungsgrundsatzes davon auszugehen, daß dem Unterhaltsberechtigten mindestens 2/s bis Vu des Einkommens des Verpflichteten zustehen. Dieser bisher angewandte Richtsatz (vgl. § 1570 Anm. V 2 a, insoweit auch die Düsseldorfer Tabelle J M N R W 1976, N r . 24) wird dem Unterhaltsanspruch aus § 1573 besser als den Ansprüchen aus §§ 1570 bis 1572 als ersten Ansatz gerecht. Bei Teilzeitarbeit soll der zu leistende Unterhalt von dem Mehreinkommen des Verpflichteten berechnet werden, vgl. aber § 1570 Anm. V 2b und § 1577. Der Einzelfall entscheidet; er führt zur Abänderung, Ergänzung und Modifizierung allgemeiner Regeln. Zu berücksichtigen ist, daß erhöhte Aufwendungen entstehen, wenn eine Ausbildung durchgeführt wird. Außerdem sind die Mittel f ü r die Erlangung einer angemessenen Arbeitsstelle, also Kleidung, Geldmittel f ü r Bewerbungsunterlagen Bestandteil des Unterhaltsanspruchs aus § 1573, soweit kein Sonderbedarf nach § 1585b vorliegt. 166

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1574

IX. Erlöschen, Verbundvcrfahren, einverständliche Scheidung und Unterhaltsanspruch Für die Fälle eingeschränkter Leistungsfähigkeit gilt § 1581, f ü r den Ausschluß des Unterhaltsanspruchs in Sonderfällen § 1579, vgl. auch oben II a. E. Insbesondere der Anspruch auf Ergänzungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 kann an § 1579 Abs. 1 N r . 1 scheitern. Zum — relativen — V o r r a n g des Unterhaltsanspruchs gegenüber dem eines neuen Ehegatten vgl. § 1582, zum Erlöschen des Unterhaltsanspruchs § 1586, zur gleichzeitigen Entscheidung über Scheidung und Unterhaltsanspruch in Verbundsachen bei entsprechender Antragstellung vgl. § 623 Z P O . , f ü r die Herbeiführung eines Schuldtitels über Unterhaltsansprüche vor Ausspruch der Scheidung in den Fällen einverständlicher Scheidung § 630 Abs. 3 Z P O .

Vorbemerkung vor § 1574 Die grundsätzliche Verpflichtung des geschiedenen Ehemannes bzw. Ehegatten, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, folgt mittelbar aus den §§ 1570 bis 1573, § 1574 regelt in den Abs. 1 und 2 die Frage, ob der geschiedene Ehegatte auf jede oder nur auf eine bestimmte Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann. § 66 EheG a. F. stellte auf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ab, die von dem geschiedenen Ehegatten den Umständen nach erwartet werden konnte. Die Textänderung durch § 58 EheG a. F. bedeutete keine Abweichung von der bis dahin geltenden Rechtslage (so aber noch LG Berlin J R 1948, 163, vgl. auch Vor. § 1573 BGB, ebenso Leer, Unterhalt der geschiedenen Frau bei-Cuny a. a. O. S. 45 ff., richtig Palandt, § 58 EheG a. F. Anm. 3). Die Erwerbstätigkeit mußte und muß zumutbar sein. Dem entspricht die gesetzliche Neuregelung des § 1573 Abs. 1, wobei die Angemesseneheit der Erwerbstätigkeit in Fortentwicklung und Konkretisierung des geltenden Rechts nach fünf in Absatz 2 aufgeführten Merkmalen bestimmt wird (Begr. a. a. O. S. 128). § 1574 (1) Der geschiedene Ehegatte braucht nur eine ihm angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. (2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht; bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind die Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. 167

BGB § 1574 I

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

(3) Soweit es zur Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, obliegt es dem geschiedenen Ehegatten, sich ausbilden, fortbilden oder umschulen zu lassen, wenn ein erfolgreicher Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Übersicht I. II.

III.

Angemessenheit der Erwerbstätigkeit, Allgemeines Die Merkmale der Angemessenheit 1. Enumerative Aufzählung 2. Berufliche Qualifikation a) Allgemein b) Berufswechsel 3. Fähigkeiten 4. Eheliche Lebensverhältnisse 5. Gesundheitszustand 6. Kindesbetreuung Absatz 3: Obliegenheit der Ausbildung und Umschulung

I. Angemessenheit der Erwerbstätigkeit, Allgemeines Angemessen, z. B. bei Kinderbetreuung, kann auch eine teilweise Erwerbsausübung sein. Ist die Erwerbsstelle angemessen, deckt sie aber nicht den nach den ehelichen Lebensverhältnissen gebotenen Unterhalt, gilt § 1573 Abs. 2.

II. Die Merkmale der Angemessenheit 1. Enumerative Aufzählung Für die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit gilt die Legaldefinition des Abs. 2, die die Berücksichtigung aller f ü r die Zumutbarkeit wesentlichen Umstände ermöglicht, a. A. Lange FamRZ 1972, 228. In der enumerativen Aufzählung der zu berücksichtigtenden Merkmale liegt zwar der Vorzug, einer drohenden Rechtszersplitterung entgegenzuwirken, zugleich aber eine Einschränkung des richterlichen Ermessens, zumal .offen bleibt, ob alle ernstlich in Betracht kommenden Kriterien der Beurteilung berücksichtigt sind (Lange, FamRZ 1972, 228), z. B. der Verzicht auf die Übernahme eines eigenen Betriebes und dessen Verkauf bei Eheschließung, die Leistung jahrelanger Überstunden im Betriebe des Mannes. In derartigen Fällen liegen jedoch besondere, für die eheliche Lebensgemeinschaft erbrachte O p f e r vor, die unter den Voraussetzungen des § 1576 einen eigenen Unterhaltsanspruch auch in den Fällen einer nach Abs. 2 angemessenen Erwerbstätigkeit begründen. .2. Berufliche Qualifikation a) Allgemein. Durch die Anerkennung des Wertes der beruflichen Qualifikation wird nicht nur der besonderen l ä g e der Frauen mit akademischer oder 168

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1574 II 2

sonstiger gehobener bzw. spezialisierter V o r - und Ausbildung Rechnung getragen, vgl. Mikat, FamRZ 1970, 345, Anm. 121, so daß die Unterbewertung der beruflichen Qualifikation bei Bestimmung der Lebensverhältnisse gegenüber den Einkommensverhältnissen nicht gerechtfertigt ist (so aber Brühl, Unterhaltsrecht, Rdn. 329 ff., dagegen Köhler, H a n d b u c h des Unterhaltsrechts, H i n weis A 6. Der Optikergeselle braucht nach 25jähriger Berufsausübung auch aus körperlichen Gründen nicht als Steinträger, eine Laborantin nicht als Zugehfrau zu arbeiten. Ein Buchhalter oder Programmierer braucht sich nicht durch Ladeeinsatzbetriebe vermitteln zu lassen, wenn >auch generell der Übergang von einem Angestellten — in ein Arbeitsverhältnis nicht schon deshalb unzumutbar ist, weil das Arbeitsverhältnis mit körperlicher Arbeit verbunden ist. Die Ärztin braucht nicht als Sprechstundenhilfe zu arbeiten, vgl. Soergel (Lange) EheG § 58 Rdn. 19). b) Berufswechsel. Der geschiedene Ehegatte muß u. U. eine seiner bisherigen Qualifikation vergleichbare Tätigkeit ausüben, vgl. auch § 1246 R V O , der f ü r die Berufsfähigkeit eines Versicherten den Kreis der Tätigkeiten f ü r zumutbar hält, der seinen Kräften und Fähigkeiten entspricht und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden könnte. Die Auffassung Köhlers, Unterhaltsrecht, S. 25, daß Personen mit abgeschlossener gehobener Berufsausbildung ein Berufswechsel im Regelfall nicht zuzumuten ist, ist durch die hierzu in Abs. 3 festgelegte Verpflichtung überholt. Dies "gilt erst recht, wenn es sich um eine ohne Umschulung mögliche Beschäftigung mit gleichen Tätigkeitsmerkmalen handelt, z. B. bei der Tätigkeit eines Registrators, die sowohl als Angestellter wie als Beamter ausgeübt werden kann, oder die Tätigkeit des Tierbetreuers, die sowohl im Arbeits- als auch im Angestelltenverhältnis versehen werden kann. Auch ein Uberwechseln in einen weniger qualifizierten Beruf bei verbesserten Einkommensverhältnissen ist zumutbar, LG H a m b u r g DA Vorm. X X X V , 249; O L G Celle N J W 1971, 718). Die berufliche Qualifikation geht verloren, wenn durch einen anderen Lebensweg endgültig eine andere Laufbahn eingeschlagen wird, vgl. Brühl a. a. O. Rdn. 332, z. B. andauernde Tätigkeit eines Rechtsanwalts als kaufmännischer Angestellter, des Arztes als Arzneivertreter, vgl. auch LG Dortmund DA Vorm. X X X , 281). Der Abschluß der vorberuflichen Ausbildung, z. B. Ablegung der Reifeprüfung, ermöglicht die Erlangung einer höheren Lebensstellung, begründet diese aber anders als die Hochschul-, Fachschul- oder gewerbliche Ausbildung mit entsprechender Abschlußprüfung noch nicht, Brühl a. a. O. Eine hypothetische Betrachtungsweise über die ohne Eheschließung eingetretene voraussichtliche berufliche Entwicklung, also z. B. das Erreichen einer höheren Dienstaltersstufe oder einer Beförderung, wie sie für den ursprünglich vorgesehenen Unterhaltsanspruch wegen des Eintritts von Versorgungsnachteilen (§ 1577 in 169

BGB § 1574 II 3

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

der Fassung des Entwurfs der Drucksache 260/73) vorgesehen war, kann nicht entscheidend sein, vgl. auch die Thesen Roths, FamRZ 1970, 111, aber auch Mikat, FamRZ 1970, 345 Anm. 121. U. U. ist die Arbeitsstelle mit einer geringer dotierten Besoldung angemessen, aber eine Ausgleichsunterhaltszahlung zu erbringen (LG Nürnberg-Fürth, FamRZ 1962, 70), soweit die ehelichen Lebensverhältnisse dies rechtfertigen, vgl. 5 1573 Abs. 2. Allgemein angespannte wirtschaftliche Verhältnisse, z. B. wenn der Unterhalt anders nicht sichergestellt werden kann oder sonstige persönliche Umstände dies gebieten (vgl. O L G Stuttgart, FamRZ 1972, 643), oder die Arbeitsmarktlage können eine erhöhte Arbeitsbereitschaft und die Übernahme einer sonst nicht angemessenen Erwerbstätigkeit fordern. Der Bauarbeiter wird u. U. als Werkstattschreiber, der gelernte Koch als Schiffskoch und der tbc-krank gewesene gewerbliche Lehrer als gewerblicher Angestellter arbeiten können. Auch für Selbständige kann der Ubergang in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis geboten sein, so für den einen Einmannbetrieb unterhaltenden Handwerker bei unzureichendem Gewinn, der eine abhängige Beschäftigung im gleichen Gewerbe aufnehmen muß ( O L G Celle (Strafs.) FamRZ 1971, 106), soweit nicht Aufnahme eines Nebenerwerbs oder Kredite helfen (vgl. O L G Köln, FamRZ 1962, 316ff.). Anders u. U. bei jahrzehntelanger Selbständigkeit in vorgerücktem Alter oder vorübergehenden Schwierigkeiten.

3. Fähigkeiten Neben der beruflichen Qualifikation kommt den Fähigkeiten geringere Bedeutung zu, zumal die Möglichkeiten der Ausübung einer Berufstätigkeit ohne Berufsabschluß bei zumeist vorausgesetzten oder f ü r die Anstellung gegebenen Einstellungsvoraussetzungen gering sind. Daß durch Hobbys oder Selbststudium erlangte besondere Fähigkeiten verwendbar sind, kommt zumeist nur bei innerhalb der Berufe enthaltenen Spezialdisziplinen in Betracht (z. B. f ü r den Richter nach Selbststudium der Volkswirtschaft, f ü r den Mechaniker konstruktive Fähigkeiten). Anders bei schriftstellerischer Fähigkeit. Grds. ist an Fähigkeiten gedacht, die den durch die Ausbildung erworbenen sozialen Status überragen und deshalb bei der Entscheidung, welche Erwerbstätigkeit zumutbar ist, zu berücksichtigen sind. Angemessen in diesem Sinne ist nicht nur eine Tätigkeit, die der konstrekten Ausbildung und den konkreten Fähigkeiten entspricht, sondern auch jede andere Tätigkeit, die zwar außerhalb des erworbenen Berufsbildes liegt, aber dessen Status angemessen ist (Begr. S. 128). Zu der Begrenzung der Verpflichtung zum Einsatz der durch die Haushaltsführung erworbenen Fähigkeiten in der Wirtschaftsführung, z. B. als Hauswirtschafterin, vgl. 4. Für qualifizierte Tätigkeiten ist auch hier berufsqualifizierender Abschluß vorausgesetzt, z. B. f ü r die Tätigkeiten als Küchen- oder Hortleiterin. 170

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 4 II 4

4. Eheliche Lebensverhältnisse § 9 Abs. 1 S. 2 des Diskussionsentwurfs ging noch davon aus, daß ausschließlich auf die Ausbildung und Fähigkeiten abgestellt werden sollte. Die jetzt ausdrücklich vorgesehene Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse ist Folge ihrer Mitgestaltung durch beide Ehegatten, die es dem berufstätig gewesenen Ehegatten ermöglicht, seine Tätigkeit fortzusetzen, während diese Möglichkeiten f ü r die N u r h a u s f r a u nicht bestand (Held, FamRZ 1970, 300). Deren Lage fällt im Gegensatz zu den während der Ehe berufstätig gewesenen Ärztinnen, Rechtsanwältinnen, Unternehmerinnen besonders ins Gewicht (zur Kritik daran, daß vielfach von der Position der berufstätig gewesenen Frauen in qualifizierten Berufen ausgegangen wurde, vgl. Mikar, FamRZ 1970, 346, weitergehend noch Grasnick, Buchbspr. FamRZ 1972, 597. Abs. 2 soll deshalb auch gelten, wenn es sich um Ehen handelt, in denen der Mann einen außerordentlichen beruflichen Aufstieg erreicht hat. Auch in diesem Fall ist der Lebenszuschnitt in der Ehe durch Verzicht der Frau auf eigene Berufstätigkeit und Versorgung der als Unterhaltsleistung anerkannten Haushaltsführung miterarbeitet. Die Ehefrau eines Industriellen mit einem versteuerten Monatseinkommen von 7000,— DM, Dr. phil., aber nie im Beruf gewesen, ist bei Scheidung nach 25jähriger Ehe, wenn sie dem Unterricht in einer Schulklasse nicht mehr gewachsen ist und eine entsprechende Tätigkeit nicht findet, nicht verpflichtet, eine Tätigkeit als Krankenschwester oder in einem fremden Haushalt zu übernehmen (Beispiel von Maier-Reimer, Gutachten A zum 48. Juristentag A 80, vgl. bereits R G H R R 1942, 7, auch Anm. zu § 1570, a. A. wohl nur de lege ferenda Stödter bei Cuny a. a. O. S. 82), ebenso nicht die älter gewordene Frau eines Rechtsanwalts, wenn sie mit 20 geheiratet und nach 30jähriger Ehe geschieden worden ist. Der Selbständigkeit der Haushaltsführung entspricht die Tätigkeit als Wirtschafterin, die je nach Haushaltsgröße mit einem Wert von 500 bis 1000,— D M anzusetzen sein kann (zur Bewertung im Schadensersatzrecht bei Verletzung des Haushaltsführenden i. e. Brühl a. a. O. Rdn. 518; und § 1360 Anm. III). Sie entspricht u. U. aber nicht den ehelichen Lebensverhältnissen. Zu weitgehend Stödter a . a . O . , die nach der Art der möglichen Tätigkeit im Haushalt differenziert, insoweit aber jede Erwerbstätigkeit f ü r angemessen hält, ebenso Erman (Ronke), 5 58 EheG a. F., Rdn. 17 (beschränkt auf die Tätigkeit als Wirtschafterin). Die N u r h a u s f r a u des ausreichend verdienenden Beamten oder Facharbeiters braucht nicht als Hausgehilfin oder Zugefrau zu arbeiten, wohl aber u. U. je nach den Lebensverhältnissen als Verkaufshilfe. Andererseits haben sich die sozialen Verhältnisse vielfach gewandelt, zutreffend Dieckmann a. a. O. FamRZ 1977, 88 Ii. Sp. Eine gesunde 35jährige Frau wird in der Regel den Unterhalt durch eigene (angemessene) Arbeit bestreiten können, vgl. auch LG Bonn, FamRZ 1966, 196 und die Stellungnahme des Rechtsausschusses der evangelischen Frauenarbeit in Deutschland vom 171

BGB § 1574 II 5

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

3. 12. 1969, FamRZ 1970, 74. Deshalb ist auch die ältere Haustochter, die keinen Beruf erlernt hat und nach kurzer Ehezeit geschieden wird, zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet (Beispiel von Maier-Reimer, Gutachten A 80), ebenso das junge Mädchen ohne Beruf nach drei bis f ü n f j ä h riger Ehe (Maier-Reimer A 80). Diese kann zwar nach §§ 1573, 1575 auch Unterhalt verlangen, der aber nur auf die Finanzierung einer Ausbildung geht und während der Ausbildung besteht. U. U. muß auch die vor der Ehe ausgeübte Berufstätigkeit, vgl. Hoffmann-Stephan, § 58 EheG a. F., Rdn. 53 aufgenommen werden. Aus einer längeren Nichtausübung einer Berufstätigkeit ist noch nicht zu schließen, daß der vor der Ehe ausgeübte Beruf nicht angemessen war. Die Ehefrau eines Arztes wird nach kurzer Zeit als Sprechstundenhilfe, die Ehefrau eines 1. Staatsanwalts als Heilgymnastin arbeiten können, wenn sie die entsprechende Vorbildung besitzen, diesen Beruf früher ausgeübt haben oder die Fähigkeit dazu besitzen. In derartigen Fällen wird u. U. teilweise Unte;rhaltsleistung nach Maßgabe von § 1573 Abs. 2 in Betracht kommen. Im Ergebnis werden i. a. aber nur ältere Nurhausfrauen zeitlich unbeschränkt Unterhaltsleistungen fordern können, Frauen in mittleren Lebensjahren f ü r eine Übergangszeit oder je nach den Umständen bis zur Eingliederung in das Erwerbsleben. 5. Gesundheitszustand Der Gesundheitszustand und das Lebensalter sind f ü r die Möglichkeit der angemessenen Erwerbsausübung wesentlich. Bei der Jahrzehnte Kinder und Haushalt betreuenden Lehrerin ist zu prüfen, ob sie den Anforderungen des Berufs körperlich und geistig noch gewachsen ist, vgl. oben und R G H R R 1942, 7. Dies kann auch f ü r die 40jährige Frau gelten, die nach mehreren Fehlgeburten und Erziehung von drei Kindern nur insofern beruflich vorgebildet ist, als sie Schreibmaschineschreiben erlernt oder angenommen hat. Hier bestehen auch dann Unterhaltsansprüche, wenn die Voraussetzungen der §§ 1571, 1572 nicht gegeben sind. Zu berücksichtigen ist aber auch, daß Frauen körperlich schwere Arbeiten (Traktorenfahrten, Bauhelferarbeiten) nicht zu übernehmen brauchen, da die Gleichberechtigung nicht ausschließt, biologische Unterschiede in Rechnung zu stellen. Der Gesundheitszustand befreit jedoch nicht von der Verpflichtung zur Ausübung einer der erworbenen Qualifikation und den Fähigkeiten entsprechenden vergleichbaren Tätigkeit, u. U. also den unfallgeschädigten Arbeitnehmer nicht von der Übernahme einer Tätigkeit als Fahrstuhlführer, wenn diese Tätigkeit den ehelichen Lebensverhältnissen nicht gänzlich unangemessen ist, vgl. auch oben Anm. II 2 b. 6. Kindesbetreuung Die Berücksichtigung der Pflege von Kindern ist ausdrücklich vorgeschrieben. Umstände, die während der Erziehung von Kindern die Aufnahme Verpflichtung zu einer Erwerbstätigkeit berührt hätten, wie Zahl der Kinder, Art und Umfang der Betreuung (kranke Kinder, Halbtagsbetreuung) können hier 172

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B Vor § 1575

auch für die Verpflichtung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit entscheidend sein (vgl. i. e. § 1570 Anm. II), besonders, wenn die Frau keinen Beruf erlernt hat, nach der Wahrnehmung von Erziehungsaufgaben in einer kinderreichen Familie aber gesundheitlich verbraucht ist und sich im vorgerückten Alter befindet.

III. Absatz 3: Obliegenheit der Ausbildung und Umschulung Die durch Abs. 3 begründete Obliegenheit des Ehegatten zur Ausbildung, Weiterbildung oder Umschulung ist nicht verletzt (vgl. i. e. § 1575), wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte nach Beendigung seiner Weiterbildung ein Alter erreicht haben würde, in dem eine Erwerbstätigkeit von ihm nicht mehr erwartet werden kann. Eine Weiterbildung kommt ferner dann nicht in Betracht, wenn der Ehegatte nicht über die geistigen und körperlichen Fähigkeiten verfügt, die eine erfolgreiche Weiterbildung voraussetzt (vgl. auch oben). Liegen keine Hindernisse in der Person des Betroffenen vor und lehnt der Unterhaltsberechtigte die Erfüllung der Obliegenheit aus § 1574 Abs. 3 ab, besteht keine Möglichkeit sie zu erzwingen (Begr. S. 130). Die Unterlassung kann jedoch der Unterhaltsforderung mit der Folge entgegengehalten werden, daß anzunehmen ist, daß der Unterhaltsberechtigte nach Ablauf des vermutlichen Zeitraumes der Umschulung eine angemessene Arbeitsstelle erlangt hätte, also in der Lage gewesen wäre, eine angemessene Arbeitsstelle nach § 1574 Abs. 2 zu finden. Diese Annahme wird nicht dadurch berührt, daß die nach der Umschulung erreichte berufliche Qualifikation bei Bestimmung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit außer Betracht bleibt, denn diese Regelung (§ 1575 Abs. 3) will letztlich den Verpflichteten von dem Risiko befreien, ob bei entsprechenden Bemühungen des Verpflichteten eine der erreichten höheren beruflichen Qualifikationen entsprechende Arbeitsstelle hätte erlangt werden können. Kann eine angemessene Arbeitsstelle ohne Durchführung einer Ausbildung erlangt werden, muß diese Tätigkeit ergriffen werden (Lange, FamRZ 72, 229).

Vorbemerkung vor § 1575 Um Nachteile auszugleichen, die für das berufliche Fortkommen durch Eheschließung entstanden sind, wird der geschiedene Ehegatte vielfach öffentlichrechtliche Ausbildungshilfen in Anspruch nehmen. In Betracht kommen: 1. Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. 2. Förderung nach dem Arbeitsförderungsgesetz. 3. Förderung nach dem Gesetz über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen (Graduiertenförderungsgesetz vom 2. September 1971 (BGBl. I S. 1465). 173

BGB § 1575

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

4. Förderung nach dem B S H G . 5. Sonstige Förderungsmöglichkeiten. Diese Förderungsmöglichkeiten sind im allgemeinen subsidiär, scheiden also aus (ganz oder zum Teil), wenn privatrechtliche Unterhaltsansprüche bestehen (vgl. § 1575 Anm. VII, i. e. § 1575 Anm. VI). Für geschiedene Ehegatten ist ein privatrechtlicher Ausbildungsanspruch überwiegend schon bisher bejaht worden (vgl. LG Bonn FamRZ 1961, 314; O L G Schleswig, SchlHA 1967, 55; Lange FamRZ 1971, 483 (Anm. 21) FamRZ 1972, 229 Anm. 27, Soergel (Donau), 10. Aufl. § 58 EheG. Rdn. 19); vgl. aber über die streitige Frage eines Ausbildungsanspruchs unter Ehegatten, § 1360 a Anm. II 2 und die Ubersicht bei Ruhland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit, S. 23 Anm. 10 unter Hinweis u. a. auf abw. Auff. von Blanke, FamRZ 1969, 395 (399) und O V G Münster, Urteil vom 3. 9. 1965 V I A 1028/64; der Ausbildungsanspruch wurde schon lange gefordert von Knorn, FamRZ 1966, 603. Durch § 1575 ist nunmehr f ü r Ausbildungs-, Fortbildung- und Umschulung ein besonderer Anspruchstatbestand geschaffen w o r den. § 1575 (1) Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen hat oder abgebrochen, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluß der Ausbildung zu erwarten ist. Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen. (2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen läßt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind. (3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte' höhere Ausbildungsstand außer Betracht. Übersicht I.

174

Ausbildungsanspruch 1. Abbruch der Ausbildung in Erwartung der Ehe 2. Ausbildung a) Begriffliches und Inhalt, ursprüngliche Ausbildungserwartung b) D u r c h f ü h r u n g einer entsprechenden Ausbildung

Scheidung der E h e — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

II.

III.

IV. V.

VI.

VII.

B G B § 1575 I 1

c) Ausbildung entsprechend den Erwartungen o h n e R ü c k sicht auf eheliche Lebensverhältnisse d) G r e n z e bei E r l a n g u n g einer angemessenen Beschäfti-g u n g , insoweit Berücksichtigung ehelicher Lebensverhältnisse 3. E i g n u n g a) E r w a r t u n g des erfolgreichen Abschlusses der Ausbild u n g , Alter des Ehegatten b) U m f a n g der Ausbildung 4. Zeitliche B e g r e n z u n g a) A u f n a h m e der Ausbildung b) Beendigung der Ausbildung Fortbildung und U m s c h u l u n g 1. Fortbildung a) Fortbildung, Begriff, Inhalt und Fortbildungsmaßnahmen b) eheliche bzw. ehebedingte Nachteile 2. U m s c h u l u n g 3. D a u e r von Fortbildung und U m s c h u l u n g B e s c h r ä n k u n g oder Ausschluß des Ausbildungsanspruchs a) aus G r ü n d e n familiärer Pflichten b) bei feststehender Nichterlangung einer Erwerbstätigkeit Obliegenheit Maß des Unterhalts 1. Verhältnis der B e m e s s u n g des A n s p r u c h s zum BAFöG 2. Inhalt des A n s p r u c h s Öffentlich-rechtliche A u s b i l d u n g s f ö r d e r u n g 1. B u n d e s a u s b i l d u n g s f ö r d e r u n g s g e s e t z 2. Arbeitsförderungsgesetz 3. G r a d u i e r t e n f ö r d e r u n g s g e s e t z 4. Ausbildungshilfen nach dem Bundessozialhilfegesetz 5. S o n s t i g e Ausbildungshilfen und Ausbildungsförderung (BVG, LAG) Verhältnis des Unterhaltsanspruchs aus 5 1575 B G B zur öffentlich-rechtlichen A u s b i l d u n g s f ö r d e r u n g s f ö r d e r u n g (subsidiäre und nicht subsidiäre F ö r d e r u n g )

I. Ausbildungsanspruch 1. A b b r u c h d e r A u s b i l d u n g in E r w a r t u n g d e r E h e V o r a u s s e t z u n g f ü r d i e A n w e n d u n g d e s § 1 5 7 5 ist, d a ß z u r Z e i t d e s A b b r u c h s o d e r der N i c h t a u f n a h m e einer A u s b i l d u n g die k o n k r e t e E r w a r t u n g der

Ehe-

s c h l i e ß u n g v o r g e l e g e n hat. N i c h t e r f o r d e r l i c h w i r d d e r N a c h w e i s , d a ß die A u s b i l d u n g w e g e n d e r E h e u n t e r b r o c h e n w i r d , weil d a n n i m - E i n z e l f a l l e i n e u r s ä c h liche V e r k n ü p f u n g n u r s c h w e r festzustellen w ä r e . Z w a r

brechen

nicht

alle

F r a u e n w e g e n der E h e ihre B e r u f s a u s b i l d u n g ^ ) . D e r A b b r u c h der A u s b i l d u n g 175

BGB § 1575 I 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

hat bisweilen andere Gründe, etwa Unzufriedenheit mit dem zunächst angestrebten Beruf. Der Entwurf (Begr. S. 131) nimmt jedoch wegen des häufig kaum feststellbaren Kausalzusammenhanges zwischen Eheschließung und Abbruch der Ausbildung in Kauf, daß auch bei Abbruch der Ausbildung während der Ehe aus nicht rein ehebedingten Gründen ein Anspruch auf Fortsetzung der Ausbildung besteht, zumal in den meisten Fällen die Ausbildung im Einverständnis mit dem anderen Ehegatten nicht aufgenommen oder abgebrochen sein dürfte (Begr. S. 131). Der Anspruch ist jedoch nicht gegeben, wenn die Ausbildung ohne Erwartung einer konkreten Ehe oder lange Zeit vor Eintritt einer solchen Erwartung abgebrochen worden ist, z. B. wenn entgegen dem Willen der Eltern die höhere Ausbildung mit der mittleren Reife beendet worden ist, bevor jetzt die geschiedene Ehefrau den späteren Ehemann überhaupt kennengelernt hatte. Die Ablegung des Abiturs ist hier nicht in Erwartung der konkreten Ehe unterblieben, ebenso bei Abbruch der Ausbildung für den gehobenen Finanzverwaltungsdienst vor Eingehung der Ehe nach Nichtbestehen der Abschlußprüfung (vgl. LG Zweibrücken FamRZ 1975, 296, Fall des § 1610 Abs. 2 a. F.) oder der Lehre im Alter von 15 Jahren, um als Hilfsarbeiter über das Lehrgeld hinausgehende Einkünfte zu erzielen. Anders, wenn dem Zuverdienst in Erwartung der Ehe der Vorzug vor Beendigung der Ausbildung gegeben worden ist. 2. Ausbildung a) Begriffliches und Inhalt, ursprüngliche Ausbildungserwartung. Der Begriff Ausbildung hat sowohl die berufliche Bildung (vgl. § 37 AFG), zumeist mit dem Ziel der Ablegung der die Berufsausübung voraussetzenden Abschlußprüfung, als auch die Nachholung und Vervollständigung der schulischen Voraussetzungen f ü r die sich anschließende Ausbildung für einen konkreten Beruf zum Gegenstand. Soweit die berufliche Bildung in Betracht kommt, muß sich die Ausbildung auf einen bestimmten Beruf, ein konkretes Berufsziel beziehen (BSG N J W 1965, 75) sowie Zeit und Arbeitskraft des Ausbildenden in Anspruch nehmen (vgl. O V G Hamburg FamRZ 1974, 478), aber anders als nach § 2 Abs. 5 des BAföG nicht notwendig, ausschließlich und überwiegend, wenn die Ausbildung neben Teilzeitarbeit durchgeführt wird. Bei sogenannten Frühehen, bei denen zumeist nur der Volksschulabschluß vorlag, kommt die Durchführung oder der Abschluß einer Lehre in Frage, soweit dies der ursprünglichen Zielrichtung entsprach und die Ausbildungserwartung feststellbar ist. Nach Erlangung der mittleren Reife kommt der Besuch einer Fachschule, vor allem aber die kaufmännische Ausbildung (als kaufmännische Angestellte, Stenotypistin), der Hauptschulabschluß oder die Nachholung des Abiturs durch Besuch eines Abendgymnasiums in Betracht (vgl. auch unten Anm. VI zur öffentlich-rechtlichen Ausbildungsförderung). Fraglich und i. d. R. zu verneinen ist, ob der Besuch des Aufbaugymnasiums und der anschließende Beginn des Lehrerstudiums (vgl. LG Bochum DA Vorm 1972, 176

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1575 I 2

415 ff.) zu alimentieren ist, mag auch davon auszugehen sein, daß nach Erlangung der Abschlußprüfung an einer Fachhochschule i. a. ein Studium an einer Hochschule in derselben Fachrichtung beabsichtigt ist (vgl. AG Clausthal-Zellerfeld, FamRZ 1975, 114). Anders f ü r ein Vollstudium der Rechtswissenschaft nach Ablegung der Inspektorenprüfung (OLG Stuttgart FamRZ 1976, 381, vgl. aber LG Lübeck FamRZ 1976, 715). Vielfach wird der Anspruch schon an bestehenden angemessenen Erwerbsmöglichkeiten oder an der kurzen Dauer der Ehe (§ 1579 Abs. 5 N r . 1) scheitern. b) Durchführung einer entsprechenden Ausbildung. Es genügt die D u r c h f ü h rung einer der erwarteten Ausbildung entsprechenden Ausbildung, f ü r die die Bestimmung des § 1246 Abs. 2 R V O (eine den Kräften und Fähigkeiten unter Berücksichtigung der bisherigen Ausbildung entsprechende Berufstätigkeit) Anhaltspunkte geben kann. Identität der Ausbildung mit der in Erwartung der Ehe abgebrochenen Ausbildung ist nicht vorausgesetzt. Zu einer entsprechenden Ausbildung gehört der Wechsel von der zunächst beabsichtigten Ausbildung als Fakturistin zur Kontoristin, vom Werkmeister zum Techniker, von der Bilanzbuchhalterin zur ersten Sachbearbeiterin, von der gelernten Näherin zur Stepperin, von der Fakturistin zur Kassiererin, von der Haushälterin zur Kindergärtnerin und vom Redakteur zum Regisseur. Erst recht fallen hierunter der Ubergang von einem Studium der Betriebswirtschaftslehre zu dem der allgemeinen Volkswirtschaftslehre (vgl. O V G Berlin FamRZ 1974, 270), der von dem der Kunstgeschichte zu dem der Geschichte und Geographie (VerwG Karlsruhe FamRZ 1975, 432). Die Einteilung in Leistungsgruppen nach dem Fremdrentengesetz (bei Fehlen wichtiger Unterlagen f ü r Vertriebene) vom 9. 6. 1965 kann einen Fingerzeig geben, umfaßt aber anders als der Begriff der entsprechenden Tätigkeit in 5 1575 auch nicht vergleichbare Tätigkeiten (Sekretärin, Operationsschwester). Für die N u r h a u s f r a u ist nach jahrzehntelanger Ehe selten noch mit Sicherheit zu beantworten, welche Ausbildung in Erwartung der Ehe abgebrochen worden ist (vgl. Lange, FamRZ 1972, 229, Anm. 31). Unter Umständen kommt die Ausbildung zur Hortleiterin in Betracht, wenn nach jahrzehntelanger Unterbrechung ein Studium nicht mehr aufgenommen werden kann, u. U. auch eine kaufmännische Ausbildung. Für die Aufnahme einer der ursprünglich beabsichtigten Tätigkeit entsprechenden Ausbildung kann auch die Arbeitsmarktlage von Bedeutung sein. Deren Einfluß ist nachgewiesen, wenn die f ü r die Berufsberatung zuständige Behörde (z. B. die Zentralstelle f ü r Arbeitsvermittlung der Bundesanstalt f ü r Arbeit und Arbeitslosenvermittlung) einen Fachrichtungswechsel in einem f r ü her in Aussicht genommenen Studienfach befürwortet (VerwG Karlsruhe a. a. O.). c) Ausbildung entsprechend den Erwartungen ohne Rücksicht auf eheliche Lebensverhältnisse. Entspricht die beabsichtigte Ausbildung den Ausbildungserwartungen, kann grundsätzlich die der Befähigung entsprechende Ausbildung 177

BGB § 1575 I 3

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

gefordert werden (kritisch hierzu Lange, FamRZ 1972, S. 229), also z. B. von der Ehefrau eines Handwerkers die Förderung eines Studiums, so daß die Ausbildung nicht der durch die Ehe erworbenen Lebensstellung zu entsprechen braucht (Begr. S. 131). Zu beachten ist aber, daß der Ausbildungsanspruch unter die allgemeine Grenze der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten gestellt ist (vgl. § 1581), so daß in derartigen Fällen vielfach die finanziellen Möglichkeiten zur Ermöglichung eines Studiums begrenzt sind. Ist der Unterhaltsschuldner zur Erbringung der in § 1578 vorgesehenen Mittel für den vollen Lebensunterhalt in der Lage, muß er jedoch der geschiedenen Ehefrau u. U. eine gegenüber der eigenen Ausbildung qualifiziertere Berufsausbildung ermöglichen. Dies wird Anlaß zu erheblichen Auseinandersetzungen geben. d) Grenze bei Erlangung einer angemessenen Beschäftigung, insoweit Berücksichtigung ehelicher Lebensverhältnisse. Die Ausbildung darf allerdings nur durchgeführt werden, um eine angemessene, den Lebensunterhalt nachhaltig sichernde Erwerbsstelle zu erlangen, scheidet also aus, wenn eine angemessene Erwerbsstelle ohne zusätzliche Ausbildung erlangt werden kann, a. A. Dieckmann, FamRZ 1977, 91; ohne ausdrückliche Erwähnung offenbar auch Pallandt (Diederichsen), § 1575 Anm. 1, 2; wie hier Begr. Drucksache 260/73 S. 132 III a. E.; Holzhauer, J Z 1977, 76; Lange a. a. O. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wirken wegen § 1574 Abs. 2 die ehelichen Lebensverhältnisse auf die Bestimmung der angemessenen Erwerbsstelle zurück, ebenso besondere Fähigkeiten, z. B. wenn eine angemessene Erwerbsstelle ohne die normalerweise vorgeschriebene Ausbildung erlangt werden kann, z. B. die des leitenden Angestellten ohne akademische Ausbildung. Das schränkt die Gewährung des Anspruchs auf Durchführung einer qualifizierten Ausbildung entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers stark ein. Vielfach wird eine nachhaltige Sicherung durch eine angemessene Arbeitsstelle nicht vorliegen (§ 1573 Abs. 4, vgl. dort Anm. VII). Der Ausbildungsanspruch ist jedenfalls nicht gegeben, wenn der Auszubildende ohne N o t den Entschluß für eine Ausbildung faßt, um mehr Geld zu verdienen ( O V G Bremen FamRZ 1974, 665 für das BAföG). 3. Eignung a) Erwartung des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung, Alter des Ehegatten. Geeignet ist der Ehegatte für die Ausbildung, wenn er z. B. hinreichend begabt ist, bei ordnungsmäßigem Studium das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. O V G Berlin zu §§ 9, 15, 48, 51 BAföG, FamRZ 1974, 270). Die Erwartungen des erfolgreichen Abschlusses einer Ausbildung können durch Zulassungsbeschränkungen, aber auch dadurch eingeschränkt sein, daß ursprünglich vorhandene Fähigkeiten wegen des Alters des Betroffenen nicht mehr in vollem Umfang genutzt werden können. Die f ü r die öffentlich-rechtliche Ausbildungsförderung bestimmten Altersgrenzen (unten Anm. VI) gelten für das private Unterhaltsrecht nicht, vgl. auch O V G Bremen FamRZ 1975, 178

Scheidung der Ehe — Unterhalt der geschiedenen Ehegatten

BGB § 1575 I 4

234. In den beamteten Berufen sind f ü r den Vorbereitungsdienst f ü r den Verwaltungsdienst jedoch vielfach Altersgrenzen festgesetzt (vgl. z. B. Berlin LfG vom 5. 6. 1973: für den gehobenen Dienst 30, unter besonderen Voraussetzungen 40 Jahre, für den höheren Dienst 32 bzw. 40, bei freien Bewerbern im Schuldienst u. U. bis zum 50. Lebensjahr), die als Möglichkeiten der Berufsausübung überhaupt auch über den Anspruch aus § 1575 entscheiden. In kaufmännischen Berufen, z. B. als ausgebildete Kassiererinnen, sind Frauen vielfach auch im vorgerückten Alter tätig. Bei Beginn der Ausbildung in fortgeschrittenem Alter kommt es im Hinblick auf den Unterhaltssicherungszweck auch darauf an, ob noch eine angemessene Zeit mit einer Berufstätigkeit gerechnet werden kann (VerwG Kassel FamRZ 1974, 667 zu § 10 II BAföG). Abs. 3 dürfte insoweit nicht entgegenstehen,. b) Umfang der Ausbildung. Besteht ein Ausbildungsanspruch, ist zu beachten, daß sich der Umfang auf die Erreichung des berufsqualifizierenden Abschlusses beschränkt, nicht auf die Erlangung einer selbständigen Lebensstellung geht (vgl. auch § 7 BAusbFG: Ausbildungsförderung bis zum berufsqualifizierenden Abschluß). Die Lehre endet mit der Gesellenprüfung, die Meisterprüfung ist i. d. R. nicht zu alimentieren (anders für den Unterhaltsanspruch gegen Eltern, Brühl a. a. O . 472). Das Hochschulstudium endet mit der Erlangung des Diploms oder Approbation. Eine sehr lange Ausbildung, deren Kosten in keinem Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage der Ehegatten steht, kann unter Umständen die Erwartung eines erfolgreichen Abschlusses ausschließen (Begr. S. 131). 4. Zeitliche Begrenzung a) Aufnahme der Ausbildung. Eine bestimmte Zeit, innerhalb der der Betroffene die Ausbildung aufgenommen haben muß, sieht das Eherechtsgesetz nicht vor. Der zeitliche Hinweis „sobald wie möglich" berücksichtigt ehebedingte Nachwirkungen und die sich daraus ergebenden Umstände des Einzelfalles (vgl. Begr. S. 131), z. B. Begründung eines neuen Wohnsitzes, vorbereitende Planungen und Anmeldung f ü r zeitlich festgelegte Lehrgänge. b) Beendigung der Ausbildung. Das Ausbildungsziel muß in der Zeit erreicht werden, in der eine solche Ausbildung im allgemeinen abgeschlossen wird. N u r für diese Zeit besteht nach § 1575 Abs. 1 S. 2 ein Unterhaltsanspruch. Die Begrenzung ist nicht so zu verstehen, daß über die ordentliche Studiendauer hinaus kein Unterhalt gezahlt wird (vgl. aber das frühere RG, Warn. Rspr. 1915 N r . 146). Die in der Verordnung über die Höchstförderungsdauer f ü r den Besuch von höheren Fachschulen, Akademien und Hochschulen vom 9. 11. 1972 (BGBl. 2076/GVB1. Berlin 2224) f ü r das Berufsausbildungsförderungsgesetz festgelegten Zeiträume für die Studiendauer (z. B. Lehramt an Grundschulen 7 Semester, Medizinstudium 13 Semester, Rechtswissenschaften 9 Semester) sind nicht ohne weiteres maßgebend. Auch sonst ist nicht auf die nach den Studienvorschriften bestimmte Dauer der Ausbildung abgestellt wor179

BGB § 1575 II 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

den, um sicherzustellen, daß der Unterhalt schon dann versagt werden muß, wenn die vorgeschriebene Ausbildungsdauer geringfügig überschritten wird, sich aber noch im Rahmen der Zeit hält, die allgemein f ü r den Abschluß der gewählten Ausbildung benötigt wird. Soweit eine Überschreitung der Ausbildungsdauer in Betracht kommt, sind insbesondere die die Ausbildungsverzögerung, z. B. nach langjähriger Berufsentfremdung, bedingende Dauer der Ehe und das Lebensalter von Bedeutung (Begr. S. 131). In derartigen Fällen muß u. U. auch das einmalige Scheitern in einer Zwischen- oder Abschlußprüfung den ehebedingten Umständen der Ausbildungsverzögerung zugerechnet werden, vgl. auch über die Einwirkung einer Veränderung der Lebensverhältnisse unten Anm. VI 2 und O V G Berlin FamRZ 1974, 270 zu § 15 BAföG. (Während einer zweijährigen Tätigkeit als studentische Hilfskraft an einem Universitätsinstitut f ü r Deutsche Sprache besteht bei maximaler Arbeitszeit von 80 Stunden im Monat genügend Zeit zur Verfügung, um sich auf das Examen vorzubereiten.) Eine besonders zielstrebige Durchführung der Ausbildung muß verlangt werden, wenn sich an das Studium mit sogenannter kleiner Matrikel eine Begabtenprüfung als Voraussetzung f ü r die Zulassung zum Hochschulstudium anschließen soll ( O V G Berlin FamRZ 1975, 357).

II. Fortbildung und Umschulung 1. Fortbildung a) Fortbildung, Begriff, Inhalt und Fortbildungsmaßnahmen. Der vereinzelt schon bisher gewährte Anspruch auf Fortbildung (so Ermann-Bartholomeyczik, § 1360 a Anm. 3, O L G Celle FamRZ 1962, 25, vgl. Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der Sozialen Sicherheit S. 23 Anm. 10) soll dem geschiedenen Ehegatten wieder die Möglichkeit geben, eine vollwertige Kraft im Berufsleben zu werden (Begr. a. a. O.). Eine verstärkte Mithilfe des während der Ehe in seinem Beruf nicht beeinträchtigten Ehegatten ist notwendig, um den anderen Ehegatten unbeschränkt berufstüchtig zu machen (Begr. a. a. O.). Die Begriffe Fortbildung und Umschulung sollen denen des Arbeitsförderungsgesetzes entsprechen. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 29. August 1974 stellt die Tätigkeit der Hausfrau einen Beruf im Sinne der Vorschriften des AFG über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung dar (FamRZ 1975, 207). Auf den Unterhaltsanspruch findet Abs. 1 entsprechende Anwendung, so daß die Fortbildungsmaßnahme auf die Ausübung einer der ursprünglichen Ausbildung (bzw. -Zielen) entsprechenden Berufstätigkeit abzielen kann und muß. Von den in § 43 AFG (vgl. unten Anm. VI) erwähnten Fortbildungszielen kommen, soweit sie nicht schon grundsätzlich ältere Arbeitnehmer betreffen, vor allem der berufliche Aufstieg, im übrigen die Anpassung der Kenntnisse und Fähigkeiten an die beruflichen Anforderungen bei Wiedereintritt weiblicher Arbeitssuchender in das Arbeits180

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 5 II 2

leben in Betracht. In Betracht kommen aber auch der berufliche Aufstieg im Wege der Weiterbildung, z. B. von der Hauswirtschaftsgehilfin zur Wirtschafterin (vgl. DA Nr. 1200/83 vom 9. 9. 1971 TZ 2.81), die Heranbildung von der angelernten Arbeiterin zur Facharbeiterin, des Bautechnikers zum Bauleiter (zur Abgrenzung von der Umschulung vgl. DA vom 9.9. 1971 TZ 3 zum AFG), wenn diese Ausbildungsziele bei Eingehung der Ehe bereits bestanden. Zum Ausgleich besoldungsrechtlicher Nachteile ist schon bisher vereinzelt ein zeitlich befristeter Unterhaltsanspruch — nunmehr z. B. zuzubilligen zum Besuch einer Fortbildungsakademie — gewährt worden (vgl. LG NürnbergFürth FamRZ 1962, 70). b) Eheliche bzw. ehebedingte Nachteile. Für den Anspruch auf Alimentierung der Fortbildung soll nicht entscheidend sein, ob ohne die Fortbildungsmaßnahme eine angemessene Erwerbsstelle, z. B. Aufnahme der Beschäftigung im einfachen Dienst, erlangt werden kann (kritisch hierzu Lange, FamRZ 1972, 229, vgl. aber Begr. S. 132). Deshalb ist hier abweichend von Abs. 1 zu" fragen, wie der geschiedene Ehegatte ohne die berufliche Unterbrechung während der Ehe stehen würde (zu diesem Gedanken vgl. Stödter bei Cuny, Unterhalt und Versorgung der geschiedenen Frau, S. 76). Gedacht ist z. B. an die Frau, die in langjähriger Ehe nicht für ihren beruflichen Aufstieg sorgen konnte, den sie bei nicht unterbrochener Tätigkeit erfahrungsgemäß erzielt hätte (Begr. S. 132). An einem ehebedingten Nachteil fehlt es insbesondere in den oben Anm. I angeführten Fällen. 2. Umschulung Umschulung nach § 47 AFG betrifft den Ubergang in eine andere geeignete Tätigkeit, insbesondere, um die berufliche Beweglichkeit zu sichern und zu verbessern. Aus Abs. 1 und der Beschränkung auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile folgt, daß die Umschulung zu einem der durchgeführten Ausbildung entsprechenden Berufsziel erfolgen muß, z. B. der Steuerinspektorin oder Verwaltungsangestellten zur Volksschullehrerin, vom Chemotechniker zum Ingenieur für Verfahrenstechnik, nicht aber vom Maurer zum Opernsänger, vgl. auch die DA 1200/83 3 ff. Die Umschulung nach § 1575 kann nicht voraussetzen, daß der erlernte Beruf auch ausgeübt worden ist (so BSG vom 5. 6. 1963 für § 47 AFG SGB 74, 202), so wenn z. B. vor Eingehung der Ehe nur der berufsqualifizierende Abschluß erworben ist. Wegen der Beschränkung auf den Ausgleich ehebedingter Nachteile rechtfertigt nicht schon das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BAFöG (vgl. unten Anm. VI 1) die Durchführung einer Umschulung. Es genügt daher für den Umschulungsanspruch nicht der Wechsel vom Kfz.-Mechaniker nach Gesellenprüfung zum Industriedesigner (vgl. AG Niebüll zu § 7 III aus Neigung, FamRZ 1974, 487). Anders, wenn der erlernte Beruf keine ausreichende Lebensgrundlage bietet (vgl. VerwG Berlin FamRZ 1974, 484) und diese Situation zur Zeit der Ehe181

BGB § 1575 II 3

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Schließung nicht bestand (vgl. hierzu Begr. S. 127 und Dieckmann a. a. O. S. 92). Insofern wirkt die Arbeitsmarktlage auf den Umschulungsanspruch ein, so daß die Erlangung einer angemessenen Arbeitsstelle ohne Umschulung den Anspruch aus § 1575 Abs. 2 dann ausschließt, wenn der ehebedingte Nachteil in der Beeinträchtigung der Berufsausübung wegen der Arbeitsmarktlage gesehen werden soll. 3. Dauer von Fortbildung und Umschulung Die Dauer der Fortbildung und Umschulung ist nicht besonders geregelt; sie ist nach den Anforderungen des Arbeitsmarktes veränderlich und wird regelmäßig aus den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes angepaßt sind, zu entnehmen sein, kann in Ausnahmefällen aber auch hier darüber hinausgehen. Für die Fortbildung und Umschulung bestimmen z. Z. § 41 Abs. 3 und 5 47 Abs. 3 AFG eine Dauer von 2 Jahren (bei Fortbildung mit berufsbegleitendem Unterricht keine zeitliche Begrenzung, § 4 1 Abs. 2 AFG, Begr. S. 132 a. a. O.).

III. Beschränkung oder Ausschluß des Ausbildungsanspruchs a) Aus Gründen familiärer Pflichten. Einer Beschränkung unterliegen die Ausbildungsansprüche unter Ehegatten, z. B. wenn der Auszubildende für eigene Kinder aufkommen muß. Mütterliche Pflichten (vgl. Jung, FamRZ 1974, S. 517), aber auch Unterhaltsansprüche der eigenen Kinder können eine Ehefrau an einer Ausbildung hindern und dem Vater die Aufnahme oder Weiterführung eines Studiums unmöglich machen (vgl. LG Mönchengladbach FamRZ 1969, 38, vgl. auch für eine Förderung nach dem BSHG O V G Münster FamRZ 1975, 60). In derartigen Fällen, insbesondere bei Wahrnehmung mütterlicher Pflichten, können sonstige Unterhaltsansprüche bestehen. Ist ein Unterhaltsanspruch nach § 1575 aus diesen oder anderen Gründen nicht gegeben, so kann der Ehegatte daher Unterhalt unter den Voraussetzungen der §§ 1570 bis 1573 BGB verlangen (Begr. S. 131). b) Bei feststehender Nichterlangung einer Erwerbstätigkeit. Steht von vornherein fest, daß eine angemessene Erwerbstätigkeit nach Abschluß der Ausbildung nicht erlangt werden kann, scheidet ein Unterhaltsanspruch nach § 1575 aus (vgl. aber Abs. 3).

IV. Obliegenheit Der möglichen Einschränkung der Ansprüche aus § 1575 steht andererseits eine Obliegenheit zur Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung gegenüber, die bei gegebener Möglichkeit also nicht in das Belieben des Unterhaltsfordernden gestellt ist (vgl. § 1574 Abs. 3). Nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung kann Unterhalt nach § 1573 verlangt werden, wenn nunmehr keine angemessene Erwerbsstelle erlangt werden kann. Hierfür sind die ehelichen Lebensverhältnisse, also die vor Beginn der Weiterbildung ange182

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1575 V 2

messene Erwerbstätigkeit entscheidend. Der Verpflichtete soll nicht mit dem Risiko belastet werden, das entsteht, wenn der Berechtigte sich zu einer Berufsstellung nach Abs. 1 und 2 ausbilden läßt (Begr. S. 131).

