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German Pages 508 Year 2011
Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte Band 42
Die verspätete Kolonie Hugenotten in Potsdam 1685–1809
Von
Silke Kamp
Duncker & Humblot · Berlin
SILKE KAMP
Die verspätete Kolonie
Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte Begründet von Johannes Kunisch Herausgegeben im Auftrag der Preußischen Historischen Kommission, Berlin von Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer und Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll
Band 42
Die verspätete Kolonie Hugenotten in Potsdam 1685–1809
Von
Silke Kamp
Duncker & Humblot · Berlin
Die Fakultät I der Technischen Universität Berlin hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
D 83 Alle Rechte vorbehalten # 2011 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0943-8629 ISBN 978-3-428-13419-9 (Print) ISBN 978-3-428-53419-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-83419-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 * ∞
Internet: http://www.duncker-humblot.de
Vorwort Diese hier vorgelegte Arbeit ist die geringfügig überarbeitete Textfassung meiner Dissertationsschrift, die im Sommersemester 2009 an der Fakultät I der Technischen Universität zu Berlin angenommen wurde. Für die Drucklegung wurden einige wenige Quellen- und Literaturhinweise ergänzt und vor allem ein Register angefügt. Mein Dank gilt an erster Stelle Herrn Prof. Dr. Etienne François, der mein Dissertationsprojekt von Anfang an betreute, mich in allen Phasen der Promotion mit Wohlwollen, Kritik und Aufmunterung unterstützte und mir Zuversicht gab. Sehr glücklich schätze ich mich, dass Herr Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer dieses Projekt als Zweitgutachter begleitete. Ihm und Herrn Prof. Dr. Frank-Lothar Kroll bin ich zu besonderem Dank verpflichtet, meine Arbeit in den „Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte“ aufgenommen zu haben. Die Anregung zu dieser Arbeit erhielt ich 2003 von Frau Pastorin Hildegard Rugenstein anlässlich der 250-Jahrfeier der Französischen Kirche in Potsdam. Ihr, ihrem Mann Dr. Björn Rugenstein und der Französischen Gemeinde in Potsdam gilt mein herzlichster Dank für Inspiration, Unterstützung und nie nachlassende Anteilnahme an meinem Forschungsvorhaben. Ebenso herzlich möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Bernhard R. Kroener bedanken, der mir bei den ersten zaghaften Versuchen, aus unbefangener Neugier ein Promotionsprojekt zu konzipieren, seinen Rat gab und mir den Weg zu meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Etienne François ebnete. Danken möchte ich Frau Prof. Dr. Claudia Ulbrich für die Denkanstöße, die ich aus ihrem Forschungskolloquium an der Freien Universität erhalten habe. Stellvertretend für alle Teilnehmer sei hier Herrn Prof. Dr. Thomas Max Safley gedankt für die anregenden Diskussionen. Weiterhin danke ich Herrn Prof. Dr. Ralf Pröve und den Teilnehmern des Forschungskolloquiums Militärgeschichte der Universität Potsdam, denen ich meine Arbeit in unterschiedlichen Reifegraden zur Diskussion stellen durfte. Ebenso danke ich den Teilnehmern des Forschungskolloquiums am Frankreichzentrum der Freien Universität und Herrn Prof. Dr. Heinz Reif von der Gesellschaft für Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung e. V. Ferner danke ich stellvertretend für die Deutsche Hugenottengesellschaft Herrn Dr. Andreas Flick und Frau Dr. Ursula Fuhrich-Grubert für ihre Unterstützung. Danken möchte ich Frau Prof. Dr. Stefi Jersch-Wenzel für ihre Begleitung
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Vorwort
in der Anfangsphase meiner Promotion. Viele wertvolle Anregungen verdanke ich Dr. Viviane Prest, Dr. Manuela Böhm und Dr. Friedhild den Toom, die mir in den unterschiedlichen Stadien meiner Doktorarbeit fachlich und freundschaftlich zur Seite standen. Großen Anteil am Gelingen dieser Arbeit haben weiterhin die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Archive in Potsdam und Berlin. Herrn Dr. Falko Neininger vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam danke ich dafür, mir den Weg zu längst im Krieg vernichtet geglaubten Akten gewiesen zu haben. Besonders möchte ich Robert Violet danken, der mich bei meinen Archivbesuchen im Französischen Dom nicht nur mit Kaffee und Gebäck stärkte, sondern auch mit wertvollen Hinweisen zu Forschungsfragen. Mein Dank gilt all denjenigen, die mir die Möglichkeit gaben, mein Promotionsthema in Potsdam in Vorträgen und Publikationen vorzustellen, insbesondere Heiderose Gerber und Jeanette Toussaint, Dr. Klaus Arlt, stellvertretend für das Haus der Brandenburg-Preußischen Geschichte Thomas Wernicke, Markus Wicke und dem Förderverein des Potsdam-Museums e. V. Letzterem sei auch herzlich für die finanzielle Unterstützung gedankt, dieses Buch zum Druck befördern zu können. Meinen Freunden Ulrike Kruse und Dennis Jacobs möchte ich für die vielen anregenden Gespräche und die Geduld danken, die sie mit mir hatten. Thomas Sander danke ich für das kritische Gegenlesen des PotsdamKapitels. Ulrike Kruse danke ich weiterhin dafür, dass Sie mit wachsamem Auge dem Fehlerteufel auf der Spur war. Aus tiefstem Herzen möchte ich mich bei meinem Freund Bernd Dreiocker bedanken, der mich in der letzten Phase der Promotion durch Höhen und Tiefen begleitet hat. Mein besonderer Dank gilt meinem Vater Harald Kamp, mit dem ich die Freude über kleine und große Quellenfunde teilen konnte. Ihm möchte ich dieses Buch widmen. Potsdam im Herbst 2010
Silke Kamp
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegenstand der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Methode und leitende Forschungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Quellenlage und Quellenauswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13 15 18 22 25 28
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die zweite Gründungsphase Französischer Kolonien . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Gründung der Kolonien Pasewalk und Stettin . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auf dem Weg zu einer Französischen Kolonie in Potsdam . . . . . . . . 3. Die Gründung der Französischen Gemeinde in Potsdam im Jahr 1723 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Gründung der Französischen Kolonie in Potsdam im Jahr 1731 II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien . . . . . . . . . . . . 1. Die Finanzierung durch den Französischen Etat . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien Pasewalk und Stettin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Unterstützung der Französischen Kolonie in Potsdam . . . . . . . . . III. Die Entwicklung der Kolonien Potsdam, Stettin und Frankfurt im 18. Jahrhundert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zur Entwicklung der Kolonien in Brandenburg-Preußen . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung der Kolonien Frankfurt und Stettin. . . . . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung der Kolonie in Potsdam. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Entwicklung der Kolonien Stettin, Frankfurt und Potsdam im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die demografische Entwicklung der Kolonie Potsdam im Vergleich mit der Frankfurter Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Herkunft der Potsdamer und Stettiner Kolonisten . . . . . . . . . . . . . IV. Berufsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zum Aufbau der Kolonielisten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stettin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frankfurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Berufsstruktur der Kolonien Frankfurt, Stettin und Potsdam im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung: Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
32 33 36 40 42 46 48 49 50 53 59 60 61 65 68 70 73 74 75 77 79 80 82 85
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Inhaltsverzeichnis
C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam . . . . . . . . . I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . . 1. Die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Potsdam im 18. Jahrhundert II. Die Berufs- und Sozialstruktur Potsdams im 18. Jahrhundert . . . . . . . . . . III. Migranten in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Holländer in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Böhmen in Nowawes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Juden in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung: Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
90 91 98 105 119 120 123 126 129
D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie in Potsdam innerhalb der landesherrlichen Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Erweiterung der Französischen Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Bau der Französischen Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Französische Gemeindeschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Französische Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die medizinische Versorgung der Französischen Kolonie . . . . . . . . . . II. Hof und Französische Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Hof als Auftraggeber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Arbeit für Hof und Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die repräsentativen Aufgaben der Französischen Kolonie. . . . . . . . . . III. Garnison und Französische Kolonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Garnison als Auftraggeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einquartierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Soldaten und Offiziere in Kolonie und Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Seidenbau und Französische Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Anfänge der Serikultur in Brandenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die französischen Kolonisten als Planteure und Seidenbauliebhaber 3. Die französischen Kolonisten als Vermittler des Seidenbaus . . . . . . . 4. Anne Marie Baral. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung: Der Stellenwert der Französischen Kolonie. . . . . . . .
134 135 135 138 145 151 154 156 157 160 162 164 165 168 170 172 173 178 183 185 191
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie . . . . . . . . . . . . I. Die Wahl des Französischen Koloniebürgerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Motive für die Wahl des französischen Bürgerrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Revolutionsflüchtlinge in der Französischen Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bürgerrechtsgesuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung: Kulturtransfer und französische Gerichtsbarkeit. . . .
197 197 201 205 207 211
F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 1. Die Textilfabriken in der Französischen Kolonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . 216
Inhaltsverzeichnis
9
2. Das Tabakgewerbe in der Französischen Kolonie. . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Lederfabriken in der Französischen Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Arbeitsbeziehungen auf der Ebene der Kolonie. . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Aufnahme der Hugenotten in die Zünfte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Konflikte bei der Aufnahme französischer Meister in die Zünfte . . . 4. Der lange Weg des Pierre Petitjean ins Seifensiedergewerk. . . . . . . . III. Der Lebensstandard französischer Kolonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die finanzielle Situation der französischen Kolonisten . . . . . . . . . . . . 2. Die französischen Kolonisten als Gläubiger und Kreditoren . . . . . . . 3. Das Haushaltsinventar von Pierre Gayette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Haushaltsinventar der Witwe Lagrange. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Tafelfreuden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung: Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
223 228 230 231 235 238 240 247 248 250 252 256 261
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene . . I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Taufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Trauung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Gottesdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Anciens und die Chefs des familles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Gemeindezugehörigkeit der französischen Kolonisten . . . . . . . . . 6. Verhältnis zu anderen Gemeinden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Sprache der französischen Kolonisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Sprachwechsel in der Französischen Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Beherrschung des Französischen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Beherrschung des Deutschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Rolle der Französischen Gemeinde beim Sprachwechsel . . . . . . III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kontakte nach Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kontakte zu Katholiken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die französische Besatzungszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Auflösung der Französischen Kolonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung: Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
274 274 275 283 286 289 292 294 297 298 300 305 306 313 314 318 320 325
268
329
H. Die verspätete Kolonie – Schlussbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333
10 I.
Inhaltsverzeichnis Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 Karten: • Wohnorte der Französisch-Reformierten in Potsdam 1717–1728 . . . . . . . . . 357 • Wohnorte der französischen Kolonisten in Potsdam 1734–1752. . . . . . . . . . 358 • Wohnorte der französischen Kolonisten in Potsdam 1783 . . . . . . . . . . . . . . . 359 Verzeichnis der Französisch-Reformierten und der französischen Kolonisten in Potsdam 1684–1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 490 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503
Abbildungsverzeichnis Abb. 1:
Detail der ersten Kolonieliste für Potsdam, 1721 . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Abb. 2:
Ausgewählte Positionen des Französischen Etats für Potsdam im Vergleich zum Gesamtetat für die Quartale Lucia-Reminiscere 1739 bis Reminiscere Trinitatis 1749 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Abb. 3:
Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Frankfurt an der Oder 1727–1769 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62
Abb. 4:
Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Stettin 1727–1777 . .
64
Abb. 5:
Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle bei den Französisch-Reformierten in der Schlossgemeinde und in der Französischen Gemeinde in Potsdam 1684–1809. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
41
Abb. 6:
Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Potsdam 1731–1768, inklusive der Französisch-Reformierten vor 1731 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
Abb. 7:
Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Potsdam 1769–1809
68
Abb. 8:
Die Entwicklung der Französischen Kolonien Potsdam und Frankfurt im Vergleich 1703–1768 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69
Abb. 9:
Altersstruktur der Französischen Kolonie in Potsdam 1732 . . . . . . . . .
72
Abb. 10:
Altersstruktur der Französischen Kolonie in Frankfurt . . . . . . . . . . . . .
72
Abb. 11:
Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Stettin 1727–1778 . .
78
Abb. 12:
Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Frankfurt 1727– 1769 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
Abb. 13:
Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Potsdam 1731–1810
81
Abb. 14:
Berufsgruppen der Berliner Kolonie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
Abb. 15:
Die Entwicklung der Stadt Potsdam und ihrer Französischen Kolonie 1623–1772 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
Abb. 16:
Berufsgruppen in Potsdam 1724, 1751 und 1805 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112
Abb. 17:
Ausschnitt der Kolonieliste von 1773 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
Abb. 18:
„Plan. Ein Theil von dem Königl. Thiergarten“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
Abb. 19:
Plan der Maulbeerbaumplantagen der Franzosen und Orangeois im Tiergarten, 1717. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
Abb. 20:
Herkunft der Glieder der Französischen Gemeinde in Potsdam 1723–1809. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
Abb. 21:
Herkunft der zwischen 1755 und 1805 in die Französische Kolonie in Potsdam aufgenommenen Personen laut Gerichtsbuch . . . . . . . . . . . 200
12
Abbildungsverzeichnis
Abb. 22:
Deutsche und französische Gesellen und Lehrjungen in der Französischen Kolonie in Potsdam 1733–1768 im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . 232
Abb. 23:
Der Anteil deutscher Paten und Patinnen in der Französischen Gemeinde Potsdam von 1723 bis 1809 in absoluten Zahlen . . . . . . . . . . . 277
Abb. 24:
Kindersterblichkeit in der Französischen Gemeinde Potsdam 1723–1809 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281
Abb. 25:
Vergleich der Kommunikanten in der Französischen Gemeinde in Potsdam von 1745 bis 1800 mit der Größe der Gemeinde und der Französischen Kolonie (gemäß Kolonielisten, nur Franzosen) . . . . . . . 293
Abb. 26:
Schriftprobe Escoffier . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
Abb. 27:
Schriftprobe Laborde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301
Abb. 28:
Schriftprobe Nevir, Französisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302
Abb. 29:
Schriftprobe Nevir, Deutsch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303
Abb. 30:
Schriftprobe Duquesne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305
Abb. 31:
Vergleich des Kollektenaufkommens der Jahre 1798 bis 1803 nach Vormittags- und Nachmittagsgottesdiensten in der Französischen Gemeinde in Potsdam in Reichstalern, Groschen und Pfennigen. . . . . 309
Abb. 32:
Henry. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
Abb. 33:
Papin et la petite Jeanette. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324
Karte 1:
Wohnorte der Französisch-Reformierten in Potsdam 1717–1728 . . . . . 357
Karte 2:
Wohnorte der französischen Kolonisten in Potsdam 1734–1752 . . . . . 358
Karte 3:
Wohnorte der französischen Kolonisten 1783 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
A. Einleitung Auf den ersten Blick erscheint nichts naheliegender, als über die Hugenotten in der Stadt zu schreiben, welche dem Edikt zur Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge ihren Namen gegeben hat.1 Dabei blieb Potsdam als möglicher Siedlungsplatz in dem nach seinem Ausstellungsort benannten Edikt unerwähnt. Es vergingen 38 Jahre, bis sich 1723 in Potsdam eine Französische Gemeinde gründete, und weitere acht Jahre, bis am 19. Oktober 1731 das Gründungspatent der Französischen Kolonie in Potsdam erlassen wurde. Auch die Geschichtsschreibung blendete diesen Ort fast vollständig aus. Vom Aufnahmeedikt des Kurfürsten Friedrich Wilhelm an gerechnet dauerte es 100 Jahre, bis der Französischen Kolonie in Potsdam eine eigenständige Abhandlung gewidmet wurde. Die Festschrift des damaligen Pastors der Französischen Gemeinde in Potsdam, Jean George Erman,2 blieb jedoch die einzige Monografie ihrer Art. Diese leicht überschaubare Literaturlage war ein weiterer und gewichtiger Grund, die Französische Kolonie in Potsdam in den Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Arbeit zu rücken, zumal Erman als Pionier der Potsdamer Hugenottenforschung zur deutlich verzögerten Koloniegründung bereits Vermutungen anstellte, die in der Folgezeit weitgehend tradiert wurden.3 Für den Forschen1
Das nach seinem Ausstellungsort benannte Edikt von Potsdam vom 29.10./08.11.1685 lud als direkte Reaktion auf das Edikt von Fontainebleau (18.10.1685) französische Protestanten ein, sich in den Landen des Kurfürsten Friedrich Wilhelm niederzulassen. Mit dem Edikt von Fontainebleau hob der französische König Ludwig XIV. die fast hundertjährige Duldung des evangelischen Bekenntnisses in Frankreich (Edikt von Nantes, 1598) auf. Schätzungsweise 150 000 Protestanten ergriffen die Flucht, die Mehrzahl der annähernd 700 000 zurückbleibenden Hugenotten konvertierte zum Katholizismus. Vergleiche zum europäischen Refuge Matthias Asche, Hugenotten in Europa seit dem 16. Jahrhundert, in: Klaus J. Bade/Pieter C. Emmer u. a. (Hg.), Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Paderborn 2007, S. 635 ff. 2 Jean George Erman, Mémoire historique sur la fondation de l’église francoise de Potsdam, Berlin 1785. 3 Erman schrieb dies der Nachbarschaft zu den Kolonien Spandau, Berlin und Brandenburg zu. Diese Einschätzung leuchtete hundert Jahre später Eduard Muret nicht mehr ein, der sich stattdessen auf die vage Schlussfolgerung verlegte, dass die Stadt sich vorerst nicht zur Ansiedlung von Réfugiés eignete. Eduard Muret, Geschichte der Französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen, unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde, Berlin 1885. Weitere hundert Jahre später präsentierte Hans-Joachim Schreckenbach mit der Synthese beider Argumente die
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A. Einleitung
den präsentiert sich die Französische Kolonie in Potsdam als ein kaum erschlossenes Gebiet, das nur durch wenige Wegmarken abgesteckt ist. Dies sind aber noch keine hinreichenden Gründe, exotisches Terrain zu erkunden, wenn die Geschichte dieses Ortes nicht auch Antworten auf bereits gestellte Forschungsfragen verspricht. Diese Hoffnungen verknüpfen sich mit folgender historischen Begebenheit: 1809 ermöglichten es die Stein-Hardenbergschen Reformen den Bürgern der Stadt Potsdam erstmals, den Magistrat direkt zu wählen. Die erste Stadtverordnetenversammlung konstituierte sich am 03. August, um aus ihrer Mitte den Oberbürgermeister zu bestimmen. Die Wahl fiel auf einen Kandidaten, gegen den gleich drei biografische Makel sprachen: erstens seine uneheliche Geburt, die erst nach zehn Jahren legitimiert wurde, zweitens sein „jugendliches“ Alter von gerade einmal 33 Jahren und drittens seine französische Herkunft. Wilhelm Sankt Paul war Urenkel von François Le Tanneux de Saint Paul, der als Glaubensflüchtling der Einladung des Edikts von Potsdam gefolgt war, und am Hof des „Großen Kurfürsten“ als Sprachmeister wirkte.4 Sankt Paul entstammte somit einer Réfugiésfamilie, die mittlerweile in der vierten Generation in Brandenburg-Preußen lebte. Dies alles schmälerte keineswegs das von den Stadtverordneten in ihn gesetzte Vertrauen. So kam es, dass wenige Jahre, nachdem Napoleon die Schlüssel der Stadt gewaltsam an sich gebracht und sie erst zwei Jahre später, 1808 im Frieden von Tilsit, zurückgegeben hatte, die Potsdamer sie aus freien Stücken einem anderen „Franzosen“ aushändigen wollten. Die Wahl eines Hugenotten zum ersten Oberbürgermeister und damit ins höchste zu vergebende Amt ist einmalig in der Geschichte Brandenburgs,5 ebenso wie das Einschreiten Friedrich Wilhelm III., der dem in der Abstimmung unterlegenen Stadt- und Polizeidirektor Jacob Brunner den Vorzug gab und so den Bürgerwillen einschränkte. Dennoch scheint ausgerechnet die Stadt, in der Franzosen und Landeskinder am wenigsten Zeit hatten, miteinander ein gutes Auskommen zu suchen, dies am besten bewerkstelligt zu haben.
gängige Erklärung für die verspätete Koloniegründung Potsdams. Hans Joachim Schreckenbach, Die französische Kolonie in Potsdam, in: Das Edikt von Potsdam 1685. Die französische Einwanderung in Brandenburg-Preußen und ihre Auswirkungen auf Kunst, Kultur und Wissenschaft, Generaldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1985, S. 14–18. 4 Vgl. Friedhild-Andrea Anders, Die Familie Saint Paul. Spuren von drei Generationen in Potsdam, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci e. V. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams, 2. Jg. Heft 1 (1997), S. 5–23, hier S. 5. 5 In Berlin bestimmte 1809 die erste Stadtverordnetenversammlung den Réfugiésnachfahren Johann Paul Humbert zu ihrem Vorsitzenden. Paul Clausewitz, Die Städteordnung von Berlin, Reprint der Ausgabe Berlin 1908, Berlin 1986.
I. Gegenstand der Arbeit
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I. Gegenstand der Arbeit Die Wahl eines Abkömmlings französischer Glaubensflüchtlinge zum ersten Oberbürgermeister stellt ein besonders sprechendes Beispiel für die Wandlung von Kolonisten zu Städtebürgern dar. Gerade dies zeichnet die Potsdamer Kolonie aus, so dass hieran der Kulturtransfer von Stadt und Kolonie befragt werden kann. Kulturtransfer meint in diesem Zusammenhang, die Aufnahme der Réfugiés als wechselseitigen Austausch zwischen Migranten und Landeskindern zu betrachten, aus dem beide Seiten verändert hervorgingen. Die Untersuchung beginnt mit der Einwanderung der Réfugiés nach Brandenburg-Preußen im Zuge des Edikts von Potsdam im Jahre 1685 und endet 1809 mit der Auflösung der Französischen Kolonien.6 Sie beschreibt, wie sich ein französisches Gemeinwesen in Potsdam etablieren konnte, wie sein Verhältnis zur übrigen Stadt war, und wie es letztlich in dieser aufging. Die ersten Réfugiés etablierten sich in Potsdam ohne besondere Privilegien als Reformierte und hatten erst 46 Jahre nach ihrer Niederlassung Anspruch auf die im Edikt von Potsdam offerierten wirtschaftlichen Vorzüge. Sie hielten sich bis zur Gründung der Französischen Gemeinde im Jahre 1723 zur reformierten Schlossgemeinde. Diese Abhandlung nimmt daher mit den ersten in Potsdam nachweisbaren französischen Glaubensflüchtlingen ihren Anfang. Die Einbeziehung der Französischen Gemeinde und der reformierten Schlossgemeinde ist keine Frage nach der Ausdehnung des Untersuchungszeitraums, sondern nach der Tragweite der Arbeit. Diese Studie will die Geschichte der Französischen Gemeinde gleichrangig mit der der Französischen Kolonie behandeln, gerade auch im Hinblick auf den Kulturtransfer. Dies geschieht auch deshalb, weil die Französische Gemeinde die Französische Kolonie überleben sollte und bis heute fortbesteht. Gegenstand der Untersuchung sind alle in Potsdam nachweisbaren Réfugiés, als Glieder beider Kongregationen, der der Schlossgemeinde oder der der Französischen Gemeinde, sowie alle Angehörigen der Französischen Kolonie in Potsdam. Demnach zählen zum Gegenstand der Untersuchung sowohl angeheiratete Landeskinder als auch Fremde jedweder Nation, sogar 6 Es handelt sich um die Ordre vom 30.10.1809. Hierin heißt es: „Die Städteverordnung vom 19ten November v.J. erkennt in jeder Stadt nur Eine Stadtgemeine, nur Ein Bürgerrecht; – das besondere Bürgerrecht, welches die französische Kolonie ertheilte, muß also aufhören.“ Zitiert nach Eckart Birnstiel, „Dieu protège nos souverains“ Zur Gruppenidentität der Hugenotten in Brandenburg-Preußen, in: Frédéric Hartwig/Stefi Jersch-Wenzel, Die Hugenotten und das Refuge: Deutschland und Europa, Berlin 1990, S. 107–128, hier S. 126.
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A. Einleitung
Katholiken aus Frankreich, sofern sie das Französische Koloniebürgerrecht besaßen. Mit dem Terminus „Hugenotten“ sind die Akteure dieser Studie schwer zu fassen. Diese ursprünglich abwertende Bezeichnung für die französischen Protestanten wurde bald auf alle calvinistischen Glaubensflüchtlinge und deren Nachfahren ausgedehnt, kamen sie nun direkt aus Frankreich, aus dem Fürstentum Orange oder hatten sie bereits in der Schweiz, der Pfalz oder den Niederlanden gelebt. Wegen der Kluft zwischen der Verkündigung des Edikts, der Gründung der Gemeinde und der der Kolonie, ist die Bezeichnung Hugenotte die am ehesten zutreffende, auch wenn sie in den hier benützten Quellen nirgends auftaucht.7 Die zeitgenössischen Bezeichnungen lauten „Refugierte“ oder „Frantzosen“. Die Anwendung des ersten Begriffs ist spätestens ab der dritten Generation problematisch, da sie im Refuge zur Welt kam und aufwuchs. Die Gleichsetzung der Kolonisten als Franzosen unterschlägt zum einen die Herkunft aus den Ländern des Refuge, zum anderen, dass die Französische Kolonie in Potsdam nach 1772 keine Kolonie der Glaubensflüchtlinge mehr war. Ihr gehörten auch Migranten an, die für sich das Französische Koloniebürgerrecht gewählt hatten, weil sie sich seinen Bestimmungen gemäß etablieren wollten. Überdies waren Angehörige der Gemeinde und der Kolonie bereits zu einem früheren Zeitpunkt nicht unbedingt identisch, da es sprachbedingt schon ab Mitte des 18. Jahrhunderts zu Gemeindeaustritten kam oder Kommunikanten zum Gottesdienst nach Potsdam anreisten. Somit ist Hugenotte die einzige Bezeichnung, die über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg für einen Réfugiés oder Réfugiésnachfahren, der ab 1731 zugleich auch der Französischen Kolonie angehört, Gültigkeit besitzt. Sofern es aber um den rechtlichen Status geht, ist die synonyme Verwendung von Franzose und französischer Kolonist zulässig, da es hier um die Zugehörigkeit zur Kolonie und nicht um die Herkunft des Untertanen geht. Im umgekehrten Fall meint das Adjektiv deutsch nicht mehr als die Zugehörigkeit zur Gerichtsbarkeit des Magistrats. Die Besonderheit der hugenottischen Aufnahme in religiösen und rechtlichen Gemeinwesen entzieht sich daher im wissenschaftlichen Kontext einer ethnisch-konfessionellen Zuspitzung. Dies macht das Einbeziehen des Umfeldes von Gemeinde und Kolonie erforderlich, da diese beiden Institutionen weder deckungsgleich sind, noch sich scharf vom städtischen Umfeld abgrenzen lassen. Es kommt daher darauf an, eine solche Arbeit als Teil 7 Dieser Begriff bürgerte sich vom ursprünglichen Schmähwort für die Protestanten in Frankreich in eine stolze Selbstbeschreibung transformiert Ende des 19. Jahrhundert in Deutschland ein. Vgl. zu dieser Umdeutung und Traditionsfindung Ursula Fuhrich-Grubert, Zwischen Patriotismus und Internationalismus. Hugenotten im 19. und 20. Jahrhundert, in: Sabine Beneke/Hans Ottomeyer, Zuwanderungsland Deutschland. Die Hugenotten. Ausstellungskatalog, Berlin 2005, S. 163–179.
I. Gegenstand der Arbeit
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einer Regionalstudie anzulegen. In diesem Fall fügt sich die Geschichte der Hugenotten in Potsdam als Teil der Stadtgeschichte in einen weiteren Kontext ein. Desweiteren ist der Terminus Französische Kolonie ab 1731 für das französische Gemeinwesen in Potsdam als Oberbegriff zu verstehen, der auch die Französische Gemeinde miteinschließt. Im eigentlichen Wortsinn bezeichnet die Kolonie nur die wirtschaftlich-rechtliche Dimension der Niederlassung. Der Sprachgebrauch des 18. Jahrhunderts macht diese Unterscheidung von Kolonie und Gemeinde nicht. Hiernach wird jede Ansiedlung von Hugenotten als Kolonie bezeichnet, egal, ob die Privilegien des Edikts von Potsdam in Gänze gelten oder nur eine Gemeinde existiert.8 Auch die Forschung lässt diese begriffliche Schärfe zuweilen vermissen. Gerade wo, wie in Potsdam, die Gründung einer Gemeinde der Inkraftsetzung der übrigen Bestimmungen des Aufnahmeedikts um etliche Jahre vorausgeht, ist die Differenzierung zwischen Gemeinde und Kolonie zwingend erforderlich. Eine Kolonie mittlerer Größe wie Potsdam kann nicht isoliert von der Geschichte anderer Kolonien in Brandenburg betrachtet werden, insbesondere nicht unabhängig von der Berliner Kolonie – wie auch die Geschichte der Stadt Potsdam nur im Zusammenhang mit der der Spreemetropole gesehen werden kann. Diesen Verflechtungen hat diese Arbeit daher in zweifacher Weise Rechnung zu tragen: Sie muss einerseits die Französische Kolonie in Potsdam in die Entwicklung der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen einbetten, andererseits aber auch den Einfluss Berlins auf die Geschichte Potsdams veranschaulichen. Auch dieses Charakteristikum der Französischen Kolonie in Potsdam spiegelt sich im Titel dieser Arbeit wider. Die thesenhafte Zuspitzung dieser Studie, die ihr den Namen Die verspätete Kolonie verlieh, spielt auf ein Werk des Philosophen Helmuth Plessner an. In seinem Buch Die verspätete Nation begründet Plessner den Zusammenbruch der Weimarer Demokratie mit der im Vergleich zu Westeuropa sehr verzögert einsetzenden Nationalstaatsbildung Deutschlands.9 Auch wenn man in der Potsdamer Kolonie kein titanisches Weltvertrauen am Werke zu sehen vermag, verweist diese Benennung jedoch auf eine weitere 8 Die Errichtung eigener Gemeinden ist bereits durch die Bestimmungen des Edikts von Potsdam abgedeckt. Vgl. Paragraph 12 des Edikts von Potsdam, zitiert nach Hans-Georg Tautorat, Um des Glaubens willen. Toleranz in Preußen – Hugenotten und Salzburger (= Schriftenreihe: Dokumente, Analysen, Kommentare; 24) Düsseldorf 1985, S. 180. 9 Helmuth Plessner, Die verspätete Nation. Über die politische Verführbarkeit bürgerlichen Geistes, Stuttgart 1959.
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A. Einleitung
Beobachtung Plessners, dass jene verspätete Nation die verschlafene Entwicklung umso schneller nachholen musste. Daher will diese Arbeit klären, ob die verspätete Koloniegründung sich beschleunigend auf den Kulturtransfer zwischen Stadt und Kolonie auswirkte und worin die Französische Kolonie in Potsdam letztlich ihren Halt fand.
II. Forschungsstand Die Erforschung der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen begann anlässlich der Hundertjahrfeiern des Edikts von Potsdam. Zu diesem Jubiläum entstand ein neunbändiges Werk von Jean Pierre Erman und Pierre Chrétien Frédéric Reclam.10 Wie erwähnt, griff auch der Pastor der Französischen Gemeinde und ältester Sohn des besagten Erman zur Feder und brachte 1785 eine Geschichte der Französischen Kolonie in Potsdam heraus. Der Entstehungszusammenhang legt nahe, dass es den Autoren neben der Beschreibung dessen, was für sie mehr oder minder ihr Lebensinhalt war, vor allem um die Legitimierung und das Fortbestehen der Französischen Kolonien ging, gegen deren drohenden Zerfall und die Aufhebung ihrer privilegierten Stellung sie anschrieben. Bis zum ausgehenden 19. Jahrhundert blieb die Erforschung der Französischen Kolonien fest in hugenottischer Hand und damit Teil der Traditionspflege der mittlerweile zu den besten Deutschen11 gewandelten Réfugiésnachfahren. Neue Impulse empfing die Hugenottenforschung noch einmal 100 Jahre darauf, als 1885 die Zweihundertjahrfeiern zum Aufnahmeedikt des Großen Kurfürsten anstanden. Sie verbanden sich zu einer Synopse der Geschichte der Kolonien in Brandenburg-Preußen, vorgelegt von Eduard Muret.12 Diese erste Gesamtdarstellung arbeitete der Regionalisierung der Hugenottenforschung entscheidend vor. Auf Murets Abhandlung folgten Einzeldarstellungen von Henri Tollin13 oder Margarete Pick.14 In der Tradition Murets steht auch der Pastor Karl Manoury.15 Er entfernte sich jedoch von 10 Viviane Rosen-Prest, L’Historiographie des Huguenots en Prusse au temps des lumières entre mémoire, histoire et légende: J.P. Erman et P.C.F. Reclam, Mémoires pour servir à l’histoire des réfugiés françois dans les États du Roi (1782–1799), Paris 2002. 11 Etienne François, La mémoire huguenote dans les pays du Refuge, in: Hartwig/Jersch-Wenzel, S. 233 ff., hier S. 236 f. 12 Siehe Anmerkung 3. 13 Henri Tollin, Geschichte der Französischen Kolonie in Frankfurt an der Oder, Frankfurt/Oder 1868. 14 Margarete Pick, Die französischen Kolonien in der Uckermark, Prenzlau 1935. 15 Karl Manoury, Die Geschichte der französisch-reformierten Provinzgemeinden, Berlin 1961.
II. Forschungsstand
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Tollins eingeschlagenem Weg, die Geschichte der Französischen Kolonien und ihrer Französischen Gemeinden zusammenzudenken. Das 300. Jubiläum fiel mit den 700-Jahrfeiern Berlins zusammen und ließ einen Sammelband zur Geschichte der Hugenotten in Berlin entstehen, der seinen Schwerpunkt auf die wirtschaftliche Seite der Ansiedlung legte.16 Berlin ragte aus den Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen mit ihrer Größe und Vielzahl an kulturellen und sozialen Einrichtungen heraus und strahlte auf ihr städtisches Umfeld sowie auf Hof und Verwaltung aus. Berlin bildete nicht nur das Zentrum der Französischen Kolonien, sondern bislang auch das der Forschung zur Geschichte der Hugenotten in Brandenburg-Preußen. Da aber die Berliner Kolonien mit den übrigen Kolonien im lebendigen Austausch standen, kann selbst die verhältnismäßig gut erforschte Geschichte zum Berliner Refuge von weiteren Regionalstudien an Erkenntnissen profitieren. Weniger im Interesse der Hugenottenforschung lagen bislang die Französischen Kolonien oder Gemeinden von Stettin, Pasewalk und Frankfurt/ Oder. Die bislang einzige Monografie zur Frankfurter Kolonie entstammt noch der Feder Tollins. Ebenfalls stark veraltet ist der Forschungsstand für Pasewalk.17 Ähnlich dünn ist auch die Sekundärliteratur für Stettin gesät. Über andere Kolonien glitt der Forscherblick immer wieder hinweg.18 Für die Potsdamer Kolonie ist die Literaturlage desaströs. Neben der bereits zitierten Denkschrift Ermans kann unter den monographischen Arbeiten einzig der leider sehr knappe Beitrag von Hans Joachim Schreckenbach19 im Katalog zur Ausstellung des Edikts von Potsdam von 1985 wissenschaftlichen Kriterien genügen, alle anderen sind bestenfalls Paraphrasen von Murets Kurzbeschreibung.20 16
Gottfried Bregulla, Hugenotten in Berlin, Berlin 1988. Hans du Vinage, Geschichte der Französischen Kolonie und der EvangelischReformierten Gemeinde in Pasewalk, Stargard 1927. 18 Jan M. Piskorski/Bogdan Wachowiak/Edward Włodarczyk, Stettin. Kurze Stadtgeschichte, Poznañ 1994. Die Forschungslücke klafft vor allem bei den ostpreußischen Kolonien. Zygmunt Szultka, Die französischen Kolonien in Pommern vom Ende des 17. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, in: Hartwig/Jersch-Wenzel, S. 129–139. 19 Siehe Anmerkung 3. 20 Muret verzierte, ob gewollt oder nicht, seine Ausführungen zu Potsdam mit einem Sesambein. So datierte er den ersten Gottesdienst der Französischen Gemeinde in der provisorisch mitgenutzten Garnisonkirche um einen Tag vor auf den 11.07.1750, einen Sonnabend. In Ermans Denkschrift, die Muret als Vorlage diente, findet sich noch das richtige Datum, das auch mit den Angaben im Protokollbuch der Gemeinde übereinstimmt. Wenn in der Sekundärliteratur von diesem Ereignis die Rede war, dann wurde stets das falsche Datum genannt, womit die Autoren nicht nur unfreiwillig die Quelle ihres Wissens enthüllten, sondern auch, dass sie ihr 17
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A. Einleitung
Nach 1990 gelang es, die Geschichte der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen mehr in den Kontext des europäischen Refuge zu rücken und Forschungsfragen in komparatistischer Perspektive zu vertiefen. Bislang dominierte der Ansatz, die Ansiedlungsbedingungen der Kolonisten und ihre Integration in die brandenburgische Gesellschaft in vergleichender Perspektive in den Blick zu nehmen. Diesen Vorgang versuchte die Historikerin Mirjam Yardeni als Alienation, als Entfremdung der Hugenotten von ihrer französischen Kultur neu zu definieren.21 In eine völlig andere Richtung weist das in jüngster Zeit sehr lebhaft diskutierte Konzept vom Kulturtransfer.22 Als konfessionelle Migration ist die Aufnahme der Hugenotten Bestandteil der Migrationsgeschichte. Zum Verständnis der Wanderungsbewegungen in der europäischen Geschichte haben vor allem Klaus J. Bade und sein Forschungsumfeld beigetragen.23 Diesen Ansatz führt Matthias Asche detailreich für die ländlichen Regionen Brandenburgs aus, die er aus dem Blickwinkel der hohenzollernschen Kolonisation betrachtet.24 Damit knüpft der Autor zugleich an die Arbeiten von Lieselott Enders an, die die Ansiedlung von Kolonisten für die einzelnen Landschaften Brandenburgs nachzeichnet.25 Die Interdisziplinarität des Themas Hugenotten in Brandenburg verdeutlicht als jüngstes Beispiel die Studie von Manuela Böhm zum Sprachwechungeprüft vertrauten. Zu den gelungensten Abhandlungen über „die französische Kolonie in Potsdam“ zählt ohne Zweifel der gleichnamige Aufsatz von Friedrich Backschat. Leider verzichtet der Autor auf Quellenangaben. Ders., in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams (MVGP), N.F. Bd. 4, Heft 3 (1908), S. 62–68. 21 Myriam Yardeni, Le Refuge Huguenot. Assimilation et culture, Paris 2002. 22 Siehe hierzu die Ausgabe der Comparativ, 10 (2000), insbesondere den Beitrag von Matthias Middell, Kulturtransfer und Historische Komparatistik – Thesen zu ihrem Verhältnis, S. 7–41. 23 Vgl. zu den vielen Publikationen von Klaus J. Bade neben der eingangs erwähnten Enzyklopädie etwa Ders. (Hg.), Sozialhistorische Migrationsforschung (= Studien zur Historischen Migrationsforschung; 13), Göttingen 2004. Ferner die Publikationen des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle Studien der Universität Osnabrück, wie z. B. Utz Maas (Hg.), Sprache und Migration, Themenheft (IMIS-Beiträge), Bad Iburg 2005. 24 Matthias Asche, Neusiedler im verheerten Land. Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerrung und Konfessionspolitik im Zeichen des Landeswiederaufbaus. Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts, Münster 2006. 25 Zu den Niederlassungen der Hugenotten vergleiche Lieselott Enders, Die Uckermark. Geschichte einer kurmärkischen Landschaft vom 12. bis zum 18. Jahrhundert (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs Potsdam; 28), Weimar 1992.
II. Forschungsstand
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sel. Die Linguistin lenkt damit zugleich den Blick auf die uckermärkischen Niederlassungen.26 Die Sprache und Kultur der Hugenotten zu untersuchen, wie neben Böhm etwa auch Frédéric Hartweg27 und Viviane Rosen-Prest,28 ist ein schwieriges Unterfangen, da die Quellenlage hier spärlicher und weniger konzentriert vorliegt als zum wirtschaftlichen Bereich der Französischen Kolonien. So begann die Hugenottenforschung schon früh damit, den ökonomischen Aspekt der Ansiedlung zu beleuchten. Stefi Jersch-Wenzel korrigierte bereits 1978 mythische Vorstellungen vom Beitrag der Hugenotten zur brandenburgischen Wirtschaft, indem sie deren Einfluss auf die Gewerbeentwicklung mit dem der Juden verglich.29 Die Forscherin prägte in diesem Zusammenhang den Begriff des importierten Ersatzbürgertums und gab damit der Frage nach den Intentionen der Aufnahme der Hugenotten zusätzliches Gewicht. Diesem komparatistischen Ansatz verpflichtet, brachte sie zusammen mit Barbara John 1990 eine Studie zu Hugenotten, Juden, Böhmen und Polen in Berlin auf den Weg.30 Diese Forscherleistungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl für die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Französischer Kolonien als auch allgemein für das 18. Jahrhundert noch Nachholbedarf besteht,31 wenn auch die vergleichende Studie von Rolf Straubel über die Wirtschaft von Potsdam und Frankfurt seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert und die Abhandlung von Wolfgang Radtke zur Wirtschaftsgeschichte der Kurmark im 18. Jahrhundert dieser Untersuchung entscheidend vorgearbeitet haben.32 26 Manuela Böhm, Der französisch-deutsche Sprachwechsel in der hugenottischen Landkolonie Strasburg/Uckermark, in: Dies./Jens Häseler/Robert Violet, Hugenotten zwischen Migration und Integration. Neue Forschungen zum Refuge in Berlin und Brandenburg, Berlin 2005, S. 135–154. Ihre jüngst veröffentlichte Doktorarbeit konnte in dieser Studie leider noch nicht berücksichtigt werden. Dies., Sprachenwechsel. Akkulturation und Mehrsprachigkeit der Brandenburger Hugenotten vom 17. bis 19. Jahrhundert, Berlin 2010. 27 Wie etwa jüngst Frédéric Hartweg, Der Sprachwechsel im Berliner Refuge, in: Beneke/Ottomeyer, S. 121–126. 28 Wie Anmerkung 10. 29 Stefi Jersch-Wenzel, Juden und „Franzosen“ in der Wirtschaft des Raumes Berlin-Brandenburg zur Zeit des Merkantilismus, Berlin 1978. 30 Dies./Barbara John, Von Zuwanderern zu Einheimischen. Hugenotten, Juden, Böhmen, Polen in Berlin, Berlin 1990. 31 So kritisiert Radtke vor allem den vergleichsweise schlechten Forschungsstand zu Potsdam trotz guter Quellenlage. Wolfgang Radtke, Gewerbe und Handel in der Kurmark Brandenburg 1740–1806. Zur Interdependenz von kameralistischer Staatswirtschaft und Privatwirtschaft (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; 46), Berlin 2003, S. 68. 32 Rolf Straubel, Frankfurt (Oder) und Potsdam am Ende des Alten Reiches: Studien zur städtischen Wirtschafts- und Sozialstruktur (= Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Brandenburg-Preußens und des Alten Reiches; 2), Potsdam 1995.
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A. Einleitung
Beide Arbeiten bemühen sich um die Einordnung der Französischen Kolonie in das Wirtschaftsleben Potsdams, gelangen jedoch auf schmaler Quellenbasis nur zu einem unbefriedigenden Ergebnis. Insbesondere die Interdependenzen von Kolonie und ihrem städtischem Umfeld wurden außer Acht gelassen. Zur Stadtgeschichte Potsdams selbst liegt bislang keine Monografie vor, die der wissenschaftlichen Überprüfung standhielte. Die letzte Studie, die die gesamte Geschichte der Stadt zu fassen versucht, datiert von 1912 und wurde vom Amtsgerichtsrat Julius Haeckel herausgegeben.33 Selbst das 1000jährige Stadtjubiläum lieferte zwar punktuell neue Erkenntnisse, blieb jedoch für die frühneuzeitliche Migrationsgeschichte hinter den Erwartungen zurück.34 Neuere Forschungsansätze zur Stadtgeschichte vereint hingegen der Katalog zur 2003/2004 gezeigten Ausstellung Königliche Visionen.35 Auch von Seiten der Residenzforschung erhielt die Stadtgeschichte in letzter Zeit wertvolle Impulse.36
III. Methode und leitende Forschungsfragen Gerade für ein kleines Untersuchungsgebiet wie Potsdam bieten sich zwei methodische Vorgehensweisen an, die sich hier nicht nur sinnvoll ergänzen, sondern in ihrem Zusammenklang einen vordergründigen Mangel in einen Vorteil verwandeln können. Die Rede ist von komparatistischen Verfahren und vom Konzept des Kulturtransfers. Der Vergleich mit den Kolonien Stettin und Pasewalk auf der einen und Frankfurt und Berlin auf der anderen Seite erleichtert die Einordnung der 33
Julius Haeckel (Hg.), Geschichte der Stadt Potsdam, Potsdam 1912. Peter-Michael Hahn/Kristina Hübener, Potsdam. Märkische Kleinstadt – europäische Residenz. Reminiszenzen einer eintausendjährigen Geschichte, Berlin 1995. Darin: Ulrich Schmelz, Zur Rolle der Ausländer beim Ausbau der Residenzstadt Potsdam (bis zum Jahre 1786), S. 99–114, hier S. 100 sowie Birgit Kletzin/Udo Scholze, Ein Segen für Stadt und Land. Zur Entstehung der französisch-reformierten Gemeinde in Potsdam, S. 135–143. 35 Königliche Visionen. Potsdam – Eine Stadt in der Mitte Europas, Katalog zur Ausstellung, hgg. von der Landeshauptstadt Potsdam, Potsdam 2003. 36 Wolfgang Neugebauer, Potsdam – Berlin. Zur Behördentopographie des preußischen Absolutismus, in: Bernhard R. Kroener (Hg.), Potsdam: Staat, Armee, Residenz in der preußisch-deutschen Militärgeschichte, im Auftrag d. Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Frankfurt am Main 1993, S. 273–296. Wolfgang Neugebauer, Staatsverwaltung, Manufaktur und Garnison. Die polyfunktionale Residenzlandschaft von Berlin-Potsdam-Wusterhausen zur Zeit Friedrich Wilhelm I., in: Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, N.F. 7 (1997), S. 233–257. Ders., Residenz – Verwaltung – Repräsentation. Das Berliner Schloß und seine historischen Funktionen vom 15. bis 20. Jahrhundert, Potsdam 1999. 34
III. Methode und leitende Forschungsfragen
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Potsdamer Kolonie in die brandenburgische Kolonielandschaft und lässt neben allgemeinen Tendenzen auch Eigenarten ihrer Entwicklung hervortreten. Überdies kommen auf der komparatistische Ebene Wechselwirkungen mit anderen Kolonien zum Vorschein, die bislang kaum untersucht wurden. Damit greift diese Arbeit zugleich die Forderung nach einem Mehr an Vergleichbarkeit regional begrenzter Studien auf.37 Diese Qualität wird durch den bis zur Auflösung der Kolonien aufgespannten Untersuchungszeitraum noch erhöht, da die Geschichte der Kolonien hier nicht statisch gedacht, sondern als Prozess nachgezeichnet wird. Dass auch die Französische Kolonie selbst kein feststehender Begriff war, sondern von Ort zu Ort anders zugeschnitten und über den abgesteckten Zeitraum mehrmals neu gefasst wurde, wird unter dieser Fragestellung ebenso deutlich wie ihre heterogene Zusammensetzung.38 Mehr noch wurde selbst das Wahlbürgerrecht von 1772 als Erweiterung des französischen Bürgerrechts von der Forschung lange Zeit ausgeblendet. Auch dies ist ein Argument für ein Mehr an Komparatistik, um so der Diversität der Französischen Kolonien in Brandenburg und andernorts gerecht zu werden. Der wissenschaftliche Diskurs über die Geschichte der Hugenotten in Brandenburg hat viel Energie darauf verwendet, die Intentionen Friedrich Wilhelms für sein Einladungsedikt zu ergründen und dabei häufig das 17. Jahrhundert vom 19. Jahrhundert her gedacht.39 So blieb die Forschung oftmals bei diesen Einladungsmotiven stehen und setzte diese stillschweigend als für die gesamte Geschichte der Hugenotten in Brandenburg gültig voraus. Deshalb wird diese Arbeit auch einen Beitrag dazu leisten, die hohenzollernsche Kolonisation nicht konstant zu denken, sondern als in jeder Generation neu akzentuiert und den politischen Bedürfnissen angepasst. Mit dem Akzent auf der Niederlassung geht auch die Fokussierung auf die wirtschaftliche Dimension der Geschichte der Französischen Kolonien einher, dem diese Arbeit durch die Analyse des Kulturtransfers auf der kulturellen Ebene der Kolonie begegnen will. Die andere Methode, der sich diese Arbeit verschrieben hat, ist die des Kulturtransfers. Auch dieses Konzept wirkt sich vorteilhaft auf das Unter37 Es komme nun darauf an, Einzeluntersuchungen zu kontextualisieren, so bereits der Tenor des 1990 von Hartwig/Jersch-Wenzel herausgegebenen Tagungsbandes. 38 Auf die hatte Eckart Birnstiel bereits im Tagungsband Hugenotten und Waldenser abgehoben. Eckart Birnstiel, Die Aufnahme hugenottischer Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen: Ein Akt der Toleranz? In: Andreas Flick/Albert de Lang (Hg.), Von Berlin bis Konstantinopel. Eine Aufsatzsammlung zur Geschichte der Hugenotten und Waldenser, Bad Karlshafen 2001, S. 9–34. 39 Vgl. Thomas Klingebiel, Die Hugenotten in der frühmodernen Migrationsgeschichte, in: Beneke/Ottomeyer, S. 11–16, hier S. 12 f.
24
A. Einleitung
suchungsgebiet aus, denn nicht die Masse an potentiellen Kulturkontakten zwischen Einwanderern und ihrem Refuge ist hier relevant, sondern die Qualität dieses Kontakts. Kultur ist in diesem Zusammenhang weit gefasst als Zeichensystem von „Handlungsfeldern und semantischen Kennzeichen“.40 Auf diese Untersuchung bezogen geht das Konzept vom Kulturtransfer davon aus, dass das Aufeinandertreffen von Hugenotten und Potsdamern für beide Seiten folgenreich war – sowohl hinsichtlich ihres Selbstverständnisses als auch die Wahrnehmung des jeweils Anderen betreffend. Diese Fragestellung kann insbesondere von einem eher kleinen Untersuchungsgebiet wie der Potsdamer Kolonie angegangen werden, da die Population hier überschaubar ist. Dadurch kann der einzelne Kolonist hinsichtlich seiner Interaktion mit den Bürgern der Stadt gezielter in den Blick genommen werden. Nur unter solchen Voraussetzungen ist es möglich, ein umfassendes Bild von Ausmaß und Qualität des Kulturkontaktes von Kolonisten mit ihrem städtischen Umfeld zu zeichnen. Um den dabei entstehenden Kulturtransfer zum Vorschein zu bringen, greift die Arbeit auf Methoden der Historischen Sozialforschung zurück, gerade bei der Erhebung und Auswertung statistischer Daten, die aus Einwohnertabellen oder Kirchenbüchern stammen. Hierbei wird erstmals die Patenwahl für die Hugenottenforschung fruchtbar gemacht.41 Da es sich bei der Patenschaft um eine Form der Patronage handelt, die zu mindestens zwei Familien eingegangen wird, kann hieran neben der Ausbildung von Netzwerken die Öffnung der Französischen Gemeinde zur deutschen Gesellschaft differenzierter als beim Heiratsverhalten beobachtet werden, wo es um die Verbindung einer Familie zu einer anderen geht. Das Konzept des Kulturtransfers zeichnet sich nicht nur durch seine hervorragende Anwendbarkeit auf diesen Untersuchungsgegenstand aus. Es bietet überdies den Vorteil, das Zusammenleben von Kolonisten und Einheimischen differenzierter zu betrachten. Indem dieses Konzept Begriffe wie Integration und Assimilierung bewusst vermeidet, werden weder die Akteure dieser Studie zu Objekten degradiert, noch die Geschichte der Hugenotten teleologisch verzerrt. Die Aufnahme der Hugenotten als fortschreitenden Prozess bis zur Aufgabe ihrer eigenen Sprache, resp. Kultur, zu betrachten, führt zur Verkennung der Komplexität des Zusammenlebens von 40
Michael Espagne, Minderheiten und Migration im Kulturtransfer, in: Comparativ, Heft 5/6 (1997), S. 247–258, hier S. 248. 41 Vgl. die Arbeiten im Sammelband von Klaus Ries (Hg.), Zwischen Universität und Stadt. Aspekte demographischer Entwicklung in Jena um 1800 (= Bausteine zur Jenaer Stadtgeschichte; 7), Weimar und Jena 2004. Susanne Lachenicht beschränkte sich in ihrem Beitrag: Migration, Migrationspolitik und Integration. Hugenotten in Brandenburg-Preußen, Irland und Großbritannien, in: Böhm/Häseler/Violet, S. 37–58, auf den Anstieg der Mischehen als Indikator für Assimilierungsprozesse.
IV. Aufbau der Arbeit
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Kolonisten und Einheimischen. Es übersieht die Wechselseitigkeit des Kulturtransfers und kann die Reaktionen der Kolonisten auf ihr Umfeld nur als integrationswillig oder -feindlich erfassen. Demgegenüber hat Katharina Middell bereits erfolgreich vom Konzept des Kulturtransfers ausgehend mit der hybriden Identität auf die Vielschichtigkeit dieser Interaktion hingewiesen, die sich mit dem Konzept der Integration nicht erklären ließ.42 Dabei werden unter den Vertretern des Integrationskonzepts bereits dessen Grenzen wahrgenommen. Wie Susanne Lachenicht in ihrem Vergleich der Ansiedlung und Integration der Hugenotten in England, Irland und Brandenburg-Preußen resümierte, sei es bis Mitte 18. Jahrhunderts nicht um Integration und Assimilierung gegangen, sondern es wurde die „Koexistenz von unterschiedlichen Kulturen als Modell favorisiert“.43 Darüberhinaus weisen die Konzepte von Integration und Assimilierung noch eine weitere Schwäche auf: Sie führen dazu, Integration und Segregation als Antagonisten zu denken. Segregation sei der Integration entgegen gerichtet, heißt es gerade auch in der aktuellen Diskussion, die hierfür Schlagwörter wie Parallelgesellschaft gebraucht.44 Unter dem Blickwinkel des Kulturtransfers wird das Produktive der Segregation sichtbar. Als Segregation lässt sich die Ansiedlungsform Französische Kolonie begreifen. Die positiven und auch negativen Auswirkungen der Segregation für die Kolonie auf ihren einzelnen Stufen nachzuzeichnen, geht mit der Frage nach dem Kulturtransfer Hand in Hand.
IV. Aufbau der Arbeit Der Abschnitt B. dient der Einordnung der Potsdamer Kolonie als Kolonie. Indem das französische Gemeinwesen in Potsdam nicht nur in Beziehung zu den Berliner Kolonien gesetzt, sondern auch mit den Kolonien 42 Für die Leipziger Hugenotten hat Middell eine besondere mentale Disposition ausgemacht. Sie betont, dass die Leipziger Hugenotten eine „hybride Identität“ an den Tag legten, die es ihnen erlaubte, als Franzosen in Leipzig zu leben, indem sie ihre kulturellen Wurzeln für ihr Leben in der neuen Heimat vorteilhaft einzusetzen verstanden. Katharina Middell, Hugenotten in Leipzig – Etappen der Konstruktion einer „hybriden“ Identität, in: Comparativ, Heft 5/6 (1997), S. 56–75. 43 Auch ein direkter Zusammenhang zwischen Konformitätsdruck und Schnelligkeit der Integration und Assimilation ließe sich nicht ziehen. Vielmehr müsse gefragt werden, ob die Integration von anderen Faktoren abhängig sei, wie Größe der Kolonie, dem Verhältnis von Stadt und Land resp. der Infrastruktur sowie dem Grad der Eigenständigkeit der Kolonie. Lachenicht, S. 57 f. 44 Ein Beispiel für diese negative Sichtweise aus der jüngeren Vergangenheit ist die fast schon hysterische Reaktion seitens der Bundesregierung auf die Vorschläge des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan anlässlich seines Deutschlandbesuches im Februar 2008, in Deutschland türkische Schulen und Universitäten einzurichten.
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A. Einleitung
Stettin, Pasewalk und Frankfurt/Oder verglichen wird, gelingt die Einordnung Potsdams in das Geflecht Französischer Kolonien in BrandenburgPreußen. Dieser Vergleich wird aber nicht um des Vergleichens Willen angestrengt, sondern weil, wie bereits der Ausdruck Geflecht impliziert, die Kolonien nicht isoliert voneinander betrachtet werden können, da sie im ständigen Kontakt miteinander standen. Dies gilt insbesondere für das Verhältnis Berlin-Potsdam. Hier bieten sich komparatistische Verfahren an, um zu einer Neubewertung der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen zu gelangen. Indem nacheinander die Gründungssituation, die finanzielle Ausstattung, die Entwicklung im 18. Jahrhundert und die Berufsstruktur der Kolonien in den Blick genommen werden, werden die Bezüge der Kolonien untereinander sichtbar gemacht. Dieses Vorgehen erlaubt ein tieferes Verständnis der Struktur einer Kolonie als sie bisher in Abhandlungen zu ihrer Geschichte vorgestellt wurde, die zudem meist Momentaufnahmen lieferten und das Prozesshafte narkotisierten. Den Wandel des französischen Gemeinwesens herauszustellen, gestattet zudem eine differenziertere Einordnung in sein städtisches Umfeld. Die Entwicklung der Stadt Potsdam und die ihrer Berufsstruktur werden im Abschnitt C. analog zu den Kolonien ergründet. Diese Herangehensweise schließt freilich mit ein, komparatistische Seitenblicke auf die Städte Berlin, Stettin und Frankfurt, resp. andere märkische Städte zu werfen. So wird erkennbar, wie sich die Kolonie in die Neudefinition Potsdams als Residenz- und Garnisonstadt einpasst. Essentiell für die weitere Untersuchung ist dabei die Frage, ob die Kolonie in Konkurrenz zum einheimischen Gewerbe gestellt wurde oder im Gegenteil eine fehlende Nachfrage bediente. Dies berührt auch die Frage nach dem Stellenwert der hugenottischen Einwanderer im Vergleich zu anderen Migranten in Potsdam. Der Abschnitt D. eruiert, in welcher Hinsicht die Französische Kolonie die Stadt Potsdam in ihren Funktionen unterstützte und welche weiteren Aufgaben der Französischen Kolonie in Potsdam attribuiert wurden. Im Einzelnen wird die Mitwirkung der Französischen Kolonie bei der Rolle der Stadt Potsdam als Residenz- und Garnisonstadt sowie beim Seidenbau untersucht. Vor diesem Hintergrund wird der Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam im 18. Jahrhundert verständlich. Damit ist für die Potsdamer Kolonie ihr institutioneller Rahmen abgesteckt, worauf die folgenden Kapitel aufbauen. In diesem Kontext ist es ebenfalls möglich, die Frage nach der verspäteten Koloniegründung zu beantworten. Die Abschnitte E. bis G. haben die Französische Kolonie in Potsdam und ihre Mitglieder selbst im Blick. Nachdem die Einordnung der Potsdamer Kolonie in die hohenzollernsche Kolonisation, ihr städtisches Umfeld und die herrschaftlichen Intentionen vorgenommen wurde, wird nun der Kultur-
IV. Aufbau der Arbeit
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transfer auf der rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Ebene der Kolonie betrachtet. Den Anfang macht dabei die rechtliche Ebene. In diesem Zusammenhang wird die Zugehörigkeit zur Französischen Kolonie geklärt, denn die Aufnahmebedingungen änderten sich im Untersuchungszeitraum mehrmals. Besonders das Wahlbürgerrecht ist in diesem Zusammenhang interessant, da es für einen bestimmten Zeitraum jedem Kolonisten gestattete, das Französische Koloniebürgerrecht zu ergreifen und sich nach dessen Privilegien zu etablieren. Anhand von Bürgerrechtsgesuchen kann so geklärt werden, woher die Kolonisten kamen, wann von dem Wahlbürgerrecht Gebrauch gemacht wurde, welche Motive dafür vorlagen und welche Auswirkungen die Öffnung des Koloniebürgerrechts für Nichtreformierte zeitigte. Der Abschnitt E. wird daher auch klären, ob die Aufweichung des Koloniebürgerrechts durch Wahlbürgerrecht und Aufnahme der Émigrés die Kluft zwischen der Kolonie als Gemeinwesen und der Kolonie als Religionsgemeinschaft vertiefte und welche Folgen dies für den Kulturtransfer der Kolonie mit sich brachte. Der Abschnitt F. widmet sich dem Kulturtransfer der Kolonie aus wirtschaftlicher Perspektive. Dazu werden im ersten Schritt dessen Voraussetzungen bestimmt, nämlich wie es um die wirtschaftliche Bedeutung der Kolonie und ihrer einzelnen Fabriken aussah. Im zweiten Schritt können dann die Arbeitsbeziehungen zwischen Kolonie und ihrem städtischen Umfeld aufgedeckt werden. Ein wichtiger Gesichtspunkt zur Analyse des Kulturtransfers zwischen Kolonie und Stadt über Arbeitsbeziehungen ist die Aufnahme der Franzosen in die Zünfte. In diesem Zusammenhang soll geklärt werden, in welchem Umfang die Aufnahme französischer Kolonisten stattfand und welche Konflikte sich hieran entzündeten. Einen weiteren Aspekt des Kulturtransfers auf wirtschaftlicher Ebene stellen die Kreditbeziehungen dar. Sie geben weiteren Aufschluss über die Netzwerke französischer Kolonisten. Den Abschluss des Kapitels bilden Überlegungen zum Lebensstandard französischer Kolonisten. Damit schlägt dieser letzte Abschnitt zugleich eine Brücke zum darauffolgenden Kapitel. Der Abschnitt G. behandelt die kulturelle Ebene der Kolonie, wozu vor allem die Französische Gemeinde zählt. Großen Anteil zur Ermittlung des Kulturtransfers und der Rekonstruktion von Netzwerken haben dabei die Auswertung der Kirchenbücher hinsichtlich Patenwahl und Heiratsverhalten der Französischen Kolonisten. Um zu bewerten, ob es hier eine kontinuierliche Öffnung hin zu den deutschen Gemeinden gab, ist das Verhältnis der Französischen Gemeinde zu den übrigen Kirchgemeinden der Stadt von enormer Bedeutung. Ein weiterer Indikator für den Austausch zwischen Kolonie und Stadt ist die Frage nach dem Sprachwechsel und der Sprachkompetenz der Kolonisten. Sie beantwortet, wie schnell sich die Réfugiés
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A. Einleitung
und deren Nachkommen die Sprache ihres Aufnahmelandes aneigneten und wie lange sie das Französische beherrschten. In diesem Prozess soll insbesondere der Rolle der Französischen Gemeinde nachgegangen werden. Schließlich soll die Beziehung zu Frankreich auch in Reisen und den Kontakten zu Franzosen außerhalb der Kolonie analysiert werden, um hieran abzulesen, inwieweit die Kolonisten die Beziehungen zu ihrer Heimat aufrecht erhielten. Besonderes Augenmerk wird dabei auf dem Verhältnis zu den Revolutionsflüchtlingen und auf der Zeit der Französischen Besatzung liegen. Die Auswirkungen der französischen Invasion auf das Zusammenleben von Kolonisten und Magistratsbürgern kann vor allem mit einem Blick auf die Zeit der Friedensverhandlungen in Tilsit bis zur ersten Stadtverordnetenwahl im Jahr 1809 erhellt werden. Dies kulminiert in der Frage, ob die Französischen Kolonisten in der relativ kurzen Zeit des Zusammenlebens mit den Magistratsbürgern der Stadt Potsdam es dennoch geschafft haben, ihren Platz in dieser Gesellschaft zu finden. Abschließend kann das Zusammenwirken der drei Ebenen der Kolonie beim Kulturtransfer ermessen und die Forschungsfrage beantwortet werden, ob sich die verspätete Koloniegründung beschleunigend auf den Kulturtransfer auswirken konnte. Die Französische Kolonie als Triade aufzufassen, bedeutet nicht, ihre Teilbereiche als unabhängig von einander anzusehen. Diese Sichtweise dient vielmehr der Schärfung des Blicks für die Prozesse des Kulturtransfers und ihres Zusammenwirkens. Die Arbeit als Ganzes strebt vom Umfeld der Kolonie immer weiter auf die Kolonisten zu, vom Allgemeinen hin zum Individuellen. Diese Bewegung wird auch innerhalb der einzelnen Kapitel aufgenommen.
V. Quellenlage und Quellenauswahl Bis auf die Denkschrift von Jean George Erman und einem in Auszügen editierten Tagebuch45 sowie der Acta Borussica46 basiert diese Untersuchung vollständig auf archivalischen Quellen, die zum großen Teil bislang unbearbeitet waren. Unberücksichtigt blieben hingegen Zeitungen, wie 45
Eugen Huguenel, Ein Potsdamer Tagebuch aus der Kriegszeit vor hundert Jahren, in: MVGP, N.F. Bd. 5, Heft 9 (1914), S. 42–55. 46 Wilhelm Treue (Hg.), Acta Borussica. Die Preußische Seidenindustrie im 18. Jahrhundert und ihre Begründung durch Friedrich den Großen. Erster Band, Akten bis 1768, bearbeitet von Gustav Schmoller und Otto Hintze, Reprint der Ausgabe Berlin 1892, Frankfurt am Main 1986/87. Ders., Acta Borussica. Die Wollindustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I., Darstellung mit Aktenbeilagen von Carl Hinrichs Reprint der Ausgabe Berlin 1933, Frankfurt am Main 1987.
V. Quellenlage und Quellenauswahl
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etwa das Berliner Intelligenzblatt. Die Auswahl geschah gemäß dem Anspruch, der Gemeindegeschichte und dem kulturellen Aspekt des Miteinanders von Hugenotten und Potsdamern ebenso Rechnung zu tragen wie der wirtschaftlich-rechtlichen Seite ihrer Ansiedlung. Dabei erwies sich die Quellenlage in beiden Fällen als überraschend ergiebig. Von den Kriegsverlusten des Archivs Französischer Dom blieb der Bestand Potsdam zum Glück verschont.47 So haben sich nicht nur die Kirchenbücher der Französischen Gemeinde komplett erhalten, sondern neben Rechnungsbüchern auch der Schriftwechsel der Gemeinde mit kirchlichen und weltlichen Behörden. Leider setzte die Überlieferung der Protokollbücher des Potsdamer Konsistoriums erst mit dem Jahr 1736 ein. In diesem Jahr wurden auch die ersten überlieferten Kirchenbücher neu angelegt. Diese Quellengruppe ergänzen Nachlässe aus der Staatsbibliothek zu Berlin, die neben Tagebuchaufzeichnungen vor allem private Korrespondenzen der Pastoren enthalten. Ergänzend zu einer Vielzahl schriftlicher Zeugnisse kommen als bildliche Quellen noch Bleistiftzeichnungen hinzu, die das Alltagsleben einer hugenottischen Familie im ausgehenden 18. Jahrhundert skizzieren und ebenfalls noch nahezu unveröffentlicht im Bestand der Staatsbibliothek liegen.48 Geradezu spektakulär stellt sich die Überlieferungssituation für den rechtlichen Bereich der Kolonie dar. Hier hat sich neben dem Hypothekenbuch auch eines der beiden Gerichtsbücher der Französischen Kolonie erhalten. Dieser Fund ist, auf das Gebiet des heutigen Bundeslandes Brandenburg bezogen, einmalig.49 Die Akten des Potsdamer Koloniegerichts ergänzen die Akten des ihm übergeordneten Französischen Obergerichts, die im Geheimen Staatsarchiv unter der Repositur des Französischen Koloniedepartements abgelegt sind. Zwar umfasst der der Potsdamer Kolonie zugewiesene Aktenbestand innerhalb dieser Repositur nur 24 Nummern und zwei Bände Kolonielisten (Rôle générale), doch findet sich unter den Generalia eine Vielzahl von Bezügen zur Potsdamer Kolonie und ihren Kolonisten. Dieser Quellenkorpus enthält bereits ein Großteil der Akten, die von wirtschaftlicher Seite her in die Untersuchung eingeflossen sind. Ferner wurden die Aktenbestände der ebenfalls im Geheimen Staatsarchiv befindlichen Domä47 Zur Überlieferung der Bestände des Archivs Französischer Dom siehe Robert Violet, Das Verhältnis von dokumentarischer Überlieferung und neuen Forschungsperspektiven, in: Böhm/Häseler/ders., S. 21–34. 48 Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Runge/Du Bois Reymond, Nr. 85. 49 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 1; Nr. 2. Diese Einschätzung bezieht sich auf die Bestände des Brandenburgischen Landeshauptarchivs in Potsdam, die zwar weitere Varia zu Französischen Koloniegerichten umfassen, jedoch kein Protokollbuch wie für Potsdam.
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A. Einleitung
nenkammer und des Generaldirektoriums hinsichtlich der Französischen Kolonie in Potsdam in die Auswertung mit einbezogen.50 Ferner entstammen alle zu den übrigen Kolonien Stettin, Pasewalk, Frankfurt/Oder und Berlin herangezogenen Quellen dieser Repositur im Geheimen Staatsarchiv. Einzig für Pasewalk fiel die Überlieferung so dürftig aus, dass Abstriche beim komparatistischen Verfahren vorgenommen werden mussten. Die wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Quellen zu Potsdam im Französischen Koloniedepartement wurden neben einzelnen Quellenfunden aus den übrigen Beständen des Geheimen Staatsarchivs vor allem durch die Akten des Steuerrats und der Regierung Potsdam im Brandenburgischen Landeshauptarchiv ergänzt. Auch hier erwies sich die Überlieferung zu Potsdamer Kolonisten bei gründlicher Suche als ergiebiger als es die Findmittel auf den ersten Blick erahnen ließen. Ergänzt werden konnte die Quellenbasis schließlich über das Repetitorium an Magistratsakten aus dem 18. Jahrhundert, die größtenteils in den Bestand des Potsdamer Stadtarchivs übergegangen sind.51 Insbesondere die Grund- und Hypothekenbücher haben sich verlustfrei erhalten. Auch die Überlieferung zu den Potsdamer Gewerken ist umfangreich und gestattete eine fundierte Auswertung. Trotz des Anspruchs an Diversität der Quellen liegt der Schwerpunkt der ausgewerteten Akten auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Der wirtschaftshistorisch Arbeitende muss sich beim Umgang mit Berichten des Steuerrats und Koloniegerichts der Intentionen des Verfassers vor Augen führen, der insbesondere mittels seiner Interpretationen des von ihm erstellten Datenmaterials eine bestimmte Wirkung bei der anfragenden Behörde zu erzielen suchte.52 Dies erfordert eine gesteigerte Umsicht bei der Auswertung der Quellen. Sie kann jedoch im hier vorliegenden Fall leicht eingehalten werden, denn die Überlieferung erlaubt den Vergleich von Akten der Koloniegerichtsbarkeit mit unabhängig hiervon erhobenen Daten von Magistrat und Steuerrat. Der Blick auf die Kolonie ist so aus unterschiedlicher Perspektive möglich und hilft, Motive der ausfertigenden Be50 GStA PK, X. HA, Rep. 2A (Kriegs- und Domänenkammer zu Potsdam); II. HA Generaldirektorium, die Abt. 25 bis 29 (Fabrikendepartement, Manufakturen, Technische Deputation, Seidenbau, Tabaksachen) sowie Abt. 14 (Kurmark). Ferner die Aktenbestände aus der französischen Besatzungszeit bis 1809 in I. HA, Rep. 72 und Rep. 83. Zu den Überlieferungsarmen Jahren 1740–1751 wurden zusätzlich die Minütenbände konsultiert. GStA PK, I. HA Rep. 96B. 51 Zum Repetitorium vgl. Stadtarchiv Potsdam, 1-1/13, Nr. 1 ff. 52 Vgl. Radtke, S. 186 u. S. 193, der diesen Umstand der Überlastung der Steuerräte zuschreibt, die von der Zahlenjagd gehetzt ihre Aufgaben an Magistrate abwälzten, die ihrerseits statistische Erhebungen frisierten, wenn die Ergebnisse ihre Arbeit in ein schlechtes Licht zu rücken drohte.
V. Quellenlage und Quellenauswahl
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hörde und ihren Niederschlag auf das Zahlenmaterial herauszufiltern. Für Potsdam ergänzen sich die Überlieferungen sowohl einzelner Verwaltungseinheiten als auch der französischen und deutschen Gerichtsbarkeiten wechselseitig, und helfen so Lücken zu schließen.53 Angesichts der fundierten Quellenlage und der Qualität ihrer Überlieferung erstaunt es umso mehr, dass die Französische Kolonie in Potsdam für die Geschichtswissenschaft so lange eine Terra incognita bleiben konnte.
53 Zu den Lücken, die sich allein aus der Arbeit des Steuerrates ergeben und aus dessen Streitigkeiten mit dem Potsdamer Magistrat vgl. Bruno Gloger, Der Potsdamer Steuerrat. Studien zur brandenburgisch-preußischen Lokalverwaltung des ancien régime, Dissertation Humboldt Universität Berlin 1957.
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen „Und gleichwie Wir dafür halten, daß in gedachter Unserer Chur-Marck-Brandenburg die Städte Stendal, Werben, Rathenow, Brandenburg und Franckfurt, und in dem Hertzogthum Magdeburg die Städte Magdeburg, Halle und Calbe, wie auch in Preussen die Stadt Königsberg, so wol deshalb weil daselbst sehr wolfeil zu leben, als auch, wegen der allda sich befindlichen facilität zur Nahrung und Gewerb vor sie am beqvemsten seyn werden“.1
Die Ansetzung von Französischen Kolonisten in Brandenburg begann um das Jahr 1670 in Altlandsberg, nordöstlich von Berlin,2 bevor 1685 im Edikt von Potsdam überhaupt die rechtlichen Rahmenbedingungen für das ganze Land niedergelegt wurden. Im ausgehenden 17. Jahrhundert entwickelte sich das urbane Konglomerat Berlin schnell zur wichtigsten Hugenottensiedlung mit den Kolonien in den Städten: Cölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt und Friedrichstadt.3 Mit seiner Fülle an sozialen und kulturellen Einrichtungen avancierte Berlin rasch zum Zentrum innerhalb der brandenburgischen Kolonielandschaft,4 das beständig weitere Réfugiés anzog. Von hier aus machten sich aber auch viele bereits etablierte Kolonisten in die bis 1731 gegründeten neuen Französischen Kolonien im Land auf.5 Im benachbarten Spandau entstand 1689 ein solches französisches Gemeinwesen. Es wird später für die Potsdamer Kolonie noch von Bedeutung sein.6 In Frankfurt an der Oder etablierte sich ein Jahr nach Verkündigung des Edikts von Potsdam eine Französische Kolonie. Die Universitätsstadt war den Réfugiés im Edikt zur Niederlassung empfohlen worden. 1
Auszug aus dem sogenannten Edikt von Potsdam, das am 29.10./08.11. erlassen wurde. Zitiert nach Tautorat, S. 176. 2 Auf dem Gut Altlandsberg ließen sich drei oder vier Réfugiésfamilien nieder, die vermutlich bereits 1672 nach Berlin zogen. In diesem Jahr entstand dort die erste Französische Gemeinde in der Mark Brandenburg. Vgl. Birnstiel (2001), S. 10. 3 Mit seinen um 1700 rund 5 300 französischen Kolonisten beherbergte Berlin nicht nur ein Drittel aller in Brandenburg niedergelassenen Réfugiés, sondern jene stellten sogar nahezu ein Fünftel der Stadtbevölkerung. In der Friedrichstadt betrug ihr Anteil bis 1724 sogar 40 Prozent. Vgl. Beneke/Ottomeyer, S. 267. 4 Siehe hierzu Ursula Fuhrich-Grubert, Die Französische Kirche zu Berlin. Ihre Einrichtungen 1672–1945, Bad Karlshafen 1992. 5 Auf den Beitrag der Berliner Kolonien zum Aufbau der Kolonien in Stettin und Potsdam geht der Abschnitt B.III. ausführlich ein. 6 Vgl. den Abschnitt D.I.1.
I. Die zweite Gründungsphase Französischer Kolonien
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Auf die erste Phase der Koloniegründungen, die sich im Umfeld der Aufhebung des Edikts von Nantes und der Vertreibung der Orangeois 1703 ereignete,7 folgte zu Beginn der 1720er Jahre eine zweite Phase, in der es nicht mehr darum ging, Flüchtlinge anzusiedeln, sondern das Netz Französischer Kolonien aus wirtschaftlich-strategischen Erwägungen zu verdichten und Freiräume für neue, bereits im ausländischen Refuge niedergelassene Réfugiés und deren Nachkommen zu schaffen. Beim Aufbau dieser neuen Kolonien spielten die bereits existierenden französischen Gemeinwesen eine entscheidende Rolle. In der zweiten Gründungsphase entstanden die Kolonien Stettin, Pasewalk und Potsdam.8 Ihrer Etablierung widmet sich der nachfolgende Abschnitt. Daran schließen sich Ausführungen zur finanziellen Unterstützung und der Entwicklung dieser drei Kolonien sowie zur Berufsstruktur von Stettin und Potsdam im Vergleich zu Frankfurt als Kolonie aus der ersten Gründungsphase an.
I. Die zweite Gründungsphase Französischer Kolonien „Le suppliant Dalençon represente avec un tres profond respect, qu’en conformité des ordre de Votre Majesté a trouvé trois Manufacturier de bas prets a s’etablire a Stetin ou a Potsdame, Votre Majesté leur ayant fait la grace de leurs accorder leur tres humble demande pour favoriser leurs etablisement“.9 7 Das Fürstentum Orange gelangte 1703 an die französische Krone. Ca. 900 Protestanten aus Orange fanden daraufhin in Brandenburg-Preußen Aufnahme. Zur Auswanderung der Orangeois siehe Fred W. Felix, Gerichtliche Auseinandersetzungen der Orangeois vor der Emigration 1703, in: Böhm/Häseler/Violet, S. 95–112. Wilke gibt 1720 als ungefähres Ende der französischen Einwanderung an. Vgl. Jürgen Wilke, Zur Geschichte der französischen Kolonie, in: Bregulla, Berlin 1988a, S. 54–87, hier S. 65. 8 In dieser Aufzählung fehlen die Kolonien Insterburg und Gumbinnen, mit denen Friedrich Wilhelm I. das durch Pestepidemien ausgeblutete Ostpreußen zu revitalisieren gedachte. Somit ist streng genommen Gumbinnen mit Potsdam zusammen die letztgegründete Kolonie. Doch die Gründung der Kolonie in Gumbinnen im Jahr 1731 knüpfte bereits an frühere Siedlungen Schweizer Kolonisten in Ostpreußen von 1711 an. Ein weiteres Motiv, sich dieser Kolonien per Fußnote zu entledigen, rührt daher, dass Quellenlage und Vorhandensein von Sekundärliteratur hier leider in keinem Verhältnis zu den übrigen besprochenen Kolonien stehen, obwohl das Thema Hugenotten in Ostpreußen längst eine eigenständige Abhandlung wert wäre. Siehe daher einzig: Siegfried Maire, Französische Ackerbauern aus der Pfalz und der Uckermark in Ostpreußen, in: Geschichtsblätter des Deutschen Hugenottenvereins, XV. Zehnt, Heft 7 (1939). 9 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 3, fol. 96.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
Waren die ersten Jahre der Herrschaft Friedrich Wilhelm I. durch Eingriffe in das Gemeindeleben der Réfugiés gekennzeichnet und durch Maßnahmen, die deren relative Verwaltungshoheit einschränkten, markierte das Jahr 1720 einen Wendepunkt in der Hugenottenpolitik. Hatte der „Soldatenkönig“ dem Ausbau der Französischen Kolonien in seinem Land bisher wenig Beachtung geschenkt,10 betrieb er nun deren Erweiterung um weitere Siedlungskerne.11 Die Städte Pasewalk, Stettin und Potsdam rückten so ins Visier. Für Zeitpunkt und Wahl dieser Standorte kommen gleich mehrere Faktoren in Betracht. Auf eine erneute Auswanderungswelle von Hugenotten war nicht mehr zu hoffen. Auf dem Weg sein politisches Gewicht zu festigen, war Brandenburg-Preußen jedoch weiterhin auf Bevölkerungszuwachs angewiesen.12 Nach dem kameralistischen Denken dieser Zeit ergab sich der Reichtum eines Landes nicht zuletzt aus der Zahl seiner Einwohner.13 Wenn 10
Zwar bestätigte Friedrich Wilhelm I. am 26.04.1714 die Privilegien der Réfugiés, doch erließ er vorerst keine Gründungspatente für Französische Kolonien im Land. Christian Otto Mylius, Corpus Constitutionum Marchicarum, Oder Königl. Preußis. und Churfürstl. Brandenburgische in der Chur- und Marck Brandenburg, auch incorporirten Landen publicirte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta etc.: Von Zeiten Friedrichs I. Churfürstens zu Brandenburg, etc. biß ietzo unter der Regierung Friderich Wilhelms, Königs in Preussen etc. ad annum 1736, Theil 6, Berlin und Halle 1751, 2. Abtheilung, No. LXXXIV. Zu den angesprochenen Restriktionen vgl. Wilke (1988a), S. 62 f. 11 Der Titel des Edikts von 1720, mit dem die Gründung weiterer Kolonien vorgezeichnet ist, lautet: „Königl. Preuß. Patent, wegen der Privilegien und Freyheiten, welche, sowohl die, in Sr. Königl. Majestät Landen, bereits etablierte Frantzösische Refugiez, als diejenige, so sich hinführo darinnen niederzulassen gesonnen, wie auch andere Refugiez von der Reformierten Religion, so mit ihnen ein Corps zu formieren verlangen, geniessen wollen.“ Mylius, 2. Abtheilung, No. CXXVI, 29.02.1720. 12 Laut Neugebauer ist bereits die von Kurfürst Friedrich III. angestrebte Rangerhöhung im Kontext europäischer Bündnispolitik zu verstehen. Doch selbst gegen Ende der „formativen Phase“ zwischen 1720 und 1740 wurde das außenpolitische Potential Brandenburg-Preußens nur unvollkommen wahrgenommen. Wolfgang Neugebauer, Geschichte Preußens, Hildesheim 2004, S. 52–70. 13 Am prononciertesten taucht diese Maxime staatswissenschaftlichen Denkens bei Joseph v. Sonnenfels (1732–1817) auf. Bei Friedrich Wilhelm I. zeigte sich die Verbundenheit zur Kameralistik vor allem in der Einrichtung von entsprechenden Lehrstühlen an den brandenburgisch-preußischen Universitäten Halle und Frankfurt/ Oder im Jahr 1727. Ausführlich zur Kameralistik und dessen Einfluss auf die Wirtschaftspolitik in Brandenburg siehe Karl Heinrich Kaufhold, „Wirtschaftswissenschaften“ und Wirtschaftspolitik in Preußen von um 1650 bis um 1800, in: Ders./ Bernd Sösemann (Hg.), Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung in Preussen. Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte Preussens vom 18. bis zum 20. Jahrhundert (= Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte; 148), Stuttgart 1998, S. 51–72. 1713 brachte es Brandenburg-Preußen auf etwa 1,65 Millionen Einwohner. 1797 war deren Zahl auf annähernd 9 Millionen angewachsen. Vgl. Neugebauer (1993), S. 273.
I. Die zweite Gründungsphase Französischer Kolonien
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Friedrich Wilhelm I. weiterhin von einer hugenottischen Einwanderung profitieren wollte, so galt es, anderen Ländern die bereits niedergelassenen Réfugiés abspenstig zu machen und diesen bessere Lebensbedingungen zu versprechen, als sie derzeit besaßen. Umgekehrt sollten die bereits etablierten Kolonisten im Land gehalten werden. Mit zusätzlichen französischen Kolonisten konnte nicht nur der Mangel an Fachkräften im Textilhandwerk ausgeglichen,14 sondern das Manufakturwesen ausgebaut und ein Gegengewicht zu den Zünften geschaffen werden. Deren Einfluss zurückzudrängen war ein weiteres erklärtes Ziel Friedrich Wilhelm I. Mit dem Generalprivileg von 1734 wurde über die Magistrate der herrschaftliche Zugriff auf die Innungen intensiviert.15 Regimentslieferungen, Freimeisterschaft sowie Ausnahmen für bereits geschlossene Gewerke waren wirkungsvolle Instrumente, um mit Hilfe hugenottischer Fabrikanten Druck auf die Zünfte auszuüben. Wie sich aber später noch zeigen wird, brachte diese Praxis für die Hugenotten nicht nur Vorteile.16 Gab es neben den veränderten migrationspolitischen Rahmenbedingungen Faktoren, die gerade die Wahl von Stettin und Pasewalk als neue Kolonien begünstigten und warum wurden die Anstrengungen zur Gründung neuer Kolonien ausgerechnet im Jahr 1720 unternommen?
14 Fachkräfte aus dieser Branche wurden insbesondere dort gebraucht, wo die Armee aufgebaut und ihre Montierung intensiviert werden sollte. Die Kosten für die Einkleidung der Armee verringerten sich von 1714 bis 1725 dergestalt, dass daran gedacht werden konnte, das Heer statt alle zwei Jahre nun jährlich zu montieren. Diese Nachfrage war ohne zusätzliche Arbeitskräfte nicht zu befriedigen. Vergrößerte sich die Infanterie in diesem Zeitraum um 45 Prozent, verdoppelten sich gleichzeitig die Aufwendungen für Heereslieferungen der Wollindustrie. Die Belieferungen der Regimenter durch das städtische Textilgewerbe regelten die Ökonomiereglements. In der Kurmark waren anfänglich nur Ruppin, Rathenow und Treuenbrietzen in die Heereslieferungen einbezogen. Später kamen als bedeutende Lieferungsorte Brandenburg und Potsdam hinzu. Andere märkische Städte hatten lediglich die Lieferung für einige wenige Regimenter. Vgl. Treue (1987), S. 201 u. 205. Zudem waren 1721/22 in den Städten noch viele wüste Stellen vorhanden, die es gezielt zu besetzen galt. Für Berlin regelte dies ein Patent vom 20.11.1721. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 286. Für das besondere Augenmerk, das auf die Ansetzung zusätzlicher Textilhandwerker gelenkt wurde, steht insbesondere das Patent von 1717. Es gewährte dieser Berufsgruppe sechsjährige Befreiung von bürgerlichen Lasten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 825. Weitere Patente wurden z. B. 1732 und 1734 für Berlin erlassen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 229, fol. 244 f. 15 Vgl. Helga Schultz, Das ehrbare Handwerk: Zunftleben im alten Berlin zur Zeit des Absolutismus, Weimar 1993, S. 115 ff. Gleichwohl steht diese Reform im Kontext der Reichshandwerksordnung von 1732, vgl. Radtke, S. 35. 16 Vergleiche hierzu und zum Generalprivileg die Ausführungen in Abschnitt F.II.2.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
1. Die Gründung der Kolonien Pasewalk und Stettin Nach Abschluss der Kriegshandlungen und Friedensverträge mit Schweden ergab sich für Brandenburg-Preußen die Gelegenheit, den innenpolitischen Angelegenheiten mehr Beachtung zu schenken.17 Als Anfang des Jahres 1720 im Frieden von Stockholm Schweden Teile Pommerns an Brandenburg-Preußen abtrat, gelangte neben der Hafenstadt Stettin auch das eher ländlich geprägte Pasewalk in den Fokus hohenzollernscher Kolonisation.18 Um die letzten Kriegsschäden zu beseitigen und das neu hinzugewonnene Territorium zu sichern, schien die Gründung einer Französischen Kolonie ein geeignetes Mittel zu sein. Hinzu kam, dass das Französische Oberdirektorium dem König schon Ende 1719 gemeldet hatte, dass in der Uckermark 43 Familien um eine Niederlassung baten.19 Zudem bestand akuter Handlungsbedarf, denn die ersten französischen Siedler waren bereits gen Norden, in die dänische Kolonie Frederica, aufgebrochen. Besonders das Dorf Gramzow war von Abwanderung betroffen.20 Um dies zu unterbinden, bot sich mit Pasewalk die Schaffung eines neuen hugenottischen Siedlungsplatzes an, da diese Stadt noch über viele wüste Stellen verfügte, wie ein eigens hierzu erstellter Bericht vom 9. September 1720 offenlegt. Hierin sind 74 Erben, 128 halbe Erben und 109 ½ Budenstellen, die wüst lägen, vermerkt. Da zu jedem Erbenhaus ein Stück Wiese gehörte, war auch genügend Land für Neusiedler vorhanden. So reifte im gleichen Jahr der Plan, Hugenotten aus der Uckermark in Pasewalk anzusiedeln. Im Einzelnen waren hierfür Familien aus Bergholz, Rossow, Grimme, Fahrenwald, Battin, Woddow und Potzlow vorgesehen, die weder Haus noch Land besaßen und mehrheitlich vom Tabakanbau lebten. Doch war der Bericht des Pasewalker Magistrats noch verheißungsvoll ausgefallen, hieß es nur Wochen später: „Zu den wüsten Stellen sind keine Hufen und Morgen belegen, da der Acker den Kirchen und der Bürgerschaft eigentümlich gehört. Der Kirchenacker ist unter der Bürgerschaft dergestalt ausgetan, daß ein jeder davon seine kümmerliche Existenz suchen muß [. . .] so daß allhier wohl nicht das Geringste an Acker den Refugierten abgetreten werden könnte und dürfte.“21 17
Vgl. zur Konsolidierung Brandenburg-Preußens durch den „inneren König“ Friedrich Wilhelm I. Neugebauer (2004), S. 57 ff. 18 Zu den Auswirkungen des Nordischen Krieges vergleiche Asche (2006), S. 73–78. 19 Hans du Vinage, Geschichte der Französischen Kolonie und der EvangelischReformierten Gemeinde in Pasewalk, Stargard 1927, S. 66. Das Französische Oberdirektorium oder grand directoire oder conseil français wurde 1718 gegründet und war für alle Belange der französischen Kolonisten zuständig. Vgl. Wilke (1988a), S. 63. 20 Von hier hatten sich bereits elf Familien nach Dänemark begeben. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 22, Nr. 1, 09.08.1720.
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Solange wie den landlosen Kolonisten aus der Uckermark in Pasewalk noch keine Niederlassung garantiert werden konnte, sollten wenigstens die Prediger dazu angehalten werden, für ein Verbleiben der Réfugiés im Land Sorge zu tragen. „Friedrich Wilhelm I. kannte seine Magistrate“, wie du Vinage in seiner Geschichte der Pasewalker Kolonie hintergründig formuliert. Der bereits von Prenzlau aus in Pasewalk in Sachen Kolonie sondierende Hauptmann de Vidal wurde angewiesen, eigene Nachforschungen anzustellen. Denn wüste Plätze, Ländereien und Wiesen seien vermutlich von Dritten widerrechtlich in Besitz genommen. Vidal sollte ferner in Erfahrung bringen, ob sich die Réfugiés auch auf eigene Kosten zur Übersiedlung nach Pasewalk bereit erklärten. Bei diesem Vorhaben war Vidal wenig Erfolg beschieden. Das Projekt wurde vorläufig auf Eis gelegt. So wichtig war die Gründung der Pasewalker Kolonie dem König dann doch nicht, als dass er dort eine Kolonie ohne Land, aber dafür mit hohen Subventionen errichten wollte. Die finanziellen Anstrengungen wurden dafür auf die Stadt Stettin konzentriert. Mit ihrem Erwerb hatte sich Brandenburg-Preußen nach dem Nordischen Krieg von der Odermündung aus einen Zugang zur Ostsee gesichert.22 Diesen neuen Handelsplatz galt es auszubauen. Des Weiteren sollten von Stettin wirtschaftliche Impulse nach Pommern ausstrahlen.23 So hatte die Gründung einer Kolonie in der Hafenstadt an der Oder ungleich höhere Bedeutung als die der ländlichen Kolonie Pasewalk. Das Gründungspatent der Stettiner Kolonie vom 6. Juni 1721 wandte sich nicht nur an französische Kolonisten, sondern auch an andere auswärtige Familien, die „mit ihnen ein Corps zu formieren verlangen“.24 Als Privileg wurde den aus fremden Landen kommenden Wollarbeitern das unentgeltliche Bürgerrecht zugestanden. Das Patent sicherte Unternehmern zu, dass sie bei der Gründung von Manufakturen oder Fabriken Unterstützung erfahren. Wohlhabende Kolonisten, die allein von ihrem Vermögen zu leben gedachten, sollten nicht nur 15 Jahre von Einquartierung und Servis-Geldern befreit sein, sondern im Falle ihres Wegzugs aus Brandenburg-Preußen 21
Zitiert nach du Vinage, S. 70. 1648, im Vertrag von Münster und Osnabrück, hatte Brandenburg-Preußen seinen Zugang zur Ostsee gegen die Anwartschaft auf das Herzogtum Magdeburg an Schweden eintauschen müssen. Die rückeroberten Gebiete im Schwedisch-Brandenburgischen Krieg trat Brandenburg-Preußen im Frieden von St. Germain wieder an Schweden ab. Vgl. Asche (2006), S. 55–63. 23 Vgl. Szultka, S. 134. 24 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 29a, Nr. 1, fol. 11 ff. Hatte sich das Edikt von 1720 nur an „andere Refugiez von der Reformierten Religion“ gewandt, kündigte sich hier bereits ein Verfahren wie im 1772 erlassenen Wahlbürgerrecht an. Näheres hierzu im Abschnitt E.I. 22
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ihr Vermögen nicht versteuern müssen. Das Polizeiwesen wurde nach dem Berliner Vorbild organisiert: Für Polizeisachen war der Magistrat zuständig, den man um einen Assessor aus dem Koloniegericht verstärkte. In Kriminalsachen leitete das Französische Gericht lediglich den Prozess, für den Urteilsspruch musste es die Akten an das Kriminalkollegium übersenden. Seegericht, Seglerhaus und Wettgericht sollten nach dem Proporz der Kolonie an der Stadtbevölkerung besetzt werden. Auch für den Seehandel der Kolonisten war Unterstützung vorgesehen. Für die Instandsetzung alter Häuser wurden den Kolonisten die üblichen zehn Prozent Steuernachlass gewährt, wie sie auch deutsche Bürger in Anspruch nehmen konnten. Zudem versprach das Patent, die Kolonisten vor gewaltsamer Werbung zu schützen. Die Basis für die neue Kolonie sollte die Woll- und Lederindustrie bilden. Jeder Lohnarbeiter erhielt laut einem Erlass von 1723 die Reisekosten erstattet.25 Für jeden Wollwebstuhl wurde eine Prämie von 150, für jeden Strumpfwirkstuhl eine von 50 Reichstalern in Aussicht gestellt. Lohgerber sollten je nach Vermögen ein Präsent zwischen 5 und 600 Reichstalern erhalten. Das Koloniepatent sah zudem eine Privilegierung französischer Handwerker dahingehend vor, dass ihnen grundsätzlich alle Gewerke offen standen, auch diejenigen, die für deutsche Meister geschlossen waren. Bestand für deutsche Meister nur eine Chance, in ein für geschlossen erklärtes Gewerk durch das Ausscheiden eines anderen Meisters Aufnahme zu finden, sollte nun auch in diesem Fall einem französischen Meister der Vorzug gegeben werden. Auf diese Weise galt es zu verfahren, bis die französischen Meister dem Anteil der Französischen Kolonie entsprechend in den Gewerken vertreten waren. Somit schrieb das Stettiner Koloniepatent nicht nur die Privilegierung der französischen Kolonisten fest, es sah bereits Wege vor, wie die französischen Handwerker und Händler in Zunftwesen und Kommerz zu inkorporieren wären. Während die Gründung der Kolonie in Stettin auf Anhieb gelang, blieb der seit 1714 in Pasewalk ansässige Bauer Pierre Noé dort vorläufig der einzige Réfugié.26 Dies lag nicht zuletzt am Widerstand des Magistrats, der den Franzosen den Landerwerb nahezu unmöglich machte.27 Wenn also die Orte Pasewalk und Stettin miteinander gemein haben, dass sie zur selben Zeit an Brandenburg-Preußen gelangten und demzufolge auch alsbald ins Kalkül neuer Koloniegründungen einbezogen wurden, ver25 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 29a, Nr. 1, fol. 204. 26 Vgl. du Vinage, S. 65. 27 Davon kündet noch der Brief des Richters der Stettiner Kolonie, de Gauvin, vom 18.08.1724, auf den noch näher zu sprechen sein wird. Ebd., S. 72.
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bindet diese Städte noch eine weitere Gemeinsamkeit. Diese hängt mit dem zweiten, letztlich erfolgreichen Versuch zusammen, in Pasewalk eine Französische Kolonie zu errichten: Nachdem die Anstrengungen zur Gründung einer Französischen Kolonie in Pasewalk seit Ende 1720 ruhten, erachtete die Pommersche Domänenkammer im April 1724 die Etablierung einer solchen Kolonie dennoch für nützlich. Daraufhin verfügte Friedrich Wilhelm I. am 12. Juni 1724, dass uckermärkische Kolonisten ihre Freijahre auch in Pasewalk in Anspruch nehmen konnten.28 Mit diesem Zugeständnis war auch die Kolonie in Pasewalk im zweiten Anlauf gegründet. Doch das Problem der Landvergabe bestand weiterhin. Die Alteingesessenen würden bei Pachtverträgen vom Magistrat begünstigt, selbst wenn die Kolonisten denselben Preis böten. Ein Französischer Richter mit Sitz im Magistrat wäre daher unbedingt vonnöten. Um dieser Forderung noch mehr Gewicht zu verleihen, fügte der Richter der Stettiner Kolonie, de Gauvain, seinen Ausführungen einen Bericht seines Kollegen Imbert aus Prenzlau hinzu, demzufolge sich in Pasewalk neben den mittlerweile neun vorhandenen französischen Familien weitere zwölf niederlassen wollten, und zwar als Kaufleute, Bauern und Tabakpflanzer, sofern sie einen französischen Prediger bekämen und nicht vom deutschen Magistrat abhängig seien. Für den Tabakbau sicherte die Pommersche Regierung Gartenland zu. Den Bauern ausreichend Ackerland anbieten zu können, gestaltete sich weitaus schwieriger.29 Auch bezüglich des Predigers hatte Friedrich Wilhelm I. ein Einsehen. Allerdings erklärte er die Pasewalker Kolonisten kurzerhand zu „teutsche Frantzosen“, deren Sprachkenntnisse es nun durch die Bestallung des deutsch-reformierten Predigers Rindfleisch noch weiter zu vermehren galt.30 Proteste gegen diese Besetzung verhallten wirkungslos. Im Falle des Richteramtes schenkte Friedrich Wilhelm I. den Vorschlägen des Prenzlauer Kolonierichters hingegen mehr Beachtung. Auf dessen Anraten hin kam die Verwaltung der Pasewalker Kolonie an den Direktor der fast doppelt so weit entfernten Stettiner Kolonie, de Gauvain, da Imbert schon sechs Kolonien in und um Prenzlau betreute.31 Nachdem die Beziehung zwischen Stettin und Pasewalk zueinander in zweifacher Hinsicht geklärt ist, bleibt noch aufzudecken, welche Rolle Potsdam als dritte Kolonie in diesem Vergleich einnimmt.
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Ebd., S. 71. Ebd., S. 72. Ebd., S. 119 f. Laut Ordre vom 29.09.1724, ebd. S. 73.
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2. Auf dem Weg zu einer Französischen Kolonie in Potsdam Auch die Gründung der Potsdamer Kolonie war bereits Anfang der 1720er Jahre von Friedrich Wilhelm I. intendiert. Dafür sprechen mehrere Indizien. Glückte 1724 in Pasewalk im zweiten Anlauf die Etablierung eines französischen Gemeinwesens, gab es in Potsdam im selben Jahr zwar noch keine Französische Kolonie – wohl aber ein „Frantzösches Quartier“.32 Das Französische Quartier befand sich in der in den 1720er Jahren realisierten sogenannten ersten barocken Stadterweiterung, die sich unmittelbar nördlich an den Stadtkanal anschloss – zwischen Waisen- und kleiner Jägerstraße.33 Diese Benennung verlieh vermutlich der Hoffnung Ausdruck, dass sich hier möglichst viele Réfugiés niederlassen. Einen weitaus deutlicheren Beleg für das Projekt Potsdamer Kolonie liefert eine Liste von Fabrikanten aus dem Jahr 1721.34 Diese Aufstellung wurde richtungsweisend der Rôle général für 1721 einverleibt. Sie vermerkt drei Strumpfwirker sowie zwei Etaminmacher,35 die bereit seien, nach Potsdam zu ziehen. Es handelte sich um die Fabrikanten Rocheblave, Huth, Golzer, Payan und Baby. Wie bei einer herkömmlichen Kolonieliste auch, wurden hier Name, Beruf, Haushaltsgröße und Zahl der Webstühle aufgeführt. Um aber das Zustandekommen dieser Liste und damit letztlich auch die Gründung der Potsdamer Kolonie zu verstehen, müssen wir Stettin mit im Blick behalten. Das Jahr 1721 war nicht nur das Gründungsdatum der Stettiner Kolonie, in seinem Verlauf fiel auch eine Vorentscheidung für die Potsdamer Kolonie. Dabei waren der Etablierung neuer Kolonien zur Belebung des Textil32
In einem Nachweis über die neu gebauten Häuser und die Einwohner in Potsdam von 1724 taucht erstmals die Bezeichnung „Frantzösches Quartier“ auf. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240. 33 Heute Dortu- und Wilhelm-Staab-Straße. Vgl. Klaus Arlt, Die Straßennamen der Stadt Potsdam. Geschichte und Bedeutung, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci e. V. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams, Heft 2 (1999), S. 23 u. 71. Näheres zum Thema Stadterweiterung und Französisches Quartier im Kapitel C.I. 34 Deren genaue Bezeichnung lautet: „Role des Manufacturiers qui S’etabliront à Potsdam“. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 1, fol. 143. 35 Etamin fand vor allem für Uniformen Verwendung. Die Schauordnung der Tuchmacher von 1723 kennt Etamin in zwei Qualitäten, feines Etamin, das nach dem Färben nass über einem Kohl-Feuer „controyet“, bis es trocken ist. Zur Herstellung von gewalktem Etamin wird das gewebte Wollstück zuerst „gesenget“, gewaschen, gefärbt und dann gepresst. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 829, fol. 5 ff., Nr. 28 f.
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Abbildung 1: Detail der ersten Kolonieliste für Potsdam, 1721
sektors in den Städten Grenzen gesetzt. So musste etwa auf konfessionelle Befindlichkeiten Rücksicht genommen werden.36 Um daher die Gründung der Kolonie in Stettin mit Strumpfwirkern und Wollwebern friedlich und reibungslos in die Wege zu leiten, wurde 1719 eigens ein Inspektor mit einem Gehalt von 200 Reichstalern im Jahr gesucht. Im Mai 1721 bat Dalençon, man möge ihn zu diesem Manufakturinspektor machen. Er begründete sein Gesuch unter anderem damit, dass sich auf die Anfrage des Königs nach Strumpffabrikanten, die sich zur umgehenden Niederlassung in Pots36 Ein Bericht zur beabsichtigten Errichtung einer Kolonie in Stettin vom 18.09.1719 benennt die Widerstände lutherischer Untertanen: „Les Lutheriens de Stettin s’etant de tout tems opposer aux etablissement de ceux de la Religion, au lieu, que la Paix etant faite et condue, l’etablissement en question se sera avec moins de difficulté.“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 2, fol. 115.
