120 21 27MB
German Pages 269 [270] Year 1990
MARIUS BERENBROK
Internationale Nachlaßabwicklung
Hamburger Rechtsstudien herausgegeben von den Mitgliedern des Fachbereichs Rechtswissenschaft I der Universität Harnburg Heft 77
Internationale Nachlaßabwicklung Zuständigkeit und Verfahren
Von Dr. Marius Berenbrok
Duncker & Humblot · Berlin
Gedruckt mit Unterstützung der Universität Harnburg
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Berenbrok, Marius: Internationale Nachlaßabwicklung: Zuständigkeit und Verfahren I von Marius Berenbrok.- Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Hamburger Rechtsstudien; H. 77) Zugl.: Hamburg, Univ., Diss., 1988 ISBN 3-428-06674-X NE:GT
Alle Rechte vorbehalten
© 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41
Satz: Klaus-Dieter Voigt, Berlin 61 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0072-9590 ISBN 3-428-06674-X
Meinen Eltern
Vorwort Die Arbeit hat dem Fachbereich Rechtswissenschaft I der Universität Harnburg im Sommersemester 1988 als Dissertation vorgelegen. Sie ist entstanden in den Jahren 1986 - 1988 während meiner Tätigkeit als Assistent von Herrn Privatdozent Dr. Jan Kropholler am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg. Für die Betreuung der vorliegenden Arbeit sowie für seine ständige Gesprächsbereitschaft und wohlmeinende Kritik möchte ich Herrn Kropholler auch an dieser Stelle meinen herzlichen Dank sagen. Der Mühe des Zweitgutachtens hat sich Herr Prof. Dr. Hein Kötz unterzogen. Ihm bin ich ebenso zu Dank verpflichtet wie Herrn Dr. Peter Dopffel, der Teile der Arbeit kritisch durchgesehen hat und mich von seiner großen Erfahrung profitieren ließ. Insgesamt ist die Entstehung der Dissertation wesentlich durch die hervorragenden Arbeitsmöglichkeiten am Hamburger Max-Planck-Institut gefördert worden; von den Institutsmitarbeitern danke ich besonders Frau Hertha Gliese, die sich aufopfernd um die Anfertigung der Maschinenschrift gekümmert qat. Großzügige Hilfe für die Drucklegung der Arbeit hat die Johanna und Fritz Buch Gedächtnisstiftung gewährt; ihrem Vorstand, insbesondere Herrn Rechtsanwalt Dr. Heinz Kuhlmann, gilt mein aufrichtiger Dank. Schließlich habe ich Herrn Prof. Dr. Hans Hermann Seiler für die Aufnahme der Arbeit in die "Hamburger Rechtsstudien" zu danken. New York, im Januar 1989
Marius B . Berenbrok
Inhaltsverzeichnis § 1 Problemstellung
13 Kapitel I Kriterien der internationalen Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte
§ 2 Gleichlauftheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A. Praxis der deutschen Nachlaßgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Zuständigkeitssystem des Gleichlaufs . . . . . . . . . . . . 1. Statutszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zuständigkeit nach §§ 2369, 2368 III BGB . . . . . . . . . 3. Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs zu § 2369 BGB 4. Sicherungszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Not- und Fürsorgezuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . II. Andere Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Räumliche Nähe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111. Zusammenfassung . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Theoretische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gleichlauf und Parallelität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Strenger Gleichlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gemäßigter Gleichlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Positive Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Negative Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . . .
§ 3 Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit . . . . . . . .
16 16 16 17 20 21 22 23 27 28 30 31 32 33 34 37 37 40 45
.. .. ..... .. ... . .. . . B. Die einzelnen Anknüpfungen der§§ 73, 74 FGG . . . . . . . . . . . . . .
46 46 50
§ 4 Autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit in Nachlaßsachen . .
53
§ 5 Diskussion der Zuständigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56
A. Örtliche und internationale Zuständigkeit
A. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik Gesetzesstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 73 FGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. § 2369 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wortlaut und Gesetzessystematik . . . . . . 2. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . III. Art. 25 EGBGB a. F . . . . . . . . . . . . . . . . .
der einschlägigen . ... ... . . .. .. ... .. .. ... . . . .. ... .. . .. .. . . ... ... .. ... . .. .. .. .. . ... . ... ... . .. . .. . B. Rechtsschutzbedürfnis und internationaler Entscheidungseinklang I. Strenger Gleichlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
56 56 60 60 62 64 67 68
10
Inhaltsverzeichnis 1. Rechtsschutzgewährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationaler Entscheidungseinklang . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tätigkeitsbezogene Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bilaterale Entscheidungsgleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kriterium der Zuständigkeitsbeschränkung . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit und Heranziehung der§§ 73, 74 FGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Gemäßigter Gleichlauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Forum non conveniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsprechung in Nachlaßsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ansätze zu einer Fallgruppenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenergebnis . ..
68 72 72 75 79 80 83 84 85 88 88 89 93 98 98 100 105 107 109
Kapitel li
Durchführung der inländischen Nachlaßabwicklung bei fremdem Erbstatut § 6 Das Problem der Verflechtung von materiellem Recht und Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 § 7 Koordinierung von fremdem Erbstatut und eigenem Verfahrensrecht . . . . A. Materiellrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stufen cler Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erste Stufe: Austausch der Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . 3. Zweite Stufe: Ersetzung fremder Verrichtungen durch deutsche B. Kollisionsrechtliche Anpassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . li. Auswirkungen der lex-fori-Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Abgrenzung des der Iex fori vorbehaltenen Bereichs vom anwendbaren Verfahrensrecht der Iex causae . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abstrakte Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einzelfallbezogene Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
114 114 114 115 115 117 122 125 125 126 130 130 132 135 137
C. Wesenseigene Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grenzen des Funktionsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wesensfremde Tätigkeiten in Nachlaßsachen . . . . . . . . . . . . 2. Folgen einer Überschreitung der wesenseigenen Zuständigkeit
140 140 142 145 145 148
Inhaltsverzeichnis
11
§ 8 Spaltung des Erbstatuts in die Bereiche Nachlaßverteilung und Nachlaß-
abwicklung (Iex fori) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vergleichbare Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Fremde Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Common-Law-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Andere Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Benelux-Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haager Abkommen über internationale Nachlaßverwaltung . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vor- und Nachteile gegenüber der Abwicklung nach dem Erbstatut I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Il. Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
D . Erbstatutsspaltung durch Teilrenvoi der Iex causae § 9 Die Behandlung der angloamerikanischen "administration" in Deutsch-
land .............. .. ............. .. .......... . ... . A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Handlungsbefugnis von in England oder in den USA eingesetzten "personal representatives" in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Lösungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anerkennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Behandlung des Problems in der Praxis . . . . . . . . . . . . . b) Materielle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Darstellung in Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis 4. Staatsverträge und positives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Geltungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Renvoi für den Bereich der "administration" ...... ·. . . . . . . . 1. Vorliegen einer Rückverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedeutung für die Anerkennung im Ausland eingesetzter "personal representatives" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Schutz örtlicher Gläubiger, gerichtliche Kontrolle der "personal representatives" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung; die Argumentation der Spaltungstheorie . . . 2. Lösung nach der Anerkennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Anpassungsprobleme . .... .. ........ . .... . ... . . ... 1. Anerkennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Einheit der Nachlaßabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anerkennungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Spaltungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
152 152 155 155 155 155 157 158 159 159 161 162 167 167 168 174 175 177 177 179 179 179 179 180 180 181 182 184 185 186 187 187 194 198 199 201 205 206 207 209 211 212 214 216
Inhaltsverzeichnis
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C. Rechtslage bei nicht erfolgter Einsetzung eines "administrator" in England oder in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Lösungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwicklung nach fremdem Erbstatut . .. . ... . .. .. . . . .. 2. Erbstatutsspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Renvoi für den Bereich der "administration" ..... ·. . . . . . . . . III. Anpassungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. "Administrators" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angleichung auf der zweiten Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . c) Angleichung auf der ersten Stufe . ............ .. .. 3. "Executors" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Angleichung auf der zweiten Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . b) Angleichung auf der ersten Stufe . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Abwicklung ohne "administration" .. . . ..... . ....... . .. 1. Notwendigkeit einer "administration" nach angloamerikanischem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ....... . ..... . .. 2. Folgen für die deutsche Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abwicklung nach dem Erbstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erbstatutsspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Einheit der Nachlaßabwicklung ..... .. .. . . .. . .. . .... . VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D . Gesamtergebnis
217 217 217 218 219 220 220 220 222 222 222 223 226 226 229 230 231 231 232 232 234 235 236 237
Kapitel III System der internationalen Nachlaßabwicklung in Deutschland § 10 Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240
A. Durchführung der Nachlaßabwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abwicklung nach dem Erbstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Abwicklung nach der Iex fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Renvoi auf deutsches Abwicklungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auswirkungen auf die Anerkennung fremder Verrichtungen .. 3. Betroffene Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Reform ... . ... . . . ... . .. . . . ... . . ....... . . . .. . . ... I. Internationale Zuständigkeit .. .... . ...... . .. .. .. . .. . li. Fremdrechtserbschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
240 240 241 241 243 245 247 248 252 252 254
D. Schluß
258 Literaturverzeichnis
259
§ 1 Problemstellung
"Die Lehre von der Kollision der Privatrechtsquellen verschiedener Staaten ist bekanntermaßen eine verwickelte und vielbestrittene, insbesondere gilt dieses vom Erbrechte und mithin auch von der Behandlung der Verlassenschaften." Diese Lagebeurteilung aus Böhms "Handbuch der Internationalen Nachlaßbehandlung" 1 (1895) ist für das Internationale Nachlaßverfahrensrecht heute noch ebenso zutreffend wie vor 90 Jahren. Denn nach wie vor herrscht in der deutschen Praxis die Gleichlauftheorie, nach der die internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen grundsätzlich nur bei Maßgeblichkeit inländischen materiellen Erbrechts vorliegt, und seit der Jahrhundertwende wird die Notwendigkeit einer derartigen Zuständigkeitsbeschränkung von der Literatur angezweifelt. Das neue deutsche !PR-Gesetz vom 25. Juli 1986 läßt die internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen ausdrücklich ungeregelt: "Wie weit hier mit Rücksicht auf die Besonderheiten des Sachgebiets die bisher überwiegend vertretene Gleichlauftheorie zugunsten einer selbständigen Regelung der internationalen Zuständigkeit aufgegeben werden kann, ist derzeit noch nicht abschließend zu beurteilen"2. Durch diese Zurückhaltung des Gesetzgebers wurde die Gleichlauftheorie zwar nicht festgeschrieben3, aber doch ihre weitere Anwendung gebilligt4 . Demgegenüber hielten die meisten der Vorschläge zur Neuregelung des deutschen internationalen Privat- und Verfahrensrechts eine Abkehr von der Gleichlauftheorie und entsprechend eine Regelung der internationalen Zuständigkeit in Nachlaßsachen für erforderlich 5 . Es sei "geradezu die AufS. 26. Begründung zum Regierungsentwurf v. 20.5.1983 , BR-Drucks. 222/83 = BTDrucks. 10/504, 92. 3 Eine entsprechende Kodifizierung wurde aber gefordert, Firsching, Vorschläge und Gutachten 212. 4 So das BayObLG 13.11.1986, BayObLGZ 1986, 466 = NJW 1987, 1146 = FamRZ 1987, 526 = IPRspr. 1986 Nr. 114: "Das Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts . . . vom 25. 7. 1986 .. . regelt die internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen nicht. Es bleibt somit bei dem Grundsatz, daß die internationale Zuständigkeit regelmäßig nur gegeben ist, soweit deutsches materielles Erbrecht anwendbar ist (Gleichlaufgrundsatz . .. )". 5 Vgl. Vorschlag 3a von Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 184; § II Ader Vorschläge des Deutschen Rates für IPR, abgedruckt bei Beitzke, Vorschläge und Gutachten 14; § 33 Nr. 7 des E ntwurfs Kühne (dort S. 14, 201f.); These 21 des Max-PlanckInstituts, MPI, Reform 151 und RabelsZ 47 (1983) 688. 1
2
§ 1 Problemstellung
14
gabe des Gesetzgebers, hier Stellung zu beziehen und damit die anhaltende Unsicherheit und Uneinheitlichkeit des internationalen Nachlaßverfahrensrechts in Deutschland zu beseitigen"6. Das Zögern des Gesetzgebers erklärt sich möglicherweise daraus, daß die bloße Regelung der internationalen Zuständigkeit in Nachlaßsachen die bestehenden Unklarheiten im Nachlaßverfahrensrecht nicht beseitigt hätte. Neben die internationale Zuständigkeit tritt nämlich als zweites Problem die Frage, wie das zur Abwicklung eines Ausländernachlasses berufene fremde Recht von den deutschen Nachlaßgerichten umzusetzen ist?. Diese Umsetzung bereitet Schwierigkeiten, weil Verfahrensregeln und materielles Recht bei der Nachlaßabwicklung eng miteinander "verflochten" sind, so daß deutsches Verfahrensrecht und fremdes materielles Erbrecht oft nicht zueinander passen. Fraglich ist insbesondere, ob die inländischen Nachlaßgerichte- nach der weithin anerkannten Regel, daß das Verfahren der lex fori unterliege- nur deutsches Verfahrensrecht anwenden können , ober ob auch die auf das fremde Erbrecht zugeschnittenen Verfahrensregeln der Iex causae herangezogen werden sollen. Soweit das Verfahren der lex fori folgt, müssen fremdes materielles Erbrecht und deutsches Verfahrensrecht angepaßt werden. Bei einer Heranziehung des fremden Verfahrensrechts gilt es zu definieren, welcher Bereich des Nachlaßverfahrensrechts der lex fori und welcher der lex causae unterliegen soll. Schließlich: Ist es zweckmäßig, diese Probleme der Anpassung von fremdem materiellem Erbrecht und eigenem Verfahrensrecht dadurch zu umgehen , daß die gesamte Abwicklung eines Ausländernachlasses, der "Erbgang", im Wege einer "funktionellen Spaltung"& des Erbstatuts auch materiell der lex fori unterstellt wird? Dieser zweite Problemkreis sollte nur nach dem Entwurf des Max-Plancklnstituts9 im neuen deutschen !PR-Gesetz ausdrücklich geregelt werden. AnderelO haben die Problematik angerissen, meinten jedoch, von einer gesetzlichen Regelung absehen zu können . Eine umfassende Diskussion der dazu vertretenen Lösungsmodelle, die insbesondere die Vor- und Nachteile einer "funktionellen Erbstatutsspaltung" gegenüber der herkömmlichen Abwicklung nach dem Erbstatut herausstellt, liegt bis heute nicht vorll. Indessen scheint eine abschließende Beurteilung der Frage, ob auf den Gleichlaufgrundsatz zur Begrenzung der internationalen Zuständigkeit verzichtet werden kann, ohne eine solche Erörterung nicht möglich: die Unauflösbarkeit der Verflechtung von materiellem Recht und Verfahrensrecht in Nachlaßsachen MPI, RabelsZ 47 (1983) 688. Ähnlich Basedow, StAZ 1983, 236. In diesem Sinne schon Dölle, Festvortrag 31. 8 So der Vorschlag von Ferid, Rec. des Cours 142 (1974 - II) 71 ff. und FS Cohn 31 ff. 9 These 21 II, MPI, Reform 151 und RabelsZ 47 (1983) 688f. 10 Insbesondere Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 171ff.; vgl. auch Kühne 201. n Vgl. Ferid, FS Cohn 41. 6
7
§ 1 Problemstellung
15
bildet heute nämlich das Hauptargument12 für die Beibehaltung des Gleichlaufgrundsatzes. Insofern besteht ein enger Zusammenhang zwischen der internationalen Zuständigkeit und der Koordinierung des fremden materiellen Rechts mit eigenem Verfahrensrecht. Andererseits kommt dem letzteren Problemkreis auch eine selbständige Bedeutung zu: die Frage, wie fremdes materielles Erbrecht von den deutschen Nachlaßgerichten umzusetzen ist, stellt sich unabhängig davon, welches Kriterium die internationale Zuständigkeit beherrscht. Obwohl die deutsche internationale Zuständigkeit nach der Gleichlauftheorie grundsätzlich nur bei Maßgeblichkeit deutschen Erbrechts gegeben ist, machen die von diesem Grundsatz zugelassenen Ausnahmen die Anwendung fremder Institute zur Nachlaßabwicklung erforderlich. Im folgenden wird zunächst die internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen erörtert (Kap. I, §§ 2- 5); jedoch bleiben die aus der Verflechtung von Sach- und Verfahrensrecht entstehenden Schwierigkeiten mit der Umsetzung fremden Abwicklungsrechts in Deutschland zunächst außer Betracht. Dieses Sonderproblem und seine verschiedenen Lösungsmöglichkeiten behandelt Kap. II (§§ 6 - 9). Die abschließende Beurteilung liefert Kap. III.
12 So z. B. die Regierungsbegründung zum IPR-Gesetz-Entwurfvom 20. 5. 1983, ERDrucks. 222/83 = BT-Drucks. 10/504, 92; Heldrich 213f.; ders., Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 107; Radtke 96f. ; MPI, RabelsZ 44 (1980) 364; Kühne 201; deutlich auch BayObLG 22. 6. 1976, BayObLGZ 1976, 151 = NJW 1976, 2076 = IPRspr. 1976 Nr. 115.