V. Maß des Unterhalts 1. Verhältnis der Bemessung des Anspruchs zum BAFöG Das Maß des Unterhalts nach § 1575 bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578) und umfaßt den gesamten Lebensbedarf, der Ausbildungsanspruch naturgemäß auch die Kosten der Schul- und Berufsausbildung, der Fortbildung oder Umschulung nach § 1578 Abs. 2. Zu den Kosten der Ausbildung rechnet § 45 AFG die Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme unmittelbar entstehen, insbesondere Lehrgangskosten, Kosten f ü r Lernmittel, Fahrtkosten, Kosten für Arbeitskleidung, der Kranken- und Unfallversicherung, sowie die Kosten der Unterkunft und Verpflegung, wenn die Teilnahme an der Maßnahme die auswärtige Unterbringung erfordert. Die Versicherung gegen Krankheit ist in § 1578 ausdrücklich erwähnt. Wegen der Berücksichtigung der ehelichen Lebensverhältnisse kann der Ausbildungsanspruch höher sein als die öffentliche Ausbildungsförderung nach dem BerAusFG oder dem AFG, vgl. auch O L G Stuttgart F a m R Z 1976, 382, andererseits aber auch über die angestrebte einheitliche Beurteilung BVerG FamRZ 1976, 471. So beträgt der Förderungssatz f ü r Studenten nach dem BAFöG ab Oktober 1974 z. Z. noch 5 0 0 , - DM*) (§ 13 Abs. 1 Ziff.2, Abs.2 Ziff. 2) (und ggf. (§ 13 (3)) 3 0 , - D M Fahrgeld), der benötigte Betrag 600,— D M (vgl. Jung, FamRZ 1974, 514 unter Hinweis auf eine Vorauswertung der vom Studentenwerk im SS 1973 durchgeführten 7. Sozialerhebung Jus H e f t 5/74 S. VIII, IX). 2. Inhalt des Anspruchs Dem Förderungshöchstsatz für Studenten nach dem BAFöG haben LG Mainz M D R 71, 36 ff. und LG Kassel DA V o r m 1974, 375 ff. (zu § 1610) entsprochen (vgl. hierzu Jung, FamRZ 1974, 375 ff. Anm. 68). Das LG Frankfurt M D R 1968.1010 hat einem Studenten aus wohlhabendem Hause 1 050,— D M einschließlich Autohaltung zugesprochen. Die Bedürfnisse des geschiedenen Ehegatten, der einen Haushalt zu versorgen hat, dürften über den Regelsatz f ü r Studenten hinausgehen, sich also auf % des Einkommens des Unterhaltspflichtigen belaufen (vgl. z. B. § 1570 Anm. V 2 a ) , wobei zu beachten ist, daß die Kosten der Ausbildung zu dem Lebensunterhalt hinzukommen. Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit gilt §1581 (vgl.dazuSchwab,FamRZ 1971,1 ff.). *) N a c h dem Haushaltsstrukturgesetz v o m 18. D e z e m b e r 1975 (BGBl. I 3091) in der Fassung v o m 9. April 1976 (BGBl. I 989/GVB1. 930) 5 5 0 , - D M ( N r . 18 § 2 ) ; in Zukunft nach der am 1. 4. 1977 verabschiedeten B T - D r u c k s a c h e 132/77 580,— D M .

183

B G B § 1575 VI 1

l . T e i l : Die Vorschriften des B G B

VI. Öffentlich-rechtliche Ausbildungsförderung 1. Bundesausbildungsförderungsgesetz N a c h dem Bundesausbildungsförderungsgesetz ( B A F ö G ) i. d. F. vom 22. April 1976 (BGBl. I S. 989/GVB1. 930) werden gefördert (§ 2 ) : a) der Besuch von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Fachoberschulen, b) von Abendhauptschulen, Berufsaufbauschulen, Abendrealschulen, Abendgymnasien und Kollegs. Soweit bis zu den lezten drei Jahren vor der Reifeprüfung eine Verpflichtung zur Berufstätigkeit besteht, wird Arbeitskraft durch den Besuch des Abendgymnasiums nicht überwiegend in Anspruch genommen. D a s schränkt die Förderungsmöglichkeit ein und kann sie ausschließen (vgl. O V G H a m b u r g F a m R Z 1974,478), vgl. oben Anm. I 2, § 2 Abs. 5 B A F ö G . Die D a u e r des Studiums bei Studierenden des zweiten Bildungsweges ist häufig wesentlich kürzer als bei Studierenden des ersten Bildungswegs (vgl. § 30 II des Gesetzes über die Universitäten des Landes Berlin vom 16. 7. 1969, GVB1. S. 9 0 9 ; § 2 9 des Gesetzes über die Fachhochschulen im Lande Berlin vom 27. 11. 1970, GVB1. 1915, vgl. dazu O V G Berlin F a m R Z 1974, 610, zu vergleichbaren Einrichtungen des 2. Bildungsweges auch § 2 B A F ö G ) . c) Berufsfachschulen (täglicher Unterricht ohne Erforderlichkeit einer praktischen Berufsausbildung, kann auch einen Teil der Ausbildung in Betrieben ersetzen) und Fachschulen (zur vertieften beruflichen Aus- und Weiterbildung, täglicher Unterricht). Hier ist in der Regel eine ausreichend praktische Berufsausbildung vorausgesetzt. d) H ö h e r e Fachschulen (z. B. Ingenieurschulen) bauen auf der Fachschulreife oder einer gleichartigen Ausbildung auf. Die in der Regel vorgesehene staatliche P r ü f u n g ermöglicht den Eintritt in einen Beruf mit gehobener Position, unter besonderen Umständen auch die Hochschulreife, vgl. das Gesetz über Fachhochschulen im Lande Berlin oben b). e) Der Besuch von Akademien erfolgt nach mehrjähriger beruflicher Tätigkeit und setzt das Realabschlußzeugnis voraus (über den Besuch der Berliner Verwaltungsakademie vgl. § 111 des Berl. L f G i. d. F. vom 5. 6. 1973). f) Hochschulen (Universitäten, technische Universitäten, p ä d a g o g i s c h e Hochschulen). Uber die F ö r d e r u n g des Besuchs staatlicher Schulen, falls als gleichwertig anerkannt oder von Fernkursen, vgl. § 2 Abs. 2 bis 4 und § 3 BAFöG. In Betracht kommt vielfach die Aufnahme oder Wiederaufnahme eines Studiums, die gleichzeitig in den Anwendungsbereich des § 1575 fällt. V o r a u s s e t z u n g für die Ausbildungsförderung ist Eignung und Leistung (§§ 1, 9 B A F ö G ) , worüber zu bestimmten Zeitpunkten (vom 4. Fachsemester oder über die Ablegung einer zu einem früheren Zeitpunkt vorgesehenen Zwischenprüfung) Leistungsnachweise der Ausbildungsstätten vorgelegt werden müssen. 184

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1575 VI 1

Die Förderung wird f ü r die Dauer der Ausbildung geleistet. Die Förderungshöchstdauer ist durch Erlaß der in § 15 Abs. 4 BAFöG vorgesehenen Verordnung über die Förderungshöchstdauer f ü r den Besuch von H ö h e r e n Fachschulen, Akademien und Hochschulen vom 9. 11. 1972 (BGBl. I 2076, GVBI. Berlin 2224) f ü r die einzelnen Ausbildungsbereiche gesondert geregelt. Eine Uberschreitung aus schwerwiegenden Gründen ist zulässig. In derartigen Fällen kann die Verwaltungsbehörde auch die Vorlage der nach § 48 BAföG erforderlichen Bescheinigungen zu einem späteren Zeitpunkt zulassen. Ehebedingte Verzögerungen bei Abschluß der Ausbildung dürften als solche schwerwiegenden Gründe anzusehen sein, denn T Z 15.3.2. der Verwaltungsvorschrift nennt als schwerwiegende G r ü n d e eine einschneidende Veränderung der Lebensverhältnisse des Auszubildenden; zu einem Fall einer zweijährigen Examensverzögerung vgl. O V G Berlin FamRZ 1974, 271, Grenze der Ausbildungsförderung, die grds. bei Besuch der weiterführenden Schulen ab Klasse 10, bei Realschulen und Gymnasien ab Klasse 5 geleitet werden, ist das 35. Lebensjahr. Wenn Art der Ausbildung oder die Umstände des Einzelfalles eine Überschreitung des Förderungshöchstalters rechtfertigen, ist dies zulässig. T Z 10.3.5. erwähnt als Richtlinie f ü r die Entscheidung darüber unter anderem familiäre Pflichten (Erziehung von Kindern unter 10 Jahren durch die Mutter) und ganz allgemein eine erhebliche Veränderung der individuellen Lebensverhältnisse, die die Aufnahme einer Berufstätigkeit erfordert und hierfür die Fortsetzung der Ausbildung voraussetzt. Die bisher fehlende Chance einer Berufsausübung während der Ehe f ü r die Frau hat schon bisher das O V G Münster FamRZ 1975, 235 als maßgebenden Gesichtspunkt hervorgehoben. Eine Ausbildungsförderung nach Überschreiten der Altersgrenze soll nur gerechtfertigt sein, wenn noch eine angemessene Zeit mit einer Berufstätigkeit gerechnet werden kann, VerwG Kassel FamRZ 1974, 667. Abgeschlossen ist eine Ausbildung (§ 7 BAFöG) mit dem Bestehen der Abschlußprüfung (z. B. Staatsexamen oder Promotion), u. U. innerhalb der Förderungshöchstdauer mit Ablegung des Staatsexamens nach der Promotion oder dem planmäßigen Ende der Ausbildung. Eine Zweitausbildung wird nur unter besonderen Voraussetzungen, insbesondere bei einer auf der ersten Ausbildung basierenden weiteren Ausbildung oder aus sonstigen wichtigen G r ü n den gefördert, z. B. bei Berufswechsel aus Gesundheitsgründen (vgl. auch VerwG Karlsruhe F a m R Z 1975, 114, noch weitergehend O V G Berlin FamRZ 1975, 182), nicht aber, weil die zweite Ausbildung höherstufig ist (LG Wuppertal FamRZ 1976, 378) oder zur Finanzierung aller beruflichen Vorhaben (LG Lüneburg FamRZ 1976, 379, O L G Stuttgart (§ 1610) FamRZ 1976, 381, vgl. aber auch LG Hannover FamRZ 1976, 380). Ausbildungsförderung wird f ü r den Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet (§11 BAFöG). Die Bedarfssätze (für Studenten oben A n m . V 2 ) sind alle zwei Jahre zu überprüfen (§ 35) und u. a. der Veränderung der Lebensunterhaltskosten anzupassen. Zur Einkommensanrechnung (des Auszubildenden, 185

B G B §1575 VI 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

seiner Eltern und des Ehegatten unter Berücksichtigung von Freibeträgen vgl. § 25, bei Besuch von Abendgymnasien nur des Auszubildenden und des Ehegatten § 1 1 Abs. 2). Vorschriften über die Vermögensanrechnung enthalten die §§ 26 ff. Die Ausbildungsförderung wird als Zuschuß oder ganz oder teilweise als unter bestimmten Voraussetzungen zu verzinsendes Darlehen geleistet, bei Besuch von Hochschulen in H ö h e von 130,— D M als Darlehen, gänzlich, z. B. bei Überschreitung der Höchstausbildungsdauer infolge Nichtbestehens einer Abschlußprüfung. Uber die Rückzahlung (innerhalb von 20 Jahren), in der Regel beginnend drei Jahre nach Beendigung der Ausbildung, vgl. § 18 und die Darlehensverordnung vom 31. Mai 1974 (BGBl. I S. 1260). Über den zu stellenden Formularantrag auf Ausbildungsförderung (bei Studenten des Amtes, in dessen Bezirk die Ausbildungsstätte gelegen ist) erteilt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung einen im Verwaltungsrechtsweg anfechtbaren Bescheid (§ 54). RückZahlungsverpflichtungen der Förderungsbeiträge, also auch der Zuschüsse, bei falschen Angaben des Auszubildenden sehen die §§ 20 und 47 a BAFöG vor.

2. Arbeitsförderungsgesetz Das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 25. Juni 1969 in der Fassung vom 18. 12. 1975 (BGBl. I S. 3113) sieht Berufsausbildungshilfen (Zuschüsse und Darlehen) f ü r eine geeignete berufliche Ausbildung in Betrieben und überbetrieblichen Einrichtungen sowie f ü r die Teilnahme an GrundausbildungsFörderungslehrgängen und anderen berufsvorbereitenden Maßnahmen vor. N a c h § 42 AFG werden f ü r die berufliche Fortbildung Personen gefördert, die eine abgeschlossene Berufsausbildung haben und mindestens drei Jahre beruflich tätig waren (ohne abgeschlossene Berufsausbildung sechs Jahre). Zu den Voraussetzungen der Leistung i. e. vgl. auch § 46. § 47 AFG sieht die Förderung von Maßnahmen vor, die das Ziel haben, den Übergang in eine andere geeignete Tätigkeit zu ermöglichen, insbesondere, um die berufliche Beweglichkeit zu sichern und zu verbessern. Zur Förderung des beruflichen Aufstiegs nach § 43 AFG vgl. oben Anm. II 1 a. Die Förderung umfaßt auch die Kosten, die durch die Fortbildungsmaßnahme entstehen (§ 45 AFG, vgl. oben V), bei der Ausbildung mit ganztägigem Unterricht ein Unterhaltsgeld (8t)% des Arbeitsentgeltes gemindert um die gesetzlichen Abzüge). Voraussetzung f ü r die Förderung ist die Eignung des Antragstellers f ü r die angestrebte berufliche Tätigkeit und die Erwartung der erfolgreichen Teilnahme an der Fortbildungsmaßnahme, vgl. auch für die Umschulung § 36 N r . 3 A F G : Berücksichtigung der Lage des Arbeitsmarktes einerseits, schwerwiegender persönlicher Gründe andererseits. Entscheidungen über Anträge trifft der Direktor des Arbeitsamtes. 186

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1575 VII

3. Graduiertenförderungsgesetz Das Gesetz über die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen (Graduiertenförderungsgesetz (GFG) vom 2. September 1971 (BGBl. I 1465) sieht insbesondere (§ 2) die Förderung der Promotion und (§ 3) eines weiteren Studiums vor. Unzulässig ist eine Nebentätigkeit mit Ausnahme einer Tutorentätigkeit und ähnlichen Aufgabenwahrnehmung. 4. Ausbildungshilfen nach dem Bundessozialhilfegesetz Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sieht als Hilfe in besonderen Lebenslagen in §§31 bis 35 Ausbildungshilfe vor. N a c h § 32 B S H G ist berufliche Eignung und entsprechende Leistungen sowie die fachliche Notwendigkeit des Ausbildungsweges und die Sicherung einer ausreichenden Lebensgrundlage durch den geförderten Beruf vorausgesetzt. Die Förderung eines Hochschulstudiums steht im Ermessen der Sozialbehörde. Die §§ 76 ff. B S H G enthalten Vorschriften über den Einsatz des Einkommens und Vermögens, zum Anspruchsübergang nach § 9 1 B S H G vgl. unten Anm. VII.

VII. Verhältnis des Unterhaltsanspruchs aus § 1575 BGB zur öffentlichrechtlichen Ausbildungsförderung (subsidiäre und nicht subsidiäre Förderung) Einkünfte und Vermögen sind auf den privatrechtlichen Unterhaltsanspruch nach § 1577 Abs. 1 und 2 anzurechnen, also z. B. auch Einkünfte aus Teilzeitarbeit neben dem Besuch eines Abendgymnasiums. Förderungsmittel nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sind jedoch keine den Unterhalt mindernden Einkünfte. Soweit ein Unterhaltsanspruch nach § 1575 besteht, sind Leistungen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (diese auch gegenüber dem AFG) und die nach dem Arbeitsförderungsgesetz mit Ausnahme der Leistungen nach den §§41, 47 AFG subsidiär, a. A. f ü r das Berufsausbildungsförderungsgesetz, Dieckmann a. a. O. S. 93. Die Subsidiarität folgt unabhängig von den Anrechnungsvorschriften der §§24 ff. aus § 1 BAFöG. Leistungen z. B. f ü r die Umschulung nach dem AFG sind auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen (Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit S.50). N a c h §40 Abs. 3 AFG kann bei Nichtleistung des Unterhaltspflichtigen ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht gefördert und der Unterhaltsanspruch nach § 38 Abs. 2 i. V. m. § 40 Abs. 3 AFG übergeleitet werden. Die Graduiertenförderung ist eingeschränkt subsidiär, vgl. i. e. § 5 der D V O zum GFG vom 3. 11. 1971 (Ruland a. a. O.). Sozialhilfeleistungen f ü r die Ausbildung sind gegenüber dem Unterhaltsanspruch, aber auch gegenüber anderen öffentlich-rechtlichen Förderungsmaß187

B G B Vor § 1576

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

nahmen subsidiär, vgl. VerGer. H a m b u r g FamRZ 1974, 397; Köln FamRZ 1975, 185, § 2 Abs. 2 B S H G und § 37 Abs. 2 AFG. Zivilrechtliche Unterhaltsansprüche gegen den Verpflichteten können bei Leistungen an den Unterhaltsberechtigten ohne vorherige Realisierung des Unterhaltsanspruchs auf die öffentlich-rechtlichen Leistungsstellen (§§ 90, 91 BSHG), abgesehen von besonderen Härtefällen, übergeleitet werden, vgl. dazu O L G Düsseldorf FamRZ 1976, 154.

Vorbemerkung vor § 1576 Unterhaltsansprüche sind grundsätzlich auf die Tatbestände der §§ 1570 bis 1573, 1575 beschränkt, also auf die Fälle: Bedürftigkeit wegen der Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, Krankheit, Alters, Nichterlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit und den Ausbildungsanspruch. Der Vorschlag einer allgemeinen weitergehenden Billigkeitsklausel (Begr. Drucksache 7/650, Stellungnahme des Bundesrates S. 264) ist nicht Gesetz geworden. Dagegen hat der Rechtsausschuß im Anschluß an die Vorschläge der Eherechtskommission eine positive Härteklausel in den Entwurf eingefügt, die als Auffangtatbestand nach den übrigen Anspruchsberechtigten eingeordnet ist. Der Ausschuß wollte sicherstellen, daß jede ehebedingte Bedürftigkeit erfaßt wird und es durch das Enumerationsprinzip zu keinen Ungerechtigkeiten kommt. Wenn im Gesetz nur die Tatbestände der §§ 1570 ff. enthalten wären, wäre es nicht ausgeschlossen, daß eine Ehefrau keinen Unterhalt bekommt, die in der Ehe weit über ihre Rechtspflichten hinaus dem Ehemann oder sonstigen Familienangehörigen gegenüber besondere Leistungen erbracht oder Belastungen auf sich genommen hat und dann mit der Scheidung konfrontiert wird (Begr. Drucksache 7/4361 S. 17). Insoweit enthält § 1576 keine Ausnahme von dem Grundsatz, daß Unterhaltsansprüche nach der Scheidung an die ehebedingte Bedürftigkeit anknüpfen. § 1576 Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, soweit und solange von ihm aus sonstigen schwerwiegenden Gründen eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann und die Versagung von Unterhalt unter Berücksichtigung der Belange beider Ehegatten grob unbillig wäre. Schwerwiegende Gründe dürfen allein nicht deswegen berücksichtigt werden, weil sie zum Scheitern der Ehe geführt haben. Übersicht I.

188

Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Ausnahmefälle

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten II.

III.

IV.

B G B § 1 5 7 6 II 1

Einzelfälle 1. Wirtschaftliche und nicht wirtschaftliche Belastungen, Alter der Ehegatten, Ausgleich von Belastungen durch die Scheidungsfolgenregelung 2. Belastungen, die nicht mit der ehelichen Lebensgemeinschaft zusammenhängen 3. Die Belange des anderen Ehegatten § 1576 Satz 2 1. Ausschluß von Umständen, die zum Scheitern der Ehe geführt haben 2. Verhältnis von Satz 1 und Satz 2, Begrenzung von Satz 2 Zeitpunkt der Anspruchsberechtigung

I. Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Ausnahmefälle Aus der Ausgestaltung der Vorschrift des § 1576 BGB als Ausnahmetatbestand und Härteklausel folgt, daß die Vorschrift eng auszulegen ist. Es muß eine Härte vorliegen, die die Versagung des Unterhaltsanspruchs unerträglich macht oder als mit der Gerechtigkeitserwartung unvereinbar erscheinen läßt (vgl. B G H Z 46, 343, N J W 1970, 1060, zur Härteklausel des § 1381, Verweigerung der Erfüllung der Ausgleichsforderung wegen grober Unbilligkeit). Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen (vgl. Palandt, § 1381 Anm. 2).

II. Einzelfälle 1. Wirtschaftliche und nicht wirtschaftliche Belastungen, Alter der Ehegatten, Ausgleich von Belastungen durch die Scheidungsfolgenregelung Der Fall der älteren Frau, die den wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg des Mannes gefördert hat,aber selbsteine unterdem ehelichen Lebensstandard liegende Erwerbstätigkeit ausüben müßte, fällt bereits unter §§ 1573, 1574, da die Frau nur zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit verpflichtet ist (vgl. Begr. S. 17, früher § 1575 BGB). Als schwerwiegender Grund im Sinne der Vorschrift kommt z. B. die langjährige, aufopfernde Tätigkeit der jetzt älteren Frau für Beruf und Geschäft des Mannes in Betracht, so, wenn sie unter Zurückstellung eigener Berufsinteressen neben der Haushaltsführung die Karriere des freiberuflich tätigen Mannes gefördert und ermöglicht hat, etwa die Ehefrau des Künstlers durch Übernahme der Terminplanung, Förderung von Abschlüssen, ständige Reisebegleitung. Ebenso, wenn die Frau durch langjährige aufopfernde Tätigkeit ein Geschäft mit aufgebaut hat, dessen Weiterführung erst durch diesen Einsatz der Frau dem Mann ermöglicht worden ist. U. U. ist dann von einer Frau im vorgerückten Alter die Aufnahme einer Tätig189

BGB § 1576 II 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

keit als Buchhalterin nicht z u erwarten, a u c h wenn V o r a u s s e t z u n g e n f ü r einen U n t e r h a l t s a n s p r u c h w e g e n Alters nicht vorliegen. E b e n s o , wenn die F r a u d a s eigene V e r m ö g e n f ü r den A u f b a u der E x i s t e n z des M a n n e s o d e r dessen wirtschaftliche Selbständigkeit eingesetzt hat. U b e r h a u p t k a n n bei mithelfenden Familienmitgliedern, wenn keine A n s p r ü c h e auf V o r n a h m e eines V e r s o r g u n g s ausgleichs bestehen sollten, u. U . f ü r die ältere F r a u ein U n t e r h a l t s a n s p r u c h nach § 1576 v o r Eintritt in d a s Rentenalter g e g e b e n sein. F ü r die A n n a h m e b e s o n d e r e r O p f e r und Belastungen, die in wirtschaftlichen G r ü n d e n liegen, müssen G r ü n d e vorliegen, die nicht d u r c h die S c h e i d u n g s f o l g e n r e g e l u n g als solche, z . B . H a u s r a t t e i l u n g , Z u g e w i n n a u s g l e i c h , ausgeglichen w e r d e n k ö n nen. D i e s e liegen in d e r g e m e i n s a m e n Einrichtung des H a u s s t a n d e s und den d a f ü r getätigten A u f w e n d u n g e n nicht, a n d e r s u. U . bei s o g . Rentnerehen, wenn ein E h e g a t t e die eigene Rente hat kapitalisieren lassen. D e s h a l b k ö n n e n unter § 1576 B G B a u c h die Fälle fallen, w o die b e s o n d e r e n O p f e r bei E i n g e h u n g der E h e erbracht w o r d e n sind. U n a b h ä n g i g v o n wirtschaftlichen und s o z i a l e n V e r hältnissen der E h e g a t t e n ist auch die gesundheitlich v e r b r a u c h t e F r a u anspruchsberechtigt, die ihr Leben f ü r die E r z i e h u n g eines k r a n k e n K i n d e s o d e r in einer kinderreichen Familie eingesetzt hat und nunmehr neu beruflich eine außerhäusliche T ä t i g k e i t a u f n e h m e n müßte. In derartigen Fällen ist a u c h d a r a n z u denken, daß sich der U n t e r h a l t s a n s p r u c h an die U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e nach den § 1570 ff anschließen kann. D i e A u f n a h m e , E r z i e h u n g u n d U n t e r h a l t u n g eines einseitigen K i n d e s des M a n n e s k a n n n a c h E h e s c h e i d u n g e b e n s o unter § 1576, vgl. O L G H a m m z u § 1381, F a m R Z 73, 656, fallen, wie die langjährige B e t r e u u n g eines k r a n k e n blinden o d e r s c h w e r b e s c h ä d i g t e n M a n n e s o d e r K i n d e s , vgl. L G W i e s b a d e n F a m R Z 1973, 658 z u § 1381, wenn d a s f ü r die E h e f r a u z u r H i n n a h m e b e s o n d e r e r Belastungen w ä h r e n d der E h e z. B. d u r c h V e r z i c h t auf eigene Freizeitgestaltung, L e b e n s f r e u d e und b e s o n d e r e n O p f e r n g e f ü h r t hat, z. B. bei überwiegender U n t e r h a l t u n g der Familie d u r c h die F r a u wegen der F o l g e n des A l k o h o l m i ß b r a u c h s des E h e m a n n e s . Stets muß es sich um b e s o n d e r e gewichtige, u n a b w e i s b a r e G r ü n d e handeln. Bei F r a u e n in mittleren L e b e n s j a h r e n ist der U n t e r h a l t s a n s p r u c h nur in A u s n a h m e f ä l l e n b e g r ü n det, z. B. bei b e s o n d e r e n erheblichen V e r m ö g e n s o p f e r n der F r a u , etwa U b e r t r a g u n g eines G r u n d s t ü c k s auf den E h e m a n n o d e r B e t r e u u n g ( l a n g j ä h r i g e r ) des schwer o d e r ansteckend e r k r a n k t e n E h e p a r t n e r s . D i e H e i r a t eines älteren M a n n e s , d. h. der bestehende Altersunterschied als solcher, und dessen A u s w i r k u n g auf die eheliche L e b e n s g e s t a l t u n g ist allein kein s c h w e r w i e g e n d e r G r u n d im Sinne v o n § 1576. E b e n s o nicht der U m s t a n d , daß die n o c h über die e r f o r d e r l i c h e A n p a s s u n g s fähigkeit u n d S p a n n k r a f t v e r f ü g e n d e F r a u keinen Beruf erlernt hat, d a f ü r diesem Fall der A u s b i l d u n g s a n s p r u c h des § 1575 eingreift. D i e F r a u k a n n sich a u c h nicht d a r a u f b e r u f e n , daß in den Verhältnissen, in denen sie a u f g e w a c h s e n ist und die w ä h r e n d d e r E h e b e s t a n d e n , der E r w e r b d u r c h eigene Arbeit nicht üblich w a r . A n b e s o n d e r e n Belastungen der E h e f r a u o d e r des M a n n e s fehlt es, 190

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 6 III 1

wenn sich der Ehepartner nach kurzer Ehe von seinem Partner trennt, beide Ehegatten gearbeitet haben und besondere Opfer füreinander nicht erbracht sind. 2. Belastungen, die nicht mit der ehelichen Lebensgemeinschaft zusammenhängen Nicht unter § 1576 fallen besondere Leistungen und Belastungen eines Ehegatten, die keinerlei Bezug zur Ehe haben, wie hier Dieckmann, F a m R Z 1976, 97; a. A. Schumacher, M D R 1976, 883. § 1576 ist nicht anwendbar, z. B. auf den Fall einer u. U. lange Zeit nach Ehescheidung eingetretenen schweren Erkrankung oder des Siechtums, allgemein bei schweren Schicksalsschlägen nach Ehescheidung (Begr. S. 17). Hieran ist trotz der Streichung „der in den ehelichen Lebensverhältnissen liegenden" Gründe aus der Fassung der Drucksache 7/4361 S. 90 festzuhalten, da die nachehelichen Unterhaltsregelung nicht jede Bedürftigkeit erfassen soll und kann (vgl. dazu § 1569 Anm. I), wobei aber der Rechtsgedanke des § 1573 Abs. IV, hier auch bei einem Unfall unmittelbar nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit, Bedeutung gewinnen kann. Die gegenteilige Auslegung würde die Anknüpfung an die Bedürftigkeit zu den i. e. in den §§ 1570 ff. festgelegten Zeitpunkten gegenstandslos machen, vgl. aber unten IV. Insoweit muß bei nicht ehebedingter Bedürftigkeit die öffentliche Hilfe eingreifen, a. A. Hillermeier, F a m R Z 1976, 579, der jedoch den Bezug zur Ehe ebenfalls nicht außer Betracht lassen kann. Etwas anderes kann nur gelten, wenn bei langer Dauer der Ehe und besonderen Leistungen und Belastungen eines Ehegatten die Versagung des Unterhalts grob unbillig wäre. 3. Die Belange des anderen Ehegatten Die Belange des anderen Ehegatten, z. B. eigene langjährige über die Leistungen des anderen Ehegatten hinausgehende Opfer, z. B. Heirat und langjährige Betreuung einer kranken Ehefrau können den Unterhaltsanspruch ausschließen (vgl. Palandt § 1381 Anm. 2e), besonders, wenn der Ehegatte während des Zusammenlebens kaum wirtschaftlich etwas beigetragen und sich um ein erkranktes Kind unzureichend gekümmert hat (vgl. L G Wiesbaden F a m R Z 1973, 658 zu § 1381). U . U . kann sich der Verpflichtete seinerseits auf die Ausschlußgründe des § 1579 berufen.

III. § 1576 Satz 2 1. Ausschluß von Umständen, die zum Scheitern der Ehe geführt haben Im Hinblick auf § 1376 S. 2 begründen Umstände, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, keine grobe Unbilligkeit. Fehlverhalten im mitmenschlichen Bereich soll nicht zu wirtschaftlichen Sanktionen führen (Begr. a. a. O.). Wenn

191

BGB § 1576 III 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

jedoch die besonderen O p f e r und Leistungen, die der unterhaltsfordernde Ehegatte erbracht hat, zugleich Gründe f ü r das Scheitern der Ehe darstellen, können derartige Umstände den Unterhaltsanspruch nicht ausschließen, z. B. die jahrelange Verletzung der Unterhaltspflicht des Mannes, wenn die Familie durch die jetzt Unterhalt fordernde und bedürftig gewordene Frau unterhalten worden ist und sie durch jahrelange Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit besondere Opfer f ü r die Familie erbracht hat, ebenso bei sinnloser Verschleuderung des Vermögens des jetzt bedürftigen Ehegatten. Im übrigen soll aus Gründen, die gegen das Schuldprinzip sprechen, ein Fehlverhalten im personalmitmenschlichen Bereich nicht zur Zubilligung von Unterhaltsanspruch führen. Unerheblich ist also z. B. jahrelange eheliche Untreue, ferner die Abwendung von der altgewordenen Ehefrau als solche, wenn keine weiteren Anspruchsgründe vorliegen. Anders, wenn persönliches Fehlverhalten zugleich Fehlverhalten auf wirtschaftlichen Gebiet darstellt (vgl. Palandt § 1381 Anm. 2 c) und schwerwiegende, in den ehelichen Lebensverhältnissen liegende Gründe aus wirtschaftlichen Dispositionen oder Leistungen eines oder beider Ehegatten hergeleitet werden können, vgl. auch Hillermeier a. a. O. 2. Verhältnis von Satz 1 und Satz 2, Begrenzung von Satz 2 Die Vorschrift macht es nicht etwa erforderlich, alle Vorkommnisse zu untersuchen, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, um damit zunächst die Sachverhalte auszuschließen, die nach S. 2 nicht berücksichtigt werden dürfen (Begr. S. 31). Der Ehegatte, der einen Unterhaltsanspruch nach 5 1576 geltend macht, hat diejenigen besonderen Umstände vorzutragen, auf die er den Anspruch stützen will. Das ist der Ausgangspunkt f ü r die Beurteilung, welche Umstände nach S. 2 auszuschließen sind, also f ü r die Prüfung, ob ein vorgetragener besonderer Umstand deshalb nicht zu berücksichtigen ist, weil er ein Fehlverhalten im personal-mitmenschlichen Bereich darstellt und zum Scheitern der Ehe beigetragen hat. Gegenstand der richterlichen Beurteilung ist nicht der Verlauf der Ehe, sondern der besondere, zur Unterhaltsbegründung vorgetragene Umstand (Begr. a. a. O.).

IV. Zeitpunkt der Anspruchsberechtigung W a n n der Unterhaltsanspruch geltend gemacht wird, ist gleichgültig, jedoch wird bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs erst lange Zeit nach der Scheidung die Begründung der Anspruchsberechtigung unter Billigkeitsgesichtspunkten, vgl. oben Anm. II 2, nicht oder kaum möglich sein. Allerdings kann sich der Anspruch aus § 1576 auch an den Wegfall anderer Anspruchsgründe aus den §§ 1570 ff. anschließen. Gegenüber den Unterhaltsansprüchen eines neuen Ehegatten ist der Anspruch aus § 1576 nach § 1582 bevorrechtigt. 192

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1577 I

§ 1577 (1) Der geschiedene Ehegatte kann den Unterhalt nach den § 1570 bis 1573 und 1575 und 1576 nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann. (2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet. Einkünfte, die den vollen Unterhalt übersteigen, sind insoweit anzurechnen, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht. (3) Den Stamm des Vermögens braucht der Berechtigte nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. (4) War zum Zeitpunkt der Ehescheidung zu erwarten, daß der Unterhalt des Berechtigten aus seinem Vermögen nachhaltig gesichert sein würde, fällt das Vermögen aber später weg, so besteht kein Anspruch auf Unterhalt. Dies gilt nicht, wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Übersicht I. II.

III.

IV. V.

Das vorausgesetzte Bestehen eines Unterhaltsanspruchs Einkünfte 1. Erzielte und erzielbare Einkünfte 2. Teilzeitarbeit Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit und Anrechnung 1. Absatz 2 Satz 1: D e r Begriff der „nicht vollen" Unterhaltsleistung 2. Absatz 2 Satz 2: Anrechnung nach Billigkeitsgesichtspunkten a) Einzelfälle b) Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Anspruchskonkurrenzen bei mehreren Unterhaltspflichtigen 3. Art der anzurechenenden Einkünfte Vermögenseinkünfte und Vermögensstamm, Pflicht zur Verwertung des Stammvermögens Vermögenswegfall, der Begriff der nachhaltigen Sicherung

I. Das vorausgesetzte Bestehen eines Unterhaltsanspruchs § 1577 setzt einen U n t e r h a l t s a n s p r u c h voraus, der dem G r u n d e nach unber ü h r t bleiben soll. Die V o r s c h r i f t regelt daher nicht das Erlöschen von U n t e r haltsansprüchen; sie bestimmt lediglich, daß im U m f a n g a n r e c h e n b a r e r Eink ü n f t e o d e r a n r e c h e n b a r e n V e r m ö g e n s U n t e r h a l t nicht verlängt werden kann (Begr. S. 135). D a r a u s folgt aber nicht, daß bei Wegfall a n r e c h e n b a r e r Eink ü n f t e der Unterhaltsanspruch jederzeit wieder geltend gemacht werden k a n n ; dies ist n u r nach Maßgabe der §§ 1570—1573, 1575, 1576 der Fall. H a t der 193

BGB § 1577 II 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

geschiedene Ehegatte eine angemessene Erwerbstätigkeit nach der Scheidung erlangt, kann er wegen der durch den späteren Verlust der Erwerbstätigkeit weggefallenen Einkünfte Unterhalt nur dann noch fordern, wenn es ihm nicht gelungen war, den Unterhalt nach der Scheidung nachhaltig zu sichern (vgl. § 1573 Abs. 4). Es muß daher eine Unterhaltsberechtigung nach § 1570, 1571 (Ziff. 2, 3) oder § 1572 Ziff. 2 bis 4 (§ 1576) bestehen, vgl. Begr. Drucksache 7/4361 II 1 S. 32). Der Ausdruck „solange" er den Unterhalt aus seinen Einkünften bestreiten kann, ist nicht unmißverständlich.

II. Einkünfte 1. Erzielte und erzielbare Einkünfte Die Berücksichtigung der anrechenbaren Einkünfte folgt aus dem G r u n d gedanken, daß abgesehen von ehebedingten Nachwirkungen jeder Ehegatte nach der Scheidung f ü r sich selbst sorgen (vgl. Vor. § 1569 und § 1569 Anm. I) soll. Arbeitet der Berechtigte nicht, obwohl er arbeiten könnte, ist das erzielbare Einkommen zugrunde zu legen (vgl. § 1360 Anm. I, vgl. dazu Köhler, H a n d b u c h Unterhaltsrecht 3. Aufl. S. 24). Bei Teilzeitarbeit des Unterhaltsberechtigten ist der Fehlbedarf nicht nach dem Einkommen zu bemessen, das bei voller Ausübung einer Erwerbstätigkeit erzielbar wäre, sondern nach den'ehelichen Lebensverhältnissen (vgl. § 1573 Abs. 2). Es ist daher das Gesamteinkommen beider Ehegatten zu ermitteln, von dem dem Unterhaltsberechtigten bis zu 4 5 % verbleiben müssen (vgl. f ü r die einzelnen Unterhaltsansprüche §1570 Anm. V 2 a, § 1571 Anm. IV 2, § 1573 Anm. VIII). Die Düsseldorfer Tabelle ist insoweit nicht mehr anwendbar, vgl. § 1570 Anm. V 1 b. 2. Teilzeitarbeit Kann von dem Verpflichteten wegen Kindesbetreuung Erwerbstätigkeit nur in beschränktem U m f a n g erwartet werden, sind die Einkünfte aus dieser Erwerbstätigkeit nach Abs. 1 stets anzurechnen, die darüber hinaus durch unzumutbaren vollen Arbeitseinsatz erzielten Einkünfte nur unter den Voraussetzungen von § 1577 S. 2.

III. Einkünfte aus unzumutbarer Arbeit und Anrechnung 1. Absatz 2 Satz 1: Der Begriff der „nicht vollen" Unterhaltsleistung Wie in der ursprünglich vorgesehenen Fassung (Drucksache 7/650 § 1578 Absatz 2 E) ausdrücklich erwähnt war, bezieht sich Abs. 2 nur auf Einkünfte aus einer nicht angemessenen Tätigkeit (so auch Begr. Drucksache 7/4361 S. 32). Ursprünglich sollte ohne die Begrenzung des Abs. 2 S. 2 die Anrechnung derartiger Einkünfte nur dann ausgeschlossen sein, wenn ein Fall der 194

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 7 III 2

Unterhaltsentziehung vorlag, (zu den Einwänden gegen diese Regelung vgl. Lange FamRZ 1971, 484 Ii. Sp.). Für diesen und den Fall der Nichtleistung des vollen Unterhalts scheidet nunmehr die Anrechnung generell — also nicht nur f ü r die den vollen Unterhalt übersteigenden Einkünfte — aus, wie hier Palandt (Diederichsen), § 1577, Anm. 3a, a. A. Dieckmann, FamRZ 1977, 99ff.; 99 Anm. 119 b. Die Fassung des Abs. 2 S. 1 ist mißverständlich, weil in H ö h e anrechenbarer Einkünfte kein Unterhaltsanspruch besteht. Für den Fall des Abs. 2 S. 1 ist unterstellt, daß die nicht angemessene Erwerbstätigkeit nur geleistet wird, weil die Mittel f ü r den Unterhalt vorenthalten werden. Das nur aus N o t Erworbene entlastet den Verpflichteten nicht, deshalb ist auch unerheblich, ob bei dem Verpflichteten die Voraussetzungen einer vorsätzlichen Unterhaltsentziehung im Sinne des § 170 b StGB vorliegen oder der volle Unterhalt nur aus Gleichgültigkeit oder Fahrlässigkeit nicht geleistet wird. Eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Verpflichteten wirkt sich dagegen auf den Unterhaltsanspruch des Berechtigten aus (§ 1581), verwandelt den Unterhaltsanspruch also u. U. in einen Billigkeitsanspruch. 2. Absatz 2 Satz 2: Anrechnung nach Billigkeitsgesichtspunkten Liegt eine Unterhaltsentziehung nicht vor, erfolgt die Anrechnung nach Billigkeitsgesichtspunkten. Auch S. 2 des Abs. 2 ist mißverständlich formuliert, weil die volle Unterhaltsleistung jedenfalls nach V o r n a h m e der Anrechnung ausscheidet. Gemeint ist, daß bei Weiterarbeit trotz Erfüllung der Unterhaltspflicht der Grund f ü r die Nichtanrechnung von Einkünften, nämlich die Ausübung eines unzumutbaren Erwerbs zur Sicherung des Lebensunterhalts entfallen kann. Deshalb kann S. 2 nicht von vornherein nur auf einen Teil der Einkünfte bezogen werden, wenn auch eine Teilanrechnung das Ergebnis der Billigkeitsbeurteilung sein kann, wie hier offenbar Palandt a. a. O., vgl. aber Dieckmann a. a. O. Die ständige Ausübung einer nicht gebotenen Erwerbstätigkeit kann also mittelbar auf die H ö h e des zu leistenden Unterhalts einwirken, wenn sie bei Einbeziehung der bisherigen Unterhaltsleistung des Verpflichteten die Sicherung des vollen angemessenen Lebensbedarfs übersteigende Einkünfte gewährleistet. Hier entscheidet sich die ganz oder teilweise Anrechnung des Arbeitsverdienstes danach, ob der Verpflichtete selbst aus dem Vollen schöpft oder in eingeschränkten wirtschaftlichen Verhältnissen lebt (vgl. Lange FamRZ 1972, 228), u. U. auch danach, wie lange mit den Einkünften noch gerechnet werden kann. Bei Berücksichtigung wirtschaftlicher Verhältnisse muß die Anrechnung der Billigkeit entsprechen. Geringe Nebeneinkünfte sind nicht anrechenbar (vgl. BAG, FamRZ 1975, 488 zu § 1360a). Einem Unterhaltsberechtigten, dessen Rente sich in H ö h e der Sozialhilfesätze bewegt, muß die Möglichkeit erhalten bleiben, sich das Dasein lebenswerter zu machen, ohne sogleich eine entsprechende Kürzung der laufenden Bezüge im Rahmen von S. 2 fürchten zu müssen (Lange a. a. O. 230). 195

B G B § 1577 III 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

a) Einzelfälle. Unerheblich ist auch hier der Grund der Unzumutbarkeit, insbesondere also der Anlaß, aus dem die mangelnde Pflicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit folgt. Deshalb sind Einkünfte aus einer nicht angemessenen Arbeit, also bei Bestehen eines Unterhaltsanspruchs nach § 1573, nicht mehr generell eher anrechenbar als die Einkünfte, die erzielt werden, obwohl wegen der Versorgung eines Kindes, wegen Krankheit oder Alters eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann (vgl. hierzu schon Brühl, Unterhaltsrecht Rdn. 528, f ü r das alte Recht). Anders, wenn die Arbeit wfcgen besonderer Ausbildung eines Kindes geleistet wird oder nur eine berufsfremde Tätigkeit ausgeübt wird, die auch unter Berücksichtigung der Tätigkeit des Mannes bei den gegebenen wirtschaftlichen Möglichkeiten vertretbar ist. Bei einem Unterhaltsanspruch wegen Krankheit ist von vornherein zu berücksichtigen, daß eine aus diesem Grunde nicht zumutbare Beschäftigung auf Kosten des Gesundheitszustandes und einer Verminderung der Arbeitsfähigkeit erfolgt. Das V o r h a n d e n sein von Kindern kann auch die wirtschaftlichen Verhältnisse beeinflussen. Bei ihrer Betreuung kann der Mann stärker als bei anderen Fällen der Bedürftigkeit bei ausreichendem eigenen Einkommen durch eine daneben noch ausgeübte Erwerbstätigkeit der Frau insoweit in Z u k u n f t nicht ohne weiteres und nicht in jedem Fall entlastet werden (vgl. schon bisher BayObLG FamRZ 1962, 21), jedenfalls dann nicht, wenn die Frau sich im vorgerücktem Alter befindet und die Tätigkeit nur unter unzumutbarem Einsatz der körperlichen und geistigen Kräfte ausgeübt wird (unrichtig die inzwischen überholte Entscheidung des BSG FamRZ 1970, 646, vgl. dagegen BSG FamRZ 1971, 90). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, daß die Mutter auch bei teilweiser Betreuung der Kinder durch die Großmutter des Unterhaltsanspruchs nicht gänzlich verlustig zu gehen braucht, wenn sie neben der Arbeit die Kinder noch betreut und erzieht (vgl. B G H FamRZ 1976, 144). Ausübung einer Erwerbstätigkeit trotz Betreuungspflichten gegenüber einseitigen Kindern oder Verwandten genügt dagegen nicht zum Ausschluß der Anrechnung (vgl. § 1570 Anm. IV, anders vgl. noch O L G H a m m FamRZ 1969, 109, da ein Unterhaltsanspruch nur bei Betreuung und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder vorgesehen ist). b) Eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Anspruchskonkurrenzen bei mehreren Unterhaltspflichtigen. Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit gilt § 1581. In derartigen Fällen reduziert sich der Unterhaltsanspruch kraft Gestzes. Zu beachten ist auch, daß bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit eine Verpflichtung zur Ausübung einer sonst nicht angemessenen Erwerbstätigkeit bestehen kann, in diesem Fall gibt Abs. 1, vgl. § 1574 Anm. II 2 b. Bei Unterhaltsbegehren des geschiedenen und des neuen Ehegatten ist das Verhältnis der Anspruchsberechtigten zu einander bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit in § 1582 BGB ausdrücklich geregelt. Danach ist der neue Ehegatte nur zu berücksichtigen, wenn er ebenfalls bei entsprechender Anwendung der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB unterhaltsberechtigt wäre, vgl. auch § 1582 S.2. 196

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B 1 5 7 7 IV

3. Art der anzurechnenden Einkünfte Welche Einkünfte erzielt sind, wird sich bei Lohn- und Gehaltsempfängern durch Vorlage einer Gehaltsbescheinigung leicht feststellen lassen. Gegen den geschiedenen Ehegatten gibt § 1580 BGB ausdrücklich einen Auskunftsanspruch. Bei Gewerbetreibenden ist von dem zu versteuernden Einkommen unter Abzug der entrichteten Steuern auszugehen, u.U. bieten auch f ü r die privaten Zwecke durchgeführte Entnahmen Anhaltspunkte (vgl. i. e. Brühl, Unterhaltsrecht 3. Aufl. Rdn. 524 ff.). Grundsätzlich sind alle Einkünfte zu berücksichtigen, also Provision, Trinkgelder, Weihnachtsgratifikationen, Treueprämien (BGH N J W 1971, 137), nicht aber u. U. Spesen und Tagegelder, soweit ihnen echte Aufwendungen gegenüberstehen (teilweise a. A. f ü r den Verpflichteten Köhler, Unterhaltsrecht 3. Aufl. S. 27). Auch Unfall- und Schwerbeschädigtenrenten einschließlich Ausgleichsrenten sind zu berücksichtigen, soweit nicht ein erhöhter Lebensbedarf Abstriche erfordert (vgl. Köhler a. a. O. S. 29). Dagegen sind Sozialleistungen, die der Unterhaltspflicht im Range nachgehen, von der Anrechnung ausgeschlossen, soweit der Übergang auf den Leistungsträger vorgesehen ist oder herbeigeführt werden kann, z. B. bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe und den zur Überleitung berechtigenden Zuschüssen nach dem Berufsausbildungsförderungsgesetz (vgl. § 2 Abs. 2 B S H G , vgl. auch § 1576 Anm.VII). W u r d e allerdings Sozialhilfe ohne Überleitung des Unterhaltsanspruchs geleistet, dann besteht insoweit keine unterhaltsrechtliche Bedürftigkeit mehr, da die Sozialhilfe durch den Verzicht der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs ihren N a c h r a n g verloren hat (Ruland S. 244, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit, a. A. O L G Düsseldorf FamRZ 1976, 154). Kindergeld ist beim Ehegattenunterhalt vorweg vom Einkommen abzusetzen, vgl. § 1610 Anm. II. Für die Berücksichtigung von Verpflichtungen, soweit sie überhaupt zu berücksichtigen sind, zum Tilgungsplan und Alt- und Neuverpflichtungen vgl. § 1360 Anm. IV 2.

IV. Vermögenseinkünfte und Vermögensstamm, Pflicht zur Verwertung des Stammvermögens Vermögenseinkünfte muß sich der Berechtigte in jeden Fall anrechnen lassen, also auch, wenn ihre Erzielung eigene oder fremde Arbeit, etwa die Vermögensverwaltung, voraussetzt (§ 1577, Abs. 1). Die Einkünfte werden nicht unter Gefährdung der Bedürfnisanlage erzielt, die f ü r die Zubilligung des Unterhaltsanspruchs maßgebend ist. Anrechnungspflichtig sind also z. B. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, aus Wertpapieren, aus der Vergabe von Krediten, z. B. Hypothekenzinsen, Geschäftsanteilen und dgl. Werbungskosten und notwendige Aufwendungen sind abzusetzen, so daß z. B. bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Betrag anzusetzen ist, der sich als Unterschiedsbetrag zwischen Einnahmen und Ausgaben ergibt (Schlußzeile 197

B G B § 1577 IV

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

der Anlage V der Steuerformulare für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung), dabei u. U. bei den Ausgaben aber nicht der Afa-Betrag (Absetzung f ü r Abnutzung) in voller H ö h e . Bei Veräußerungsgewinnen ist der Stammwert des Vermögens betroffen, also das Vermögen, das evtl. durch Veräußerung zur Erzielung von Einnahmen f ü r den Lebensunterhalt geeignet ist (RG Seuff Arch. 73 N r . 137). Insoweit enthält § 1577 Abs. 1 im Gegensatz zum geltenden Recht in Ubereinstimmung mit These II 2 der Eherechtskommission den Grundsatz, daß Mann und Frau aus dem Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Eigenverantwortung ihr Vermögen verwerten und sich somit nicht nur Einkünfte, sondern auch den Erlös aus der Verwertung ihres Vermögens anrechnen lassen müssen. Dieser Grundsatz wird deutlich durch die Formulierung „seinem Vermögen" während § 58 Abs. 1 EheG nur die Einkünfte aus dem Vermögen erwähnt (Begr. S. 135). Damit ist eine Gleichbehandlung von Mann und Frau gewährleistet, die bisher nach § 58 Abs. 1 EheG im Gegensatz zum Manne den Stammwert ihres Vermögens nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 59 EheG anzugreifen brauchte. Der Unterhalt ist jedenfalls dem Stammvermögen zu entnehmen, wenn und soweit dieser nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge unter Berücksichtigung der zukünftigen Vermögensund Erwerbsverhältnisse des Unterhaltsberechtigten f ü r seine voraussichtliche Lebensdauer zum Unterhalt ausreicht ( R G Z 97, 276 (278); O L G E 26, 236; LG München Rpfl. 49, 567; Begr. S. 135). Überhaupt muß die dauernde Sicherung des Lebensunterhalts durch eine Veräußerung des Stammvermögens sichergestellt werden (RG a. a. O.). Der Berechtigte muß u. U. also Grundstücke veräußern, Wertpapiere verwerten und Beteiligungen abgeben, nicht aber, wenn er sein Vermögen in ein wirtschaftliches Unternehmen investiert hat und dieses in seiner Existenz gefährdet werden würde (Staudinger 10./II. Aufl. § 5 9 EheG a. F. Rdn. 74). Andererseits kann auch der Berechtigte der Anrechnungspflicht nicht dadurch entgehen, daß er sich durch wirtschaftliche Investitionen, die seinem Interesse an der Verbesserung seines Vermögensstatus dienen, der Verfügbarkeit über die zum Lebensunterhalt erforderlichen Mittel beraubt (RG Seuff Arch. 70, N r . 61). Stammvermögen ist u. U. auch überzähliges Mobiliar, wenn es verwertet werden kann (RG L 2 1918, 914). Eine wesentliche Änderung der bisherigen Rechtslage tritt insofern nicht ein, als schon bisher die Verpflichtung zur Veräußerung des Stammvermögens vielfach eine Frage des Einzelfalls war und in Z u k u n f t bleiben wird. Dies ergibt sich aus den Einschränkungen des Abs. 3 des § 1577, aber auch daraus, daß nach der Gesetz gewordenen Fassung die beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse, also auch die des Verpflichteten zu berücksichtigen sind. Zu einer völlig unwirtschaftlichen Verwertung ist der Berechtigte nicht verpflichtet, deshalb braucht er auch nicht Gegenstände veräußern (u. U. Kunstwerke, Gegenstände von subj. Wert), falls ihre Veräußerung keinen nennenswerten Erlös verspricht. Er braucht kein Kleingartenland veräußern, daß durch Bebauung einen Teil seines Lebensunterhalts sicherstellt. Überhaupt ist bei Veräußerung von Grundstücken zu prüfen, ob nach Abzug 198

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1577 V

der Schulden und Belastungen der Erlös den Lebensunterhalt dauernd sichert (BGH FamRZ 1966, 29). Häufig wird den Einkünften aus dem Stammvermögen, also der Anrechnung der Vermögenseinkünfte der V o r z u g zu geben sein. Zu berücksichtigen ist auch, ob durch den Verkauf eines Grundstückes die Möglichkeit zum mietefreien Wohnen verloren geht, wenn dies angesichts des Gesamtobjektes ein wesentlicher Teil der Vermögensnutzung ist (vgl. B G H a. a. O.). § 88 Abs. 2 Ziff. 7 B S H G nimmt für den Fall der Sozialhilfe ein kleineres Hausgrundstück, insbesondere ein Familienheim von der Verpflichtung, zunächst auf das eigene Vermögen zurückzugreifen, ausdrücklich aus. Diese Bestimmung ist wegen der sogenannten Reflexwirkungen auf das Unterhaltsrecht d. h., wegen der Möglichkeit, sich gegenüber den bürglich-rechtlichen Unterhaltsansprüchen auf die sozialrechtlichen Verschonungen zu berufen, von Bedeutung (vgl. hierzu i. e. Ruland a. a. O. S. 196 ff., streitig wie hier im Ergebnis BVerwG D Ö V 1970, 282, LG Oldenburg Z f F 1964, 24; a. A. O V G Lüneburg Z f F 1953, 316; LG Braunschweig N J W 1965, 351). U. U. muß der Berechtigte Mindererlöse aus einer ungünstigen Marktlage bei Verwertung des Stammvermögens in Kauf nehmen, nicht aber zum Beispiel Wertpapiere zu einer Zeit erheblicher Kursverluste veräußern (Staudinger a. a. O. Rdn. 70). Die Aufnahme eines Kredites ist Verminderung der Vermögenssubstanz, kann aber im Rahmen von Billigkeitserwägungen der Veräußerung von Grundstükken bei ungünstiger Marktlage vorzuziehen sein. Zu beachten ist allerdings, daß ein Kredit zurückgezahlt werden muß, seine Aufnahme daher wirtschaftlich vertretbar und den Lebensunterhalt sicherstellen muß (vgl. auch LG München a. a. O.). Kann ausnahmsweise unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Eheleute bei Vermögenswerten eine Veräußerung erwartet werden, auch wenn der Unterhalt f ü r die Lebensdauer nicht gesichert ist, ist zu beachten, daß in jedem Fall Vermögensreserven belassen werden müssen (vgl. B G H a. a. O., R G Z 97, 276). Die Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Billigkeit der Verwertung wird zu einer gerechten Lösung des Einzelfalles führen können. Ob die Verwertung unwirtschaftlich ist, muß unter Berücksichtigung des Lebensalters des geschiedenen Ehegatten, Ergiebigkeit des Verwertungserlöses, und Einkommen des Verpflichteten geprüft werden (Begr. S. 135). Ist die Verwertung wirtschaftlich, kann sie gleichwohl ausgeschlossen sein, wenn sie eine unbillige Härte darstellt (z. B. Verwertung nur eines kleineren Vermögens eines älteren Berechtigten; Begr. S. 135).