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dam oder Stettin bereit erklären, drei Freiwillige gemeldet hätten.37 Was die Ansiedlung von Hugenotten betraf, wurden diese Städte in einem Atemzug genannt. Allem Anschein nach sollte die Gründung der Potsdamer Kolonie zeitgleich mit der Stettiner erfolgen. Dennoch gelang im fraglichen Jahr nur die Gründung der Kolonie an der Odermündung. Die Potsdamer Kolonie ließ noch zehn Jahre auf sich warten, obwohl sich für Potsdam neben drei der begehrten Entrepreneurs sogar noch zwei Etaminiers gefunden hatten, eben jene 1721 in der Kolonieliste auftauchenden Fabrikanten. Als Zwischenergebnis können wir festhalten, dass Anfang der 1720er Jahre auch in Potsdam eine Französische Kolonie entstehen sollte. Das zeigt neben dem Vergleich mit Stettin die eigens hierzu angelegte Kolonieliste aus dem Jahr 1721 sowie die Benennung eines Viertels der neuen Stadterweiterung als Französisches Quartier. Die folgenden Ausführungen befassen sich mit der Etablierung der Französischen Kolonie in Potsdam bis zum Jahr 1731, beginnend mit den Anfängen der Französischen Gemeinde. 3. Die Gründung der Französischen Gemeinde in Potsdam im Jahr 1723 Die ersten Réfugiés in Potsdam suchten bei der reformierten Schlossgemeinde Aufnahme. Seit 1662 fand sich jene Gemeinde im Stadtschloss zum Gottesdienst ein, bevor im nach 1679 neu entstandenen Eckpavillon des westlichen Seitenflügels eigens für sie eine Kapelle eingerichtet wurde.38 In den Kirchenbüchern der Schlossgemeinde war bereits 1684 die erste Einsegnung mit hugenottischer Beteiligung vermerkt.39 Noch zu Lebzeiten Friedrich Wilhelms, des „Großen Kurfürsten“, zählte diese Kongregation wenigstens vier Hugenotten, deren Kinder nicht mitgerechnet. Es handelte sich dabei neben dem Caninchenwärter Michael Nicole40 um die 37 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 3, fol. 96, wie Eingangszitat Abschnitt B.I. Ob es sich hierbei um den gleichnamigen Regierungsrat handelt, geht aus dieser Akte leider nicht hervor. 38 Vgl. Claudia Sommer, Das kurfürstliche Stadtschloß in Potsdam 1660–1713, in: Potsdamer Schlösser und Gärten. Bau und Gartenkunst vom 17. bis zum 20. Jahrhundert, Katalog zur Ausstellung, hgg. von der Stiftung Schlösser und Gärten Potsdam-Sanssouci, Potsdam 1993, S. 13–19, hier S. 14. 39 Hier handelt sich um eine Heirat, die unter GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher 570, Nr. 11, fol. 15 eingetragen ist. Die Kirchenbücher der reformierten Schlossgemeinde sind unter den Beständen zur Potsdamer Garnisonkirche als ihrer Nachfolgergemeinde archiviert. Diese Kontinuität ergibt sich daraus, dass auch unter dem neuen Kirchendach die alten Register weitergeführt wurden. Die folgenden Belege in den Fußnoten beziehen sich auf dieses Konvolut, daher sind nur die Seitenzahlen angegeben. Diese Erhebung beschränkt sich auf diejenigen Gemeindeglieder, die als Franzosen resp. Glaubensflüchtlinge identifizierbar sind.
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Hoftapezierer und Bettenmacher Antoine Biette sowie Amaury Biette und dessen Frau.41 Janne Pette und ihr Gatte Pierre Doriot, die der kurfürstlichen Glashütte zugerechnet werden können, waren zwar „beyde der Religion halber Anno 1687 aus Franckreich geflüchtet“, lassen sich aber erst 1694 in der Schlossgemeinde nachweisen.42 Die Gruppe der Französisch-Reformierten in der Schlossgemeinde blieb damit überschaubar und umfasste nur wenige Familien. Erst unter Friedrich Wilhelm I. begann sie sich zu vergrößern, bis schließlich im Frühjahr des Jahres 1723 die Familienhäupter43 der in Potsdam ansässigen Hugenotten den König ersuchten, er möge ihnen einen französischen Pastor zuteilen. Sie unterbreiteten auch gleich einen Personalvorschlag: Er solle ihnen den ehemals in Brandenburg tätigen Pastor Thomas Le Cointe geben, der schon vier Jahre in Berlin weile, aber bis jetzt dort keine Anstellung finden könne. Im einzelnen waren die Bittsteller: Der Hoftapezierer Antoine Biette, der Seidensticker Elie Pally, Jean George Hainchelin, Henry Rollet, ebenfalls Seidensticker, der Posamentierer Esaye Huot, der Knopfmacher Theodore Didelot, die Frau des Goldschmieds Christian Gottlieb Kelle, Margueritte Dauché, der Lichtzieher Daniel Henrion, der Etamin- und Creponfabrikant Anthoine Payan, Jean Ballion, der Strumpffabrikant Jean Rocheblave, François Raillon, die Gebrüder Jan Jacques und Abraham Prêtre, Jean Villain sowie Maria Magdalena Chevilliette.44 Der aus Paris stammende Antoine Biette gehörte als einziger von ihnen schon unter dem „Großen Kurfürsten“ der Schlossgemeinde an und war im Kreis der Unterzeichner mit Abstand am längsten in Potsdam nachweisbar. Biette scheint hier als eine Art Sprecher der Glaubensgemeinschaft die Bitte um einen Pastor vorgetragen zu haben, die er auch als erster unterschrieb. Daneben hob ihn seine Konzes40 „Die Trauung ward frantzösische verrichtet“ (fol. 15). Zum Berufsbild eines „Caninchenwärters“ vgl. Abschnitt D.II.1. 41 Letzterer erscheint nur einmal im Taufbuch (fol. 117). Dass es sich um zwei verschiedene Personen und nicht um einen Schreibfehler handelt, ist aus den unterschiedlichen Ehepartnern ersichtlich. Es gab mithin in Potsdam wenigstens für kurze Zeit zwei Familien Biette. Zu Antoine Biette heißt es: „Churfürstlicher Bettmeister alhier ein Frantzoß“ (fol. 129). 42 Fol. 28. 43 Familienhäupter oder Chefs de famille waren alle diejenigen Frauen oder Männer über 24 Jahre, die einem eigenen Haushalt vorstanden. Bei der Pastorenwahl waren jedoch nur die männlichen Familienhäupter stimmberechtigt. In diesem Fall bitten also mit Dauché und Chevilliette zwei Frauen um die Berufung eines bestimmten Pastors zur Gründung einer Französischen Gemeinde, wozu sie mit Bestehen einer solchen Kongregation nicht mehr berechtigt gewesen wären. Vgl. zu den Chefs de famille Fuhrich-Grubert (1992), S. 5. 44 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 15, fol. 37 f.
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sionierung als königlicher Tapezierer und Bettenmacher aus dieser Kongregation heraus. Mit dieser Supplik haben wir den ersten verlässlichen Anhaltspunkt zur Größe der Hugenottengemeinde in Potsdam, nämlich mindestens 24 Seelen.45 Damit schienen die in Potsdam lebenden Hugenotten die magische Grenze von 20 Kommunikanten überschritten zu haben und ihre Bitte nach einem eigenen Prediger fand Gehör.46 Neben einem Pastor wurde der Gemeinde ein Kantor zugeteilt, der nach Sitte der Französischen Kirche auch Schulmeister war. Als Prediger erhielt Thomas Le Cointe anfänglich 200 und der Kantor Daniel Villaume 100 Reichstaler im Jahr.47 Die Gemeinde unterhielt ferner noch einen Küster namens La Roche.48 Zu seiner Antrittspredigt lud Le Cointe etwa 50 Berliner Kolonisten ein, die er wahrscheinlich aus seiner Berliner Zeit kannte, um so den einen oder anderen zu einem Umzug nach Potsdam zu bewegen.49 45 Wie aus der Kolonieliste von 1721 hervorgeht, bestand die Familie Payan aus drei, die des Jean Rocheblave aus vier Personen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 1, fol. 143. Von den Kindern Antoine Biettes lebten laut Kirchenbüchern der Schlossgemeinde 1723 noch Sophia Charlotta und Johann Anton, 17 bzw. 15 Jahre alt. Zuzüglich der übrigen 15 Chefs de famille wären es somit 24 Hugenotten. Es scheint zu diesem Zeitpunkt neben jenen Familien aber noch weitere Réfugiés in Potsdam gegeben zu haben, die diese Supplik nicht unterschrieben haben. Hierfür kämen Pierre Gayette, die Wehmutter Banho, der Sprachmeister Schubedonus, der spätere Küster La Roche sowie der Hauptmann Chambaud in Frage. Sie lassen sich jedoch erst 1724 in Potsdam nachweisen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 35 ff. 46 Als 1735 die Pastorenstelle in Neustadt an der Dosse mit dem französischen Pastor aus Spandau besetzt wurde, dessen alte Stelle aber unter Berufung auf die Kleinheit der Gemeinde unbesetzt blieb, hatten die Spandauer eben diese Zahl von 20 Abendmahlsteilnehmern unterschritten. Hierzu im Abschnitt D.I. mehr. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 34. 47 AFrD, 5985, fol. 4; GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bII. Die Familie Le Cointe fand ihren Weg in die Mark von Elbeuf in der Normandie vermutlich über die benachbarten Niederlande erst in die Stadt Brandenburg, wo Thomas Le Cointe nach seinem Theologiestudium in Frankfurt an der Oder 1706 24jährig zuerst eine Stelle als Proposant und dann als zweiter Prediger der dortigen Französischen Gemeinde erhielt, die er bis 1717 inne hatte. Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg seit der Reformation, Band II/1, Erster Teil, Abbadie bis Major, hgg. vom Brandenburgischen Provinzialsynodalverband, bearbeitet von Otto Fischer, Berlin 1941, S. 87. Im selben Jahr heiratete Le Cointe Judith Aman. 48 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 44. 49 AFrD, 5984, fol. 7: „Surquoi je prens la liberté de representer que plus de 50 persones s’etant informées a Berlin, si votre Majesté avoit fixé ce jour la, il est a presumer qu’elles ont intention d’y assister, et que cela pourroit engager quelques
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Le Cointe bat den König zwar um ein eigenes Haus, doch logierte er 1724 beim Baukapitän Pierre Gayette unweit der Garnisonkirche.50 Dieses Haus wurde neben der Schlosskapelle für die Sitzungen des Konsistoriums genutzt.51 Der Kantor Daniel Villaume hingegen wohnte im Haus des Grenadiers Kracht in der Fleischerstraße, nahe beim Stadtschloss.52 Wahrscheinlich diente dieses Gebäude der Französischen Gemeinde als Schule, denn im Allgemeinen war die Schulstube in der Wohnung des Kantors eingerichtet. Diese Doppelfunktion erklärt das relativ komfortable Gehalt Villaumes. Das Gründungsjahr der Gemeinde erscheint auch aus einem anderen Blickwinkel nicht ganz zufällig. Bereits ein Jahr zuvor war die Schlossgemeinde in die Garnisonkirche umgezogen.53 Die Gründung der Französischen Gemeinde erlaubte die sinnvolle Weiternutzung der Kapelle des Stadtschlosses. Die Gottesdienste feierte die communauté in den kommenden 27 Jahren in diesem Andachtsraum, der ihr nun fürs erste allein zur Verfügung stand. Bis zur Gründung der Französischen Gemeinde hatten die Hugenotten an den Gottesdiensten der reformierten Schlossgemeinde teilgenommen. Inwieweit der ein oder andere von ihnen als Laie Lesungen aus der Schrift in der uns d’entreux a s’etablir a Potsdam conformement aux intentions de Vôtre Majesté d’y former une nombreuse Colonie Francoise.“ 50 Ebd. Le Cointes Wohnverhältnisse ergeben sich aus: BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 37. Gayette wohnte laut einem Einwohnerverzeichnis desselben Jahres in der Jägerstraße, neben dem Oberst von Kleist, dessen Haus in der Nähe der Garnisonkirche stand. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240, fol. 15. 51 In den Protokollbüchern, die seit 1736 erhalten sind, wird neben den Wohnungen der Pastoren die Schlosskapelle als Sitzungsort vermerkt. So beim ersten Eintrag, wo die Kapelle als „Temple“ bezeichnet wird. AFrD, 5968, 02.11.1736. Die erste Versammlung der Anciens bei Le Cointe ist für den 12.12. desselben Jahres belegt. 52 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 42. 53 Vor allem die Soldaten der Garnison hatten den lutherischen Teil dieser Simultangemeinde sprunghaft zu einer Größe anwachsen lassen, die die Kapazitäten der Schlosskapelle sprengte. Die daraufhin neu errichtete Fachwerkkirche war jedoch nach wenigen Jahren baufällig geworden, so dass ihre Gemeinde für die Zeit zwischen dem 10.09.1730 bis zum 17.08.1732, der Einweihung der neuen Hof- und Garnisonkirche, vermutlich in ihr altes Domizil, die Schlosskapelle, zurückkehren sollte. Denkbar wäre auch, dass sich die Gemeinde auf die übrigen beiden Stadtkirchen, die St. Katharinen (spätere Nikolaikirche) und die Heilig-Geist-Kirche verteilte. Darüber hinaus fanden aber auch Gottesdienste im der Garnisonkirche benachbarten Militärwaisenhaus statt, an denen die Gemeinde übergangsweise hätte partizipieren können. Festzuhalten bleibt, dass über den Verbleib der Hof- und Garnisonkirchengemeinde für diese zwei Jahre derzeit nichts bekannt ist. Für diesen Hinweis danke ich Andreas Kitschke, Potsdam.
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ihnen vertrauten Sprache abhielt, oder ob die Schlossgemeinde ihrerseits französische Lieder übernahm, ist bislang nicht bekannt. Ebenso wenig, ob sich die Hugenotten während des einen Jahres, in dem die Schlosskapelle vakant war, dort zu Bibelstunden trafen oder in der Hof- und Garnisonkirche der Predigt lauschten und psalmodierten. Denn sowohl über die Gründerzeit als auch bis zur Ankunft des zweiten Predigers Ruinat im Jahr 1735 erfahren wir über das Gemeindeleben der Franzosen nur sehr wenig. 4. Die Gründung der Französischen Kolonie in Potsdam im Jahr 1731 Vorerst beließ es Friedrich Wilhelm I. zwar bei der Gründung einer Gemeinde, doch sollte die Glaubensgemeinschaft keineswegs auf diesem Niveau verharren. Wie erwähnt bemühte sich Le Cointe persönlich um die Akquise weiterer Gemeindeglieder. Aus den spärlichen Quellen zu den Anfängen des Gemeindelebens heraus ist schwer zu sagen, ob Le Cointe der erwähnten Einladung anlässlich seiner Antrittspredigt weitere Versuche folgen ließ. Die Französische Kolonie in Potsdam blieb in jedem Fall vorerst nur halb verwirklicht. Die Gründung der Gemeinde beförderte zwar die Ansiedlung weiterer Hugenotten, aber die ersten Fabrikanten wanderten nach wenigen Jahren wieder ab.54 Potsdam als französischer Siedlungsplatz begann sich erst unter dem Hauptmann von Polentz, der 1731 zum Protektor der Französischen Kolonie ernannt wurde, nachhaltig zu entwickeln.55 „Weil meine Intention ist, solche leute nach Potzdam zu ziehen, die vorher in meinem Lande noch nicht gewohnet haben“,56 kommentierte Friedrich Wilhelm I. die ersten Anwerbungserfolge des Kolonieprotektors Polentz. Dementsprechend wurde das Gründungspatent der Französischen Kolonie in Potsdam vom 19. Oktober 1731 in mehreren Exemplaren an die einzelnen Auslandsvertretungen und Provinzen Brandenburg-Preußens verschickt und zwar nach: Wesel, Königsberg, Magdeburg, Kopenhagen, Köln, Danzig, Stockholm, Warschau, Hamburg, Nürnberg, Frankfurt am Main, 54 Pally und Rollet besaßen Häuser in Berlin und konnten leicht zwischen Berlin und Potsdam hin- und herwechseln. Sie lassen sich nicht mehr in den ersten Kolonielisten ab 1732 nachweisen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 1 ff. Zudem stand Rollet ab 1728 in sächsischen Diensten. Vgl. Jürgen Wilke, Der Einfluß der Hugenotten auf die gewerbliche Entwicklung, in: Bregulla, 1988b, S. 227–280, hier S. 234. 55 So verzeichnete die erste Kolonieliste von 1732 einen Neuzugang von 119 Kolonisten auf insgesamt 272 Seelen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 1 ff. 56 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 9, 16.09.1732.
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Brüssel, Düsseldorf, Den Haag, Regensburg, Wien, London, Hannover und Obernzenn.57 Dort bestätigte man nicht nur den Erhalt des Patents, sondern teilte mit, wie und wo man seinen Inhalt publizieren ließ, und vermeldete erste Erfolge bei der Anwerbung. Allerdings fiel die Bilanz im Jahr 46 nach dem Edikt von Potsdam äußerst bescheiden aus. Die Vertretung in Warschau meldete, es gäbe zwar in Polen Franzosen – nur, ob dem König mit katholischen Kolonisten gedient sei? Aus Kopenhagen hieß es fast schon entschuldigend, die Handwerker seien in Dänemark bereits etabliert, ihre Anwerbung würde somit große Summen veranschlagen. Aber man würde das Edikt gern auch in Norwegen bekannt machen. Das Koloniepatent von 1731 gewährte allen Manufacturiers, die aus Glaubensgründen aus Frankreich, der Schweiz, der Pfalz, den Niederlanden oder aus anderen Königreichen nach Potsdam kommen wollten, das Recht auf eine eigene französische Gerichtsbarkeit. Es sei denn, sie zögen die Jurisdiktion des deutschen Magistrats vor.58 Weiterhin wurde die in vorherigen Edikten erteilte 15jährige Befreiung „von den Auflagen der Handwerker, Häuser und Aecker und überhaupt von allen Anlagen und publiquen Lasten, die Consumptions-Accise ausgenommen“, mit diesem Patent bestätigt und den sich zu Potsdam neu etablierenden Kolonisten gewährt. Die von auswärts kommenden Meister sollten in die Zünfte ohne Prüfung aufgenommen werden, sofern sie mittels Zeugen oder anhand von Dokumenten ihre Meisterschaft nachwiesen.59 Refugierten, die in Potsdam eine Manufaktur oder Fabrik auf eigene Kosten errichten wollten, sollten die Reisekosten erstattet werden. Capitalisten wurde zusätzlich noch eine Pension gewährt. Offizieren im Ruhestand, sogenannte officiers reformés, die entweder noch keine oder nur geringe Altersbezüge genossen, konnten in Potsdam eine höhere Pension erhalten.60 Wie deutschen Bürgern auch, sollte 57
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 6, fol. 28, 57 u. 59. 58 Anders als zuvor in Stettin, wurden hier nur Glaubensflüchtlinge angesprochen. Die Angaben in diesem Absatz beziehen sich auf das Patent der Französischen Kolonie Potsdam. Mylius, 2. Abtheilung, Sp. 426–428: „Königliches Preußisches Patent, betreffend die Privilegien und Freyheiten, welche Se. Königl. Majestät denen Frantzösischen Colonisten, so sich von auswärtigen Oertern nach Potsdam begeben, allergnädigst zu verleihen gesonnen“. 59 Diese Regelung erwies sich in der Praxis als nicht durchführbar. Vgl. hierzu allgemein Jersch-Wenzel, S. 76 f. und zu Potsdam Kapitel F.II.2. 60 Vgl. Bernhard von Poten, Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften, Band 8, Bielefeld 1880, S. 101: „Reformiren nannte man früher: ein R[egiment] auf einen geringeren Stand setzen; reformirte Off[iziere] diejenigen, welche durch das R[eformiren] ihre Stellung verloren, aber ihre Charge behielten und mit geringerem Gehalte bis zur Neuanstellung anderen R[egimentern] angeschlossen wurden.“ Genauergesagt befanden sich die reformierten Offiziere in einer Art Wartestand und waren noch nicht aus dem Militärdienst verabschiedet.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
den Kolonisten, wenn sie ein altes Haus in Stand setzen oder ein neues bauen wollten, zehn Prozent Baufreiheit gewährt und ihr Bemühen mit Materialien und weiteren Vergünstigungen unterstützt werden. Anders als für Stettin ist dieses Patent auf Glaubensflüchtlinge zugeschnitten. Auch die Gründung der Französischen Kolonie in Potsdam sollte vornehmlich den Zuzug ausländischer Handwerker vermehren, wie folgendes Schreiben Friedrich Wilhelm I. an den Hauptmann Polentz erkennen lässt: „Den Berlinischen Etamin Fabricanten Paul Gug [Guy, Anm. S. K.] will ich aber gahr nicht in Potsdam haben. Wie auch den Jacob Serin aus Berlin“.61 Wie im folgenden zu sehen sein wird, ließ sich diese Absicht nur bedingt umsetzen, denn die Potsdamer Kolonie blieb in hohem Maße vom Zuzug Berliner Kolonisten abhängig. Aus der skizzierten Gründungssituation aller unter Friedrich Wilhelm I. gegründeten Kolonien geht hervor, dass die Gründung der Potsdamer Kolonie zwar gewünscht war, deren Etablierung aber nicht auf Anhieb gelang. Offenbar lagen besondere Hemmnisse vor, die überwunden werden mussten. Der nachfolgende Abschnitt B.II. fragt von der finanziellen Unterstützung der besprochenen Kolonien ausgehend nach der Natur dieser Widrigkeiten und ihren Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der Potsdamer Kolonie.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien „Diejenige welche einige Manufacturen von Tuch, Stoffen, Hüten oder was sonsten ihre Profession mit sich bringet, anzurichten willens seyn, wollen Wir nicht allein mit allen desfals verlangeten Freyheiten, Privilegiis und Begnadigungen versehen, sondern auch dahin bedacht seyn und die Anstalt machen, daß ihnen auch mit Gelde und andern Nothwendigkeiten, deren sie zu Fortsetzung ihres Vorhabens bedürffen werden, so viel müglich assistiret und an Hand gegangen werden soll.“62
Im Abschnitt B.I. wurde deutlich, dass die Gründung der Kolonien in Pasewalk, Stettin und Potsdam recht unterschiedlich verlief. In Stettin gelang sie auf Anhieb, in Pasewalk und Potsdam waren zwei Anläufe nötig. In Potsdam konnte sich sogar erst mit deutlicher Verzögerung eine Französische Kolonie etablieren. Im Zusammenhang mit der Gründung der Pasewalker Kolonie wurde bereits eine Erklärung angedeutet: Die mit der Grün61
Diese Worte gehen dem weiter oben angeführten Zitat aus dem Schreiben an Polentz unmittelbar voraus. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 9, 16.09.1732. 62 Aus dem Edikt von Potsdam, zitiert nach Tautorat, S. 179.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien
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dung offerierte Unterstützung durch Privilegien war im Vergleich zu Stettin eher bescheiden ausgefallen. Dieser Abschnitt soll daher klären, welchen Anteil die von landesherrlicher Seite zur Verfügung gestellten Kapitalien beim Aufbau der einzelnen Kolonien hatten. Entschied also Art und Umfang der Finanzierung einer Kolonie über ihre erfolgreiche Gründung und scheiterte die Etablierung der Potsdamer Kolonie im Jahr 1721 an zu spärlich fließenden Finanzmitteln? Ausgehend von der Finanzierung der Kolonisation von Hugenotten in Brandenburg im Allgemeinen vergleicht dieses Kapitel die Lage in Potsdam mit der Situation in Stettin und Pasewalk. 1. Die Finanzierung durch den Französischen Etat Wenn sich auch der Kurfürst Friedrich Wilhelm durch die Einladung französischer Glaubensflüchtlinge eine wirtschaftliche Belebung seiner kriegsversehrten Lande erhoffte, bedeutete die Aufnahme von annähernd 20 000 Réfugiés zunächst eine erhebliche finanzielle Belastung für Brandenburg-Preußen. Nicht nur, dass die Hugenotten in Lebensgefahr Frankreich verlassen hatten. Auf ihrer Flucht konnten sie ihren Besitz nicht ohne weiteres außer Landes bringen, wenn sie ihn nicht längst durch die Dragonaden eingebüßt hatten. Der Flüchtlingsstrom rief außerdem Leute auf den Plan, die sich an der Not der Fliehenden bereicherten. Viele Réfugiés waren daher auf der Flucht verarmt und hilfsbedürftig geworden.63 Wie bereits im Edikt von Potsdam niedergelegt, sollten die Hugenotten neben Baumaterialien auch eine deutliche Steuererleichterung erfahren, die in einer 15jährigen Befreiung von der Akzise bestand. Daneben sicherte das Edikt den Réfugiés eigene Prediger und Schulmeister und in größeren Ansiedlungen auch eigene Richter zu. Innerhalb des landesherrlichen Finanzsystems wurde ein eigener Haushalt zur Versorgung der französischen Gemeinwesen und Kirchen sowie zur Unterstützung einzelner Fabrikanten und Bedürftiger geschaffen. Das bereits erwähnte Edikt von 1720 bestätigte diesen „Frantzösische Salarien und Civil Etat“ noch einmal.64 Zu dieser Zeit 63 Dies schildert aufs Anschaulichste das Tagebuch Migaults: Yves Krumenacker (Hg.), Das Journal von Jean Migault. Leiden und Flucht einer hugenottischen Familie (1682–1689). Mit Beiträgen von Yves Krumenacker. Aus dem Französischen übersetzt von Ursula Fuhrich-Grubert, Bad Karlshafen 2003. 64 Mylius, 2. Abtheilung, CXXVII, §XI. Bislang wurde dem Thema „Frantzösischer Salarien und Civil Etat“ und der Finanzierung der Aufnahme von Hugenotten in Brandenburg-Preußen in der Forschung wenig Beachtung geschenkt. Hierfür steht jüngst der Ausstellungskatalog Die Hugenotten, der auf 405 Seiten ohne dessen Erwähnung auskommt. Vgl. Benecke/Ottomeyer. Muret widmete ihm immerhin einen kurzen Absatz (S. 55). Der von Bregulla herausgegebene Sammelband Hugenotten in Berlin spart ihn hingegen aus, obwohl sich ein Aufsatz explizit dem Armenwesen
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
standen 11 300 Reichstaler pro Quartal für die Versorgung der Hugenotten zur Verfügung,65 mit denen die regelmäßigen Aufwendungen für Gehälter und Pensionen bestritten wurden. Einmalige Zahlungen an Gewerbetreibende, als Geschenk oder Darlehen gewährt, wurden neben den französischen Fonds auch über die Manufakturkasse des Generaldirektoriums abgerechnet.66 Die Privilegien des Edikts von Potsdam wurden also ergänzt durch einerseits regelmäßige Unterstützungen durch den zur Versorgung der Réfugiés eingerichteten Französischen Etat und andererseits durch individuelle, außerordentliche Zuwendungen aus den für die Bedürfnisse aller Untertanen gefüllten Kassen des landesherrlichen Finanzwesens. 2. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien Pasewalk und Stettin Scheiterte die Gründung der Pasewalker Kolonie 1720 wirklich an ihrer fehlenden finanziellen Unterstützung? Der Vergleich der Kolonien Pasewalk und Stettin wird deutliche Unterschiede ans Tageslicht bringen. Laut du Vinage hatten sich bis 1743 an die 40 Familien in Pasewalk etabliert, ihre Häuser und Äcker aber aus eigener Kraft erbaut und erkauft.67 Dieser Aussage widerspricht, dass etwa der Schneidermeister Jean Fouquet 1729 nach Pasewalk zog und, wenn schon nicht mit seiner Niederlassung, so doch immerhin 1735 „zur Fortführung seines Hausbaues 100 Reichstaler“ als Vorschuss von den Stettiner Kolonistengeldern und weitere 100 Reichstaler aus der Vorpommerschen Städtebaukasse erhielt.68 zuwendet. Vgl. Margarete Welge, Die Armenfürsorge, in: Bregulla (Hg.), 1988a, S. 177–205. 65 Die Positionen lauteten damals: 1. „Legations-Räte“, 2. „Prediger u. Cantoren“, 3. „Gerichte“, 4. „Collegium“, 5. „Secretariis“, 6. „Marqueurs“, 7. „Medici u. Chirurgi“, 8. „Edelleute u. Pensionari“, 9. „Studiosi“, 10. „Frauen-Zimmer“. Die Bezeichnungen für die Gruppen der Pensionäre des Französischen Etats änderten sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts mehrfach. Auch sind die Kassenrechnungen mal unter „Kassensachen“, mal unter „Französischer Civil Etat“ zu finden. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4a, Nr. 1 ff. (1688 ff.); 4b, Nr. 1 ff. (1689 ff.). 66 So wurde in Potsdam etwa beim Etaminfabrikanten Paul Lagrange verfahren. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 53 f. Der Tapetenmacher Jacques Duquesne erhielt einen Teil seines Vorschusses aus der Kartenkammer. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 83. 67 Vgl. du Vinage, S. 73 ff. 68 Auch für Jean Gros sind 1736 100 Reichstaler Vorschuss überliefert, für le Brun anno 1728 sogar 150 Reichstaler. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 1–19; 43, Nr. 43, Vol I., fol. 129 f.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien
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Wenn sich für Pasewalk auch bislang keine allgemeine Verfügung zur Förderung der Kolonie wie für Stettin ausmachen lässt, so wurden einzelne Kolonisten sehr wohl in ihrer Niederlassung unterstützt. Wenn wie im Fall von Fouquet die Vorschüsse über die der Kolonie in Stettin abgerechnet wurden, könnte der Kreis der Begünstigten in Pasewalk sehr viel größer als bisher bekannt gewesen sein. Wie erwähnt, versagte Friedrich Wilhelm I. der Französischen Gemeinde in Pasewalk einen französischen Prediger, worin eine Geringschätzung der dortigen Kolonie gesehen werden kann. Folgerichtig war auch der erste Schulmeister deutscher Herkunft. Dieser starb bereits im elften Amtsjahr und Pierre Fouquet aus Strasburg wurde dessen Nachfolger.69 Somit dürften anfänglich auch keine Gehälter aus dem Französischen Etat nach Pasewalk geflossen sein. Ganz anders verhält es sich mit Stettin. Auch wenn sich unter den Begünstigten der Stettiner Kolonie noch der ein oder andere Pasewalker Kolonist verbergen mag, ist die Zahl der geförderten Stettiner Kolonisten beeindruckend groß. Aus dem Jahr 1724 ist eine Liste von 21 Stettiner Kolonisten erhalten, die beim Hauskauf oder der Anschaffung von Webstühlen unterstützt wurden. Insgesamt erhielten sie 3 713 Reichstaler.70 Das machte im Durchschnitt etwa 128 Reichstaler aus, wobei die Zuwendungen mit 25 bis 775 Reichstalern sehr unterschiedlich ausfallen konnten. Laut einem Zustandsbericht von 1727 hatten sich von 164 Familien lediglich 46 auf eigene Kosten in der Kolonie an der Odermündung etabliert. In den ersten sieben Jahren flossen über 21 000 Reichstaler an Vorschüssen. Davon allein 9 266 Reichstaler im Gründungsjahr und 1722 noch 7 021 Reichstaler. Wenn sich auch die Hälfte der Familien in wirtschaftlich gutem Zustand befand und der der übrigen eine mittelmäßige Bewertung erfuhr, wurde dennoch bereits 1725 um einen Schulmeister und einen Arzt für die Kolonie gebeten, da die Zahl der Armen ständig gewachsen sei.71 Im Jahr 1727 erhielt die Stettiner Kolonie aus dem Französischen Etat 967 Reichstaler,72 also pro Quartal rund 242 Reichstaler. Allein 88 Reichstaler gingen vierteljährlich an Fabrikanten. Damit entfielen in diesem Jahr lediglich zwei Prozent der Gesamtausgaben des Französischen Etats auf die 69
Vgl. du Vinage, S. 148. Diese und die folgenden Angaben zur Unterstützung der Stettiner Kolonisten lassen sich den Kolonielisten zu Stettin entnehmen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I. 71 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 6. Diese Bitte blieb zwar undatiert, aber die Bestallung eines Schulmeisters wird an anderer Stelle für den 26.09.1725 verfügt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 7. 72 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 5, fol. 190–97. 70
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
Kolonie in Stettin. Dies entsprach in etwa ihrem Anteil an französischen Kolonisten in Brandenburg-Preußen. Fiel die Unterstützung der Stettiner Kolonisten durch Vorschüsse in der Summe recht üppig aus, erreichte sie auf die regelmäßigen Leistungen der Pensionen und Gehälter des Französischen Etats bezogen nur durchschnittliche Werte. Trotz einiger Unwägbarkeiten in der Quellenlage werden deutliche Unterschiede beim Aufbau der Kolonien in Pasewalk und Stettin sichtbar. Sollten sich die Pasewalker Kolonisten in erster Linie auf eigene Kosten etablieren und erhielten sie nur in Ausnahmefällen Beihilfen zum Hausbau, die ohnehin erst ab dem fünften Jahr des Bestehens der Pasewalker Kolonie überliefert sind, profitierten in Stettin in den Anfangsjahren gut zwei Drittel der Kolonisten von Zuwendungen wie Vorschüssen und Präsenten. Mit durchschnittlich 128 Reichstalern fielen diese zwar nicht übermäßig hoch aus und waren für gewöhnlich nur als Darlehen gewährt,73 doch kam so das Gros der Kolonisten in den Genuss einer finanziellen Unterstützung oder wurde wenigstens wie der Kaufmann Gaillard durch Regimentslieferungen begünstigt.74 Der Ausbau der Stettiner Kolonie wurde im Wesentlichen durch die Manufaktur- und Vorpommersche Städtebaukasse getragen. Die Französischen Kassen spielten hierbei eine eher untergeordnete Rolle.75 Was im Falle von Stettin so spielerisch einfach aussah, die Gründung einer prosperierenden Kolonie, war bei genauem Hinsehen zu einem hohen Preis erkauft. Die Rücklagen der französischen Fonds reichten allein nicht aus, die Stettiner Kolonie aufzubauen. Für diese finanziellen Anstrengungen mussten die Vorpommersche Städtebaukasse und die Berliner Kasse aufkommen. Damit scheint sich die These zu bewahrheiten, dass ein erfolgreiches etablissement in der zweiten Gründungsphase von den Aufwendungen abhing, die der Landesherr zur Ansiedlung neuer Kolonisten bereit war zu gewähren. Im Falle von Stettin war er sogar dazu bereit, über den Finanzrahmen der fran73 Zudem war der Schuldendienst sehr moderat gestaltet. Für das Jahr 1730 existiert eine Liste mit 19 Stettiner Kolonisten, von denen etwa die Hälfte einen Vorschuss aus der „Berliner Kasse“, die Übrigen aus der von Stettin erhalten haben. Wann die Kolonisten den Vorschuss zu begleichen hatten war entweder „indeterminé“, „à volonté“ oder „peu à peu“. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, fol. 129 f. Insofern wirkte die Stadt Berlin finanziell am Aufbau der Stettiner Kolonie mit. 74 „Luc Gaillard ein Kauffmann aus Berlin hat zwar kein present, alleine die liefferung der kleineren montierung vor etliche Regimenter“, GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 29a, Nr. 1, fol. 179. 75 Diese im wesentlichen über Domänenkammer und Generaldirektorium laufende Finanzierung unterstreicht noch einmal den Charakter der Stettiner Kolonie, ein Gemeinwesen für die Ansiedlung ausländischer Handwerker zu sein und nicht ausschließlich für französische Glaubensflüchtlinge. Vgl. das Gründungspatent der Stettiner Kolonie, wie Abschnitt B.I.1.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien
53
zösischen Kassen hinauszugehen. Lassen sich ähnliche Finanztransfers auch in der Entstehungsphase der Potsdamer Kolonie beobachten, und wie wirkten hier kurz- und langfristige Unterstützungen zusammen? 3. Die Unterstützung der Französischen Kolonie in Potsdam Floss in den 1720er Jahren zu wenig Geld nach Potsdam, um hier eine Kolonie zu etablieren? Dabei musste bereits innerhalb der landesherrlichen Verwaltung die Erkenntnis gereift sein, dass eine erfolgreiche Gründung ohne umfangreiche finanzielle Vorleistungen nicht zu erzielen war. Dies bestätigte das Beispiel Stettin eindrücklich. Für die Jahre 1721/22 lassen sich für Potsdam folgende Empfänger von Geldgeschenken aus den Akten herauslesen: Jean Henry Baby, Jean Rocheblave, Antoine Payan und Gottfried Huth. Sie bekamen zwischen 100 und 400 Reichstaler. Insgesamt wurden so 900 Reichstaler ausgezahlt. Für Rocheblave ist darüber hinaus gesichert, dass er zusätzlich ein Fabrikenhaus erhielt. Dieses Haus musste jedoch erst gebaut werden, was seinen Umzug nach Potsdam verzögerte.76 Auch andere zur Übersiedlung an die Havel Entschlossene hatten unter der schwierigen Wohnsituation in Potsdam zu leiden. Payan versuchte daher, sich in Stettin niederzulassen, was ihm jedoch verwehrt wurde.77 Andere Hugenotten wurden beim Hausbau mit Baumaterialien unterstützt.78 Die Finanzierung der ersten Gründungsphase der Potsdamer Kolonie zeigt trotz etwaiger Überlieferungslücken eins deutlich: Gefragt waren Textilfabrikanten, insbesondere für Tuche und Strümpfe – die allesamt mit Geldgeschenken zur Ansiedlung ermuntert wurden. Diese Beträge sind im Vergleich zu Stettin für den Einzelnen recht hoch und obendrein überließ man den Begünstigten meist noch ein Fabrikenhaus. Dennoch blieb der Kreis der Geförderten sehr klein. Der Wille war vorhanden, Potsdamer Kolonisten großzügig zu unterstützen und für sie sogar noch tiefer in die Manufakturkasse zu greifen als in vergleichbaren Fällen. Griff aber die Hand des Landesherrn ins Leere, wenn sie noch weitere Kolonisten für ihre Niederlassung in Potsdam belohnen wollte? Diese Frage können wir nur beantworten, wenn wir die Finanzierung der Potsdamer Kolonie seit ihrer Gründung im Oktober 1731 betrachten. 76 GStA PK, fol. 20 f.; Nr. 3, 77 GStA PK, fol. 57. 78 BLHA, Pr.
I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, passim. I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 29a, Nr. 1, Br. Rep. 2A Potsdam, S. 6380, passim.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
1731 wurden an Vorschüssen für Potsdamer Kolonisten 900 Reichstaler bewilligt. Im Jahr darauf kamen 50 Reichstaler hinzu. Innerhalb der ersten sieben Jahre lassen sich insgesamt nur 2 030 Reichstaler an einmaliger Unterstützung ausmachen. Bis zum Ende der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. beliefen sich die Zuwendungen auf 4 330 Reichstaler. Nimmt man die in den 1720er Jahren gewährten Vorschüsse hinzu, so waren es 5 130 Reichstaler, also etwa ein Viertel der für Stettin nachweisbaren Vorschüsse.79 Auf den ersten Blick fiel die Unterstützung der Potsdamer Kolonie als Ganze im Unterschied zu Stettin eher verhalten aus, während der einzelne Potsdamer Kolonist vergleichsweise hohe Vorschüsse erhielt. Doch täuscht dieser erste Eindruck, denn erstens sind zum Kreis der Begünstigten für Potsdam noch all jene hinzuzurechnen, die zu ihrer Niederlassung ein Haus erhielten.80 Demgegenüber waren die Vorschüsse der Stettiner Kolonisten zum Teil für den Hausbau oder Grundstückserwerb gedacht und beinhalteten außerdem noch Zuwendungen für Pasewalker Kolonisten. Zweitens ist der Vergleich der finanziellen Unterstützung der Kolonien Potsdam und Stettin erst dann aussagekräftig, wenn auch die Förderung der Potsdamer Kolonie aus dem Französischen Etat berücksichtigt ist. Insbesondere in den 1730er Jahren flossen große Summen aus dem Französischen Etat an die Havel.81 Unter allen Kolonien ragt Potsdam hier deutlich heraus. Im dritten Quartal 1733 gingen mit 822 Reichstalern sieben Prozent des Französischen Etats nach Potsdam. Allein unter den 74 durch den Französischen Etat versorgten officiers reformés gehörten fünfzehn von ihnen der Potsdamer Kolonie an und erhielten zusammen 609 Reichstaler. Dies machte bereits ein Drittel der Gesamtaufwendungen für diese Pensionärsgruppe aus.82 Weitere 27 reformierte Offiziere waren der Berliner Kolo79 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 9 u. 10, passim. Berücksichtigt wurden für Potsdam aber auch Reisekostenerstattungen. Leider existieren für Potsdam keine Einträge in den Kolonielisten zur Protegierung ihrer Mitglieder wie für Stettin. Als Nachweise haben sich nur Einzelverfügungen erhalten. 80 Im Streit um die Feuerkassengelder ist im Jahre 1743 von 30 Häusern die Rede, die Ususfruktus an die Kolonisten vergeben wurden. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 55. 81 Die Quartale orientieren sich an den kirchlichen Feiertagen Lucia (L) im Dezember, Reminiscere (R) im Monat März, Trinitatis (T) an Pfingsten, resp. im Juni, Crucis (C) im September. Beginnend mit dem Quartal Trinitatis-Crucis 1733 wird der Wohnort des Zahlungsempfängers in den Kassenrechnungen des Französischen Etats mitvermerkt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 6, fol. 149 ff. 82 Insgesamt gingen 1 911 Reichstaler im Quartal Trinitatis-Crucis 1733 an reformierte Offiziere.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien
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nie zuzurechnen, die damit insgesamt schlechter gestellt waren als ihre Potsdamer Waffenbrüder. Weniger deutlich fiel die Bevorzugung Potsdamer Kolonisten unter den Fabrikanten im Französischen Etat aus. Hier kamen 13 Empfänger aus Berlin und drei aus Potsdam. Letztere erhielten zusammen 83 Reichstaler. Insgesamt wurden unter dieser Position 21 Kolonisten bedacht, auf die sich die Summe von 416 ½ Reichstalern verteilte. Somit lagen 1733 die Pensionen der Potsdamer Offiziere um 58 Prozent über dem Durchschnitt des Französischen Etats und die der Potsdamer Fabrikanten um 40 Prozent. Die Sonderstellung der Potsdamer Kolonie zeigt sich auch darin, dass mit 115 Reichstalern sämtliche neuen Distributionen dieses Quartals auf Potsdam entfielen. Dieser Trend setzte sich über das gesamte Jahrzehnt dergestalt fort, dass für gewöhnlich wenigsten die Hälfte der neuen Bewilligungen für Potsdamer Kolonisten bestimmt waren. Nachweislich gingen im Zeitraum 1733 bis 1738 von 733 Reichstalern an neuen Pensionszahlungen 588 Reichstaler nach Potsdam. Die Quartalsrechnung von Pfingsten 1738 liest sich daher beinahe wie die Potsdamer Kolonieliste. Annähernd jeder dritte der 171 Familienvorstände ist hier erfasst. Damit machten die Potsdamer Kolonisten 14 Prozent der durch den Französischen Etat Begünstigten aus, obwohl sie zu der Zeit nur drei Prozent aller französischen Kolonisten in Brandenburg-Preußen stellten.83 Schaut man sich die Einzeletats für dieses Quartal gesondert an, so entfallen auf die Potsdamer Kolonie 47 Prozent des Etats für die Offiziere im Ruhestand und 38 Prozent des Gewöhnlichen- und Manufakturetats.84 Im Jahre sieben nach der Koloniegründung empfing die Potsdamer Kolonie 1 450 Reichstaler pro Quartal und damit hochgerechnet etwa 5 800 Reichstaler für das Jahr 1738.85 Die Förderung aus dem Französischen Etat war in diesem Jahr sechsmal so hoch 83 1739 nennt die Rôle général einen Bestand von 18 841 französischen Kolonisten in Brandenburg-Preußen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 2, fol. 318 ff. Die Potsdamer Kolonie umfasste im Jahre 1738 478 Kolonisten. 84 Das „Korps“ der pensionierten Offiziere in Potsdam war mittlerweile hier auf 26 Personen angewachsen und erhielt 916 von insgesamt 2 036 Reichstalern. Die Gruppe der mit Pensionen bedachten Fabrikanten und Gnadenpensionären umfasste in Potsdam nun elf Personen, die unter sich mit 226 ½ Reichstalern von insgesamt 628 Reichstalern gut ein Drittel der für Fabrikanten eingestellten Pensionen aufteilten. Wieder einmal gingen mit 34 ½ Reichstalern für dieses Quartal sämtliche neuen Distributionen nach Potsdam. Nimmt man noch die Positionen für die „Prediger u. Cantoren“, Gerichte und „Frauen-Zimmer“ hinzu, gingen von den 11 300 Reichstalern Gesamtetat 1 442 Reichstaler nach Potsdam. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 7, Reminiscere – Trinitatis 1738. 85 Für diesen Zeitraum sind nur einige Quartalsrechnungen überliefert. Der Wert für das Quartal Crucis-Lucia wurde deshalb mit vier multipliziert.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen 2500
Offiziere Potsdam Offiziere Gesamt Spezial-Ordre Potsdam Spezial-Ordre Gesamt
Reichstaler
2000
1500
1000
500
T- 39 C 17 R- 40 T 17 L- 41 R 17 C- 42 L 17 T- 42 C 17 R- 43 T 17 L- 44 R 17 L- 45 R 17 C- 46 L 17 C- 46 L 17 T- 47 C 17 R- 48 T 17 49
17
L C-
L-
R
17
39
0
Abbildung 2: Ausgewählte Positionen des Französischen Etats für Potsdam im Vergleich zum Gesamtetat für die Quartale Lucia-Reminiscere 1739 bis Reminiscere Trinitatis 174986
wie für Stettin. Anders als Stettin wurde also die Potsdamer Kolonie vorrangig mit Hilfe des Französischen Etats etabliert. Friedrich II. brach in vielerlei Hinsicht mit der Politik seines Vaters in puncto Hugenotten.87 Zwar beförderte er noch im Sinne Friedrich Wilhelm I. für Potsdam getroffene Distributionen über Pensionen zu einem raschen Ende,88 doch wurde über neue Suppliken grundsätzlich anders ent86 Da für den Zeitraum Reminiscere-Trinitatis 1740 bis Lucia-Reminiscere 1741 nur die Gesamtausgaben der einzelnen Sparten bekannt sind, ergibt sich für Potsdam hier eine Überlieferungslücke, die durch einen Geradenausgleich in der Grafik geschlossen wurde. 87 Hinsichtlich Herrschaftsstil und Herrschaftspraxis pflegten hingegen beide eine „monarchische Autokratie“, wie Neugebauer festhält. Wolfgang Neugebauer, Die Hohenzollern. Band 1: Anfänge, Landesstaat und monarchische Autokratie bis 1740, Stuttgart 1996, S. 191–223. 88 So erhielt der Hauptmann Malbosc seine ihm am 21.06.1739 bewilligte Pension in Höhe von 30 Reichstalern erst ab dem Quartal Trinitas-Crucis 1741 ausbezahlt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 8.
II. Die finanzielle Unterstützung der Französischen Kolonien
57
schieden. Das bekamen Bittsteller zu spüren, die sich noch auf die Beneficationen Friedrich Wilhelm I. beriefen. Symptomatisch für diesen Politikwechsel ist das Schicksal des Pierre Barrier. Als dieser in Potsdam eintraf, war Friedrich II. bereits König. Der neue Monarch brachte wenig Verständnis für den Seidenwirker aus Holland auf, der in Potsdam um ein Haus und einen Vorschuss von 50 Reichstalern für eine Tabakhandlung oder eine Lichtzieherwerkstatt nachsuchte.89 Neben Gewerbetreibenden mussten sich noch andere Hugenotten auf die neue Situation einstellen. Noch im Gründungspatent der Potsdamer Kolonie wurde begüterten Kolonisten, die von ihren Kapitalien zu leben gedachten, eine Pension in Aussicht gestellt.90 In einem Marginal brachte Friedrich II. seine Haltung gegenüber gut situierten Kolonisten auf den Punkt: Die Bitte des Hauptmann de Vigneulle aus Maastricht, der sich mit 30 000 Reichstalern Vermögen in BrandenburgPreußen niederlassen wollte und nichtsdestotrotz um eine Pension von 300 Reichstalern nachsuchte, kommentierte Friedrich mit spitzer Feder: „Les pensions sont Come le Royaume des Cieux pour les pauvres et non pour les Riches.“91 Im Spiegel der Kassenrechnungen des Französischen Etats gestaltet sich dieser Paradigmenwechsel folgendermaßen: Von 1739 bis 1749 halbierten sich die Aufwendungen für die reformierten Offiziere von 1 982 auf 976 Reichstaler, während im gleichen Zeitraum die Pensionszahlungen an Gewerbetreibende von 621 auf 670 Reichstaler um sieben Prozent anstiegen. Für Potsdam gingen die Pensionen an reformierte Offiziere von 940 auf 87 Reichstaler zurück, was bereits bis auf 153 Reichstaler den Rückgang der Pensionszahlungen an officiers reformés im Französischen Etat insgesamt erklärt. Die Aufwendungen für Potsdamer Gewerbetreibende reduzierten sich um ein Viertel von 236 auf 179 Reichstaler. Bereits Ende des Jahres 1746 war der Pensionsanteil der Potsdamer Offiziere im Französischen Etat auf 15 Prozent gesunken und der für Fabrikanten auf 23 Prozent.92 Vom Gesamtetat konnte die Potsdamer Kolonie nun lediglich sechs Prozent beanspruchen, aber damit immer noch deutlich mehr als ihr ihrer Größe nach zugestanden hätte.93 Trotz des empfindlichen Rückganges der 89 Barrier harrte mit knurrendem Magen vergeblich vor dem Berliner Schloss auf Antwort wartend aus. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 4 ff. 90 Vgl. Abschnitt B.I.4. 91 Die Pensionen sind wie das Himmelreich für die Armen und nicht für die Reichen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 11, 23.09.1740. 92 In absoluten Zahlen ausgedrückt: 189 von 1 226 Reichstalern sowie 145 ½ von 632 Reichstalern. Nach Potsdam flossen in diesem Quartal insgesamt 719 ¼ Reichstaler. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 9.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
Pensionszahlungen an reformierte Offiziere blieb die bevorzugte Unterstützung der Potsdamer Kolonie aus dem Französischen Etat unter Friedrich II. erhalten, wenn auch deutlich schwächer ausgeprägt als noch unter Friedrich Wilhelm I. Die Präferenzen bei der Pensionsvergabe lagen unter Friedrich II. bei den Fabrikanten. Denn den Konsum unter den Kolonisten zu fördern, wie noch bei seinem Vater, lag jenseits der Wirtschaftsinteressen Friedrich II. In dessen Gunst standen viel mehr produktive Kolonisten. Das zeigt sich auch in einem Projekt zur Förderung des Seidenbaus, wofür die Potsdamer Kolonie als eine der wenigen Französischen Kolonien ausgewählt wurde.94 Planteure wurden mit 50 Reichstalern jährlich bis zur Ertragsreife der Maulbeerbäume unterstützt. Wenn auch die Hebung der Kaufkraft durch überdurchschnittlich hoch besoldete reformierte Offiziere unter Friedrich II. aufgegeben wurde, boten sich mit dem Seidenbau neue Möglichkeiten für Potsdamer Kolonisten an, Pensionsempfänger zu werden. Mangelnder Wille zur Unterstützung ihrer Nebenresidenzkolonie kann also weder Friedrich Wilhelm I. noch Friedrich II. angelastet werden. Die Protektion der Potsdamer Kolonie basierte in erster Linie auf nachhaltiger Unterstützung wie Pensionen. Diese wurden auf Lebenszeit bzw. Widerruf gewährt und kamen dem Kolonisten für seine Niederlassung in einer bestimmten Kolonie zugute. Die unterschiedliche Handhabe bei der Unterstützung der Kolonisten in Stettin und Potsdam lässt also den Schluss zu, dass mittels der langfristig wirksamen Pensionen die Kolonisten fest an ihre Kolonie gebunden werden sollten. Wenn man für Potsdam eine verbindlichere Form der Unterstützung präferierte, fragt sich, warum damit nicht schon in den 1720er Jahren begonnen wurde. Ein Blick auf den Zustand des Französischen Etats zeigt, dass ihm ein Aufbau der Potsdamer Kolonie zu einem früheren Zeitpunkt als 1731 nicht zumutbar war. Noch bis 1730 sollten frei werdende Gnadenpensionen einbehalten und nicht eher neu vergeben werden, bis die Bilanz des Französischen Etats ausgeglichen sei. So überstiegen noch im Rechnungsjahr Trinitatis 1728-Trinitatis 1729 die Ausgaben um gut 1 770 Reichstaler die Einnahmen.95 Erst 1731 konnte ein Plus erwirtschaftet werden, da viele 93 Gut ein Prozent aller Französischen Kolonisten lebte zu dieser Zeit noch in Potsdam. Laut Kolonieliste von 1745 waren es 220. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 57 f. 94 Zum Seidenbau näher in D.II.3. 95 Eine freiwillige Abgabe von drei Prozent auf Pensionen und Gehälter und ein weiterer Abschlag von sieben Prozent für den „Sol pour livre“ zur Unterstützung der Armen sollte daher Abhilfe schaffen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 6, fol. 19. Die Balance von 1731 vermerkt wieder ein leichtes Plus. Ebd., fol. 147 f. Dem Einbehalten der freigewordenen Gnadenpensio-
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
59
Pensionsempfänger mittlerweile verstorben waren. Somit waren erst zur Gründung der Potsdamer Kolonie wieder Ressourcen vorhanden, ein neues französisches Gemeinwesen zu etablieren. Anders formuliert: Die Gründung der Potsdamer Kolonie verzögerte sich bis zur Sanierung des Französischen Etats. Auch aus anderer Perspektive bleibt fraglich, ob die Kapazitäten des brandenburgisch-preußischen Finanzsystems ausgereicht hätten, beide Kolonien Potsdam und Stettin gleichzeitig durch Vorschüsse aufzubauen wie es die Situation erforderte, da für die Auszahlung der Vorschüsse an Stettiner Kolonisten u. a. bereits auf Berliner Kassen zurückgegriffen werden musste.96 1721 konnte auf solider finanzieller Grundlage nur die Gründung einer der beiden Kolonien, der Stettiner Kolonie, realisiert werden. Ihrer Etablierung wurde auf Grund der Bedeutung Stettins für die neugewonnenen pommerschen Territorien der Vorzug geben. Die zusätzliche Förderung der Potsdamer Kolonie durch Vorschüsse und Präsente drohte Gelder zu verschlingen, die dem Landesherrn an anderer Stelle gefehlt hätten. Der Aufbau der Potsdamer Kolonie über den Französischen Etat bot einerseits den Vorteil, die Zuwendungen über einen längeren Zeitraum zu strecken, um so das noch mit dem Schuldenabbau und der Konsolidierung des Finanzwesens beschäftigte Brandenburg-Preußen weniger zu belasten.97 Die Unterstützung der Kolonisten durch Pensionen minderte andererseits die Gefahren des heimlichen Wegzuges. Inwiefern dies eine reale Bedrohung für die Potsdamer Kolonie darstellte, offenbart der nächste Abschnitt B.III.
III. Die Entwicklung der Kolonien Potsdam, Stettin und Frankfurt im 18. Jahrhundert „Peut-être le voisinage des Colonies formées à Berlin, à Spandau & à Brandebourg empêcha-t-il les familles françoises dès lors établies à Potsdam de rechercher cet avantage“.98 nen gingen weitere Maßnahmen voraus, das Ausgabendefizit der Vorjahre auszugleichen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4a, Nr. 2; Nr. 6; Nr. 8, fol. 32. 96 Vgl. Abschnitt B.II.2. 97 Laut Radtke fehlten zwischen 1713 und 1740 die finanziellen Ressourcen, um das Manufakturwesen flächendeckend einzuführen. Als Maßnahme zu dessen Ausbau kann auch die Gründung einer Französischen Kolonie gesehen werden. Der Bedarf des Hofes und der Zivilbevölkerung musste sich so der unmittelbaren Versorgung der Armee unterordnen. Während dieser Zeit wurden nicht nur die Schulden verringert, sondern es konnte auch ein Staatsschatz angelegt werden, der 1740 auf acht Millionen Reichstaler angewachsen war. Vgl. Radtke, S. 38 u. 42. 98 Erman, S. 11.
60
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
Der vorangehende Abschnitt B.II. konnte klären, warum die Potsdamer Kolonie mit deutlicher Verzögerung 1731 gegründet wurde und wie es um die finanzielle Ausstattung der Kolonien Stettin und Potsdam in ihrer Anfangszeit bestellt war. Die großen Aufwendungen an Vorschüssen auf der Seite von Stettin und der Pensionen auf der Seite von Potsdam lassen vermuten, dass beide einen regen Zulauf an Kolonisten erfahren haben. Dies soll im Vergleich zu der gewachsenen Kolonie Frankfurt geklärt werden. Nach einer Übersicht zum gesamten Land Brandenburg-Preußen skizzieren die Abschnitte B.III.2. und B.III.3. die Entwicklung dieser drei Kolonien bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1809. Im Anschluss daran wird der Rolle der Berliner Kolonien für die Entwicklung der Potsdamer Kolonie nachgegangen. Bereits der Pastor der Französischen Gemeinde in Potsdam Jean George Erman hatte 1785 in seiner Denkschrift die verspätete Koloniegründung mit der Nähe Potsdams zu bereits bestehenden Französischen Kolonien in Berlin, Spandau und Brandenburg zu erklären versucht. Wir wollen daher ergründen, ob über Potsdam der Schatten der Großstadt lag oder ob diese Nähe vielmehr Vorteile für die Kolonie in der Nebenresidenz brachte. Dabei wird nicht nur die Größe der Kolonien betrachtet, sondern, soweit es die Quellen erlauben, auch die Altersstruktur in die Auswertung miteinbezogen. Für Potsdam werden zudem Methoden diskutiert, die es gestatten, die Größe der Hugenottenpopulation vor Gründung der Kolonie zu bestimmen. 1. Zur Entwicklung der Kolonien in Brandenburg-Preußen Mit den Berliner Kolonien ist beinahe die Hälfte der in BrandenburgPreußen lebenden französischen Kolonisten erfasst. Ihre erste Größenangabe liegt für das Jahr 1698 vor.99 Bis 1703 hatte sich die Zahl der Kolonisten nur unwesentlich auf 5 689 abgeschwächt, um jedoch im Jahr 1709 bereits bei 7 169 angekommen zu sein. Diese Zahl ging bis 1712 um etwa 500 Personen zurück. 1721 betrug sie 7 708 und stieg dann bis 1732 auf ihren Höchststand von 8 913 Kolonisten. Auf dieses Jahr folgte ein kontinuierlicher Rückgang, der in den ersten Jahren besonders gravierend ausfiel. 1735 zählten die Kolonierichter nur noch 8 005 Personen, 1740 hatte sich die Kolonie bereits auf 7 469 Mitglieder verkleinert. 1773 war mit 4 774 Kolonisten wieder das Niveau ausgangs des 17. Jahrhunderts erreicht. Konnte sich die Kolonie auf diesem Level für die nächsten Jahre stabilisieren, erlitt sie nach 1785 einen weiteren Einbruch, bis sie schließlich im Jahr 1800 bei 3 928 angelangt war. Eine Zählung der Mitglieder der Fran99 Zur Französischen Gemeinde hielten sich 1685 etwa 500 Personen, 1690 waren es bereits 3 000. Vgl. für diese und die folgenden Angaben zur Berliner Kolonie Bregulla, S. 473 ff.
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
61
zösischen Gemeinden in Berlin hatte hingegen einen Bestand von über 7 000 Personen ermittelt.100 François David präsentiert auf Grund seiner statistischen Auswertung der Kolonien in Brandenburg-Preußen für Berlin andere Daten,101 doch ergibt auch seine Analyse einen kontinuierlichen Rückgang der Kolonisten seit den frühen 1730er Jahren von knapp 8 000 auf etwa 6 200 in den 1770er Jahren. Bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts erholte sich ihre Zahl wieder auf über 7 000. Diese Entwicklung der Berliner Kolonie weist große Ähnlichkeit zu den Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen in ihrer Gesamtheit auf. Hier begann der Niedergang leicht zeitversetzt Mitte der 1730er Jahre von über 18 000 auf beinahe 15 000 Kolonisten Mitte der 1770er Jahre. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war ihr Bestand wieder auf über 17 000 Mitglieder angewachsen. Sowohl die Französischen Kolonien in ihrer Gesamtheit als auch insbesondere die Berliner Kolonien weisen einen Rückgang der Kolonisten um die Mitte des 18. Jahrhunderts sowie einen leichten Zuwachs zum Ende des 18. Jahrhunderts auf. Die Berliner Kolonien folgten also im Wesentlichen der Gesamtentwicklung der Französischen Kolonien. Trifft dies auch auf die Kolonien Frankfurt, Stettin und Potsdam zu? 2. Die Entwicklung der Kolonien Frankfurt und Stettin Die erste Angabe zur Größe der Kolonie in Frankfurt liegt für 1697 mit 150 Seelen vor.102 1699 hatte sich ihre Zahl bereits auf 210 erhöht, dann stieg sie bis 1703 nur noch leicht auf 217 an.103 1727 umfasste die Kolonie 378 Personen, wobei in dieser Größenangabe, wie auch für die Jahre davor, die deutschen Domestiken mit enthalten sind.104 Erst ab 1733 kann zwischen französischen und deutschen Domestiken unterschieden werden. Die Gesamtgröße der Kolonie für dieses Jahr betrug 409, die deutschen Domes100 Diese Zahlen sprechen bereits für ein Auseinanderdriften zwischen den Gemeinwesen Kolonie und Gemeinde im 18. Jahrhundert, auf das die Kapitel E. und G. noch näher zu sprechen kommen. 101 Vgl. François David, Les colonies françaises en Brandebourg-Prusse: Une étude statistique de leur population, in: Böhm/Häseler/Violet, S. 69–94, hier S. 79. Die Werte wurden einer Grafik entnommen. 102 Vgl. Muret, S. 313 f. 103 Diese sporadischen Angaben beruhen auf Überlieferungslücken. Nach David ist die Überlieferung der Kolonielisten erst ab 1719 annähernd regelmäßig. Vgl. David, S. 78 f. Wie die Grafik für Frankfurt und die übrigen Kolonien zeigt, reißt die Überlieferung der Kolonielisten auch später wieder ab, etwa zwischen 1740 und 1751. 104 Gemeint sind in diesem Zusammenhang die einem Haushalt zugeordneten Gesellen, Lehrjungen, Knechte und Mägde.
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Abbildung 3: Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Frankfurt an der Oder 1727–1769
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Französische Kolonisten Gesamte Kolonie inklusive deutscher Domestiken
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62 B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
63
tiken herausgerechnet, waren es 339 Kolonisten. Während die Kolonie in ihrer Gesamtheit noch weiter zunahm, war die Zahl der Franzosen rückläufig. 1737 erreichte die Kolonie ihr Maximum mit insgesamt 428 Personen, davon waren jedoch nur 321 französische Kolonisten. Dann setzte ein Abwärtstrend ein, der erst nach 1763 zum Stillstand kam. 1745 betrug die Zahl der Kolonisten knapp 300, 1752 waren es nur noch 172, 1762 sogar nur 142 Kolonisten. 1795 verzeichnete die Kolonie 117 und 1801 nur noch 81 Individuen.105 Die erste überlieferte Kolonieliste für Stettin von 1721 zählte bereits 290 Personen.106 Zu Beginn der 1730er Jahre ist die Relation innerhalb der Kolonie folgendermaßen: Von rund 600 Personen insgesamt waren etwa 500 französische Kolonisten.107 Über das 18. Jahrhundert hinweg präsentierte sich die Stettiner Kolonie als sehr stabil. Der Wert von 800 Kolonisten inklusive deutscher Domestiken wurde nie unterschritten. Im Gegenteil: Nach einer Stagnation zwischen 1757 bis 1763, nahm die Kolonie ihren Aufwärtstrend mit leichter Intensivierung wieder auf. Bis 1778 hatte sich so die gesamte Kolonie auf gut 850 Personen vergrößert, wobei die Zahl der französischen Kolonisten bei über 600 lag. 1797 erreichte das französische Gemeinwesen in Stettin sein Maximum mit 914 Kolonisten.108 Gemessen am allgemeinen Trend der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen entwickelte sich die Kolonie in Stettin mehr als positiv. Ein Einbruch der Kolonie ließ sich hier trotz vorhandener Klagen von Gewerbetreibenden über die Beeinträchtigung ihres Handels, die ihnen durch zurückgeforderte Vorschüsse drohte, nicht beobachten.109 Aus dieser Perspektive förderte nicht nur die umfangreiche Unterstützung der Kolonisten das Wachstum der Stettiner Kolonie, sondern die behutsame Rückforderung dieser Gelder sicherte auch den Verbleib der Kolonisten an der Odermündung.110
105 Vgl. F. W. U. Bratring, Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, Bd. 2, Berlin 1805, S. 283. 106 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 2, fol. 152 ff. 107 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I (1721–38) u. Vol. II (1739–79). 108 Vgl. David, S. 72. 109 Es handelt sich hierbei um eine Supplik aus dem Jahr 1724. Dort heißt es: „Les Manufacturiers établis a Stettin se sont aussi addressé a nous per ecrit, nous ont fait des memes plaintes et disent qu’il leur est impossible des subsister“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4a, Nr. 7, fol. 34. 110 Bei der Rückzahlung der Vorschüsse erwiesen die zuständigen Behörden den Stettiner Kolonisten viel Entgegenkommen. Vgl. Abschnitt B.II.2.
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Abbildung 4: Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Stettin 1727–1777
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Französische Kolonisten Gesamte Kolonie inklusive deutscher Domestiken
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64 B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
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3. Die Entwicklung der Kolonie in Potsdam Bei der Beschreibung der Potsdamer Kolonie stellt sich abermals die Frage, wie die Untersuchung in die Gründungsphase der Gemeinde oder sogar in die Zeit davor verlagert werden kann. Dieses Vorhaben erweist sich in Kenntnis der Quellenlage als mühsam, da Gemeindelisten weder für die Schlossgemeinde noch für die ersten 60 Jahre der Französischen Gemeinde vorliegen. Daher gilt es, das Wachstum der Hugenottenpopulation in Potsdam aus anderen Quellen herauszulesen. Hierzu bieten sich zwei Verfahren an. Das aufwendigere der beiden bestimmt die Zahl der in Potsdam lebenden Hugenotten aus der Differenz der Gemeindeglieder zwischen Tauf- und Sterberegister. Das zweite Verfahren besteht darin, zu verschiedenen Zeitpunkten die Zahl der hugenottischen Familien zu ermitteln und ausgehend von einer durchschnittlichen Familiengröße die Anzahl der Gemeindeglieder zu berechnen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass auch andere Quellen als die Kirchenbücher fruchtbar gemacht werden können, etwa die Bitte um einen eigenen Pastor, den die chefs de famille unterzeichnet haben. Zudem birgt die Auswertung der Kirchenbücher neben der Schwäche, nur über Einsegnungen aktenkundige Gemeindeglieder erfassen zu können, eine weitere Unschärfe, die in dem sich bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts abzeichnendem Auseinanderdriften von Kolonie und Gemeinde besteht und das sich bereits in den unterschiedlichen Größenangaben von Berliner Gemeinde und Berliner Kolonie ankündigte. Die zweite Vorgehensweise vertraut auf die statistischen Abstraktionen anderer Studien und deren Anwendbarkeit auf diesen Untersuchungsgegenstand. Die Rechtmäßigkeit dieser Strategie kann nur in einer Gegenüberstellung ihrer Hochrechnung mit den Daten, die die Kolonielisten liefern, überprüft werden. Die Ermittlung der Hugenottenpopulation aus den Kirchenbucheinträgen ergab für 1730 einen Bestand von 81 Personen und im darauffolgenden Jahr von 86. Aus der ersten Kolonieliste ließ sich für die zweite Methode als Datensatz eine Familienzahl für 1731 von 49 herauslesen, die sich im Verlauf des nächsten Jahres auf 90 beinahe verdoppelte. Geht man von einer durchschnittlichen Haushaltsgröße von drei Personen aus,111 entspricht dies 147 Kolonisten im Jahr 1731 und 270 für das Jahr 1732. Die erste Kolonie111 Rolf Straubel hat für Potsdam im Jahr 1809 bei den Textilfabrikanten eine Haushaltsgröße von 3,6 Personen ermittelt, beim Adel jedoch nur von durchschnittlich 2,1 Personen. Daher wird für die aus Textilhandwerkern und einigen Adligen bestehende Französische Gemeinde, resp. Kolonie, ein Mittelwert von drei angenommen. Vgl. Straubel, S. 116. Die von Jersch-Wenzel ermittelte durchschnittliche Haushaltsgröße in den Französischen Kolonien auf dem Land und in der Stadt von 4,5 Personen berücksichtigt im Gegensatz zu Straubel nicht allein die Familienange-
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
140 Taufen Sterbefälle Eheschließungen
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Abbildung 5: Taufen, Eheschließungen und Sterbefälle bei den Französisch-Reformierten in der Schlossgemeinde und in der Französischen Gemeinde in Potsdam 1684–1809
liste für Potsdam aus dem Jahr 1732 vermerkt einen Gesamtbestand von 272 Personen, davon 119 Neuzugänge.112 Im Jahr 1731 gab es demnach laut Kolonieliste etwa 153 Kolonisten, also annähernd doppelt so viele, wie sich aus den Kirchenbüchern ermitteln lassen. Die Ableitung der Gemeindegröße aus der Familienzahl erweist sich als erstaunlich genau und damit auch auf die Zeit anwendbar, für die wir für die Bestimmung der Zahl der Hugenotten in Potsdam auf Berechnungen angewiesen sind. Verfolgen wir daher die Berechnung über die Familienzahl weiter. Aus den Kirchenbucheinträgen der Schlossgemeinde lassen sich acht hugenottische Familien ermitteln, deren Zahl bis zum Jahr 1723 auf 17 anstieg.113 Daraus resultiert eine Entwicklung von etwa 24 Hugenotten bis zur Gründung der Französischen Gemeinde bis zu 51 Personen im Entstehungsjahr der Gemeinde. Einen ähnlich sprunghaften Verlauf bis zur Gründung der Kolonie lässt bereits die Auswertung der Kirchenbücher der Französischen Gemeinde hörigen, sondern auch das Dienstpersonal. Sie ist also für diese Berechnung ungeeignet. Vgl. Jersch-Wenzel, S. 72. 112 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, II. 113 Diese Zahlen ergeben sich aus der Bitte um einen französischen Prediger von 1723, vgl. Abschnitt B.I.3.
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
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700 Gesamte Kolonie inklusive deutscher Domestiken Französische Kolonisten
600 500 400 300 200 100
vor 1723 1723 1731 1732 1733 1734 1735 1736 1737 1738 1739 1740 1741 1742 1743 1744 1745 1746 1747 1748 1749 1750 1751 1752 1753 1754 1755 1756 1757 1758 1759 1760 1761 1762 1763 1764 1765 1766 1767 1768
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Abbildung 6: Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Potsdam 1731–1768, inklusive der Französisch-Reformierten vor 1731
durch den Pastor Jean George Erman erkennen. Aus dessen Feder ist eine Aufstellung der Amtshandlungen für den Zeitraum von 1723 bis 1796 erhalten.114 Die Auswertung der Kolonielisten ergibt folgendes Bild: Bis 1739 wuchs die Zahl der Kolonisten stetig auf 577 an. Für zwei Jahre reißt die Überlieferung der Listen vollständig ab. 1741 zählte man nur noch 347 Kolonisten. In den Folgejahren schrumpfte die Kolonie allmählich auf 220, also fast ein Drittel ihres Maximums, und hielt sich bis 1751 etwa auf diesem Niveau. Auch in Potsdam unterbrach ein Einschnitt in den Jahren 1756 bis 1762 den leichten Anstieg der Kolonistenzahlen. 1766 erreichte die Kolonie mit 149 Kolonisten ihren vorläufigen Tiefstand. Fügt man die Berechnungen für die Zeit vor 1731 mit der Auswertung der Kolonielisten zusammen, fällt der Zustrom an Hugenotten, die in die Nebenresidenz Potsdam zogen, noch stärker aus. In der Folgezeit stabilisierte sich der Mitgliederbestand bis 1782 auf etwa 160 Kolonisten, um danach bis 1785 kontinuierlich bis auf 130 abzufallen. Danach konnte sich die Kolonie zeitweilig erholen, doch die Fluktuation unter den Kolonisten machte eine wirkliche Aufwärtsbewegung zunichte. 1796 stieg die Kolonie sprunghaft von 141 auf 189 Mitglieder an, gefolgt 114
fol. 8.
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 23,
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
350
Französische Kolonisten Gesamte Kolonie inklusive deutscher Domestiken
300 250 200 150 100 50
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Abbildung 7: Die Entwicklung der Französischen Kolonie in Potsdam 1769–1809
von einem ebenso deutlichen Rückgang im Jahr 1803 auf 139. Zwischen 1806 und 1807 erreichte die Zahl der Kolonisten ihren absoluten Tiefpunkt mit 118, um sich in den letzten Jahren der Kolonie noch einmal leicht zu erholen. Die Frage, inwieweit sich die Kolonien Stettin, Frankfurt und Potsdam in die Dynamik der brandenburgisch-preußischen Kolonien einfügten, soll nun beantwortet werden. 4. Die Entwicklung der Kolonien Stettin, Frankfurt und Potsdam im Vergleich Bis auf Stettin zeigten alle Kolonien in den 1730er Jahre einen deutlichen Aufschwung, egal wie lange sie bereits existierten. Am deutlichsten fällt er in Potsdam aus. Ebenso markant ist auch der darauf folgende Einbruch nach dem Thronwechsel von 1740. Im weiteren Verlauf vollzog die Potsdamer Kolonie die Entwicklung der Frankfurter Kolonie auf leicht erhöhtem Niveau. Auffallend ist, wie sich kriegerische Ereignisse in die Entwicklung der Kolonien eingeschrieben haben. Am deutlichsten treten die Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) hervor, unter denen selbst eine prosperierende Kolonie wie Stettin zu leiden hatte. Doch fielen sie hier relativ gering aus: Während andere Kolonien in ihrem Bestand abnahmen, kam in Stettin allenfalls ihr weiterer Zuwachs zur Ruhe. Auch die Berliner
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
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700 600
Frankfurt Potsdam
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um 1703 um 1727 1733 1734 1735 1736 1737 1738 1739 1740 1741 1742 1743 1744 1745 1746 1747 1748 1749 1750 1751 1752 1753 1754 1755 1756 1757 1758 1759 1760 1761 1762 1763 1764 1765 1766 1767 1768
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Abbildung 8: Die Entwicklung der Französischen Kolonien Potsdam und Frankfurt im Vergleich 1703–1768115
Kolonie wies in ihrer Entwicklung den in Potsdam und Frankfurt beobachteten Rückgang im Verlauf des 18. Jahrhunderts auf. Nur trat er in Berlin bereits in den 1730er Jahren in Erscheinung und nicht wie in Potsdam erst ein Jahrzehnt später. Für Frankfurt konnte ein Einbruch der Kolonie fünf Jahre früher als für Potsdam beobachtet werden. Es liegt daher nahe, dass sich erstens die Potsdamer Kolonie in ihrer Frühphase zu Lasten der Berliner Kolonie entwickelte, indem sie vor allem von dort Kolonisten abzog. Zweitens, dass die Ursachen für die Dezimierung um 1740 nicht allein lokaler Natur waren, denn ein schlagartiger Rückgang der Kolonistenzahlen zur Jahrhundertmitte betraf mit Ausnahme von Stettin nicht nur jede der besprochenen Kolonien, sondern war auch in gemilderter und zeitlich versetzter Form an der allgemeinen Entwicklung der Französischen Kolonien zu beobachten. Dieser Niedergang wurde lediglich zu unterschiedlichen Zeiten wirkungsmächtig und erfasste zuletzt die Potsdamer Kolonie. Der plötzliche Zuwachs der Potsdamer Kolonie Ende des 18. Jahrhunderts fällt in die Zeit der Koalitionskriege gegen Frankreich und der Tiefstwert des Koloniebestandes liegt genau in der Zeit der französischen Besatzung Potsdams (1806–1808). Auch Anfang und Ende der Regentschaft Friedrich II. sind aus den Kolonielisten ablesbar. Ging der Thronwechsel von 1740 noch mit
115 Die Überlieferungslücken in den Kolonielisten konnten für Potsdam zum Teil durch Städtetabellen des Steuerrates ausgeglichen werden. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 58 ff.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
einem drastischen Einbruch der Kolonistenzahlen einher, verläuft durch das Jahr 1786 hingegen ein kleines Wellental. Was jedoch den zuerst von Erman konstatierten hemmenden Einfluss der nahen Berliner Kolonien auf die Potsdamer Kolonie anbelangt,116 so kann dieser aus der parallelen Entwicklung zu Frankfurt heraus zumindest für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgeschlossen werden. Vielmehr deutet der Vergleich mit den anderen Gemeinwesen an, dass die Potsdamer Kolonie von der Nähe der Berliner Kolonien profitierte. Diese Vermutung kann erst bestätigt werden, wenn die Herkunft der Potsdamer Kolonisten bekannt ist. Des Rätsels Lösung liegt also in der weiteren Verfeinerung der Analysetechniken. Erklärungsbedürftig bleiben für Potsdam aber weiterhin die 1730er und 1740er Jahre, da hier Wachstum und Verfall der Potsdamer Kolonie in ihrer Intensität von den übrigen hier besprochenen Kolonien abwichen. Diese Frage soll nun anhand der Altersstruktur der Potsdamer Kolonie in komparatistischer Perspektive beantwortet werden. Dem schließt sich mit Punkt B.III.6. die Klärung der Herkunft der Potsdamer Kolonisten an. 5. Die demografische Entwicklung der Kolonie Potsdam im Vergleich mit der Frankfurter Kolonie Um das Alter der Potsdamer Kolonisten zu bestimmen, stehen allein die Kirchenbücher der Französischen Gemeinde zur Verfügung. Die von Erman vorgenommene Aufstellung der Amtshandlungen in der Französischen Gemeinde von 1723 bis 1796 gibt bereits einen ersten Hinweis darauf, inwieweit sich die Entwicklung der Potsdamer Kolonie aus ihrer Demografie heraus begründen lässt. Von 1723 bis 1730 wurden 33 Taufen in der Französischen Gemeinde vorgenommen. Zwischen 1731 und 1740 vervierfachte sich diese Zahl annähernd auf 113 Taufen. Auch im Folgejahrzehnt konnte dieses Niveau mit 103 Taufen annähernd beibehalten werden. Im Zeitraum von 1751 bis 1760 wurden noch 82 Neugeborene über die Taufschale gehalten. Damit hatte sich die Gemeinde in ihren ersten Jahren bereits deutlich vergrößert. Die Sterbefälle hatten anfänglich nur 23 betragen, stiegen in den 1730er Jahren jedoch auf 91 an, um für den Zeitraum 1741 bis 1750 mit 130 Bestattungen die Zahl der Taufen zu überflügeln. Auch für die folgenden Jahrzehnte übertraf die Zahl der Sterbefälle meist die der Taufen oder reichte an deren Niveau heran.117 Aus der Summe der Eheschließungen für die einzelnen 116
Vgl. das Eingangszitat zu Abschnitt B.III. 1751–1760 (* 86 : † 77); 1761–70 (* 57 : † 41); 1771–80 (* 37 : † 48); 1781–90 (* 41 : † 59); 1791–96 (* 37 : † 34). 117
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
71
Dezennien deutet sich an, dass der Zuzug in die Gemeinde in den 1730er Jahren am ausgeprägtesten war und die verhältnismäßig hohe Zahl der Sterbefälle in diesem Zeitraum zu kompensieren wusste. Kam es in diesem Dezennium noch zu 23 Heiraten, ragte die Zahl für das übrige Jahrhundert nie über 20 Trauungen hinaus.118 Damit war aus einer wachsenden Gemeinde in den 1740er Jahren schlagartig eine sterbende geworden. Konnte sie sich in den 1760er Jahren auch stabilisieren, so sprechen die Zahlen im letzten Jahrhundertdrittel für eine weitere Verkleinerung der Französischen Gemeinde. Die Auswertung der Tauf- und Sterberegister kann weder den Einbruch der Kolonie nach 1740, noch den Aufschwung der 1730er Jahre hinreichend erklären. Die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen im Zeitraum von 1731 bis 1740 ergibt lediglich einen Zuwachs von 22 Gemeindegliedern und deckt den Anstieg in Höhe von 424 Kolonisten für dieses Dezennium nur zu einem Bruchteil (fünf Prozent) ab. Mit annähernd einem Viertel sind die durch das Ableben der Kolonisten hervorgerufenen Auswirkungen am Rückgang der Kolonie schon beträchtlicher. Im Zeitraum 1740/41 dezimierten Todesfälle die Gemeinde um 42 Seelen.119 Da die Gegenüberstellung von Geburten und Sterbefällen nicht die Entwicklung von Kolonie resp. Gemeinde in ihrer ganzen Dynamik erklären kann, sollen diese Erkenntnisse nun über die Analyse der Altersstruktur der Potsdamer Kolonie vertieft werden. Hierzu bietet sich insbesondere ihre Gründungsphase an. Von 30 der 45 Familienvorstände des Jahres 1732, zu denen eine Berufsbezeichnung überliefert ist, lässt sich ihr Alter aus den Kirchenbüchern bestimmen.120 Die Verteilung auf die Lebensalter nach Dezennien sieht folgendermaßen aus: Vier sind es in der Gruppe der bis 30jährigen, zwei in der bis 40jährigen, sieben in der bis 50jährigen und sechs in der bis 60jährigen. In der Gruppe der über Sechzigjährigen sind es elf. Die Analyse der Altersstruktur zeigt, dass es der Potsdamer Kolonie offenbar an Mitdreißigjährigen mangelte.
118 1741–50 gab es 16 Trauungen. In den folgenden Jahrzehnten: 17, 20, 15, 11 und zuletzt 17. 119 Im Zeitraum 1740/41 sind 27 Taufen und 69 Sterbefälle in den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde zu Potsdam vermerkt. 120 Bei den übrigen Haushaltsvorständen handelt es sich zumeist um Witwen. Die Altersbestimmung der Witwen scheitert an fehlenden Angaben in den Sterberegistern. Es nennt die Frauen bei ihrem Mädchennamen und lässt oftmals ihre Ehepartner unerwähnt. Auch sind zu ihnen nur selten Berufsangaben überliefert. Daher wurden sie von vornherein aus der Analyse ausgeklammert, um die Werte nicht zu verfälschen.
72
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
12
Zivilpersonen Militärs
10 8 6 4 2 0 bis 30 Jahre
31–40
41–50
51–60
über 60
Abbildung 9: Altersstruktur der Französischen Kolonie in Potsdam 1732
Ob diese demografische Verteilung typisch war für eine Kolonie im Aufbau, enthüllt der Vergleich mit Frankfurt. Auch die Frankfurter Kolonie kann als gewachsene Kolonie von insgesamt 73 Familienvorständen im Jahr 1731 mit 23 Personen über 60 Jahren einen recht hohen Anteil von alten Menschen in ihren Reihen verzeichnen. Doch anders als in Potsdam verteilen sich die übrigen Familienvorstände mit 12-14 Personen weitgehend gleichmäßig auf die übrigen Dezennien. So bestand der Anteil derjenigen, die weder aus Altersgründen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten und zur Reproduktion der Kolonie beitragen konnten, in Frankfurt 46 Prozent, während er sich für Potsdam auf 57 Prozent belief.121 30 1727 1731
25 20 15 10 5 0 bis 30 Jahre
31–40
41–50
51–60
über 60
Abbildung 10: Altersstruktur der Französischen Kolonie in Frankfurt 121 In absoluten Zahlen ausgedrückt waren dies für Potsdam 11 Familienvorstände über 60 Jahren, denen 19 Familienvorstände unter 60 gegenüberstanden. Für Frankfurt gab es zu diesem Zeitpunkt 23 Familienvorstände über 60 und 50 Familienvorstände unter 60.
III. Die Entwicklung der Kolonien im 18. Jahrhundert
73
Dieses Defizit an männlichen Kolonisten unter 60 Jahren für das französische Gemeinwesen in Potsdam wird noch durch seine heterogene Altersstruktur potenziert. Die Gruppe der unter 40jährigen machte hier nur ein Fünftel aus, während in Frankfurt jeder dritte Familienvorstand dieses Alters war. Damit war die Kolonie in Potsdam seit ihrer Gründung auf den Zuzug von jungen Kolonisten angewiesen, sonst drohten die Gewerbetreibenden binnen eines Jahrzehnts in der Minderheit zu sein. Wie sich allerdings in einer so jungen Kolonie wie Potsdam bereits so viele betagte Réfugiés ansammeln konnten, kann mit dieser Analyse nicht beantwortet werden. Diese Frage muss die Herkunft der Kolonisten klären. 6. Die Herkunft der Potsdamer und Stettiner Kolonisten Werfen wir einen Blick auf die erste Kolonieliste für Potsdam und betrachten dabei die Neuzugänge, so fällt auf, dass neben Paul Lagrange mit seinen 17 Gesellen pensionierte Offiziere vom Oberst bis zum Fähnrich die größte Gruppe stellten.122 Diese reformierten Offiziere wurden fast ausnahmslos von Berlin nach Potsdam geworben.123 Unter den Kolonisten der Jahre 1731/32 kam ein Drittel aus Berlin.124 Das bestätigt die zuvor getroffene Annahme, dass die Potsdamer Kolonie zu Lasten der Berliner Kolonie aufgebaut wurde. Damit hätte sich die Nähe zu Berlin nicht als Hemmschuh für die Entwicklung der Potsdamer Kolonie erwiesen, wie Erman vermutete, sondern im Gegenteil als ihr Vorteil. Von Berlin aus ließen sich Kolonisten in die Nebenresidenz abwerben, wie explizit bei den reformierten Offizieren geschehen. Dieser Vermutung wird im weiteren Verlauf der Untersuchung noch nachzugehen sein. Erklärt die Berliner Abkunft eines Großteils der Potsdamer Kolonisten auch den dramatischen Einbruch der Potsdamer Kolonie nach 1740, die die Sterbefälle allein nicht begründen konnten? Zeigen sich hier die Schattenseiten der Nähe zu Berlin, wenn die Potsdamer Kolo122 Es handelt sich um 16 Offiziersfamilien. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 5 ff. 123 Schon das Koloniepatent zu Potsdam verspricht reformierten Offizieren in Potsdam höhere Pensionen. Nur wenige Wochen nach der Gründung der Potsdamer Kolonie haben sich bereits neun französische Offiziere im Ruhestand bei der Französischen Verwaltung in der Absicht gemeldet, von Berlin nach Potsdam ziehen zu wollen, um von dieser Regelung zu profitieren. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 9, 13.11.1731. 124 Von 48 Familienvorständen kamen 1731 nachweislich 15 aus Berlin, 1732 waren 31 Familienvorstände von insgesamt 90. Diese Zuordnung basiert neben den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde Potsdam im Wesentlichen auf den Godetschen Listen des Archivs Französischer Dom.
74
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
nisten ebenso leicht wieder zurück nach Berlin gehen konnten, wie sie von dort gekommen waren? Dieser Nachweis ließe sich mit den Récapitulations der Kolonielisten recht einfach führen, da hier vermerkt ist, woher neue Kolonisten kamen und wohin die, die die Kolonie verlassen hatten, gingen. Doch leider existieren sie für die fraglichen Jahre nicht. Im Zusammenhang mit Pensionsstreitigkeiten deutet sich aber an, dass sich mehrere Potsdamer Kolonisten nach 1740 tatsächlich wieder zurück nach Berlin begeben haben.125 Die Rückkehr begünstigte, dass diese Kolonisten in Berlin noch Angehörige hatten oder über ein Geschäft resp. eine Immobilie verfügten. Im Vergleich zu Potsdam gestaltete sich der Aufbau der Stettiner Kolonie als weitaus unabhängiger von den Berliner Kolonien. Die Kolonieliste von 1728 vermerkt für jeden Familienvorstand dessen Herkunft. Von 110 Familien kamen mit 29 die meisten aus Erlangen, 21 aus Berlin und 22 aus dem übrigen Brandenburg-Preußen.126 Die Gründung der Stettiner Kolonie war somit nur zu einem Fünftel abhängig von Berliner Kolonisten. Sie setzte sich anfänglich sogar zu etwa zwei Dritteln aus ausländischen Kolonisten zusammen. Damit war in Stettin anders als in Potsdam die Rückkehrproblematik nach Berlin nicht gegeben und, Dank des großen Zuspruchs aus dem Ausland, musste die Kolonie auch nicht künstlich durch demissionierte Pensionsempfänger aufgebläht werden. Wenn auch der Rückgang der Potsdamer Kolonie zum Teil durch den Wegzug der Kolonisten nach Berlin erklärbar war, so ist damit aber noch nicht die Ursache dieses Wegzugs angesprochen, zumal auch die Frankfurter Kolonie eine ähnliche Abwärtsbewegung durchlief. Ferner gilt es, mehr über den Verbleib der 188 entwichenen Potsdamer Kolonisten herauszufinden. Hierüber, und auch über die Gründe für die unterschiedliche Entwicklung der Potsdamer Kolonie, soll die Berufsstruktur Aufschluss geben.
IV. Berufsstruktur „Elle fut originairement composee de Manufacturiers et d’ouvriers et s’accrut considerablement par l’arrangement que fit le Roi pour y attirer les Officiers Reformés“.127 125
In diesem Zusammenhang ist nur die Rede davon, dass bereits mehrere Kolonisten ohne Erlaubnis nach Berlin zurückgegangen seien, ohne dass Namen genannt werden. Näheres hierzu in Kapitel E. 126 Die übrigen 38 Kolonistenfamilien kamen aus den brandenburgisch-preußischen Nachbarländern, der Schweiz, Frankreich und England. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I, fol. 144 ff.
IV. Berufsstruktur
75
Nachdem die Potsdamer Kolonie bereits hinsichtlich ihrer Gründung, der finanziellen Unterstützung und ihrer Entwicklung im 18. Jahrhundert mit Stettin, Pasewalk und Frankfurt verglichen wurde, findet die Einordnung der Potsdamer Kolonie in die brandenburg-preußische Kolonielandschaft mit der Berufsstruktur ihren vorläufigen Abschluss. Im vorangegangenen Abschnitt B.III. förderte das angewandte komparatistische Verfahren für die Entwicklung der Potsdamer Kolonie deutliche Unterschiede zu Stettin und Frankfurt ans Licht. Diese Abweichungen konnten nur zum Teil durch eine Analyse der demografischen Struktur der Kolonien Frankfurt und Potsdam sowie der Herkunft der Potsdamer und Stettiner Kolonisten erklärt werden. Das Augenmerk liegt daher nun auf dem Vergleich der beruflichen Zusammensetzung der Kolonien Stettin, Frankfurt und Potsdam. Ergänzend hierzu werden Stichproben aus den Berliner Kolonien herangezogen. Um dabei den Charakter der jeweiligen Kolonie zum Ausdruck zu bringen, wird auf den prozentualen Anteil einzelner Berufsgruppen innerhalb der Kolonie fokussiert. Dies erlaubt eine leichtere Gegenüberstellung der Kolonien. Dieses Vorhaben gestaltet sich jedoch aus mehreren Gründen als schwierig. Zum einen fallen die Berufsbezeichnungen bei den französischen Kolonisten recht uneinheitlich aus und variieren sogar bei ein und derselben Person. Zum anderen dokumentieren die Kolonielisten eine hohe Spezialisierung auf bestimmte Produktionsbereiche. Dies lässt sich zum Teil mit dem Privileg der Freimeisterschaft für französische Kolonisten erklären. Berufsfelder konnten sich unabhängig von den deutschen Zünften entfalten und alternative Berufsbezeichnungen wurden so durch die Kolonisten tradiert.128 Der Abschnitt beginnt daher mit Überlegungen zum Aufbau der Kolonielisten und wie sie für die Analyse der Berufsstruktur fruchtbar gemacht werden können. 1. Zum Aufbau der Kolonielisten Um genau diesen Schwierigkeiten zu begegnen, empfiehlt es sich, die unterschiedlichen Berufe zu Gruppen zusammenzufassen. Kriterien hierfür halten die Kolonielisten bereit. Eine Kolonieliste gibt nicht nur einfach die Namen der Familienvorstände mit der Zahl ihrer einzelnen Haushaltsangehörigen wieder. In ihr spiegelt sich auch eine soziale Hierarchie, denn sie ist nicht alphabetisch oder chronologisch nach der Aufnahme in die Kolonie 127
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 23,
fol. 1. 128 Das betrifft etwa die französische Berufsbezeichnung Chandelier (Kerzenmacher) für die Profession des Seifensieders.
76
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
sortiert. Ihr Aufbau folgt anderen Gesetzen. Dabei sind die einzelnen Kolonielisten verschiedener Orte im Wesentlichen nach dem gleichen Muster gestrickt: Schon die Kolonieliste für Brandenburg von 1720 benennt zu allererst die in Diensten der Kolonie stehenden Personen: die Pastoren, den Kantor und Schulmeister, gefolgt von ihren weltlichen Amtsträgern, dem Richter und seinen Beisitzern.129 Das produzierende Gewerbe führen die Tuchmacher an, daran schließen sich die lederverarbeitenden Berufe an, gefolgt von den metallverarbeitenden Berufen. Mit den Gärtnern endet die Aufzählung der Berufe. Die Liste beschließen die Verwitweten. Diese Reihenfolge spiegelt folgende soziale Ordnung wider: Zuerst werden die angesehensten Berufe genannt, am Schluss sind die Alleinstehenden aufgeführt. Die Kolonisten wurden also durch die Funktion, die sie in diesem Sozialgefüge einnahmen, bestimmt und in die Listen eingefügt. Durch diese Reihung entstanden bereits aus den einzelnen Handwerksberufen Gruppen, wobei ihrer Anordnung eine Hierarchie der Werkstoffe zugrunde liegt. Ähnlich sind die Listen der Potsdamer Kolonie aufgebaut. Daher muss eine allgemein verbindliche Richtschnur zum Führen einer Kolonieliste existiert haben.130 Eine Analyse der Berufsstruktur kann sich also zeitgenössische Vorstellungen bei der Erfassung der Berufsgruppen zu eigen machen. In Anlehnung hieran wurden die Kolonielisten zu folgenden Einheiten zusammengefasst: 1. die Gruppe der geistigen Berufe, wozu neben Pastoren, Lehrern und Richtern auch nach modernem Verständnis Dienstleistungsberufe wie Kammerdiener oder alle medizinischen Berufe gerechnet wurden, unspezialisierte Berufe wie Knechte oder Mägde aber unter sonstige Berufe geführt wurden,131 2. die Gruppe der Militärpersonen, Offiziere und Soldaten, dienend, und im Ruhestand, 3. die Gruppe der Händler und Verleger, 4. die Gruppe der Textilberufe, in die auch Knopfmacher und Färber aufgenommen wurden, 129 GStA PK I. HA, Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 1, fol. 201 f. 130 Eine „Instruction pour celui qui est chargé de dresser la Liste de la Colonie“ existiert z. B. für den 07.11.1763. AFrD, 5987, fol. 9 ff. 131 Gerade bei dem weiblichen Dienstpersonal sind die Grenzen ihrer Tätigkeit zwischen reiner körperlicher Arbeit und Wissensvermittlung fließend. An den Demoisselles schätzte man im 18. Jahrhundert neben ihren Französischkenntnissen ihre kultivierteren Umgangsformen, die bei der Kinderbetreuung gefragt waren. Vgl. Jürgen Eschmann, Die Sprache der Hugenotten, in: Ders. (Hg.), Hugenottenkultur in Deutschland, Tübingen 1988, S. 9–36, hier S. 22.
IV. Berufsstruktur
77
5. die Gruppe der lederverarbeitenden Berufe, zu denen auch Handschuhmacher zählen, 6. die Gruppe der Nahrungsproduzenten, die neben Bäckern und Brauern auch diejenigen Professionisten ergänzen, die mit Pflanzen zu tun haben, also z. B. die Gärtner und Tabakspinner, 7. die metallverarbeitenden Berufe, zu denen Juweliere, Uhrmacher, Waffenmeister und Schmiede, aber auch Glaser zu zählen sind, 8. die Gruppe der holz- und steinverarbeitenden Berufe, hinter denen sich sämtliche Bauhandwerker verbergen, neben Zimmerleuten und Steinmetzen auch Maler und Stuckateure, 9. schließlich das Transportgewerbe mit seinen Fuhrleuten, Postillions und Brotausträgern. 10. Weiterhin wird nach sonstigen Professionisten wie Tagelöhnern unterschieden sowie nach unklaren Berufsangaben.132 2. Stettin Die Auswertung der Kolonielisten für die Stettiner Kolonie wurde von 1727 bis 1778 beschritten. Über diesen Zeitraum hinweg präsentierte sich die Gruppe der geistigen Berufe mit neun bis sechzehn Prozent relativ konstant. Stärker schwankte der Anteil der Händler. Hatte dieser bis etwa zur Mitte des 18. Jahrhunderts höchstens fünf Prozent betragen, bewegte er sich in der zweiten Jahrhunderthälfte bei zehn bis fünfzehn Prozent. Die auffälligsten Veränderungen betrafen in der Stettiner Kolonie den Textilsektor. Er nahm bis Mitte des 18. Jahrhunderts eine beherrschende Rolle ein. In der Anfangszeit der Kolonie stellten die Textilproduzenten mehr als die Hälfte 132 Bewusst von der grafischen Auswertung ausgeschlossen wurde die Gruppe der Kolonisten, für die kein Beruf angegeben ist, da ihr Anteil von einer Kolonieliste zur nächsten stark variieren kann und je nach Kolonie verschieden mächtig ist. Dies würde das Ergebnis der prozentualen Auswertung verfälschen. Die Zusammenfassung der Professionen zu Gruppen gelingt nicht immer eindeutig. So hingen bei den Tabakfabrikanten (Nahrung) Herstellung und Vertrieb der Waren zusammen. Ähnliches gilt für den Epicier (Handel), der seine Waren zwar nicht selbst produzierte, aber gegebenenfalls weiterverarbeitet in den Verkauf brachte. Schwieriger gestaltete sich die Zuordnung der Seifensieder oder Lichtzieher sowie der Pudermacher zu den Nahrungsproduzenten. Den Ausschlag gab, dass beide organische Materialien verarbeiteten. Bereits Jersch-Wenzel hatte eine Analyse der Berufsstruktur Französischer Kolonien vorgeschlagen, die die Bildungsberufe bei den Dienstleistungen einordnete und unter den Gewerbetreibenden die Nahrungs- und Genussmittelproduzenten gesondert herausgriff. Der Übersichtlichkeit wegen wurde ihrer differenzierten Aufsplitterung in einzelne Gewerbesegmente hier nicht gefolgt. Vgl. Jersch-Wenzel, S. 72 ff.
78
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 1727 1731 1732 1735 1736 1737 1738 1745 1752 1755 1762 1765 1768 1771 1773 1778
unklar
Sonstige
Transport
Holz und Stein
Metall
Leder
Textil
Händler
Militär
Geistige Berufe
Nahrung
Abbildung 11: Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Stettin 1727–1778
der Professionisten. In den 1730er Jahren sank ihr Anteil erst auf 44 Prozent ab, um dann gegen Ende des untersuchten Zeitraums auf 17 Prozent einzubrechen. Die Kolonie schrumpfte zur Jahrhundertmitte aber nur mäßig um 17 Prozent. Dieser Einbruch im Textilsektor ist nach Kenntnis des stabilen Mitgliederbestandes der Stettiner Kolonie ein prozentualer wie auch absoluter. Beinahe zwei Drittel der in den Anfangsjahren heftig umworbenen Strumpfwirker haben die Kolonie verlassen oder ihren Metier aufgegeben. Das verstärkte Anwachsen der Kolonie in der zweiten Jahrhunderthälfte ließ sogar den Anteil der Textilhandwerker prozentual weiter absinken. Der Rückgang im Textilsektor geschah neben dem der Händler auch zu Gunsten der leder- und metallverarbeitenden Berufe. Erstere wuchsen im Verlauf der Untersuchung von zehn auf sechzehn Prozent an, letztere sogar noch deutlicher von einem bis drei auf vierzehn Prozent seit dem Siebenjährigen Krieg. Die Gruppe der Nahrungsproduzenten bewegte sich hingegen durchgängig bei etwa 20 Prozent. Von untergeordneter Bedeutung waren für diese Kolonie das Bauhandwerk und Transportgewerbe mit maximal sechs resp. zwei Prozent.
IV. Berufsstruktur
79
Auch Militärpersonen hatten nur einen marginalen Einfluss auf die Zusammensetzung der Kolonie – und dies auch nur in den Anfangsjahren. Sie waren während der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. mit einem Prozent in der Stettiner Kolonie vertreten. Da die Zahl der Stettiner Kolonisten über diesen Zeitraum hinweg relativ konstant blieb, lassen sich diese Veränderungen auch als numerische Schwankungen ablesen. 3. Frankfurt In Frankfurt gehörten im Zeitraum von 1727 bis 1769 die geistigen Berufe zur zweitgrößten Gruppe der Professionisten. Bewegte diese sich in der ersten Jahrhunderthälfte zwischen 28 und 20 Prozent, konnte sie in der zweiten Hälfte noch anwachsen und erreichte 1762 mit 34 Prozent ihr vorläufiges Maximum. Militärpersonen waren mit Werten von zwei bis dreizehn Prozent vertreten. Eher schwankend gab sich die Gruppe der Händler auf einer Skala von neun bis achtzehnt Prozent, wobei sie gerade in den späten 1730er Jahren Stärke zeigte. Weniger ins Gewicht fielen in Frankfurt die Textilproduzenten. Auch sie durchliefen im selben Zeitraum wie die Händler eine Konjunktur, bewegten sich aber nur zwischen sieben und sieb100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 1727
1731
1733
1735
1736
1737
1738
1745
1752
1755
1762
1765
unklar
Sonstige
Transport
Holz und Stein
Metall
Leder
Textil
Händler
Militär
Geistige Berufe
Abbildung 12: Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Frankfurt 1727–1769
1769
Nahrung
80
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
zehn Prozent. Dominierend trat hingegen die Gruppe der Nahrungsproduzenten in der Frankfurter Kolonie in Erscheinung. Deren Anteil reichte zumeist an die 40 Prozent heran, wenngleich er auch in den späten 1730er Jahren und um die Jahrhundertmitte einen Rückgang auf 29 bzw. 27 Prozent verzeichnete. Kaum ins Gewicht fielen auch in der Frankfurter Kolonie die leder- und metallverarbeitenden Berufe mit maximal fünf resp. zwei Prozent sowie das hier ähnlich schwach bestückte Bauhandwerk. Das Transportgewerbe war überhaupt nicht vertreten. 4. Potsdam Bereits unter den in den 1720er Jahren in Potsdam lebenden Hugenotten überwogen die Textilberufe. Einen Einblick in die Zusammensetzung dieser Gruppe gewährt eine im Mai des Jahres 1723 verfasste Supplik um einen eigenen Pastor, die von den französischen Gliedern der Schlossgemeinde unterzeichnet wurde. Als Textilhandwerker lassen sich in diesem Zusammenhang nachweisen: Biette, Pally, Rollet, Huot, Payan und Rocheblave. Mit anfänglich etwa 30 Prozent bildeten die Textilproduzenten die zweitgrößte Berufsgruppe in der jungen Kolonie. 1745 war sie jedoch auf etwa elf Prozent in sich zusammengefallen und konnte sich erst nach einer langen Phase der Stagnation ausgangs des 18. Jahrhunderts wieder auf 20 bis 30 Prozent vergrößern. Sieht man sich die Textilhandwerkerfamilien genauer an, so wechselten sie zur Jahrhundertmitte zum Teil einfach in einen anderen Berufssektor: aus einem Beuteltuchmacher wurde ein Maler, aus einem Sergemacher ein Sprachmeister und aus einem Strumpfwirker ein Schulmeister. Hatte im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens der Anteil der geistigen Berufe in der Potsdamer Kolonie durchschnittlich ein Zehntel betragen, vergrößerte er sich ab der Jahrhundertmitte stetig auf ca. 20 Prozent in den 1750er Jahren und nach 1768 schließlich auf etwa 40 Prozent. Damit stellten die Kopfarbeiter bis zur Auflösung der Kolonie die beherrschende Berufsgruppe. Nachdem im Gründungsjahr vier Prozent der Professionisten Militärpersonen gewesen waren, schwoll deren Anteil bis 1738 auf 36 Prozent an, um dann 1745 auf 19 Prozent zurückzugehen. So verzeichnet die Kolonieliste von 1738 allein 21 Unteroffiziere und Grenadiere des Leibregiments sowie 27 officiers reformés. Die Kolonieliste von 1745 nennt hingegen nur noch zehn reformierte Offiziere. Nach dem Siebenjährigen Krieg waren die Militärpersonen fast gänzlich aus der Kolonie verschwunden und tauchten in der Folgezeit nur sporadisch in Form des ein oder anderen Soldaten oder Offiziers auf.
IV. Berufsstruktur
81
100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 %
52 17 53 17 56 17 58 17 62 17 63 17 68 17 73 17 78 17 80 17 85 17 90 17 95 18 00 18 10
45
17
38
17
37
17
36
17
17
33 35 17
32
17
17
17
31
0%
unklar
Sonstige
Transport
Holz und Stein
Metall
Leder
Textil
Händler
Militär
Geistige Berufe
Nahrung
Abbildung 13: Berufsgruppen in der Französischen Kolonie in Potsdam 1731–1810
Eine eher untergeordnete Rolle spielten die Händler in der Französischen Kolonie in Potsdam. Nur von 1752 bis 1763 kamen sie auf zweistellige Werte unter den Berufsgruppen der Kolonie. Diese Zunahme rührt wesentlich vom Rückgang der Kolonisten insgesamt zur Jahrhundertmitte hin her, der im gleichen Zeitraum auch die Gruppe der lederverarbeitenden Berufe besser dastehen lässt. Anders als die Materialisten133 konnten Gerber, Schuster und Handschuhmacher sich anschließend in ihrem Bestand auf durchschnittlich etwa fünf Prozent erholen. Ähnliches gilt für die Gruppe der Nahrungsproduzenten. Im Gründungsjahr stellten sie noch ein Viertel aller Berufe in der Kolonie, konnten jedoch mit dem Zuzug des Textilgewerbes nicht mithalten und waren zwischenzeitlich im Jahr 1735 sogar auf acht Prozent zurückgegangen, um dann im Zeitraum von 1752 bis 1763 mit gut 20 Prozent nach den geistigen Berufen zur zweitstärksten Gruppe zu zählen. Gegen Ende der Potsdamer Kolonie war die Gruppe der Nahrungsproduzenten noch etwa zehn Prozent groß. Einzig die metallverarbeitenden Be133 Zur Unterscheidung der einzelnen Händlergruppen siehe den Abschnitt C.II. Anmerkung 97.