Kapitel I
Kriterien der internationalen Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte § 2 Gleichlauftheorie
Die Frage der internationalen Zuständigkeit in der freiwilligen Gerichtsbarkeit läuft hauptsächlich auf eine Überprüfung der Gleichlauftheorie und ihrer Durchbrechungen hinaus. Dieser Feststellung von Heldrichl ist jedenfalls für die deutsche Zuständigkeit in Nachlaßsachen uneingeschränkt zuzustimmen, da die nachlaßgerichtliche Judikatur seit dem Jahre 1902 allen Anfeindungen zum Trotz am Gleichlaufgrundsatz festhält. Indessen ist die Gleichlauftheorie auch in Nachlaßsachen kein einheitlich verstandenes und scharf definiertes Zuständigkeitskriterium. Ausgehend von einem kurzen Überblick über die praktische Anwendung des Gleichlaufprinzips durch die deutschen Nachlaßgerichte soll daher zunächst versucht werden, die verschiedenen Ausprägungen der Gleichlaufthese anhand ihres theoretischen Ansatzes voneinander abzugrenzen. A. Praxis der deutschen Nachlaßgerichte I. Das Zuständigkeitssystem des Gleichlaufs
Nach dem Grundsatz des Gleichlaufs sind deutsche Nachlaßgerichte nur bei Maßgeblichkeit deutschen Erbrechts international zuständig2. Sieht man von den Fällen ab, in denen die internationale Zuständigkeit nach diesem Grundsatz durch eine Rückverweisung begründet wird, würde eine ausnahmslose Durchführung des Prinzips der kollisionsrechtlichen Verweisung des Art. 25 EGBGB jede praktische Bedeutung nehmen3. Trotz wachsender Mobilität und steigender Ausländerzahlen in Deutschland könnten die Nachlaßgerichte Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 104. Ferner wird die Begründung der internationalen Zuständigkeit durch Staatsverträge auch unabhängig vom anwendbaren Recht allgemein anerkannt; meist handelt es sich jedoch um eine Zuständigkeit für Sicherungsmaßnahmen, so daß keine Ausnahme vom System der Gleichlaufzuständigkeit vorliegt, vgl. unten 4. Zu den Staatsverträgen Ferid I Firsching, Deutschland Grdz. C III Rz. 72. 3 Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 104. Dazu unten§ 5 A. III. I
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A. Praxis der deutschen Nachlaßgerichte
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nicht zur Abwicklung eines Ausländernachlasses tätig werden. Bereits diese Überlegungen machen deutlich, daß der Gleichlauf als Kriterium der internationalen Zuständigkeit nur in Verbindung mit ergänzenden Zuständigkeiten praktikabel ist. Grundsätzliche Statutszuständigkeit und weitgehende Ergänzungen bilden das Zuständigkeitssystem der deutschen Praxis. 1. Statutszuständigkeit
Die deutschen Nachlaßgerichte haben ihre internationale Zuständigkeit in einer beträchtlichen Anzahl von Entscheidungen grundsätzlich vom anwendbaren Recht abhängig gemacht4 . Die Statutszuständigkeit hat zwei Funktionen: positiv begründet die Maßgeblichkeit deutschen Erbrechts die internationale Zuständigkeit (positiver Gleichlauf)5, negativ schließt fremdes Erbstatut 4 BGH: 25. 5.1955, IPRspr. 1954- 55 Nr. 135; 26. 10.1967, BGHZ 49, 1 = FamRZ 1968, 26 = DNotZ 1968, 437 = IPRspr. 1966- 67 Nr. 303; BayObLG: 19. 12.1920, BayObLGZ 19, 373; 27. 3.1956, BayObLGZ 1956, 119 = IPRspr. 1956 - 57 Nr. 211 a; 7.2.1958, BayObLGZ 8, 34 = IPRspr. 1958-59 Nr. 143; 27.10.1959, BayObLGZ 1959, 390 = NJW 1960, 775 = IPRspr. 1958 - 59 Nr. 150; 28.10.1969, FamRZ 1969, 677 = RPfleger 1969, 429 = IPRspr. 1968- 69 Nr. 290; 15. 2.1971, BayObLGZ 1971, 34 = NJW 1971, 991 = IPRspr. 1971 Nr. 51; 15.12.1972, BayObLGZ 1972, 383 = IPRspr. 1972 Nr. 128; 10.4.1975, BayObLGZ 1975, 153 = NJW 1975, 1062, ZfRV 16 (1975) 237 m. Anm. Hoyer = IPRspr. 1975 Nr. 52; 22. 6. 1976, BayObLGZ 1976, 151 = NJW 1976,2076 = FamRZ 1977,490 = IPRspr. 1976 Nr. 115; 1. 2. 1980, BayObLGZ 1980, 42, IPRax. 1982, 111, 98 Anm. Firsching = IPRspr. 1980 Nr. 124; 18.2.1980, BayObLGZ 1980, 72 = IPRspr. 1980 Nr. 125; 23 . 9.1980, IPRax. 1981 , 100, 86 Anm. Firsching, 206 Anm. Coester = IPRspr. 1980 Nr. 191, dazu Jayme, ZfRV 24 (1983) 165; 2. 6.1982, IPRax. 1983, 187, 166 Anm. Firsching = IPRspr. 1982 Nr. 115; dazu Jayme, ZfRV 24 (1983) 167; 16. 8.1982, IPRspr. 1982 Nr. 117; 2. 9.1982, IPRspr. 1982 Nr. 118, Bericht IPRax. 1984, 104; 30. 9.1982, BayObLGZ 1982, 331 = IPRspr. 1982 Nr. 119, Bericht IPRax. 1984, 105; 26.5.1983, DNotZ 1984,47 = IPRspr. 1983 Nr. 117, Bericht IPRax. 1984, 105; 27.10. 1983, RPfleger 1984, 66 = IPRspr. 1983 Nr. 118; 13.11.1986, BayObLGZ 1986, 466 = NJW 1987, 1146 = IPRspr. 1986 Nr. 114; KG: 29.12.1902, KGJ 25 A 241; 11.5. 1908, KGJ 36 A 102; 11. 7.1911 , KGJ 41 A 62; 8.12.1921, KGJ 53 A 77; 23.12. 1926, IPRspr. 1926- 27 Nr. 91; 8. 2. 1934, JW 1934, 909 = IPRspr. 1934 Nr. 72; 4. 2. 1937, JFG 15 (1937)78 = JW 1937, 1728, DJ 1937, 554 m. Anm. Vogels = Clunet 64 (1937) 832 m. Anm. Wolff = IPRspr. 1935 - 44 Nr. 732; 21. 3. 1940, DNotZ 1941, 113 = IPRspr. 1935- 44 Nr. 736; 17.10.1972, OLGZ 1973, 149 = NJW 1973,434 = IPRspr. 1972 Nr. 183; 4. 3.1977, OLGZ 1977, 309 = IPRspr. 1977 Nr. 186; OLG Dresden: 17.2.1914, JFG 13 (1914) 216 = KGJ 47 A 238; 15. 1.1929, IPRspr. 1929 Nr. 93; OLG Hamm 15. 7.1975, OLGZ 1975, 397 = FamRZ 1976, 168 = IPRspr. 1975 Nr. 117; OLG Neustadt 25 . 5. 1951, JZ 1951, 644 m. Anm. Neuhaus = IPRspr. 1950 -51 Nr. 112; OLG Rostock 16.12. 1902, NiemeyersZ 13 (1903) 177; OLG Zweibrücken 10. 7.1985, OLGZ 1985, 413 = IPRax. 1987, 108, 83 Anm. Bopp I Witz= IPRspr. 1985 Nr. 211; LG Berlin: 26. 5.1961, IPRspr. 1960-61 Nr. 147; 6.7.1971, RPfleger 1971, 400 = IPRspr. 1970 Nr. 167b; LG Karlsruhe 20.3.1931, JFG 8 (1931) 116 = IPRspr. 1931 Nr. 96; LG Koblenz 17. 7.1958, JZ 1959, 316m. Anm. Drobnig = DNotZ 1959, 609 = IPRspr. 1958 - 59 Nr. 206; LG Mannheim 3.12.1927, IPRspr. 1928 Nr. 57; LG Schwerin 6. 5. 1902, NiemeyersZ 13 (1903) 174. s BayObLG: 7. 2:1958, BayObLGZ 8, 34 = IPRspr. 1958- 59 Nr. 143; 28.10.1969, FamRZ 1969, 677 = RPfleger 1969, 429 = IPRspr. 1968 - 69 Nr. 290; 15. 12. 1972,
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sie aus (negativer Gleichlauf), soweit nicht eine der unten beschriebenen Ausnahmen eingreift. Zur Begründung und Begrenzung der internationalen Zuständigkeit ist gleichgültig, wie es zur Anwendbarkeit des jeweiligen Sachrechts kommt. Positiv ist neben dem Normalfall eines deutschen Erblassers6 auch bei staatsvertraglicher Berufung deutschen Rechts?, bei Staatenlosen mit (gewöhnlichem) Aufenthalt in DeutschlandS oder bei einer auch nur teilweisen Rückverweisung9 die internationale Zuständigkeit nach dem Gleichlaufgrundsatz gegeben; dies galt auch für die Anwendbarkeit deutschen Rechts aufgrund des Art. 25 Satz 2 EGBGB a. F. ("privilegium germanicum")lO. Negativ entfällt die internationale Zuständigkeit auch für den Nachlaß eines Deutschen, soweit seine Beerbung - etwa aufgrund "besonderer Vorschriften"ll für unbeweglichen Nachlaß- einem fremden Recht unterliegt. Diese Rechtsprechung nahm ihren Ausgang in der Fragestellung, ob deutsche Nachlaßgerichte die ihnen vom BGB zugewiesenen Tätigkeiten (etwa die Anordnung einer Nachlaßverwaltungl2) auch für Nachlässe durchführen dürften, die fremdem Erbrecht unterlagen13 . Die Antwort entnahm man dem Kollisionsrecht: die Vorschriften über die Nachlaßverwaltung seien als materielles deutsches Recht nicht berufen, einer Diskussion der "sachlichen Zuständigkeit" (gemeint ist die internationale 14) bedürfe es nicht15 • Erst nachdem das BayObLGZ 1972, 383 = IPRspr. 1972 Nr. 128; 10. 4.1975, BayObLGZ 1975, 153, NJW 1975, 1062, ZfRV 15 (1975) 237 m. Anm. Hoyer = IPRspr. 1975 Nr. 52; 1. 2.1980, BayObLGZ 1980, 42, IPRax. 1982, 111, 98 Anm. Firsching = IPRspr. 1980 Nr. 124; 18. 2.1980, BayObLGZ 1980, 72 = IPRspr. 1980 Nr. 125; 16. 8.1982, IPRspr. 1982 Nr. 117; 2. 9.1982, IPRspr. 1982 Nr. 118, Bericht IPRax. 1984, 104; 30. 9.1982, BayObLGZ 1982, 331 = IPRspr. 1982 Nr. 119, Bericht IPRax. 1984, 105; 26. 5. 1983, DNotZ 1984,47 = IPRspr. 1983 Nr. 117, Bericht IPRax. 1984, 105; 27.10.1983, RPfleger 1984, 66 = IPRspr. 1983 Nr. 118; OLG Dresden 15.1.1929, IPRspr. 1929 Nr. 93; OLG Hamm 15. 7.1975 , OLGZ 1975,397 = FamRZ 1976, 168 = IPRspr. 1975 Nr. 117. 6 Art. 25 I EGBGB (Art. 24,25 EGBGB a.F.). 7 Ferid I Firsching, Deutschland Grdz. C III Rz. 61. s Art. 5 II EGBGB (Art. 29 EGBGB a.F.) . 9 Art. 4 I 2 EGBGB; RG 7.12. 1916, JW 1916, 1593; BayObLG: 15. 12.1972, BayObLGZ 1972, 383 = IPRspr. 1972 Nr. 128; 26. 5.1983, DNotZ 1984, 47 = IPRspr. 1983 Nr. 117, Bericht IPRax. 1984, 105; 27.10.1983, RPfleger 1984,66 = IPRspr. 1983 Nr. 118. 10 In diesem Sinne etwa OLG Karlsruhe 20.3.1931, JFG 1931, 116 = IPRspr. 1931 Nr. 96. 11 Art. 3 III EGBGB, Art. 28 EGBGB a.F.; z.B . BayObLG: 2.6.1982, IPRax. 1983, 187, 166 Anm. Firsching = IPRspr. 1982 Nr. 115; dazu Jayme, ZfRV 24 (1983) 167ff. ; 16. 8.1982, BayObLGZ 1982, 284 = RPfleger 1982, 423 m. Anm. Meyer-Stolte = IPRspr. 1982 Nr. 117, Bericht IPRax. 1983, 82; KG 22. 5. 1984, OLGZ 1984, 428. 12 LG Schwerin 6. 5.1902 und OLG Rostock 16.12. 1902, NiemeyersZ 13 (1903) 174. 13 Von dieser Fragestellung geht auch Niemeyer in seinem grundlegenden Aufsatz in NiemeyersZ 13 (1903) 21ff. aus. 14 Zu den verschiedenen gebrauchten Bezeichnungen Reich 2f., und allgemein Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 1966, 182f. 1s LG Schwerin 6. 5. 1902 und OLG Rostock 16.12.1902, NiemeyersZ 13 (1903) 174.
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OLG Dresdenl6 im Anschluß an Niemeyerl7 die Frage der internationalen Zuständigkeit von der des anwendbaren Rechts getrennt und entsprechend der örtlichen Zuständigkeit nach § 73 FGG beantwortet hatte, wurde für die Statutszuständigkeit eine Begründungl8 nachgeliefert: die Entstehungsgeschichtel9 der§§ 73 FGG, 2369 BGB ergebe, daߧ 73 FGG die internationale Zuständigkeit nicht regeln solle; diese Frage sei "auf Grund des materiellen Rechtes, also des BGB ~nd gegebenenfalls des Internationalen Privatrechts, zu entscheiden ... "20. Der so entstandene Gleichlaufgrundsatz wurde später21 mit dem Argument untermauert, der untrennbare Zusammenhang zwischen materiellem Recht und Verfahrensvorschriften erlaube keine Anwendung fremden Erbrechtszz. Im übrigen spreche schon der Wortlaut des Art. 25 EGBGB a. F. dafür, die deutsche internationale Zuständigkeit nur bei Maßgeblichkeit deutschen Sachrechts anzunehmen. Die Wendung "wird beerbt" in Art. 25 EGBGB a. F. sei ebenso wie die "erbrechtlichen Verhältnisse" in Art. 213 EGBGB als Verweisung auf das materielle und das Verfahrensrecht (einschließlich der Zuständigkeit) zu verstehen, so daß bei Berufung fremden Rechts auch die fremde internationale Zuständigkeit gegeben sei23. Schließlich müsse auf eine Anerkennung der deutschen Verrichtungen durch die lex causae Rücksicht genommen werden. Soweit im Heimatstaat des Erblassers eine ausschließliche Zuständigkeit beansprucht werde, verstoße die Tätigkeit eines deutschen Nachlaßgerichts gegen Art. 25 EGBGB a. F.24. Bereits die zitierten frühen Er1tscheidungen enthalten alle wesentlichen Argumente für die Qeltung des Gleichlaufdogmas. Die Rechtsprechung hat sich später mit den gegen die Gleichlauftheorie vorgebrachten Einwänden selten auseinandergesetzt25 . Ganz überwiegend gehen die Gerichte ohne weitere Begründung vom Gleichlaufgrundsatz aus. 16 Beschlüsse vom 9.5.1906, DNotZ 1907, 324; 20. 12.1906, OLGRspr. 14, 153; ähnlich bereits LG Aachen 25. 8. 1900, SoergelsRspr. 1900/01 § 73 c FGG S. 627. 17 NiemeyersZ 13 (1903) 21ff., insbesondere 24 f., sowie Josef, DNotZ 1904, 199ff. 18 Ohne Begründung für den Gleichlauf noch KG 29.12. 1902, KGJ 25 A 103. 19 Näher unten § 5 A. 2o KG 11. 5.1908, KGJ 36 A 106; ähnlich 11. 7. 1911, KGJ 41 A 62, 65f. 21 Erstmals KG 11. 7.1911, KGJ 41 A 62, 67; ferner OLG Dresden 17. 2.1914, JFG 13 (1914) 216 = KGJ 47 A 238. 22 Vom OLG Dresden 20.12.1906, OLGRspr. 14, 153 wurde das Problem der Verflechtung zwar gesehen, aber nicht als Grund für den generellen Ausschluß der internationalen Zuständigkeit bei Maßgeblichkeit fremden Rechts angesehen ; näher unten Kap. II. 23 KG 11. 7. 1911, KGJ 41 A 67; Näheres unten§ 5 A. III. 24 KG a.a.O . S. 68. 25 Soweit eine Diskussion stattfindet, wird das Gleichlaufdogma an sich nie in Frage gestellt, sondern allenfalls eine einzelne Ausnahme für möglich gehalten; vgL z. B. BayübLG 2.12.1965, BayübLGZ 1965, 423 = NJW 1967, 447 = DNotZ 1967, 51 =
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2. Zuständigkeit nach §§ 2369, 2368 III BGB Nach ständiger Rechtsprechung26 ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte auch bei fremdem Erbstatut gegeben, soweit die Ausstellung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins(§ 2369 BGB) oder Testamentsvollstreckerzeugnisses (§ 2368 III BGB) beantragt wird. Diese Praxis macht zwar eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unzuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte bei fremdem Erbstatut, eine Ausnahme vom Gleichlauf zwischen materiellem Recht und Verfahrensrecht bedeutet sie jedoch nicht: Die Ausstellung eines Erbscheins nach § 2369 BGB27 unterliegt materiellrechtlich wie verfahrensrechtlich dem deutschen Recht. Zwar bezeugt der Erbschein nach § 2369 BGB dem Verständnis der Rechtsprechung28 zufolge ausschließlich fremdes Erbrecht; dieses bestimmt jedoch nur die inhaltliche Ausgestaltung des Erbscheins, und auch das nur in recht begrenztem Maße29. Voraussetzungen und Rechtsfolgen des§ 2369 BGB, insbesondere die an ihn geknüpfte Rechtsscheinswirkung (§§ 2365 - 2367 BGB), richten sich nach deutschem Recht. Dessen Vorrang gegenüber dem bezeugten fremden Erbrecht zeigt sich auch deutlich daran, daß der Erbschein nach § 2369 BGB unabhängig davon erteilt wird, ob das fremde Erbrecht die Einrichtung des Erbscheins überhaupt kennt3°, oder, wenn es die Erteilung von IPRspr. 1964- 65 Nr. 297; dazu Heldrich, NJW 1967, 417 und Neuhaus, NJW 1967, 1167; OLG Frankfurt 30. 9.1975, OLGZ 1977, 180 = IPRspr. 1975 Nr. 213 A ; zuletzt OLG Zweibrücken 10. 7.1985, OLGZ 1985, 413 = IPRax. 1987, 108, 83 Anm. Bopp I Witz = IPRspr. 1985 Nr. 211. 26 BayübLG: 15.2.1971, BayObLGZ 1971, 34 = NJW 1971, 991 = IPRspr. 1971 Nr. 51; 29. 2.1972, BayübLGZ 1972, 86; 5.11.1976, IPRspr. 1976 Nr. 208; 10.4.1981, BayObLGZ 1981, 145 = IPRspr. 1981 Nr. 129, Bericht IPRax. 1981, 183; OLG Hamm 15. 7.1975, OLGZ 1975, 397 = FamRZ 1976, 168 = IPRspr. 1975 Nr. 117; KG: 11. 5.1908, KGJ 36 A 102; 21. 3. 1940, DNotZ 1941, 113 = IPRspr. 1935 - 44 Nr. 736; 18.1.1960, IPRspr. 1960- 61 Nr. 137; 22. 11. 1962, JR 1963, 144 = IPRspr. 1962 - 63 Nr. 223; LG Berlin: 23 . 9. 1970, RPfleger 1971 , 149m. Anm. Bannet= IPRspr. 1970 Nr. 92; 16. 4.1982, IPRspr. 1982 Nr. 200; LG Düsseldorf 25.10.1976, IPRspr. 1976 Nr. 206/207; LG Oldenburg 12. 2. 1979, IRPspr. 1979 Nr. 239; AG München 29.12.1927, IPRspr. 1928 Nr. 58. 27 Ebenso die Ausstellung eines gegenständlich beschränkten Testamentsvollstrekkerzeugnisses, § 2368 III BGB . 28 Näheres unten § 5 A. II. 1. 29 Auch der Inhalt des Fremdrechtserbscheins wird vom deutschen Recht überlagert: anstelle fremder erbrechtlicher Begriffe, die im deutschen Recht keine direkte Entsprechung haben, werden dem fremden Erbrecht nur unvollkommen gerecht werdende deutsche Begriffe verwendet, vgl. etwa die Ausweisung englischer "residuary legatees" als Erben, dazu Schwenn, NJW 1952, 1113ff., Wengler, JR 1955, 41 und Gottheiner, RabelsZ 21 (1956) 36ff., 67ff. ; Näheres unten§ 9 B. I. 3. c) ; zum ganzen auch Drobnig 178f. 30 KG 4. 2. 1937, JFG 15 (1937) 78 = JW 1937, 1728 = DJ 1937,554 m . Anm. Vogels = Clunet 64 (1937) 832 m. Anm. Wolff = IPRspr. 1935- 44 Nr. 732; weitere Nachweise bei l ohnen, MittRhNotK 1986, 63.
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Erbscheinen (oder ähnlichen Legitimationspapieren) vorsieht, ob im konkreten Fall bereits ein solches Zeugnis erteilt worden ist31. Unabhängig vom Erbstatut nach Art. 25 EGBGB ist also durch § 2369 BGB ein Teil deutschen Rechts berufen32, für dessen Anwendung- ganz im Sinne des Gleichlaufgrundsatzes - die deutsche internationale Zuständigkeit gegeben ist. In der Rechtsprechung ist diese Begründung für die aus § 2369 BGB folgende internationale Zuständigkeit freilich nie ausdrücklich gegeben, jedoch stets vorausgesetzt worden. Wenn das deutsche Recht einen besonderen Erbschein für den Fall der Maßgeblichkeit fremden Erbstatuts33 normiert, muß es auch für seine Erteilung ein zuständiges Gericht zur Verfügung stellen34. Die Rechtfertigung dieser "erbrechtlichen Sonderanknüpfung" wird ganz allgemein in den vorrangigen inländischen Verkehrsinteressen gesehen, denen unabhängig vom anwendbaren Recht durch die §§ 2365 - 2367 BGB Rechnung getragen werden muß35.
3. Zuständigkeitkraft Sackzusammenhangs zu§ 2369 BGB Für einzelne über die Erteilung eines Erbscheins hinausgehende nachlaßgerichtliche Tätigkeiten hat die Rechtsprechung ihre internationale Zuständigkeit indirekt aus § 2369 BGB hergeleitet. Verrichtungen, die in einem engen Sachzusammenhang zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins stehen oder für diese Voraussetzung sind, seien von der internationalen Zuständigkeit zur Erbscheinserteilung mit umfaßt. In dieser Weise ist die internationale Zuständigkeit bisher für die Testamentseröffnung36, die Entgegennahme der Annahmeerklärung37 und die Einziehung eines in Deutschland 31 BayObLG: 10. 11.1965, BayObLGZ 1965, 376 = IPRspr. 1964- 65 Nr. 173; 27.10. 1983, RPfleger 1984, 66 = IPRspr. 1983 Nr. 118 (für das Vorliegen eines englischen "Ietter of administration") ; KG: 18.1.1960, IPRspr. 1960 - 61 Nr. 137; interlokal: 23. 9. 1969, OLGZ 1970, 96, 105; LG Berlin 16. 4.1982, IPRspr. 1982 Nr. 200. 32 Diese Abweichung von Art. 25 EGBGB kann man begründen, indem man § 2369 BGB als "besondere Vorschrift" im Sinne des Art. 28 EGBGB a. F . auffaßt. So Habicht I Greift Art. 25 EGBGB Anm. VI 3, ihm zustimmend Staudinger I Firsching vor Art. 24 - 26 EGBGB Rz. 321. 33 Daß § 2369 BGB nur bei fremdem Erbstatut eingreift, entnimmt die Rechtsprechung der Voraussetzung, daß es "an einem zur Erteilung des Erbscheins zuständigen deutschen Nachlaßgerichte" fehlen muß, näher unten § 5 A. II. 1. 34 In diesem Sinne muß bereits KG 11. 5.1908, KGJ 36 A 102, 108, verstanden werden. Vgl. auch die Entstehungsgeschichte des§ 2369 BGB, unten§ 5 A. I. 35 So durchgehend die Rechtsprechung (s. o. N. 30, 31), weiterhin etwa Habicht I Greif! Art. 25 EGBGB Anm. VI 3; Staudinger I Firsching vor Art. 24- 26 E GBGB Rz. 321. 36 LG Bonn 22. 7.1954, IPRspr. 1954- 55 Nr. 209; LG Lübeck 25. 3.1958, IPRspr. 1958 - 59 Nr. 202.