V. Vermögensfall, der Begriff der nachhaltigen Sicherung Bei späterem Wegfall des Vermögens ist, auch wenn eine angemessene Tätigkeit nicht erlangt werden kann, ein Unterhaltsanspruch nicht schon dann gegeben, wenn der Wegfall des Vermögens nicht zu vertreten ist. Der V o r schlag des Bundesrates (Drucksache 260/76 § 1574 BGB S. 263), nach dem der Verlust von Unterhaltsansprüchen nur eintreten sollte, wenn der Berechtigte 199

BGB § 1578

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

die Gründe des Vermögenswegfalls zu vertreten habe, ist nicht Gesetz geworden. Der Bundesrat hatte darauf hingewiesen (vgl. Held, FamRZ 1971, 495), daß nach den Erfahrungen der vergangenen 50 Jahre auf den Bestand von Vermögen nicht vertraut werden kann. In der Begründung des Eherechtsgesetzes heißt es : Der Wegfall des Vermögens steht in keinem Zusammenhang mit der Ehe, wird also von den Nachwirkungen nicht erfaßt. Es ist daher nicht gerechtfertigt, ein derartiges Risiko des geschiedenen Ehegatten im Unterhaltsrecht abzusichern (Begr. S. 136, vgl. auch die Stellungnahme zu den Vorschlägen des Bundesrates Drucksache 260/73 S. 289, Ziff. 3). Der Unterhaltsberechtigte hat also auch dann keinen Unterhaltsanspruch mehr, wenn das Vermögen nicht durch schlechte Verwaltung oder Spekulation, sondern z. B. aus Währungsgründen verlorengeht (vgl. Held a. a. O. und Begr. a. a. O.). Dies gilt aber nur, wenn zur Zeit der Scheidung erwartet werden kann, daß der Unterhalt aus dem Vermögen nachhaltig gesichert war. Dies betrifft nicht nur die schon durch die Begrenzung der Verwertungspflicht nach Abs. 3 erfaßten Fälle bei einer nur teilweisen Unterhaltssicherung, sondern auch die Fälle des Währungsverfalls, wenn schon im Zeitpunkt der Scheidung, z. B. bei Wertpapieren eine unsichere Kursentwicklung vorlag. Der Begriff nachhaltig beinhaltet grds. etwas Dauerndes, nicht etwas Vorübergehendes. Bei Einkünften aus Ostvermögen kann eine nachhaltige Sicherung nicht angenommen werden. Anders bei Einkünften aus einem Mietshaus ohne wesentliche Belastung (vgl. i. e. § 1573 Anm. VII, zu der entsprechenden Bestimmung f ü r die Erzielung eines Einkommens aus der Erlangung einer Beschäftigung, die den Unterhalt nachhaltig sichert, § 1573 Abs. 4). Im übrigen kommt es bei Abs. 4 lediglich darauf an, ob der Unterhalt aus dem Vermögen hätte bestritten werden können (Begr. a. a. O.). Deshalb kann ein Unterhaltsanspruch von dem Zeitpunkt an bestehen, an dem das Vermögen auch ohne seinen Wegfall zum Unterhalt nicht ausgereicht hätte. V o r aussetzung ist das Vorliegen der Voraussetzungen der § 1570 ff., die hier auf den Zeitpunkt des Vermögenswegfalls bezogen werden müssen (vgl. hierzu aber Dieckmann a. a. O. S. 102). Abs. 4 S. 1 soll nicht gelten (Satz 2), wenn im Zeitpunkt des Vermögenswegfalls von dem Ehegatten wegen der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die unterschiedliche Regelung beruht auf dem Gedanken, daß die Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes immer eine Nachwirkung der Ehe ist, das Schicksal des geschiedenen Ehegatten nach dem Wegfall des Vermögens jedoch nicht (vgl. Begr. S. 136). Die Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Verpflichteten regelt §1581 (für den Vermögensstamm vgl. § 1581 S. 2). § 1578 (1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfaßt den gesamten Lebensbedarf. 200

S c h e i d u n g der E h e — U n t e r h a l t des geschiedenen E h e g a t t e n

BGB § 1578 I 1

(2) Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575. (3) H a t der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Überblick I.

E h e l i c h e Lebensverhältnisse 1. M a ß s t ä b e z u r Bestimmung des ehelichen Lebensverhältnisses 2. M a ß g e b e n d e r Zeitpunkt und spätere V e r ä n d e r u n g der L e b e n s verhältnisse 3.

II.

III. IV.

U m f a n g des U n t e r h a l t s a n s p r u c h s und einzelne U n t e r h a l t s t a t bestände, L e b e n s b e d a r f V e r s i c h e r u n g f ü r den Fall der K r a n k h e i t und K o s t e n der Ausbildung, F o r t b i l d u n g und U m s c h u l u n g 1. Ausbildungskosten 2. S i c h e r u n g f ü r den Fall der K r a n k h e i t Altersversicherung V e r h ä l t n i s zum V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h

I. Eheliche Lebensverhältnisse D e r Unterhaltsanspruch bemißt sich der H ö h e nach und hinsichtlich des Ausmaßes der Bedürftigkeitsbefriedigung unter der grds. Voraussetzung der Deckung des gesamten Lebensbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen. 1. Maßstäbe zur Bestimmung des ehelichen Lebensverhältnisses Das eheliche Lebensverhältnis richtet sich nach Einkommen und Vermögen, in der Hausfrauenehe nach Beruf und Einkommen des Ehemannes (vgl. B G H F a m R Z 1970, 636), in der Doppelverdienerehe oder bei Zuverdienst eines Ehegatten nach den Einkommensverhältnissen beider Ehegatten, bei Stellungsverlust wiederum nach dem Einkommen des Unterhaltsverpflichteten, Dieckmann, F a m R Z 1977, 85, vgl. auch unten 2. V o n den Lebensverhältnissen gleicher Berufskreise kann nur bei Erwerbstätigkeit eines Ehegatten als Anhaltspunkt ausgegangen werden, vgl. § 1360 a Anm. I. Das eheliche Lebensverhältnis ist auch dann maßgebend, wenn ein besonderer gesellschaftlicher Aufstieg eines der Ehegatten durch die Verehelichung vorliegt, z. B. Heirat einer Sekretärin mit einem Großindustriellen, oder die Frau einen gegenüber der Beschäftigung des Mannes qualifizierteren Beruf ausübt. D e r höhere soziale Status wird in der Regel durch gemeinsame Leistung der Ehegatten erreicht, so daß der nicht erwerbstätige Ehegatte an dem erreichten Lebensstandard teilhaben muß (Begr. 201

BGB § 1578 I 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

S. 136). Es ist also nicht darauf abzustellen, wie sich die Ehegatten ohne Verehelichung stehen würden (so ursprünglich die Thesen Roths in F a m R Z 1970, 110). Für die Beibehaltung der schon nach dem bisherigen Recht geltenden Regelung wird angeführt, daß die Ehegatten alsbald in die ehelichen Verhältnisse hineinwachsen und eine Verbesserung oder Verschlechterung ihrer Lebensverhältnisse einverständlich wollen oder in Kauf nehmen (Begr. S. 136). W a r die Ehe von kurzer Dauer, kann sich jedoch im Einzelfall durch Anwendung der negativen Härteklausel des § 1579 Abs. 1 N r . 1 der Unterhaltsanspruch selbst ermäßigen, zeitlich befristet oder in Einzelfällen auch ausgeschlossen sein. Soweit die Frau durch die Eheschließung in Lebensverhältnisse geraten war, die unter dem durch ihre Ausbildung vorgezeichneten Status lagen, kann ein Anspruch auf Alimentierung der Fortbildung und Umschulung gegeben sein, der allerdings von der Leistungsfähigkeit des geschiedenen Ehegatten abhängig ist (vgl. § 1575 Abs. 2). Außerdem kann es insoweit an einer Unterhaltsbedürftigkeit alsbald fehlen, da z. B. Akademikerinnen in mittleren Jahren in ihre früheren Berufe zurückkehren können. Unterhaltsleistungen kommen insoweit u. U. nur f ü r eine Ubergangszeit in Betracht.

2. Maßgebender Zeitpunkt und spätere Veränderung der Lebensverhältnisse Maßgebend sind wie bisher die ehelichen Lebensverhältnisse zur Zeit der Scheidung. Daraus folgt mit der bisherigen Rechtsprechung, daß nachträgliche Veränderungen der Lebensverhältnisse eines der Ehegatten grundsätzlich keine Berücksichtigung finden. Läßt sich ein Hilfsarbeiter mit einem Durchschnittseinkommen von 700,— D M von seiner Frau scheiden, besucht danach Fortbildungskurse und schafft er später Meister mit einem Durchschnittseinkommen von 1400,— M zu werden, bestimmt sich das Maß des von ihm geschuldeten Unterhalts nach den früheren Lebensverhältnissen, ebenso (Bsp. entsprechend Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen zur sozialen Sicherheit S. 33 ff.), f ü r den Betriebsmeister, der nach der Scheidung durch besondere Tüchtigkeit und den Besuch von Abendkursen Konstrukteur wird (KG D R 1941, 1843, vgl. Brühl Rdn. 350 Anm. 63). Eine Verschlechterung der Lebensstellung kann eingetreten sein, wenn statt der ursprünglichen vorhandenen beruflichen Qualifikation ständig ein Berufswechsel mit geringerem Einkommen erfolgt ist (z. B. Ausübung des Berufs des kaufmännischen Angestellten durch einen Rechtsanwalt). V o n einer Verschlechterung der ehelichen Lebensverhältnisse während der Ehe ist die Verminderung der Leistungsfähigkeit zu unterscheiden, f ü r die es anders als f ü r die ehelichen Lebensverhältnisse nicht auf die Zeit der Scheidung, sondern die der Inanspruchnahme ankommt. Zu den ehelichen Lebensverhältnissen gehört eine gewisse Dauer, die die Lebensgemeinschaft bedingt, so daß vorübergehende Änderungen oder Verschlechterungen die Lebensverhältnisse noch nicht beeinträchtigen. Allerdings 202

Scheidung der E h e — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1578 I 3

sind mit Sicherheit voraussehbare Veränderungen der Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, nach R G Z 75, 126 auch bereits festgelegte Gehaltserhöhungen. D a s Abstellen auf die ehelichen Lebensverhältnisse zur Zeit der Scheidung bedeutet keine Fixierung auf den Scheidungszeitpunkt (vgl. B S G F a m R Z 1975, 208). Die sozialrechtliche Rechtsprechung hat für Rentenansprüche nach § 1265 a. F. R V O auf den letzten wirtschaftlichen D a u e r z u s t a n d abgestellt. Entsprechend § 1265 Abs. 1 R V O dritte Alternative a. F. ist auch für die Beurteilung der ehelichen Lebensverhältnisse die Berücksichtigung des Einkommens aus dem letzten J a h r vor der Scheidung vorgeschlagen worden (u. a. R G R K 10./11. Aufl. § 58 E h e G Anm. 327). D a s aus einem nach Ablegung der mündlichen P r ü f u n g vor Abschluß des E x a m e n s bereits abgeschlossenen Arbeitsvertrag zu erwartende Einkommen ist jedoch zu berücksichtigen, wenn es sich um eine mit Wahrscheinlichkeit zu erwartende dauernde Änderung handelt (vgl. oben, anders die sozialrechtliche Rechtsprechung B S G F a m R Z 1972, 638). Kurzfristige (anders als langfristige) Erkrankungen ändern (vgl. B S G F a m R Z 1973, 306) dagegen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht. Abgesehen von letalen oder chronischen Erkrankungen können für Änderungen kennzeichnend sein: Arbeitslosigkeit, auch der Stellungsverlust nach der Ehescheidung, sofern die Erwerbstätigkeit schon vorher unzumutbar war, Ausscheiden des Unterhaltspflichtigen oder Berechtigten aus dem Erwerbsleben während der Ehe, Wechsel von Arbeits- auf ein niedriges Sozialeinkommen, A u f n a h m e einer Tätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten (während der Ehe, Ruland a. a. O . S. 184). Eine vorübergehende Arbeitslosigkeit führt dagegen zu keiner Änderung der ehelichen Lebensverhältnisse (vgl. L G Stuttgart N J W 1952, 547).

3. U m f a n g des Unterhaltsanspruchs und einzelne Unterhaltstatbestände, Lebensbedarf Soweit der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf umfassen soll, sind sämtliche Bedürfnisse der Lebensführung zu berücksichtigen, die sich unter der V o r a u s s e t z u n g der D e c k u n g des d a f ü r unerläßlichen Bedarfs i. e. wiederum nach den ehelichen Lebensverhältnissen, also danach richten, was sich die Ehegatten unter Beachtung der Regeln einer vernünftigen Wirtschaftsführung leisten konnten (zutreffend Brühl a. a. O . 349, a. A. o f f e n b a r unter konsequenter Individualisierung Streck, Generalklausel und unbestimmter Rechtsbegriff im Eherecht S. 137). Eine den Verhältnissen nicht entsprechende luxuriöse Lebensführung ist nicht zu berücksichtigen ( B G H F a m R Z 1971, 360), andererseits kann der den begüterten Verhältnissen entsprechende Unterhalt gefordert werden ( O L G Stuttgart F a m R Z 1971, 255), z. B. die Zubilligung der Mittel f ü r eine Hausangestellte. Bei begüterten Verhältnissen wird nicht das gesamte Einkommen und V e r m ö g e n f ü r die Unterhaltszahlung benötigt, bei angespannten wirtschaftlichen Verhältnissen kann eine Unterhaltsbestimmung nach festen 203

BGB § 1578 I 3

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

Richtsätzen zur Unterschreitung des Existenzminimums führen. Der nach der Reform die Anspruchsberechtigung selbst bestimmende Anlaß der Bedürftigkeit wirkt auf deren Befriedigung ein. Deshalb ist hinsichtlich der Unterhaltshöhe auch nicht von der Hälfte, einem Drittel, aber auch nicht von 1/3 bis 3/7 des Einkommens des geschiedenen Ehegatten nach starren Regeln auszugehen, sondern der Unterhaltsbedarf f ü r jeden Anspruchstatbestand (Krankheit, Alter, Nichterlangung einer angemessenen Erwerbstätigkeit oder Nichtausübung einer Erwerbstätigkeit wegen Kindesbetreuung) gesondert zu ermitteln (vgl. i. e. § 1570 Anm. V 2, § 1571 Anm. IV 1, §1572 Anm. V 1, § 1573 Anm. V III, § 1575 Anm. V und zu den einzelnen Tatbeständen). Der Verdienende benötigt mehr Mittel als der nicht Verdienende, so daß f ü r die N u r h a u s f r a u oder die kinderlos geschiedene Ehefrau 2/5 des Manneseinkommens als erster, z. B. durch Krankheit und andere individuelle Umstände modifizierter Anhaltspunkt f ü r die Unterhaltshöhe herangezogen werden kann (dazu, daß hier kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung vorliegt, vgl. § 1571 Anm. IV 1). Dies verändert sich wiederum, wenn beide Ehegatten nicht mehr berufstätig sind. Hier kann hälftige Teilung des Einkommens ähnlich der Regelung f ü r den Versorgungsausgleich in Betracht kommen. Auch sonst ist zu beachten, daß, z. B. im Rahmen des Anspruchs auf Ausbildung, neben der Gewährung der Mittel f ü r die Lebenshaltungskosten auch die der Ausbildung zusätzlich zu gewähren sind. Das Vorhandensein von Kindern macht regelmäßig die Verteilung der Unterhaltsmittel zwischen dem geschiedenen Ehegatten und den Kindern erforderlich, wobei aber auch dabei nicht nach sogenannten Faustregeln (z. B. Zwickauer Formel mit einer Verteilung des Einkommens nach dem Schlüssel 4 : 2 : 1 , vgl. auch O L G Frankfurt FamRZ 70, 655) zu verfahren ist, sondern das Lebensalter von Ehegatten und Kindern zu berücksichtigen ist. V o n der H ö h e des Einkommens und dem Lebensalter der Kinder gehen u. a. die Düsseldorfer Tabelle aus, die zu § 1610 auszugsweise wiedergegeben ist. Für den Ehegatten können 2/s des Einkommens des Verpflichteten angesetzt werden, falls die zur Verfügung stehenden Mittel ausreichen. Stets sind auch bei Anwendung von Tabellen individuelle Gegebenheiten, z. B. die beiderseitigen Wohnungsmieten zu berücksichtigen, vgl. Rassow, FamRZ 1971, 562, 628. Zur Bemessung des gesamten Lebensbedarfs sind sog. W a r e n k ö r b e errechnet worden, die sich aber mangels allgemeingültiger Erhebungen nicht durchgesetzt haben. Zum Lebensbedarf gehören nicht nur die Mittel f ü r Lebensmittel, Bekleidung und W o h n u n g , sondern auch die Befriedigung kultureller Bedürfnisse, der Besuch von Theater- und Sportveranstaltungen, u. U. auch die Gewährung von Erholungsreisen. Zum Lebensbedarf kann auch die Zurverfügungstellung eines Kraftfahrzeuges gehören, Radio- und Fernsehen können nicht mehr als Luxus angesehen werden.

204

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1578 III

II. Versicherung für den Fall der Krankheit und Kosten der Ausbildung, Fortbildung und Umschulung 1. Ausbildungskosten Zu oder sind, Anm.

den ausdrücklich hervorgehobenen Kosten der Ausbildung, Fortbildung Umschulung, die zusätzlich zum sonstigen Lebensbedarf zu gewähren gehören die in § 4 5 AFG genannten Aufwendungen, vgl. i. e. § 1575 5 V. 2. Sicherung für den Fall der Krankheit

Soweit die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit nach Abs. 2 als Lebensbedarf zu berücksichtigen sind, gehört die Krankenhilfe (Krankenhausaufenthalt, Medikamente) zum Unterhaltsbedarf, auf deren Deckung durch eine Krankenversicherung Anspruch besteht. Die (abgeleitete) Mitversicherung des Ehegatten endet mit der Scheidung. Die grds. Verpflichtung des Unterhaltspflichtigen zum Abschluß einer Krankenversicherung ist schon bisher überwiegend angenommen worden (vgl. § 1572 Anm. V, vgl. aber auch LG Freiburg FamRZ 1976, 277, Krankenhauskosten 2. Klasse zu § 1357). Die Möglichkeit einer Weiterversicherung des geschiedenen Ehegatten im eigenen Namen sieht § 313 Abs. 4 S. 2 R V O vor. Der Unterhaltspflichtige hat dem Unterhaltsberechtigten die Mittel für die Erlegung der Versicherungsprämien zur Verfügung zu stellen. Andererseits ist der Unterhaltsberechtigte verpflichtet, die Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Soweit eine Erstattung der Kosten durch die Kasse nicht in Betracht kommt, kann je nach den Lebensverhältnissen auch eine darüber hinausgehende Unterhaltsleistung in Betracht kommen, die u. U. aber auch unabhängig von den Lebensverhältnissen zu gewähren ist, z. B. eine notwendige Kiefernbehandlung.

III. Altersversicherung Der B G H (LM § 844 Abs. 2 N r . 11) hat schon bisher angenommen, daß die Unterhaltspflicht des Mannes auch die Alterssicherung der Frau umfasse, und sich schließlich dahin festgelegt, daß sich dies auch auf die Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Tode des Unterhaltspflichtigen bezieht. Dazu Brühl a. a. O. 492. In der Begr. des Eherechtsgesetzes (Begr. S. 136) heißt es: Eines der Hauptziele des Gesetzes(entwurfs) ist es, dem geschiedenen Ehegatten, der während der Ehe nicht erwerbstätig war, nach Möglichkeit einen eigenständigen Anspruch auf Invaliditäts- und Altersversorgung zu geben, der auf seiner Leistung für das gemeinsame Leben der Eheleute beruht. Diesem Ziel dient in erster Linie der Versorgungsausgleich (vgl. § 1587 ff.). Wird der ausgleichsberechtigte Ehegatte nach der Scheidung wieder berufstätig, kann er auf den durch den Versorgungsausgleich erworbenen Anrechten aufbauen und seine eigenen Versorgungschancen durch eigene Beträge weiter erhöhen. Übt er 205

BGB § 1578 IV

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

nach der Scheidung aber keine Erwerbstätigkeit aus, weil einer der Tatbestände der §§ 1571(0) bis 1573 vorliegt, wäre dieser Ausbau der Altersversorgung nicht möglich. Abs. 3 findet damit — was zunächst umstritten war — auch auf die Unterhaltsansprüche wegen Alters und Krankheit Anwendung. Die sozialrechtlichen Vorschriften lassen auch nach Erreichen der Altersgrenze eine Weiterversicherung zu, wenn Altersruhegeld noch nicht bezogen wird (z. B. § 1233 Abs. 1 R V O ) . Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn bei Erreichen der Altersgrenze die Wartezeit von 180 Monaten (z. B. 5 1248 Abs. 4 R V O ) noch nicht erfüllt ist, mit weiteren Beiträgen aber noch erfüllt werden kann. Da weiterhin der in § 1571 verwendete Begriff „wegen seines Alters" nicht mit der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung identisch zu sein braucht (vgl. Anm. zu § 1571), die Voraussetzung des § 1571 also schon vor dem Erreichen der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegen kann, erscheint es gerechtfertigt, die Kosten einer angemessenen Versicherung bei einem Unterhaltsanspruch des § 1571 mit zum Lebensbedarf zu rechnen. Das gleiche gilt bei einem Unterhaltsanspruch nach § 1572. Abgesehen davon, daß Krankheit im Sinne dieser Vorschrift nicht gleichbedeutend mit Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung ist, der Berechtigte sich demnach unter Umständen auch während einer Krankheit im Sinne des § 1573 f ü r den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit versichern kann, ist in der gesetzlichen Rentenversicherung während einer Berufsoder Erwerbsunfähigkeit die Weiterversicherung f ü r das Altersruhegeld und die Hinterbliebenenrente ausdrücklich zugelassen (z. B. § 1233 R V O ) . Auch bei einem Unterhaltsanspruch nach § 1572 müssen daher die Kosten einer angemessenen Versicherung zum Lebensbedarf gerechnet werden. Ausdrücklich gefordert ist eine Versicherung, so daß Rücklagen zur Sicherung des Unterhalts nicht genügen. Der geschiedene Ehegatte kann bei V o r liegen der Voraussetzungen des § 1578 Abs. 2 verlangen, daß ihm die erforderlichen Mittel f ü r die Versicherungsbeiträge zur Verfügung gestellt, also nicht nur von dem Unterhaltspflichtigen an den Versicherer abgeführt werden, es sei denn, daß die ordnungsgemäße Abführung der Beiträge nicht erfolgt oder nicht gewährleistet ist (vgl. § 1585). Insofern kann der Verpflichtete einen Verwendungsnachweis fordern, Dieckmann a. a. O . S. 102. Die Zubilligung des Anspruchs auf den vollen Lebensbedarf einschließlich der Altersversicherung wird vielfach unter der Grenze der Leistungsfähigkeit des Pflichtigen stehen (vgl. § 1581), Dieckmann a. a. O.

IV. Verhältnis zum Versorgungsausgleich Die D u r c h f ü h r u n g der Versorgungsausgleichs nach den §§ 1587 ff. dürfte den Anspruch aus § 1578 Abs. 3 ausschließen, da der Versorgungsausgleich die 206

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB Vor § 1579

Sicherstellung der Versorgung für den Fall des Alters oder der Invalidität zum Gegenstand hat und weitergehende Verpflichtungen als die hälftige Abtretung der sich aus der Differenz der beiderseitigen Versorgung ergebenden Versorgungsansprüche nicht verlangt werden kann (ausschließliche gesetzliche Regelung). Insoweit ist die Anwendung von § 1578 S. 1 auf § 1578 Abs. 3 eingeschränkt.

Vorbemerkung vor § 1579 Der Reformgesetzgeber will die Loslösung nicht nur des Scheidungs-, sondern auch des Scheidungsfolgenrechts von der Schuldfrage möglichst lückenlos durchführen. Soweit auf den Ausschluß von Unterhaltsansprüchen in Härtefällen nicht verzichtet werden kann (negative Härteklausel) soll deshalb die Regelung nicht in Anlehnung an die der §§ 65, 66 EheG a. F. erfolgen. Nach § 65 EheG a. F. konnte der infolge sittlichen Verschuldens bedürftig gewordene Unterhaltsberechtigte nur den notdürftigen Unterhalt verlangen. Nach § 66 EheG a. F. verlor der Berechtigte seinen Unterhaltsanspruch, wenn er sich nach der Scheidung einer schweren Verfehlung gegen den Verpflichteten schuldig gemacht oder einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel geführt hatte. Da nach dem Grundgedanken des Entwurfs der Unterhaltsanspruch nicht vom Verschulden abhängt, sondern aus objektiven Gründen gewährt wird, ist die gesetzliche Berücksichtigung von Härtefällen, die ihrer Natur nach Elemente des Verschuldens an der Scheidung enthalten müssen, problematisch (Begr. S. 137). Bedenklich ist, wenn das damit begründet wird, daß die von § 65 EheG erfaßten Fälle hinsichtlich einer Schuldfeststellung menschlicher Erkenntnis nicht zugänglich oder die Schuldfrage nicht leicht zu entscheiden ist (Begr. a. a. O.). Die Zurückführung der Rechtsordnung auf pathologische Fälle (erwähnt werden Trunksucht, Arbeitsscheu und Verschwendungssucht) ist nicht möglich (vgl. auch Vor § 1569). Den Vorschlag des Bundesrates, den Unterhaltsanspruch auszuschließen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (Drucksache 7/650, § 1576 des Vorschlags zur Unterhaltsregelung), hat der Reformgesetzgeber zurückgewiesen, weil damit das Ziel des Regierungsentwurfs in Frage gestellt wäre, unterhaltsrechtliche Sanktionen für ein Fehlverhalten im personalen Bereich auszuschließen (Drucks. 260/73, S. 289, Ziff. 4). Die ursprüngliche Fassung des § 1579 (früher § 1850 des Entwurfs) sah vier eng begrenzte Tatbestände (kurze Dauer der Ehe, schwere Straftaten gegen Ehegatten oder Angehörige, mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit und die eigene Entziehung von der Unterhaltspflicht während der Ehe) vor, in denen der Ausschluß oder Beschränkung von Unterhaltsansprüchen eintreten können sollte. Hieran ist erhebliche Kritik geübt worden, Lange, FamRZ 1972, 230; Deinhardt, FamRZ 1971, 284; Held, FamRZ 1971, 495; Mikat, FraRZ 1972, 5; Dannehl, DiRZ 1972, 24; Friesecke207

BGB §1579

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Tackenberg, FamRZ 1972, 5; Ott, FamRZ 1971, 500; Roth, FamRZ 1970, 110; Magnus, FamRZ 1974, 5 ff.; Bürgle, FamRZ 1973, 514; vgl. aber auch Schwab, Sammelband Eherechtsreform S. 89 ff., Richter, J R 1971, 485 ff.). Neben den aus dem Verschuldensrecht hergeleiteten Einwendungen, daß die Regelung ehezerstörende Tatbestände entgegen Art. 6 G G begünstige (vgl. Friesecke-Tackenberg, FamRZ 1972, 7), wurde geltend gemacht, daß deshalb die Anwendung einer allgemeinen Rechtsmißbrauchsklausel (vgl. Lange, FamRZ 1971, 487) oder wegen der Rechtsstaatsklausel des Grundgesetzes die Anwendung des § 242 BGB auf die durch § 1579 nicht erfaßten Fälle (z. B. bei sonst eintretender Verpflichtung zur Finanzierung eines Konkubinats des älteren, arbeitsunfähigen, sich einer jüngeren Frau zuwendenden Mannes) nicht ausgeschlossen werden können, da allgemein geltende Rechtsgrundsätze weder beseitigt noch aufgehoben werden könnten (Ott, F a m R Z 1971, 501). Andererseits sind die Bedenken des Gesetzgebers gegen eine zu allgemeine Klausel f ü r die Unterhaltsausschlußgründe auch angesichts der weitergehenden Regelung des § 1611 f ü r den Verwandtenunterhalt nicht unberechtigt (vgl. auch Brühl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. Rdn. 443 zu § 1611). Der Reformgesetzgeber hat an der Ablehnung einer allgemein gefaßten Billigkeitsklausel festgehalten, aber anstelle der in Ziff. 4 ausdrücklich erwähnten Entziehung von der Unterhaltspflicht (jetzt unter Ziff. 2 fallend) einen besonderen Auffangtatbestand geschaffen, der die Berücksichtigung der den Ziff. 1 bis 3 gleichschwerwiegenden Ausschlußgründe ermöglicht. Damit ist die Erfassung aller wesentlichen f ü r die Unterhaltsbegrenzung in Betracht kommenden Sachverhalte möglich, so daß nicht mehr davon ausgegangen werden kann, die Ziff. 1 bis 4 seien „mit Meisterschaft dahin formuliert, in der Praxis vorkommende Fälle nicht zu treffen" (so Deubner, der Weg in die Unterhaltsknechtschaft, Z R P 1972, 153 ff.).

S 1579 (1) Ein Unterhaltsanspruch besteht nicht, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, weil 1. die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte, 2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat, 3. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat oder 4. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1—3 aufgeführten Gründe. (2) Absatz 1 gilt nicht, solange und soweit von dem Berechtigten wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. 208

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1579 I 2

Übersicht I.

II.

III. IV.

Allgemeines 1. Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Ziff. 1 bis 4 des Abs. 1 2. Grobe Unbilligkeit Einzeltatbestände 1. Bestimmung der Ehedauer a) D a u e r der Ehe b) Fiktive Verlängerung der Ehezeit und die Dauer der Kindesbetreuung 2. Strafbare Handlungen (Verbrechen oder vorsätzliche schwere Vergehen) a) Kreis der nahen Angehörigen b) Art der gegen die Person gerichteten Delikte, N o t w e h r , Versöhnung c) Delikte gegen das Vermögen d) §§ 170 b, d 3. Mutwillige H e r b e i f ü h r u n g der Bedürftigkeit 4. Gleichschwerwiegende Fälle a) Allgemein unter Ziff. 4 fallende Tatbestände b) Fehlverhalten im persönlichen Bereich mit wirtschaftlichen Folgen. Eheliche Untreue, Alkoholmißbrauch, unregelmäßige Arbeitsweise Ausschluß der Anwendbarkeit von § 1579 bei Kindesbetreuung Ausschluß oder Einschränkung des Unterhaltsanspruchs

I. Allgemeines 1. Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Ziff. 1 bis 4 des Abs. 1 § 1579 ist als Ausnahmetatbestand eng auszulegen. Ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Unterhaltspflicht kommt nur in Betracht, wenn der in den Ziff. 1 bis 4 angeführten Ausschlußgründe vorliegt (vgl. V o r § 1579). Gleichgültig ist, ob die Versagensgründe zugleich ein Verschulden an dem Zerbrechen der Ehe beinhalten, das als solches allein Unterhaltsansprüche gerade nicht ausschließt. 2. Grobe Unbilligkeit G r o b unbillig bedeutet, daß die Zubilligung von Unterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen muß (vgl. Palandt, §1381 Anm. 2, Versagung des Zugewinnausgleichs wegen grober Unbilligkeit, vgl. auch § 1576 Abs. 1 S. 1 und Anm. dazu). 209

BGB § 1579 II 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

II. Einzeltatbestände 1. Bestimmung der Ehedauer a) Dauer der Ehe. Schon die bisherige Fassung des § 1361 Abs. 2 bestimmte für den Fall des Getrenntlebens, daß die nicht erwerbstätige, getrenntlebende Frau auf eine eigene Erwerbstätigkeit zu verweisen ist, wenn die Inanspruchnahme des Ehemannes mit Rücksicht auf die kurze Dauer der Ehe grob unbillig ist. Es ist nicht zu rechtfertigen, den Mann nach kurzer Dauer der Ehe zur lebenslangen Unterhaltung der geschiedenen Ehefrau zu verpflichten, um ihr ein sorgenfreies Leben auf Kosten des Mannes zu ermöglichen. Die Einschränkung des § 1579 Abs. 1 Ziff. 1 ist von besonderer Bedeutung, wenn die Frau unter diesen Voraussetzungen nicht die den ehelichen Lebensverhältnissen nach angemessene (vgl. § 1574 Abs. 2) Erwerbsstelle findet, z. B. die Sekretärin, die im Alter von 20 Jahren einen Großindustriellen geheiratet hat (vgl. Roth, FamRZ 1970, 110). Hier wird die Frau u . U . nach einer Ubergangszeit ihre frühere Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen müssen. Auch sonst wird die in mittleren Lebensjahren stehende Frau alsbald eine Erwerbstätigkeit aufnehmen müssen (vgl. O L G Nürnberg N J W 1962, 919, aber auch LG Frankfurt FamRZ 1976, 342; B G H FamRZ 1976, 329 zu § 1361). Unter Umständen fehlt es bereits an den Voraussetzungen eines Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1570 ff. Nach kurzer Dauer der Ehe ist auch die Alimentierung der noch nicht durchgeführten oder abgebrochenen Ausbildung einer bisherigen Nurhausfrau in der Regel nicht zu rechtfertigen (Deinhardt, FamRZ 1971, 284). Ebenso kann bei chronischen Erkrankungen Ziff. 1 eingreifen, jedenfalls bei einer bei Eheschließung bereits vorliegenden u. U. verschwiegenen Erkrankung. Ein ernsthaftes Problem haben schon bisher die Rentnerehen bedeutet, weil von einem Ehepartner die Rente häufig kapitalisiert worden war. Nach ganz kurzer Ehedauer wird auch hier die lebenslange Unterhaltung der Frau durch den ohnehin häufig in bescheidenen Verhältnissen lebenden Rentner nicht zu rechtfertigen sein. In besonderen Fällen ist § 1576 anwendbar. N u r in Ausnahmefällen dürfte bei den sogenannten Rentnerehen § 1568 BGB anwendbar sein, so daß gegebenenfalls öffentliche Mittel in Anspruch genommen werden müssen. Für diese Fälle ist allerdings das Abstellen auf die Schuldfrage der Problematik nicht gerecht geworden. Zu beachten ist, daß, was bei Rentner- und Frühehen von besonderer Bedeutung ist, die kurze Dauer der Ehe, nicht die Dauer des Zusammenlebens entscheidet (EheRG Begr. 138). Rentnerehen, aber auch Ehen junger Leute, werden häufig nach einer kürzeren oder längeren Zeit des Zusammenlebens geschlossen, sei es wegen des Nichtvorhandenseins einer Ehewohnung oder des erwarteten Abschlusses der Ausbildung. Unter Umständen erfolgt die Heirat ohne Änderung des Verhältnisses bei Geburt eines Kindes. Bestand die Ehe nur kurze Zeit, kann sich kein Ehegatte auf ein voreheliches Zusammenleben berufen. Auf den umgekehrten Fall, d. h. bei einem kurzen Zusammenleben in der 210

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 9 II 2

Ehr, die selbst lange Zeit bestanden hat, ist nicht Ziff. 1, sondern allenfalls ' / : i T -1 anwendbar (vgl. zu § 1361 LG Frankfurt 1976, 342: dort Unterhaltsl i s p r u c h verneint). Als kurze Zeit der Dauer der Ehe ist in der Regel die Zeitgrenze — ohne starre Begrenzung nach oben und unten — von etwas unter einem Jahr anzusehen. D a f ü r sprechen die Vorschläge, die ursprünglich die Scheidung von Mindestfristen abhängig machen wollten und dafür eine einjährige Ehedauer vorschlugen (vgl. Begr. S. 108 zur These I, 3 der Eherechtskommission). Auch wenn dieser Vorschlag nicht Gesetz geworden ist, ist nicht zu verkennen, daß das Scheitern der Ehe in einen Zeitraum fällt, der auch bei intakter Ehe Eingewöhnungsschwierigkeiten mit sich bringen kann und eine noch nicht endgültige Prägung der Eheleute durch die eheliche Lebensgemeinschaft erkennen läßt. Diese Auffassung hat auch dazu geführt, daß innerhalb des ersten Jahres f ü r die Scheidung nach § 1565 Scheidungsgründe in der Person des Antragsgegners vorliegen müssen (§ 1565 Abs. 2). Auch § 1566 setzt f ü r die einverständliche Scheidung mindestens eine einjährige T r e n n u n g voraus. In der Regel kann eine Zeit von drei bis fünf Jahren nicht als kurze Ehedauer angesehen werden, so aber Palandt (Diederichsen), § 1579 Anm. 2, der einen Bezug zur Dauer der Berufstätigkeit und -Unterbrechung in der Ehe (dagegen mit Recht Dieckmann, FamRZ 1977, 104) und Dieckmann a. a. O. selbst, der einen Bezug zum Lebensalter bei Eheeingehung herstellen will, das allenfalls modifizierend wirken kann, z. B. bei Eheschließung im vorgerückten Alter. b) Fiktive Verlängerung der Ehezeit und die Dauer der Kindesbetreuung. Die Geburt eines Kindes kann zur Folge haben, daß sich der Ehegatte lange Zeit der Betreuung und Erziehung des Kindes widmen muß. Daraus erklärt sich S. 2. Ist aus der nach kurzer Zeit geschiedenen Ehe ein Kind vorhanden, kann u. U. schon wegen der nach S. 2 anzunehmenden fiktiven Verlängerung der Ehezeit Ziff. 1 keine Anwendung finden, so daß es insoweit der Anwendung von Abs. 2 nicht bedarf.

2. Strafbare Handlungen (Verbrechen oder vorsätzliche schwere Vergehen) Die Beschränkung oder der Ausschluß der Unterhaltspflicht wegen einer schweren Straftat gegenüber dem Verpflichteten oder nahen Angehörigen entspricht i. wes. § 1611 Abs. 1 (vgl. auch § 2333 N r . 3, Begr. S. 138). Die Tat braucht nicht gegen den Unterhaltsverpflichteten selbst gerichtet zu sein (vgl. Palandt, § 1611 Anm. 2 c). a) Kreis der nahen Angehörigen. Der Begriff des Angehörigen ist entsprechend § 52 Abs. II StGB zu verstehen. O b neben Verwandten auf- und absteigender Linie, Adoptiv- und Pflegeeltern sowie -kinder, Geschwister, Verlobte auch Verschwägerte als nahe Angehörige anzusehen sind (für Verschwägerte wird die Anwendung der insoweit entsprechenden Bestimmung des § 530 BGB für möglich gehalten von Palandt § 530 2 c und Staudinger-Ostler Anm. 8) ist zweifelhaft (für Pflegeeltern zu bejahen, die persönliche Bindung und deren Grad dürften entscheiden). 211

BGB § 1579 II 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

b) Art der gegen die Person gerichteten Delikte, Notwehr, Versöhnung. Bei dem Verbrechen oder schweren vorsätzlichen Vergehen kann es sich um Angriffe gegen die Person und auch um solche gegen das Eigentum oder Vermögen handeln. Als gegen die Person gerichtete Delikte fallen unter § 1580 Ziff. 2 Bedrohung des Lebens, schwere körperliche (nicht aber (i. d. R.) seelische (vgl. B G H FamRZ 1977, 47)) Mißhandlungen, Freiheitsberaubung. Auch die Begehung von Straftaten durch Unterlassung, z. B. Duldung ständig schwerer körperlicher Ubergriffe der eigenen nicht mehr unterhaltsbedürftigen Kinder gegen den Unterhaltsverpflichteten fällt unter § 1570 Ziff. 2 (vgl. auch R G Z 158, 144 zu § 530 BGB). Die Begründung des Eherechtsgesetzes führt an, daß Tätlichkeiten, Beleidigungen, Verleumdungen, falsche Anschuldigungen usw. grundsätzlich nicht berücksichtigt werden können (a. a. O. S. 137). Das entspricht nicht der Rechtsprechung. Bei der wachsenden Bedeutung, die der Ehrenschutz in der neueren Rechtsprechung angenommen hat (z. B. B G H N J W 71, 698; 74, 19, 47; BVerfG N J W 73, 1221), muß eine mit erheblichen Auswirkungen auf die berufliche und persönliche Entfaltung und Stellung verbundene Herabsetzung des Unterhaltsverpflichteten in der Öffentlichkeit jedenfalls dann zum Ausschluß des Unterhaltsanspruchs führen, wenn Verleumdungen, falsche Anschuldigungen und dergleichen ständig wiederholt werden. Dies muß f ü r eine planmäßige Rufschädigung gelten (vgl. LG N ü r n b e r g D R 1940, 2446), Bedenken hinsichtlich der Fassung des § 1580 Ziff. 2 bei Lange, FamRZ 1972, 230. Andererseits fallen Vorgänge, soweit sie keine Straftaten darstellen, z. B. die Bekanntgabe einer früheren Geschlechtskrankheit durch die erste an die zweite Ehefrau und sonstige Erzählungen aus dem Intimbereich nicht unter § 1570 Ziff. 2 (so die Kritik von Lange a. a. O.). Bei N o t wehr liegt eine schwere vorsätzliche rechtswidrige Verfehlung im Sinne von § 1579 Ziff. 2 nicht vor. Auch in Z u k u n f t kann auf die Wertung der subjektiven Auswirkung (Brühl a. a. O . Rdn. 439) der Verfehlung auf den Verpflichteten nicht verzichtet werden, da die grobe Unbilligkeit sich nach den persönlichen Verhältnissen der Beteiligten richtet. Die Versöhnung oder Verzeihung nach Begehung eines Vergehens gegen den Unterhaltsverpflichteten behält hier wie in § 2237 BGB Bedeutung (vgl. zu diesen Begriffen im übrigen § 1567 Anm. II 5). Beweispflichtig ist derjenige, der sich darauf beruft (vgl. F a m R Z 1974, 182). c) Delikte gegen das Vermögen. Verfehlungen gegen Eigentum und Vermögen sind schwere vorsätzliche Verfehlungen (Vergehen), wenn durch sie Eigentum und Vermögen des Unterhaltsverpflichteten in mehr oder minder schwerer Weise geschädigt wird und dieser Vorgang zugleich eine grobe Mißachtung des persönlichen Verhältnisses der Ehegatten zum Ausdruck bringt ( B G H FamRZ 1974, 303). d) §§ 170 b, d. Der ursprünglich in Ziff. 4 des Entwurfs ausdrücklich geregelte Tatbestand der Unterhaltsentziehung fällt nunmehr i. d. R. unter N r . 2, wenn die Voraussetzungen des § 170b StGB vorliegen. Dies ist von der Recht212

Scheidung der E h e — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 9 II 3

sprechung bei Verletzung von Fürsorge- und Betreuungspflichten verneint worden (vgl. O L G Karlsruhe F a m R Z 1973, 57 sehr zweifelhaft, anders O L G H a m m N J W 1964, 2316). In der Begründung (S. 138) zu § 1579 (ursprünglich § 1580) hieß es ursprünglich, daß der Unterhalt sich verringern oder wegfallen könnte, wenn der Unterhaltsverpflichtete zum Familienunterhalt längere Zeit nicht beigetragen, also entweder die finanziellen Mittel nicht bereitgestellt oder seine Pflicht zur Haushaltsführung verletzt hat. Nachlässige Haushaltsführung und persönliche Unordnung sollte allerdings nicht in jedem Falle zur Verringerung der Unterhaltsberechtigung führen. Anders, wenn die Frau ihre Familie verläßt und damit dem Ehemann nunmehr neben seinen sonstigen Berufspflichten noch die volle Last der Haushaltsführung und der Kindeserziehung aufbürdet (Begr. a. a. O.). Magnus, F a m R Z 1974, S. 8, meint, in Zukunft werde der Zahlungsverpflichtete Mann mangelhafte Haushaltsführung der Frau behaupten, die Frau auf ein Verhalten des Mannes verweisen, das sie zur Verweigerung der Pflichten berechtigt habe. Nunmehr heißt es in der Begr. S. 32 zur Drucksache 7/4361: „Bei anderen Unterhaltspflichtverletzungen, insbesondere bei solchen, die in einer Vernachlässigung der Haushaltsführung oder der Sorge für die Kinder gesehen werden, sei nicht einzusehen, daß sie für einen Unterhaltsausschluß anders bewertet werden als sonstige Verletzungen ehelicher Pflichten". Fälle schwerwiegender Vernachlässigung persönlicher Betreuungspflichten können als ebenso schwerwiegender Grund für den Unterhaltsausschluß im Sinne der Ziff. 4 angesehen werden. Im übrigen kann die Verletzung der Fürsorge und Betreuungspflichten unter 5 170 d S t G B fallen ( O L G Karlsruhe a. a. O.). Die Verletzung der Unterhaltspflicht bei Getrenntleben der Ehegatten muß ebenso behandelt werden wie bei bestehender häuslicher Gemeinschaft, bei der die Zahlung von Familienunterhalt vorgesehen ist. Insofern war die Fassung der Ziff. 4 des Entwurfs ohnehin mißverständlich. Ein Verstoß gegen § 170 b S t G B durch mangelnde Bereitstellung der Mittel liegt nicht schon in einer leichten Vernachlässigung, auch nicht in einer einmaligen Verletzung, sondern in der Regel bei einer Pflichtverletzung in einem längeren Zeitraum (Begr. S. 138). Ziff. 2 umfaßt auch diejenigen Fälle, bei denen der Familienunterhalt im wesentlichen durch die Arbeit der Frau gedeckt ist, während der Mann immer wieder unregelmäßig, häufig nur zur Befriedigung eigener Bedürfnisse in Ladeeinsatzbetrieben arbeitet, ständiger Arbeitsplatzwechsel vorliegt oder der Verpflichtete längere Zeit keiner Arbeit nachgegangen ist. In derartigen Fällen hat entgegen Dieckmann a. a. O . 104 i. d. R. auch eine Gefährdung des Familienunterhalts vorgelegen.

3. Mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit V o n besonderer Bedeutung ist § 1580 Ziff. 3. In der Begründung (S. 138) heißt es: 213

BGB § 1579 Ii 4

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Mutwilligkeit (d. h. mutwillige Herbeiführung der Bedürftigkeit) im Sinne von § 1579 Abs. 1 N r . 3 kann z. B. vorliegen, wenn ein Ehegatte angesichts der bevorstehenden Scheidung seine bis dahin ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgibt, um nach der Scheidung einen Unterhaltsanspruch zu erlangen. Die Härteklausel soll jedoch nicht eingreifen, wenn das Scheitern der Ehe durch Verwirklichung eines Verschuldenstatbestandes (in §§ 42, 43 EheG a. F. geregelt) mutwillig herbeigeführt worden ist, es sei denn, dieses Verhalten zielt gerade darauf ab, die Bedürftigkeit herbeizuführen. Letzteres muß angenommen werden, wenn das Scheitern der Ehe in dem Bewußtsein herbeigeführt wird, ein Konkubinat unter wirtschaftlicher Absicherung durch den Unterhaltsverpflichteten zu begründen (weitergehend Bürgle, FamRZ 1973, 514). Dieser Fall dürfte somit bereits unter N r . 3, nicht nur unter N r . 4 fallen. Vielfach dürfte bei den Folgen des Alkoholmißbrauchs eine mutwillige Zerstörung der Ehe vorliegen. Dies liegt jedenfalls dann vor, wenn der Unterhaltsberechtigte in einem Zeitpunkt, in dem er dem Verlangen nach Alkohol und Medikamenten hätte Widerstand leisten können, sich um die Folgen des Alkoholmißbrauchs f ü r die Ehe und seine Bedürftigkeit bewußt nicht gekümmert hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann nur N r . 4 eingreifen. Nicht unter § 1579 Ziff. 3 fällt der Fall, wenn die Frau sich wegen des Alkoholmißbrauchs des Ehegatten von ihm getrennt hat, sonst aber ihren häuslichen Pflichten zuverlässig nachgekommen ist (Magnus, FamRZ 1975, 8).