82
B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
rufe waren mit ungefähr acht bis zehn Prozent über fast die gesamte Lebensdauer der Potsdamer Kolonie gleich stark vertreten. Erst um die Jahrhundertwende schwand ihr Anteil um die Hälfte. Ähnlich konstant blieb in der zweiten Jahrhunderthälfte mit vier bis acht Prozent das Baugewerbe. Nur zu Anfang und Ende der Kolonie war das Transportgewerbe nachweisbar. Mit höchstens zwei Prozent darf sein Einfluss auf die Kolonie als marginal erachtet werden. Aus der Analyse der Potsdamer Kolonielisten geht weiterhin hervor, dass die Schwankung um 1800 auf die Aufnahme von Revolutionsflüchtlingen den Émigrés zurückzuführen ist, die im Zeitraum von 1796 bis 1803 in die französische Gerichtsbarkeit aufgenommen wurden.134 5. Die Berufsstruktur der Kolonien Frankfurt, Stettin und Potsdam im Vergleich Nirgends war der Einbruch im Textilgewerbe so mit Händen greifbar wie in der Stettiner Kolonie. Auch die Potsdamer Kolonie hatte er kräftig durchgeschüttelt, während er scheinbar spurlos an der Kolonie in Frankfurt vorüberging. Die Kolonie an der Odermündung gab sich in ihrer Berufsstruktur sehr differenziert und beherbergte auch so spezialisierte und seltene Professionen wie Strumpfwirkstuhlmacher, Zuckersieder und Schiffskonstrukteure. Das produzierende Gewerbe war über den gesamten untersuchten Zeitraum hinweg unvermindert stark in der Kolonie vorhanden und die Handwerker flüchteten sich nicht vermöge schlechter Auftragslage in einen Nebenerwerb wie den des Sprachmeisters, was für Potsdam der Fall war. Der Anteil von über 20 Prozent geistiger Berufe erstaunt in einer Universitätsstadt wie Frankfurt nicht. Denn in dieser Gruppe tummeln sich auch Studenten der Viadrina.135 Überraschend ist hingegen, dass in dieser Kolonie der Textilsektor nur eine nachgeordnete Rolle einnahm und kaum wahrnehmbar zur Jahrhundertmitte hin einbrach. Größeren Schwankungen waren vielmehr die Bereiche Handel und Nahrung unterworfen, die die Frankfurter Kolonie ebenfalls stärker prägten als die übrigen französischen Gemeinwesen. So war der Handel in Frankfurt nicht nur durchschnittlich doppelt so stark vertreten – was in einer Messestadt durchaus den Erwartungen ent134
Zu den Émigrés siehe Abschnitt E.III. Im letzten Jahrhundertdrittel waren zwischen 150 und 200 Studenten in der Frankfurter Viadrina eingeschrieben. Mit dieser Zahl an Immatrikulierten bewegte sich die Universität in Frankfurt damals im Mittelfeld deutscher Hochschulen. Unter ihnen befanden sich auch viele ausländische Studenten. Vgl. Straubel, S. 137. Auch die übrigen Universitätsangehörigen prägten die Stadt in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit. Ebd., S. 134 ff. 135
IV. Berufsstruktur
83
100% Sonstige 90% Transport
80%
Metall, Holz, Stein
70% 60%
Nahrung
50%
Leder
40%
Textil
30%
Handel
20%
Militär
10%
Geistige Berufe
0% 1700
1721
Abbildung 14: Berufsgruppen der Berliner Kolonie. Die Werte für 1700 wurden der Darstellung von Muret entnommen, die für 1721 der Rôle Général
spricht136 – im Vergleich zu Potsdam war die Gruppe der Händler weitaus differenzierter und bestand nicht nur aus Kleinhändlern, sondern auch aus Kaufleuten. Hinter der großen Gruppe der Nahrungsproduzenten verbergen sich vor allem Berufe rund ums Pfeifenkraut. Die Frankfurter Kolonie lebte im Wesentlichen vom Tabakhandel. Auch die Berliner Kolonie war anfänglich eine typische Gewerbekolonie, wo, wie in Stettin und sogar noch deutlicher als in Potsdam, der Textilsektor mit annähernd der Hälfte der Professionisten dominierte. Im Vergleich zu Potsdam war der Handel in der Berliner Kolonie weitaus ausgeprägter und blieb von 1700 bis 1721 in seiner Struktur im Wesentlichen unverändert. Damit konnte das produzierende Gewerbe der Berliner Kolonie seinen Absatz über Händler aus der Kolonie viel verlässlicher organisieren als dies in Potsdam möglich war. Die Berufsstruktur der Potsdamer Kolonie weist mehrere Besonderheiten auf. Auch hier kann ein deutlicher Rückgang des Textilsektors ausgemacht werden. Darüber hinaus lassen sich Verschiebungen ausmachen, die in keiner der beiden anderen Kolonien zu beobachten waren. Deutlich zu erken136 Laut Straubel bildeten die drei Messen für Frankfurt den Dreh- und Angelpunkt der Ökonomie. Im ausgehenden 18. Jahrhundert überflügelte jedoch die Stadt Leipzig diesen Messestandort endgültig. Ebd., S. 43 ff.
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
nen ist die Gruppe der Militärangehörigen, die ab 1732 in die Kolonie drängte, ein Prozess, den bereits Erman beschrieben hatte.137 Einerseits handelt es sich dabei um Königsgrenadiere, die mit ihrem Bataillon von Brandenburg nach Potsdam verlegt wurden, andererseits aber um officiers reformés, reformierte Offiziere, die aus dem aktiven Militärdienst ausgeschieden waren und nun in Potsdam ihren Lebensabend verbringen sollten. Anders als für die Kolonien in Stettin und Frankfurt wurden diese, eigentlich zur Militärgerichtsbarkeit gehörenden, Soldaten mitsamt ihren Familien in die Kolonieliste aufgenommen: Eine Art „Buchhaltertrick“, um die Potsdamer Kolonie und ihre Anwerbungserfolge größer erscheinen zu lassen. Nach 1740 wurden die Bataillone der Leibregimenter zu Gardetruppen umformiert.138 Damit änderte sich für die Königsgrenadiere auch ihr Garnisonsort. Viele reformierte Offiziere gingen nach 1740 zurück nach Berlin, von wo sie angeworben worden waren. Diese drei Faktoren: Tod, Wegzug nach Berlin und die Neuformierung der Leibregimenter erklären den abrupten Rückgang dieser Gruppe von 1738 hin zu 1745. In den Folgejahren verliert die Potsdamer Kolonie so ihr militärisches Gepräge fast völlig. Weiterhin auffällig ist die sprunghafte Zunahme an Nahrungsproduzenten in dieser Kolonie. Signifikant im Vergleich zu den beiden Kolonien an der Oder bleibt hingegen auch der exponentielle Anstieg der geistigen Berufe in der Potsdamer Kolonie nach 1745. Die Handwerker und Soldaten gingen – die Kopfarbeiter kamen. Durch den Rückgang der Kolonie stiegen relativ auch die Gruppen Metall und Handel. Der personelle Einbruch im Textilsektor, dem Schwerpunkt der gewerblichen Produktion, strahlte negativ auf die Entwicklung der gesamten Potsdamer Kolonie aus, während er in Stettin offensichtlich durch andere Berufsgruppen abgefangen werden konnte. Der Siebenjährige Krieg hatte nicht nur Auswirkungen auf die Entwicklung der Kolonien, er veränderte auch deren Berufsstruktur. Dies lässt sich für Potsdam und Stettin zeigen. Für Stettin äußert sich dies im Textilsektor, wo nach einem kontinuierlichen Rückgang dessen Anteil nach 1768 nur noch eine Marginalie war. In Potsdam ist es hingegen die Gruppe der geistigen Berufe, die um das Jahr 1760 deutlich an Einfluss gewinnt. Mit der für Potsdam abweichenden Handhabe bei der Inkorporierung der insgesamt 21 französischen Soldaten der Leibregimenter zuzüglich ihrer 137
Ursprünglich habe es sich bei den in Potsdam lebenden Hugenotten um Fabrikanten gehandelt. Die Zahl der in Potsdam ansässigen Hugenotten sei dann durch den Zuzug von reformierten Offizieren angewachsen, schreibt Erman 1796 in einem Bericht an das französische Generaldirektorium. Siehe das Eingangszitat von Abschnitt B.IV. 138 Vgl. zur Neuformierung der Regimenter durch Friedrich II. und dessen Auswirkungen auf die Stadt Potsdam Friedrich Mielke, Das Bürgerhaus in Potsdam (= Das deutsche Bürgerhaus; 15), Tübingen 1972, S. 112 ff.
V. Zusammenfassung
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Familienangehörigen ist auch der letzte Faktor benannt, der den Rückgang der Potsdamer Kolonie um das Jahr 1740 bewirkte. Somit herrscht über das Schicksal 38 weiterer Potsdamer Kolonisten Klarheit. Sie verließen nach 1739 die Potsdamer Kolonie, da sie in eine andere Garnison verlegt wurden.
V. Zusammenfassung: Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen Dass sich schon die ersten Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen keinesfalls spontan nach den Wünschen des Landesherrn und ohne sein Zutun etablierten, wird bereits am Edikt von Potsdam deutlich. Nicht an jedem der hierin zur Niederlassung empfohlenen Orte entstand eine Französische Kolonie. Neben Rathenow traf dies auf das ebenfalls dort angepriesene kurmärkische Städtchen Werben zu. Auf diese erste Gründungsphase Französischer Kolonien in Brandenburg-Preußen im Zuge der Aufhebung des Edikt von Nantes und der Vertreibung der Orangeois folgte nach 1720 eine zweite Phase, die sich von ihrer Vorgängerin dahingehend unterschied, nicht mehr vornehmlich Glaubensflüchtlinge als Adressaten zu haben, sondern bereits im europäischen Refuge niedergelassene französische Kolonisten. Ihnen sollten mittels bestätigter und erweiterter Privilegien für bestimmte Ansiedlungsorte bessere Niederlassungsbedingungen offeriert werden, als sie gegenwärtig genossen. Den Zeitpunkt für diese Offerte bestimmten die kaum zu befriedigende Nachfrage an Textilhandwerkern für die Montierung der Armee sowie die außenpolitische Beruhigung durch den Frieden von Stockholm, der zudem das brandenburgische Territorium mit den Städten Pasewalk und Stettin nach Norden hin arrondisierte. Dabei wurde der Gründung einer Französischen Kolonie in den Städten Potsdam und Stettin größeres Gewicht beigemessen als der ländlichen Kolonie Pasewalk, wo es lediglich darum ging, landlose uckermärkische Kolonisten von ihrem Weggang nach Dänemark abzuhalten. Potsdam als Sitz einer Französischen Kolonie war schon deshalb Teil der zweiten Gründungsphase, da Potsdam zu einem der neuen Manufakturstandorte ausgebaut werden sollte, auf dessen Schultern die Montierung der Armee ruhte. Stettin als wiedergewonnener Ostseezugang besaß vor allem wirtschaftlich-strategische Bedeutung, die es mit Hilfe der Französischen Kolonie zu festigen galt. Hier gelang auch als einzigem Standort der zweiten Gründungsphase die Etablierung einer Französischen Kolonie auf Anhieb. In Potsdam verebbte trotz anfänglicher Erfolge der Zustrom weiterer, für die Armeelieferungen angeworbener französischer Textilhandwerker, so dass erst mit zehnjähriger Verspätung die Gründung einer Französischen Kolonie in Potsdam vorangetrieben wurde. Wie die Reaktionen aus den diplomatischen Vertretungen Branden-
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
burg-Preußens nahelegten, hatten sich die Bedingungen für die Umsetzung eines solchen Projekts in der Zwischenzeit nicht unbedingt verbessert. Die Réfugiés waren bereits etabliert und nur durch Aufbietung hoher Summen in die brandenburg-preußischen Lande zu holen. Welchen Preis Friedrich Wilhelm I. daher für die Etablierung der einzelnen Kolonien der zweiten Gründungsphase zu zahlen bereit war, deckte der Abschnitt B.II. auf. Hier konnte auch geklärt werden, ob der fehlgeschlagenen Koloniegründung in Potsdam im Jahre 1721 fehlender Unterstützungswillen zugrunde lag und die Koloniegründung somit im ersten Anlauf am Geld scheiterte. Dabei zeigte sich, dass die Koloniegründung in Stettin keineswegs ein Selbstläufer war, sondern erst durch umfangreiche Hilfen in Gang kam. Erfuhren Kolonisten in Pasewalk nur im Einzelfall eine finanzielle Unterstützung, empfing ein Drittel der Stettiner Kolonie Zuwendungen in Form von Vorschüssen oder Präsenten, im Durchschnitt in Höhe von 128 Reichstalern. Im Vergleich dazu erhielten zur Niederlassung in Potsdam willige französische Fabrikanten zwar deutlich höhere Vorschüsse, doch war der Kreis der Begünstigten mit vier hier mehr als überschaubar. Da schon die für Stettin bewilligten Vorschüsse nicht aus den Französischen Kassen beglichen werden konnten, liegt nahe, dass der Aufbau der Potsdamer Kolonie nicht auf die gleiche Weise wie Stettin erfolgen konnte. Die Auswertung der Rechnungsbücher des Französischen Etats der Jahre 1730 bis 1749 ergab, dass bis zu einem Drittel der Potsdamer Kolonie durch Pensionen aus dem einst zur Versorgung und Besoldung der Réfugiés in Brandenburg-Preußen geschaffenen Haushalt unterstützt wurde. Bis zu 14 Prozent der Gesamtausgaben des Französischen Etats kamen so einem Prozent der französischen Kolonisten im Land zugute. Noch im Jahr 1746 gingen sechs Prozent des Französischen Etats nach Potsdam. Weder Friedrich Wilhelm I. noch Friedrich II. versagten der Potsdamer Kolonie eine bevorzugte Unterstützung. Nur liefen Aufbau und Erhalt der Potsdamer Kolonie anders als in Stettin im Wesentlichen über den Französischen Etat. Diesen plagte unter der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. aber lange ein kräftiges Ausgabendefizit, dass erst unmittelbar zur Gründung der Potsdamer Kolonie im Oktober 1731 ausgeglichen und sogar in einen leichten Kapitalüberschuss verwandelt werden konnte. Somit erklärt sich die verspätete Koloniegründung Potsdams aus dem enormen Finanzbedarf zum Aufbau einer Französischen Kolonie der zweiten Gründungsphase, der vorerst nur die Etablierung einer Kolonie, der Stettins, zuließ. Der Aufbau der Stettiner Kolonie ging nachweislich zu Lasten der Pasewalker Kolonie, die erst 1724, drei Jahre nach Stettin, entstand. Eine direkte Konkurrenzsituation von Stettin und Potsdam ließ sich hingegen nicht beobachten. Vielmehr hätte das für die Etablierung der Potsdamer Kolonie in den 1720er Jahren erforderliche Geld wie im Falle Stet-
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tins aus anderen als dafür vorgesehenen Kassen genommen werden müssen. Dieser doppelte Finanztransfer war dem landesherrlichen Finanzsystem nicht zuzumuten, so dass die Gründung der Potsdamer Kolonie erst dann in Angriff genommen wurde, als über den Französischen Etat wieder Pensionsgelder zur Unterstützung der Potsdamer Kolonie verfügbar waren. Dies warf die Frage auf, ob darüber hinaus der besondere Charakter der Förderung durch Pensionen genutzt werden sollte, die Kolonisten stärker an ihre Kolonie zu binden. Dafür sprach bereits, dass die ersten durch Vorschüsse angeworbenen französischen Textilfabrikanten die Stadt noch vor Gründung der Kolonie wieder verlassen hatten. Die Untersuchung der Entwicklung der Kolonien Potsdam, Stettin und Frankfurt brachte ans Licht, dass, auf die allgemeine Entwicklung der brandenburg-preußischen Kolonien bezogen, der Rückgang der Potsdamer wie auch der Frankfurter Kolonie für die zweite Hälfte des 18. Jahrhundert der Normalität entsprach, während sich Stettin als einzige Kolonie überdurchschnittlich gut entwickelte. Wie gerade der Vergleich mit Frankfurt hervorhob, war dieser Abwärtstrend in seiner Intensität zu erwarten. Die Potsdamer Kolonie vollzog in der zweiten Jahrhunderthälfte den Trend von Frankfurt lediglich auf leicht erhöhtem Niveau nach. Demgegenüber stach die Entwicklung der Potsdamer Kolonie der 1730er und 1740er Jahre umso deutlicher hervor. In diesen Phasen ihres rasanten Aufstiegs und rapiden Verfalls wich die Potsdamer Kolonie auch von der Gesamtentwicklung ab. Während vor allem die Berliner Kolonien wie auch die Französischen Kolonien insgesamt sich in den 1730er Jahren rapide verkleinerten, war dies das Dezennium eines sprunghaften Anstieges in Potsdam. Letztlich wurde somit das Einbrechen der Potsdamer Kolonie nur um zehn Jahre hinausgezögert. Auch die Frage nach der Bedeutung der existierenden Kolonien für die Neugründungen wurde in diesem Zusammenhang gestellt. Die Potsdamer Kolonie wies eine große Abhängigkeit von den Berliner Kolonien auf, die so für das residenzferne Stettin nicht bestand. Dabei erwies sich für die Gründung der Potsdamer Kolonie im Jahre 1731 die Nähe zu Berlin gerade als Vorteil. Von dort konnten leicht Kolonisten zur Niederlassung nach Potsdam geworben werden. Für Potsdam, wo bis 1731 Kolonielisten fehlen, wurde ein Verfahren vorgestellt, das es erlaubt, über die Zahl der vor Ort lebenden Réfugiésfamilien auf die Gesamtzahl der Réfugiés zu schließen. Dies ergab einen noch deutlicheren Anstieg im Vorfeld der Koloniegründung von etwa 24 Seelen vor 1723 über 51 im Jahr 1723 auf 153 im Jahr 1731. Im weiteren Verlauf der Abschnitte B.III. und B.IV. konnten Aufstieg und Verfall der Potsdamer Kolonie hinreichend erklärt werden: Um das
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B. Potsdam – eine Kolonie in Brandenburg-Preußen
Jahr 1740 verlor die Potsdamer Kolonie 230 Kolonisten. Das massive Auftreten von Sterbefällen zu dieser Zeit hatte eine Reduzierung um 42 Kolonisten zur Folge. Die Umstrukturierung der Armee kostete Potsdam weitere 38 Kolonisten. Die Zahl der ledigen Frauen und Witwen betrug 1739 zusammen mit ihren Haushaltsangehörigen 35 Personen, die zur fraglichen Zeit aus der Gerichtsbarkeit der Potsdamer Kolonie hätten ausscheiden können. Es bleiben wenigstens 115 Kolonisten, die die Stadt um das Jahr 1740 verlassen haben müssen, entweder in Richtung Berlin oder in eine andere Kolonie in Brandenburg-Preußen oder sogar ins Ausland. Damit gaben immerhin für die Hälfte aller fraglichen Kolonisten wirtschaftliche Motive den Ausschlag für ihre Abwanderung aus Potsdam. Wenige Jahre nach ihrer Gründung beherbergte die Potsdamer Kolonie in ihren Reihen nicht nur auffallend viele betagte Kolonisten, sondern verfügte bereits über ein deutliches Defizit an Mitdreißigjährigen. Der Rückgang der Kolonie zur Jahrhundertmitte ist damit zum Teil auch auf den demografischen Schatten zurückzuführen, den diese fehlenden Familienväter warfen. In ihrer demografischen Struktur wich die Potsdamer Kolonie in ihrem Entstehen somit deutlich von der gewachsenen Kolonie Frankfurt zum selben Zeitpunkt ab, die eine gleichmäßige Verteilung aller Altersgruppen aufwies. Dieser Befund wird durch die besondere Gründungssituation der Potsdamer Kolonie verständlich, als insbesondere officiers reformés gegen einen Zuschlag auf ihre Altersbezüge nach Potsdam geworben wurden. Die Berufsstruktur ließ schließlich erkennen, dass der Anstieg der Kolonisten nach 1796 auf die vorübergehende Aufnahme französischer Revolutionsflüchtlinge (Émigrés) zurückzuführen war. Innerhalb der Potsdamer Kolonie gab es verhältnismäßig wenig Handel. Ähnlich wie Stettin war die Potsdamer Kolonie in den Anfangsjahren vom Textilhandwerk geprägt. In beiden Städten kam es zur Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem rapiden Rückgang innerhalb dieser Berufsgruppe, der, wie die Entwicklung der Kolonien verdeutlicht, von Stettin besser verkraftet und durch andere Berufsgruppen kompensiert werden konnte als von Potsdam. Durch den Rückgang der Textilhandwerker stieg hingegen in der Potsdamer Kolonie der Anteil anderer Professionistengruppen. Besonders ausgeprägt war dies bei der Zunahme der geistigen Berufe zum Ende des 18. Jahrhunderts hin, mit deren Anteil die Potsdamer Kolonie mit der Kolonie der Universitätsstadt Frankfurt mithalten konnte. Zum Teil wechselten die Weber und Wirker gar ihr Metier und betätigten sich etwa als Sprachmeister. Damit büßte die Potsdamer Kolonie ihren Charakter als Gewerbekolonie fast vollständig ein. Der Vergleich mit Stettin legt die Vermutung nahe, dass der Rückgang in der Textilbranche auf veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um nicht zu sagen einer Absatzkrise auf diesem Sektor zurückzuführen ist. Diese Frage kann nur dann beantwortet werden, wenn zuvor der wirtschaft-
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lichen Verfasstheit der Stadt Potsdam Rechnung getragen wird. Auch den Einfluss von kriegerischen Ereignissen, wie er für die Kolonien im Bezug auf Entwicklung und Berufsstruktur nachgewiesen wurde, gilt es nachfolgend bei der Stadt Potsdam zu prüfen. Zwischen den Städten Berlin und Potsdam bestand hinsichtlich der französischen Kolonisten eine Konkurrenzsituation, die in den 1730er Jahren zugunsten von Potsdam, in den 1740er Jahren zugunsten der von Berlin ausfiel. Damit ist aber noch nicht geklärt, ob die Nähe Berlins sich, wie von Erman vermutet, hemmend auf die Entstehung einer Französischen Kolonie in Potsdam auswirkte. Ferner haben wir bereits den Textilsektor als den krisenanfälligsten Bereich der Potsdamer Kolonie und als ihre eigentliche wirtschaftliche Basis diagnostiziert. Um die ökonomischen Zusammenhänge sichtbar zu machen, steht nun die differenzierte Einordnung der Potsdamer Kolonie in ihr städtisches Umfeld an. Dabei können wir auf die methodischen Vorarbeiten dieses Kapitels zurückgreifen. Desweiteren wurde zwar bereits die Gründung der Potsdamer Kolonie nach Kassenlage als Erklärung für die verspätete Kolonie ins Feld geführt, ohne aber die bislang von der Forschung angebotenen Deutungen des fehlenden Wohnraums und der mangelnden wirtschaftlichen Basis widerlegen zu können. Auch blieb in diesem Zusammenhang die Frage nach der Bedeutung der Pensionen ungeklärt. Diesen Aufgaben widmet sich das Kapitel C.
C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam „Weil ich gehört habe, daß Ihro königl. Majestät denen Handwerkers Leuten, so sich in Potsdam besetzen wollen Häuser giebt, und auch geldt, sich damit in ordnung zu setzen, So bin ich nun nach Potsdam gewesen habe ich umb alles besehen und erkundiget und befinde es gar wohl dar beßer als hier“.1
Die Stadt Potsdam gilt es nun auf die gleiche Art zu skizzieren, wie es für seine Französische Kolonie bereits im vorangegangenen Kapitel geschehen ist. Dies schließt auch den Vergleich mit den zuvor besprochenen Städten, resp. Französischen Kolonien in Stettin, Frankfurt und Berlin mit ein. Das zweite Kapitel dient der Einordnung der Potsdamer Kolonie in ihr städtisches Umfeld, genauer: in ihre sozioökonomischen Rahmenbedingungen. Es fragt nach den Voraussetzungen für die Ansiedlung der Kolonisten dahingehend, ob, ähnlich wie in Berlin die Friedrichstadt, für die Ansiedlung der Hugenotten in Potsdam ein eigener Stadtteil errichtet wurde. In diesem Zusammenhang wird ferner geklärt, inwieweit die Anwerbung von Hugenotten auf den städtischen Bedarf abgestimmt war. Somit wird auch die Frage nach der verspäteten Koloniegründung neu gestellt. Eine Antwort hierauf kann nur im Kontext der Stadtentwicklung im 18. Jahrhundert gegeben werden. Im folgenden Abschnitt wird daher die Stadt- und Bevölkerungsentwicklung Potsdams vor dem Hintergrund des Ausbaus von Residenz und Garnison betrachtet. Er integriert dabei die Französische Kolonie in die barocken Stadterweiterungen der Potsdamer Residenz, um dann ihren Anteil am Bevölkerungswachstum auszuloten. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls die Herkunft der Potsdamer Einwohnerschaft geklärt und der Vergleich zur Entwicklung anderer märkischer oder vorpommerscher Städte gezogen. Der Abschnitt C.II. vertieft diese Analyse um die Berufs- und Sozialstruktur. Ausgehend von Straubels Untersuchung zur Potsdamer Wirtschaft Ende des 18. Jahrhunderts wird die ökonomische Entwicklung für das gesamte 18. Jahrhundert skizziert. Die Untersuchung lehnt sich hierbei an die Analyse der Berufsstruktur an, wie sie im ersten Kapitel für die Potsdamer Kolonie durchgeführt wurde. So wird die Französische Kolonie auch in ökonomischer Perspektive in die Stadtgeschichte eingeordnet und zwar ebenfalls über den von Straubel bearbeiteten Zeitraum hi1
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 1, fol. 63.
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
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naus. Auf Grundlage dieser Beobachtungen fokussiert der Abschnitt C.III. schließlich auf einzelne Migrantengruppen in Potsdam. Dabei wird zunächst der Frage ihrer Ansiedlung nachgegangen: Unter welchen Voraussetzungen kamen sie nach Potsdam und wie war ihre Lebenswelt beschaffen. Desweiteren gilt es, deren Verhältnis zu den französischen Kolonisten aufzudecken.
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert „Die Stadt Potsdam hat, wie viele andere jetzt große Städte, einen zu geringen Anfang gehabt, als daß man aus vorigen Zeiten eigentliche Nachrichten von ihrer Erbauung sollte verlangen können. Diese Erbauung und mehrere Ausdehnung ist auch bis auf das jetzige Jahrhundert so geringe und so langsam aufeinanderfolgend gewesen, daß sich bis auf die Zeiten Kurfürst Friedrich Wilhelm des Großen nur sehr wenig davon sagen läßt.“2
Als Kurfürst Friedrich Wilhelm Potsdam 1662 zu seiner Hauptresidenz erkor, war dieser Ort nicht mehr als ein unbedeutender Marktflecken. Wie bei anderen märkischen Städtchen auch, hatte der Dreißigjährige Krieg deutliche Spuren hinterlassen: Die Zahl der Einwohner war auf die Hälfte reduziert.3 Viele Häuser waren in den Jahrzehnten ihres Leerstandes verfallen. Nur allmählich konnten die wüsten Stellen wieder aufgebaut werden. Geld für Instandsetzungen oder zum Bau neuer Häuser fehlte oftmals, obgleich sowohl der Kurfürst als auch Friedrich I. dies mit Nachlässen auf die Akzise zu fördern versuchten.4 Gegen Ende der Regentschaft Friedrich I. hatte sich Potsdam wieder auf sein Vorkriegsniveau „aufgerappelt“ und der weitere Ausbau der Residenz schien bereits vorgezeichnet. Schon zu Lebzeiten des Kurfürsten Friedrich Wilhelm waren Alleen entstanden, die noch heute das Erscheinungsbild der Stadt prägen. Sie verbanden das Schloss an der Havel mit seiner nördlichen und westlichen Umgebung. Doch lange Zeit führten diese Straßen ins Nichts. Die Stadt belebte sich trotz der Anwesenheit des Hofes nur allmählich.5 2 Heinrich Ludewig Manger, Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung Friedrichs des Zweiten, Reprint der Originalausgabe 1789/90 in 3 Bänden, Leipzig 1987, Bd. 1, S. 1. 3 Für die kurmärkischen Städte konnte in den 1630er Jahren ein durchschnittlicher Bevölkerungsrückgang von 80 Prozent ermittelt werden. Für Berlin betrug er lediglich 40 Prozent. Vgl. Asche (2006), S. 37. 4 Als Beispiel sei hier der Akzisenachlass für Georg Moys in Höhe von rund 205 Reichstalern genannt, den sein Sohn Georg Friedrich im Jahre 1700 auf sich übertragen lassen will. GStA PK, X. HA Rep. 2 A Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer Potsdam, Nr. 1190, fol. 2 ff. 5 Mielke weist darauf hin, dass die Hofhaltung nur sehr gering gewesen sei und das Schloss nur zu wenigen Aufenthalten in der wärmeren Jahreszeit genutzt wurde.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Als Regierungsort blieb Potsdam in seiner Bedeutung hinter Berlin zurück. Auch die Sitzungen des Geheimen Rates, die der Kurfürst während seines Aufenthaltes an der Havel ins Potsdamer Schloss verlegte, änderten nichts an der Tatsache, dass die Administrative in Berlin konzentriert blieb.6 Diese Hierarchie der Residenzen Berlin und Potsdam sollte auch im 18. Jahrhundert prinzipiell beibehalten werden,7 sodass die Häufigkeit der Residenznutzung von Potsdam noch nichts über deren Funktion im Regierungshandeln aussagt. Außerdem war Potsdam unter Friedrich I. nur eine Residenz unter vielen.8 Erst als Potsdam mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm I. im Jahre 1713 zum Hauptaufenthaltsort avancierte, belebte es sich nachhaltig.9 Der Aufschwung wurde durch die neue Aufgabe Potsdams getragen, Garnisonstadt zu sein. Noch im selben Jahr bezogen die ersten Soldaten des Leibregiments in Potsdam Quartier. Nach und nach füllte sich die Garnison mit Bataillonen von Königsgrenadieren. Mielke sah den Zusammenhang mit der Wahl Potsdams als Garnisonsort in dessen unwegsamen Umland begründet, das effektiveren Schutz vor Desertion unter den Eliteeinheiten versprach.10 Allerdings konnte es die Gegend um BrandenZudem hätten sich die Bauten Friedrich I. auf das Schloss konzentriert. Nicht ganz unumstritten sei daher die Frage, ob unter seiner Regentschaft die Friedrichstadt begonnen wurde. Vgl. Mielke, S. 3. sowie Manger, S. 9. Zur Hofhaltung unter Friedrich Wilhelm vgl. Peter Bahl, Der Hof des Großen Kurfürsten. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preussischer Kulturbesitz, Beiheft 8), Köln, Weimar, Wien 2001, S. 130 f. Siehe zu den Potsdambezügen Friedrich I. auch: Wolfgang Neugebauer, Friedrich III./I., Herrschaftspraxis und europäische Politik, in: Königliche Visionen, S. 70–74, mit weiterführenden Literaturhinweisen. 6 Vgl. Wolfgang Neugebauer, Residenz – Verwaltung – Repräsentation. Das Berliner Schloß und seine historischen Funktionen vom 15. bis 20. Jahrhundert, Potsdam 1999, S. 26 ff. 7 Erst im 19. Jahrhundert begann sich die „Behördentopografie“ zu Gunsten Potsdams zu verlagern. 1809 gelangte zuerst die kurmärkische Regierung (die einstige kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer) an die Havel, 1817 die Oberrechnungskammer. In gewisser Weise emanzipierte sich die Verwaltung vom Hof, was Potsdam in Wirklichkeit zu einem „unbürokratischen Regierungssitz“ werden ließ. Vgl. Neugebauer (1993), S. 276 u. 286. Nach Straubel waren neben den Spitzen der Bürokratie auch Vertreter namhafter Adelsgeschlechter in Berlin ansässig, sodass diese Stadt zugleich als das geistig-kulturelle und wirtschaftliche Zentrum gelten kann. Vgl. Straubel, S. 87. Potsdam stand als Nebenresidenz im Schatten Berlins. Ebd., S. 220. 8 1712, gegen Ende der Regentschaft des ersten brandenburgischen Königs, gab es im Umland von Berlin neben Potsdam in 15 Orten „königliche Schlösser und Lusthäuser“. Vgl. Neugebauer (1999), S. 33. 9 Zur Wahl Potsdams als Residenz unter Friedrich Wilhelm I. siehe Detlef Kotsch, Holländerviertel und Bornstedter Feld. Die soziale Funktion von Bürgerquartier und Kaserne, in: Kroener, S. 309–322, hier S. 320, Anm. 13. Zur Residenznutzung Potsdams unter Friedrich Wilhelm I. siehe Neugebauer (1997). 10 Vgl. Mielke, S. 3.
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
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burg als angestammtem Hauptsitz der Garnison der Königsgrenadiere an Sumpf und Wasserläufen sicher mit Potsdam aufnehmen. Die Entscheidung für Potsdam scheint daher ökonomisch motiviert gewesen zu sein. Die Versorgung der Armee nahm absolute Priorität innerhalb der königlichen Interessen ein. Für Unterbringung, Verpflegung und Montierung der kostspielig angeworbenen Truppenteile konnte in einer Residenzstadt effektiver Sorge getragen werden. Darüberhinaus standen die Soldaten so unter permanenter Beobachtung ihres obersten Befehlshabers. In diesem Zusammenhang wird verständlich, warum zwei der wichtigsten Einrichtungen zur Ausrüstung der Armee in den am meisten frequentierten Residenzen des Landes etabliert wurden: in Berlin das Lagerhaus und in Potsdam die Gewehrfabrik, von der im Abschnitt C.II. noch die Rede sein wird.11 Desweiteren wirkte sich eine Garnison vorteilhaft auf den Zustand einer Stadt aus, weil die anwesenden Soldaten zusätzliche Konsumenten für das lokale Gewerbe bedeuteten.12 Wenn sich die Ansetzung von Regimentern zur wirtschaftlichen Belebung eines Ortes, in diesem Fall einer Residenz, empfahl, dann versprachen Eliteregimenter einen umso durchschlagenderen Erfolg, zumal die Leibregimenter ständig bei ihrer Garnison blieben.13 Ähnlich wurde, wie gesehen, auch bei der Gründung der Französischen Kolonie verfahren, als sich insbesondere die mit Abstand höchstbesoldetsten reformierten Offiziere in Potsdam zur Ruhe setzten. Warum mit den kaufkräftigsten Soldaten und Offizieren in Potsdam der Konsum gehoben werden sollte,14 lässt sich wiederum mit dem Peuplierungsvorhaben Friedrich Wilhelm I. überzeugend in Einklang bringen. Wenn für dieses Ziel neue Französische Kolonien etabliert wurden, obgleich die Zahl der Kolonisten im Lande insgesamt rückläufig war, so versprach der Ausbau der Nebenresidenz Potsdam die Schaffung eines weiteren Kristallisationskeimes für die Peuplierung des Landes.15 11 Vgl. Radtke, S. 44 f. Zum Berliner Lagerhaus siehe ausführlich den Aufsatz von Harald Reissig, Das Berliner Lagerhaus 1713–1816. Zum Einfluss von Regierung und Wirtschaft auf die Entwicklung einer altpreussischen Staatsmanufaktur, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, 29 (1980), S. 68–95. 12 Das heimische Gewerbe brauchte sich keinen Absatzmarkt zu suchen, es bekam „den großen Verbraucher vom König selbst ins Quartier gelegt.“ Mielke, S. 4. 13 Vgl. Neugebauer (1997), S. 245. Unter Friedrich Wilhelm I. blieben die Soldaten der Leibregimenter ständig vor Ort. Vgl. Mielke, S. 111. Darüber hinaus war zu späteren Zeiten das Offizierkorps in Potsdam stärker als in anderen Provinzialstädten. Vgl. Straubel, S. 95 f. 14 Zu dieser Einschätzung gelangt auch Kotsch, S. 313. 15 Der Stadt Potsdam kam zumindest unter Friedrich II. hinsichtlich der Gewerbeförderung der Rang eines Experimentierfeldes zu, wie Radtke die Charakterisierung Straubels von Potsdam als einem „Musterbeispiel merkantilistischer Gewerbeförderung“ zuspitzt. Vgl. Radtke, S. 67.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Um möglichst viele Soldaten mit ihren Familien in der Stadt aufnehmen zu können, mangelte es Potsdam vor allem an Häusern, denn die Bürger waren dazu verpflichtet, Soldaten unter ihrem Dach zu beherbergen. Diese Regelung war nicht nur kostengünstiger als die Einquartierung in Kasernen, sie versprach auch eine wechselseitige Kontrolle von Bürger und Soldat.16 Einzig die Unterbringung ganzer Soldatenfamilien wollte der König seinen Untertanen nicht zumuten. Die ersten Kasernen entstanden deshalb für beweibte Soldaten.17 Um den Ausbau der Garnison zu befördern, wurden neue Häuser errichtet und diese den Bürgern zur Nutzung übergeben. Da die Bürger nicht Eigentümer der Häuser waren, die sie bewohnten, konnte bei Bedarf Druck auf sie ausgeübt werden. Lagen Beschwerden der Garnison gegenüber einem Wirt vor, konnte der pflichtvergessene Bürger aus dem Haus gejagt werden.18 Diese Praxis sollte unter Friedrich II. eine große Welle von Schenkungsbriefen auslösen. Mit ihnen wollte der Monarch dem Widerstand seiner Untertanen begegnen, ihre Feuerkassengelder oder andere bürgerliche Lasten nicht zu zahlen, da sie sich nicht als Eigentümer des veranlagten Hauses begriffen.19 Bei der Einquartierung wurde anfänglich in folgenden Schritten vorgegangen: Waren die Bürger die ersten Jahre von Einquartierung frei, wurden ihnen im dritten Jahr zuerst zwei Mann, dann ab dem vierten Jahr vier Mann aufgebürdet.20 Bei Armut des Wirtes konnte von der Unterbringung von Soldaten abgesehen werden.21 16 Zum Thema Desertion vgl. Ulrich Bröckling/Michael Sikora (Hg.), Armeen und ihre Deserteure. Vernachlässigte Kapitel einer Militärgeschichte der Neuzeit, Göttingen 1998. 17 Unter Friedrich II. wurde der Kasernenbau forciert, so dass die Kasernierung in Potsdam für preußische Verhältnisse ein prozentual hohes Niveau erreichte. Vgl. Kotsch, S. 315. 18 Im Nachweis der Einwohner von 1738 heißt es zu insgesamt zehn Einwohnern: „Nachfolgende sind werth, daß sie aus ihren Häusern gejaget werden.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2242, fol. 3 f. Ob es nur bei dieser Drohung blieb, ist derzeit noch ungewiss. Zumindest ist 1741 für Friedrich II. im Fall des holländischen Händlers und französischen Kolonisten Marchand die Absicht belegt, bei einem Haus im Holländischen Viertel über die Köpfe der Bewohner hinweg zu verfügen und es dem Tabakfabrikanten Weissbach für seinen Tabakhandel zuzuweisen, der angeblich kein geeigneteres Objekt für seine Boutique finden konnte. Der Ausgang dieses Falles ist ebenfalls nicht überliefert. Vermutlich wurde von dieser Enteignung letztlich Abstand genommen, da dies andere Bewohner, die ebenfalls keine Besitzurkunde zu ihrem Haus besaßen, abgeschreckt haben dürfte, in den Erhalt ihrer Ususfruktus besessenen Immobilien zu investieren. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 9, passim. 19 Siehe hierzu den Abschnitt F.III.1. 20 Vgl. das Einquartierungsreglement von 1726. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461/1, fol. 1.
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Friedrich II. nahm 1743 wenig Rücksicht auf etwaige Einquartierungsbefreiungen. Als für ein weiteres Infanterieregiment in der Garnison zusätzliche Quartiere bereitgestellt werden mussten, wurde dafür auch das Holländische Viertel mit Einquartierung versehen.22 Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überwogen durch den wachsenden Garnisonsausbau die negativen Faktoren auf das Wirtschaftsleben der Stadt, die nicht allein in den Belastungen durch Einquartierung und Quartiergelder bestanden, sondern insbesondere im Fehlen von Soldaten als Arbeitskräfte und Konsumenten in Kriegszeiten.23 Die Stadterweiterung war demnach vor allem durch den Ausbau der Garnison initiiert. Für eine Vergrößerung der Stadtanlage stellte das sumpfige und sandige Umland lange Zeit ein unüberwindbares Hindernis dar, denn durch den heutigen Innenstadtbereich zieht sich von Südwesten nach Nordosten ein verlandeter Seitenarm der Havel. Das Bauen auf diesem Grund erforderte spezielle Kenntnisse. Friedrich Wilhelm I. warb deshalb gezielt Handwerker mit diesem Wissen an.24 Um Sumpf und Sand in brauchbares Bauland zu verwandeln, wurden mit Rammen Tausende von Eichenpfählen lotrecht in das Erdreich versenkt. So wurde das Fundament für die barocke Stadterweiterung bereitet, deren Bau während der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. zu einer Verzehnfachung von Häusern und Einwohnern führte.25 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten Vorstädte vor den Toren der durch die 1733 errichteten Akzisemauer in ihrer Ausdehnung festgelegten Residenz sowie ab 1751 die Kolonie Nowawes. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts gliederte sich die Stadt Potsdam wie folgt: Im Süden, am Havelufer, das Schloss und die es umgebende Altstadt. Dann die Stadterweiterung, welche in zwei Bauabschnitten nach Norden vorangetrieben wurde: in den 1720er Jahren die Karrees vom Stadtkanal als frühere 21 Der Einwohnernachweis von 1738 nennt zehn Personen, die „ihre Häuser wegen Armuth nicht bekräftigen“ können. 22 Vgl. ausführlich zur Einquartierung Kotsch, S. 314. Den im Holländischen Viertel wohnenden niederländischen Handwerkern war bei ihrer Niederlassung Einquartierungsfreiheit gewährt worden. Vgl. hierzu den Abschnitt C.III.1. 23 Besonders dramatisch spitzte sich diese Situation laut Radtke während des Siebenjährigen Krieges zu. Vgl. Radtke, S. 70. 24 Stellvertretend sei hier der aus Haarlem stammende Zimmermann Cornelius van den Bosch genannt, der um 1720 in Potsdam eintraf. Holländischen Bauhandwerkern wurde der Transport ihres Hausrates und Werkzeuges nach Potsdam bezahlt. Vgl. Königliche Visionen, S. 131 f. 25 Laut Historischem Ortslexikon betrug im Jahr 1713 die Zahl der Einwohner 1 500. 1740 waren es 11 708. Die Angehörigen der Garnison hinzugerechnet waren es 16 000. Siehe Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil 3: Havelland (= Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam; 11), bearbeitet von Lieselott Enders, Weimar 1972, S. 291–299.
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Begrenzung hin zur Pflugstraße26 und von dieser in den 1730ern schließlich weiter gen Norden. Für drei Gebiete der Stadterweiterung sind Eigennamen belegt: Friedrichstadt, Französisches Quartier, Holländisches Viertel.27 Auf zwei davon soll im Folgenden näher eingegangen werden. Eine herausgehobene Stellung in der Stadterweiterung nahm das Holländische Viertel im nordöstlichen Winkel der Stadt ein – in zweierlei Hinsicht: Zum einen bildeten diese roten, einem holländischen Stil nachempfundenen Backsteinhäuser eine architektonische Einheit, die sie von den umgebenden Fachwerkgebäuden abhob. Zudem waren diese von 1734 an gebauten Häuser unter Friedrich Wilhelm I. Siedlern aus den Niederlanden vorbehalten, für die eine eigene Kolonie entstehen sollte.28 Eine derartige Vergabe von Häusern lässt sich für einen weiteren der oben erwähnten Stadtteile nicht ausmachen, obwohl die Namensgebung eine analoge ethnische Zuweisung wie beim Holländischen Viertel nahelegt: das Frantzösche Quartier. Dieses Französische Quartier befand sich in der in den 1720er Jahren realisierten sogenannten ersten barocken Stadterweiterung nördlich des Stadtkanals zwischen Waisen- und Hoditzstraße.29 Irrtümlich verlegte die jüngere Stadtgeschichtsschreibung das Französische Quartier zweihundert Meter weiter nach Osten, indem sie seine Lage mit der der Friedrichstadt verwechselte.30 Auch seine Bedeutung für die Französische Kolonie wurde bislang überschätzt. Da die Bezeichnung Französisches Quartier suggeriert, dass dessen Häuser speziell für hugenottische Handwerker gebaut worden waren, die sich hier in großer Zahl niederlassen sollten. Ferner assoziiert diese Benennung, dass es analog zum Holländischen Viertel nur Franzosen vorbehalten war und, wie die Berliner Friedrichstadt, von einer relativ großen Zahl von ihnen auch tatsächlich bewohnt wurde. Während die erste Aussage nur eine Vermutung bleiben kann, lassen sich die beiden anderen Annahmen gar nicht erst belegen. Denn deutlich weniger Franzosen, als dies in der Literatur bislang verbreitet wurde, wohnten im Französischen 26
Heute: Charlottenstraße. Vgl. Arlt, S. 55. Diese Bezeichnungen tauchen im Einwohnerverzeichnis von 1724 auf sowie in einer Liste von 1726, die die Einpfarrung zwischen Heilig-Geist- und Garnisonkirche regelt. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240; Stadtarchiv Potsdam 1-4/6. Daneben existierten noch Bezeichnungen nach Stadtviertelkommissaren, wie etwa Bodenstadt, die aber an jeweils eine bestimmte Person und deren Funktion in der Verwaltung gebunden und daher nicht sehr langlebig waren. 28 Zur Gründung einer holländischen Kolonie in Potsdam siehe Stadtarchiv Potsdam 1-1/613, fol. 13. 29 Heute Dortu- und Wilhelm-Staab-Straße. Vgl. Arlt, S. 23. u. 71. 30 So etwa Schmelz, S. 100. 27
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
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Quartier.31 Hier gab es nur drei Hugenottenfamilien: Rollet, Pally und Dufais.32 (siehe Karte 1 im Anhang). Die Vermutung, die Namensgebung wäre der Hoffnung des Bauherren Friedrich Wilhelm I. geschuldet, es mögen sich in Potsdam möglichst schnell möglichst viele Hugenotten niederlassen, gewinnt durch das in Kapitel B. ausgeführte Gründungsszenario der Kolonien Stettin, Pasewalk und Potsdam an Gewicht. Der Bau des Französischen Quartiers und die ersten Anstrengungen, in Potsdam eine Französische Kolonie zu etablieren, fallen zeitlich zusammen.33 Da die etwa 48 Häuser des Französischen Quartiers eben nicht – wie später beim Holländischen Viertel – Kolonisten besonderer Herkunft vorbehalten waren, bildeten seine Bewohner einen Querschnitt der zu Zeiten ihrer Fertigstellung eintreffenden Zuwanderer, worunter – wie 31 Hier ist wieder vorrangig Schmelz zu nennen, der in seiner redlichen Absicht, gegen fremdenfeindliche Stimmungen der Wendezeit anzuschreiben, indem er den Potsdamern die Bedeutung von Ausländern für die Entwicklung ihrer Stadt vor Augen führen wollte, ein ums andere mal übers Ziel hinausschoss. So will Schmelz nicht weniger als 14 Hausbesitzer „wohl ziemlich sicher“ als hugenottische Bürger und obendrein als im Französischen Quartier wohnend identifiziert haben. Diese Zahl kommt nur zustande, wenn sämtliche französischen Hausbesitzer Potsdams gezählt, und willkürlich durch weitere Familien ergänzt werden. So entsteht der Eindruck, es habe im Französischen Quartier tatsächlich eine Dominanz französischer Kolonisten gegeben, die die Gleichsetzung mit der Französischen Kolonie erlaube. Ebd., S. 102. 32 Dies geht allein schon aus dem Verzeichnis der bis 1724 gebauten Häuser hervor, das auch Schmelz für seine Ausführungen heranzieht. Mit drei von etwa 48 „Hausbesitzern“ im Französischen Quartier, stellten die Réfugiés hier eine exklusive Minderheit. Da dies Verzeichnis nach Straßen angelegt ist und nicht nach Häuserblöcken, gelingt die Zuordnung zum Französischen Quartier nicht ganz eindeutig. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240, passim. Während sich die Familien der Brodeure Henry Rollet und Ellie Pally über das Jahr 1727 hinaus nicht mehr in Potsdam nachweisen lassen, zählt die Familie des Hutmachers Henry Dufais zu den Gründern der Französischen Kolonie. An Pally wurden noch 1727 Heereslieferungen vergeben. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 09.01.1727. Vgl. in Karte 1 die Nummern 4, 19 und 20 im Französischen Quartier. 33 Wenn auch in diesem Fall die Bestimmung dieser Häuser nicht zweifelsfrei geklärt ist, so bleibt zumindest unwiderlegbar, dass in Potsdam Häuser für Franzosen gebaut wurden. Dies geht neben den in Kapitel B. erwähnten Beispielen für die Niederlassung französischer Fabrikanten aus einem Eintrag im Buch des Zimmerergewerks hervor. Für den 03.10.1724 heißt es dort: „Es ist [. . .] dato vor offener Lade erschienen Hanns Georg Lölicke [Name unleserlich, S. K.] vor offener Lade das er an Frantzosen Hause arbeitet und kan kein Geld bekommen von seinen Meister Johan Michell Naumann.“ Ob es sich bei diesem Haus aber um eines aus dem Französischen Quartier oder eines der Fabrikenhäuser für einen Franzosen handelt, geht aus diesem Zusammenhang nicht hervor. Zeitlich gesehen ist beides möglich. Stadtarchiv Potsdam 1–3/1673, fol. 78.
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weiter unten gezeigt wird – die Hugenotten nur einen Anteil von wenigen Prozent ausmachten.34 Siedlungsschwerpunkte der Hugenotten bildeten sich hingegen erst in den 1730er Jahren heraus und lagen demzufolge in der sogenannten zweiten barocken Stadterweiterung. Es handelte sich dabei um das Karree 15 (Brandenburger und Junkerstraße zwischen Jäger- und Lindenstraße) und dessen Umgebung sowie die Karrees 7, 8, 10 und 11, letztere besser bekannt als das Holländische Viertel. In den 1730er Jahren verzeichnete die Französische Kolonie in Potsdam auch ihr größtes Wachstum.35 Die neu hinzukommenden Kolonisten zogen also in eines der Häuser, die soeben bezugsfertig geworden waren. (siehe Karte 2 im Anhang) Die Ansiedlung der Hugenotten in Potsdam hatte demnach mehr mit Zufälligkeiten gemein, als mit vorausschauender Planung, wie bei den holländischen Kolonisten. Wenn man in der gestreuten Niederlassung der Hugenotten dennoch ein Zentrum, ja die Kolonie schlechthin, verorten will, kommt hierfür das Holländische Viertel in Betracht. Nicht nur wegen einer Reihe französisch stämmiger Bewohner, sondern vor allem wegen den Einrichtungen der Kolonie, die sich hier nach und nach etablierten: Französisches Gericht, Französische Schule, die beiden Predigerhäuser und in Sichtweite schließlich die Französische Kirche.36 Ausgangs des 18. Jahrhunderts beginnt sich das Zentrum der Französischen Kolonie in die Nähe des Schlosses zu verlagern. (siehe Karte 3 im Anhang) Nachdem der Ausbau der Stadt Potsdam skizziert ist, wollen wir uns nun seinen Bewohnern zuwenden, die dieses Wachstum trugen. Dabei soll ergründet werden, wer die neuen Einwohner der Havelresidenz waren und woher sie kamen. 1. Die Bevölkerungsentwicklung der Stadt Potsdam im 18. Jahrhundert War die Havelresidenz mit 1 500 Einwohnern im Jahre 1713 bislang noch bescheiden in ihrer Ausdehnung gewesen,37 beherbergte sie 1740 34
Vgl. Abbildung 15. Von 1731 bis 1739 vergrößerte sich die Französische Kolonie von 153 auf 577 Kolonisten. Vgl. Abschnitt B.III.3. 36 1791 erhielt die Französische Gemeinde zwei Häuser im Holländischen Viertel. Vgl. Abschnitt D.I.2. 37 Radtke gibt für dieses Jahr 4 000 Einwohner an, jedoch ohne dies mit einem Quellenvermerk zu belegen. Auch die Militärbevölkerung benennt er für 1740 mit 9 000 Personen abweichend von den hier berücksichtigten Zahlen aus dem Historischen Ortslexikon. Siehe Radtke, S. 69. 35
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
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bereits 11 708 Einwohner. Die unter der Militärgerichtsbarkeit stehenden Soldaten und ihre Familien hinzugerechnet, waren es rund 16 000 Personen. Dieses Wachstum schwächte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts allein deshalb ab, weil sich nun der Zuzug von Kolonisten und Neubürgern in die Residenz auf die sie umgebenden Vorstädte inklusive Nowawes mit verteilte.38 Bis 1780 wuchs die Stadt stetig auf knapp 20 000 Einwohner an.39 Danach kehrte sich diese Entwicklung um. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten gut 18 000 Zivilpersonen in Potsdam. Mitsamt den Militärangehörigen umfasste die Bevölkerung damals 27 000 Einwohner.40 Über das 18. Jahrhundert hinweg lag das durchschnittliche Wachstum der Stadt Potsdam bei 14 Prozent jährlich. Die Stadt Berlin brachte es im gleichen Zeitraum auf eine jährliche Zuwachsrate von nur drei Prozent. Allein im Jahr 1736 gelangten 87 Familien nach Potsdam, insgesamt 338 Köpffe. Hinzu kam noch die „brandenb. anhero gekommene Grenadier Compagnie“.41 Bereits 1713 stellten die Militärpersonen ein Viertel der Gesamtbevölkerung in Potsdam. Von 1743 bis 1800 lag der Anteil der der Militärgerichtsbarkeit unterstellten Personen an der Gesamtbevölkerung durchgängig bei etwa einem Drittel, während er zeitgleich in Berlin von einem Fünftel auf ein Siebtel absank.42 Die Stadt Frankfurt wuchs hingegen im 38
So gab es 1802 in Nowawes bereits 208 und in den übrigen Vorstädten zusammen 227 Hausbesitzer. Vgl. Straubel, S. 169. In Potsdam gab es zur selben Zeit (1790) etwa 1 966 Häuser, worin aber auch die Kasernenbauten enthalten sind. Vgl. Historisches Ortslexikon, Teil 3: Havelland, S. 291–299. 39 Mit den Vorstädten und Nowawes betrug die Einwohnerzahl Potsdams 1785 rund 28 000. Vgl. Bernhard R. Kroener, Bellona und Caritas. Das königlich-Potsdamsche Große Militär-Waisenhaus. Lebensbedingungen der Militärbevölkerung in Preußen im 18. Jahrhundert, in: Ders., S. 231–252, hier S. 236. Radtke gibt hingegen für 1774 als Größe der Zivilbevölkerung für die Stadt Potsdam 11 135 an. Vgl. Radtke, S. 73. 40 Historisches Ortslexikon, Teil 3: Havelland, S. 291–299. Die Angaben zur Bevölkerung Potsdams in diesem Absatz decken sich mit denen von Bratring und wurden offensichtlich hieraus entnommen. Vgl. Bratring, S. 79. 41 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2241, fol. 2. 42 In Potsdam umfasste die Garnison 1713 556 Militärpersonen, 1743 bereits 6 013. Im Jahr 1800 waren es 8 869. Vgl. Mielke, S. 125; Bratring, S. 79. Damit war die Stadt in Friedenszeiten unter dem „Philosophen von Sanssouci“ viel stärker vom Militär geprägt als unter dem als „Soldatenkönig“ titulierten Friedrich Wilhelm I. In Berlin gab es 1747 21 484 Militärpersonen und 1800 25 222. Vgl. Bregulla, S. 473 ff., der hier verfälschend nur von Soldaten spricht, obwohl in diesen Zahlen die Familienangehörigen mit enthalten sind. Anders als Straubel behauptet, beherbergte demnach nicht Potsdam die größte Garnison in der zweiten Jahrhunderthälfte, sondern Berlin. Vgl. Straubel, S. 95. Anders hingegen Neugebauer, der zu folgendem Ergebnis gelangt: „Mag damit der prozentuale Anteil der Militärbevölkerung einschließlich der Angehörigen verheirateter Soldaten wohl in Potsdam über
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Zeitraum von 1736 bis 1801 nur um insgesamt zehn Prozent. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts machte die Garnisonsbevölkerung knapp ein Sechstel der Einwohnerschaft aus.43 Dass Potsdam mit seiner, gemessen an der Gesamtbevölkerung, relativ großen Garnison nicht allein dastand, zeigt der Vergleich mit Stettin. 1805 beherbergte die Stadt an der Odermündung rund 19 000 dem Magistrat unterstellte Einwohner und schätzungsweise 7 500 Militärpersonen.44 Die Gesamtbevölkerung und der Anteil der Garnison stimmen in etwa mit den zur selben Zeit in Potsdam gefundenen Zahlen überein. Mit einem jährlichen Wachstum von nur einem Prozent im Jahr lag Stettin hinter Potsdam und auch Berlin zurück. Der Anteil der Französischen Kolonie an der Gesamtbevölkerung in Berlin bewegte sich zwischen 19 Prozent (im Jahr 1700) und zwei Prozent ausgangs des 18. Jahrhunderts. Bereits 1747 brachte es die Französische Kolonie nur noch auf einen Anteil von sieben Prozent.45 Während jene Population im Schwinden war, nahm die Gesamtbevölkerung Berlins ständig zu. Die in Potsdam lebenden Hugenotten kamen selbst in der Blütezeit der Französischen Kolonie nie über einen Anteil von vier Prozent an der Gesamtbevölkerung hinaus und schrumpften nach 1739 in ihrem Bestand bis auf 0,3 Prozent ausgangs des 18. Jahrhunderts. Ähnlich bescheiden nahm sich der Anteil der französischen Kolonisten an der Einwohnerschaft der Städte an der Oder aus. In Stettin sehen wir sie maximal bei einem Anteil von etwa fünf Prozent – bezogen auf die Zivilbevölkerung. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts stellte die Stettiner Kolonie drei Prozent der Gesamtbevölkerung.46 Der Anteil der Frankfurter Kolonie an der Zivilbevölkerung betrug maximal drei Prozent (1736) und lag zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei gut einem halben Prozent an der Gesamtbevölkerung.47 Damit verlief auch auf den Anteil der Gesamtbevölkerung bezogen die Entwicklung der Potsdamer Kolonie zu Frankfurt deckungsgleich. Mit 4 – bzw. der Quote von Berlin gelegen haben, so war doch dessen Position als hauptsächlichster Garnisonsort nie ernsthaft bedroht.“ Neugebauer (1997), S. 244 f. 43 Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil 7: Lebus (= Veröffentlichungen des Brandenburgischen Landeshauptarchivs; 18), bearb. von Peter P. Rohrlach, Weimar 1983, S. 97 ff. sowie Bratring, S. 283. 44 Vgl. Piskorski/Wachowiak/Włodarczyk, S. 91. 1740 waren es 12 740 Zivileinwohner und 4–5 000 Personen der Militärbevölkerung. Vgl. Kurt Hintze, Die Arbeiterfrage zu Beginn des modernen Kapitalismus in Brandenburg-Preußen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin; 9), Neudruck, Berlin 1963, S. 171. Auch Neugebauer hebt die Bedeutung Stettins als Garnisonstadt hervor. Vgl. Neugebauer (1997), S. 245. 45 Vgl. Bregulla, S. 473 ff. 46 Vgl. neben Piskorski, u. a., S. 91 David, S. 72. 47 GstA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 17, Vol. I, II; Vgl. Bratring, S. 283.
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
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4,8 – Prozent, bezogen auf die Zivilbevölkerung, bewegte sich ihr maximaler Bevölkerungsanteil zwischen dem der Stettiner und dem der Frankfurter Kolonie. Aus den Zahlen geht hervor, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerungszunahme in Potsdam auf den Ausbau der Garnison zurückzuführen ist. Bei gut der Hälfte der zur Garnison gerechneten Personen handelte es sich um Soldatenfrauen und Kinder. Ein weiteres Quantum am Bevölkerungswachstum machte die Niederlassung von Kolonisten aus, woran auch französische Kolonisten ihren Anteil hatten, was nun herausgearbeitet werden soll. Das Wachstum der Stadt Potsdam unter Friedrich Wilhelm I. förderten spezielle Patente – adressiert an Untertanen und Kolonisten.48 Das übliche Abzugs- oder Loßkauffs-Geld brauchten Landeskinder für ihre Niederlassung in Potsdam nicht zu zahlen. Auch erhielten sie eine anfängliche Befreiung von sämtlichen bürgerlichen Lasten und hatten lediglich die Akzise zu entrichten.49 Insbesondere der Zuzug diverser Textilarbeiter aus fremden Landen wurde in Potsdam und andernorts befördert. Neben dreijähriger Akzisefreiheit erhielten sie sogar sechs Jahre Exemption von den bürgerlichen Lasten, waren frei von militärischer Werbung und erhielten Holz zum Hausbau gestellt.50 Nicht immer konnten sich für die Niederlassung in Aussicht gestellte Vergünstigungen an der Realität messen lassen. Davon berichtet folgendes Gesuch des französischen Kolonisten André Boullgon aus dem Jahr 1737: „Weil ich gehört habe, daß Ihro königl. Majestät denen Handwerkers Leuten, so sich in Potsdam besetzen wollen Häuser giebt, und auch geldt, sich damit in ordnung zu setzen, So bin ich nun nach Potsdam gewesen habe ich umb alles besehen und erkundiget und befinde es gar wohl dar beßer als hier [Berlin, Friedrichstadt, Anmerkung S. K.], und arbeit vor meine Stühle habe ich auch gefunden, bin auch bey den herrn Capitain Pohlens gewesen und umb ein Hauß an gehaldten, welcher mich zum Krieges Rath geschickt da ich mich habe auf zeichnen laßen, daß ich Eins vor dem Häusern, welche dieses Früh-Jahr gebaut werden antretten werde, und habe mich unterdeßen dar ein Logement gemiethet, So bin ich nun bey dem Herrn Hoff Rath Dalantzen gewesen umb zu fragen, wo man daß geldt bekommen thäte welches Ihro königl. Majestät den Leuten gebe, da er mich zur antwordt gegeben, daß ich mich deßhalb müße bey Euer Excellentz den Herrn Geheimdten Rath Kochheus melden, bitte derohalben unterthänigst an Euer Ex48 „Diejenigen Handwerker und Manufacturiers, die sich an diesem Orthe [gemeint ist Potsdam, S. K.] ansetzen wollen, haben bey seiner königl. Majesät sich immediate zu melden, und von derselben besondere Gnade und Hülfe zu erwarten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 286, 20.11.1721. 49 Mielke, S. 124 f. 50 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 825, passim.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
cellentz mich gnädigst zu halten, daß ich wie andere Leute Empfangen 50 Reichsthaler erhaldten möchte“.51
Doch weder der Hofrat Dalençon noch Geheimrat Cocceji konnten Boullgon helfen, da besagte Gelder bereits ausgegeben waren. Als im Jahr 1732 die Potsdamer Kolonie um 119 Personen wuchs, befanden sich darunter 24 männliche Familienvorstände. Für dasselbe Jahr verzeichneten die Bürgerlisten der Stadt einen Zuzug von 29 Bürgern aus dem Ausland und 64 aus Brandenburg-Preußen.52 Im Jahr 1737 gab es 31 ausländische und 40 inländische Bürger mehr in Potsdam. Die Französische Kolonie verbuchte einen Zuwachs von 13 männlichen chefs de famille. Im Zeitraum von 1732 bis 1741 kamen laut Bürgerlisten insgesamt 259 ausländische und 333 Bürger aus Brandenburg-Preußen nach Potsdam, aber nur 130 Stadtkinder erhielten gleichzeitig das Bürgerrecht. Die Französische Kolonie, die in diesen Listen noch unberücksichtigt blieb, steuerte zum effektiven Wachstum der Stadt zeitgleich etwa 165 männliche Familienhäupter bei.53 In den 1730er Jahren hatte die Französische Kolonie also mit 19 Prozent einen signifikanten Einfluss auf das Wachstum der Stadt Potsdam. Überhaupt fußte die Verdopplung der Einwohnerschaft in diesem Zeitraum im Wesentlichen auf Migration sowohl von Kolonisten aus dem Ausland als auch von Zuzug aus dem Inland. Mit 38 Prozent kam ein gutes Drittel der Potsdamer Neubürger in diesem Zeitraum aus dem eigenen Land. Mit 48 Prozent war der Anteil der Ausländer am Städtewachstum dreimal so groß wie das natürliche Wachstum.54 51 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 1, fol. 93. 52 Für die Stadt Potsdam haben sich Bürgerlisten im Zeitraum von 1732 bis 1767 erhalten. Stadtarchiv Potsdam 1-1/21. Für einzelne Jahrgänge sind sogar namentliche Listen der Neubürger überliefert, etwa für 1743, 1752 und 1753. Über Familienund sonstige Haushaltsangehörige wird in diesem Zusammenhang nichts ausgesagt. 53 Dieser Einschätzung liegt die Kolonieliste für Potsdam von 1739 zugrunde. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 48, Nr. 318 f. Es lässt sich leider nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die französischen Kolonisten in die Bürgerlisten aufgenommen wurden. Für 1737 war dies offenbar noch nicht der Fall, denn die Bürgerliste vermerkt für 1737 keinerlei Abgänge, wie jedoch aus der Kolonieliste von 1737 hervorgeht, verließen im selben Jahr vier Familien die Kolonie und trug die Französische Gemeinde gleich drei chefs de famille zu Grabe. 1752 taucht in den Bürgerlisten erstmals ein französischer Kolonist auf. Die Kriterien für die Erstellung der Bürgerlisten haben sich also im Laufe des 18. Jahrhunderts gewandelt. Wahrscheinlich hängt die Einbeziehung französischer Kolonisten in die Bürgerlisten des Magistrats mit dem 1751 neu organisierten und durch den Französischen Kolonierichter erweiterten Polizeidirektorium des Magistrats zusammen. 54 Schmelz will sogar wissen, dass etwa die Hälfte von ihnen aus außerdeutschen Ländern Europas stammte, verschweigt aber leider, worauf sich diese Erkenntnis
I. Der Ausbau der Residenzstadt Potsdam im 18. Jahrhundert
103 700
16.000 Häuser 14.000
Einwohner
12.000
Französische Kolonie
600 500
10.000 400 8.000 300 6.000 200
4.000
100
2.000 0
0 1623
1648
1713
1722
1730
1737
1738
1740
1772
Abbildung 15: Die Entwicklung der Stadt Potsdam und ihrer Französischen Kolonie 1623–1772. Für die als Linie dargestellte Französische Kolonie ist die rechte Sekundärachse maßgeblich
Aus welchen Teilen Brandenburg-Preußens die Neubürger stammten und welche Sogwirkung der Ausbau der Potsdamer Residenz auf das Umland ausüben konnte, verdeutlichen neben Bürgerlisten die Bücher Potsdamer Gewerke. Für die Tuchmacher ist 1753 die Herkunft der einzelnen Meister belegt. Zehn kurmärkische Orte tauchen auf, zwei aus dem übrigen Brandenburg-Preußen, aus dem Alten Reich vier und aus dem übrigen Europa liegen zwei Herkunftsnachweise vor.55 In den Bürgerlisten betrug 1753 das Verhältnis von ausländischen zu inländischen und städtischen Neubürgern 4:2:1. Sechs der inländischen Neubürger kamen aus Berlin, zwei aus Wittstock und Halle und je einer aus Brandenburg, Burg, Magdeburg, Frankfurt und Treuenbrietzen. Damit wird auch ersichtlich, dass von allen kurmärkischen Städten Berlin zu dieser Zeit den Löwenanteil am Wachstum Potsdams stellte. Herkunftsländer jenseits des Alten Reichs waren die Schweiz, Österreich, Italien, Polen und Dänemark. Diese Liste ist jedoch eine Ausnahme, denn in der Regel überwogen unter den Neubürgern die aus den brandenburgischen Landen. 1743 waren es ihrer 24 und nur 16 ausländische Bürger, die nach Potsdam kamen. Von den Landeskindern stammten vier aus Berlin, drei aus Werder sowie zwei aus Brandenburg. Während Berlin hier noch deutlich seltener als Herkunftsort genannt wurde, waren die übrigründet. Vgl. Schmelz, S. 100. Immerhin beträgt der Anteil der Hugenotten am Zustrom von Kolonisten nach den hier angestellten Berechnungen 39 Prozent. 55 Stadtarchiv Potsdam 1-12/186, fol. 46 f.
104
C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
gen kurmärkischen Städte viel häufiger vertreten als dies zehn Jahre später der Fall war. Insbesondere trifft dies auf Orte im Steuerrat Potsdam zu, wie das benachbarte Werder oder Teltow sowie Saarmund. Die angesprochene Sogwirkung Potsdams auf sein Umland entfaltete sich also vor allem in der ersten Jahrhunderthälfte. Sie kann teilweise auf die Folgen des ersten Schlesischen Krieges zurückgeführt werden, der 1743 zu Ende gegangen war.56 Zudem schwächte sich der Zuzug von Kolonisten während der Schlesischen Kriege deutlich ab. Von 1740 bis 1747 wurden lediglich 36 Kolonistenfamilien angesetzt, im Zeitraum von 1751 bis 1765 sogar nur 30.57 Das entspricht etwa einem Viertel der Immigration der 1730er Jahre. Seit den 1760er Jahren begann sich der ohnehin schwach ausgeprägte Zuzug von Kolonisten noch weiter, auf höchstens ein bis drei Familien im Jahr, zu verringern, um erst nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges wieder an Fahrt aufzunehmen.58 Von 1763 bis 1768 wurden in Potsdam 39 Kolonistenfamilien angesetzt. Bis zum Ende der Regentschaft Friedrich II. kamen noch einmal 86 weitere Familien hinzu.59 Auf Potsdam bezogen offenbart sich ein Paradigmenwechsel bei Friedrich II., der die Ansetzung von Kolonisten als „Konjunkturprogramm“ zugunsten einer auf Eroberungen ausgerichteten Außenpolitik aufgab.60 56 Zu dieser Einschätzung gelangt Radtke, demzufolge die Kleinstädte in der Umgebung von Potsdam stärker von den Auswirkungen der Schlesischen Kriege betroffen waren als die von königlichen Subventionen großzügig bedachte Nebenresidenz. Insbesondere das nach 1745 wieder aufgenommene Bauprogramm war hierfür ursächlich. Vgl. Radtke, S. 69. Auch die Wirtschaftskrise der 1760er Jahre sollte dank der massiven Gewerbeförderung auf Potsdam weniger schwer lasten als auf anderen märkischen Provinzialstädten. Vgl. Straubel, S. 17. 57 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 235/7, passim. Hingegen scheint die von Radtke herangezogene Auflistung von 21 in Potsdam für den Zeitraum von 1740 bis 1767 etablierten Kolonisten nur diejenigen aufzuführen, die „von S. königl. Mayestät Häuser geschencket bekommen.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 223, fol. 9; Radtke, S. 74, der als Quelle hierfür die Akte Nr. 234 im gleichen Bestand nennt. Auch eine andere Akte widerlegt die Angaben von Radtke. 1767 sind 56 Kolonisten erfasst, die um einen Akzisenachlass bitten. BLHA, Pr. Br. Rep. 2S, Nr. 6464, fol. 11. Damit fällt der Rückgang bei den angesetzten Kolonisten weniger dramatisch aus als von Radtke geschildert. Der dritte Schlesische Krieg (1756–1763) läuft in der Forschung meist unter dem Namen Siebenjähriger Krieg. 58 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 233. Hierbei sind auch die in Nowawes angesetzten Kolonisten berücksichtigt. 59 Max Beheim-Schwarzbach, Hohenzollernsche Colonisationen. Ein Beitrag zu der Geschichte des preußischen Staates und der Colonisation des östlichen Deutschlands, Leipzig 1874, S. 586 f. 60 Vgl. Radtke, der sich selbst widerspricht, wenn er auf S. 52 zum Problem „der geringen Zahl von kapitalkräftigen und innovativen preußischen Staatsbürgern“ konstatiert: „Als Ausweg aus diesem Dilemma [. . .] sah der König in Fortsetzung der
II. Die Berufs- und Sozialstruktur Potsdams im 18. Jahrhundert
105
Festzuhalten bleibt, dass trotz der allgemeinen Peuplierung des Landes die Zuwachsraten für Potsdam über denen vergleichbarer märkischer Städte lagen, ja sogar Berlin überflügelten. Dies gilt insbesondere für die 1730er Jahre. Das überproportionale Wachstum speiste sich nicht nur aus dem Ausbau der Garnison, auch Kolonisten hatten hieran ihren Anteil. Unter ihnen vor allem die aus dem Alten Reich, während Schweizer, Franzosen und Italiener vergleichsweise wenig beteiligt waren. Die Französische Kolonie trug nur in den 1730er Jahren signifikant zum Wachstum Potsdams bei. Bedenkt man ferner, dass die Potsdamer Bürger Kantonsfreiheit genossen und die Soldaten daher aus den übrigen Teilen Brandenburg-Preußens sowie dem Ausland kamen, gibt sich die Population der Havelresidenz für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgesprochen heterogen. Der starke Zuzug von Professionisten aus dem Umland lässt auf eine prosperierende Wirtschaft in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts schließen. Weiterhin hatte Berlin nachweislichen Einfluss auf das Bevölkerungswachstum in der Havelresidenz. Diese Beobachtungen wollen wir zunächst an der Berufs- und Sozialstruktur der Stadt Potsdam überprüfen und vertiefen.
II. Die Berufs- und Sozialstruktur Potsdams im 18. Jahrhundert „Was die Manifac. betrift sollen sie dahin arbeitten das alle Manufacturen und Handwerk das noch nit in Landen ist solche Leutte komen zu lahßen als exempell gra. wie die Potsdam gewehr Manifactur.“61
Straubel zufolge begünstigte die Lage an der Havel die wirtschaftliche Entwicklung Potsdams im 18. Jahrhundert.62 Die sandigen Böden im Umkreis waren jedoch für die Landwirtschaft hinderlich. Dies betraf auch InnoPolitik Friedrich Wilhelms I. seine Aufgabe in der systematischen Ansiedlung von Kolonisten.“ Um sich dann aber auf S. 74 über die überraschend geringe Zahl der im Zeitraum 1740 bis 1767 in Potsdam angesetzten Kolonisten zu wundern. Diese Kontradiktion begeht Radtke, weil er die Fortsetzung der Kolonisation unter Friedrich II. mit dessen Gewerbeförderung im Bereich der Serikultur gleichsetzt und damit Ursache und Wirkung verwechselt. Er verkennt hierbei, dass die Träger des Seidenbaus, zu denen die seit 1740 in rascher Folge publizierten Edikte sprechen, bereits etablierte Kolonisten, wenn nicht sogar Landeskinder waren, die Intensivierung des Seidenbaus also keinesfalls als Beleg für eine Weiterführung der Kolonistenpolitik Friedrich Wilhelm I. gelten kann. Vgl. zur Serikultur den Abschnitt D.IV. Zumindest für Potsdam verliefen die Versuche, jeden Einwohner und Nowaweser Kolonisten zu „Maulbeerbaumpatenschaften“ anzuhalten, kläglich. 61 Instruktion für das Generaldirektorium, Dezember 1722, Nr. 12, zitiert nach Radtke, S. 41. 62 Allerdings fehlten Zoll- und Stapelrechte, um aus der Flussnähe im wahrsten Wortsinne Kapital schlagen zu können. Straubel, S. 16.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
vationen wie den Seidenbau.63 Wenn auch der Fischfang vielen Einwohnern Nahrung versprach, so bleibt doch fraglich, inwieweit die Stadt aus der Flussnähe tatsächlich Nutzen ziehen konnte. Wirtschaftstopografisch fallen weiterhin die Nähe zu der alten Residenzstadt Brandenburg und zu Berlin als Verwaltungszentrum auf. Anhand der Potsdamer Kolonie wurde bereits die Abhängigkeit von Berlin nachgewiesen, doch inwieweit stellt dieser Faktor eine Hypothek dar, die die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Stadt belastete? Der älteste überlieferte Bericht über den Zustand der Stadt Potsdam fiel wenig verheißungsvoll aus.64 1718 waren kaum Fabriken oder Manufakturen vorhanden, nur die sonst üblichen Professionen wie Tuch- oder Damastmacher, Garn- und Leinweber, Klein- und Grobschmiede, Schuster, Gerber und dergleichen. Als 1717 im Steuerbezirk angefragt wurde, welche Städte für die Montierung der Regimenter in Frage kämen, waren insgesamt 123 Tuchmacher ansässig. Die Hälfte davon war in Beeskow angesiedelt, ein Viertel im benachbarten Storkow. In Potsdam zählte die Inspektion lediglich sechs Tuchmacher. Damit wurde die Havelresidenz nur noch von Köpenick mit zwei Tuchmachern unterboten.65 Kurze Zeit später profitierten die Potsdamer Handwerker nachweislich von der Arbeit für die Garnison, wie etwa die Schneider, von denen es 1719 hieß, es „stehen selbige noch diese und wohl künftige Woche in gantz bressenter königlicher Arbeit vor hiesiges Bataillon“.66 Erste Anzeichen dieses Strukturwandels gehen bereits aus den Berichten des Potsdamer Steuerrates über den Zustand des Handwerks in den Städten seiner Inspektion hervor. Insbesondere auf die Entwicklung der Wollarbeiter richtete sich im Verlauf des 18. Jahrhunderts das Augenmerk.67 Den Stand des Potsdamer Textilgewerbes verdeutlicht dabei ein Vergleich mit Storkow. Die 21 Storkower Meister produzierten 1718 nur ungefähr ein Zehntel dessen, was ihre 13 Potsdamer Zunftgenossen herstellten.68 Die Pro63 Siehe beispielsweise den Bericht des Potsdamer Magistrats von 1740 zum Seidenbau oder dessen frühere Kommentare in dieser Sache. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 909. Vgl. auch den Abschnitt D.IV. 64 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 826, 07.02.1718. 65 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 825, 20.03.1717. 66 Dies geht aus den Maßnahmen hervor, die zum Schutz der einheimischen Wolle ergriffen wurden. So waren auch die Händler und Schneider angehalten, eidesstattlich zu versichern, keine ausländische Wolle zu verarbeiten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 826, 19.04.1719. 67 Dem Wollgewerbe wurde eine Aufmerksamkeit zuteil, wie sonst nur dem Seidengewerbe. Laut Radtke sei der Grund darin zu suchen, dass es sich bei Wolle um den einzigen in ausreichender Menge verfügbaren einheimischen Rohstoff für die Textilerzeugung handelte. Vgl. Radtke, S. 274. 68 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 826, Wollarbeiter-Tabelle von 1717/1718.
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duktivität der Potsdamer Meister überstieg also um ein Vielfaches das kleinstädtische Gewerbe. Dies deutet darauf hin, dass die Potsdamer Wollweber zu dieser Zeit weit über den lokalen Bedarf hinaus produzierten, mithin also bereits stark in die Montierung der Armee integriert sein mussten. Garnisonstädte mit der Montierung einzelner Regimenter zu beauftragen, deckte sich mit der Sorge um die Versorgung der Soldaten. Denn waren die Einwohner aufgrund einer prosperierenden Wirtschaft und stetiger Nachfrage wohlhabend, so konnten sie auch die Einquartierungslasten leichter erdulden. Um den Handwerkern in der Havelresidenz ein Auskommen zu sichern, wurden daher Lieferaufträge für die Armee vom Berliner Lagerhaus nach Potsdam vergeben. Die Posamentierer in Potsdam beanspruchten etwa das Monopol für die Belieferung der Armee mit Halsbinden, wollenen und seidenen Bändern sowie „die zu denen Chabraquen benöthigte Camelhaarne treßen“.69 1742 wurden 26 Regimenter mit Tuche oder Boy70 aus Potsdam beliefert.71 Viele Potsdamer Professionisten bewarben sich um Aufträge für die Armee, obwohl deren garantierte Festpreise nicht nur lukrativ, sondern zugleich auch risikobehaftet waren, da die Wollpreise zeitweilig in die Höhe schnellen konnten.72 Nicht immer konnten Vorschüsse gewährt werden, um den Tuchmachern dennoch den Ankauf von Wolle zu ermöglichen. Weil sie keinen Verleger fanden, supplizierten die Damastund Garnweber 1746 für einen Vorschuss von 1 000 Reichstalern, um die Lieferung für das von Massowsche Regiment erfüllen zu können.73 Die Heereslieferungen mehrten also vor allem die Abhängigkeit der Textilhandwerker. In Krisenzeiten waren sie umso mehr auf behördliche Intervention angewiesen, da Händler fehlten, um in Teuerungsjahren den Ankauf von Rohmaterialien zu übernehmen. Die Verflechtung der Potsdamer Wirtschaft mit der Garnison lässt sich am anschaulichsten anhand der Wollarbeitertabellen ablesen. Ein Plus an verarbeiteter Wolle wird hier durchgängig mit „mehrer Liefferungen an 69
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 09.01.1727. Zu den einzelnen Qualitäten von Wollgeweben vgl. die „Königliche Preußische Tuch- und Zeugmacher auch Schauordnung . . .“ vom 30.01.1723. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 829, fol. 5 ff. 71 Treue (1987), S. 205. 72 Als Beispiel hierfür sei die Klage der Tuchmacher wegen Abnahme ihrer Nahrung erwähnt, die sie 1770 gegenüber dem Magistrat erhoben. Die Wollpreise seien gestiegen und ihre Arbeit bestünde hauptsächlich in der Fertigung von Mondierungstüchern, für die ein Fixpreis gelte. Stadtarchiv Potsdam 1-6/5. 73 In diesem Fall erhielten sie eine Zulage, die über eine Fabrikensteuer finanziert wurde. Stadtarchiv Potsdam 1-3/227, fol. 2 f. Doch konnten die Textilgewerke nicht immer auf Hilfe vertrauen. Vgl. Straubel, S. 96 f., der hier von einer Klage des Tuchmachergewerks wegen zu hoher Wollpreise 1788/89 berichtet, der mit dem Entzug der Lieferkontrakte endete. 70
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Regimenter“ begründet.74 Ein Minus folgerichtig „wegen weniger gehabter Liefferung an Regimenter“. Doch sahen die Wollarbeiter in dieser Abhängigkeit von Regimentslieferungen scheinbar kein Problem. Im Gegenteil forderten die Strumpfmacher sogar, „daß ihnen noch mehrere Regimenter assigniret werden mögen“. Besonders ausgeprägt gestaltete sich die Abhängigkeit von der Garnison bei den Tuchmachern, die die Regimenter mit Stoffen belieferten, „wovon dieselben eintzig, und allein ihren Unterhalt haben.“ Als 1743 die Aufträge zurückgingen, sollten die Lehrjungen der Wollarbeiter zur Abwendung der Bettelei zum Spinnen angehalten werden.75 Die Akten künden aber auch vom Versuch der Meister, gemeinsam der durch zurückgehende Aufträge bei gestiegenen Wollpreisen angespannten wirtschaftlichen Lage zu begegnen. Wo Gesellen abgewandert waren, kamen sich die Meister beim Wirken gegenseitig zu Hilfe oder nahmen vermehrt Lehrjungen an.76 Die Anwesenheit von Soldaten versprach aber auch einer Reihe von Handwerkern zusätzliche Verdienstmöglichkeiten, sei es im Haupt- oder Nebenerwerb als Gastwirte,77 Bier- und Branntweinschenker sowie Brauer. Daneben waren Militärpersonen auch selbst gewerblich tätig und traten den Zünften vor Ort entweder als Konkurrenten oder Zulieferer gegenüber. Die meisten Soldaten der Potsdamer Garnison hatten bis zu zehn Monate dienstfrei und erhielten für diese Zeit keinen Sold,78 waren also auf einen Nebenerwerb angewiesen. Soldaten oder deren Familienangehörige verdingten sich etwa als Gesellen oder Tagelöhner, gingen dem Spinnen nach, stellten Bier- oder Branntwein her oder betrieben einen Viktualienhandel.79 Damit brachte die Garnison von vornherein ein „unzünftiges Element“ in die Stadt mit, was die Monopolstellung der Gewerke weiter aufweichte und sich sehr gut mit Friedrich Wilhelm I. Zunftpolitik vertrug.80 Weiterhin prägte Potsdams Funktion als Residenz das Wirtschaftsleben der Stadt nachhaltig. Gleichwohl waren Adlige und höhere Beamte, wie 74 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 663, Tabelle 1741/42 u. 1736–41. Hierauf beziehen sich auch die folgenden Zitate. 75 So jedenfalls der Vorschlag des Kriegsrats Marçonnay. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 664. 76 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 660/1, Wolltabelle 1748. 77 Von diesen gab es 1805 in Potsdam mit über 400 auffallend viel. Vgl. Straubel, S. 95. 78 Vgl. Kotsch, S. 313. 79 Straubel, S. 98 ff. 80 Siehe Radtke, S. 63. Friedrich Wilhelm I. galten die Ansetzung von Kolonisten und die Erhöhung des behördlichen Zugriffs auf die Innungen über die Generalprivilegien als weitere Instrumente, die Position der Zünfte zu schwächen. Vgl. den Abschnitt B.I.
II. Die Berufs- und Sozialstruktur Potsdams im 18. Jahrhundert
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unter Friedrich II. die Kabinettsräte Lombard, Mencken und Coulon, hier kaum vertreten.81 Dementsprechend setzte sich in Potsdam der Hofstaat überwiegend aus Domestiken zusammen. So verzeichnete die Hofstaatstabelle von 1779 787 Seelen. Ein Drittel hiervon empfing seinen Sold direkt aus der Hofstaatskasse, bei den übrigen handelte es sich um Familienangehörige, Gesellen, Lehrjungen, Knechte oder Mägde.82 Dennoch war der Einfluss des Hofes für die Entwicklung des städtischen Gewerbes enorm. Selbst Zeitgenossen blieb die Bedeutung der königlichen Bauten in Potsdam für den Wohlstand seiner Bewohner nicht verborgen: „Indem ein ansehnlicher und der gröste Theil von denen Künstlern und Gewercken sich davon ernähren, welche sonst in der Stadt selbst in jetziger Anzahl unmöglich bestehen könnten“, beschrieb der Steuerrat Richter 1769 die Abhängigkeit der Potsdamer Bauhandwerker von königlichen Aufträgen.83 Wie das königliche Bauprogramm der Gewerbeförderung zuarbeitete, zeigt beispielsweise eine Aufstellung der 1755 am Kanal gebauten sieben dreistöckigen Fabrikenhäuser. Errichtet wurden eine Fabrik für Elfenbein, Nähnadeln, Cattundruck, Seidenstrümpfe, Bleiweiß und Hüte sowie eine Färberei.84 Nach dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelm II. durchlief das Potsdamer Baugewerbe eine Krise, in der das Volumen der Aufträge auf ein Drittel zurückging und die Materialpreise um 500 Prozent anstiegen.85 Maurer, Zimmerleute, Steinmetze, Tischler, Schlosser, Schmiede, selbst Bäcker und Gärtner dürften von der intensiven Bautätigkeit bis 1786 am meisten profitiert haben. Denn genau sie waren es, die nach dem spürbaren Rückgang bis zur völligen Einstellung des Bauens in Folge der Invasion französischer Truppen im Herbst 1806 über den Verfall ihrer Nahrung Beschwerde führten.86 Straubel schätzt, dass Ende des 18. Jahrhunderts bis zu 25 Prozent der Professionisten direkt mit dem Hof verbunden waren. Nimmt man noch die Heeresaufträge hinzu, so orientierte sich jeder zweite bis dritte Potsdamer Handwerker auf die Obrigkeit.87 81
Da die Kabinettssekretäre spätestens seit Friedrich II. in Potsdam wohnten und in ihren Wohnungen die überwiegende Kabinettsarbeit geleistet wurde, kann diese Stadt als Sitz des preußischen Kabinetts gelten. Vgl. Neugebauer (1993), S. 282. Unter Friedrich Wilhelm I blieben Adel und hohe Amtsträger in Berlin. Vgl. Neugebauer (1997), S. 254. 82 Straubel, S. 87. 83 Bericht des Steuerrates Richter aus dem Jahr 1769, zitiert nach Straubel, S. 17. Errichtet wurden aber nicht nur Repräsentationsgebäude, sondern auch Bürgerhäuser, „Casernen“ und Manufakturgebäude. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3318, fol. 7 f. 84 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3318, fol. 7 f. 85 Straubel, S. 89. 86 Ebd., S. 17. Ausführlich zur Französischen Besatzungszeit siehe den Abschnitt G.III.3.
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Insbesondere die Bauhandwerker gelangten durch königliche Aufträge zu ansehnlichem Vermögen und Grundbesitz, das dem der Kaufleute vergleichbar war. Dabei halfen ihnen nicht zuletzt Nebentätigkeiten wie das Brauereihandwerk, um ihren Verdienstausfall während der Wintermonate zu kompensieren.88 Da das Braugewerbe an Grundbesitz gekoppelt war, konnten außer den Bauhandwerkern vor allem Bäcker diese Nebentätigkeit ausüben. Als Doppelverdiener zählten bierbrauende Bauhandwerker und Bäcker neben den Kaufleuten zu den bestsituiertesten Professionisten.89 Aber auch vom Bierausschank ließ sich in der Residenz- und Garnisonstadt Potsdam leben. Jeder dritte der hier engagierten Maurergesellen, Schneider, Tuchmacher, Schlosser, Knopfmacher, die ihren ursprünglichen Beruf aufgegeben hatten, betrieb nebenher noch einen Viktualienhandel.90 Allgemein lässt sich mit Straubel sagen, dass die Anwesenheit von Hof und Garnison für eine Reihe von Gewerken sogar überdurchschnittliche Verdienstmöglichkeiten schuf.91 Dies galt insbesondere für Bäcker und Gastwirte, Schmiede, Gerber und Schuhmacher sowie Schlosser und Bauhandwerker. Müller hingegen gehörten in Potsdam nur in Ausnahmefällen zu den besonders wohlhabenden Bürgern.92 Ein überdurchschnittlich hohes Einkommen erhielten auch die Prediger, wobei ein beachtlicher Unterschied zwischen den einzelnen Gemeinden der Stadt bestand.93 Wenig unterschieden sich hingegen die Glaser von ihren Zunftgenossen in anderen Provinzialstädten. Unter den Textilhandwerkern hatten ausgangs des 18. Jahrhunderts mit durchschnittlich 122 Reichstalern nicht die Seidenwirker den höchsten Jahresverdienst, sondern die Strumpfwirker mit 222 Reichstalern.94 Hingegen übte Potsdam anscheinend nur eine geringe Anziehung auf vermögende Adelige aus, so dass die Kaufleute in ihrer Gesamtheit weitaus besser situiert waren als Vertreter des ersten Standes.95 87
Straubel, S. 88 f. So blieb auch ein Großteil der Manufakturwaren am Ort und versorgte Garnison und Hof oder fand sich in Privathäusern wieder. Ebd., S. 36. 88 Ebd., S. 119 f. 89 Ebd., S. 110. 90 Ebd., S. 99. 91 Dies belegen Erbrezesse Potsdamer und Frankfurter Handwerker. Vgl. Ebd., S. 125 ff. 92 Ebd., S. 186. 93 Mit 1 205 Reichstalern war der Hofprediger Eylert Ende des 18. Jahrhunderts beinahe fünfmal so hoch besoldet wie der Prediger der katholischen Gemeinde mit 250 Reichstalern. Ebd., S. 155. 94 Ebd., S. 39. 95 1808 lebten 75 Adlige in Potsdam, deren durchschnittliches Jahreseinkommen mit 376 Reichstalern weit hinter dem der Kaufleute, Brauer oder Bäcker zurückblieb. Ebd., S. 160. Da es sich bei zwei Dritteln von ihnen um Offiziere handelt, muss die Präsenz des Adels in Potsdam in der ersten Jahrhunderthälfte geringer aus-
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Wie sich Hof und Garnison über den Untersuchungszeitraum hinweg im Einzelnen auf die städtische Wirtschaft auswirkten und sich hierin die Französische Kolonie einfügte, soll nun dargestellt werden. Dazu wird die Entwicklung der Berufsstruktur der Stadt Potsdam im 18. Jahrhundert anhand von drei Stichproben für die Jahre 1724, 1751 und 1805 skizziert.96 Zu erwarten wäre zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Dominanz des Textilgewerbes durch die neuerliche Einbeziehung der Stadt Potsdam in die Montierung der Armee sowie eine starke Präsenz von Nahrungsproduzenten, die von der ständigen Anwesenheit der Leibregimenter profitierten. Beide Gewerbezweige sollten sich durch die Neuformierung der Leibregimenter und der Abwesenheit der Garnison während der Schlesischen Kriege in der letzten Stichprobe deutlich verringern. Gleiches ist für das Bauhandwerk zu erwarten, das durch die Segmente Holz und Stein abgebildet wird. Auch sollte diese Untersuchung belegen, auf welche Gewerbezweige sich die Sogwirkung Potsdams auf sein Umland erstreckte. Vergleicht man die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Potsdam über das 18. Jahrhundert hinweg, so erreichte der Textilzweig zur Jahrhundertmitte mit 38 Prozent seine größte Ausdehnung. Hatte er 1724 ein Drittel unter den Berufsgruppen ausgemacht, sank er bis 1805 auf ein Viertel ab. Hingegen vermehrte sich der Anteil der geistigen Berufe von etwa fünf Prozent zur Jahrhundertmitte auf annähernd zehn Prozent zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Was hingegen der Stadt gerade zu Beginn des 18. Jahrhunderts fehlte, waren Händler.97 Sie machten 1724 weniger als ein Prozent unter den Professionen aus, um dann 1750 bei etwa zehn Prozent zu liegen. In der letzten Stichprobe lag ihr Anteil mit acht Prozent leicht darunter. gefallen sein, denn der Zuzug adliger Offiziere wurde erst durch Friedrich II. intensiv gefördert. 96 Bei den Quellen handelt es sich um ein Einwohnerverzeichnis sowie um zwei Einwohner- und Berufstabellen, die für etliche Jahrgänge der zweiten Jahrhunderthälfte vorliegen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240; Nr. 190; Nr. 190/40. 97 So waren mit Tuche handelnde Kaufleute oder Gewandschneider nicht vor Ort, wie im Zuge des Verbots ausländischer Wolle bekannt wird. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 826, 19.04.1719. In dieser Übersicht zählen nicht allein die Kaufleute zu den Händlern, sondern auch Kleinhändler wie Höker und Materialisten (im Anhang auch als Gewürzkrämer bezeichnet). Höker durften in kleinen Mengen Heringe, Butter, Käse, Speck und Schmalz, gewäßerten Stock- und Berger- oder Klipp-Fisch, Schollen, Seife, Kerzen, Eier, Fleisch, Hirse, Linsen, allerlei Grütze, Gersten-Graupen, Rüben, Erbsen, Getreide, Hanfkörner, allerhand Gartenwerk, Obst, einfachen Korn Branntwein, Besen und Holz verkaufen. Um wie die Materialisten mit Spezereien wie Tee, Kaffee, Rauch- und Schnupftabak Handel zu treiben, bedurfte es einer besonderen Erlaubnis. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. a, Nr. 1, Vol. I, fol. 173.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
100 %
unklare Berufsbezeichnung Sonstige
90 % 80 %
Transport
70 %
Holz
60 %
Holz und Stein
50 %
Metall
40 %
Nahrung
30 %
Leder
20 %
Textil
10 %
Händler Geistige Berufe
0% 1724
1751
1805
Abbildung 16: Berufsgruppen in Potsdam 1724, 1751 und 1805
Auch das Transportgewerbe war anfänglich so gut wie nicht vorhanden. Es bildete sich Mitte des 18. Jahrhunderts heraus und erreichte zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen Anteil von zehn Prozent. Die lederverarbeitenden Berufe gingen hingegen von anfänglichen gut zehn Prozent auf etwa drei Prozent zurück. Auch der Bereich Nahrung trat sukzessive zurück von 28 auf zuletzt 20 Prozent, bildete aber dennoch nach den Textilberufen die zweitgrößte Gruppe an Professionisten. Einen ähnlichen Verlauf wie die Leder verarbeitenden weisen auch die Metall verarbeitenden Berufe auf. So stellten sie 1724 noch 14 Prozent, um dann bis 1805 fast auf die Hälfte dieses Wertes zurückzugehen. Eine deutliche Zunahme zur Jahrhundertmitte lässt sich bei den Bauhandwerkern beobachten. Sie machten hier fast zwölf Prozent der Professionisten aus. Damit hatte sich ihr Anteil im Vergleich zu 1724 verdoppelt, ging aber bis 1805 wieder um einige Prozent zurück. Die Bereiche Handel, Textil- und Bauhandwerk verzeichneten einen Zuwachs zur Jahrhundertmitte. Dies würde dafür sprechen, dass die Zuzügler aus dem Potsdamer Umland sich entweder im Textil- oder im Bauhandwerk in Potsdam betätigten, während Berliner Bürger eher für den Anstieg bei den Händlern verantwortlich waren. Der Rückgang der königlichen Bauaufträge im ausgehenden 18. Jahrhundert spiegelt sich im Rückgang der Segmente Holz und Stein in der letzten Stichprobe wider, jedoch weniger deutlich, als die Klagen über ausbleibende Bauaufträge vermuten ließen. Der Rückgang im Bausektor wird daher durch den Einbruch des Textilsektors und bei der Nahrungsproduktion verschleiert. Auch die geschwundene Bedeutung der Armee wird in der Berufsstruktur nachvollziehbar, wenn auch später als erwartet. So wurden die Auswirkungen auf den Nahrungs- und Textilsektor erst in der letzten Stichprobe sichtbar, obwohl sich die Nach-
II. Die Berufs- und Sozialstruktur Potsdams im 18. Jahrhundert
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frage in diesen Segmenten schon mit Ausbruch der Schlesischen Kriege verschlechtert hatte. Nur zögernd scheinen sich daher die Professionisten an den veränderten Absatz und Konsum angepasst zu haben. Den Rückgang der Wollarbeiter bedingte ferner die gestiegene Produktivität der Textilfabriken. Die Zunahme an geistigen Berufen zu Beginn des 19. Jahrhunderts spricht neben dem Ausbau Potsdams als Verwaltungssitz für die Verdrängung von Textilhandwerkern und Nahrungsproduzenten aus ihren angestammten Berufen, die in dieser Sparte neue Verdienstmöglichkeiten suchten. In diesem Zusammenhang verweist der deutliche Zuwachs im Transportgewerbe zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf eine Verarmung der Bevölkerung, die sich in diese unspezialisierten Berufe flüchtete. Wenn Straubel bereits für das 18. Jahrhundert Potsdam als unterentwickelten Handelsplatz charakterisiert,98 so muss angesichts dieser Wirtschaftsdaten seine Aussage in noch größerem Maße für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts gelten. In diesem Zusammenhang erscheint bedeutsam, wie die Handwerker, die nicht für den lokalen Markt oder die Armee produzierten, ihren Absatz organisierten. Für die Französische Kolonie ist dieser Umstand besonders gravierend, da ihr in den Abschnitten B.IV.4. und B.IV.5. herausgearbeiteter Mangel an Händlern nicht von dem städtischen Markt kompensiert werden konnte. Für den Vergleich der Wirtschaftsstrukturen von Stadt und Französischer Kolonie ergibt sich weiterhin, dass das Baugewerbe und die Nahrungsproduzenten in der Kolonie weitaus schwächer vertreten waren. Letztere reichten nur in den Anfangsjahren der Kolonie an die Bedeutung heran, die dieses Segment für die gesamte Stadt einnahm, während das Baugewerbe nur zur Mitte der 18. Jahrhunderts in der Kolonie vertreten war. Die deutlichsten Abweichungen ergeben sich hingegen bei den Textilhandwerkern und den geistigen Berufen. Wenn auch die Textilbranche in Stadt und Kolonie zu Beginn des 18. Jahrhunderts und zur Wende zum 19. Jahrhundert annähernd gleichstark vertreten ist, so kann die Stadt eine leichte Zunahme dieses Sektors zur Jahrhundertmitte verzeichnen, während dieser Gewerbezweig in der Kolonie von einem Drittel auf ein Zehntel deutlich einbrach. Spielten geistige Berufe in der Berufsstruktur der Stadt in der ersten Stichprobe nur eine untergeordnete Rolle, wuchs diese Berufsgruppe bis zur letzten Stichprobe auf acht Prozent an, einen Wert, den die Kolonie bereits mit ihrer Gründung erreichte. Annähernd den gleichen Anteil, den der Textilsektor und die Nahrungsproduzenten in der städtischen Wirtschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausmachten, füllten die geistigen Berufe in der Französischen Kolonie aus. 98 Nach Straubel war Potsdam bis zur Jahrhundertwende kein überregionaler Handelsplatz. Siehe Straubel, S. 202.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Zwar gestatten die Stichproben zur Berufsstruktur der Stadt Potsdam nicht, darin einen Niederschlag von politischen Ereignissen in dem Maße zu finden, wie dies für die Kolonie möglich war. Dennoch können anhand von Klagen einzelner Gewerke negative Auswirkungen auf die Wirtschaftskraft der Stadt ausgemacht werden. Hier sind vor allem die nachlassende Bautätigkeit unter Friedrich Wilhelm II. und die Folgen der französischen Invasion zu nennen. Aber auch die Abwesenheit der Garnison als Verbraucher belastete ihre Zuliefergewerke. Waren die Schlesischen Kriege noch weitgehend durch die Gewerbeförderung kompensiert worden, klagten 1795 die Lohgerber über einen Auftragseinbruch seit Beginn des Koalitionskrieges 1792.99 Auf die Stadt bezogen befand sich seit 1724 das produzierende Gewerbe quantitativ kontinuierlich auf dem Rückzug. Die großen Sprünge in den Berufsgruppen zwischen 1724 und 1751 könnten auf das Wachstum der Stadt und die Ansiedlung von Großbetrieben zurückführbar sein, die das Verhältnis der einzelnen Gewerbezweige zueinander kurzfristig durcheinander brachten. Um diese Frage zu beantworten soll nun, nach der Entwicklung der Gewerbezweige, auch deren Organisation betrachtet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Verhältnis zwischen Handwerksbetrieben und großgewerblichen Manufakturen100 und dessen sozialen Folgen. Im 18. Jahrhundert bestimmten Manufakturen neuen Typs das Gewerbe in Brandenburg-Preußen. Vom seit dem Mittelalter bekannten Verlagssystem unterschieden sich die neuen Manufakturen hinsichtlich ihrer Größe, Arbeitsteilung und Kapitalausstattung.101 Die erste und lange Zeit einzige großgewerbliche Produktionsstätte in Potsdam bestand mit der 1722 etablierten Gewehrmanufaktur der Berliner Bankiers Splittgerber und Daum. Sie trug im Kern bereits alle Charakteristika der Potsdamer Gewerbeför99 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. b, Nr. 16, ohne Paginierung. Die Kriegserklärung Frankreichs gegen den Verbündeten Österreich beantwortete Preußen mit einer Invasion im Spätsommer 1792. Im September siegten die französischen Revolutionstruppen bei Valmy über die preußisch-österreichische Streitmacht. 100 Im 18. Jahrhundert wurden die Begriffe Fabrik und Manufaktur weitgehend synonym verwendet. Es gab keine trennscharfe Definition dieser beiden Termini. Nach damaligem Sprachgebrauch schied man lediglich Metall verarbeitende Werkstätten und als modern angesehene Betriebszweige von den übrigen Einrichtungen und belegte sie mit dem Begriff „Fabrik“. Dabei lehnte man sich dem französischen Sprachverständnis an, und auch die Schreibung Fabrique ließ die Herkunft aus dem Französischen erkennen. Siehe den Artikel Fabrik, Fabrikant, in: Otto Brunner/Werner Conze/Reinhart Kosselleck, Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. 7 Bde. Stuttgart 1982, Bd. 2, 1975, S. 229–252. 101 Vgl. Radtke, S. 81.