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erteilten Erbscheins38 begründet worden. In den Fällen der Testamentseröffnung wurde dabei trotz Maßgeblichkeit fremden Erbstatuts deutsches Recht (§§ 2260ff. BGB) angewandt. Dieses Vorgehen rechtfertige sich aus der rein formalen Natur der Testamentseröffnung; die der eigentlichen Regelung des Nachlasses nicht vorgreife und somit vom Erbstatut unabhängig sei39. Auch die Einziehung unrichtiger Erbscheine beurteilt sich- ebenso wie deren Erteilung40- nach deutschem Recht. Anders ist es bei der Erbschaftsannahme: sie greift in die eigentliche Regelung des Nachlasses ein und wurde daher vom BayObLG dem Erbstatut entnommen41. Inwieweit die Zuständigkeitkraft Sachzusammenhangs zu § 2369 BGB eine Ausnahme vom Gleichlaufgrundsatz darstellt, ist also davon abhängig, ob die fragliche Verrichtung direkt auf den Nachlaß einwirkt oder- gleich der Testamentseröffnung oder der Erbscheinserteilung nach § 2369 BGB von der materiellen Nachlaßregelung unabhängig ist.
4. Sicherungszuständigkeit Unabhängig vom Erbstatut bejahen die deutschen Nachlaßgerichte ihre internationale Zuständigkeit ferner für alle Maßnahmen zur vorläufigen Sicherung des Nachlasses. Darunter fallen zunächst die Eröffnung von Ausländertestamenten42 sowie die Erzwingung ihrer Auslieferung auch von ausländischen Testamentsbesitzern im Inland43. Diese Maßnahmen dienen der Erhaltung und Bekanntmachung der letztwilligen Verfügungen des Erblassers und sichern somit die Interessen aller Nachlaßbeteiligten44 . Ferner erklären sich die deutschen Nachlaßgerichte bei Fremdrechtsnachlässen zur Anordnung von Nachlaßpflegschaften für zuständig, und zwar unabhängig davon, ob die Anordnung von Amts wegen (§ 1960 BGB)45 oder auf Antrag eines NachSache Zannantonio, BayObLG 2.12.1965, BayObLGZ 1965, 423 = NJW 1967, NJW 1967,417. 38 BayObLG: 10. 9.1964, BayObLGZ 1964, 291 = IPRspr. 1964- 65 Nr. 304; 15.2.1971, BayObLGZ 1971, 34 = NJW 1971,991 = IPRspr. 1971 Nr. 51. 39 LG Bonn 22. 7.1954, IPRspr. 1954- 55 Nr. 209. 40 Vgl. oben 2. 41 BayObLG 2.12.1965 (oben N. 37). 42 BayObLG 19.12.1920, BayObLGZ 19, 373; LG Bonn 22. 7.1954, IPRspr. 195455 Nr. 209; LG München I 5. 9.1912, BayRPflZ 8, 405, Leisatz in ZBlFG 13 (1912 - 13) 367; offengelassen von BayObLG 7.2. 1958, BayObLGZ 1958,34 = IPRspr. 1958- 59 Nr. 143; KG 7.12.1916, JW 1916, 1593. 43 KG 3. 6.1908, KGJ 36 A 85; vgl. auch Planck Art. 25 EGBGB Anm. 3. 44 KG a. a.O .; die Zuständigkeit zur Testamentseröffnung ist auch kraft Sachzusammenhangs zu der internationalen Zuständigkeit aus§ 2369 BGB (dazu oben 3.) angenommen worden. 45 BGH 26.10.1967, IPRspr. 1966- 67 Nr. 303; BayObLG: 22. 2.1963, BayObLGZ 1963, 52 = DNotZ 1964, 40 = IPRspr. 1962 - 63 Nr. 150; 16. 8.1982, BayObLGZ 1982, 37
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= DNotZ 1967,51 = IPRspr. 1964- 65 Nr. 297; dazu Heldrich,
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Iaßgläubigers (§ 1961 BGB)46 erfolgt. Die ursprünglich vom KG47 vertretene Ansicht, eine Nachlaßpflegschaft nach § 1961 könne nicht angeordnet werden, weil die Gerichte nur zu Maßnahmen im Interesse der Nachlaßberechtigten, nicht jedoch der Nachlaßgläubiger, befugt seien, hat das Gericht später selbst aufgegeben; unabhängig davon, wie es zur Einsetzung des Nachlaßpflegers komme, diene die Pflegschaft der Sicherung des Nachlasses48. Der Grund für diese Ausnahme von der prinzipiellen Unzuständigkeit bei Fremdrechtsnachlässen wurde von Anfang an49 in einem allgemein anerkannten internationalen Grundsatz gesehen, nach dem das Gericht der Belegenheit von Nachlaßgegenständen zur einstweiligen Nachlaßsicherung berufen seiso. Dem vorläufigen Charakter und der Eilbedürftigkeit der Sicherungsmaßnahmen entsprechend werden diese nach der Iex fori, in Deutschland also nach deutschem Recht getroffenst. Materielles Recht und Verfahrensrecht werden somit derselben Rechtsordnung entnommen, so daß auch hier wohl eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unzuständigkeit bei fremdem Erbstatut, jedoch keine Ausnahme vom Gleichlauf vorliegt52 • Allerdings ist der Gleichlauf hier "umgekehrt": die internationale Zuständigkeit folgt nicht dem anwendbaren Recht, sondern jenes folgt aus der Berufung der inländischen Gerichte zur Sicherung des NachlassessJ.
5. Not- und Fürsorgezuständigkeit Die deutschen Nachlaßgerichte haben sich ferner dann für international (bzw. interlokal) zuständig erklärt, wenn die Ablehnung der Zuständigkeit 284 = RPfleger 1982, 423 m. Anm. Meyer-Stolte = IPRspr. 1982 Nr. 117, Anm. Firsching, IPRax. 1983, 82; 30. 9. 1982, BayObLGZ 1982, 331 = IPRspr. 1982 Nr. 119, Bericht IPRax. 1984, 105; KG: 29. 12. 1902, KGJ 25 A 241; 4. 2.1937 , JW 1937, 1728 = DJ 1937, 554 m. Anm. Vogels= Clunet 64 (1937) 832 m. Anm. Wolff = IPRspr. 1935 44 Nr. 732; 8. 12. 1921, KGJ 53 A 77, sowie generell für alle Sicherungsmaßnahmen KG 11. 7.1911, KGJ 41 A 62, 68 (obiter); LG Berlin 26. 5. 1961, IPRspr. 1960- 61 Nr. 147. 46 OLG Hamm 5. 3.1962, IPRspr. 1962 - 63 Nr. 222; KG 8. 2.1934, JW 1934, 909 = IPRspr. 1934 Nr. 72; OLG München 23. 7.1937, JFG 16, 98 = IPRspr. 1935- 44 Nr. 390; LG Wiesbaden 1.2.1933, IPRspr. 1933 Nr. 59; AG Dresden 9.11.1932, IPRspr. 1933 Nr. 58. 47 Beschluß vom 23.12.1926, IPRspr. 1926 - 27 Nr. 91. 48 KG 8. 2. 1934, JW 1934, 909 = IPRspr. 1934 Nr. 72. 49 Erstmals KG 29.12.1902, KGJ 25 A 241, und die gesamte oben zitierte Rechtsprechung. 50 Vgl. etwa Böhm 48ff. 5t Vgl. die oben zitierte Rechtsprechung. Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach der Iex causaeerwägt nur KG 29. 12. 1902, KGJ 25 A 241. 52 Vgl. auch Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 105f. N. 17. 53 Ebenso Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 181; anders Heldrich (vorigeN.): die internationale Zuständigkeit folge hier - ebenso wie bei § 2369 BGB - aus der für Sicherungsmaßnahmen gegebenen Maßgeblichkeit deutschen Rechts.
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aufgrund der beschriebenen Grundsätze im konkreten Fall oder in festumschriebenen Fallgruppen zu einer Rechtsverweigerung gegenüber dem Antragsteller führen würde. Rechtsverweigerung droht, wenn die Behörden des primär zur Nachlaßabwicklung berufenen Iex-causae-Staates (regelmäßig also des Heimatstaates des Erblassers) sich für international unzuständig halten oder aus sonstigen Gründen ein Tätigwerden ablehnen. Bedürfnis nach Fürsorge und Not werden von den deutschen Gerichten synonym verwendet: "Not ist ein schwerer Fall des Fürsorgebedürfnisses"54. In der Literatur ist der Begriff der Fürsorgezuständigkeit auch für die Fallgruppe der vorläufigen sichernden Maßnahmenss verwendet worden56. Zwar ist auch Nachlaßsicherung Fürsorge, doch sollte der Begriff zugunsten einer klaren Trennung der Fallgruppen den Fällen drohender Rechtsverweigerung vorbehalten bleiben. Zuständigkeit für Sicherungsmaßnahmen und Fürsorgezuständigkeit unterscheiden sich danach aber nicht nur in ihren Voraussetzungen, sondern- wichtiger - in ihren Folgen: während Sicherungsmaßnahmen nach der Iex fori getroffen werden57, unterliegen die Verrichtungen bei Not- und Fürsorgezuständigkeit jedenfalls grundsätzlich58 der Iex causae. Damit nimmt die Rechtsprechung hier tatsächlich eine Ausnahme vom Gleichlaufgrundsatz in Kauf. Bei festgestelltem Fürsorgebedürfnis "muß das aus den Schwierigkeiten, die sich aus der Anwendung ausländischen materiellen Erbrechts im deutschen Nachlaßverfahren ergeben, hergeleitete Bedenken gegen die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte zurücktreten" 59 . Bedeutung hat die Not- bzw. Fürsorgezuständigkeit vor allem in den Fällen erlangt, in denen die Erben von kriegsvertriebenen oder im Vertreibungsgebiet verstorbenen Erblassern zur Geltendmachung ihrer Ansprüche nach dem Lastenausgleichsgesetz60 in der Bundesrepublik Deutschland ein Zeugnis über ihr Erbrecht benötigten. Einige der betreffenden Nachlässe unterlagen fremdem (etwa jugoslawischem, rumänischem oder polnischem) Recht, so daß die deutschen Nachlaßgerichte nach der Gleichlauftheorie international unzuständig waren. Häufig handelte es sich jedoch um deutsche Erblasser, die mit letztem Wohnsitz im Gebiet der heutigen DDR verstorben waren und auf deren Nachlässe das BGB Anwendung fand. Spätestens aber nachdem der BGH in Soergel / Kegel vor Art. 24 EGBGB Rz. 69. s. oben 4. 56 Etwa von Kühne 202; vgl. auch Kegel, IPR 664 und Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 1966, 197. 57 Vgl. oben 4. 58 Auch bei Anwendung fremden Erbrechts wird bisweilen auf das deutsche Recht zurückgegriffen; dazu unten§ 7 A. II. 3. 59 BayObLG 26. 5. 1961, BayObLGZ 1961, 176, 179 = NJW 1961, 1969 = IPRspr. 1960 - 61 Nr. 228. 60 Text und Erläuterung bei Harmening, Lastenausgleich. 54
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seiner Entscheidung vom 20.5.196961 Erblasser, die mit letztem Wohnsitz in der DDR verstorben waren, wegen der zunehmenden Rechtsverschiedenheit in den beiden deutschen Teilrechtsgebieten für die Belange des Nachlaßverfahrensrechts Ausländern gleichgestellt hatte, war auch in diesen Fällen die allgemeine interlokale Zuständigkeit nicht mehr gegeben62. Zu einer Rechtsverweigerung mit der Folge der Notzuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte hätte dies noch nicht führen müssen. Einerseits hätten die Behörden am letzten Wohnsitz des Erblassers (in der DDR) tätig werden können, andererseits wären bei Belegenheit von Nachlaßgegenständen in der Bundesrepublik Deutschland (dazu zählt auch der Lastenausgleichsanspruch, vgl. § 2369 li 2 BGB) die hiesigen Nachlaßgerichte nach § 2369 BGB zur Ausstellung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins interlokal zuständig gewesen. Doch lehnten die staatlichen Notariate der DDR die Ausstellung von Erbscheinen zu Lastenausgleichszwecken aus politischen Gründen ab63; von anderen Staaten wurde angenommen, daß dort keine internationale Zuständigkeit für die Nachlaßabwicklung für die von ihnen ausgesiedelten Erblasser in Anspruch genommen werde64. Dennoch drohte solange keine Rechtsverweigerung, wie gegenständlich beschränkte Erbscheine nach § 2369 BGB ausgestellt werden konnten. Voraussetzung für eine Anwendung dieser Vorschrift war allerdings, daß der in der Bundesrepublik Deutschland belegene Lastenausgleichsanspruch in den Nachlaß fiel. Daran fehlte es immer dann, wenn der Erblasser bereits vor Entstehung der Ansprüche am 1.4. 1952 (§ 232 li LAG) verstorben war und der Ausgleichsanspruch gemäß § 229 LAG in der Person des Erben entstand65. Die Rechtsprechung hat sich hier zunächst mit der sogenannten "Wurzeltheo61 BGHZ 52, 123, vorher bereits das KG, 2. 6. 1966, OLGZ 1966, 499 = JR 1967, 143 m. Anm. Firsching = DNotZ 1967, 378. 62 Gleichgültig ist insoweit, ob man dieses Ergebnis mit der entsprechenden Anwendung des§ 73 FGG begründet (so der BGH a.a.O., vorigeN.) oder mit einer Heranziehung der Gleichlauftheorie auch für die interlokale Zuständigkeit (so z. B. BayObLG 5.11.1976, IPRspr. 1976 Nr. 208 m. w.Nachw.; Firsching, RPfleger 1972, Sf.; KG: 15. 3.1985, OLGZ 1985, 179 = IPRspr. 1985 Nr. 113; 23. 9.1969, OLGZ 1970, 97, 100; Keidel I Kuntze I Wink/er § 73 FGG Rz. S2ff.; offengelassen von BGH 3.12.1975, IPRspr. 1975 Nr. 211 b) . Bei analoger Anwendung des§ 73 FGG wäre die DDR nicht als Inland, ein mit letztem Wohnsitz dort verstorbener Erblasser nicht als Deutscher anzusehen (BGH, vorigeN.), so daß nur eine beschränkte Belegenheilszuständigkeit entsprechend § 73 III FGG i. V. m. § 2369 BGB in Betracht käme. In beiden Fällen könnte also höchstens ein gegenständlich beschränkter Erbschein nach § 2369 BGB ausgestellt werden. 63 Vgl. die zentrale Rundverfügung an die staatlichen Notariate, angeführt bei Jansen, § 73 FGG Rz. 37; vgl. ferner BGH 3.12. 1975, NJW 1976, 480 = IPRspr. 1975 Nr. 211 b m. w. Nachw.; KG: 23. 9. 1969, OLGZ 1970, 96, 104; 29. 3.1974, IPRspr. 1974 Nr. 203. 64 So z. B. für Jugoslawien KG 22. 11.1962, JR 1963, 144 = IPRspr. 1962- 63 Nr. 223. 65 Dazu etwa Keidel I Kuntze I Wink/er § 73 FGG Rz. 42.
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rie" beholfen: wenn auch der Ausgleichsanspruch in der Person des Erben entstand, so habe er doch seine Wurzel in dem von Enteignungsmaßnahmen betroffenen Nachlaßgegenstand und könne mithin als selbst zum Nachlaß gehörig betrachtet werden66. War jedoch der Erblasser bereits vor dem entschädigungserheblichen Zeitpunkt (etwa der Vertreibung oder Enteignung) verstorben, konnte auch diese Hilfskonstruktion nicht mehr zur Zuständigkeitsbegründung nutzbar gemacht werden. Der Lastenausgleichsanspruch wurzelte hier nicht mehr in einem Nachlaßgegenstand, der z. Zt. des Erbfalls bereits von entschädigungsrelevanten Maßnahmen betroffen war, sondern im Vermögen des Erben, das dieser ohne für das LAG erhebliche Kriegseinwirkung erlangt hatte. Eine internationale (interlokale) Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte nach§ 2369 II 2 BGB schied damit mangels eines im Inland belegeneu Nachlaßgegenstandes aus, die deutschen Gerichte konnten nicht tätig werden67. Angesichts dieser Problemstellung hat sich zunächst das KG von der "Wurzeltheorie" gelöst und die Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte unabhängig von der Belegenheit von Nachlaßgegenständen im Inland (§ 2369 BGB) aus einem allgemeinen Fürsorgebedürfnis hergeleitet6B. Abgesehen davon, daß die "Wurzeltheorie" nicht in allen Fällen die Erteilung eines Erbscheines ermögliche, habe die Fürsorgezuständigkeit den weiteren Vorteil, daß sie auch für andere Verrichtungen des Nachlaßgerichts, etwa betreffend die Erbenhaftung oder das Pflichtteilsrecht, die internationale (interlokale) Zuständigkeit eröffne69. Der BGH hat sich zunächst gegen diese Rechtsprechung des KG gewandt und die "Wurzeltheorie" für ausreichend gehalten7o, seinen Standpunkt später aber ausdrücklich aufgegeben und- jedenfalls für deutsche Erblasser, die mit letz66 So etwa BGH: 20. 5. 1969, BGHZ 52, 123, 146f.; 2. 2. 1972, NJW 1972, 945 = DNotZ 1972, 501 = IPRspr. 1972 Nr. 182; BayObLG: 10. 7. 1956, BayObLGZ 1956, 236 = IPRspr. 1956- 57 Nr. 212; 29. 2.1972, BayObLGZ 1972, 86, 88; 14. 5. 1979, IPRspr. 1979 Nr. 240; 10.4:1981, BayObLGZ 1981, 145 = IPRspr. 1981 Nr. 129; KG: 1. 7.1954, JR 1954, 464 = IPRspr. 1954- 55 Nr. 208; 19. 7.1954, NJW 1954, 1331 = DNotZ 1954, 607 = IPRspr. JR 1954, 464; 23.11.1961, NJW 1962, 258, 1066 Anm. Waehler = IPRspr.1960- 61 Nr. 229; 22.11.1962, JR 1963, 144 = IPRspr. 1962 - 63 Nr. 223; gegen die "Wurzeltheorie" nur OLG Karlsruhe 25.5.1961, IPRspr. 1960- 61 Nr. 227. Allgemein zur "Wurzeltheorie" Keidel I Kuntze I Wink/er§ 73 FGG Rz. 45f. 67 BayObLG 27. 3. 1956, BayObLGZ 1956, 119 = IPRspr. 1956 - 57 Nr. 211 a; vgl. auch BGH 2. 2.1972, NJW 1972, 945 = DNotZ 1972, 501 = IPRspr. 1972 Nr. 182; auch in diesen Fällen wurde zunächst die "Wurzeltheorie" angewandt: KG: 19. 7. 1954, NJW 1954, 1331 = DNotZ 1954, 607 = JR 1954, 464; 23. 11.1961, NJW 1962, 258, 1066 Anm. Waehler = DNotZ 1962, 144 = IPRspr. 1960 - 61 Nr. 229. 68 KG: 23. 9.1969, OLGZ 1970, 96, 101 und bereits vorher ohne LAG-Bezug 2.6.1966, OLGZ 1966, 499 = JR 1967, 143m. Anm. Firsching = DNotZ 1967, 378; zum LAG: 29. 3. 1974, IPRspr. 1974 Nr. 203; 31. 1.1975, OLGZ 1975, 287 = IPRspr. 1975 Nr. 211 a. 69 KG 23. 9.1969, OLGZ 1970, 96, 101. Für die Entlassung eines Testamentsvollstreckers OLG Hamm 27.4.1973, OLGZ 1973,289 = IPRspr. 1973 Nr. 183. 70 BGH 2. 2. 1972, NJW 1972, 945 = DNotZ 1972, 501 = IPRspr. 1972 Nr. 182.