4. Gleichschwerwiegende Fälle a) Allgemein unter Z i f f . 4 fallende Tatbestände. N r . 4 soll die Fälle erfassen, die gegenüber den in N r . 1 bis 3 genannten Tatbeständen gleiches Gewicht haben, da es unmöglich sein kann, alle derartigen Fälle enumerativ zu erfassen (Begr. S. 32, Drucks. 7/4361). Wegen der Gleichstellung der Schwere der V o r gänge mit den ausdrücklich i. e. genannten Versagungsgründen der Ziff. 1 bis 3 dürfte eine leichtfertige falsche Anschuldigung (in Ziff. 2 ist ein vorsätzliches Verhalten vorausgesetzt) f ü r die Versagung des Unterhaltsanspruchs nicht genügen, wohl aber u. U. Entmündigungsanträge, belastende Aussagen bei polizeilichen Ermittlungen trotz Zeugnisverweigerungsrechts, B G H FamRZ 70, 185; Strafanzeigen. Einmalige Vorgänge, z. B. vorübergehende Haushaltsvernachlässigung, können im übrigen nur bei schwerwiegenden Vorfällen zur Versagung des Unterhalts führen. Unterhaltsentziehung fällt in der Regel unter N r . 2. Die ständige Haushaltsvernachlässigung, insbesondere aber auch die unterlassene Kindesbetreuung, wiegt ebenso schwer, zumal die persönlichen Leistungen Bestandteil des Familienunterhalts waren. b) Fehlverhalten im persönlichen Bereich mit wirtschaftlichen Folgen. Eheliche Untreue, Alkoholmißbrauch, unregelmäßige Arbeitsweise. Für die Anwendung von Ziff. 4 genügt nicht, daß von Seiten eines Ehegatten die Ehe einseitig zerstört worden ist. Die haushaltsführende Frau, die durch eheliche Untreue, also 214

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 7 9 II 4

durch einen Umstand, der mit ihrer Leistung für die Familie nicht zusammenhängen soll, die Ehe zerstört hat, bleibt anspruchsberechtigt. Wiederholte eheliche Untreue und die Abwendung des Ehepartners als solche sind daher keine Versagungsgründe, können unter Umständen bei planmäßiger Zerstörung der Ehe in Ausnahmefällen nach § 1568 zur Abweisung des Scheidungsantrages führen. D a g e g e n fällt unter Ziff. 4 die Finanzierung eines Konkubinats (in den Fällen der bewußten Ehezerstörung in Kenntnis der Bedürftigkeit auch unter N r . 3), wenn der altgewordene oder arbeitsunfähige Ehegatte sich einer jüngeren Frau zuwendet und das Zusammenleben nunmehr von dem geschiedenen Ehegatten finanziert werden müßte (Magnus, F a m R Z 1974, 6/7). Insofern fällt auch ehewidriges Verhalten auf nicht wirtschaftlichem Gebiet unter § 1579 Ziff. 4 (anders für § 1381: Palandt, Anm. 2 c ) , wobei allerdings die wirtschaftlichen Folgen persönlichen Fehlverhaltens auch in § 1579 entscheidend sind. Die Voraussetzungen der Ziff. 4 dürften aber auch dann vorliegen, wenn die Frau sich nach kurzer Zeit des Zusammenlebens von ihrem Mann getrennt hat, niemals zum Familienunterhalt beigetragen hat, die Scheidung nach 26 Jahren erfolgt und jetzt Unterhaltsbedürftigkeit besteht (Magnus a. a. O., vgl. aber auch L G Frankfurt F a m R Z 1976, 342). Wenn nicht schon die Voraussetzungen der Ziff. 3 vorliegen, fällt der Fall, in dem die Frau jahrelang wegen der Arbeitsscheu und des Alkoholmißbrauchs des Mannes die Familie unterhalten hat, der Mann nunmehr aber bedürftig geworden ist, unter Ziff. 4. Es kommt nicht darauf an, ob nunmehr ein pathologischer Fall vorliegt, da es genügt, daß die Unterhaltsgewährung objektiv mit der Gerechtigkeitserwartung unvereinbar ist. D e r stark einschränkenden Begründung des Eherechtsgesetzes (a. a. O . S. 137), es könne nicht (leicht) gesagt werden, ob Arbeitsscheu und T r u n k s u c h t auf sittlichem Verschulden beruhen, Folgen der zerrütteten Ehe oder pathologische Fälle seien (S. 137), kann insoweit nicht gefolgt werden. Sie dürfte auch nach der N e u f a s s u n g der Ziff. 4 gegenstandslos geworden sein. Auch Verschwendungssucht, Verschleuderung des V e r m ö g e n s kann die Anwendung von Ziff. 4 begründen. Soweit Ziff. 4 in Frage steht, kann u. U . die auf subjektive Haltung des Berechtigten zu den ihm angelasteten Vorfällen nicht verzichtet werden (vgl. bereits zu subjektiven Merkmalen der objektiven Ehewidrigkeit § 1353), wie auch Ziff. 2 ausdrücklich ein bewußtes Verhalten voraussetzt. Die Regelung der Ziff. 4 dürfte alle wesentlichen Vorfälle erfassen, so daß es der allgemeinen Rechtsmißbrauchsklausel (vgl. Lange, F a m R Z 1971, 487 zu dem ursprünglichen Entwurf) nicht bedarf. Deren Anwendung scheidet auch aus, weil über die Unbilligkeit des Abs. 1 S. 1 hinaus einer der Tatbestände der Ziff. 1 bis 4 vorliegen muß. Zweifelhaft bleibt die Regelung für den von Deubner (a. a. O . V o r § 1579) erwähnten Fall der Zerrüttung der Ehe durch jahrelange Streitereien und Quengeleien der Frau (Deubner a. a. O. S. 155).

215

BGB § 1579 III

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

III. Ausschluß der Anwendbarkeit von § 1579 bei Kindesbetreuung Die Ausschlußtatbestände greifen nicht ein, wenn von dem Berechtigten wegen Pflege und Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Wann dies der Fall ist, richtet sich nach § 1570 (vgl. dort Anm. I und II). Diese Regelung kann nicht erweiternd ausgelegt, z. B. auf den Fall einer chronischen Erkrankung, erstreckt werden. Bei Nr. 1 wird bereits durch S. 2 die Ehezeit um die Zeit der Kindesbetreuung fiktiv erweitert. Verbraucht die Frau die für sie und das Kind gezahlten Mittel nicht für den gemeinsamen Lebensunterhalt, bleibt nur die Möglichkeit, nach § 1666 Abs. 2 oder nach § 1671, 1696 vorzugehen. Liegen die Voraussetzungen des § 1579 Abs. 2 nicht mehr vor, können die Ausschlußgründe des Abs. 1 geltend gemacht werden.

IV. Ausschluß oder Einschränkung des Unterhaltsanspruchs Anders als bei den ausdrücklich festgelegten Tatbeständen der N r . 1 bis 4 für den Versagungsgrund als solchen entscheidet sich ausschließlich nach Billigkeitsgrundsätzen, ob der Unterhaltsanspruch gänzlich auszuschließen oder nur zu beschränken ist. Die Beweislast für das Vorliegen eines der den Ausschlußtatbestandes der Ziff. 1 bis 4 hat in jedem Fall der Verpflichtete. Steht ein Ausschlußgrund nach Ziff. 2 fest, trifft den Unterhaltsberechtigten die Beweislast für die von ihm behauptete Verzeihung eines schweren Vergehens (vgl. B G H FamRZ 74, 182).

Vorbemerkung vor § 1580 Für den Versorgungsausgleich ist § 1580 in § 1587e und k, dort jeweils Abs. 1, für entsprechend anwendbar erklärt. — Die Vorschrift enthält eine ausdrückliche Regelung der bisher von Rechtsprechung und Literatur im Einzelfall aus § 242 BGB gefolgerten Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten und -verpflichteten, über ihr Einkommen und Vermögen Auskunft zu erteilen (vgl. Brühl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. Rdn. 133, Mutschier, FamRZ 1976, 219). Die gerichtliche Praxis war nicht einheitlich, was zur Geltendmachung überhöhter Unterhaltsansprüche oder zum Vorbringen unbegründeter Einwendungen und damit zu Kostennachteilen führen konnte, (vgl. Begr. S. 172). Die Auskunft des Unterhaltsberechtigten soll dem Verpflichteten die Prüfung der Bedürftigkeit des Berechtigten ermöglichen, die des Verpflichteten betrifft seine Leistungsfähigkeit und deren Umfang. Die Auskunftspflicht kann nicht als Ausforschung zurückgewiesen werden, auch dann nicht, wenn ihr Ergebnis die Grundlage für 216

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1580 I

eine Klage auf E r h ö h u n g der Unterhaltsrente bilden soll (vgl. Mutschier, FamRZ 1976, 221). Zu beachten ist, daß u. U. nach § 118 a I Z P O im Armenrechtsverfahren die Vorlage von Urkunden, z. B. Gehaltsbescheinigungen, aber auch die Einholung von Auskünften erreicht werden kann. Ein Auskunftsanspruch bei selbständigen, rechtsgeschäftlichen Unterhaltsverpflichtungen soll nicht bestehen (LG Kassel FamRZ 1976, 153).

§ 1580 Die geschiedenen Ehegatten sind einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen. § 1605 ist dementsprechend anzuwenden. Ubersicht I. II.

III.

Art und U m f a n g der Auskunft Inhalt der Auskunft 1. Vorlage von Unterlagen, Verdienstbescheinigungen 2. Bestandsverzeichnis Wiederholung der Auskunft

I. Art und U m f a n g der A u s k u n f t Der Unterhaltsanspruch, dessen Geltendmachung gegen den Verpflichteten die Auskunft u. U. erst ermöglichen soll, braucht noch nicht festgestellt zu sein. Der Anspruchsgrund muß jedoch dargetan sein, mögen die einzelnen Rechtsfolgen hinsichtlich ihrer Entstehung auch noch ungewiß sein (vgl. Mutschier, FamRZ 1976, 219). Die Auskunft kann sich umgekehrt auch auf die Überprüfung des Grundes der Bedürftigkeit des Berechtigten beziehen. Die Verpflichtung des Unterhaltsberechtigten erstreckt sich demgemäß auch auf die Auskunft der mit den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen zusammenhängenden Unterhaltsvoraussetzungen, wie Betreuung eines Kindes, Fortdauer der Ausbildung und dgl. (vgl. Mutschler a. a. O.). Es fehlt ein Rechtsschutzinteresse f ü r den Auskunftsanspruch, wenn der geschiedene Ehegatte aus ihm zugänglichen Unterlagen sich selbst unterrichten kann (BGH LM § 242 N r . 25, zu § 260 BGB, vgl. auch LG Düsseldorf FamRZ 1976, 218). Die Auskunftspflicht trifft Lohn- und Gehaltsempfänger, auch Gewerbetreibende, aber auch Rentner, zumal auch nach D u r c h f ü h r u n g des Versorgungsausgleichs Unterhaltsansprüche wegen Alters bestehen können (vgl. § 1571 Anm. V). Bei Teilzeitarbeit kann die H ö h e der Nebeneinkünfte über den Unterhaltsanspruch entscheiden. — Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nur, soweit sie zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. 217

BGB § 1580 II 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

II. Inhalt der Auskunft 1. Vorlage von Unterlagen, Verdienstbescheinigungen Nach dem in S. 2 der Vorschrift f ü r entsprechend anwendbar erklärten §1605 braucht sich die Auskunft nicht in jedem Fall auf die gesamten Einkünfte und auf das gesamte Vermögen zu erstrecken (Begr. S. 172), wobei aber zu beachten ist, daß sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet, insoweit also nach den gesamten Vermögens- und Erwerbsverhältnissen. Der Berechtigte muß also eine umfassende Auskunft auch dann fordern können, wenn das gesamte Einkommen und Vermögen nicht f ü r den Unterhalt verwendet zu werden braucht. Andererseits wird er eine Auskunft über interne Vorgänge einer Gesellschaft, an der der Verpflichtete beteiligt ist, nicht fordern können, soweit der Gewinnanteil des Verpflichteten auf andere Weise feststellbar ist. Ebenso bezieht sich die Auskunftspflicht nicht auf gesellschaftliche Beteiligungen, die der Ehegatte nach Ehescheidung eingegangen ist, da sich der Unterhaltsschuldner auf eine spätere günstigere Gestaltung der Vermögensverhältnisse — soweit dadurch eine Veränderung der Lebensstellung eingetreten ist — nicht berufen kann. § 1605 Abs. 1 sieht ausdrücklich die V o r lage von Gehaltsbescheinigungen vor. Über Vermögenstransaktionen, die längere Zeit zurückliegen und der Unterhaltsklage nicht zugrunde gelegt werden können, kann nicht unbeschränkt Auskunft gefordert werden ( B G H FamRZ 1976, 516). Soweit bei der Leistungsfähigkeit auch die Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten zu berücksichtigen ist (vgl. die ursprüngliche Entwurfsfassung des § 1581 (früher 1582) Abs. 1 S. 2 und 5 1582), besteht hinsichtlich dessen Einkommen zwar keine Auskunftspflicht (vgl. Mutschier a. a. O.), wohl aber wird der Unterhaltspflichtige, der sich wegen der weiteren Unterhaltspflicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit beruft, dies im Unterhaltsrechtsstreit nachzuweisen haben, im Regelfall also z. B. auch eine Gehaltsbescheinigung der Ehefrau vorzulegen haben.

2. Bestandsverzeichnis Damit kann, wenn über einen Inbegriff im Sinne des § 260 BGB, also über ein einheitliches Rechtsverhältnis über Sachen und Rechte (Unternehmen, u. U. Kundschaft, nach B G H Z 41, 321) auch die Gesamtheit der Aufgaben eines Architekten, die Gesamtheit von Vermittlungsgebühren (vgl. Palandt § 261 Anm. 2 c) die Vorlage eines Bestandsverzeichnisses verlangt werden. Zumindest muß eine verständliche Zusammenstellung aller Arbeits- und Vermögenseinkünfte mitgeteilt werden, die dem Berechtigten die Möglichkeit der N a c h p r ü f u n g ihrer Richtigkeit gibt, R G Z 127, 243. Es genügt nicht, daß der andere Ehegatte aus dem Bestandsverzeichnis die Vermögenswerte selbst ermitteln kann (so O L G Celle FamRZ 1975, 415, dagegen O L G N ü r n b e r g FamRZ 1969, 267). Die Vorlage einer vom Steuerbevollmächtigten des Verpflichteten gefertigten Übersicht genügt als Voraussetzung eines Bestandverzeichnisses, wenn 218

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1581

sie eine alle Aktiven oder Passiven enthaltende Übersicht darstellt ( B G H Z 33, 374 zu § 260 B G B ) . Auch hier wird es in Streitfällen der Vorlage von Einzelnachweisen bedürfen. Unter Umständen kann bei begründetem Verdacht, daß das Verzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt worden ist, die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gefordert werden. Hierfür genügt nicht, wenn ein entschuldbarer Irrtum vorlag ( K G 49, 410, vgl. Palandt § 2 6 1 Anm. 6 a B G H L M 260 N r . 1), oder Belege erst später vorgelegt worden sind. Ein begründeter Verdacht liegt insbesondere vor, wenn unvollständige, mehrfach berichtigte Angaben (Palandt a. a. O . ) oder ein Verschweigen wesentlicher Tatsachen vorlag ( B G H Z 41, 322). III. Wiederholung der A u s k u n f t Eine so weitgehende Auskunftspflicht ist nicht nur durch § 242 B G B beschränkt (z. B. wenn der Anspruchsteller aufgrund der Auskunft keineswegs etwas fordern könnte, etwa bei einem Unternehmen, in dem der K o n k u r s mangels Masse abgelehnt worden ist oder Unterhalt ausschließlich für die Vergangenheit gefordert wird, ohne daß die Voraussetzungen des § 1585b vorliegen), sondern kann auch nicht zu jeder Zeit erneut geltend gemacht werden. D a ein erneutes Auskunftverlangen nur dazu dienen soll, die Möglichkeit der Abänderung der Unterhaltsrente zu prüfen, erscheint es ausreichend, das erneute Auskunftsbegehren erst nach Ablauf einer Frist von 2 Jahren zuzulassen. Innerhalb dieser Frist wandeln sich in der Regel Lebenshaltungskosten einerseits und Lohn- und Gehaltsentwicklung andererseits nicht in einem solchen Maße, daß von einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse, die für die Abänderung einer titulierten Unterhaltsrente vorausgesetzt wird (§ 323 Z P O ) , gesprochen werden könnte (Begr. Drucksache 7/650 S. 172). Ausnahmsweise soll die Auskunft aber vorzeitig verlangt werden können, wenn glaubhaft gemacht wird, daß eine wesentliche Veränderung der früheren Verhältnisse durch laufende wesentlich höhere Einkünfte oder Erwerb weiteren Vermögens eingetreten ist. Als eine wesentliche Änderung kann i. a. (ohne starre Grenze) eine Einkommensänderung oder -Verminderung von mehr als 10% angesehen werden (vgl. auch L G Düsseldorf F a m R Z 1976, 218).

3. Leistungsfähigkeit und Rangfolge § 1581 Ist der Verpflichtete nach seinen Erwerbs- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande, ohne Gefähr219

BGB § 1581 I 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

dung des eigenen angemessenen Unterhalts dem Berechtigten Unterhalt zu gewähren, so braucht er nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es mit Rücksicht auf die Bedürfnisse und die Erwerbs- und Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten der Billigkeit entspricht. Den Stamm des Vermögens braucht er nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse unbillig wäre. Übersicht I.

II. III.

Eingeschränkte Leistungsfähigkeit 1. Erzielte und erzielbare Einkünfte 2. Erweiterte Pflicht zur Erwerbstätigkeit Verpflichtungen, allgemeine Verbindlichkeiten und anderweitige Unterhaltspflichten Vermögen 1. V e r w e r t u n g s z w a n g allgemein 2. V e r w e r t u n g s z w a n g und eingeschränkte Leistungsfähigkeit 3. Unwirtschaftliche und unbillige Verwertung

1. Eingeschränkte Leistungsfähigkeit 1. Erzielte und erzielbare Einkünfte Ob die Erwerbsverhältnisse mangelnde Leistungsfähigkeit begründen, richtet sich u. U. nicht nur nach den aus diesen Verhältnissen erzielten, sondern den erzielbaren Einkünften, (schon bisher allg. Mg., vgl. Köhler, Handbuch des Unterhaltsrechts, 3. Aufl. S. 24, der eine dem § 850h Abs. 2 S. 1 Z P O entsprechende Handhabung f ü r das Erkenntnisverfahren fordert). Nutzt der Unterhaltsschuldner seine Arbeitskraft nicht aus, sind die Möglichkeiten, eine vorh. Erwerbsfähigkeit auszunutzen, in Rechnung zu stellen (vgl. Begr. S. 139). Diese Möglichkeiten müssen unter Berücksichtigung von Fähigkeiten, Kräften und Entwicklungsgang des Verpflichteten konkret festgestellt werden (OLG Köln FamRZ 1976, 119 zu § 170b StGB). Mangelnde Leistungsfähigkeit liegt deshalb nicht vor, wenn eine angemessene Erwerbsstelle erlangt werden kann, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensälter, der Gesundheit und den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht. 2. Erweiterte Pflicht zur Erwerbstätigkeit Wie § 1574 Abs. 3 die Verpflichtung (Obliegenheit vgl. § 1574 Anm. III) des Berechtigten zur Ausbildung umfaßt, muß der Verpflichtete u. U. den Beruf wechseln, wenn der Unterhalt anders nicht sichergestellt werden kann. Ist der Bedarf der geschiedenen Ehegatten anders nicht aufzubringen, sind von beiden Ehegatten erhöhte Anstrengungen aufzubringen, bzw. Opfer zu bringen und zu erwarten. Es wird dann nach Lage des Falles etwa auch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verlangt werden können, die im übrigen nach Ausbildung, 220

Scheidung der E h e — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 8 1 II

Fähigkeiten, Alter und den ehelichen Lebensverhältnissen unter Berücksichtigung der D a u e r der E h e und der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes als unzumutbar anzusehen wäre (Begr. S. 140). Uberhaupt ist unter der V o r a u s s e t z u n g eingeschränkter Leistungsfähigkeit die A u s ü b u n g einer vor der Ehe ausgeübten Tätigkeit bei jungen Eheleuten in aller Regel zumutbar (insoweit vgl. die Ausführungen Roths, F a m R Z 1970, 111 mit eigenen Reformvorschlägen). Vgl. i. e. zu Voraussetzungen und U m f a n g der V e r pflichtung zum Berufswechsel und zur gesteigerten Verpflichtung zum Einsatz der Arbeitskraft § 1574 Anm. II 2 mit Rechtsprechungsnachweisen. Der Berechtigte muß sich u. U . freiwillige Zuwendungen anrechnen lassen ( R G Z 101, 2 0 9 ; R G J W 17, 288). E r muß u. U . eine Teilzeitarbeit neben der Betreuung eines Kindes aufnehmen (Begr. S. 140). Inwieweit ihr dies bei mehreren Kindern zuzumuten ist, ist eine Frage des Einzelfalles, von den Verhältnissen des Verpflichteten abhängig und in der Regel zu verneinen, vgl. 5 1570 Anm. II. G r e n z e der Zumutbarkeit ist die des § 1577 Abs. 2 B G B , also die der Nichtberücksichtigung von Einkünften bei Unterhaltsentziehung des Verpflichteten oder die der Nichtanrechnung auch bei Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten nach § 1577 Abs. 2 S. 2. Der Verpflichtete muß sich u. U . die Wiederaufnahme eines Studiums versagen, wenn dadurch der Unterhalt des Berechtigten beeinträchtigt wird (vgl. L G Mönchengladbach F a m R Z 1969, 38).

II. Verpflichtungen, allgemeine Verbindlichkeiten und Unterhaltspflichten

anderweitige

Die ursprünglich in Abs. 2 enthaltene Legaldefinition der mangelnden Leistungsfähigkeit ist in gestraffter F o r m in Abs. 1 eingegangen. D u r c h sie ist die Berücksichtigung von Verpflichtungen klargestellt. Mangelnde Leistungsfähigkeit kann also unabhängig davon vorliegen, ob sie durch das Zusammentreffen der Unterhaltspflicht mit weiteren Verbindlichkeiten herbeigeführt wird oder die Einkünfte und das verwertbare V e r m ö g e n des im übrigen nicht verschuldeten Berechtigten zur Bestreitung des angemessenen Lebensunterhalts nicht ausreichen (vgl. Begr. S. 140). Der in der Entwurfsfassung vorgesehene Abs. 1 S . 2 , nach dem bei Bestehen von Unterhaltsverpflichtungen gegenüber einem minderjährigen Kinde oder einem neuen Ehegatten auch die Bedürfnisse dieser Personen zu berücksichtigen seien, ist gestrichen worden, weil sich der grundsätzliche Gleichrang aller minderjährigen Kinder untereinander und im Verhältnis zu dem Ehegatten des Verpflichteten aus § 1609 ergibt. D a s führt bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit zu einer anteiligen K ü r z u n g von Ehegattenund Kindesansprüchen. Für das Verhältnis der Ehegatten eines Verpflichteten untereinander trifft § 1582 eine Sonderregelung, nach der der erste Ehegatte nach S. 1 in der Regel, nach S. 2 generell bevorrechtigt ist, vgl. i. e. Anm. zu § 1582 B G B . Im übrigen führt die Berücksichtigung von Verpflichtungen nicht dazu, daß schlechthin alle Verpflichtungen bei der Beurteilung der Leistungsfä221

BGB § 1581 III 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

higkeit zu berücksichtigen sind. Der Unterhaltspflichtige darf sich nicht in Kenntnis seiner Unterhaltspflichten zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten wahllos in Schulden stürzen (OLG Düsseldorf FamRZ 1974 S. 90). Verbindlichkeiten, die eingegangen sind, um sich der Unterhaltspflicht zu entziehen, sind nicht zu berücksichtigen, wie überhaupt nachträglich eingegangene Verbindlichkeiten hinsichtlich der Notwendigkeit für die Lebensführung zu überprüfen sind (zweifelnder Brühl a. a. O. Rdn. 638 ff., zutreffend BayObLGSt 1960, 168, N J W 10961, 38). Auch wenn diese Voraussetzungen gegeben sind und ein vernünftiger Grund für die Eingehung von Verbindlichkeiten dargetan ist, z. B. weil die Schulden aus Hausratsanschaffung für die ganze Familie herrühren oder ein Pkw f ü r die Berufsausübung des Verpflichteten als Vertreter unumgänglich ist, können Ratenverpflichtungen nur anerkannt werden, wenn sie bei Aufstellung eines vernünftigen Tilgungsplanes als angemessen erscheinen (OLG Düsseldorf a. a. O., das bei einem Einkommen von 1318,— DM und einer Miete von 310,— DM von geltend gemachten Verpflichtungen von 626,— DM 300,— DM monatlich als vertretbar anerkennt). I. ü. muß die Schuldtilgung durch Verhandlungen mit dem Kreditgeber hinausgeschoben werden und jedenfalls zurückstehen (vgl. auch dazu § 1360 Anm. IV 2). III. V e r m ö g e n 1. Verwertungszwang allgemein Das Vermögen ist bei der Bestimmung der Leistungsfähigkeit grds. zu berücksichtigen, also Vermögenseinkünfte jeder Art (Renditen, Dividenden, aber u. U. auch Einnahmen aus Zimmervermietung, falls nicht in entsprechender Anwendung von § 1577 Abs. 2 eine Notlage vorlag). Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit muß das Vermögen in verstärktem Umfang zur Sicherung des Unterhalts herangezogen werden (vgl. Paland § 59 EheG a. F. Anm. 4). § 59 EheG a. F. stellte den Mannn bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit von der Unterhaltspflicht frei, wenn der Unterhalt aus dem Stamm des Vermögens des Berechtigten bestritten werden konnte. § 1577 erweitert diese Regelung durch die Verpflichtung des Berechtigten, vor Inanspruchnahme des Verpflichteten ggf. den dazu geeigneten Vermögensstamm grds. anzugreifen. Durch § 1581 soll klargestellt werden, daß entgegen der überwiegenden Annahme der bisherigen Rechtsprechung und Literatur (vgl. z. B. Hoffmann-Stephan, §58-. EheG Anm. 28, dagegen Brühl a. a. O., Rdn. 674) auch der Verpflichtete vor Berufung auf mangelnde Leistungsfähigkeit auf den Stamm seines Vermögens zurückgreifen muß. Diese Regelung entspricht der Gleichberechtigung beider Ehegatten und daher der Billigkeit (Begr. S. 141). Die Verpflichtung zur Verwertung des Vermögensstammes vor Berufung auf Leistungsunfähigkeit soll dem Verpflichteten nach S. 2 der Bestimmung dann nicht angesonnen werden, wenn diese Maßnahme die Leistungsfähigkeit nicht auf Dauer (so Jansen u. a. 222

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1581 III 3

F a m R Z 1970, 439) oder zumindest für eine gewisse Zeit (Begr. S. 241, vgl. dazu R G Z 9 7 , 276 und § 1577 Anm. I V ) , behebt. 2. Verwertungszwang und eingeschränkte Leistungsfähigkeit S. 2 (nach der ursprünglichen Fassung Abs. 2 S. 2) soll nur für die Bestimmung der Leistungsfähigkeit gelten. Bei nicht bestehendem Verwertungszwang nach S. 2 soll deshalb nach S. 1 eine Verpflichtung zu einer weitergehenden Verwertung bestehen können (vgl. Begr. S. 141), z. B. die Verwertung des V e r mögensstammes, wenn die Leistungsfähigkeit dadurch für eine gewisse Zeit hergestellt werden kann. Dies entspricht der Rechtsprechung ( R G Z 97 a. a. O . ) zur Frage der Verwertung des Vermögensstammes, ist aber mißverständlich formuliert, weil S. 2 (Abs. 2 des § 1582 B G B der Entwurfsfassung) sich seinem Wortlaut nach auch auf die Fälle mangelnder Leistungsfähigkeit des Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ( E ) beziehen läßt. Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit sind an die Pflicht zur Vermögensverwertung strengere Maßstäbe zu legen. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider Ehegatten sind unter Berücksichtigung der zumutbaren O p f e r und Anstrengungen gegeneinander abzuwägen (Begr. S. 139, 140). J e nach den zur Verfügung stehenden Mitteln, aber auch unter Berücksichtigung der sonstigen Lebensverhältnisse entscheidet sich die Verpflichtung zur Aufnahme einer sonst nicht angemessenen Arbeit, zur Ausübung einer vollen oder einer Teilzeitbeschäftigung, aber auch die zu einer sonst nicht wirtschaftlichen Vermögensverwertung. U. U. mag auch der V e r kauf von Vermögensgegenständen unter Wert, der den Bedarf des Berechtigten auf Dauer sicherstellt, eher angebracht sein als die Inanspruchnahme des V e r pflichteten, die auf seinen eigenen Bedarf keine Rücksicht nimmt (Begr. S. 140). 3. Unwirtschaftliche und unbillige Verwertung D e r Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Werte unwirtschaftlich in 5 1581 S. 2 zu streichen, also allein auf die unbillige Härte abzustellen (Drucksache 6 / 7 5 0 S. 263). Wesentliche Unterschiede beider Auffassungen ergeben sich durch die Gesetz gewordenen Fassung nicht (vgl. auch Brühl a. a. O . Rdn. 675). Zu unwirtschaftlichen Eingriffen (Veräußerung eines in absehbarer Zeit eine nennenswerte Rendite abwerfenden Hauses, eines gewinnbringenden Erwerbsgeschäftes) ist der Unterhaltsschulder nicht verpflichtet. Gedacht ist jedoch auch an jene Fälle, in denen etwa der notwendige V e r k a u f von Vermögensgegenständen einstweilen nur erheblich unter W e r t durchführbar wäre. Eine unbillige Härte bzw. Unbilligkeit könnte vorliegen, wenn durch die Verwertung eine erhebliche Unsicherheit in der wirtschaftlichen Existenz des V e r pflichteten selbst eintreten würde (Begr. S. 141). In diesem Fall besteht auch nach S. 1 keine Verwertungspflicht. Andererseits darf der Verpflichtete sich nicht dadurch mittellos machen, daß er sein gesamtes Vermögen festlegt (z. B. durch langfristige Sparverträge). In derartigen Fällen ist ihm eine Kreditauf-

223

BGB Vor § 1582

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

nähme zuzumuten (vgl. § 1577 Anm. IV). Eine unbillige H ä r t e kann auch darin bestehen, wenn das Interesse an der Erhaltung von Gegenständen in keinem Verhältnis zu dem Erlös aus einer wirtschaftlichen Verwertung stehen würde (z. B. bei einem alten Familienschmuckstück). Auch eine wirtschaftliche Verwertung kann in derartigen Fällen unbillig sein, wenn das Interesse an der Erhaltung vorrangig ist (z. B. hinsichtlich einer den Lebensunterhalt bei Verwertung nur teilweise sichernden Briefmarkensammlung, die den Kindern zugute kommen soll, vgl. Begr. S. 141). Die H ä r t e muß sich aus dem Verwertungzwang ergeben. Als Härtefälle werden von § 1581 nicht die Fälle umfaßt, in denen den Verpflichteten deshalb die Unterhaltspflicht als solche hart trifft, insbesondere wegen eines Verhaltens des Berechtigten während der Ehe. Insoweit kommen nur die Ausschlußgründe des § 1579 (vgl. Begr. S. 141) oder die Berufung darauf in Betracht, daß die Ehe nicht von langer Dauer war (vgl. § 1579 Abs. 1 Ziff. 1 einerseits und § 1582 S. 2 andererseits).

Vorbemerkung vor § 1582 In der Begründung heißt es (S. 144): „Die Regelung des § 1582 BGB ist verfassungsgemäß. Die Meinung, die Regelung verstoße durch ungleiche Behandlung der Ehegatten vor allem in den Fällen des Abs. 1, S. 2, gegen Art. 1 Abs. 1, Art.2 Abs. 2, Art. 3, Abs.l oder Art. 6 Abs. 1 G G wird nicht geteilt. Jeder Ehegatte kann nur im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten, die auch durch einmal übernommene Verpflichtungen in einer ersten Ehe beschränkt sein können, neue Belastungen übernehmen." Dem ist zuzustimmen. Eine Ehe kann auch nach Wegfall der ursprünglich beabsichtigten Beschränkung des Widerspruchsrechts nach § 1568 auf immaterielle Umstände in der Regel nicht ausschließlich zur Sicherung der Unterhaltsansprüche des wirtschaftlich schwächeren Ehegatten aufrechterhalten werden- (vgl. die unter Zugrundelegung der Entwurfsfassung des § 1568 noch weitergehende Begr. S. 141, a. A. Schwab, FamRZ 1976, 506). Im übrigen ist das Widerspruchsrecht aufgrund der Härteklausel auf fünf Jahre befristet. Es bedarf einer Regelung des Verhältnisses von Unterhaltsansprüchen des alten und des neuen Ehegatten. § 1582 (1) Bei Ermittlung des Unterhalts der geschiedenen Ehegatten geht im Falle des § 1581 der geschiedene Ehegatte einem neuen Ehegatten vor, wenn dieser nicht bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574, § 1576 und des § 1577 Abs. 1 unterhaltsberechtigt wäre. Hätte der neue Ehegatte nach diesen Vorschriften einen Unterhaltsanspruch, geht ihm der geschiedene Ehegatte gleichwohl vor, wenn er nach § 1570 oder nach § 1576 unterhaltsberechtigt ist 224

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1582 I 1

oder die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Der Ehedauer steht die Zeit gleich, in der ein Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 unterhaltsberechtigt war. (2) § 1609 bleibt im übrigen unberührt. Übersicht I.

II.

Rang mehrere Unterhaltsansprüche 1. V o r r a n g und Gleichrang der Unterhaltsansprüche des geschiedenen und neuen Ehegatten, Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten 2. Der V o r r a n g des S. 2 bei Kindesbetreuung, Eingreifen der positiven Härteklausel sowie bei langer Dauer der Ehe 3. Gleichsetzung von Ehedauer und Zeit der Kindesbetreuung, Gleichrang der Kinder Die Berechnung des Unterhalts bei Unterhaltsansprüchen des ersten und zweiten Ehegatten.

I. Rang mehrerer Unterhaltsansprüche 1. Vorrang und Gleichrang der Unterhaltsansprüche des geschiedenen und neuen Ehegatten, Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten Bisher ist überwiegend angenommen worden, daß eine Gleichrangigkeit der Unterhaltsansprüche des ersten und zweiten Ehegatten besteht, wobei aber nicht verkannt werden kann, daß der Verpflichtete dem neuen Ehegatten näher steht als dem früheren. Die Eherechtskommission hat sich eindeutig dafür ausgesprochen, den Unterhaltsansprüchen des bedürftigen früheren Ehegatten Vorrang vor den Ansprüchen des neuen Ehegatten einzuräumen, (vgl. Begr. S. 141). Dem ist das Eherechtsgesetz mit der Maßgabe gefolgt, daß die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen nach § 1360 des zweiten Ehegatten dem ersten Ehegatten nicht entgegengehalten werden kann. Der nach § 1360 bestehende Unterhaltsanspruch des neuen Ehegatten bleibt außer Betracht, wenn der neue Ehegatte sich aus Einkünften eigener Erwerbstätigkeit, sonstigem Vermögen und Einkommen selbst unterhalten könnte, wobei an die Ausnutzung der Erwerbstätigkeit und den Einsatz des Vermögens dieselben Anforderungen wie für den Geschiedenenunterhalt gestellt werden. Trifft der Unterhaltsanspruch des haushaltsführenden neuen Ehegatten mit dem Anspruch des geschiedenen Ehegatten zusammen, muß, bevor der geschiedene Ehegatte bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Verpflichteten einer Schmälerung seines Unterhalts ausgesetzt wäre, erwartet werden, daß der neue Ehegatte des Verpflichteten zur Sicherung des eigenen Unterhalts seine eigenen Möglichkeiten ausschöpft. Die Möglichkeit, eine „Hausfrauenehe" zu wählen, wird dem Ehegatten der neuen Ehe nach der getroffenen Regelung oft nicht mehr offenstehen. In manchen Fällen wird in der neuen Ehe auch auf Kinder verzichtet werden müssen, weil der zweite Ehegatte seinen Unterhalt nur durch fortdau225

BGB § 1582 I 1

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

ernde eigene Erwerbstätigkeit sichern kann. D e n E h e g a t t e n der neuen E h e ist z u z u m u t e n , sich auf diese S a c h l a g e einzurichten, wenn ihm bei d e r Eheschließung b e k a n n t ist, d a ß aus der ersten E h e K i n d e r h e r v o r g e g a n g e n sind ( B g r . a. a. O . ) . G l e i c h r a n g i g k e i t der U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e besteht d a h e r nur d a n n , wenn die U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e des zweiten E h e g a t t e n hinsichtlich der A n s p r u c h s b e r e c h t i g u n g als solche aus einer geschiedenen E h e angesehen und nach den §§ 1570 ff. bestehen w ü r d e n . D a n a c h wird sich die zweite E h e f r a u auf U n t e r h a l t s a n s p r ü c h e nach den § 1571, 1572 ( K r a n k h e i t und Alter) und bei G e b u r t v o n K i n d e r n in der zweiten E h e auf solche aus § 1570 b e r u f e n k ö n n e n , auf A n s p r ü c h e aus § 1573 nur in A u s n a h m e f ä l l e n , z u m a l bei mehreren Anspruchsberechtigten in der Regel die V o r a u s s e t z u n g e n eingeschränkter Leistungsfähigkeit vorliegen d ü r f t e n und damit eine erhöhte Arbeitspflicht, u. U . a u c h die V e r p f l i c h t u n g z u r A u f n a h m e einer s o n s t nicht a n g e m e s s e n e n Arbeit bestehen k a n n . Z u beachten ist, wie d u r c h E i n b e z i e h u n g des § 1573 klargestellt w o r d e n ist (vgl. Begr. S . 33, D r u c k s . 7 / 4 3 6 1 ) , daß nicht nachhaltig erzielte Einkünfte des zweiten E h e g a t t e n aus einer Erwerbstätigkeit nach E i n g e h u n g einer neuen E h e wegfallen k ö n n e n , (vgl. aber auch 1 a. E. z u m Zeitpunkt der A n s p r u c h b e r e c h t i g u n g ) . D a in den K a t a l o g der U n t e r h a l t s b e r e c h t i g u n g e n a u c h § 1576 a u f g e n o m m e n w o r d e n ist, k a n n sich der U n t e r h a l t s a n s p r u c h der zweiten E h e f r a u auf sonstige s c h w e r w i e g e n d e G r ü n d e , z. B. eigene O p f e r , etwa m e h r j ä h r i g e Bestreitung des vollen Familienunterhalts w ä h r e n d einer langwierigen E r k r a n k u n g des zweiten E h e m a n n e s stützen. Liegt der A u s n a h m e t a t b e stand des § 1576 f ü r den ersten Ehegatten v o r , gilt S . 2. D e r A u s b i l d u n g s a n s p r u c h des § 1575 k a n n f ü r einen zweiten Ehegatten der A n s p r u c h s b e r e c h t i g u n g des ersten Ehegatten nicht entgegengesetzt w e r d e n , d a § 1575 in den K a t a l o g der A n s p r u c h s b e r e c h t i g u n g e n w e g e n der weitgehenden B e g r e n z u n g der U n t e r h a l t s b e r e c h t i g u n g e n des zweiten Ehegatten a u c h angesichts der in der Regel nur in eingeschränktem U m f a n g z u r V e r f ü g u n g stehenden Mittel nicht a u f g e n o m m e n w o r d e n ist. U b e r die enumerativ genannten Fälle der §§ 1571 bis 1573, 1576 hinaus k a n n w e d e r ein U n t e r h a l t s a n s p r u c h der zweiten F r a u b e g r ü n d e t n o c h bei V o r l i e g e n v o n deren V o r a u s s e t z u n g e n ein U n t e r h a l t s a n s p r u c h v e r s a g t w e r d e n , z. B. unter H i n w e i s d a r a u f , d a ß er die erste E h e z e r s t ö r t hat. § 1579 ist in § 1582 a u c h nicht entsprechend f ü r a n w e n d b a r erklärt w o r d e n , z u m a l diese B e s t i m m u n g sich nur auf d a s Verhältnis zwischen dem unterhaltsverpflichteten Ehegatten und dem (geschiedenen) Unterhaltsberechtigten bezieht. In § 1611 ist der E h e gatte nicht mehr genannt. D e r V o r s c h l a g des B u n d e s r a t e s , die A n s p r u c h s b e rechtigung des zweiten E h e g a t t e n weiterhin d a d u r c h z u b e s c h r ä n k e n , d a ß die Leistung v o n U n t e r h a l t z u r V e r m e i d u n g unbilliger H ä r t e e r f o r d e r l i c h ist, ist nicht G e s e t z g e w o r d e n (in diesem P u n k t w a r d u r c h D r u c k s a c h e 7 / 4 6 9 4 der V e r m i t t l u n g s a u s s c h u ß a n g e r u f e n w o r d e n ) . Die entsprechende A n w e n d u n g der §§ 1570 ff. bedeutet, d a ß der in den §§ 1570 ff. b e d e u t s a m e Zeitpunkt der Scheid u n g f ü r die F r a g e , o b U n t e r h a l t s z a h l u n g e n an den neuen Ehegatten z u 226

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1582 I 3

berücksichtigen sind, außer Betracht bleibt (Begr. S. 142, 143). Die Anspruchsberechtigung knüpft also an die Bedürftigkeit, nicht an den Zeitpunkt ihres Eintritts an. Die in den Entwurfsfassungen enthalten gewesene Verweisung auf § 1577 Abs. 1 ist wieder aufgenommen worden. Deshalb setzt die Anwendung von § 1582 S. 1 das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs voraus, der im Umfang anrechenbarer Einkünfte und anrechenbaren Vermögens entfällt. 2. Der Vorrang des S. 2 bei Kindesbetreuung, Eingreifen der positiven Härteklausel sowie bei langer Dauer der Ehe Ein weitergehender Vorrang des geschiedenen Ehegatten wird für die Fälle § 1582 S. 2 und 3 begründet. Nach § 1356 können die Ehegatten vereinbaren, daß der eine von ihnen erwerbstätig ist und der andere den Haushalt übernimmt. Der Ehegatte, der sich 20 Jahre allein dem Haushalt im Vertrauen darauf gewidmet hat, daß sein Unterhalt durch die Ehe gesichert ist, soll in dieser Erwartung nicht getäuscht werden und der Einsatz seiner Arbeitskraft nicht von der Erwartung bestimmt werden, daß die auf Lebenszeit angelegte Ehe später scheitert (Begr. S. 143). Als eine lange Dauer der Ehe kann eine Zeit von 15 — 20 Jahren verstanden werden. Es kann aber auch ein kürzerer Zeitraum genügen, wenn zum Beispiel in einer zehnjährigen Ehe zahlreiche Kinder geboren und großgezogen worden sind. Es kommt danach darauf an, was objektiv und in der Vorstellung der Eheleute als eine lange Dauer der Ehe angesehen werden kann. Die bloße Tatsache, daß keine kurze Ehezeit im Sinne von § 1579 Ziff. 1 vorliegt, genügt jedoch nicht, da hierunter in der Regel eine Zeit von einem Jahr zu verstehen ist. Wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind, wird in den meisten Fällen die weitere Pflege oder Erziehung der Kinder von der geschiedenen Frau übernommen, die vor der Scheidung Hausfrau war und nach der Scheidung wegen der Pflege und Erziehung der Kinder nicht erwerbstätig sein kann. Es entspricht der Billigkeit, die Zeit, in der ein Ehegatte nach der Scheidung deshalb nicht erwerbstätig sein kann, wie die Zeit der Ehedauer zu behandeln. Eine Erwerbstätigkeit wird in dieser Zeit aus Gründen, die in der Ehe liegen, nicht aufgenommen. Um den Kindern aus geschiedenen Ehen auch nach der Scheidung eine möglichst gute Entwicklung zu sichern, soll sich kein Ehegatte bei der Entscheidung, ob er die Pflege oder Erziehung der Kinder übernimmt und ob er daneben noch erwerbstätig sein kann, von der Sorge umstimmen lassen, daß sein Unterhalt anschließend durch Ansprüche eines weiteren Ehegatten des Verpflichteten gefährdet werden könnte (Begr. Drucks. 7/650, S. 143, 144). 3. Gleichsetzung von Ehedauer und Zeit der Kindesbetreuung, Gleichrang der Kinder Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten aus § 1570 ist neben dem Anspruch aus § 1576 bereits in Abs. 2 des § 1582 erwähnt. Deshalb fällt 227

BGB § 1582 II

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

unter V o r r a n g schon nach S. 2 jetzt in S. 3 ausdrücklich erwähnt — wenn sich die Bestimmung der langen Dauer aus der langjährigen Betreuung eines Kindes nach der Scheidung hergeleitet hat und nunmehr anderweitige Unterhaltsansprüche, z. B. wegen Alters nach § 1571, bestehen. Das Zurücktreten der Unterhaltsansprüche des neuen Ehegatten bedeutet, daß der V o r r a n g des geschiedenen Ehegatten auch besteht, wenn Kinder aus der zweiten Ehe hervorgehen oder durch diese Ehe nichteheliche Kinder legitimiert werden. Zu beachten ist, daß der V o r r a n g — wie in anderen Vorschriften — f ü r den geschiedenen Ehegatten nur bei gemeinschaftlichen Kindern besteht. Die V o r schrift ist daher nicht anwendbar, wenn der geschiedene Ehegatte ein bei ihm zurückbleibendes uneheliches Kind des früheren Mannes betreut. Hier kann f ü r die Unterhaltsberechtigung als solche nur § 1576 BGB eingreifen. Der V o r rang besteht nach S. 2 und 3 des § 1582 auch dann, wenn in der zweiten Ehe durch Schicksalschläge die Frau in der bei Eheschließung vorhandenen eigenen Arbeitskraft beeinträchtigt wird, da eine weitergehende Billigkeitsregelung abgelehnt worden ist. Auch in den Fällen des Vorrangs eines Ehegatten ändert sich am Gleichrang der unterhaltsberechtigten Kinder nichts (Begr. Drucks. 7/4361 S. 33), d. h. die Kinder können also grds. nicht hinter einem Ehegatten zurückstehen.

II. Die Berechnung des Unterhalts bei Unterhaltsansprüchen des ersten und zweiten Ehegatten Bei Gleichrangigkeit beider Ehegattenansprüche führt beschränkte Leistungsfähigkeit zu einer entsprechenden verhältnismäßigen Kürzung der Ansprüche beider Ehegatten und der Kinder. Bei V o r r a n g des geschiedenen Ehegatten wird dem Einwand, daß wegen der Gleichrangigkeit der Kinder die Bestimmung praktisch nicht durchführbar sei, (es sei ein Axiom, daß zwei G r ö ßen, die einer dritten gleich seien, auch untereinander gleich seien, also die Ansprüche beider Ehegatten, die denen der Kinder gleichberechtigt seien, müßten demnach auch untereinander gleich sein, Bürgle, FamRZ 1973, 514), durch den Hinweis auf den relativen Vorgang begegnet (vgl. Drucks. 260/73 S. 289), N a c h der mehrfach gewechselten Stellungnahme (vgl. Drucks. 7/650 S. 289; jetzt Drucks. 7/4361, S. 33) sollen bei mangelnder Leistungsfähigkeit des Verpflichteten zwei Berechnungen angestellt werden, wobei von dem — nach Abzug des zunächst zu ermittelnden Selbstbehalts des Verpflichteten — verbleibenden Betrag ausgegangen werden soll. In einer ersten Berechnungsstufe wird der den minderjährigen Kindern zustehende Unterhalt festgestellt. In dieser Berechnung wird der Bedarf aller Kinder und aller unterhaltsberechtigten Ehegatten berücksichtigt. In einer zweiten Berechnungsstufe wird der Unterhalt des geschiedenen Ehegatten ermittelt. In diese Berechnung ist nur der Bedarf des geschiedenen Ehegatten und der Kinder einzubeziehen. Der Bedarf des späteren Ehegatten des Unterhaltsverpflichteten bleibt hier unberücksich228

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1 5 8 2 II

tigt. Bleibt, nachdem vom verfügbaren Einkommen des Unterhaltsberechtigten der Unterhalt der Kinder und der Unterhalt des früheren Ehegatten abgezogen worden sind, noch ein Restbetrag, so erhält ihn der neue Ehegatte des Verpflichteten. H i e r f ü r wird folgendes Beispiel angeführt: Einkommen des unterhaltsverpflichteten Mannes: 1800,— DM. Unterhaltsberechtigt sind eine geschiedene Ehefrau mit einem Bedarf von 600,— DM, die zweite Ehefrau mit einem Bedarf von 600,— DM, ein Kind aus erster Ehe mit einem Bedarf von 200,— D M und ein Kind aus zweiter Ehe mit einem Bedarf von 2 0 0 , - DM. Der eigene angemessene Bedarf des Mannes soll 700,— D M betragen. Der Mann ist also in H ö h e von 1100,— D M leistungsfähig. Erste Berechnungsstufe: Ermittlung des Unterhalts der Kinder. Der f ü r Unterhaltszahlungen verfügbare Betrag von 1 100 D M ist im Verhältnis 600 : 600 : 200 : 200 aufzuteilen. Auf jedes Kind entfällt danach V. also 137,50 DM. Der Unterhaltsanspruch jedes Kindes beträgt also 137,50 DM. Zweite Berechnungsstufe: Ermittlung des Unterhalts der geschiedenen Ehefrau. Der f ü r Unterhaltsleistungen verfügbare Betrag von 1100,— D M ist auf die geschiedene Ehefrau und die Kinder zu verteilen (600 : 200 : 200). Die geschiedene Frau erhält, da der zur Verfügung stehende Betrag f ü r alle zu berücksichtigenden Personen ausreicht, ihren vollen Unterhalt in H ö h e von 6 0 0 , - DM. N a c h Abzug der Unterhaltsansprüche der Kinder in H ö h e von 275,— D M und der geschiedenen Ehefrau in H ö h e von 600,— D M verbleibt von dem f ü r Unterhaltszahlungen verfügbaren Betrag ein Rest von 225,— DM. Dieser Restbetrag steht der neuen Ehefrau des unterhaltsverpflichteten Mannes zu. — Diese Berechnung ist nur möglich, wenn der zur Verfügung stehende Betrag zur Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Anspruchsberechtigten ausreicht. Außerdem erhalten die geschiedene Ehefrau den vollen, die Kinder nur einen gekürzten Unterhaltsbetrag. Möglich ist folgende Berechnung: Bei einem Einkommen des geschiedenen Ehemannes von 1500,— DM stehen der Ehefrau grds. 2/5 (vgl. § 1570 Anm. V und § 1578 Anm. I 3) = 6 0 0 , - DM, den Kindern aus beiden Ehen bei je einem Kind (angenommen) mindestens 150,— DM zu, so daß 900,— D M erforderlich sind. Da die zweite Ehefrau gegenüber den Kindern gleichberechtigt ist (§ 1609 Abs. 2), würden ihr, soweit mindestens die auf die Kinder entfallende Zahlung an sie möglich wäre, ebenfalls 150,— D M zustehen. Dann stehen dem Betrag von 900,— D M nach der Erstrechnung 1050,— D M nach der Zweitrechnung gegenüber. Dem entsprechen Prozentsätze von ca. 43% f ü r den ersten Ehegatten und je 19 für den zweiten Ehegatten und die Kinder. Da nur 900,— D M zur Verfügung stehen, sind die auf Ehegatten und Kinder entfallenden Beträge entsprechend diesen Prozentsätzen zu ermitteln, es entfallen daher auf den ersten Ehegatten 229

BGB § 1583 I

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

387,— DM, auf die Kinder und die zweite Ehefrau je 171,— DM. O b dadurch der V o r r a n g gegenüber dem zweiten Ehegatten nach dem Wortlaut des § 1583 S. 2 gewahrt ist, bleibt zweifelhaft. Anders ist aber die Rechnung nicht durchzuführen, da der Gleichrang der Kinder gewahrt werden muß. Der V o r r a n g der Ehefrau ist daher im Ergebnis eine Besserstellung, vgl. auch die Berechnungen von Lange, FamRZ 1973, 582. — Für das Verhältnis von Ehegatten und Verwandtenhaftung gilt § 1584.

§ 1583 Lebt der Verpflichtete im Fall der Wiederheirat mit seinem neuen Ehegatten im Güterstand der Gütergemeinschaft, so ist § 1604 entsprechend anzuwenden. I. § 1583 entspricht dem bisherigen § 68 EheG a. F., der ebenfalls auf § 1604 verwies. Letztere Vorschrift betrifft nach Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes nur noch den Fall der Gütergemeinschaft, bei der das Gesamtgut beiden Ehegatten gemeinschaftlich gehört. Während bestehender Ehe sind Einkünfte des Gesamtgutes vorrangig f ü r den Unterhalt der Familie zu verwenden (§ 1420). Besteht in der zweiten Ehe Gütergemeinschaft, zugleich aber eine Unterhaltspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau, haftet der geschiedene Ehemann (bzw. der geschiedene Ehegatte) mit seinem Einkommen und seinem Vermögen, also dem Sondergut und dem Vorbehaltsgut. Reicht das zur Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht aus, wird der Verpflichtete, soweit es die Unterhaltspflicht betrifft, als Alleineigentümer des Gesamtgutes behandelt. Dies gilt auch f ü r die Unterhaltspflicht im Rahmen des § 1581 BGB nach Billigkeitsgrundsätzen. Die Verpflichtung ist eine Gesamtgutverbindlichkeit, wobei die Vorschriften über die persönliche H a f t u n g des anderen Ehegatten Anwendung finden (Brühl, Palandt § 1604 Anm. 2). Das Erlöschen der H a f t u n g bei Beendigung der Gütergemeinschaft sehen §§ 1437 Abs. 2 S. 2, 1459 Abs. 2 S. 2 vor. II. Liegen Unterhaltspflichten beider Ehegatten vor, ist wegen der Verweisung auf § 1604 nach § 1604 S. 2 f ü r die Unterhaltspflicht anzunehmen, daß das Verwandtschaftsverhältnis, auf dem die Unterhaltspflicht eines Ehegatten beruht, f ü r beide Ehegatten bestände, d. h. daß zwar wiederum dem wiederverheirateten Verpflichteten das Gesamtgut als Vermögen zugerechnet w i r d ; ob aber unter Berücksichtigung des Gesamtgutes seine Leistungsfähigkeit zu bejahen oder ihm nur eine Unterhaltsverpflichtung nach Billigkeit aufzuerlegen ist, bestimmt sich unter Mitberücksichtigung der Unterhaltspflichten, die dem neuen Ehegatten obliegen (Begr. S. 144). Ansprüche und Bedarf der mit dem geschiedenen Ehegatten gleichrangig Berechtigten, also frühere Ehegatten des Mitverpflichteten, denen Unterhaltsansprüche nach § 1570 ff zustehen und 230

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B § 1584 I 1

minderjährige unverheiratete Kinder sind in Rechnung zu stellen. Unter den Voraussetzungen von § 1581 und § 1582 S. 1 kann die Leistungspflicht entfallen, jedoch nur, wenn auch das Gesamtgut die Erfüllung der Unterhaltspflicht nicht ermöglicht.