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derung in sich.102 Erstens ging es, wie die eingangs zitierte Anweisung für das Generaldirektorium aus der Feder Friedrich Wilhelm I. vermerkt, um die Anlegung „noch nit in Landen“ befindlicher Manufakturen. Zweitens engagierten sich in Potsdam zumeist Berliner Unternehmer und errichteten hier eine Filialgründung. Drittens ist an der Potsdamer Gewehrfabrik idealtypisch die Initiierung einer neuen Fabrikation mit eigens aus dem Ausland angeworbenen Spezialisten. Hier waren es Waffenmeister aus dem katholischen Lüttich, denen im protestantischen Brandenburg neben freier Religionsausübung auch ein eigener Prediger zugesichert wurde.103 Viertens ist die Kooperation mit dem benachbarten Waisenhaus kennzeichnend, das Jungen und Mädchen als Arbeitskräfte an Manufakturen auslieh. Diese Versorgungseinrichtung existierte seit 1724 und bot anfänglich nur Kapazitäten für 200 Kinder. 1730 waren in dieser Anstalt bereits mehr als 1 000 Kinder untergebracht, 1758 sogar etwa 2 000. Im Jahr 1725 arbeiteten bereits zehn Prozent (60 Jungen) der männlichen Heimbewohner in der Gewehrfabrik. Standen in den Anfangsjahren des Potsdamer Waisenhauses noch vermehrt Ausbildung und religiöse Erziehung im Vordergrund, verlagerte sich nach 1740 das Interesse an den Zöglingen der nun Militärwaisenhaus genannten Einrichtung verstärkt zur Ausbeutung ihrer Arbeitskraft hin.104 Auch auf den nächstgegründeten Potsdamer Großbetrieb trafen alle diese vier Merkmale zu. Es handelt sich um die 1731 etablierte Samtfabrik des Berliner Schutzjuden David Hirsch.105 Weitere Großbetriebe waren die Tabakfabrik von Samuel Schock (1738 gegründet) und die Tapetenfabrik von Joel (1745 gegründet). Letztere geben ein Beispiel dafür an, dass sich allmählich auch in Potsdam ansässige Untertanen als Unternehmer betätigten. 102 Stadtarchiv Potsdam 1-1/608, fol. 69 ff. Zur Potsdamer Gewehrfabrik vgl. auch Arnold Wirtgen, Die Potsdamer Gewehrfabrik. Wirtschaft und Rüstung im vorindustriellen Preußen, in: Kroener, S. 253–272. 103 Daneben wurden auch Spezialisten aus Solingen geworben. Zu der Ansiedlung der Lütticher Waffenmeister und zur ersten katholischen Gemeinde in BrandenburgPreußen siehe den Katalog Königliche Visionen, S. 144 ff. und zur Gewehrfabrik S. 141. 104 Zum Potsdamer Waisenhaus vgl. Kroener, S. 240 f., der die Sterblichkeit der Waisenhausinsassen als Indikator für deren Arbeitsbelastung nimmt. Kritisch zum Nutzen der handwerklichen Ausbildung, der Ausbeutung auf Kosten von Schulbildung und Bewegung bei Mädchen in Kanten- und Broderieproduktion siehe: Geschichte des königlichen Postdamschen Militärwaisenhauses von seiner Entstehung bis auf die jetzige Zeit, Berlin und Posen 1824, insbesondere die Seiten 393 bis 419. 105 Hirsch bat im Oktober 1731 ausdrücklich um die Überlassung von Waisenkindern, die er in seiner Fabrik ausbilden wolle, da er mit fremden Gesellen bereits viel Verdruss gehabt habe. Vgl. Treue (1986/87), S. 28. 1748 erhielt er im 17. Karree zwischen der Großen Stadtschule und dem Samtmacher Schopp die Häuser 1, 2, 14, 15 und 16 samt Hinterhöfen geschenkt. Vgl. Ebd., S. 130.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Technisch innovative Ansiedlungen im Großgewerbe setzten vor allem die Meister und Gesellen des Strumpfstrickergewerks einem hohen Konkurrenzdruck aus. Zum einen übertraf selbst eine kleine Strumpffabrik wie die von Olivier Cleran mit nur einem mechanischen Wirkstuhl deren auf reiner Handarbeit beruhende Produktivität bei weitem, zum anderen wurde auch im Waisenhaus fleißig gestrickt.106 Da das Strümpfe Stricken zu dieser Zeit nicht mehr wettbewerbsfähig war, darf vermutet werden, dass mit dieser Tätigkeit die Arbeitskraft der Waisenhausinsassen vorrangig ausgebeutet werden sollte, als dass ihnen hiermit eine Ausbildung mit Perspektive geboten wurde.107 Die Potsdamer Wirtschaft des 18. Jahrhunderts war massiv vom Aufstieg des Großgewerbes gekennzeichnet, wobei der Textilsektor dominierte. Die Wollarbeiter-Tabelle für das Jahr 1738 vermerkt unter den 60 Meistern je 14 Tuchmacher und Strumpfmacher (Strumpfwirker und -stricker zusammengenommen), sechs Zeugmacher, neun Hutmacher und 17 Posamentierer. 1763 gab es in Potsdam 21 Fabriken.108 Bei den meisten handelte es sich um Textilfabriken. Die größte besaß 113 Stühle, die nächstgrößeren hielten 40, 25 und 20. In der kleinsten von ihnen stand ein Wirkstuhl, an dem ein Meister arbeitete. 1769 hatte sich die Zahl der Fabriken bereits auf 47 erhöht.109 Das zünftig organisierte Kleingewerbe befand sich, wie in anderen Residenzstädten auch, auf dem Rückzug.110 Für diese Einschätzung spricht insbesondere der mit über zehn Prozent auffallend hohe Anteil der im Verlagssystem beschäftigten Zivilbevölkerung.111 106
Mit 484 u. 340 Steinen Wolle verarbeitete Cleran 1737 und 1738 das drei- bis annähernd fünffache dessen, was der Strumpfstricker Strobach mit ebenfalls einem Gesellen verfertigte. In absoluten Zahlen ausgedrückt stellte Strobach lediglich 109 und 100 Steine Wollstrümpfe her. Die 123 Gesellen des Potsdamer Waisenhauses übertrafen seine Produktivität in Handarbeit mit 218 und 195 Steinen Wolle noch um rund das Doppelte. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 660. 107 Ein Kennzeichen der Arbeit nicht nur der frühmodernen Gesellschaft ist, dass da, wo Arbeitskraft im Überfluss vorhanden ist, auf deren Mechanisierung verzichtet wird. Vgl. hierzu Silke Kamp, Arbeit und Magie in Brandenburg in der Frühen Neuzeit, Magisterarbeit Universität Potsdam 2001, S. 24 f. http://opus.kobv.de/ubp/voll texte/2009/3299/. 108 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2339, fol. 20. Zu den großen Fabriken der Stadt zählte damals auch die Tabakfabrik von Samuel Schock mit 32 Arbeitern. 109 Vgl. Hildegard Hoffmann, Handwerk und Manufaktur in Preußen 1769 (Das Taschenbuch Knyphausen), Berlin 1969, S. 118 ff. 110 Vgl. Radtke, S. 74. Der erste Hinweis, dass die großgewerbliche Entwicklung in Potsdam die gewachsenen zünftigen Strukturen zu überwuchern drohte, findet sich 1723, als in Potsdam als einziger Stadt in Brandenburg-Preußen die Zahl der Gesellen die der Tuchmachermeister übertraf. Eine Inspektion zählte in Potsdam 12 Meister und 18 Gesellen. Sonst war ihr Verhältnis 3:1 wie im Havelland und im Ruppiner Land sowie in Lebus und im Oberbarnim oder höchstens 3:2 wie in der Uckermark und im Niederbarnim. Vgl. Treue (1987), S. 420 f.
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Bei dieser Entwicklung stechen zwei Merkmale deutlich hervor. Zum einen die Künstlichkeit dieser von außen aufgepfropften und hoch subventionierten Gewerbepolitik.112 Zum anderen das Fehlen von finanzkräftigen Händlern vor Ort, welches Kaufleute aus Berlin kompensierten, die in der Havelstadt nicht selten Filialen zu ihren bereits bestehenden Betrieben schufen.113 Noch nach dem Siebenjährigen Krieg dominierte in Potsdam ein „durch die staatliche Wirtschaftspolitik im Verein mit Berliner Bürgern implantiertes Exportgewerbe“.114 Erst als das Großgewerbe den Zenit seiner Entwicklung bereits überschritten hatte, engagierten sich verstärkt Stadtkinder als Unternehmer. Die Verflechtung mit dem Berliner Großgewerbe ließ jedoch die Gewinne aus der Stadt heraus in die Taschen der Berliner Verleger fließen.115 Die Pläne, Handwerksmeister vor Ort zu fördern, misslangen und zwangsläufig geriet Potsdam „immer stärker in den Sog der sich in Berlin vollziehenden Wirtschaftsprozesse.“116 Am auffälligsten zeigte sich dies für das Wollgewerbe. Vor allem die Textilhandwerker waren von Armut bedroht, da Hunger- und Teuerungsjahren wie 1740 und 1772/73 die negativen Seiten ihrer Gewerbeförderung verstärkten.117 Durch wirtschaftliche Rezessionen blieben ihre Aufträge aus und viele mussten sich nach anderen Verdienstmöglichkeiten umsehen. Im Jahre 1788 waren die Wollpreise mit 12 Reichstalern für ein Stück Tuch derartig angestiegen, dass ein Tuchmacher allenfalls für das Weben von weißem Tuch einen kleinen Gewinn erzielen konnte. Beim blauen Tuch verteuerte der Färberlohn von 3 ½ Reichstalern den Stoff dermaßen, dass seine Herstellungskosten von gut 20 Reichstalern den festgelegten Abnahmepreis von 17 Reichstalern um gut 3 Reichstaler übertrafen.118 Die gestie111
Vgl. Straubel, der als Referenzwert Frankfurt mit drei Prozent angibt (S. 37). Zur gleichen Einschätzung gelangt auch Radtke, der durch das Aufkommen und die massive Förderung der Manufakturen in Potsdam hier überdeutliche Veränderungen in der Gewerbestruktur konstatiert. Vgl. Radtke, S. 81. 112 „In keiner anderen Stadt flossen dem großgewerblichen Sektor mehr Subventionen zu als hier, so daß die Neben-Residenz geradezu als Paradebeispiel merkantilistischer Wirtschaftspolitik angesehen werden kann.“ Straubel, S. 18. 113 Laut Straubel prägte schon H. Rachel den Vergleich Potsdams als dem industriellen Vorort Berlins (S. 37). 114 Ebd., S. 17. 115 Ebd., S. 63. Den ehrgeizigen Plänen zur Gewerbeförderung mangelte es nicht nur in der Residenzstadt Potsdam an kapitalkräftigen innovativen Bürgern, die sich, wenn überhaupt, dann vornehmlich in Berlin fanden. Ein Ausweg bot sich nur durch die systematische Ansetzung von Kolonisten und damit in der Fortführung der Politik Friedrich Wilhelm I. Siehe Radtke, S. 52. 116 Vgl. Straubel, S. 18. 117 Vgl. Ebd., S. 19, Radtke, S. 68. 118 Da die Tuchmacher den Differenzbetrag aus eigener Tasche begleichen mussten, waren die 16 Meister zu diesem Zeitpunkt bereits so hoch verschuldet, dass sie
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
genen Grundstückspreise in der Innenstadt verschärften die Situation zusätzlich. Viele Leinweber, Tuchmacher und Seidenwirker mussten entweder in die Vorstädte ausweichen oder ihren Hausbesitz gegen eine Mietwohnung tauschen.119 Dass die gewerbliche Entwicklung auf dem Textilsektor in eine Schieflage geraten war, wird auch im ausgehenden 18. Jahrhundert deutlich. 1799 gab es in den Seidenfabriken mehr als doppelt so viele Arbeiter wie Wirkstühle, bei den Wollfabriken waren es zweieinhalbmal so viele. Für die Seidenfabriken fiel die Produktivität pro Arbeiter im Vergleich zu 1778 auf gut ein Drittel, für die Lederfabriken sogar auf nahezu ein Viertel, wobei sie sich allein von 1795 zu 1799 beinahe halbiert hatte.120 Um die Wende zum 19. Jahrhundert verlor der Reichstaler deutlich an Kaufkraft. So musste zum Beispiel das Gehalt eines Kalkulators, das 1770 noch 61 Reichstaler betragen hatte, 1792 auf 150 Reichstaler angehoben werden und 1806 noch einmal um 100 Reichstaler, nur um den alten Zustand wiederherzustellen.121 All diese Faktoren, die letztlich den Aufstieg Potsdams zum nach Berlin zweitgrößten Manufakturstandort in Brandenburg begleiteten, zogen eine Veränderung der Sozialstruktur nach sich. So gab es eine hohe Zahl von Tagelöhnern, Spinnern, sonstigen Hilfskräften und Bedürftigen in der Stadt. 1773 lebten in Potsdam 732 Arme und Einkommenslose.122 Dass es sich nur bei einem Viertel der Armen um Stadtkinder handelte,123 lässt die Schattenseiten von Kolonisierung und Garnisonsausbau zum Vorschein kommen. Die Auswirkungen der französischen Besatzung verschärften diese Situation noch einmal gravierend. 1809 war jeder dritte Potsdamer verarmt.124 Wie fügte sich die Ansiedlung der Niederländer, Böhmen und Juden in diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein? für jeden um eine Entschädigung von 150 Reichstalern baten. GStA PK II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, Nr. 15, fol. 11 f. Legt man zu Grunde, dass die Gewerksmeister im Zeitraum von Mitte 1787 bis Mitte 1788 382 blaue Tücher an das Wollmagazin ablieferten, so hätte jeder Tuchmacher sich allein dafür mit durchschnittlich 72 Reichstalern verschulden müssen. Ebd., fol. 6 ff. 119 Straubel, S. 166; S. 175. 120 1778 fertigten in den Seidenfabriken 172 Arbeiter Waren im Wert von rund 147 000 Reichstalern. 1799 war das Produktionsvolumen mit 154 000 Reichstalern geringfügig gestiegen, jedoch hatte sich mit 570 die Zahl der Seidenwirker mehr als verdreifacht. Für die Lederfabriken stehen 52 Arbeiter und produzierte Waren im Wert von 116 000 Reichstalern für 1778 einer Anzahl von 145 Arbeitern und ein Warenwert von 183 000 Reichstalern für 1799 gegenüber. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. f, Nr. 9, fol. 111. 121 Gloger, S. 199. 122 Straubel, S. 221. 123 Ebd., S. 167.
III. Migranten in Potsdam
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III. Migranten in Potsdam „Dieses hohe Collegi. und Provinciall Comis. werden mir sagen wier haben uns die finger abgeschrieben aber haben auch hier und da leutte angesetztet aber nit viell ist leider wahr aber sie müssen es so machen als was an tuchmachers fehlet die müssen sie in Gerlitz Lissa vor geldt werben ein guhter geselle den kauffet man ein stuhll den giebet man eine hiesige Meggen zur Frau Lagerhaus schießet wolle vor strumbmacher ebenso aus Hamburg Schweitzer Frankfurt am Mein und müssen recht geworben werden wie die Flühgelleutte.“125
Der Abschnitt C.I. stellte bereits das überproportionale Wachstum der Nebenresidenz Potsdam im 18. Jahrhundert im Vergleich zu den übrigen brandenburg-preußischen Städten heraus und machte deutlich, dass dieser nicht allein auf den Ausbau der Garnison zurückzuführen war, sondern im Wesentlichen auf den Zuzug von Kolonisten und Landeskindern beruhte. Die Havelresidenz war demnach im 18. Jahrhundert wie keine andere Stadt im hohenzollernschen Kernland geprägt von Migration. Das späte 17. und 18. Jahrhundert bot für Brandenburg-Preußen die Gelegenheit, kameralistische Peuplierungsvorhaben mit Glaubensfreiheit zu verbinden, um so für sich nicht nur den Zuzug religiös Verfolgter zu sichern, sondern auch die Einwanderung von Professionisten fremden Glaubens zu ermöglichen, wie etwa katholischer Waffenmeister aus den spanischen Niederlanden oder Wiener Juden unter Kurfürst Friedrich Wilhelm. All diese Facetten hohenzollernscher Kolonisation werden in Potsdam sichtbar. Ihres unterprivilegierten Status wegen können die Juden nicht zu den Kolonisten gezählt werden, sie stellten eine eigene Gruppe von Immigranten dar. Für Potsdamer Kolonisten galt je nach Herkunft eine bestimmte Profession als typisch: So kamen aus den Niederlanden Bauhandwerker, aus der Schweiz Bandwirker, aus dem polnischen Lissa Tuchweber und aus Sachsen und Böhmen Leinweber.126 Dabei wies die Anwerbung von begehrten Handwerkern wie Tuchmachern oder Strumpfwirkern deutliche Parallelen 124 Oder, um mit den Worten des Magistrats zu sprechen: „Der 3te Mensch in Potsdam ist ein Bettler. Das ergeben unsere Armenlisten. GStA PK, I. HA Rep. 72, Nr. 524, 12.02.1809. Zur französischen Besatzung vergleiche den Abschnitt G.III.3. 125 Zitiert nach Radtke, S. 41. 126 Eine Ansetzung von sieben Familien aus dem polnischen Lissa ist für das Jahr 1726 belegt. Stadtarchiv Potsdam 1-1/608, fol. 114 ff. Das Tuchmachergewerk zählte 1753 allein fünf Meister aus Lissa. Stadtarchiv Potsdam 1-12/186, fol. 46 f. Eine Kabinettsorder vom 11.03.1732 beschäftigt sich mit der Ansetzung Schweizer Bandmacher. In Ordres vom 27.11.1732 und vom 24.03.1733 geht es um Vorschüsse für holländische Zimmerleute. Stadtarchiv Potsdam 1-1/609. 1746 werden 20 in Potsdam etablierte Leinweberfamilien aus dem sächsischen Cottbus erwähnt. Stadtarchiv Potsdam 1-3/555, fol. 19. Böhmische Leinweber wurden ab 1751 in Nowawes angesetzt. Vgl. hierzu den folgenden Abschnitt C.III.2.
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zur militärischen Werbung auf. In Städten wie Görlitz, Hamburg oder Frankfurt am Main wurden ausländische Fachkräfte gesucht. Diese Handwerker „müssen recht geworben werden wie die Flühgelleute.“127 Mit dieser Aufforderung Friedrich Wilhelm I. rückte nicht nur das Militär als Vorbild für die Gewerbeförderung ins Bild, sondern es wurden qualifizierte Tuchmacher und Strumpfwirker mit den prestigeträchtigen Truppenteilen in Verbindung gebracht: den Langen Kerls. Qualifizierten Handwerkern wurden so Schlüsselfunktionen beigemessen, die der strategischen Bedeutung der Flühgelleute in Nichts nachstand. Manche Migranten werden als Gruppe in den Quellen greifbar. Im Folgenden soll daher nur auf die drei eingegangen werden, bei denen dies am deutlichsten wird: Holländer, Böhmen und Juden. 1. Holländer in Potsdam Die ersten Bürger niederländischer Herkunft lassen sich in Potsdam zu kürfürstlicher Zeit ausmachen.128 Hatten sich bislang nur einzelne Familien in Potsdam niedergelassen, war die Gründung einer holländischen Kolonie erklärtes Ziel Friedrich Wilhelm I. Hierfür wurde ein eigenes Stadtviertel errichtet und Fachkräfte aus den Niederlanden, genauer gesagt aus Holland, angeworben. Gefragt waren insbesondere Bauhandwerker, die mit dem sandigen und sumpfigen Terrain der barocken Stadterweiterung umzugehen wussten. Für ihre Niederlassung in Potsdam sollten diese Kolonisten ein Holländerhaus zum Geschenk erhalten und für fünf Jahre von allen bürgerlichen Lasten befreit sein.129 Die von 1734 bis 1742 an gebauten Häuser des Holländischen Viertels blieben zunächst niederländischen Kolonisten vorbehalten. Sofern weitere holländische Familien nach Potsdam zögen, sollte auch ein Schulmeister bestallt werden. Diese Vergünstigungen wurden 1738 noch einmal bekräftigt. Was die Freijahre anbelangte, so waren die 127
Vgl. das Eingangszitat zu diesem Abschnitt C.III. Etwa in den Kirchenbüchern der Schlossgemeinde. GStA PK, VIII. HA, 570 Militärkirchenbücher, Nr. 14. Bahl nennt zehn höhere Amtsträger am Hof des Großen Kurfürsten niederländischer Herkunft. Vgl. Bahl (2001), S. 164 f. Spätere Belege für Niederländer in Potsdam finden sich z. B. im Schosskataster oder unter den Seidenbausachen. Stadtarchiv Potsdam 1-2/51; 1-3/606, fol. 16 ff. Siehe auch den Essay von Christian Wendland, Die niederländischen Bewohner Potsdams, in: Königliche Visionen, S. 114–124. 129 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2340, fol. 2 f. u. 28. Noch 1748 waren viele dieser Kolonistenhäuser Freihäuser. Stadtarchiv Potsdam 1-5/115. Sogar von den Schultischgeldern blieben die Holländischen Häuser befreit, wie aus einer Liste von 1741 hervorgeht. Stadtarchiv Potsdam 1-4/159, fol. 4 f. Vergleiche insbesondere zur Baugeschichte Friedrich Mielke, Das Holländische Viertel in Potsdam, Berlin 1960. 128
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Holländer schlechter gestellt als die ausländischen Textilhandwerker, die zu Beginn der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. angeworben wurden.130 Doch zeigte man sich bei der Gewährung von Vorschüssen bei den ersten neugeworbenen niederländischen Kolonisten generös und händigte ihnen 150 Reichstaler Startkapital aus.131 Dass infolge der herkunftsbezogenen Vergabepraxis viele Häuser im Holländischen Viertel bis 1742 leer standen und es nicht zur Etablierung eines nach Vorbild der Französischen Kolonie prospektierten Gemeinwesens kam,132 mag zunächst darauf hindeuten, dass die Anwerbung nicht den erhofften Erfolg zeitigte. Gegen Ende der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. hatten sich etwa 36 niederländische Kolonistenfamilien im Holländischen Viertel etabliert.133 Damit war mit ca. 100 Personen eigentlich längst die Marge überschritten,134 die zuvor die hugenottischen Siedler in Potsdam mit Gründung ihrer Kolonie erreicht hatten. Daher hätte zumindest die Einsetzung von Pastor und Schulmeister reine Formsache sein müssen. Doch stellten sich die Erfolge bei der Ansetzung der holländischen Kolonisten offenbar zu spät ein, als dass die im Ansiedlungspatent offerierten Institutionen Kirche und Schule auch tatsächlich noch unter Friedrich Wilhelm I. verwirklicht werden konnten.135 Friedrich II. hingegen war nicht gewillt, die weitere Ansiedlung der Holländer durch die Realisierung jener Einrichtungen zu befördern. Was das Verhältnis zwischen holländischen und französischen Kolonisten anbelangte, so gaben deren unterschiedlichen Professionen kaum Anlass zu Konflikten. Ein Großteil der Haushaltsvorstände gehörte entweder der Garnison an oder war im Bauwesen tätig.136 Allein die Samt- und Seidenwirker unter ihnen konkurrierten mit den hugenottischen Textilhandwerkern um ihre bürgerliche Nahrung. Überdies stellten die Holländer eine noch viel 130 Gemeint ist das Patent von 1718 für die Ansiedlung von Wollarbeitern. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 825. 131 „Daß der Richter wegen der 3 Holländischen Zimmer Leute Anton Ridder, Adrian den Ouden und Johan Baumann, ungleichen den Maurer Huibrecht Keetel, welche sich zu Potsdam etabliren, für jede 150 Tal. also für alle 4 zusammen 600 Tal. Vorschuß bezahlen werde“. Stadtarchiv Potsdam, 1-1/609, fol. 19. Zitiert nach Königliche Visionen, S. 137. 132 Wie Anmerkung 28 im Abschnitt C.I. 133 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2340, fol. 5. 134 Die Zahl beruht auf einer Schätzung. Ihr liegt eine Berechnung durchschnittlicher Haushaltsgrößen zugrunde, die Straubel für das Potsdam des beginnenden 19. Jahrhunderts vorgelegt hat. Wie Abschnitt B.III.3. 135 Über die jährliche Entwicklung des Holländischen Viertels von 1734 an ist nichts bekannt. 136 Vgl. Wendland, S. 121–124.
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kleinere Minorität als die Hugenotten dar. Die Relation von französischem Gemeinwesen zu den holländischen Kolonisten betrug 4:1.137 Dieses Verhältnis dürfte sich in der zweiten Jahrhunderthälfte aber stark zugunsten der Holländer verbessert haben. Ihre deutliche Ausrichtung auf den Bausektor bewahrte sie einerseits vor den Krisen, die die überwiegend im Textilgewerbe engagierten französischen Kolonisten auf sich nehmen mussten und sie vielfach zur Abwanderung zwangen. Andererseits kamen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die vor den Stadttoren in Nowawes angesetzten holländischen Bauhandwerker hinzu.138 Holländer und Franzosen waren sogar Nachbarn, da der eine oder andere französische Kolonist über die Niederlande nach Potsdam gelangte und damit auch ein Anrecht auf ein Holländerhaus besaß. So etwa Jacques Duquesne, der mit seiner Frau Antoinette Gaultier aus Delft kam, oder die Händlerin Louise Marchand.139 Als diese Vergabekriterien unter Friedrich II. entfielen, kamen noch weitere französische Kolonisten in den Genuss eines Holländerhauses, darunter auch die Prediger der Französischen Gemeinde.140 Obwohl den holländischen Kolonisten der Zugang zur Französischen Gemeinde offen stand, machten die Kolonisten hiervon keinen Gebrauch.141 Sie stammten aus den Teilen der Niederlande, in denen Niederdeutsch oder brabantisch-holländische Dialekte vorherrschten.142 Sie konnten sich demnach leichter in einer deutsch-reformierten Gottesdienstgemeinde zurechtfinden als in einer französischsprachigen. 137 Der Familienzahl von 36 bei den niederländischen Kolonisten stehen der Kolonieliste von 1739 zufolge 157 bei den französischen Kolonisten gegenüber. 138 Vgl. Karin Carmen Jung, Die böhmische Weberkolonie Nowawes 1751–1767 in Potsdam-Babelsberg, Berlin 1997, S. 25. 139 Zu den nachbarschaftlichen Beziehungen Duquesnes siehe den Abschnitt F.II.1. 140 Der zweite Prediger der Gemeinde Guillaume Pelet erwarb sein Holländerhaus per Kaufkontrakt. Stadtarchiv Potsdam, 1-1/669, fol. 706. Zu den Gemeindehäusern im Holländischen Viertel vgl. den Abschnitt D.I.2. 141 Holländische Kolonisten reüssierten allenfalls als Taufpaten in den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde. Zweifelsfrei ausschließen lässt sich ihre Teilhabe erst durch die Gemeindelisten ab 1795. AFrD, 5990, fol. 8 f. 142 Zum Verhältnis der beiden „Schwesternsprachen“ Deutsch und Niederländisch vgl. Luc de Grauwe, „also wel . . . overlantsche als nederlantsche tale ende sprake.“ Zur späten Bifurkation Deutsch und Niederländisch im Sprachbewußtsein des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, in: Lothar Jordan (Hg.), Niederländische Lyrik und ihre deutsche Rezeption in der Frühen Neuzeit (= Wolfenbüttler Forschungen; 99), Wiesbaden 2003, S. 21–36. Zur deutschen Sprachkompetenz von Kolonisten aus den Niederlanden siehe exemplarisch das Eingangszitat vom Abschnitt G.II. aus der Feder von Antoinette Gaultier. Wo sich der genaue Herkunftsort der holländischen Kolonisten ermitteln lässt, handelt es sich durchgängig um Amsterdam. Vgl. Wendland, S. 121–124.
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Trotz ihrer privilegierten Ansiedlung im Holländischen Viertel waren die niederländischen Kolonisten weit weniger segregiert als die französischen Kolonisten. Wie sich denn aus den für die Stadterweiterungen geworbenen holländischen Bauhandwerkern über drei Generationen angesehene Bürger entwickeln konnten, zeigt die Geschichte der Familie van den Bosch. Sie beginnt mit Cornelius van den Bosch, einem Zimmermeister aus Haarlem, der 1731 beim Bau des Jagdschlosses am Stern mitwirkte. Sein Enkel Christian Ludwig van den Bosch wurde 1809 zum Stadtverordneten gewählt.143 2. Böhmen in Nowawes Vor den Toren Potsdams entstand auf der Gemarkung des Ortes Neuendorf 1751 eine Weberkolonie.144 Den Großteil ihrer Bewohner machten anfänglich böhmische Glaubensflüchtlinge aus, die dem Weben und Spinnen nachgingen. Insgesamt fanden an die 17 000 Böhmen im 18. Jahrhundert in Brandenburg-Preußen ihre Zuflucht. Für die Anwerbung der Nowaweser Weber konnten die Kontakte nach Böhmen der Böhmischen Brüdergemeinde im nahen Böhmisch-Rixdorf genutzt werden.145 Bis zur Fertigstellung der Kolonie verringerte sich der Anteil der böhmischen Weber immer mehr zu Gunsten von Bäckern, Schustern, Schneidern, Gärtnern und Bauhandwerkern, die entweder den täglichen Bedarf der Kolonie sichern sollten oder sich im zweiten Bauabschnitt nach und nach dort niederließen. Manger gibt 1789 als Grund für die Erweiterung der Weberkolonie an: „Weil es dem neuen Schloß und vielen anderen Bauen an Handwerksgesellen, und besonders an Maurern und Zimmerleuten fehlte“.146 Diese Kolonisten kamen überwiegend aus verschiedenen Regionen des Alten Reichs 143 Vgl. Königliche Visionen, S. 241. Zur Einführung der Städteordnung von 1808 vgl. den Abschnitt G.IV. 144 Ausführlich zur Kolonie Nowawes (aus dem Böhmischen abgeleitet „neues Dorf“) siehe: Jung, worauf sich, sofern nicht anders vermerkt, die Ausführungen dieses Absatzes beziehen. Insbesondere zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der böhmischen Kolonisten vergleiche Günter Vogler, Zur Geschichte der Weber und Spinner von Nowawes 1751–1785 (= Veröffentlichungen des Bezirksheimatmuseums Potsdam; 7), Potsdam 1965. 145 Jung, S. 45. Zur Aufnahme der Böhmen in Brandenburg-Preußen allgemein sowie zu deren Niederlassung in Böhmisch-Rixdorf bei Berlin, siehe Stefi JerschWenzel/Barbara John (Hg.), Von Zuwanderern zu Einheimischen. Hugenotten, Juden, Böhmen, Polen in Berlin, Berlin 1990, S. 502 ff. 146 „. . . so befahl der König, noch fünfzig Häuser vom Nowawes an der vom König Friedrich dem Ersten angelegten Eichenallee zu erbauen, worinnen dergleichen Handwerker aus anderen Ländern wohnen können.“ Manger, Band II, S. 282 f. Bei dem Schloss handelt es sich um das Neue Palais, erbaut 1763–69.
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und aus Holland. Annähernd 250 böhmische Kolonisten dürfte Nowawes gezählt haben.147 Trotz ihres Haus- und Gartenbesitzes blieben die wirtschaftlichen Verhältnisse der böhmischen Kolonisten angespannt, denn sie waren bis zur Einführung der Gewerbefreiheit 1810 in hohem Maße auf Verleger angewiesen, die sich für diesen verkehrsfernen Standort nur schwer gewinnen ließen.148 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts jedoch nahm die Zahl der auf eigene Rechnung in Gang gehaltenen Webstühle deutlich zu und machte nun mehr als die Hälfte aller Webstühle in der Kolonie aus.149 Jenseits dieser ökonomischen Überlegungen rücken Konflikte um die Nutzung der Friedrichskirche das Fortbestehen der Böhmischen Gemeinde in ein ungünstiges Licht: Die Friedrichskirche, die wie die Französische Kirche 1753 fertiggestellt worden war, beherbergte die Böhmische Gemeinde für die böhmischen Kolonisten und die Deutsche Gemeinde für die übrigen Bewohner von Nowawes als Simultangemeinden. Zwischen den beiden Kongregationen kam es seit 1754 wiederholt zu Auseinandersetzungen, die mitunter auch handgreiflich wurden.150 Die Situation eskalierte, als im Jahr 1767 dem Prediger Hübenthal und seiner reformierten Gemeinde mit Knüppeln der Zutritt zur Friedrichskirche verwehrt wurde und er die Abendmahlsfeier stattdessen auf dem Kirchplatz abhalten musste. Dieser über Jahre schwelende Konflikt führte wohl zum Bau eines eigenen Bethauses für die Reformierten aus der Böhmischen Gemeinde auf dem Grundstück des Bauschreibers Bientz im Jahre 1770.151 147 Hierzu macht Jung nur ungefähre Zahlenangaben. So habe es sich bei einem Drittel von 681 Personen und einem Zehntel von 86 später hinzugezogenen Familien um Böhmen gehandelt haben. Vgl. Jung, S. 51 u. 53. 148 Radtke vermerkt, dass nicht nur die Garne von Berlin zur Verarbeitung nach Nowawes transportiert werden mussten, sondern auch die fertige Ware zum Vertrieb dorthin zurückgeschafft werden musste. Vgl. Radtke, S. 265 ff. Die Misere resultierte nicht so sehr aus den niedrigen Löhnen, die die Weber auf Grund dieser Standortnachteile hinzunehmen hatten. Das Problem bestand vielmehr in einer Unterbeschäftigung. Erhielten die Weber mit Gründung der Kolonie in etwa vier bis fünf Pfund Wolle zum Weiterverarbeiten in der Woche, bekamen sie um 1770 vorübergehend nicht mehr als ein Pfund. Vgl. Vogler, S. 19. Unter diesen Bedingungen ließen sich nur wenige Groschen im Monat verdienen, zur Jahrhundertmitte immerhin annährend ein Reichstaler. Mit ebd., S. 21. 149 1798 existierten in der Kolonie 350 Webstühle. Liefen 1785 lediglich 85 Webstühle auf eigene Rechnung, waren es 1797 bereits 170. Vgl. Straubel, S. 38. 150 Kurt Weiden, Die Neuendorfer Lassithen und ihre drei Kirchen – ein historische Reminiszenz oder Drei Neuendorfer Kirchen 1585–1978, Potsdam-Babelsberg 1982, Stadtbibliothek Potsdam 82:20057, S. 67 ff. 151 Da dieses Gebäude Teil der Geschichte der Französischen Gemeinde geworden ist, sei an dieser Stelle auf die einzig verfügbare Beschreibung dieses Andachts-
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In den ersten 15 Jahren betrug das Verhältnis zwischen der Deutschen und der Böhmischen Gemeinde 44 zu 151 Trauungen, 195 zu 355 Taufen sowie 161 zu 308 Bestattungen. Gemessen an den Eheschließungen war die Geburtenrate in der Böhmischen Gemeinde auffallend hoch. Dabei waren viele Glieder der Böhmischen Gemeinde alleinstehend. Zudem betrugen die durchschnittlichen Einkünfte der Nowaweser Weber nur die Hälfte von denen ihrer Innungsgenossen im Stadtgebiet, was nach Straubel ein Indiz für eine kleinere Familiengröße ist.152 Bis zur Zusammenlegung der Gemeinden wurden die Gottesdienste nacheinander auf Tschechisch und Deutsch abgehalten. Ende des 18. Jahrhunderts erlosch der tschechische Gottesdienst. Nur wenig später, im Jahr 1801, hörte auch der böhmische Schulunterricht auf. Damit vollzog sich in weniger als zwei Generationen der Sprachwechsel der Böhmischen Gemeinde. Das ist insofern bemerkenswert, als die Böhmische Gemeinde in etwa der Größe der Französischen Gemeinde entsprochen haben dürfte. Die Gründe für diese schnelle Anpassung waren sicher vielfältig. Im Wachstum konnte die Böhmische Gemeinde nicht mit der Deutschen mithalten und musste sich wohl, was ihr Fortbestehen anbelangte, an dieser messen lassen. Nicht zu vergessen der Druck, den die Deutsche Gemeinde auf die Böhmische Gemeinde beim Praktizieren ihrer Religion ausübte. Möglicherweise spielte hier bereits die Kirchenpolitik Friedrich Wilhelm III. eine Rolle, die auf die Schaffung einer einheitlichen evangelischen Kirche der Union in Preußen hinauslief.153 Hinter der annähernd zeitgleichen Einstellung des raumes hingewiesen. Zur Ausgestaltung des 5,50 m breiten, 7,30 m langen und 5,40 m hohen Bethauses vermerkt Weiden: „Die Eingangstür für die Bethausbesucher befand sich auf der nordwestlichen Seite. In dieser Längsseite befand sich auch ein großes Fenster. Ein solches war auch auf der Südseite eingebaut. Der mit flach gelegten Ziegelsteinen gepflasterte Fußboden lag ursprünglich 40 bis 50 cm tiefer. 2 Treppenstufen führen in den Raum hinunter. [. . .] Auf der Nordseite des Innenraumes befanden sich Kanzel und Altar. Über ihre Beschaffenheit konnte nichts gesagt werden. Ein kleiner Vorbau diente als Sakristei und ein kleiner Teil desselben als unauffälliger Abort. Das Bethaus war innen weiß getüncht. In einem Abstand von 10 bis 15 cm von der Decke entfernt war ein blauer, ca. 20 cm breiter Strich gezogen. [. . .] Über die Anordnung der Bankreihen konnte nichts gesagt werden.“ Ebd., S. 69. Anzumerken ist, dass es in reformierten Gemeinden keinen Altar sondern einen Abendmahlstisch gibt. Den Abmessungen zufolge hätte der Andachtsraum Platz für höchstens 80 Personen geboten. 152 Was aber durch Haus- und Gartenbesitz z. T. ausgeglichen werden konnte. Für 1808 ermittelte Straubel bei den Webern aus Nowawes 74 und bei den Potsdamer Innungsverwandten 140 Reichstaler durchschnittliches Einkommen. Vgl. Straubel, S. 39. 153 Die 1817 auf den Weg gebrachte Kirche der Union stand unter dem Eindruck der zweihundertjährigen Glaubensspaltung in Brandenburg-Preußen zwischen Lutherischen und Reformierten, die es nach Friederich Wilhelm III. in einer entkonfessio-
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
böhmischen Schulunterrichts und Gottesdienstes steckt vermutlich ein weiterer Grund für die an hugenottischen Maßstäben gemessen kurze Zeit der subventionierten kulturellen Eigenständigkeit der böhmischen Kolonisten. In den Augen und Ohren der Obrigkeit galt deren Sprache und Kultur weniger als die der Hugenotten.154 Auch verfügten die böhmischen Kolonisten über keine derartige Lobby wie die Nachfolger französischer Glaubensflüchtlinge, die als Erzieher schon in den Kinderstuben der angehenden Monarchen Einfluss auf späteres Regierungshandeln nehmen konnten.155 Zum Verhältnis der Böhmischen Gemeinde zu den französischen Kolonisten kann einzig gesagt werden, dass sich die Böhmische Gemeinde zu der durch Baumängel und französischer Invasion ihres Tempels beraubten Französischen Gemeinde solidarisch verhielt und ihr die Nutzung des Bethauses anbot. Auf diesen Andachtsraum war die Böhmische Gemeinde seit ihrer Vereinigung mit der deutschen Gemeinde nicht mehr angewiesen. 3. Juden in Potsdam Glaubensflüchtlinge wie die Hugenotten waren die Gründer der jüdischen Gemeinde in Potsdam, die oder deren Vorfahren 1671 aus Wien vertrieben wurden und in der Mark Schutz und freie Religionsausübung fanden.156 Danialisierten Einheit der Protestanten zu überwinden galt. Vgl. hierzu Otto Büsch, Handbuch der preussischen Geschichte, Berlin 1992, S. 581. 154 Zur Wertschätzung der französischen Sprache vgl. insbesondere die Ausführungen von Volker Wittenauer, Im Dienste der Macht. Kultur und Sprache am Hof der Hohenzollern. Vom Großen Kurfürsten bis zu Wilhelm II., Paderborn 2007, auf den Seiten 34 ff., wo er die Universalität des Französischen in der Höfischen Gesellschaft Europas als „auf der politischen, kulturellen und insbesondere literarischen Vorrangstellung Frankreichs zu jener Zeit“ (S. 51) beruhend angibt. Das Französische wurde gerade unter den deutschen Fürstentümern zu einer verbindenden Verkehrssprache und zeichnete sich überdies noch durch das von ihr transportierte Ideal des honnête homme aus, mit dem es sich einmal mehr für die Prinzenerziehung, auch in Brandenburg, empfahl. Prononciert zeigt sich dieses Sprachideal bei Friedrich II. Ebd., S. 113 ff. Erst im Sprachbewusstsein Friedrich Wilhelm IV. kam es Wittenauer zufolge zu einer Neubewertung des Französischen. Ebd., S. 189 ff. 155 Vgl. zum Thema hugenottische Netzwerke den Beitrag von Ursula FuhrichGrubert, „Meine gute Mama Camas, vergessen sie mich nicht. Friedrich“ Hugenottische Netzwerke um Friedrich II. von Preußen, in: Andreas Flick/Walter Schulz, Von Schweden bis Südafrika. Vorträge der Internationalen Hugenotten-Konferenz in Emden 2006 (= Geschichtsblätter der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft e. V.; 43), Bad Karlshafen 2008, S. 147–174. 156 Hundert Jahre zuvor jedoch waren die meisten Juden aus der Mark Brandenburg vertrieben worden. Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde siehe: Robert Kaelter, Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Potsdam, 1903, Reprint 1993, auf dem, soweit nicht anders angegeben, die folgenden Ausführungen basieren.
III. Migranten in Potsdam
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vid Michel und Jakob Moyses waren die ersten in Potsdam nachweisbaren Schutzjuden. Von ihrer Niederlassung im Jahr 1691 bis zu den Anfängen der jüdischen Gemeinde in den 1730er Jahren liegen so gut wie keine Dokumente vor. Untrennbar mit der Geschichte dieser Gemeinde verbunden war die Gründung der Samt- und Seidenfabrik des aus Prag stammenden David Hirsch.157 Hirsch wurde 1731 mit anfänglich 7 Stühlen konzessioniert. Dank großzügiger Privilegien und Vorschüsse entwickelte sich seine Manufaktur schnell zu einem der größten Unternehmen in Potsdam und hielt diese Position über das 18. Jahrhundert hinweg bei. 1744 hielt Hirsch mit seinen 144 Stühlen bereits genauso viele Wirkstühle in Gang wie alle übrigen Potsdamer Seidenfabrikanten zusammen genommen. Damit ist David Hirsch ein Beispiel für die gewandelte Rolle der Juden in BrandenburgPreußen im 18. Jahrhundert. Noch zu kurfürstlicher Zeit unterstützten sie als Hoffaktoren und Spezialgrossisten den höfischen Bedarf, und als Bankiers waren sie Kriegs- und Staatsfinanziers. Mit Friedrich Wilhelm I. verlagerte sich ihre Bedeutung für die Kurmark auf die des Unternehmers im Großgewerbe, insbesondere auf alle Arten von Seiden- und Baumwollmanufakturen.158 Der Erfolg von David Hirsch ermutigte weitere Schutzjuden, ebenfalls Manufakturen in Potsdam anzulegen. Die Broderie von Isaak Levin, 1746 gegründet, sowie die Seidendamast- und Taftfabriken von Moses Ries und Bernhard Isaak (von 1748 und 1749) sind Beispiele hierfür. Auch als Unternehmer im benachbarten Nowawes, wo für die angesetzten böhmischen Kolonisten nur schwer ein Verleger gefunden werden konnte, engagierten sich mehr oder minder freiwillig Potsdamer Juden wie Isaak Wolf mit einer Baumwollspinnerei.159 Das angesprochene Fehlen von betuchten Kaufleuten, die in Potsdam als Unternehmer hätten agieren können, wurde insbesondere von Berliner Schutzjuden ausgeglichen, die so einen unvergleichlich hohen Anteil am Großgewerbe einnahmen. 1769 rangierten in Potsdam die Samtfabrik von David Hirsch mit 84 Beschäftigten und die Gold- und Silberbroderie von Ephraim und Söhne mit 100 Beschäftigten als die beiden einzigen Fabriken mit über 50 Arbeitsleuten. Unter den Fabriken mit über 157 Vgl. den Bericht der kurmärkischen Domänenkammer vom 15.04.1744, in: Treue (1986/87), Band 1, S. 28 u. 73. Als Geselle gehörte 1732 der französische Kolonist Pierre Matthieu Barrier dieser Fabrik an. GStA PK II. HA Generaldirektorium, Abt. 14, Tit. 156 sect. b, Nr. 1, fol. 68. 158 Radtke, S. 100. Als Nichtchristen blieb ihnen die Aufnahme in die Zünfte verwehrt, so dass ihnen nur wenige Professionen offen standen, wie etwa der Beruf des Kaufmanns. 159 Ihr Status als Schutzjuden machte sie zu relativ gefügigen Entrepreneurs, die aus diesem Abhängigkeitsverhältnis heraus auch für unternehmerisch weniger reizvolle Projekte zu gewinnen waren. Vgl. Radtke, S. 96 ff.
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
100 Beschäftigten ragte allein die Splittgerber&Daumsche Gewehrmanufaktur mit 195 Arbeitsleuten aus dem Kreis der jüdischen Unternehmen heraus.160 Von dieser gestiegenen großgewerblichen Bedeutung profitierte auch die jüdische Gemeinde, die zu Beginn der Regentschaft Friedrich II. bereits zehn Familien zählte. Doch auch die jüdischen Fabrikanten hatten unter den Absatzkrisen im Textilgewerbe in der zweiten Jahrhunderthälfte zu leiden, was sich auf die sich in deren Umfeld etablierten jüdischen Klein- und Zwischenhändler übertrug. Ebenfalls wirkte sich die rigidere Haltung Friedrich II. gegenüber den Juden nachteilig aus, der ihnen höhere Steuern und Lasten auferlegte.161 In Potsdam überwogen daher die Gemeindeglieder mit mittlerem und kleinem Einkommen. Die Dominanz der Juden im Potsdamer Manufakturwesen gründete sich nur mittelbar auf die dortige Gemeinde. Das höchste Jahreseinkommen unter den Potsdamer Juden erzielten auch Berliner Gemeindeglieder. Mit 200 Reichstalern reichte das Einkommen der in Potsdam ansässigen Gebrüder Joel nur zu einem Drittel resp. Viertel an die durchschnittlichen Einkünfte der Berliner Gemeindeglieder heran. Die Einkommen der übrigen Gemeindeglieder lagen weit darunter. Wie für die übrigen Potsdamer war der Handel für die Juden oft nur ein Nebenerwerb.162 Obgleich eine der kleinsten Migrantengruppen, ist die wirtschaftliche Bedeutung der Juden für die Stadt Potsdam allein wegen ihres Anteils am Großgewerbe von allen am Höchsten zu bewerten. Ein Betrieb wie die Samtfabrik von David Hirsch war zwar eng in die zünftigen Gewerke und das Waisenhaus eingebunden, als Schutzjuden blieb es ihm aber versagt, selbst in ein Gewerk, das zugleich immer eine christliche Kooperative dar160 Vgl. zur Gewehrfabrik Hintze, S. 233. Insgesamt gab es 1769 also vier Fabriken mit über 100 Beschäftigten in Potsdam. Neben der Gewehrmanufaktur kamen noch zwei Fabriken von Ephraim&Söhne mit jeweils etwa 260 Beschäftigten hinzu sowie die Joelsche Tapetenfabrik mit 117 Beschäftigten. Die mit 800 Arbeitsleuten bei Knyphausen angegebene Betriebsgröße scheint in Kenntnis der von Hintze vorgelegten Zahlen (183 Arbeiter für 1778) wenig realistisch, zumal sie ein Vielfaches der übrigen Großbetriebe beträgt. Siehe Hoffmann, S. 57 f. 161 In der Regel verfügten die Juden weder über größere Kapitalien noch über höhere Einkommen als ihre christlichen Konkurrenten. Vgl. Straubel, S. 86. Zu den finanziellen Belastungen der Juden in Brandenburg-Preußen vergleiche detailliert Jersch-Wenzel/John, S. 185 ff. 162 Neben den Gebrüdern Joels wurden unter 30 Steuerpflichtigen Samuel Bacher Behrend mit 600 und drei weitere Juden mit jeweils 800 Reichstalern Jahreseinkommen veranlagt. Die geringsten Verdienste besaßen Michel Joel mit 50 und die Gebrüder Bendix mit 200 Reichstalern. Vgl. Straubel, S. 85 f. Wenn Schutzjuden im Allgemeinen eine für das 18. Jahrhundert nicht wegzudenkende Wirtschaftspotenz für Brandenburg-Preußen waren, so überwog dennoch der Anteil der „Kümmerexistenzen“. Siehe Radtke, S. 46.
IV. Zusammenfassung
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stellte,163 aufgenommen zu werden. Diese Möglichkeit wurde erst durch die Gleichstellung der Juden im Jahr 1812 geschaffen. Anders als die übrigen in dieser Arbeit besprochenen Migrantengruppen entwickelte sich die jüdische Gemeinde in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stetig – wenn auch langsam. 1763 gehörten 18 Familien der Gemeinde an, die bereits über einen eigenen Friedhof und seit drei Jahren auch über einen eigenen Rabbiner verfügte und für dessen Gehalt die Gemeinde selbst aufkam. Über die genaue Anzahl der Personen geben die Generaltabellen Auskunft. Sie verzeichneten erstmalig 1744 104 Juden, 1747 schon 119, und bereits im Jahr darauf war ihre Zahl sprunghaft auf 145 Seelen angewachsen.164 1775 umfasste die jüdische Gemeinde 307 Mitglieder.165 Der Grund für diese Zunahme liegt vermutlich in der zunehmenden Einbeziehung der Berliner Juden in das Potsdamer Großgewerbe. Als Geldgeber und Unternehmer hätten sich die Juden auch als Partner für hugenottische Gewerbegründungen angeboten. Ende des 18. Jahrhundert investierte Marcus Hirsch 2 000 Reichstaler in die Lederfabrik von John Wallis.166 Die restriktive Vergabe von Schutzbriefen machte in anderen Fällen jedoch eine Kooperation zunichte. An seinem fehlenden Schutzbrief scheiterte beispielsweise 1752 das Engagement des Juden Michael Abraham aus Halberstadt, mit 8 000 Reichstalern Teilhaber der Tapetenfabrik Duquesnes zu werden.167 Dennoch kam es um die Jahrhundertwende zu einer kulturellen Annäherung. Hiervon legt das Tauf- und Heiratsregister der Französischen Gemeinde Zeugnis ab.168
IV. Zusammenfassung: Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam Die Geschichte Potsdams ist eng mit ihrem Ausbau zu einer Residenzund Garnisonstadt verknüpft. Die Anwesenheit des Hofes darf in seiner Bedeutung jedoch nicht überschätzt werden. Berlin blieb das landesherrliche 163
Vgl. hierzu Schultz, S. 52 ff. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 58 Historische Tabellen 1730–50. 165 Diese Zahl scheint einer Seelenliste für 1775 entnommen worden zu sein. Vgl. Samuel Gerlach, Collectaneen. Aus der Bibliothek der Königl. Regierung zu Potsdam – Allgemeine und besondere Nachrichten von Potsdam, in: MVGP, N.F. Bd. 3, Heft 8 (1888), S. 33–282, hier S. 66 f. Leider konnten keine weiteren Größenangaben zur Gemeinde gefunden werden. 166 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. b, Nr. 16. 167 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2339, fol. 62. 168 Dazu im Kapitel G.I.2. mehr. 164
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
Verwaltungszentrum. Auch wenn nach und nach Sitzungen des Geheimen Rates und des Kabinetts nach Potsdam verlegt wurden, verweilte die höhere Beamtenschaft mehrheitlich in Berlin. Ferner übte Potsdam nur geringe Anziehungskraft auf den Adel aus. Der entscheidende Impuls für die Stadtentwicklung ging somit nicht von Friedrich Wilhelm und seiner Kür Potsdams als bevorzugte Residenz aus, sondern von Friedrich Wilhelm I. und der Erwählung der Stadt zur Garnison seiner Leibregimenter. Im Kontext der sogenannten ersten barocken Stadterweiterung nahm der „Soldatenkönig“ die Gründung einer Französischen Kolonie in Angriff. Dieses Projekt scheiterte allerdings noch zu Beginn der 1720er Jahre. Eine mit der Berliner Friedrichstadt vergleichbare Ansiedlungsform der Hugenotten kam in Potsdam nicht zustande und ihre stattdessen über die Stadt verstreute Niederlassung intensivierte die Hinwendung der Kolonisten zur städtischen Gesellschaft, was die weitere Untersuchung zeigen soll. Das Herz der Kolonie schlug denn auch nicht im Französischen Quartier, das fälschlicherweise mit der Französischen Kolonie identifiziert wurde, sondern im Holländischen Viertel, in das zuerst die aus den Niederlanden stammenden französischen Kolonisten zogen und später die Amtsträger aus Kolonie und Gemeinde. Auch zeigt der Vergleich mit der nicht zustande gekommenen niederländischen Kolonie im Holländischen Viertel, dass sich das Zeitfenster zur Gründung einer Kolonie in Potsdam gegen Ende der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. schloss. Denn einerseits schwächte sich die Ansetzung von Kolonisten in Potsdam insgesamt bis zum Ende der Schlesischen Kriege deutlich ab – woran auch die Etablierung der Weberkolonie Nowawes im Jahr 1751 wenig änderte – und andererseits blieben unter Friedrich Wilhelm I. in Aussicht gestellte Privilegien für niederländische Kolonisten nach einem eigenen Prediger und Schulmeister unter Friedrich II. unerfüllt. In den Jahren 1713 bis 1740 verzehnfachte sich nicht nur die Zahl der Häuser, sondern auch die der Einwohner in Potsdam. Am Bevölkerungswachstum hatten Kolonisten erheblichen Anteil. Unter ihnen dominierten in den 1730er Jahren die Französischen Kolonisten. Außerdem übte Potsdam auf die umliegenden kurmärkischen Orte eine starke Sogwirkung aus. Auch die Stadt Berlin hatte am Wachstum der Potsdamer Bevölkerung messbaren Anteil. Da das im Vergleich zu anderen märkischen Städten überproportionale Wachstum Potsdams nur zu einem Bruchteil auf natürlichem Wachstum beruhte, war in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts der typische Potsdamer der Fremde. Die Ansetzung von Kolonisten schwächte sich in Potsdam mit Ausbruch der Schlesischen Kriege jedoch deutlich ab, so dass hier von einem Paradigmenwechsel gesprochen werden kann. Auch die nach 1767 intensivierte Ansiedlung von Kolonisten reichte nicht an deren Ausmaße in der ersten Jahrhunderthälfte heran. Damit war auch der Zuzug
IV. Zusammenfassung
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in die Französische Kolonie für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts geringer als ihre Verluste durch Wegzug, Heirat oder Tod. Die Heterogenität der Einwohnerschaft verstärkte die Militärbevölkerung, die von einem Viertel auf ein Drittel an der Gesamtbevölkerung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts anwuchs. Damit hatte die Garnison nur geringfügig stärkeren Anteil an der Einwohnerschaft Potsdams wie Stettin. In absoluten Zahlen rangierte Potsdam mit seiner Garnison deutlich hinter Berlin. Die Umwidmung Potsdams als Residenzstadt in eine Garnisonstadt brachte neben den beschriebenen sozialen Auswirkungen auch ökonomische Verwerfungen mit sich. Am ehesten zeigte sich dies bei den Potsdamer Tuchmachern, die schon frühzeitig auf die Montierung der Armee eingestellt waren. Im Laufe des 18. Jahrhunderts verschärfte sich die Ausrichtung Potsdamer Handwerker auf die Nachfrage der Garnison, um ausgangs desselben Jahrhunderts wieder rückläufig zu sein. Zudem wuchs der Stadt nicht nur die Rolle der Versorgung der Garnison zu, Potsdam wurde „merkantilistisches Experimentierfeld“, in dem die Manufakturansiedlung mit Hilfe von Berliner Unternehmern im großen Stile betrieben wurde. Die Berufs- und Sozialstruktur ließ eine Abhängigkeit von Berlin auf wirtschaftlicher Ebene erkennen. Zeitweilig dominierten Berliner Bürger im Großgewerbe. In ihre Taschen flossen für die Havelresidenz bestimmte Subventionen. Da das Gewerbe in keiner anderen märkischen Stadt so gefördert wurde wie in Potsdam, konnten fehlende kapitalkräftige Unternehmer auch leicht in Berlin gefunden werden. Zudem begünstigte die Nähe zu Berlin die Verlegung bestimmter Verwaltungseinheiten nach Potsdam, was der Stadt zusätzliche zahlungskräftige Konsumenten bescherte. Die Anwerbung von Kolonisten war auf den Bedarf der Armee ausgerichtet. So wurden niederländische Bauhandwerker gesucht, um die Erweiterung Potsdams nach Norden voranzutreiben und so ausreichend Bürgerquartiere zu schaffen. In Nowawes bei Potsdam siedelten sich nach 1751 böhmische Leinweber an. Auch die Zuwanderung der französischen Kolonisten verstärkte das städtische Textilgewerbe, das zur Mitte des 18. Jahrhunderts den umfangreichsten Bestand an Professionisten bündelte. Das derzeit vorhandene Datenmaterial erlaubt noch nicht eine Gegenüberstellung politischer Ereignisse mit Veränderungen in der Berufsstruktur der Stadt, wie es für die Französische Kolonie gelang. Dass kriegerische Ereignisse wie der Koalitionskrieg 1792 oder die französische Invasion 1806 auf die Wirtschaftskraft der Stadt durchschlugen, wird durch Klagen einzelner Gewerke mehr als bestätigt. Ob diese aber Stadt und Kolonie in gleichem Umfang betrafen, lässt sich bislang nur in Ansätzen erörtern. Die für die Kolonie getroffenen Beobachtungen zur Berufsstruktur konnten mit der der Stadt abgeglichen werden. In abgeschwächter Form spie-
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C. Das städtische Umfeld der Französischen Kolonie in Potsdam
gelte sich in der Stadt die Entwicklung von der Gewerbezentriertheit hin zum Bildungsbürgertum wider. Die geistigen Berufe scheinen für die Kolonie z. T. die Funktion übernommen zu haben, die das Transportgewerbe für die Stadt ausübte, nämlich, einen Überschuss an Handwerksgesellen und Meistern abzufangen. Die Ausführungen zur Berufsstruktur der Stadt deckten die Bedeutung der Bereiche Nahrung und des Baugewerbes für die Einwohnerschaft auf. Zum einen bedeutete Brauen, Brennen und der Ausschank von Bier und Branntwein einen wichtigen Nebenerwerb, zum anderen profitierte das Bauhandwerk in besonderem Maße von staatlicher Subventionierung. Darin liegt auch ein Teil der Strukturschwäche der Französischen Kolonie mitbegründet: Dort war das Bauhandwerk so gut wie nicht vertreten. Die Hugenotten wurden vornehmlich für das Textilgewerbe angesiedelt, welches, wie der Abschnitt C.II. zeigte, um die Mitte des 18. Jahrhunderts mehrere Krisen durchlebte. Diese konjunkturellen Einbrüche mussten auf die hugenottischen Haushalte umso stärker durchschlagen, weil ihnen lukrative Nebenverdienste, wie sie für eine Reihe von Potsdamer Bürgern selbstverständlich waren, mit Ausnahme des Müllers Nevir fehlten: die Konzession zum Brauen oder Branntweinbrennen.169 Dies erklärt den deutlichen Rückgang im Textilsektor der Kolonie zur Jahrhundertmitte, ein Einbruch, von dem die Stadt zu dieser Zeit nicht betroffen war. Ein weiterer Aspekt, der sich auf die Entwicklung der Französischen Kolonie negativ auswirkte, war das Fehlen von Händlern, das sich über die Kolonie hinaus in der Wirtschaftsstruktur der Stadt fortsetzte. Die Französische Kolonie war daher nicht einfach ein „Klein-Potsdam“, in der sich die Stadt en miniature widerspiegelte. Durch die Ausdehnung der von Straubel initiierten Analyse der Potsdamer Wirtschaft auf das gesamte 18. Jahrhundert können so die in der Französischen Kolonie ablaufenden Wirtschaftsprozesse aus der Entwicklung des lokalen Marktes heraus erklärt werden. Was die Ansiedlung der Niederländer, Böhmen und Juden in Potsdam betrifft, so traten diese wirtschaftlich kaum in Konkurrenz zueinander. Im Gegenteil kompensierten jüdische Unternehmer die Defizite der Stadt Potsdam auf dem Handelssektor oder boten sich im Einzelfall sogar als Teilhaber für kapitalschwache französische Fabriken an. Nach den französischen Kolonisten beanspruchten die Niederländer die umfassendsten Privilegien dieser untersuchten Migrantengruppen. Die jüdischen Gemeindeglieder in Potsdam hatten hingegen zahlreiche Einschränkungen zu verkraften. Ihnen blieb der Zutritt zu den Zünften verwehrt und sie benötigten für ihre Niederlassung 169 Durch die zusätzlichen Einnahmen aus dem Brotverkauf und dem Branntweinbrennen war David Nevir der vermögendste unter den Potsdamer Müllermeistern. Vgl. Abschnitt D.III.1.
IV. Zusammenfassung
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einen Schutzbrief. Auch ihre Gemeinde selbst war deutlich schlechter gestellt als die übrigen Kongregationen in Potsdam. Ihnen wurde weder ein eigenes Gotteshaus noch ein Rabbiner gestellt. Die Jüdische Gemeinde verzeichnete im Gegensatz zur böhmischen und Französischen Gemeinde für das 18. Jahrhundert ein stetiges Wachstum. Die Böhmische Gemeinde verlor im ausgehenden 18. Jahrhundert ihre Eigenständigkeit. Sie fusionierte mit der Deutschen Gemeinde in Nowawes. 1801 schloss auch die Böhmische Gemeindeschule ihre Pforten. Damit konnten sich die Böhmen für längstens zwei Generationen ihre kulturelle Eigenständigkeit bewahren. Zu dieser Zeit muss ihre Gemeinde in etwa genauso groß gewesen sein wie die Französische. Das Verhältnis der niederländischen Kolonisten um 1740 zu den französischen betrug in etwa 1:4, verschob sich in der Folgezeit aber zugunsten der Niederländer, da sich in Nowawes weitere Bauhandwerker aus den Niederlanden ansiedelten und die Französische Kolonie nach 1740 deutlich in ihrem Bestand zurückging. Niederländer und in Teilen die Böhmen waren Reformierte wie die Hugenotten. Letztere teilten mit den Franzosen sogar das Flüchtlingsschicksal. Die böhmische Gemeinde verhielt sich gegenüber der Französischen solidarisch, als diese wegen Baumängeln und französischer Invasion ihren Temple nicht nutzen konnte, und überließ den französischen Konfessionsverwandten ihr Bethaus. Diesen Andachtsraum hatten die Reformierten aus der böhmischen Gemeinde 1770 für sich errichtet, um Streitigkeiten mit den lutherischen Gemeinden in Nowawes über die Nutzung der Friedrichskirche aus dem Weg zu gehen. Die Niederländer hielten sich aus Sprachgründen zur deutsch-reformierten Gemeinde. Die These, die Koloniegründung in Potsdam habe sich wegen fehlender Bürgerstellen verzögert, konnte durch die Siedlungsstruktur der Hugenotten entkräftet werden. Vielmehr scheiterte eine Etablierung zu einem früheren Zeitpunkt an fehlender Nachfrage. Dies stellt keine Schwäche der Stadt selbst dar, vielmehr war, wie der Vergleich mit den Niederländern und Böhmen in Potsdam zeigte, die Ansetzung von Kolonisten per se eine künstliche Angelegenheit. Insofern gebrach es lediglich an Ehrgeiz, die Anreize zur Niederlassung für die Franzosen in Potsdam zu einem früheren Zeitpunkt zu schaffen. Überdies war die Stadt Potsdam selbst ein künstlich aufgeblähter Manufakturstandort, wie die Ausführungen dieses Kapitels verdeutlichen, dessen Entwicklung maßgeblich von seiner Nutzung als Residenz abhing. Den ökonomischen Rückhalt gaben die Arbeiten für Hof und Garnison. Inwieweit sich die Entwicklung der Französischen Kolonie auch auf diese Faktoren gründet, oder ob hierbei noch andere Umstände in Betracht kommen, wird das Kapitel D. zeigen.
D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie in Potsdam innerhalb der landesherrlichen Politik „Sa Majesté ayant fait declarée qu’ille avoit Besoin de la Chapelle ou nous tenions nos exercises de Pieté dans la Chateou. Et en suitte nous ayant en cette concequance assigné l’Eglise de la Garnison (ou nous pouvrions continuir Notre Service Divin (en attendant Qu’elle nous eut fait Batir un nouveau Temple)“.1
Die Kapitel eins und zwei suchten nach Ursachen für die verspätete Koloniegründung in Potsdam und sahen sie in der Künstlichkeit der Ansetzung von Kolonisten begründet. Erschwert wurde dies, weil Potsdam in seiner Wirtschaftsstruktur kaum gefestigt war und ein Defizit an Händlern und Unternehmern aufwies. Als Residenz konnte sich der Manufakturstandort Potsdam jedoch einer gestiegenen Aufmerksamkeit des Landesherrn gewiss sein. Dass sich die landesherrliche Fürsorge auch auf die Französische Kolonie übertrug, legte bereits ihre überproportionale Förderung durch den Französischen Etat nahe. Erklärt sich dies allein aus ihrem Status als Residenzkolonie? Folgende These gilt es daher zu überprüfen: Die Bevorzugung der Potsdamer Kolonie hing mit den drei Funktionen zusammen, die die Regenten ihr beimaßen: die Repräsentation zu unterstützen, die Garnison zu versorgen sowie den Seidenbau voranzutreiben. Während letztere Intention schriftlich geronnen vorliegt, sind die ersten beiden Punkte Zuschreibungen, deren Rechtmäßigkeit im Gang des Kapitels ebenfalls zu prüfen ist. Dabei können diese möglichen Rollen nur im Kontext des Ausbaus der Französischen Kolonie in Potsdam beantwortet werden. Deshalb soll zunächst der in Kapitel B. gewonnene Kenntnisstand über die Anfänge der Französischen Kolonie in Potsdam hinaus erweitert werden. Der Abschnitt D.II. widmet sich anschließend dem Verhältnis von Hof und Kolonie, während der Abschnitt D.III. der Beziehung von Garnison und Kolonie nachspürt. Ferner wird analysiert, wie diese Rollen im Laufe des 18. Jahrhundert akzentuiert wurden. Somit lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Hof oder die Garnison stärkeren Anteil an der Entwicklung der Französischen Kolonie hatte. Bereits Radtke vermutete, dass sich nur größere Städte, wie etwa die Residenzstadt Potsdam, für die Etablierung eines französischen Gemeinwesens eigneten.2 Diese These kann so für Potsdam überprüft werden. Der 1
AFrD, 5968, fol. 131.
I. Der Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam
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Abschnitt D.IV. wendet sich der Rolle der Potsdamer Kolonie im Seidenbau zu. Da ihr Mitwirken vom Landesherrn ausdrücklich erwünscht war, wurde hier auch bewusst ein Kulturtransfer zwischen Kolonisten und Deutschen initiiert. Dieses Kapitel leitet damit auch von den Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Französischen Kolonie zu ihrem Kulturtransfer über.
I. Der Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam „Demnach Seine königl. Maj. in Preußen Unser allergnädigster Herr, fernerhin nicht nöthig erachten, daß der in weniger als aus 20 Persohnen bestehenden Frantzösischen Colonie zu Spandau, ein eigener frantzösischer Prediger gehalten werde, und diese allenfallß sich nach Potsdam begeben könne“.3
Der institutionelle Ausbau der Kolonie in Potsdam begann 1723 mit Gründung der Gemeinde, und damit zu einem Zeitpunkt, als es streng genommen noch keine Französische Kolonie in Potsdam gab. Daher sollen die Etappen der Gemeindekonsolidierung in dieser Betrachtung den Anfang machen. Im Einzelnen wird auf die zweite Predigerstelle, die Zusammenlegung mit der Spandauer Gemeinde, den Kirchenbau und die Französische Schule eingegangen. Dem schließen sich Ausführungen zum Französischen Gericht und der medizinischen Versorgung als säkulare Bereiche der Kolonie an. Bestätigt sich hier die Vermutung, die sich im ersten Kapitel etwa mit der überproportionalen Förderung aus dem Französischen Etat andeutete, dass dem Ausbau der Kolonie in der Residenz Potsdam gestiegene Bedeutung zukam? 1. Die Erweiterung der Französischen Gemeinde Eine besondere Förderung der Französisch-Reformierten in Potsdam war unter Kurfürst Friedrich Wilhelm und König Friedrich I. nicht erkennbar. Die Réfugiés fanden zwar in der reformierten Schlossgemeinde Aufnahme, bildeten aber vorerst keine eigene Kongregation. Allein die Taufpatenschaften beider Kurfürstenpaare können als Unterstützung gewertet werden. Solche Gesten der Patronage waren aber keinesfalls auf die Réfugiés beschränkt, sondern stellten eine allgemeine Herrschaftspraxis dar, die folg2 Franzosen waren „nur in den großen Städten, vor allem in den beiden Residenzen ein Wirtschaftsfaktor von Rang [. . .] der Ort ihrer wirtschaftlichen Entfaltung [war] naturgemäß die Residenz mit ihrem Hof oder die große Stadt mit einem aufnahmefähigen Bürgertum“. Radtke, S. 85. 3 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 34. Diese Anweisung für die Spandauer Gemeinde wurde 1738 noch einmal bekräftigt. AFrD, 5984, fol. 18.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
lich auch gegenüber anderen Gemeindegliedern geübt wurde.4 Kurfürst Friedrich Wilhelm und Friedrich I. standen beide Pate für Kinder von Réfugiés aus der Schlossgemeinde. Ersterer bei der 1687 geborenen Dorothea Sophie Biette, zusammen mit der Kurfürstin, letzterer bei Friedrich Biette im Jahr 1691 und schließlich zwei Jahre später bei Louisa Friderica de Simonis.5 Die Täuflinge erhielten folgerichtig auch die Namen des Kurfürsten oder der Kurfürstin.6 Eine andere Qualität besaß die Patenschaft, die Friedrich Wilhelm I. für den 1724 in Potsdam geborenen Sohn des Pastors der Französischen Gemeinde, Thomas Le Cointe, übernahm. Hiermit bekundete der Monarch seine Verbundenheit zu seinen französischen Untertanen und verlieh darüber hinaus seiner Rolle als Kirchenoberhaupt Ausdruck.7 Der „Soldatenkönig“ beließ es jedoch bei dieser einmaligen Geste. Friedrich II. verzichtete ganz auf diese Visualisierung paternalistischer Herrschaft.8 Friedrich Wilhelm I. erwies sich nicht nur als Gründer der Französischen Gemeinde in Potsdam, sondern auch als deren Förderer. Durch die Etablierung einer Französischen Kolonie erhielt die Kirchgemeinde in der Schlosskapelle regen Zulauf, so dass die Bestallung eines zweiten Pastors sinnvoll erschien, wollte man das Wachstum der Kolonie weiter befördern.9 Die Bestallung erfolgte 1735 zu Lasten der Spandauer Gemeinde. Deren Schicksal besiegelte ein Ereignis, das man kaum mit der Spandauer Kongregation in Verbindung bringen würde: In Neustadt an der Dosse war durch den Tod des Predigers Le Clerc die Pastorenstelle vakant geworden. „Dortige Gemeinde bittet inständig, daß dieser Platz durch jemand möge besetzt werden, welcher der teutschen sowohl als der frantzösischen Sprache zu gleich mächtig ist. Das hiesige frantzösische Ober-Consistorium schläget den Candidat Ruinat als den geschicktesten dazu vor.“10 4
Vgl. Peter Bahl, Paten in der Reformierten Schloß-Gemeinde Potsdam 1662–1688. Eine Quelle zu den Amtsträgern am Hofe des Großen Kurfürsten, in: Genealogisches Jahrbuch (Sonderdruck), Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte (Hg.), Band 39, Neustadt a.d. Aisch 1999, S. 143–185, besonders S. 148. 5 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher, Nr. 570 Garnisonkirche Potsdam, Taufregister, fol. 117, Nr. 129, 30.03.1687; 23.03.1691; 01.06.1693. Vgl. zu diesen Taufen auch den Abschnitt G.I.1. 6 Auf diese besondere Namensvergabe in der französisch-reformierten Tradition wird noch in Abschnitt G.I.1. zu sprechen sein. 7 Vgl. Wilke (1988a), S. 55 ff. Mit dem Verzicht auf Nationalsynoden und der Akzeptanz des Landesherren als Summus Episcopus zahlten die Réfugiés den Preis für ihre Religionsfreiheit. 8 Gleichwohl für beide Regenten Patenschaften überliefert sind, steht bislang eine systematische Untersuchung, wie Bahl sie für die Schlossgemeinde zu Zeiten des Kurfürsten Friedrich Wilhelm vorgelegt hat, und die nähere Auskunft über die damit visualisierte Herrschaftspraxis geben könnte, für dessen Nachfolger noch aus. 9 Die Kolonie zählte vor Einrichtung der zweiten Predigerstelle bereits 300 Seelen.
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Doch der König hatte andere Pläne und überging das Votum der obersten französischen Kirchenbehörde.11 Statt des jungen Absolventen Charles Ruynat sollte der Pastor der Spandauer Gemeinde Jean Coullez seinen Dienst in Neustadt an der Dosse antreten.12 Ruynat sollte auch nicht etwa nach Spandau: „Demnach Seine königl. Maj. in Preußen Unser allergnädigster Herr, fernerhin nicht nöthig erachten, daß der in weniger als aus 20 Persohnen bestehenden Frantzösischen Colonie zu Spandau, ein eigener frantzösischer Prediger gehalten werde, und diese allenfallß sich nach Potsdam begeben könne“.13
Mit der Berufung Ruynats wurde in Potsdam eine zweite Predigerstelle geschaffen.14 Seine Bestallung geschah zu Lasten der Spandauer Gemeinde. Selbst wenn die Nähe zur Spandauer Kolonie dem Gedeihen einer Potsdamer Kolonie jemals abträglich gewesen sein sollte, verkehrten sich die Verhältnisse 1735 ins Gegenteil: Während die Kolonie fortbestand, wurde die Spandauer Gemeinde aufgelöst und ihr Vermögen seit 1738 vom Potsdamer Konsistorium verwaltet.15 10 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 41. 11 Das Oberkonsistorium entstand 1701 und erfüllte als geistliche Behörde sowohl administrative als auch justizielle Aufgaben. Ihm waren die Konsistorien der einzelnen Gemeinden unterstellt, in den Pastoren und Anciens gmeinsam die Gemeindeleitung verantworteten. Vgl. Franziska Roosen, Erziehung und Bildung von Hugenotten in Berlin. Das Lehrerseminar, in: Guido Braun/Susanne Lachenicht (Hg.), Hugenotten und deutsche Territorialstaaten. Immigrationspolitik und Integrationsprozesse (= Pariser historische Studien; 82), München 2007, S. 193–210, hier S. 196. 12 Jean Coullez (1695 Halle – 1755 Königsberg) war von 1724 bis 1735 Pastor in Spandau und ging dann für ein Jahr nach Neustadt, um von da aus die Predigerstelle in Neuhaldensleben zu versehen. http://huguenots-france.org/france/lorraine/ pasteurs.htm (04.05.2008). 13 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 34. Diese Anweisung für die Spandauer Gemeinde wurde 1738 noch einmal bekräftigt. AFrD, 5984, fol. 18. 14 „Bey an Wachsung der Frantzösischen Colonie zu Potsdamm, wir allergnädigst gutgefunden, einen zweyten Prediger daselbst zu bestallen und anzunehmen und Unß dazu der Candidatus Theologicae Ludewig Carl Ruinat, wegen seiner guten Geschicklichkeit, frommen Lebens und Wandels, auch andern, einem geistlichen Wohl anstehenden qualitaeten, in allerunterthänigsten Vorschlag gebracht worden“, GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 43. 15 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 26, Nr. 1, fol. 108–111. Die Potsdamer Gemeinde darf lediglich die Zinsen für die Armenkasse verwenden, vorzugsweise für die Unterstützung der in Spandau verbliebenen Gemeindeglieder. Die Tauf- und Abendmahlsgeräte der Spandauer Gemeinde wurden ebenfalls in Potsdam aufbewahrt. 1788 ließ sie die Potsdamer Gemeinde vom Goldschmied Martens einschmelzen und zu einer neuen Taufkanne gießen. AFrD, 5970, 22.12.1787 u. 06.02.1788.
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Bei der erwähnten Größe von 20 Personen zielte die Zusammenlegung nicht so sehr auf eine Aufstockung der Potsdamer Gemeinde durch Spandauer Kolonisten ab. Dieses Vorgehen enthüllt vielmehr eine Präferenz der Potsdamer Kolonie gegenüber den französischen Gemeinwesen in Spandau und Neustadt.16 Zugleich setzte sich Friedrich Wilhelm I. über die für die französisch-reformierten Gemeinden verbindliche Discipline ecclesiastique hinweg, die die Pastorenwahl zur rein kirchlichen Angelegenheit erklärte.17 Die Errichtung einer zweiten Predigerstelle in Potsdam setzte Ressourcen frei, die übergemeindlich eingefordert wurden. Der erste Prediger, Le Cointe, nahm als Kircheninspektor die Schulvisitationen der französisch-reformierten Gemeinden in der Kurmark vor.18 Während Ruynat 1742 nach Magdeburg versetzt wurde, blieb Le Cointe bis 1776 im Amt. Nach ihm bekleideten Louis Barandon (1777–1783), Jean George Erman (1783–1805) und Henri Isaac Chodowiecki die erste Pastorenstelle in der Französischen Gemeinde. Ruynat folgten auf die zweite Pastorenstelle Guillaume Pelet (1742-1784) und Jean Henry (1787–1795). Nicht immer jedoch waren zwei Pastoren ein Segen für die Gemeinde. Über Pelet erfahren wir vom Eigensinn Le Cointes, der sogar gegen das Votum der Gemeinde seine Position durchzusetzen versuchte. So geschehen bei der Frage der Bestuhlung der Französischen Kirche, von deren Errichtung nun die Rede sein soll.
2. Der Bau der Französischen Kirche Das Edikt von Potsdam gewährte den Réfugiés zwar Glaubensfreiheit, doch nicht gleich wurden ihnen in Brandenburg-Preußen eigene Kirchen gebaut.19 Ähnlich wie die Berliner Kongregation, nutzte auch die Französi16
Die Kolonien Spandau und Neustadt/Dosse wurden 1689 und 1691 gegründet. Vgl. Ernst Mengin (Hg.), Das Recht der französisch-reformierten Kirche in Preußen, Berlin 1929, hier 1. Kapitel: Von den Predigern. Zur Pastorenwahl siehe auch den Abschnitt G.I.5. in dieser Arbeit. 18 AFrD, 5985, 04.01.1740. 19 Hierin machte auch die 1672 in Berlin gegründete älteste Französische Gemeinde in Brandenburg-Preußen keine Ausnahme. Nachdem sie anfänglich mit dem kurfürstlichen Marstall vorlieb nehmen musste, stand ihr ab 1682 die Kapelle im Stadtschloss zur Verfügung. Ab 1688 teilten sich die Berliner Hugenotten in der Dorotheenstadt die dortige neu erbaute evangelische Kirche mit der deutschen Gemeinde. Die ersten eigenständigen französischen Gotteshäuser entstanden im Jahre 1700 in Köpenick, anno 1701 auf dem Friedrichswerder als Doppelkirche mit zwei getrennten Andachtsräumen für eine deutsch-französische Simultangemeinde und schließlich 1705 mit der Friedrichstadtkirche, heutzutage besser bekannt als der Französische Dom am Gendarmenmarkt. Vgl. das Kapitel Kirchen in: Fuhrich-Gru17
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sche Gemeinde in Potsdam zuerst die Kapelle im Schloss für ihre Gottesdienste. Diese war durch den Umzug der Schlossgemeinde in die neu errichtete Garnisonkirche 1722 frei geworden. Selbst in Zeiten ihrer größten Ausdehnung reichten die Kapazitäten der Schlosskapelle aus, um die gesamte Französische Gemeinde zu fassen.20 Eine eigene Kirche war also aus Platzgründen für die Französisch-Reformierten in Potsdam nicht zwingend erforderlich, zumal ihre Zahl nach 1740 stetig zurückging. Dennoch ließ Friedrich II. die Französische Kirche am Bassinplatz zu einer Zeit errichten, als die Französische Gemeinde höchstens 250 Personen umfasste und eine Erholung ihres Bestandes auf Grund ihrer Altersstruktur nicht abzusehen war.21 Anlass hierzu gab die Umgestaltung des Potsdamer Stadtschlosses, dem die Kapelle im westlichen Eckpavillion zum Opfer fiel.22 Der Französischen Gemeinde kündigte Friedrich II. wegen Eigenbedarf. Auf eigenen Wunsch hin wurde ihr stattdessen die Garnisonkirche zur Mitnutzung angewiesen.23 In seiner Sitzung vom 9. Juli 1750 beriet das Konsistorium über bert (1992), S. 46 ff. Für die Bestattung ihrer Toten nutzte die Französische Gemeinde in Potsdam dieselben Nekropole wie die übrigen christlichen Gemeinden der Stadt. Dies geht aus der Eintragung „cimetière public“ im Sterberegister hervor. AFrD, 6020, passim. 20 Wie aus den Protokollbüchern hervorgeht, war selbst auf dem Höhepunkt der Gemeindeentwicklung im Jahr 1739 nie das Platzangebot das Problem, sondern vielmehr die Platzwahl. Hatten sich neu hinzugezogene Gemeindeglieder unwissentlich auf einen der angestammten Sitze der älteren Gemeindeglieder gesetzt, versuchten letztere ihr Gewohnheitsrecht wenn nötig auch noch während des Gottesdienstes durchzusetzen. Die Anciens versuchten daraufhin, durch die Ausgabe von Platzkarten die Andachtsruhe wieder zu gewährleisten. AFrD, 5984, fol. 25. 21 Angaben zur Größe der Gemeinde liegen erst ab 1785 vor. Die hier benützte Größenangabe entstammt daher der Kolonieliste von 1752. Die Zahl der Gemeindeglieder dürfte leicht darunter gelegen haben, da bereits zur Jahrhundertmitte dem Potsdamer Konsistorium die ersten Bitten vorlagen, aus Sprachgründen in eine deutsche Gemeinde wechseln zu dürfen. Ebd., fol. 150. Gemeinde und Kolonie waren also selbst um die Mitte des 18. Jahrhunderts nie deckungsgleich und begannen sich zunehmend unabhängig voneinander zu entwickeln. Vgl. Kapitel G.I.6. 22 Nach Manger wurde die Kapelle zu vier Zimmern umgestaltet. „Sie waren zur Wohnung für Fremde hohen Standes, besonders weiblichen Geschlechts, bestimmt, welche sich einige Zeit auf dem Schlosse aufhalten möchten, und bestanden eigentlich aus einem Parade- und zwey andern Zimmern, wovon das letztere im Sinesischen Geschmacke verziert wurde, nebst einem Schlafgemache mit Alkoven und einer Garderobe.“ Manger, S. 131 f. Die Orgel scheint hingegen im Schloss verblieben zu sein. Friedrich Wilhelm II. bot sie 1787 der Französischen Gemeinde zum Gebrauch in der Französischen Kirche an. AFrD, 5970, 07.03.1787. Vgl. zur Orgel auch Kapitel G.I.4. 23 Mit den Worten: „Die Garnison Kirche ist die Comodeste“ wurde dieses Gotteshaus der Französischen Gemeinde auf eigenen Wunsch hin zur Mitnutzung angewiesen. AFrD, 5984, fol. 61–65, hier fol. 62.
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die Gottesdienste, die ab dem 12. Juli bis zur Fertigstellung der Französischen Kirche in der Garnisonkirche gefeiert werden sollten:24 „Sa Majesté ayant fait declarée qu’ille avoit Besoin de la Chapelle ou nous tenions nos exercises de Pieté dans la Chateou. Et en suitte nous ayant en cette concequance assigné l’Eglise de la Garnison (ou nous pouvrions continuir Notre Service Divin (en attendant Qu’elle nous eut fait Batir un nouveau Temple)“.25
Drei Jahre musste die Französische Gemeinde auf ihren Temple warten. Zum ersten Gottesdienst am 23. September 1753 stiftete der König die Tauf- und Abendmahlsgefäße.26 Vergleicht man diesen Kirchenbau mit der nur unwesentlich später vollendeten Friedrichskirche auf dem Weberplatz in der böhmischen Kolonie Nowawes, so fallen einige Unterschiede auf. Zwar handelt es sich bei beiden Kirchen um Schenkungen Friedrich II., doch zeigte sich der Landesherr gegenüber seinen französischen Untertanen entschieden großzügiger: So betrugen die Baukosten für die Französische Kirche mit knapp 28 072 Reichstalern rund das Dreifache wie für die Friedrichskirche.27 Damit korrespondierte auch die Gestaltung der beiden Gotteshäuser. Der Temple geht vermutlich auf Pläne von Wenzeslaus von Knobelsdorff zurück, der das bereits in Sanssouci verwirklichte Pantheon-Motiv hier als Synthese der Kuppelbauten Berninis und des englischen Palladianismus wieder aufleben ließ.28 24
In der Literatur ist durchgängig vom 11.07.1750 die Rede. Hier liegt eine Verwechslung mit dem Datum des Gründungsgottesdienstes der Französischen Gemeinde vor, auf das bereits in der Einleitung hingewiesen wurde. Der 11.07.1750 ist ein Samstag. Dieser Fehler taucht wie erwähnt zuerst bei Muret, S. 258 auf. 25 AFrD, 5968, fol. 131. Zum Umzug der Französischen Gemeinde in die Garnisonkirche und dessen Vorbereitungen vgl. den Abschnitt G.I.7. 26 Vgl. Gerlach, S. 197: „Zur Austeilung des Abendmahls hat sie [die Französische Kirche, S. K.] einen Tisch, und die Communion und Taufgeräthe von Silber, sind von S. K. Majestät dahin verehret worden.“ Indem Friedrich II. der Französischen Kirche ihre Tauf- und Abendmahlgefäße stiftete, bekräftigte auch er gegenüber den Französisch-Reformierten seinen Anspruch als oberster Kirchenherr. Friedrich Wilhelm I. tat dies z. B. in Potsdam bei der alten und neuen Garnisonkirche oder der katholischen Kirche. Die Verbindung zum Landesherrn als Summus Episcopus konnte so zum Ausdruck gebracht werden, gerade auch gegenüber der Französischen Kirche, wo diese Suprematie mit deren Synodalverfassung unvereinbar war. 27 GStA PK, I. HA Rep. 36 Geheimer Rat, Nr. 3133, fol. 14. Zur Friedrichskirche vgl. Manger, S. 794, der deren Baukosten auf rund 7 764 Reichstalern beziffert. 28 Da die Entwurfszeichnungen nicht überliefert sind, muss in Fragen der Urheberschaft der Pläne für die Französische Kirche am Bassinplatz auf die Sachkenntnis von Heinrich Ludewig Manger (1728–1790) vertraut werden, der sie Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff (1699–1753) zuschreibt. Die von Manger behauptete Bauausführung durch Jan Boumann (1706–1776) und dessen Konduktor Christian Ludwig Hildebrandt ist hingegen durch Rechnungsbücher belegt. Vgl. Manger, S. 135 ff. u.
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Inwieweit Knobelsdorff hier Vorstellungen Friedrich II. zur Planungsreife verhalf, muss weitestgehend unbeantwortet bleiben. Gesichert scheint hingegen, dass der König das antikisierende Erscheinungsbild der Französischen Kirche auch im Innenraum aufgreifen wollte, und zwar durch die Anordnung der Sitzbänke zu einem Amphitheater mit ansteigenden Reihen. Von dieser im protestantischen Kirchenbau nicht ganz ungewöhnlichen Sitzordnung wird uns aus wenigstens drei Quellen berichtet.29 Die erste weist bereits auf Friedrich II. als Urheber dieser Konzeption hin. So beratschlagten die Anciens wenige Wochen vor der geplanten feierlichen Eröffnung der Französischen Kirche, wie mit ihrer separaten Kirchenbank in Kanzelnähe zu verfahren sei. Ein solches Parquet stellt ein typisches Merkmal im französisch-reformierten Kirchenbau dar. Im Gottesdienst unterstreicht es die Aufseherfunktion der Ältesten gegenüber der Gemeinde, wie auch gegenüber ihrem Prediger.30 Dieses Parquet fände sich nicht in dem von Friedrich II. skizzierten Plänen und würde daher das Auge seiner Majestät beleidigen.31 Deutlicher kommt die Urheberschaft der Innenraumgestaltung im Briefwechsel des zweiten Pastors der Gemeinde, Pelet, mit Jean Henri 616 ff. sowie GStA PK, I. HA Rep. 36 Geheimer Rat, Nr. 3133, fol. 14 ff. Giersberg scheint diese Akte nicht gekannt zu haben, da er mit einiger Zurückhaltung Boumann die Ausführung der technisch herausfordernden Kuppelwölbung zuschreibt. Zeichnungen aus der Hand Friedrich II. seien bislang weder bekannt noch durch Hinweise bezeugt, sein Anteil „ist gewiß in der Wahl und Bestimmung gewisser Vorbilder zu suchen.“ Neben den römischen Pantheonbauten Gian Lorenzo Berninis (1598–1680) ließ sich Knobelsdorff bei den Plänen für die Französische Kirche in Potsdam vor allem vom Gartentempel im Chiswick Park leiten, wie Giersberg überzeugend nachweist. Auch die Einordnung dieses „Temple“ in den reformierten Kirchenbau in Brandenburg im 18. Jahrhundert ist unumgänglich. Vgl. Hans-Joachim Giersberg, Friedrich als Bauherr, unveränderter Nachdruck, Berlin 2001, S. 294 ff. 29 Die halbkreisförmige Anordnung der Kirchenbänke um die Kanzel ist eine beliebte Form im reformierten Kirchenbau. Doch war die ursprüngliche Stellung der Bänke in der Französischen Kirche in Potsdam mit den nach hinten zu erhöhten Reihen wohl einzigartig. Vgl. zum reformierten Kirchenbau den Artikel von Brigitte Flick, Die geschichtliche Entwicklung des reformierten Kirchenraumes, in: Reformierte Kirchenzeitung (RKZ) 3 (1990), hgg. im Auftrag des Reformierten Bundes, S. 73–75. 30 Das „Parquet“ erhielt auch im brandenburgischen französisch-reformierten Kirchenbau Einzug, wofür etwa die Friedrichstadtkirche in ihrer ursprünglichen Gestaltung steht. Vgl. Klaus Merten, Die Temples der Hugenotten, in: Beneke/Ottomeyer, S. 25–34. 31 AFrD, 5968, fol. 157. Dass „le Plan tracé“ hier keinesfalls metaphorisch gemeint ist, wird weiter unten im Eintrag zum 25.08.1753 deutlich, wo es heißt: „le dit Parquet qui ne se trouvent pas dans le plan en question“, also, dass das „Parquet“ nicht im fraglichen Plan zu finden sei, so als ginge es um eine ganz bestimmte Skizze, die man in die Hand nehmen und studieren könne. Anstößig sei vor allem, dass das Parquet die Symmetrie durchbräche.
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Samuel Formey zum Vorschein.32 Das Parquet sei nicht in dem Plan für das Interieur der Kirche verzeichnet, den der König selbst angefertigt habe.33 Den dritten Hinweis erhalten wir fast 100 Jahre später durch die Begutachtung der mittlerweile baufälligen Kirche durch Karl Friedrich Schinkel, der zu jener Sitzordnung verwundert anmerkt: „die Sitzbänke im unteren Kirchenraume sind ganz unzweckmäßig angelegt, sie nehmen vielen Raum weg, und sind, was gar nicht nothwendig wäre, amphytheatrisch, nach hinten zu erhöht, gestellt.“34
Diese Befremdung Schinkels unterstreicht, dass es sich bei der Aufstellung dieses Podestes wohl nicht um das Werk eines Praktikers handelte – dieser wäre eher nach dem Aspekt der Sicht auf die Kanzel oder den Abendmahlstisch verfahren – sondern um den Einfall eines mehr an der metaphorischen Bedeutung orientierten Geistes. Die Französische Kirche erscheint sowohl nach außen wie nach innen hin stark mit Bedeutung aufgeladen und dies im Einvernehmen, wenn nicht sogar auf ausdrücklichen Wunsch, Friedrich II. hin.35 Denn die konzeptionellen Überlegungen für diesen Kirchenbau waren offenkundig noch weiter gediehen – über das Kirchenportal hinaus bis in die Häuserflucht der angrenzenden Pflugstraße hinein.36 Die 1733 fertiggestellte Stadt- und Akzisemauer zeichnete die Grenzen des Wachstums der Nebenresidenz Potsdam vor. Friedrich II. städtebauliche Spielräume waren daher, abgesehen von den Kolonistenhäusern in den Vorstädten, weitestgehend eingeengt auf die Verschönerung und Instandsetzung 32 Jean Henri Samuel Formey (1711–1797) lehrte damals Philosophie am Collège François in Berlin und war Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Zum Beitrag Formeys zur Berliner Aufklärung siehe Jens Häseler, Provinzialismus aus geistiger Assimilation? In: Böhm/Ders./Violet, S. 241–254, mit weiteren Literaturhinweisen. 33 „Et qui plus est encore qu’il n’est pas marqué dans le Plan Interieur que le Roy à donné lui meme.“ Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, K 30: Pelet, fol. 37. 34 BLHA, Pr. Br. Rep. 2A Potsdam, II Potsdam, Nr. 225, fol. 137. Der Architekt Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) betätigte sich in Brandenburg auch als Denkmalpfleger. 35 Dass die Schenkungsurkunde über die Französische Kirche an die Gemeinde auf den 16.09.1753, den Todestag Knobelsdorffs, datiert, erweist sich bei genauerer Betrachtung wohl eher als Zufall. Erst an diesem Tag wurde der Hof wieder in Potsdam zurück erwartet. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, K 30: Pelet, fol. 38: „jusqu’en 16. Septembre prochain temps au quel le Cour sera de retours icy.“ Möglich, dass Friedrich II. sich gleich nach seiner Ankunft in Sanssouci ihrer Ausstellung widmete und erst später vom Tod Knobelsdorffs erfuhr. 36 Heute Charlottenstraße.
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der eilig und kostensparend gebauten Bürgerhäuser.37 Was im Zuge der ersten Stadterweiterungen noch als Fachwerk errichtet wurde, entstand während der Regentschaft Friedrich II. zum Teil in Stein neu oder fand sich wenigstens mit prächtiger Barockfassade verziert wieder. Neben der Verminderung der Brandgefahr38 stand auch die Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes Potsdams auf dem Programm. Dabei sollten die Fassaden nicht einfach irgendwie aufgewertet werden, vielmehr ging es um ihre prospekthafte Gesamtwirkung. Hierfür stand die Architektur eines Landes Pate, der sich der selbsternannte „Philosoph von Sanssouci“39 kulturell verbunden fühlte: Italien. Nach Rom hatte Friedrich II. daher Baumeister wie Knobelsdorff und Carl Gontard40 einst ausschwärmen lassen, damit sie nördlich der Alpen ein Stück Antike und Renaissance wieder aufleben ließen. Der Stich von Andreas Ludwig Krüger „Vorstellung der Nord=Seite beym Bassin in Potsdam“ von 1779 zeigt sehr eindrücklich die Gesamtwirkung der von Gontard gestalteten Südseite des Bassinplatzes, in die sich die Französische Kirche harmonisch einfügte.41 Mit der Französischen Kirche scheint nicht nur das Pantheon-Motiv auf und mit ihm der oft als Toleranzgedanke verkürzte Wahlspruch: Alle Religionen sind gleich,42 der in Wahrheit genauso viel machtpolitisches Kalkül beinhaltete, sondern es wurde auch den kulturellen Leistungen der Hugenotten, die Friedrich II. in seinen Denkwürdigkeiten so verklärend heraufbeschwor, ein Denkmal gesetzt.43 Dieser Temple am Südostzipfel des Bas37 Königliche Visionen, S. 213 f. Eine Liste von zwischen 1740 und 1763 massiv wiederaufgebauten Fachwerkhäusern findet sich in: BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3318, fol. 15. 38 Darum kreisten auch die Feuervisitationen in der Stadt Potsdam. 1747 monierten die Inspektoren beim Kolonisten Barandon einen Kachelofen, der direkt an einer Holzwand stand. Ein Maurer sorgte für Abhilfe. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 319/4, 29.04.1747. 39 Nach der Lesart des 18. Jahrhunderts meint „Philosoph“ hier, ein gebildeter, „fortschrittlich gesinnter Denker“. Laut Eduard Spranger, Der Philosoph von Sanssouci, Berlin 1942, S. 3, unterzeichnete Friedrich bereits im Alter von 16 Jahren mit „Fréderic le philosophe“, zitiert nach Volker Wittenauer, S. 105. 40 Carl Philipp Christian von Gontard (1731–1791). 41 Potsdam-Museum, V 79/99 K 2b. Andreas Ludwig Krüger (1743–1822). 42 „Die Religionen Müsen alle Tolleriret werden und Mus der Fiscal nuhr das auge darauf haben das Keine der andern abruch tuhe, den hier mus ein jeder nach Seiner Faßon Selich werden -Fr.“ Mit diesem Marginal versah Friedrich II. den Bericht des Konsistorialpräsidenten von Brand zur Weiterführung katholischer Schulen im Land vom 22.06.1740, Vgl. Gustav B. Volz, Friedrich der Große am Schreibtisch, in: Hohenzollernjahrbuch 13 (1909), S. 1–56, hier S. 7. 43 In den Denkwürdigkeiten heißt es zu der Aufnahme der Réfugiés: „Die reichsten gingen nach England und Holland; die ärmeren, aber betriebsamsten, flüchteten sich ins Brandenburgische; ihre Zahl betrug gegen 20 000. Sie halfen unsre veröde-
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sinplatzes machte für jeden sichtbar: Die Hugenotten gehören nicht nur zur Stadt, sie sind auch ihr integraler kultureller Bestandteil. Auf politischer Ebene symbolisierte dieser Kirchenbau die Zugehörigkeit der Französischen Kirche zur allgemeinen Idee von Religion bei Friedrich II.44 In diesem Bau konnten Eigensinn und Einklang mit dem Toleranzgedanken gleichermaßen betont werden. Weiterhin steht zu vermuten, dass der Kirchenbau zu einer gewissen Konsolidierung der seit dem Thronwechsel heftig in Bewegung geratenen Französischen Gemeinde führte. Immerhin lässt sich anlässlich der Grundsteinlegung ein gemeindeübergreifendes, reges Interesse am Kirchenbau konstatieren. Auch die Bauarbeiten, oder besser die Streitereien um die Bauausführung, vollzogen sich unter den neugierigen Blicken der Nachbarschaft. Der Grundstein für die Französische Kirche wurde am 06. August 1751 gelegt. Das Ereignis zog laut Pelet „femmes et marmeilles des maisons voisines“ an.45 Als der Kirchenbau bis zur Aufrichtung des Parquets nebst dessen Umfriedung fortgeschritten war, wunderten sich durch lautstarke Wortgefechte zwischen dem ersten Pastor, den Anciens und den Handwerkern herbeigelockte Passanten: „cetoit pour y renfermer des brebis?“46 Inwieweit die Gemeinde sich der Worte der Nachmittagspredigt zur Eröffnung der Kirche am 23. September 1753 erinnerte: „Wie lieblich schön, Herr Zebaoth, ist deine Wohnung . . .“47 und nun ihren Lebensmittelpunkt nach diesem Gotteshaus ausrichtete, kann nur vermutet werden. Genauso ten Städte wieder zu bevölkern und verschafften uns die Manufakturen, welche uns mangelten.“ Zitiert nach Muret, S. 37 f. 44 Unter Friedrich II. wurde der Städtebau im Ganzen wie im Detail zum sichtbaren Zeugnis des politischen Programms absoluter Herrschaft. Vgl. Kroener, S. 244. In der prospekthaften Wirkung der Französischen Kirche im Stadtbild liegt noch ein weiterer Unterschied zur Kirche auf dem Weberplatz. Zwar wurde in Nowawes mit der Kirche und den sie umgebenden Kolonistenhäusern ein böhmisches Weberdorf inszeniert, dieses Ensemble entbehrt jedoch einer philosophischen Tiefe wie jenes am Bassinplatz. 45 Zu Deutsch: Frauen und Bälger der Nachbarschaft. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, K 30: Pelet, fol. 33. 46 Zu Deutsch: Ob dies zum Einpferchen der Schafe gedacht sei? Ebd., fol. 37. Freilich spielt diese Herabwürdigung des „Parquets“ als Stall der Argumentation von Pelet in die Hände, der sich gegen den Einbau einer Ältestenbank wandte. Zu dieser Auseinandersetzung vgl. ausführlich den Abschnitt G.I.5. 47 Guillaume Pelet predigte an diesem Tag über Psalm 84. Im Anschluss an den Gottesdienst wurde Anne Marie, die Tochter des Vergolders Pierre Geoffroi getauft. Die Eltern scheinen bis zu diesem Festtag mit der Taufe gewartet zu haben, denn das Mädchen war zu diesem Zeitpunkt bereits einen Monat alt. Bei den meisten Neugeborenen in der Französischen Gemeinde erfolgte die Taufe schon am darauffolgenden Sonntag. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Abstand von Geburt und Taufe auf diese Spanne ausgedehnt. Näheres hierzu in Kapitel G.I.1. und zum Festgottesdienst am 23.09.1753 in Abschnitt G.I.4.
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wie die Frage, in welchem Umfang die Kirche nach den Jahren heftiger Fluktuation unter ihren Mitgliedern zur allmählichen Stabilisierung der Gemeinde beitrug. Die Freigiebigkeit Friedrich II. kannte auch ihre Grenzen. Wegen der kostspieligen Reparatur des Kirchendachs, wagte die Gemeinde ihn nicht um die Überlassung eines Gemeindehauses zu fragen und wandte sich stattdessen 1791 an Friedrichs Nachfolger Friedrich Wilhelm II.48 Friedrich Wilhelm II. überließ der Gemeinde nicht nur insgesamt drei Häuser im Werte von 5 000 und je 3 000 Reichstalern, sondern schenkte ihr bereits 1787 eine Orgel, deren Anschaffungskosten sich auf insgesamt 400 Reichstaler beziffern lassen.49 Damit leisteten die Regenten Friedrich Wilhelm I., Friedrich II. und Friedrich Wilhelm II. ihren je eigenen Beitrag zum Ausbau der Französischen Gemeinde in Potsdam. 3. Die Französische Gemeindeschule Die durch die calvinistische Reformation geprägte Wertschätzung50 der Schulbildung empfing im Refuge eine existentielle Aufwertung. Deutscher resp. französischer Spracherwerb sowie Grundlagen in der wahren Religion wurden durch den französischen Schulmeister vermittelt, um die Kinder der Gemeinde an den französischsprachigen Gottesdienst heranzuführen und damit das Fortbestehen der Gemeinde zu sichern.51 Das französische Schulwesen in Brandenburg-Preußen nahm in Berlin seinen Anfang. So erteilte der zweite Kantor der Französischen Gemeinde in Berlin, Archimbaut, im Auftrag der Gemeinde Leseunterricht, bevor wenige Jahre später der Schulunterricht sowohl unter Leitung eines von der Französischen Kirche ordi48 Karl Manoury, Die Geschichte der französisch-reformierten Provinzgemeinden, Berlin 1961, hier S. 5 u. 7. Laut Manger beliefen sich die Kosten der im Jahr 1765 nötig gewordenen Reparatur auf rund 2 900 Reichstaler. Vgl. Manger, Bd. 3, S. 794. 49 Noch im Februar 1786 schlug die Gemeinde ein Angebot des Orgelbauers Ernst Marx (1728–1799) für den Ankauf einer Orgel im Wert von 300 Reichstalern aus. Bereits im März des darauffolgenden Jahres wurde beim neuen König Friedrich Wilhelm II. in Sachen Orgel vorgefühlt. Dieser brachte daraufhin die Orgel der Schlosskapelle in Vorschlag. Schließlich beauftragte die Gemeinde doch den Orgelbauer Marx mit der Lieferung eines solchen Instruments. AFrD, 5970, 22.02.1786; 07.03.1787; 25.03.1787. 50 Die Unterrichtung der Jugend hielt daher auch Einzug in die Discipline. Den Gemeindeschulen ist nach den Predigern das zweite Kapitel gewidmet. Vgl. Mengin. 51 Zur Bedeutung der französischen Sprache für Kolonie und Gemeinde vgl. den Abschnitt G.II.