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tem Wohnsitz auf dem Gebiet der heutigen DDR verstorben sind- die deutsche interlokale Zuständigkeit "aus dem besonderen Gesichtspunkt des Fürsorgebedürfnissesoder der Notzuständigkeit" 71 bejaht. Diese Rechtsprechung hat sich durchgesetzt72. Die danach erteilten Erbscheine sind-trotzder Maßgeblichkeit fremden Rechts - gegenständlich nicht beschränkte sogenannte "Eigenrechtserbscheine" (§ 2353 BGB)73. Abgesehen von den Lastenausgleichsfällen wurde die Notzuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte nur in einem einzigen Fall bejaht14 . In anderen Fällen wurde eine Not- oder Fürsorgezuständigkeit zwar für möglich gehalten, schließlich jedoch abgelehnt, weil ein Tätigwerden der zuständigen Stellen des Iex-causae-Staates erwiesen oder doch wahrscheinlich war75. II. Andere Kriterien
Abgesehen von einigen später ausdrücklich aufgegebenen Entscheidungen vom Beginn des Jahrhunderts , die ihre internationale Zuständigkeit aus den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit herleiteten(§§ 73,74 FGG)76, ist eine Alternative zum Zuständigkeitssystem des Gleichlaufs (oben I) von der Rechtsprechung nie diskutiert worden. Dies erklärt sich aus der Struktur dieses Systems als Regel (Statutszuständigkeit) mit weitgehenden Ausnahmen, die es ermöglicht, im Bedarfsfalle weitere Ausnahmen hinzuzufügen, ohne den Grundsatz aufgeben zu müssen. Bestes Beispiel für diesen Befund 71 BGH 3.12.1975, BGHZ 65, 311 = DNotZ 1976, 561 = LM § 73 FGG Nr. 4 m. Anm. Johannsen = IPRspr. 1975 Nr. 211 b; 16.1.1976, MDR 1976, 477 = IPRspr. 1976 Nr. 203. 72 Vgl. etwa BayObLG 27.11.1978, IPRspr. 1978 Nr. 196; KG 29.8.1977, OLGZ 1978, 156 = IPRspr. 1977 Nr. 188; OLG Karlsruhe 28.10.1980, OLGZ 1981, 399, sämtlich betreffend Fälle, in denen der Erblasser zwar nach dem 1. 4.1952, aber vor dem 1.1.1965 verstorben war, und der LAG-Anspruch dennoch nicht in den Nachlaß fiel, vgl. dazu BGH 16. 1.1976, MDR 1976, 477 = IPRspr. 1976 Nr. 203. Ferner OLG Hamm 27.4.1973, OLGZ 1973, 289 = IPRspr. 1973 Nr. 183 (Entlassung eines Testamentsvollstreckers) und LG Dortmund 25.11.1980, IPRspr. 1980 Nr. 128. 73 Näher dazu unten § 5 A. li. 1. "Fremdrechtserbscheine" (§ 2369 BGB) könnenwie oben dargelegt wurde- mangels eines im Inland belegeneo Nachlasses nicht erteilt werden. 74 Sache Zannantonio, BayObLG 2. 12. 1965, BayObLGZ 1965, 423 = NJW 1967, 477 = DNotZ 1967, 51= IPRspr. 1964- 65 Nr. 297; dazu Ferid, FS Cohn 34; Heldrich, NJW 1967, 417; Neuhaus, NJW 1967, 1167. 75 OLG Frankfurt 30. 9.1975, OLGZ 1977, 180 = IPRspr. 1975 Nr. 213 A; OLG Zweibrücken 10. 7.1985, OLGZ 1985, 413 = IPRax. 1987, 108, 83 Anm. Bopp I Witz = IPRspr. 1985 Nr. 211; LG Berlin 6. 7.1971, RPfleger 1971, 400 = IPRspr. 1971 Nr. 167b. 76 OLG Dresden 18. 4.1906, OLGRspr. 14, 153; 20.12.1906, DNotV 1907, 324; aufgegeben durch Beschluß vom 17. 2.1914, JFG 13 (1914) 216 = KGJ 47 A 238; vgl. ferner BayObLG 10. 2.1913, BayObLGZ 14, 74 (obiter) sowie LG Aachen 25. 8.1900, Soergels Rspr. 1900/01 § 73c FGG S. 627.
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ist der in der Literatur als "grundsätzliche Wende der bisherigen Judikatur"?? gefeierte Beschluß des BayObLG vom 2.12.1965 in der Sache Zannantonio7B. Obwohl hier - entgegen dem Gleichlaufgrundsatz - die internationale Zuständigkeit für eine Erbschaftsannahme und Inventarerrichtung nach italienischem Erbstatut angenommen wurde und man die von der Gleichlauftheorie im Regelfall für unüberwindlich gehaltenen Koordinierungsschwierigkeiten von fremdem materiellem Erbrecht und eigenem Verfahrensrecht überwand, ging das Gericht doch ausdrücklich von der Geltung des Gleichlaufgrundsatzes aus und rechtfertigte sein Tätigwerden mit dem Sachzusammenhang zu § 2369 BGB und einer Notzuständigkeit. Damit wurde zweifellos eine beachtliche Ausnahme vom Gleichlaufgrundsatz gemacht. Eine "grundsätzliche Wende" brachte die Entscheidung jedoch nicht79, da der für eine Notzuständigkeit geforderte Beweis, im Ausland keine entsprechende Entscheidung erlangen zu können, kaum je zu erbringen sein wird. An der Praxis der Nachlaßgerichte hat der Beschluß wenig geändert. Immerhin gibt es Entscheidungen, in denen die internationale Zuständigkeit der Nachlaßgerichte von Kriterien abhängig gemacht wurde, die in das Zuständigkeitssystem des Gleichlaufs nicht passen, wenngleich auch hier häufig die grundsätzliche Geltung des Gleichlaufgrundsatzes betont wird. 1. Staatsangehörigkeit Zunächst sind die Fälle zu nennen, in denen für den Nachlaß deutscher Erblasser, der entgegen Art. 24 EGBGB a. F. einem fremden Erbstatut unterlag, die internationale Zuständigkeit aus der deutschen Staatsangehörigkeit des Erblassers gefolgert wurde. So hat das BayObLG eine allgemeine Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte für Sudelendeutsche angenommen, für deren Beerbung das in der Tschechoslowakei geltende ABGB maßgeblich warso, soweit ihre Hinterbliebenen in das Altreich vertrieben wurdenBl. In der LeitentscheidungB2 äußert sich das Gericht vorsichtig dahin, daß der - ansonHeldrich, NJW 1967, 417. BayObLGZ 1965, 423 = NJW 1967, 447 = DNotZ 1967, 51 = IPRspr. 1964- 65 Nr. 297; dazu Ferid, FS Cohn 34, Heldrich, NJW 1967, 417 und Neuhaus, NJW 1967, 1167. 79 Zweifelnd auch Firsching, RPfleger 1972, 4. 80 Zu dieser Anomalie - deutsche Staatsangehörigkeit, Beerbung nach dem ABGB als Heimatrecht im Sinne des Art. 24 EGBGB a. F. - BayObLG 13. 12. 1960, BayObLGZ 1960, 478 = DNotZ 1961 , 531 = IPRspr. 1960- 61 Nr. 142. 81 BayObLG: 26.5. 1961, BayObLGZ 1961, 176 = IPRspr. 1960- 61 Nr. 228; 8. 5.1967, BayObLGZ 1967, 197 = IPRspr. 1966 - 67 Nr. 178; 18.9.1967, BayObLGZ 1967, 338 = IPRspr. 1966- 67 Nr. 180; vgl. auch Keidel l Kuntze I Winkler § 73 FGG Rz. 20. 82 BayObLG 26.5.1961 a.a.O. (vorigeN.) . 77
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sten ausdrücklich anerkannte - Gleichlaufgrundsatz (in seiner negativen Funktion) auf deutsche Staatsangehörige möglicherweise keine Anwendung finde. Diesen Ansatzpunkt hat das KG zur Begründung seiner Judikatur zur interlokalen Zuständigkeit später83 aufgegriffen. Verstirbt ein Deutscher mit letztem Wohnsitz im Gebiet der heutigen DDR, tritt wegen der Rechtsverschiedenheit in den beiden deutschen Teilrechtsgebieten auch hier die Situation ein, daß sich die Beerbung eines Deutschen nach fremdem Erbstatut richtet und die interlokale Zuständigkeit nach dem Gleichlaufgrundsatz prinzipiell zu verneinen ist84. Das KG hat hier in einigen Entscheidungen über eine bloße Notzuständigkeit85 hinaus die allgemeine Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Nachlässe von "DDR-Erblassern" angenommen, wenn in der Bundesrepublik irgendein Bedürfnis für eine nachlaßgerichtliche Tätigkeit hervortrat86. Die Staatsangehörigkeitszuständigkeit entspringt einem Fürsorgebedürfnis: in den Sudetendeutschen-Fällen übernehmen die ehemaligen Heimatstaaten nicht die nachlaßgerichtliche Fürsorge für die von ihnen vertriebenen Volksdeutschen, die somit auf die deutschen Nachlaßgerichte angewiesen sind87. Die Nachlässe deutscher Erblasser mit letztem Wohnsitz im Gebiet der heutigen DDR werden zwar grundsätzlich von den staatlichen Notariaten der DDR betreut. Dennoch sieht das KG ein Fürsorgebedürfnis für eine allgemeine Zuständigkeit der westdeutschen Nachlaßgerichte: " ... die gerade auch den Einzelnen in seinem Bereich empfindlich treffenden Maßnahmen der mitteldeutschen Behörden können dem Einzelnen vielerlei Gründe geben, sein Recht nicht vor mitteldeutschen Behörden und Gerichten zu suchen"88. Trotzdem ist die so begründete Zuständigkeit weiter als die oben I 5 dargestellte Not- und Fürsorgezuständigkeit, die wegen ihres Ausnahmecharakters -der Nachweis einer konkreten Rechtsverweigerung durch die Behörden des Iex-causae-Staates ist in jedem Einzelfall zu erbringen- noch mit dem Zuständigkeitssystem des Gleichlaufs zu vereinbaren ist. Denn die Staatsangehörigkeitszuständigkeit eröffnet dem Antragsteller ganz unabhängig von jeder Rechtsverweigerung einen Gerichtsstand, also auch dann, wenn die für ihn primär zuständigen Behörden wohl tätig werden müssen, er sich aber von den westdeutschen Nachlaßgerichten - etwa aus politischen Gründen - eine günKG 31. 1. 1975, OLGZ 1975, 287 = IPRspr. 1975 Nr. 211 a S. 554. BGH 20. 5. 1969, BGHZ 52, 123; vgl. oben I. 5. 85 Dazu oben I. 5. 86 KG: 2. 6. 1966, OLGZ 1966,499 = DNotZ 1967, 378 = JR 1967, 143m. zust. Anm. Firsching; 13. 5. 1968, OLGZ 1968, 462 = FamRZ 1968, 489; 29. 3. 1974, RPfleger 1975, 168 = IPRspr. 1974 Nr. 203; 31.1.1975, OLGZ 1975, 287 = IPRspr. 1975 Nr. 211 a. 87 BayObLG 26. 5. 1961, BayObLGZ 1961 , 176, 179 = IPRspr. 1960- 61 Nr. 228. 88 KG 2. 6. 1966 (vorletzteN.). 83 84
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stigere Entscheidung erhofft. Gerade für diese Fälle aber wollte das KG eine Zuständigkeit der westdeutschen Nachlaßgerichte begründen89. Weil die Staatsangehörigkeitszuständigkeit eine allgemeine Zuständigkeit90 eröffnet, wurden in den angeführten Fällen allgemeine Erbscheine (§ 2353 BGB) ausgestellt. Daß damit- entgegen dem der Gleichlauftheorie entsprechenden Verständnis des § 2353 BGB als Vorschrift über den "Eigenrechtserbschein"91 - ein allgemeiner Erbschein über fremdes Erbrecht ausgestellt wird, hat die Rechtsprechung hier ebenso hingenommen wie die Tatsache, daß in diesen Fällen stets fremdes materielles Erbrecht mit eigenem Verfahrensrecht zu koordinieren ist92. Die Staatsangehörigkeitszuständigkeit ist in der Rechtsprechung die Ausnahme geblieben; abgesehen von den dargestellten, auf einem besonderen Fürsorgebedürfnis beruhenden Fällen, fehlt nach der Rechtsprechung die internationale Zuständigkeit für Nachlässe deutscher Erblasser, soweit sie fremdem Recht unterliegen93. 2. Räumliche Nähe In anderen Fällen wurde die internationale (bzw. interlokale) Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte von Erwägungen abhängig gemacht, die die räumliche Nähe des zu entscheidenden Sachverhaltes zum westdeutschen Inland betrafen. Diese Entscheidungen orientierten sich also nicht am anwendbaren Recht (Gleichlauf), sondern stellten Überlegungen an, die außerhalb des internationalen Nachlaßverfahrensrechts gemeinhin den Kriterien der internationalen Zuständigkeit zugrundegelegt werden. In den bezeichneten Fällen war über die Zuständigkeit zur endgültigen Verwahrung von Testamenten94 bzw. zur Entgegennahme einer Testamentsanfechtung95 zu entscheiden. Bei derartigen "Angelegenheiten, die aus tatsäch89 KG 2. 6. 1966 a.a.O. Daß diese Judikatur des KG eine Durchbrechung der Gleichlauftheorieund nicht lediglich eine Ausnahme von ihr ist, betont auch Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 157. 90 Im Gegensatz zur bloßen gegenständlich beschränkten Belegenheitszuständigkeit, § 2369 BGB . 91 Dazu unten § 5 A. 11. 1. 92 Zu beiden Gesichtspunkten BayObLG 26.5. 1961, BayObLGZ 1961 ,176, 179,181 = IPRspr. 1960- 61 Nr. 228. 93 Siehe oben I. 1. 94 BayObLG 20.10.1982, IPRspr. 1982 Nr. 201; KG 14.10.1969, OLGZ 1970,223 = NJW 1970, 391 = DNotZ 1970, 677, 679 Anm. Geimer; LG Berlin 21.12.1970, RPfleger 1971, 399 = IPRspr. 1970 Nr. 167 a; insoweit aufgehoben durch LG Berlin 6. 7. 1971, RPfleger 1971, 400 = IPRspr. 1970 Nr. 167b; vgl. auch LG Braunschweig 18. 1. 1972, Mitt. Rh. Not. K. 1972, 718. 95 KG, Vorlagebeschluß vom 7.11.1975, OLGZ 1976, 167 = JR 1976, 199m. Anm. Huhn= IPRspr. 1977 Nr. 184a; insoweit offengelassen von BGH 6.7.1977, IPRspr. 1977 Nr. 184b.
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liehen Gründen nur von einer einzigen Stelle wahrgenommen werden können, muß diejenige Stelle als zuständig angesehen werden, bei denen die verfahrensrechtlichen Zwecke, denen die betreffende Verrichtung dient, am besten gewahrt werden"96. Danach waren die westdeutschen Nachlaßgerichte in den entschiedenen Fällen unzuständig, weil die Erblasser ihren letzten Wohnsitz im (nachlaßgerichtlichen) Ausland97 hatten, und sich nach der Überzeugung der Gerichte alle vom Vorhandensein des Testaments Betroffenen dorthin wenden würden. Aus demselben Grunde sei auch dort die zentrale Kompetenz zur Entgegennahme der Testamentsanfechtung begründet98. Diesen echten international-verfahrensrechtlichen Erwägungen wird dadurch einiges von ihrem Stellenwert genommen, daß sie teilweise nur zur Bestärkung der bereits aus der Gleichlauftheorie folgenden internationalen Unzuständigkeit angestellt wurden99. Andererseits werden sie dadurch aufgewertet, daß es ihrer bei konsequenter Anwendung des Gleichlaufprinzips gar nicht bedurft hätte und sie trotzdem die zentralen Entscheidungsgründe darstellen. Entscheidende Bedeutung kam den dargelegten Erwägungen aber in einem Beschluß des Kammergerichts zu10o, der von der oben referierten Staatsangehörigkeitszuständigkeit für die Nachlässe von DDR-Erblassern ausging und die interlokale Zuständigkeit sodann wegen größerer Sachnähe des zuständigen staatlichen Notariats der DDR ablehnte. Insgesamt kann jedoch auch diesen Entscheidungen nur Ausnahmecharakter zugesprochen werden101. Dasselbe gilt für eine vereinzelt gebliebene Entscheidung des OLG Schleswig, das die internationale Zuständigkeit aus den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit herleitete, ohne sich mit der Gleichlauftheorie auseinanderzusetzen102 . 111. Zusammenfassung
Die Rechtsprechung geht konsequent von einem auf dem Gleichlauf von materiellem Recht und Verfahrensrecht beruhenden Zuständigkeitssystem 96 KG 14. 10.1969, NJW 1970, 391, 392; wörtlich übernommen von KG 7.11.1975 (vorigeN.). 97 Zur Beurteilung der DDR als Ausland im Sinne des Nachlaßverfahrensrechts BGH 20. 5.1969, BGHZ 52, 123. 98 KG 7.11.1975, OLGZ 1976, 167 = JR 1976, 199m. Anm. Huhn = IPRspr. 1977 Nr. 184a. 99 Etwa von KG 7.11.1975 (vorigeN.); ausschließlich auf den (mangelnden) Gleichlauf stellt ab LG Berlin 6. 7. 1971, RPfleger 1971, 400 = IPRspr. 1971 Nr. 167b. 1oo KG 14. 10.1969, NJW 1970, 391. 101 Zur Einordnung dieser Entscheidungen als Anwendungsfälle der Lehre vom forumnon conveniens unten§ 5 B. IV. 3. 102 OLG Schleswig 22. 10. 1976, SchiHA 1978, 37 = IPRspr. 1976 Nr. 116.