Vorbemerkung vor § 1584 § 1584 entspricht der bisherigen Fassung des § 63 EheG a. F. Der Reformgesetzgeber hat die bisherige Regelung der vorrangigen Haftung des Ehegatten vor den Verwandten übernommen. Anlaß zu einer von der bisherigen Regelung abweichenden Beurteilung bestehe nicht, auch soweit die Unterhaltstatbestände an eine ehebedingte Bedürftigkeit anknüpften, weil das Fortbestehen der Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten (in diesen Fällen) entscheidend sei. Auch während bestehender Ehe könne der leistungsfähige Verpflichtete unabhängig vom Grund der Bedürftigkeit den Berechtigten an dessen Verwandte verweisen (§ 1608 S. 2, Begr. S. 145). § 1584 Der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte haftet vor den Verwandten des Berechtigten. Soweit jedoch der Verpflichtete nicht leistungsfähig ist, haften die Verwandten vor dem geschiedenen Ehegatten. § 1607 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Überblick I.

H a f t u n g für den Unterhalt 1. Vorrangige und nicht vorrangige Ehegattenhaftung 2. Verwandtenhaftung bei Ausschluß von Unterhaltsansprüchen nach § 1579 II. Die entsprechende A n w e n d u n g von § 1607 Abs. 2

I. Haftung für den Unterhalt 1. Vorrangige und nicht vorrangige Ehegattenhaftung Die vorrangige Haftung des verpflichteten Ehegatten schließt im Ergebnis die Bedürftigkeit des Berechtigten gegenüber den Verwandten aus. Zu beachten ist, daß die vorrangige Haftung des § 1584 auch insoweit besteht, als der Unterhaltspflichtige (Ehegatte) wenigstens einen Teil des dem des anderen Ehegatten geschuldeten Unterhalts erbringen kann. Dann kann und muß sich der Berechtigte an die unterhaltsberechtigten Verwandten wegen des Restes halten (Begr. S. 145). Die Einschränkung oder das Fehlen der Leistungsfähigkeit ist in § 1581 geregelt, wobei zu berücksichtigen ist, daß nach § 1582 S. 1 und 2 der Unter231

B G B § 1584 I 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

haltsanspruch des neuen Ehegatten unter den V o r a u s s e t z u n g e n dieser V o r schrift u. U . außer Betracht zu bleiben hat, vgl. aber § 1582 Anm. II. Z u r Leistungsunfähigkeit im übrigen vgl. § 1581. U n t e r die zu berücksichtigenden Verpflichtungen des § 1581 fällt auch die Unterhaltspflicht gegenüber einem unehelichen Kinde ( R G Z 106, 372). Liegen die V o r a u s s e t z u n g e n mangelnder Leistungsfähigkeit vor, haften die V e r w a n d t e n vor den Ehegatten, ohne einen E r s a t z a n s p r u c h zu haben, der auch bei V e r m ö g e n s z u w a c h s nicht nachträglich entsteht (vgl. Palandt § 1607 Anm. 2). 2. Verwandtenhaftung bei Ausschluß von Unterhaltsansprüchen nach § 1579 Zweifelhaft ist, ob die V e r w a n d t e n h a f t u n g auch eintritt, wenn der U n t e r haltsanspruch des geschiedenen Ehegatten nach den §§ 1579 Abs. 1 Ziff. 2 bis 4 entfallen ist. Eine dem § 1611 Abs. 3 entsprechende V o r s c h r i f t fehlt. Bisher ist überwiegend angenommen w o r d e n , daß mit dem Vorliegen der V o r a u s s e t z u n gen der §§ 65, 66 E h e G a. F. zugleich die H a f t u n g der V e r w a n d t e n entfällt (vgl. H o f f m a n n - S t e p h a n , § 63 E h e G Anm. 11; Palandt, § 63 E h e G a. F. Anm. 3 b). Die Beschränkung der Unterhaltsansprüche nach § 1579, z. B. nach § 1579Ziff. 2, 3, tritt wegen des Verhaltens gegenüber dem Ehegatten ein. In derartigen Fällen liegen u. U . zugleich G r ü n d e f ü r den Ausschluß der U n t e r haltspflicht der V e r w a n d t e n gegen den Angehörigen des Ehegatten o d e r des Verwandten. H ä u f i g ist der Anspruch schon deshalb ausgeschlossen, weil die Fassung des § 1 6 1 1 (allgemeine Berücksichtigung sittlichen Verschuldens) erheblich weiter ist als die des § 1579 Ziff. 2. Im Ergebnis ist daher mit Soergel, § 66EheG a. F. Anm. 7 und Brühl a. a. O . Rdn. 693 auf den Einzelfall abzustellen.

II. Die entsprechende Anwendung von § 1607 Abs. 2 In V e r e i n f a c h u n g der V o r s c h r i f t des § 63 Abs. 2 E h e G verweist § 1584 Abs. 1 auf § 1607 Abs. 2, so d a ß der subsidiäre Unterhaltsanspruch gegen V e r w a n d t e auch dann geltend gemacht werden kann, wenn die Rechtsverfolgung gegen die vorrangig haftenden Ehegatten ausgeschlossen oder im Inland wesentlich erschwert ist. Ausgeschlossen ist die Rechtsverfolgung im Inland, wenn es an einer inländischen Zuständigkeit fehlt. Die Rechtsverfolgung in der D D R , die insoweit als Inland anzusehen ist, ist wesentlich erschwert. Im übrigen ist die Rechtsverfolgung wesentlich erschwert, wenn ein inländisches Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte o d e r sich der unterhaltspflichtige Ehegatte der D u r c h setzung des Unterhaltsanspruchs durch ständigen Wechsel von Aufenthaltsort und Arbeitsplatz o d e r d u r c h N i c h t a u s n ü t z u n g einer an sich bestehenden Erwerbsmöglichkeit entzieht (Begr.,S. 145). H ä u f i g e r Wohnsitzwechsel genügt 232

Scheidung der Ehe — U n t e r h a l t des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585 1

dann ( R G , Seuff Arch. 62, 112). D e r vorherigen E r w i r k u n g eines Titels d ü r f t e es im letzteren Falle nicht bedürfen. Sonst ist in der Regel die A n n a h m e der G e f a h r fruchtloser P f ä n d u n g und Vollstreckung vorausgesetzt. Beruht die Fruchtlosigkeit der Vollstreckung dagegen auf mangelnder Leistungsfähigkeit gilt Abs. 1 S. 2. D e r Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten geht in den Fällen des S. 3 anders als bei Unterhaltsgewährung nach § 1584 Abs. 1 S. 2 auf den V e r w a n d t e n über.

4. Gestaltung des Unterhaltsanspruchs

§ 1585 (1) Der laufende Unterhalt ist durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Die Rente ist monatlich im voraus zu entrichten. Der Verpflichtete schuldet den vollen Monatsbetrag auch dann, wenn der Unterhaltsanspruch im Laufe des Monats durch Wiederheirat oder Tod des Berechtigten erlischt. (2) Statt der Rente kann der Berechtigte eine Abfindung in Klpital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und der Verpflichtete dadurch nicht unbillig belastet wird. Übersicht 1. Art der Unterhaltsleistung, Geldrente 2. K a p i t a l a b f i n d u n g a) wichtiger G r u n d b) keine unbillige Belastung 3. H ö h e der A b f i n d u n g

1. Art der Unterhaltsleistung, Geldrente D e r Unterhalt ist bzw. wird nach Ehescheidung nur in Geld geschuldet. Eine andere Leistung kann vereinbart werden, ist aber im Sinne einer aus einer stillschweigenden V e r e i n b a r u n g o d e r aus § 242 BGB folgenden Verpflichtung nicht schon dann a n z u n e h m e n , wenn die Eheleute nach der Scheidung wieder einen gemeinsamen H a u s h a l t f ü h r e n . D e r sonst dem bisherigen § 62 Abs. 1 E h e G entsprechende W o r t l a u t des § 1585 Abs. 1 bezieht sich jetzt ausdrücklich auf die Zahlung des laufenden Unterhalts, um klarzustellen, daß der Berechtigte neben der Rente unter U m s t ä n d e n auch eine einmalige Z a h l u n g wegen S o n d e r b e d a r f s (§ 1585 b Abs. 1) verlangen kann (Begr. 146). Die laufende Rente ist monatlich f ü r den vollen M o n a t auch dann im voraus zu entrichten, wenn der Unterhaltsberechtigte im Laufe des Monats sich wiederverheiratet oder stirbt. Z u r Klarstellung bezieht § 1585 Abs. 1 S. 3 nun233

BGB § 1585 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

mehr den Fall der Heirat ausdrücklich in die Regelung ein (bisher überwiegende Auffassung des Schrifttums, vgl. Begr. S. 146). Ebenso wie beim Erlöschen des Unterhaltsanspruchs infolge Todes erscheint es auch dann, wenn der Anspruch erlischt, weil der Berechtigte wieder heiratet, angebracht, über den Unterhalt f ü r den laufenden Zeitabschnitt weitere Streitmöglichkeiten auszuschließen. Die Festlegung des Monatszeitraums ist insofern zwingendes Recht, als jedenfalls ein kürzerer Zeitraum der Unterhaltsgewährung (z. B. tägliche Teilleistungen) vom Verpflichteten nicht gefordert werden kann. Bei Vorausleistungen f ü r einen größeren Zeitraum dürfte § 1614 Abs. 2 sinngemäß anwendbar sein. Unterhalt für die Vergangenheit kann nur unter den Voraussetzungen des § 1585 b Abs. 2 gefordert werden. Für die Erbringung der Leistung gilt § 270 BGB. Bei Unterhaltung eines dem Unterhaltsverpflichteten bekanntgegebenen Postscheck- oder Bankkontos steht die Kontengutschrift der Erfüllung gleich ( B G H Z 5, 121). 2. Kapitalabfindung a) Wichtiger Grund. Ein wichtiger Grund f ü r die Abfindung in Kapital (§ 1585 Abs. 2) ist bei Wohnsitzwechsel ins Ausland mit der Folge einer Erschwerung der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gegeben, aber u. U. auch bei einem Ausbildungsanspruch nach § 1575, wenn die Abfindung bei Entfernung des Ausbildungsortes des Berechtigten vom Wohnsitz des Schuldners den bisher unregelmäßig geleisteten und immer wieder angemahnten Unterhalt sicherstellen soll, ferner, wenn ein sonstiges beachtliches Interesse des Berechtigten an der Kapitalabfindung besteht. Ein besonderes Anliegen nach einer selbständigen von einer periodischen Zahlung unabhängigen Einteilung der Unterhaltsmittel kann bei beabsichtigter Wiedereröffnung eines Geschäfts nach Ehescheidung und ähnlichen Bedürfnissen vorliegen. Uberhaupt sind als wichtige G r ü n d e nicht nur unregelmäßige Unterhaltszahlung, Unterhaltsentziehung oder vermögensmindernde Maßnahmen des Verpflichteten, z. B. eine Geschäftsveräußerung, anzusehen. Nach der Begr. (S. 146) soll als wichtiger Grund bereits anzusehen sein, wenn der Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangt und der Verpflichtete die geforderte Abfindung unschwer leisten kann. „Es gehört zum Ziel des neuen Scheidungsrechts, auch die wirtschaftlichen Verbindungen geschiedener Eheleute so bald wie möglich zu lösen, damit jeder von ihnen unbelastet einen neuen Lebensweg beschreiten könne." Diese Annahme geht über die gesetzliche Regelung (den objektiven Gesetzeswillen) hinaus, denn einen wichtigen Grund kann nur das Vorliegen eines besonderen, über den Regelfall hinausgehenden Umstandes begründen. Die in der Regel begrenzte Zubilligung von Unterhaltsansprüchen (z. B. Unterhaltsanspruch f ü r die Dauer der Ausbildung und für die Dauer einer Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes) kann allerdings wegen der auch zeitlich über234

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585 3

schaubaren Verhältnisse die Darlegung eines besonderen Interesses nach einer Kapitalabfindung erleichtern (z. B. bei Leistung des Unterhalts bis zu einer bereits fest zu erwartenden beruflichen Wiedereingliederung). Bei unbegrenzten Unterhaltspflichten dürfte dagegen die besondere Bedürfnislage, z. B. bei einem zeitlich nicht begrenzten Unterhaltsanspruch wegen Alters strenger Prüfung unterliegen, da die Kapitalabfindung einen sonst unzulässigen Unterhaltsverzicht für die Zukunft (vgl. § 1614) enthält. b) Keine unbillige Belastung. Der Verpflichtete muß bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Kapitalunterhaltsabfindung in der Lage sein, er darf ferner durch sie nicht unbillig belastet werden. Diese Voraussetzungen dürften bei Lohn- und Gehaltsempfängern in kleinen bis mittleren Verhältnissen in der Regel vorliegen, so daß der Anwendungsbereich der Vorschrift begrenzt ist. Aber dem Unterhaltsschuldner sollen auch im übrigen unzumutbare Opfer nicht auferlegt werden. Für die Verpflichtung zur Verwertung des Vermögensstammes gilt § 1581 S. 2 auch für die Möglichkeit zur Aufbringung der Kapitalabfindung. Ist der Unterhaltsschuldner aber zur regelmäßigen Unterhaltszahlung in der Lage, dürften ihm empfindliche Einbußen durch den Verkauf wesentlicher Vermögensteile nicht zuzumuten sein (vgl. Hoffmann-Stephan, § 6 2 Anm. 12), jedenfalls nicht bei Gefährdung seines eigenen Unterhalts oder nur, wenn Unterhaltsentziehung vorlag und weitere Vermögenswerte vorhanden sind. Der Reformgesetzgeber hat auch wie in der bisherigen Regelung davon abgesehen, dem unterhaltspflichtigen Ehegatten das Recht einzuräumen, den Unterhaltsberechtigten gegen seinen Willen abzufinden. Für die Abfindung des Unterhaltsanspruchs erscheint zwar eine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs an sich wünschenswert, weil allein die Kapitalabfindung zu einer endgültigen Lösung und damit zu einem zuverlässigen Abschluß weiterer Streitigkeiten^zwischen den geschiedenen Ehegatten führt. Dem Unterhaltsberechtigten kann aber eine zwangsweise Abfindung des Unterhaltsanspruchs, die ihn mit den für seinen Lebensbedarf erforderlichen Mitteln in vollem Umfang den nicht abzuschätzenden Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung aussetzt, billigerweise nicht zugemutet werden (Begr. S. 146). Dies entspricht der bisherigen Regelung des § 62 EheG. Bei durch Vertrag geregelten Renten ist § 1585 BGB nicht anwendbar (vgl. Palandt, § 62 EheG Anm. 3). Verlangt der Unterhaltsberechtigte die Kapitalabfindung während der bereits laufenden Alimentierung, erlischt der Unterhaltsanspruch mit der Zahlung der Abfindungssumme (streitig; vgl. Brühl a. a. O. Rdn. 777: mit Zugang der Erklärung über das Abfindungsverlangen). 3. Höhe der Abfindung Deren Höhe ist nicht gesetzlich geregelt. Maßgebend ist die Höhe der Rente, wobei auch die Umstände zu berücksichtigen sind, die einen Rentenanspruch beeinflussen können (Hoffmann-Stephan, §62 EheG a. F. Anm. 13). Bestim235

BGB § 1585a

1. T e i l : Die Vorschriften des B G B

mend ist der voraussichtliche Lebensbedarf, aber auch (bei zeitlich beschränkten Unterhaltsansprüchen) der Anspruchsgrund und die Dauer des Bedarfs. Spätere Änderungen sind unerheblich, insbesondere eine zur Zeit der Kapitalabfindung nicht voraussehbare Wiederheirat ( R G Z 106, 326).

§ 1585a (1) D e r Verpflichtete hat auf Verlangen Sicherheit zu leisten. Die Verpflichtung, Sicherheit zu leisten, entfällt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, daß die Unterhaltsleistung gefährdet ist oder wenn der Verpflichtete durch die Sicherheitsleistung unbillig belastet würde. D e r Betrag, für den Sicherheit zu leisten ist, soll den einfachen Jahresbetrag der Unterhaltsrente nicht übersteigen, sofern nicht nach den besonderen Umständen des Falles eine höhere Sicherheitsleistung angemessen erscheint. (2) Die Art der Sicherheitsleistung bestimmt sich nach den Umständen; die Beschränkung des § 232 gilt nicht. Die Anspruchsgefährdung ist nicht V o r a u s s e t z u n g der Schlüssigkeit des Anspruchs auf Sicherheitsleistung. D a s Fehlen der G e f ä h r d u n g muß von dem Verpflichteten eingewandt werden (vgl. zur Begr. D r u c k s a c h e 7/4361 S. 34). D a r a u s folgt, daß der Verpflichtete darzulegen und zu beweisen hat, daß kein G r u n d zur Annahme der Beeinträchtigung besteht. Auch bei Anspruchsgefährdung entfällt die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung bei unbilliger, d. h. mit dem Gerechtigkeitsempfinden unvereinbarer Belastung des Unterhaltsschuldners. Diese Voraussetzungen liegen insbesondere vor, wenn der Verpflichtete nicht mehr in der Lage wäre, seinen eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten und anderen (gleichrangigen) Unterhaltspflichten nachzukommen. Dieser Einwand dürfte auch zulässig sein, wenn eine Abänderungsklage nach § 323 Z P O oder eine Klage nach § 6 4 1 q Z P O hinsichtlich der H ö h e der Unterhaltspflicht in Betracht kommt. H a t sich der Verpflichtete selbst leistungsunfähig gemacht, dürfte er zur Kreditaufnahme verpflichtet sein. Anlaß, die Regelhöhe der Sicherheitsleistung zu überschreiten, wird insbesondere dann gegeben sein, wenn konkrete Anhaltspunkte d a f ü r vorliegen, daß die Erfüllung des Unterhaltsanspruchs durch Maßnahmen des Verpflichteten — so etwa auch durch eine verschwenderische Lebensführung — gefährdet erscheint (Begr. D r u c k s a c h e 7/650, S. 147). Abtretung von Lohn- und Gehaltsforderungen des Unterhaltsschuldners kann nach Abs. 2 nicht verlangt werden, da das eine Erfüllung der Unterhaltsansprüche mit sich bringen würde (Begr. a. a. O. S. 147, 148). Demnach dürfte Hinterlegung einer Barsumme oder die V e r p f ä n d u n g von Sachen am dienlichsten sein. Vgl. auch § 324 Z P O n. F. 236

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585 b I

§ 1585b (1) Wegen eines Sonderbedarfs (§ 1613 Abs. 2) kann der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit verlangen. (2) Im übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. (3) Für eine mehr als ein Jahr vor der Rechtshängigkeit liegende Zeit kann Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangt werden, wenn anzunehmen ist, daß der Verpflichtete sich der Leistung absichtlich entzogen hat. Übersicht I. II. III.

Sonderbedarf Verzug und Rechtshängigkeit hinsichtlich des laufenden Unterhalts Unterhaltsentziehung und Unterhaltsansprüche f ü r die Vergangenheit

I. Sonderbedarf Sonderbedarf ist nach der Legaldefinition der in Abs. 1 in Bezug genommenen Vorschrift des § 1613 Abs. 2 ein unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf. Da beide Merkmale Anspruchsvoraussetzung sind, genügt ein unregelmäßiger Bedarf allein nicht. Kosten f ü r Kleidung und Behandlung leichter Erkrankungen fallen daher nicht unter § 1585 b. Kosten für die berufliche Ausbildung sind durch den Anspruch aus § 1575 erfaßt, fallen bei regelmäßiger Entstehung aber nicht unter Sonderbedarf. Anders z. B. bei besonderen Prüfungskosten, soweit nicht die öffentliche Förderung eingreift. Dagegen sind einschlägig die Kosten einer Operation oder einer kiefernorthopädischen Behandlung (vgl. Richter FamRZ 1970, S. 281 zu § 1613 Abs. 2). Die Kosten der vorübergehenden Aufnahme in einer Heilanstalt sind Sonderbedarf, nicht aber dann, wenn sie während eines längeren Zeitraumes anfallen (dann sind sie nicht unregelmäßig). Geht daher eine akute in eine chronische Erkrankung über, ist der Anspruch auf Unterhaltserhöhung gegeben und im Wege der Zusatzklage geltend zu machen (vgl. die Begr. zu § 1613 S. 2). Sonderbedarf kann durch Heirat eines gemeinsamen Kindes (nicht aber bei Aufwendungen für Aussteueransprüche, Brühl, Unterhaltsrecht 3. Aufl. Rdn. 140) anfallen. Er kann aber auch durch einen notwendigen Umzug oder durch einen nicht versicherungsrechtlich gedeckten Hausratschaden entstehen. Außergewöhnlich ist der Bedarf, wenn er durch Rücklagen aus dem über den Mindestbedarf des Lebensunterhalts übersteigenden Teil der Rente nicht 237

BGB § 1585b II

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

bestritten werden kann. Vielfach wird eine den Monatsbetrag der Rente übersteigende Ausgabe als außergewöhnlich bezeichnet (vgl. Brühl a. a. O . Rdn. 144). Sonderbedarf entsteht häufig überraschend, ohne daß die Kostenlast mit Sicherheit vorweg bestimmt werden kann. Deshalb ist es schon nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht möglich, den Verpflichteten zu verklagen oder in Verzug zu versetzen (Begr. S. 148). In Anknüpfung an die Regelung von §1613 Abs. 2 S. 1 kann daher Unterhalt (wegen Sonderbedarfs) mit der Einschränkung des § 1585b S. 3 auch f ü r die Vergangenheit verlangt werden. § 1585 b Abs. 2 bezieht sich daher nicht auf den Sonderbedarf, während § 1585 b S. 3 f ü r den laufenden Unterhalt und den Sonderbedarf gilt.

II. Verzug und Rechtshängigkeit hinsichtlich des laufenden Unterhalts Für den laufenden Unterhalt, der zur Befriedigung des aktuellen Bedarfs gilt, ist grundsätzlich keine Notwendigkeit gegeben, die Ansprüche über den Ablauf des Bedarfszeitraums hinaus bestehen zu lassen (Begr. S. 149). Andererseits darf Bestand und Verwirklichung von Unterhaltsansprüchen nicht von der Willkür des Verpflichteten abhängig gemacht werden. Auch der laufende Unterhalt kann daher unter den Voraussetzungen des § 284 BGB f ü r die Vergangenheit verlangt werden, wobei aber in der Regel bei durch Urteil festgesetzten Leistungen die Voraussetzungen des § 284 Abs. 2 vorliegen, es also einer Mahnung nicht bedarf (streitig). Die Gegenmeinung, die im Ergebnis von der schuldrechtlichen Regelung des § 284 Abs. 2 abweicht, ist gerade f ü r Unterhaltsansprüche nicht haibar, weil mehr als bei einmaligen Verpflichtungen die Zahlungspflicht bekannt ist, es in Einzelfällen, u. U. jahrelang, jeden Monat einer erneuten Aufforderung bedürfte und gerade der Unterhaltsanspruch der Befriedigung der Lebensbedürfnisse dient und daher von einer zeitgerechten Erfüllung abhängig ist (vgl. grds. Brüggemann, Festschrift f ü r Bosch, S. 93, im Ergebnis wie hier Gernhuber § 4 1 VIII 2, dagegen H o f f m a n n - S t e p h a n , § 6 4 Anm. 14). Rechtshängigkeit tritt nach den §§ 263, 281, 696 Abs. 2, 700 Z P O ein. Während des Verzuges ist die geschuldete Leistung nach § 288 BGB zu verzinsen. Ersatzansprüche wegen Schadensersatzes wegen Nichterfüllung kommen z. B. bei zusätzlichen Aufwendungen f ü r eine Kreditaufnahme in Betracht.

III. Unterhaltsentziehung und Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit § 1585 Abs. 3 übernimmt die Regelung des § 64 EheG. Er gilt sowohl f ü r den laufenden Unterhalt als auch f ü r den Sonderbedarf. Zwischen geschiedenen Ehegatten besteht ein Verhältnis, das auf eine beschleunigte und endgültige Lösung voneinander zielt. Nachforderungen müssen daher auf ein notwendiges 238

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585c I

Mindestmaß beschränkt bleiben. Auch bei Verzug muß deshalb der geschiedene Ehegatte weiter um seine Ansprüche besorgt bleiben; er hat sie spätestens innerhalb des nächsten Jahres rechtshängig zu machen (Begr. S. 149), dagegen de lege ferenda Bedenken bei Lange, FamRZ 1972, 232, weil die P r ü f u n g der Dritthaftung, z. B. von Versicherungen, längere Zeit dauern könne. Unterhaltsentziehung liegt z. B. bei ständigem Arbeitsplatz- oder Wohnsitzwechsel vor, erst recht bei einer Verurteilung wegen Unterhaltsentziehung nach § 170b StGB. Es muß auch genügen, wenn der Unterhaltspflichtige eine angemessene, erlangbare Arbeit nicht aufnimmt und deshalb bereits im Unterhaltsurteil nicht das erzielte, sondern das erzielbare Einkommen zugrunde gelegt worden ist.

§ 1585c Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Übersicht I. II. III.

IV. V.

VI. VII.

VIII. IX.

Unterhaltsvereinbarungen und gesetzliche Unterhaltsansprüche Form der Vereinbarung Unterhaltsverzichte 1. Allgemein 2. Unterhaltsverzichte zu Lasten der Sozialfürsorge Zulässigkeit scheidungserleichternder Vereinbarungen Nichtigkeit 1. Geltendmachung nicht bestehender Scheidungsgründe 2. Wirtschaftliche Zusagen in Zusammenhang mit der Scheidung a) Keine Nichtigkeit bei Zusagen des Ehepartners b) Zusagen Dritter c) Sonstige Nichtigkeitsgründe bei Übermaß und unerträglicher Belastung Anfechtbarkeit Erweiternde Anwendung des § 1585c BGB auf andere Vereinbarungen 1. Vermögensrechtliche Vereinbarungen 2. Kindesunterhalt Beweislast Übergangsrecht

I. Unterhaltsvereinbarungen und gesetzliche Unterhaltsansprüche Entsprechend den Vorschlägen der Eherechtskommission ist die Regelung des § 72 EheG a. F. mit Ausnahme des als § 1585 c übernommenen § 72 Abs. 1 EheG a. F. nicht in das Eherechtsgesetz eingegliedert worden. Aus § 1585c 239

BGB § 1585 c II

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

folgt, daß die den nachehelichen Unterhalt regelnden Bestimmungen nachgiebiges Recht enthalten (Begr. S. 149). Beziehen sich Unterhaltsvereinbarungen nur auf die H ö h e , die Dauer oder andere Modalitäten der Bemessung eines nach den § 1570 ff. bestehenden Unterhaltsanspruchs, liegt eine nähere inhaltliche Festlegung des dem Bestand nach bestehen bleibenden (gesetzlichen) Anspruchs vor (vgl. R G Z 166, 381, Str.). Das hat f ü r den Pfändungsschutz des § 850b Abs. 1 N r . 2 f ü r gesetzliche Unterhaltsrenten Bedeutung. Werden Unterhaltszahlungen ohne Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 1570 ff zugesagt, können wegen der selbständigen Anspruchsbegründung gesetzliche Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt nur ergänzend herangezogen werden ( B G H LM N r . 2 zu § 72 EheG). Insoweit ist bei der Auslegung der Parteiwille zu ermitteln.

II. Form der Vereinbarung Vereinbarungen gemäß § 1585 c sind grundsätzlich formlos gültig, sofern nicht unter Verzicht auf eine Abänderung nach § 323 Z P O eine Rente versprochen wird — dann soll § 761 BGB Anwendung finden, R G Z 150, 390 — oder aus sonstigen Gründen, z. B. Übertragung eines Grundstücks, Formbedürftigkeit besteht. Da in den Fällen der einverständlichen Scheidung nach § 630 Z P O f ü r die Fälle des § 630 Abs. 1 N r . 3 die Erwirkung eines vollstreckbaren Schuldtitels über die Unterhaltspflicht vor Ausspruch der Scheidung vorausgesetzt ist, dürfte die gerichtliche Protokollierung der Unterhaltsvereinbarung in Vergleichsform insoweit die Regel sein. Es genügt aber auch, eine vollstreckbare U r k u n d e nach § 794 Abs. 1 N r . 5 Z P O oder f ü r die Scheidungsverfahren nach §§ 1566 Abs. 2, 1565 jede sonstige Vereinbarung. V o n dem Erfordernis der notariellen Beurkundung ist abgesehen worden (vgl. Begr. Drucksache 7/4361 S. 34).

III. Unterhaltsverzichte 1. Allgemein Auf den Unterhaltsanspruch des Ehegatten kann völlig verzichtet werden. §1614 findet auf Unterhaltsvereinbarungen anläßlich der Scheidung keine Anwendung. Die Unterhaltspflicht lebt auch dann nicht f ü r den Fall der N o t wieder auf, es sei denn, daß — wie bisher häufiger — auf Unterhalt mit Ausnahme des Falles der N o t verzichtet wird. Dann ist nicht der angemessene Unterhalt im Sinne des § 1578 zu gewähren, auch nicht der nach Aufhebung des §§ 65, 66 EheG nicht mehr gesetzlich erwähnte notdürftige Unterhalt, sondern der notwendige Unterhalt. Das, was f ü r Ernährung, Kleidung unbedingt notwendig ist, muß unter Zurückstellung anderer Bedürfnisse geleistet werden. Der notwendige Unterhalt wird über dem Regelsatz der Sozialhilfe liegen (a. A. Göppinger FamRZ 1970, 223). 240

Scheidung der E h e — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585 c

V 1

2. Unterhaltsverzichte zu Lasten der Sozialfürsorge Unterhaltsverzichte zu Lasten der öffentlichen Fürsorge können nach § 138 B G B nichtig sein, jedenfalls dann, wenn bei Abschluß der Vereinbarung die Bedürftigkeit des Berechtigten und die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bekannt war oder eine Uberleitungsanzeige nach §§ 90, 91 B S G H vorlag (vgl. B G H Z 20, 135).

IV. Zulässigkeit scheidungserleichternder Vereinbarungen Unterhaltsvereinbarungen für die Zeit nach der Scheidung sind bereits vor Scheidung zulässig (Begr. S. 149). Für den Fall der einverständlichen Scheidung (§ 1565 i. V. m. § 1566 Abs. 1) ist eine entsprechende Vereinbarung in § 630 Abs. 1 N r . 3 Z P O (Einigung über die Unterhaltspflicht) vorausgesetzt. In den Verbundsachen nach § 623 Z P O kann eine Einigung der Parteien in besonders schwierigen und langwierigen Streitfällen erforderlich sein, um eine Abtrennung der Folgesache nach § 628 Z P O zu vermeiden. Eine Vereinbarung über den Unterhalt ist also in Zukunft nicht schon deshalb nichtig, weil sie die Scheidung erleichtert oder ermöglicht (vgl. Jansen und andere F a m R Z 1970, 440; Begr. S. 149). § 7 2 S. 2 EheG ist deshalb gegenstandslos geworden. Die in § 72 S. 3 EheG a. F. angeführten Nichtigkeitsgründe für eine Unterhaltsvereinbarung folgen bereits aus den §§ 134, 138 B G B , so daß sich auch insoweit eine besondere Regelung erübrigt (Begr. a. a. O.).

V. Nichtigkeit 1. Geltendmachung nicht bestehender Scheidungsgründe Diese Bestimmungen sind auch nach Wegfall der diesen Tatbestand ausdrücklich enthaltenden Regelung des § 72 S. 2 E h e G auf den Fall anzuwenden, daß im Zusammenhang mit der Vereinbarung ein in Wirklichkeit nicht vorhandener oder nicht mehr bestehender Scheidungsgrund geltend gemacht wird. Geringere Bedeutung wird die Vereinbarung haben, durch einen unrichtigen Tatsachenvortrag Umstände darzutun, die, wenn sie zuträfen, die Aufhebung der Lebensgemeinschaft begründen (Beispiel von Brühl, Unterhaltsrecht, 3. Aufl. Rdn. 955), da in fast allen Fällen die Lebensgemeinschaft zunächst innerhalb der Wohnung aufgehoben oder in sonstiger Weise erkennbar zerstört sein wird. Bedeutsamer ist der 2. von Brühl a. a. O . erwähnte Fall der Verabredung, wahrheitswidrig eine den gesetzlichen Fristen des § 1566 Abs. 1 oder 2 entsprechende Dauer des Getrenntlebens zu behaupten. Eine solche Abrede ist, da eine klare Gesetzesumgehung und die einverständliche Scheidung des § 1566 Abs. 1 B G B an einen sorgfältig zu prüfenden Fristenablauf (vgl. Anm. zu § 1566) gebunden ist, nichtig. Ahnliches gilt für die in § 72 S. 2 241

BGB § 1585b V 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

EheG a. F. ausdrücklich erwähnte Abrede, einen nicht mehr bestehenden Scheidungsgrund geltend zu machen, z. B. nach einer endgültigen Versöhnung, von der die in § 1567 Abs. 2 erwähnten, die Zerrüttung oder den Fristenablauf nach § 1566 nicht hindernden Versöhnungsversuche streng zu unterscheiden sind (vgl. Anm. zu § 1567).

2. Wirtschaftliche Zusagen in Zusammenhang mit der Scheidung a) Keine Nichtigkeit bei Zusagen des Ehepartners. Nach Inkrafttreten des EheRG ist eine Vereinbarung (entgegen R G Z 109, 137; 159, 164) nicht schon dann nach § 138 BGB nichtig, wenn ein Ehegatte durch die Zusage vermögensrechtlicher Vorteile zur Einwilligung in die Ehescheidung bewogen worden ist, also wirtschaftliche Erwägungen gegenüber der Bindung an die Ehe den Vorzug gegeben hat. In derartigen Fällen dürfte es ohnehin an einer echten Bindung an die Ehe fehlen, die Lebensgemeinschaft im Sinne von § 1565 nicht bestehen oder ihre Aufhebung durch einen Ehegatten herbeigeführt worden sein. b) Zusagen Dritter. § 1585 c bezieht sich strenggenommen nur auf Vereinbarungen der Eheleute untereinander. Die Streitfrage, ob früher § 72 EheG und jetzt § 1585 c auch auf Vereinbarungen zwischen einem Ehegatten und Dritten anwendbar ist, hat wegen der Streichung von § 72 S. 2 und 3 EheG und die Verweisung auf die allgemeinen Vorschriften der §§ 134, 138 BGB (in der Begr. a. a. O.) ihre Bedeutung verloren. Ist ein Ehegatte bereits zur Scheidung entschlossen, sollen Unterhaltszusagen absichernde Bürgschaften der zukünftigen 2. Ehefrau oder des Ehestörers nicht sittenwidrig sein (a. A. noch BGH M D R 58, 22, vgl. auch Palandt, § 72 EheG Anm. 2, vgl. aber f ü r übermäßige wirtschaftliche Vorteile unter c). Wenn ein Ehegatte aber durch die Unterhaltszusage eines Dritten erst dazu bestimmt worden ist, sich der Scheidung nicht zu widersetzen, also nicht nur die Beseitigung wirtschaftlicher Schwierigkeiten einer schon beschlossenen Scheidung vorliegt (BGH N J W 1951, 268), ist Nichtigkeit einer solchen Vereinbarung nach § 138 BGB anzunehmen. A.A. KG Berlin, das Nichtigkeit nur annehmen will, wenn die Vereinbarung ohne oder gegen den Willen des anderen Ehegatten mit einem Dritten geschlossen worden ist (FamRZ 1974, 450). JDem B G H a. a. O . ist zu folgen, fremde Einflüsse auf den Bestand der Ehe dürften die Entscheidung der Ehegatten nicht berühren, vgl. auch Palandt, § 72 EheG Anm. 2). Nichtigkeit der Unterhaltszusage kann vorliegen, wenn der Ehestörer in Wirklichkeit für den vom Verpflichteten zugesagten Unterhalt aufkommt und ein Übermaß der versprochenen Leistung sowie eine dadurch begründete Abhängigkeit vom zweiten Ehegatten vorliegt (BGH a. a. O.), ebenso, wenn das Einverständnis dieses Ehegatten zur Ubertragung des Sorgerechts auf den anderen Ehegatten mit der Unterhaltsvereinbarung z. B. durch Freistellung vom Kindesunterhalt erkauft worden ist, Göp242

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 1585 C VII 1

pinger-Vereinbarungen Rdn.90. Die Freistellung des Ehemannes vom Kindesunterhalt durch den 2. Ehemann will KG a. a. O. nicht als sittenwidrig ansehen. c) Sonstige Nichtigkeitsgründe bei Übermaß und unerträglicher Belastung. Eine Unterhaltsvereinbarung zwischen Eheleuten kann nichtig sein, wenn ein auffälliges Mißverhältnis von Leistung und Gegenleistung besteht (BGH LM S 72 EheG Nr. 6, FamRZ 1962, 366, KG a. a. O.). Ob ein grobes Mißverständnis zwischen der Höhe der der Antragsgegnerin gemachten Zuwendungen und den Vermögens- und Einkommensverhältnissen vorliegt, kann sich aber nicht mehr danach richten, in welcher Höhe die Antragsgegnerin anständiger- und billigerweise geldliche Sicherstellung dafür verlangen kann, daß sie ihre wirtschaftlich gesicherte Stellung als verheiratete Frau aufgibt (so noch RGZ 159, 166; 166, 42; BGH FamRZ 1973, 184). Die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs sowie die Kenntnis oder Unkenntnis der Umstände, aus denen sich die Zusage der Höhe des Unterhalts ergab, z. B. Verschweigen einer Arbeitsstelle und wesentlicher hoher Einnahmen können entscheidend sein. Eine wirtschaftlich unerträgliche Belastung kann zur Nichtigkeit der Unterhaltsvereinbarung führen (BGH a. a. O.), wobei es sich aber ebenfalls nur um Ausnahmefälle handeln kann. Nichtigkeit ist hier jedenfalls anzunehmen, wenn die Übernahme der wirtschaftlichen Belastung durch unrichtige Angaben des Ehegatten zu seinen Erwerbsverhältnissen herbeigeführt worden ist. VI. Anfechtbarkeit Anfechtbarkeit der Unterhaltsvereinbarung nach § 123 BGB dürfte in Zukunft wegen der Verschweigung eines Scheidungsgrundes kaum noch in Betracht kommen, wie dies z. B. hinsichtlich der Eheverfehlungen nach §§ 42, 43 EheG praktisch werden konnte (vgl. BGH FamRZ 1973, 182), wohl aber bei Verschweigen wirtschaftlicher Verhältnisse (z. B. Angabe eines unrichtigen Gehalts bei erheblichen Differenzen zu den tatsächlichen Einkünften).

VII. Erweiternde Anwendung des § 1585c B G B auf andere Vereinbarungen 1. Vermögensrechtliche Vereinbarungen § 1585 c bezieht sich strenggenommen nur auf Unterhaltsvereinbarungen zwischen den Parteien. Die Zulässigkeit von Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich ist in § 1587 r geregelt. Auf sonstige Vermögensrechtliche Abmachungen im Hinblick auf die bevorstehende Ehescheidung findet § 1585 c entsprechende Anwendung (zum bisherigen Recht, vgl. BGHZ 41, 166), vgl. aber § 1378 und die Anm. dort. 243

BGB § 1585c VII 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

2. Kindesunterhalt Im Scheidungsverfahren können Unterhaltsansprüche des Kindes nach § 1629 Abs. 3 — anders als bei Getrenntleben — im eigenen Namen in Prozeßstandschaft f ü r das Kind geltend gemacht werden, die getroffene Vereinbarung wirkt nach § 1629 Abs. 3 f ü r und gegen das Kind. Sonst wirken Unterhaltsvereinbarungen über den Kindesunterhalt nur zwischen den Eheleuten, sofern nicht die Voraussetzungen des § 1629 Abs. 2 (Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes bei Getrenntleben) bei Abschluß der Unterhaltsvereinbarung vorlagen. Bei Festlegung des Kindesunterhalts kann ein Vertrag zugunsten Dritter, der ohne diese Voraussetzungen dem Kinde unmittelbares Anspruchsrecht gewährt, im Einzelfall vorliegen, vgl. K G FamRZ 1971, 265, aber auch O L G Celle N J W 1966, 1367. Durch die Regelung des § 1629 Abs. 3 ist die Frage weitgehend gegenstandslos. Bei Freistellung eines Elternteils vom Kindesunterhalt in einer vorprozessualen Vereinbarung liegt nur Erfüllungsübernahme vor, so daß das Kind seine Unterhaltsansprüche gegen den Vater behält.

VIII. Beweislast Beweispflichtig f ü r das Vorliegen einer Vereinbarung nach § 1585 c ist der Anspruchsteller, der Antragsgegner muß Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit beweisen.

IX. Übergangsrecht Art. 12 Nr. 3 des 1. E h e R G (s. u. 5. Teil).

5. Ende des Unterhaltsanspruchs § 1586 (1) Der Unterhaltsanspruch erlischt mit der Wiederheirat oder mit dem Tod des Berechtigten. (2) Ansprüche auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit bleiben bestehen. Das gleiche gilt für den Anspruch auf den zur Zeit der Wiederheirat oder des Todes fälligen Monatsbetrag. Das Erlöschen der Unterhaltspflicht bei T o d oder Wiederverheiratung des Berechtigten (für den Verpflichteten vgl. § 1686b) ist „in Zusammenhang und (vornehmlich) sprachlicher Vereinheitlichung der §§ 67, 69 EheG a. F." durch 244

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

BGB § 15868

§ 1586 in das neue Eherecht ü b e r n o m m e n w o r d e n . Die Weiterzahlung des Unterhalts trotz Wiederverheiratung kann nach § 1585 c vereinbart werden. Zu beachten ist, daß der Unterhaltsanspruch in Abweichung vom bisherigen Recht nach Auflösung der neuen Ehe unter den V o r a u s s e t z u n g e n des § 1586a wieder aufleben kann. Ein eheähnliches Verhältnis steht einer Wiederverheiratung des Berechtigten nicht gleich (LG Bonn F a m R Z 1972, 508). W e n n die geschiedene Frau die Eingehung einer Ehe mit dem Partner ablehnt, um das Erlöschen des Unterhaltsanspruchs zu verhindern, findet § 1586 BGB keine A n w e n d u n g , wegen der d a d u r c h möglichen H e r b e i f ü h r u n g der Finanzierung eines K o n k u binats d u r c h den Verpflichteten, u . U . § 1579 Abs. 1 Ziff. 3 o d e r jedenfalls Ziff. 4 (vgl. LG H e i l b r o n n F a m R Z 1974, 255, zu §§ 66, 67 E h e G , ferner die Anm. zu § 1579). Abs. 2 der V o r s c h r i f t bezieht sich auf die Fälle des § 1585 b. V o r a u s s e t z u n g ist also das Bestehen von Unterhaltsansprüchen f ü r die Vergangenheit, also V e r z u g (der bei Monatsrenten mit Fälligkeit eintritt, vgl. § 1585b Anm. II) o d e r Rechtshängigkeit. Auch diese V o r a u s s e t z u n g b r a u c h t bei S o n d e r b e d a r f s a n sprüchen nicht vorzuliegen, die jedoch wie alle A n s p r ü c h e f ü r die V e r g a n g e n heit der E i n s c h r ä n k u n g des § 1585b Abs. 3 unterliegen. § 1586b Abs. 2 S. 2 betrifft die Fälle des § 1585 Abs. 1 S. 3. Insoweit ist unter ausdrücklicher Anerkennung der h. M. eine dem § 62 Abs. 3 EheG entsprechende Regelung f ü r den Fall der Wiederverheiratung getroffen w o r d e n , so d a ß auch insoweit die volle Monatsrente geschuldet wird, wenn innerhalb eines Monats die Wiederheirat erfolgt, mag auch ein Unterhaltsanspruch gegen den neuen Ehegatten gegeben sein (vgl. Begr. S. 150). Bei T o d des Berechtigten gehen nach Abs. 2 bestehenbleibende Unterhaltsansprüche auf die Erben über. Schon bisher trugen die Erben die Kosten der Bestattung (§ 1968). § 69 Abs. 2 E h e G sah vor, daß der Unterhaltsverpflichtete die Bestattungskosten zu tragen hat, soweit dies der Billigkeit entspricht und die Kosten von den Erben nicht zu erlangen sind. Diese Regelung hat das Eherechtsgesetz nicht ü b e r n o m men. In der Begründung heißt es: „Es erscheint angemessen, w e n n jeder Ehegatte d u r c h entsprechende eigene V o r s o r g e — gegebenenfalls d u r c h Abschluß einer Sterbeversicherung — die Bestattungskosten selbst sicherstellt. Die V e r sicherungsbeiträge k ö n n e n von dem Unterhaltsverpflichteten verlangt werden (Begr. S. 150).

§ 1586a (1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe ein und wird die Ehe wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe zu pflegen oder zu erziehen hat. Ist die Pflege oder Erziehung beendet, so kann er Unterhalt nach den §§ 1571 bis 1573, 1575 verlangen. 245

BGB § 1586a

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

(2) Der Ehegatte der später aufgelösten Ehe haftet vor dem Ehegatten der früher aufgelösten Ehe. Ein nach § 67 EheG a. F. durch Wiederverheiratung erloschener Unterhaltsanspruch lebte auch bei Auflösung einer neuen Ehe nicht wieder auf. Diese Rechtslage soll insoweit unbefriedigend sein, als auch der Unterhaltsanspruch desjenigen Ehegatten nicht wieder auflebt, der allein wegen der Pflege und Erziehung eines Kindes aus der früheren Ehe gehindert ist, durch eigene Erwerbstätigkeit f ü r seinen Unterhalt selbst zu sorgen (Begr. S. 150). Im Anschluß an Vorschläge der Eherechtskommission (These II 11 ff.) ist f ü r diesen Fall nunmehr ein Unterhaltsanspruch nach § 1570 gegeben. Unterhalt nach § 1570 soll solange geschuldet werden, wie die Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes andauert. Die Voraussetzungen des Wiederauflebens können im Zeitpunkt der Auflösung der neuen Ehe gegeben sein, sie können aber auch später entstehen, wenn die Pflege und Erziehung eines Kindes aus der früheren Ehe erst zu einem späteren Zeitpunkt notwendig wird, z. B.nach einem zwischenzeitlichen Heimaufenthalt. N a c h Beendigung der Pflege und Erziehung soll der geschiedene Ehegatte Unterhalt unter den Voraussetzungen der §§ 1571 bis 1573, 1575 verlangen können, weil die Zeit der Betreuung des Kindes der Ehezeit gleichgestellt werden soll und es deshalb geboten erscheint, daß unter denselben Voraussetzungen wie im Zeitpunkt der Scheidung auch bei Beendigung der Kindesbetreuung Unterhalt zu gewähren ist(Begr. S. 151). Das entspricht der Regelung bei Beendigung der Kindesbetreuung, die auch ohne Wiederverheiratung gilt. Zu § 1575 heißt es in der Begründung des Eherechtsgesetzes: Der Ehegatte kann während der Zeit des Bestandes des aufgelebten Unterhaltsanspruchs sich in dem nach § 1575 zu bestimmenden U m f a n g ausbilden, fortbilden oder umschulen lassen, weil die Kosten dieser Maßnahmen nach § 1578 Abs. 2 zum Lebensbedarf gehören. Ebenso hat er Anspruch auf die gemäß § 1578 Abs. 2, 3 zum Lebensbedarf gehörenden Beträge. Es ist gerechtfertigt, dem Ehegatten diese Leistungen zu gewähren, weil er gerade durch die Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes gehindert ist, insoweit f ü r sich selbst zu sorgen (S. 151). Auch wird der Unterhaltspflichtige durch eine nach Abschluß der Ausbildung aufgenommene Erwerbstätigkeit entlastet. Grenze ist insoweit die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten. Ist der Ehegatte wiederverheiratet, wird er vielfach neben dem sonstigen Lebensunterhalt die Kosten einer Ausbildung des geschiedenen Ehegatten nicht aufbringen können, zumal er neben der Unterhaltsleistung an die geschiedene Ehefrau auch dem gemeinschaftlichen Kinde unterhaltspflichtig ist. — Die ursprünglich nicht vorgesehene Regelung des Abs. 2 betrifft (vgl. Lange, FamRZ 1972, 232) die Konkurrenz zwischen den Ansprüchen des ersten und zweiten Ehegatten, wenn auch die zweite Ehe aufgelöst ist und aus der ersten und zweiten Ehe Kinder zu betreuen sind. § 1582 betrifft diesen Fall nicht, weil diese Vorschrift nur den 246

Scheidung der Ehe — Unterhalt des geschiedenen Ehegatten

B G B $ 1586 b 2

Vorrang der Unterhaltsansprüche des geschiedenen Ehegatten gegenüber denen des neuen Ehegatten regelt. Der Reformgesetzgeber hat sich gegen eine teilweise Anrechnung der Unterhaltszahlungen eines unterhaltsverpflichteten Ehegatten als Einkünfte, sondern für die vorrangige Haftung des Ehegatten der zuletzt geschiedenen Ehe entschieden. Das kann zu Unzuträglichkeiten führen, weil nach Abs. 2 grundsätzlich auch bei mehreren Kindern aus verschiedenen Ehen danach für den Ehegattenunterhalt nur ein Ehegatte haftet.