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nierten Maître d’école als auch von privaten Schulhaltern eingeführt wurde, wovon insbesondere Kinder mittelloser Eltern profitieren sollten.52 Gelehrt wurde anfänglich Lesen, Schreiben und Rechnen.53 Eine 1717 vom König erlassene Schulordnung für die Französischen Kolonien versuchte den Schulbesuch zur Pflicht zu machen.54 Die Anfänge der Französischen Gemeindeschule reichen daher auch bis in das Gründungsjahr der Französischen Gemeinde zurück. 1723 wurde neben Le Cointe als ersten Pastor auch Daniel Villaume, der wie Le Cointe aus Berlin kam, als Kantor und Schulmeister mit einem jährlichen Salär von 100 Reichstalern bedacht.55 Villaume wohnte anfänglich beim Grenadier Kracht in der Fleischerstraße, heute in etwa hinter dem Alten Rathaus angesiedelt, wo wahrscheinlich der Elementarunterricht stattfand, bis Villaume das Haus des Lichtziehers Daniel Henrion in der Gärtnerstraße übernahm.56 Unmittelbar nach seinem Amtsantritt machten sich beim Schulmeister erste gesundheitliche Probleme bemerkbar.57 Eine Visitation der Potsdamer Gemeinde im Jahr 1738 kam überdies zu dem Schluss „daß der Cantor und Schulmeister Willaume, nicht die zu unterrichtung der Kinder erforderte Capacität besitzet, und daß Er überhaupt das Schulmeisteramt sehr negligiret.“58 Um diesen Missstand zu beheben, wurde der Schulmeister Daniel Plantier aus Spandau nach Potsdam berufen, „weil derselbe nicht 52
Klaus Steiner, Das Schulwesen, in: Bregulla, S. 206–226, hier S. 209 f. Roosen, S. 197, Anmerkung 18. 54 Bußgelder drohten, wenn die Kinder absichtlich der Schule ferngehalten wurden. Ausnahmen galten nur für die Erntezeit. Vgl. Steiner, S. 212. Zeitgleich sollte eine allgemeine Schulpflicht auch für die deutschen Schulen durchgesetzt werden. Zur Wirkung des Schuledikts von 1717 vgl. Wolfgang Neugebauer, Absolutistischer Staat und Schulwirklichkeit in Brandenburg-Preußen (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin; 62), Berlin/New York 1985, S. 172 f. 55 AFrD, 5985, fol. 4. 56 Die Gärtnerstraße ist die heutige Henning-von-Tresckow-Straße. Nur große Gemeinden waren in der Lage, eigene Schulgebäude zu unterhalten, wie das 1689 in Berlin gegründete Collège Français, für das anfänglich Räume in der Stralauer Straße angemietet wurden. Vgl. Fuhrich-Grubert (1992), S. 24. Zu Winkelschulen vgl. auch Neugebauer (1985), S. 581 ff. Villaume wird als Eigentümer in einer Aufstellung von Bürgern erfasst, die Vorschüsse zum Ausbau ihrer Häuser noch unter Friedrich Wilhelm I. erhalten haben. Da dieser Vorschuss ursprünglich Henrion zugedacht war, bleibt offen, wann das Objekt in Villaumes Besitz überging. BLHA, Pr. Br. Rep. 2S, Nr. 6634, 14.10.1743. 57 1724 waren Villaume und seine Frau bettlägerig. Ein Richter und ein Assessor kamen zur Testamentsaufnahme an ihr Krankenbett. Stadtarchiv Potsdam 1-1/715, fol. 390 f. 58 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bII, Nr. 2, fol. 87. Die Probleme mit Villaume hielten jedoch an. Am 03.07.1743 beriet das Konsistorium über Leben und Sitten des Kantors, der sich in der Kneipe in Beschimpfungen über die Gemeindeleitung ergieße. AFrD, 5968. 53
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nur Teutsch und Frantzösisch kann, sondern auch bey seinem Amt sich jederzeit treu und redlich verhalten.“ So war Villaume ab Oktober desselben Jahres nur noch als Kantor tätig und musste sich sein Gehalt mit Plantier teilen, der nun an seiner Statt die Kinder der Gemeinde unterrichtete.59 Plantier wohnte „bei der neuen Hauptwacht nach der Mauer“ etwa in Höhe Charlottenstraße Ecke Lindenstraße.60 Während Villaume weiterhin sein Amt als Kantor versah, löste Isaac Figuier Daniel Plantier nach dessen Ableben im Jahr 1758 als Schulmeister ab. Der gelernte Gerber Figuier verdiente bisher seinen Lebensunterhalt als Sprachmeister.61 Das Amt des Kantors blieb auch über den Tod Villaumes hinaus von dem des Schulmeisters entkoppelt. Auf Figuier folgten Pierre Bonnet, Pierre Etienne Noré,62 und Victor Delon,63 bis 1797 Isaac Jordan Kantoren- und Schulmeisteramt in einer Person vereinte.64 Aus gesundheitlichen Gründen übernahm jedoch Abraham Huguenel bald darauf zuerst die Gemeindeschule von Jordan, wofür er aus dem Militärdienst ausschied, und versah nach Jordans Tod auch die Stelle als Kantor.65 59
Eine Aufstellung aller für die Französische Kolonie in Potsdam erbrachten Leistungen vom 10.01.1739 gibt für den Schulmeister ein Gehalt von 45 Reichstalern an, der Kantor wird aber noch als mit 100 Reichstalern aus der Domänenkasse besoldet aufgeführt. Gleichfalls wird eine „Maitresse d’Ecole“ erwähnt, die eine Pension von 60 Reichstalern aus dem Französischen Etat beziehe. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 48 f. 60 Stadtarchiv Potsdam 1-5/115, fol. 23. Mit Fellien kann sein Haus als der heutigen Nr. 12 entsprechend identifiziert werden. Vgl. Herman Fellien, Grundstückskartei der Potsdamer Innenstadt bis 1849, unveröffentlichtes Manuskript, Stadtbibliothek Potsdam 2001, S. 79. Weitere Schulstandorte waren das Delonsche Haus in der Hohen Weg Straße beim Bäcker Langner (also in der Altstadt in Schlossnähe) sowie das Haus von Isaac Jordan in der Pflugstraße neben dem Schneider Thomas (heute entweder Charlottenstraße 37 oder 39). AFrD, 5975, fol. 17; Fellien, S. 117 u. S. 84. 61 Der erste Beleg für Figuiers Tätigkeit als Sprachmeister liefert die Kolonieliste von 1752. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 61 f. Bis 1768 wird Figuier dort als Maître d’école geführt. 62 1784 wurden die Kinder der Gemeinde auf die Schulen von Bonnet und Noré aufgeteilt. Als Noré 1797 starb, übernahm Jordan das Schulmeisteramt. AFrD, 5970, 17.11.1784; 5971, 18.01.1797. 63 Wenigstens 1791 bis 1793 betreute Delon Kinder der Gemeinde. In den Kolonielisten wird er seit 1773 bis 1791 als Sprachmeister geführt. AFrD, 5970, 5971; GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II. 64 AFrD, 5971, 18.01.1797. 65 Im Juni 1804 gingen beide Ämter auf Huguenel über, den für die Dauer seiner Übersetzertätigkeit während der Französischen Besatzungszeit Jean Guillaume Martin vertrat. Jordan starb 1809 im Alter von 69 Jahren. AFrD, 6020, Nr. 315; 5971, fol. 214; Die vierte Division des Militair Oeconomie Departements bestätigte den Abschied von Huguenel im Jahr 1805 oder 1804, habe hierüber aber keine Unterlagen mehr. Huguenel habe seit 1795 gedient und sei nach ihren Akten nun (1809) 36 Jahre alt. BLHA, Pr. Br. Rep. 2A, II Potsdam, Nr. 220, fol. 14; Rep. 19 Steuer-
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Damit waren Huguenel und Figuier die einzigen in der Französischen Gemeinde tätigen Schulmeister, über deren beruflichen Werdegang wir Kenntnis haben. Neben dieser unter königlicher Patronage stehenden école des pauvres betreute die Französische Gemeinde seit 1771 auch die von Gemeindegliedern privat unterhaltenen Elementarschulen, wie die des Hökers Jean Dumas66 oder die der Judith Delon, die die Kolonielisten von 1778 bis 1791 als Schulhalterin ausweisen. Desweiteren betätigten sich Jean Guillaume Martin, Godefroy Faye, Godefroi Patté sowie Jeanne Ravel zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Gemeinde als Schulhalter.67 Alle Französischen Schulen zusammengenommen betreuten damals 172 Schüler, davon 17 die von Huguenel geleitete Gemeindeschule. Wie bei den Französischen Gemeinde- und Winkelschulen in Berlin auch, reichte die Bedeutung der von der Französischen Kolonie in Potsdam ausgehende Schulbildung über die Grenzen ihres Gemeinwesens hinaus. In puncto Elementarschulbildung auf Französisch blieb die Gemeindeschule in Potsdam ohne Konkurrenz.68 Wie in Berlin auch lockte das geringe Schulgeld.69 Die detailliertesten Hinweise über Art und Umfang der Wissensvermittlung haben sich für die eigentliche Gemeindeschule erhalten. Dort wurden anfänglich bis zu 18 Kindern vormittags von 8 bis 10 und nachmittags von 13 bis 16 Uhr Unterricht erteilt, wozu auch die Unterweisung im Katechismus zählte.70 Mittwochs und samstags entfiel der Nachmittagsunterricht. Dieser Wochenplan behielt bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts seine Gültigkeit.71 Damals galten die Vormittage dem Lesen auf Französisch und Deutsch sowie dem Rechnen und Singen. Nachmittags übten sich die Eleven sowohl im Schreiben auf Französisch und Deutsch als auch im Nähen und Schneidern.72 Die Ausbildung der beiden Mädchen Marie Eleonore rat Potsdam, Nr. 518, fol. 32. Vgl. zu Huguenel und seiner Tätigkeit für die französische Armee das Kapitel G.III. 66 BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15506, 30.08.1771. 67 AFrD, 5991, fol. 5 f. 68 So jedenfalls laut Birgit Kletzin/Udo Scholze, Ein „Geschenk“ das Frankreich dem Ausland gemacht hat, in: Geschichte-Erziehung-Politik (GEP) 4 (1993) 7/8, S. 451–459, hier S. 459. Leider ohne Beleg dieser Aussage. 69 Vgl. Roosen, S. 200. So betreute nachweislich der Schulmeister Jordan neben den Kindern aus der Gemeinde noch viele deutsche Kinder. Vgl. Manoury, S. 5. 70 AFrD, 5984, fol. 27. Leider ist diese Angabe undatiert. Von ihrer Einordnung im Konvolut her müsste sie zwischen 1739 und 1740 entstanden sein. 71 AFrD, 5990, fol. 81. Die Ausführungen beziehen sich auf das Jahr 1801. 72 Damit ließ der Fächerkanon in Potsdam den Unterricht in Zeichnen und Geografie wie in Berlin vermissen, war jedoch um Handarbeiten erweitert. Vgl. hierzu
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Aley, neun Jahre, und Augustine Berard, sieben Jahre, ließ also weder intensive Betreuung noch praktischen Bezug vermissen.73 Gelehrt wurde Ende des 18. Jahrhunderts neben den Werken von Rochow,74 nach dem Katechismus von Villaume75 und Französisch nach dem ABC von Campe,76 das Rechnen hingegen unterrichtete Jordan nach seinen eigenen Heften.77 Die von Huguenel geführte Gemeindeschule wurde, obwohl sie nicht zur städtischen Inspektion gehörte, noch 1814 in einer Schulvisitation aller Potsdamer Schulen zu den Privatschulen gezählt, da die Kinder in der Französischen Gemeindeschule das Schulgeld direkt an ihren Lehrer entrichteten. In diesem Bericht taucht neben Huguenel selbst auch eine „Hüigenellin“ als Lehrkraft auf. Zusammen betreute das Ehepaar 30 Schüler – 18 Jungen und 12 Mädchen.78 Klagen über unzureichende Qualifizierung des Lehrpersonals wie bei Villaume waren keine Seltenheit.79 Zudem sprechen die 1737 quartalsweise den Lehrplan der École de Charité von 1759, abgedruckt bei Franziska Heusch, Das elementare Schulwesen der Berliner Hugenotten im 18. Jahrhundert unter dem Gesichtspunkt der Akkulturation, in: Böhm/Häseler/Violet, S. 115–134, hier S. 127. 73 1784 versorgte die Armenschule noch sieben Kinder, 1791 waren es in den Schulen Delon und Noré zusammengenommen acht. AFrD, 5970, 17.11.1784; 13.07.1791. 74 Friedrich Eberhard von Rochow (1734–1805), Reformpädagoge. Bei dem erwähnten Buch handelt es sich vermutlich, da es offenbar keiner weiteren Erläuterung bedurfte, um Rochows damals schon bekanntestes Werk. Ders., Der Kinderfreund. Ein Lesebuch zum Gebrauch in Landschulen, Brandenburg und Halle 1776. Zum Wirken Rochows und seiner Rezeption in Brandenburg siehe: Neugebauer (1985), S. 444 ff. 75 Die Rede ist vermutlich von Peter Villaume (1746–1825), Theologe und Pädagoge. 76 Gemeint ist wahrscheinlich, obwohl bislang nur als wesentlich später erschienene Ausgabe gefunden: Joachim Heinrich Campe, Abeze- und Lesebuch, Braunschweig 1807. Der ebenfalls dem Kreis der Reformpädagogen zuzuordnende Campe lebte von 1746 bis 1818. Zur Verbreitung von Schulbüchern in Brandenburg siehe Neugebauer (1985), S. 434 ff. 77 AFrD, 5970, 07.10.1789. Anno 1777 umfassten die Anschaffungen für die Gemeindeschule folgende Titel: viermal das Neue Testament und je sechsmal den Katechismus auf Deutsch, Französisch sowie als „Catechisme Historique“ und ein Gebetbuch. Diese Lehrmittel ergänzten 1792 noch vier französisch-deutsche Grammatiken. Ebd., 09.10.1777; 14.03.1792. Bei diesem Werk handelte es sich wohl um die Grammatik von Robert Jean des Pepliers, La parfaite grammaire royale françoise et allemande, Berlin 1689, dessen Anhang Gespräche, Redensarten, Denksprüche und dergleichen enthielt. Deren Einführung für den Schulunterricht empfahl jedenfalls eine Kommission den Französischen Gemeindeschulen in Berlin. Vgl. Roosen, S. 199 f. 78 BLHA, Pr. Br. Rep. 2A II Potsdam, Nr. 445. 79 Als Beispiel sei Berlin genannt. Vgl. hierzu Roosen, S. 201. Ferner sprechen Formulierungen wie im Generalschulreglement von 1763, dass der Schulmeister
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für die Französischen Gemeinden angeordneten Schulvisitationen von mangelnder Schulnutzung durch Kinder der Gemeinde.80 Dabei kam dem Unterricht der Kinder in dem Maße gestiegene Bedeutung zu, wie die Französischkenntnisse der Eltern abnahmen. Auf Grund der kursorisch übermittelten Daten ist es immerhin möglich, stichpunktartige Aussagen zur Schulnutzung innerhalb der Französischen Gemeinde in Potsdam zu treffen. Wenn vor dem Jahr 1739 die Schülerzahlen der Französischen Gemeindeschule 18 betrug, so lassen sich laut Kirchenbüchern für das Jahr 1738 etwa 20 schulpflichtige Kinder in der Gemeinde ermitteln. Die geringen Schülerzahlen von 1784 bis 1801 resultieren vor allem daher, dass sich im ausgehenden 18. Jahrhundert kaum noch Kinder im Elementarschulalter in der Gemeinde befanden. Laut Kolonielisten und den Kirchenbüchern kann für das Jahr 1791 in der Kolonie nur ein schulpflichtiges Kind ermittelt werden. Die Zahl von acht Schülern für dieses Jahr ist somit nur durch Anmeldungen von außerhalb der Gemeinde zu erklären. Für das Jahr 1801 scheint hingegen die geringe Nutzung der Gemeindeschule auch für Potsdam Realität geworden zu sein. Einer Schülerzahl von zwei stehen laut einem Abgleich zwischen der Gemeindeliste von 1795 und den Kirchenbüchern zehn Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren gegenüber. Auch um das Jahr 1740 scheint es mit der Französischen Gemeindeschule nicht zum Besten bestellt gewesen zu sein, da zu dieser Zeit die Schülerzahl Null betrug.81 Was die Qualität des Französischunterrichts anbelangt, muss der Gemeindeschule ein schlechtes Zeugnis ausgestellt werden. Von allen Kindern, die 1784 die Gemeindeschule besuchten, beherrschten gut zehn Jahre später zwei Drittel allenfalls ein paar Brocken Französisch, um nicht zu sagen, dass ihnen der Gebrauch dieser Sprache absolut fremd war.82 Für mindestens die Hälfte des Schuljahrgangs von 1791 gilt im Jahr 1795 ähnliches.83 In diesem Lichte erscheinen die didaktischen Fähigkeiten der Lehrer Delon und Noré mehr als dürftig.84 Auch die Ziele der Gemeindeschule, ihre Kinder für die aktive Teilhabe am frankophonen Gemeindeleben vorzubereiten, nicht seine Kinder zu häuslichen Arbeiten heranziehen, geschweige denn sich selbst der Hausarbeit widmen solle, bereits Bände. Vgl. Heusch, S. 125. 80 Zu dieser Schlussfolgerung gelangt Steiner, S. 216. 81 AFrD, 5984, fol. 26. 82 So bemerkte der Pastor Erman über Jean Dumas, von dessen Kindern einige die Gemeindeschule besucht hatten: „l’usage du francais est absolument étranger à tous ses enfans.“ AFrD, 5984, 149 f. 83 Diese Aussagen werden möglich, wenn die Schullisten von 1784 und 1791 mit einem Bericht Ermans abgeglichen werden, in dem der Pastor die Französischkenntnisse seiner Schäfchen beschreibt. Ebd., 149 ff. Auf diesen Bericht kommt der Abschnitt G.II. ausführlich zu sprechen. 84 Wie ein 1773 vom Konsistorium in Berlin erlassenes Reglement vorsah, beruhte die Wissensvermittlung in den Französischen Gemeindeschulen vornehmlich
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um so den Fortbestand der Französischen Gemeinde zu sichern, erwiesen sich als realitätsfern. Anders als in Berlin wurde die Effizienz der Gemeindeschule im Potsdamer Konsistorium jedoch nie problematisiert.85 Dies bedeutet entweder, dass der Pastor, der die Kinder für gewöhnlich mittwochs über die Grundlagen französisch-reformierter Glaubensinhalte befragte, diese Prüfungen nicht sonderlich ernst nahm und die sprachlichen Defizite so nicht auffallen konnten, oder, dass es dem Potsdamer Konsistorium in dieser Frage an Problembewusstsein mangelte. Als Ende des 18. Jahrhunderts die Gemeinde, wie erwähnt, neben zwei Holländerhäusern als Predigerhäuser noch ein weiteres Gebäude in der gegenüberliegenden Pflugstraße als Geschenk erhielt, verfügte die Gemeindeschule erstmals nachweislich über eine eigene Schulstube. Sie befand sich ab 1797 im zweiten Predigerhaus der Gemeinde, in dem auch der Schulmeister wohnte.86 Die Französische Gemeindeschule existierte bis 1878.87 4. Das Französische Gericht Was bis ca. 1791 für den Schulmeister galt, traf auch für den Richter zu. Er hatte in seiner Wohnung ein Zimmer für die Führung seines Amtes zur Verfügung zu stellen.88 Über den Wohnort der ersten Richter in Potsdam ist nichts bekannt.89 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war das Franauf dem Wiederholen von Lektionen. „Ob diese Maßnahmen von Erfolg gekrönt waren, geht aus dem Quellenmaterial nicht direkt hervor.“ Heusch, S. 129 f. 85 Die Sorge um die Qualität der französischen Elementarschulbildung mündete in Berlin schließlich in der Gründung eines Lehrerseminars, das Standards bei der pädagogischen Befähigung der Schulmeister garantieren sollte. Vgl. Roosen, passim. 86 Die heutige Gutenbergstraße 78. Vgl. Manoury, S. 7. Die beiden Gemeindehäuser in der heutigen Gutenbergstraße dienten zunächst dem Prediger Erman, dem Kantor Jordan sowie dem Küster Petitjean als Wohnung. Jordan trat wie erwähnt erst nach dem Tod Norés im Jahr 1797 auch die Stelle des Schulmeisters an. AFrD, 5970, fol. 13.07.1791. 87 Ebd., S. 12. Damit überlebte sie die letzte Französische Gemeindeschule in Berlin um sechs Jahre. Vgl. Fuhrich-Grubert (1992), S. 24. 88 Dies war in der brandenburg-preußischen Verwaltung keine Seltenheit. Wie Neugebauer mit Max Weber anmerkt, war, anders als bei der modernen Bürokratie, die „Trennung des Beamten, Angestellten, Arbeiters, von den Verwaltungsmitteln“ nicht strikt vollzogen. Adresskalender aus dieser Zeit weisen für verschiedene Berliner Kollegien keinen Behördensitz aus. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die Arbeiten vornehmlich in den Wohnungen der Beamten erledigt wurden. Vgl. Neugebauer (1993), S. 277. Gleiches galt auch für Kabinettssekretäre. Ebd., S. 282. 89 Hingegen ist bekannt, wo der Adjunctus Henry Chapat sein Haus hatte. In einer Quartierrolle von 1750 wird er als in der Junker Straße wohnend aufgeführt und als Sekretär bezeichnet. Stadtarchiv Potsdam 1-5/109, fol. 35.
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zösische Gericht nachweislich im Holländischen Viertel, in der heutigen Benkertstr. 8 und in der Nummer 24, angesiedelt, also in unmittelbarer Nähe der Predigerhäuser und der Kirche der Französischen Gemeinde.90 Die Französischen Richter erfüllten Aufgaben der niederen Gerichtsbarkeit und nahmen den werdenden Kolonisten den Bürgereid ab. Klagen mit geringem Streitwert wurden direkt am Koloniegericht verhandelt.91 Bis auf wenige Ausnahmen war nur der Beklagte ein Kolonist. Meist ging es dabei um Schuldsachen von ein paar Reichstalern, im Einzelfall um Beträge von 20, 50 und 92 Reichstalern.92 Die Verurteilung der Frau des Seifensieders Gedeon Rey, Magdelaine Ester, verweist hingegen auf Spannungen innerhalb der Kolonie. Als sie Jacques Laborde vor ihrem Geschäft vorbeikommen sah, habe sie ihn beschimpft und bedroht. Vermutlich wollte sie Laborde stellvertretend für dessen Sohn treffen, weil sein Seifenhandel eine Konkurrenz für die Familie Rey bedeutete.93 Auch in der Gerichtsstube selbst erhitzten sich die Gemüter. Als der Kantor Villaume wegen eines Betrugs zu einem Tag Arrest verurteilt werden sollte, verweigerte der Assessor Chapat für das Protokoll seine Unterschrift.94 Das Französische Gericht führte ähnlich wie der Magistrat ein Grund- und Hypothekenbuch, in das sämtlicher Immobilienbesitz der französischen Kolonisten und die auf den Häusern liegenden Belastungen eingetragen wurden.95 In Fällen der Hoch90 Es handelt sich um die Häuser des Hofrates Guillaume de St. Paul, die er nacheinander in Potsdam bewohnte. Mit Hilfe von Fellien gelingt die genaue Verortung des Französischen Gerichts, während die Kolonieliste für 1783 lediglich die ungefähre Lage seines Wohnhauses verrät: „Guillaume Saint Paul – Conseiller de Cour et Juge – im Holländischen Quarée in der Quer-Straße, in seinem Hause.“ AFrD, 5975, fol. 17. Vgl. Fellien, S. 149 ff. 91 Für den Zeitraum von 1755 bis 1756 gewährt das Gerichtsbuch der Französischen Kolonie Einblick in die Alltagskonflikte der Kolonisten. Dann enthält es nur noch Bürgereide. BLHA Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2. Die Höchststrafe, die das Gericht in diesem Zeitraum verhängte, waren acht Tage Gefängnis bei Wasser und Brot gegen Nicolas Civet. Dieser habe mittels falscher Papiere versucht, sich Geld für die Errichtung einer Baumwollfabrik in Potsdam zu verschaffen (fol. 19). 92 Auf diese Streitfälle geht der Abschnitt F.III.2. ausführlicher ein. 93 Vgl. zu Laborde den Abschnitt F.II.3. 94 Tatsächlich ging es nur um abgetragene Sachen seines Mieters von Gloeden jun., die Villaume zu unrecht an sich genommen habe, was andererseits auf die verzweifelte Lage des Kantors hindeutet. BLHA Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegiericht Potsdam, Nr. 2, fol. 3 f. 95 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 1. Hierin ist der Hausbesitz der Familien Audibert, Bock, Boissier, Calame, de Catt, Chapat, Claude, Le Coq, Coulon, Delon, Dumas, Fraisnet, de Fromentrie, Durand, Huguenel, Laborde, Lombard, Nevir, Pelet, Plantier, Prêtre, de Raoul, Le Roi, Rose, Richard, Saint Paul, Schock, Thorel, Veillardoz, Villaret, Villaume sowie der Französischen Gemeinde verzeichnet. Leider handelt es sich hierbei um das zweite Hypothe-
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gerichtsbarkeit hatte das Koloniegericht nur die Ermittlungen zu führen und die Akten an das Französische Obergericht in Berlin zu übersenden.96 Das Koloniegericht erstellte zudem Berichte für übergeordnete Behörden, wie Domänenkammer oder Generaldirektorium. Der Richter hatte regelmäßig das Französische Departement in Berlin über den Zustand der Kolonie zu informieren sowie die Kolonielisten dorthin einzureichen. Die Kolonierichter waren François de Renouard, ab 1737 Prevôt, von 1754 bis 1796 Guillaume de Saint Paul, der zugleich auch die Französische Kolonie in Brandenburg betreute, dann bis ungefähr 1805 Charles Louis Jordan und zuletzt Charles Tolin.97 Den Richtern standen ein Beisitzer (assesseur), ein Gerichtsschreiber (greffier) und ein Gerichtsdiener (huissier) zur Seite, die keine juristische Ausbildung vorweisen mussten.98 Dies machte das Französische Gericht bei Streitigkeiten mit Magistratsbürgern angreifbar.99 Julius Haeckel behauptet, die Französische Kolonie habe bis 1751 eine eigene Polizei besessen.100 Im fraglichen Jahr wurde das Polizei-Direktorium des Potsdamer Magistrats nach dem Berliner Vorbild um den Richter kenbuch, das erst nach 1760 beginnt, so dass es über die Umbruchzeiten der Französischen Kolonie nichts aussagen kann und deshalb auch für diese Untersuchung ausgeklammert wurde. 96 Das Französische Obergericht als Appellationsinstanz bestand seit 1692. Vgl. Klaus Brandenburg, Die Rechtsprechung in der Kolonie, in: Bregulla, S. 281–297, hier S. 288. 97 Vgl. Erman, S. 32 sowie die Kolonielisten 1732–1809: GStA PK I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I u. II; Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat, Berlin 1794–1806. 98 Die Beisitzer waren: Jean de Cuvry (1735), Jean Henry Chapat (1741), Jean Frédéric Laval (1756), Chretien Henri Villaret (1765). Als Gerichtsschreiber wirkten Jean Dufort (1735), Marc la Barthe de Calmel (1737) und Jean Henri Chapat (1741). Die Zahlen in Klammern geben jeweils das Jahr ihrer Bestallung an. Um die Jahrhundertwende waren Jordan und Noré Assessoren, ab 1800 Schultze und Wilhelm Sankt Paul. Ebd. De Renouard wurde mit einem Gehalt von 75 Reichstalern im Quartal bestallt, sein Nachfolger Paul Prevôt erhielt 87 ½ Reichstaler. Seit 1735 bekam der Assesor 10, der Adjunktus, was einem Sekretär entsprach, 25 und der Gerichtsdiener 5 Reichstaler aus dem Französischen Etat. Diese Besoldung des Französischen Gerichts in Potsdam wurde bis ca. 1750 auf diesem Niveau beibehalten. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 6; 7; 9. 99 Etwa in der Sache Kambly gegen Calame: „der Assessor Villaret ist aber ein Materialist, und der Greffier Chappat ein Schulmeister beyde verstehen nichts von Rechts-Sachen, und letzterer kann nicht einmal eine leserliche Hand schreiben“. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 18, 28.11.1782. Siehe zu dieser Auseinandersetzung auch den Abschnitt D.II.1. Zu den Kompetenzstreitigkeiten zwischen Koloniegericht und Magistrat siehe den Abschnitt E.IV. 100 Julius Haeckel (1912), S. 65.
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der Französischen Kolonie erweitert.101 Wahrscheinlich hat Haeckel daher geschlussfolgert, dass vor 1751 eine Art eigenes Polizeidirektorium für die Französische Kolonie bestanden habe. In Wirklichkeit wurde der Kolonie mit der Aufstockung des Polizeidirektoriums nicht ein Stück Eigenständigkeit genommen, sondern ein Stück Mitbestimmung gegeben. Haeckels Aussage scheint daher auf einem Missverständnis sowie auf einer unzulässigen Übertragung modernen Vokabulars auf die Frühe Neuzeit zu beruhen.102 Das Französische Koloniegericht existierte bis zur Aufhebung der Französischen Koloniegerichtsbarkeit in Brandenburg-Preußen im Jahre 1809. 5. Die medizinische Versorgung der Französischen Kolonie Die Versorgung mit französischen Ärzten hatte für die französischen Kolonisten zweifache Bedeutung. Neben dem sprachlichen Aspekt wurde durch die aus dem Französischen Etat bezahlten Ärzte und Wundheiler auch eine medizinische Armenversorgung gewährleistet. Das Problem, im Krankheitsfall auf einen französischen Arzt angewiesen zu sein, weil man sich schlecht auf Deutsch ausdrücken konnte und auch die Krankheiten auf Deutsch anders bezeichnet wurden, benutzten einzelne Kolonisten noch in der Mitte des 18. Jahrhunderts als Argument, die Stadt verlassen zu müssen.103 Bereits 1724 gab es in Potsdam eine französische Hebamme. Sie wurde als Madame Banho aus Paris bezeichnet.104 Um das Jahr 1728 hielt sich die ebenfalls aus Paris nach Brandenburg-Preußen gekommene Jeanne Motet in Potsdam auf.105 Über den weiteren Verbleib dieser Wehmütter schwei101
Ebd., S. 93 f. Offenkundig mangelt es dem ehemaligen Amtsgerichtsrat hier an Wissen über die Wortbedeutung „Policey“ in der Frühen Neuzeit, der mehr einen Zustand beschreibt, denn eine Institution meint. So bedeutet „gute Policey“ in diesem Zusammenhang, „alle Bereiche des öffentlichen und privaten Lebens einer normierenden Regelung zu unterwerfen.“ Vgl. Andreas Hieber, Policey zwischen Augsburg und Zürich – ein Forschungsüberblick, in: Peter Blickle u. a., Gute Policey als Politik im 16. Jahrhundert. Die Entstehung des öffentlichen Raumes in Oberdeutschland (= Studien zur Policey und Policeywissenschaft), Frankfurt am Main 2003, S. 1 ff. Dass die Französische Kolonie keine Policeyhoheit ausüben konnte, geht aus dem Konflikt von Louis Petitjean mit dem Potsdamer Seifensiedergewerk hervor. Vgl. Abschnitt F.II.4. 103 Vgl. den Abschnitt D.IV.2. 104 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 36. 105 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 28. 102
I. Der Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam
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gen die Quellen. Als einzige Weise Frau figurierte ab 1762 die Witwe Grisal in den Kolonielisten.106 Eine solche sage femme arbeitete auf eigene Rechnung und wurde nicht aus dem Französischen Etat besoldet.107 1738 sollte die Kolonie erstmals offiziell medizinisches Personal erhalten: Einen Arzt namens de Corbière mit einem Jahresgehalt von 300 Reichstalern, der gemeinsam mit dem Chirurgen Antoine Serverac bestallt wurde.108 Mit einem Salär von 20 Reichstalern im Jahr scheint Serveracs Profession mehr handwerklicher Natur als akademischen Ursprungs gewesen zu sein. Die Dotierung dieser Posten wurde jedoch bereits im Jahr darauf wieder eingestellt. De Corbière hieß es, habe seine Stelle gar nicht angetreten. Auch 1746 lag ein „medizinisches Problem“ vor. So bat der Medicus Brandoui um seine Bestallung als französischer Arzt in Potsdam, da er schon einige Zeit dort praktiziere.109 Seine Qualifikation erschien vielversprechend, wollte man jedenfalls seiner Selbstauskunft Glauben schenken. Aus dem mecklenburgischen Butzow erreichte den zur Klärung des Sachverhaltes hinzu gerufenen Richter Prevôt hingegen ganz andere Kunde. Statt direkt aus dem Languedoc nach Preußen gekommen zu sein, hätte sich Brandoui nämlich einige Zeit dort aufgehalten. Was seine medizinischen Fähigkeiten anbelangte, so stellte das Butzower Konsistorium seinem früheren Kolonisten ein schlechtes Zeugnis aus. Als ehemaliger Kapuzinermönch verfüge er eher über praktische Kenntnisse und könne auch kein medizinisches Studium nachweisen, wie er vorgab. Den Fall Brandoui legte Prevôt damit zu den Akten. Dass nach diesen zwei gescheiterten Versuchen, einen französischen Arzt für die Kolonisten in Potsdam anzusiedeln, dieses Projekt gänzlich aufgegeben wurde, liegt vornehmlich in dem massiven Rückgang der Kolonistenzahlen begründet, denn nur die größeren Kolonien wurden mit medizinischem 106 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 107 f. Elisabeth Dufais, verheiratete Grisal, starb 1785 und wurde noch in der Kolonieliste von 1783 als „Sage femme“ bezeichnet. AFrD, 6020, Nr. 171; 5975, fol. 17. 107 Dies geht aus den Listen des Französischen Etats hervor. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 1 ff. Vermutlich werden sie daher in der Literatur kaum erwähnt, wenn die Rede von der medizinischen Versorgung in einer Französischen Kolonie ist. Vgl. Jürgen Wilke, Ärzte und Apotheker, in: Gottfried Bregulla (Hg.), Hugenotten in Berlin, Berlin 1988c, S. 298–310. 108 „Sa Majeste voulant etre informee si les 300 R. accordes sur l’Etat Francois au Medecin Corbiere pour s’etablir a Potsdam sont vacans. Nous devons rapporter la verite lesd. 300 Risdales sont encore couches sur l’Etat sous son nom, mais comme il est vrai que led. Corbiere refuse de se rendre dans les Etats, ces 300 Risdales peuvent etre mis en vacances.“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 11, 09.08.1740. 109 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3f, Nr. 73.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
Personal bedacht.110 Während eine Bedürftigkeit der Kolonisten zwar als gegeben angesehen werden darf, verhielt es sich mit dem Sprachproblem sicher anders. Obgleich der Anteil der tendenziell anpassungsfähigeren Gewerbetreibenden in der Potsdamer Kolonie seit der Jahrhundertmitte rückläufig war, zogen vornehmlich solche Réfugiésnachfahren nach Potsdam, für die eine kultivierte Zweisprachigkeit existentiell war: Beamte, Lehrer, Gelehrte.111 Zudem deuten die ersten Gemeindeaustritte darauf hin, dass es um die Mitte des 18. Jahrhunderts manchen Kolonisten weitaus größere Probleme bereitet hätte, sich einem Arzt auf Französisch mitzuteilen, denn auf Deutsch.112 Die These, dem Ausbau der Französischen Kolonie sei in der Potsdamer Residenz gestiegene Bedeutung zugekommen, findet sich im Ausbau von Kolonie und Gemeinde bestätigt. Zwar wurde von der Bestallung französischer Ärzte nach mehreren gescheiterten Anläufen Abstand genommen, doch unterstreicht die Weiterführung der zweiten Pfarrstelle und des Amt des Schulmeisters, dass für die Potsdamer Kolonie andere Maßstäbe als Rentabilität und seelsorgerische Notwendigkeit galten. In dieser Frage genoss die Kolonie Bestandschutz. Erklärt sich diese Bevorzugung der Französischen Kolonie in Potsdam aus ihrer Bedeutung für den Hof heraus? Diese Frage soll nun beantwortet werden.
II. Hof und Französische Kolonie „Mattheus de Simonis Sieur de Tournay, ein Vertriebener auß Franckreich und gewesener Glasmeister der Churfürstin in der Pfalz“.113
Nachdem der Abschnitt D.I. noch einmal den besonderen Stellenwert der Potsdamer Kolonie für die brandenburgischen Landesherren unterstrich, der sich nicht allein in ihrer Gründung sondern auch in ihrem kontinuierlichen Ausbau zeigte, soll nun nach den Hintergründen für diese nachhaltige Förderung gesucht werden. Kapitel B. und C. konnten hierauf bereits eine Antwort andeuten. Was Potsdam von den im Kapitel B. näher ins Visier genommenen Kolonien unterschied, war der Status als Residenzkolonie. Nachfolgend wird der Rolle der Französischen Kolonie bei der Arbeit für den Hof und in der Verwaltung nachgegangen. Darüber hinaus wird in Abschnitt D.II.3. an eine eher symbolische Unterstützung des Hofes gedacht, die eher mit dem Konzept der höfischen Repräsentation oder der Kolonie als einem Spiegelbild der Herrschaft zu fassen ist. 110 Vgl. hierzu etwa den Französischen Etat für das Jahr 1728, GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 6, fol. 12. 111 Vgl. hierzu den nachfolgenden Abschnitt D.II. 112 Zum Sprachwechsel siehe ausführlich Kapitel G.II. 113 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher Nr. 570, Taufregister 01.06.1693.
II. Hof und Französische Kolonie
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1. Der Hof als Auftraggeber Mit dem Stadtschloss erhielt Potsdam Mitte des 17. Jahrhunderts zugleich einen Abnehmer für Luxusgüter. Dies weckte die Nachfrage nach den Arbeiten französischer Handwerker und Künstler. Noch unter dem Großen Kurfürsten war die Glashütte auf dem Hakendamm für die Herstellung von Kristallglas gegründet worden. Die Erzeugnisse dieser und anderer Potsdamer Glashütten waren dazu ausersehen, mit der Glasproduktion europäischer Fürstentümer zu konkurrieren.114 Unter Kurfürst Friedrich III., dem späteren König Friedrich I., leitete sie der Réfugié Mattheus de Simonis Sieur de Tournay, der zuvor in Diensten der pfälzischen Kurfürstin gestanden hatte.115 Weiterhin sind als Lieferanten für den Hof dieser beiden Regenten die Tapezierer und Bettenmacher116 Antoine und Amaury Biette, die Caninchenwärter117 Michael Nicole und Jeremie Noret sowie der Spiegelmeister Sebastian Massare zu nennen.118 Bis auf zwei Familien, die eines Kastellans und die eines Tabakpflanzers, waren die Réfugiés der reformierten Schlossgemeinde für den kurfürstlichen Hof tätig. Ihre zuweilen adlige Herkunft artikuliert überdies auch eine gewisse soziale Nähe zur Hofgesellschaft.119 Auch wenn Potsdam unter Kurfürst/König Friedrich III./Fried114 Vgl. zur Funktion der Potsdamer Glashütten bei der Repräsentation des Hofes, insbesondere der 1678 auf dem Hakendamm gegründeten, Dedo von KerßenbrockKrosigk, . . . neben dem schoensten Cristall allerhand rare gläser . . ., in: Königliche Visionen, S. 35–40. Als konkurrierende Zentren des Glasschnittes, bzw. der Glasproduktion, werden hier z. B. Nürnberg, Thüringen und Hessen-Kassel erwähnt. 115 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher Nr. 570, Taufregister 01.06.1693. 116 Zum Stichwort „Tapetzier, Tapissier“ vermerkt Zedlers Universallexikon: „ein geschickter Arbeiter, der allerley Bettbehängsel, Ueberzüge von Stühlen, Ruhebetten und dergleichen, künstlich und zierlich verfertiget, Gemächer mit Tapeten bekleidet, und so weiter. An Fürstlichen Höfen pflegt ein Tapezierer in Bestallung gehalten zu werden, dem die Besorgung ietzt beschriebener Arbeit am Hofe oblieget.“ Johann Heinrich Zedlers Grosses vollständiges Universallexikon aller Wissenschafften und Künste, Leipzig 1731–1754, Bd. 41, S. 900, Spalte 1773. 117 „Ein umschlossener Ort, worin man Kaninchen häget und wartet, wird ein Kaninchengehäge, oder Kaninchengarten, Fr. Garenne, genannt. [. . .] Derjenige, der die Aufsicht über ein Kaninchengehäge hat, wird der Kaninchenmeister, oder Kaninchenwärter, Fr. Garennier, genannt.“ Johann Georg Krünitz, Öconomische Encyclopädie oder Allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft in alphabetischer Ordnung, Berlin 1773 ff., Bd. 21: Kaninchen. 118 Ein Spiegelmeister ist ebenfalls dem Umfeld der Glashütte zuzuordnen. 119 In den Kirchenbüchern der Schlossgemeinde tauchen Namen auf, wie: De Fromenteau, de Ninelle, de Simonis und de Beauvois. Allerdings war im Frankreich der Frühen Neuzeit das Adelsprädikat weniger exklusiv als im Alten Reich, einer Einschätzung, mit der sich insbesondere die adligen Émigrés Ende des 18. Jahrhunderts konfrontiert sahen. Vgl. hierzu: Karine Rance, Die Emigranten des französischen Adels in Deutschland: eine „vorübergehende“ Migration, in: Comparativ, Heft 5/6 (1992), S. 158–178.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
rich I. nur eine Nebenresidenz war, erfüllte auch dieser Hof seine repräsentativen Aufgaben und verschaffte so einer Gruppe von Hugenotten eine Anstellung, die sonst auf das benachbarte Berlin hätten ausweichen müssen.120 Nach dem Tod Friedrich I. im Jahre 1713 künden bereits die Professionen der französischen Neuankömmlinge in der Schlossgemeinde von einer gewandelten Residenznutzung. Die Gemeinde verstärkten der Perückenmacher Lucien Gieau,121 der Grenadier Roland Brico122 sowie der Creponund Etaminfabrikant Antoine Payan.123 In der Folgezeit trat der Hof als Auftraggeber für die Réfugiés und ihre Nachfahren prozentual mehr und mehr in den Hintergrund: Für 1733 lassen sich die dem Hof dienenden Professionisten in der Französischen Kolonie an einer Hand abzählen. Es handelte sich um den Chirurgen Sternemann, den Hoftapezierer Antoine Biette, den Hühnermeister Grisal124 sowie um die Frau des Goldschmieds Kelle, die sich mit dem Titel „Goldschmiedin des Königs“ schmücken durfte.125 Ferner soll der Bäcker Jacques Delon nicht nur die Französische Gemeinde mit Brot für das Abendmahl versorgt haben, sondern auch mit süßen Milchbrötchen den königlichen Magen.126 Als Ingeneurkapitän maßgeblich an der barocken Stadterweiterung Potsdams beteiligt war Pierre Gayette. Neben der Bauausführung für zahlreiche Kolonistenhäuser im Zeitraum von 1720 bis 1734 gehen auf diesen Baumeister der Lange Stall, die erste Garnisonkirche (1722) und das Kirchenschiff der Heilig-Geist Kirche zurück sowie 120 Vgl. Winfried Baer, Hugenottische Goldschmiede und die hohe Kunst der Bijouterie unter den Réfugiés in Berlin, in: Beneke/Ottomeyer, S. 91–100. 121 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher Nr. 570, Nr. 14, fol. 63, (1715). Noch 1724 wohnte Gieau im Hause von Antoine Payan. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam Nr. 2461, fol. 37. Dort wird er als Ludwig John aus Frankreich bezeichnet. 122 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher Nr. 570, Nr. 14, fol. 65, (1720). In den Kolonielisten taucht er unter seinem Doppelnamen Brico-Tiras oder einfach nur als Brico auf. 1732 scheint er bereits sein „Steinschlossgewehr an den Nagel gehängt“ zu haben. „Commissaire de bois“ lautet hier seine Profession. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 3. 123 GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher Nr. 570, Nr. 14, fol. 288, (1723). Auch Antoine Payan ist später in der Französischen Gemeinde nachweisbar. 124 Analog zum Kaninchenwärter kümmerte sich ein Hühnermeister um die zahmen Hühner. Adelung umreißt unter dem Stichwort Hühnervogt diese Profession nur sehr allgemein. Johann Christoph Adelung, Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Dem noch beygefüget ist des M. Fulda Preisschrift über die beyden deutschen Haupt-Dialecte, Leipzig 1774–1786, Spalte 1305. 125 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 31. 126 Siehe Hugenottenkirche, Nr. 10 (1962), Artikel: Milchbrötchen.
II. Hof und Französische Kolonie
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der Vorgängerbau des heutigen Alten Rathauses (1721).127 Desweiteren steuerten Gayettes Ziegeleien in Werder bei Potsdam Materialien für die Stadterweiterung bei. Er war der einzige französische Kolonist, der in der ersten Jahrhunderthälfte von königlichen Bauten profitieren konnte.128 Fasst man diese Tätigkeiten zusammen, so arbeiteten lediglich vier Prozent der französischen Professionisten für den Hof. Unter Friedrich Wilhelm I. wandelte sich die Hugenottengemeinde von einer Art Residenzkolonie zu einer Gewerbekolonie und als solche wurde sie 1731 auch gegründet. Auch in den Folgejahren blieb die Rolle des Hofes als Auftraggeber für die Französische Kolonie marginal. Zu den wenigen Profiteuren zählte Jean François Calame, der 1748 mit seiner Familie nach Potsdam gelangte.129 Seine Söhne Samuel und Henri waren als Steinmetze auf die Bearbeitung von Marmor spezialisiert und führten für königliche Bauten Aufträge aus, wie etwa die Marmorarbeiten im Belvedere und 1772 in der Orangerie von Schloss Sanssouci, die sie sich allerdings mit Johann Melchior Kambly teilen mussten.130 Der Maler Baral besorgte 1753 den Innenanstrich der Französischen Kirche.131 Unter Friedrich Wilhelm II. trug in der Französischen Kolonie einzig der Hut-Fabrikant Pierre François Bock den Zusatz Hoflieferant.132 Die Arbeiten der Französischen Kolonie resp. der Hugenotten in Potsdam für den Hof blieben somit weitgehend auf das Luxusgewerbe beschränkt. Vom großen Kuchen der königlichen Bauprogramme Friedrich II., von de127 Hermann Heckmann, Baumeister des Barock und Rokoko in BrandenburgPreußen, Berlin 1988, S. 274 ff. Davor lässt sich seine Anwesenheit in Potsdam durch Aufträge zur Pflasterung der zum Schloss und zum Fasanengarten führenden Alleen für das Jahr 1719 belegen. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, Nr. 2. 128 Siehe zu Gayette auch den Abschnitt F.III.3. 129 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2347, 05.01.1748. 130 Der Bildhauer Johann Melchior Kambly (1718–1783), der sich selbst für den Kunstfertigeren der drei hielt, übernahm bei diesem Projekt die angeblich aufwendigeren Jaspisarbeiten und stritt sich später mit den Brüdern Calame darüber, ob die Auftragssumme in Höhe von 35 514 ½ Reichstalern und zwei Pfennigen nun durch zwei, wie er meinte oder durch drei, wie die Brüder Calame es auffassten, zu teilen sei. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 18, 28.11.1782. 131 Dem Zeugmacher Baral wurden 1775 königliche Bauten zur Staffiermalerei zugewiesen. Undatiert ist die Zuweisung gleicher Arbeit für zwei Holländerhäuser. Stadtarchiv Potsdam 1-3/269, fol. 24 u. 73. In der Französischen Kirche weißte er 1753 die Wände und erhielt hierfür 213 Reichstaler, wie aus den Bauakten hervorgeht. GStA PK, I. HA Rep. 36 Geheimer Rat, Nr. 3133, fol. 14. 132 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II, Kolonieliste von 1790.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
nen sich die Stadtbevölkerung Potsdams in großer Zahl nährte, fielen für die französischen Kolonisten nur Krumen ab. Paradoxerweise war die Hugenottengemeinde dann am stärksten in die Versorgung des Hofes eingebunden, als sie am kleinsten war. Dieses Bild verschiebt sich ein wenig, wenn auch die Arbeit für die Verwaltung unter die Lupe genommen wird. 2. Die Arbeit für Hof und Verwaltung War der Hof zu kurfürstlicher Zeit für die Réfugiés in Potsdam ihr Hauptauftragsgeber, gab es in der höfischen Verwaltung für sie anfangs kaum Beschäftigung. Dies änderte sich in dem Maße, wie Potsdam allmählich als Verwaltungssitz aufstieg. So erhielt die Französische Kolonie im Laufe der Regentschaft Friedrich II. immer mehr Zulauf durch Sekretäre oder Räte des Kabinetts sowie durch Bedienstete des Königs, wie seinen Vorleser Henri de Catt. Der Sohn des ersten Kantors und Schulmeisters der Französischen Gemeinde, Samuel Villaume (Privatsekretär des Königs), und Daniel Philipp Guy (Kammerdiener) waren die einzigen aus dem Kreise der für Hof oder Verwaltung beschäftigten Kolonisten, die aus Potsdam stammten. Zwischen 1768 bis 1786 stieg der Anteil der für Hof und Verwaltung tätigen Professionisten in der Französischen Kolonie von einem Achtel auf ein Drittel.133 Unter König Friedrich Wilhelm II. verringerte sich ihre Zahl, da die Verwaltung in Potsdam mit französischen Kolonisten anfänglich unbesetzt blieb.134 Unter Friedrich Wilhelm III. erhöhte sich zunächst der Anteil der königlichen Bediensteten und Mitglieder der Verwaltung in der Kolonie. Das der Kolonie zugehörige Personal seines Vaters übernahm Friedrich Wilhelm III. komplett und verstärkte es um einen Sekretär für die Königin sowie um einen Koch. Später kam noch ein Erzieher für den Prinzen Heinrich hinzu.135 Dann ging jedoch der Anteil um über die Hälfte zurück, da die bis 1810 aus Altersgründen aus dem Dienst Scheidenden nicht durch andere Kolonisten ersetzt wurden.136 Weitere, nicht in 133
Erstmals lassen sich unter Friedrich II. anno 1768 Professionisten im Dienste von Hof und Verwaltung in der Kolonie nachweisen. Ihre Zahl betrug sechs und stieg 1785 bis auf zehn Personen an. Diese und die folgenden Ausführungen beruhen auf Auswertungen der Kolonielisten für Potsdam. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I u. II. 134 1796 waren insgesamt acht Personen aus der Französischen Kolonie für Hof und Verwaltung tätig, die Hälfte davon als Lakaien und einer als Kammerdiener. 135 Vgl. die Kolonieliste von 1801. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II. 136 1802 arbeiteten zehn Personen bei Hofe oder in der Verwaltung, 1810 waren es nur noch vier.
II. Hof und Französische Kolonie
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Abbildung 17: Ausschnitt der Kolonieliste von 1773. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 155
den Kolonielisten geführte Franzosen waren George Tournay, Koch in königlichen Diensten, dessen Ehefrau zur Französischen Gemeinde gehörte, und Jacques Brêton, Secretaire privé des Kabinetts.137 Hof und Verwaltung blieben bis zur Jahrhundertwende mit etwa 20 Prozent eine messbare Größe als Arbeitgeber der Französischen Kolonie. 137 Jacques Brêton verstarb 1772. George Tournay war mit Catherine Elisabeth Calame verheiratet. Ihre Tochter wurde in der Französischen Gemeinde getauft. AFrD, 6020, 15.05.1772; 6013, 12.12.1765. Tournay verstarb am 26.03.1772.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
Nach Auswertung des Sterberegisters kann etwa die Hälfte der für den Hof resp. die Verwaltung beschäftigten Kolonisten auch der Französischen Gemeinde zugerechnet werden.138 Kolonie und Gemeinde arbeiteten dem Hof und der königlichen Verwaltung in der Residenzstadt zu, indem sie deren französisches Personal einbanden. Als frankophone Orte hoben sie zugleich die Attraktivität des Wohnsitzes Potsdam. Nebenbei hatte sich das Antlitz der Hugenottengemeinde in Potsdam binnen eines Jahrhunderts zum zweiten Mal gewandelt: Aus der Gewerbekolonie Friedrich Wilhelm I. war unter Friedrich II. und seinen Nachfolgern eine Beamtenkolonie geworden. 3. Die repräsentativen Aufgaben der Französischen Kolonie Die in der schon erwähnten Glashütte arbeitenden Réfugiés belieferten den Hof mit mehr als nur Gläsern. Sie unterstützten die Repräsentation des Kurfürsten Friedrich III. auf dem Weg zu seiner Königswürde, indem ihre Pokale aus Kristallglas exklusive Staatsgeschenke darstellten. Die Glasproduktion diente dem politischen Ziel der prunkvollen Zur-Schau-Stellung der Macht. Überhaupt erfüllte das Gros der kleinen Schar hugenottischer Glaubensflüchtlinge in Potsdam solche repräsentativen Funktionen.139 Wenn auch Friedrich Wilhelm I. den Prunk liebenden Herrschaftsstil seines Vaters verachtete und sich in der Hofhaltung geradezu asketisch gab, so darf die weitgehende Abwesenheit von französischen Kunsthandwerkern nicht darüber hinwegtäuschen, dass Friedrich Wilhelm I. nur deshalb, weil er nicht wie sein Vater die königliche Legitimation durch prachtvolle Hofhaltung erkaufen musste, Bildprogramme zur Inszenierung seiner Herrschaft gänzlich fremd waren. In diesem Zusammenhang steht eine Überlegung, die weiter in den Bereich der höfischen Repräsentation hineinragt. Den Anfang machte Kurfürst Friedrich Wilhelm, der sein neues Domizil Potsdam ausbauen ließ und mit der es umgebenden Landschaft stimmungsvoll zu verbinden suchte. Als Vorbild diente ihm die Residenz seines Statthalters in Kleve, Moritz von Nassau.140 Bei dieser Residenzplanung blieb eine Französische Kolonie außen vor. Ganz anders bei Friedrich Wilhelm I., dessen Visionen eher wirt138 Im Einzelnen handelt es sich um Jean François de Perrot, Geheimrat, Jean Coulon, Secretair privé des Kabinetts, Henri de Catt, Vorleser Friedrich II., Jean Pierre Lecoq, Konsul des Königs in Hamburg, Pierre Abraham Droz, Concierge in Sanssouci, Jean George Philippe Guy, Schlossverwalter, Frederic Maurice Bovet, Hofrat sowie David Villardoz, Kammerjunker. 139 Dies gilt neben de Simonis und den anderen in der Glashütte beschäftigten Réfugiés für den Spiegelmeister Masare ebenso wie für die Brüder Biette. 140 Vgl. Königliche Visionen, S. 45.
II. Hof und Französische Kolonie
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schaftlich geleitet waren. Potsdam bot einerseits im 18. Jahrhundert noch viel Freiraum für königlichen Gestaltungswillen. Andererseits kam gerade dem Hauptaufenthaltsort des Landesherrn besondere Aufmerksamkeit zu, da eine Residenzstadt zugleich auch ein Sinnbild der Regierung projizierte. War die Stadt wohl geordnet und geplant, verwies dies auf die ebenso gut angelegte Herrschaft des Königs.141 Hierfür spricht nicht nur, dass die barocken Stadterweiterungen in Karrees konzipiert waren, sondern auch, dass mit dem Französischen Quartier und dem Holländischen Viertel zwei Winkel der Stadt nicht allein architektonisch näher charakterisiert, sondern auch bewusst ethnisch konnotiert wurden. Beide Viertel verband ihr regionaler Baustil: französisch inspiriert das eine – holländisch das andere. Dies korrespondierte mit der Herkunft ihrer Baumeister: der aus Metz stammende Pierre Gayette als vermutlicher Erbauer des Französischen Quartiers auf der einen Seite, der aus Amsterdam gebürtige Jan Boumann und sein Holländisches Viertel auf der anderen Seite. Zuletzt einte beide Karrees die Hoffnung des Bauherren, es mögen sich Franzosen hüben und Holländer drüben in großer Zahl niederlassen.142 Ähnliche Ambitionen scheinen bei Friedrich II. und seinem Weberdorf Nowawes auf, einem Projekt, das gleichermaßen durch ökonomische Erwartungen wie ästhetische Konzeption in seiner Waghalsigkeit geheiligt wurde. Nach dessen Planung auf dem „Reißbrett“ musste laut Radtke erst mühsam ein Entrepreneur gefunden werden, der die Kolonisten mit Arbeit versorgte und den Ankauf der Wolle, ihre Verarbeitung zu Garn, die Lieferung des Garns an die Weber und schließlich den Absatz der fertigen Tuche organisierte. Diesen Anforderungen begegneten die für Nowawes geworbenen Unternehmer oft mit Desinteresse, sodass die Kolonisten gezwungen waren, sich die Garne aus Berlin eigenhändig zu beschaffen und ihre Waren auch selbst wieder dorthin zurückzubringen.143 Aus heutiger Perspektive mutet die Weberkolonie als noch optimistischerer Versuch zur Belebung der Potsdamer Wirtschaft an als die Ambitionen, die Friedrich Wilhelm I. mit der Gründung der Französischen Kolonie verband. Die letzte idealtypische Siedlung fremdländischen Charakters in Potsdam gebar die Freundschaft des Königs Friedrich Wilhelm III. zum früh verstorbenen Zaren Alexander I. Ihre hölzerne Versinnbildlichung, die 1826 be141 Damit können Französisches Quartier und Holländisches Viertel für sich in Anspruch nehmen, „Ideal-Stadt-Teile“ zu sein. Idealstadtgründungen verkörpern neue Vorstellungen sozialen Zusammenlebens, sind dabei auch auf ästhetische Reflexionen angewiesen. Vgl. zum „Ideal-Stadt-Gedanken“ Hanno Walter Kruft, Städte in Utopia, München 1989, S. 9 ff. 142 Mylius, 2. Abtheilung, Sp. 426–428; Stadtarchiv Potsdam 1-1/613, fol. 13 sowie Abschnitt C.III.1. 143 Vgl. Radtke, S. 261 ff. sowie Kapitel C.III.2.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
gonnene Kolonie Alexandrowka, war jedoch neben einem gewissen ästhetischen Plaisir, an dem sich der König bei Besuchen zum Tee zu delektieren wusste, mehr zur Subsistenz der ehemals kriegsgefangenen russischen Sänger angelegt, als dass von ihr wirtschaftliche Impulse auf die angrenzende Stadt ausgehen sollten.144 Über zwei Jahrhunderte hinweg prägten Herrschaftsideale die Residenzstadt Potsdam, die in der Landschaftsplanung und volkstümlicher Architektur steinerne wie hölzerne Versinnbildlichung fanden. Somit waren nicht nur einzelne Hugenotten in die höfische Repräsentation eingebunden, sondern in ihrer Konkretisierung zum Idealstadt-Gedanken gleich die Kolonie als Ganzes in zweifacher Weise: Das erste Mal mit dem Französischen Quartier durch Friedrich Wilhelm I., das andere Mal bei Friedrich II. und der der Rezeption italienischer Architektur entsprungenen Französische Kirche. Während für die Stadt der Hof überwiegend in Gestalt des königlichen Bauprogramms als Ernährer in Erscheinung trat, übernahm diese Rolle für die Kolonie die königliche Verwaltung. Hieraus ergibt sich auch die Dominanz der geistigen Berufe in der Französischen Kolonie ausgangs des 18. Jahrhunderts. Welchen Anteil die Garnison an der Entwicklung der Französischen Kolonie hatte, klärt der folgende Abschnitt.
III. Garnison und Französische Kolonie „Nous avons l’honneur de représenter à Vôtre Majesté, que nos Colonistes jouïssent généralement de toutes leurs franchises, à l’exception du logement des gens de guerrre et de la Contribution à la Caisse du feu pour leurs maisons“.145
Wenn auch die Unterstützung des Hofes durch die Réfugiés und die französischen Kolonisten prinzipiell für alle Regenten über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg nachgewiesen werden konnte, hat in dieser Aufgabe dennoch nicht die eigentliche Bestimmung der Französischen Kolonie gelegen. Wie der vorangegangene Abschnitt verdeutlichte, war der prozentuale Anteil von Hof und Verwaltung als Auftrags- und Arbeitgeber nie so gering wie zur Gründung der Französischen Kolonie. Bereits aus 144
Zur Kolonie Alexandrowka siehe Bettina Altendorf, Friedrich Wilhelm III. und die Russische Kolonie Alexandrowka in Potsdam, in: Königliche Visionen, S. 224–30. Dass diese Siedlung den Zielen einer Kolonie zuwiderlief, wird daran ersichtlich, dass es sich bei ihr um einen Anachronismus handelt. Mit Inkrafttreten der Stein-Hardenbergschen Reformen gab es in Preußen streng genommen weder Kolonien noch Kolonisten, dafür aber spätestens mit der Gleichstellung der Juden ab 1812 ein einheitliches Bürgerrecht. Die Bezeichnung Kolonie wurde hier auf den landständigen Bedeutungskern eingedampft und ist nur noch ein Emblem. 145 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 86.
III. Garnison und Französische Kolonie
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Kapitel B. und C. konnte hingegen geschlossen werden, dass Kolonie und Stadterweiterung miteinander zusammenhingen. Glaubt man den Einschätzungen, dass die Stadterweiterung dem Ausbau Potsdams zu einer Garnisonstadt diente,146 dann ist die Gründung der Französischen Kolonie letztlich auch im Kontext der Errichtung einer Garnison in Potsdam erfolgt. Weckte die Garnison für die Kolonie nur die fehlende Nachfrage oder bedurfte die Garnison der Kolonie? Diese Frage soll nun beantwortet werden. Der Abschnitt beginnt daher mit den Armeelieferungen und der Einquartierung von Soldaten bei den Französischen Kolonisten, um dann zu den Kulturkontakten zwischen Kolonisten und Garnisonsangehörigen überzuleiten. 1. Die Garnison als Auftraggeber 1723 belieferten bereits fünf in Potsdam lebende Franzosen die Garnison mit Waren: der Posamentierer Huot,147 die Seidensticker Rollet148 und Pally, der unter anderem die Orden des Schwarzen Adlers anfertigte,149 der Etamin- und Creponfabrikant Jean Henry Baby, der rote Tuche für die Uniformen der Langen Kerls lieferte,150 und schließlich Theodore Didelot, der die Offiziere mit Knöpfen versorgte.151 Neben diesen als livranciers d’armée angesetzten Kolonisten gab es in Potsdam noch weitere französische Fabrikanten und Handwerker, die von den Armeeangehörigen vor Ort profitierten. Wohl in der Gewehrfabrik ging der Waffenmeister Abraham Ducommun zu Werke, und es steht zu vermuten, dass die Kunden des Strumpffabrikanten Rocheblave vornehmlich Soldaten waren.152 Die Anwesenheit von annähernd 2 000 Militärs,153 die zu einem Drittel in Privatquartieren untergebracht und von ihren Wirten mit Licht zu versorgen waren,154 146
Vgl. Kapitel C.III. BLHA, Pr. Br. Rep. 19, Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 03.07.1736. 148 Wilke (1988b), S. 238. 149 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 09.01.1736. 150 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 6. 151 Erman, S. 16. 152 Ab 1725 sollten die Soldaten nur noch alle drei Jahre mit einem paar Strümpfe beliefert werden und ihren wirklichen Bedarf aus dem jährlichen Verkaufserlös ihrer alten Uniform decken. Vgl. Treue (1987), S. 200. 153 Genauer gesagt zählte die Garnison 1724/1725 1 950 Mann. Vgl. Mielke, S. 111. 154 Laut einer Bettenliste von 1726 hielten die Potsdamer Bürger 301 Betten, die mit je zwei Soldaten belegt waren. Dies entspricht also 602 Mann. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461/1. Laut Einquartierungsreglement waren die Soldaten von ihren Wirten mit Suppe, Salz und Pfeffer sowie Kerzen und einem geheizten Zimmer zu versorgen. 147
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
weckten in Potsdam die Nachfrage nach weiteren Kerzenmachern, auch wenn dem Seifensieder- und Lichtziehergewerk bereits drei Meister angehörten.155 Als einziger Kolonist erlangte David Nevir eine Konzession zum Branntweinbrennen, und profitierte so von den Garnisonsangehörigen als Konsumenten. Unter den Potsdamer Müllern zählte er seiner Zeit zu den vermögendsten.156 Die meisten mit Hilfe von Regimentslieferungen für Potsdam angeworbenen Fabrikanten blieben nur wenige Jahre.157 Ihnen folgten mit Gründung der Kolonie neue livranciers d’armée, wie der Etaminfabrikant Paul Lagrange, dem mit seiner Niederlassung Aufträge für drei Regimenter zugesichert wurden.158 Zwölf Hugenotten waren damals für die Garnison unmittelbar tätig, das entsprach 16 Prozent der Professionisten innerhalb der Kolonie. Im Einzelnen waren dies: der Gärtner Jean Ferry und der Koch Henri Toussaint, beide im Lazarett in Glienicke ansässig, ferner der bereits erwähnte Etaminfabrikant Paul Lagrange mit vier seiner Ouvriers, der Tuchfabrikant Henry Bruyere, die Knopfmacherwitwe Agnete Didelot, die Waffenmeister Ducommun und David Beaudeson sowie David D’Elbech, Kapitalgeber für die Bandfabrik von Pierre Thomen.159 155
Laut einem Einwohnerverzeichnis von 1724 gab es neben dem Franzosen Jean Petitjean in Potsdam noch drei weitere Seifensieder und Lichtzieher. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2240, fol. 11–16. 156 David Nevir besaß seit dem 01.12.1786 die Babel Mühle bei Potsdam. Von den 19 Müllern der Stadt entrichtete Nevir mit 26 Portionen die höchste Abgabe für die Kosten der französischen Besatzung Potsdams. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2491, fol. 162. Sein Jahresgewinn aus dem Betrieb der Mühle, dem Brotbacken und dem Branntweinbrennen dürfte wenigstens 262 Reichstaler (Stand 1776 für 10 Monate auf ein Jahr hochgerechnet) betragen haben. Noch 1787 war Nevir zugesichert worden, jährlich 104 Wispel Getreide „zu verbacken und das daraus gebackene Brod zum feilen Verkauf in die Stadt zu bringen.“ GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14, Tit. 248 Mühlen-Sachen Potsdam, Nr. 2, passim. Für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts war wie erwähnt Victor Jacques Delon als französischer Bäcker in Potsdam ansässig. 157 Von den zuvor erwähnten Professionisten nennt die Kolonieliste von 1732 lediglich Rocheblave, Ducommun und Theodore Didelot. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I, fol. 3 f. 158 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 32. 159 Pierre Thomen erhielt Dank seiner Kredite Lieferungen für 30 Regimenter mit roten und schwarzen Bändern zugesprochen. Diese Aufträge wurden ihm jedoch bald wieder entzogen, da er so wenig produziert hätte, wie sonst kein Posamentierer im Land. Thomen wurde schließlich in Schuldhaft genommen, entkam jedoch aus der Peitzer Festung und flüchtete sich nach Altena (Mark). Die Schweizer Posamentierer kamen schließlich in der Samtfabrik des Schutzjuden David Hirsch unter. D’Elbech sah sein Geld nicht wieder. Stadtarchiv Potsdam 1-1/610, 2 ff. Vgl. zu diesem Fall auch den Abschnitt F.III.2.
III. Garnison und Französische Kolonie
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Wie in Kapitel C. dargelegt, erhielten nicht nur die französischen Kolonisten Regimentslieferungen, sondern war der Großteil der Potsdamer Textilhandwerker bereits zu Beginn der 1720er Jahre von Lieferungen für die Armee abhängig. Französischen Fabrikanten wurden im Falle einer Niederlassung in Potsdam tendenziell spezialisierte Bereiche der Montierung übertragen, wie die Herstellung der Offiziersknöpfe oder der Tuche für die Uniformen der Königsgrenadiere. Ähnliches ließ sich bereits bei der Garnisonstadt Stettin beobachten.160 Diese Aufträge hätten auch von zünftigen Handwerkern vor Ort erfüllt werden können. Es ging mit dieser Ansetzung von Lieferanten für die Armee offenbar um mehr, als die Sicherung der Montierung oder die Beförderung der Potsdamer Wirtschaft. Es wurden bewusst französische Textilfabrikanten angesetzt, um en passant ein französisches Gemeinwesen zu etablieren. Die Garnison hatte demnach wirtschaftlich entscheidenden Anteil an dem Entstehen der Potsdamer Kolonie als Gewerbekolonie. Zwischen Garnison und Kolonie bestand auf der wirtschaftlichen Ebene ein wechselseitiges Verhältnis: Die Garnison benötigte Ausrüstung, die die Kolonisten bereitstellten, was wiederum den Kolonisten Arbeit garantierte. Der in Abschnitt B.IV.4. erwähnte Strukturwandel innerhalb der Französischen Kolonie schlug sich auch in der Rolle der Kolonie bei der Versorgung der Armee nieder. Aus den Wollarbeitertabellen um das Jahr 1740 geht zwar hervor, dass neben der Witwe Lagrange noch der Hutmacher Henry Dufais sowie die Strumpffabrikanten Pierre Ferrier, Isaac Moran, Jacob Rollwagen und Olivier Cleran für die Garnison produzierten,161 doch war das Textilgewerbe in der Kolonie längst rückläufig, wovon auch die Zahl der in der Kolonie in Gang gehaltenen Webstühle ein beredtes Zeugnis ablegt. Sie sank von anfänglich 29 Stück kontinuierlich auf Null.162 Wie die Potsdamer Wirtschaft im Allgemeinen, lebte auch die Kolonie mittel- und unmittelbar von der Anwesenheit der Soldaten. Als dieses Abhängigkeitsverhältnis durch die Schlesischen Kriege und das damit verbundene 160
Siehe Abschnitt B.II.2. Schwankungen in der Produktivität der Zeugmacher, Strumpfwirker und -stricker sowie Hutmacher werden jeweils mit veränderten Lieferungen für die Regimenter begründet. Daher liegt der Schluss nahe, dass auch diese Kolonisten vorrangig für die Armee produzierten. Als Beispiel sei hier die Wollarbeitertabelle von 1740/41 angeführt. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 663, 09.11.1742. Für welche Regimenter die Fabrikanten im Einzelnen arbeiteten, geht aus dieser Quelle leider nicht hervor. 162 Der erste Beleg datiert von 1735 mit 22 Webstühlen. Den Höchststand an diesen Geräten erreicht die Kolonie bereits zwei Jahre darauf mit 29 Webstühlen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I, fol. 11, 17 u. 22 ff. 161
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
Fehlen der Soldaten empfindlich gestört wurde, sank innerhalb der Französischen Kolonie der Anteil der durch die Garnison sich nährenden Handwerker rapide von etwa 16 auf 33 Prozent. Erst nach Abschluss der Kriegshandlungen lassen sich wieder Französische Kolonisten in Potsdam nachweisen, die für die Armee produzierten, wie ab 1761 der aus dem Elsass stammende Abraham Pierre Huguenel, der in Potsdam eine Lederfabrik betrieb.163 2. Einquartierung Das Einquartierungsreglement von 1726 sah eine Befreiung der Potsdamer Hausbesitzer von der Einquartierung für die ersten beiden Jahre ihrer Niederlassung vor. Im dritten Jahr hatten sie zunächst nur ein Bett zu unterhalten, ab dem folgenden Jahr zwei Betten.164 1726 standen für Soldaten 301 Betten in Privatquartieren bereit, davon acht bei Hugenotten.165 Da die Betten mit zwei Mann belegt wurden, waren zu dieser Zeit also etwa 600 Soldaten bei Bürgern einquartiert, 16 davon bei Franzosen. Die hugenottischen Quartiergeber wohnten überwiegend entlang der Breiten Straße. Ihr Anteil an dieser bürgerlichen Last war entsprechend ihres Anteils an der Bevölkerung marginal.166 Die Franzosen wurden ohne Unterschied in Fragen der Einquartierung in den 1720er Jahren wie die Stadtkinder behandelt. Das Gegenteil ist hingegen in der Literatur behauptet worden:167 Die Häuser im Französischen Quartier seien als Sitz der Französischen Kolonie von der Einquartierung befreit gewesen. Auf diese unzutreffende und anachronistische Verortung der Französischen Kolonie wurde bereits hingewiesen.168 Zwar fehlt das Französische Quartier als Wohnkomplex in dem ältesten überlieferten Einquartierungsverzeichnis von 1726, doch darf dies 163 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 21. Zu den Lederfabriken der Kolonie vgl. den Abschnitt F.I.3. 164 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461/1, fol. 1. 165 Die Quartiergeber waren: Biette, Hainchelin, Henrion, Payan, Gayette, Petitjean sowie die später nur zur Gemeinde zählenden Kelle und Sternemann. 166 Zum Größenverhältnis Französischer Kolonie – Stadt vgl. Kapitel C.I. 167 So behauptet Schmelz: „Eine besondere Verfassung erhielt das ‚Französische Quartier‘ in Potsdam im Jahre 1731 mit dem ‚Edit du Roy‘, das für die die französischen Refugiés (sic!) sowie für weitere aus religiösen Gründen hierher gekommene Ausländer galt, wenn sie sich der französischen Jurisdiktion anschlossen.“ Mit „Edit du Roy“ ist, wie Schmelz in einer Fußnote kenntlich macht, obgleich mit falscher Datumsangabe, das Koloniepatent vom 19.10.1731 gemeint. Friedrich Wilhelm I. hat freilich mehr als dies eine Edikt erlassen. Auch wird das Französische Quartier in diesem Zusammenhang fälschlicherweise in der Friedrichstadt verortet. Im vorangehenden Absatz behauptet Schmelz, für dieses Französische Quartier habe seit 1720 Einquartierungsfreiheit bestanden. Vgl. Schmelz, S. 102. 168 Vgl. Kapitel C.I.
III. Garnison und Französische Kolonie
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nicht vorschnell als Beleg für seine generelle Einquartierungsfreiheit gedeutet werden. Schon gar nicht darf aus diesem falschen Schluss ein weiterer folgen, dass diese Einquartierungsfreiheit bestanden habe, weil seine Bewohner durch die Privilegien der Französischen Kolonie begünstigt waren. Das Französische Quartier wurde zumindest teilweise erst nach 1723 bezogen169 und fiel deshalb noch nicht unter die Einquartierungspflicht. Erst mit dem Koloniepatent von 1731 galt für die Französischen Kolonisten eine 15jährige Befreiung von dieser bürgerlichen Last. Obgleich den Kolonisten wenigstens auf dem Papier bis 1746 Einquartierungsfreiheit zugesichert worden war, bekamen die ersten von ihnen bereits 1742 Soldaten zugeteilt.170 1745 blieben die Kolonisten weder von der Bequartierung mit Soldaten noch von den Feuerkassengeldern verschont.171 Das Französische Gericht beklagte daraufhin den Wegzug vieler seiner Kolonisten, die nach Ablauf der Freijahre die Lasten der Einquartierung nicht tragen konnten.172 Zuverlässige Angaben zur Einquartierung bei französischen Familien sind erst ab 1748 möglich. Dann erst existieren Quartier- oder Bettenrollen, die, zum Teil nach Straßen geordnet, einen Verteilungsschlüssel der Soldaten und Offiziere einer Kompanie auf die einzelnen Häuser enthalten. Dabei ist auch vermerkt, welcher Bürger ein sogenanntes Freihaus besaß, mithin von 169 Darauf deuten jedenfalls Kalklieferungen aus Rüdersdorf hin. BLHA, Pr. Br. Rep. 2S, Nr. 6380, fol. 9. 170 Wie etwa die Witwe Lagrange. GStA PK, I. HA. Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 10, 18.04.1742. Oder der Sprach- und Tanzmeister Abraham Prêtre. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 86. Obwohl das Koloniepatent von 1731 pauschal jedem Kolonisten 15jährige Einquartierungsfreiheit gewährte, wurde im Falle von Lagrange und Prêtre ihr Gesuch mit Hinweis auf ihren vorherigen Aufenthalt in Berlin bzw. Burg abgewiesen. Bereits in Brandenburg-Preußen etablierte Kolonisten sollten nicht in Potsdam 15 zusätzliche Jahre Einquartierungsfreiheit genießen. Wie aus dem Zusammenhang ebenfalls hervorgeht, scheint diese Handhabe dazu geführt zu haben, dass 1745 keiner der Kolonisten noch Einquartierungsfreiheit genoss. 171 Jedenfalls nach Aussage des Französischen Gerichts, dass 1745 zu den Privilegien vermeldete: „que nos Colonistes jouissent generalement de touts leur franchises, a l’exception du logement des gens de guerrre et de la Contribution a la Caisse du feu pour leur maisons“. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 86. Zu den Beiträgen zur 1718 gegründeten Feuersozietät war jeder Hausbesitzer verpflichtet. Die Höhe richtete sich nach dem Wert der Immobilie. 172 Die Einquartierungslasten werden als Begründung in der Récapitulation zu den Kolonielisten von 1745 angeführt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 43, Vol. I, fol. 59 f. „La pauvreté est cause de la diminution joint a cella que les colonistes sont obliges d’avoir soin des soldates ce qui les obliges d’aller ailleurs chercher leur pain.“ In diesem Jahr erhielt die Kolonie zwar einen Zuwachs von sechs Personen, doch wurde er durch den Wegzug von zwanzig Kolonisten nach Berlin zunichte gemacht.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
der Einquartierungslast befreit war. Diese Bürde konnte den Bürgern also auch genommen werden. Doch war von einem Regenten, der selbst mit gutem Beispiel voranzugehen dachte, in dieser Hinsicht wenig Entgegenkommen zu erwarten. Denn, „Exceptes les ouvriers dependant de la fabrique de velours et quelques Hollandois du quartier de ce nom, ni les Conseillers du Cabinet, ni les officiers, ni le Magistrat, personne n’a ete n’y n’est exempt de cette charge; Sa Majeste elle-meme ne s’en est point exempte, puisqu’elle a toujours loge au Chateau un aidemajor et quatre Grenadiers.“173
Im Gegensatz zu den 30 Hausbesitzern 1743 tauchen in der Bettenrolle von 1750 nur noch 25 zur Französischen Kolonie gehörende Häuser auf, wobei es sich bei zweien um Freihäuser handelte.174 Mit Ausnahme der beiden Pastoren bestand für annähernd die gesamte Französische Kolonie zur Jahrhundertmitte die Verpflichtung zur Einquartierung von Soldaten. 3. Soldaten und Offiziere in Kolonie und Gemeinde Bereits nach Ende des 30jährigen Krieges und damit lange vor Verkündung des Potsdamer Edikts traten französische Offiziere in den Dienst des brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm. Um 1700 sollen etwa 600 Réfugiés dem brandenburg-preußischen Heer angehört haben.175 Diese Teilhabe traf auch für den Inbegriff der Armee des „Soldatenkönigs“, das Königsregiment, zu. Wie in Abschnitt B.IV. dargelegt, lassen sich bis 1738 in der Potsdamer Kolonie 21 Soldaten aus diesem Regiment mit ihren Familien und Haushaltsangehörigen nachweisen, insgesamt eine Gruppe von 38 Personen. Wie in diesem Abschnitt ebenfalls aufgezeigt, fanden in den 1730er Jahren reformierte Offiziere den Weg in die Französische Kolonie in Potsdam. Denn auf nur einen Monat nach Gründung der Kolonie ist ein Erlass datiert, der einer Reihe von Offizieren im Ruhestand die Erhöhung ihrer Bezüge zusicherte, sollten sie von Berlin nach Potsdam umziehen. Dieser Erlass begünstigte insgesamt neun Offiziere, weitere sollten folgen, so dass 1738 28 officiers réformés die Potsdamer Kolonie verstärkten. 173 Von einigen Velourfabriken und Holländern im gleichnamigen Viertel seien weder die Kabinettsräte, noch die Offiziere, noch der Magistrat von dieser Last ausgenommen. Seine Majestät selbst sei hiervon nicht ausgenommen. Im Schloss wohnen ein Hilfsmajor und vier Grenadiere. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 86. 174 Stadtarchiv Potsdam 1-5/109; GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 51 f. 175 Detlef Harms, Das Edikt von Potsdam vom 29. Oktober 1685. Die Integration und der soziale Aufstieg von Ausländern in der preußischen Armee des 17. und 18. Jahrhunderts, in: Kroener, S. 159–172, hier S. 164.
III. Garnison und Französische Kolonie
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Damit stellten sie ein Sechstel der Familienvorstände. Im ausgehenden 18. Jahrhundert hob der Pastor Jean George Erman die Niederlassung der officiers reformés als das für den Wohlstand und die Entwicklung der Kolonie entscheidende Ereignis hervor.176 Wenn auch die französischen Soldaten weiterhin der Militärgerichtsbarkeit unterstanden, wurden sie vermutlich nicht nur darum in den Kolonielisten geführt, um dieses Gemeinwesen größer erscheinen zu lassen, sondern um ihre Gemeindezugehörigkeit zu bekunden. Hierauf deuten eine Reihe von folgenreichen Begegnungen zwischen Militärs und den Demoiselles der Kolonie hin. Zwischen 1730 und 1741 sind im Taufregister der Französischen Gemeinde vier uneheliche Kinder vermerkt, bei dreien war der Kindsvater ein Königsgrenadier bzw. Soldat. In drei Fällen gehörten die Mütter zur Französischen Gemeinde.177 Beim Soldaten Lavanchy erwies sich die Anwendung der Kirchenzucht als schwierig, weil er zu den anberaumten Konsistoriumssitzungen wegen Wachdienst oder einer Verlegung nach Berlin verhindert war.178 Die Beziehungen zwischen Kolonie und Gemeinde zeigen sich auch bei der Taufe. Gehäuft standen Militärs im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in der Französischen Kirche Pate. Hier war bei jeder fünften Taufe ein Soldat oder Offizier Gevatter. Obwohl nicht zur Französischen Gemeinde gehörend, besuchten einige Garnisonsangehörige die Abendmahlsfeiern in der Französischen Kirche in einer für sie ungewohnten Sprache.179 Dies ist zumindest für das Jahr 1794 belegt. Mithin blieben die sozialen Kontakte zwischen Kolonie und Garnison nicht nur auf diejenigen Militärs, die zugleich der Kolonie zugerechnet wurden, beschränkt. Konnte unter Friedrich Wilhelm I. die Kolonie als solche noch als Lieferant für die Garnison auftreten, waren es unter Friedrich II. und danach Einzelpersonen, die die Armee belieferten und zugleich auch der Kolonie angehörten. Somit ist für das Verhältnis von Kolonie und Garnison enthüllt, dass die Kolonie viel eher die Garnison als Auftraggeber benötigte, als dass die Gar176
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 23,
fol. 1. 177 AFrD, 6013. Bei deren natürlichen Kindern handelt es sich um: Nr. 79, Jeanne Esther Benoite, Nr. 102, Marie Elisabeth Pfeffer, Nr. 146, Pierre David Lavanchy. 178 AFrD, 5968, fol. 32 f. Zur Kirchenzucht in den Französischen Gemeinden vgl. den Abschnitt G.I.4. 179 „. . . et quelques autres soldats des Gardes qui communient chez nous“, nennt Erman als Profiteure von deutschsprachigen Gottesdiensten. AFrD, 5984, fol. 149 ff. Mit der Einführung deutschsprachiger Gottesdienste befasst sich der Abschnitt G.II.2.
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
nison auf eine Versorgung durch die Französische Kolonie angewiesen war. Die Garnison erscheint daher als der wesentliche Faktor, der Aufstieg und Verfall der Französischen Kolonie in Potsdam bedingte. So waren es auf der einen Seite reformierte Offiziere, die die Kolonie in ihrer Anfangszeit personell unterstützten und die Heereslieferungen, die einem Großteil der neugeworbenen Kolonisten ein Auskommen versprachen. Auf der anderen Seite war es die Einquartierung, die in wirtschaftlich angespannten Zeiten den Ausschlag gab, die Stadt zu verlassen. Im Lichte des Taufregisters der Französischen Gemeinde betrachtet, drückte die Aufzählung der unter der Militärgerichtsbarkeit stehenden französischen Soldaten deren Nähe zur Französischen Gemeinde aus. Hier und auch im ausgehenden 18. Jahrhundert, als deutsche Soldaten der Garnison den Gottesdienst in der Französischen Gemeinde besuchten, kam es zu einem Kulturtransfer zwischen Garnison und Kolonie. Dieser Kulturtransfer erwuchs aus der seelsorgerischen Betreuung der Soldaten. Auf einen weiteren Kulturtransfer, den zwischen Stadt und Kolonie, verweist der nächste Abschnitt, der sich dem Anteil französischer Kolonisten am Seidenbau widmet.
IV. Seidenbau und Französische Kolonie „Seit den 27. May hat sich nur leider der Bau einigermaßen zu Krankheiten geneiget, welche darin bestehen, daß sie häufig auf den Rändern laufen, durch starke Bewegungen eine gewisse Angst äußern, und auch sogar das frische Futter meiden; einige fressen sehr gut, bleiben aber dessen ungeachtet klein und vertrokenen auch an den Schachteln, welches eine Art von Schwindsucht ist.“180
Neben der Arbeit für Hof, Verwaltung und Garnison war die Französische Kolonie in Potsdam in das ehrgeizige Vorhaben eingebunden, Brandenburg von ausländischen Seidenimporten unabhängig zu machen.181 Um die Rolle der französischen Kolonisten hierbei zu verstehen, beginnt dieser Abschnitt mit den Anfängen der auch als Serikultur bezeichneten Seidenkultur in Brandenburg. Daran schließt sich die Analyse der Rolle an, die für die französischen Kolonisten im Seidenbau vorgesehen war. Die Hugenotten unterstützten die Serikultur nicht nur als Planteure und Seidenproduzenten, sie schienen prädestiniert als Seidenbaukommissare für dessen Begutachtung und Anleitung sowie als Vermittler in der Kunst des Seidenbaus von der Pflege der Maulbeerbäume bis zum Gewinnen der Roh180
BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 2, 04.06.1791. Vgl. allgemein zum Seidenbau in Brandenburg-Preußen Treue (1986/87) und zu dessen „volkswirtschaftlichen Relevanz“ Ilja Mieck, Preußischer Seidenbau im 18. Jahrhundert, in: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 56 (1969), S. 478–498. 181
IV. Seidenbau und Französische Kolonie
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seide. Auf diese Weise wurde ein Kulturtransfer zwischen Franzosen und Deutschen initiiert. Der letzte Abschnitt fokussiert auf das Schicksal einer Seidenkultivateurin. 1. Die Anfänge der Serikultur in Brandenburg Die ersten Bemühungen, die Pflanzungen von Maulbeerbäumen sowie die Seidenraupenzucht in Brandenburg populär zu machen, reichen bis ins Jahr 1685 zurück, als in Frankfurt, Peitz und angeblich auch in Potsdam die ersten Maulbeerbaumpflanzungen angelegt wurden.182 Doch ging der Seidenbau zwischen Elbe und Oder in den ersten Jahrzehnten äußerst schleppend voran. Erfahrungen über die Kultur der Maulbeerbäume lagen noch nicht vor und so mussten viele Seidenbaupioniere Lehrgeld zahlen, bis nach einem ungewöhnlich strengen Winter die Erkenntnis reifte, dass schwarze Maulbeerbäume dem märkischen Klima weitaus schlechter gewachsen waren als die weißen.183 Wissenschaftliche Schriften über den Seidenbau wurden in Umlauf gebracht, wie etwa „Der Seidenbau in seiner nöthigen Vorbereitung, behörigen Bestellung und endlichen Gewinnung oder kurze doch gründliche Anweisung, wie bei uns der Maulbeerbaum fortgepflanzet, die Seidenwürmer gezogen und Seide erzielet werden möge“.184 König Friedrich I. empfahl 1710 den Plantagenbesitzern die Akademie der Wissenschaften als Anlaufstelle und betraute diese auch mit der Auswahl weiterer Pflanzstätten. Trotzdem war zur Inthronisierung Friedrich Wilhelm I. Brandenburg in puncto Seidenbau noch Entwicklungsland. Dennoch, oder vielleicht gerade wegen dieser Schwierigkeiten, blieb die Förderung des Seidenbaus erklärtes Ziel königlichen Handelns. Eine gegen Ende der Regentschaft Friedrich I. verfasste Denkschrift hob den Nutzen der Seidengewinnung in Brandenburg mit Argumenten hervor, die auch Friedrich Wilhelm I. zum Festhalten an diesen Plänen animiert haben dürften:185 Zuerst einmal sei der Bedarf an Seide enorm. Denn keine Person wäre so arm, 182 Ebd., S. 20. Das Patent vom 12.12.1716 erwähnt Potsdam neben Spandau und Köpenick als Stätte des Seidenbaus. In der 1730 anonym verfassten Denkschriften „Balance des Seiden-baues mit andern Land-Wirthschaftlichen Nutzungen“ wird die Anlage von Plantagen in Potsdam mit dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm in Verbindung gebracht. Marina Heilmeyer/Michael Seiler, Maulbeeren. Zwischen Glauben und Hoffnung, Potsdam 2006, S. 53. 183 Treue (1986/87), Band 1, S. 14 ff., wie die folgenden Ausführungen. 184 Bei dem Verfasser dieser 1714 von der Akademie der Wissenschaften herausgebrachten Schrift handelt es sich vermutlich um den Konrektor des Berliner Gymnasiums zum grauen Kloster, Frisch. 185 Diese undatierte Denkschrift trägt den Titel: „Motiven warumb die Plantation der weißen Maulbeerbäume in hiesigen Landen anzustellen.“
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
dass sie nicht etwas Seidenes trage. Die Erzeugung der Seide hielte auch das Geld im Land und gäbe den Armen und Bedürftigen Broterwerb. Auch schaffe die Seidengewinnung Arbeit, die zusätzlich Leute ins Land hole. Das alles waren typisch kameralistische Wirtschaftsziele, wie sie sich auch mit der Politik Friedrich Wilhelm I. vertrugen: das Geld im Land behalten, Peuplierung betreiben und durch Belebung der Binnenkonjunktur eine positive Handelsbilanz schaffen.186 Doch es fanden sich noch mehr Vorzüge der Serikultur: Auch von Seiten der Agronomie her spräche einiges für die Anlegung von Maulbeerpflanzungen. Maulbeerbäume könnten als lebendige Hecken für die königlichen Gärten gezogen werden und abfallende Beeren gäben Fasanen wie anderem Federwild gute Nahrung. Die weißen Maulbeerbäume seien leicht zu ziehen und litten wenig unter der Kälte. Wenn man erst genügend Bäume aufgezogen habe, so würden sich leicht Leute finden, die sie pachteten und mit der Seidengewinnung Bescheid wüssten. Maschinen zum Abhaspeln der Cocons oder zum Zwirnen der Seide seien auch schon da. Zu guter letzt höre die Arbeit der Seidenbauenden gerade dann auf, wenn die Heuernte anfange, ziehe den Landmann also nicht von notwendigen Arbeiten ab. Dies erklärt aber nur zum Teil jenes ungebrochene Interesse an diesem luxuriösen Stoff, dass der oft als sparsam charakterisierte „Soldatenkönig“ der Seide während seiner Regentschaft entgegenbrachte. In der Textilindustrie kam Seide damals universell zum Einsatz: zum Wirken von Strümpfen, als Futterstoff, in Mischgeweben oder einfach nur als Haarband. Hier war der glatte Seidenstoff gerade wegen seiner Elastizität von Vorteil.187 Auch für Applikationen und zum Weben bunter Borten eignete sich dieses Material bestens. Zudem nahmen sich die Uniformröcke von Offizieren und Königsgrenadieren mit Seidenbesatz umso prächtiger aus.188 Daher galt Seide selbst bei der Montierung der Armee als unentbehrlich. Der Berliner Tiergarten war einer der Orte, wo in den nächsten Jahren Maulbeerplantagen entstehen sollten. 1717 wurde einer Gruppe von Réfugiés aus Orange je eine Parzelle zugewiesen, die der König eigenhändig auf einer Karte bezeichnete, indem er an die betreffenden Stellen schrieb: „hier 186
Vgl. zur Kameralistik den Abschnitt B.I. So sollte Thomen seidene Haarbänder für die Armee produzieren. Stadtarchiv Potsdam 1-1/610, fol. 16. 188 Laut Uta-Christiane Bergemann der nahezu einzige Anwendungsbereich für Seiden- oder Goldstickereien zu Zeiten Friedrich Wilhelm I., sieht man von der Hofhaltung seiner Gemahlin ab. Dies., Stickereien. Bestandskatalog der Kunstsammlungen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Berlin 2000, S. 31. Kritisch zur klischeehaften Verengung „fallweise[r] Repräsentation“ zu einem „gänzlich amusischen, kunstfeindlichen und bis zum Geiz sparsamen“ König Friedrich Wilhelm I. siehe Neugebauer (1997), insbesondere 255 ff. 187
IV. Seidenbau und Französische Kolonie
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Abbildung 18: „Plan. Ein Theil von dem Königl. Thiergarten“. Auf einer solchen Detailansicht vom Tiergarten wies Friedrich Wilhelm I. die „Allée de 28 Morgen et 166 ruten“, dort als Allee nach Spandau bezeichnet, sowie die Fläche im linken unteren Bereich unterhalb der Spree als von den Orangois anzulegende Maulbeerbaumplantagen aus. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 31, fol. 66
sollen sie Maulber Beume Plantzen“, und „hier auch sollen sie Maulbeer Beume Plantzen auf die Wüste Pletze“.189 Einer dieser Gärtner war Jean Rocheblave. Er sollte wenige Jahre später in Potsdam eine Strumpffabrik anlegen und dort vor allem seidene Strümpfe fertigen.190 Der Seidenbau wurde von Friedrich Wilhelm I. zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe erklärt. Denn nicht nur die Unterbringung der Soldaten, sondern auch die Beförderung des Seidenbaus war eine Obliegenheit, die alle Bürger der Stadt anging. Sie wurden daher zum Pflanzen von Maulbeerbäumen auf ihrem eigenen Grund und Boden angehalten.191 Für Potsdam ist aus dem Jahr 1720 eine Liste mit Bürgern überliefert, die Maul189
Treue (1986/87) Band 1, S. 22. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 648/2, ohne Paginierung und Datum, vermutlich 1726. 190
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D. Der Stellenwert der Französischen Kolonie innerhalb der Politik
Abbildung 19: Plan der Maulbeerbaumplantagen der Franzosen und Orangeois im Tiergarten, 1717. Die dritte Parzelle von links ist Jean Rocheblave zugewiesen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 31, fol. 77
beerbäume pflanzen sollten. Die Stadt hatte zuvor 1 500 weiße Maulbeerbäume zum Preis von drei Groschen pro Baum erhalten und musste dafür 187 ½ Reichstaler an die Generalkriegs-Kasse entrichten. Die Pflanzung von 1 200 Bäumen besorgte der Magistrat selbst. Für die Ausbringung der übrigen 300 Maulbeerbaumsetzlinge zog er insgesamt 212 Bürger der Stadt heran, die sich verpflichteten, zwischen 1 und 20 Bäume zu pflanzen. Darunter waren auch die Witwe Girod mit zwei Bäumen sowie Antoine Biette mit acht.192 Pro Baum war ein Groschen an die Stadtkasse zu zahlen. Diese Maßnahme fand in Nowawes wieder Anwendung, als dort die Kolonisten zur Pflege der als Allee gepflanzten Maulbeerbäume angehalten wurden.193 Überhaupt wurden Kolonistenfamilien angewiesen, Maulbeerbäume zu pflanzen, gerade wenn sie auf dem Lande angesetzt wurden.194 191
Hierfür seien exemplarisch die Aktivitäten im Steuerrat Potsdam angeführt. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 909, Maulbeersachen 1718 ff., ohne Paginierung. 192 Stadtarchiv Potsdam 1-3/606, fol. 16–21. 193 1783 wurden vor den Kolonistenhäusern Maulbeerbäume gepflanzt, für deren Pflege die Kolonisten zuständig waren. 1788 wird in den Quellen der Zustand der vernachlässigten Bäume beklagt, von denen viele bereits eingegangen seien. Jung, S. 26 f. Aus dem Jahr 1786 datiert ein nach Straßen geordnetes Verzeichnis von etwa 140 Nowaweser Hausbesitzern, die solche „Baumpatenschaften“ zu übernehmen hatten und bei „Abgang“ des Maulbeerbaumes für dessen Ersatz aufkommen sollten. Stadtarchiv Potsdam 1-3/624, fol. 1 ff. 194 „Tabelle von denen fremden Familien so die Beamte der Churmark gegen Prolongation ihrer Pacht-Jahre zu etablieren, auch wie viel Maulbeer-Bäume sie anzupflanzen versprochen pro Anno 1752“. BLHA, Pr. Br. Rep 2D, Nr. 15379, fol. 24 f.
IV. Seidenbau und Französische Kolonie
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Obwohl in Potsdam schon zu kurfürstlicher Zeit die ersten Maulbeerbaumpflanzungen entstanden, konnten spätere Generationen allem Anschein nach hieran nicht anknüpfen und mussten immer wieder von vorn beginnen. Die Hauptursache lag wahrscheinlich in der aufwendigen Pflege der jungen Bäume, die selbst nach überstandener Baumschule in den ersten Jahren der Freilandkultur keinesfalls so gut gegen die kühle Witterung gewappnet waren, wie die erwähnte Denkschrift versicherte. Auch Wind und magere Böden schätzten die asiatischen Gewächse nicht. Trotz sorgfältiger Pflege konnten Wetterunbilden die ganze Mühe noch nach Jahren zunichte machen. Dies dürfte viele Pflanzer entmutigt haben. 1740 hieß es in einem Zirkular zur Beförderung des Seidenbaus, dass dieser in Potsdam nicht weiter ausgebaut werden könne. Es gäbe nur sandige Böden und wenig Gartenland. Überdies könnten die Weinberge auch nicht hierzu zweckentfremdet werden. Eine ähnliche Antwort hatte der Magistrat auch schon auf frühere Anfragen gegeben.195 Ein weiteres Problem bestand darin, dass die Pflege der Maulbeerbäume noch den verhältnismäßig einfachen Teil der Serikultur ausmachte und nutzlos war, wenn die Blätter nicht an Seidenraupen verfüttert werden konnten. Wenn man nicht die Raupeneier Jahr für Jahr aus Italien oder Frankreich herbeischaffen wollte, mussten die heimischen Kultivateure mit ausreichend Maulbeerlaub beliefert werden, so dass wenigstens ein Teil der ausgelegten Eier sich zu fertigen Seidenspinnern entwickelte und die Brut für die nächste Saison „herbeikopulierte“. Selbst dann konnte der nahende Winter die Reproduktion der Seidenraupen noch gefährden. Nicht immer überstanden die Grains die kalte Jahreszeit unbeschadet.196 Unter diesen Bedingungen kam bis über die Mitte des 18. Jahrhunderts hinaus der Seidenbau in und um Potsdam nur schwer in Gang, wenn wie 1756 für jeden Ort maximal zwei Lot Raupeneier zum Verteilen an die Seidenkultivateure bereit lagen.197 1770 prognostizierte der Steuerrat für Potsdam mit 60 Pfund Seide lediglich den gleichen Ertrag wie für die Stadt Treuenbrietzen. Hingegen sollte seiner Einschätzung nach die Ernte in Brandenburg mit 220 Pfund mehr als dreimal soviel erbringen. Dieser Be195 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 909, passim, insbesondere 23.03.1733. 196 „und entstehet stark die Vermutung als wenn der ungewöhnlich harte Winter auch auf die Grains einen nachteiligen Einflus gehabt habe.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 2, fol. 5. Die Eier des Seidenspinners werden in den Quellen als Grains bezeichnet, von französisch graine, Samenkorn. 197 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 913 (ohne Paginierung) und ausführlicher noch in derselben Repositur Nr. 915, 05.04.1756. 1789 und im darauffolgenden Jahr erhielt allein die Witwe Baral für ihre Serikultur auf dem Jägerhof mit 16 bzw. 15 Lot das achtfache an Seidengraines. Mit dieser Menge an ausgelegten Graines erzielte sie 1789 knapp 36 Pfund Seide, 1790 nur gut 10 Pfund. BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 2, fol. 24 ff.
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rechnung liegen für Brandenburg 8 000 und für Potsdam 2 000 große Bäume oder Hecken von Maulbeeren zugrunde. Noch bescheidener nimmt sich der Zustand der Serikultur in Potsdam aus, wenn wir uns von den Prognosen weg und hin zu den Erträgen des Seidenbaus begeben. In den jährlichen Berichten über den Seidenbau im Steuerrat wird mit gut 9 000 laubbaren Maulbeerbäumen für Potsdam der dreieinhalbfache Baumbestand wie in der Prognose angegeben. Diese Bäume wuchsen auf sechs größeren und einigen kleinen Plantagen. Das Waisenhaus verfügte über zwei Plantagen, der Magistrat über eine, die er verpachtet hatte, der Maurermeister Pille, der Maler Bock sowie Steinmetz Burghalter und der Zimmermeister Vogel bewirtschafteten eine Plantage. Letztere waren die einzigen, die 1771 Seide erzeugten. Mit 12 Pfund fiel der Ertrag nicht nur um 20 Pfund geringer aus als im Vorjahr, sondern brachte es auch nur auf ein Fünftel der Vorjahresprognose für ganz Potsdam. Burghalter und Vogel waren die einzigen Kultivateure, die zu dieser Zeit Graines (12 Lot) auslegten und gewinnen konnten (16 Lot).198 Diesen ernüchternden Zahlen zum Trotz wurde in Potsdam am Seidenbau festgehalten. Noch unter Friedrich Wilhelm II. sollte der Weinberg am Heiligen See in eine Maulbeerbaum-Plantage umgewandelt werden und der Seidenbau weiter expandieren.199 Dies hat in erster Linie mit der Vorbildfunktion Potsdams für den Seidenbau in Brandenburg zu tun. Bereits 1766 sollten aus Kur-, Alt- und sogar Neumark insgesamt 160 Personen zur Ausbildung nach Potsdam geschickt werden. „Wegen derer in Potsdam angesetzten, in der Seiden-Cultur besonders erfahrnen ausländischen Leuten [. . .] sollte jedermann nach Potsdam kommen, und von selbigen darunter Unterricht [nehmen]“.200 Mit diesen erfahrenen Ausländern waren neben dem aus Turin stammenden Giovanni Giachetti (Jean Jaquet)201 auch französische Kolonisten gemeint, die in Potsdam Maulbeerbaumplantagen bewirtschafteten oder im Seidenbau tätig waren. 2. Die französischen Kolonisten als Planteure und Seidenbauliebhaber Obwohl Friedrich Wilhelm I. das Potential französischer Kolonisten für die Kultivierung von Maulbeerbäumen erkannt hatte, blieb deren Serikultur 198
Stadtarchiv Potsdam 1-3/603, 1771. Stadtarchiv Potsdam 1-3/625, 19.12.1790. 200 Nachdem dieses Weiterbildungsangebot nicht den erhofften Zulauf zeitigte, versuchte man es im Jahr darauf mit behördlicher Kontrolle. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3185, 22.07.1766; 29.03.1767. 201 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 36, Nr. 172, passim. 199
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weitestgehend auf Berlin beschränkt. Dies legt eine Auflistung der von etwa 20 Hugenotten im Berliner Raum produzierten Seide gegen Ende der Regierung Friedrich Wilhelm I. nahe.202 Die Ausbeute changierte zwischen ¼ und 34 Pfund. Nur wenige Seidenproduzenten brachten es auf über zehn Pfund Rohseide. Bei den meisten handelte es sich offensichtlich um Berliner Produzenten, denn bei der Familie Delon, wo die Mutter die Seide kultivierte, ist extra ihr Wohnort Potsdam ausgewiesen. Mit sechs Pfund Rohseide lag sie im guten Mittelfeld. Insgesamt gab es 1732 2 000 Maulbeerbäume in und um Berlin, Potsdam eingeschlossen, und die Seidenbauenden gewannen zusammen kaum mehr als 100 Pfund Rohseide.203 Damit spielten die Potsdamer Hugenotten sowohl als Planteure wie auch als Kultivateure unter Friedrich Wilhelm I. nur eine untergeordnete Rolle. Auf beiden Feldern traten die Französischen Kolonisten in Potsdam erst unter Friedrich II. verstärkt in Erscheinung. Dies lag in dem neuen Ansatz der Seidenbaupolitik begründet, den Friedrich verfolgte. Dessen Seidenbauprogramm unterschied sich in seinem logistischen und finanziellen Aufwand deutlich von den Versuchen seiner Vorgänger.204 Auch kam der Seide in der höfischen Gesellschaft wieder verstärkt Bedeutung zu.205 Bereits im ersten Regierungsjahr beauftragte Friedrich II. die Akademie der Wissenschaften mit der Ausarbeitung eines Projekts zur Förderung des Seidenbaus in Brandenburg. Die Akademie schlug zehn in Frage kommende Stellen vor, wo gute Böden und Maulbeerbäume vorhanden waren, aber vor allem auch alte Réfugiés, die Kinder im Seidenbau anweisen könnten.206 Französische Kolonien und Waisenhäuser sollten zusammenarbeiten. Damit war explizit auch Potsdam angesprochen. Planteure konnten mit einer Pension von 50 Reichstalern auf zehn Jahre rechnen, die die Zeit von der Anpflanzung bis zur ersten Ernte der Blätter überbrückte. Bis zur Ertragsreife der 202
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3185, fol. 41. Treue (1986/87) Band 1, S. 34. Die Effizienz des Seidenbaus betrug damit nur die Hälfte der Jahre 1777–1780 (gesamte Kurmark). Vgl. Mieck, S. 486. 204 Als Beleg hierfür kann beispielsweise die Einbindung der Französischen Kolonien in den Seidenbau dienen. Vgl. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 31 bis 36, und insbesondere auch für die nachfolgenden Ausführungen: Nr. 33, fol. 90 ff. Mieck bilanziert allein die Ausgaben der Manufakturkasse für den Seidenbau der Jahre 1744–1786 auf 71 000 Reichstaler, die Aufwendungen für Schlesien nicht mitgerechnet. Mieck, S. 482. 205 Bergemann, S. 31 ff. 206 Welcher französische Kolonist dieses Wissen nicht bereits aus Frankreich mitgebracht hatte, konnte es von klein auf etwa in der école de charité in Berlin lernen. Der Schulunterricht wurde in dieser Armenschule durch praktische Arbeiten ergänzt. Für die Jungen standen Seidenraupenzucht und die Kultur der Maulbeerbäume auf dem Lehrplan. Vgl. Steiner, S. 214. Allerdings wurde diese Einrichtung erst 1747 gegründet. Vgl. Fuhrich-Grubert (1992), S. 30. 203
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Bäume wurde den Pflanzern eine jährliche Zuwendung in Aussicht gestellt, die zumindest teilweise die Lebenshaltungskosten deckte.207 So nimmt es nicht Wunder, dass etliche Kolonisten plötzlich ihren grünen Daumen entdeckten und sich als Maulbeerbaumpflanzer empfahlen. Gleich mehrere Hugenotten hielten in Potsdam und Umgebung die Augen nach einem Flecken Land offen, den sie sich zwecks Anlegung einer Plantage erbaten. Auch Jacques Delon, dessen Mutter uns bereits in den Quellen begegnete, meldete Interesse an.208 Er wolle nun den Seidenbau in großem Stil betreiben, da er dieses Handwerk von klein auf gelernt habe, so die stereotype Selbstempfehlung der Kolonisten. Delon bat um die Übertragung der 400 Bäume zählenden, vor der Langen Brücke gelegenen Plantage, die er besser zu bewirtschaften gedachte, als ihr eigentlicher Besitzer Krüger, Inspektor der Spiegelfabrik in Neustadt Dosse. Ein weiterer Potsdamer Kolonist, der in den Genuss der „Zehn-JahresRente“ kommen wollte, war der aus dem Languedoc stammende David Dumas. Auch er habe von klein auf die Kultur der Maulbeerbäume gelernt und wolle nun eine Plantage im Norden von Potsdam, nahe dem Jäger Lindstedt, anlegen. Neben der Zuweisung dieses Platzes möge man ihm noch folgende Anschaffungen gewähren: Baumaterial für ein Haus auf dieser Plantage und für deren Umfriedung, zwei Stuten, zwei Kühe sowie zwei Schweine. Der Staatsminister Brand wies diese Bitte aber als überzogene Forderung für lediglich 2 000 Bäume, die er pflanzen wolle, am 16. Februar 1743 zurück.209 In Bornim kultivierte stattdessen der Landjäger Daniel Lindstedt auf seinem Pachtland Seidenraupenatzung. Zwischenzeitlich vermochte er zwar seine Plantage auf knapp 6 000 Bäume auszudehnen, da ihm die unbrauchbar gewordenen Bornimer Fischteiche und der Weinberg 207 Eine alleinstehende, mittellose Person erhielt zu dieser Zeit den Winter über eine wöchentliche Unterstützung von etwa einem halben Reichstaler durch die Armenkasse der Französischen Gemeinde. AFrD, 5968, fol. 33. Mit 13 Reichstalern ließ sich demnach eine Stube von Oktober bis Anfang April beheizen und für einen Reichstaler im Monat um 1755 sogar eine Wohnung mieten. BLHA, Pr Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegiericht Potsdam, Nr. 2, fol. 2. Damit wäre von der Rente erst die Hälfte aufgezehrt und es blieben 25 Reichstaler für Nahrung und Kleidung. Ein Pfund Brot kostete 1775 5,5 Pfennige. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 248 Mühlen-Sachen Potsdam, Nr. 2, 1776. Demnach hätte der Planteur noch Geld für drei Laibe Brot am Tag übrig gehabt. Ein Tagelöhner verdiente 1741 in Potsdam etwa 4 Groschen, 6 Pfennige für Färbearbeiten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 02.05.1741. Für die Pension von 50 Reichstalern hätte dieser Tagelöhner in etwa 261 Tage arbeiten müssen. 208 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 36 f. Der Ausgang des Gesuchs ist jedoch ungewiss. 209 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 33, fol. 153–56.