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aus. Grundregel ist die durch das Kollisionsrecht bestimmte Statutszuständigkeit. Die in der Praxis sehr bedeutsamen Ausnahmen vom Grundsatz der Unzuständigkeit bei fremdem Erbstatut bedeuten größtenteils keine Ausnahmen vom Gleichlaufgrundsatz: bei der Sicherungszuständigkeit, der Zuständigkeit zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins nach § 2369 BGB und teils auch bei der Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs zu § 2369 BGB laufen materielles deutsches Recht und deutsches Verfahrensrecht gleich, obwohl fremdes Recht Erbstatut ist. Lediglich die von der Rechtsprechung zur Verhinderung von Rechtsverweigerung vorsichtig anerkannte Not- oder Fürsorgezuständigkeit stellt keinen Gleichlauf her. Angleichungsprobleme von fremdem materiellem Recht und deutschem Verfahrensrecht werden hier in Kauf genommen. Dies macht die Notzuständigkeit zu einem Fremdkörper im Zuständigkeitssystem der Rechtsprechung, in das sie sich durch ihren Ausnahmecharakter (Eingreifen nur in den seltenen Fällen erwiesener Rechtsverweigerung) aber noch einfügt. Dagegen tritt die Staatsangehörigkeitszuständigkeit (oben 11.1.) nicht als Ausnahme neben die Statutszuständigkeit, sondern an deren Stelle. Diesen ebenfalls auf Fürsorgeerwägungen beruhenden Ansatz hat die Rechtsprechung jedoch nicht weiter verfolgt. Dasselbe gilt von einigen Entscheidungen, welche die internationale Zuständigkeit von der räumlichen Nähe des Sachverhalts zum Forum abhängig machten. B. Theoretische Grundlagen
So einmütig die Rechtsprechung vom Gleichlaufgrundsatz in Nachlaßsachen ausgegangen ist, so sehr gehen die Ansichten in der Literatur auseinanderl03. Die Diskussion wird dadurch erschwert, daß ihr verschiedene Ausprä103 Grundsätzlich für den Gleichlauf in seinen verschiedenen Ausprägungen haben sich ausgesprochen: Habicht I Greift Art. 25 EGBGB Anm. VI; Planck Art. 25 EGBGB Anm. 3; Asch, JW 1925, 1600; Reu 106, 116ff. ; Reichhof 59, 61 ; Neuhaus 428ff.; ders., RabelsZ 35 (1971) 419f.; ders., RabelsZ 37 (1973) 189f.; ders., NJW 1967, 1167f. ; ders., FamRZ 1959, 482f.; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 213 ff. akzeptiert den Gleichlauf als "heuristisches Prinzip" ; vgl. aber 232f. ; Nussbaum 366; Raape 444; Staudinger I Raape Art. 25 EGBGB Anm. G 1; Firsching, RPfleger 1972, 4ff.; ders. , Vorschläge und Gutachten 212f.; ders., IPR 129; ders., Nachlaßrecht 57; Staudinger I Firsching, Vorbem. Art. 24 - 26 EGBGB Rz. 315 ff.; Ferid I Firsching Deutschland Grdz. C III Rz. 61; Keidel I Kuntze I WinkZer § 73 FGG Rz. 18f.; Jansen FOG§ 73 Rz. 26; Schlegelberger FGG § 73 Rz. 2; lohnen, Mitt. Rh. Not. K. 1986, 62. Gegen den Gleichlauf: Niemeyer, NiemeyersZ 13 (1903) 21; Josef, DNotV 1904, 199; ders., JW 1912, 1034; ders., NiemeyersZ 28 (1920} 330; Frankenstein IV 600ft.; Walker 967f.; Neuner 17ff.; Lewald 329ff.; Wolff235; Swoboda 52; Reich 9ff. ; v. Craushaar 9f. ; Schiechtriern 8; Drobnig, JZ 1959, 318; Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 182ff.; Heldrich 211ff.; ders., NJW 1967, 417ff.; ders., Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 104ff. ; vgl. auch ders., FS Ficker 210f. ; Kegel663ff.; Soergel I Kegel vor Art. 24-26 EGBGB Rz. 61ff.; Schröder, Internationale Zuständigkeit 535ff.; Breuleux 187ff., 155; Bauer 17f.; Schwimann 27ff.; ders., RabelsZ 34 (1970) 201ff. ; ders., FamRZ 1959,
B. Theoretische Grundlagen
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gungen des Prinzips zugrundegelegt werden, die jeweils auf eigenen Begründungen beruhen und die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. I. Gleichlauf und Parallelität
Abzugrenzen ist der Gleichlauf von der bloßen Parallelität der Anknüpfungen im Zuständigkeits- und Rechtsanwendungsrecht. Zwar kommt es auch bei Verwendung derselben Anknüpfungspunkte häufig zu einem Gleichlaufen von materiellem Recht und Verfahrensrecht, obwohl sich- etwa durch Rückund Weiterverweisungen-Verschiedenheit ergeben kann104 • Doch bedeutet Gleichlauf Abhängigkeit von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht in der einen oder anderen Richtung (als "forum legis" oder "Iex fori") 105 • Ein Gleichlaufen von materiellem Recht und Verfahrensrecht durch Parallelanknüpfungen wird im Nachlaßverfahrensrecht auch von den Gegnern der Gleichlauftheorie für durchaus erstrebenswert erachtetl06; denn die Vorteile des Gleichlaufs (Verfahrensvereinfachung, Entscheidungseinklang) bleiben, soweit es zur Übereinstimmung von Verfahrens- und Sachrecht kommt, erhalten, ohne daß die Nachteile des Gleichlaufs (nur beschränkte Befriedigung der Rechtsschutzbedürfnisse) in Kauf genommen werden müßten. Andererseits führt die Parallelität den Protagonisten des Gleichlaufs nicht weit genug, da sie Verfahren und Recht nicht immer zusammenfallen läßt und deswegen bisweilen zur Auflösung der für untrennbar gehaltenen Verflechtung von materiellem Recht und Verfahrensrecht nötigt. Anders als der Gleichlauf ist die Parallelität also kein Zuständigkeitskriterium, sondern die Beschreibung eines im Grundsatz allgemein als erstrebenswert empfundenen Zustandes. Schwierigkeiten bereitet nur das Auffinden von Anknüpfungen, die dem Kollisionsrecht und dem internationalen Verfahrensrecht gleichermaßen angemessen sind. Das ist nicht unmöglich, weil die Anknüpfungen in beiden Bereichen an der Nähe des Sachverhalts zum 330f.; Pinckernelle I Spreen, DNotZ 1967, 197; Ferid, FS Cohn 33; Radtke 85ff.; MünchKomm I Sonnenberger, Ein!. IPR Rz. 267; Max-Planck -Institut, RabelsZ 47 (1983) 688f. sowie RabelsZ 44 (1980) 353; Kühne 201f.; differenzierend Sipp-Mercier 62ff., 77f., 83, 93; kritisch auch Jayme, ZfRV 24 (1983) 169f. 104 Näher Breuleux 117. 105 Vgl. Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 247, 251; ders., Grundbegriffe 424ft.; Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. lii Rz. 110, 122; Breuleux 116f.; Heldrich 62; anders v. Overbeck, Schw. Jb. int. R. 21 (1964) 27. 106 Vgl. etwa Swoboda 29; Neuner 20f., ferner führen die nicht auf dem Gleichlaufgrundsatz beruhenden Vorschläge zur Neuregelung des IPR teilweise Parallelität herbei, indem sie deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Art. 25 EGBGB) als einen der Anknüpfungspunkte für die internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen vorsehen, vgl. unten§§ 3, 4; vgl. auch Schröder, Internationale Zuständigkeit 504f. 3 Berenbrok
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anwendbaren Recht bzw. zum Gerichtsstand orientiert sindl07. Indessen führt der unterschiedliche Charakter von Zuständigkeitsregelung und Kollisionsrecht zum Auseinanderfallen der Anknüpfungen; als wichtigster Unterschied sei hier nur die Mehrheit von Gerichtsständen gegenüber der Festlegung auf ein einziges maßgebliches Recht genanntlOS. Parallelität wird also vielfach nicht eintreten 109. II. Strenger Gleichlauf
Soweit eine Abhängigkeit von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht angenommen wird, stehen sich mit dem "strengen" und dem "gemäßigten" Gleichlauf zwei Zuständigkeitsmodelle gegenüber, die in Ausgangspunkt, Zielrichtung und Wirkungsweise verschieden sind. Unklar ist allerdings die Terminologie. Einigkeit besteht nur darüber, daß das maßgebende Zuständigkeitskriterium beim strengen Gleichlauf die Anwendbarkeit des gerichtseigenen Rechts mit der Folge einer ausschließlichen Zuständigkeit des forum legis ist. Einige Autoren beschränken den Begriff des strengen Gleichlaufs auf die ausnahmslose Anwendung dieser Statutszuständigkeit und stellen -von diesem Standpunkt aus zutreffend- fest, daß der strenge Gleichlauf nicht mehr vertreten werde, weil insbesondere die Rechtsprechung aus Gründen der Not oder des Fürsorgebedürfnissesno mittlerweile Ausnahmen von diesem Grundsatz zulasse111. Demgegenüber scheint es zweckmäßig, auch eine bloß grundsätzlich von der ausschließlichen Zuständigkeit des forum legis ausgehende ZuständigkeitsregeJung als strengen Gleichlauf zu bezeichnen. Denn das Gegenstück des gemäßigten Gleichlaufs bezeichnet nicht etwa die Zuständigkeit des forum legis unter Zulassung bestimmter Ausnahmen, sondern geht von ganz anderen Kriterien aus: Nach der negativen Funktion des gemäßigten Gleichlaufs ist bei fremder Iex causae die inländische Zuständigkeit von der Zustimmung des Wirkungsstatuts abhängig; nach seiner positiven Funktion folgt aus der Berufung des eigenen materiellen Rechts eine inländische Subsidiärzuständigkeit112. 107 Nach Savigny (System VIII , 77) sind beide Bereiche nur verschiedene Seiten des "gesamten örtlichen Rechtszustandes". Vgl. auch Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 123f. 108 Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 125; vgl. ferner Neuhaus 424ff.; ders., RabelsZ 20 (1955) 250ff. Näher unten II. 109 Neuhaus 426. llO Vgl. oben A. 1. 5., li., III. 111 Neuhaus 428; ders., RabelsZ 35 (1971) 419; ders., RabelsZ 37 (1973) 189; Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. lllf.; Radtke 89. m Neuhaus 428f.; näher unten III.
B. Theoretische Grundlagen
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Eine Zuständigkeitsregelung, die auf der ausschließlichen Zuständigkeit des forum legis unter Zulassung bestimmter Ausnahmen aufbaut, entspricht keiner der beiden Funktionen des gemäßigten Gleichlaufs. Denn negativ entfällt nach dem erstgenannten Zuständigkeitsmodell bei fremder Iex causae die inländische Zuständigkeit ohne weiteres; dagegen kann sie nach dem gemäßigtenGleichlauftrotz fremden Wirkungsstatuts zu bejahen sein, wenn nämlich das berufene Recht dem Eingreifen der inländischen Gerichte zustimmt. Positiv führt das erstere Zuständigkeitsmodell bei Maßgeblichkeit deutschen Sachrechts zu einer ausschließlichen inländischen Zuständigkeit, während aus dem gemäßigten Gleichlauf nur eine Subsidiärzuständigkeit folgt. Auch in der Zielrichtung besteht ein qualitativer Unterschied zwischen dem gemäßigten Gleichlauf und einer durch Ausnahmen abgeschwächten Statutszuständigkeit. Letztere will ein Gleichlaufen von materiellem und Verfahrensrecht erreichen, um deren für untrennbar gehaltene Verflechtung nicht auflösen zu müssen. Der gemäßigte Gleichlauf hält dieses Problem für lösbar und bezweckt lediglich die Herstellung des internationalen Entscheidungseinklangs. Die von der Rechtsprechung befürwortete grundsätzliche Statutszuständigkeit113 entspricht also nicht dem gemäßigten Gleichlauf. Man kann darüber streiten, ob die nachlaßgerichtliche Praxis angesichts ihrer Ausnahmen vom Gleichlaufgrundsatz11 4 als "strenger" Gleichlauf bezeichnet werden solltens; meines Erachtens wird dies durch die dargelegten Unterschiede zum Zuständigkeitsmodell des gemäßigten Gleichlaufs gerechtfertigt. Soweit hier in der Folge vom strengen Gleichlauf gesprochen wird, ist darin auch die Praxis der deutschen Nachlaßgerichte einbezogenll6. Die positive (zuständigkeitsbegründende) und die negative (zuständigkeitsausschließende) Funktion des strengen Gleichlaufs zeigte sich bereits oben117 in der Praxis der Nachlaßgerichte. Nach dem strengen Gleichlauf resultiert aus der Anwendbarkeit des inländischen Rechts die ausschließliche internationale Zuständigkeit der inländischen Gerichte und entfällt die inländische Zuständigkeit grundsätzlich bei Maßgeblichkeit eines fremden Rechtsus. Auch die praktisch bedeutsamsten von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen Oben A. I. 1. Oben A. I. 5., li., III. 115 Den Begriff "eingeschränkter Gleichlauf" verwendet MünchKomm I Sonnenberger Ein!. IPR Rz. 266. 116 Ebenso Heldrich 222, 228; ders., Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 111 . 117 A. I. 1. 118 In der jüngeren Literatur vertreten von Firsching, RPfleger 1972, 4ff. ; ders., Vorschläge und Gutachten 212f.; ders., IPR 129; Staudinger I Firsching Vorbem. Art. 2426 Rz. 315ff. ; Ferid I Firsching Deutschland Grdz. C III Rz. 61; Raape 444; l ohnen, Mitt. Rh. Not. K. 1986, 62 (nur die Haltung der Rechtsprechung referierend). 113
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3•
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von der Statutszuständigkeit bestätigen diese Regel insofern, als für die Erbscheinserteilung (§ 2369 BGB) und für Sicherungsmaßnahmentrotz Maßgeblichkeit fremden Erbstatuts deutsches Recht giJtll9. Man kann sagen, daß die deutsche Praxis hinsichtlich dieser Verrichtungen bei fremdem Erbstatut eine Erbstatutsspaltung vornimmt, und daß die Zuständigkeit für die nach deutschem Recht zu treffenden Maßnahmen insofern selbst eine Statutszuständigkeit ist. Theoretisch ist die geschilderte Statutszuständigkeit sowohl in ihrer positiven als auch in ihrer negativen Funktion unbefriedigend. Es wird heute allgemein anerkannt, daß internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht ratione materiae verschiedenen Kriterien zu folgen haben. Neuhaus hat das mit der unterschiedlichen Bedeutung des Sachverhalts für Gericht und Recht begründet120. Insbesondere ist das Gericht auf die Behandlung einzelner Ansprüche beschränkt und muß hauptsächlich die Sachverhaltsaufklärung für diese Einzelansprüche betreiben, so daß die Nähebeziehung des Sachverhalts gerichtlich auf eine physische Erreichbarkeit von Parteien, Beweismitteln und Verhandlungsgegenstand hinausläuft. Dagegen macht dieser Faktor im Kollisionsrecht, wo es um die abstrakte Erfassung eines ganzen Rechtsverhältnisses geht, nur einen Teil der gesamten Verwurzdung des Sachverhalts in einer Rechtsordnung aus. Heldrich12 1 gelangt aufgrund einer Interessenahwägung zu demselben Ergebnis: die internationale Zuständigkeitsordnung diene hauptsächlich dem Interesse der Rechtssuchenden; daher würden - anders als im IPR, das eine schwerpunktorientierte Entscheidung treffen müsse - oft mehrere Gerichtsstände zur Wahl gestellt. Der Gegensatz zwischen der Eröffnung mehrerer Gerichtsstände und der Entscheidung für ein anwendbares Recht wird allgemein als der Scheidepunkt von Zuständigkeit und Recht angesehen122. Dem strengen Gleichlauf, dertrotzdieser immanenten Unterschiede die Zuständigkeit den Kriterien des anwendbaren Rechts folgen läßt, wird denn auch in erster Linie vorgeworfen, er führe zu Rechtsverweigerung123. Die Vertreter des strengen Gleichlaufs räumen dessen theoretische Unzulänglichkeit zwar ein124 , halten das Prinzip jedoch durch die Bedürfnisse der Praxis für gerechtfertigt. Hier wird hauptsächlich die unauflösbare Verflechtung von materiellem Recht und Verfahrensrecht in Nachlaßsachen genannt. Vgl. oben A. I. 2., 4. Neuhaus 424ff.; ders., RabelsZ 20 (1955) 253f.; ihm folgend Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 127; vgl. auch Bauer (rechtsvergleichend) 105, 131; Breuleux 159ff. 121 s. 63. 122 Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 128; Heldrich 63; Batiffol, FS Kollewijn Offerhaus 65f. 123 Dazu unten § 5 B. I. 1. 124 Firsching, RPfleger 4f.; ders., Vorschläge und Gutachten 212. 119
12o
B. Theoretische Grundlagen
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Ferner soll die Statutszuständigkeit den internationalen Entscheidungseinklang fördern. Auf beide Argumente wird unten ausführlich eingegangen125. 111. Gemäßigter Gleichlauf
1. Positive Funktion
Der Begriff des "gemäßigten" Gleichlaufs ist eine Schöpfung von Neuhaus126. In seiner positiven Funktion bewirkt er zumindest eine subsidiäre
Zuständigkeit der inländischen Gerichte bei Anwendbarkeit inländischen Rechts127. Diese zuständigkeitsbegründende Funktion des Gleichlaufs, die zumindest für die Verrichtungen des Nachlaßgerichts im Gesetz keine Stütze hat128, beruht nach Neuhaus129 auf zwei Erwägungen: Erstens bestehe bei deutscher lex causae ohne deutschen Gerichtsstand die Gefahr einer Aushöhlung der inländischen Kollisionsregeln. "Denn was bleibt vom inländischen IPR übrig, insbesondere von der Anwendbarkeit inländischen materiellen Rechts, wenn die internationale Zuständigkeit einem andern Staate zugeschrieben wird, der das für uns maßgebende Recht nicht anwenden will oder kann"BO? Zweitens leide die richtige Rechtsanwendung darunter, daß ausländische Gerichte komplizierte Fragen des deutschen Rechts nicht zu durchschauen vermöchtenl31. Beide Argumente hat Heldrich überzeugend widerlegtm. Eine Aushöhlung des deutschen IPR findet durch eine von der deutschen Iex causae unabhängige Zuständigkeitsregelung nicht statt. Wenn nämlich die Ideale des deutschen Kollisionsrechts so absolut wären, daß sie durch Eröffnung deutscher Zuständigkeit zum Tragen gebracht werden müßten, müßte das nicht nur für den Fall gelten, daß deutsches Recht berufen ist, sondern auch für jede andere Iex causae: die kollisionsrechtliche Gerechtigkeit der deutschen Verweisungsnarmen ist unabhängig davon, zu welchem Recht sie führen. Läßt sich die Hilfe der Zuständigkeitsordnung für die Durchsetzung des IPR aber nicht auf die deutsche lex causae beschränken, müßten die deutschen Gerichte immer zuständig sein, um die Ideale des IPR durchzusetzen. Die von Neuhausm 125
Zum Entscheidungseinklang § 5 B. I. 2.; zur Verflechtung§§ 6- 8.
126 S. 428ff. ; ders., RabelsZ 35 (1971) 419f. 127 Neuhaus 428; ders., RabelsZ 20 (1955) 259f.; ders., JZ 1966, 241; Dölle, RabelsZ
27 (1962) 210, 217, 234; Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 113 ff.; vgl. auch Firsching, RPfleger 1972, 4. 128 Vgl. aber für die streitige Gerichtsbarkeit § 27 II ZPO; weitere Beispiele bei Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. 1II Rz. 115. 129 VorletzteN. 130 Neuhaus 427 (vgl. auch 429) . 131 Neuhaus 429; ders., RabelsZ 20 (1955) 259f. ; ders. , JZ 1966, 241. 132 Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 125ff.
§ 2 Gleichlauftheorie
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beklagte Emanzipierung des internationalen Verfahrensrechts vom IPR ist insoweit also gerechtfertigt. Auch das Argument, nur deutsche Gerichte seien fähig, das komplizierte deutsche Recht richtig anzuwenden, überzeugt nicht. Es hieße den Ausgangspunkt jedes entwickelten Kollisionsrechts in Frage stellen, wollte man den Gerichten eines Staates die Fähigkeit absprechen, fremdes Recht im wesentlichen richtig zu erkennen. Gelegentliche Fehler bei der Rechtsanwendung wiegen den Vorteil der Herrschaft eines sachverhaltsnahen Rechts nicht auf134. Ferner wird die Einräumung einer subsidiären inländischen Zuständigkeit bei Maßgeblichkeit inländischen Rechts durch eine andere Erwägung zu rechtfertigen versucht: Soweit das inländische Recht zur Herbeiführung eines bestimmten Rechtserfolges die Einschaltung der Gerichte zwingend erfordert (wie es bei vielen Rechtsinstituten der Nachlaßabwicklung im deutschen Recht der Fall ist), müßten notfalls die deutschen Gerichte tätig werden, wenn die nach den deutschen Zuständigkeitsregeln primär berufenen fremden Gerichte ein Tätigwerden ablehnen. Dazu könne es kommen, wenn ausländische Gerichte die nach deutschem Recht erforderlichen Verrichtungen ablehnten, weil nach ihrer Iex fori der entsprechende Rechtserfolg ohne gerichtliches Eingreifen herbeigeführt und das deutsche Recht daher wegen Überschreitung der wesenseigenen Zuständigkeit nicht angewandt werde. In diesem Fall sei die kollisionsrechtliche Verweisung auf deutsches Recht nur sinnvoll, wenn gleichzeitig hilfsweise ein deutsches Gericht zur Verfügung gestellt werde135. Auch gegen diese Begründung bestehen Bedenken. Zu der Situation, daß ein fremdes Gericht nach deutschem Recht entscheidet, kommt es nicht aufgrundder deutschen kollisionsrechtlichen Verweisung, sondern nach dem IPR des fremden Forums (einschließlich etwaiger Rück- oder Weiterverweisungen). Die deutsche subsidiäre Zuständigkeit nach dem positiven Gleichlauf hat jedoch das deutsche IPR zum Ausgangspunkt, das- seinerseits nach möglichen Rück- und Weiterverweisungen - das deutsche Recht für anwendbar erklärt. Wegen der verschiedenen zugrundeliegenden Kollisionsregeln ist es also keineswegs sicher, daß in den Fällen, in denen ein fremdes Gericht deutsches Recht anzuwenden hat und davon aus Gründen der wesenseigenen Zuständigkeit Abstand nimmt, der positive Gleichlauf eine Auffangzuständigkeit der deutschen Gerichte gewährleistet. Der positive Gleichlauf ist insofern ein untaugliches Mittel, in den fraglichen Fällen das Tätigwerden eines Gerichts nach deutschem Recht zu garantieren. 133 134 135
Neuhaus 426f.
Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 126. Ebenso Geimer Rz. 1049. Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 127.
B. Theoretische Grundlagen
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Die deutsche kollisionsrechtliche Verweisung kann in diesen Fällen nicht sinnlos werden, weil es auf sie nicht ankommt: Bei einer ausländischen internationalen Zuständigkeit, der- wie hier- nicht schon ohnehin eine konkurrierende inländische Zuständigkeit gegenübersteht, akzeptieren wir, daß aufgrund der die Zuständigkeitsregelung tragenden Nähebeziehung des Sachverhalts zu dem fremden Staat auch dieses Staates IPR maßgeblich ist. Mit dem Sinngehalt der deutschen kollisionsrechtlichen Verweisung könnte nur dann argumentiert werden, wenn sie vorher durch eine inländische Zuständigkeit zur Anwendung gebracht worden wäre. Eine solche Zuständigkeit besteht in den genannten Fällen aber gerade nicht, und es wäre eine petitio principii, sie aus der Maßgeblichkeit deutschen Rechts aufgrund des eigenen IPR zu entnehmen. Daß die ausländische kollisionsrechtliche Verweisung auf deutsches Recht sinnlos wird, geht uns nichts an. Wollte man in allen Fällen, in denen nach dem Kollisionsrecht irgendeines Staates deutsches Recht berufen ist, eine deutsche Subsidiärzuständigkeit annehmen, so hätte das zum einen nichts mehr mit dem positiven Gleichlauf zu tun (der basiert auf dem deutschen IPR). Zum anderen könnte die merkwürdige Situation eintreten, daß die deutsche Zuständigkeit aufgrund der Maßgeblichkeit deutschen Rechts nach fremdem IPR angenommen wird, während das deutsche Gericht nach eigenem IPR ein anderes Recht anzuwenden hätte! Wird in Deutschland eine nachlaßgerichtliche Tätigkeit verlangt, für welche im Inland keine internationale Zuständigkeit besteht, und wird ferner geltend gemacht, ein zuständiges ausländisches Gericht habe ein Tätigwerden nach deutschem Recht wegen Überschreitung seiner wesenseigenen Zuständigkeit abgelehnt, so kommt- ebenso wie bei anderen negativen Kompetenzkonflikten- eine inländische Notzuständigkeit in Betracht; damit sind auch die hier in Rede stehenden Fälle zufriedenstellend zu lösen. Alle Begründungsversuche für eine subsidiäre Statutszuständigkeit laufen auf die Frage hinaus, ob neben den rein verfahrensrechtlichen Anknüpfungspunkten der internationalen Zuständigkeit auch die der entsprechenden Kollisionsnorm zu entnehmende Anknüpfung die inländische Zuständigkeit begründen soll, wenn sie (nach eventuellen Rück- oder Weiterverweisungen) zum deutschen Recht führt. Theoretisch ist diese Anknüpfung unbefriedigend, weil sie anderen Kriterien folgt, als es dem internationalen Verfahrensrecht angemessen istl36. Praktisch scheint für sie zu sprechen, daß die deutschen Gerichte das eigene Recht leichter und besser als fremdes Recht anwenden. Man wird jedoch zugeben müssen, daß diese Tatsache noch nichts darüber aussagt, ob es international136 Oben II. Vgl. auch Schröder, Internationale Zuständigkeit 522 und Geimer Rz. 1051ff.