§ 1586b (1) Mit dem Tod des Verpflichteten geht die Unterhaltspflicht auf den Erben als Nachlaß Verbindlichkeit über. Die Beschränkungen nach § 1581 fallen weg. Der Erbe haftet jedoch nicht über einen Betrag hinaus, der dem Pflichtteil entspricht, welcher dem Berechtigten zustände, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. (2) Für die Berechnung des Pflichtteils bleiben Besonderheiten aufgrund des Güterstandes, in dem die geschiedenen Ehegatten gelebt haben, außer Betracht. 1. § 1586b erweitert die Regelung des geltenden Rechts insofern, als der ausnahmslose Ubergang der Unterhaltspflicht auf die Erben als Nachlaßverbindlichkeit vorgesehen ist. Die aus dem Verschuldensgrundsatz des § 70 Abs. 3 EheG a. F. hergeleitete Einschränkung entfällt mithin. Mit dem Tode des Unterhaltspflichtigen kommt der Frage seiner Leistungsfähigkeit keine Bedeutung mehr zu (Begr. S. 151). Hierauf beruht die dem § 70 Abs. 1 S. 1 entsprechende Regelung, nach der sich der Verpflichtete nicht auf mangelnde Leistungsfähigkeit des Erblassers berufen kann. Daß auch die Bedürfnisse eines verheirateten minderjährigen Kindes oder die eines neuen Ehegatten des Verpflichteten jetzt für Umfang und Bestand des dem geschiedenen Ehegatten zustehenden Unterhalts außer Betracht bleiben müssen, folgt zwingend daraus, daß die Unterhaltsansprüche dieser Personen gemäß § 1615 Abs. 1 mit dem Tod des Verpflichteten erloschen sind (Begr. S. 152). Das kann dazu führen, daß die Kinder aus einer zweiten Ehe des Verpflichteten schlechter stehen als der geschiedene Ehegatte, wenn der den Kindern verbleibende Erbteil geringer ist als der bisher ihm geschuldete Unterhalt (Lange, FamRZ 1972, 233). 2. a) Der geschiedene Ehegatte braucht und soll nicht mehr erhalten, als er gehabt hätte, wenn seine Ehe statt durch Scheidung durch den T o d des Verpflichteten aufgelöst worden wäre (Begr. S. 152). Nach der bisherigen Regelung des § 70 Ehegesetz war auch das Eigenvermögen des Erben f ü r die Bemessung des Unterhalts zu berücksichtigen, was sachfremd ist (Lange a. a. O.) (vgl. auch Begr. S. 152). Statt der von der Eherechtskommission vorgesehenen Möglichkeit, den Berechtigten mit einer Quote des Nachlasses abzufinden (vgl. These II 13 Abs. 2; Bericht II 118), haftet der Erbe nach § 1586b S. 3 BGB nur bis zur H ö h e des Pflichtteils, der bei Fortbestehen der Ehe bis zum Tode gefor247

BGB § 1586b 2

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

dert werden konnte. Diese Lösung sichert dem Berechtigten innerhalb des H a f tungsrahmens die volle Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs und verhindert andererseits im allgemeinen eine aus dem Zweck der passiven Vererblichkeit des Unterhaltsanspruchs nicht zu rechtfertigende Vorzugstellung des geschiedenen Ehegatten zu Lasten der Erben und der Pflichtteilberechtigten (Begr. S. 153). b) Auszugehen ist von dem Gesamtnachlaß, nicht etwa von dem Vermögen, das der Verpflichtete zur Zeit der Scheidung der Ehe hatte (Begr. S. 153). Für die Berechnung des fiktiven Pflichtteils bleibt ein etwa vorhandener neuer Ehegatte unberücksichtigt. Wenn zwei unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatten und ein überlebender Ehegatte zusammentreffen, muß danach f ü r den ersten geschiedenen Berechtigten der Haftungsrahmen dem Wert des Ehegattenpflichtteils am Gesamtnachlaß entsprechen. Für die weiteren Ehegatten wäre dagegen der Pflichtteil aus dem Gesamtnachlaß vermindert um die f ü r den oder die vorhergehenden Berechtigten zur Verfügung stehende Haftungsquote zu ermitteln. Die Regelung f ü h r t dazu, daß die Haftungsquote für den früheren Ehegatten immer größer ist als die Haftungsquote oder der Pflichtteil f ü r den späteren (Begr. S. 153). Der Reformgesetzgeber hält diese sich aus der Fiktion des Fortbestehens der Ehen ergebende Regelung im Anschluß an die Regelung des § 1582 (Vorrang des geschiedenen Ehegatten) f ü r angemessen, zumal der überlebende Ehegatte in der Regel nicht lediglich auf Pflichtteilsansprüche beschränkt sein werde (S. 153). H a t aber der wiederverheiratete Verpflichtete vor seinem T o d e einen Ehegatten aus 2. Ehe beerbt, muß das Erbe für die Pflichtteilsberechnung von dem tatsächlichen vorhandenen Nachlaß abgezogen werden, denn bei Fortbestehen der Ehe würde diese Erbschaft nicht eingetreten sein (Beispiel von Lange a. a. O.). Dies kann zu erheblichen Berechnungsschwierigkeiten führen. Ist eine zweite Ehe des Verpflichteten durch Scheidung aufgelöst und der Zugewinnausgleich durchgeführt worden, kann nicht nachträglich der dem späteren Ehegatten gezahlte Betrag dem Nachlaß hinzugerechnet werden (zweifelnd und kritisch zur Neuregelung Lange a. a. O.). Es ist davon auszugehen, daß der ausgleichsberechtigte Ehegatte den ihm gezahlten Anteil am Ehegewinn miterarbeitet hat (Beispiel von Lange a. a. O.). Anderenfalls würden nachträgliche Auseinandersetzungen zwischen erstem und zweitem Ehegatten entstehen. Anders als beim bisherigen Recht soll die Haftungsbeschränkung kraft Gesetzes bestehen, ist also von ihrer Geltendmachung nicht abhängig (vgl. Begr. S. 153). 3. Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben gemäß § 1931 Abs. 4 der überlebende Ehegatte und jedes Kind abweichend vom Abs. 1 S. 1 der genannten Vorschrift zu gleichen Teilen. Entsprechend dem erhöhten Erbteil erhöht sich damit der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten. Leben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so ist bestritten, ob sich der Pflichtteil des überlebenden, nicht als Erbe berufenen 248

Scheidung der E h e — V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h

BGB Vor § 1 5 8 7

Ehegatten nach einem gemäß § 1371 Abs. 1 erhöhten Erbteil bestimmen kann. D a der Güterstand auf die H ö h e des einem Ehegatten gegen den anderen zustehenden Unterhaltsanspruchs während der Ehe und nach erfolgter Scheidung ohne Einfluß ist, soll deshalb die Haftungsquote des Erben, je nachdem, in welchem Güterstand die geschiedenen Ehegatten gelebt haben, nicht unterschiedlich bemessen werden. Haben die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, wäre es überdies auch schon deshalb sachwidrig, für die Haftungsquote auf einen erhöhten Pflichtteil abzustellen, weil nach der Scheidung der Zugewinn bereits nach den §§ 1372 ff. ausgeglichen wird. Für die Berechnung des Pflichtteils als Grundlage der Haftungsquote sollen daher Besonderheiten aufgrund des Güterstandes der durch Scheidung aufgelösten Ehe außer Betracht bleiben. Es wird hiernach maßgebend allein auf § 1931 Abs. 1, 2 abzustellen sein (Begr. S. 154). Danach beläuft sich der fiktive Pflichtteil auf 'A des gesetzlichen Erbteils von 'A, der dem Ehegatten bei Fortbestand der Ehe zustehen würde. Der Unterhalt ist nach wie vor durch Entrichtung einer Geldrente geschuldet. Deren H ö h e ist so zu bemessen, daß der dem Berechtigten zustehende Betrag auf die mutmaßliche Lebensdauer verteilt wird. Dabei können aber auch andere Bemessungsgrundsätze, wie sie sich aus der Art der verfolgten Unterhaltsansprüche, z. B. Dauer der Erziehung eines Kindes nach § 1570 ergeben, Bedeutung gewinnen. H ä u f i g wird in den Fällen des § 1586b eine Kapitalabfindung in Betracht kommen, die allerdings von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten abhängig ist. Mehrere Erben haften anteilig. Die in § 1586b Abs. 2 S. 3 Gesetz gewordene Lösung schränkt im übrigen die Möglichkeit des Verpflichteten nicht ein, für eine weitergehende Sicherung des geschiedenen Ehegatten zu sorgen. Erscheint ihm dessen Unterhalt nicht hinreichend sichergestellt, so bleibt es ihm unbenommen, zusätzliche Versorgung durch Verfügung von T o d e s wegen zu treffen (Begr. S. 153). Dies wird freilich bei geschiedenen Ehegatten kaum praktisch werden.

III. Versorgungsausgleich Vorbemerkung vor § 1587 Übersicht I.

II.

Reformentwicklung, G r u n d g e d a n k e des V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h s als eigenständige Sicherung des nicht erwerbstätigen Eheteils, Minimalrenten Verhältnis des V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h s zu Unterhaltsansprüchen

249

BGB Vor § 1587 I III. IV. V.

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Kranken- und Unfallversicherungsschutz Übergangsregelung Wegfall der Geschiedenenwitwenrente, die sogenannte Erziehungsrente des § 1265 a R V O

I. Reformentwicklung, Grundgedanke des Versorgungsausgleichs als eigenständige Sicherung des nicht erwerbstätigen Eheteils, Minimalrenten In der H a u s f r a u e n e h e e r w a r b bisher nur der M a n n eine eigenständige Altersund Invaliditätssicherung, die F r a u w a r bei Lebzeiten des M a n n e s nur d a d u r c h gesichert, daß sie dem U n t e r h a l t s v e r b a n d des M a n n e s a n g e h ö r t . D i e s e N a c h teile w u r d e n d u r c h die U n t e r h a l t s r e g e l u n g im Fall der E h e s c h e i d u n g nach den §§ 58 E h e G ff. a. F., jetzt § 1570 ff., nicht ausgeglichen, d a sie v o n der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten abhängt. Bei T o d des geschiedenen E h e m a n nes erhielt die E h e f r a u nur d a n n die Geschiedenenwitwenrente, wenn der V e r sicherte ihr z u r Zeit seines T o d e s nach den V o r s c h r i f t e n des E h e g e s e t z e s U n t e r h a l t z u leisten hatte, i n s b e s o n d e r e also nur d a n n , wenn die E h e nicht wegen ihres alleinigen o d e r überwiegenden V e r s c h u l d e n s geschieden w o r d e n w a r , vgl. § 1265 R V O a. F. ( s o g e n a n n t e g r o ß e Witwenrente bei V o l l e n d u n g des 45. L e b e n s j a h r e s , B e r u f s - o d e r E r w e r b s u n f ä h i g k e i t o d e r E r z i e h u n g eines waisenberechtigten K i n d e s ( 6 0 % der Rente des Versicherten z u z ü g l i c h H a l b w a i senrente), kleine Witwenrente (nicht unbedingt 6 0 % ) , wenn diese V o r a u s s e t z u n g e n nicht v o r l a g e n ) . D e r Witwer (vgl. § 1268 R V O ) erhielt R e n t e nur, wenn er von der F r a u überwiegend unterhalten w o r d e n ist (§ 1266 R V O , mit der A u f lage der A n p a s s u n g f ü r v e r f a s s u n g s g e m ä ß erklärt, B V e r f G F a m R Z 1975, 328). D a r ü b e r , w a n n diese V o r a u s s e t z u n g e n v o r l a g e n , g a b es eine diffizile R e c h t sprechung. Ü b e r die Unbilligkeit der R e g e l u n g bestand Einigkeit. H i n g e g e n ist der gesetzlichen R e g e l u n g eine u m f a s s e n d e E r ö r t e r u n g v o r a u s g e g a n g e n , wie die s o z i a l e S i c h e r u n g der F r a u a n g e m e s s e n d u r c h g e f ü h r t w e r d e n k a n n . D i e Einf ü h r u n g einer freiwilligen R e n t e n v e r s i c h e r u n g u. a. f ü r H a u s f r a u e n (vgl. § 1233 R V O ) d u r c h d a s R e n t e n r e f o r m g e s e t z v o m 16. O k t o b e r 1972 ( B G B l . I 1965) hat wegen der H ö h e der f ü r eine N a c h v e r s i c h e r u n g a u f z u w e n d e n d e n B e t r ä g e nur b e g r e n z t e B e d e u t u n g . Eine allgemeine S t a a t s b ü r g e r v e r s o r g u n g mit einheitlichen Leistungen, eine allgemeine H a u s f r a u e n r e n t e , a u c h wenn sie als G r u n d o d e r S o c k e l r e n t e g e w ä h r t w e r d e n w ü r d e , hätte den unterschiedlichen E r w e r b s verhältnissen nicht R e c h n u n g g e t r a g e n , eine Rentenpflichtversicherung der H a u s f r a u im H i n b l i c k auf die a u f z u b r i n g e n d e Beitragslast eine z u s ä t z l i c h e Belastung der Familie herbeigeführt. Auf die V e r s o r g u n g s a n r e c h t e aller Arbeitnehmer b e z o g sich der V o r s c h l a g des wissenschaftlichen Beirats f ü r Familienf r a g e n beim Bundesministerium f ü r Familie und J u g e n d , vgl. Z S R 70, 229, der 250

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB Vor § 1587 I

einen Zugewinnausgleich unter Ehegatten im Fall der Scheidung, sonst aber eine Differenzierung der Ansprüche nach dem Familienbedarf unter Abstufung der Renten für Ehepaare und alleinstehende Arbeitnehmer vorsah. Dieser V o r schlag hätte alleinstehende Arbeitnehmer benachteiligt (vgl. Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit, S. 407). Diese Schwierigkeiten würden durch die gesetzliche Anerkennung der sich,aus Beitrags- und beitragslosen Zeiten des Mannes ergebenden Ansprüche zugunsten der Frau (vgl. Gitter, F a m R Z 1974, 236) vermieden, die aber an der Entrichtung nur eines Beitrages scheitert. Die permanente Teilnahme jedes Ehegatten an dem Erwerb von Rentenanwartschaften des anderen Ehegatten, von denen der überlebende Ehegatte dann 6 0 % der Gesamtrenten erhält, bei Scheidung aber jeder Ehegatte den ihm gutgeschriebenen Teil „mitnehmen" sollte (vgl. Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit, S. 403, über die Arbeit von Planken, Sicherung der Frau), entspricht nicht dem Gedanken der Lebensgemeinschaft, Ruland a. a. O. S. 4 0 3 ; Ruland, Die Stellung der Frau in der Sozialversicherung, F a m R Z 1975, 150. Ist weder die stets berufstätige Frau noch auch die Scheidung im Regelfall gesellschaftliches Leitbild, so sind zwei selbständige Rentenkonten (d. h. auch bei bestehender Ehe) nicht familienkonform, Beitzke RdA 1971, 99 (105). Andere Vorschläge, z. B. die versicherungsrechtliche Anrechnung der Tätigkeit der Hausfrau während der Erziehung von Kindern als Ausfallzeit boten nur begrenzte Lösungsmöglichkeiten, weil sie von der weiteren Erwerbstätigkeit der Frau ausgehen, (vgl. zum Ganzen auch die Übersicht bei Gitter, Die soziale Sicherung der Frau, F a m R Z 1974, 237, zur Literatur i. e. Ruland S. 397, Anm. 12). Der Reformgesetzgeber hat hervorgehoben, daß unabhängig von einer umfassenden sozialrechtlichen Lösung eine eigenständige Sicherung der Hausfrau nicht länger zurückgestellt werden dürfe (Begr. S. 154). Die gewandelte gesellschaftliche Stellung der Frau, der Wert ihrer Tätigkeit für die Familie und die Allgemeinheit rechtfertigten es, die in der Ehe begründeten Aussichten auf eine spätere Versorgung, deren Zweckbestimmung die Sicherstellung des künftigen Unterhalts sei, wegen der Aufgabenteilung in der Ehe als auf einer gemeinsamen Lebensstellung beider Ehegatten beruhend anzusehen und nach der Scheidung beide Ehegatten an dieser Sicherung in Zukunft gleichmäßig zu beteiligen (Begr. S. 155). Der Reformgesetzgeber hat sich damit für ein Splitting tatsächlich erworbener Rentenanwartschaften bzw. von Versorgungsanrechten entschieden, die Ausgleichspflicht aber auf die in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften und auf den Fall der Scheidung beschränkt. Die letztere, dem Zugewinnausgleich bei Ehescheidung nachgebildete Lösung hat Zustimmung gefunden. Erhebliche Kritik hat die Regelung des Versorgungsausgleichs durch die §§ 1587 ff. jedoch deshalb erfahren, weil die Entstehung sehr kleiner Renten möglich ist (vgl. z. B. Rohwer-Kahlmann, Z S R 1970, 402, dazu Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen -Sicherheit, S. 403 ff. und Belchaus, F a m R Z 1973, 342 re. Sp.). Die durchschnittlichen Renten (große Wit251

BGB Vor §1587 II

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

wenrenten) betrugen im September 1973 in der Arbeiterrentenversicherung 350,80 DM, in der Angestelltenversicherung 510,70 D M (Ruland, FamRZ 1975, 153). Bei einer 40jährigen Ehezeit und einer zu erwartenden Rente von 668,55 D M entspricht die zu übertragende Anwartschaft einer Rente von 337,27 D M (vgl. Begr. S. 227). Der ursprünglich vorgesehene Ausschluß der Ubertragbarkeit von Anwartschaften auf Minimalrenten (§ 1587b Abs. 1 S. 1 a. E. der Drucksache 260/73) ist nicht Gesetz geworden, vgl. dazu Begr. 7/4361 S. 19. Kleinstrenten werden in gewissem U m f a n g durch die Regelung des § 1304 b Abs. 5 R V O vermieden, der bei der Berechnung der Wartezeit von einer Versicherung von 7 5 % des Durchschnittsentgelts ausgeht, vgl. Begr., Drucksache 7/4361, S. 56. § 1587b Abs. 4, der gestattet, den Ausgleich in den Fällen der Unwirtschaftlichkeit auf andere Weise als durch Übertragung oder Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung vorzunehmen, ist auf Minimalrenten nicht anwendbar, soweit überhaupt realisierbare Rentenanwartschaften bestehen, die Wartezeit also z. B. erfüllt ist, weil z. B. die Zahlung einer Abfindung den Lebensbedarf nicht befriedigt (vgl. auch Begr. a. a. O.). Die N u r h a u s f r a u wird, besonders bei einer Scheidung nach wenigen Ehejahren, gezwungen sein, Rentenanwartschaften durch eigene Arbeit aufzustocken. Unbillige Lösungen müssen durch Anwendung der allgemeinen Härteklausel des § 1587 c, h, ausgeglichen werden, durch deren zu weitgehende Anwendung aber die Regelung des Versorgungsausgleichs nicht umgangen werden darf (vgl. Anm. zu § 1587c). Im übrigen bestehen aus der Zeit vor der Ehe zumeist Rentenanwartschaften, die dem geschiedenen Ehegatten ungeschmälert zukommen. Das kann auch f ü r geschiedene Ehegatten gelten, die während der Ehe den Haushalt geführt haben. Die Erwerbstätigkeit geschiedener Frauen bis zum Alter von 55 Jahren ist bisher nicht selten gewesen (nach Ruland a. a. O. S. 404 die Regel unter Bezugnahme auf Adams-Gendriesch, WiSta 1975, 703).

II. Verhältnis des Versorgungsausgleichs zu Unterhaltsansprüchen Grundsätzlich ist der an die gemeinsame Lebensleistung anknüpfende Versorgungsausgleich kein Unterhaltsanspruch und daher von der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und der Bedürftigkeit des Berechtigten nicht abhängig (Lange, FamRZ 1972, 233). Unterhaltsrechtsähnliche Gesichtspunkte berücksichtigen neben den Härteklauseln der §§ 1587c, auch § 1587d, der auch die weiteren Unterhaltspflichten bei einer Verpflichtung zur Beitragsnachentrichtung in Rechnung stellt. Für das Verhältnis des Versorgungsausgleichs zu den Unterhaltsansprüchen ist z. B. § 1587n zu beachten, der die Anrechnung einer auf Ausgleichsansprüche gezahlten Abfindung auf Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 ff. regelt. Unterhaltsansprüche können daher auch nach D u r c h f ü h r u n g des Versorgungsausgleichs bestehen, vgl. Ruland, N J W 1976, S. 1715. 252

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB Vor § 1587 V

III. Kranken- und Unfallversicherungsschutz Die gesetzliche Regelung beschränkt sich auf die Übertragung oder Begründung von Rentenanrechten, Aussichten oder Versorgungsanwartschaften. Mit der Scheidung entfallen abgeleistete Ansprüche aus der Krankenversicherung des Ehegatten. Versicherungsschutz gegen Krankheit tritt erst mit dem Rentenbezug aufgrund des Versorgungsausgleichs, also in der Regel mit dem Eintritt in das ruhegeldfähige Alter ein, weil mit dem Rentenbezug der Krankenversicherungsschutz verbunden ist. Eine umfassende soziale Sicherung des Ehepartners bei Ehescheidung ist also noch nicht erreicht. Zu beachten ist aber, daß Unterhaltsansprüche nach den §§ 1570 ff. nach § 1578 Abs. 2 auch die Verpflichtung zur Übernahme der Kosten für eine angemessene Versicherung für den Fall der Krankheit enthalten. In der gesetzlichen Unfallversicherung fehlt ein Versicherungsschutz der verheirateten Hausfrau, jedoch tritt der abgeleitete Krankenversicherungsschutz ein (vgl. auch Ruland, F a m R Z 1975, 147; Gitter, FamRZ 1974, 234). Für die Zeit nach Ehescheidung ist für die Dauer des Bestehens eines Unterhaltsanspruchs nach den §§ 1572, 1573, 1575, 1576 ein Anspruch auf Unfallrente nach § 592 R V O (bei T o d des Mannes durch Arbeitsunfall) gegeben. Zum allgemeinen Familienausgleich vgl. Ruland a. a. O. S. 431 ff., Paulick, F a m R Z 1975, 138, vgl. Anhang nach 5 1587p.

IV. Übergangsregelung Der Versorgungsausgleich findet nur auf Ehen Anwendung, die nach Inkrafttreten des Eherechtsgesetzes geschieden werden (vgl. über die Übergangsregelung Art. 12 Nr. 3), bezieht sich unter dieser Voraussetzung aber auch auf Ehen, in denen vor Inkrafttreten des Eherechtsgesetzes Versorgungsanwartschaften erworben worden sind (zu verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf den Eigentumsschutz öffentlich-rechtlicher Versorgungsanwartschaften vgl. Ruland, N J W 1976, 1720). Die Verwirklichung der Gleichberechtigung ist jedoch Verfassungsgrundsatz.

V. Wegfall der Geschiedenenwitwenrente, die sogenannte Erziehungsrente des § 1265 a RVO Mit dem Inkrafttreten des Eherechtsgesetzes kommen auch die bisherigen Geschiedenenwitwenrenten in Wegfall, für die bisher 3 0 % des Beitragsaufkommens verwendet worden sind (vgl. Ruland a. a. O . 1720, dazu § 1587 a Anm. I). Deshalb sind in § 1265 R V O die Worte vor dem 1. Juli 1977 eingefügt worden. Einer Verschlechterung der Versorgungslage vor allem der geschiedenen Mutter soll § 1265 a R V O vorbeugen. Danach bestehen nach T o d des geschiedenen Ehegatten bei Erziehung mindestens eines waisenberechtigten Kindes für den nicht oder nur einen geringen Nebenverdienst erzielenden Ehegatten 253

B G B § 1587

1. T e i l : Die Vorschriften des B G B

Ansprüche auf die sogenannte Erziehungsrente, die sich nach den Sätzen der Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrenten (Steigerungssätze 1 und 1,5% x Versicherungsjahre) bemißt. Diese Ansprüche berührt der Versorgungsausgleich nicht, zu § 1265 a R V O vgl. Anhang nach § 1587 p.

1. Grundsatz

§ 1587 (1) Zwischen den geschiedenen Ehegatten findet ein Versorgungsausgleich statt, soweit für sie oder einen von ihnen in der Ehezeit Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art begründet oder aufrechterhalten worden sind. Außer Betracht bleiben Anwartschaften oder Aussichten, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden sind. (2) Als Ehezeit im Sinne der Vorschriften über den Versorgungsausgleich gilt die Zeit vom Beginn des Monats, in dem die Ehe geschlossen worden ist, bis zum Ende des Monats, der dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags vorausgeht. (3) Für Anwartschaften oder Aussichten, über die der Versorgungsausgleich stattfindet, gelten ausschließlich die nachstehenden Vorschriften; die güterrechtlichen Vorschriften finden keine Anwendung.

Übersicht I.

Renten- und V e r s o r g u n g s a n w a r t s c h a f t e n 1. Die f ü r mindestens einen Ehegatten begründet sein müssen 2. Anwartschaften oder Aussichten auf eine V e r s o r g u n g a)

II.

254

Begriff der Anwartschaften, Einbeziehung bereits gewährter V e r s o r g u n g e n des Verpflichteten b) B e g r ü n d u n g der A n w a r t s c h a f t c) Aufrechterhaltung von Anwartschaften d) A n w a r t s c h a f t und gesicherte A n w a r t s c h a f t Anwartschaften wegen Alters, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit 1. Arten der V e r s o r g u n g a) Altersruhegeld b) Pensionen c) S o n s t i g e V e r s o r g u n g e n

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 I 1

2.

III.

IV. V. VI. VII. VIII. IX. X.

Berufs- und Erwerbsunfähigkeit a) Allgemeines b) Erwerbsunfähigkeit c) Berufsunfähigkeit 3. Auskunftserteilung Anwartschaften der unter § 1587 a Abs. 2 fallenden Art; Renten und Versorgungen, die nicht unter den Versorgungsausgleich fallen Versorgungsrechte, die nicht durch Arbeit oder V e r m ö g e n begründet sind Ehezeit Unabhängigkeit des Versorgungsausgleichs v o m Güterstand, Inhalt des Versorgungsausgleichs Wertausgleich und schuldrechtlicher Versorgungsausgleich Ausschluß des Versorgungsausgleichs Übergangsrecht Verfahrensrechtliches, Entscheidungsverbund

I. Renten- und Versorgungsanwartschaften 1. Die für mindestens einen Ehegatten begründet sein müssen Der Versorgungsausgleich setzt voraus, daß mindestens f ü r einen Ehegatten Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters, Berufsoder Erwerbsunfähigkeit begründet oder aufrechterhalten worden sind (vgl. Belchaus, FamRZ 1973, 342). Ist das nicht der Fall, etwa bei einem sonstigen nicht unter § 1587 a Abs. 2 fallenden Vermögenserwerb, z. B. durch eine einmalige Zuwendung, ist überhaupt nichts auszugleichen oder es finden die V o r schriften über den Zugewinnausgleich Anwendung. Mithelfenden Familienmitgliedern können neben Zugewinnausgleichsansprüchen Gehaltsansprüche oder gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungsansprüche zustehen. Die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung bei öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern f ü r Selbständige und H a u s f r a u e n ist durch das Rentenreformgesetz vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1965) geschaffen worden. Sie hat wegen der zu leistenden Nachzahlungen nur begrenzte Bedeutung. Selbständige H a n d werker sind jedoch nach Maßgabe des Handwerkerversicherungsgesetzes vom 8. September 1960 (BGBl. I S. 737) zumindest zeitweise (bis zu den Beiträgen f ü r 216 Kalendermonate), selbständige Lehrer, Artisten, Hebammen, Hausgewerbetreibende und Küstenschiffer nach § 2 AngVersG und § 1227 R V O versicherungspflichtig. Unter Versorgung sind nur Anwartschaften auf Leistungen zu verstehen, die Rentenleistungen sind oder wie Rentenleistungen auf wiederkehrende Zahlungen gerichtet sind, ohne daß die lebenslange Gewährung der Leistung und ihre unveränderliche H ö h e vorausgesetzt ist (vgl. Brockhoff und andere, § 1245 R V O , Anm. 2), vgl. aber zu § 1587 a Abs. 2 N r . 3 f ü r die betriebliche Anwart255

BGB § 1587 I 2

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

schaft, dort Anm. II 4. Anwartschaften aufgrund privater Versicherungsverträge fallen daher nur dann in den Versorgungsausgleich, wenn es sich um Renten und nicht um Kapitalversicherungen handelt, vgl. dazu § 1587 a Anm. II 6.

2. Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung a) Begriff der Anwartschaften, Einbeziehung bereits gewährter Versorgungen des Verpflichteten. Anwartschaften soll der Oberbegriff f ü r Anrechte auf oder Rechte aus einer Versorgung sein (vgl. Drucksache 7/4361, Begr. S. 35). Der Antrag, die W o r t e Anwartschaften oder Aussichten durch die W o r t e Rechte, Anwartschaften oder Aussichten zu ergänzen, ist nicht Gesetz geworden, da ein Recht auf eine Versorgung ohne Begründung von Anwartschaften nicht denkbar sei. Auch bereits erworbene Rechte auf eine Versorgung fallen in den Versorgungsausgleich. Die rechnerische Einbeziehung auch der Rechte auf eine Versorgung in den Versorgungsausgleich ergebe sich zweifelsfrei aus den §§ 1587 a ff. (Begr. Drucks. 7/4361 S. 35), in denen z. B. in Ziff. 2 ausdrücklich von Renten oder Rentenanwartschaften gesprochen wird, anders die ursprünglich vorgesehene Fassung des § 1587b Abs. 4 (vgl. Drucksache 7/650) bei bereits erlangten Versorgungen für die Übertragung von Rentenanwartschaften (vgl. dazu Begr. Drucksache 7/4361 S. 42). Bei bereits entstandenen Rechten auf Versorgung für den Verpflichteten kommt es zu einer Minderung der Rente u. a. erst bei einer Rentengewährung an den Berechtigten (vgl. § 1304 Abs. 4 R V O ) , f ü r Versorgungsanwartschaften gilt Entsprechendes nach § 161 des Gesetzes zur Änderung beamtenrechtlicher Vorschriften vom 14. Juni 1976. Bezieht der Berechtigte bereits eine Versorgung, erhöht sich dessen Rente um den auszugleichenden Betrag (§ 1304 Abs. 4 RVO; Maier, Deutsch.AngVers 1976, 441). Jedoch ist die Begründung einer Anwartschaft durch Beitragsleistung nicht mehr möglich, weil nach Eintritt des Versicherungsfalles (Alter, Invalidität) eine Versicherung gegen diese Risiken ausscheidet. Deshalb findet insoweit der schuldrechtliche Versorgungsausgleich statt, § 1587b Abs. 3, Begr. Drucksache 7/4361 S. 41, ausdrücklich § 1587f Ziff. 1, vgl. zu § 1587b Abs. 4 i. d. Fassung des Entwurfs der Drucksache 260/73 auch dort S. 162). b) Begründung der Anwartschaft. Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung sind in der Ehe schon mit Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und Entrichtung von Beiträgen begründet, wie auch f ü r die Fälle des § 1587 b Abs. 3 ausdrücklich die Begründung von Anwartschaften durch Entrichtung von Beiträgen abgestellt wird. Auf die Entrichtung von Beiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung muß abgestellt werden, weil nach § 1587 a Abs. 7 unerheblich ist, ob die Wartezeit (das ist z. B. f ü r das Altersruhegeld eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten) im Zeitpunkt des Scheidungsantrages bereits erfüllt ist. Aussichten auf Versorgung nach § 1587 a 256

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 I 2

Abs. 2 Ziff. 2 allerdings kann nur erwerben, w e r zu dem Kreis der Pflichtversicherten (§ 1227 R V O , § 2 AngVersG) o d e r freiwillig Versicherten (§1233 R V O , § 10 AngVersG), zu versicherungsfreien Beschäftigungen, vgl. § 1228 ff. R V O , § 6 ff. AngVersG und oben Anm. I 1, gehört. Die Beitragsentrichtung erfolgt f ü r versicherungspflichtige Beschäftigte im L o h n a b z u g s v e r f a h r e n (§ 1396 ff. R V O , der Beitrag wird z u r H ä l f t e vom Arbeitgeber getragen); seine Entrichtung wird i. d. R. d u r c h Versicherungskarten, f ü r die Beitragsmarken verwendet w e r d e n (§§ 1411 ff. R V O ) , nachgewiesen. Für Anrechte und Aussichten auf V e r s o r g u n g aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, aber auch f ü r die unter § 1587 a Abs. 2 Ziff. 3 und 4 fallenden Ausgleichsansprüche k o m m t es wegen § 1587aAbs.7 ebenfalls nicht darauf an, ob die f ü r die Pensionsberechtigung erforderliche Mindestbeschäftigungszeit (z. B. von zehn J a h r e n ) bereits im Zeitpunkt des Scheidungsantrages erfüllt w a r o d e r die f ü r ein betriebliches Ruhegeld (§ 1587a Abs. 2 Ziff. 3) vorgesehene Betriebszugehörigkeitsdauer (vgl. dazu § 1587 a A n m . I I 4) z u m gleichen Zeitpunkt bereits vorlag. Für die Wartezeit aus privaten Versicherungsverträgen gilt Entsprechendes. K a n n die Wartezeit nicht mehr erfüllt werden, gilt § 1587b Abs. 4. Die Pflicht z u m V e r sorgungsausgleich entfällt nicht, lediglich die A r t des Ausgleichs ist d u r c h Entscheidung des Gerichts auf andere Weise, z. B. d u r c h Z a h l u n g einer Abfindung, v o r z u n e h m e n . Die Sonderregelung ist erforderlich, weil dem Verpflichteten sonst seine eigenen V e r s o r g u n g s a n r e c h t e v e r k ü r z t z u k o m m e n , o h n e daß die Ü b e r t r a g u n g auf den Berechtigten dessen V e r s o r g u n g sichern w ü r d e . c) Aufrechterbaltung von Anwartschaften. Aufrechterhalten ist die V e r s o r gung, w e n n die Bedingungen f ü r die spätere V e r s o r g u n g , z. B. die Betriebszugehörigkeit f ü r eine betriebliche Altersversorgung, wenigstens teilweise w ä h rend der Zeit der E h e erfüllt w o r d e n sind. Zu beachten ist, daß in den gesetzlichen Rentenversicherungen u. U . auch beitragslose Zeiten (neben Barbezügen f ü r Beschäftigte der Landwirtschaft o d e r im H a u s h a l t , vgl. § 55 Abs. 2 Arbeiterrentenneuregelungsgesetz), aber auch Ersatzzeiten (z. B. Zeiten des Militärdienstes, vgl. § 1587a Anm. II 3 a. E., § 1251 R V O ) und Ausfallzeiten (z. B. Schwangerschaft, vgl. unten § 1587a Anm. II 3, § 1259 R V O ) zu berücksichtigen sind, so daß Anrechte u n d Aussichten auf eine V e r s o r g u n g auch bei beitragslosen Zeiten und einer U n t e r b r e c h u n g der Beschäftigung aufrechterhalten sein k ö n n e n . Grundsätzlich ist f ü r die Ausgleichspflicht nicht erforderlich, daß bereits eine gesicherte A n w a r t s c h a f t vorliegt (vgl. § 1587 a Abs. 7). Es genügt also auch eine Pensionszusage, die unter bestimmten V o r a u s s e t z u n g e n noch widerrufen werden kann (Begr. S. 155). D e r G e f a h r , d a ß der Ausgleichsverpflichtete bei einem n o c h verfallbaren Anrecht u. U . nicht in den G e n u ß einer Betriebsrente k o m m t , der Ausgleichsberechtigte aber so gestellt wird, als wäre die Betriebsrente gezahlt, ist d u r c h § 1587 a Abs. 2 N r . 3 begegnet. D a n a c h finden bei den im Zeitpunkt der Entscheidung noch verfallbaren Anrechten die V o r s c h r i f t e n über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Anwendung. 257

B G B § 1 5 8 7 II 1

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

II. Anwartschaften wegen Alters, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit Stets muß es sich um eine V e r s o r g u n g handeln, die wegen Alters, Berufsoder Erwerbsunfähigkeit gewährt wird. 1. Arten der Versorgung a) Altersrubegeld. Für die G e w ä h r u n g von Altersruhegeld aus den öffentlich-rechtlichen Rentenversicherungen ist die Altersgrenze f ü r M ä n n e r und Frauen das 65. Lebensjahr, bei I n a n s p r u c h n a h m e der flexiblen Altersgrenze bei M ä n n e r n das 63. Lebensjahr (60 Lebensjahre, wenn der Mann innerhalb der letzten VA J a h r e mindestens 52 W o c h e n arbeitslos w a r ; Schwerbeschädigte und Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsrentner können vor Vollendung des 62. Lebensjahres vorzeitiges Altersruhegeld erhalten), bei Frauen unter der V o r a u s setzung 20 anrechnungsfähiger Versicherungsjahre und der Erfüllung der großen Wartezeit (vgl. unten) das 60. Lebensjahr, § 1248 R V O . b) Pensionen. Beamten wird Ruhegehalt gewährt grundsätzlich mit dem 65. Lebensjahr, soweit nicht f ü r einzelne Beamtengruppen f r ü h e r e Altersgrenzen festgesetzt sind, vgl. § 41 BBG. c) Sonstige Versorgungen. Bei der betrieblichen Altersversorgung sind die zumeist der Regelung der öffentlich-rechtlichen Rentenversicherung angeglichenen Bestimmungen der Versorgungseinrichtung, bei privaten Rentenversicherungen der Versicherungsvertrag maßgebend.

2. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit a) Allgemeines. D e r Vorschlag, die W o r t e Berufs- und Erwerbsunfähigkeit durch die F o r m u l i e r u n g : „Minderung der Erwerbsfähigkeit" zu ersetzen, ist nicht Gesetz geworden (Begr. D r u c k s a c h e 7/4361 S. 35). Im allgemeinen stimmen die Begriffe Berufs- und Erwerbsunfähigkeit mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung überein (weitergehende Begr. a. a. O.), jedoch kann auf die Bestimmung der Erwerbsunfähigkeit in den Fällen des § 1587 a Abs. 2 N r . 3 und 4 die Satzung oder Regelung der Versorgungseinrichtung einwirken, die u. U. nicht völlige Erwerbsunfähigkeit voraussetzen (vgl. B r o c k h o f f , R V O , § 1247 Anm. 1). b) Erwerbsunfähigkeit. N a c h § 1247 R V O ist erwerbsunfähig, w e r auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben o d e r nicht mehr als nur geringfügige E i n k ü n f t e durch Erwerbstätigkeit erzielen kann (vgl. aber S. 2 des § 1247 R V O ) . U n t e r Erwerbsfähigkeit ist die Fähigkeit zu verstehen, Geld oder andere V e r m ö g e n s w e r t e d u r c h eine hierauf zielende Beschäftigung oder Tätigkeit zu erwerben, J a n t z - Z w e n g , S. 75. Auf die Art der Tätigkeit k o m m t es, abgesehen von Beschäftigungen, die gegenüber der Lebensstellung völlig u n z u m u t b a r sind (vgl. J a n t z - Z w e n g , § 1247 II 2), nicht an. 258

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 III

c) Berufsunfäbigkeit. Berufsunfähigkeit liegt vor bei Absinken der Erwerbsfähigkeit auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung, gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten (§ 1246 R V O ) . Der als Vergleichsperson heranzuziehende gesunde Versicherte muß eine ähnliche Ausbildung, nicht die gleiche haben, so daß die ganze Berufsgruppe der im wesentlichen gleichartigen Personen einzubeziehen ist. Nach Abs. 3 kann der Versicherte auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner bisherigen Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Danach findet z. B. keine Verweisung eines gelernten Arbeiters auf eine Hilfsarbeitertätigkeit statt, wenn diese nicht schon lange Jahre ausgeübt worden ist, anders bei Anlernberufen (vgl. aber BSG in S o z R § 1246 R V O B 1 20 N r . 32). Die Rente wegen Berufsunfähigkeit liegt mit 1% der Rentenbemessungsgrundlage niedriger als das Altersruhegeld mit 1,5% (vgl. § 1254 R V O ) . Der Steigerungssatz der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entspricht dem f ü r das Altersruhegeld. Das ist bei Ermittlung der Renten im Versorgungsfall zu berücksichtigen, während f ü r den Wertvergleich von Anwartschaften nach § 1587 a das fiktive Altersruhegeld im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages nach Maßgabe von § 1587 Abs. 2 maßgebend ist. 3. Auskunftserteilung Uber den Bestand der Versorgungsanwartschaft wird das Gericht, da die Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht zugleich Rechtskraft im Verhältnis zum Versicherungsträger hinsichtlich des Bestehens der Anwartschaft schafft, im Streitfall regelmäßig nicht selbst entscheiden, sondern von den Aussetzungsmöglichkeiten des § 53 c Abs. 1 und 2 FGG Gebrauch machen. Uber die Anwartschaft als solche erteilt der verfahrensbeteiligte Versorgungsträger nach § 53 b FGG Auskunft.

III. Anwartschaften der unter § 1587a Abs. 2 fallenden Art; Renten und Versorgungen, die nicht unter den Versorgungsausgleich fallen Anwartschaften oder Renten, die nicht wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gewährt werden und nicht der in § 1587 a Abs. 2 genannten Art sind, unterliegen nicht dem Versorgungsausgleich, z. B. Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz und Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung, auch nicht die Entschädigungsrente des LAG, die im übrigen ein verrenteter Schadensausgleich ist (vgl. Ruland a. a. O. S. 70), und die Verfolgtenrente, die Opfer der nat. Verfolgung wegen ihrer Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit, an Freiheit, Eigentum oder Vermögen erhalten. Dies folgt aus dem Entschädigungscharakter dieser Renten und aus dem Grundsatz des Versorgungsaus259

BGB § 1587 IV

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

gleichs, daß nur solche Versorgungen auszugleichen sind, die die Eheleute gemeinsam erarbeitet haben (vgl. Begr. S. 155 und Belchaus, FamRZ 1973, 342). Auf die Altershilfe für Landwirte findet § 1587 a Abs. 2 Ziff. 4 Anwendung. Der grundsätzliche Ausschluß der Unfallrenten vom Versorgungsausgleich kann zu Unbilligkeiten führen, wenn der Mann sehr früh Rentner bzw. Unfallrentner wird und die Frau arbeitet, um den Familienunterhalt zu bestreiten. Bei Ehescheidung müßte dann allein die Frau ihre aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit erworbene Rente zur Ausgleichung stellen (Beispiel von Belchaus a. a. O. S. 342). Für derartige Unbilligkeit ist der Wegfall der Ausgleichspflicht in § 1587 c vorgesehen.

IV. Versorgungsrechte, die nicht durch Arbeit oder Vermögen begründet sind Es ist nicht vorausgesetzt, daß auszugleichende Versorgungsanwartschaften durch Arbeit begründet worden sind. Mit Hilfe von Vermögen, z. B. durch Kapitaleinzahlung zur Begründung einer freiwilligen Rentenversicherung (vgl. oben Anm. I 1) erworbene Anwartschaften unterliegen ebenso dem Versorgungsausgleich wie Versorgungszusagen privater Arbeitgeber für den Fall des Alters, z. B. durch einen Verwandten als Arbeitgeber in Familienbetrieben, soweit die Zusage entgeltlicher Natur ist, aber nicht z. B. Altenteile bei Landwirten, vgl. Maier, DAngVers 1976, 439 Anm. 52; Ruland, NJW 1976, 1715. Umgekehrt entfallen nach S. 2 Anrechte oder Aussichten, die weder mit Hilfe von Vermögen noch durch Arbeit begründet oder aufrechterhalten worden sind. Das dürfte für die in § 1587a Abs. 2 genannten Versorgungsarten ohnehin ausscheiden. Damit ist § 1587 S. 2 vornehmlich auf private Zuwendungen Dritter (Maier, Ruland a. a. O.) z. B. auf die Zusage einer Versorgung zugunsten einer Tochter anwendbar, die als (formbedürftige) Schenkung zu charakterisieren sind.

V. Ehezeit Anders als die bisherigen Geschiedenenhinterbliebenenrenten bezieht sich der Versorgungsausgleich nicht auf die gesamte Anwartschaft eines oder beider Ehegatten (von der ein bestimmter Prozentsatz einer Rente zugebilligt worden ist). Der Gedanke, daß eine zu erwartende Versorgung auf der gemeinschaftlichen Leistung beider Ehegatten beruht, läßt sich allein insoweit rechtfertigen, als die Versorgung einen Bezug zu der Ehezeit hat, das gleiche gilt für die Annahme, daß die Versorgung dem beiderseitigen Unterhalt der Ehegatten zu dienen bestimmt ist (Begr. S. 155). § 1587 beschränkt den Anspruch auf den Teil der Versorgungsberechtigung, für den diese Voraussetzungen vorliegen (Begr. a. a. O.). Dabei wird jedoch nach Maßgabe der Regelung von § 1587a bei der Bewertung der für die Versorgung maßgebenden Faktoren, z. B. die unterschiedliche Bedeutung der einzelnen Dienstjahre des 260

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 V

Beamten f ü r die Steigerung des Ruhegehalts unter Berücksichtigung sämtlicher Dienstjahre egalisiert, um dann erst den Versorgungsausgleich f ü r die Ehezeit vorzunehmen, vgl. hierzu § 1587a Abs.2 N r . 1. Spätere Werterhöhungen nach Einreichung des Scheidungsantrages bleiben außer Betracht. Dies trägt der Tatsache Rechnung, daß eine spätere Versorgungsgemeinschaft nicht mehr besteht, und entspricht im übrigen dem Unterhaltsrecht, für das für die Anspruchsbemessung auf die Verhältnisse zur Zeit der Scheidung abgestellt wird. Lediglich beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ermöglicht § 1587 g Abs. 2 die Berücksichtigung nachträglicher Veränderungen, weil hier zwischen der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages und der Vornahme des Ausgleichs im Zeitpunkt der Erlangung der Versorgung ein u. U. erheblicher Zeitraum liegt, in dem z. B. Rentenerhöhungen berücksichtigt werden müssen. Eine erlangte höhere Berufsstellung bleibt jedoch auch hier außer Betracht. Rentenanwartschaften, die aufgrund beitragsloser Zeiten erworben worden sind, sind in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, vgl. oben Anm. I 2 c , denn diese Zeiten werden nur deswegen angerechnet, weil der Versicherte im übrigen gearbeitet und Beiträge bezahlt hat (Begr. S. 36 Drucksache 7/4361). Die Ehezeit ist in Abs. 2 durch eine Legaldefinition besonders bestimmt. Sie erweitert die Ehedauer hinsichtlich ihres Beginns und verkürzt sie hinsichtlich des Endes. Da die Ehe erst mit dem Tag der Rechtskraft des Scheidungsurteils aufgelöst ist, sie also letztlich bis zu diesem Tage besteht, wäre ohne die V o r schrift des Abs. 2 die Zeit bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils in die Wertberechnung der während der Ehe erworbenen Versorgungsanwartschaften einzubeziehen. N u r in seltenen Fällen ist der T a g der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs sicher vorauszusehen. Eine Auskunft des Sozialversicherungsträgers bzw. des Dienstherrn über die vorh. Anwartschaften wird der Familienrichter nur erhalten können, wenn er einen bestimmten Stichtag f ü r die Berechnung bezeichnet (Begr. S. 156). Die Festlegung des Versorgungsausgleichs auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils hätte die Lösung des Entscheidungsverbundes nach § 623 Z P O und die Abtrennung des Verfahrens über den Versorgungsausgleich zur Folge (Begr. a. a. O.). Da die Rechtshängigkeit ein länger dauernder Zustand ist, ist der dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgehende Monat als Ende der Ehezeit festgelegt, als deren Beginn der Monatsanfang des Eheschließungsmonats. Der Vorschlag, statt von der Rechtshängigkeit von der Erhebung des Antrages auf Scheidung zu sprechen (Begr. S. 36), ist zu Recht abgelehnt worden, weil das Scheidungsverfahren durch Einreichung einer Antragsschrift anhängig (§ 622 Z P O ) , rechtshängig jedoch erst mit deren Zustellung wird (S 263 Z P O , 622 Abs. 2, letzter Satz, vgl. Baumbach, Z P O , 32. Aufl. 1974, § 2 6 3 Anm. 1A). Ist die Rechtshängigkeit durch Zustellung der Antragsschrift am 3. April eingetreten, läuft die Ehezeit bis zum 31. März, ebenso, wenn Rechtshängigkeit am 30. April eintrat. Wird die Ehe dagegen am 15. J a n u a r geschlossen, rechnet die 261

BGB §1587 VI

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Ehezeit bereits vom 1. Januar, bei Zustellung des Scheidungsantrages am 11. November dagegen die Ehezeit nur bis 31. Oktober. Die Regelung ermöglicht auch, daß nur volle Monate berücksichtigt werden, was f ü r die Berechnung der auf die Ehezeit entfallenden Rente nach § 1304 R V O von Bedeutung ist.

VI. Unabhängigkeit des Versorgungsausgleichs vom Güterstand, Inhalt des Versorgungsausgleichs Auf die öffentlich-rechtlichen Rentenanwartschaften ist die Anwendung der güterrechtlichen Vorschriften über den Zugewinnausgleich schon bisher wiederholt verneint worden (OLG Karlsruhe FamRZ 1961, 317), anders zum Unterschied von den laufenden Rentenbezügen für das Stammrecht O L G Bremen N J W 1960, 285; weitergehend f ü r laufende Bezüge KG, F a m R Z 1976, 89; richtig Soergel (Lange) § 1365 Rdn. 18; Ruland a . a . O . , S. 367, der das Stammrecht aber ebenfalls zum Vermögen rechnet. Entgegen dem Entwurf (§ 1587 a Abs. 5) in der ursprünglich vorgesehenen Fassung (noch Drucksache 260/73) ist durch Abs. 3 klargestellt, daß die Anwendung güterrechtlicher Vorschriften auf den Versorgungsausgleich ausgeschlossen ist. Andernfalls wären jedenfalls private Rentenversicherungen beim gesetzlichen Güterstand Teil des Zugewinnausgleichs, sonst (z. B. bei Gütertrennung) des Versorgungsausgleichs gewesen. Eine Rechtfertigung f ü r eine ungleichmäßige Behandlung fehle (Begr. Drucksache 7/4361 S. 36). Außerdem gewährt der Zugewinnausgleichsanspruch einem Kapital — der Versorgungsausgleich Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung. Er trage damit dem Anliegen, eine Alters- und Invaliditätssicherung zu erreichen, besser Rechnung (Begr. a. a. O. S. 20 unter bb). Der Qualitätswechsel, der durch Umwandlung einer privaten Rentenversicherung in eine Anwartschaft bei einer gesetzlichen Versicherung eintrete, ist deshalb ebenso in Kauf genommen worden wie die Umwandlungsgefahr (Umwandlung von Kapital- in Rentenversicherungen und umgekehrt), durch die die gesetzliche Regelung unterlaufen werden kann. Dies ist aber schon bei Versicherungsneuabschlüssen möglich, vgl. dazu auch § 1587 a Anm. II 6.

VII. Wertausgleich und schuldrechtlicher Versorgungsausgleich Der Versorgungsausgleich erfolgt entweder durch Wertausgleich von Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung in H ö h e der Hälfte des Wertunterschiedes: a) Durch Übertragung einer eigenen Rentenanwartschaft, die durch Übertragung von Rentenbeträgen und Gutschrift von Wertanteilen erfolgt, 5 1587 b Abs. 1, 262

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

B G B § 1587 IX

b) durch Begründung von Rentenanwartschaften aa) unter Erstattung der hierfür erforderlichen Aufwendungen durch den Träger der Versorgungslast (§ 1587b Abs. 2, 1304b Abs. 2 R V O ) bb) im Wege der Beitragsentrichtung, § 1587b Abs. 3 oder in den besonderen Fällen des § 1587 f, insbesondere, wenn der Wertausgleich nicht möglich ist, durch eine Ausgleichsrente in H ö h e der Hälfte der die Versorgung des anderen Ehegatten übersteigenden Betrages (§§ 1587 ff., schuldrechtlicher Versorgungsausgleich).

VIII. Ausschluß des Versorgungsausgleichs Der Versorgungsausgleich kann zwar durch Vereinbarung der Gütertrennung nicht ausgeschlossen werden, § 1587 Abs. 3, vgl. oben Anm. VI, wohl aber durch eine bei oder nach Eheschließung bis zu einem Jahr vor Einleitung der Scheidung zulässige Vereinbarung zwischen den Eheleuten (vgl. § 1408 Abs. 2, Ehevertrag, der notarieller Beurkundung bedarf). Durch den Ausschluß tritt dann allerdings Gütertrennung ein, § 1414 S. 2. Sonst sind Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, die aber zur Sicherung des Berechtigten f ü r den Fall der Erwerbsunfähigkeit nicht offenbar ungeeignet sein dürfen, nach Maßgabe des § 1587 o möglich. Ein nachträglicher Ausschluß kraft Gesetzes kann durch das Vorliegen der Voraussetzungen der Härteklauseln der §§ 1587 c, h z. B. bei unbilliger Belastung eintreten.

IX. Übergangsrecht Eine Ubergangsvorschrift f ü r Verträge über die Abfindung f ü r künftige Unterhaltsansprüche oder Versorgungsansprüche durch Übertragung von Vermögensteilen enthält Art. 12 N r . 3 EheRG. Danach finden die Bestimmungen des Versorgungsausgleichs keine Anwendung, wenn für die Unterhaltsansprüche vor Inkrafttreten des Gesetzes eine endgültige Abfindung erfolgt ist oder wenn die Anwartschaft auf Versorgung Gegenstand eines zum gleichen Zeitpunkt abgeschlossenen Vertrages zwischen den Parteien war. Andererseits können nach Art. 12 N r . 3 E h e R G Ausgleichsansprüche herabgesetzt werden, wenn die Ehegatten bisher getrennt gelebt haben und die Ehe allein wegen des Widerspruchs des anderen Ehegatten (§ 48 Abs. 2 EheG a. F.) nicht geschieden werden durfte. O b eine Scheidungsklage erhoben war, ist unerheblich (vgl. Art. 12 N r . 3 EheRG). Die Herabsetzung darf die Hälfte des auf die T r e n nungszeit entfallenden Anspruchs nicht überschreiten (Art. 12 N r . 3 letzter Satz EheRG). Eine erweiterte Auslegung, d. h. die Regelung f ü r die Fälle längeren Getrenntlebens allgemein vorzusehen, ist vom Reformgesetzgeber ausdrücklich abgelehnt worden (Begr. Drucksache 7/4361 S. 36).— Die ursprüngliche Absicht, bis zum 31. 12. 1969 nur den schuldrechtlichen Versorgungsaus263

BGB § 1587 X gleich zuzulassen, erst am 1 . 7 . 1977 gelten daher für geschieden werden

1. T e i l : Die Vorschriften des B G B

ist im Hinblick auf das Inkrafttreten des Eherechtsgesetzes fallen gelassen worden (vgl. Begr. S. 20). Die §§ 1587 ff. alle Ehen, die nach Inkrafttreten des Eherechtsgesetzes (Ausnahme Art. 12 N r . 3 E h e R G , oben).