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zur Nutzung überlassen wurden, doch versetzten die Eisheiligen seinen Unternehmungen einen frostigen Schlag. Er verlor nicht nur in einem Frühjahr 45 Bäume, sondern erhaspelte sich lediglich 5 Pfund und 16 Lot Rohseide, „weile im Monath May c.a. wider vermuthen, durch den gehabten Frost, alle jungen Maulbeer blätter ruiniret worden, und folglich in Ermangelung des Futters, die junge[n] Seyden Würmer crepiren müßen.“210
Der Gerichtsdiener Jean Bonnefoy und der Gärtner Louis François wandten sich 1743 ebenfalls mit der Bitte um ein Stück Land zur Anlegung einer Maulbeerpflanzung an den König. In François’ Garten reiften bereits vierbis fünftausend junger Bäume heran, doch die beiden wollten die Pflanzung noch vergrößern und auch die bereits gezogen Bäume benötigten mehr Platz. Sie hatten dabei ein Stück Land vor dem Brandenburger Tor im Sinn, das im Besitz seiner Majestät sei. Verhandlungen mit dem Magistrat waren bislang erfolglos geblieben. Dieser gab ihnen nach einigen vergeblichen Vorstößen schließlich zur Antwort, dass die Wiese öffentliche Weidefläche sei, und auch keine weiteren Flächen in der Gegend zur Pflanzung übertragen werden könnten. Nun hofften sie, beim Generaldirektorium mehr Gehör zu finden,211 denn es gäbe nicht weit vor den Toren der Stadt Brachflächen, auf denen noch nie jemand sein Vieh habe weiden lassen und diese Flächen gehörten eindeutig dem König.212 Neben der erwähnten Baumschule von François war die Plantage am Brauhausberg, die Jacques de la Rouvière und Malbosc von Johann Martin Angermann gepachtet hatten, die einzige, die von Französischen Kolonisten bewirtschaftet wurde.213 Trotz seines französischen Namens gehörte der Katholik Chavy nicht zur Französischen Kolonie, war jedoch mit der zur Französischen Gemeinde gehörenden Henriette Louise Prêtre verheiratet. Chavy erhielt 1770 als Seidenbauinspektor in Nowawes eine Maulbeerplantage zugesprochen. Diese Plantage befand sich jedoch in schlechtem Zustand, was die für den Seidenbau zuständigen Behörden allerdings nicht dem hohen Grundwasserspiegel und den heftigen Landwinden zuschrieben, 210
BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15711, fol. 40. Die Supplik wurde am 03.01.1744 vom Französischen Rat an das Generaldirektorium weitergeleitet. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 35, fol. 66 f. 212 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 35, fol. 63 ff. In einer anderen Supplik wird die schlechte Qualität eines nahe der Havel gelegen Stück Amtsackers betont. Selbst wenn es nicht um ein und dieselbe Parzelle geht, ist dies nicht unbedingt ein Hinweis auf die Güte des Bodens vor dem Brandenburger Tor. BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15517, fol. 1. 213 Dies geht aus einem 1755 beigelegten Streit mit Angermann hervor, in dem es u. a. um den ungehinderten Zutritt zur Plantage geht. BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 15 ff. 211
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sondern Chavys Arbeitsstil anlasteten, den seine angegriffene Gesundheit und sein fortgeschrittenes Alter keineswegs besserten.214 Für seine Funktion als Seidenbauinspektor war Chavy ein eigenes Haus auf seiner Plantage zugedacht, das auch den Anforderungen der Serikultur entsprach.215 Mit Fußbodenheizungen sollte es den Raupen drinnen behaglich gemacht werden, während womöglich draußen die Eisheiligen den Maulbeerbäumen ihr zartes Grün abnagten und damit den nimmer satten Seidenwürmern ihre Nahrungsgrundlage entzogen. Die Raupen hätten also wenigstens nicht frieren müssen, während sie hungerten. Mitunter gereichte den Potsdamer Kolonisten der Seidenbau auch als Vorwand, die Stadt ohne finanzielle Einbußen wieder verlassen zu dürfen. Der Hauptmann D’Elbech gehörte zu der Gruppe französischer Offiziere im Ruhestand, die von Berlin nach Potsdam mit einer Erhöhung ihrer Altersbezüge geworben worden waren, um hier die neu gegründete Französische Kolonie zu verstärken.216 Nachdem D’Elbechs Ansinnen nach Berlin zurückzukehren, da er sich um die Erziehung seines Neffen kümmern wolle, mit dem Hinweis bedacht wurde, er verlöre dann seine Pensionszulage, bot er sich schließlich an, in Berlin eine Maulbeerbaumplantage von 1 000 Bäumen vor dem Spandauer Tor unweit der Hamburger Landwehre anzulegen.217 D’Elbech durfte daraufhin nicht nur seine Zulage behalten, ihm wurden noch für mehr als 600 Reichstaler Bau- und Zaunholz gegeben.218 Dieses Beispiel sollte bald Schule machen. Nach D’Elbech versuchten noch weitere Potsdamer Kolonisten auf diese Weise und unter Beibehaltung ihrer vollen Pension, wieder nach Berlin ziehen zu dürfen. So bediente sich 1743 sogar ein ganzer Familienverband französischer Offiziere des „Seidenbauarguments“, um bei voller Pension in Berlin ihren Lebensabend zu verbringen. Dabei hatte die Familie Chambaud zuerst Sprachprobleme ins Feld geführt: „Ma femme y ayant toujours Estée malade, et ne sachant 214 Stadtarchiv Potsdam 1-3/624, fol. 1–6; 25–29. Und BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15736, 04.09.1795. Als Inspektor genoss Chavy eine Pension von 300, zuletzt 312 Reichstalern. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 36, Nr. 387, fol. 13; 108. 215 Auf dem Plan für das Haus des Seideninspektors Chavy sind neben den unteren Zimmern A-E, die zur Wohnung des Plantageninspektors gehören auch die oberen mit H u. J bezeichneten Räume eingezeichnet, die der Seidenkultur dienen. Sie sind mit einem durch a u. m markierten Röhrenheizungssystem versehen. Stadtarchiv Potsdam 1-3/624, fol. 27. 216 Vgl. Kapitel B.I.4. und B.III.5. 217 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2341, fol. 11 ff. Das von der Domänenkammer am 17.05.1742 an den Kriegsrat Heidenreich weitergeleitete Gesuch D’Elbechs wurde erst abgewiesen und schließlich im Dezember desselben Jahres befürwortet. 218 Treue (1986/87) Band 1, S. 77.
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aussi ny l’un ny lautre la langue du pais“.219 Louis Jean, Juste Henry und Jaques Chambaud durften sich schließlich in Berlin niederlassen. „Jedoch unter der expressen Condition, daß selbige ihrem freywilligen Engagement gemäß, eine Maulbeer-Baume-Plantage auf ihre alleinige Kosten, hieselbst anlegen und inbeständiger, und gehöriger Cultur unterhalten sollen.“220
Die Franzosen mögen auch deshalb im Seidenbau willkommen gewesen sein, weil sie ihre Beziehungen nach Frankreich spielen lassen konnten, um eventuelle Versorgungsengpässe zu umgehen. 1758 bot sich Rouvière an, für 200 Reichstaler Maulbeerbaumsamen aus Frankreich zu beschaffen, das Pfund zu 2 Talern und 17 Groschen. Es konnten aber für nur 14 Groschen Samen aus dem nahen Frankfurt bezogen werden, weswegen Rouvière nachweisen sollte, dass seine Samen wirklich aus Frankreich stammten.221 Daneben sah man in den französischen Kolonisten auch kompetente Vermittler des Seidenbaus, wovon der nächste Abschnitt handelt. 3. Die französischen Kolonisten als Vermittler des Seidenbaus Unter Friedrich Wilhelm I. verlor die Seide ihre Geltung als reiner Luxusartikel, da dieser Stoff für den Aufbau der Armee benötigt wurde. So fand der Seidenbau im Rahmen der Montierung und der Bekämpfung der Bettelei seine wirtschaftspolitische Anerkennung. Friedrich II. hielt den pädagogischen Wert der Serikultur hoch. Das Waisenhaus in Potsdam sollte in Kooperation mit der dortigen Französischen Kolonie zu einem Zentrum der Seidenproduktion aufsteigen. Damit war Friedrich II. zugleich Initiator eines Kulturaustausches zwischen Franzosen, die als Kinder in ihrer Heimat noch den Seidenbau erlernt hatten, und den kriegsbedingt anwachsenden Scharen von Waisenkindern, denen dieses Handwerk vermittelt werden sollte.222 Als Maulbeerbaumpflanzer war den Potsdamer Kolonisten – wie gesehen – wenig Glück beschieden. Dafür machten gleich drei von ihnen bei der Begutachtung des Seidenbaus Karriere. 1744 wurden die Gebrüder Rouvière zu Seidenbau-Inspekteuren ernannt.223 Ihnen sei 219
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4c1, Nr. 13, 09.01.1743. Vgl. hierzu auch den Abschnitt G.II.1. 220 Ebd., 14.02.1743 sowie BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2341, fol. 16. 221 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 4198, 25.01.1758. Zu den Beziehungen der Kolonisten nach Frankreich siehe auch das Kapitel G.III., insbesondere den Abschnitt G.III.1. 222 Zum Ausbau des Militärwaisenhauses, Siehe Kroener, S. 230–252, wie Abschnitt C.II.
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„die Aufsicht, so wohl über sämbtliche in dero Landen bereits angelegte Maulbeerbaum plantages, als auch über diejenigen, welche noch weiter angerichtet werden möchten, dergestalt aufzutragen, daß sie solche von Zeit zu Zeit bereisen und untersuchen, auch denen Entrepreneurs solcher Plantages den nöthigen Unterricht zur Cultur der Maulbeerbäume geben sollen“.224
Nachdem einer der Brüder im darauf folgenden Jahr verstarb, wurden dem anderen der Chevalier Malbosc sowie der Planteur Barandon zur Seite gestellt. Da die Dotierung von Malbosc’ Stelle noch auf sich warten ließ, verschob dieser ein ums andere Mal seine Inspektion. In Calbe erwartete man ihn im April daher sehnlichst, um „die dort befindlichen MaulbeerBäume ausputzen zu laßen und zum diesjährigen Seyden-Bau daselbst die nöthige Anstalten zu machen.“225 Zu den Hugenotten, die Kinder in der Kultur und Verarbeitung der Seide unterrichteten, zählte Marthe de Pascal. Für ihre Unterweisungen erhielt sie 1749 eine Pension von 50 Reichstalern aus dem Französischen Etat in Aussicht gestellt, und wenig später in Höhe von 46 Reichstalern angewiesen.226 Nur wenige Potsdamer Hugenotten waren auch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Serikultur engagiert, darunter auch drei Frauen aus der Französischen Kolonie. Neben der Lefebre und Christine Charlotte Villaret war dies vor allem Anne Marie Baral.227 Sie zählte ausgangs des 18. Jahrhunderts zu den wichtigsten Kultivateuren in Potsdam. Da die Baral Seide kultivierte und haspelte sowie zusätzlich noch Lehrlinge ausbil223 Allerdings wird ihnen im selben Jahr auch der Umzug nach Berlin gestattet. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2341, fol. 17 f. 224 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 36, 13.01.1744. 225 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 33, Nr. 36, 23.04.1745. Er und Rouvière lassen sich bis 1758 in der Kolonie nachweisen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I, fol. 92 ff. 226 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 18, 15.09.1749 u. 17.09.1749. Diese Untersützung erhält sie auch nach ihrem Umzug nach Berlin bis 1784 für ihre Seidentirage und das Ausbilden von Lehrlingen. GStA PK, II. HA, Generaldirektorium, Abt. 28, Tit. 35, Nr. 30, fol. 4; Nr. 37, fol. 1. 227 Stadtarchiv Potsdam 1-3/611, fol. 57 ff. Aus einem Bericht des Seideninspektors Joseph Catena geht hervor, dass der Kaufmann Villaret seit 1779 Graines auslegte und der Invalide Lefevre hiermit begann 1781, wofür er 1782 von Catena vier Lot Graines geschenkt bekam. Im selben Jahr nahm auch der Moulineur Fonrobert seinen Seidenbau auf und erhielt 1782 von Catena zwei Lot Graines. Zu den 1782 von Catena im Seidenbau und Haspeln unterrichteten sechs Personen zählte als einzige aus der Französischen Kolonie auch die Tochter des Seidenwirkers Bouillon. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14, Tit. 243, Nr. 21, 10.11.1782. Ob sie die Jahre darauf ihr Wissen anwenden konnte, ist nicht gesichert.
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dete, wurde sie ihrerzeit im Seidenbau finanziell so umfangreich unterstützt wie keine andere Frau in der Kurmark.228 Zu ihrer Arbeit hat sich wiederum eine Reihe von Dokumenten erhalten, so dass die Serikultur mit all ihren Hindernissen exemplarisch an dieser Seidenbauenden nachgezeichnet werden kann. 4. Anne Marie Baral Anne Marie Laval wurde am 22. April 1728 in Berlin geboren. Sie ist die Tochter des Bäckermeisters Jean Laval aus Metz und seiner Ehefrau Marguerite Devaise aus Mannheim.229 1746 heiratete sie in Potsdam den aus Kassel stammenden Beuteltuchmacher Jean Pierre Baral. Auf Grund fehlender Nachfrage an gewebten Wollstoffen verdingten sich beide in der Tapetenfabrik von Jacques Duquesne als Färber und führten Arbeiten als Staffiermahler aus. So wurde Jean Pierre Baral etwa der Innenanstrich für die 1753 fertiggestellte Französische Kirche übertragen.230 Eine Beteiligung Anne Marie Barals an diesen Arbeiten kann nur vermutet werden. Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1781 ist Anne Marie Baral vorerst weiter als Malerin tätig.231 Schon 1769 betrieb Anne Marie Baral den Seidenbau als Nebenerwerb. Auf der Plantage des Waisenhauses erhielt sie damals während der Saison 16 Groschen am Tag.232 Dabei profitierte die Baral vom Unglück des Seidenbauers Jean Jaquet, der in Spandau eine Strafe wegen Totschlag verbüßte. Der Großteil seiner Pension ging daraufhin auf sie über.233 Im Jahr darauf wird Anne Marie Baral als eine von drei Einwohnern Potsdams benannt, die über Kenntnisse im Seidenbau verfügten. Zusammen mit der Bierwirthen in Brandenburg war sie die einzige Frau im Steuerbezirk Pots228 Diese Aussage stützt sich auf die Auswertung der Seidenbauakten des Generaldirektoriums GStA PK, II. HA, Generaldirektorium Abt. 28. 229 Für diese Auskunft danke ich Robert Violet, Berlin. 230 GStA PK, I. HA Rep. 36, Nr. 3133, fol. 14. „Vor alle Staffier Mahler Arbeith“ wurden Baral am 27.09.1753 213 Reichstaler ausbezahlt. Duquesne zahlte an Färberlohn vier Groschen und sechs Pfennige am Tag. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 02.05.1741. 231 Stadtarchiv Potsdam, 1-3/60. Die Aussage bezieht sich auf eine Liste von Malern für das Jahr 1785. 232 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3187, 15.12.1769. 233 Diese Einkünfte in Höhe von 150 Reichstalern im Jahr genoss Anne Marie Baral bis wenigstens Oktober 1778. Durch dieses Engagement erzielte die Witwe Baral mit den Seidenwirkern vergleichbare Einkünfte. Vgl. Straubel, S. 41, dessen Angabe von durchschnittlich 122 Reichstalern für den Monat Juni allerdings auf das Jahr 1808 beruht.
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dam, der ein Wissen hierüber zugeschrieben wurde.234 1770 arbeitete Anne Marie Baral auch erstmals auf dem Jägerhof im Seidenbau.235 In der Folgezeit trat sie als Hasplerin und Ausbilderin in Erscheinung.236 Anne Marie Baral war nicht nur eine der wenigen Hugenotten in Potsdam, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts noch im Seidenbau tätig waren, sie war von zwei Ausbildern in Potsdam auch die einzige Frau.237 1775 und 1776 bildete nur Anne Marie Baral in Potsdam Lehrjungen aus. 1781 beaufsichtigte sie acht Lehrlinge, die überwiegend aus der Gewehrfabrik kamen, während der italienische Seidenbauinspektor Joseph Catena, der ebenfalls auf dem Jägerhof Serikultur betrieb, nur zwei Lehrlinge betreute.238 Die Frau des Perückenmachers Trümpfer und die des Schulmeisters Weigel ließen sich beide von der Witwe Baral in den Umgang mit den neuen piemontischen Haspelmaschinen einweisen, die der Magistrat den Cultivateurs zur Verbesserung ihres Haspelwesens geschenkt hatte.239 Nur ein Jahr später, im Jahr 1789, erhielt die Witwe Baral sogar einen Posten auf dem Jägerhof auf Lebenszeit zugesprochen, um dort auf königliche Rechnung Seide zu kultivieren.240 234 Stadtarchiv Potsdam, 1-3/605 fol. 10 f. Catena schreibt wenig später über sie: „Bey mein Antritt Anno 1780, fand ich in ganz Potsdam, außer der hier pansionierte Hasplerin Frau Baral, kein einziges Hasplerin noch Leute die sich mit dem Seiden Bau beschäftigen.“ GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14, Tit. 243, Nr. 21, 10.11.1782. 235 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3185, 07.10.1770. 236 Stadtarchiv Potsdam, 1-3/607; 615. Die Witwe Baral erhielt 1786 100 Reichstaler an Vorschuss zum Ankauf von Kokons, die sie haspeln wollte. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 916, 06.05.1786. 237 Stadtarchiv Potsdam, 1-3/611, fol. 62 ff. 238 Stadtarchiv Potsdam, 1-3/611, fol. 64. Joseph Catena trat 1780 seine Stelle als Seidenbauinspektor in Potsdam an und bekam im Jägerhof einen Flügel zur Serikultur zugewiesen. Über den Seidenbau in Potsdam und seine Anstrengungen dabei, diesen zu verbessern, hat sich eine Reihe von Berichten aus seiner Feder erhalten. Sie erzählen auch von dem ausgeprägten Verantwortungsgefühl Catenas seinen Auszubildenden gegenüber, für die er bei Arbeitsunfällen zunächst die Arztkosten übernahm und ihnen bis zu ihrer Genesung auch ein Krankentagegeld zahlte, freilich in der Hoffnung, diese Auslagen vom Generaldirektorium erstattet zu bekommen: „Ferner um die Leuten so bey den Seiden Bau, und pflücken gebraucht worden nicht timide zu machen, hab ich diejenigen so dabey kranck geworden, und bey das Pflücken von die Bäume gefallen, als die Frau Langen, Frau Trösterin mit ihre beyde Töchtern und die Frau Valerius, nicht nur bloß den Chirurgus u. Arzeney für sie bezahlt, sondern auch überdem noch das Tagelohn bis zu ihre Wiederherstellung gereicht habe laßen.“ GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 243, Nr. 21, 10.11.1782. Seine Arbeit als Kultivateur war nicht unumstritten. 1790 hielt ihm das Generaldirektorium vor, seine Verluste bei der Seidenernte im vorigen Jahr „hat derselbe sich größtentheils durch seine Caprices selbst zugezogen“. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 28, Tit. 36, Nr. 132, fol. 111. 239 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 917, 10.06.1788.
IV. Seidenbau und Französische Kolonie
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Dort wurden der Witwe Baral drei beheizbare Säle zur Seidenkultur zur Verfügung gestellt, in denen mehrstöckige Gerüste zum Auslegen des Maulbeerbaumlaubes sowie Regale für die Spinnhütten, also Reisigbündel, in denen sich die Raupen verpuppten, standen.241 Zur Belüftung dienten Gazefenster und Ventilatoren. Den schwierigen Witterungsverhältnissen versuchte man im Laufe des 18. Jahrhunderts durch zunehmende Professionalisierung zu begegnen. Der Seidenbau sollte durch eigens hierfür geschaffene Kommissionen überwacht werden. Es bildete sich allmählich eine Arbeitsteilung heraus zwischen den Plantagenbesitzern, die sich nur um die Futterpflanzen der Seidenraupen, die Maulbeerbäume, kümmerten, und den Seidenbau-Liebhabern, die die Seidenraupen aufzogen. Die königliche Seidenbaukommission in Potsdam stand am Ende einer Reihe von Versuchen, den Seidenbau im kargen und klimatisch wechselhaften Brandenburg profitabel zu machen. Wer wie die Witwe Baral von dieser Behörde zum Seidenbau angestellt war, dem wurde alle nur erdenkliche Hilfe zuteil. Der neue Posten brachte eine Reihe von Vergünstigungen mit sich. So wurden ihr anno 1789 nicht nur 16 Lot Raupeneier gestellt, sondern auch Holz zum Backen der Kokons und zum Heizen, Laub, gepflückt und angeliefert, vier Groschen pro Tag242 Haspellohn für die Tochter sowie sechs Waisenknaben für kleine Handarbeiten. Der Erziehungsgedanke ist im Anstellungsvertrag der königlichen Seidenbaukommission deutlich zu spüren und blieb somit über den Tod Friedrich II. lebendig. Zudem erhielt die Baral weiterhin ihr jährliches Gehalt von anfangs 144, später 150 Reichstalern, mietfreie Wohnung auf dem Jägerhof und sie durfte den Verkaufserlös der Rohseide behalten. Für ihren Seidenbau wurden ihren Pflückern insgesamt 600 Bäume aus der Plantage in Bornim zugewiesen.243 Weil sie für ihre Ausgaben einen wöchentlichen Vorschuss empfing, kam mit dieser Anstellung auf Anne Marie Baral auch ein erheb240
BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 3, fol. 2 ff. Der Jägerhof befand sich an der zur Maulbeerplantage auf dem Judenberg (heute Pfingstberg) führenden Jägerallee. Wie auf der Ansicht von Memhardt zu sehen, bestand der Jägerhof als Fasanerie bereits zu kurfürstlicher Zeit. Vgl. Kapitel C.I. Später wurde die Anlage zu einem Seidenbauhof ausgebaut. Vgl. Manger, Bd. 2, S. 295 ff. Erstmalig wird der Jägerhof 1747 mit dem Seidenbau in Verbindung gebracht, als der Stallmeister Titel das Haus hinterm Jägerhof samt Hundezwinger erhält, um eine Maulbeerbaumplantage anzulegen. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, Nr. 4, Vol. I, fol. 10. Später legte Chavy auf dem Gelände eine Baumschule für Maulbeerbäume an. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 36, Nr. 387, fol. 5. 241 Das Heizen sollte das Schlüpfen der Raupen beschleunigen. BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 2, 17.05.1791. 242 Ein Arbeitstag wird hier als von sechs Uhr morgens bis sechs Uhr abends reichend definiert. 243 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 36, Nr. 387, fol. 2.
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licher organisatorischer Aufwand zu. Ihre Aufwendungen musste sie erst durch Quittungen belegen, bevor ihr ein weiterer Vorschuss ausgehändigt wurde. Selbst die Lieferungen von Laub hatte sie durch Quittungen nachzuweisen. In den ersten Berichten zum Seidenbau der Anne Marie Baral mischen sich Besorgnis mit verhaltenem Optimismus. Denn bei einem Viertel der Auslage verzögerte sich das Auskommen der Brut deutlich, was dafür sprach, dass die Eier den Winter nicht unbeschadet überstanden hatten. Dagegen fügten die Eisheiligen den Maulbeerbäumen in diesem Jahr kaum Schaden zu. Dafür war der Frühling ungewöhnlich nass. Anne Marie Baral musste daher beim Füttern der Raupen besondere Sorgfalt walten lassen. Sie legte das Laub möglichst trocken aus und achtete bei seiner Lagerung auf reichlich Belüftung, damit es nicht zu Fäulnis und Schimmelbildung kam. Zwischen dem 18. und dem 24. Mai schlüpften die Raupen. Anne Marie Baral hielt sie nach ihren Entwicklungsstadien getrennt. Dieses Umsetzen der Raupen wird sie am Ende der Kultur täglich vorgenommen haben. Während die Jüngsten am 2. Juni aus der zweiten Häutung kamen, häuteten sich die Ältesten am 3. Juni schon zum dritten Mal. Nachdem Anne Marie Baral zunächst zu wenig Laub erhielt, waren die im Juni austreibenden Blätter infolge der nasskalten Witterung nicht nahrhaft genug für die Raupen. Schon jetzt ahnte sie, dass die Raupen wenig Seide spinnen werden. Durch häufiges Wechseln des Laubes, weites Ausbreiten der Blätter, regelmäßiges Lüften und sparsames Heizen gelang es ihr jedoch, weiteren Schaden von ihrem Seidenbau abzuwenden, so dass sich am 16. Juni die ersten Raupen verpuppten. Ein Viertel der geernteten Kokons war jedoch wie vorausgesehen von minderer Qualität, nämlich weich und ungebunden, aber dennoch haspelfähig. Insgesamt gewann Anne Marie Baral im ersten Jahr auf dem Jägerhof knapp 36 Pfund Seide, und übertraf damit alle Erwartungen. Auch wenn ihr mit der Anlieferung des gepflückten Laubes ein Großteil der Arbeit abgenommen war, bedeutet diese Hohe Ernte, dass Mutter und Tochter in den fünf Wochen Tag für Tag von morgens bis abends mit dem Seidenbau beschäftigt waren. Da somit gegen Ende der Seidenkultur bis zu 500 kg Blätter und mehr an die Raupen zu verfüttern waren, werden sie noch zusätzliche Hilfe in Anspruch genommen haben.244 Im Jahr darauf schlüpfte fast die Hälfte der ausgelegten Eier erst Ende Mai und damit zu spät, um sich noch optimal zu entwickeln. Der Seidenbau 244 Pro fünf Pfund Seide beträgt die Arbeitsbelastung unter optimalen Bedingungen 200 Stunden und müssen bis zu 90 kg Maulbeerbaumblätter verfüttert werden. Diese Zahlen finden sich bei Mieck, S. 487 f. Allerdings sind hierin nicht die wöchentlichen Besuche des Ratmann Buddeus eingerechnet.
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auf dem Jägerhof zog sich daher bis weit in den Juli hinein, so dass das Futterlaub für die Raupen zu hart wurde. Obwohl Anne Marie Baral fast die gleiche Menge Graines wie im Vorjahr auslegte, betrug die Ausbeute mit knapp elf Pfund Rohseide kaum die Hälfte des prognostizierten Ertrages. Diese schlechte Ernte hatte eine Untersuchung durch die Seidenbaukomission zur Folge. Die sprach Anne Marie Baral jedoch vom Vorwurf mangelnder Sorgfalt frei und schob die geringe Ausbeute auf die schlechte Qualität der Graines. Nur einmal während ihrer fast fünfjährigen Arbeit auf dem Jägerhof können wir Anne Marie Barals Stimme vernehmen, als sie sich über fehlendes Futterlaub beim Steuerrat beschwerte. Zugleich erhalten wir einen Eindruck von der hohen Arbeitsbelastung während der Seidenbausaison: „Da der Herr Rathmann Buddäus eben bey mir gewesen, um wie gewöhnlich nach den Seidenwürmern zu sehen, so beklagte ich mich wegen Mangel an Futter. Da nun dieses wohl daher kommt, weil die Arbeiter beym Schneiden zu nachläßig sind, und statt, wenn gutes Wetter ist um acht Uhr aufhören könnten, so hören selbige schon um vier Uhr auf. Weil ich nun dieses dem Herrn Rathmann erzählte, befahl selbiger mir sogleich bey Euer Hochwohlgebohren zu gehen, aber die Nothwendigkeit meiner beym Füttern der Würmer ist unentbehrlich, und habe keine Zeit davon zu gehen. Bitte demnach Euer Hochwohlgeboren denen Leuten scharf anzubefehlen, daß selbige fleißiger schneiden und ich mehr Futter bekomme, wofern die Würmer vor Mangel der Blätter umkommen müssen.“245
Wöchentliche Berichte sollten Probleme umgehend beseitigen helfen, die gerade einer Einrichtung wie dem Jägerhof drohten, der weder Raupeneier noch Raupennahrung selbst erzeugte, sondern über eine ausgeklügelte Logistik mit letzterem tagtäglich beliefert werden musste. Jede Häutung – ja jede Regung der Raupe auf dem Weg bis zu ihrer Verpuppung – wurde akribisch dokumentiert. Es mag dieser Sorgfalt der Seidenbaukommissare geschuldet sein, dass die Seidenraupen wie in dem folgenden Bericht aus dem Jahr 1791 fast schon menschliches Verhalten zeigten: „Die ältesten Würmer und also die erste Nummer sind am 2. Juny aus der 4. Häutung gekommen, und werden die jüngsten Würmer am morgenden Tage in der dritten Häutung übergehen. Seit den 27. May hat sich nur leider der Bau einigermaßen zu Krankheiten geneiget, welche darin bestehen, daß sie häufig auf den Rändern laufen, durch starke Bewegungen eine gewisse Angst äußern, und auch sogar das frische Futter meiden; einige fressen sehr gut, bleiben aber dessen ungeachtet klein und vertrokenen auch an den Schachteln, welches eine Art von Schwindsucht ist; die meisten dieser kranken Würmer sind so genannte blanke Würmer, welche zuletzt nach dem sie an den Rändern gelaufen, platzen und aus245 Ihre Bitte ist leider nur als Abschrift zu den Akten genommen worden. Daher ist leider nicht zu sagen, ob Anne Marie Baral dieses Schreiben selbst aufsetzte, und in welcher Sprache (Deutsch oder Französisch) sie es abfasste.
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laufen. Auf Anraten d[es] H[errn] Rathmann Buddeus wurde zum öftern mit Wein Essig und Nelken geräuchert, und die Schachteln worin die Würmer befindlich, mit Timian gerieben, und es hat auch wirklich das ansehen, daß die Würmer etwas nachlassen zu kranken und nicht so stark an den Rändern laufen.“246
Die Berichte der Seidenbaukommision künden von den Schwierigkeiten, mit denen ein Seidenbauliebhaber in Brandenburg-Preußen ausgangs des 18. Jahrhunderts zu kämpfen hatte. Die größten Probleme bereitete der Witwe Baral die Beschaffung von ausreichend brauchbarem Futter für die Raupen. Denn das Laub durfte weder durch Frost in Mitleidenschaft gezogen noch zu feucht sein, um an die Raupen verfüttert zu werden, und sollte möglichst frisch angeliefert werden. Auch musste das Wachstum der Blätter mit dem der Raupen schritthalten. Als 1792 der Seidenbau wegen bereits angebrüteter Graines misslang247 und die Witwe Baral im darauffolgenden Jahr ihren Seidenbau aus Altersgründen aufgab, schienen sich dennoch all ihre Hoffnungen erfüllt zu haben. Ihre Tochter Susette, die bereits seit Jahren als ihre Nachfolgerin gehandelt wurde, heiratete den Planteur Carl Wilhelm Treffkorn, um fortan mit ihm auf dem Jägerhof Seidenbau zu betreiben.248 Dass Susette bereits 1794 verstarb, versinnbildlicht die vergeblichen Anstrengungen der Hugenotten im brandenburgischen Seidenbau.249 Als einziger französischer Kolonist von insgesamt neun Kultivateuren produzierte nun nur noch der Tabakfabrikant Schock Seide. Ab 1797 lässt sich keine Beteiligung der Hugenotten in der Potsdamer Serikultur mehr ausmachen.250 Der Niedergang der Seidenproduktion ist auch am Jägerhof ablesbar. In seinen Wohnungen und Arbeitsstätten fehlten Fensterscheiben und faulte der Fußboden. Bis Anne Marie Baral 1805 „den 20. Juny um 11 Uhr vormittag das Zeitliche mit die Ewigkeit verwechselt hat“,251 konnte sie über ihre Pension in voller Höhe verfügen. 246
BLHA, Pr. Br. Rep. 22, Nr. 2, 04.06.1791. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 28, Tit. 36, Nr. 387, fol. 37. 248 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3188, 23.09.1793. Die Trauung von Susanne, genannt Susette, Baral mit Treffkorn fand in der Garnisonkirche statt. GStA PK, VIII. HA Militärkirchenbücher 570, Nr. 11, Heiratsregister reformierte Gemeinde, fol. 169 ff. Susette überzeugte die Seidenbaukommission vor allem durch ihr Geschick beim Haspeln, wofür sie 1789 zehn Reichstaler als Prämie erhielt. Gleichzeitig versprach man ihr, die Stelle ihre Mutter übernehmen zu können, wenn diese den Seidenbau eines Tages aufgäbe. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 36, Nr. 387, fol. 21. 249 Selbst im Rekordjahr 1784 deckte die heimische Seidenproduktion nie mehr als fünf Prozent des Gesamtbedarfs. Vgl. Mieck, S. 484. 250 Stadtarchiv Potsdam 1-3/626, ohne Paginierung. 251 So Treffkorn in seiner Supplik, in der er sich vergebens Hoffnung machte, nach jahrelanger Anwartschaft nun die Pension seiner Schwiegermutter übertragen zu bekommen. Er musste weiterhin mit sechs Reichstalern im Monat auskommen. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 18, Nr. 34, fol. 20. Das Sterbe247
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Unter Friedrich II. schlüpften Potsdamer Hugenotten in die Rolle der Vermittler des Seidenbaus. Dies verdankten sie nicht zuletzt dem Umstand, dass Potsdam in der Serikultur eine Vorbildfunktion für das gesamte brandenburgische Kernland zukam. Der eigentliche wirtschaftliche Nutzen des Seidenbaus lag hingegen nicht in seiner Produktivität sondern vielmehr in der Bekämpfung der Armut.252
V. Zusammenfassung: Der Stellenwert der Französischen Kolonie Die herausgehobene Stellung Potsdams als Residenz, die sich leitmotivisch durch die Geschichte Potsdams im 18. Jahrhundert zog, fand mit der Französischen Kolonie ihre Konkretisierung in einem konsequenten Ausbau dieses Gemeinwesens. Zuvorderst ebnete die Einrichtung einer zweiten Predigerstelle das weitere Anwachsen der Gemeinde. Auch als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Zahl der Gemeindeglieder nicht nur unter die zur Zeit der Einrichtung der zweiten Predigerstelle, sondern sogar unter das Niveau von 1731 fiel, konnte die Gemeinde über zwei Pastoren verfügen. Dass für die Potsdamer Kolonie eigene Maßstäbe galten, artikulierte sich auch beim Bau der Französischen Kirche. Er verschlang rund das Dreifache wie die zeitgleich der Kolonie Nowawes gestiftete Friedrichskirche. Bei dem Temple ging es nicht um einen Zweckbau in der nordöstlichen Ecke der Stadt, sondern um die Variation des Ideal-Stadt-Gedankens der zuvor mit dem Frantzösischen Quartier für die Französische Kolonie formuliert wurde, aber letztlich visionär blieb. Die architektonische Einbettung der Französischen Kirche in den Stadtumbau im Stile italienischer Renaissance sollte die Zugehörigkeit der Französischen Kolonie in die Stadt verbuch der Französichen Gemeinde nennt bei Anne Marie Baral Schwindsucht als Todesursache. AFrD, 6020. 252 Frauen, die Ende des 18. Jahrhunderts den Seidenbau in Angriff nehmen wollten, begründeten dies durchgängig mit dem Argument, ansonsten ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten zu können: „Bekanntermaßen, habe sie ihr Mann mit 6 unerzogenen Kindern in den schlechtesten Umständen hinterlaßen, und wenn sie auch mit den Ihrigen Tag und Nacht arbeitete, kaum so viel übrig, den nötigen Unterhalt für sich und ihre unglückliche Familie zu verschaffen.“ GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 28, Tit. 37, Nr. 109, fol. 3. An anderer Stelle wird die Unterstützung zum Seidenbau mit den Worten verwehrt, dass „die Umstände der Seidenbau Fonds Casse es nicht zulaßen jedem Vermögenslosen Cultivateur ausser den gewöhnlichen Prämien noch ansehnliche Geschenke zu geben.“ Nr. 153, fol. 6. Damit wird letztlich aber nur beschrieben, was der Normalfall war. Der entmystifizierenden Analyse Ilja Miecks lässt sich noch ein weiteres ernüchterndes Fazit hinzufügen: Seidenbau war im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht nur keine Erfolgsgeschichte, sondern ein Armutsphänomen. Vgl. Mieck, S. 478–498.
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sinnbildlichen. Zugleich wurde den Segnungen der hugenottischen Einwanderung für das durch den Großen Krieg verheerte Brandenburg-Preußen ein Denkmal gesetzt. Das antikisierende Erscheinungsbild der Französischen Kirche fand auf Wunsch Friedrich II. im Innenraum mit der amphitheatrischen Anordnung der Bänke seine Entsprechung. Eine Sitzordnung, die kaum hundert Jahre später beim pragmatisch veranlagten Architekten und Denkmalpfleger Schinkel Kopfschütteln auslöste. Die Schenkung der Kirche geschah denn auch nicht so ganz großzügig und uneigennützig wie es auf den ersten Blick erscheint, zumal der König der 250 Seelen umfassenden Französischen Gemeinde zuvor aus „Eigenbedarf“ kündigen musste, weil er die Schlosskapelle zu Gästezimmern säkularisieren ließ. Der Bau der Französischen Kirche bot die Gelegenheit, ein politisches Testament für die Ewigkeit zu hinterlassen. Weniger transzendent und instrumentalisierbar waren da die Gefälligkeiten, die Friedrich Wilhelm II. der Französischen Gemeinde erwies. Mit drei geschenkten Häusern konnten alle Kirchenbediensteten vom ersten Prediger bis zum Küster in unmittelbarer Nähe der Französischen Kirche untergebracht werden. In der Französischen Gemeindeschule wurde über den gesamten Untersuchungszeitraum der Schulbetrieb aufrecht gehalten, auch wenn zwischenzeitlich nur zwei Kinder die Gemeindeschule besuchten. Die Bedeutung des französischen Elementarschulwesens für den Kulturtransfer weist über den Klassenraum der Gemeindeschule hinaus. Einerseits betreute die Französische Gemeindeschule Kinder anderer Kirchgemeinden, andererseits betätigten sich neben dem Maître d’école noch weitere Kolonisten als Schulhalter. So unterrichteten die Kolonisten Anfang des 19. Jahrhunderts insgesamt 172 Schüler. Die Französische Schule überlebte dank des Zulaufs von außerhalb die Berliner Gemeindeschulen um sechs Jahre und schloss erst 1878 ihre Pforten. Ob dieser Bestandsschutz der Französischen Kolonie, wie er sich gerade beim Amt des Schulmeisters und des zweiten Pastors zeigte, mit den ihr von landesherrlicher Seite zugedachten Aufgaben zusammenhing, sollte zunächst für die Unterstützung des Hofes beantwortet werden. Ihre geringe Größe zum Trotz war der Beitrag der Hugenottengemeinde an der Hofhaltung nie so ausgeprägt wie zu kurfürstlichen Zeiten. Fast alle in Potsdam ansässigen Hugenotten arbeiteten damals für den kurfürstlichen Hof. Daraus erwuchs aber noch keine besondere Förderung der Franzosen, etwa weil sie bei Hofe gebraucht worden wären. Vielmehr zeigt dies, dass ihnen allein die Hofgesellschaft eine ökonomische Perspektive im kriegsgebeutelten Potsdam verschaffen konnte. Die Partizipation der Kolonie an der Unterhaltung des Hofes war hingegen nie so gering wie unter Friedrich Wilhelm I., als sie ihre größte Ausdehnung erreichte. Allein ein Chirurg und zwei Hoflieferanten, daneben der Tapezierer und Bettenmacher Biette, der aber
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schon unter Friedrich I. den Hof belieferte, finden sich zu dieser Zeit in den Reihen der Kolonisten. Auch unter Friedrich II. war die materielle Versorgung des Hofes durch französische Kolonisten von eher nachrangiger Bedeutung. Lediglich zwei Kunsthandwerker, die Arbeiten für die Potsdamer Schlösser ausführten, waren in der Kolonie vertreten. Aber in den Kolonielisten finden sich neben einem Schreiber und den Vorlesern des Königs auch zunehmend höhere Verwaltungsbeamte, die ihre Tätigkeit für das königliche Kabinett nach Potsdam verschlagen hatte. Es waren jetzt nicht mehr Handwerker, die den Hof unterstützen, sondern Kopfarbeiter: Beamte und Gelehrte, aber auch Dienstpersonal, wie Erzieher, Köche und Lakaien. Nur in Ausnahmefällen handelte es sich bei ihnen um geborene Potsdamer Kolonisten. Die Beziehung zwischen Hof und Kolonie war seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vielmehr die, dass Hof- und Verwaltungspersonal durch Kolonie und Gemeinde leichter an die Residenz in Potsdam gebunden werden konnte. Ausgerechnet die Regenten, die verhältnismäßig wenig für die Unterstützung der Französische Kolonie in Potsdam ausgaben, bezogen aus ihr ihr Personal. Der Hof als Arbeitgeber erlangte im ausgehenden 18. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung. Allerdings erwuchs daraus noch keine Notwendigkeit, in die Französische Kolonie zu investieren. Aus der Unterstützung des Hofes ist demnach keine Existenzberechtigung für die Französische Kolonie ableitbar. Das Verhältnis ist eher umgekehrt: Der Hof bot seit dem Potsdamer Edikt Franzosen immer wieder Erwerbsmöglichkeiten in der Havelresidenz, gerade dann, wenn das Gewerbe noch nicht oder nicht mehr vielversprechende Perspektiven bot. Der Hof brauchte also keine Französische Kolonie, die Französischen Kolonisten brauchten den Hof. Gleichwohl vereinfachte die Französische Kolonie den Ausbau von Residenz und Verwaltung. Im gleichen Maße, wie die Hoflieferanten in der Französischen Gemeinde zurückgingen, nahmen die Lieferanten für die Armee zu. Vor allem unter Friedrich Wilhelm I. unterstützte die Französische Kolonie die Garnison. Vor Gründung der Kolonie waren die Hugenotten sogar an der Einquartierung der Soldaten beteiligt, aber auch sonst wirkten sie beispielsweise als Baumeister an der Stadterweiterung mit oder waren in die Montierung mit einbezogen. Die Kolonie und die Französische Gemeinde als solche leisteten darüber hinaus noch eine integrative Funktion. Soldaten und Offiziere französischer Herkunft fanden hier Aufnahme. Dies scheint gerade bei der Verlegung einzelner Regimenter von Brandenburg nach Potsdam der Fall gewesen zu sein, als eine Reihe von Langen Kerls sich in den Kolonielisten – und der ein oder andere auch in den Taufregistern – wiederfand. Umgekehrt waren es gerade finanzkräftige reformierte Offiziere, die die Kolonie in ihren Anfangsjahren unterstützten.
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Unter Friedrich II. hingegen war die Armee als Auftraggeber weniger präsent. Auch die Militärpersonen verließen die Kolonie, sei es, dass sich, wie bei den Langen Kerls, ihr Garnisonsort änderte, oder dass sie entweder verstarben oder zurück nach Berlin gingen, wie die reformierten Offiziere. Dafür liefen jetzt für die meisten Kolonisten die mit Gründung der Kolonie gewährten Freijahre aus und sie mussten Soldaten bei sich aufnehmen. In den Augen der französischen Justiz war die nun beginnende Einquartierung der Hauptgrund für die Schwäche der Kolonie und die den Zuzug übersteigende Abwanderung aus Potsdam. Vermochte der Hof nur in sehr eingeschränktem Maße Kristallisationspunkt für eine Hugenottengemeinde zu sein, konnte diese Aufgabe ab 1720 von der Garnison erfüllt werden. Einerseits hatte Friedrich Wilhelm I. eine neue Haltung gegenüber seinen Französischen Untertanen eingenommen und sie in seine Peuplierungsvorhaben einbezogen, andererseits bedurfte der Ausbau der Garnison vor allem neuer Bürgerstellen. So unterstützten die Réfugiés in Potsdam die Garnison durch die Bereitstellung von Quartieren (bis 1731 und dann erst wieder ab 1742) und durch die Versorgung mit spezialisierter Ausrüstung für vor Ort stationierte Kompanien, während der massenhafte Bedarf eher über das Lagerhaus oder die Zünfte vor Ort gedeckt wurde. Umgekehrt steigerte die Garnison die Nachfrage an bestimmten Waren, etwa an Strümpfen, mit denen sich die Soldaten selbst eindecken mussten, oder Kerzen, die die Quartierwirte bereitzustellen hatten. Zusätzlich diente die Vergabe bestimmter Lieferaufträge an französische Fabrikanten der Poussierung ihres Etablissements und der Kolonie im Allgemeinen. Die Französische Kolonie in Potsdam verdankte dem Militär und insbesondere der Garnison somit ihre Blütezeit, denn nur dank ihrer Anwesenheit konnte sie sich zur Gewerbekolonie entwickeln. Auf die wirtschaftlichen Impulse einer Garnison und ihre disziplinierende und integrierende Funktion zur Festigung der Landesherrschaft ist in der Forschung bereits hingewiesen worden.253 Ähnliches lässt sich auch für die Französische Kolonie in Potsdam beobachten, wo die Anciens über den integeren Lebenswandel der Gemeindeglieder wachten.254 Als letzten Punkt wurde die Unterstützung der Französischen Kolonisten beim Seidenbau gewürdigt. Insbesondere Friedrich II. war bestrebt, Preußen von ausländischen Importen unabhängig zu machen. Doch schon Friedrich Wilhelm I. erkannte den Nutzen für die Montierung der Armee, die Peuplierung und bei der Armutsbekämpfung. Friedrich II. wandte sich mit dem 253 Helmut Schnitter, Die „Potsdamer Riesengarde“. Auswärtige Werbung und Kantonsreglement unter Friedrich Wilhelm I., in: Kroener, S. 191–202, hier S. 193. 254 Vgl. Abschnitt G.I.4.
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zu Beginn seiner Regentschaft ausgearbeiteten Programm zur Förderung des Seidenbaus explizit an französische Kolonisten als Vermittler dieser Kunst. Daher wurden Orte mit einer Französischen Kolonie als besonders für die Intensivierung des Seidenbaus geeignet ausgewählt, darunter auch Potsdam. Zwischen Kolonie und Militärwaisenhaus war ein Austausch dahingehend vorgesehen, dass Waisenkinder als Arbeitskräfte an Kolonisten ausgeliehen wurden, um von ihnen im Bewirtschaften einer Maulbeerbaumplantage, der Serikultur oder der Verarbeitung von Seide unterrichtet zu werden. Gewöhnlichen Kolonisten blieb das Betreiben einer eigenen Pflanzung, von Baumschulen abgesehen, jedoch versagt. Wo es an eigenem Gartenland mangelte, half nur die Bitte, Brachflächen oder bereits angelegte, aber schlecht bestellte, Plantagen übertragen zu bekommen, was sich im Falle Potsdams aber als fruchtlos erwies. Der Wegzug einiger Offiziere, die sich ihre hohen Pensionen mit dem Versprechen, in Berlin eine Maulbeerplantage anzulegen, sichern wollten, zeigt, wie gewogen Friedrich II. war, einen bestimmten Personenkreis in der Kolonie zu unterstützen. Nämlich genau diejenigen Kolonisten, die sich im Seidenbau engagierten oder engagieren wollten. Größer noch als die Bedeutung der Seidenbaukommissare Rouvière und Malbosc ist das Wirken Anne Marie Barals einzuschätzen, die Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur zu einer der erfolgreichsten Kultivateure, sondern auch zur wichtigsten Ausbilderin im Seidenbau in Potsdam aufstieg. Von keiner anderen Bürgerlichen ist derzeit ein so selbständiges Engagement im Seidenbau in Brandenburg bekannt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass der Einfluss der französischen Kolonisten auf die brandenburgische Serikultur oft überschätzt wird und dass, ob mit oder ohne Hugenotten, sein Ertrag nur zu einem Bruchteil den einheimischen Bedarf an Seide decken konnte. Die wirtschaftliche Not der Zeugmacherfamilie Baral trieb Anne Marie Baral dazu, sich als Tireuse und Cultivatrice im Seidenbau zu verdingen. Das Engagement französischer Kolonisten für den Seidenbau darf daher als Armutsphänomen gelesen werden. Dennoch konnte auch mit Hilfe französischer Kolonisten der Ertrag an Seide unter Friedrich II. im Vergleich zu Friedrich Wilhelm I. um das Zehnfache gesteigert werden. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hatten sich alle Potsdamer Kolonisten aus dem Seidenbaugeschäft zurückgezogen. Gerade das Projekt, Zöglinge der Waisenhäuser von Französischen Kolonisten in Kultur und Verarbeitung der Seide zu unterrichten, um ihnen eine berufliche Perspektive geben zu können, zeigt neben einer nicht allzu menschlichen Vorbereitung auf die kommenden Eroberungen der schlesischen Kriege die gewichtige Rolle, die Französische Kolonien in diesem
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Kulturtransfer spielen sollten. Auch die Potsdamer Kolonie war in dieses Kalkül einbezogen und konnte wenigstens für den ein oder anderen auf Unterstützung hoffen. Insgesamt speiste sich aus diesen Kenntnissen und ihrer Vermittlung wohl ein Teil der Verehrung für die Hugenotten, die mit der Französischen Kirche auf das sinnfälligste zum Ausdruck gebracht wurde. Am Ausbau der Kolonie hatten die Regenten unterschiedliche Interessen. Ging es bei Friedrich Wilhelm I. und Friedrich Wilhelm II. vorrangig um die Vergrößerung der Kolonie, bzw. um die landesherrliche Fürsorge für das französische Gemeinwesen, wollte Friedrich II. mit der Französischen Kolonie auch ein Politisches Testament hinterlassen. Nicht allein ihr Status als Residenzkolonie rechtfertigten Ausbau und Aufrechterhaltung der Französischen Kolonie in Potsdam, sondern auch ihr Erfüllen bestimmter Funktionen für Hof, Garnison und Serikultur. Vom Kurfürsten Friedrich Wilhelm bis hin zu König Friedrich I. blieb die Existenz einer Hugenottenansiedlung in Potsdam an die Residenznutzung gekoppelt. Unter Friedrich Wilhelm I. wurden die Karten für Potsdam und seine Französische Kolonie neu gemischt. Potsdam als neue Garnisonstadt wurde in die Montierung der Armee einbezogen und angeworbene französische Fabrikanten in der Havelstadt mit Regimentslieferungen bedacht. Ab 1720 eröffneten sich mit der Versorgung der Garnison für französische Fabrikanten wirtschaftliche Perspektiven. Damit kann Radtkes Einschätzung nur soweit zugestimmt werden, als dass der Hof einen stimulierenden Einfluss auf die Entwicklung einer Französischen Kolonie ausübte. Seine Ausstrahlung auf den gewerblichen Bereich der Potsdamer Kolonie blieb für das gesamte 18. Jahrhundert jedoch gering, denn sie beschränkte sich auf die Dienstleistungsberufe. Mehr noch, nicht der Hof war für die Gründung der Kolonie verantwortlich, sondern die Garnison. Radtkes Schlussfolgerung, dass die Nachfrage des Hofes an Luxusgütern für die Entstehung einer Französischen Kolonie in den Residenzen verantwortlich sei, muss damit für Potsdam zurückgewiesen werden. Obwohl der Ausbau der Französischen Kolonie ihre segregierte Position festschrieb, führte dies gerade nicht zu einer Abschottung der Französischen Kolonisten, sondern intensivierte im Gegenteil ihr Potential beim Kulturtransfer. Wie sich vor diesem Hintergrund der Kulturtransfer auf den drei Ebenen der Kolonie entfaltete, decken die nachfolgenden drei Kapitel auf.
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie „Die Colonie Jurisdiction ist von der Kirche ganz getrennt und es giebt eben so viele Colonie Gerichts Eingesessene, welche sich nicht zur französischen Kirche halten, als es Mitglieder der französischen kirchlichen Gemeinde sind, deren Eltern Teutsche Bürger sind, und mithin nicht unter unsere Gerichtsbarkeit stehen.“1
Die Kapitel E. bis G. widmen sich der Französischen Kolonie und ihrem Kulturtransfer mit dem städtischen Umfeld. Dies soll vor dem Hintergrund der Französischen Kolonie als rechtliches, wirtschaftliches sowie kulturelles Gemeinwesen untersucht werden. Den Anfang macht die Kolonie als rechtliches Gemeinwesen mit dem Koloniebürgerrecht im Mittelpunkt. Das Koloniepatent von 1731 schuf erstmals für Potsdam ein eigenes französisches Bürgerrecht, das anfänglich nur Réfugiés in Anspruch nehmen konnten. 1772 wurde dieses Recht auf alle nichtpreußischen Neuankömmlinge ausgedehnt. Zunächst gilt es daher zu klären, aus welchen Ländern die französischen Kolonisten kamen. Desweiteren soll in den Abschnitten E.I. und E.II. erörtert werden, in welchem Umfange von diesem Wahlbürgerrecht Gebrauch gemacht wurde und welche Motive die Wahl der Koloniebürgerschaft oder deren Verzicht bestimmten. Mit der Aufnahme von Revolutionsflüchtlingen in die Französische Gerichtsbarkeit befasst sich der Abschnitt E.III. Streitigkeiten zwischen Magistrat und Koloniegericht um die Zugehörigkeit von Kolonisten zur Französischen Kolonie sind Gegenstand des Abschnitts E.IV. und beschließen das Thema Kulturtransfer der Französische Kolonie auf rechtlicher Ebene.
I. Die Wahl des Französischen Koloniebürgerrechts „Daß alle Manufacturiers, welche von auswärtigen Oertern sich zu Potsdam niederzulassen und Seiner Königl. Majest. Residenten derer Oerter, wo selbige sich aufhalten, sich nahmkundig machen werden, nicht allein vermöge Dero Naturalisations-Edict vom 13. May 1709. aller darinnen verwilligten Beneficien sich zu erfreuen haben, sondern auch mit denen andern Refugirten, welche der Religion halber entweder aus der Schweitz und Pfaltz oder Holland und denen Niederlanden, auch irgend einem andern fremden Königreiche, dahin kommen und mit de1
Stadtarchiv Potsdam 1-1-/35, fol. 28.
198
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
80 1754–1809
70
1723–1753
60 50 40 30 20 10
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Abbildung 20: Herkunft der Glieder der Französischen Gemeinde in Potsdam 1723–1809. Nicht berücksichtigt wurden Kinder unter 21 Jahren. Bei Frauen ist häufig kein Geburtsort angegeben.
nen Frantzosen ein Corps formiren wollen, es auf gleichen Fusse gehalten werden solle.“2
Schon das Koloniepatent von 1731 sah nicht nur die Aufnahme von Franzosen vor. Auch Glaubensflüchtlinge anderer Länder sollten in Potsdam das Koloniebürgerrecht erhalten können. Explizit waren Kolonisten aus der Pfalz, der Schweiz und den Niederlanden angesprochen. Damit wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass im 18. Jahrhundert Réfugiés und deren Nachfahren in weiten Teilen Europas und des Alten Reichs lebten.3 Die Formulierung „der Religion halber“ engte den Kreis der Koloniebürger auf diejenigen Personen ein, die sich der Französischen Gemeinde ob ihres reformierten Glaubens anschlossen. Französische Kolonie und Französische Gemeinde wurden deckungsgleich installiert. Aus dem Sterberegister der Französischen Gemeinde kann die Herkunft ihrer Gemeindeglieder und damit in etwa auch die der Angehörigen der 2
Mylius, 2. Abtheilung, Sp. 426–428. Zum europäischen Refuge siehe Barbara Dölemeyer, Aufnahme und Integration der Hugenotten im europäischen Refuge, in: Beneke/Ottomeyer, S. 35–44. 3
I. Die Wahl des Französischen Koloniebürgerrechts
199
Französischen Kolonie ermittelt werden. Die Auswertung zeigt, dass weder Kolonisten aus den Niederlanden noch aus der Pfalz eine nennenswerte Größe innerhalb der Französischen Gemeinde darstellten. Anders hingegen verhielt es sich mit Kolonisten aus der Schweiz mit insgesamt 22 Personen.4 Dominierend blieb bis zur Jahrhundertmitte Frankreich als Herkunftsland der Gemeindeglieder. Für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts war Berlin neben Potsdam der am häufigsten angegebene Geburtsort. Damit beanspruchte nun die Spreemetropole für die Gemeinde den Stellenwert als Herkunftsbezeichnung, die noch in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Frankreich einnahm.5 Diese Auswertung unterstreicht noch einmal die Bedeutung Berlins für die Entwicklung der Potsdamer Gemeinde, die bereits im Abschnitt B.III.6. anhand der Gründung der Kolonie ausgeführt wurde.6 Der Einfluss Berlins wird in der Analyse der Kirchenbücher durch den Umstand verschleiert, dass der Geburtsort, wie ihn die Sterberegister anführen, nicht immer identisch mit dem letzten Aufenthaltsort war. So haben viele in Frankreich geborene Gemeindeglieder ihren Weg über Berlin nach Potsdam gefunden. Der letzte Wohnsitz eines Gläubigen blieb für die Kirchgemeinde nachrangig. Auf der Ebene der Gerichtsbarkeit entschied er hingegen über Art und Umfang der Privilegien. Der letzte Aufenthalt wurde umso bedeutsamer, als mit dem Wahlbürgerrecht von 1772 die Französische Gerichtsbarkeit von jedem Fremden ergriffen werden konnte. Für die Wahl zwischen deutscher und französischer Gerichtsbarkeit blieben jedem auf Niederlassung geruhenden Neuankömmling drei Monate Zeit.7 1801 wurde 4 Ein Vergleich mit zwischen 1769 und 1786 in Potsdam angesetzten Kolonisten zeigt, dass diese drei Regionen für die Kolonisation zu dieser Zeit allgemein eine untergeordnete Rolle spielten. So fehlten niederländische Kolonisten gänzlich und aus der Pfalz waren in dem Zeitraum nur zwei Familien angekommen. Aus der Schweiz stammten fünf Familien. Beheim-Schwarzbach, S. 586 f. Der Eindruck, dass Schweizer Kolonisten jedenfalls nach 1740 zahlreicher als Niederländer und Pfälzer waren, bestätigt sich auch durch die wenigen überlieferten Seelenlisten des Potsdamer Magistrats, die Angaben zur Herkunft der neuen Bürger enthalten. Und zwar für der Jahre 1743, 1752 und 1753. Vgl. Abschnitt C.I.1. 5 Zum Einfluss Berlins auf die Entwicklung Potsdams im 18. Jahrhundert vgl. die Abschnitte C.I.1. und C.II. 6 Der Anteil Berliner Kolonisten in der Potsdamer Kolonie in den Jahren 1731 und 1732 betrug etwa ein Drittel. Vgl. Abschnitt B.III.6. 7 Die Dreimonatsfrist geht aus dem Streit um die Koloniebürgerschaft des John Wallis hervor. Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 38. Vgl. auch Eckart Birnstiel, Asyl und Integration der Hugenotten in Brandenburg-Preussen, in: Guido Braun/Susanne Lachenicht (Hg.), Hugenotten und deutsche Territorialstaaten. Immigrationspolitik und Integrationsprozesse (= Pariser historische Studien; 82), München 2007, S. 139–154, hier S. 146 f.
200
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
Herkunft
Kolonisten absolut
Potsdam
14
37%*
4
11%
10
27%
übriges Altes Reich
5
14%
3
übriges Europa
4
11%
1
37
100%
4
Berlin übriges Brandenburg-Preußen
Gesamtzahl
in Prozent
davon Wahlbürger
* Die Zahl wurde nach unten korrigiert, um Rundungsfehler auszugleichen.
Abbildung 21: Herkunft der zwischen 1755 und 1805 in die Französische Kolonie in Potsdam aufgenommenen Personen laut Gerichtsbuch.
diese Wahlmöglichkeit wieder aufgehoben, so dass nur noch den reformierten Kolonisten die Wahl der französischen Gerichtsbarkeit offenstand.8 Zur Erlangung des Französischen Koloniebürgerrechts leistete der künftige Kolonist einen Eid. Die Eidesformel ist am Beispiel der Aufnahme Arnold Stilgenbauers im Jahr 1767 zum ersten Mal im Gerichtsbuch der Französischen Kolonie in Potsdam festgehalten: „Ich Arnold Stilgenbauer schwöre zu Gott einen Cörperlichen Eyd, daß ich dem Könige und dem gantzen königlichen Hause, treu und gereistig(?) seyn, bey Frieden- und Kriegszeiten allen Schaden verhüten, vielemehr alles gute befördern, wir auch hiermit versprechen wollen, von keinem andern als den frantzösischen Gerichten Recht zu nehmen, und mich so oft, als selbige es verordnen wird, zu stellen, und auch mich überhaupt dergestalt betragen, wie es einem ehrliebenden Bürger und Unterthan geziemet und gebühret; So wahr mir Gott helfe durch seinen Sohn Jesum Christum.“9
Ein Blick in die Akten des Französischen Gerichts in Potsdam erhellt, von wo aus die Kolonieangehörigen nach Potsdam kamen und bei wem das Wahlbürgerrecht Anwendung fand.10 Von 37 Kolonisten, deren Bürger8 Die Kabinettsorder vom 21.02.1801 findet sich in Abschrift bei den Akten des Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 58, und des BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 181. 9 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam Nr. 2, fol. 58 f. 10 An Bürgerbriefen haben sich von 1751 bis 1809 nur zwei unter den Magistratsakten erhalten. Damit ist der Weg verstellt, die Frage nach der Attraktivität der Kolonie vom Wunsch nach der Magistratsbürgerschaft her anzugehen. Stadtarchiv Potsdam 1-1/16.
II. Motive für die Wahl des französischen Bürgerrechts
201
rechtserwerb für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts belegt ist, fielen nur vier unter die Bestimmungen des Wahlbürgerrechts. Auf den Geltungsbereich des Wahlbürgerrechts bezogen, machte dies ein Fünftel der Aufnahmen aus. Das Wahlbürgerrecht trug somit zwar zur Konsolidierung der Französischen Kolonie in Potsdam bei, seine Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Kolonie blieben hingegen gering. Da vergleichbare Quellen zum Erwerb des Magistratsbürgerrechts weitgehend fehlen, lässt sich über die Anziehungskraft der Kolonie auf Fremde nur wenig aussagen. Welche Motive hingegen den Französischen Kolonisten bei seiner Wahl leiteten, darauf geben die Akten des Koloniegerichts den einen oder anderen Fingerzeig.
II. Motive für die Wahl des französischen Bürgerrechts „Potsdam den 7 februar 1793 Morgens um 11 Uhr Erschienen in Person die beiden Strumpfwirkergesellen Christian Gottlob Taubert und Christlieb Teichmann, welcher bisher in der hiesigen Fraisinetschen Strumpf-fabrique gearbeitet haben, davon ersterer zu Hartenstein bei Schneeberg gebürtig, 30 Jahre alt und der Augsburgschen Confession zugethan ist, der andere Teichmann aber 29 Jahr alt, zu Meissen gebohren, und welcher auch die Augsburgische Confession bekennet.“11
Es fällt aus der Quellenlage heraus also schwer zu beantworten, warum ein Kolonist nicht das Französische Koloniebürgerrecht wählte. Doch die Beweggründe eines Kolonisten das Französische Koloniebürgerrecht zu ergreifen, können sehr wohl herausgearbeitet werden. Als Wahlmotive für die ein oder andere Gerichtsbarkeit kommen in Betracht: die französische Sprache, die Privilegien der Kolonie sowie die Zugehörigkeit zur Französische Gemeinde.12 Eine Wahl zwischen deutschem und französischem Bürgerrecht lange vor dem Wahlbürgerrecht hatte bereits Jacques Duquesne bei seiner Niederlassung in Potsdam im Jahre 1737.13 Er selbst kam in Köln zur Welt, lebte dann eine Zeit lang im niederländischen Utrecht, woher auch seine Frau Antoinette Gaultier stammte,14 und gelangte schließlich von Amsterdam 11
BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 77. Weiterhin wäre an psychologische Motive zu denken, etwa das Ansehen der Französischen Kolonie in den Augen der Stadtbevölkerung und die Wahrnehmung der Französischen Kolonie durch den nach Potsdam kommenden Fremden. Auf diese Fragen lassen sich hoffentlich in der Zukunft anhand von Selbstzeugnissen Antworten finden. Sie standen für diese Untersuchung noch nicht zur Verfügung. 13 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 03.10.1759. 14 Dies ist im Sterberegister der Französischen Gemeinde vermerkt. AFrD, 6020, Nr. 231. 12
202
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
nach Wesel in die brandenburgisch-preußischen Lande, wo er die Bedingungen seiner Niederlassung aushandelte.15 Dort wird er erfahren haben, in welcher Stadt er für seine Fabrik wie viel Taler Vorschuss und wie viel jährliche Unterstützung erwarten konnte, und zog daraufhin weiter nach Potsdam. Als Réfugiésnachfahre aus den Niederlanden hätte er sich auch als holländischer Kolonist in Potsdam etablieren können, denn auch Kolonisten aus den Niederlanden wurden hier mit eigenen Privilegien bedacht.16 Von ihm und seiner Frau sind bis zum Jahr 1747 etliche Dokumente erhalten, in denen sie etwa an den Kriegsrat supplizierten, Quittungen ausstellten oder Ausgaben notierten.17 Dieser Schriftverkehr wurde von dem gebürtigen Kölner ausschließlich auf Deutsch abgewickelt, wenn auch in einer eher niederdeutschen Variante. Seine Frau bediente sich dagegen einer Mischung aus Niederdeutsch und Niederländisch.18 Jacques Duquesne und seine Frau wussten sich also auf Deutsch verständlich zu machen, so dass Duquesne die Französische Koloniebürgerschaft nicht aus sprachlichen Gründen annahm. Für ihn waren die Niederlassungsbedingungen als Französischer Kolonist ausschlaggebend. Daneben sprechen auf Deutsch abgefasste Bürgereide im Französischen Gerichtsbuch dafür, dass für insgesamt 14 weitere Kolonisten die Französische Gerichtsbarkeit nicht der französischen Sprache wegen ergriffen wurde. Sie alle werden den Bürgereid in dem Wortlaut abgelegt haben, der im Gerichtsbuch verschriftlicht wurde: auf Deutsch. Drei von ihnen wählten sogar die Französische Gerichtsbarkeit, obwohl sie offenkundig außerstande waren, Rechtsgeschäfte auf Französisch zu tätigen.19 Es handelte sich hier15 Dies geht aus einem Schriftwechsel um die Auszahlung eines Vorschusses hervor, in dem Duquesne auf die Umstände seiner Etablierung in Potsdam verweist. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, undatiert, zwischen dem 17.07.1745 und dem 09.11.1745. Von ihrer derzeitigen Niederlassung im Refuge aus korrespondierten auch weitere potentielle Potsdamer Kolonisten mit den Französischen Räten in Brandenburg-Preußen über ihr Etablissement. Auch die Reisemodalitäten galt es vorher festzulegen. So bat beispielsweise der Maastrichter Drapier Henry Bruyere wegen der Schwangerschaft seiner Frau mit seiner Familie in einem geschlossenen Wagen zu reisen und angesichts des bevorstehenden Winters um Eile. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol I, fol. 99. 16 Vgl. Abschnitt C.III.1. 17 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, passim. 18 Vgl. zur Sprachkompetenz von Duquesne den Abschnitt G.II.3. und zu seiner Frau Antoinette Gaultier den Abschnitt F.I.1. 19 Bei den übrigen handelt es sich um Réfugiésnachfahren, die nicht die Wahl zwischen deutscher und französischer Gerichtsbarkeit hatten, sondern das Bürgerrecht ihres Vaters ergreifen mussten. Für sie war wiederum die bilinguale Sprachkompetenz des Französischen Gerichts von Vorteil, das im Streitfall seine Kolonisten gegenüber den französischen Kolonie- und den deutschen Behörden vertreten
II. Motive für die Wahl des französischen Bürgerrechts
203
bei um den 1786 aufgenommenen Karlsbader Mechanikus Johann Christoph Günther sowie um die Strumpfwirkergesellen Christian Gotlieb Taubert und Christlieb Teichmann, die überdies dem lutherischen Bekenntnis angehörten.20 Neben der Sprache kann auch die Religion in diesen beiden letzten Fällen als Motiv für das Ergreifen des französischen Bürgerrechts ausgeschlossen werden, stattdessen nahmen die beiden Gesellen das Bürgerrecht ihres Arbeitgebers, des Seidenstrumpffabrikanten Fraissinet, der bereits 1786 der Kolonie beigetreten war. Anders als Taubert und Teichmann entschieden sich Johann Samuel Schubert aus Chemnitz und Christian Benjamin Kreisig aus der Grafschaft Liechtenstein für das deutsche Bürgerrecht, obwohl sie ebenfalls bei Fraissinet angestellt waren.21 Die Mehrzahl der in die Französische Koloniebürgerschaft Aufgenommenen war im Begriff, sich als Handwerksmeister in Potsdam niederzulassen. Die Frage des Gerichtsstandes war über die der Religion erhaben und fehlende französische Sprachkompetenz stellte keinen Hinderungsgrund dar, das französische Koloniebürgerrecht zu gewinnen. Die Entscheidung für das eine oder andere Bürgerrecht fiel offenkundig mitunter schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Niederlassung, als es nämlich darum ging, Arbeitsmöglichkeiten in der Fremde auszuloten. Damit wäre die Wahl des Bürgerrechts letztlich keine Frage der Attraktivität der Französischen Kolonie, da ökonomische Erwartungen diese überlagerten. Insbesondere zukünftige Fabrikanten und Unternehmer sprach das Französische Koloniebürgerrecht an, da ihnen die kurzen Wege zu den Fleischtöpfen des Französischen Etats günstige Startbedingungen für ihre „Geschäftsidee“ verhießen.22 Was die im Gründungspatent von 1731 verbrieften Privilegien der Französischen Kolonie in Potsdam als Wahlmotive anbelangt, so kommen einzig fehlende Gerichtsgebühren und das günstige Bürgerrecht in Betracht. Von den Stempelgebühren abgesehen konnte das Französische Gericht von jedem Koloniebürger kostenfrei angerufen werden. Die Stempelgebühren waren auch die einzigen Ausgaben, die der Erwerb des Französischen Koloniebürgerrechts für einen Kolonisten bedeutete. Gegenüber der Erlangung des Magistratsbürgerrechts ergab sich für die Kolonisten zumindest um 1800 eine Ersparnis von jährlich fünf Reichstalern und zwei Groschen.23 musste. Zum Französischen Gericht und der Sprachkompetenz seiner Richter vgl. D.I.4. 20 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 77. 21 Für letzteren wird 1790 die Bitte um Kolonistenbeneficia ohne Angabe von Gründen abgelehnt. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2365. 22 Wie der Abschnitt F.III.1. noch an Fallbeispielen ausführen wird, erfüllten sich diese Erwartungen nicht immer. 23 Auf diesen Satz beim Erwerb des Bürgerrechts in Potsdam verwies der Magistrat in seiner Antwort an die Domänenkammer im Jahr 1804. BLHA, Pr. Br.
204
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
Auf das Meisterrecht hatte das Französische Koloniebürgerrecht im ausgehenden 18. Jahrhundert keinen Einfluss, denn die fünfzehnjährige Freimeisterschaft fand keine Anwendung mehr. So beginnt der Eintrag zur Aufnahme von Johann Friedrich Huguenel in die französische Gerichtsbarkeit am 1. September 1797 auch mit den Worten: „Es erscheinet am heutigen Tage Johann Fridrich Huguenel aus Potsdam gebürtig und Sohn des hiesigen Colonie-Bürgers und Lohgärbermeisters H[err] Abraham Huguenel, und zeigte an welcher gestalt er bereits das Meisterrecht beym hiesigen Lohgerber-Gewerk gewonnen hätte und nunmehro gesonnen sey Bürger unserer hiesigen französischen Colonie zu werden“.24
Zur Aufnahme von Peter Abraham Boissier am 8. September 1795 heißt es: „Erschheint in Person der Lohgärber Peter Abraham Boissier, allhier gebürtig, 27 Jahre alt, de[r] reformierten Religion zugethan, ein Sohn des allhier als Lohgärber etablierten Peter Boissier und saget derselbe er sey gesonnen hier das Meisterrecht zu gewinnen und zu diesem Behufe sich als französischer Bürger aufnehmen zu lassen.“25
Somit kann die Freimeisterschaft als Wahlmotiv für das Französische Koloniebürgerrecht ausgeschlossen werden, da die angehenden Kolonisten entweder schon das Meisterrecht gewonnen hatten, bevor sie die Koloniebürgerschaft anstrebten, oder diese gerade deshalb erlangen wollten, um Meister zu werden. Die Verbindung von Meisterrecht und Koloniebürgerschaft kommt vielmehr dadurch zustande, dass ein sich etablierender Meister auch ein Bürgerrecht zu besitzen hatte. Dieser Zusammenhang wird am Beispiel der beiden Wahlbürger Teichmann und Taubert deutlich, gegen deren Aufnahme in die französische Gerichtsbarkeit der Magistrat zunächst auch protestierte, dann aber von der Domänenkammer in die Schranken verwiesen wurde. Dem Einwand, Taubert und Teichmann könnten nicht Koloniebürger werden, weil sie bereits schon einige Jahre in Potsdam beim Fabrikanten Fraissinet arbeiteten, wurde mit folgenden Worten widersprochen: „Da aber diese Leute bisher im Lande nicht etablirt gewesen, sondern nur bey dem Fabricant Fraisinet als Gesellen gearbeitet haben, mithin als Fremde denen die Wahl einer Jurisdiction zukommt, anzusehen sind; so werdet Ihr mit VorweiRep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 181, fol. 7. Zuvor war, wie aus dem Cämmerey Etat für das Jahr 1774 hervorgeht, das Bürgerrecht an eine Einmalzahlung gebunden. So nahm die Stadt Potsdam 1771 nur rund 105 Reichstaler für das Bürgerrecht ein. GStA PK, II. HA Generaldirektorium, Abt. 14, Tit. 156, sect. f, Nr. 4, ohne Paginierung. Wann jedoch diese Gebühr in eine Steuer umgewandelt wurde, geht aus diesen Quellen nicht hervor. 24 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 86. 25 Ebd., fol. 81.
III. Revolutionsflüchtlinge in der Französischen Kolonie
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sung auf die in einem ähnlichen Fall, wegen Eurem Vorgänger im Dienst erlaßenen Vorfügung, hiermit befehligt, das Erforderliche an den Magistrat so fort dahin zu verfügen, daß der Taubert und Teichmann zu Bürgern der dortigen Französischen Colonie ohne weitere Schwierigkeiten aufgenommen werden.“26
III. Revolutionsflüchtlinge in der Französischen Kolonie „aber daß man von ihnen nicht verdächtiges höret, ersterer alhier in der Französischen Sprache Unterricht giebt und letzterer äußerst eingezogen und traurig lebt indem er noch Frau und Kinder in Strasburg hat von welchen er täglich die Nachricht entgegen suchet daß sie unter der Guillotine ihr Leben verlohren da bereits einige zwanzig von seiner nächsten Verwandten dies Schicksal gehabt und keiner schon mehr übernehmen will die Correspondence mit seinen Familien zu befördern.“27
Die Wirren der Französischen Revolution trieben eine Vielzahl von Emigranten in die süddeutschen Territorien.28 Der Preußische Staat versuchte zunächst, sich vor diesen Flüchtlingen abzuschotten. Die Gründe hierfür waren vielfältig, sei es, dass man unter ihnen Befürworter der Revolution vermutete, die in der Bevölkerung „gefährliches Gedankengut“ verbreiten wollten, oder dass man sie der Spionage für den Feind verdächtigte. Nicht nur, dass die Emigranten dem preußischen Staat nicht geheuer waren, man hatte auch die materielle Seite der Aufnahme dieser Flüchtlinge im Blick und wollte sich aus Angst vor Versorgungsengpässen und anderen Nachteilen für die eigene Bevölkerung nicht mit diesen Fremden belasten. Letztlich spielte auch außenpolitische Rücksichtnahme eine Rolle, hatte Preußen doch mit der Französischen Republik einen Friedensvertrag geschlossen und konnte daher den als Landesverrätern gebrandmarkten Emigranten nicht bedenkenlos Schutz bieten.29 Diese Politik der Abschottung war jedoch durch die Ereignisse des Jahres 1796 endgültig in Frage gestellt, als Vormärsche Französischer Armeen in Süddeutschland eine Fluchtbewegung französischer Emigranten nach Kursachsen und Brandenburg auslösten. Für die in den Jahren 1794–1804 in Potsdam lebenden Revolutionsflüchtlinge aus Frankreich bot sich die Möglichkeit, über die Koloniebürgerschaft eine Aufenthaltserlaubnis in Preußen zu erlangen. 1795 war der Weg für eine solche Regelung frei, wenn zuvor Generaldirektorium und das Departe26
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3050, 24.12.1792. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 239, 01.07.1794. 28 Thomas Höpel, Französische Emigranten in Preußen und Sachsen. Umgang mit Immigranten als Indikator für den Standort einer Gesellschaft im ausgehenden 18. Jahrhundert, in: Comparativ, Heft 5/6 (1997), S. 193–208. 29 Es handelt sich um den Sonderfrieden von Basel 1795. 27
206
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
ment für äußere Angelegenheiten dem zugestimmt hatten.30 Für die Émigrés brachte der über die Koloniebürgerschaft organisierte Aufenthalt zudem den Vorteil, ihre Rechte in ihrer Muttersprache wahrnehmen zu können. Dies war einerseits umso nützlicher, weil sie sich im Allgemeinen nur vorübergehend in Preußen aufzuhalten gedachten und daher wenig geneigt waren, die deutsche Sprache zu erlernen.31 Andererseits bekamen die Émigrés von behördlicher Seite deutlich zu spüren, dass sie allenfalls geduldet waren.32 Für die Kolonie bedeutete die Aufnahme der Emigranten eine vorübergehende Aufstockung ihres Mitgliederbestandes.33 In Potsdam bildeten sie quasi eine kleine Kolonie in der Kolonie, nämlich la Colonie de Mad de Comtesse d’Asfeld, wie es in den Quellen heißt. 1796 umfasste die Gruppe der Émigrés 36 Personen und erreichte 1799 mit 58 ihren Höchststand.34 Da auch das Gerichtsbuch der Potsdamer Französischen Kolonie zu dieser Sache schweigt, ist aus den elf Jahren ihres Aufenthaltes wenig über die Émigrés überliefert. Für den aus Lothringen stammenden Villemart ist hingegen bekannt, dass er seine militärische Karriere als Mousquetier in französischen Diensten begann. Von 1778 an diente er in der preußischen Armee als Leutnant und kehrte 1792 nach Frankreich zurück, wo er in den Rang eines Hauptmannes aufstieg. 1794 lebte er von einer Pension Friedrich Wilhelm II. in Höhe von 120 Reichstalern jährlich und verdiente „sich seinen übrigen Unterhalt durch Unterricht in der französischen Sprache“.35 Bei dem Émigré D’Arget könnte es sich sogar um einen Réfugiésnachfahren gehandelt haben, der von der Möglichkeit der Rückkehr durch das To30 Über das Zustandekommen dieses Modus vivendi vgl. Ursula Fuhrich-Grubert, „Refugirte“ und „Emigrirte“ im Berlin des ausgehenden 18. Jahrhunderts, in Comparativ, Heft 5/6 (1997), insbesondere S. 121 f. 31 Vgl. hierzu Rance, S. 158–178. Eine Justiznutzung von Seiten der Émigrés lässt sich für Potsdam bis auf einige vergebliche Versuche, den Aufenthalt verlängern zu dürfen, bislang nicht belegen. 32 So konnte auch die Französische Kolonie in Potsdam die Aufnahme der Émigrés in ihre Gerichtsbarkeit nicht ohne die Zustimmung des Magistrats treffen, wie am Beispiel der Aufnahme von D’Herondville deutlich wird. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 21, passim. Das den Émigrés behördlicherseits entgegengebrachte Misstrauen artikulierte sich indirekt etwa in Formulierungen wie: „daß man von ihnen nicht verdächtiges höret“. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 239, 01.07.1794. Es handelte sich vor allem um den Verdacht der Spionage, der dieses Misstrauen nährte. Vgl. Höpel. 33 Die Auswirkungen der Émigrés auf die Größe der Kolonie wurden bereits im Abschnitt B.III.3. diskutiert. 34 GStA PK I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II; AFrD, 5990, fol. 25. 35 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 239, 19.05.1794. Damit war er zugleich auch der einzige Émigré, der nachweislich in Potsdam einer Arbeit nachging, sieht man einmal von dem Dienstpersonal der Flüchtlinge ab.
IV. Bürgerrechtsgesuche
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leranzedikt von 1787 Gebrauch machte und dann wenig später vor den Wirren im jakobinischen Frankreich zurück nach Preußen floh. Denn sein Vater hatte als Vorleser bei Friedrich II. gedient, bevor er mit ihm zurück nach Paris ging. Der junge D’Arget wurde während seines Aufenthaltes in Potsdam mit einer respektablen Pension von 600 Reichstalern bedacht.36 Bis zur Auflösung der Kolonie blieb einzig D’Arget der Französischen Kolonie in Potsdam erhalten, die übrigen Émigrés fehlten bereits in der Kolonieliste von 1804.37 Während D’Arget mit seinem Sprachunterricht gesellschaftliches Engagement an den Tag legte und sich in Potsdam einrichtete, lebte Villemart zurückgezogen und in ständiger Sorge um das Wohl seiner Familie in Straßburg.38 Auch litt er offenkundig unter dem Verlust etlicher seiner Angehörigen, die bereits der Guillotine zum Opfer gefallen waren. Diese Belastungen erschwerten den Kontakt im Exil. Das wenige, was über den Aufenthalt der Émigrés gesagt werden kann, ist, dass sie unauffällig lebten und nichts gegen sie vorlag.
IV. Bürgerrechtsgesuche „Da jedoch mein Vater der Brau-Verwalter Villaume, ob er wohl französischer Bürger ist, sich stets zur teutsch reformierten Gemeinde gehalten auch bey selbige Kirchen-Vorsteher ist, ich ferner in der Heiligen Geist Kirchen getauft und confirmirt bin, mich auch stets zu der teutsch reformirten Gemeinde gehalten habe, auch ferner mich von meine Handlung hiesigen Orts als teutschen Bürger nähre, so wünschte ich auch, daß es dabey sein Verbleiben behalten möge, daß ich des teutschen Bürgers Recht genommen habe.“39
1802 kam es zwischen dem Magistrat und dem Französischen Koloniegericht wegen des Bürgerrechts zweier Kolonistensöhne zum Streit, der einmal im Sinne der deutschen und einmal in dem der französischen Gerichtsbarkeit entschieden wurde.40 Im Zuge dieser Auseinandersetzung mussten 36
Ebd. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II. Die Kolonielisten wurden zum Jahresende erstellt. Noch im Juni/Juli 1804 wurden 50 Émigrés in Potsdam wohnend gezählt. AFrD, 5986, fol. 97. 38 Zum Aufenthalt der Émigrés weiß man 1794 zu berichten, dass „letzterer [gemeint ist Villemart, S. K.] äußerst eingezogen und traurig lebt indem er noch Frau und Kinder in Strasburg hat von welchen er täglich die Nachricht entgegen suchet daß sie unter der Guillotine ihr Leben verlohren da bereits einige zwanzig von seiner nächsten Verwandten dies Schicksal gehabt und keiner schon mehr übernehmen will die Correspondence mit seinen Familien zu befördern.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 239, 01.07.1794. 39 Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 25. 40 Die eben zitierte Akte enthält Bürgerrechtsgesuche von 1744 an. Ausführlich darin die Gesuche von Friedrich Ludwig Villaume und John William Wallis. Die 37
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E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
die betreffenden Bürger ihre Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Jurisdiktion begründen. In beiden Fällen handelte es sich um die Nachfahren von Kolonisten, die sich mit erreichen ihrer Großjährigkeit mit dem von ihren Vätern ererbten Bürgerrecht konfrontiert sahen und für sich selbst eine Wahlmöglichkeit in Anspruch nahmen. Im ersten Fall handelte es sich um den Fabrikanten für englisches Leder, John William Wallis. Dessen Vater John hatte sich 1793 als Lederfabrikant im Holländischen Viertel niedergelassen.41 Dem Namen nach stammte die Familie Wallis aus Schottland und hielt sich wahrscheinlich zum reformierten Bekenntnis. Von England aus gelangte sie über Rotterdam nach Potsdam.42 Gemäß dem Wahlbürgerrecht konnte John Wallis damit das Französische Koloniebürgerrecht beanspruchen. Obwohl er sich bei seiner Ankunft nicht ausdrücklich zur französischen Gerichtsbarkeit bekannte, führte ihn die Kolonie als einen der ihren.43 Zum Problem wurde der rechtliche Status der Familie Wallis aber erst, als der mittlerweile erwachsene Sohn John William Wallis Rechtsgeschäfte tätigen wollte. Nun widersprach der Magistrat der Behauptung des jungen Wallis, er habe durch seinen Vater das Koloniebürgerrecht erhalten. Am 14. Januar 1803 wird John William Wallis offiziell aus der französischen Jurisdiktion entlassen. Im zweiten Fall, der einen regen Schriftverkehr zwischen Koloniegericht und Französischem Obergericht auf der einen sowie Magistrat und Kammergericht auf der anderen Seite produzierte, wurde die Zugehörigkeit zur deutschen Jurisdiktion mit der Mitgliedschaft in der deutsch-reformierten Gemeinde begründet, doch der Anlass für dieses Bekenntnis war auch hier ein weltlicher. Als Friedrich Ludwig Villaume das Erbe des Kaufmanns Fischer, der ihm als Verwandten ein Haus in der Brandenburger Vorstadt hinterlassen hatte, antreten wollte, musste auch die rechtliche Zugehörigkeit des Erbenden geklärt sein. Friedrich Ludwig Villaume beantragte beim CommercienDepartement des Magistrats das deutsche Bürgerrecht, welches ihm am 21. April 1802 verliehen wurde. Das Haus wurde folglich im deutschen Hyfolgenden Angaben beziehen sich, soweit nicht anders angegeben, auf den Abschnitt: Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 25–49. 41 Vgl. Kapitel F.I.3. 42 John Wallis gibt in einer Bürgerrechtssache England als sein Herkunftsland an. Stadtarchiv Potsdam, 1-1/35, fol. 37. Sein Sohn John William kam in Rotterdam zur Welt. BLHA, Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 83. 43 Eine formelle Aufnahme durch das Französische Gericht ist nicht erfolgt. Ebd, passim. Wallis wird in den Kolonielisten von 1797 bis 1802 als Kolonist geführt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. II.
IV. Bürgerrechtsgesuche
209
pothekenbuch eingetragen. Gegen dieses Vorgehen protestierte jedoch das Französische Gericht, das Villaume nicht so leicht aus seiner Jurisdiktion entlassen sehen wollte. Friedrich Ludwig Villaume, Enkel des ersten Kantors und Schulmeisters der Französischen Gemeinde in Potsdam, Daniel Villaume, und damit Réfugiés-Nachfahre, begründete sein Bürgerrechtsgesuch folgendermaßen: Bereits sein Vater, der Brauinspektor Samuel Villaume, habe sich als französischer Bürger stets zur deutsch-reformierten Gemeinde der Heilig-Geist Kirche gehalten, wo dieser sogar Kirchenvorsteher sei.44 Dort sei auch er, Friedrich Ludwig Villaume, getauft und konfirmiert worden.45 Aus diesem Grund habe er auch das deutsche Bürgerrecht genommen. Diese Begründung entbehrte für das Französische Gericht jedoch jeglicher Grundlage. Denn die Zugehörigkeit zu einer Kirchengemeinde habe keinen Einfluss auf den Gerichtsstand einer Person. Selbst wenn sich die Kolonisten zum Übertritt zum deutsch-reformierten oder katholischen Glauben entschlössen, hätte dies keine Auswirkung auf ihre Zugehörigkeit zur französischen Rechtsprechung.46 Im Gegensatz zur Gemeinde könne man seine Gerichtsbarkeit nicht durch freien Entschluss wechseln. Das Kammergericht bestätigte am 02. September 1802 die Gerichtsame des Französischen Gerichts. Villaume sei das deutsche Bürgerrecht zu Unrecht erteilt worden, er habe daher den französischen Bürgereid abzulegen und 44
Dies belegen auch die Akten der Französischen Gemeinde, in denen Samuel Villaume 1794 zwar als zur französischen Rechtsprechung gehörig gezählt wird, jedoch nicht als Gemeindeglied. Gleiches gilt für seinen Sohn Friedrich Ludwig. AFrD, 5990, fol. 4 verso; 5975, fol. 17 verso. 45 Friedrich Ludwig Villaume wurde am 17.04.1778 geboren, und am nächsten Tag in der Heilig-Geist-Kirche getauft. Den Namen Ludwig scheint ihm seine Patin Loysa Gierre mit auf den Lebensweg gegeben zu haben. Domstiftsarchiv Brandenburg, Po-H/9, 18.04.1778. Damit wird bei dieser Taufe noch ein Stück französischreformierter Tradition sichtbar. Vgl. hierzu auch die Ausführungen im Kapitel G.I.1. Ich danke Frau Sonja Üregen, Potsdam, die mir freundlicherweise Einblick in ihre Kopien der die Familie Samuel Villaume betreffenden Kirchenbucheinträge der Heilig-Geist-Gemeinde gewährte. 46 In der Stellungnahme des Französischen Gerichts heißt es: „die Colonie Jurisdiction ist von der Kirche ganz getrennt und es giebt eben so viele Colonie Gerichts Eingesessene, welche sich nicht zur französischen Kirche halten, als es Mitglieder der französischen kirchlichen Gemeinde sind, deren Eltern Teutsche Bürger sind, und mithin nicht unter unsere Gerichtsbarkeit stehen; der Glaube ist unter gewissen Modificationen nach unserer Verfassung niemals Gegenstand des Zwanges und es könnten daferner sämmtliche Mitglieder der französisch reformierten Gemeinde nach ihrer Willkür heute zum teutschen oder catholischen Glauben übergehen, dieses kann ihnen nicht verhindert werden; diese Veränderungen aber würden auf ihren Gerichtsstand keinen Einfluß haben, denn derselbe wird nicht durch die Religion, sondern durch die ursprüngliche Herkunft begründet. § 30 des 2. Tit: d. AGD.“ Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 28.
210
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
sein ererbtes Haus sei ins Französische Grund- und Hypothekenbuch zu übertragen.47 Diese beiden Streitfälle verdeutlichen, dass die Kolonisten offensichtlich kein ausgeprägtes Bewusstsein für die rechtlichen Grundlagen des Koloniebürgerrechts zu Beginn des 19. Jahrhundert besaßen, und sie überdies zwischen deutscher und französischer Gerichtsbarkeit zu wählen gedachten, je nach dem, welcher Gerichtsstand ihnen vorteilhafter dünkte. Neben der Gemeindezugehörigkeit schien also auch die Jurisdiktion wählbar zu sein, was die Verbindung von Kolonie und Gemeinde von zwei Seiten her angriff: Die Hugenotten sahen sich nach und nach nicht mehr als französische Gemeindeglieder und damit auch nicht mehr als französische Kolonisten. Andererseits deutet sich an, dass für die Verbundenheit zur Französischen Kolonie die Mitgliedschaft in der Kirchgemeinde einen entscheidenden Einfluss hatte und damit indirekt die Sprache.48 Das Amt eines Kirchenvorstehers einer deutsch-reformierten Gemeinde zu bekleiden, setzte bei Samuel Villaume gründliche Kenntnisse der Landessprache voraus. Bei seinem Sohn hingegen war offenbar die Verbindung zur Französischen Kolonie vollends abgerissen. Ohne eingehende Vorbereitung hätte er der französischen Liturgie nicht folgen können, was ihm den Übertritt zur Französischen Gemeinde erschwerte. Dies begünstigte wohl seinen Entschluss, auch das deutsche Bürgerrecht zu erwerben. Das Schreiben des Magistrats ist zudem auf deutsch in indirekter Rede des Bittstellers abgefasst. Es spricht somit einiges dagegen, dass der junge Villaume sein Anliegen noch auf Französisch vortrug. Außerdem hätte es seine Selbstinszenierung als teutscher Bürger verwässert. Auch im umgekehrten Fall von John William Wallis war die Entscheidung für den Gerichtsstand eine Bekenntnisfrage. Die Familie Wallis gehörte der Französischen Gemeinde an. John William Wallis wurde sogar als Presbyter berufen.49 Auch glaubte er, durch seinen Vater bereits zur Kolo47 Im Gerichtsbuch der Französischen Kolonie ist ein solcher Rechtsakt bereits als Lückentext vorformuliert worden, doch der junge Villaume hat ihn nie Kraft seiner Unterschrift gefüllt. Auch im Hypothekenbuch der Französische Kolonie ist kein Grundstück unter dem Namen Friedrich Ludwig Villaume verzeichnet. Seine Aufnahme in die Französische Gerichtsbarkeit scheint demnach nie wirksam geworden zu sein. BLHA, Pr. Br. Rep. 5c, Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 90 f., Nr. 1, passim. 48 Die Rolle der Sprache für die Zugehörigkeit zur Französischen Gemeinde wird in Abschnitt G.II.2. befragt. 49 John William Wallis’ Funktion innerhalb der Gemeinde wird anlässlich der Taufe eines seiner Kinder am 27.10.1802 mitgeteilt. AFrD, 6013. Der Prozess um sein Bürgerrecht nahm seinen Anfang am 20.09.1802. Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 31. 1796 ist seine Heirat mit Anne Angelique Morino in den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde vermerkt. AFrD, 6017. Sein Bruder Samuel taucht 1795 in der ersten erhaltenen Gemeindeliste auf. AFrD, 5990, fol. 8.
V. Zusammenfassung
211
nie zu gehören und als Erwachsener demzufolge das Koloniebürgerrecht zu erlangen. Diese Streitfälle um das jeweilige Bürgerrecht sind umso bedeutsamer als einerseits in Abschnitt E.II. geldwerte Vorteile beim Erwerb des Französischen Koloniebürgerrechts zumindest für bereits in Potsdam ansässige Kolonistensöhne, bis auf ein paar Reichstaler Bürgergeld, ausgeschlossen werden konnten. Für Villaume kam außerdem nur ein ermäßigter Gebührensatz für das nachträglich aberkannte Magistratsbürgerrecht zur Anwendung.50 Andererseits konnte das von Villaume angeführte Motiv der Gemeindezugehörigkeit, das beim Presbyter Wallis wohl mitschwang aber unausgesprochen blieb, bei denjenigen Kolonisten, für die eine Wahlmöglichkeit des Gerichtsstandes vorlag, gerade nicht als entscheidend für das Ergreifen der Französischen Gerichtsbarkeit herausgelesen werden. Damit bestimmten ökonomische Faktoren insbesondere zur Anfangszeit der Französischen Kolonie, ob jemand Kolonist wurde. Ob jemand Kolonist blieb, entwickelte sich hingegen im Laufe der Koloniegeschichte mehr und mehr zu einer Glaubensfrage.
V. Zusammenfassung: Kulturtransfer und französische Gerichtsbarkeit Da in diesem Kontext die Auswirkung des Wahlbürgerrechts auf die Zusammensetzung der Französischen Kolonie untersucht werden sollte, wurde anhand des Sterberegisters der Französischen Gemeinde näherungsweise die Herkunft der Französischen Kolonisten in Potsdam bis zum Ende des Untersuchungszeitraums ermittelt. Hier bestätigten sich noch einmal die bislang punktuell zur Gründung der Kolonie und für die Stadt Potsdam um die Jahrhundertmitte erzielten Erkenntnisse, dass, obgleich mit insgesamt 60 Erwähnungen nur dicht hinter Frankreich rangierend, Berlin als Herkunftsort von zentraler Bedeutung für die Potsdamer Kolonie war: Die Kirchenbücher geben nicht preis, dass ein Großteil der in Frankreich geborenen Kolonisten ihren Weg von Berlin aus nach Potsdam fanden. Weiterhin zeigte sich für die Kolonie, dass einzig die Schweiz als Herkunftsland unter allen Ländern des Refuge eine nennenswerte Rolle spielte. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts hatte Brandenburg-Preußen als Herkunft der Kolonisten alle anderen Territorien im Reich und in Europa bei weitem überflügelt, so dass die Einführung des Wahlbürgerrechts, das von 1772 bis zu seiner Aufhebung im Jahr 1801 insgesamt nur auf vier Kolonisten Anwendung fand, 50 Villaume hätte für seinen Bürgerbrief lediglich zwei Reichstaler und zwei Groschen an den Magistrat zahlen müssen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 181, fol. 7.
212
E. Der Kulturtransfer auf der rechtlichen Ebene der Kolonie
angesichts dieser Dominanz an Landeskindern verschwindend gering blieb. Das Übergewicht an Landeskindern spricht bereits dafür, dass die deutsche Sprache in der Kolonie ab Mitte des 18. Jahrhunderts schon überall präsent war, mithin sich der Sprachwechsel in vollem Gange befand. Zwar zeitigte es nur geringe Effekte auf Größe und Zusammensetzung der Französischen Kolonie, doch liegt der eigentliche Gewinn des Wahlbürgerrechts für die Erforschung der Französischen Kolonie darin, nach den Motiven für das Ergreifen des Französischen Koloniebürgerrechts fragen zu können. Im Einzelnen waren dies die französische Sprache, die Kolonistenprivilegien sowie die Zugehörigkeit zur Französischen Gemeinde. Da die gemäß dem Wahlbürgerrecht aufgenommenen Kolonisten überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum stammten und ihnen der Bürgereid auch auf Deutsch abverlangt wurde, scheidet die Sprache als Argument für die Wahl des Französischen Koloniebürgerrechts aus. Auch ermöglichte das Wahlbürgerrecht die Aufnahme Konfessionsfremder, so dass es nicht überrascht, dass nachweislich die Hälfte der Wahlbürger (zwei Personen) dem lutherischen Glauben angehörte und keine Neigung verspürte, der Französischen Koloniebürgerschaft auch die französische Gemeindezugehörigkeit folgen zu lassen. Die Kolonistenprivilegien waren zum Zeitpunkt des Wahlbürgerrechts ausgelaufen, bis auf die Befreiung von Gerichtsgebühren, worunter auch die Erlangung des Koloniebürgerrechts fiel, so dass selbst die Privilegien kein handfestes Argument mehr lieferten, sich der französischen Rechtsprechung zu unterwerfen. Es konnte hingegen beobachtet werden, dass für die Wahl der Französischen Koloniebürgerschaft die Ansiedlungsbedingungen als Kolonist entscheidend waren: Sei es, dass das Bürgerrecht des Arbeitgebers ergriffen wurde, oder dass die Zugehörigkeit zur Französischen Kolonie eine üppigere Gewerbeförderung für die eigene „Geschäftsidee“ verhieß. Obgleich es den Bestand der Kolonie für einen Zeitraum von gut zehn Jahren deutlich erhöhte, ist auch die Aufnahme der Émigrés und deren Auswirkungen auf den Kulturtransfer für die Kolonie als gering anzusehen. Kontakte zwischen „Réfugiés“ und Émigrés lassen sich derzeit nicht belegen, wie auch allgemein sehr wenig über das Leben der französischen Revolutionsflüchtlinge in Potsdam bekannt ist. Wenn man es positiv wenden möchte, deuten fehlende Quellenfunde eher auf ausgebliebene Konflikte hin als auf eine Überlieferungslücke. Die Analyse der Streitfälle zwischen Kolonie und Magistrat um das Bürgerrecht hielt eine Überraschung bereit. War die Gemeindezugehörigkeit bei der Wahl des Bürgerrechts nicht von Belang, spielte sie als Argument dann eine Rolle, wenn es für den Betroffenen darum ging, sein juristisch angefochtenes Bürgerrecht zu begründen. So verstand sich der junge Vil-
V. Zusammenfassung
213
laume als deutscher Bürger, da er einer deutschen Kirchgemeinde angehörte, dabei hatte er durch seinen Vater Samuel das Französische Koloniebürgerrecht geerbt. Diese Beobachtung hat weitreichende Konsequenzen für die Untersuchung. Wenn die Zugehörigkeit zur Französischen Kolonie mit der Mitgliedschaft zur Französischen Gemeinde begründet wurde, war das, was einen Kolonisten zu einem Kolonisten machte, von seinem Verhältnis zur Gemeinde abhängig. Der Gemeindegeschichte kommt somit vorrangige Bedeutung für die Geschichte der Französischen Kolonien zu, auch für diejenigen Studien, die den Schwerpunkt auf die wirtschaftlichen Bedingungen der Ansiedlung legen. Für den Kulturtransfer der Gemeinde bleibt festzuhalten, dass im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts die Kolonie durch Réfugiésnachfahren aus dem französischsprachigen Ausland ergänzt wurde. So blieben die Kontakte der Französischen Kolonie in Potsdam nach Frankreich und ins europäische Refuge vital. Angesichts der Aufnahme zweier konfessionsfremder Strumpfwirker in die französische Koloniegerichtsbarkeit müssen die mentalen Auswirkungen des Wahlbürgerrechts auf die Französische Kolonie als gering angesehen werden.51 Die vorübergehende Aufnahme der Emigranten hatte hingegen zur Folge, dass um 1800 jeder vierte französische Kolonist ein Émigré war, dennoch gefährdete dies keineswegs den Fortbestand der Kolonie. Vielmehr war die Potsdamer Kolonie im ausgehenden 18. Jahrhundert so weit in ihrem Bestand zurückgegangen, dass ihre Auflösung unmittelbar bevorstand, durch die Inkorporierung der Émigrés jedoch aufgeschoben wurde. Auf die im Kontext der Bürgerrechtsgesuche aufscheinende Bedeutung der Gemeindezugehörigkeit für das Selbstverständnis der Kolonisten kommt das Kapitel G. zurück. Zuvor wird das Kapitel F. nach den Auswirkungen des französischen Gerichtsstandes für die Französischen Kolonisten fragen und hierbei vor allem die wirtschaftliche Ebene des Kulturtransfers zwischen Stadt und Kolonie in den Blick nehmen.