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§ 2 Gleichlauftheorie
verfahrensrechtlich sinnvoll ist, überhaupt tätig zu werden. Tatsächlich spricht entscheidend gegen eine subsidiäre Statutszuständigkeit, daß für sie in der Praxis neben den entsprechend angewandten Regeln über die örtliche Zuständigkeit nie ein Bedürfnis spürbar geworden istm. 2. Negative Funktion Negativ schließt der gemäßigte Gleichlauf die inländische Zuständigkeit bei Maßgeblichkeit fremden Rechts nicht generell aus, sondern macht sie lediglich von der Zustimmung der Iex causae abhängig. Da also auch bei fremder Iex causae die Möglichkeit einer inländischen Zuständigkeit besteht, kann der gemäßigte Gleichlauf niemals einziges oder primäres Zuständigkeitskriterium sein. In seiner negativen Funktion ist er - anders als der strenge Gleichlaufkein hinreichender Zuständigkeitsgrund, sondern ein "Zuständigkeits·Test", der nach Bejahung des Tätigwerdens aufgrundanderer Kriterien durchgeführt wird. So läßt z. B. Neuhaus in seinem zusammen mit Kropholler erarbeiteten Vorschlag zur Neuregelung des deutschen IPR die internationale Zuständigkeit in der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit folgen!38 . Die negative Funktion des gemäßigten Gleichlaufs entspricht der von Teilen der Literatur seit langem geforderten "Rücksichtnahme" auf eine fremde Iex causae!39. Wenn das fremde maßgebliche Recht erkennen lasse, daß es den inländischen Gerichten keine internationale Zuständigkeit zubillige, sei dies zwar für die inländischen Gerichte nicht bindend, da jeder Staat über seine internationale Zuständigkeit autonom entscheide. Jedoch führe die inländische Verweisung auf eine fremde Iex causae zu einem Selbstverzichtl4D. In welcher Weise die Einstellung der Iex causaezur internationalen Zuständigkeit der inländischen Gerichte zu ermitteln ist, unterliegt verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten. So kann man die inländische Zuständigkeit davon abhängig machen, daß die Iex causae keine ausschließlichel4I oder konkurrierende Zuständigkeit für sich beansprucht, oder man kann auf die Anerken137 Kegel, IPR 664; Kropholler in Hdb. IZVR I Kap . III Rz. 115. Nicht vergleichbar ist die bisherige Praxis der deutschen Nachlaßgerichte, in der die Statutszuständigkeit allerdings von entscheidender Bedeutung ist: dort wirkt sie als primäres Zuständigkeits· kriterium, vgl. oben A. I. 1. 138 § 37a I ZPO des Entwurfs Neuhaus I Kropholler (RabelsZ 44 [1980]337f.), der grundsätzlich auch in der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten sollte, vgl. a.a.O. S. 342. 139 Etwa von Melchior 398ff.; Nussbaum 390f., 397f.; Krönig 98f.; Swoboda 28; Neuner 34f.; Drobnig, JZ 1959, 318; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214, 234; ders., Festvor· trag 33, 40; weitere Nachweise bei Heldrich 229f. N. 22ff. 140 Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214; Neuhaus 430f. 141 So etwa Drobnig, JZ 1959, 318; Neuhaus 429. Gegen die Anwendung dieses Kriteriums etwa Wengler, NJW 1959, 127.
B. Theoretische Grundlagen
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nung142 der zu erlassenden Entscheidung im Iex-causae-Staat abstellen. Sofern sich der Iex causaekeine ausdrückliche Aussage entnehmen läßt, soll ihre Einstellung zur Zuständigkeit des Entscheidungsstaates aus der Art der zu fällenden Entscheidung geschlossen werden: handele es sich um stark formalisierte Tatbestände oder um die Abwägung rein privater Interessen, könne von einer Zustimmung zur inländischen Zuständigkeit ausgegangen werden, nicht dagegen bei einer notwendigen Abwägung öffentlicher Interessen143. Soweit die fremde Iex causae der inländischen Zuständigkeit zustimmt, wird von einer Zuständigkeitsrückverweisung gesprochen144. Will man sich nicht an den dogmatischen Unklarheiten14S dieses "Buchs mit Siegeln"146 stören, so ist doch jedenfalls für den "Zuständigkeitstest" nach dem gemäßigten Gleichlauf in seiner negativen Funktion das Bild von der Begründung einer inländischen Zuständigkeit durch fremdes Recht nicht treffend. Die inländische Zuständigkeit wird nach dem gemäßigten Gleichlauf durch andere Kriterien begründet, die Iex causaewird lediglich (um des internationalen Entscheidungseinklangs willen) nach ihrer Zustimmung gefragt. Insofern ist bereits keine Zuständigkeitsverweisung auf die Iex causae gegeben, sondern eine bloße "Zuständigkeitsnachfrage". Stimmt die Iex causae der inländischen Zuständigkeit durch Anerkennung der betreffenden Entscheidung oder durch Verzicht auf eine ausschließliche eigene internationale Zuständigkeit zu, liegt darin weiterhin keine (zielgerichtete) Rückverweisung auf das Inland, da diese Kriterien auch ein Einverständnis der Iex causae mit der Zuständigkeit dritter Staaten zulassen. Im Zusammenhang mit dem gemäßigten Gleichlauf sollte daher nicht von einer Zuständigkeitsrückverweisung gesprochen werden. Zur Begründung der Zuständigkeitsbeschränkung nach dem negativen gemäßigten Gleichlauf werden praktische und grundsätzliche Argumente genannt147. Praktisch soll der internationale Entscheidungseinklang gefördert werden. Dazu unten§ 5 B. Eine grundsätzliche (immanente) Rechtfertigung wird von den Autoren gegeben, die den negativen Gleichlauf nicht auf den gesamten Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstrecken wollen, sondern das Zustimmungserfordernis des Wirkungsstatuts wegen der spezifischen
142
98f.
Z. B. Heldrich 226f.; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214; ders., Festvortrag 34; Krönig
Neuhaus 429f. Neuhaus 245; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214; allgemein zu diesem Begriff Heldrich 158; Breuleux 36ff.; Schröder, Internationale Zuständigkeit 789ff.; vgl. auch Schwimann, FamRZ 1959, 327f.; ders., RabelsZ 34 (1970) 208. 145 Unklar ist, wie sich aus den einseitigen "Befolgungsregeln" der internationalen Zuständigkeit in den einzelnen Staaten Verweisungen ergeben sollen, vgl. etwa Schwimann, FamRZ 1959, 327f. 146 Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 178. 147 Neuhaus 430. 143 144
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§ 2 Gleichlauftheorie
Nähebeziehung des Richters zum anwendbaren Recht bei rechtsgestaltenden Gerichtsakten auf diesen Bereich beschränken14&. Sachlich wird indessen auch von den Stimmen nichts anderes vertreten, welche die Zustimmung der Iex causae für alle Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit fordern, da auch nach diesen Autoren richterliche Gestaltungsakte im Vordergrund stehen149. Allgemein wird der Begriff des Gestaltungsakts hier weit verstanden: Das Zustimmungserfordernis soll nicht nur die Akte erfassen, bei denen der Richterspruch für eine Rechtsänderung konstitutiv ist. Vielmehr sind alle gestaltenden, empfangenden, registrierenden oder sonstwie mitwirkenden Tätigkeiten der Gerichte erfaßtiso, also alle Fälle, in denen das maßgebliche Recht die Mitwirkung eines Gerichts zwingend erfordertlSl. Für die Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte heißt das, daß nach dem gemäßigten Gleichlauf für alle denkbaren Verrichtungen nach fremdem Erbstatut dessen Zustimmung eingeholt werden muß. Der innere Grund für diese Verpflichtung wird in einem besonderen Verhältnis des Richters zu dem seine Einschaltung erfordernden Recht gesehen. In den Fällen notwendiger gerichtlicher Mitwirkung, in denen "das materielle Recht den Richter ruft"l52, müsse diesem Recht die Entscheidung überlassen bleiben, ob es nur die eigenen oder auch fremde Gerichte zu seiner Ausführung ermächtigen wolle, ebenso wie der inländische Richter ganz selbstverständlich andere Entscheidungen des maßgeblichen Rechts beachte, z. B. ob es überhaupt die Einschaltung der Gerichte erfordere oder bestimmte Verrichtungen zulasse. Bei zwingend erforderlicher gerichtlicher Mitwirkung werde der Richter nicht aufgrund seines allgemeinen Auftrags zur Justizgewährung tätig, sondern aufgrund der speziellen Ermächtigung der ihn "rufenden" Norm. Insofern stehe er nicht, wie bei rein erkennender Tätigkeit, über dem materiellen Recht, sondern durch seine Abhängigkeit von der betreffenden Norm "unter" diesem Rechtl 53 . Wegen dieses besonders engen Zusammenhangs von Zuständigkeit und materiellem Recht bedeute es einen Verstoß gegen die deutsche Kollisionsnorm, wenn den Intentionen des berufenen 148 Etwa Neuhaus 243; ders., FamRZ 1959, 482; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214; ders., Festvortrag 33; Riezler 241f.; Zitelmann II 285; Beitzke, FS Kraus 22, vgl. aber ders., FS Lebmann II 498f.; weitere Nachweise bei Heldrich 229f. N. 22. 149 Heldrich 230. 150 Neuhaus 243; ders., RabelsZ 35 (1971) 419; ders. , JZ 1966, 241. 151 Damit umfaßt der Anwendungsbereich des negativen Gleichlaufs nahezu die gesamte freiwillige Gerichtsbarkeit, Heldrich 232 N. 28. 152 So die von Neuhaus in diesem Zusammenhang oft (z. B. S. 430 N. 1165; RabelsZ 35 (1971]419) zitierte Wendung von Bötticher, JZ 1956, 587. 153 Neuhaus 430f.; ders., RabelsZ 35 (1971) 419f.; ders. , JZ 1966, 241; ders. , FamRZ 1959,482.
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fremden Rechts zuwider eine inländische Zuständigkeit angenommen werde154 • Indessen läßt sich aus der Tatsache allein, daß die Normen des fremden Wirkungsstatuts die Einschaltung der Gerichte zwingend erfordern, nicht auf einen Vorrang der statutseigenen und die Notwendigkeit einer speziellen Ermächtigung der inländischen Gerichte schließen. Sicher ist insoweit nur, daß ein Richter "gerufen" wird, nicht aber, daß dies nicht ebensogut der inländische sein kann155. Der Vergleich mit der Befolgung anderer Anordnungen der Iex causae durch inländische Gerichte, z. B. betreffend die Zulässigkeit bestimmter Verrichtungen oder die Notwendigkeit gerichtlichen Einschreitens überhaupt, ist deswegen nicht treffend, weil das maßgebliche Recht in diesen Fällen eindeutige Aussagen bereithält, während es nichts darüber sagt, welchen Staates Gerichte die von ihm vorgeschriebenen Mitwirkungshandlungen vornehmen dürfen156. Gewiß ist die Verbindung von Gericht und Recht bei notwendigen Mitwirkungshandlungen enger als bei bloß erkennender Tätigkeit. Nicht überzeugen kann daher das gegen den gemäßigten Gleichlauf für Gestaltungsakte vorgetragene Argument, die Grenze zwischen erkennender und gestaltender Gerichtstätigkeit sei fließend und die Begrenzung des Gleichlaufs auf Gestaltungsakte daher nicht schlüssig157. Nicht nur bei Gestaltungsakten, sondern bei jeder notwendigen richterlichen Mitwirkung zur Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge hat der Gesetzgeber durch die angeordnete Einschaltung der Gerichte ein zusätzliches Element der Kontrolle und Rechtssicherheit geschaffen, das selbst als Teil des maßgeblichen Rechts angesehen werden kann158 und damit die größere Nähe des Richters zu der entsprechenden Norm begründet. Wegen dieser hinzunehmenden Entscheidung159 sticht auch das Argument nicht, das fremde Recht hätte viele Rechtsfolgen auch ipso jure eintreten lassen können, anstatt gerichtliche Mitwirkung anzuordnen160. Bei aller Nähe des Gerichts zum materiellen Recht bleibt es jedoch eine bloße Behauptung, daß statutsfremde Gerichte deswegen einer zusätzlichen Ermächtigung 154 Neuhaus, Grundbegriffe 1 245; ders., JZ 1951, 646; Dölle, RabelsZ 27 (1962) 214; ders., Festvortrag 33f.; die besonders enge Verbindung von Zuständigkeit und materiellem Recht bei richterlichen Gestaltungsakten betonen ferner Beitzke, FS Kraus 22; Schwimann, FamRZ 1959, 331. ISS Bauer 35, 127; ders., RabelsZ 30 (1966) 497; Heldrich 251. 156 So auch Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 176: diese Frage bleibe dem deutschen IZPR überlassen. 157 Schwimann, FamRZ 1959, 331. ISS Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 181, nennt diese Akte "Tatbestandsstücke des materiellen Rechts". 159 Neuhaus, FamRZ 1959, 483. 160 So v. Craushaar 57f. ; vgl. auch Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 211 , vgl. aber auch 216 unten.
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der lex causae bedürften. Die vom materiellen Recht intendierten Kontrollund Sicherungsfunktionen können sie jedenfalls grundsätzlich ebensogut wie die statutseigenen Gerichte übernehmen. Soweit ihnen dazu die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten (etwa bestimmte Register) fehlen, ist das eine Frage der Koordinierung von anwendbarem Sach- und Verfahrensrecht (der "wesenseigenen Zuständigkeit")161 und nicht der Zustimmung des Wirkungsstatuts. Das verbleibende Unbehagen, die inländische Zuständigkeit gänzlich unabhängig von der Art der nach dem Wirkungsstatut erforderlichen Tätigkeit zu bestimmen, dürfte sich allein auf die Sorge um die internationale Entscheidungsgleichheit zurückführen lassen162. Wie sich unten163 zeigen wird, wiegt diese Sorge von Fall zu Fall verschieden schwer und kann somit keine immanente Begründung für das Zustimmungserfordernis der lexcausaefür alle notwendigen Mitwirkungshandlungen liefern. Soweit den fremden Normen also durch Einschaltung inländischer Richter grundsätzlich genügt wird, kann in der ohne Zustimmung des Wirkungsstatuts angenommenen inländischen Zuständigkeit auch weder ein Verstoß gegen das fremde Recht noch gegen die eigenen Kollisionsnormen liegen, die jenes berufen. Darüber hinaus ist zu bezweifeln, ob der inländischen Kollisionsnorm überhaupt eine Aussage über die internationale Zuständigkeit entnommen werden kann. "Die Frage, ob die betreffende fremde lexcausaenur ihre eigenen oder auch andere Gerichte zum Eingreifen ermächtigt, wird ihr von den deutschen Kollisionsnormen nach ihrem regelmäßigen Verständnis gar nicht gestellt"164 • Wegen der grundsätzlichen Gleichwertigkeit der inländischen Gerichte ist auch nicht einzusehen, wieso diese zu ihrem Tätigwerden einer speziellen Ermächtigung der angewandten Norm bedürfen sollten. Selbst bei einem Vorrang der statutseigenen Gerichte kann man sich auch hier auf den Standpunkt stellen, daß jedes Gericht seine Rechtsprechungsgewalt ausschließlich aus der eigenen Gerichtsverfassung herleitet165 und es daher keine Legitimation durch das angewandte Recht benötigt. Die auf der Natur rechtsgestaltender Akte beruhende Begründung für das Zustimmungserfordernis der lex causae im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann nach alledem nicht überzeugen. Dem negativen gemäßigten 161 So Schwimann, RabelsZ 34 (1970) 216; zu diesem Fragenkomplex unten Kap. li., insbesondere § 7 C. 162 Dies wird z. B. aus dem von Neuhaus (JZ 1966, 241) im Rahmen der vorliegenden Argumentation angeführten Beispiel deutlich: Bei der Frage, ob ein englischer Notar die Auflassung eines deutschen Grundstücks entgegennehmen kann, ist offensichtlich, daß der englische behördliche Akt nur in Deutschland verwendet werden kann und deshalb eine Rücksichtnahme auf die Iex rei sitae bei der Zuständigkeitsfrage erforderlich ist. 163 Unter§ 5 B . I. 2. b) . 164 Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 114; ähnlich Schwimann, RabelsZ 34 (1970) 213f. 165 Heldrich 251.
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Gleichlauf bleibt das Argument des internationalen Entscheidungseinklangs166. IV. Zusammenfassung
Durch die Abhängigkeit von Zuständigkeit und anwendbarem Recht unterscheidet sich der Gleichlauf von der bloßen Parallelität der Anknüpfungen. Diese ist allgemein erstrebenswert, aber schwer zu erreichen. Anders als der Gleichlauf ist Parallelität kein Zuständigkeitskriterium und verdient daher nur bei der Diskussion anderer Kriterien Beachtung. Wesentlich ist die Trennung zwischen strengem und gemäßigtem Gleichlauf. Strenger Gleichlauf bedeutet Statutszuständigkeit: positiv bewirkt die Berufung eigenen Rechts die inländische ausschließliche Zuständigkeit, negativ schließt fremdes Recht ein Tätigwerden aus. Nach dem gemäßigten Gleichlauf folgt die internationale Zuständigkeit dagegen aus anderen Kriterien als dem anwendbaren Recht, auf das erst in zweiter Linie Rücksicht genommen wird. Dies geschieht positiv durch eine Subsidiärzuständigkeit bei inländischem Wirkungsstatut und negativ durch das Erfordernis der Zustimmung einer fremden Iex causaezur inländischen Zuständigkeit. Strenger Gleichlauf zielt primär auf Übereinstimmung von Sach- und Verfahrensrecht ab, gemäßigter Gleichlauf bezweckt primär internationalen Entscheidungseinklang. Die Rechtsprechung folgt der Konzeption des strengen Gleichlaufs. Die von der Statutszuständigkeit zugelassenen Ausnahmen ändern daran nichts. Weder der strenge noch der gemäßigte Gleichlauf vermögen aus der Natur der Sache folgende Begründungen dafür zu liefern, daß anstelle der (bzw. neben den) internationalverfahrensrechtlichen Zuständigkeitskriterien auf das anwendbare Recht abgestellt wird. Für die dem positiven gemäßigten Gleichlauf entsprechende subsidiäre Statutszuständigkeit ist auch ein praktisches Bedürfnis nicht feststellbar.
166
Dazu unten§ 5 B. III.