X. Verfahrensrechtliches, Entscheidungsverbund D a s Verfahren des Versorgungsausgleichs ist entgegen den ursprünglichen Vorlagen dem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§5 53 b ff.) unterstellt worden, weil insoweit Ermittlungen von Amts wegen erforderlich sind, denen die Vorschriften des F G G besser gerecht werden sollen (Begr. S. 24). Anders als in den sonstigen Fällen des Entscheidungsverbundes (abgesehen von der Regelung der elterlichen Gewalt) ist der Versorgungsausgleich, soweit der Wertausgleich infrage steht (anders der schuldrechtliche V e r s o r g u n g s a u s gleich), auch ohne besondere Antragstellung des Berechtigten vorzunehmen (§ 623 Abs. 3 Z P O ) , so daß insoweit ein Entscheidungsverbund kraft Gesetzes mit der Ehesache besteht (vgl. aber § 53 c F G G , 628 Z P O ) .

2. Wertausgleich von Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung

§ 1587a (1) Ausgleichspflichtig ist der Ehegatte mit den werthöheren Anwartschaften oder Aussichten auf eine auszugleichende Versorgung. D e m berechtigten Ehegatten steht als Ausgleich die H ä l f t e des Wertunterschiedes zu. (2) Für die Ermittlung des Wertunterschiedes sind folgende Werte zugrunde gelegt: 1. Bei einer Versorgung oder Versorgungsanwartschaft aus einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen ist von dem Betrag auszugehen, der sich im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages als Versorgung ergäbe. Dabei wird die bis zu diesem Zeitpunkt zurückgelegte ruhegehaltfähige Dienstzeit und die Zeit bis zur Altersgrenze erweitert (Gesamtzeit). Maßgebender Wert ist der Teil der Versorgung, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zu der Gesamtzeit entspricht. Unfallbedingte Erhöhungen bleiben außer Betracht. Insofern stehen Dienstbezüge entspflichteter Professoren Versorgungsbezügen gleich und gelten die beamtenrechtlichen Vorschriften über die ruhegehaltsfähige Dienstzeit entsprechend. 264

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 a

2. Bei Renten oder Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegen, ist der Betrag zugrunde zu legen, der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages aus den in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahren als Altersruhegeld ergäbe; seine Ermittlung richtet sich im einzelnen nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. 3. Bei Leistungen, Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ist, a) wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit andauert, der Teil der Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind; die Versorgung berechnet sich nach dem Betrag, der sich bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze ergäbe, wenn die Bemessungsgrundlagen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages zugrunde gelegt würden; b) wenn vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags die Betriebszugehörigkeit beendet worden ist, der Teil der erworbenen Versorgung zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der gesamten Betriebszugehörigkeit entspricht, wobei der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten einzubeziehen sind. Dies gilt nicht für solche Leistungen oder Anwartschaften auf Leistungen aus einem Versicherungsverhältnis zu einer zusätzlichen Versorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes, auf die Nummer 4 Buchstabe c anzuwenden ist. Für Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, die im Zeitpunkt des Erlassens der Entscheidung noch nicht unverfallbar sind, finden die Vorschriften über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Anwendung. 4. Bei sonstigen Renten oder ähnlichen wiederkehrenden Leistungen, die der Versorgung wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit zu dienen bestimmt sind, oder Anwartschaften oder Aussichten hierauf ist, a) wenn sich die Rente oder Leistung nach der Dauer einer Anrechnungszeit bemißt, der Betrag der Versorgungsleistung zugrunde zu legen, der sich aus der in die Ehezeit fallenden Anrechnungszeit ergäbe, wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages der Versorgungsfall eingetreten wäre; b) wenn sich die Rente oder Leistung nicht oder nicht nur nach der Dauer einer Anrechnungszeit und auch nicht nach Buchstabe d bemißt, der Teilbetrag der vollen bestimmungsmäßigen Rente oder Leistung zugrunde zu legen, der den Verhältnis der in die Ehezeit fallenden, bei der Ermittlung 265

BGB § 1587a

1. T e i l : Die Vorschriften des B G B

dieser Rente oder Leistung zu berücksichtigenden Zeit zu deren voraussichtlicher Gesamtdauer bis zur Erreichnung der für das Ruhegehalt maßgeblichen Altersgrenze entspricht; c) wenn sich die Rente oder Leistung nach einem Bruchteil entrichteter Beiträge bemißt, der Betrag zugrunde zu legen, der sich aus den für die Ehezeit entrichteten Beiträgen ergäbe, wenn bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags der Versorgungsfall eingetreten wäre; d) wenn sich die Rente oder Leistung nach den für die gesetzlichen Rentenversicherungen geltenden Grundsätzen bemißt, der Teilbetrag der sich bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ergebenden Rente wegen Alters zugrunde zu legen, der dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Versicherungsjahre zu den insgesamt zu berücksichtigenden Versicherungsjahren entspricht. 5. Bei Renten oder Rentenanwartschaften aufgrund eines Versicherungsvertrages, der zur Versorgung des Versicherten eingegangen wurde, ist a) wenn es sich um eine Versicherung mit einer über den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus fortbestehenden Prämienzahlungspflicht handelt, von dem Rentenbetrag auszugehen, der sich nach vorheriger Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Sind auf die Versicherung Prämien auch für die Zeit vor der Ehe gezahlt worden, so ist der Rentenbetrag entsprechend geringer anzusetzen; b) wenn eine Prämienzahlungspflicht über den Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags hinaus nicht besteht, von dem Rentenbetrag auszugehen, der sich als Leistung des Versicherers ergäbe, wenn in diesem Zeitpunkt der Versicherungsfall eingetreten wäre. Buchstabe a Satz 2 ist anzuwenden. (3) Bei Versorgungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung nach Abs. 2 Nr. 4, deren Wert nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt wie der Wert der in Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Anwartschaften sowie in den Fällen des Abs. 2 Nr. 5 gilt folgendes: 1. Werden die Leistungen aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn der während der Ehe gebildete Teil des Deckungskapitals oder der auf diese Zeit entfallende Teil der Deckungsrücklage als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde; 2. werden die Leistungen nicht oder nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage gewährt, ist das Altersruhegeld zugrunde zu legen, das sich ergäbe, wenn ein Barwert der Teilversorgung für den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ermittelt und als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Das Nähere über die Ermittlung des Barwertes 266

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587a

bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. (4) Bei Leistungen oder Anwartschaften oder Aussichten auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Abs. 2 Nr. 3 findet Abs. 3 Nr. 2 Anwendung. (5) Bemißt sich die Versorgung nicht nach der in den vorstehenden Absätzen genannten Bewertungsmaßstäben, so bestimmt das Familiengericht die auszugleichende Versorgung in sinngemäßer Anwendung der vorstehenden Vorschriften nach billigem Ermessen. (6) Stehen dem Ehegatten mehrere Versorgungsanwartschaften im Sinne von Abs. 2 Nr. 1 zu, so ist für die Wertberechnung von dem sich nach Anwendung von Ruhensvorschriften ergebenden gesamten Versorgungsbezügen und der gesamten in die Ehezeit fallenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit auszugehen; sinngemäß ist zu verfahren, wenn die Versorgung wegen einer Rente oder einer ähnlichen wiederkehrenden Leistung einer Ruhens- oder Anrechnungsvorschrift unterliegen würde. (7) Für die Zwecke der Bewertung nach Abs. 2 bleibt außer Betracht, daß eine für die Versorgung maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzungen im Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags noch nicht erfüllt sind; Abs. 2 Nr. 3 S. 3 bleibt unberührt. Dies gilt nicht für solche Zeiten, von denen die Anrechnung beitragsloser Zeiten oder die Rente nach Mindesteinkommen in den gesetzlichen Rentenversicherungen abhängig ist. (8) Bei der Wertberechnung sind die in einer Versorgung, Rente oder Leistung enthaltenen Zuschläge die nur auf Grund einer bestehenden Ehe gewährt werden, sowie Kinderzuschläge und ähnliche familienbezogene Bestandteile auszuscheiden. Übersicht I. II.

Der Wertausgleich, Allgemeines Die Bewertung 1. Grundsatz des Ansatzes effektiver Rentenbeträge 2. Versorgungsanwartschaften 3. Rentenanwartschaften bei den gesetzlichen Rentenversicherungen 4. Betriebliche Altersversorgung 5. Sonstige Renten und wiederkehrende Leistungen 6. Private Rentenversicherungen 7. Umwandlung bewerteter Anrechte zu 5 —7 8. Bewertung sonstiger Anwartschaften III. Mehrere Versorgungsanwartschaften IV. Warte- und Mindestbeschäftigungszeit, Halbdeckung, verfallbare Anrechte der betrieblichen Altersversorgung V. Ausgliederung familienbezogener Bestandteile der Renten- und Versorgungsleistungen 267

BGB § 1587a I

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

I. Der Wertausgleich, Allgemeines Vorschläge, wegen des weitgehenden Wegfalls der Geschiedenenwitwenrenten von einem Splitting der Verdienerrenten auf der Grundlage von 1 2 0 % im Verhältnis 6 0 : 60 auszugehen (vgl. Ruland, Familiärer Unterhalt und Leistungen der sozialen Sicherheit S. 404 ff.), sind nicht Gesetz geworden. Es besteht Verpflichtung des Ehegatten mit den werterhöhenden Anwartschaften zur Übertragung der Hälfte des Wertunterschiedes. Danach sind nicht 5 0 % der Rentenanwartschaften eines Ehegatten, sondern 5 0 % des Wertunterschiedes beider Versorgungsberechtigungen auszugleichen. Dies schon deshalb, weil vielfach einer oder beide Ehegatten mehrere Rentenanwartschaften, z. B. aus einer gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer Zusatzversorgungsanstalt des Bundes oder einer betrieblichen Altersversorgung erworben haben. H a t allerdings nur ein Ehegatte Anrechte oder Anwartschaften auf eine Versorgung kann nur f ü r ihn eine Verpflichtung zum Versorgungsausgleich in Betracht kommen. Bei beiderseitiger Berufstätigkeit, gleichem Verdienst und etwa gleicher Rentenanwartschaft findet unter Umständen überhaupt kein Ausgleich statt, da ein Wertunterschied nach § 15£7a Abs. 1 S. 2 nicht vorzuliegen braucht, vgl. Belchaus, FamRz 1973, 342. Dagegen kann, wenn ein Ehegatte nicht erwerbstätig war und keine Anwartschaften erworben hat, die Ehe jedoch fast während des gesamten Berufslebens des anderen Ehegatten bestanden hat, annähernd die Hälfte der von diesem erworbenen Anwartschaften auf den anderen Ehegatten übergehen. Bei unter den Sozialfestsätzen verbleibenden Rentenerwartungen des Verpflichteten kann die Härteklausel des § 1587 c eingreifen, jedoch nicht dann, wenn die H ä r t e beide Parteien trifft, da nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs die Belastung gleichmäßig getragen werden soll (vgl. i. e. Anm. zu § 1587c, aber auch V o r . § 1587). Durch Anwendung der Härtevorschriften darf auch das Institut des Versorgungsausgleichs nicht grds. umgangen werden. Zu beachten ist deshalb auch § 1587b Abs. 4, nach dem das Gericht den Ausgleich in anderer Weise vornehmen kann, wenn sich die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zugunsten des Berechtigten auswirken würde (z. B. bei nicht mehr erfüllbarer Wartezeit) oder unwirtschaftlich wäre. Der Wertausgleich selbst folgt nach der nach Maßgabe des § 1587 a durchgeführten Bewertung nach § 1587b durch Übertragung von Teilen der bei gesetzlichen Rentenversicherungen bestehenden Anwartschaften oder bei Versorgungs- und anderen Anwartschaften durch Begründung von Anwartschaften bei den gesetzlichen Rentenversicherungen a) mit der Folge der K ü r z u n g der Versorgung des Verpflichteten bei Rentengewährung an den Berechtigten (§ 1587 b Abs. 2, §§ 161 BBG) — für Landesbeamte Art. 2 des Gesetzes zur Änderung beamtenversorgungsrechtlicher Vorschriften — oder 268

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587a II 2

b) durch Beitragszahlung in den übrigen Fällen (§ 1587b Abs. 3). Nach § 1587 b kann der Wertausgleich sowohl nach Abs. 1 als auch nach Abs. 2 in Betracht kommen und deshalb für § 1587b Abs. 1 der Wert der dem Verpflichteten zustehenden Anwartschaftsrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung mit den Anrechten nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 zu vergleichen sein. § 1587a Abs. 1 wird hierdurch nicht berührt, da hinsichtlich des verbleibenden Wertunterschiedes § 1587b Abs. 2 Anwendung findet. Kommen weitere Berechtigungen hinzu, gilt für diese und den Gesamtvergleich § 1587b Abs. 3 (vgl. i. e. § 1587b Anm. III).

II. Die Bewertung 1. Grundsatz des Ansatzes effektiver Rentenbeträge Die Bestimmungen des Abs. 2 dienen der Ermittlung der in den Wertvergleich einzusetzenden Werte, die für jede Versorgungsart die Bestimmung des auf die Ehezeit entfallenden Teilbetrages der Versorgung ermöglichen soll. Einzusetzen in die Vergleichsberechnung sind mithin die für die Ehezeit ermittelten effektiven Renten- und Versorgungsbeträge (vgl. aber Abs. 3), aus deren Gegenüberstellung nach ihrem Gesamtwert für jeden Ehegatten sich der Wertvergleich ergibt. Bestehen Versorgungserwartungen auf Bezüge oder Renten des Ehemannes von 1 000 DM, der Ehefrau von 600,— DM, beträgt die Hälfte des Wertunterschiedes 20 = 200,— DM. Aus der Einbeziehung aller Versorgungsanwartschaften in den Versorgungsausgleich folgt, daß sämtliche Anrechte oder Anwartschaften zu bewerten sind, die eine der in Abs. 2 genannten Versorgungsarten betreffen. Einer Bestimmung nach § 1587 a Abs. 2 bedarf es nicht, soweit die Rentenberechtigung bereits eingetreten ist und die Rente gezahlt wird. Hier sind jedoch die in Abs. 8 bezeichneten Bestandteile der Rente auszugliedern (vgl. unten Anm. V). 2. Versorgungsanwartschaften In Abs. 2 Ziff. 1, der Anwartschaften auf eine Versorgung aus einem öffentlich-rechtlichen Beamtenverhältnis betrifft, ist auf Anregung des Bundesrates durch Einfügung der Worte „Vorschriften oder" in den Entwurf klargestellt worden, daß auch Versorgungen aus einem Arbeitsverhältnis, aus dem eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften erdient wird, auszugleichen sind, vgl. dazu § 1587 b. Außerdem ist die Vorschrift durch Einbeziehung bereits gewährter Versorgungen erweitert worden. Über die Versorgungsanwartschaft, die der Verpflichtete insgesamt zu erwarten hat, erteilt der Dienstherr Auskunft, der nach § 53 b Abs. 2 F G G Verfahrensbeteiligter ist. Das Ruhegehalt besteht nach den maßgeblichen beamten269

B G B § 1587a II 2

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des B G B

rechtlichen Vorschriften (vgl. § 118 BBG) in einem vom Hundertsatz der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge, der seiner Höhe nach von der zurückgelegten Anzahl der Dienstjahre abhängig ist. Dabei führen die früheren ruhegehaltsfähigen Dienstjahre zu einem prozentual stärkeren Ansteigen des Ruhegehalts als die späteren; die vor Eintritt in den Ruhestand zuletzt zurückgelegten ruhegehaltsfähigen Jahre lassen gegebenenfalls wegen Erreichen des Höchstsatzes das Ruhegehalt überhaupt nicht mehr ansteigen. Eine unterschiedliche Bewertung einzelner Dienstzeiten für die Bewertung des Anrechts auf Ruhegehalt soll im Rahmen des Versorgungsausgleichs nicht von Belang sein (über die Gründe vgl. Drucksache 7/650 S. 156). Aus diesem Grunde wird zunächst die Dienstzeit bis zur Altersgrenze erweitert. Diese Dienstzeit liegt der Auskunft des Dienstherrn zugrunde. Es ist z. B. aus einem Einkommen von 2 000,— DM aus der Gleichung ^ 0T00

(höchster Steigerungssatz)

bei 20jähriger Dienstzeit und noch ausstehenden 25 Dienstjahren (vgl. Ruland, NJW 1976, 1716 Anm. 48) ein Ruhegehalt von 1 5 0 0 , - DM berechnet, aus einem Gehalt von 1 500,— DM bei einer 10jährigen Dienstzeit und noch ausstehenden 15 Dienstjahren (für die ersten 10 Jahre 35%, für die zweiten fünfzehn Dienstjahre (Steigerung 2 vom Hundert = 30 %) 1 500 x 65 . n , , , -x — ein Ruhegehalt von 975,— DM."") Aus der danach feststehenden gesamten Versorgungsanwartschaft ist der auf die Ehezeit entfallende Teilbetrag der Versorgung vom Familiengericht zu ermitteln. Zu beachten ist, daß der Begriff der Ehezeit durch § 1587 Abs. 2 gesetzlich definiert ist, so daß der Versorgungsbetrag im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages tatsächlich nach der einen Monat vor *) Z u b e a c h t e n ist, d a ß die E r w e i t e r u n g d e r Dienstzeit bis z u r A l t e r s g r e n z e n u r f ü r die Dienstzeit selbst, aber nicht f ü r die r u h e g e h a l t s f ä h i g e n D i e n s t b e z ü g e gilt. B e f a n d sich d e r B e a m t e der B e s o l d u n g s g r u p p e A 5 am 31. D e z e m b e r 1977 ( E n d e d e r E h e z e i t bei E i n r e i c h u n g des S c h e i d u n g s a n t r a g e s am 17. J a n u a r 1978) in der 6. D i e n s t a l t e r s s t u f e , erhielte er ein G r u n d g e h a l t v o n 1059,80 D M (Anlage 1 des F ü n f t e n B e s o l d u n g s e r h ö h u n g s g e s e t z e s v o m 18. A u g u s t 1976 (BGBl. I, 2197) sowie eine r u h e g e h a l t s f ä h i g e Stellenzulage von 4 0 , - D M (Art. II § 6 Abs. 1 des 1. B e s V N G v o m 18. M ä r z 1971 (BGBl. I, 208). H i n z u w ü r d e der O r t s z u s c h l a g eines Ledigen (§ 1 5 8 7 a Abs. 8) mit 418,37 D M (Anlage 2 des F ü n f t e n B e s o l d u n g s e r h ö h u n g s g e s e t z e s ) k o m m e n . Die r u h e g e h a l t s f ä h i g e n D i e n s t b e z ü g e w ü r d e n mithin am 31. D e z e m b e r 1977 insgesamt (1 059,80 u n d 40,— u n d 418,37) = 1 518,17 D M betragen. 7 5 % h i e r v o n b e t r a g e n 1 138,63 D M . H i n z u k o m m t das W e i h nachtsgeld, also 1 138,63 D M x 13 = 14 802,19 D M = 1 233,52 D M (Beispiel aus den im A u f t r a g des B u n d e s j u s t i z m i n i s t e r i u m s h e r a u s g e g e b e n e n E r l ä u t e r u n g e n z u m E h e R G v o n B ö h m e r u. a. S. 231). 270

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

B G B § 1587a II 3

Rechtshängigkeit endenden Ehezeit berechnet wird. Als W e r t des in den Ausgleich einzubeziehenden Anrechts ist der Teilbetrag der so errechneten V e r s o r gung anzusetzen, der dem Verhältnis der in die Ehe fallenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit zu der insgesamt zu berücksichtigenden ruhegehaltsfähigen Dienstzeit entspricht. Beträgt also die ruhegehaltsfähige Dienstzeit unter Einbeziehung der bis z u r Vollendung des 65. Lebensjahres noch ausstehenden Zeit 45 Jahre, von denen 9 in die Ehe fallen, so beträgt der in den Ausgleich fallende W e r t '/s des Betrages von 1 500,— D M , also 300,— D M . Beträgt die Gesamtdienstzeit einschließlich der noch ausstehenden Dienstzeit 40 J a h r e , von denen lOJahre in die Ehe fallen, und beläuft sich das auf den Zeitpunkt der Scheidung errechnete Ruhegehalt auf 1 000,— D M , so beträgt der W e r t des in den Ausgleich fallenden Anrechts '/« von 1 000,— D M gleich 250,— D M (Begr. a. a. O.). H a b e n beide Ehegatten n u r V e r s o r g u n g s a n w a r t s c h a f t e n aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, ist u. U. nach § 1587 b Abs. 4 zu verfahren, der Ausgleich also in anderer Weise v o r z u n e h m e n .

3. Rentenanwartschaften bei den gesetzlichen Rentenversicherungen N r . 2 gilt nur f ü r die Renten und Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, die den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegen, d. h. der wirtschaftlichen Situation angeglichen (dynamisiert) werden, also an den jährlichen Rentensteigerungen teilnehmen. Das ist lediglich nicht der Fall f ü r Anwartschaften, die auf Höherversicherungsbeiträgen beruhen (§ 1272 Abs. 3 R V O , 49 Abs. 3 A V O ) . Deren Bewertung richtet sich nach N r . 4 (c) (Ruland, N J W 1976, 1716, Begr. D r u c k s a c h e 7/4361 S. 37 zu der ursprünglichen Bezifferung); der Ausgleich nach § 1587 b Abs. 3 (zutreffend Maier, DangVers. 1977, S. 5 Anm. 154, anders derselbe a. a. O . 1976, S. 440 Anm. 55). Für die Ermittlung des in die Ehezeit fallenden Teilbetrages des Ruhegeldes ist von dem Altersruhegeld auszugehen, das sich im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages ergäbe, ohne Rücksicht d a r a u f , ob die Wartezeit erfüllt ist (vgl. Abs. 7) o d e r die Altersgrenze erreicht ist. Die Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages tritt nach § 253 Z P O mit Zustellung ein, wobei aber zu beachten ist, daß die Ehezeit und damit der in den Wertausgleich fallende Betrag f ü r die Berechnung durch § 1587 Abs. 2 auf die Zeit des Beginns des Monats der Eheschließung und das Ende des dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgehenden Monats begrenzt ist. § 1587 Abs. 2 gilt f ü r das gesamte Recht des Versorgungsausgleichs. D e n n o c h hätte es nahegelegen, die Ä n d e r u n g von § 1587 Abs. 2 durch die D r u c k s a c h e 1/76 auch in § 1587 a zu berücksichtigen. In S. 2 der Ziff. 2 ist auf die V o r s c h r i f t e n über die gesetzlichen Rentenversicherungen verwiesen, um im Bürgerlichen Recht auf materiell-rechtliche Berechnungsvorschriften verzichten zu müssen (Begr. D r u c k s a c h e 7/4361 S.37). N a c h der durch das Eherechtsgesetz selbst eingefügten V o r s c h r i f t des § 1304 271

BGB § 1587a II 3

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

R V O ist vom Versicherungsträger das Altersruhegeld f ü r die gesamte Anwartschaft unter Berücksichtigung von § 1587a Abs. 8 und § 1304 R V O Abs. 1 (also ohne Kinderzuschuß und andere Besonderheiten, vgl. unten Anm. V) zu ermitteln, über das der Versicherungsträger auskunftpflichtig ist. N a c h § 1304 Abs. 2 R V O ist das Altersruhegeld mit dem Verhältnis zu vervielfältigen, in dem die Summe der bei der Ermittlung f ü r den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegten Verhältniswerte (Werteinheit) f ü r die in die Ehezeit fallende und nach § 1304 Abs. 1 R V O berücksichtigte Zeiten zu der Summe der insgesamt zugrunde gelegten Werteinheiten steht. Die vom Versicherungsträger ermittelten Werteinheiten ergeben sich f ü r die gesamte Versicherungszeit aus der persönlichen Bemessung (jeweiliges Verhältnis des Bruttojahresarbeitsverdienstes des Versicherten zu dem aller Versicherten; das Ergebnis der Bemessung sind Werteinheiten f ü r einzelne Jahre, die addiert werden)*) (vgl. auch die Anm. zu § 1304 R V O ) . Die davon bestimmte persönliche Bemessungsgrundlage richtet sich nach dem Verhältnis des Arbeitsentgelts des Versicherten in der Beitragszeit zu den festgelegten Arbeitsentgelten aller Versicherten, vgl. § 1255 R V O . Bei einer persönlichen Bemessungsgrundlage von 1 0 0 % (sie wird sich zumeist nicht auf diesen Prozentsatz belaufen, weil der Einzelverdienst mit dem Durchschnittsverdienst in der Regel nicht übereinstimmt), 40 Versicherungsjahren und einer 20jährigen Ehezeit entfallen von einer Gesamtrente von 668,55 D M 100 (persönliche Bemessungsgrundlage) X ^

= 50%

oder 668,55 D M x

(Werteinheiten*) = 334,27 (5)

in die Ehezeit oder, da die Beschränkung auf die in die Ehezeit fallenden anrechnungsfähigen Versicherungsjahre nur f ü r den bei der Rentenberechnung maßgebenden Zeitfaktor maßgeblich sein soll, f ü r die der Ermittlung der Rente zugrunde zu legende persönliche Bemessungsgrundlage aber sämtliche, auch vor der Ehe liegende Versicherungsjahre heranzuziehen sind (Begr. a. a. O. 20 S. 157), der Faktor (hier 100) also unverändert bleibt, — = 50, vgl. aber *) Die Bedeutung der (durch Auskunfteinholung bekannten, zur Berechnung vgl. § 1304 Anm. 2 R V O ) Werteinheiten für die Rentenberechnung ergibt sich daraus, daß sich bei Teilung der gesamten Werteinheiten durch die Zahl der Versicherungsmonate, z.B. 4 000 : 480 Monate, die persönliche Bemessungsgrundlage ergibt und aus dieser mit Hilfe der Formel Bp x Vj x y g ^ x ^

die Rente. Ba ist die allgemeine

Bemessungsgrundlage

(§ 1304 Anm. 2: durchschn. Bruttojahresentgelt aller Versicherten im Mittel des dreijährigen Zeitraums vor dem dem Versicherungsfall vorangehenden Kalenderjahr), St der

272

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

B G B § 1 5 8 7 a II 3

Ruland, N J W 1976, 1716 ff. Anm. 50; Maier, Dtsch. Angestellenvers. 1974, 327 ff. Zu beachten ist, daß dieser Betrag nicht den Wertausgleich darstellt, sondern in die Wertausgleichsberechnung einzusetzen ist. Er ist nur dann der nach § 1587a Abs. 2 maßgebende Betrag, wenn nur eine Rente bezogen wird. Die vom Versicherungsträger einzuholende Auskunft muß sich hiernach erstrecken a) auf das Altersruhegeld, bei dessen Errechnung der Versicherungsträger § 1587a Abs. 8 zu beachten hat, also die Eliminierung der Zuschläge und die Grenze des Anwartschaftsbestandes, b) auf die persönliche Bemessungsgrundlage bzw. die Werteinheiten und c) die anzurechenden Versicherungsjahre. Danach hat das Familiengericht den in den Wertausgleich fallenden Betrag für die Ehezeit zu bestimmen oder auch diesen Betrag unter Mitteilung der Ehezeit durch Auskunfteinholung festzustellen. Zu beachten ist, daß nach § 1587b Abs. 5 Höchstgrenzen f ü r die Übertragung einer Anwartschaft bestehen, die u. a. unter Berücksichtigung der Ehezeit zu ermitteln sind. Deshalb muß bei einer Auskunfteinholung zugleich angegeben werden, welche evtl. Anwartschaften bereits früher erworben sind, d. h. allgemein, ob und bei welchem Rentenversicherungsträger der Ehegatte bereits vor der Ehe versichert war (Erwerber der Anwartschaft). Diese Höchstgrenze ist nicht erst nach rechtskräftigem Erkenntnis für die praktische Durchführung des Versorgungsausgleichs von Bedeutung, sondern auch für den Umfang der Vornahme des Versorgungsausgleichs selbst. Der Rentenversicherungsträger ist nach § 53 b Abs. 2 FGG Verfahrensbeteiligter. Die Auskunft sollte daher auch d) die Angabe der Höchstgrenze umfassen, die im konkreten Fall nach Maßgabe von § 1587b Abs. 5, § 1304a Abs. 1 R V O besteht (vgl. auch § 1587b Anm. IV). zu c ) : Zu den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren gehören nicht nur die Beitragszeiten. Zu berücksichtigen sind von der Versicherung auch sog. Steigerungssatz (1,5 beiAltersruhegeld), also (für 1973 Ba = 13 371,— DM) 100 x 40 x x '

=668,55 DM. Die Rentenberechnung ist i. e. zu § 1304 Abs. 1 Anm. 1 ff.

dargestellt. Zu beachten ist, daß der Prozentsatz der persönlichen Bemessungsgrundlage selbst das Ergebnis der Bemessung in den einzelnen Versicherungsjahren ist. Die von Diederichsen-Palandt (§ 1587a Anm. 2) verwendete Formel ist hinsichtlich des angegebenen Prozentsatzes des Verdienstes des Versicherten, z . B . von 130% im Arbeitsleben, also selbst das Ergebnis einer Berechnung, die für die einzelnen Versicherungsjahre vorzunehmen ist (jeweiliger persönlicher Bruttojahresarbeitsverdienst im Verhältnis zu dem aller Versicherten) und aus deren Ergebnis, den einzelnen Werteinheiten, sich die gesamten Werteinheiten ergeben.

273

BGB § 1587a II 4

1. T e i l : D i e Vorschriften des B G B

Beschäftigungszeiten, z. B. Zeiten der Beschäftigung Vertriebener, Ersatzzeiten (z. B. Inhaftierung aus politischen Gründen nach dem Häftlingsgesetz, Zeiten des Militärdienstes) und Ausfallzeiten, z. B. Schwangerschaft, vgl. § 1587 Anm. I 2 c. Wenn der Versicherte vor Vollendung des 55. Lebensjahres berufsoder erwerbsunfähig geworden ist, werden den Ausfallzeiten sog. Zurechnungszeiten (Zeit vom Eintritt des Versicherungsfalles bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres) zugeordnet, für die jedoch die versicherungsrechtlichen V o r aussetzungen der sog. H a l b d e c k u n g erfüllt sein müssen (vgl. zu diesem Begriff unten zu Abs. 7). D a § 1587 a Abs. 2 N r . 2 auf die angerechneten Versicherungsjahre abstellt, führen auch solche in die Ehe fallenden Ersatz-, Ausfallund Zurechnungszeiten zu einer entsprechenden V e r ä n d e r u n g der fiktiv zu berechnenden H ö h e und damit zu einer Höherbewertung des Anwartschaftsrechts (Begr. S. 157). D a s wird vom Versicherungsträger bereits bei Errechnung der Gesamtanwartschaft auf Altersruhegeld berücksichtigt.

4. Betriebliche Altersversorgung Die durch den Rechtsausschuß eingeführte Ziff. 3 der jetzigen F a s s u n g enthält eine ausschließliche Regelung für alle Ansprüche, Anwartschaften oder Aussichten auf eine betriebliche Altersversorgung, unabhängig von den F o r men, in denen sie auftreten kann. Daher fallen hierunter auch Ansprüche und Anrechte gegen Pensionskassen oder gegen Unternehmen der Lebensversicherung aus Direktversicherungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (Begr. D r u c k s a c h e 7 / 4 3 6 1 , S. 38), ferner die durch die Unterstützungskassen gewährten Versorgungen, vgl. Fischer, D B 1976, S. 2351, nach Fischer a. a. O., S. 2352 wegen des Wortlauts des § 1587 a Abs. 2 N r . 3 bei der betrieblichen Altersversorgung auch V e r s o r g u n g s z u s a g e n , die die Leistung von Kapitalbeträgen zum Gegenstand haben. In den Wertausgleich sind nur solche Anrechte auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung einzubeziehen, die im Zeitpunkt der Entscheidung unverfallbar geworden sind, vgl. § 11, 2 BetrAG. Unverfallbarkeit ist auch dann eingetreten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles endet, der Arbeitnehmer aber das 35. Lebensjahr vollendet hat und entweder die V e r s o r g u n g s z u s a g e für ihn mindestens 10 J a h r e bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens 12 J a h r e zurückliegt und die Vers o r g u n g s z u s a g e für ihn mindestens 3 J a h r e bestanden hat (§ 1 B e t r A V G vom 19. 12. 1974 BGbl 1974, 3610). D u r c h die ausschließliche Einbeziehung unverfallbarer V e r s o r g u n g s z u s a g e n soll vermieden werden, daß ein Arbeitnehmer wegen eines im Zeitpunkt der Ehescheidung noch unsicheren — weil möglicherweise später durch Ausscheiden aus dem Betrieb wieder fortfallenden — Versorgungsanrechts hohe wirtschaftliche Belastungen durch Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen hat. Die noch verfallbaren Versorgungsanrechte werden im schuldrechtlichen V e r s o r g u n g s 274

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587a II 4

ausgleich berücksichtigt, sofern sie nach der Ehescheidung unverfallbar werden (Begr. S. 38). Die Berechnung richtet sich i. d. R. nach den Grundsätzen von Ziff. 1 und 2 und ist unterschiedlich danach geregelt, ob die Betriebszugehörigkeit fortdauert oder nicht. a) Bei fortdauernder Betriebszugehörigkeit. Die zugesagte volle Versorgung (§ 1587 Abs. 2) wird nach dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der insgesamt möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt. Die Betriebszugehörigkeit wird also — insoweit wie in N r . 1 — bei den Versorgungsanrechten bis zur festen in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze hypothetisch angenommen. Der Betriebszugehörigkeit gleichgestellte Zeiten — etwa nach § 8 Abs. 3 des Soldatenversorgungsgesetzes oder § 6 Abs. 2 des Arbeitsplatzschutzgesetzes — sind mitzurechnen. Bei dreißigjähriger Betriebszugehörigkeit bis zur vorgesehenen Altersgrenze und einer zu berücksichtigenden Ehezeit von 10 Jahren entfallen nach der vorgesehenen Regelung pro rata temporis von dem f ü r die gesamte Berufstätigkeit vorgesehenen Monatsbetrag von 900,— D M 300,— D M in die Ehezeit. b) N a c h der bei beendeter Betriebszugehörigkeit anwendbaren Ziff. b steht die H ö h e der erworbenen Ansprüche und Anrechte fest. Der f ü r die Berechnung pro rata temporis maßgebliche Kürzungsquotient ergibt sich aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden Betriebszugehörigkeit zu der gesamten, in der Vergangenheit liegenden Betriebszugehörigkeit (Begr. S. 38). Beispiel: Bei Ausscheiden aus dem Betriebe mit dem 50. Lebensjahr nach dreißigjähriger Betriebszugehörigkeit und 15 zu berücksichtigenden Ehejahren ist die Hälfte des Versorgungsbetrages zu berücksichtigen. c) Die zu a) und b) ermittelten Monatsbeträge der betrieblichen Versorgung sind nach Maßgabe der Bestimmung des Abs: 4 nach Abs. 3 N r . 2 umzuwandeln, also nicht unmittelbar in den Wertvergleich einzustellen. Das erfolgt in der Weise, daß der Barwert der nach a) oder b) ermittelten Versorgung (durch Vervielfältigung mit dem sogenannten Kapitalisierungsfaktor der Barwertverordnung der Bundesregierung (Entwurf abgedruckt auf S. 635 ff.)) ermittelt wird und die sich aus dem Barwert bei gedachter Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung ergebende Anwartschaft in den Wertvergleich einzustellen ist. Beispiel (S. 237 der Erläuterungen a. a. O . ) : Ein am 10. Juli 1928 geborener Arbeitnehmer tritt am 1. August 1950 in den Betrieb ein und erhält dort eine sofortige Zusage auf Alters- und Invaliditätsversorgung in H ö h e von 100,— D M nach lOjähriger BZ und zusätzlichen 5,— DM f ü r jedes weitere Jahr der BZ. Als feste Altersgrenze ist das 65. Lebensjahr vorgesehen. Die Eheschließung erfolgt am 20. Juli 1965. Der Scheidungsantrag wird am 15. August 1980 rechtshängig. Der Rechnungsgang sieht wie folgt aus: — H ö h e der Versorgung bei ununterbrochener BZ bis zum Versorgungsfall (43 Jahre bis zum 65. Lebensjahr)

265,— D M 275

BGB § 1587a II 4

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

— Die Kürzung dieses Betrages im Verhältnis der in die Ehezeit (gemäß § 1587 Abs. 2 vom 1.7. 1965 bis zum 31.7. 1980 = 181 Monate) fallenden BZ zur gesamten bis zum Versorgungsfall möglichen BZ (516 Monate) ergibt den auszugleichenden Wert der betrieblichen Altersversorgung: 181 265 X 516 = — Barwert der 92,95 DM: 92,95 X 12 (Umrechnung auf Jahresleistung)*) x 4,4 (angenommener Kapitalisierungsfaktor aus der Barwertverordnung) = — Dieser Barwert, als Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet, ergäbe im Zeitpunkt der Ehescheidung ein gesetzliches Altersruhegeld von wie durch Auskunfteinholung festzustellen ist. Die gesetzliche Rentenanwartschaft von 30,65 DM erreicht infolge der jährlichen Anpassungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Höhe, die dem auszugleichenden Wert der betrieblichen Altersversorgung gleichkommt.

92,95 DM

4 907,76 DM

30,65 DM**)

Bestimmt sich die Versorgung nach einem bestimmten Vomhundertsatz des letzten, vor Erreichen der Altersgrenze erzielten Arbeitsentgeltes ist zwar die Dienstzeit nach und für a) bis zur Altersgrenze zu erweitern, im übrigen jedoch sind die allgemeinen und persönlichen Rentenbemessungsgrundlagen im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages maßgebend, so daß im Ergebnis insoweit wie zur Nr. 2 zu verfahren ist. Die Zusatzversorgung der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes soll ebenfalls zur betrieblichen Altersversorgung gehören (anders noch Drucksache 7/650, S. 157, vgl. auch § 1587a Abs. 2 für den Fall von Ziff. 4c, dazu Anm.5). Da hier — bei fortdauernder Betriebszugehörigkeit — eine Anwartschaft der gesetzlichen Rentenversicherung aufgestockt wird, ist diese auf die Ehezeit ent*) Der Barwert einer Anwartschaft aus der betrieblichen Altersversorgung auf einen der Versorgung dienenden Kapitalbetrag soll nach § 4 des Entwurfs der Barwertverordnung (Anhang 2) jetzt dadurch ermittelt werden, daß der zehnte Teil des Kapitalbetrages mit dem Kapitalisierungsfaktor der Barwertverordnung aus den Tabellen 1 bis 3 vervielfältigt wird. Die Barwertverordnung wird voraussichtlich in der vorliegenden Form bis zum 1. Juli 1977 verabschiedet. Es bedarf danach einer Auskunft über die Art der vorliegenden Anwartschaft, ggf. auch über den Kapitalbetrag. **) Die Berechnung des Altersruhegeldes ist bei § 1304 RVO dargestellt. Bei dem obigen Betrag wird unterstellt, daß die 1976 geltenden Werte unverändert auch 1980 noch gelten würden. Die Rechnung lautet: 4 907,76 : 36,69 (zu diesem Betrag vgl. unten Anm. 7) = 133,76 (2); 133,76 x 0,2292 = 30,65 ÜNf. 276

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587a II 5

fallende Grundversorgung von der Gesamtversorgung abzuziehen, soweit es sich um die Barwertermittlung und die sich danach bestimmende Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Ziff. 3 handelt. Bei beendeter Betriebszugehörigkeit wird eine erhöhte Versorgungsrente gewährt, die 0,4% des versorgungsmäßigen Entgelts beträgt (§ 44 a N r . 1 VB1.Satzung). Der sich daraus ergebende, für die Ehezeit ermittelte Betrag ist der Barwertbestimmung zugrunde zu legen. Über die Zusatzversorgungsbeträge ist eine Auskunft der Versorgungseinrichtung einzuholen, so daß nur die Barwertermittlung vorzunehmen ist. Über die sich ergebende Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung bedarf es einer weiteren Auskunft. 5. Sonstige Renten und wiederkehrende Leistungen Unter die in Ziff. 4 erwähnten Anrechte oder Aussichten auf sonstige Renten fallen Renten aus berufsständischen Versorgungsanrechten, z. B. bei Mitgliedern eines ärztlichen Versorgungswerks, aber auch Versorgungen aus internationalen Organisationen und ausländischen Sozialversicherungen (Ruland, N J W 1976, 1717). In der zweiten Alternative der Vorschrift sind ähnlich wiederkehrende Leistungen erwähnt. Als solche sind Leistungen anzusehen, die sich in gleichen oder nahezu gleichen Zeiträumen aus demselben Rechtsgrund wiederholen. Deshalb fallen hierunter auch sonstige Zusagen einer Alters- oder Invalidenversorgung, z. B. durch den Arbeitgeber, soweit sie durch Arbeit oder Vermögensleistungen erworben sind, dagegen nicht unentgeltliche oder sonstige private Zuwendungen Dritter (vgl.§ 1587 S. 2), § 1587 Anm. IV, Maier, DangVers. 1976, 439, Anm. 52; Palandt (Diederichsen, § 1587 Anm. 2b). a) Bei Bemessung der Rente nach der Dauer einer Anrechnungszeit wird der Eintritt des Versorgungsfalles bei Eintritt der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages angenommen. Das nach § 1587 Abs. 2 sich bestimmende Ende der Ehezeit kann nicht mit dem Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles differieren, weil der auf die Ehezeit entfallende Teil der Versorgung ein Ausschnitt aus der dem Verpflichteten zustehenden Gesamtversorgung ist und die Ehezeit bereits mit dem Beginn des Monats der Eheschließung festgelegt ist. Maßgebend ist daher auch für N r . 4 a in Wirklichkeit der dem Eintritt der Rechtshängigkeit vorangehende Monat. Von der bei gedachter Annahme des Versorgungsfalles in diesem Zeitpunkt aus der gesamten Anrechnungszeit sich ergebenden Rente ist der auf die Ehezeit entfallende Teilbetrag wiederum nach einer Regelung pro rata temporis zu bestimmen. Bei weiterer Zugehörigkeit zur Versorgungseinrichtung ist z. B. auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit bzw. das Ende der Ehezeit Anfang 1977 abzustellen, so daß bei einer Zugehörigkeit zur Versorgungseinrichtung ab 1957 20 Jahre zu berücksichtigen sind. Beträgt der f ü r diese Zeit zu erwartende Rentenbetrag 1 000,— DM, fallen für eine zehnjährige Ehezeit 500,— DM in die Berechnung. 1 000 . . . . . X —tt— verhält sich wie — 20 10 277

BGB § 1587a II 5

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

D i e A u s k u n f t des V e r s o r g u n g s t r ä g e r s f ü r die G e s a m t v e r s o r g u n g s e r w a r t u n g ist a u c h hier maßgebend. b) In den Fällen nach N r . 4 b wird die V e r s o r g u n g s l e i s t u n g im H i n b l i c k auf die B e s c h ä f t i g u n g insgesamt gewährt. G e m ä ß A b s . 3 Buchst, b ist d a h e r d a s dem Ausgleich unterliegende A n r e c h t mit einem verhältnismäßigen T e i l b e t r a g der vollen b e s t i m m u n g s m ä ß i g e n Leistung z u gewähren. Bei der B e r e c h n u n g wird wie z u N r . 1 verfahren. W i r d im Falle der R e c h t s h ä n g i g k e i t des Scheid u n g s a n t r a g e s die T ä t i g k e i t weiter a u s g e ü b t , ist die Dienstzeit bis z u r Altersg r e n z e z u erweitern, a l s o z. B. bei dreißigjähriger B e t r i e b s z u g e h ö r i g k e i t v o n der insgesamt möglichen Dienstzeit v o n 40 J a h r e n a u s z u g e h e n , wenn d a n n die Altersgrenze der V e r s o r g u n g s e i n r i c h t u n g n a c h deren B e s t i m m u n g e n eintritt. H i e r v o n ist der auf die Ehezeit fallende T e i l b e t r a g z u bestimmen, vgl. oben N r . 1. D i e B e r e c h n u n g der g e s a m t e n A n w a r t s c h a f t bis z u r A l t e r s g r e n z e wird auf Anforderung vom Versorgungsträger vorgenommen. U n t e r N r . b fällt z. B. die Altershilfe f ü r Landwirte. c) Bei dem B e m e s s u n g s p r i n z i p des Buchst, c sind die Beiträge, z . B. die z u r H ö h e r v e r s i c h e r u n g in der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend. Sind 10 000,— D M entrichtet und w ü r d e dem eine V e r s o r g u n g v o n 300,— D M monatlich entsprechen, sind aber nur 5 000,— D M d a v o n in der Ehezeit entrichtet, fällt der dieser Beitragsleistung entsprechende, d u r c h A u s k u n f t l e i s t u n g festzustellende Rentenwert in die B e r e c h n u n g . D i e H ö h e r v e r s i c h e r u n g s r e n t e in der gesetzlichen R e n t e n v e r s i c h e r u n g ist u. a. v o m Lebensalter a b h ä n g i g . N r . d : N a c h den G r u n d s ä t z e n der gesetzlichen Rentenversicherung bemißt sich z. B. die hüttenknappschaftliche V e r s o r g u n g durch Z u s a t z v e r s i c h e r u n g im S a a r l a n d . Die R e g e l u n g von N r . d entspricht im E r g e b n i s der von N r . 2. Beträgt die Rente 500,— D M f ü r 30 V e r s i c h e r u n g s j a h r e , fallen bei 15 V e r sicherungsjahren 250,— D M in den V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h . Z u beachten ist, d a ß f ü r die H ä l f t e dieses B e t r a g e s gegebenenfalls nach § 1587 b A b s . 3 eine A n w a r t s c h a f t in der gesetzlichen Rentenversicherung z u b e g r ü n d e n ist, f ü r die nach den §§ 1 3 0 4 b , c R V O Beiträge festzusetzen sind. Bei nicht dynamisierten, d. h. an den Rentensteigerungen nicht teilnehmenden A n w a r t s c h a f t e n , z. B. bei einer gleichbleibenden monatlichen Altersversorg u n g aus einer freiberuflichen V e r s o r g u n g s e i n r i c h t u n g (vgl. a u c h z u Zi. c oben A n m . 3), fällt auch der nach Ziff. 4 ermittelte M o n a t s b e t r a g nicht unmittelbar in den Wertausgleich, s o n d e r n ist wiederum nach A b s . 3 u m z u w a n d e l n . E r s t der sich nach der U m w a n d l u n g e r g e b e n d e B e t r a g ist z u s a m m e n mit den übrigen V e r s o r g u n g s b e r e c h t i g u n g e n in den Gesamtvergleich einzustellen (vgl. d a z u oben 4). D a r a u f , o b die A n w a r t s c h a f t an den Rentensteigerungen teil278

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587a II 6

nimmt, hat sich die Anfrage beim Versorgungsträger (§ 53 b Abs. 2 FGG) zu erstrecken. 6. Private Rentenversicherungen Dem Versorgungsausgleich unterliegen Anwartschaftsrechte aus dem privaten Versicherungsvertrag nur insoweit, als es sich um Anrechte auf Versorgungsrenten handelt. Kapitalversicherungen sehen die Auszahlung einer bestimmten Versicherungssumme mit Erreichen eines bestimmten Lebensalters vor, sie sind dann der Versorgung bestimmt, aber keine der Ziff. 5 unterfallenden Rentenanwartschaften (vgl. dazu Begr. Drucksache 7/650 S. 158). Kapitalversicherungen unterliegen dem Zugewinnausgleich. Bei Anrechten auf private Versorgungsrenten aus Versicherungsverträgen geht der Versorgungsausgleich auf Begründung einer Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der V o r schlag einer realen Teilung der Anwartschaften aus privaten Versicherungsverträgen ist nicht Gesetz geworden. Entgegen der ursprünglichen Fassung des § 1587 a Abs. 5, nach dem güterrechtliche Vorschriften unberührt bleiben sollten, kommt es also f ü r die Ausgleichspflicht ausschließlich auf den Charakter der Versicherung, nicht auf den Güterstand der Ehe f ü r die Anwendbarkeit der §§ 1587 ff. an, vgl. §1587 Abs. 3. Besteht bei privaten Versicherungsverträgen ein Wahlrecht auf Einmaloder Rentenleistung im Versicherungsfalle, dürfte sich an dem Charakter einer Kapitalversicherung nichts ändern, Maier a. a. O. S. 439 Anm. 49 a. Ist aber eine von vornherein auf eine Rente gehende Versicherung erst angesichts der Scheidung in eine Kapitalversicherung umgewandelt worden, kann die dadurch eintretende Ausgleichspflicht des anderen Ehegatten wegen erworbener eigener Rentenanrechte u . U . nach § 1587c ausgeschlossen sein, insbesondere dann, wenn ein Zugewinnausgleich wegen vorliegender Gütertrennung nicht in Betracht kommen kann. Soweit Rentenanwartschaften vorliegen, also die Zahlung eines regelmäßig wiederkehrenden Betrages vorgesehen ist, genügt die Anwartschaft eines zur Versorgung des Versicherten eingegangenen Versicherungsvertrages. Es wird alsö nicht vorausgesetzt, daß der vorgesehene Versorgungsempfänger selbst Versicherungsnehmer ist; miterfaßt sind damit auch Fälle, in denen etwa vom Arbeitgeber f ü r Rechnung eines Arbeitnehmers eine Versorgungsversicherung abgeschlossen ist, aus der Leistungen an den Versicherten erfolgen sollen (Begr. Drucksache 7/650, S. 158). Auf Anwartschaften aus privaten Versicherungsverträgen findet Abs. 3, nicht N r . 5 a und b (Abs. 2) Anwendung. Die letzteren Vorschriften sind — nach Auskunft des Ministerialrats Böhmer — nach Einfügung des Abs. 3 versehentlich nicht gestrichen worden. Sie sind jedenfalls (a) nicht anwendbar, weil gerade nicht die nach Maßgabe dieser Vorschrift vorgesehene Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung und die sich daraus ergebenden Leistungen des 279

BGB § 1587a II 7

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Versicherers, sondern die sich aus der Deckungsrücklage ergebende Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung maßgebend sein soll (Abs. 3 Nr. 1). In den Fällen nach N r . 5 b erfolgt die Bewertung nach der Barwertverordnung gemäß Abs. 3 N r . 2 (vgl. § 1587 a Anm. II 7), vgl. unten die dort wiedergegebenen Berechnungsbeispiele. 7. Umwandlung bewerteter Anrechte zu 5—7 Abs. 3 soll durch Umrechnung der Anwartschaften, die nicht der wirtschaftlichen Entwicklung angepaßt sind, in solche der gesetzlichen Rentenversicherung eine einheitliche Behandlung des Versorgungsausgleichs ermöglichen (Begr. Drucksache 7/4361, S. 39). Neben den Anwartschaften der Nr. 5 aus privaten Versicherungsverträgen gilt Abs. 3 für nicht dynamisierte Anwartschaften der N r . 4 des Abs. 2. Für die betriebliche Altersversorgung gilt Abs. 3 N r . 2 (Abs. 4). In den Fällen der Nr. 1 (Regelfall der Versorgungsversicherung für das Alter) ist das auf die Ehezeit entfallende Deckungskapital festzustellen. Unter Deckungskapital (einschließlich etwaigen Überschußanteilen) ist das aus den Versicherungsbeiträgen zur Abdeckung der künftigen Leistungen f ü r den Versicherten angesparte Kapital zu verstehen. Hierüber gibt der Versicherer Auskunft, jedenfalls über das gesamte Deckungskapital. Sodann ist durch Anfrage beim Rentenversicherungsträger festzustellen, welche monatliche Altersrente sich bei Einzahlung des Deckungskapitals in die gesetzliche Rentenversicherung ergeben würde*). Unter 2 fallen z. B. reine Risikoversicherungen, z. B. (private) Versicherungen wegen Berufsunfähigkeit, bei denen kein Deckungskapital angespart wird. Hier ist zunächst die Teilversorgung für die Ehezeit aus der Gesamtversorgung abzuleiten. Ergibt sich eine Versicherungszeit von 313 Monaten und eine Ehezeit von 95 Monaten und beläuft sich die Versicherung auf 1 000,— DM monatlich bei 100% Berufsunfähigkeit, gilt die Formel 95 _ X 313 1 000 *) Beträgt "das Deckungskapital 16 000,— DM, ist die Anzahl der Werteinheiten zu ermitteln, die für das Deckungskapital in der gesetzlichen Rentenversicherung eingekauft werden können. 100 Zeiteinheiten kosten nach § 1304 b Abs. 2 S. 1 R V O z. Z. 18 % von 20 381,— DM, dem in § 1 RV-Bezugsgrößenverordnung 1976 festgelegten durchschnittlichen Bruttojahresentgelt der Arbeiter und Angestellten, also 203,81 x 18 = 3 668,58 DM,,also eine. Werteinheit 36,69 DM. 16 0 0 0 , - DM sind demnach 16 0 0 0 , DM : 3 669 = 463,34 (4) Werteinheiten. Diese Werteinheiten erbringen ein monatliches Altersruhegeld von 106,19 (4) DM. Die Umrechnung wird durch die gemäß § 1304c Abs. 3 RVO vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung jeweils bis zum 31. Dezember eines jeden Jahres zu erlassende Bekanntmachung der Umrechnungswerte erleichtert. Für 1977 gilt ein durchschnittliches Bruttojahresentgelt von 21 808,— DM; 100 Werteinheiten kosten also 3 925,44 DM.