51 Zuletzt hatte Birnstiel auf das Wahlbürgerrecht als einen der drei, die Auflösung der Französischen Kolonien beschleunigenden Faktoren, hingewiesen. Die Öffnung der Französischen Kolonien für Konfessionsfremde hätte die französischen Gemeinwesen ihres „exklusiven Vertretungsanspruch[es] der Hugenotten“ beraubt. Zwar verkennt auch Birnstiel nicht die positiven Effekte dieser Öffnung, die den Rückgang der Kolonisten abfederte, doch sei dies um den Preis einer Lockerung der Kirchenbindung der Hugenotten und des Verlusts der „konfessionellen Identität der Kolonie“ erkauft worden. Vgl. Birnstiel (2007), S. 146 ff. Diese Argumentation überzeugt nicht völlig, zumal sie zwei Nuancen ausblendet: die faktische Aufhebung des Wahlbürgerrechts 1802 und den Umstand, dass mit der Kolonie in Stettin die Freizügigkeiten des Wahlbürgerrechts seit 1721 in Kraft waren.
F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher Ebene „nue heestter jemant gevonden die hem een klyn kaptael wil voorstrecktken abber verlanght een klyn bewys dats de kesselen en stuellen syn eeygen syn“.1
Das Kapitel B. machte nicht nur die überproportionale finanzielle Ausstattung der Französischen Kolonie in Potsdam sichtbar, sondern diagnostizierte anhand ihrer Berufsstruktur einen Einbruch im Textilsektor zur Mitte des 18. Jahrhunderts, von dem sich die Kolonie nicht wieder erholen sollte. Das Kapitel C. bot mit Absatzkrisen und gestiegenen Rohstoffpreisen eine erste Erklärung hierfür an und machte ebenfalls deutlich, dass diese veränderten konjunkturellen Rahmenbedingungen vor allem auf die Französische Kolonie durchschlugen. Auf der Suche nach den Ursachen für dieses Phänomen, brachte das Kapitel D. die Abhängigkeit der Französischen Kolonie von Hof und Garnison zum Vorschein. Bislang berührte die Untersuchung nur die Makroebene. Anhand von Einzelschicksalen soll nun aufgedeckt werden, wie sich diese Prozesse auf die einzelnen Kolonisten auswirkten. Zugleich verspricht dieses Vorgehen, die Hintergründe für die wirtschaftliche Labilität der Französischen Kolonie besser zu verstehen. Darüber hinaus will dieses Kapitel zum Vorschein bringen, wie die verspätete Koloniegründung den Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher Ebene beeinflusste. Der Abschnitt F.I. „Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor“ widmet sich zunächst der Frage, welche Rolle die Kolonisten im Stadtleben vermöge ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse einnehmen konnten. Nicht allein die Wirtschaftstätigkeit der Kolonie steht auf dem Prüfstand, sondern vielmehr die Frage nach ihrer Durchdringung in das städtische Umfeld. Arbeitsbeziehungen zu Deutschen sowie die Aufnahme der französischen Kolonisten in die Zünfte werden in Abschnitt F.II. beleuchtet. Daran schließen sich Fragen zum „Lebensstandard französischer Kolonisten“ in Punkt F.III. an, bevor der Abschnitt F.IV. eine Bilanz des Kulturtransfers auf wirtschaftlicher Ebene zieht.
1
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, nach 07.08.1741.
I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor
215
I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor „und durch diese Fabrique an die 100 Persohnen, nach beschaffenheit der Consumtion, ihr Brodt dabey nicht allein haben, sondern auch von auswärtigen Orthen, welche den Rappe, umb die kostbahre Fracht zu erspahren, von hier aus nehmen mögten“.2
Der Beitrag der Hugenotten in Potsdam zur städtischen Wirtschaft ist bislang allenthalben stichpunktartig untersucht worden3 oder war Gegenstand geradezu mythischer Verklärung.4 Radtke begründet seine Einschätzung der Franzosen in Potsdam als „ein Wirtschaftsfaktor von Rang“ allein mit dem Anteil der Französischen Kolonie an der Stadtbevölkerung von 1,6 bis 1,4 Prozent.5 Straubel, der vorwiegend das ausgehende 18. Jahrhundert im Blick hat, kommt zu der völlig entgegengesetzten Schlussfolgerung, dass im Vergleich zu Berlin die Französische Kolonie in Potsdam nur „von nachgeordneter Bedeutung“ sei.6 Das produzierende Gewerbe hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Bedeutung erstmals über die gesamte Lebensdauer der Französischen Kolonie zu untersuchen und, wo nötig, Fehlinterpretationen zu korrigieren, ist daher Anliegen dieses Unterkapitels. Einzelschicksale ergänzen hierbei die allgemeinen Ausführungen und sollen erhellen, vor welche spezifischen Probleme französische Kolonisten sich gestellt sahen und welche Folgen ihre segregierte Niederlassung im Potsdamer Wirtschaftsleben zeitigte. Auf Grund der Quellenlage bieten sich hierzu die Fabriken der Französischen Kolonie an. Drei Gewerbesegmente eignen sich besonders, um die sich in der Kolonie vollziehenden Wirtschaftsprozesse zu erklären. Den Anfang macht der sowohl für die Kolonie als auch die Stadt Potsdam am besten dokumentierte Gewerbezweig, der Textilsektor (Abschnitt F.I.1.). Der Punkt F.I.2. befasst sich mit dem Tabakgewerbe, bevor der Abschnitt F.I.3. die wirtschaftliche Situation der Lederfabriken darlegt. Die Wahl des Textilsektors ergibt sich neben seiner Bedeutung für die 2
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 18.10.1737. Zum Beitrag der Hugenotten zur Potsdamer Wirtschaft vgl. insbesondere Radtke, S. 82 ff., Schreckenbach, S. 14 ff. und Straubel, S. 70 ff. 4 Konrad Müller, Bismarcks Mutter und ihre Ahnen, Berlin 1909, besonders S. 140 ff. 5 Die Zahlen basieren auf den Generaltabellen von 1750/51 und 1761/62. Laut letzterer Tabelle zählte die Französische Kolonie in Potsdam damals 160 Seelen. Radtke, S. 84 f. Daraus zieht Radtke folgenden Schluss: „Damit kann als erstes Ergebnis festgehalten werden, dass Franzosen in den großen Städten, vor allem in den beiden Residenzen, ein Wirtschaftsfaktor von Rang waren.“ Ebd., S. 85. Diese Begründung beraubt Radtke selbst noch ihrer Stichhaltigkeit, indem er als Referenz zur Potsdamer Kolonie die mit 150 Personen (1761/62) nur geringfügig kleinere Kolonie in Brandenburg heranzieht. 6 Straubel, S. 71. 3
216
F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
junge Französische Kolonie auch aus seiner Entwicklung im 18. Jahrhundert heraus. Die Betrachtung des Tabakgewerbes beinhaltet die bislang bekannteste, und in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung stark überschätzte, Fabrik der Französischen Kolonie, die Tabakfabrik von Samuel Schock. Mit den Lederfabriken ist zwar einer der kleinsten Gewerbesegmente der Kolonie angesprochen, jedoch eines der wenigen, die zum Ausgang des 18. Jahrhunderts einen Zuwachs verzeichnete und über die Kolonie hinweg ausstrahlte. 1. Die Textilfabriken in der Französischen Kolonie Im produzierenden Gewerbe nahmen die Textilfabriken in der Potsdamer Kolonie für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts eine beherrschende Stellung ein.7 Auch auf die Stadt Potsdam bezogen, deren Wirtschaftsstruktur dieser Zeit ebenfalls der Textilsektor prägte, gehörten französische Textilfabriken zu den produktivsten. Unter ihnen dominierten die Strumpffabriken. Bereits um das Jahr 1726 verfügte der bis zur Gründung der Französischen Kolonie in Potsdam ansässige Seidenstrumpffabrikant Jean Rocheblave mit sechs Gesellen über den größten Mitarbeiterstamm aller Strumpfmacher der Stadt. Außer Rocheblave arbeitete damals in Potsdam nur ein weiterer Strumpfwirker, der drei Gesellen hielt, sowie ein Strumpfstricker mit einem Gesellen.8 Nach 1731 ließen sich weitere Strumpfwirker in Potsdam nieder. Dies verschob zwar das Verhältnis von deutschen zu französischen Strumpfmachern zugunsten der deutschen Meister, doch behielten erstere auf Grund der höheren Produktivität ihre Vorrangstellung bis zur Jahrhundertmitte bei. Beispielsweise wurde für den Zeitraum von 1736 bis 1742 in der Werkstatt von Olivier Cleran beinahe viermal soviel Wolle verarbeitet wie beim zweitgrößten Strumpfproduzenten der Stadt.9 Mit Ausnahme von Isaac Moran und Pierre Ferrier zählten die übrigen Strumpfwirker der Französischen Kolonie unter den zu dieser Zeit 16 Strumpffabriken der Stadt eher zu den kleineren Produzenten.10 Dabei verfügte Cleran nur über einen Wirkstuhl, während die meisten Strumpfwirker Potsdams vier Wirkstühle in Gang hielten. Produktivität und Größe einer Wollfabrik stan7
Vgl. den Abschnitt B.IV.4. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 648/2. 9 In Zahlen ausgedrückt standen dem Hause Cleran mit 1 366 Steinen verarbeiteter Wolle 316 Steine Wolle des nächstproduktivsten Betriebes gegenüber. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 663, 09.11.1742. 10 Ebd. Moran und Ferrier verbrauchten im Zeitraum 1736 bis 1738 90 bzw. 220 Steine Wolle. Jean Jacob Rollwagen nahm mit 6 Steinen den letzten Platz in dieser Aufstellung ein. Für den Strumpfwirker Charles Grisal ist gar kein Verbrauch an Wolle angegeben. Vermutlich arbeitete er für einen anderen Meister. 8
I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor
217
den in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Potsdam in keinem linearen Zusammenhang.11 Diese Beobachtung muss auch für die übrigen Textilfabriken bedacht werden, unter denen der Franzose Lagrange mit seiner Etaminfabrik als zwischenzeitlich zweitproduktivster der insgesamt sechs Zeugmacher eine ökonomisch herausragende Position einnahm.12 Für das ausgehende 18. Jahrhundert galt vergleichbares für die Hutfabrik von Pierre François Bock. Sein Unternehmen wurde 1755 etabliert und beschäftigte anno 1794 33 Arbeiter.13 Die Produktivität französischer Textilfabriken in Potsdam von 1736 bis 1742 stellt sich somit gut bis sehr gut dar. Die Rentabilität der Cleranschen Fabrik und die der Tapetenfabrik von Jacques Duquesne, die in den Wollarbeitertabellen leider unerwähnt blieb, soll im Folgenden näher untersucht werden. Betrachtet man die weitere Entwicklung der Strumpffabrik von Olivier Cleran, so scheint dieser wenige Jahre später sein Metier gewechselt zu haben, denn er wurde ab 1745 als Wollfabrikant bezeichnet.14 Mit einem Webstuhl, zwei Gesellen und einer Magd, die im Hause Cleran wohnten, blieb seine Fabrik aber weiterhin den Kleinbetrieben zuzurechnen. Darüber hinaus arbeiteten Cleran annähernd 200 Personen, mehrheitlich Spinnerinnen, zu, die die Fabrik mit Garn versorgten, aber nicht in der Wollfabrik selbst arbeiteten.15 Einer Erweiterung seiner Fabrik stand die Verpflichtung Clerans gegenüber, vier Soldaten bei sich einzuquartieren.16 Vergeblich versuchte Cleran sich von dieser Last zu befreien.17 Auch auf die erhofften Materialien für den Ausbau von Hofgebäuden wartete er 11 Als größte Strumpffabrik in Potsdam muss mit vier Wirkstühlen und acht Gesellen die von Julius Goeltzner gelten. Dieser bewegte sich mit 80 Steinen verarbeiteter Wolle in der Produktivität aber eher im Mittelfeld. Dies geht aus der Wollarbeitertabelle für 1738 hervor. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 660. 12 In den Dreijahreszeiträumen 1736–38 und 1739–41 verarbeitete die Fabrik Lagrange 379 bzw. 300 Steine Wolle, die von Johann V. Vittmar 525 bzw. 700 Steine. Hingegen rangierte der Hutmacher Henry Dufais mit 24 resp. 28 Steinen verarbeiteter Wolle unter seinen acht Hutmacherkollegen am Ende der Produzentenliste, die unangefochten Johann Ludwig Cremer mit 700 bzw. 370 Steinen verarbeiteter Wolle anführte. 13 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 840. 1794 produzierte Bock Waren im Wert von 19 200 Reichstalern, 1805 von über 25 000 Reichstalern. 14 Vgl. die Récapitulation von 1745. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, fol. 59 f. 15 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 29. Vgl. weiter unten die Tapetenfabrik von Duquesne. 16 Stadtarchiv Potsdam, 1-5/109, fol. 34; 1-5/115, fol. 30v. 17 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 35.
218
F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
wohl vergebens.18 Innerhalb der Kolonie blieb Clerans Wollfabrik konkurrenzlos und zählte in diesem Gemeinwesen sogar zu den wenigen profitablen Fabriken.19 Auf die Stadt bezogen fiel es Cleran mit seinem Kleinbetrieb jedoch schwer, sich im Wettbewerb um Lieferungen für die Armee gegenüber den zünftig organisierten Wollwebern zu behaupten. Aufträge für gefärbte Wollwaren führten bei mangelnder Kapitalausstattung der Cleranschen Fabrik, ihren beengten Räumlichkeiten und ihrer begrenzten Arbeitskraft zwangsläufig zu verzögerten Lieferzeiten und minderer Qualität.20 Die Antwort von Generaldirektorium und Französischem Rat auf derartige Wettbewerbsnachteile lautete bei Cleran wie so oft bei französischen Kolonisten in Potsdam: garantierte Lieferungen und eine Pension. So erhielt Cleran weiterhin seine ihm bei Niederlassung angewiesenen 60 Reichstaler jährlich.21 Gegen die Cleran zuerkannte exklusive Lieferung von schwarzem Wollgarn führte das Posamentiergewerk 1756 vergebens Beschwerde – Cleran wurde in seinem Privileg geschützt.22 Die Konsequenz war eine Verzerrung des Marktes, denn nicht die Qualität der Arbeit gab den Ausschlag, sondern die privilegierte Stellung eines französischen Fabrikanten. Bei Cleran konnte sich diese Bevorzugung jedoch nicht 18 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2412, 20.12.1746; 10.01.1747; 18.02.1747. 19 „Le Juge fr. de potsdam dit, qu’il ya dans la Colonie quatre fabriquants. Schock, Cleran, Duquesne & Bonnefoy. Que les deux premiers prosperent.“ Wie es in einem Bericht zum Zustand der französischen Fabriken in Potsdam an das Französische Departement von 1746 heisst. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 104. 20 Dies bemängelte das Posamentiergewerk an Clerans Garnlieferung. Die zum Teil schlechte Qualität rühre von Verunreinigungen her. Andere Garnpartien seien zum Färben ungeeignet, da keine Farbe daran haften wolle. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2799, 17.09.1756. Zur Untermauerung ihrer Argumente führte das Gewerk die Expertise von Schaumeistern heran. Dass neben objektiven Kriterien auch eine verschärfte Konkurrenzsituation in diesem Streit die Feder führte, steht außer Frage. 21 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 52. Cleran wurde 1736 ein Haus zur Verfügung gestellt. Dies geht aus der Aufstellung der in Potsdam wohnenden Kolonisten für die Feuerkasse hervor. 1743 heißt es, Cleran sei bereits seit 1733 in Potsdam, bewohne sein jetziges Haus aber erst seit sieben Jahren. Bei diesem Haus handelt es sich um seine Wollfabrik in der Brandenburger Straße. Seine Pension ist in den Rechnungen des Französischen Etats aufgeführt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 6 ff. 22 „Da nun der Fabricant Clairan daselbst das benöthigte wollene Garn dazu seit mehr als 20. Jahr geliefert und unterm 31ten July a.c. von seiner königl. May. eine Concession erhalten hat, daß er, solange er lebt, die Verfertigung des schwartzen wollenen Garns zu den Haarbändern vor den fest gesetzten Preis allein behalten und von Niemand darin beeinträchtiget werden soll.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2799, 09.10.1756.
I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor
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zu seinem Vorteil entfalten, weil die Beengtheit und die Investitionsschwäche seines Unternehmens von behördlichen Korrekturen unberührt blieben. Ein solcher Dirigismus mehrte lediglich die Abhängigkeit des französischen Wollfabrikanten. Auch die Tapetenfabrik von Jacques Duquesne blieb innerhalb der Französischen Kolonie ein Unikat. Im Jahr 1737 erhielt Jacques Duquesne als französischer Kolonist im Karree Nr. 7 der Stadterweiterung die Häuser 16 und 17.23 Aus Delft kommend hatte Duquesne auch eine Geschäftsidee im Gepäck: Mit brandenburgischer Wolle als Rohstoff vor Ort könnte er hier Tapeten und Decken zu einem günstigeren Preis anbieten als seine Konkurrenten in den Niederlanden.24 Weiterhin sollte sich die Fabrik durch eine große Produktpalette auszeichnen, indem auf jedem Webstuhl mindestens eine eigene Qualität zu fertigen war: „auf eyner wirdt mouquede und gebluemter wollenne plüch auf gefabritzieret wie auch Cammelharrene ditto auf eyn ander brabandische fluor tapeten und auch ditto teppiche und cannapee deken, auf den fierten werden türckische pferdedeken gemacht auf den fünften wirdt wollene felpe gemacht“.25
Mit fünf Webstühlen gehörte diese Fabrik zu den Potsdamer Textilfabriken mittlerer Größe.26 Duquesnes Pläne, zu jeder Textilsorte noch weitere Stühle anzuschaffen und 100 Leute zu beschäftigen, blieben unverwirklicht.27 Nichtsdestotrotz gab diese Fabrik 60 Personen Arbeit, wenn man neben den an den Webstühlen sitzenden Gesellen auch die Schar von Wollkämmern und Spinnerinnen mit einbezieht.28 War sein Betrieb mit einem Wohnhaus, einem Fabrikhaus und eigener Färberei auf dem Hof räumlich auch großzügig ausgestattet, quälten Duquesne dafür die Geldsorgen. Zwar 23
Nach heutiger Bezeichnung die Benkertstraße Nr. 3 und 2. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 03.10.1759. 24 Duquesne begründet seinen Standortvorteil wie folgt: „dan die Dornicker und Hamburger müssen ihre zudaet aus preuysen, pommeren, und Ruslandt, Slesien, oder brunswich, bekomen“. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, ohne Paginierung und Datum, aber als Anlage zu einem Schreiben vom 05.12.1750. 25 Ebd. 26 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 660, Wollarbeitertabellen 1738 ff. 27 Dies geht aus einem Schreiben Duquesnes hervor, das dem „Spezial-Befehl“ an Neubauer vom 17.10.1747 vorausgeht. Ebd. vor 17.10.1747. 28 Auf eine Taxierung der Waren Duquesnes vom 07.08.1741 folgende, eigenhändige Liste vermerkt Duquesne insgesamt 54 Personen, darunter auch Anne Marie Baral, die Frau von Jean Pierre Baral, die uns bereits im Seidenbau begegnete (vgl. Abschnitt D.IV.4.). Jean Pierre Baral selbst betätigte sich hier als Färber. Paul Guy und Ertmann Neumann werden als Wollkämmer geführt, die Tochter von Paul Guy arbeitete an der Zwirnmühle. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, ohne Paginierung und Datum.
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erhielt er eine Pension von 300 Reichstalern, doch auf die versprochenen 8 000 Reichstaler Vorschuss zum Aufbau seiner Fabrik, derentwillen er sich nach Potsdam begeben hatte, wartete er vergebens: Die dafür vorgesehenen Kassen waren leer.29 Die Suche nach einem Kapitalgeber geriet so neben gewohnheitsmäßigem Antichambrieren um wenigstens einen Teil des Vorschusses zu den vordringlichsten Aufgaben des Tapetenfabrikanten. Konnte Duquesne mit seiner im Lande einzigartigen und Erfolg verheißenden Fabrik anfänglich noch auf die ungeteilte Unterstützung des Französischen Gerichts bauen,30 schien sich 1746 für ihn das Blatt gewendet zu haben. Er habe seine Arbeit eingestellt und seine fertigen Waren seien verpfändet, warf ihm der französische Richter Prevôt vor.31 Lange Zeit habe er keine Angestellten beschäftigt und auch nicht mehr als 50 Pfund Wolle verarbeitet. Prevôt bezweifelte daher, dass sich die Fabrik in ein blühendes Unternehmen verwandeln könne. Beinahe stand die Pension aus dem Französischen Etat zur Disposition, sofern Duquesne sie nicht gewinnbringend für seine Fabrik einzusetzen vermöchte und seinen Lebenswandel ändere. Die ihm großzügig zuerkannte Pension von jährlich 300 Reichstalern32 lähmte in den Augen des Französischen Gerichts seinen unternehmerischen Ehrgeiz. Duquesne wurde daraufhin eine Frist von einem halben Jahr eingeräumt, in der er sich dieser Pension wert erweisen musste, ansonsten fiele „seine pension an ein würdigeres und fleißigeres subjectum“.33 Berichte, wie der des Französischen Gerichts, künden eher von den in die Kolonisten gesetzten hohen Erwartungen, als dass sie ein zuverlässiges Bild von ihrem Gewerbefleiß zeichnen. Allzu vollmundige Versprechungen lockten überdies eher unerfahrene Fabrikanten an und weckten ihre „Abenteuerlust“.34 Das Generaldirektorium war seinerseits nicht in der Lage, die in es gesteckten Erwartungen zu befriedigen. Die 8 000 Reichstalern Vorschuss, auf denen Duquesnes Unternehmensplanung basierte, wären eine vergleichsweise solide Kapitalausstattung für den Aufbau einer Fabrik ge29
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 107. 30 Ebd., fol. 95. 31 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 26.05.1746. 32 1743 sollten 100 Reichstaler jährlich von seiner 150 Reichstaler zählenden Pension zur Tilgung des Vorschusses einbehalten werden. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 82. 33 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 17.06.1746. 34 Jersch-Wenzel macht dies im Kontext der wirtschaftlichen Entwicklung der Kolonien um 1750 am Beispiel der hoch bezuschussten Seidenfabriken deutlich. Vielen dieser Unternehmen war nur ein kurzes Leben beschieden. Jersch-Wenzel, S. 177 f. und für holländische Kolonisten Radtke, S. 141 ff.
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wesen, legt man zu Grunde, dass ein Webstuhl etwa 100 Reichstaler in der Anschaffung kostete35 und die Duquesnesche Tapetenfabrik auch unter ungünstigen Voraussetzungen selbst für 1 000 Reichstaler im Jahr am Laufen gehalten werden konnte.36 So blieben Duquesne nachhaltige Investitionen versagt, mit denen er sich neue Nischen auf dem einheimischen Textilmarkt hätte erobern können. Duquesne bemühte sich noch 1743 um einen weiteren Vorschuss über 400 Reichstaler zur Fertigung von türkischen Pferdedecken. Sein Argument, dass er lediglich größere Webstühle anzuschaffen bräuchte und diese Decken sonst aus Sachsen importiert werden müssten, hatte nur zur Folge, dass der Verbleib seines ersten Vorschusses über 1 000 Reichstaler untersucht wurde.37 Auf Grund der Güte seiner eingesandten Arbeitsprobe verwehrte ihm die Domänenkammer sogar das geforderte Monopol und Einfuhrzölle auf fremde Waren, zuzüglich weiterer Hilfen: „wenn er seine Decken alle so gut und wohlfeil ferfertiget, als die eingesandte, und hirbey zurückgehende Probe, so wird und kann es ihm an Debit nicht fehlen“.38 Dass sich dieser Absatz dennoch nicht einstellen wollte, lastete Duquesne der zunehmenden Konkurrenz der Tapetenfabrik des Juden Joel an, der seiner Meinung nach mehr in der Gunst des Generaldirektoriums stand.39 Die Suche nach privaten Investoren gestaltete sich ebenfalls als schwierig. Interessenten galt es erst davon zu überzeugen, dass die Webstühle in der Fabrik Eigentum von Duquesne waren und er auch wirklich Gesellen unter Vertrag hatte. Diesen Sachverhalt schilderte Duquesnes Frau in ihrer Supplik an den Kriegsrat Heidenreich folgendermaßen: „nue heestter [Jacques Duquesne, S. K.] jemant gevonden die hem een klyn kaptael wil voorstrecktken abber verlanght een klyn bewys dats de kesselen en stuellen syn eeygen syn“.40 1752 fand Duquesne für seine Tapetenfabrik tatsächlich einen Kapitalgeber. Damit der Jude Michael Abraham aus Halberstadt jedoch die 8 000 Reichstaler in Duquesnes Unternehmen investieren konnte, 35
Diese Summe benennt Duquesne selbst für die Herstellung von breiten Pferdedecken. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 86. 36 Genau diese Summe wurde Duquesne ab 1743 mehrmals für ein Jahr gewährt, sofern er jede seiner Ausgaben minutiös protokollierte. Die Aufwendungen für den laufenden Betrieb entsprachen somit genau diesem Betrag. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 09.11.1751. Da Duquesne den Preis für eine Decke auf 3 ½ Reichstaler bezifferte, hätte er für eine ausgeglichene Handelsbilanz knapp 300 Decken pro Jahr verkaufen müssen. Ebd., 07.08.1741. 37 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 82 f. 38 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 16.12.1745. 39 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 25.11.1747. 40 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, nach 07.08.1741.
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bedurfte er eines Schutzbriefes, der ihm allem Anschein nach verwehrt wurde.41 Neben der unzureichenden Kapitalausstattung behinderte ein unterentwickelter Absatzmarkt die Etablierung eines innovativen Unternehmens. Duquesne war gezwungen, andernorts seine Waren auf Kommission verkaufen zu lassen. Vor Ort konnte er keinen Händler finden, der ihm seine Decken und Tapeten abnahm, und wenn, dann nur unter der Voraussetzung, dass Duquesne ausschließlich für diesen Kaufmann produziere.42 Im Gegenzug versprach jener Duquesne einen Absatz von zwölf Decken. Zudem verlangten die Kaufleute in Duquesnes Augen überzogene Preise, weshalb er selbst zur Messe nach Frankfurt an der Oder reiste.43 Dabei erlaubte ihm seine hohe Pension überhaupt erst das Reisen zum Vertrieb der fertigen Decken oder für den Ankauf der Rohstoffe. Dennoch schmälerten allein die Ausgaben für Transport und Zölle seine Einkünfte und verhinderten, dass Duquesne von den Pensionen Rücklagen bilden konnte, um mit diesen mittelfristig Anschaffungen zu tätigen. Immerhin konnte Duquesne mit Hilfe der Messebesuche seinen Umsatz steigern und sogar Bestellungen aus anderen Städten entgegennehmen. Damit bemühte sich Duquesne zugleich, Kritik an seiner Unternehmungsführung zu entkräften. Weder mangele es an Arbeitsmoral noch an Nachfrage nach seinen Erzeugnissen. Allein die Vertriebswege stünden einer positiven Handelsbilanz im Wege – so der Tenor seiner Argumentation. Selbst die Mischkalkulation der Tapetenfabrik, mit Teppichen und Tapeten Privatpersonen anzusprechen – mit Pferdedecken aber vor allem für den Armeebedarf zu produzieren, rechnete sich am Ende nicht. Hier kam kein Lieferkontrakt zustande, wie ihn Cleran mit seiner Niederlassung für sich auf Lebenszeit verbuchen konnte. So verhielten sich Domänenkammer und Generaldirektorim Duquesne gegenüber widersprüchlich: Auf einen Seite förderten sie ein spezialisiertes Unternehmen, auf der anderen Seite taten diese Behörden zu wenig, dass sich auch der Handel auf diese Spezialisierungen hin entwickelte und sich die Innovationen hierauf übertrugen. Auch privat lief bei Duquesne nicht immer alles zum Besten. Nachdem seine Frau Antoinette Gaultier bereits mit 42 Jahren verstorben war, wurde 41 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2339, fol. 62. Eine Antwort auf diese Supplik ist in diesem Konvolut nicht überliefert. 42 So Duquesne in einem Gesuch, in dem er um den Vorschuss für die Anschaffung größerer Webstühle zur Fertigung der Pferdedecken nachsuchte. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 86. 43 Wie viel er für den Besuch der Messe aufwenden musste, ist nicht überliefert. Allein seine regelmäßigen Einkäufe in Berlin mit all den Ausgaben für Waagegeld, Akzise und Fracht für den Transport der Wolle verursachten ihm Kosten in Höhe von zwei Reichstalern und mehr. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 10.04.1741 u. 08.01.1748.
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1754 seine zweite Ehe mit Anne Louise Fistaine schon nach wenigen Jahren wieder geschieden.44 1759 musste Duquesne schließlich seine Fabrik mit „Wohn Hauß nebst Hoff Raum Hinter Gebäuden Garten und aller dazu gehörigen pertinentiam“ für 1 000 Taler an seinen Nachbarn, den Bildhauer Müller, verkaufen.45 Duquesne starb 1766 im Alter von 69 Jahren in Potsdam.46 Auch die Tapetenfabrik von Jacques Duquesne blieb finanziell unzureichend ausgestattet, um beim Ankauf von Wolle, Garn oder Farben wirklich handlungsfähig zu sein, Angestellte zu bezahlen, und den schleppenden Verkauf der Produkte zu verkraften.47 Die Errichtung eines Wollmagazins in Potsdam 1777 kam für diese Fabrik zu spät. Statt nach dem Berliner Vorbild ein Adressbüro zu errichten,48 das im unterentwickelten Handelsplatz Potsdam den Absatz von Textilien hätte organisieren können, hielten Generaldirektorium und Französischer Etat Duquesnes Fabrik mit einer Pension und knapp bemessenen Vorschüssen über Wasser. An deren wirtschaftlich angespannten Situation änderten diese Maßnahmen wenig. 2. Das Tabakgewerbe in der Französischen Kolonie Neben den Textilfabriken der Französischen Kolonie erlangte die Tabakfabrik von Samuel Schock über Kolonie und Stadt hinausweisende Bedeutung. Personell war den Kolonielisten zufolge das Tabakgewerbe, das innerhalb der Berufsstruktur der Französischen Kolonie im Sektor der Nahrungsproduzenten immerhin den größten Anteil hatte, neben dem Fabrikanten Schock einzig durch André Plantier und Pierre Boissier als Tabakspinner 44 Louise Fistaine bekam am 01.08.1754 für sich und ihr Kind 50 Reichstaler Alimente im Jahr zugesprochen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 02.10.1754. 45 Der Kaufvertrag vermerkt an Geräten fünf Wirkstühle und eine Zwirnmühle. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 03.10.1759. 46 AFrD, 6020, 21.10.1766. 47 Im Frühjahr lagerten bei Duquesne und bei Kaufleuten in Berlin, Potsdam und Leipzig Waren im Wert von annähernd 300 Reichstalern. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 03.03.1744. 48 Anders Jersch-Wenzel, die mit J.P. Erman und P.C.F. Reclam (Mémoires pour servir à l’histoire des réfugiés françois dans les États du Roi (1782–1799) behauptet, es habe in Potsdam ein Adresshaus gegeben. Vgl. Jersch-Wenzel, S. 85. Das Berliner Adressbüro wurde 1689 insbesondere zur Unterstützung der Réfugiés gegründet und existierte bis 1830. Seine Hauptaufgaben bestanden zu Anfang in der Arbeitsvermittlung und dem Kommissionshandel. Zum Berliner Adressbüro vgl. Astrid Blome, Vom Adressbüro zum Intelligenzblatt – Ein Beitrag zur Genese der Wissensgesellschaft, www.presseforschung.uni-bremen.de/Blome-JbKG_06.pdf (02.07.2008), S. 1–27, hier S. 16.
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vertreten. Einer Liste der Schockschen Tabakfabrik zufolge arbeitete auch die Familie Victor Belair im Tabakgewerbe.49 Mit dem Aufbau dieser Fabrik verband sich nicht nur die Hoffnung etwa 100 Personen Arbeit zu geben, sondern auch über die einheimische Nachfrage hinaus den Export zu bedienen.50 Zumindest letztere Erwartungen erwiesen sich als berechtigt, denn diese Tabakfabrik sollte ausschließlich Schnupftabak herstellen und das Schnupfen avancierte im 18. Jahrhundert zur gängigsten Konsumform des Tabaks.51 Überall an den europäischen Höfen kultivierte man die Schnupftabakmode der Hocharistokratie Frankreichs, das auch auf diesem Gebiet kulturelle Vorbildfunktion besaß. Die Schnupftabakmode erfasste auch den preußischen Hof. Friedrich II. galt als begeisterter Schnupfer. Die Anfänge der Schockschen Tabakfabrik ragen noch in die Zeit des passionierten Pfeifenrauchers Friedrich Wilhelm I. hinein. In dessen letzten Regierungsjahren kam Samuel Schock Ende 1737 aus Basel nach Potsdam, um hier eine Fabrik für Rappé-Tabak nach Straßburger Art anzulegen. Hierbei handelt es sich um ein besonderes Verfahren, den Schnupftabak zu aromatisieren.52 Ursprünglich sollte diese Fabrik in Berlin unter dem Kaufmann Joseph Pasquay aus Straßburg entstehen. Da dieser es vorzog, in der Schweiz zu bleiben, wurde das Privileg auf seinen Angestellten Schock übertragen. Pasquay blieb vorläufig Geschäftsinhaber und bestritt aus seinem Vermögen in weiten Teilen den Aufbau des Unternehmens.53 Für seine Fabrik wurden Schock in der Brandenburgischen Quergasse zwei Häuser überlassen.54 Während das eine als Wohnhaus diente, war in dem rechten, näher an der Brandenburger Straße gelegenem Haus seine Fabrik untergebracht. Im Fabrikhof trieben Pferde eine Mühle an, in der die Tabakblätter fein vermahlen wurden. 49
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2907, 14.11.1741. „und durch diese Fabrique an die 100 Persohnen, nach beschaffenheit der Consumtion, ihr Brodt dabey nicht allein haben, sondern auch von auswärtigen Orthen, welche den Rappe, umb die kostbahre Fracht zu erspahren, von hier aus nehmen mögten“. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 18.10.1737. 51 Annerose Menninger, Genuss im kulturellen Wandel. Tabak, Kaffee, Tee und Schokolade in Europa (16.–19. Jahrhundert) (= Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte; 102), Stuttgart 2004, S. 299 ff. 52 Kania vermerkt zum Aromatisieren des Tabaks: „Man mischte einheimischen Tabak mit einem Drittel Straßburger oder holländischen Blättern und tränkte diese mit Saucen aus Wein, Wacholderbeeren und Kochsalz.“ Hans Kania, Preußen, Potsdam – und der Tabak. Landblätter in Virginia-„Sauce“, in: Handwerk und Gewerbe, Bd. 1, o. O., o. J., S. 88. 53 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. b, Nr. 3, fol. 2 ff. 1743 trennte sich Schock von Pasquay und zahlte ihm die verbleibenden 2 900 Reichstaler aus, die Pasquay ihm geliehen hatte. Ebd., fol. 67. 54 Heute Hermann-Elflein-Straße die Nr. 28 und 29. Vgl. Fellien, S. 198. 50
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Um den Aufbau seiner Fabrik zu befördern, war eines seiner Häuser anfänglich von der Einquartierung befreit.55 Schock erhielt für den Aufbau seiner Fabrik zwar vorläufig keine finanzielle Unterstützung, doch durfte er auf Grund des Mangels an Tabak aus uckermärkischem Anbau seinem Rappé-Tabak einen Drittel ausländischen Virginiatabak hinzufügen.56 Die Importware konnte er zum Akzisesatz von einem Groschen pro Pfund erwerben, während uckermärkische Blätter mit zwei Groschen der Zentner versteuert waren. Darüber hinaus wurde ihm eine gewisse Monopolstellung eingeräumt. Im Umkreis von zehn Meilen um Berlin und Potsdam herum durfte sich vorerst keine weitere Tabakfabrik niederlassen. Auch erhielt Schock die Erlaubnis, Magazine anzulegen. Dies führte 1740 zu einem Streit mit dem Berliner Tabakgewerk. Die dortigen französischen und deutschen Tabakmeister beschwerten sich darüber, dass Schock durch den Ankauf von 2 000 Zentnern uckermärkischem Tabak die Preise verdorben hätte und somit die Existenz von 2 000 Menschen, die in Berlin vom Tabakgeschäft lebten, gefährde.57 Diese Beschwerde deutet auf den noch unterentwickelten Tabakmarkt in Brandenburg hin, der kaum den Bedarf an inländischen Tabaksblättern decken konnte.58 Jedenfalls kündet auch diese Beschwerde von den Intentionen des Generaldirektoriums, einen innovativen Betrieb wenn nötig auch zu Lasten einer etablierten Gewerbestruktur aufzubauen.59 Den Ruhm Samuel Schocks begründete nicht das unternehmerische Talent des Fabrikanten, sondern eine wohlwollende Geschichtsschreibung wie die des Bismarck-Historiographen Konrad Müller, der sich zu folgendem Verdikt hinreißen ließ: „Die Anlage blühte so auf, daß schon nach zwei Jahren viele Zentner des Tabaks, der den schlichten Namen ‚Potsdammischer 55 1750 war er für die Einquartierung von sechs Mann aus dem Prinz Heinrichschen Regiment vorgesehen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2463, fol. 60. 1750 musste Schock in jedem seiner zwei Häuser vier Soldaten unterbringen. Stadtarchiv Potsdam 1-5/109. In der Quartierliste von 1748 besaß er noch ein Freihaus und war mit dem anderen für sechs Soldatenunterkünfte vorgesehen. Ihm wurden aber nur vier aufgebürdet. Stadtarchiv Potsdam 1-5/115. 56 Schock war gestattet, seinen Tabak mit einem Drittel bis ¼ „Straßburgischen oder holländischen Blättern zu melieren“. Diese wurden mit einem Groschen versteuert und weiter unten in der Akte als „Virginische Tobacksblätter“ bezeichnet. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 18.10.1737; 25.05.1743. Auf diese Akte beziehen sich, sofern nicht anders angegeben, die nachfolgenden Quellenangaben. 57 Schock hingegen beschäftige noch nicht einmal 30 Personen in seiner Fabrik. So das Gewerk in seiner Suplik. Ebd., 14.04.1740. 58 Dafür, dass die Produktion in der Uckermark mit der Nachfrage nicht Schritt halten konnte, spricht bereits das Schocksche Privileg, auch Importe steuerlich begünstigt beizumischen. 59 Vgl. Radtke, S. 181.
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Rappee‘ führte, nach Mecklenburg, Polen, Sachsen, Böhmen, sogar nach England und Dänemark versandt werden konnten.“60 Aus den Akten geht hingegen hervor, dass die Fabrik in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens einen Verlust von 2 000 Reichstalern anhäufte.61 Konkurrenten aus Potsdam, Brandenburg und dem Ausland machten Schock immer wieder seine Arbeiter abspenstig und eigneten sich so seine geheimen Rezepturen an. Besonders drückend empfand Schock die Konkurrenz der Gebrüder Schwarz aus Magdeburg, die dank niedriger Akzisesätze für Tabakblätter ihre Waren günstiger anbieten und auch höhere Löhne zahlen konnten.62 Obwohl zum Schnupfen gedacht und nicht für die Pfeife, ging 1742 nicht nur Schocks Tabak in Rauch auf, sondern gleich seine ganze Fabrik.63 Der Brand schlug mit 3 500 Reichstalern Feuerschaden zu Buche. Angeblich soll Schock den Wiederaufbau seines Unternehmens aus eigener Tasche bestritten haben.64 Diese Aussage scheint im Spiegel der Akten nicht nur wegen der erwähnten negativen Handelsbilanz der ersten Jahre mehr als fragwürdig sondern auch, weil Schock zumindest den Versuch antrat, staatliche Hilfen für den Wiederaufbau seiner Fabrik zu erlangen, wie seine auf den 08. Juli 1742 datierte Supplik beweist.65 Auch nach dem Brand liefen die Geschäfte in der an gleicher Stelle wieder aufgebauten Fabrik weniger glorreich als in der Literatur dargestellt. War Schock bis Mitte 1746 seinem innerstädtischen Konkurrenten Weißbach noch im Export überlegen, gewann dieser nicht nur auf dem lokalen Markt Jahr für Jahr Anteile hinzu, sondern dominierte nach und nach auch die Ausfuhr. In den nächsten drei Jahren kaufte Weißbach, der sich auf 60
Müller, S. 141. Die Verklärung des Basler Unternehmers zu einem „Helden des Merkantilismus“ ergibt sich bereits aus der noch zu Schocks Lebzeiten erfolgten Umbenennung dieses Straßenzuges in Schockstraße. So hieß sie bis es Mode wurde, Straßen die Namen von „Antifaschisten“ zu geben. 1945 wurde die Schockstraße in Hermann-Elflein-Straße umbenannt. Vgl. Arlt, S. 35. Schon der Réfugiésnachfahre hatte in seiner Stadtchronik die Grundlage zu dieser Mythenbildung gelegt. Dort heißt es noch relativ verhalten: „Samuel Schock aus Straßburg legte eine Tabakfabrik hier mit so großem Erfolge an, daß er seine Fabrikate selbst nach dem Auslande versandte.“ Stadtarchiv Potsdam, Chr. 6 Das Denkwürdigste aus der Geschichte der Residenz-Stadt Potsdam 1737–1837 – Oberbürgermeister Saint Paul, fol. 6. 61 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 18.07.1742. Hier drückte sicher noch der an Pasquay geleistete Schuldendienst auf die Bilanz. 62 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. b, Nr. 3, fol. 84. Erst 1747 wurde dieser Wettbewerbsnachteil behoben. 63 Schock bat am 08.07.1742 um Unterstützung beim Wiederaufbau seiner durch den Brand zerstörten Fabrik. 64 Müller, S. 141. 65 Daraufhin wurden Schocks Privilegien noch einmal verlängert und ausgeweitet. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 03.04.1744.
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Rauchtabak verlegt hatte, mehr als dreimal so viel Tabak an wie sein Schweizer Konkurrent.66 Selbst im Spiegel der Kolonielisten nahm sich die Bedeutung der Schockschen Tabakfabrik eher bescheiden aus. 1738 gehörten der Fabrik nur sechs Gesellen an.67 Darüber hinaus beschäftigte Schock noch eine Magd. Um 1745 waren es 16 Gesellen, davon zwei Franzosen sowie 19 Mägde, fünf davon Französinnen, aber insgesamt nicht einmal halb so viel, wie die zur Gründung anvisierten 100 Beschäftigten.68 1752 war die Belegschaft auf sieben Personen geschrumpft, zwei Gesellen und fünf Mägden, die allesamt keine Kolonisten waren. Im Jahr darauf bot die Fabrik Arbeit für drei Gesellen, einen Knecht und fünf Mägde. Die Neuankömmlinge kamen aus der Kolonie. Neben diesen neun zum Haushalt der Familie Schock gerechneten Personen wird die Fabrik noch über weitere Hilfskräfte verfügt haben, denn 1756 wurden an anderer Stelle 32 Arbeiter, darunter vier Hauptpersonen, zur Schockschen Tabakfabrik gezählt.69 1753 wurden die auslaufenden Privilegien für die Rappé-Fabrik noch einmal um zehn Jahre verlängert und damit der Aufbau konkurrierender Fabriken in ihrer Nähe weiter erschwert. 1765 ging die Fabrik in königlichen Besitz über. Schock stand ihr als Direktor vor. Auch am gesellschaftlichen Ansehen des enteigneten Unternehmers nagte der Zahn der Zeit. Die erste Familiengrablege der Schocks auf dem Bornstedter Friedhof, eine Nekropole, die vornehmlich Personen aus dem Umfeld des Hofes vorbehalten war, musste gegen eine Gruft auf dem Friedhof vor der Langen Brücke eingetauscht werden.70 Auch am Tabakgewerbe in der Französischen Kolonie wird die Problematik eines unterentwickelten Marktes greifbar. Der unternehmerische Erfolg des Baseler Fabrikanten gründete sich neben der zunehmenden Nach66
Ebd., 04.07.1749. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 50 ff. 68 In der Antwort auf Schocks Gesuch, in seinen Privilegien geschützt zu werden heißt es: „und durch diese Fabrique an die 100 Persohnen, nach beschaffenheit der Consumtion, ihr Brodt dabey nicht allein haben, sondern auch von auswärtigen Orthen, welche den Rappe, umb die kostbahre Fracht zu erspahren, von hier aus nehmen mögten“. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2968, 18.10.1737. 69 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2339, fol. 28. 70 Eine als Kleinkind am 07.09.1752 beigesetzte Tochter fand auf dem Bornstedter Friedhof ihre letzte Ruhestätte. Dort liegen auch der Hofprediger Leonard Cochius (1718–1779) und aus der Französischen Kolonie der Baumeister Pierre Gayette, die Hofräte Frédéric Maurice Bovet und Guillaume de Saint Paul sowie die Frau des Kammerdieners Paul Guy, Frederike Sophia Ulrich (1732–1798). Karlheinz Deisenroth, Märkische Grablege im höfischen Glanze. Der Bornstedter Friedhof zu Potsdam, Berlin 1997. Die am 13.05.1769 verstorbene Tochter Angelique Schock wurde in der Familiengruft auf dem Friedhof vor der Langen Brücke bestattet. AFrD, 6020, fol. 58; fol. 85. 67
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frage von Schnupftabak auf seine über Jahrzehnte durch Privilegien aufrechterhaltene Monopolstellung. 3. Die Lederfabriken in der Französischen Kolonie Weitaus weniger Akten wurden zu den Lederfabriken der Französischen Kolonie angehäuft. Dabei lief auch für sie nicht immer alles reibungslos. Die Schwierigkeiten der Lederfabrikanten in der Französischen Kolonie bestanden darin, Grundstücke für die Anlage von Lohscheunen zu erwerben. 1730 kaufte Theodore Didelot ein Stück Land auf dem Feld bei Neuendorf unweit der Glashütte auf dem Hakendamm zur Anlegung einer Lohscheune.71 Bei der 1739 erwähnten „Stampf-Mühle bey der Glashütte“, die nun den Schustern als Lohmühle diente, handelte es sich wohl um dasselbe Objekt.72 Die Lohmühle Didelots ging später in den Besitz des Lederfabrikanten Pierre Abraham Huguenel über.73 Sein Vater Abraham Pierre Huguenel kam 1761 aus Bischweiler bei Straßburg nach Potsdam, wo er zuerst bei einem deutschen Gebermeister arbeitete, bevor er um Unterstützung für seine Niederlassung bat.74 Seine in Potsdam geborenen Söhne Pierre Abraham und Jean Frederic wurden ebenfalls Gerbermeister. Als Pierre Abraham 1797 eine Lohmühle anlegen will, musste er sich nicht nur gegen den Widerstand der Windmüller, sondern auch gegen den des Schutzjuden Oppenheimer durchsetzen, der um die Beeinträchtigung seiner Weißwaren durch den Lohestaub fürchtete. Huguenel wusste jedoch das Lohgerbergewerk hinter sich, das den Bedarf einer neuen Lohmühle bestätigte.75 Die hohe Nachfrage an Lederwaren verhalf bereits 1793 dem im nahen Caputh ansässigen englischen Lederfabrikanten John Wallis zu einer Konzession für eine Sattelfabrik in Potsdam.76 Sein in Holland geborener Sohn John William errichtete wenig später auf eigene Kosten eine Fabrik in Potsdam. Gegen seine Konzession protestierte jedoch 1795 das Lohgerberge71
BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15328, 22.05.1730. BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15325, 10.02.1739. 73 Dies geht aus einer Beschwerde Huguenels gegen die Umzäunung des nahe seiner Lohscheune gelegenen Torfmagazins hervor. BLHA, Pr. Br. Rep. 2D, Nr. 15328, 30.06.1790. 74 Dabei dürfte Huguenels Ankündigung, in Kürze sein Erbteil von 3 000 Ecu anzutreten, sich positiv auf die Bewilligung seines Gesuchs ausgewirkt haben. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 21. 75 BHLA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3296, ohne Paginierung. 76 So gibt John Wallis 1802 in einer Bürgerrechtsangelegenheit vor dem Magistrat zu Protokoll, dass er vor neun Jahren von Caputh nach Potsdam gezogen sei. Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 37. 72
I. Die Französische Kolonie als Wirtschaftsfaktor
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werk, da Wallis das Gerben nicht gelernt habe. Ungeachtet dessen lobte der Steuerrat die Künste seines Vaters John Wallis über alle Maßen. „Obiges Geheimnis der engl. Leder Appretur ist so viel ich weiß jetzt nur in 2 Händen, wovon der Wallis der vorzüglichste ist, und wenn das Geheimnis verloren geht, so mag die Kunst der Arbeit alles thun, was sie will“. Dieses Geheimnis der Lederbearbeitung ließ sich John Wallis von seinem Gesellen Conrad Gleisberger und dessen Sohn auch für 400 Reichstaler teuer bezahlen.77 Weil sie die englische Lederappretur ins Land gebracht hätten, wurden die Lederfabrikanten John und John William Wallis in ihren Privilegien geschützt.78 Die Beschwerde des Lohgerbergewerks unter Federführung von Abraham Huguenel zeichnet ein völlig anderes Bild. John Williams „Kunstwörter von seiner Appretur, gehören nur für Leute, die hiervon keine Kentniß haben“.79 Vater und Sohn Wallis wären außerstande, Leder zu gerben und würden in ihren Fabriken nur fertiges Leder zurechtschneiden. Auf diese Weise habe der Vater bereits eine Fabrik in Schneidemühl und eine in Caputh zu Grunde gerichtet. Seine jetzige gehöre in Wirklichkeit dem Juden Marcus Hirsch. Anstatt aber das Leder von einem Lohgerber aus Potsdam zu beziehen, kaufe es die Familie Wallis in Berlin ein. Für Huguenel und seine Zunftgenossen bedeutete dies eine zusätzliche Minderung ihrer Einkünfte. Zwar war der Bedarf an strapazierfähigem Leder in der Garnisonstadt Potsdam hoch, doch deckte die Armee diesen andernorts, wenn sie im Feld war. Seit ihrer letzten Kampagne im Rheinland 1792 hätte sich die Nachfrage nicht wieder erholt. Lediglich fünf der 36 in Potsdam liegenden Kompanien würden noch von den Gewerksmeistern beliefert.80 Dennoch bescherte der hohe Bedarf an Leder den Fabrikanten Huguenel und Wallis stattliche Einkünfte, wie vor allem in der Zeit der französischen Besatzung ersichtlich wird, als Wallis zu den vermögenden Bürgern gezählt wird und Pierre Abraham Huguenel die Französische Gemeinde großzügig unterstützte.81 77
Stadtarchiv Potsdam 1-3/548, fol. 9. Stadtarchiv Potsdam 1-3/554, fol. 4. 79 GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. b, Nr. 16, ohne Paginierung. 80 Die Sicht der Lohgerber stützen Fabrikentabellen. Sie verzeichnen für die Lederfabriken ausgangs des 18. Jahrhunderts eine Steigerung der Produktivität, die kaum die Teuerung des Reichstalers überstiegen haben dürfte und schon gar nicht die Verdreifachung der Professionisten in diesem Segment kompensieren konnte. Dabei stand den Lohgerbern 1796 noch Schlimmeres bevor. Von 1795 bis 1799 halbierte sich der Wert des pro Arbeiter produzierten Leders ohne Inflationsausgleich. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. f, Nr. 9, fol. 111. 81 Sein Verdienst für die Gemeinde ist im Sterberegister vermerkt. AFrD, 6021. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2491. 1807 werden Pierre Abraham Huguenel und Wallis vom Bürgerkomitee vorgeladen, um eine „freiwillige“ Anleihe 78
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
Der wirtschaftlichen Entfaltung französischer Fabriken standen je nach Gewerbezweig unterschiedliche Hemmnisse im Weg. Neben der geringen Kapitalausstattung litten innovative Betriebe, wie an der Tapetenfabrik von Duquesne verdeutlicht, an nur unzureichend angepassten Absatz- oder, wie für die Tabakfabrik von Schock gezeigt, unterentwickelten Rohstoffmärkten. Innerhalb der Kolonie waren sie in Krisenzeiten auf sich allein gestellt. Ihr wirtschaftliches Überleben war daher durch Abhängigkeit von Konzessionen und Pensionen erkauft. Einzig die Lederfabriken der Französischen Kolonie schienen mit diesen Gegebenheiten gut zurechtzukommen, denn, von Konzessionen zur Anlage ihrer Fabriken abgesehen, sind keine Unterstützungen der Lederfabrikanten der Französischen Kolonie belegt. Die Lederfabriken bilden somit die Ausnahme in der wirtschaftlich labilen Französischen Kolonie. Sie lebten von der hohen Nachfrage der Armee und von der Qualität ihrer Waren, wenngleich auch hier die Konkurrenz der Berliner Märkte drohte. Solides Eigenkapital und die Einbindung in das Zunftwesen begrenzten wie im Fall der Lohgerberfamilie Huguenel die Abhängigkeit auf die Armeelieferungen. Welche Rolle spielten daher die Zünfte im Wirtschaftsleben der Französischen Kolonie? Das nachfolgende Unterkapitel fragt zunächst nach dem Grad der Einbindung französischer Meister in die Gewerke und nach etwaigen Konflikten, die ihre Aufnahme begleiteten.
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten „Ce qui vient l’arriver au dit Petitjean est deja arrivé à d’autres de nos Colonistes. Il n’y en a point qu’on ne chicanne sur leurs Etablissements. S’ils ont quelques procès contre un Allemand, à peine les écoute-t-on et si on les écoute, ce n’est que pour trainer l’affaire en longeur pour leur occasionner des gros fraise et les condamner enfin, quelque bon doit qu’il ayent.“82
Dieser Abschnitt widmet sich der Frage, wie eng die Verflechtungen zwischen Stadt und Kolonie auf dem Gebiet der Arbeitsbeziehungen waren. Im ersten Schritt wird die Kolonie zum Ausgangspunkt genommen und die Zuarbeiten des städtischen Umfeldes für die französischen Handwerker und Fabrikanten untersucht sowie die Rolle, die die Segregation bei der Ausbildung von Netzwerken spielte.83 Die Kolonielisten bis 1768 bilden hierbei die Quellenbasis. zur Versorgung der kasernierten französischen Soldaten zu geben. Huguenel gab 100 und Wallis 64 Reichstaler als Darlehen in die Stadtkasse. Stadtarchiv Potsdam 1-5/489, fol. 101 u. 114. Zur französischen Besatzungszeit vergleiche den Abschnitt G.III.3. 82 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2867, 06.06.1750.
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten
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Widerstände gegen die Inkorporierung französischer Meister gelten in der Forschung seit langem als typischer Konflikt, der die Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen begleitete. Bislang wurde dieses Thema jedoch allenfalls gestreift.84 Inwieweit auch die Französische Kolonie in Potsdam hiervon betroffen war, soll der Abschnitt F.II.2. klären. Hierzu wurden die Aufzeichnungen von 37 Potsdamer Gewerken ausgewertet. Streitfälle französischer Kolonisten mit den Potsdamer Zünften ordnen diesen Befund ein. 1. Die Arbeitsbeziehungen auf der Ebene der Kolonie Einen ersten Einblick zum kulturellen Austausch über Arbeitsbeziehungen zwischen Stadt und Kolonie gewähren die Kolonielisten. In ihnen wurden die bei einem Kolonisten beschäftigten Deutschen mitgezählt, was einen Vergleich zwischen deutschen und französischen Gesellen und Lehrlingen in der Kolonie erlaubt. Nach 1768 ändern sich die Kolonielisten. Alleinstehende Personen wurden nun als Haushaltsvorstände geführt, was die direkte Gegenüberstellung von französischen und deutschen Lehrjungen und Gesellen erschwert. Daher wird hier nur das Verhältnis zwischen deutschen und französischen Gesellen und Lehrlingen bis 1768 betrachtet. Der Einbruch der gewerblichen Entwicklung der Kolonie schlug sich auch in der Ausbildung der Gesellen und Lehrlinge nieder. Ihr Anteil hatte sich zu Beginn der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert schlagartig halbiert. Vergleichsweise hoch war der Prozentsatz der deutschen Lehrjungen in der Kolonie, der mit Ausnahme der Jahre 1736 und 1745 stets den der französischen Lehrjungen um ein Vielfaches überstieg. Dies trifft gerade auf die Jahre 1737 bis 1739 zu, als in der Kolonie beinahe ebensoviele deutsche Lehrjungen wie deutsche Gesellen Arbeit fanden. Hingegen 83 Auf die Verfahrensinnovation französischer Fabriken, die arbeitsteilig produzierten, indem sie Arbeitsschritte wie das Spinnen auslagerten, machte erstmals Jersch-Wenzel aufmerksam. Jersch-Wenzel, S. 81 ff. 84 Hier ist vor allem die Studie von Jersch-Wenzel über die wirtschaftlichen Leistungen der Franzosen und Juden in Brandenburg zu nennen und die Untersuchung von Schultz zum Berliner Handwerk. Während Jersch-Wenzel Konflikte hierüber nur andeutet, geht Schultz diese Frage nur von den Auseinandersetzungen um die Zusammenlegung französischer und deutscher Gewerke her an. Schultz, S. 114. Das Problem der Aufnahme französischer Meister nach Ablauf der Freimeisterschaft wird von ihr nicht thematisiert, ja es ist ihr noch nicht einmal als solches erkannt worden. Vgl. Schultz, S. 112: „Grundlage dessen war die Entscheidung, Zuwanderern im allgemeinen keine Freimeisterrechte zu gewähren, sondern ihnen den Eintritt in hauptstädtische Zünfte zu erleichtern. In diesem Sinne hatte schon der Große Kurfürst den seit 1685 heranströmenden französischen Glaubensflüchtlingen die kostenlose Aufnahme in die Zünfte zugesagt.“
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
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deutsche Lehrjungen französische Lehrjungen deutsche Gesellen französische Gesellen
30 25 20 15 10 5 0 1733
1735
1736
1737
1738
1739
1745
1752
1753
1756
1768
Abbildung 22: Deutsche und französische Gesellen und Lehrjungen in der Französischen Kolonie in Potsdam 1733–1768 im Vergleich
vermag, auf die erste Jahrhunderthälfte gesehen, die Zahl der deutschen Gesellen die der französischen nicht zu überflügeln. Um das Jahr 1745 hingegen verzeichneten die Kolonielisten nicht nur einen deutlichen Einbruch der Zahl der Kolonisten, sondern insbesondere auch der französischen Gesellen. Deren Arbeitskraft konnte offenbar durch deutsche Gesellen kompensiert werden, denn die Gesamtzahl der Gesellen und Lehrlinge verringerte sich von 1739 bis 1745 nur geringfügig. Stellten die französischen Gesellen in den 1730er Jahren noch die größte dieser vier Gruppen, war ihr Anteil nach 1745 nur noch marginal. Die Gruppe der französischen Gesellen war damit auch den größten Veränderungen im gewählten Zeitraum unterworfen. Der überproportionale Anteil deutscher Lehrjungen in den 1730er Jahren unterstreicht, dass es strukturelle Defizite auch in konjunkturell soliden Zeiten gab, und zwar demografischer Natur. Wie in Kapitel B.III.5. herausgearbeitet, litt die Potsdamer Kolonie an der Altersgruppe der bis 30jährigen und bis 40jährigen im Vergleich zu anderen Kolonien einen ausgesprochenen Mangel, so dass sich der geringe Anteil französischer gegenüber deutschen Lehrlingen in der Kolonie aus dem demografischen Schatten erklärt, den die fehlenden Familien dieser Altersgruppe warfen. In den 1730er Jahren pendelte der Anteil der Deutschen an den Gesellen und Lehrlingen zwischen einem und zwei Dritteln, um dann zu Beginn der
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten
233
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ca. vier Fünftel zu betragen. Nach 1753 sank ihr Anteil weiter auf zuletzt drei Fünftel ab, so dass die Deutschen in der Kolonie unter den Gesellen und Lehrlingen im Durchschnitt einen Anteil von beinahe zwei Dritteln besaßen. Der durchschnittliche Anteil der deutschen Gesellen und Lehrlingen in der Französischen Kolonie von 1733–1768 betrug 61 Prozent. Die Arbeitsbeziehungen zwischen Stadt und Kolonie komplettieren die in den Haushalten von Magistratsbürgern angestellten Kolonistinnen sowie die französischen Lehrjungen der Kolonie, die bei einem deutschen Meister lernten. Bei letzteren handelte es sich höchstens um ein oder zwei pro Kolonieliste, während die Zahl der außerhalb der Kolonie beschäftigten Demoisselles françaises nicht mehr als acht betrug.85 Die Kolonielisten verschleiern jedoch das tatsächliche Ausmaß an Kulturkontakten zwischen Stadt und Kolonie auf dem Feld der Arbeit, denn sie geben nur die einem Haushalt zuzurechnenden Personen wieder. Gerade für die Textilfabriken der Kolonie muss von einem sehr weitläufigen Geflecht von Arbeitsbeziehungen ausgegangen werden, wie das Beispiel der Tapetenfabrik von Jacques Duquesne verdeutlicht.86 Von 1741 bis 1747 stand das Geschäftsgebaren von Jacques Duquesne durchgängig unter Beobachtung des Steuerrats. Der Fabrikant hatte minutiös nachzuweisen, wofür er die ihm als Vorschuss gewährten 1 000 Reichstaler jährlich ausgab.87 So lässt sich ermitteln, wer für die Tapetenfabrik arbeitete und mit welchen Personen Duquesne geschäftlich verkehrte. Besonders das Jahr 1741 ist hierbei aufschlussreich, als neben den Gesellen 54 weitere Personen für Duquesne arbeiteten, wovon nur vier der Französischen Kolonie zuzurechnen waren. Bei den übrigen 50 Arbeits Leuth handelte es sich um einen Wollkämmer sowie Spinnerinnen, die die Fabrik mit Garn versorgten.88 Eine ähnlich große Zahl an Hilfskräften konnte bereits für die Cleransche Wollfabrik ermittelt werden.89 85 Nicht immer sind die Angaben der Kolonielisten aber so präzise wie für das Jahr 1768, als Mouzon als Lehrling beim Händler Rademacher geführt wurde und insgesamt fünf Französinnen bei Offizieren oder Geheimräten angestellt waren. 86 Vgl. Abschnitt F.I.2. 87 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, ohne Paginierung. 88 Bei den Kolonisten handelte es sich dabei um das Ehepaar Baral und Paul Guy mit seiner Tochter. Damit konnten weder Guy noch Baral in ihren erlernten Berufen arbeiten und mussten sich mit Zuliefererarbeiten als Wollkämmer und Färber über Wasser halten. Die Liste selbst ist undatiert, jedoch als Anlage zu einem Briefwechsel des Jahres 1741 zwischen Duquesne und dem Steuerrat Neubauer zu verstehen. Ebd. nach 07.08.1741. 89 Die übrigen Strumpfwirker und Etaminfabrikanten der Kolonie werden daher ebenfalls über eine Reihe von Hilfskräften verfügt haben.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
1741 erwarb Duquesne noch ein Großteil seiner Wolle in Berlin, was ihm zusätzliche Kosten verursachte.90 Auch den Vertrieb organisierte der Tapetenfabrikant über Berlin: Der Händler Samuel Simon und später „David Simon und Compagnie“ waren Käufer seiner Tischdecken. 1747 hingegen bezog Duquesne seine Wolle aus Satzkorn, über den Kolonisten Escoffier und über den ihm vis-a-vis wohnenden Amtmann Plümicke. Für 1741 lassen sich bei Duquesne Kontakte zu insgesamt zwölf Handwerkern und Händlern nachweisen. Von diesen wohnten vier im Holländischen Viertel. Geld lieh sich Duquesne vom Holländer Adrian den Ouden,91 Reparaturen an seinen Häusern ließ er durch den Maurermeister Medden ausführen, Fässer für seine Färberei fertigten ihm der Zimmerer Blom und der Zeugschmied Ungena. Letztere drei wohnten in derselben Straße wie Duquesne, nur ein bis sechs Häuser weiter. Wie Duquesne kamen auch sie aus den Niederlanden. Auch 1747 konnte Duquesne einen Teil seiner Geschäfte in seiner Nachbarschaft abwickeln. Als weiterer Holländer tauchte hier der Maurer von Sonsbeck auf. Darüber hinaus standen bei zweien seiner Kinder Duquesnes Nachbarn Theodor Baumann, Jeanne von der Lame und Magdelaine Hulsmann Pate.92 Privat und geschäftlich spielte Duquesnes Nachbarschaft eine tragende Rolle in seinem Leben. Damit suchte Duquesne bevorzugt Kontakt zu Kolonisten seiner Herkunft. Die Ansiedlung Duquesnes war in zweifacher Hinsicht segregiert, einmal als französischer Fabrikant und als Holländer im Holländischen Viertel. Diese zweifache Segregation konnte sich bei Duquesne auch bei der Ausbildung von Netzwerken entfalten, da diese im Kontext der Nachbarschaft geknüpft und nicht auf geografische Herkunft der Beteiligten begrenzt wurden. Die Arbeits- und Handelskontakte zwischen Stadt und Kolonie blieben nicht nur auf ungelernte Hilfskräfte sowie Lehrjungen und Gesellen beschränkt. Auch die französischen Fabrikanten unterhielten Arbeits- und Handelskontakte zu den Magistratsbürgern, die sie gerade innerhalb der Nachbarschaft ausbildeten. Auf dieser Ebene waren die Beziehungen französischer Kolonisten mit der übrigen Stadtbevölkerung vielfältig. Darf man 90 Als Adressen werden z. B. das Wollmagazin und Pierre Pomperas genannt, der vermutlich auch in Berlin beheimatet war. Transport- und Reisekosten, Akzise- und Waagegeld in Höhe von wenigstens zwei Reichstalern waren zu entrichten, wie bereits in Abschnitt F.I.1. vermerkt. Die Wolle wurde dann von den Spinnerinnen in Heimarbeit zu Garn versponnen. 91 Vgl. Abschnitt F.III.3. 92 Vgl. die Übersicht zu den Bewohner des Holländischen Viertels von Wendland, S. 121 ff. Bei Theodor und Magdelaine könnte es sich um Kinder der holländischen Kolonisten Boumann und Hülsmann handeln. AFrD, 6013, Nr. 191, Jean Duquesne, * 02.04.1741; Nr. 194, Jean Frederic Duquesne, * 15.10.1745.
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten
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gleiches bei den französischen Meistern und ihren Kontakten zu den Gewerksmeistern erwarten? 2. Die Aufnahme der Hugenotten in die Zünfte Als eines der Konfliktfelder bei der Aufnahme der Hugenotten in Brandenburg-Preußen wurde von der Forschung die Inkorporierung der französischen Meister in die Zünfte ausgemacht. Erschwerend kam für das Verhältnis von Einheimischen und Réfugiés hinzu, dass den Glaubensflüchtlingen nicht nur, wie anderen Kolonisten auch, das freie Meisterrecht zugestanden wurde93 und sie überdies Zugang zu bereits geschlossenen Gewerken erhielten,94 sondern sie z. B. in Potsdam bis zu 15 Jahre vom Zunftzwang befreit waren.95 So konnten französische Meister mit jeder Koloniegründung als Stachel ins Fleisch der ortsansässigen Innungen implantiert werden, um deren Einfluss auf das lokale Gewerbe zu schwächen. Wie aber das Beispiel Berlin zeigt, führte der Umweg über die Freimeisterschaft mitunter leichter zur Aufnahme in die Zünfte. Die französischen Meister schlossen sich hier zu eigenen Kooperationen zusammen, von denen die ersten zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit den deutschen Gewerken fusionierten.96 Dieser Prozess wurde von einer vermutlich 1704 gegründeten Kommission gegen den Widerstand französischer wie deutscher Innungen vorangetrieben. Unterschiedliche Arbeitsverfahren und Zunfttraditionen sowie Sprachbarrieren galt es dabei zu überwinden. Die Integration der französischen Kolonisten in die Zünfte war in Berlin bereits in vollem Gange, bevor im Koloniepatent von Potsdam die Freimeisterschaft wiederbelebt wurde. Mit der Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1810 verlor das Instrument der Freimeisterschaft endgültig seine Wirkung. Die im Gründungspatent von 1731 offerierte 15jährige Gewerbefreiheit sollte den zur Potsdamer Kolonie gehörenden Handwerkern den Aufbau von neuen Fabriken und Werkstätten erleichtern. Eine Aufnahme der französischen Freimeister in die Innungen ohne Gebühren und Prüfungen 93
Wie etwa im Koloniepatent für Potsdam. Desweiteren wurden etwa im Edikt zur Peuplierung des Landes vom 08.04.1764 den aus „fremden Landen in die Unsrigen sich begebenden bemittelten Personen und Manufacturiers [. . .] auch die ins Land zu ziehenden Professionisten und Hand-Arbeiter“ in §5, Art. 6 unter anderem das freie Bürger- und Meisterrecht zu gebilligt. Zitiert nach GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 127. 94 Vgl. das Koloniepatent für Stettin in Abschnitt B.I.1. 95 Mylius, 2. Abtheilung, hier Sp. 429 f. 96 Hierzu Schultz, S. 114: „Ohne große Probleme vereinigten sich offenbar im Jahre 1709 die Knopfmacher, 1712 die Schlosser und schließlich 1715 die Hutmacher beider Nationalitäten in Berlin.“
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
strebte das Patent von 1731 mittelfristig an. Doch die Realität sah anders aus. So „ist in keiner brandenburgisch-preußischen Kolonie ein Fall bekannt, daß irgendeine Zunft einen Franzosen freiwillig umsonst aufgenommen hätte“.97 Nach den Buchstaben des Koloniepatents von 1731 wäre zu erwarten, dass die Aufnahme der französischen Kolonisten in Potsdam in die Zünfte ab 1746, also nach Ablauf der 15 Jahre Freimeisterschaft, ihren Anfang nahm. Für hugenottische Meister gibt es in insgesamt zehn Potsdamer Gewerken Belege. 1737 lässt sich Henry Dufais im Hutmachergewerk nachweisen, 1746 Charles Grisal bei den Strumpfwirkern sowie 1750 Jacques Laborde bei den Schlossern.98 1748 erstritt sich Pierre Petitjean die Aufnahme als Seifensiedermeister.99 Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts kamen zu den hugenottischen Meistern der Steinmetz Jean François Calame, der Seidenwirker Etienne Bellair und die Perückenmacher Anton Joseph Duquesnay und Daniel Plantier hinzu.100 Als Kaufmann gehörte Daniel Philipp Villaret seit wenigstens 1770 der Materialistengilde an.101 Ende des 18. Jahrhunderts ergänzten der Mühlenmeister David Nevir sowie die Lohgerber Pierre Abraham Huguenel und Pierre Boissier den Kanon hugenottischer Meister in Potsdam,102 bevor 97 Jersch-Wenzel, S. 76 beruft sich hier auf Henri Tollin, Geschichtsblätter des Deutschen Hugenotten-Vereins, 5. Zehnt (1896), H. 7–9, S. 52 f. Dafür spricht auch der weiter unten als Präzedenzfall herangezogene Vergleich zweier Kolonisten mit dem Magdeburger Seifensiedergewerk, deren Aufnahme Pierre Petitjean als Argumentationshilfe für seine Klage benutzte. Vgl. hierzu den Abschnitt F.II.4. Auch hier fand eine Aufnahme nur gegen Gebühr statt. Stadtarchiv Potsdam, 1-12/172, fol. 1. 98 Dufais muss damals schon einige Zeit dem Gewerk angehört haben, denn er wurde 1737 als fünfter von insgesamt sieben Meistern geführt. Stadtarchiv Potsdam 1-12/84. Eine Aufstellung von 1746 rechnete Charles Grisal neben vier weiteren Meistern als zum Strumpf-Weber-Gewerk gehörend. Das Gewerk trat hier als Kläger gegen die Strumpfstricker auf. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 4200, 26.07. 1746. Eine Liste der Meister im Schlossergewerk von 1750 verzeichnet 21 Personen, als 12. „Jacob La Borde“. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2822. 99 Die Aufnahme Petitjeans ist im Meisterbuch der Seifensieder festgehalten. Stadtarchiv Potsdam 1-12/169, fol. 17. Mit diesem Fall beschäftigt sich der Abschnitt F.II.4. in aller Ausführlichkeit. 100 Im Zusammenhang mit der Aufnahme eines anderen Meisters wird erwähnt, dass Calame sen. und jun. bereits ihr Meisterstück „praestiert“ hätten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2872, 26.08.1765. Anlässlich der Vereinigung der Samt- und Seidenwirker zu einem Gewerk im Jahr 1768 heißt es, Bellair sei seit 17 Jahren Meister. Stadtarchiv Potsdam 1-12/152, fol. 23. Duquesnay und Plantier zählen zu den 13 Meistern, die 1769 zur Übergabe der Innungsprivilegien an das Perückenmachergewerk erschienen waren. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. c, Nr. 21. 101 Stadtarchiv Potsdam 1-3/104. 102 Stadtarchiv Potsdam 1-12/111. Nevir wurde 1798 in Potsdam als Mühlenmeister ins Gewerk aufgenommen, hatte aber bereits 1788 das Meisterrecht in Berlin gewonnen.
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten
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1805 mit dem Schneidermeister Friedrich Nicolas Dumas die letzte Aufnahme eines französischen Kolonisten im Untersuchungszeitraum bezeugt ist.103 Bei den Lohgerbern und den Seidenwirkern gelang es gleich mehreren französischen Kolonisten, in die Gewerke aufgenommen zu werden und dies sogar für mehrere Generationen. Dies galt insbesondere für die Familie Bellair.104 Demgegenüber ist in den übrigen 27 Gewerke für das 18. und frühe 19. Jahrhundert keine Mitgliedschaft von hugenottischen Meistern nachweisbar.105 Auch das Lehrlingsbuch, in das sämtliche Gewerksmeister ihre Lehrlinge einzuschreiben hatten, lässt von 1730 bis 1770 französische Kolonisten vermissen.106 Und wenn, wie einzig im Fall Johann Ludwig Boissier, ein französischer Geselle nachweislich auf Wanderschaft ging, bleibt offen, welche Stationen er auf seiner Walz ansteuerte.107 Insbesondere im Bauhandwerk konnten die Hugenotten schwer Fuß fassen. Dabei zählten Calame sen. u. jun. als Steinmetze schon zu den Ausnahmen, denn weder unter den Zimmerleuten, den Maurern noch bei den Tischlern waren französische Kolonisten vertreten. Damit blieb ihnen auch auf Meisterebene der Zugang zu im 18. Jahrhundert in Potsdam höchst lukrativen Berufen verwehrt, denn die königlichen Bauten sicherten diesen Handwerkern ein überdurchschnittlich gutes Auskommen.108 103 Bei seiner Eidesleistung vor dem Französischen Gericht gab Dumas an, vor kurzem das Meisterrecht im hiesigen Schneidergewerk gewonnen zu haben. BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 94. 104 Stadtarchiv Potsdam 1-12/157. 105 Diese Schlussfolgerung beruht auf einer Durchsicht sämtlicher im Stadtarchiv Potsdam unter den Reposituren 1-3 und 1-12 vorhandenen Gewerkssachen bis 1834. Bei den 27 Gewerken handelt es sich um die der Bäcker, Bader und Wundärzte, Bildhauer, Böttcher, Buchbinder, Gärtner, Glaser, Knopfmacher, Kupferschmiede, Pantoffelmacher, Posamentierer, Zinngießer, Sattler, Seiler, Schuhmacher, Maurer, Friseure, Zimmerer, Tabakspinner, Tischler, Zeug- und Garnweber, Weißgerber, Tuchscheerer, Garnweber sowie das der Huf- und Waffenschmiede. Einzig für die Kürschner und Kammacher stand nur ein Verzeichnis von 1834 zur Verfügung, dass die in der Lade befindlichen Lehr- und Geburtsbriefe und Taufscheine der Meister, Gesellen und Lehrlinge aufführt. Akten zu den Perückenmachern fehlen. Es ist aber ein Konzept des Innungsprivilegs „für teutsche und frantzösische Peruquen Macher der Stadt Potsdam“ von 1744 überliefert, dass nach Berliner Vorbild, etwa die Beschäftigung von Frauen als ungelernte Hilfskräfte nach Sitte der französischen Meister mit aufnimmt. Erst 1769 wurde das Privileg ausgefertigt. GStA PK, II. HA Generaldirektorium Abt. 14, Tit. 156, sect. c, Nr. 21. 106 Stadtarchiv Potsdam 1-3/47. 107 Stadtarchiv Potsdam 1-3/51, ohne Paginierung. Boissier wurde am 24.07.1772 geboren und begab sich 1788 auf Wanderschaft. 108 Zur Bedeutung der königlichen Bauten für die Wirtschaft der Stadt Potsdam, wie sie auch die Quellen immer wieder betonen vgl. Straubel, S. 17. u. 88 f.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
Allgemein war die Eingliederung der Potsdamer Hugenotten in die Zünfte nur sehr schwach ausgebildet, denn lediglich 17 französische Kolonisten waren in Potsdam nachweislich als Gewerksmeister eingeschrieben. In mindestens einem Fall wurde das Meisterrecht zuvor in Berlin gewonnen. In lediglich sechs Fällen lässt sich die Aufnahme eines französischen Kolonisten durch ein Potsdamer Gewerk tatsächlich belegen. Dabei enthüllt ein Blick auf die Berufsstruktur der Kolonie, dass gerade die großen Gewerbezweige wie der Textilsektor und die der die Jahrhundertmitte dominierenden Nahrungsproduzenten kaum eine Integration in die Zünfte bewerkstelligen konnten.109 Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts mehrten sich die Fälle der Inkorporierung Potsdamer Hugenotten in die Gewerke, zu einem Zeitpunkt, als das Gewerbe nur noch eine untergeordnete Rolle innerhalb der Kolonie spielte. Somit blieb diese Entwicklung auf die damals beinahe einzigen Handwerksberufe in der Kolonie, die Lohgerber und Seidenwirker, beschränkt. Damit setzte die Integration der Hugenotten in die Zünfte in Potsdam erst sehr spät ein, nämlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auf dieser Ebene waren die französischen Kolonisten äußerst schwach in die Potsdamer Gesellschaft eingebunden. Ob dieser Befund allein mit der im Kapitel F.I. herausgearbeiteten wirtschaftlich fragilen Ausgangslage des Gewerbes in der Französischen Kolonie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusammenhängt oder Streitigkeiten mit den Gewerken für die schleppende Aufnahme französischer Meister in die Zünfte verantwortlich sind, soll nun an drei Beispielen ergründet werden, wobei dem letzten wegen seiner Materialfülle ein eigener Abschnitt gewidmet ist. 3. Konflikte bei der Aufnahme französischer Meister in die Zünfte 1756 bat der Schlosser Jacques Laborde in einer Supplik um die Hilfe des Königs. Sein Sohn genieße seit einem Jahr das Bürgerrecht der Kolonie und habe in Berlin den Beruf des Lichtziehers erlernt, worüber er auch einen Lehrbrief vorweisen könne. In Potsdam wolle er nun eine Handlung für Kerzen und Seife eröffnen. Doch das Seifensiedergewerk habe für diese Konzession 900 Reichstaler verlangt und dem jungen Laborde noch mit auf den Weg mitgeben, „quand il Leur coutèroit 900 Risdalles quil ne setapblir a jamais et quil faut quil aille en france“.110 Laborde erhielt, obgleich im 109
Vgl. Abschnitt B.IV.4. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2754, 03.06.1756. Sinngemäß: Für seine Niederlassung müsse er 900 Reichstaler zahlen oder ansonsten nach Frankreich gehen. Der Vorname des Seifensieders Laborde ist in den Akten zur 110
II. Arbeitsbeziehungen französischer Kolonisten
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Recht, keine Unterstützung bei seiner Niederlassung, denn es wären derzeit bereits zehn Meister konzessioniert, um mit Kerzen und Seife Handel zu treiben. Eine weitere Konzession hierzu wäre nach Einschätzung des Potsdamer Magistrats für die Seifensieder nicht zu verkraften, da „viel Einwohner die zu ihrer eigenen Consumption benöthigte Lichte und Seiffe selbst gießen und sieden, so schon in ihrer Nahrung sehr vieles entgehet“.111 Im gleichen Atemzug sprachen die Gewerksmeister dem jungen Laborde noch ab, sein Handwerk zünftig gelernt zu haben, obwohl sein Lehrbrief das Gegenteil bewies. Zwar ging es in diesem Fall nicht um die Aufnahme in ein Gewerk, aber immerhin um die Niederlassung als Händler für Kerzen und Seife. Hier wird bereits die kompromisslose Haltung der Seifensieder deutlich, sich gegen Konkurrenten zu wehren. Pikanterweise war zu diesem Zeitpunkt bereits mit Pierre Petitjean ein französischer Kolonist selbst einer der Seifensiedermeister, der hier in seinem Privileg geschützt wurde und doch seinerzeit auf dem langen Weg zur Meisterschaft ganz Ähnliches wie Laborde erleben musste.112 Bevor die Seifensiedermeister das Wort haben, sei noch auf einen Konflikt um die Aufnahme eines Kolonisten in das Potsdamer Schustergewerk verwiesen. 1767 verwehrte das Schustergewerk dem aus der Pfalz nach Nowawes gezogenen Schustermeister Arnold Stilgenbauer die Aufnahme mit dem Hinweis, das Gewerk sei geschlossen. Wenn Stilgenbauer nicht in Potsdam in seinem Beruf arbeiten könne, zöge dieser es vor, in sein Land zurückzukehren, wie der Kolonierichter Saint Paul vermeldete, um mit schelmischen Unterton fortzufahren: „j’ose suplier très humblement Votre majesté de m’autoriser a pouvoir en ce cas lui faire expédier un Passeport.“113 Da dies den Intentionen eines wenige Jahre zuvor erlassenen Edikts zur Peuplierung des Landes widersprach, schallte nur sechs Wochen später aus dem Generaldirektorium als Antwort, dass der Supplikant sofort klaglos zu stellen sei.114 Damit liefert dieser Fall zugleich ein Beispiel dafür, wie landesherrliche Wirtschaftspolitik gegen den Widerstand der Zünfte durchgesetzt werden Französischen Gemeinde in Potsdam nicht überliefert. Der älteste in Potsdam geborene Sohn Michel Frédéric ist zu diesem Zeitpunkt erst 16 Jahre alt. 111 Ebd. 12.01.1756. 112 Vgl. F.II.4. 113 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 127. Auf Deutsch etwa: „wage ich unterthänigst seine Majestät zu bitten, mir zu erlauben, ihm in diesem Fall einen Pass ausstellen zu dürfen.“ 114 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 132.
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musste.115 Bereits der unermüdlich um die Peuplierung seines Landes bemühte Kurfürst Friedrich Wilhelm hatte mit der Freimeisterschaft für Réfugiés ein Instrumentarium zur Schwächung der Zünfte geschaffen, denen sein Enkel Friedrich Wilhelm I. mit den Generalprivilegien noch ein weiteres hinzufügte.116 Der Unmut gegen den obrigkeitlichen Zugriff scheint sich besonders im nächsten und letzten Beispiel Bahn zu brechen. Dieser Streit um die Meisterschaft ist außergewöhnlich detailliert dokumentiert und soll daher den Abschluss dieses Abschnittes bilden. 4. Der lange Weg des Pierre Petitjean ins Seifensiedergewerk Pierre Petitjean ließ sich 1742 in Potsdam nieder, übernahm das Haus seines Onkels in der Schuster Straße mitsamt den Schulden und versuchte mit seinen beiden Professionen, dem Kerzenziehen und dem Seifesieden, sich und seine Familie zu ernähren.117 Petitjean war auf beide Erwerbsquellen angewiesen, da er sonst weder die Schulden abtragen, noch die Einquartierungslasten, zu denen er als Hausbesitzer verpflichtet war, hätte bestreiten können. Die Kolonielisten und Kirchenbücher der Französischen Gemeinde führten Petitjean anfänglich nur als Chandelier.118 Nach einem Jahr erschienen im Gefolge vom Seifensiedermeister Johann Christoph Schumann mehrere Meister aus dem Potsdamer Seifensiedergewerk vor Pierre Petitjeans Tür und verlangten, dass, wenn er neben Kerzen auch Seife her115 Insbesondere in Potsdam wurden Wirtschaftsinteressen oftmals gegen die Interessen der Zünfte durchgesetzt. Vgl. Radtke, S. 67 u. 74. 116 Vgl. Abschnitt B.I. 117 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2867, 04.09.1745. Auf dieses Konvolut beziehen sich, sofern nicht anders vermerkt, die nachfolgenden Ausführungen. Die Datierung ergibt sich aus der Supplik Petitjeans vom 11.05.1746. Allerdings behauptet er hier, vor vier Jahren aus Frankreich nach Potsdam gekommen zu sein: GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 14, ohne Paginierung. In den Kolonielisten wird dieser Jean Petitjean als „chandelier“ verzeichnet. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 3. Er stirbt 1734 56jährig. AFrD, 6020, Nr. 35. Die Geschichte der Petitjeans in Potsdam beginnt mit dem Jahr 1723. Dies geht aus einer Quartierrolle von 1726 hervor, wo Jean als Bürger mit zwei Betten vorgesehen ist, also vier Soldaten bei sich aufnehmen sollte. Erst im dritten Jahr wurden Bürger in Potsdam zur Einquartierung von vier Soldaten herangezogen. Wie Abschnitt D.III.2. Mit dem Kredit seines Bruders war Petitjean Ende desselben Jahres in der Lage, ein zweites Haus an der Ecke der Schusterstraße zu kaufen, das dem Schneider Johann Lehmann gehört hatte. Die Erben zeigten sich mit dem Gebot Pierre Petitjeans von 370 Reichstalern einverstanden. 118 In der Kolonieliste von 1755 wird Pierre Petitjean erstmals als „Savonier“ geführt. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 75.
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stellen und verkaufen wolle, er sich zuvor in ihr Gewerk als ihr Mitmeister aufnehmen lassen müsse.119 Was für die Potsdamer Seifensieder selbstverständlich war, nämlich Kerzen und Seife zum Verkauf herzustellen, sollte Petitjean verwehrt bleiben. Es war ihm lediglich gestattet, mit Kerzen Handel zu treiben. Hierbei beriefen sich die Seifensieder auf die spezifische Berufsbezeichnung des Kolonisten: Lichtzieher. Dabei stellten Seifensieder auch Kerzen her, da für Kerzen und Seife Talg als gemeinsamer Rohstoff verarbeitet wurde. Dies drückte sich auch in der Nähe ihrer Werkstätten zu den Schlachtern aus. So befand sich das Schumannsche Haus in der Fleischer Straße. Wegen der großen Feuergefahr, die von dem erhitzten Fett ausging, lagen die Werkstätten der Seifensieder häufig am Stadtrand.120 Aber Pierre Petitjean war bereit, sich in das Seifensiedergewerk als Meister aufnehmen zu lassen, um weiterhin Kerzen und Seife herzustellen und diese auf den Märkten Potsdams verkaufen zu können. Er erschien daher vor dem Gewerk, um seine Aufnahme zu erwirken.121 Laut Statuten des Gewerks musste ein angehender Meister zuerst einen Lehrbrief vorweisen, aus dem hervorging, dass er nach den Regeln der Zunft drei Jahre als Geselle auf Wanderschaft war, um zur Meisterprüfung zugelassen zu werden.122 Einen solchen Lehrbrief besaß Petitjean als Angehöriger einer Französischen Kolonie nicht. Dabei fehlte es dem Lichtzieher keinesfalls an Erfahrung, hatte er doch schon in jungen Jahren das Handwerk bei seinem Vater gelernt und dem befreundeten Seifensiedermeister Westphal bei der Arbeit geholfen, ging dann für kurze Zeit nach Köpenick, um schließlich vier Jahre in Strasburg beim Seif- und Talgmagazin als Geselle zu arbeiten.123 Alles in allem eine hinreichende Qualifikation, zumal für eine Arbeit, die nach Meinung des Ratmann Semler so einfach sei, „daß sie alle alten Weiber können“.124 119
Petitjean erwähnte 1745 in seiner Supplik an den Kriegsrat eine zwei Jahre zurückliegende Zusammenkunft des Gewerks, die seiner möglichen Aufnahme gegolten habe. 120 Dass die Brandgefahr für diesen Gewerbezweig ein Thema war, wird auch an den Kosten für einen Feuereimer als Bestandteil der Aufnahmegebühren deutlich. Stadtarchiv Potsdam, 1-12/168, fol. 13. Im Zuge der Stadterweiterung rückten Fleischer- und Schusterstraße weiter ins Zentrum der Altstadt, lagen aber weiterhin strategisch günstig zwischen Havel und Stadtkanal. 121 29.12.1746. An dieser Stelle ist davon die Rede, dass die Zusammenkunft vor zwei Jahren stattgefunden habe. Demnach ersuchte Petitjean erstmals 1744 das Seifensiedergewerk um Aufnahme als Meister. 122 Stadtarchiv Potsdam, 1-12/166, fol. 2v. 123 So der Ratmann und Assessor des Seifensiedergewerks Semler in seinem Bericht vom 29.12.1746. Gemeint ist Strasburg in der Uckermark, wo es auch eine Französische Kolonie gab. 124 Ebd.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
Nachdem der Versuch, sich mit dem Gewerk gütlich zu einigen, am Veto zweier Meister gescheitert war, diese aber weiterhin Petitjeans Seifenverkauf missbilligten, wandte sich Pierre Petitjean mit einer Supplik an den Kriegsrat Neubauer: „Meine höchst dringende noth, hat mich Verursachet, solcher in tiefster Supmission an Ihro königl. Maystat allerunterthänigst vorzustellen [. . .] Betreffend dieselbe, so bin ich eines Refugirten Sohn auß Franckreich undt habe vor einigen Jahren, Meines Refugirten Vatters des ehemahligen Lichtziegers Peti Jeangs alhier in Potsdam nachgelaßenes Haus, mit Schulden erkauffet, [praestiere, S. K.] auch meine Bürgerliche Pflichten, und trage alle onera, nebst wie Einquartirende Soldaten. Da nun meine profession auch ein Lichtziher, und Seifen sieder bin, bey denen Franzosen aber, nicht gebräuchlich ist, daß ratione des Seifensiedenß lehrbrieffe ausgefertiget werden.“125
Petitjean verlieh seinem Standpunkt mit einem Dokument Nachdruck, aus dem hervorgeht, dass in Magdeburg bei einem ähnlich gelagerten Fall zwei französische Lichtzieher ohne Lehrbrief gegen eine Gebühr ins dortige Seifensiedergewerk aufgenommen wurden.126 Schumann und Hauschild wähnten dagegen nicht nur das Seifensiedergewerk, sondern auch alle übrigen Innungen im Lande hinter sich, wenn sie auf die buchstabengetreue Anwendung der Zunftregeln pochten. Dabei kam es in der Gesellschaft der Frühen Neuzeit immer wieder vor, dass Handwerker ihre Lehrzeit unterbrechen mussten, etwa um ihren Dienst als Soldaten abzuleisten und dann ohne Lehrbrief dastanden.127 Wie ist die Abwehrhaltung des Seifensiedergewerks zu erklären? Ähnlich wie Brauer mussten sich Seifensieder und Lichtzieher gegen Privatleute wie Pottaschbrenner behaupten. Jedermann konnte zu seinem eigenen Bedarf Kerzen und Seife herstellen, sofern er neben den Rohstoffen, die frei verkäuflich waren, einen Kessel und eine Feuerstelle besaß. Das 125
Ebd. 04.10.1745. Stadtarchiv Potsdam 1-12/172, fol. 10. 127 In solch eine Lage geriet auch der Grobschmied Crausen, den das Potsdamer Gewerk gegen die Zahlung von 12 Reichstalern in seiner Mitte aufnahm. Auch dieses Beispiel wurde in diesem Streitfall angesprochen und als Argumentationshilfe zitiert. Entsprechende Unterlagen des Schmiedegewerks aus dieser Zeit fehlen jedoch im Stadtarchiv Potsdam. Genau in den Fällen, wo ein Geselle seine Lehrzeit durch Dienst bei einer Herrschaft oder als Soldat unterbrechen musste, sah das Statut der Seifensieder eine teilweise Anrechnung dieser Dienstjahre vor. Diese Richtlinien gestatteten dem Gewerk gemäß Artikel 1 in Ausnahmefällen von den drei Wanderjahren abzusehen. Voraussetzung war aber die ehrenhafte Entlassung aus dem Dienst, der sogenannte „ehrliche Abschied“, den der Geselle vorweisen musste. Somit bliebe als Hinderungsgrund für Petitijeans Aufnahme nur das Fehlen eines Lehrbriefes oder eines vergleichbaren Dokuments, das belegen konnte, dass er sich während seiner Zeit als Geselle ehrenhaft verhalten habe. Vgl. die Statuen des Gewerks unter Stadtarchiv Potsdam, 1-12/166, fol. 2 f. 126
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Zunftprivileg zum Verkauf dieser Waren bedrohten vor allem Schlachter, die mit Rindertalg bereits über einen der Ausgangsstoffe verfügten.128 Dieser Sorge um die bürgerliche Nahrung unter den Seifensiedermeistern stand jedoch die große Nachfrage in einer Garnison- und Manufakturstadt wie Potsdam gegenüber. Nicht nur im Haushalt kam Seife zum Einsatz, sondern sie war ebenso unentbehrlich für die Gerber und ihre Lederappretur wie für die Tuchmacher, die sie beim Walken und Färben benötigten. Die Garnison und die von ihr abhängigen Gewerke schufen einen umfassenden Bedarf an Seife unterschiedlichster Qualitäten einerseits, und andererseits brachten sie die Seifensieder in ähnliche Abhängigkeit wie die Textilhandwerker.129 In diesem Lichte betrachtet, waren die Vorbehalte der Gewerksmeister entweder nur vorgeschoben oder eine Reaktion auf der zurückgehenden Nachfrage der während der Schlesischen Kriege abwesenden Garnison. 1748 schließlich schien sich das Blatt für Petitjean zu wenden. Das Seifensiedergewerk trat zu einer erneuten Sitzung zusammen, um einen Vergleich wegen seines fehlenden Lehrbriefes zu finden. Diese Versammlung leitete der Ratmann Semler als zuständiger Assessor.130 Einer blieb jedoch der Veranstaltung fern: Johann Christoph Schumann. Er war zum Stern spazieren geritten. Die übrigen Meister erklärten sich nach einigem Hin und Her doch bereit, Petitjean als Meister aufzunehmen. Hauschild hingegen verlangte 40 Reichstaler Gebühr für den fehlenden Lehrbrief, eine Summe, das wusste auch Hauschild, die Petitjean unmöglich auf der hohen Kante haben konnte. Man einigte sich auf 26 Reichstaler,131 denn schließlich profitiere das Gewerk auch von seiner Aufnahme. So könnten die Meister die 128 1762 verteidigte das Potsdamer Seifensiedergewerk dieses Vorrecht erfolgreich gegenüber einem Schlachter. Stadtarchiv Potsdam, 1-12/173, fol. 5–7. 129 Der Bedarf an Seife im Textilhandwerk wird allein schon aus der Schauordnung für Tuche aus dem Jahr 1723 ersichtlich. Hier werden die unterschiedlichen Qualitäten definiert und welche Arbeitsschritte ihrer Herstellung zu Grunde liegen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 829, fol. 5 ff. 130 Die Gewerke der Stadt Potsdam waren unter dem Magistrat aufgeteilt. So betreute jeder Ratmann oder Bürgermeister eine gewisse Anzahl von Innungen. Die Aufgabenverteilung des Magistrats geht aus den Rechnungen der Gewerkssportulen hervor, also Gebühren, die die Gewerke für diese Gewerbeaufsicht an ihren jeweiligen Assessor zu entrichten hatten. Die Aufteilung der Gewerke geht aus einer Aufstellung für 1752 hervor. Stadtarchiv Potsdam 1-6/1272, fol. 3 ff. Semmler beaufsichtigte in diesem Jahr neben den Seifensiedern die Töpfer, Zinngießer, Posamentierer, Nagelschmiede, Lohgerber, Buchbinder sowie Huf- und Waffenschmiede. Ebd., fol. 5. Die Zusammenkunft des Gewerkes ist u. a. durch das Protokollbuch der Seifensieder belegt. Stadtarchiv Potsdam 1-12/169, fol. 17. 131 Zum Vergleich: Etwas mehr, 45 Reichstaler im Jahr, bekam der Kantor der Französischen Gemeinde für seine Tätigkeit als Schulmeister. GStA PK, I. HA, Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, fol. 49.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
Lauge zum Seifesieden in Zukunft über Petitjean beziehen. Mit dieser dennoch unverhältnismäßig hohen Gebühr vermochte das Gewerk die Innungslade wieder zu füllen, denn die Rücklagen der Zunft waren zu der Zeit so gut wie aufgezehrt.132 Die Meisterprüfung sollte Petitjean in der Werkstatt von Langenhagen ablegen. Laut Statuten musste ein angehender Meister dazu „ein viertel Zentner ordinaire weiße Wasch Seiffe auch ein Pfund Venetianische Seiffe aus Baum Oehl gesotten, und acht Pfund Talchlichte mit Baumwollenen Dochten nach Hamburger Art verfertigen.“133 Da Petitjean sein Meisterstück ohne jeglichen Tadel anzufertigen verstand, trug ihn Semler am 29. Februar 1748 ins Meisterbuch ein.134 Das klingt nach Happy Ending, war in Wahrheit aber erst der Anfang. Nun behaupteten Schumann und Hauschild, die Aufnahme Petitjeans ins Gewerk geschah zu Unrecht. Niemand, der nicht ordentlich gelernt habe und also auch keinen Lehrbrief habe, könne Meister werden. Auf dem Berliner Markt kam es zu Tumulten, für die Potsdamer Märkte drohten die Querulanten, wie die Domänenkammer Schumann und Hauschild entnervt titulierte, mit Schlägereien. Auch der Potsdamer Magistrat, mit Ausnahme vom Ratmann Semler, begab sich auf die Seite von Schumann und Hauschild und verlangte die Streichung Petitjeans aus dem Meisterbuch. Plötz132
Hatte das Vermögen der Innung im Jahr 1744 noch über 29 Reichstaler betragen, schmolz es im Verlauf des Jahres 1748 von 13 auf nur noch einen Reichstaler, neun Groschen und neun Pfennige zusammen. Im wahrsten Sinne des Wortes wurde Petitjean über Gebühr geschröpft, denn für die Aufnahme eines zünftigen Gesellen als Mitmeister verlangte die Seifensiederinnung lediglich sechs Reichtaler, während die jährliche Gebühr für einen Meister 16 Groschen betrug. Stadtarchiv Potsdam, 1-12/168, fol. 12 f. 133 Stadtarchiv Potsdam, 1-12/166, fol. 3. Mit „Baum Oehl“ ist Olivenöl gemeint. Venezianische Seife zeichnet sich vor allem durch ihre hellweiße Farbe aus. Vgl. Krünitz, Artikel „Öhl“, Bd. 104, S. 442 sowie den Artikel „Venetianische Seife“, Bd. 204, S. 212 f. 134 Das bei der Aufnahme ins Gewerk sonst übliche Wachsgeld wurde Petitjean mit Hinweis auf seine „reformierte Religion“ zunächst erlassen. Stadtarchiv Potsdam, 1-12/169, fol. 17r. Hierbei handelt es sich um einen Obulus, der den lutherischen Gemeinden zugute kam. Dieser Brauch unterstreicht zudem, dass die Zünfte auch auf konfessionieller Ebene als Gemeinschaft angelegt waren. Vgl. die Ausführungen von Schultz zum religiösen Leben der Zünfte. Schultz, S. 52 ff., insbesondere S. 53 f. Dies machte die Aufnahme fremdkonfessioneller Meister zwar nicht unmöglich, aber auch nicht leichter. Konflikte um das Wachsgeld sollten durch eine Regelung unterbunden werden, dass Meister reformierter Religion anstatt mit dem Wachsgeld die diakonischen Aufgaben einer lutherischen Gemeinde zu unterstützen, Gelder an die Armenkasse einer deutsch-reformierten, bzw. Französischen Gemeinde abführten. AFrD, 5987, fol. 3. In die gleiche Richtung geht die „Verordnung über die Einziehung des sogenannten Wachsgeldes für die nicht zur lutherischen Gemeinde gehörenden Lehrjungen“ von 1751. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 115, fol. 1.
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lich argumentierten die Kläger, dass Petitjean gar kein Refugierter sei, sondern in Berlin geboren wäre, und daher den Gesetzen des Landes unterworfen sei wie alle anderen im Lande geborenen Untertanen. Doch da nun einmal der Name Petitjean im Meisterbuch der Seifensieder stand, war der Fall auch für die Domänenkammer abgeschlossen – der Fall Pierre Petitjean. Louis Petitjean, wie sein Bruder gebürtiger Berliner und Lichtzieher in Potsdam, zog aus den Streitereien mit den Seifensiedern den Schluss, vorerst keine Seife herzustellen.135 Lieber erwarb er die Seife bei seinem Bruder, der ja Maître du Savon (Seifensiedermeister) war, und verkaufte sie weiter. In der Kolonieliste von 1752 wurde er daher auch als Revendeur, als Händler, geführt.136 Doch Louis Petitjean hatte die Rechnung ohne die Herren Schumann und Hauschild gemacht. Diese akzeptierten nicht, dass er Seife verkaufte, die er nicht zuvor bei ihnen erstanden hatte und schickten ihm ohne Vorwarnung Policey-diener ins Haus, die seine Ware und sein Werkzeug beschlagnahmten, vorher noch alles kurz und klein schlugen, so dass die Seife unverkäuflich war. Louis Petitjean beschwerte sich beim Magistrat über dieses Vorgehen.137 Er habe die Seife schließlich bei einem Meister gekauft und könne sie daher wie jeder Händler und Ladeninhaber auch weiterverkaufen – doch ohne Erfolg. Der Beisitzer des Französischen Gerichts erschien daraufhin beim Bürgermeister Voß und wurde mit den Worten zurückgewiesen, das sei Sache der Policey und ginge sie, also die Kolonisten, nichts an. Das Französische Gericht wandte sich daraufhin am 06. Juni 1750 an die Domänenkammer: „Ce qui vient l’arriver au dit Petitjean est deja arrivé à d’autres de nos Colonistes. Il n’y en a point qu’on ne chicanne sur leurs Etablissements. S’ils ont quelques procès contre un Allemand, à peine les écoute-t-on et si on les écoute, ce n’est que pour trainer l’affaire en longeur pour leur occasionner des gros fraise et les condamner enfin, quelque bon doit qu’il ayent.“138
Obgleich die Domänenkammer in den kommenden vier Jahren zu keinem Ergebnis gelangte und das Französische Gericht immer wieder um Stellung135
Auch sein Streit mit den Potsdamer Seifensiedern ist in dem Aktenkonvolut zu Petitjean enthalten sowie in GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 14, 22.06.1750–04.05.1754. 136 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 62. 137 Louis Petitjeans Beschwerde datiert vom 22.06.1750, aber dieses Dokument liefert keinen Hinweis darauf, wann Beschlagnahmung und Verwüstung stattfanden. 138 Was Petitjean widerfahren sei, ist bereits anderen Kolonisten passiert. Überall würden sie schikaniert. Wenn sie einige Rechtsstreitigkeiten gegen einen Deutschen anstrengten, höre man sie kaum an, und wenn, dann nur, um die Angelegenheit in die Länge zu ziehen und ihnen so große Kosten zu verursachen.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
nahme bat, wurde das Verfahren 1754 eingestellt.139 Eine Entschädigung für die bei der Policey-aktion vernichteten Waren erhielt Louis Petitjean nicht. Sowohl bei Pierre als auch bei Louis Petitjean wird deutlich, dass französische Kolonisten nicht als hilflose Opfer einer starren Zunftordnung und nach Profit strebenden Meistern anzusehen sind. Gewerksmeister wie Freimeister spielten mit gezinkten Karten. Die Meister Schumann und Hausschild ignorierten Teile der Zunftordnung, während Pierre Petitjean sich als aus Frankreich stammend ausgab, weil er sich so eine Verbesserung seines Standpunktes erhoffte. Louis Petitjean hingegen unterlief die Beschränkung seines Handels auf Kerzen und Seife und bot in seinem Laden zusätzlich noch Kleinwaren feil, angeblich weil es in Berlin auch so üblich sei.140 Dieser Streit verweist auch auf das Vorurteil von dem verknöcherten Zunftsystem. Bei genauerer Betrachtung geht es aber nicht um die Verhinderung von Innovation, sondern um das Einzelinteresse, dass Schumann über die Innung durchzusetzen versuchte. Im Gegenteil wird deutlich, wie flexibel das Gewerk auf soziale Veränderungen des 18. Jahrhunderts reagieren konnte, wenn über Unterbrechungen der Lehrzeit, sogar über die in den Statuten hinausgehenden Ausnahmeregelungen, hinweggesehen wurde. Wieder einmal zeigt sich, dass Normen keinen Ist-Zustand abbilden, sie daher nicht mit der Lebenswirklichkeit gleichgesetzt werden dürfen. Die Seifensieder begriffen die Statuten sehr wohl als ihnen gewehrte Privilegien und nicht als Gesetze, denen es Artikel für Artikel zu folgen galt – anders, als die Verfechter des Paradigmas der innovationsfeindlichen Zünfte sowie Schumann und Hauschild glaubhaft machen wollen.141 Wie das Beispiel Stilgenbauer zeigt, bestand nicht nur für Hugenotten, sondern für Kolonisten im Allgemeinen deren privilegierte Stellung nur auf dem Papier und musste gegen den Widerstand der Zünfte durchgesetzt wer139 Da das Seifensiedergewerk ihn seitdem aber nicht weiter behelligte und ihn ungestört Seife und Kerzen verkaufen ließ, wurde die Klage letztendlich aufgehoben. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 14. 140 Der Magistrat untersagte ihm jedoch diesen Handel. Er müsse sich zuerst eine Konzession hierfür beschaffen. Um seine Zusatzeinnahmen geprellt, ging Louis Petitjean wieder zurück nach Berlin. 141 Als innovationsfeindlich wurden die Zünfte etwa von Jersch-Wenzel bezeichnet. Jersch-Wenzel, S. 180. Zu der Forschungsdebatte über die Rolle der Zünfte in der Frühen Neuzeit siehe insbesondere den Forschungsbericht von Reinhold Reith, Technische Innovationen im Handwerk der frühen Neuzeit? Traditionen, Probleme und Perspektiven der Forschung, in: Stadt und Handwerk in Mittelalter und früher Neuzeit, hgg. von Karl Heinrich Kaufhold und Wilfried Reininghaus, Köln, u. a. 2000, S. 21–60; sowie Heinz-Gerhard Haupt, Neue Wege zur Geschichte der Zünfte in Europa, in: Ders. (Hg.), Das Ende der Zünfte. Ein europäischer Vergleich, Göttingen 2002, S. 9–37.