§ 3 Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit A. Örtliche und internationale Zuständigkeit
Als Alternative zur Gleichlauftheorie wird für die internationale Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte ebenso wie im streitigen Verfahren die Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit(§§ 73, 74 FGG) vertreten. Bereits Niemeyer1 formuliert in seinem grundlegenden Aufsatz zum internationalen Nachlaßverfahrensrecht: "Der § 73 a. a. 0. muß zunächst so verstanden werden, daß die Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch ihn vorbehaltlos und uneingeschränkt vorgeschrieben, dem zuständigen Gericht insbesondere auch die Frage überlassen ist, welches Recht auf den Erbfall anzuwenden ist und welche Verrichtungen von ihm vorzunehmen sind." Die Tätigkeit der Nachlaßgerichte sei nur insoweit beschränkt, als die nach deutschem Verfahrensrecht möglichen nachlaßgerichtliehen Tätigkeiten nicht zu dem maßgeblichen fremden.Erbrecht passen. Eine vergleichbare Konzeption der internationalen Zuständigkeit in Nachlaßsachen hat - mit einigen Modifikationen bei der Anpassung von fremdem Sach- und eigenem Verfahrensrecht2 - eine Reihe von Autoren vertreten3. Dabei macht es im Ergebnis kaum einen Unterschied, ob man die §§ 73, 74 FGG nur entsprechend für den internationalen Bereich heranzieht oder- wie etwa Niemeyer - behauptet, die Vorschriften beabsichtigten geradezu die Regelung der internationalen Zuständigkeit. Auch in der Literatur wird nicht immer scharf zwischen direkter und entsprechender Anwendung der§§ 73, 74 FGG unterschieden4 . NiemeyersZ 13 (1903) 24f. Näher unten Kap. li., insbes. §§ 6, 7. 3 Josef, DNotV 1904, 205f., 222 (anders aber in JW 1912, 1024); Swoboda 52f.; v. Craushaar 9; Schiechtriern 13; Kegel, IPR 663f.; Soergel I Kegel vor Art. 24 Rz. 62f.; positiv auch Heldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 122; ders., Internationale Zuständigkeit 211ff.; Bauer 17f., 63 sowie Dölle, RabelsZ 27 (1962) 234f.: entscheidendes Kriterium sei inländisches Fürsorgebedürfnis. Bei Maßgeblichkeit ausländischen Rechts werde dies durch die Billigung der Iex causae indiziert. "Daraus ergibt sich, daß die deutsche internationale und die deutsche örtliche Zuständigkeit nicht zusammenfallen müssen, aber nicht selten zusammenfallen werden . . ." (Festvortrag 35). Vgl. dazu Schiechtriern 13 N. 50. Schließlich gehen offenbar auch Neuhaus I Kropholler von einer Heranziehung der örtlichen Zuständigkeitsregeln aus, vgl. RabelsZ 44 {1980) 342, 337f. 4 Unklar in diesem Punkt etwa Schiechtriern 13. 1
2
A. Örtliche und internationale Zuständigkeit
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In der Rechtsprechung hat die direkte oder analoge Anwendung der örtlichen Zuständigkeitsregeln nie eine die Gleichlauftheorie in Frage stellende Rolle gespielt. Einige auf diesem Lösungsansatz basierende frühe Entscheidungen wurden später ausdrücklich aufgegeben5; eine neuere Entscheidung des OLG Schleswig6 setzte sich mit der Gleichlauftheorie nicht auseinander und hatte keine Resonanz. Eine Annäherung der jüngeren Rechtsprechung an dieses Konzept, wie sie Schwimann7 zu erkennen meint, ist nicht feststellbar: die wenigen von der Rechtsprechung zugelassenen Ausnahmen vom Gleichlaufgrundsatz8 gehen entweder von einer Not- und Fürsorgebedürfnis-Zuständigkeit9 oder von einer Staatsangehörigkeitszuständigkeit aus Gründen des Fürsorgebedürfnisses auslo. Soweit in den letzteren Fällen auf § 73 FGG zurückgegriffen wird, geschieht das nur, um zu belegen, daß die Staatsangehörigkeitszuständigkeit eine allgemeine (vgl. § 73 II FGG) und keine gegenständlich beschränkte (vgl. § 73 lii FGG) sein. Zuständigkeitsgrund ist das Fürsorgebedürfnis für die eigenen Staatsangehörigen. Die Diskussion der internationalen Zuständigkeit in der Literatur erschöpft sich meist in einer Ablehnung des Gleichlaufprinzips, in deren Gefolge auf die Analogie zu den örtlichen Zuständigkeitsregeln als einzige de lege lata vertretbare Alternative zurückgegriffen wird. Die Analogie ist zulässig, da die internationale Zuständigkeit der Nachlaßgerichte nicht geregelt und insbesondere der Gleichlaufgrundsatz nicht festgeschrieben ist. Positiv werden für die Heranziehung der Regeln über die örtliche Zuständigkeit vor allem zwei Argumente geltend gemacht. Zum einen spreche bereits der Wortlaut des§ 73 FGG dafür, daß die Vorschrift die Zuständigkeit unabhängig von der Eigenschaft des Erblassers als Deutscher oder Ausländer bestimme und daher auch bei von Art. 25 EGBGB gebotener Anwendbarkeit ausländischen Rechts eingreife. Wenn § 73 Absatz 2 FGG für deutsche und § 73 Absatz 3 FGG für ausländische Erblasser Subsidiärzuständigkeiten vors s. oben § 2 A. II. 6 Beschluß v. 22.10.1976, Sch!HA. 1978, 37 = IPRspr. 1976 Nr. 116. 7 RabelsZ 34 (1970) 204 N. 20. s Dazu oben § 2 A., insbesondere II. am Anfang, III. 9 So BayObLG 2. 12.1965, BayObLGZ 1965, 423 = NJW 1967, 447 = IPRspr. 1964- 65 Nr. 297. Eine Heranziehung der§§ 73, 74 FGG wird nicht erwogen. IO Oben § 2 A. li. 11 Vgl. KG 2. 6.1966, OLGZ 1966, 499 = JR 1967, 143m. Anm. Firsching = DNotZ 1967, 378. In interlokalen Fällen wurden §§ 73, 74 FGG zunächst direkt (Firsching, RPfleger 1972, 6) und später wegen der zunehmenden Rechtsverschiedenheit in den beiden deutschen Teilrechtsgebieten entsprechend angewandt. Dabei wurden allerdings die Begriffe Deutscher, Inland, Ausland entsprechend dem besonderen Verhältnis zur DDR neu definiert (vgl. BGH 20. 5.1969, BGHZ 52, 123 und oben§ 2 A. I. 5.), so daß auch diese Praxis keine entsprechende Anwendung der§§ 73, 74 FGG im Sinne einer Alternative zur Gleichlauftheorie darstellt.
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§ 3 Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit
schrieben, so müsse die Grundregel des Absatz 1, in dem nicht nach der Staatsangehörigkeit unterschieden wird, für alle Erblasser gelten 12 . Zum anderen wird die funktionelle Ähnlichkeit örtlicher und internationaler Zuständigkeitsregeln betont: beide Zuständigkeiten haben die Aufgabe, das räumlich beste Gericht zu bestimmen. Deshalb sind die Anknüpfungspunkte für die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich auch international brauchbar13. Andererseits sind für die Bestimmung der räumlichen Nähe bei der Verteilung der innerstaatlichen örtlichen Zuständigkeit andere Kriterien maßgebend als bei der Abgrenzung nationaler Zuständigkeiten. International ist mit der Zuständigkeit der Gerichte eines bestimmten Staates auch über die maßgebliche Gerichtsverfassung und, vermittelt durch das IPR des Forums, über das anwendbare Sachrecht entschieden. Die rein tatsächliche Nähe des Gerichtsorts zu den Parteien ist international wichtiger, weil die Entfernungen regelmäßig größer sind1 4 ; ebenso hängt die Verwertbarkeit der Entscheidungen außerhalb des Entscheidungsstaates von der internationalen Zuständigkeit als Anerkennungskriterium ab, während die örtliche Zuständigkeit diesen Gesichtspunkt nicht berücksichtigt. Schließlich besteht noch ein anderer funktionaler Unterschied: während die örtliche Zuständigkeit ein konkretes Gericht bezeichnet, verweist die internationale Zuständigkeit auf die Gesamtheit der Gerichte eines bestimmten Staates15. Doch lassen diese Unterschiede die Regeln über die örtliche Zuständigkeit nicht als generell untauglich für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit erscheinen. Der Gesichtspunkt unterschiedlicher Gerichtsverfassungen erfordert bei der Verteilung der internationalen Zuständigkeit ohnehin keine Berücksichtigung, da man von einer prinzipiellen Gleichwertigkeit der Gerichtsverfassungen ausgehen kann und Ausnahmen die Zuständigkeitsregel nicht beeinflussen16. Die größere Relevanz der tatsächlichen räumlichen Nähe bei der Regelung der internationalen Zuständigkeit spricht nicht gegen die Heranziehung der örtlichen Zuständigkeitsregeln, die auf die räumliche Nähe ohnehin Rücksicht nehmen. Gerade die Regelung der örtlichen Zuständigkeit deutscher Nachlaßgerichte enthält eine auch international brauchbare Sicherungszuständigkeit (§ 74 FGG), bei der die räumliche Nähe des die Sicherungsmaßnahmen anordnenden Gerichts besonders wichtig scheint. 12 In diesem Sinne Nierneyer, NiemeyersZ 13 (1903) 22; Josef, DNotV 1904, 200; Reich 16; Schiechtriern 13; vgl. auch Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 196. Näher dazu unten § 5 A. I. n Siehe nur Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 183; Reu 85f.; Schiechtriern 12; Heidrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 122ff. 14 Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 232. 15 Zum Ganzen: Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 183f., 191, 195; Waichshöfer, ZZP 80 (1967) 185; vgl: auch Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 229ff. 16 Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 236.
A. Örtliche und internationale Zuständigkeit
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Im Ergebnis wirkt sich auch der Funktionsunterschied nicht aus, daß international auf eine Gesamtheit von Gerichten verwiesen wird, während die örtliche Zuständigkeit ein bestimmtes Gericht oder- wie in Nachlaßsachen- eine Rangfolge von zuständigen Gerichten bezeichnet. Wenn § 73 I FGG die primäre Zuständigkeit des Nachlaßgerichts arn Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Erblassers begründet, so hat das innerstaatlich den Sinn, daß hier der Hauptteil des Nachlasses belegen sein wird und daher dieses Gericht die Abwicklung des Nachlasses koordinieren sollte (vgl. § 74 S. 2 FGG). Damit ist jedoch noch nicht gesagt, daß dieser Anknüpfungspunkt für die Frage nach der internationalen Zuständigkeit ebenso vorrangig ist, weil es hier zunächst nur um die Vorentscheidung geht, ob die Gerichte eines Staates insgesamt tätig werden sollen und eine innerstaatliche Rangfolge der Gerichtsstände also unberücksichtigt bleiben kann. Auf dieser Ebene können andere Anknüpfungspunkte aussagekräftiger sein. So wird die Wohnsitz- und Aufenthaltszuständigkeit in der Praxis stets von der Belegenheitszuständigkeit umfaßt; selbst am schlichten Aufenthalt des Erblassers bleiben Nachlaßgegenstände zurück. Insofern könnte man argumentieren, es sei für die Belange der internationalen Zuständigkeit zweckmäßig, eine allgemeine Belegenheitszuständigkeit anstelle der Wohnsitz- und Aufenthaltszuständigkeit anzunehmen. Indessen sind die Anknüpfungen an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers einerseits und die bloße Belegenheit von Nachlaßgegenständen andererseits auch international Indizien für eine unterschiedlich enge Inlandsbeziehung des Falles17. Die daraus folgende Subsidiarität der Belegenheitszuständigkeit wirkt sich international dahin aus, daß die Tätigkeit der Nachlaßgerichte bei bloßer Belegenheit von Nachlaßgegenständen im Inland auf diese Gegenstände beschränkt bleibtlS, während sie sich bei den übrigen Anknüpfungen grundsätzlich auf den gesamten Nachlaß bezieht. Die Trennung von Belegenheilszuständigkeit und Aufenthaltszuständigkeit ist also auch international sinnvoll. Bedeutsamer ist der Unterschied, daß mit der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit (anders als bei der örtlichen) auch eine Entscheidung über das anwendbare Recht fällt. Für den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit wird vertreten, daß dieser Gesichtspunkt die Möglichkeit einer Analogie zu den örtlichen Zuständigkeitsregeln zumindest stark einschränke19; die Rücksichtnahme auf das anwendbare Recht bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit hat zu den verschiedenen Ausprägungen des Gleichlaufprinzips geführt. Wie obenzo dargelegt wurde, geht es dabei in der Sache um zwei Probleme: zum einen kann die Maßgeblichkeil fremden materiellen 17
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Dazu näher unten§ 5 B. IV. 4. b). Vgl. Kegel, IPR 664; s. auch unten§ 10 C. II. 2. c). Siehe nur Müller, Horst, Deutsche Landesreferate 191. § 2 B . II., III.
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§ 3 Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit
Rechts zu Schwierigkeiten der Umsetzung dieses Rechts mit den Mitteln des heimischen Verfahrensrechts führen21 ; dies ist der Ansatzpunkt für den "strengen" Gleichlauf, bei Maßgeblichkeit fremden Sachrechts die internationale Zuständigkeit grundsätzlich zu verneinen. Auch die Befürworter einer analogen Anwendung der örtlichen Zuständigkeitsregeln wollen diesen Gesichtspunkt im Rahmen der "wesenseigenen Zuständigkeit" berücksichtigen. Zum anderen geht es um den internationalen Entscheidungseinklang, dem vornehmlich der "gemäßigte" Gleichlauf Rechnung tragen will (damit wird gleichzeitig das nur international erhebliche Kriterium der Verwertbarkeit der Entscheidung berücksichtigt). Beide Gesichtspunkte können sich auf die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlaßgerichte auswirken, so daß die Tauglichkeit einer analogen Anwendung der örtlichen Zuständigkeitsregeln erst nach einer Diskussion dieser Probleme22 abschließend beurteilt werden kann. B. Die einzelnen Anknüpfungen der§§ 73, 74 FGG
Für die internationale Zuständigkeit folgen aus den §§ 73, 74 FGG fünf Anknüpfungspunkte: letzter Wohnsitz oder schlichter Aufenthalt des Erblassers im Inland (§ 73 I FGG), deutsche Staatsangehörigkeit des Erblassers (§ 73 II FGG), Belegenheit von Nachlaßgegenständen (bei ausländischem Erblasser,§ 73 III FGG) und Sicherungsbedürfnis im Inland(§ 74 FGG). Die Wohnsitzzuständigkeit will Kege{23 durch die Anknüpfung an den letzten gewöhnlichen Aufenthalt ersetzen; dies wohl deshalb, weil der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts nicht (wie der Wohnsitz) national geprägt und daher einer international einheitlichen Auslegung zugänglich ist24 . Dem ist zuzustimmen: ein einheitliches Verständnis der Anknüpfungsmomente fördert auch im internationalen Verfahrensrecht den äußeren Entscheidungseinklang; derartige Modifikationen der örtlichen Zuständigkeitsregel sind bei der entsprechenden Anwendung auf die internationale Zuständigkeit zulässig. Wie oben dargelegt ist diese Aufenthaltszuständigkeit auch international angemessen, weil sich an diesem Ort regelmäßig die Masse der Nachlaßgegenstände befinden wird. Dagegen kann man an der Zweckmäßigkeit des schlichten Aufenthalts als zuständigkeitsbegründendes Moment zweifeln: es braucht nicht erst das Schreckgespinst des Transitreisenden, der auf dem Frankfurter Flughafen einem Herzinfarkt erliegt, bemüht zu werden, um die Beziehungsarmut dieses Gerichtsstandes vor Augen zu führen 25. Bei Heranziehung der Vgl. Müller, Horst, a.a.O. (vorletzteN.); Neuhaus, RabelsZ 20 (1955) 240ff. Unten§ 5 B., Kap. II. 23 IPR 663f. 24 Vgl. Kropholler in Hdb. IZVR I Kap. III Rz. 64. 25 Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 183, zum schlichten Aufenthalt: "Letzterer ist als Verknüpfung zu ,dünn'." 21
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B. Die einzelnen Anknüpfungen der§§ 73, 74 FGG
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§§ 73, 74 FGG zur Beurteilung der internationalen Zuständigkeit wird man die Anknüpfungen Wohnsitz und schlichten Aufenthalt des Erblassers zur Zeit des Erbfalls(§ 73 I FGG) also durch den gewöhnlichen inländischen Aufenthalt des Erblassers zu diesem Zeitpunkt ersetzen. Die Staatsangehörigkeitszuständigkeit (§ 73 II FGG) hat sich in der Praxis der deutschen Nachlaßgerichte bereits als notwendige Ergänzung der Belegenheitszuständigkeit erwiesen26. Und da die Belegenheitszuständigkeit jede Aufenthaltszuständigkeit umfaßt27, hat die Heimatzuständigkeit erst recht neben jener ihre Berechtigung. Bei einer primären Aufenthaltszuständigkeit (§ 73 I FGG) hat die subsidiäre Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit häufig die Funktion einer Notzuständigkeit: kümmert sich niemand um die Nachlaßabwicklung eines Auslandsdeutschen (und ist auch eine Belegenheitszuständigkeit problematisch28), sollen die Heimatbehörden helfen, so gut sie können. Die Belegenheitszuständigkeit gilt nach § 73 III FGG nur für Ausländer; da bei deutschen Erblassern aber stets eine Zuständigkeit gegeben ist (§ 72 II FGG), wird im Ergebnis für jeden im Inland belegeneo Nachlaßgegenstand ein zu allen Verrichtungen befugtes Nachlaßgericht zur Verfügung gestellt. Das dient, wie schon die Belegenheitszuständigkeit aus § 2369 BGB zur Erteilung eines gegenständlich beschränkten Erbscheins29, dem inländischen Rechtsverkehr. Ist die Belegenheit die einzige Anknüpfung an das Inland, so beschränken sich die Verrichtungen auf die hier befindlichen Gegenstände. Schließlich begründet § 74 FGG eine Zuständigkeit zur Sicherung des Nachlasses, also etwa zur Testamentseröffnung oder zur Anordnung einer Nachlaßpflegschaft. Diese Zuständigkeit ist in der Praxis auch bisher schon in Anspruch genommen worden, wenn sie auch nicht aus § 74 FGG, sondern aus einem allgemein anerkannten internationalen Grundsatz abgeleitet wurde3o. Kam der Sicherungszuständigkeit neben der von der Rechtsprechung praktizierten Statutszuständigkeit große Bedeutung zu, würde sie als Ergänzung zu einer aus § 73 FGG abgeleiteten Zuständigkeit eine wesentlich geringere Rolle spielen. Neben der Aufenthalts-, Staatsangehörigkeits- und Belegenheitszuständigkeit bliebe wohl nur in Ausnahmefällen ein eigener Anwendungsbereich für die Sicherungszuständigkeit, z. B. für die Testamentseröffnung nach einem im Ausland verstorbenen Ausländer, der keinen Nachlaß im 26 Die deutschen Nachlaßgerichte sind zwar nie von einer allgemeinen Belegenheitszuständigkeit ausgegangen, aber wegen § 2369 BGB von einer Belegenheitszuständigkeit für die Erteilung von Erbscheinen (näher oben§ 2 A . I. 2.). Bereits hier trat das Bedürfnis einer subsidiären Staatsangehörigkeitszuständigkeit hervor, vgl. oben§ 2 A. II. 27 Dazu oben § 3 A. am Ende. 28 Wie in den oben§ 2 A. I. 5. geschilderten Lastenausgleichsfällen. 29 Vgl. oben§ 2 A . I. 2. 30 Vgl. oben § 2 A. I. 4.
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§ 3 Heranziehung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit
Inland hinterläßt. Insofern könnte man die Sicherungszuständigkeit des § 74 FGG internationaPl vollkommen vernachlässigen. Eine eigene Bedeutung gewinnt die Sicherungszuständigkeit neben den Anknüpfungen des§ 73 FGG jedoch aus dem Gedanken der EilbedürftigkeiL Sichernde Maßnahmen müssen unverzüglich angeordnet werden und dürfen keine langwierigen Ermittlungen über Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt des Erblassers erfordern. Dem läßt sich entgegnen, daß ein Sicherungsbedürfnis meist nur am Belegenheitsort von Nachlaßvermögen entsteht, und daß dort eine Subsidiärzuständigkeit ohnehin stets gegeben ist (§ 73 III FGG). Indessen ist es denkbar, daß das Sicherungsbedürfnis für eine Testamentseröffnung entsteht, ohne daß bereits sicher wäre, ob Nachlaß im Inland belegen ist. Ferner ist zu bedenken, daß sichernde Maßnahmen auch kollisionsrechtlich eine eigene Kategorie darstellen. Auch außerhalb der Gleichlauftheorie, wo es bereits in der Natur des Zuständigkeitskriteriums liegt, bei inländischer Sicherungszuständigkeit die in Frage kommenden Maßnahmen nach der Iex fori zu treffen, wird man vorläufige sichernde Maßnahmen nach dem gerichtseigenen Recht vornehmen. Das entspricht der Eilbedürftigkeit, ist international allgemein gebräuchlich und greift wegen des weitgehend technischen Charakters der Sicherungsmaßnahmen einer Erbschaftsabwicklung nach der Iex causae nicht vor32. Dieses kollisionsrechtliche "Sicherungsstatut" hat in der Sicherungszuständigkeit aus§ 74 FGG seine Entsprechung. Zusammenfassend läßt sich folgendes feststellen: Die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit der Nachlaßgerichte sind grundsätzlich auch für die Regelung der internationalen Zuständigkeit geeignet. Die funktionalen Unterschiede der beiden Regelungsgegenstände können jedoch eine Einschränkung der aus den §§ 73, 74 FGG folgenden internationalen Zuständigkeit erfordern, soweit es um die Verwertbarkeit der Entscheidung in einem anderen Staat und die "wesenseigene Zuständigkeit" geht.
31 Anders für die örtliche Zuständigkeit, weil § 73 I - III FGG hier jeweils ein konkretes Gericht bestimmen, während mit der internationalen Zuständigkeit die Gesamtheit der innerstaatlichen Gerichte bezeichnet ist. Neben dem örtlich primär zuständigen Gericht (etwa dem Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers) gibt es oft noch weitere Belegenheitsorte von Nachlaßgegenständen, an denen eine zusätzliche Sicherungszuständigkeit (etwa zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft) sinnvoll ist. Dagegen ist die Frage der internationalen Zuständigkeit mit einem inländischen Wohnsitz des Erblassers abschließend entschieden. 32 Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 181; vgl. auch Soerge/1 Kegel vor Art. 24 Rz. 66: Der grundsätzlichen Maßgeblichkeit der Iex fori steht nicht entgegen, daß die Frage, wie lange der Nachlaß vorläufig zu sichern ist, durch das Wirkungsstatut bestimmt wird.