280

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

X

=

BGB § 1587a III

95 x 1 000 = 306,71 D M . 313

Für diesen Betrag ist nach Maßgabe des Beispiels zu 4. mit Hilfe der Barwertverordnung der Barwert der Versorgung zu ermitteln. S o d a n n ist durch Anfrage in der gesetzlichen Rentenversicherung festzustellen, welcher Rentenbetrag sich bei Einzahlung dieses Barwerts in die gesetzliche Rentenversicherung ergeben würde. Der letztere Betrag ist für den Wertausgleich maßgebend, d. h. der sich aus der Auskunft ergebende Monatsbetrag fällt in den Wertvergleich. 8. Bewertung sonstiger Anwartschaften Abs. 5 ist durch den Rechtsausschuß in den Entwurf eingefügt worden. Der Auffangtatbestand erscheint notwendig, weil es angesichts der Vielzahl unterschiedlicher Versorgungsanrechte, auch im internationalen Bereich, und der unüberschaubaren Zahl von Berechnungsmodalitäten unmöglich erscheint, alle Berechnungsmodalitäten im Gesetz aufzuführen und für sie geeignete Bewertungsmaßstäbe zu entwickeln. Abs. 5 eröffnet den Gerichten die Möglichkeit, in Fällen, die im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt sind, die Bewertung in sinngemäßer Anwendung der vorhandenen Vorschriften nach billigem Ermessen vorzunehmen und damit eine dem Einzelfall gerecht werdende L ö s u n g zu finden (Begr. S. 40). In der Regel wird § 1587 a Abs. 2 N r . 4 b anwendbar sein. Denkbar sind aber auch Rentenzusagen, die z. B. bis zu einem bestimmten Lebensalter gewährt werden. Eine Rechnung pro rata temporis, d. h. eine Berechnung nach dem Verhältnis der voraussichtlichen Gesamtbezugszeit zur Ehezeit, wird in der Regel möglich sein. Der Ausgleich selbst wird hier jedoch nur hinsichtlich der Bewertung betroffen, für seine Durchführung finden § 1587b Abs. 3 oder 4 Anwendung.

III. Mehrere Versorgungsanwartschaften Mehrere Anrechte auf eine ausgleichspflichtige Versorgung können bestehen, wenn der Ruhestandsbeamte aus einer erneuten Verwendung im öffentlichen Dienst Ruhegehalt oder eine ähnliche Versorgung erhält. N a c h § 160 B B G sind daneben die früheren Versorgungsbezüge nur bis zur Erreichung des Ruhegehalts zu zahlen, das sich unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge aus der Endstufe der Besoldungsgruppe, aus der sich das frühere Ruhegehalt berechnet, ergibt. Entsprechendes gilt nach § 160 a B B G für das Zusammentreffen von bestimmten Versorgungsbezügen mit Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Soweit also frühere Versorgungsbezüge nach der Höchstbetragsregelung in Wegfall kommen, sind sie überhaupt nicht, anderenfalls sowohl die frü281

BGB § 1587a IV

1. T e i l : Die Vorschriften des B G B

heren als auch die gegenwärtigen V e r s o r g u n g s b e z ü g e zu berücksichtigen. Die sich danach ergebenden gesamten V e r s o r g u n g s b e z ü g e sind unter Berechnung für die Ehezeit zugrunde zu legen. 5 1587 Abs. 6 übernimmt mithin die Berechnungsmethode der Beamtengesetze für die Ermittlung des Wertes der V e r s o r gungsanrechte in den Fällen, in denen die Voraussetzungen der Ausgleichspflicht für jede der zusammentreffenden Versorgungsarten gegeben sind (Begr. D r u c k s a c h e 7 / 6 5 0 S. 158 zum ursprünglichen Abs. 3).

IV. Warte- und Mindestbeschäftigungszeit, Halbdeckung, verfallbare Anrechte der betrieblichen Altersversorgung Wartezeit ist eine Versicherungszeit, die sich aus Beitragszeiten, beitragslosen und anerkannten Zeiten und Ersatzzeiten zusammensetzt. Ausfallzeiten werden nicht auf die Wartezeit, sondern auf die Versicherungsjahre angerechnet. Die Wartezeit gilt als erfüllt, wenn eine bestimmte Versicherungszeit zurückgelegt wurde, die bei Gewährung von Altersruhegeld 180 Kalendermonate (§ 1248 Abs. 7 R V O ) , bei Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit für die sogenannten Witwenrenten, soweit noch gewährt, 60 Kalendermonate beträgt. Würden diese Zeitschranken bei der Ermittlung fiktiver Renten nach Abs. 2 berücksichtigt, würden viele Anwartschaftsrechte unbewertet bleiben (Begr. D r u c k s a c h e 7 / 6 5 0 S. 159). Sie sind daher für die Ausgleichspflicht, d. h. für die Übertragung der Anwartschaften oder Begründung von Anwartschaften, außer Betracht zu lassen. Die G e w ä h r u n g der Rente selbst bei Erreichen des Rentenalters setzt freilich die Erfüllung der Wartezeiten voraus. Zu beachten ist aber § 1304 a Abs. 5, der zur Erfüllung der Wartezeit zu einer Verlängerung der Versicherungszeit führt. K a n n freilich die Wartezeit bis zum Erreichen der Altersgrenze nicht mehr erfüllt werden, erfolgt der Ausgleich nach § 1587 b Abs. 4 in anderer, vom Gericht zu bestimmenden Weise. Die Ausgleichspflicht als solche bleibt also bestehen. Bei den Rentenversicherungen muß die H ä l f t e der Zeit mit Pflichtbeiträgen — nicht unter sechzig Monaten — belegt sein ( H a l b d e c k u n g , § 1259 R V O ) . D a d u r c h ist die Anerkennung beitragsloser oder Ausfallzeiten begrenzt. Abs. 2 S. 3 des § 1587 a trifft eine S o n derregelung für verfallbare Anrechte aus der betrieblichen Altersversorgung. Hier ist der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen.

V. Ausgliederung familienbezogener Bestandteile der Renten- und Versorgungsleistungen Erhöhungsbeträge, Kinderzuschläge und dgl., die ehebedingt sind, bleiben bei der Wertberechnung außer Betracht, weil die D u r c h f ü h r u n g eines Splittings hier der T r e n n u n g der Familie nicht gerecht werden würde. Die Rentenberechnung ist also wie für einen Ledigen durchzuführen. D e r Wertvergleich ist durchzuführen, wenn alle Anwartschaften, gegebenenfalls nach U m w a n d l u n g gemäß Abs. 3, bewertet sind. 282

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587b

§ 1587b (1) Hat ein Ehegatte in der Ehezeit Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 erworben und übersteigen diese die Anwartschaften im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1, 2, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so überträgt das Familiengericht auf diesen Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes. Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. (2) Hat ein Ehegatte in der Ehezeit eine Anwartschaft im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1 gegenüber einer der in § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Körperschaften oder Verbände erworben und übersteigt diese Anwartschaft allein oder zusammen mit einer Rentenanwartschaft im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 2 die Anwartschaften im Sinne des § 1587a Abs. 2 Nr. 1, 2, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so begründet das Familiengericht für diesen Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Hälfte des nach Anwendung von Abs. 1 noch verbleibenden Wertunterschiedes. Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. (3) Soweit der Ausgleich nicht nach Abs. 1 oder 2 vorzunehmen ist, hat der ausgleichspflichtige Ehegatte für den Berechtigten als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine bestimmte Rente in einer gesetzlichen Rentenversicherung den Betrag zu zahlen, der erforderlich ist, um den Wertunterschied auszugleichen; dies gilt nur, solange der Berechtigte die Voraussetzungen für ein Altersruhegeld aus einer gesetzlichen Rentenversicherung noch nicht erfüllt. Das Nähere bestimmt sich nach den Vorschriften über die gesetzlichen Rentenversicherungen. Nach Abs. 1 zu übertragende oder nach Abs. 2 zu begründende Rentenanwartschaften sind in den Ausgleich einzubeziehen; im Wege der Verrechnung ist nur ein einmaliger Ausgleich vorzunehmen. (4) Würde sich die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen voraussichtlich nicht zugunsten des Berechtigten auswirken oder wäre der Versorgungsausgleich in dieser Form nach den Umständen des Falles unwirtschaftlich, soll das Familiengericht den Ausgleich auf Antrag einer Partei in anderer Weise regeln; § 1587o Abs. 1 S. 2 gilt entsprechend. (5) Der Monatsbetrag der nach Abs. 1 zu übertragenden oder nach Abs. 2, 3 zu begründenden Rentenanwartschaften in den gesetzlichen Rentenversicherungen darf zusammen mit dem Monatsbetrag der in den gesetzlichen Rentenversicherungen bereits begründeten Rentenanwartschaften des ausgleichsberechtigten Ehegatten den in § 1304 a Abs. 1 S. 4, 5 der Reichsversicherungsordnung, § 83 a Abs. 1 S. 4, 5 des Angestelltenversicherungsgesetzes bezeichneten Höchstbetrag nicht übersteigen. 283

BGB § 1587b I

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

Übersicht I. II.

Allgemeines zum Wertausgleich Anwartschaften 1. Anwartschaften bei den gesetzlichen Rentenversicherungen, Übertragung von Anwartschaften 2. Versorgungsanwartschaften 3. Die Anwendung von Abs. 1 und 2 bei Renten- und Versorgungsanwartschaften 4. Sonstige Anwartschaften, Begründung von Anwartschaften, Begründung von Anwartschaften durch Beitragsleistung III. Ausgleich in anderer Weise 1. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich bei Rentenbezug des Berechtigten 2. Bei Unwirtschaftlichkeit oder mangelnder Auswirkung des Ausgleichs nach den Abs. 1 bis 3 auf den Berechtigten auf Antrag der Parteien IV. Höchstgrenzen der Anwartschaftsübertragung oder -begründung V. Ausschluß des Versorgungsausgleichs durch Ehevertrag, Vereinbarungen nach § 1587o und Härteklauseln VI. Verfahren

I. Allgemeines zum Wertausgleich § 1587b regelt die D u r c h f ü h r u n g des Versorgungsausgleichs, soweit ein Wertausgleich von V e r s o r g u n g s r e c h t e n in Frage steht. D e r schuldrechtliche Versorgungsausgleich ist in § 1587f geregelt. D e r Versorgungsausgleich nach § 1587b ff. soll d a z u dienen, das versorgungsmäßige Schicksal des Berechtigten von dem des Verpflichteten zu lösen und ihn auch bereits f ü r die Zeit bis z u m Eintritt einer Versorgungsberechtigung des Verpflichteten gegen Invaliditätsfälle sicherzustellen (vgl. Begr. D r u c k s a c h e 7/650 S. 159). Die V o r n a h m e des Versorgungsausgleichs v e r s c h a f f t dem Berechtigten in der Regel keine s o f o r t zu g e w ä h r e n d e Rente, er hat aber eine selbständige Beurteilung der rentenrechtlichen V o r a u s s e t z u n g e n nach d u r c h g e f ü h r t e m Ausgleich z u r Folge. Die R e n t e n a n w a r t s c h a f t e n stehen dem berechtigten Ehegatten zu, so d a ß in seiner P e r s o n die Wartezeit, Erreichen der Altersgrenze und dgl. erfüllt sein müssen, wobei aber die Versicherungszeit nach § 1304 a Abs. 5 R V O in bestimmtem U m f a n g verlängert wird. D e r Rechtsausschuß hat den Versorgungsausgleich auch auf bereits gewährte V e r s o r g u n g e n und Renten ausgedehnt. Bezieht der Berechtigte eine Rente, e r h ö h t sie sich. W ä r e eine A n w a r t s c h a f t nach Abs. 3 d u r c h Beitragsleistung zu b e g r ü n d e n , findet nach § 1587 f Ziff. 1 der schuldrechtliche Versorgungsausgleich statt, der also in diesem Ausnahmefall z u m sofortigen Bezug der Ausgleichsrente f ü h r e n k a n n . H a t der Verpflichtete bereits eine V e r s o r g u n g erlangt, tritt eine K ü r z u n g seiner 284

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587b II 1

Renten- und Versorgungsbezüge bei Eintritt der rentenrechtlichen Voraussetzungen in der Person des Berechtigten ein, § 1304 a Abs. 4 R V O n. F., § 161 BBG. Die D u r c h f ü h r u n g des Versorgungsausgleichs durch Wertausgleich bei Ehescheidung ermöglicht dem Verpflichteten, sich rechtzeitig über die eigene versorgungsmäßige Lage klarzuwerden und gegebenenfalls seine durch den Ausgleich geschmälerten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung durch Entrichtung von Beiträgen wieder aufzustocken (vgl. Begr. S. 159).

II. Anwartschaften 1. Anwartschaften bei den gesetzlichen Rentenversicherungen, Übertragung von Anwartschaften Soweit f ü r den ausgleichspflichtigen Ehegatten während der Ehe Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung, also Anrechte auf Altersruhegeld, Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente begründet worden sind (vgl. § 1587), soll der Ausgleich nach Abs. 1 grundsätzlich durch Übertragung von Teilen dieser Anwartschaftsrechte auf den Berechtigten erfolgen. Übersteigen die Rentenanwartschaften des Verpflichteten in der gesetzlichen Rentenversicherung die des Berechtigten sind solche Anwartschaftsrechte entsprechend der Hälfte des Wertunterschiedes zwischen den beiden Vergleichsposten auf den Berechtigten zu übertragen. Bestehen z. B. Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung f ü r den 1. Ehegatten in H ö h e von

den 2. Ehegatten in H ö h e von

beträgt die Hälfte des Wertunterschiedes 1 und 2 : 2 - 2 bzw. 1

1 500,600,900,1 000,1 250,1 000,-

1 000,100,800,1 300,350,400,-

250,250,50,150,— 450,300,-

Vgl. auch die Tabelle von Ruland, N J W 1976, 1719 und Begr. EheRG mit der Übersicht Drucksache 7/4361, S. 42. Ziff. 1 findet nur auf die der Rentenanpassung unterliegenden Renten Anwendung, also z. B. nicht auf Renten aus einer Höherversicheriing (für diese gilt Abs. 3), ist andererseits aber f ü r die regulären Rentenbestandteile solcher Renten einschlägig, vgl. § 1587a Anm. II 3. 285

BGB § 1587b II 1

1. Teil: Die V o r s c h r i f t e n des BGB

Bestehen neben der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung Anwartschaften des Verpflichteten nach Abs. 2, also Anwartschaften auf Versorgungsbezüge, kommen nur Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung f ü r den Ausgleich nach Abs. 1 in Betracht. Es sind also im Rahmen von Abs. 1 nicht die Gesamtwerte der f ü r jeden Ehegatten zu begründenden Versorgungsberechtigten, sondern der Wert der dem Verpflichteten zustehenden Anwartschaftsrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Gesamtwert der Anrechte des Berechtigten nach N r . 1 ünd 2 des § 1587a Abs. 2 andererseits miteinander zu vergleichen (vgl. Begr. S. 159), vgl. dazu Anm. 3 (die Anwendung von Abs. 1 und 2 bei Renten- und Versorgungsanwartschaften). Die durch Auskunfteinholung (vgl. § 1587a, 53b FGG) festgestellte Rente ist durch Anwendung von § 1587 a Abs. 2 f ü r die Ehezeit zu bestimmen — soweit dies nicht schon nach vorangegangener Mitteilung der für die Bestimmung erforderlichen Daten nach § 1587 Abs. 2 in der Auskunft des Versorgungsträgers erfolgt ist —, stellt aber (auch bei einer einzigen Rente) nicht die zu übertragende Anwartschaft dar, weil die Hälfte des Wertunterschiedes der Rentenberechtigungen zu übertragen ist. Der Wertunterschied soll nach den Erläuterungen des Eherechtsgesetzes (im Auftrage des Bundesjustizministeriums verfaßt und im November 1976 erschienen, S. 256) in konkreten Rentenbeträgen ausgedrückt werden. Beispiel:

Beträgt von einer Rentenerwartung von 600,— D M f ü r die Ehezeit der hälftige Wertunterschied 300,— DM, ist zu tenorieren: Vom Konto N r . . . . des (z. B. Ehemann) bei der Landesversicherungsanstalt X werden auf das Konto Nr. ... der (Ehefrau) bei der Landesversicherungsanstalt Y oder: auf ein bei der Landesversicherungsanstalt Y f ü r (Ehefrau) zu errichtendes Konto Rentenanwartschaften in H ö h e von monatlich 300,— DM, bezogen auf den (letzten Tag des Monats, welcher der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorhergeht), übertragen. Die Gutschrift durch den Versicherungsträger erfolgt in Werteinheiten (Belchaus, FamRZ 1973, 342 ff.). Die entsprechenden Wertanteile werden bzw. sind vom Versicherungsträger nach § 1304 a Abs. 1 R V O ermittelt, indem d e r M o n a t s b e t r a g d e r übertragenen R e n t e n a n w a r t s c h a f t d u r c h die f ü r das J a h r des Versicherungsfalles maßgebliche allgemeine Bemessungsgrundlage geteilt wird, die mit 0,0000125 (vgl. Anm. zu § 1304 R V O ) multipliziert wird. F ü r das J a h r 1973 ergibt sich bei einer allgemeinen Bemessungsgrundlage von 13 371,— D M (durchschnittlicher Arbeitsverdienst aller versicherten Arbeiter und Angestellten im

286

B G B § 1587b II 2

S c h e i d u n g der E h e — V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h

Mittel der letzten drei J a h r e g e r e c h n e t v o n d e m .Jahr, das d e m Eintritt des Versicherungsfalles v o r a u s g e g a n g e n ist § 1255 Abs. 2 R V O ) ) aus d e r Multiplikation (13 371 x 0,0000125) der F a k t o r 0,1671375, d u r c h den die ü b e r t r a g e n e R e n t e n a n w a r t s c h a f t z u teilen ist, d a n a c h bei einer R e n t e f ü r die E h e z e i t v o n 668,55 D M f ü r die in den W e r t a u s g l e i c h fallende H ä l f t e v o n 334,26 (5) : 0,1671375 = 2 000 W e r t a n t e i l e . Vgl. a u c h das Berechnungsbeispiel § 1304 a R V O , Begr. D r u c k s a c h e 7 / 6 5 0 , S. 227 (der d o r t a n g e g e b e n e Betrag v o n 31 371,— D M ist ein S c h r e i b f e h l e r ) , u n d das Beispiel v o n R u l a n d , N J W 1976, 1717, A n m . 58. Die W e r t e i n h e i t e n e r g e b e n mit d e m F a k t o r 0,1671375 w i e d e r u m die R e n t e . Die R e n t e n b e r e c h n u n g ist n a c h M a ß g a b e der B e r e c h n u n g gem. § 1587 a A n m . 113, 5 1304 R V O A n m . 1 ff. d u r c h g e f ü h r t . Mit eigenen W e r t e i n h e i t e n k a n n sich eine neue G e s a m t r e n t e n e r w a r t u n g ergeben. Die persönliche Bemessungsgrundlage (Prozentsatz der allgemeinen B e m e s s u n g s g r u n d l a g e , die d e m V e r h ä l t n i s des V e r d i e n s t e s in der Beitragszeit zu d e m aller V e r s i c h e r t e n entspricht) ist in der ermittelten R e n t e enthalten.

Die rentenrechtlichen betreffen:

Vorschriften

des

letzten

Halbsatzes

des

Abs. 1

a) die Ermittlung der in den Wertausgleich einzustellenden der gesamten R e n t e n a n w a r t s c h a f t entsprechenden Rente nach § 1304 R V O , die bereits f ü r die Bewertung nach § 1587a stattfinden muß. b) die Ermittlung des der Rente zu a) entsprechenden Teilbetrages f ü r die Ehezeit nach § 1304 Abs. 2 R V O (vgl. § 1587a Anm. II 3), c) die Berechnung der der übertragenen R e n t e n a n w a r t s c h a f t entsprechenden Wertanteile nach rechtskräftiger Verurteilung gemäß § 1304 a R V O , vgl. oben und § 1304 a R V O . Für die zu übertragenden Anwartschaften sind die H ö c h s t g r e n z e n des Absatzes 5 zu beachten, die ggf. zugleich mit der A u s k u n f t e i n h o l u n g z u r Ermittlung der W e r t e nach § 1587a zu berücksichtigen sind. Diese H ö c h s t w e r t e setzen nicht erst f ü r den Versicherungsträger nach § 1304 R V O nach erfolgter Ü b e r t r a g u n g G r e n z e n der Gutschrift, sondern begrenzen die Ubertragungsverpflichtung des Verpflichteten und die Rechte des Berechtigten im V e r f a h r e n des Versorgungsausgleichs (vgl. unten Anm. IV). 2. Versorgungsanwartschaften D u r c h die Bezugnahme auf die in § 6 Abs. 1 N r . 2 und 8 N r . 1 des AngVersG genannten K ö r p e r s c h a f t e n und V e r b ä n d e ist der Kreis der unter Abs. 2 fallenden Versorgungsrechte näher begrenzt. U n t e r Abs. 2 fallen danach Beamte des Bundes, der Länder, der Gemeindeverbände, der Gemeinden, der T r ä g e r der Sozialversicherungen, der Bundesanstalt f ü r Arbeit und Arbeitslosenvermittlung, der Bank deutscher Länder, der Berliner Zentralbank, der deutschen Bundesbank ( f r ü h e r Landeszentralbank) und der als öffentlich-rechtliche K ö r p e r s c h a f t e n anerkannten Religionsgesellschaften, 287

BGB § 1587b II 2

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

solange sie lediglich f ü r ihren Beruf ausgebildet werden (§ 6 N r . 2 AngVersG). Die Versicherungsfreiheit besteht insoweit lediglich f ü r die Dauer der Ausbildung (mit dem 2. Staatsexamen von Referendaren tritt u. U. eine Nachversicherungspflicht ein). Es handelt sich i. a. um Beamte im staatsrechtlichen Sinn, bei denen die Begründung des Beamtenverhältnisses unter Überreichung einer U r k u n d e erfolgt, die z. B. auch Referendaren ausgehändigt wird. Darüber hinaus fallen unter Abs. 2 des § 1587b aber auch alle Personen, die bei anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Öffentlich-rechtlichen Verbänden, Verbänden von Trägern der Sozialversicherung, den Gemeinden, den Spitzenverbänden der Kommunalen Unternehmungen oder an nicht öffentlichen Schulen oder Anstalten als Lehrer und Erzieher beschäftigt sind, wenn sie eine Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung oder Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder Grundsätzen der entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erlangt haben. W ä h r e n d die in § 6 N r . 2 AngVersG genannten Beamten ohne weiteres versicherungsfrei sind, tritt die Versicherungsfreiheit nach § 8 auf Antrag ein. Für Geistliche (die in § 6 N r . 4 genannt, der aber in § 1587 b nicht ausdrücklich in Bezug genommen sind) ist in der Regel eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährleistet, sofern sie nicht schon unter § 6 fallen. Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen besteht nicht, wenn eine laufende Heranziehung der Beschäftigten zu den benötigten Mitteln erfolgt oder Anwartschaften bestehen, die der H ö h e nach nicht den Grundsätzen des Berufsbeamtentums entsprechen (das betrifft u. U. aber nicht die Einstufung, sondern z. B. eine Berechnung nach dem Durchschnittseinkommen). Es entscheidet in der Regel die oberste Verwaltungsbehörde des Landes (vgl. § 6 Abs. 2 AngVersG.) durch Bescheid gegenüber dem Arbeitgeber. O b eine Versorgungsanwartschaft vorliegt, ist im Zweifel durch Auskunfteinholung bei dem Versorgungsträger nach § 53 b FGG zu klären, zumal mit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht auch über den Bestand der Anwartschaft im Verhältnis zum Versorgungsträger bindend entschieden werden kann. In Streitfällen gilt § 53 c (u. U. Aussetzung unter Bestimmung einer Frist f ü r die Klageerhebung). Für den Ehegatten mit den gegenüber den Versorgungsanrechten des anderen Ehegatten wertniedrigeren Renten- und Versorgungsanwartschaften ist eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Entscheidung des Familienrichters zu begründen, da eine Übertragung von Anwartschaften aus beamtenrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. Belchaus, FamRZ 1973, 343). Der Monatsbetrag der Versorgung steht durch Auskunfterteilung des Versorgungsträgers über die gesamte Anwartschaft und die Bestimmung des auf die Ehezeit entfallenden Teils der Versorgung nach Maßgabe von § 1587a Abs. 1 Nr. 1 fest. In H ö h e der Hälfte des Wertunterschiedes (also wenn nur eine, nämlich die Versorgungsanwartschaft des Verpflichteten mit einem Betrag 288

S c h e i d u n g der E h e — V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h

BGB § 1587b II 3

von 1 000,— D M f ü r die Ehezeit vorliegt, f ü r den Wertunterschied von 500,— D M ) ist eine Rentenanwartschaft bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen. N a c h rechtskräftiger Ü b e r t r a g u n g ermittelt der Versicherungsträger nach § 1304 b Abs. 2 in V e r b i n d u n g mit § 1304a Abs. 1 (Abs. 4 S. 1 und 4, Abs. 5) Wertanteile, die der begründeten A n w a r t s c h a f t entsprechen. Die z u r E r l a n g u n g der den Wertanteilen entsprechenden Rente erforderlichen A u f w e n d u n g e n werden dem Versicherungsträger von dem T r ä g e r der Versorgungslast erstattet (§ 1304b Abs. 2 S. 2). Eine K ü r z u n g gewährter V e r s o r g u n g e n tritt erst ein, wenn aus der Versicherung des berechtigten Ehegatten eine Rente zu gewähren ist § 161 Abs. 1 S. 2 BBG), d. h. bei ihm die V o r a u s s e t z u n g e n f ü r die G e w ä h r u n g von Altersruhegeld, Berufsoder Erwerbsunfähigkeit gegeben sind. Die K ü r z u n g kann d u r c h Zahlung eines Kapitalbetrages an den Dienstherrn abgewendet werden (§ 161 a BBG). Beispiel: Im Erkenntnisverfahren genügt hiernach f ü r die Begründung der Anwartschaft zu tenorieren: Zu Lasten des f ü r (Ehemann) bei (Träger der V e r s o r g u n g des Beamten) bestehenden V e r s o r g u n g s a n w a r t s c h a f t e n werden auf dem K o n t o N r . . . . bei (Rentenversicherungsträger) oder: einem zu errichtenden Konto bei (Rentenversicherungsträger) für ( E h e f r a u ) Rentenanwartschaften in H ö h e von monatlich 500,— D M , bezogen auf (letzten T a g des Monats, welcher der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht), begründet. (Vgl. Vorschlag der Erläuterungen des BJM S. 257). H a b e n beide Eheleute nur Anwartschaften auf eine öffentliche V e r s o r g u n g , ist ihnen mit der Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht geholfen. H i e r soll ggf. § 1587b Abs. 4 A n w e n d u n g finden (Begr. D r u c k s a c h e 7/4361 S. 92).

3. Die Anwendung von Abs. 1 und 2 bei Renten- und Versorgungsanwartschaften N a c h Absatz 2 Satz 1 letzter H a l b s a t z ist zunächst zu p r ü f e n , ob eine W e r t ü b e r t r a g u n g nach Abs. 1 stattzufinden hat. Erst das nach A n w e n d u n g von Abs. 1 noch bestehende Wertgefälle soll d u r c h A n w a r t s c h a f t s b e g r ü n d u n g ausgeglichen werden (Begr. S. 41, vgl. auch oben unter 1). Besteht daher eine Anwartschaft des Verpflichteten auf eine Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung von 600,— D M und eine V e r s o r g u n g s a n w a r t s c h a f t aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis von 500,— D M f ü r die Ehezeit, 289

BGB § 1587b II 4

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

findet — wenn der Ehegatte keine eigenen Anwartschaften erworben hat — der Ausgleich der Hälfte der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung durch Übertragung nach Abs. 1, f ü r die Hälfte des verbleibenden Wertgefälles von 250,— D M Abs. 2 (Anwartschaftsbegründung) statt. Bestehen 1. Anwartschaften des Mannes f ü r die Ehezeit a) in H ö h e eines Monatsbetrages von 1 000,— DM aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, b) auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung von 200,— DM, 2. der Frau auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in H ö h e von 3 0 0 , - DM (Wertunterschied 4 5 0 , - DM) (1 500 : 2 = 750 — 300) ist nach Abs. 1 nichts auszugleichen, da bei dem Gesamtvergleich ein Ausgleichsanspruch der Ehefrau besteht. Zur Begründung einer dem Ausgleich des Wertunterschiedes Rechnung tragenden Rente tritt ein Quasisplitting ein. Die Regelung des Abs. 2 S. 1 letzter Halbsatz kann dazu führen, daß der Verpflichtete, wenn seine Anwartschaften nach Abs. 1 und 2 die des Berechtigten übersteigen, die Übertragung nach Abs. 1 auch Platz greift, wenn seine Anwartschaft nach Abs. 2 allein niedriger als die des Berechtigten ist, Maier, DAngVers 1976, S. 442. Folgende Übersicht soll die Rechtsanwendung von Abs. 1 und 2 erleichtern: Bestehen Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und Versorgungsanwartschaften aus beamtenrechtl. Vorschriften (B) f ü r den 1. Ehegatten in H ö h e von

f ü r den 2. Ehegatten

beträgt der Ausgleich

1 000,800,200,1 600,500,1 000,-

8 0 0 , - D M (GRV)

1 0 0 , - DM (GRV) (Übertr.) 4 0 0 , - D M (Übertr., Begr.)

DM DM DM DM DM DM

(GRV) (B) (GRV) (B) (GRV) (B)

5 0 0 , - D M (GRV) 2 0 0 , - (GRV)

6 5 0 , - D M (GRV) (Begr.) 1 5 0 , - D M (Übertr.) 5 0 0 , - D M (Begr.)

4. Sonstige Anwartschaften, Begründung von Anwartschaften, Begründung von Anwartschaften durch Beitragsleistung Abs, 3 betrifft Fälle, in denen der Ausgleich weder auf dem Wege der Anwartschaftsübertragung nach Abs. 1 noch auf dem der Anwartschaftsbegründung nach Abs. 2 vorgenommen werden kann. Sie regeln also den Versorgungsausgleich, wenn in der Ehezeit entweder keine Versorgungen in den gesetzlichen Rentenversicherungen oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis aufgebaut worden sind, die Vorsorge f ü r den Fall des Alters oder der 290

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587b II 4

Invalidität vielmehr auf andere Weise, etwa durch betriebliche Altersversorgung oder eine Lebensversicherung getroffen worden ist, oder aber diese Versorgungen zusätzlich neben Renten und Pensionsanwartschaften erworben worden sind. Hier soll der Ehegatte mit den werthöheren Anrechten für den anderen Ehegatten in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes der beiderseitigen Versorgungsrechte durch Entrichtung von Beiträgen Anwartschaftsrechte in einer gesetzlichen Rentenversicherung begründen (Begr. Drucksache 7/4361, S. 41). Hat der Verpflichtete aus einer privaten Lebensversicherung Anwartschaften in Höhe von 800,— D M , die Berechtigte bei derselben Versicherung in Höhe von 200,— D M erworben, ist für die Hälfte des Wertunterschiedes von 300,— D M eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Beitragsleistung zu begründen. Der Gesamtvergleich aller Versorgungsanrechte bedeutet nicht, daß für diejenigen Anwartschaften, die unter Abs. 1 und 2 fallen, Anwartschaftsrechte nicht nach diesen Bestimmungen zu übertragen und zu begründen sind, denn Abs. 3 greift nur ein, wenn der Ausgleich nicht nach den vorangegangenen Absätzen vorzunehmen ist oder bei Anwendung von Abs. 3 S. 3 nicht zu der Ausgleichspflicht nur eines Ehegatten führen würde (wie hier Ruland, vgl. die Tabelle N J W 76, 1719, so auch Begr. in den Erläuterungen des B J M S. 247). Der Ausgleichspflichtige soll lediglich nicht vorab unter den Voraussetzungen von Abs. 3 — wie der zweite Halbsatz des Abs. 3 S. 3 gewährleisten soll — Anwartschaftsrechte in einer gesetzlichen Rentenversicherung übertragen bekommen, im Gegenzug aber seinerseits Anwartschaftsrechte in einer gesetzlichen Rentenversicherung durch reale Beitragsleistung begründen müssen. Bestehen Anwartschaftsrechte des Mannes aus einer privaten Versicherung in Höhe von 800,— D M und solche der Frau in gleicher Höhe aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sind nicht 400,— D M der Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorab auf den Mann zu übertragen. Es erfolgt vielmehr überhaupt kein Ausgleich. Beträgt die private Versicherungsanwartschaft 1 000,— D M , ist in Höhe von 100,— D M eine Anwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung durch Beitragsleistung zu begründen. Die Monatsbeträge der einzelnen Anwartschaften stehen durch Auskunfteinholung gemäß § 53 b F G G bei den Versicherungsträgern, den zuständigen Behörden und den Arbeitgebern fest und sind gemäß § 1587a durch das Gericht, ggf. mit Hilfe der Versicherungsträger, für die Ehezeit zu bestimmen. Das ermöglicht die Ermittlung des Wertunterschiedes, für deren Hälfte unter den Voraussetzungen von Abs. 3 die Anwartschaft durch Beitragsleistung zu begründen ist. Für die Errechnung der durch Beitragsleistung zu begründenden Anwartschaft entsprechenden Wertanteile gilt nach § 1304 a, 1304 b entsprechend (vgl. oben Anm. II 1). Für je hundert Werteinheiten ist der Beitrag zu entrichten, der sich aus § 1304b Abs. 1 R V O in Verbindung mit dem sich aus § 1256 Abs. l c und den R V O der Bundesregierung ergebenden Beitragssatz folgt. Nach § 1304 c R V O gibt der Bundesminister für Arbeit und Soziales bis 291

BGB § 1587b II 4

1. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des BGB

zum 31. Dezember jeden Jahres für das folgende für die Umrechnung der zu begründenden Rentenanwartschaften in Werteinheiten, für die für die Werteinheiten zu zahlenden Beiträge und für die Ermittlung von Werteinheiten, die den gezahlten Beiträgen entsprechen, Werte bekannt, vgl. für die Berechnung § 1587a Anm. II 7 (Fußnote). Die Beträge sollen anders als im Falle des § 53d FGG nicht gesondert festgesetzt werden, sondern in den Urteilstenor aufgenommen werden (Begr. Drucksache 7/4361 S. 41, 72). Zweckmäßigerweise werden sie durch Auskunfteinholung festgestellt. Zur Berechnung vgl. § 1587 a II 7, Fußnote. Beispiel: Für die Tenorierung wird in den Erläuterungen des BJM S. 257 vorgeschlagen: Der (Ehemann) hat als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine Rente von monatlich DM, bezogen auf den (letzten Tag des Monats, welcher der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages vorausgeht), zugunsten der (Ehefrau) an die Landesversicherungsanstalt X (vgl. § 53 e Abs. 1 FGG, § 1304 c Abs.l, 2 RVO) den Betrag von DM zu zahlen. In den Fällen der Begründung von Rentenanwartschaften durch Entrichtung von Beiträgen ist § 1587 d zu beachten, nach der auf Antrag des Verpflichteten die Anordnung des Ruhens der Ausgleichspflicht oder die Gewährung von Ratenzahlungen angeordnet werden kann. Da z. B. die Begründung einer Rentenanwartschaft von 100,— DM 1974 den Betrag von 15 818 DM kostete (vgl. Ruland N J W 1976, 1718), wird die Anwendung von § 1587 d deren Charakter als Ausnahmevorschrift einschränken und die Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragsleistung nur bei gesunden wirtschaftlichen Verhältnissen in Betracht kommen (vgl. Drucksache 7/650 S. 163). Zu beachten ist, daß, besonders in den Fällen des Abs. 3, die Parteien nach § 1587 o Vereinbarungen schließen können. N u r wenn eine solche Vereinbarung nicht vorliegt, hat das Gericht über den Anspruch auf Entrichtung von Beiträgen zu entscheiden (Begr. S. 41). Durch Vereinbarung können aber Anwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587b Abs. 1 oder 2 weder begründet noch übertragen werden. Soweit die gesetzliche Regelung Anwendung findet, es also zu keiner Parteivereinbarung gekommen ist, ist auch die Begründung einer Versorgung von der Art der bisherigen Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten in Abweichung von § 1587b Abs. 3, z. B. durch eine private Rentenversicherung, nicht möglich (vgl. insoweit noch zutreffend Begr. S. 42).

292

Scheidung der Ehe — V e r s o r g u n g s a u s g l e i c h

BGB § 1587b III 2

III. Ausgleich in anderer Weise 1. Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich bei Rentenbezug des Berechtigten Abs. 3 ist nicht anwendbar,'wenn nur Rentenanrechte nach Abs. 1 und Versorgungsanrechte nach Abs. 2 vorliegen. Er ist ferner nicht anwendbar, wenn bei dem Berechtigten die Voraussetzungen eines Altersruhegeldes aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bereits vorliegen, da Beiträge nur im Hinblick auf ein künftig bestehendes Risiko gezahlt werden können. Ist eine Beitragsentrichtung nicht möglich, erfolgt der schuldrechtliche V e r s o r g u n g s a u s gleich, vgl. § 1587f Ziff. 1.

2. Bei Unwirtschaftlichkeit oder mangelnder Auswirkung des Ausgleichs nach den Abs. 1 bis 3 auf den Berechtigten auf Antrag der Parteien Auch ohne eine Verständigung der Parteien kann auf Antrag einer Partei unter den Voraussetzungen des Abs. 4 der Versorgungsausgleich in anderer Weise geregelt werden. Nicht zugunsten des Berechtigten würde sich auswirken, wenn z. B. die Wartezeit von 60 oder 180 Monaten, vgl. § 1587 a Anm. IV, von dem Berechtigten nicht mehr erfüllt werden kann. In diesen Fällen würden dem Verpflichteten Rentenanwartschaften gekürzt, die dem Berechtigten nicht zugute kommen würden. Zu beachten ist, daß sich die Versicherungszeit nach § 1304a Abs. 5 R V O verlängern kann, vgl. Anm. zu § 1 3 0 4 a R V O nebst Berechnungsbeispiel. Unwirtschaftlich wäre der Ausgleich durch Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn sowohl der Ausgleichsverpflichtete als auch der Ausgleichsberechtigte Anrechte auf eine Beamtenversorgung besitzen und dem Berechtigten mit der Begründung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gedient wäre. Ähnliches gilt nicht generell bei Minimalrenten, die durch Übertragung von Rentenanwartschaften entstehen, weil diese entweder aufgestockt werden können oder doch laufende Bezüge darstellen. Bei g a n z geringen Anwartschaften können — wie auch bei beiderseitigen Anwartschaften auf eine Beamtenversorgung — für den überschießenden Teil auf Antrag vom Gericht Ausgleichszahlungen, Abfindungen und dergleichen festgelegt werden. In Betracht kommt auch die Begründung einer Zusatzversorgung durch eine private Lebensversicherung. Die Parteivorsteilungen, vor allem aber Parteivereinbarungen sind auch hier nach Maßgabe von § 1587o zu beachten. Die Bewilligung von Ratenzahlungen auf die Verpflichtung zur Begründung von Rentenanwartschaften nach § 1587 d im Wege der Beitragsentrichtung fällt nicht unter eine anderweitige Regelung, sondern läßt die grds. Verpflichtung unberührt. Die anderweitige Regelung des Versorgungausgleichs setzt einen Antrag des Berechtigten oder Verpflichteten voraus. 293

BGB § 1587b IV

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

IV. Höchstgrenzen der Anwartschaftsübertragung oder -begründung Durch die Regelung des Abs. 5 soll verhindert werden, daß der ausgleichsberechtigte Ehegatte, der während der Ehe selbst Rentenanwartschaften erworben hat, durch einen Wertausgleich mehr Rentenanwartschaften erwirbt, als er im günstigsten Falle hätte erreichen können, wenn er während der ganzen Ehedauer versichert gewesen wäre. Würde eine solche Regelung nicht getroffen, wäre ein geschiedener Ehegatte, dem Rentenanwartschaften des anderen Ehegatten übertragen oder f ü r den Rentenanwartschaften durch Entrichtung von Beiträgen begründet werden, im Einzelfall besser gestellt als die übrigen Versicherten (Begr. S. 161). Zur Ermittlung des für die Ehe maßgebenden Höchstbetrages bestimmt § 1304 a Abs. 1 S. 4 RVO, daß die allgemeine Bemessungsgrundlage f ü r das als Jahr des Versicherungsfalles geltende Jahr mit der Zahl der auf die Ehezeit entfallenden Kalendermonate und dem Faktor 0,0002083 (zur Errechnung dieses Faktors, vgl. Ruland a. a. O., 1719, Anm. 87) vervielfältigt wird. Beispiel: 13 371 (allg. Bern.Gründl. 1973) x 120 (10jährige Ehe) x 0,0002083 = 334,22. Dieser Betrag darf nicht überschritten werden, wobei bereits begründete Rentenanwartschaften und die zu übertragenden Anwartschaften zusammenzurechnen sind. Höherversicherungsbeiträge bleiben außer Betracht. Auf die Höchstgrenzen hat sich die Auskunfteinholung unter Angabe bereits bestehender Anwartschaften zu erstrecken, da es sich hier nicht um eine nachträgliche Entscheidung des Versicherungsträgers, sondern um eine Voraussetzung des Ausgleichs handelt. Fraglich ist, ob hinsichtlich der Mehrbeträge der Anwartschaften § 1587b Abs. 4 Anwendung findet. Dies dürfte im Hinblick auf den Grundgedanken des § 1587b Abs. 4 zu verneinen sein. Es gilt § 1587f Ziff. 2.

V. Ausschluß des Versorgungsausgleichs durch Ehevertrag, Vereinbarungen nach § 1587o und Härteklauseln Der Versorgungsausgleich kann bei Eheschließung nach § 1408 Abs. 2 überhaupt ausgeschlossen sein, oder mit der Einschränkung von § 1587o Abs. 1 S. 1 durch Parteivereinbarung in Zusammenhang mit der Scheidung in anderer Weise geregelt werden. Ein Wegfall der Ausgleichspflicht in Härtefällen regelt § 1587c, wenn der Ausgleich nach den beiderseitigen Verhältnissen, insbesondere den Vermögensverhältnissen grob unbillig ist. , Daß die Lasten auf die Ehegatten gleichmäßig verteilt werden sollen, genügt hier für die bloße Entstehung von Minimalrenten auf beiden Seiten allein nicht, 294

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

BGB § 1587 b Anh

vgl. i. e. Anm. zu § 1587 c, aber auch zur anderweitigen Regelung des Versorgungsausgleichs nach Abs. 4 oben Anm. III 2. Wegen der hohen Aufwendungen zur Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung kann bei eingeschränkten wirtschaftlichen Verhältnissen ein Ruhen der Ausgleichspflicht nach § 1587 d angeordnet werden, vgl. i. e. oben Anm. II 3.

VI. Verfahren Das Verfahren ist in den §§ 53 b ff. FGG geregelt. Vgl. § 1587 Anm. X und Anm. zu §§ 53 b FGG. Bei Streit über den Bestand der Versorgungsanwartschaften kommt die Aussetzung des Verfahrens nach § 53 c FGG in Betracht. In diesem Fall kann über den Scheidungsantrag nach § 628 Abs. 1 Nr. 2 Z P O vorweg entschieden werden.

Anhang nach § 1587b 1. Die Vorschriften der RVO für die Übertragung und Begründung von Anwartschaften Hinweis: Soweit Anwartschaften nach den Vorschriften des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) oder nach dem Reichsknappschaftsgesetz (RKG) in Betracht kommen, finden die Vorschriften dieser Gesetze i. d. F. des 1. EheRG Anwendung. Es entsprechen: RVO § 1304 § 1304a

=

AVG §83 § 83a

Abs. 1 - 5 Abs. 6 § 1304b

§ 96a Abs. 1 - 5 Abs. 6 S. 1 § 83b

Abs. 1 S. 1, 2 § 1304c § 1402

RKG §96

§ 96a Abs. 6 S. 1,2 § 83c

Abs. 2 Abs. 8

§ 124 Abs. 8

§ 96 b 295

Anh § 1587 b (§ 1304

l. T e i l : Die V o r s c h r i f t e n des BGB

RVO)

Y. Anwartschaftsrechte und Ansprüche früherer Ehegatten

§ 1304 RVO (1) Zur Ermittlung des für den Wertausgleich von Versorgungsanrechten nach § 1587a Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebenden Betrages an Renten und Rentenanwartschaften aus den gesetzlichen Rentenversicherungen ist der Monatsbetrag des Altersruhegeldes einschließlich der für die bis zum Versicherungsfall anzusetzenden Werteinheiten für eine bisher angerechnete Zurechnungszeit ohne Kinderzuschuß, Steigerungsbeiträge für Beiträge der Höherversicherung und Leistungen nach § 1260 a zu berechnen. Dabei gilt als Zeitpunkt des Versicherungsfalles das Ende der sich aus § 1587 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches ergebenden Ehezeit. (2) Der sich nach Absatz 1 ergebende Monatsbetrag des Altersruhegeldes ist mit dem Verhältnis zu vervielfältigen, in dem die Summe der bei der Ermittlung der für den Versicherten maßgebenden Rentenbemessungsgrundlage zugrunde gelegten Verhältniswerte (Werteinheiten) für in die Ehezeit fallende und nach Absatz 1 berücksichtigte Zeiten zu der Summe der insgesamt zu Grunde gelegten Werteinheiten steht. Fallen Ehezeiten in einen Zeitraum, für den ein Entgelt bescheinigt worden ist, so bestimmt sich das Entgelt nach dem Anteil der Ehezeit zur Gesamtzeit dieses Zeitraumes. Bei der Berechnung des Verhältnisses bleiben Werteinheiten nach Artikel 2 §§14 und 55 a des ArbeiterrentenversicherungsNeuregelungsgesetzes unberücksichtigt. Im übrigen gilt § 1255 Absatz 3 Buchstabe b Satz 2 entsprechend. Der sich hiernach ergebende Betrag ist um Steigerungsbeträge für Beiträge der Höherversicherung und Leistungen nach § 1260 a zu erhöhen, soweit sie auf die Ehezeit entfallen; § 1297 Satz 1 gilt entsprechend. Der Betrag, der nicht den gesetzlichen Rentenanpassungen unterliegt, ist getrennt auszuweisen. (3) Ist in dem nach Absatz 1 ermittelten Monatsbetrag des Altersruhegeldes ein Leistungsanteil aus der knappschaftlichen Rentenversicherung enthalten, ist auf den Leistungsanteil, der nicht auf die knappschaftliche Rentenversicherung entfällt, Absatz 2 und auf den Leistungsanteil aus der knappschaftlichen Rentenversicherung § 96 Absatz 2 des Reichsknappschaftsgesetzes entsprechend anzuwenden. 1. Nach § 1587a Abs. 2 N r . 2 BGB ist der für den Wertvergleich der zugrunde zu legende Betrag aus allen bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages anrechenbaren Versicherungsjahren zu ermitteln und hiervon der auf die Ehezeit entfallende Betrag nach einer pro rata Regelung abzuleiten. Deshalb ist nach § 1304 Abs. 1 zunächst der Monatsbetrag des (gesamten) Altersru296

Scheidung der Ehe — Versorgungsausgleich

A ü h § 1 5 8 7 b (§1304 RVO)

hegeldes f ü r d e n n a c h § 1587 B G B m a ß g e b l i c h e n Z e i t p u n k t n a c h d e r R e n t e n f o r m e l z u ermitteln. Die R e n t e n f o r m e l l a u t e t T3 ß P

X

V

V]

A X

Töö

St X

12

Bp = V o m h u n d e r t s a t z d e r p e r s ö n l i c h e n B e m e s s u n g s g r u n d l a g e , § 1255 Abs. 1 = V e r h ä l t n i s des B r u t t o e n t g e l t e s in d e n B e i t r a g s z e i t e n z u d e m des d u r c h s c h n i t t l i c h e n E n t g e l t e s aller V e r s i c h e r t e n d e r R e n t e n v e r s i c h e r u n g e n d e r Angestellten u n d A r b e i t e r ( o h n e L e h r l i n g e u n d A n l e r n l i n g e ) . Vj = anrechnungsfähige Versicherungsjahre. A = Allgemeine B e m e s s u n g s g r u n d l a g e = D u r c h s c h n i t t l i c h e s B r u t t o j a h r e s entgelt aller V e r s i c h e r t e n im Mittel des d r e i j ä h r i g e n Z e i t r a u m e s v o r d e m K a l e n d e r j a h r , das d e m E i n t r i t t des V e r s i c h e r u n g s f a l l e s v o r a u s g e g a n g e n ist. St = S t e i g e r u n g s b e t r a g ( f ü r A l t e r s r u h e g e l d 1,5, § 1254) ( 1 , 5 / 1 0 0 = 0,015). a) D i e persönliche Bemessungsgrundlage ergibt sich a u s d e r p e r s ö n l i c h e n B e m e s s u n g f ü r die e i n z e l n e n V e r s i c h e r u n g s j a h r e . Pj ( p e r s ö n l i c h e r B r u t t o j a h r e s a r b e i t s v e r d i e n s t o d e r J a h r e s b e i t r a g s b e m e s sungsgrenze). Persönliche Bemessung = Pj x

^ ^

(aj = J a h r e s v e r d i e n s t aller V e r s i c h e r t e n ) Beispiel: a j 1970 = 13 3 4 3 , P j 1970 = 16 0 0 0 , 16 000 X ^

100 343

= 119,91 % W e r t e i n h e i t e n

(§ 1 Abs. 2 d e r V O v o m 9. Juli 1957 BGBl. I S. 696). A j ist T a b e l l e n z u e n t n e h m e n (vgl. R e n t e n v e r s i c h e r u n g s g e s e t z e II, S. 157, Goldmann-Verlag). Anstelle dieser B e r e c h n u n g k ö n n e n die sich e r g e b e n d e n W e r t e i n h e i t e n a u c h u n m i t t e l b a r Tabellen e n t n o m m e n w e r d e n (Anlage z u § 1 Abs. 3 d e r V O v o m 9. Juli 1957). § 1 Abs. 3 d e r V O ( T a b e l l e A : t a u s e n d e r - u n d h u n d e r t e r - B e t r ä g e , T a b e l l e B: M a r k b e t r ä g e R e n t e n v e r s i c h e r u n g s g e s e t z e a. a. O . S. 173 ff.). F e r n e r sind f ü r Ausfall- und Ersatzzeiten (§ 1255 a, 1255, 1259), z. B. Militärdienst ( E r s a t z z e i t ) , S c h w a n g e r s c h a f t (Ausfallzeit), W e r t e i n h e i t e n festzustellen, d e r e n B e r ü c k s i c h t i g u n g die s o g e n a n n t e H a l b d e c k u n g v o r a u s s e t z t ( v o m E i n t r i t t in die V e r s i c h e r u n g bis z u m V e r s i c h e r u n g s f a l l m u ß die sich e r g e b e n d e Zeit 297

Anh § 1587 b (§ 1304 RVO)

1. Teil: Die Vorschriften des BGB

mindestens zur Hälfte, jedoch nicht unter sechzig Monaten mit Beiträgen belegt sein, vgl. i. e. § 1259 Abs. 3). Werteinheiten f ü r die Ersatzzeiten ergeben sich, wenn die Werteinheiten f ü r die Beitragszeiten zu den Zeiten der versicherungspflichtigen Tätigkeit in Beziehung gesetzt und mit den Monaten der Ersatzzeiten multipliziert werden. Beispiel: Ergeben sich aus der Werteinheit f ü r das Jahr 1970 von 119,91% und den f ü r die weiteren Beitragsjahre errechneten Werteinheiten insgesamt 3 966,70 Werteinheiten und sind ferner 476 Monate versicherungspflichtige Tätigkeit sowie 4 Monate Ersatzzeit zu berücksichtigen, ergeben sich 3 9

%

7 0

x 4 = 33,33% Werteinheiten

Entsprechendes gilt f ü r die Werteinheiten der Ausfallzeit, vgl. zur Bewertung auch § 1255 a. Die gesamten Werteinheiten (Addition von a und b) sind durch alle Beitragsmonate und die Monate der Ausfall- und Ersatzzeiten zu teilen und mit 12 zu multiplizieren (§ 2 der V O vom 9. 7. 1957). Daraus ergeben sich die Werteinheiten im gesamten Arbeitsleben, z. B. j-,-.-,-, 4 000 (vereinfacht) .„