§ 4 Autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit
in Nachlaßsachen
Eine autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit hat gegenüber der entsprechenden Anwendung der örtlichen Zuständigkeitsregeln den Vorteil, daß die soeben dargelegten funktionalen Unterschiede zur Geltung gebracht werden könnenl. Wie wenig sich diese Unterschiede in Nachlaßsachen auswirken, zeigt sich jedoch schon daran, daß die anläßlich der Neuregelung des deutschen IPR vorgeschlagenen autonomen Anknüpfungen nur ganz geringfügig von den aus den§§ 73, 74 FGG abgeleiteten Zuständigkeitsregeln abweichen. Wiethölter2 und- ihm folgend- der Deutsche Rat für IPR3, Kühne 4 sowie das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales PrivatrechtS sehen übereinstimmend die Anknüpfungen an den gewöhnlichen Aufenthalt oder die Staatsangehörigkeit des Erblassers sowie an die Belegenheit von Nachlaßgegenständen im Inland vor. Sieht man einmal davon ab, daß die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt hier an die Stelle der nach § 73 I FGG maßgeblichen Momente des Wohnsitzes und des schlichten Aufenthalts tritt (eine Unterscheidung, die nach dem oben6 Gesagten vernachlässigt werden kann), entspricht die vorgeschlagene autonome Regelung genau der Anknüpfungstrias des § 73 FGG. Ferner sieht die Mehrzahl der Vorschläge? auch eine dem § 74 FGG entsprechende SicherungszuständigkeitS vor. Und eine allgemeine Not- und Fürsorgezuständigkeit, wie sie die Rechtsprechung zur Vermeidung von Rechtsverweigerung vorsichtig anerkennt9 , wird nach der 1 2
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120.
Freilich kommt eine derartige autonome Regelung nur de lege ferenda in Betracht. Vorschläge und Gutachten 184. Abgedruckt bei Lauterbach, Vorschläge und Gutachten 2, sowie in MPI, Reform
S. 14, vgl. auch S. 201f.; abgedruckt auch in MPI, Reform 134f. MPI, Reform 151 sowie RabelsZ 44 (1980) 353, 364f. (Erläuterungen). 6 § 3 B. 7 Lediglich These 21 des Max-Planck-Instituts verzichtet auf eine Sicherungszuständigkeit, MPI, Reform 151 und RabelsZ 44 (1980) 353. Der Verzicht auf diese Zuständigkeit bedeutet jedoch sachlich einen sehr geringen Unterschied, dazu oben§ 3 B. am Ende. B Der Vorschlag des Deutschen Rates für !PR (abgedruckt bei Lauterbach, Vorschläge und Gutachten 2) und der Entwurf Kühne (S. 14) sprechen zwar nicht von einer Sicherungs-, sondern von einer FürsorgezuständigkeiL Der Unterschied ist jedoch rein terminologischer Natur (dazu schon oben§ 2 A. I. 5.). Gemeint ist in allen Fällen die Zuständigkeit für vorläufige den Nachlaß sichernde Maßnahmen (z. B. nach§§ 1960f. BGB, vgl. Kühne 202) und nicht eine zur Abwendung von Rechtsverweigerung eingreifende allgemeine Not- und FürsorgezuständigkeiL 9 Vgl. oben § 2 A. I. 5. 4
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§ 4 Autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit
autonomen Zuständigkeitsregelung ebensowenig für erforderlich gehalten, wie sie sich aus der Heranziehung der örtlichen Zuständigkeitsregeln ergibt. Durch die genannten "regulären" Anknüpfungen wird jedes Fürsorgebedürfnis befriedigt IO. Die insoweit bestehende Kongruenz von autonomen Zuständigkeitsregelungen und einer Heranziehung der§§ 73, 74 FGG bestätigt den Befund, daß sich die funktionalen Unterschiede zwischen örtlicher und internationaler Zuständigkeit nur dort auswirken, wo es um die Beschränkung des Tätigwerdens aufgrund der "wesenseigenen Zuständigkeit" und der Verwertbarkeit der Entscheidung im Ausland geht. Beide Aspekte werden jedoch von den autonomen Regelungsvorschlägen vernachlässigt. Die "wesenseigene Zuständigkeit" findet in keinem der Entwürfe ausdrückliche Erwähnung. Teils begründet man dies mit der Unmöglichkeit, die Grenze abstrakt zu bestimmen, von der ab den deutschen Nachlaßgerichten eine bestimmte Verrichtung nicht mehr zuzumuten ist. "Die ,wesenseigene internationale Zuständigkeit' (ordre technique) läßt sich nicht kodifizieren"ll. Diese Entwürfe betrachten die "wesenseigene Zuständigkeit" also als ungeschriebenes Korrektivl2. Eine ähnliche Position bezieht das Max-Planck-Institut: ein Vorbehalt zugunsten der "wesenseigenen Zuständigkeit" wird abgelehnt, "da überzeugende Beispiele für eine solche Tätigkeit gerade in Nachlaßsachennicht bekanntgeworden"!3 seien. Statt dessen bestimmt These 21 II des Institutsl4 ausdrücklich, daß auch die nach fremdem Erbstatut erforderlichen Maßnahmen zur Nachlaßabwicklung unter sinngemäßer Anwendung deutschen Verfahrensrechts von deutschen Nachlaßgerichten vorgenommen werden sollen, und erläutert diese These beispielsweise dadurch, daß auch die "Einantwortung" des Nachlasses nach österreichischem Recht oder die Einsetzung eines "administrator" nach dem Common Law für möglich gehalten wirdl5. Es wird unten16 näher zu untersuchen sein , ob dieses weltoffene Verständnis der "wesenseigenen Zuständigkeit" geboten und praktikabel ist. Auch eine Rücksichtnahme auf die Verwertbarkeit der nachlaßgerichtliehen Entscheidung im Ausland (insbesondere in dem durch das Erbstatut bezeichneten Staat) wird von keinem der Entwürfe zwingend vorgeschrieben. 10 Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 181f. ; Schiechtriern 13. Daß die örtlichen Zuständigkeitsregeln keine derartige Not- und Fürsorgezuständigkeit vorsehen, folgt bereits daraus, daß die innerstaatlichen örtlichen Zuständigkeiten aufeinander abgestimmt sind und es daher zu einer Rechtsverweigerung nicht kommen kann. 11 Wiethölter, a.a.O. 183. 12 Vgl. etwa Kühne 201; Wiethölter, a.a.O . 180f. 13 RabelsZ 44 (1980) 365 . 14 Abgedruckt in: MPI, Reform 151 und RabelsZ 44 (1980) 353. 15 RabelsZ 47 (1983) 689 und Basedow in MPI, Reform 103. 16 Unter § 7 C.
§ 4 Autonome Regelung der internationalen Zuständigkeit
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Das Rechtsschutzinteresse der Nachlaßbetroffenen überwiege das Interesse an der Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse17. Die Anerkennungsprognose sei zu aufwendig und letztlich auch entbehrlich; denn die Anerkennungschancen in einem so privaten und technischen Rechtsgebiet wie dem Nachlaßrecht müßten ohnehin höher bewertet werden als etwa im Ehe- und Kindschaftsrech t 18. Allerdings steht es dem Richter nach These 22 des Max-Planck-Institutsl9 frei, seine an sich gegebene Zuständigkeit im Einzelfall abzulehnen, wenn der Fall zu einem anderen Staat eine wesentlich engere Verbindung aufweist und dort tatsächlich eine Entscheidung ergehen kann ("forum non conveniens") . Diese freiwillige Selbstbeschränkung soll dem Richter zum Beispiel dann die Ablehnung seiner Zuständigkeit ermöglichen, wenn die Nichtanerkennung seiner Entscheidung in einem Staat vorhersehbar ist, dessen "wesentlich engere Beziehung" zum Sachverhalt aus der Belegenheit von Nachlaßgegenständen folgt, auf die sich die beantragte nachlaßgerichtliche Entscheidung bezieht20. Ob diese Einschränkung angemessen ist, wird unten näher untersucht21.
17 18 19
2o 21
Kühne 201 ; vgl. auch Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 182f. Wiethölter, a.a.O. Abgedruckt in: MPI, Reform 151 sowie RabelsZ 44 (1980) 353. So die Erläuterung zu These 21, RabelsZ 44 (1980) 365. § 5 B. IV.
§ 5 Diskussion der Zuständigkeitskriterien
A. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik der einschlägigen Gesetzesstellen
Das Gleichlaufdogma der nachlaßgerichtliehen Rechtsprechung geht auf die Judikatur des Kammergerichts zurück, die sich entscheidend auf die grammatische und historische Interpretation der §§ 73 FGG, 2369 BGB sowie des Art. 25 EGBGB a. F. stützt. Die Bedeutung dieser Argumentation für die Entwicklung des internationalen Nachlaßverfahrensrechts in Deutschland kann kaum hoch genug eingeschätzt werden, weil eine "atavistische Praxis" 1 sich lange Zeit auf keine Diskussion des Gleichlaufs eingelassen, sondern auf die durch das KG begründete "ständige Rechtsprechung" verwiesen hat. "Die Kommentare haben die Rechtsprechung zitiert. Die Rechtsprechung hat die Kommentare zitiert"2. Andererseits ist die grammatische und die systematische Interpretation der einschlägigen Gesetzesstellen von der Literatur zur Widerlegung der Gleichlaufthese bemüht worden. I.§ 73 FGG
Als Ahnen der ständigen Rechtsprechung erscheinen zwei Entscheidungen des KG aus den Jahren 19083 und 19114. Darin wird hauptsächlich aus der Entstehungsgeschichte der §§ 73 FGG, 2369 BGB darauf geschlossen, daß § 73 FGG nur die örtliche und nicht zugleich auch die internationale ("sachliche") Zuständigkeit betreffe5 ; diese sei "auf Grund des materiellen Rechts, also des BGB und gegebenenfalls des internationalen Privatrechts"6, zu bestimmen. 1. Zur Entstehung des § 73 FGG zieht das Kammergericht zwei verschiedene Texte heran: Zum einen die Begründung des dem§ 73 FGG fast wörtlich entsprechenden § 55 des 1888 fertiggestellten Planckschen Entwurfs eines Gesetzes für das Deutsche Reich, betreffend Angelegenheiten der nichtstreitiHeldrich, Ber. dt. Ges. VR 10 (1971) 103 N. 12. Wiethölter, Vorschläge und Gutachten 150. 3 KG 11. 5.1908, KGJ 36 A 102. 4 KG 11. 7. 1911 , KGJ 41 A 62. s Die zweite Entscheidung des KG (v. 11 . 7.1911, KGJ 41 A 62, 66) hält die nur auf der Entstehungsgeschichte beruhende Argumentation der Entscheidung vom 11. 5. 1908 für noch nicht ausreichend und fügt noch die unten III. dargelegte Wortlautinterpretation der Art. 25, 213 EGBGB hinzu. 6 KG 11.5. 1908, KGJ 36 A 106. I
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A. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik
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gen Rechtspflege, und zum anderen eine Passage aus der Denkschrift zu dem Entwurf des FGG7 selbst. In der Begründung des Planckschen Entwurfs heißt es8: "Die §§ 55, 56 [§§ 73, 74 FGG] regeln lediglich die örtliche Zuständigkeit der inländischen Nachlaßgerichte, lassen dagegen die dem materiellen Rechte angehörende Frage, ob und inwieweit in jedem einzelnen Falle, mag der Erblasser ein Deutscher oder ein Ausländer sein, die inländischen Nachlaßgerichte überhaupt zur Wahrnehmung der den Nachlaßgerichten obliegenden Geschäfte berufen sind, unberührt. In dieser Beziehung kommen insbesondere die Staatsverträge und in Ermangelung solcher die Grundsätze des internationalen Privatrechts in Betracht."
An einer anderen Stelle des Planckschen Entwurfs findet sich folgende Begründung zu dem jetzigen§ 73 III FGG9: "Abs. 3 des § 55 trägt solchen Fällen Rechnung, in welchen in Ansehung des im Inland befindlichen Nachlasses eines Ausländers nach den Grundsätzen des internationalen Privatrechts die Iex rei sitae maßgebend ist und deshalb insoweit die inländischen Gerichte zur Wahrnehmung der dem Nachlaßgerichte obliegenden Verrichtungen berufen sind, nach Abs. 1 des § 55 aber, weil der Erblasser im Inlande keinen Wohnsitz oder Aufenthalt hatte, es an einem örtlich zuständigen Nachlaßgerichte fehlen würde; vgl. die Konvention zwischen dem Deutschen Reich und Rußland Art. 10."
Dieser Textstelle aus dem Planckschen Entwurf entspricht die folgende Passage aus der' Denkschrift zum FGGlO, auf die sich das KG in seiner zweiten Entscheidungn bezieht: "Die Vorschrift des§ 70 Abs. 3 [§ 73 Abs. 3] regelt den Gerichtsstand für die Fälle, in denen nach dem internationalen Privatrechte der im Inlande befindliche Nachlaß eines Ausländers dem inländischen Rechte unterliegt, es aber an einem nach § 70 Abs. 1 [73 Abs. 1] zuständigen deutschen Gerichte fehlt"I2.
Indes ist bereits dieser Verweis auf die Entstehungsgeschichte des§ 73 FGG von zweifelhaftem Wert. Eine eindeutige Begrenzung der Vorschrift auf die örtliche Zuständigkeit bei gleichzeitigem Bekenntnis zu einer internationalen Statutszuständigkeit ergibt sich nur aus der Begründung zu dem 1888 vorgelegten Planckschen Entwurf, nicht dagegen aus der Denkschrift zum FGG selbst. Wenn es in der Planckschen Begründung heißt, die "dem materiellen Rechte" angehörende Frage der internationalen Zuständigkeit bleibe von dem 7
Abgedruckt bei Hahn I Mugdan 33ff., 54f.
s Zitiert nach Schröder, Internationale Zuständigkeit 535; ähnlich die Wiedergabe in KG 11. 5.1908, KGJ 36 A 106; übereinstimmend die Protokolle der II. Kommission zu § 2079 (= 2369) BGB, Mugdan V 845f. Zitiert nach Josef, DNotV 1904, 202. IO Abgedruckt bei Hahn I Mugdan 54f. II KGJ 41 A 66. 12 Hahn I Mugdan 54f.
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§ 5 Diskussion der Zuständigkeitskriterien
Entwurf unberührt, so kann man dieser Textstelle nicht die Bedeutung beilegen, auch die Begründung des Entwurfs habe zur internationalen Zuständigkeit keine Stellung beziehen wolleni3; der Entwurf läßt die internationale Zuständigkeit offen, weil seine Autoren der Ansicht waren, diese Frage gehöre "dem materiellen Rechte" an. Und daß dieser Verweis im Sinne einer Statutszuständigkeit zu verstehen ist, zeigt die oben zitierte Begründung zu § 55 Abs. 3 des Entwurfs (§ 73 III FGG): Die Belegenheitszuständigkeit bei Ausländernachlässen sei erforderlich, weil nach dem IPR für inländische Nachlaßgrundstücke das inländische Recht maßgeblich sei und "deshalb insoweit die inländischen Gerichte ... berufen sind"l4. Diese Passage erscheint nur sinnvoll, wenn man von einer internationalen Statutszuständigkeit ausgeht. Die Erklärung, daß lediglich für die Fälle, in denen deutsches Recht auf Ausländernachlässe anwendbar ist, ein örtlich zuständiges Gericht zur Verfügung gestellt werden solltel5 , kann nicht überzeugen, weil eindeutig aus der Maßgeblichkeit deutschen Rechts die deutsche internationale Zuständigkeit gefolgert wird ("deshalb"). Auch die Kommission für die 2. Lesung des BGB verstand die vorliegenden Textstellen der Entwurfsbegründung im Sinne einer von Planck intendierten Statutszuständigkeiti6. So eindeutig die Statutszuständigkeit von der Begründung zu dem Planckschen Entwurf vorausgesetzt wird, so wenig ergiebig ist die Denkschrift zu dem Gesetz selbst. Zwar folgt die Denkschrift in ihrer Begründung zu § 70 (73) Abs. 3 FGG insoweit den Planckschen Motiven, als sie die Belegenheitszuständigkeit für Ausländernachlässe mit den Fällen rechtfertigt, in denen die im Inland befindlichen Nachlaßgegenstände deutschem Recht unterliegen. Aber aus der Formulierung wird nicht deutlich, daß die inländische Zuständigkeit vom anwendbaren Recht abhängen solle, so daß die Deutung, es hätte lediglich für jeden Fall der Maßgeblichkeit deutschen Rechts eine örtliche Zuständigkeit geschaffen werden solleni7, hier möglich erscheint. Ferner enthält die Denkschrift zum FGG - anders als die Plancksche Begründung - keinen Hinweis darauf, daß § 70 (73) FGG auf die Regelung der örtlichen Zuständigkeit beschränkt sei; überhaupt fehlt jede Unterscheidung zwischen örtlicher und internationaler Zuständigkeit. Das legt die Annahme nahe, daß in der Begründung des§ 70 (73) Abs. 3 FGG die Erläuterungen zu dem Planckschen Entwurf nicht nur verkürzt, sondern auch inso13 In diesem Sinne aber Heldrich 219 N. 60, der sich allerdings nur auf die (indirekte) Wiedergabe der Planckschen Begründung in der Entscheidung KG 11. 5.1908, KGJ 36 A 106 bezieht. 14 Zitiert nach Josef, DNotV 1904, 202. 15 So Heldrich 219 zu der soeben zitierten entsprechenden Textstelle aus der Denkschrift zum FGG; in dieselbe Richtung gehen auch die Einwände von Josef, DNotV 1904' 202 ff. 16 So die Protokolle (s. Mugdan V 845f.); näher dazu unten II. 17 Heldrich 219.
A. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Systematik
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weit unreflektiert wiedergegeben wurden. Danach war eine Aussage über die internationale Zuständigkeit von den Verfassern des FGG nicht beabsichtigtts. Aus der Entstehungsgeschichte des § 73 FGG läßt sich also für den Gleichlauf nichts herleiten. 2. Ferner beruft sich das KG für das Verständnis des § 73 FGG auf die Protokolle der Kommission für die 2. Lesung des BGBI9. Diese ergäben, " ... daß der§ 73 FGG nur für den Fall, in dem nach materiellem Rechte ein inländisches Gericht zur Wahrnehmung der dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen berufen ist, über die Zuständigkeit des inländischen Gerichts Bestimmung treffen soll"ZO. Zunächst ist klar, daß das KG sich mit dieser Passage von der historischen Interpretation abwendet: man kann nicht die Beratungen zum BGB heranziehen, um den Willen der Verfasser von§ 73 FGG zu ermitteln. Aber auch wenn das KG bloß zum Ausdruck bringen will, in den Beratungen zur 2. Lesung des BGB habe man seine Deutung der Entstehungsgeschichte des § 73 FGG geteilt, unterliegt es einem Mißverständnis: zwar glaubte man in den Beratungen, "das Verfahrensgesetz" gehe von einer internationalen Statutszuständigkeit (Gleichlauf) aus. Doch zum einen bezog man sich nur auf den Planckschen Entwurf und nicht auf die Denkschrift zum FGG selbst21. Zum anderen wurden die Intentionen des Planckschen Entwurfes in den Beratungen lediglich zur Diskussion gestellt; für die Formulierung des § 2079 (2369) BGB blieben sie ohne jeden Einfluß22. 3. Angesichts der unergiebigen Entstehungsgeschichte des § 73 FGG verweist Niemeyer auf den "deutlichen Wortlaut"23 der Vorschrift, und andere Autoren haben aus der Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit in den Absätzen 2 und 3 des § 73 FGG den Schluß gezogen, daß Absatz 1, der diesen Unterschied nicht macht, die Zuständigkeit unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Erblassers bestimme und daher auch die internationale Zuständigkeit regele24.
Doch kann auch diese grammatische Interpretation nicht überzeugen: zwar läßt sich aus dem oben Gesagten folgern, daß die von § 73 Abs. 1 FGG bestimmte Zuständigkeit unabhängig von der Staatsangehörigkeit ist; damit In dieser Richtung auch Schröder, Internationale Zuständigkeit 536. Zu§ 2079 (2369) BGB, Mugdan V 845f. 2o KG 11. 5.1908, KGJ 35 A 106. 21 Dies ergibt sich eindeutig daraus, daß die einschlägigen Vorschriften mit "§§ 54, 55" zitiert werden. Dies ist die Numerierung der heutigen §§ 73, 74 FGG nach dem Planckschen Entwurf, nicht nach der Denkschrift zum FGG (dort:§§ 70, 71); vgl. Mugdan V 845. 22 Dazu näher unten II. 2. 23 Niemeyer, NiemeyersZ 13 (1903) 23. 24 Reich 16; Schiechtriern 13; vgl. bereits oben§ 3 A. 18
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§ 5 Diskussion der Zuständigkeitskriterien
steht jedoch noch nicht fest, daß die Vorschrift sich auch auf die internationale Zuständigkeit bezieht25. Die Zuweisung der Primärzuständigkeit an das Gericht am letzten Wohnsitz oder Aufenthalt des Erblassers unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit ist auch sinnvoll, wenn über die Frage, ob die deutschen Nachlaßgerichte überhaupt tätig werden sollen (internationale Zuständigkeit), vorher aufgrundanderer Kriterien zu entscheiden ist26. Nach allem läßt sich aus Wortlaut und Entstehungsgeschichte der§§ 73, 74 FGG für die deutsche internationale Zuständigkeit in Nachlaßsachen nichts herleiten. II. § 2369 BGB
1. Wortlaut und Gesetzessystematik Ebenso unergiebig ist die Vorschrift des § 2369 BGB, die den gegenständlich (auf das Inland) beschränkten Erbschein regelt. Allerdings gibt die auf die Zuständigkeit abstellende Norm zu Mißverständnissen Anlaß. So kann man aus W