III. Der Lebensstandard französischer Kolonisten
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den. Dies Beispiel verdeutlicht auch, dass die französischen Kolonisten in allgemeine Peuplierungsvorhaben einbezogen waren. Dass sich wie im Fall von Laborde die Seifensieder selbst gegen einen Gesellen mit ordentlichem Abschied wehrten, mag für die Abwehr eines Konkurrenten gelten, die insbesondere in diesem Gewerk ausgeprägt gewesen zu sein scheint, denn wie für Berlin herausgearbeitet, ergaben sich nur selten Probleme bei der Anerkennung von Lehrbriefen.142 Auch die Anpassung an die landestypische Zunftordnung bewahrte die Réfugiésnachfahren nicht vor Konflikten mit den Zünften. Gerade die Konflikte mit den Seifensiedern verdeutlichen, dass die Gewerksmeister die Sorge um ihre Nahrung umtrieb. Die Abwehr richtete sich nicht gegen die französischen Kolonisten selbst, sondern gegen einen schwachen Gegner. Zudem muss unterschieden werden, ob sich das gesamte Gewerk gegen die Aufnahme sperrte, oder nur einzelne Meister opponierten. Anders als für Berlin konnten Sprachprobleme für französische Kolonisten nicht als Hinderungsgrund für ihre Inkorporierung ausgemacht werden.143 Die Abhängigkeit der Potsdamer Wirtschaft von der Garnison wirkte sich in diesem Zusammenhang für die französischen Kolonisten doppelt negativ aus. Nicht nur die zunehmende Abwesenheit des Militärs als Konsument trübte das Geschäftsklima, sie verschärfte die Konkurrenzsituation zu den Gewerken, die sich umso entschiedener gegen die Aufnahme französischer Meister wehrten. Zudem lieferte das Zusammenfallen von Generalprivilegien mit dem Auslaufen der Freimeisterschaft zusätzlichen Zündstoff. Dies hemmte auf Jahrzehnte die Integration der Hugenotten in die Potsdamer Gewerke. Wie sich diese Faktoren auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der französischen Kolonisten auswirkten, soll im Folgenden ergründet werden.
III. Der Lebensstandard französischer Kolonisten „Nachstehende specificierte Sachen habe zum theil gewogen und specificiret als: 6 Leuchters, 1 Caffe Kanne, 1 Potage Löffel, 1 Suppenschaale mit Deckel, 1 feyerzeich, 2 Theetöpfe, 2 Becher, 1 Zuckerschachtel mit 12 theelöffeln, 2 Saltzfäßer, 1 Tabatjuer hat alles zusammen gewogen 18tt: 8 loth a 9R 166R,,12g, 1 alte goldene Uhr 50R, 1 Creutz mit einem Coulang 60R [. . .] Johann Christian Müller, Goldtschmidt.“144 142 Mit Ausnahme des Bau- und Textilhandwerks „blieb das Gesellenleben ein Durchgangsstadium.“ Schultz, S. 84. 143 Zur Sprachkompetenz französischer Handwerker in Potsdam vgl. den Abschnitt G.II. 144 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 12, 26.01.1743.
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
Als Bindeglied zwischen dem Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher und kultureller Ebene widmet sich dieser Abschnitt dem Lebensstandard der französischen Kolonisten. Die Ergebnisse der vorangehenden Abschnitte dieses Kapitels haben die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kolonisten bereits in ein wenig freundliches Licht getaucht. Ihren Gewerbeansiedlungen standen strukturelle Hemmnisse und die Abwehrreaktionen der Gewerke gegen die unzünftige Konkurrenz aus der Französischen Kolonie im Wege. Daher soll nun analysiert werden, inwieweit diese Widrigkeiten ins Privatleben der Kolonisten hineinragten. Zunächst soll die finanzielle Lage der Kolonisten skizziert werden, bevor der Frage nachgegangen wird, ob sie vermöge ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eher als Gläubiger oder als Kreditoren in Erscheinung treten konnten. Hierbei soll auch ergründet werden, welche Bedeutung das Netzwerk der Französischen Kolonie bei der Wahl der Geldgeber oder Schuldner spielte. Im Anschluss daran wird die Untersuchung zum Lebensstandard der Französischen Kolonisten zunächst am Beispiel zweier Haushaltsinventare vertieft, bevor sich der Abschnitt F.III.5. ihren Konsumgewohnheiten annimmt. 1. Die finanzielle Situation der französischen Kolonisten Die wirtschaftliche Entwicklung der Französischen Kolonien stand unter wachsamer Beobachtung der landesherrlichen Behörden. Der erste überlieferte Bericht zum Zustand der Französischen Kolonie in Potsdam vermerkt für 1739, dass es eine florierende Tabakfabrik gäbe. Darüber hinaus hielten sich mehrere Strumpffabriken und eine für Etamin.145 Das „Monitoring“ der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen wurde unter Friedrich II. verfeinert. Seit etwa 1745 wurden nicht nur jährliche Mitgliederlisten von den einzelnen Kolonierichtern angefordert,146 sondern auch sogenannte Récapitulations, also Zustandsberichte, die die Entwicklung der Kolonie gegenüber dem Vorjahr skizzierten. Neben messbaren Kriterien, wie der Zu- oder Abnahme der Kolonisten oder der Menge der in der Kolonie produzierten Wolle, gaben sie auch Raum für eine Einschätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Kolonie. Fiel die Beschreibung der Kolonie wenige Jahre nach ihrer Gründung noch vergleichsweise verheißungsvoll aus, häuften sich nach 1745 die Klagen über ein Erlahmen der Wirtschaftskraft einzelner Kolonisten sowie deren Weggang. 1745 beschrieben die französischen Richter ihre Potsdamer Kolonie als arm mit nur schwachem 145
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 48 f. 146 Auf Grund der in B.III.4. erwähnten Überlieferungslücke, lassen sich solche Récapitulations erst ab 1745 nachweisen.
III. Der Lebensstandard französischer Kolonisten
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Geschäftsleben.147 Es gäbe nur zwei Fabriken, die sich gut hielten: eine für Tabak und eine für Wolle. Der Richter der Potsdamer Kolonie begründete die Armut der Kolonie mit der Bequartierung der Soldaten zu der die Kolonisten mittlerweile verpflichtet seien. Daher waren sie dazu genötigt, „d’aller ailleurs chercher leur pain“.148 1746 sah das Französische Gericht die Probleme nicht in einem Mangel an Unterstützung begründet, sondern vielmehr in ihrem Übermaß. Großzügige Pensionen erlaubten es zwei Wollfabrikanten, sich statt ihrer Arbeit des Müßigganges zu befleißigen. Dabei könnten diese Unternehmer vielen französischen Gemeindegliedern, die auf Unterstützung durch die Armenkasse angewiesen seien, Arbeit bieten. Daher riet Chapat dazu, den Fabrikanten statt der Pensionen lieber einen einmaligen Vorschuss zu gewähren und einen Kommissar einzusetzen, der für das Gedeihen der Fabriken in der Kolonie sorge.149 Die vom Französischen Gericht ins Spiel gebrachten Gegenmaßnahmen fanden auf übergeordneter Ebene kein Gehör. Unterdessen verschärfte sich die Situation weiter. 1752 hieß es, die Kolonie sei ärmlich und der Handel läge brach.150 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert besserte sich der Zustand der Kolonie im Spiegel der Récapitulations nur unwesentlich. Deutlich wird dies an der Zahl der Webstühle, die von 29 im Jahr 1737 auf Null im Jahr 1768 sank. Weder konnten sich die Potsdamer Kolonisten darauf verlassen, dass sie nach dem Thronwechsel ihre bisher in Anspruch genommenen Privilegien weiterhin genießen konnten, noch, dass der neue König bürgerliche Lasten im gleichen Sinne definierte wie der alte. So wurden die französischen Kolonisten nach 1743 nicht nur zur Einquartierung von Soldaten herangezogen, sondern auch zur Zahlung der Feuerkassengelder, wogegen sie sich vergeblich wehrten. In dieser Auseinandersetzung machte der Kolonierich147 Begriffe wie „mediocre“ oder „pauvre“ wurden 1753 resp. 1752 zur Beschreibung des Zustands der Kolonie verwendet. Welche Kriterien dieser Bewertung zu Grunde liegen, entzieht sich leider der Kenntnis der Autorin. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 64 f.; 66 f. 148 „La pauvreté est cause de al diminution joint a cella que les colonistes sont obligés d’avoir soin des soldats ce qui les oblige d’aller ailleur chercher leur pain“. Ebd., fol. 59 f. 149 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 55 f. Gemeint waren wohl der Tapetenfabrikant Jacques Duquesne und die Witwe Lagrange, die 1746 mit 37 ½ bzw. 38 Reichstalern pro Quartal mit Abstand die höchsten Pensionen unter den Fabrikanten der Kolonie bezogen. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 8. 150 „La Colonie est pauvre Il n y a point de commerce.“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, fol. 66 f. Ähnliche Formulierungen finden sich in den Zustandsbeschreibungen für 1753 und 1745. Ebd., fol. 59 f.; 66 f.
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ter auf die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse der Hausbesitzer resp. zum Nießbrauch wohnenden aufmerksam, die es 27 von 30 nicht gestatteten, die geforderten Beiträge zu entrichten.151 Dennoch forderte der Potsdamer Magistrat von den Kolonisten die Zahlung der Gelder. Die Kolonisten könnten sich hier nicht auf ihre im Edikt von 1731 gewährten Freiheiten berufen, weil es sich bei den Feuerkassengeldern nicht um eine öffentliche Abgabe handele, sondern im Gegenteil ihnen als Hausbesitzer der Versicherungsschutz zugute käme. Die Kolonisten hielten dagegen, dass sie ihre Häuser nur Ususfruktus besaßen, worauf ihnen umgehend Schenkungsbriefe für ihre Wohnhäuser ausgestellt wurden.152 Wenn das Französische Koloniedepartement nicht auf die Vorschläge des Richters Chapat einging, wer konnte dann den Kapitalbedarf der Potsdamer Kolonisten decken? 2. Die französischen Kolonisten als Gläubiger und Kreditoren Ein Beispiel für hugenottisches Unternehmertum, dem wenig Erfolg beschieden war, ist die von sechs Schweizer Familien im Jahre 1732 gegründete und von dem Unternehmer Thomen geleitete Bandfabrik.153 Hierin hatte der Schweizer David D’Elbech ein Vermögen von 1 903 Reichstalern in den märkischen Sand gesetzt.154 Insgesamt lieh D’Elbech Thomen 3 106 Reichstaler und sechs Groschen über einen Zeitraum von zwei Jahren. Rund ein Drittel seiner Schuld vermochte Thomen durch den Verkauf von Bändern zwar abzutragen – er lieferte für sechs bis acht Regimenter155 – doch sah sich der mittlerweile in Schuldhaft genommene Bandfabrikant 1735 außer Stande, für die verbleibenden 2 256 Reichstaler aufzukommen, solange er und seine Frau noch in Arrest säßen.156 Damit D’Elbech seine Außenstände beim Posamentierer Huot begleichen konnte,157 nahm seine Frau eine Hypothek auf sein Haus in der Berliner Friedrichstadt auf. 151 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 51. 152 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 10, ohne Paginierung. 153 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 128. 154 Ebd., fol. 119 f. 155 Stadtarchiv 1-1/610, fol. 16. Und zwar seidene rote Haarbänder und schwarze Bänder für die Schweife der Pferde. 156 Ebd. fol. 7 f. 157 Es handelt sich bei dem Händler Huot um den Posamentierer Esaye Huot, der Anfang der 1720er Jahre nach Potsdam gekommen war. In den 1730er Jahren fehlt zwar der Name Huot in den Kolonielisten, doch engagierte sich Huot weiterhin in
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1735 drängte Huot D’Elbech zur Begleichung der Schulden, die Thomen bei ihm hatte und durch mehrere Wechsel beurkundet seien. D’Elbech wies die Forderung Huots formaljuristisch zurück, denn nicht das Französische Gericht in Potsdam sei in dieser Sache zuständig, sondern allein der Protektor der Kolonie, der er angehöre, der Hauptmann Polentz. Es handelte sich bei der Forderung um eine Summe von 1 050 Reichstalern, die Thomen als Kapital zum Ankauf von Rohseide zur Verfügung gestellt wurden, für die Huot D’Elbech haftbar machte. Bis auf 240 Reichstaler konnte D’Elbech den Kredit an Huot zurückzahlen, bis er sich 1737 in einer Supplik um Schadensersatz bemühte.158 Da Thomen seinen Vertrag nicht erfüllen konnte, wurden ihm 1740 seine Lieferungen wieder abgenommen. Denn er habe so wenig produziert wie niemand sonst, hieß es zur Begründung.159 Da von Thomen selbst keine Zahlungen mehr zu erwarten waren, weil dieser mittlerweile nach Altena geflüchtet war, wandte sich D’Elbech an die Domänenkammer.160 Schließlich habe er nur auf Geheiß des Ministers Boden gehandelt und nur das Wohl des Staates im Sinn gehabt, als er durch seine Kredite den Wegzug dieser sechs Schweizer Familien verhinderte. Zum einen seien andere, die ebenfalls in diese Fabrik investiert hätten, auch entschädigt worden. Zum anderen argumentierte D’Elbech, wären diejenigen, die Thomen entkommen ließen, haftbar zu machen. Wie der Prozess ausging, ist nicht überliefert. Hier setzte sich ein französischer Kolonist aus der Schweiz für Schweizer Kolonisten ein. Es ist ein frühes Beispiel für privatwirtschaftliches Engagement eines französischen Kolonisten in Potsdam. D’Elbech war als Kreditor wenig Glück beschieden und sein Einsatz wurde ihm nicht gelohnt. Er ist jedoch nicht das einzige Beispiel für kapitalkräftige französische Kolonisten aus dem Korps der officiers reformés in Potsdam. Hierzu können auch Dumas, der sein Vermögen aus seinen Verbindungen nach Frankreich schöpfte,161 und der Hauptmann de Senergues gezählt werden. Letzterer tritt in einem der Fälle als Gläubiger auf, denen wir uns nun nachfolgend zuwenden wollen, den französischen Kolonisten als Debitoren. Potsdam. So erklärte er sich auch 1736 bereit, drei Posamentierer in Potsdam anzusetzen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 03.07.1736. 158 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 119 f. 159 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2966, 20.03.1736. 160 Stadtarchiv Potsdam 1-1/610, fol. 2 ff. 161 Zu Dumas und seinen Transaktionen vergleiche neben dem nachfolgenden Abschnitt auch den Abschnitt G.III.1., der sich u. a. auch den Reisen Dumas’ nach Frankreich widmet.
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Am Beispiel einiger von Verschuldung betroffener Kolonisten wird deutlich, auf welches Netz von Bekanntschaften sie zurückgriffen, um sich Geld zu leihen. Im Falle von Pierre Gayette, auf den der nachfolgende Abschnitt noch ausführlich eingeht, zählten zu seinen Gläubigern Familienmitglieder wie sein Kind aus erster Ehe, dem er 843 Reichstaler schuldete, und seine Geschwister, denen er weitere 200 Reichstaler aus der Erbschaft seiner verstorbenen Mutter auszahlen musste. Auch von anderen Gemeindegliedern lieh er sich Geld: von dem pensionierten Hauptmann de Senergues 800 Reichstaler und von der Witwe Maurin ungefähr 150. Seinen Angestellten schuldete er etwa 180 Reichstaler, seinem Nachbarn Guthschmidt 50, dem Juden Samuel Joseph 1 117 Reichstaler und einer Erbengemeinschaft 600. Daneben gab es noch weitere Verpflichtungen von insgesamt 360 Reichstalern zuzüglich der Hypothek bei der Hofrätin Doberslow von 1 200 Reichstalern.162 Nicht immer aktivierten die von Verschuldung betroffenen französischen Kolonisten das Netzwerk der Französischen Kolonie, um ihren Geldbedarf zu decken. Duquesne bat stattdessen in seiner Nachbarschaft um Hilfe. So taucht hier neben dem Holländer den Ouden auch der Posamentierer Martin Dreylob als Debitor auf. Ihm überließ Duquesne neben Textilien und kupfernen Geräten eine silberne Taschenuhr und eine Stubenuhr für 55 Reichstaler.163 Als Kreditoren kamen, vor allem wenn es sich um größere Beträge handelte, die reformierten Offiziere der Französischen Kolonie in Betracht. Nachfolgend sollen an zwei besonders drastischen Beispielen die Ursachen und Auswirkungen von Verschuldung untersucht werden. 3. Das Haushaltsinventar von Pierre Gayette Dem eher unerfreulichem Ereignis eines Rechtsstreites verdanken wir heute die Chance, am Beispiel vom Baukapitän Pierre Gayette nicht nur etwas über das Leben von Hugenotten im frühen 18. Jahrhundert zu erfahren,164 sondern Einblick in die ökonomische Verfasstheit der Stadt Potsdam der 1730er und 1740er Jahre zu gewinnen. Den Hintergrund für diesen Streit lieferte eine Forderung aus dem Jahr 1742 in Höhe von 1 200 Reichstalern für einen Kredit samt Zinsen, den 162 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 12, 26.01.1743. 163 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 15.01.1748. 164 Zur Bedeutung Gayettes für die barocke Stadterweiterung Potsdams vgl. den Abschnitt D.II.1.
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ihm die Hofrätin Doberslow 1734 gewährt hatte. Die geforderte Summe hätte Gayette, der insgesamt mit 5 500 Reichstalern verschuldet war, nur durch Veräußerung eines seiner Häuser oder Ziegeleien aufbringen können. Dafür hätte er nach eigenen Angaben jedoch hohe Verluste in Kauf nehmen müssen. Familienschmuck und wertvoller Hausrat, der Doberslow einst als Sicherheit überlassen, wechselten so mangels Zahlungsfähigkeit den Besitzer. Gayette beklagte im Einzelnen den Verlust seines Silberservices, bestehend aus sechs Leuchtern, einer Kaffeekanne, einer Suppenschale mit Deckel und Suppenkelle, einem Feuerzeug, zwei Teetöpfen, zwei Bechern, einer Zuckerschachtel mit zwölf Teelöffeln, zwei Salzfässern sowie einer Tabaksdose. Daneben konnte die Doberslow nun noch Schmuck ihr eigen nennen, darunter eine goldene Uhr, ein Creutz mit [einem] Coulang, Ringe, Armbänder, Ohrringe, diverse Medaillen, eine davon von Friedrich Wilhelm I., deren Gesamtwert Gayette mit 800 Reichstalern bezifferte.165 An dieser Vermögensaufstellung ist vor allem das sogenannte Hugenottenkreuz bemerkenswert, was sich als Schmuckgegenstand hinter der Benennung Creuz mit Coulang verbirgt. Zur Zeit der Verfolgung der Hugenotten in Frankreich diente dieses Kreuz, dessen Ähnlichkeit mit dem HeiligGeist-Orden sicher nicht unbeabsichtigt ist, den Protestanten untereinander als Erkennungsmerkmal.166 Wie es jedoch um die Einstellung der ersten Hugenottengenerationen im Refuge zu diesem Symbol bestellt war, ob es hier überhaupt so früh getragen und wann es in Brandenburg wieder populär wurde, darüber haben wir derzeit nur wenig Kunde.167 Insofern ist dieser Schuldnerprozess sozialgeschichtlich höchst aufschlussreich. Wir wissen freilich nicht, ob die Familie nicht noch weitere, einfachere Hugenotten165 „Nachstehende specificierte Sachen habe zum theil gewogen und specificiret als: 6 Leuchters, 1 Caffe Kanne, 1 Potage Löffel, 1 Suppenschaale mit Deckel, 1 feyerzeich, 2 Theetöpfe, 2 Becher, 1 Zuckerschachtel mit 12 theelöffeln, 2 Saltzfäßer, 1 Tabatjuer hat alles zusammen gewogen 18tt: 8 loth a 9 R 166 R, 12 g, 1 alte goldene Uhr 50 R, 1 Creutz mit einem Coulang 60 R [. . .] Johann Christian Müller, Goldtschmidt.“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 12, 26.01.1743. 166 Die Entstehung dieses Zeichens ist bislang nicht ganz geklärt. Es wird einem katholischen Goldschmied aus Nîmes zugeschrieben, der es 1688 entworfen haben soll. Der Heilig-Geist-Orden wurde 1578 von Heinrich III. gestiftet und besteht wie das Hugenottenkreuz aus einem Malteserkreuz umgeben von Lilien. Nur prangt hier die Taube in der Kreuzmitte und hängt nicht von diesem herab wie bei dem Hugenottenkreuz. Vgl. Beneke/Ottomeyer, S. 225. 167 So soll es durch Pastor Joseph Chambon Ende der 1920er Jahre nach Potsdam gelangt sein. http://www.bb-evangelisch.de/extern/frz_reform_potsdam/MitteilungenTexte%20Links%20Buecher%20Hugenottenkreuz%20Hugenotten%20Meditation.htm (05.09.2007).
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kreuze ihr eigen nennen konnte. Dieses Kreuz scheint hingegen in seinem ideellen Wert dem übrigen Familienschmuck gleichgestellt zu sein, denn es wurde mit diesem zusammen als Sicherheit für einen Kredit übergeben – freilich nicht in der Erwartung, durch Pfändung der Gläubigerin in die Hände zu fallen. Dass dieses Hugenottenkreuz offenbar über die Grenzen der Französischen Gemeinde hinaus Mitte des 18. Jahrhunderts noch wenig bekannt war, wird aus der nüchternen Beschreibung des Goldschmieds der Gegenpartei deutlich, der mit dem Begriff Colombe (Taube) wenig anzufangen wusste. Gayette legte weiterhin seine finanziellen Verhältnisse offen. Minutiös gab er den Wert seiner Grundstücke, des Inventars seiner Ziegeleien und seines Hausrates an und stellte diesen Besitztümern seine Außenstände gegenüber. Die Auflistung von Gayettes Immobilien deutet auf eine wirtschaftlich angespannte Lage in Potsdam in der Mitte des 18. Jahrhunderts hin. Sein Stadthaus hatte er Anfang der 1720 Jahre noch für 8 000 Reichstaler erworben. Nun befürchtete er, es nur noch für 1 500 Reichstaler veräußern zu können, bestenfalls für 2 000.168 Dies entspricht einem Wertverlust von über 75 Prozent. Weniger dramatisch stellte sich dieser Verfall bei Objekten außerhalb Potsdams dar, was dafür spricht, dass der Rückgang der Immobilienpreise vor allem ein lokales Potsdamer Phänomen war und das Umland nicht im selben Ausmaß betraf. So konnte seine 1732 an seinen Bruder Daniel Gayette verpachtete Ziegelei in Werder auf 3 000 Reichstaler taxiert werden.169 Gayette hatte sie einst für 5 000 erworben, musste also nur einen Verlust von 40 Prozent hinnehmen. Die gleiche Kaufsumme hatte er für die nahegelegene Kreuzberger Ziegelei aufbringen müssen, die jetzt noch 4 000 Reichstaler wert war, also nur 20 Prozent an Wert eingebüßt hatte. Für ihren höheren Verkehrswert machte Gayette die Nähe zu den Lehmgruben verantwortlich. Gayettes Schulden standen nach dieser Rechnung Vermögenswerte gegenüber, die er für höchstens 14 506, schlimmstenfalls für 10 675 Reichstaler zu realisieren hoffte. 168 In den siebzehnzwanziger Jahren wohnte er in einem Haus in der Jägerstraße zwischen dem Damastmacher Willbrand und dem Obrist Leutnant von Kleist. „Für sich bauete er ein Gartenhaus von zwey Stockwerken, an welchem statt des obern mittlern Fensters, über der Eingangsthüre, ein sehr großer Sonnenzeiger angebracht wurde. Das Dach war auf mansardische Art, und oben mit einem Thürmchen, auf welchem eine Wetterfahne stand, verzieret. Es ist noch zwischen dem Jägerthore und dem Wege nach Sans Souci vom Brandenburgerthore aus, zu sehen.“ Manger, S. 15 f. 169 Dieser Hinweis ist dem Testament von Daniel Gayette entnommen. Stadtarchiv Potsdam 1-1/716, fol. 27. Im Streit mit der Hofrätin Doberslow ist 1742 die Rede davon, dass Gayette seinen Geschwistern das Erbteil seiner 1735 verstorbenen Mutter Elisabeth de Marville auszahlen musste. Ein Daniel blieb in diesem Zusammenhang unerwähnt. Für den Hinweis auf das Sterbejahr Elisabeth de Marvilles danke ich Friedrich Mager, München.
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Ungeachtet dessen, dass der Schuldner die Situation zu seinen Gunsten dramatisierte und den Wertverlust bewusst überzeichnete,170 zeigen sich an diesem Beispiel die verheerenden Auswirkungen der als starken Bau titulierten Stadterweiterung, die die Zahl der Häuser während der 17jährigen Regentschaft Friedrich Wilhelm I. verzehnfachte.171 Von dieser Entwicklung waren vor allem die ersten grundbesitzenden Hugenotten Potsdams betroffen. Geschönt hin oder her – was bleibt, ist vor allem der deutliche Unterschied zwischen dem Wertverlust von Immobilien in der Stadt und dem Umland, den zu betonen sicher nicht im eigentlichen Interesse des Schuldners lag. In der Auflistung von Material und Hausrat machten die gebrannten Ziegel mit etwa 56 Reichstalern den kleinsten Posten aus. Nicht aufgeführt wurden Haushaltsgegenstände von geringem Wert. Vermutlich bezifferte Gayette daher seinen Hausrat auf ca. 50 Reichstaler, so dass sich hierunter kein Einzelstück von besonderem Wert befand, was veräußert und durch ein schlichteres hätte ersetzt werden können. Dies deutet auf eher bescheidene Lebensumstände hin. An Außenständen verfügte Gayette über eine Zahlungsanweisung in Höhe von 9 826 Reichstalern über Bauaufträge in Potsdam, die der verstorbene König „avois fait payer“. Friedrich Wilhelm I. sah sich als der von Gayette Bestohlene und beglich diese Forderung nicht. Es lässt sich aus den überlieferten Quellen nicht herauslesen, worauf sich diese Anschuldigung gründet. 170 Laut Feuerkasse von 1726 wurde Gayettes Stadthaus auf 3 000 Reichstaler taxiert, dafür wären acht Reichstaler und dreizehn Groschen fällig gewesen, doch Gayette war von diesen Beiträgen befreit. 1728 waren bei gleichem Grundstückswert nur vier Reichstaler und neun Groschen zu zahlen, die Gayette auch entrichtete. Stadtarchiv Potsdam 1-2/51, Feuer Cassen Einnahme 1728, Nr. 203. Capit. Gayette. Dieser Grundstückswert im Feuerkassenregister muss jedoch nicht dem tatsächlichen Wert eines Objektes entsprochen haben, da der Hauseigentümer den Wert seines Hauses selbst schätzen konnte und dadurch den Versicherungsbetrag, der einen bestimmten Prozentsatz des Grundstückswertes betrug, quasi selbst festlegte: „der Zutrag der Feuer Societats Gelder auch gar nicht zu denen oneribus publicis, von welchen sonst die Colonisten eximiret, zu rechnen, indem ein solcher ex pacto voluntario der sämtlichen Städtischen Einwohner in der Chur Marck zum eigenen Besten der in der Feuer Societat befindlichen Interessenten, dergestalt bestehet, daß einem jedem frey bleibet, sein Hauß nach dem wahren Werth oder sonsten so niedrig einzusetzen, als ihm gut düncket“. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 10, 29.11.1743. Entweder für die Feuerkasse oder für den Rechtsstreit mit der Doberslow korrigierte Gayette den Wert seines Wohnhauses zu seinen Gunsten. 171 Aus der Literatur ist allenfalls etwas zu den steigenden Grundstückspreisen im ausgehenden 18. Jahrhundert und deren soziale Auswirkungen zu entnehmen. Straubel, S. 174 f.
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Dass sich auf dem Potsdamer Grundstücksmarkt auch Geld verdienen ließ, zeigt das Beispiel von David Dumas, der sich als sehr geschäftstüchtig im Immobilienhandel erwies. Im Jahr 1747 verkaufte er ein Haus an den Rektor Weber für 250 Reichstaler, das er selbst für 100 Reichstaler erworben habe. 1754 veräußerte Dumas für 1 750 Reichstaler zwei Häuser, die er einst für 350 Reichstaler erstanden hatte. Noch 1764 verkaufte er an den französischen Kolonisten Prêtre ein Haus für 1 100 Reichstaler, das er für 250 Reichstaler erworben hätte. Bei einem Objekt in Saarmund fuhr er hingegen 55 Reichstaler Verlust ein. Um wie Dumas vom Immobilienhandel zu profitieren oder zumindest den von ihm erhofften Wirtschaftsaufschwung zu erleben, verschied Gayette zu früh. Nachdem Gayette 1746 über den Französischen Etat eine Pension in Höhe von 15 Reichstalern pro Quartal bewilligt bekam,172 verstarb er im Jahr darauf im Alter von 67 Jahren, ohne seinen Kindern eine Erbschaft zu hinterlassen. Für ihren Unterhalt sorgte daher ihr Vormund, der Feldprediger und Generalkaplan der Garnisonkirche, Decker.173 Das tragische an diesem Fall ist, dass Gayette sich als Baumeister sein eigenes „Groschengrab“ schaufelte. Für den Wertverfall der Grundstücke in Potsdam war er als Architekt der sogenannten ersten barocken Stadterweiterung mitverantwortlich und hatte selbst dafür gesorgt, dass es im Potsdam der 1730er Jahre mehr Häuser als Bürgerstellen gab.174 Gesetzt den Fall, dass Gayette im Streit um die Baukosten im Recht war, hätte er gar nicht in diese missliche Lage geraten müssen, wäre ihm der König nicht die Vergütung seiner Aufträge schuldig geblieben. 4. Das Haushaltsinventar der Witwe Lagrange 1732 bescherte der Etaminfabrikant Paul Lagrange der jungen Potsdamer Kolonie einen Mitgliederzuwachs von 23 Personen, einem guten Sechstel 172 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4b, Nr. 9, 21.09.1746. Diese Pension ging nach seinem Tod mit Wirkung vom Quartal CrucisLucia 1747 an seine drei Söhne über. 173 BLHA, Br. Pr, Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2260, Gesuch des Feldprobstes Decker, 1752. Hierin fordert Decker noch einmal vergebens die Summe von 1 924 Reichstalern für Bauausführungen Gayettes am Rathaus und dem Schlachthaus. 174 Für diese Verwerfungen steht etwa der Leerstand im Holländischen Viertel, dessen Bauausführung Jan Bouman inne hatte. Noch 1742 gab es unter den 17 leerstehenden Holländerhäusern ganze 10, die seit ihrer Fertigstellung unbewohnt geblieben waren. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3305, fol. 26 f. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 67.
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aller Neuankömmlinge in diesem Jahr.175 Für einen Vorschuss von 600 Reichstalern aus der Manufakturkasse opferte der Zeugmacher seine gut gehende Fabrik in Berlin. Zudem stellte Friedrich Wilhelm I. ihm noch zwei neu erbaute Häuser bei den 18 Linden an der Plantage zur Verfügung176 und bewilligte Lagrange Aufträge für drei Regimenter sowie eine jährliche Pension von 200 Reichstalern.177 Damit lagen seine Bezüge deutlich über denen des Wollfabrikanten Cleran (60 Reichstaler) und reichten annähernd an die des Duquesne (300 Reichstaler) heran. Auch der in Aussicht gestellte Vorschuss überstieg der Cleran versprochenen Summe (100 Reichstaler) deutlich. Demnach hätten dies optimale Bedingungen für einen Neuanfang sein können: Kapital, um mehrere Webstühle anzuschaffen, Wolle und Garn anzukaufen und die Arbeiter bezahlen zu können. Die Regimentslieferungen versprachen zusätzlich eine gewisse Absatzgarantie. Ein Blick in die Kolonielisten offenbart jedoch, dass Lagrange seit 1733 nicht mehr als acht Webstühle unterhalten konnte. Auch sank die Zahl der Gesellen, die zu seiner Fabrik gerechnet wurden, von anfänglich 17 jedes Jahr kontinuierlich ab. Bereits 1737 zählten zu seinem Haushalt weder Gesellen noch Lehrlinge.178 Zu dieser Negativbilanz will die Beurteilung des Richters de Renouard über Lagrange und dessen Fabrik nicht passen. Hierin war 1735 die Rede von einem stetig wachsenden und den Vorstellungen des Königs mehr und mehr entsprechenden Unternehmen: „son Etablissement ne peut que s’accroitre, devenir plus solide, et repondre en peu d’annees de mieux en mieux aux favorables intentions de Votre Majeste.“179 Zudem bescheinigte de Renouard dem Textilfabrikanten einen integeren Lebenswandel, denn als Richter war er für das Gedeihen der Kolonie mitverantwortlich. Auch galt 175 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 4 f. 176 Heute „Platz der Einheit“. Vgl. Arlt, S. 55 f. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 51 f. Bis wenigstens 1747 wohnte die Witwe Lagrange in diesen beiden Häusern, die ihr seit 1745 eigentümlich gehörten. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3306, fol. 8, 09.11.1745. 1747 wollte sie dem Bandmacher Strahler aus Angst vor Diebstählen die Nutzung ihrer Hofdurchfahrt zu seiner Fabrik verweigern. Ihrem Gesuch wurde jedoch nicht stattgegeben. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3306, fol. 50–52. Zum Schenkungsbrief vgl. ebd., fol. 9 f. 177 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 32 f.; fol. 45. 178 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I. fol. 5–37. 179 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 32.
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es, den König mit diesem Gutachten zu bestätigen. Mit seinen Gunstbezeugungen gegenüber Lagrange habe er schon ein würdiges Subjekt getroffen. So konnte das Urteil letztlich nur positiv ausfallen und sollte zumindest eine leichte Aufwärtstendenz erkennen lassen. Dabei hätte sich eine derartig geförderte Fabrik wie die von Lagrange vorbildlich entwickeln müssen. Doch leider erwies sich das Versprechen des Königs, das Lagrange zum Umzug nach Potsdam bewogen hatte, bald als zu vollmundig: Bis 1735 empfingt Lagrange erst ein Drittel der in Aussicht gestellten Summe und musste sich noch bis 1738 gedulden, um den vollen Vorschuss zu erhalten. Die Freude darüber musste gleich getrübt gewesen sein, denn im selben Atemzug wurden jährlich 50 Reichstaler von Lagranges Pension zur Stundung des Vorschusses einbehalten.180 Allein aus diesen Zahlungsmodalitäten lässt sich der Niedergang der Etaminfabrik von Paul Lagrange jedoch nicht erklären. Nicht nur Lagrange, auch den übrigen Zeugmachern in der Kolonie und in Potsdam machte die wirtschaftliche Krise im Textilsektor Mitte des 18. Jahrhunderts zu schaffen, in deren Zuge im Zeitraum von höchstens sieben Jahren ein ganzer Berufszweig aus der Französischen Kolonie verschwand.181 Als Paul Lagrange 1741 39jährig starb, hinterließ er seiner Frau Anne Marie Hesse und seinen drei Töchtern einen Haufen Schulden, der sich aus Vorschüssen zur Poussierung seiner Fabrik angehäuft hatte.182 Bis dato waren von dem Darlehen in Höhe von 600 Reichstalern lediglich 162 ½ Reichstaler abgetragen. Da die Witwe Lagrange den Betrieb weiterführte, hatte sie auch Anspruch auf die Pension, die ihrem Mann zu Lebzeiten für sich, seine Familie und die Textilfabrik gewährt wurde, jedoch um den Anteil für ihren Mann gekürzt. Bevor ihre Pension auf 152 Reichstaler jährlich festgesetzt wurde, erhalten wir eine drastische Schilderung von dem ärmlichen Zustand der Familie, der offenbar schon über Jahre andauerte. Als Richter und Gerichtsdiener des Französischen Gerichts den Hausrat der Witwe Lagrange aufnahmen, jedes Schränkchen und jede Kommode inspizierten, ob sich irgendwo Werte fänden, die zur Deckung der Schulden herangezogen werden könnten, wurde das ganze Elend der Familie sichtbar. An Geschirr fanden sie aus Zinn lediglich Löffel, Becher sowie ein Salzfass, einige wenige Fayencen, wie einen Teller, eine Schale und eine 180
Ebd., fol. 53 f. So bekam Lagrange noch 1736 innerhalb der Kolonie Konkurrenz durch die Familie Baral. Vater und Sohn Baral verfügten zusammen über drei Webstühle. Die Kolonieliste von 1745 weist keinen einzigen Zeugmacher mehr auf. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. I, fol. 17 ff. 182 Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf folgendes Aktenstück: GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 44–74. 181
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Zuckerdose, und ein Kaffeeservice von etwas höherem Wert. Ansonsten herrschte irdenes Geschirr vor, zum Teil angeschlagen und insgesamt gerade einmal vier Reichstaler wert. Außerdem gab es im Hause drei Schreibtafeln, mehrere kleine Gipspuppen, Tafeln sowie einen Spiegel, dazu mehrere alte, zum Teil unvollständige, Gesangsbücher. Als wertvollstes Einzelstück besaß die Familie einen großen Tisch für 1 ½ Reichstaler, die übrigen Möbel waren zum Teil arg verwohnt und in den Kleiderschränken hingen lauter zerschlissene Kleider. Von der Fabrik übriggeblieben waren einzig zwei Kreponwebstühle,183 ein Spinnrad sowie Rahmen und Zubehör für den Webstuhl. Die überlieferte Inventarliste führte jeden Gegenstand auf, der einzeln oder paarweise wenigsten einen Groschen an Wert besaß. Richter und Beisitzer schätzten das gesamte Hab und Gut der Familie Lagrange auf nicht mehr als 50 Reichstaler. Der Blick in die Küche offenbart, dass im Hause Lagrange Tee oder Kaffee getrunken wurde. Die drei Schreibtafeln gehörten vermutlich den Kindern, ebenso wie die Gipspuppen. Die Witwe und ihre beiden ältesten Töchter waren in Korsetts gezwängt und trugen Reifrock, Schürze und Haube. Zwei Fächer vervollständigten ihre Garderobe. In den kommenden Jahren legte die Witwe Lagrange ein erhebliches Maß an unternehmerischen Ehrgeiz an den Tag, um sich und ihre Familie aus dieser misslichen Lage zu befreien. Da die Zahlungen in der Höhe aufrechterhalten wurden, konnte sich die Familie im Verlauf der 1740er Jahre wieder erholen, nicht zuletzt, weil ihr die Armeelieferung des François Dugard aus Berlin übertragen wurde.184 Auch scheute die Witwe nicht vor Tricks zurück. Heimlich verlegte sie ihr Unternehmen nach Berlin.185 Der genaue Zeitpunkt dieser Transaktion lässt sich zwar nicht ausmachen, doch gehörten bereits 1750 die beiden Häuser dem Buchbinder Finke.186 Ihr Vorgehen versuchte die Witwe Lagrange mit der Begründung zu rechtfertigen, dass ihr in Potsdam Arbeitskräfte fehlten, um die Armeeaufträge zu erfüllen. Der Erfolg scheint der geschäftstüchtigen Witwe Recht zu geben. Dank der weiter fließenden Pension und den Gewinnen, die ihr Betrieb in Berlin abwarf, konnte sie es sich 183 Bei Krepp oder Krepon handelt es sich um ein dem Etamin verwandtes Gewebe mit rauer Oberfläche. Vgl. die Schauordnung von 1723. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 829, fol. 5 ff., Nr. 28 f. 184 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 22, 01.12.1749. 185 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 25, 20.12.1752. 186 Dies geht auf einen Bleistifteintrag von unbekannter Hand zurück, wo diese Häuser dem Wilhelmsplatz 16 und 17 zugeordnet werden. Stadtarchiv Potsdam 1-5/109, fol. 14.
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sogar erlauben, in Potsdam eine Stube zu mieten. So wollte sie den Schein wahren, noch zur hiesigen Kolonie zu gehören, um sich den Geldsegen aus dem Französischen Ziviletat auch für die Zukunft zu sichern. Doch ihre Abwesenheit blieb nicht unbemerkt und man leitete eine Untersuchung gegen sie ein. Nun begann ein Spiel um die Pension, das sich über zwei Jahre hinziehen sollte. In dessen Verlauf wurde die Pensionszahlung zwischenzeitlich eingestellt, was die Lagrange nach einigem supplizieren schließlich dazu nötigte, zumindest vorübergehend wieder von Potsdam aus ihre Geschäfte zu leiten und nur gelegentlich nach Berlin zu reisen. Doch war sie das Hin und Her bald leid und versuchte ein weiteres Manöver: Sie sei in Folge ihres hohen Alters den dauernden Strapazen des vielen Reisens zwischen Berlin und Potsdam nicht mehr gewachsen und bitte daher, in Berlin wohnen bleiben zu dürfen, freilich mit Pension, denn dass die Pension speziell für die Ansiedlung und Etablierung einer Fabrik in Potsdam vorgesehen war, für dieses Argument stellte sich die Witwe taub. 1752 wurde daher die Pension der Witwe Lagrange eingestellt. Auch in Berlin hatte die Familie den einen oder anderen Schicksalsschlag zu verkraften. Nach längerer Krankheit der Mutter und einem Wohnungsbrand, der das komplette Mobiliar zerstörte, waren die verbliebenen zwei Töchter erneut in Armut geraten.187 Zwar garantierte ihnen die Lieferung für zwölf Regimenter im Auftrag des Kaufmanns Dugard weiterhin ein gewisses Auskommen, doch war es ihnen in dieser Situation nicht länger möglich, die Schulden zu bedienen, die 1765 bis auf 95 Reichstaler abgetragen waren. Daraufhin wurden ihnen die restlichen Verbindlichkeiten erlassen. Wie gut betucht die Familie Lagrange hätte sein können, legt die Verlustliste des Berliner Strumpfwirkers Antoine Novis nahe, der 1738 einige seiner Habseligkeiten bei einem Brand verlor. Nun zählten die Strumpfwirker zwar zu den „Spitzenverdienern“ unter den Textilarbeitern, doch überstieg bereits dieser dem Raub der Flammen zum Opfer gefallene Teil seines Hausrates den der Lagrange um ein Vierfaches, wenn man die in der Strumpffabrik gelagerte rohe und verarbeitete Wolle abzieht.188 Dieses Inventar lässt einen gewissen Wohlstand in Kleinigkeiten wie einem halben Dutzend vergoldeter Kaffeelöffel und zweier güldener Knöpfe erahnen, den der Strumpfwirker bei Gefahr wohl auch mit seinem Degen, im Wert von 187
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 11, 16.11.1765. Die Schwestern hatten damals weder Winterkleidung noch Holz zum Heizen für den nahenden Winter. 188 Der gesamte Schaden belief sich auf etwa 400 Reichstaler. Die Hälfte davon machten die Wolle, das Garn und die gestrickten Mützen aus. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 2, fol. 57.
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einem Reichstaler, verteidigt hätte. Mobiliar und Gerätschaften dieser Familie besaßen mehr als das Dreifache an Wert derer der Familie Lagrange.189 Weiterhin ist über Haushaltsinventare Potsdamer Kolonisten bekannt, dass allein die Möbel von David Dumas einen Wert von 100 Reichstalern besaßen,190 während der reformierte Offizier Mazel 1747 einen Hausrat im Wert von gut 62 Reichstalern hinterließ.191 Kleidung und Wäsche machten hier mit knapp 13 bzw. 17 ½ Reichstalern schon fast die Hälfte seines Hausrates aus. Darunter befanden sich mehrere Bettdecken im Wert von drei Reichstalern, fünf Hemden für insgesamt acht Reichstaler sowie ein kompletter blauer Anzug für sechs Reichstaler. Auch im Hause des Offiziers durfte ein Degen mit Gürtel (drei Reichstaler) nicht fehlen. Zierrat aus Gold suchen wir in diesem Inventar vergeblich. Die Küchenutensilien waren hier aus Zinn, Kupfer und Blei. Der Wert der Mazelschen Habseligkeiten ergab sich vielmehr aus ihrer Qualität und ihrem guten Zustand. In diesem Lichte betrachtet, werden die Auswirkungen des wirtschaftlichen Einbruchs bei den französischen Kolonisten am ehesten am Zustand ihres Hausrates deutlich. Reformierte Offiziere und Adlige trugen als Pensionäre kein unternehmerisches Risiko wie etwa die Textilfabrikanten Duquesne und Lagrange. Ihr Hausrat blieb daher von wirtschaftlichen Einbußen verschont. Die Ausführungen zum Lebensstandard beschließen Fragen nach dem Konsum in hugenottischen Haushalten. 5. Tafelfreuden Was die Dinge des täglichen Bedarfs anbelangte, konnten sich die in Potsdam wohnenden Hugenotten zumindest teilweise bei ihren „Landsleuten“ eindecken. Insbesondere werden sie ihr Brot bei dem Bäcker Delon 189 Zur Illustration seien hier angeführt: ein Strumpfwirkerstuhl für 15 Reichstaler, ein Schrank für 4 Reichstaler sowie ein Bett samt Bettzeug und Matratze zu 12 Reichstalern im Hause Novis, dem ein Kreponwirkstuhl für einen Reichstaler, ein zweitüriger Schrank zu einem Reichstaler und acht Groschen sowie ein Bett mit Zubehör für höchstens 3 Reichstaler im Hause Lagrange gegenüberstanden. Tendenziell dürfte Novis seinen Hausrat im Wert zu hoch angesetzt haben, während die Richter unter dem Eindruck des Unglücks der Witwe und ihrer drei Kinder deren Hab und Gut wohl eher als zu niedrig bewerteten. Denn schließlich galt es in einem Fall möglichst viel Schaden ersetzt zu bekommen, im anderen eine Zwangsversteigerung abzuwenden. Doch auch unter Berücksichtigung dieser gegensätzlichen Strategien, bleibt ein gravierender Wertunterschied zwischen beiden Hausraten bestehen. Dabei mag Novis trotz seiner fünf Wirkstühle eher als einfacher Strumpfwirker gelten, denn er wohnte zur Miete bei einem gewissen Michel Bollent. 190 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 62. 191 AFrD, 5984, fol. 79 ff.
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gekauft haben, obwohl dessen Backhaus in Schlossnähe für die meisten schon 15 Minuten Fußweg bedeutet hätte.192 Um die Jahrhundertmitte hätten sich die französischen Kolonisten überdies bei Daniel Philipp Villaret mit Galanterie und Materialwaren, aber auch mit Wein und Tabak versorgen können, mit Schnupftabak bei Samuel Schock und mit Kerzen und Seife bei Pierre Petitjean.193 Der Händler Jeremie Nevir bot Wein und Champagner feil und Jean Dumas Spezereien. Vom Grundnahrungsmittel Brot sowie Seife und Kerzen abgesehen, verlegten sich die französischen Kolonisten auf Artikel des gehobenen Konsums und zählten selbst zu dessen Abnehmern. So zählte zum Inventar Gayette eine silberne Tabatière, was auf den Konsum von Schnupftabak schließen lässt. Der Offizier Mazel bevorzugte hingegen eine Tabaksdose aus Blei.194 Als im 18. Jahrhundert das Schnupfen von Tabak in Adelskreisen Mode kam, umrankte es alsbald ein regelrechter Tabatièrenkult. Wer es sich leisten konnte, verwahrte seinen Schnupftabak in kostbaren Dosen aus Silber, Gold oder Porzellan. Verzierungen aus Perlmutt, Schildpatt oder Elfenbein untermalten die soziale Distinktion: „Man zückte die Tabatière – und konnte dabei das schmucke Stück ostentativ zur Schau stellen –, um eine Prise anzubieten und daraus selbst zu schnupfen. Wie man das mit formvollendeter Eleganz und Grazie zu tun hatte, gehörte zum aristokratischen Unterricht genauso wie das Tanzen, Fechten oder Reiten.“195
Ein besonders sprechendes Beispiel über die Konsumgewohnheiten von Hugenotten rührt aus einer Beschwerde des französischen Predigers Thomas Le Cointe her. Im konkreten Fall sah sich Le Cointe anlässlich der Heirat seiner Tochter zu Unrecht zur Steuer veranlagt, da er als Pastor von der 192 Dass Delon in erster Linie für die Kolone buk und wohl auch das Brot für die Abendmahlsfeiern der Französischen Gemeinde lieferte wird deutlich, als sich der französische Bäcker Jacques Mollet 1746 vergeblich um Niederlassung in Potsdam bemühte. Für zwei französische Bäcker sei in Potsdam kein Bedarf, hieß die Antwort des Richters Prevôt: „Als Bäcker wird er gewiß nicht hier fort kommen, denn wir haben schon einen, nehmlich den Delon, und wenn dieser schon von seinen Backen allein leben müße, würde er sehr übel dran seyn Ich sehe also nicht, daß wir an den Mollet eine große acquisition machen würden, wenn er ja hierher ziehen sollte.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2343, fol. 65. Für ein Abendmahl gab die Französische Gemeinde in den Anfangsjahren etwa neun Groschen aus. Ein Groschen entfiel dabei auf das Brot. AFrD, 6052, 11.07.1723 ff. Delon war also auf zusätzliche Kundschaft aus Stadt und Kolonie sowie auf Nebeneinkünfte angewiesen. 193 Vergleiche die Tabelle der in Potsdam angesetzten Kaufleute von 1751 in: BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 589. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 14, passim. 1760 war Villaret einer von 17 Weinhändlern in Potsdam. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3210. 194 AFrD, 5984, fol. 80. 195 Menninger, S. 304.
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Akzise auf Dinge des täglichen Bedarfs ausgenommen sei.196 Doch war weder damals noch heute eine Hochzeit ein alltägliches Ereignis, und so hatte auch Le Cointes Protest keinen Erfolg und wir dafür die einmalige Chance, einer solchen Feierlichkeit in einem französischen Pastorenhaushalt in Potsdam im Dezember 1731 beizuwohnen.197 Rund elf Reichstaler „pour la consomtion faire dans le mois de Décembre à l’occasion de la noce de ma fille“ sollte der Brautvater an Akzise nachzahlen.198 Das entsprach etwa zwei Dritteln seines Monatsgehaltes.199 Anhand der Taufbücher lässt sich rekonstruieren, wen wir anlässlich der Hochzeit im Haus des Pastors angetroffen haben könnten:200 Familienangehörige, wie die Großmutter Madeleine Lefrançois, dann Elisabeth und Pierre Le Cointe, Cousin und Cousine der Braut sowie deren Tante Madeleine. Aber auch die Nachbarn, das Ehepaar von Kleist sowie Pierre Gayette, in dessen Haus die Le Cointes wahrscheinlich wohnten.201 Als Hochzeitsgäste kommen weiterhin diejenigen Familien in Frage, die ihre Verbundenheit zu den Le Cointes als Taufpaten unter Beweis stellten, oder die Judith oder Thomas für ihre Kinder die Patenschaft antrugen: die Hutmacherfamilie Dufais, der Bandmacher Esaye Huot, die Combets, Simons und natürlich Arbeitskollegen wie der Pastor David Vattel aus Neuchâtel oder auch der Feldprediger Decker aus der Garnisonkirche, Daniel Villaume, Schulmeister der Potsdamer Französischen Gemeinde, und der Küster La Roche sowie die Gemeindeältesten, darunter sicherlich der Hoftapezierer und Bettenmacher Antoine Biette. Hinzu gesellten sich gewiss noch Freunde und Bekannte der Le Cointes aus Berlin202 und Brandenburg sowie 196 Anstelle einer Befreiung auf bestimmte Güter räumte man den Predigern später eine Pauschale von 20 Reichstalern Akzisefreiheit ein. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2132, „Was nachstehende Prediger, Schul-Bedienstete und deren Wittwen an Accise-Freyheiten anno 1765/66 genossen“. 197 Da Thomas Le Cointe und Judith Aman erst 1717 geheiratet haben, war die Braut entweder höchstens 14 Jahre alt, oder, was wahrscheinlicher ist, eine Tochter aus erster Ehe. Die Identität der Brautleute ist derzeit noch unklar, da die Heirat nicht in den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde zu Potsdam verzeichnet ist. AFrD, 6017. 198 Diese und die folgenden Ausführungen beziehen sich soweit nicht anders vermerkt auf: GStA PK, X. HA Pr. Br. Rep. 2A Sammelstelle, Nr. 106, ohne Paginierung. 199 Le Cointes Jahreseinkommen betrug 200 Reichstaler. 200 Vergleiche die Einträge im Taufregister zur Familie Le Cointe. AFrD, 6013, fol. 4, Nr. 2; Nr. 18; Nr. 30; sowie die Taufen, bei denen Judith Aman oder Thomas Le Cointe Pate standen. AFrD, 6013, Nr. 4; Nr. 25; Nr. 27. 201 In Potsdam wohnte Le Cointe erst im Haus des Baukapitäns Pierre Gayette. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2461, fol. 37. 202 Hier wäre einerseits an Jean Formey zu denken, zu dem Le Cointe seit mindestens einem Jahr einen Briefkontakt unterhielt. Staatsbibliothek zu Berlin PK,
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Freunde, Bekannte und Verwandte des Bräutigams. Vermutlich waren bis zu 83 Erwachsene anwesend.203 Darauf gibt eine ganz besondere Vorspeise Auskunft, die üblicherweise im halben Dutzend verzehrt wird: Austern. Gleich 500 Stück dieser Meeresfrucht verzeichnet die Steuerliste. Wenn man pro Person ein halbes Dutzend rechnet, heute die übliche Portion, so käme man auf annähernd 83 Austernesser. Zu Trinken gab es reichlich: Zwei Tonnen Bier, Brandenburger und Carteuser, drei Quart Branntwein sowie dreieinhalb Eimer Rheinwein. Das sind umgerechnet etwa 660 Liter Bier, 259 Liter Wein sowie 3,5 Liter Hochprozentiges. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Vergorenes damals vielleicht nur halb so alkoholreich wie heute war, so wäre dies für 83 Gäste immer noch eine letale Dosis. Sicher wurde daher nicht alles bis zur Neige getrunken, kamen mehr als die errechneten 83 Austernesser oder erstreckten sich die Feierlichkeiten auf mehrere Tage. Auf der Steuerliste fehlen leider Posten wie Obst oder Gemüse völlig. Denkbar wären hier der Jahreszeit entsprechend vor allem Äpfel und Kohl in allen Variationen. Auch haben wir mit Hühnern und Bratwürsten auch nicht unbedingt alles an Fleisch benannt, obwohl letztere gleich zu zwei Reichstalern gekauft wurden. Ferner wurden für umgerechnet ein Monatsgehalt Kaffee und Tee serviert.204 Dies entsprach nur einigen Pfund Gewicht. Die Ausgaben für diese Genussmittel hielten sich so mit denen für die Austern in etwa die Waage. Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, Le Cointe, fol. 1. Andererseits an etwa 50 Personen aus Berlin, die Le Cointe zu seiner Antrittspredigt in die Potsdamer Schlosskapelle einladen wollte. AFrD, 5984, fol. 7, wie B.I.3. 203 Friedrich Wilhelm I. hatte Familienfeiern für Bürger und Garnisonsangehörige stark einschränken wollen. Es ist allerdings die Frage, inwieweit sich die Hugenotten, die den König zwar als Kirchenoberhaupt anerkennen mussten aber andererseits auch ein eigenes Bürgerrecht besaßen, an jene für die Stadt Potsdam ausgegebene Vorschrift gebunden fühlten, in der es heißt: „Seine königl. Majestät in Preußen [. . .] laßen dero Potsdamsche Magistrat hierdurch in Gnaden wissen, auff was arth und weise es fort mehr hirselbst bey denen Hochzeiten, Kindtauffen und Begräbnißen, sowohl bey Soldaten als Bürgern gehalten werden soll. Bey den Hochzeiten sollen nicht mehr als folgende Persohnen gebethen werden; nemlich außer der Braut und dem Braeutigam, deren Väter und Mütter, deren Brüder und Schwestern und nicht mehr als 4 andere frembde Gäste keine Schwäger noch andere Verwandten sollen weiter gebethen werden. Es soll auch die Hochzeit nur einen Tag dauern, der 2te und 3te Tag aber gantz abgeschaffet seyn.“ BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2456, 31.07.1728. 204 Es ist auch nicht immer der Warenwert der einzelnen Positionen angegeben. Für die Fälle, wo dieser aber doch auftaucht, lässt sich mit Hilfe der darauf entfallenden Steuer ein Akzisesatz von vier Prozent für die meisten aufgeführten Lebensmittel ermitteln. Für Kleidung betrug dieser in etwa ein Prozent. Dadurch kann auch unter Vorbehalt für die übrigen Positionen der Steuerliste ein Kaufpreis angegeben werden.
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Mitte des 18. Jahrhunderts war der Konsum der Heißgetränke Kaffee und Tee nicht mehr der aristokratischen Gesellschaft vorbehalten, sondern zu einem prestigeträchtigen Genuss geworden, den sich die bürgerliche Mittelund Unterschicht zunehmend gönnte. Für das Reich hieß es 1743, dass der Kaffeekonsum „biß auf den Pöbel habe fortgepflanzt werden können. Gegenwärtig, da der Gebrauch dieses Getränckes bald aufs höchste getrieben zu seyn scheinet, wird man kaum ein mittelmäßiges Dorf finden, da sich kein Kaffee-Geräthe solte antreffen lassen.“205
Speziell das Großbürgertum labte sich an beiden Heißgetränken, wie Geschirrinventaren andeuten. Hier machte auch die Familie Gayette keine Ausnahme, die die beiden „bürgerlichen Wachmacher“ gediegen aus silbernem Service trank, während die Familie Lagrange Kaffee aus Zinngefäßen bevorzugte und sich damit, wie auch der reformierte Offizier Mazel, mehr in die Konsumgewohnheiten einfacher Handwerker einfügte.206 Gestiegene Importe ließen die Preise für Rohkaffee aus Java in Amsterdam zur Mitte des 18. Jahrhunderts um die Hälfte sinken und für ordinären Bohea Tee sogar um 79 Prozent. Im günstigsten Fall war das Kilogramm Tee schon für weniger als einen niederländischen Gulden zu haben.207 Den Doppelkonsum begünstigte in Potsdam der Umstand, dass beide Genussmittel annähernd den gleichen Preis hatten.208 Der Posten auf der Akziserechnung für umgerechnet 100 gelbe Wachslichte lässt erahnen, dass nicht nur zum Kaffee gedeckt wurde, sondern sich die Feierlichkeiten auch noch bis in die Abendstunden erstreckten. Von ihren Eltern bekam die Braut zwei Paar Schuhe, ein Paar Pantoffeln, goldgewirktes Band im Wert von vier Reichstalern, womit vielleicht das Kleid im Wert von 29 Reichstalern verziert war. Zusammen entsprach dies zwei Monatsgehältern des Brautvaters. Die Hochzeit dürfte die Brauteltern mindestens 265 Reichstaler gekostet haben, ca. 16 Monatsgehälter Le Cointes. Aus den vorliegenden Angaben lässt sich leider kein genauer Speiseplan ermitteln, denn auf Lebensmittel des täglichen Bedarfs mussten Geistliche 205
Menninger, S. 337. So hielt das Inventar eines Hufschmiedes aus Frankfurt am Main in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Kaffee- und Teekannen aus Zinn und Messing bereit. Menninger, S. 333. Im Mazelschen Inventar finden sich an Küchenutensilien neben einem zinnernen Teetopf drei kleine Teedosen, ein Teebrett und sechs Tassen, auch vier Kaffeekannen und eine Kaffeemühle. AFrD, 5984, fol. 80. 207 Menninger, S. 333. 208 Auf zwei Pfund Tee oder Kaffeebohnen lagen jeweils sechs Groschen Akzise, was vier Prozent des Handelspreises ausmachte. Der Monatslohn eines Textilhandwerkers ließe sich 1732 noch mit etwa vier Pfund Kaffee und oder Tee aufwiegen (12 ½ Reichstaler). 206
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zu der Zeit keine Verbrauchssteuer entrichten. Einem Prediger stand Akzisefreiheit bei den Konsumptibilien zu, welche er für sich und seine Familie benötigte, sie sich aber nicht auf diejenigen, welche die Pastoren für die „austeurung ihrer Kinder gebrauchen, extendiret, am allerwenigsten von fremden Wein, bier, Brandtwein, delicatessen und galanterien“. Offensichtlich zählten nach dem Verständnis Thomas Le Cointes auch Austern und Rotwein zu Grundnahrungsmitteln. Die Akzisebeamten folgten dieser Sicht jedoch nicht. Ob diese gar nicht „calvinistisch-nüchterne“ Hochzeitsfeier als „typisch französisch“ gelten kann, wird erst dann deutlich, wenn wir sie mit einer „deutschen“ Hochzeit vergleichen. Als Vergleich dient hier eine Hochzeit, die nur elf Jahre später gefeiert wurde. Der Gemahl namens Lowiesen war einer der sächsischen Leinweber, die in Potsdam ab den 1740er Jahren angesiedelt wurden.209 Die Aufzählung der Lebensmittel verspricht eher einfache, aber keinesfalls fleischarme, Genüsse: 60 Eier, Hirse, Weizen, Petersilienwurzel, Weißkohl, Pflaumen, Brot und Semmeln, reichlich Mehl, eine Zitrone, Butter, Milch, Gewürze. Dann wurde fleißig geschlachtet bzw. man ließ schlachten: Hühner, ein Schwein, ein Kalb. Hinzu kam noch ein Hirschbraten und weiteres Fleisch vom Schlachter, außerdem eine stattliche Menge Fisch. Insgesamt flossen hier 600 Liter Bier, 3 ½ Liter Korn und Branntwein, aber nur 60 Liter Wein. Das Ausstaffieren der Braut schlug mit knapp zehn Reichstalern zu Buche. Darin waren vier Reichstaler Traugeld sowie ein Reichstaler für „die Frau so geputz die Braut“ enthalten, daneben Reifrock und Korsett für rund vier Reichstaler. Diese Hochzeit kostete gute 90 Reichstaler. Wenn auch die Liste der französischen Hochzeit nicht vollständig ist, Grundnahrungsmittel wie Mehl, Backwaren oder Fische fehlen, werden dennoch einige Unterschiede deutlich. Auf beiden Hochzeiten wurde in etwa die gleiche Menge Bier konsumiert. Im Falle der Hochzeit von Le Cointe ließ man es extra aus Brandenburg kommen. Vielleicht hängt dies damit zusammen, dass die Familie Le Cointe aus Frankreich in die Stadt Brandenburg gelangte und der junge Le Cointe dort seine ersten Jahre als Prediger verlebte. Es ist also nicht auszuschließen, dass er dem Brandenburger Gerstensaft den Vorzug gab, zumal es um den Ruf des Potsdamer Bieres seinerzeit nicht zum Besten bestellt war.210 Auch mit Wein und Branntwein trank man auf beiden Feiern auf das Wohl der Brautleute. Tee und Kaffee wurden bei den sächsischen Kolonisten jedoch nicht gereicht. Dass 209 Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf folgende Akte im: Stadtarchiv Potsdam, 1-3/555, fol. 23v-24r. 210 Straubel, S. 114.
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dort auch keine Austern auf den Tisch kamen, mag wenig überraschen, gehörte diese Meeresfrucht doch eher zum Speiseplan adliger und großbürgerlicher Familien.211 Umgekehrt deutet im Haushalt Le Cointe nichts darauf hin, dass hier geschlachtet wurde. Die Bratwürste scheinen fertig gekauft worden zu sein. Bei den Webern kam neben einem Schwein auch gleich ein Kalb „unters Messer“. Als feineres Fleisch wurde Hirschbraten serviert. Hühner reichte man zu beiden Hochzeiten. Nicht vergessen werden darf, dass sich die sozialen Unterschiede, die zwischen den Brautpaaren der beiden Hochzeiten bestanden, auf die Speisen und Getränke auswirkten. Für die Leinweber kann ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 74 Reichstalern angenommen werden.212 Damit hätte auch diese Hochzeit ungefähr 16 Monatseinkünfte, in diesem Fall des Bräutigams, verschlungen. Als Pastorentochter war die Braut im ersten Beispiel materiell gut abgesichert und die Feierlichkeiten verkörpern einen gewissen Wohlstand. Auch stand Le Cointe die Möglichkeit offen, sich über die Gemeinde Geld zu leihen, während Lowiesen sich gerade erst in Potsdam etablierte. So war Wild hier schon der Gipfel der zumutbaren Köstlichkeiten, aber vielleicht wäre hier ohnehin niemand auf den Gedanken gekommen, rohe Muscheln zu schlürfen. Austern, Kaffee, Tee und die vierfache Menge an Rotwein bleiben somit die hervorstechendsten Unterschiede im Konsum, zumindest zu den besser gestellten Kreisen unter den Hugenotten. Neben sozialen Unterschieden mögen hier auch lebensweltliche Prägungen von Stadt und Land durchscheinen, ergänzend zu regionalen Färbungen des Speiseplans. So lag der Heimatort der Le Cointes, Elbeuf, nur eine Tagesreise von der Kanalküste entfernt. Obwohl Thomas wohl als Kleinkind den Norden Frankreichs verlassen musste, bezeichnete er sich bis ins hohe Alter stolz als Normand.213 Mit den Meeresfrüchten konnte Le Cointe also eindrucksvoll auf seine Herkunft hinweisen. 211 Als Speise der vornehmen Gesellschaft ist der Verzehr von Austern im Gemälde von Jean-François de Troy (1679–1752) „Le déjeuner d’huîtres“ 1735 festgehalten. Vom 17. Jahrhundert entwickelte sich der Export dieser Meeresfrucht ungebremst. Erst ab 1766 wurden Verordnungen zu ihrem Schutz erlassen. Ob und in welchem Umfang Austern am Hof Friedrich Wilhelm I. konsumiert wurden, geschweige denn, was überhaupt aufgetischt wurde, scheint bislang leider nicht im Interesse der Residenzenforschung zu liegen. Vgl. zuletzt Peter-Michael Hahn, Pracht und Selbstinszenierung. Die Hofhaltung Friedrich Wilhelm I. von Preußen, in: Friedrich Beck/Julius H. Schoeps, Der Soldatenkönig. Friedrich Wilhelm I. in seiner Zeit (= Brandenburgische historische Studien; 12), Potsdam 2003, S. 69–98. 212 Vgl. Straubel, S. 39 u. 154 f., der hier Berechnungen für das ausgehende 18. Jahrhundert anstellt. 213 So 1764 in seinem letzten erhaltenen Brief an Formey. Le Cointe hatte zu dieser Zeit bereits die 80 überschritten. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, Le Cointe, fol. 10.
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Spiegeln Steuerlisten den tatsächlichen Konsum wider, machen Inventare die Differenz zwischen langfristiger Konsumerwartung und momentaner Konsumbefriedigung deutlich. Vom Materialwert entspricht zwar das Kaffee- und Teegeschirr aus dem Hause Lagrange am ehesten dem von Mazel, einem reformierten Offizier mittlerer Besoldungsstufe. Auf die gesamten Habseligkeiten bezogen, könnte der Unterschied im Zustand beider Hausrate hingegen kaum größer sein.
IV. Zusammenfassung: Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf wirtschaftlicher Ebene Im Kapitel C. wurde bereits ein landesherrliches Interesse am Florieren der Residenzstadt Potsdam sichtbar, aber auch eine gewisse Diskrepanz zwischen den in Edikten und Patenten in Aussicht gestellten Vergünstigungen und dem Einlösen dieser Versprechen. Die im Vergleich zu Stettin und anderen Kolonien großzügige Unterstützung der Potsdamer Kolonie durch den Französischen Etat darf deshalb nicht vorschnell als Indiz für ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gelten. Dies bestätigen auch die Ergebnisse des Kapitels F. Die Förderung durch den Französischen Etat erfüllte nicht nur den Zweck, strukturelle Nachteile des Standorts Potsdam auszugleichen. Pensionen wurden gezielt als Instrument eingesetzt, die Kolonisten vor Ort zu halten. Ein Vergleich der wichtigsten Gewerbezweige der Potsdamer Kolonie machte deutlich, dass die Fabriken auf Grund ihrer geringen Kapitalausstattung und dem unterentwickelten Handel nur dann überlebensfähig waren, wenn sie durch Privilegien geschützt und durch jährliche Zuschüsse subventioniert wurden. Der wirtschaftlichen Entfaltung der französischen Fabriken stand ihre durch Pensionen konservierte Abhängigkeit im Wege. Wie der Vergleich der Werkstätten von Cleran und Duquesne zeigte, lastete auf den innovativen Betrieben zusätzlicher Druck, da der Handel auf ihre neuartigen Produkte nicht eingestellt war und sie umso mehr auf die Armee als Abnehmer angewiesen waren. Die Produktivität dieser Fabriken kann dabei als Gradmesser für die Abhängigkeit von den Armeelieferungen gelten. Aber selbst dort, wo wie bei der Schnupftabakfabrik auf Grund hoher Nachfrage günstige Vertriebswege eine innovative Produktionsstätte an den überregionalen Markt anbanden, machte dies ein solches Unternehmen noch nicht zwangsläufig profitabel, solange es mit den Gebrüdern Schwarz aus Magdeburg eine höher subventionierte Tabakfabrik gab. Eine Ausnahme waren die Lederfabriken. Sie konnten sich gegenüber ihrer innerstädtischen Konkurrenz behaupten, sei es durch die Qualität ihrer Waren oder die Einbindung in das Lohgerbergewerk.
IV. Zusammenfassung
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Innovative Unternehmensgründungen wie die Duquesnesche Tapetenfabrik hatten es auf Grund ihrer Spezialisierung besonders schwer, sich vermöge dieser strukturellen Gegebenheiten zu etablieren. Durch überzogene Kreditversprechen wurden vor allem unerfahrene Fabrikanten zur Ansiedlung nach Potsdam geworben. Duquesnes Tapetenfabrik ist ein typisches Beispiel dafür, welch hohe Erwartungen in hugenottische Handwerker gesetzt wurden. Bereitwillig gewährte man ihnen Beihilfen zum Aufbau größerer Betriebe, konnte sie letztendlich aber nicht einlösen. Weil zudem die Rahmenbedingungen nicht stimmten, also ausreichend Käufer oder Händler für die Waren fehlten, erwies sich so manche hugenottische Fabrik als Fehlinvestition. Das paradoxe Verhalten der Verwaltung verschärfte die Situation zusätzlich. Das Generaldirektorium vergab Konzessionen nicht als Verdienst für gute Qualität, um diesen Standard auch für die Zukunft zu sichern, sondern war im Gegenteil daran interessiert, diejenigen zu unterstützen, die sich wegen mangelnder Güte am Markt nicht behaupten konnten. Dies entlarvt einmal mehr die Künstlichkeit der Wirtschaftsförderung. So kamen und gingen im 18. Jahrhundert in der Französischen Kolonie in Potsdam viele Fabrikanten, gerade im Textilsektor. Beim Lederfabrikanten Wallis wird deutlich, wie schwer die Behörden angesichts hoher Spezialisierung unternehmerisches Geschick und die Tragfähigkeit einer Geschäftsidee taxieren konnten. Ebenso scheint die Bedeutung von einflussreichen Fürsprechern im brandenburgischen Verwaltungsapparat auf. Sein Landsmann Grosset habe Wallis wider alle ökonomische Vernunft vor Schuldhaft bewahrt und ihm zu einem Neuanfang in Caputh verholfen. Keinesfalls ist Patronage eine englische Eigenart, wie das Lohgerbergewerk Glauben machen will. Ihr Altmeister Huguenel wird, wie andere französischen Kolonisten auch, von hugenottischen Netzwerken profitiert haben. Die starke Orientierung auf Hof und Armee als Auftraggeber barg neben der Abhängigkeit von Lieferverträgen noch weitere ökonomische Risiken für die französischen Kolonisten. Wie die Fälle Lagrange und Gayette verdeutlichten, war die königliche Regierung nicht unbedingt die zuverlässigste, wenn es darum ging, versprochene Vorschüsse auszuzahlen oder Aufträge zu vergüten. So findet sich bei Gayette ein unbezahlter Auftrag, wo Friedrich Wilhelm I. seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkam. Der Aufbau der Lagrangeschen Fabrik wurde dadurch beeinträchtigt, dass Lagrange seinen Vorschuss nicht wie vereinbart auf einen Schlag, sondern in Raten ausgezahlt bekam, die die Manufakturkasse zum Teil sogar noch mit seiner Pension aus dem Französischen Etat verrechnete. Insbesondere Etaminfabrikanten wie die Familie Lagrange gerieten um die Jahrhundertmitte in eine schwere Absatzkrise. Als Resultat verschwand allmählich die
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F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
zweitgrößte Berufsgruppe unter den Textilhandwerkern der Französischen Kolonie aus Potsdam. Letztlich ging auch die Witwe Lagrange mit ihren beiden Töchtern nach Berlin, wo sie wieder Aufträge für ihre Fabrik bekam, versuchte aber der Pension wegen so lange wie möglich den Schein zu wahren, noch in Potsdam zu wohnen. Somit bestätigt auch die Familie Lagrange die Einschätzung von Straubel, dass die Französische Kolonie in Potsdam im Vergleich zu Berlin nur von nachgeordneter Bedeutung gewesen sei. Allerdings trägt dieses Urteil wenig zum Verständnis der Wirtschaftsprozesse der Potsdamer Kolonie bei, da es auf jede brandenburgische Kolonie anwendbar ist. Als völlig haltlos erwies sich hingegen die Behauptung von Radtke, der die Potsdamer Kolonie zu einem Wirtschaftsfaktor von Rang erhob. Dem widersprechen allein schon die Berichte des Französischen Gerichts. Nach anfänglich optimistischen Einschätzungen häuften sich zur Jahrhundertmitte Klagen über den ärmlichen Zustand der Kolonie. Die Richter mahnten Vorschüsse statt Pensionen an und empfahlen die Einsetzung eines Kommissars. Beide Vorschläge blieben unberücksichtigt, die Abhängigkeit der Kolonisten war offensichtlich gewollt. Die 1730er Jahre als Phase des Wachstums, zwei rentable Fabriken für Leder und eine für Hüte ausgangs des 18. Jahrhunderts machen aus der Französischen Kolonie in Potsdam noch keinen Wirtschaftsfaktor. Die Konsequenz aus der verspäteten Koloniegründung für die Wirtschaftskraft der Französischen Kolonie in Potsdam lautet daher, dass mehr Kolonisten nach Potsdam geworben wurden, die weniger gut als die „echten Réfugiés“ gelernt hatten, sich auf fremde Wirtschaftsbedingungen einzustellen.214 Dies erschwerte letztlich auch den Kulturtransfer, weil es viele Kolonisten zum Weggang zwang. Die, die blieben, konnten nur eingeschränkt am Wirtschaftsleben teilhaben. Die hohe berufliche Spezialisierung konnte den Kolonisten auch in anderer Hinsicht zum Nachteil gereichen. Sie erschwerte im vornherein eine arbeitsteilige Kooperation der französischen Meister in Potsdam nach dem Vorbild der Gewerksmeister. Aber auch der Aufnahme in die Zünfte stand sie oftmals im Wege. Die Integration in die Zünfte funktionierte in Berlin teilweise über einen Umweg, der sich im Vergleich zu Potsdam als eigentliche Abkürzung erwies. In Berlin konnte sich der segregierte Status der Freimeisterschaft für die französischen Meister tatsächlich in einen Vorteil verwandeln. Ihre Zahl war groß genug, dass eigene Interessensverbände 214 Der Gedanke von der mangelnden Anpassungsfähigkeit der Réfugiésnachfahren wurde von Jersch-Wenzel in die Diskussion eingebracht. Jersch-Wenzel, S. 177 f.
IV. Zusammenfassung
271
entstanden, die dann umso leichter in das deutsche Zunftsystem hinüberwechseln konnten. Diese Voraussetzungen waren auf Grund der Kleinheit der Kolonie für Potsdam nicht gegeben. Während zudem für die Mehrzahl der Berliner Kolonisten die Freimeisterschaft zu Beginn des 18. Jahrhunderts auslief, geschah dies in Potsdam durch die verspätete Koloniegründung erst zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Nicht nur, dass die ökonomischen Rahmenbedingungen sich in den fünfzig Jahren geändert hatten, das Auslaufen der Freimeisterschaft in Potsdam fiel in eine Phase, als durch die Generalprivilegien die Zünfte eine empfindliche Beschränkung ihrer Selbstverwaltung hinnehmen mussten. Die Aufnahme französischer Meister wurde durch die wirtschaftlichen Folgen der Schlesischen Kriege zusätzlich erschwert. Vor allem Seifensieder und Strumpfwirker waren von den Soldaten als Konsumenten abhängig und hatten in dieser Zeit Einbußen zu verkraften. Zu dieser Zeit hatten die französischen Meister in Potsdam noch vor sich, was in Berlin längst alltäglich war. Somit ließe sich als Ergebnis festhalten, dass der Kulturtransfer auf der Ebene der Zünfte in Potsdam erst mit deutlicher Verzögerung einsetzte und lange Zeit durch die wirtschaftlich angespannte Lage in der Garnisonstadt ab Mitte des 18. Jahrhunderts behindert wurde. Zusätzlich gaben die Zünfte den durch die Generalprivilegien auf sie ausgeübten Druck an die Kolonisten weiter. Als sich nach dem Siebenjährigen Krieg die Konjunktur wieder aufhellte, waren französische Kolonisten nur noch in einigen wenigen Gewerbezweigen aktiv. Doch fanden sie nun ihren Weg vom Lehrling über den wandernden Gesellen bis hin zum Gewerksmeister. In manchen Bereichen intensivierte der ökonomische Druck aber auch die Kontakte zwischen Stadt und Kolonie. So füllten deutsche Gesellen die Lücken, die die Abwanderung französischer Gesellen in der Französischen Kolonie nach 1745 gerissen hatte. Das Engagement von D’Elbech als Kapitalgeber einer Textilfabrik blieb die Ausnahme. Ansonsten traten innerhalb der Kolonie nur die reformierte Offiziere als Gläubiger bei Kleinkrediten hervor. Ihre Hilfsbedürftigkeit veranlasste die Kolonisten daher auch auf Netzwerke über die Kolonie hinaus zurückzugreifen, etwa das der Nachbarschaft. So intensivierte letztlich auch die stratifizierte Ansiedlung französischer Kolonisten die Kulturkontakte zwischen Magistrats- und Koloniebürgern. Haushaltsinventare und Steuerlisten spiegeln nicht nur wirtschaftliche Verhältnisse wider, sondern auch Konsumverhalten und kulturelle Besonderheiten. Im Inventar von Gayette trat mit dem Hugenottenkreuz der deutlichste Beleg in diesen Quellen für ein Festhalten an der französischen Tradition zu tage – allerdings auch in einer sehr bezeichnenden Gleichbehandlung mit dem Familienschmuck. Hier erscheint das Hugenottenkreuz seltsam prosaisch, seiner Funktion als Erkennungszeichen während der Ver-
272
F. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie
folgung nun im sicheren Refuge entkleidet und ein Wertgegenstand wie Ringe oder Armreifen. Bei der Familie Lagrange wird hingegen die französische Herkunft allenfalls im Namen deutlich. Sie erscheint als ein typisches Beispiel für die zweite Generation französischer Handwerker in Brandenburg-Preußen. Mit einem Landeskind verheiratet, suchte Paul Lagrange die Vorteile einer Französischen Kolonie. Im Falle Lagrange ergibt sich die seltene Gelegenheit, ein komplettes Haushaltsinventar vor Augen geführt zu bekommen bis hin zum letzten zerschlissenen Schnupftuch. Sofern aber das Mobiliar Spuren einer französischen Herkunft aufweist, haben Richter und Gerichtsdiener sie nicht notiert. Sie zeigten sich vorrangig am Wert des Mobiliars interessiert und gerade noch an Form, Zustand und Material. Aus sozialgeschichtlicher Perspektive ist weiterhin interessant, dass an Büchern nur Gesangsbücher vorhanden waren. Als ein typischer Vertreter seiner Generation und sozialen Schicht kann schließlich auch Le Cointe gelten. Seine Partnerin hatte er einst aus einer Berliner Hugenottenfamilie gewählt. Die Französische Sprache war für seinen Beruf geradezu existentiell, so dass auch Vorlieben für das Französische im Konsum hier nicht überraschen. Als zur Kolonieoligarchie gehörend, standen Le Cointe alle Möglichkeiten offen, anlässlich der Heirat seiner Tochter einen französischen „Savoir-vivre“ zur Schau zu stellen. Die Hochzeit als standesgemäße Repräsentation steht so im deutlichen Widerspruch zu Heiratsvorschriften Friedrich Wilhelm I., die die Untertanen zur Mäßigung anhielten. Dabei bleibt nicht nur zu fragen, inwieweit sich Französisch-Reformierte, sondern Potsdamer allgemein an diese Auflagen gebunden fühlten, zumal im Bildungsbürgertum. Die sächsischen Leinweber jedenfalls feierten – wenn auch bereits unter einem anderen König – recht ausgelassen. Im Unterschied zu den sächsischen Handwerkern wurden bei den Le Cointes neben Wein im Überfluss aber auch Austern aufgetischt. Hierin zeigen sich neben französischen Tafelfreuden auch die Konsumgewohnheiten des gehobenen Bürgertums. Der Handel mit Genussmitteln und Spezereien, auf den sich französische Kaufleute spezialisierten, und deren Konsum kann auch als Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg gesehen werden.215 Der Doppelkonsum von Tee und Kaffee Mitte des 18. Jahrhunderts war unter den französischen Textilhandwerkern nachweisbar. Was die Ausstattung des zugehörigen Geschirrs anbelangte, entsprach sie der vergleichbarer Handwerkerhaushalte. Gleichzeitig trat anhand ihres Zustandes die Differenz von aktuellem Konsum zu Konsumgewohnheiten zu Tage. 215
Jersch-Wenzel, S. 236.
IV. Zusammenfassung
273
So ergab denn auch die Gegenüberstellung der Inventare und Steuerlisten, dass Belege für eine französische Kultur nicht zuletzt eine soziale Frage bleiben. In einer Offiziersfamilie erhielt sich als Andenken aus Frankreich ein Hugenottenkreuz im Familienschmuck, in einem Pastorenhaushalt konnten anlässlich einer Hochzeit französische Tafelfreuden mit Austern und Rotwein zelebriert werden. Hingegen bestand die einzige Auffälligkeit im Inventar einer verarmten Etaminfabrikantenfamilie im Vorhandensein gleich mehrerer Gesangbücher. Hier offenbaren sich die Schwierigkeiten, aus Steuer- und Gerichtsakten detaillierte Beschreibungen zu Mobiliar, Kleidung und Schmuck zu gewinnen, um hieraus typisch französische oder hugenottische Vorlieben ableiten zu können. Not und Elend könnten Familien wie die Lagranges dazu getrieben haben, Erbstücke aus Frankreich zu versetzen, wenn sie denn überhaupt welche ins Refuge mitnehmen konnten. Dennoch bleibt festzuhalten, dass die deutlichsten Anleihen an die französische Kultur von demjenigen überliefert sind, der auch berufsmäßig an deren Aufrechterhaltung mitwirkte, nämlich von Le Cointe. Hier scheint sie repräsentative Funktion übernommen zu haben. Dass Frankreich in Sachen Geschmack stilbildend war, kam dem Pastor bei dieser Inszenierung sicher zu Gute. Die Pastoren als soziale Gruppe gaben sich auch in ihrem Heiratsverhalten sehr standesbewusst, insofern klingen diese Tischsitten plausibel. Der Eindruck einer hugenottischen Kultur habhaft geworden zu sein, will sich hingegen nicht einstellen. Hierfür lieferten das Hugenottenkreuz und die Gesangsbücher wiederum Belege. Bezeichnenderweise ließ sich also alles, was sich an den Kolonisten als typisch hugenottisch festmachen ließ, auf das Religiöse reduzieren. Welchen Beitrag der Französischen Gemeinde zum Kulturtransfer kann daher nun das Kapitel G. zum Vorschein bringen?
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene „Am Donnerstag, den 21. Oktober, wurde der König von Sachsen als Gefangener nach dem Stadtschloß gebracht, um später nach Berlin und dann nach Friedrichsfelde transportiert zu werden. Unter den im Lustgarten befindlichen gefangenen und verwundeten französischen Soldaten entdeckte mein Papa einen David Huguenel, einen von Bischweiler im Elsaß stammenden Verwandten unserer Familie. Er blieb sehr lange in unserem Hause, bis er von seiner Verwundung genesen war. Am 22. Oktober war wegen der bei Leipzig gewonnenen Schlacht große Illumination.“1
Die vorangegangenen Kapitel hatten bereits den Stellenwert des Bildungsbürgertums für die Französische Kolonie herausgearbeitet und die Rolle französischer Kolonisten als Kulturvermittler in Sprache oder im Seidenbau hervorgehoben. Das eher ernüchternde Fazit des Kulturtransfers auf wirtschaftlicher Ebene der Kolonie warf bereits die Frage nach der Bedeutung der Französischen Gemeinde für den Kulturtransfer auf. Daher soll abschließend in diesem Kapitel erörtert werden, wie der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene verlief. Dieser Frage geht dieses Kapitel auf dreierlei Weise nach. Zuerst soll das Gemeindeleben untersucht werden. Dem schließt sich eine Analyse der Sprachkompetenz französischer Kolonisten in Potsdam an. Französische Sprachkompetenz ermöglicht und begünstigt Kontakte nach Frankreich oder zu Franzosen außerhalb der Kolonie. Darum soll es im vorletzten Unterkapitel gehen, bevor der Abschnitt G.IV. den Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene abschließend bewertet.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde „Sans doutte qu’il croit que d’ignore ce qui se passe à son sujet, Mais tout cela ne le deconcerte point, Il Joue toujours du Maître, contre vers et marée, Et En depit du bon sens, se mocque de Collegue, Anciens et Troupeau“.2 1 Eugen Huguenel, Ein Potsdamer Tagebuch aus der Kriegszeit vor hundert Jahren, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Potsdams, N.F. Bd. V (1914), S. 42–55, hier S. 45 f. 2 Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, K 30: Pelet, fol. 31.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde
275
Im ersten Schritt soll die religiöse Praxis der Französischen Gemeinde vor dem Hintergrund ihrer Beziehungen in die städtische Gesellschaft untersucht werden, und zwar einerseits an den Amtshandlungen: Taufe und Eheschließung sowie andererseits am Gottesdienst und der Rolle der Anciens und der Chefs de famille (G.I.4.) im Gemeindeleben. Der Abschnitt G.I.5. untersucht die Übereinstimmung von Kolonie und Gemeinde und der Passus G.I.6. die Kontakte der Französischen Gemeinde zu den übrigen Gemeinden der Stadt. Das Gemeindeleben soll auch dahingehend analysiert werden, ob über den Untersuchungszeitraum Anpassungen an die übrigen reformierten Gemeinden der Stadt erkennbar werden. Den Anfang macht die erste Berührung eines französischen Kolonisten mit der Religion, seine Taufe. Der Taufe wächst in jüngster Zeit eine durch die historische Demographie geweckte Aufmerksamkeit zu. Sie rührt von der Bedeutung der Patenwahl her, die den Hugenottenforschern vermehrt als ein „öffentlich gemachtes soziales Netzwerk“3 ins Bewusstsein dringt. In diesem Sinne bietet sich die Patenwahl an, ein differenzierteres Bild von den Kontakten der Französischen zur deutschen Gemeinde zu zeichnen als dies bislang am Heiratsverhalten vorgestellt wurde. Für Réfugiés typisch war die Sitte, das Kind nach seinen Paten zu benennen. Somit kann eine Öffnung hin zur Aufnahmegesellschaft nicht nur an den Paten, sondern auch an der Namensgebung der Täuflinge der Französischen Gemeinde abgelesen werden. Um Tendenzen beim Kulturtransfer zum Vorschein zu bringen, werden Tauf- und Heiratsregister nach Dezennien ausgewertet und zu Generationen gebündelt. Die erste Generation der Brautleute und Eltern bildet hierbei die Schlossgemeinde (1684–1693). Die Gründer der Französischen Gemeinde stellen die zweite Generation (1723–1732). Die dritte Generation ist zugleich die erste, die in Potsdam aufwuchs (1763–1772). Die vierte Generation beschließt diese Erhebung (1800–1809). Um die Belastbarkeit des Quellenmaterials zu erhöhen, werden auch die Garnisonkirchengemeinde sowie die Berliner Gemeinden in die Auswertung einbezogen. 1. Taufe Die Patenschaft kann, sofern sie einer gesellschaftlich höher gestellten Person angetragen wurde, als Patronagebeziehung gelesen werden. Diese 3 Katja Deinhardt, Kirchenbücher als Quelle für eine stadtgeschichtliche Studie am Beispiel Jenas um 1800, in: Klaus Ries (Hg.), Zwischen Universität und Stadt. Aspekte demographischer Entwicklung in Jena um 1800 (= Bausteine zur Jenaer Stadtgeschichte; 7), Weimar und Jena 2004, S. 155–178. Die Patenwahl ist von Straubel leider nur für Frankfurt untersucht worden. Vgl. Straubel, S. 266 ff. Zu Netzwerken allgemein vergleiche den Anfang des Abschnitts G.III.
276
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Repräsentation von sozialen Netzwerken war bei den Hugenotten der Schlossgemeinde besonders ausgeprägt. Von zwölf Taufen bei den Réfugiés in der Kapelle des Stadtschlosses standen der „Hausherr“ oder die „Hausherrin“ insgesamt viermal Pate.4 Überhaupt war der brandenburgische Adel in der Gründungsphase der Französischen Gemeinde bei Patenschaften häufig vertreten. So standen bis 1730 bei 33 Taufen 5 Adlige Pate. Diese Tendenz schwächte sich bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts auf insgesamt 20 Paten aus den Adelskreisen bei 246 Taufen ab. Hier gab es bei jeder vierten Taufe wenigstens einen deutschen Paten. Diese Zahlen lassen frühzeitig das Bestreben der Hugenotten in Potsdam erkennen, Netzwerke in die deutsche Gemeinde auszubilden. Dabei spricht die Präferenz für adlige Paten bis 1730 neben dem höheren Sozialprestige des Gevatters oder der Gevatterin auch für deren Frankophonie. Die Prägekraft des Französischen auf die höfische Gesellschaft der märkischen Residenzstädte erleichterte den Hugenotten in Potsdam die Aufnahme freundschaftlicher Beziehungen zur städtischen Elite. Dennoch waren Französischkenntnisse für die Paten nicht zwingend erforderlich. Die Taufe von Jean David Rusé wurde 1737 aus Rücksichtnahme auf die deutschen Paten, die kein Französisch verstanden, in der deutsch-reformierten Gemeinde der Garnisonkirche zelebriert und auch im dortigen Taufregister eingetragen. Im Folgenden soll untersucht werden, wie häufig deutsche Paten gewählt wurden. Wertet man die Patenschaften nach Dezennien aus, so zeigt sich eine nahezu kontinuierliche Zunahme der deutschen Paten. Von anfänglich 18 Prozent stieg der Anteil der Taufen, bei der wenigstens ein Mitglied einer deutschen Gemeinde Pate stand, auf 81 Prozent. Dabei entsprach der Anteil der Patinnen in etwa dem der Paten. Nur im ersten Jahrzehnt des Bestehens der Französischen Gemeinde betrug dieser mit 4 Prozent deutlich weniger als der der männlichen Paten (14 Prozent). Auch die Zahl der Taufen, in denen sowohl unter den männlichen wie weiblichen Paten Deutsche auftauchten, nahm im Laufe des 18. Jahrhunderts zu: von 4 auf 63 Prozent aller Taufen zum Ausgang des Jahrhunderts hin. Es wurde also zunehmend versucht, dem Täufling deutsche Paten beiderlei Geschlechts zur Seite zu stellen. Die Ausweitung des Patenamtes ab den 1780er Jahren auf häufig drei Personen und mehr begünstigte diese Tendenz. Die 1780er Jahre bilden dabei eine Ausnahme. Zwar war der Anteil der männlichen deutschen Paten im Vergleich zum Jahrzehnt davor noch mit 3 Prozent auf 62 Prozent leicht angestiegen, doch ging der Anteil der deut4 Kurfürst oder Kurfürstin standen Pate für drei Kinder von Antoine Biette und für die Tochter Louisa Friderica des Glasmeisters de Simonis. GStA PK, VIII. HA, 570, Nr. 14. Die weiteren Ausführungen beziehen sich, soweit nicht anders vermerkt, auf das Taufbuch der Französischen Gemeinde. AFrD, 6013.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde
277
deutsche Paten
deutsche Patinnen
beide Paten deutsch
Taufen, gesamt
1723–1729
4
1
1
28
1730–1739
16
12
9
101
1740–1749
17
18
8
109
1750–1759
24
21
12
89
1760–1769
16
21
9
57
1770–1779
22
20
18
37
1780–1789
29
23
17
47
1790–1799
49
46
44
69
1800–1809
59
58
52
83
Abbildung 23: Der Anteil deutscher Paten und Patinnen in der Französischen Gemeinde Potsdam von 1723 bis 1809 in absoluten Zahlen
schen Patinnen um 5 Prozent zurück und ergab mit 49 Prozent ein deutliches Gefälle hin zum Anteil der deutschen Paten, was weder in den Jahren davor noch danach so bestanden hatte. Folgerichtig kamen auch weniger rein deutsche Patenschaften zustande. Nur noch knapp die Hälfte der deutschen Patenschaften war eine gedoppelte. Umgekehrt bedeutet dies, dass in den 1780er Jahren vermehrt Französinnen als Patinnen gefragt waren. Diese Nachfrage wird jedoch durch zunehmend drei oder mehr Paten, die bei einer Taufe standen, überlagert. Insgesamt zeichnet sich unter den französischen Gemeindegliedern die Tendenz ab, durch Patenschaften Kontakte in die deutsche Gemeinde zu knüpfen. Überdies war die Auswahl an Paten aus der eigenen Gemeinde durch den zurückgehenden Mitgliederbestand ab der Mitte des 18. Jahrhunderts deutlich eingeschränkt. Besonders begehrt waren männliche Paten – ein Phänomen, das auch für die adligen Paten gilt. Der Zunahme an französischen Patinnen in den 1780er Jahren mag eine Besinnung auf die französische Tradition zugrunde liegen. Vielleicht ist hierin ein Anzeichen dafür zu erkennen, dass zuverlässige soziale Netzwerke in die Aufnahmegesellschaft bereits geknüpft waren und den Kolonisten nun fernab der Notwendigkeit, diese noch weiter zu verdichten, Freiräume offenstanden, französisch-reformierte Besonderheiten zu pflegen. Diese Vermutung soll nun anhand der Namen der französischen Gemeindeglieder überprüft werden.
278
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Gerade in den Anfangsjahren der Französischen Gemeinde wurden bevorzugt biblische Namen vergeben, wobei viele dem Alten Testament entstammten. Bei den Mädchen waren es 83 Prozent, bei weiteren 8 war zumindest einer ihrer Namen biblischen Ursprungs. Bis zur Jahrhundertmitte überwogen die rein biblischen Namen. Erhielten in den 1740er Jahren noch annähernd die Hälfte aller Mädchen rein biblische Namen und knapp ein weiteres Drittel einen Teil seines Namens aus dem Alten oder Neuen Testament, herrschten ab der Jahrhundertmitte Mischformen vor. Insgesamt gesehen waren biblische Namen rückläufig. Machten Misch- und Reinformen zusammengenommen bis 1789 noch knapp zwei Drittel aus, sank ihr Anteil in den Jahrzehnten darauf auf ungefähr ein Drittel.5 Auch für die Jungen zerfiel der Untersuchungszeitraum in drei Phasen. Anders als bei den Mädchen erhielten sie bis 1759 nahezu durchgängig in der Hälfte der Fälle rein biblische Namen. Die Dominanz dieser Namen blieb also rund zehn Jahre länger erhalten, war aber von Beginn an nicht so ausgeprägt wie bei den Mädchen. Für die nächsten drei Jahrzehnte überwogen auch hier die Mischformen. In knapp der Hälfte der Taufen spielten biblische Namen noch eine Rolle. Auch hier rangierten die Jungen also deutlich hinter den Mädchen. Dann lag der Anteil der biblischen Namen wie bei den Mädchen nur noch bei etwa einem Drittel der Taufen, zuletzt sogar bei knapp einem Fünftel. Bei beiden Geschlechtern ließ sich ein deutlicher Rückgang alt- und neutestamentlicher Namen in etwa ab der Jahrhundertmitte beobachten. Sie waren um die Jahrhundertmitte vor allem als Mischformen beliebt. Gegen Ende des Jahrhunderts traten biblische Namen in ihrer Bedeutung klar hinter denen nichtbiblischen Ursprungs zurück. Gerade bei den Mädchen ließ sich ein Festhalten an der französischen Tradition erkennen. Hier spielten biblische Namen eine ungemein wichtigere Rolle als bei den Jungen. Dabei gaben letztere den französischen Familiennamen weiter und machten dadurch die französische Herkunft sichtbar. Es scheint sich in Namensgebung 5 Rein statistisch gesehen hätte das Verhältnis von geborenen Jungen und Mädchen in etwa 1,05:1,00 betragen müssen. Katrin Pöhnert, Die Bevölkerungsentwicklung der Universitätsstadt Jena um 1800. Vitalstatistische Auswertung der Kirchenbücher, in: Ries, S. 19–50, hier S. 32 nach Peter Becker, Leben, Lieben, Sterben. Die Analyse von Kirchenbüchern (= Halbgraue Reihe zur Historischen Fachinformatik, Serie A: Historische Quellenkunde; 5), St. Katharinen 1989, S. 23. In der ersten Jahrhunderthälfte wurden aber doppelt so viele Jungen wie Mädchen getauft. Besonders scharf tritt dieses Missverhältnis in den 1730er Jahren auf, als bei 112 Taufen 33 Mädchen und 79 Jungen, also zweieinhalbmal so viel, dies Sakrament erhielten. Dieser Befund mag durch die bei Mischehen geltende Regelung begünstigt sein, die Töchter in der Gemeinde der Mutter und die Söhne in der des Vaters taufen zu lassen. AFrD, 5987, fol. 7, Reglement des französischen Oberkonsistoriums von 1762.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde
279
und Patenwahl eine Rollenverteilung dahingehend etabliert zu haben, dass über die Mädchen die französische Tradition bewahrt, während über die Jungen der Kontakt in die deutsche Gesellschaft durch Patenschaften vitalisiert wurde. Ein weiterer Grund im Rückgang der biblischen Namen ist in der im 18. Jahrhundert zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft zu suchen, die auch vor der Französischen Kolonie nicht Halt machte.6 Wirkten Verweltlichungstendenzen über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg, schlugen sich politische Ereignisse schlagartig auf die Namensvergabe nieder. Nach 1790 gingen biblischen Namen abrupt zurück. Der Sturz des Ancien Régime verstärkte latente Entwicklungen. Zusätzlich ließ dieses Ereignis und seine weiteren Auswirkungen auch die Selbstwahrnehmung der Kolonisten als „Franzosen“ fragwürdig erscheinen, was sich in einer stärkeren Hinwendung zur Tradition des Aufnahmelandes bekundete.7 Zwei weitere Entwicklungen lassen sich bei der Taufe im Verlauf des 18. Jahrhunderts beobachten: die Tendenz zur Haustaufe und der sich vergrößernder Abstand zwischen Geburt und Taufe. Beides hing offenbar miteinander zusammen. In den Anfängen der Gemeinde lag zwischen Geburt und Taufe meist nicht mehr als eine Woche. Schwebte das Neugeborene nicht in Lebensgefahr, so empfing es das Sakrament meist am kommenden Sonntag.8 Erst ab den 1760er Jahren, also in der dritten Generation, begann sich diese Spanne auf zwei Wochen auszudehnen. Mitte der 1780er Jahre verlängerte sich der Abstand auf zuweilen drei Wochen und mehr, in den 90ern auf nicht selten einen Monat. Um die Jahrhundertwende war der anfängliche Abstand von in etwa einer Woche bereits die Ausnahme. Auch die unsichere Zeit der Französischen Besatzung konnte die Französische Gemeinde nicht von dem mittlerweile zur Gewohnheit gewordenen Abstand von einem Monat abbringen. Die Taufe von Philippe Charles Nevir, der das Sakrament erst im Alter von fast einem halben Jahr empfing, kann dabei 6
Vgl. hierzu die Ausführungen in Abschnitt G.I.5. Vgl. Katharina Middell, Hugenotten in Leipzig – Etappen der Konstruktion einer „hybriden“ Identität, in: Comparativ: Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichenden Gesellschaftsforschung, 7. Jg., Nr. 5/6 (1997), S. 56–75, hier S. 59: „daß nicht nur politische Brüche Identifikationskonflikte im Verbund mit Abgrenzungstendenzen heraufbeschwören, sondern auch das Alltagsleben, wenn eine als homogen wahrgenommene Gruppe auf eine externe Opposition stößt, die ihr die Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Interessen streitig macht.“ Als solch einen politischen Bruch gilt Middell die „Napoleonzeit“ von 1789–1813. Ebd., S. 57. 8 Die Gemeindeleitung sollte laut Discipline die Eltern dazu anhalten, die Taufe nicht ohne wichtigen Grund lange aufzuschieben. Vgl. Mengin, 11. Kapitel: Von der Taufe, 16. Artikel. 7
280
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
als Ausnahme gelten.9 Stichproben aus dem Taufregister der Heilig-GeistGemeinde lassen für die 1770er Jahren erkennen, dass dort in der Regel am nächsten Sonntag getauft wurde.10 Die gewandelte Taufpraxis bei den Französisch-Reformierten ist ohne eine verbesserte medizinische Versorgung nicht denkbar, kann diese allein jedoch nicht erklären. So lag die Säuglingssterblichkeit von 1731 bis 1760 bei zehn bis fünfzehn Prozent. In den 1760er Jahren fiel sie mit knapp fünf Prozent auf ihre niedrigste Rate im Untersuchungszeitraum und bewegte sich seitdem deutlich unter zehn Prozent. Dieser leichte Rückgang der Kindersterblichkeit half dabei, die Taufe als Familienfeier zu organisieren.11
9 Philipp Charles Nevir erblickte am 23.06.1809 das Licht der Welt und empfing am 02.12. desselben Jahres das Taufsakrament. AFrD, 6013, Nr. 616. 10 Die Stichprobe umfasst 14 Taufen aus den Jahren 1771, 1773 und 1778. Wo von dieser Regel abgewichen wurde, handelte es sich in drei von vier Fällen um Kinder des einstigen Mitgliedes der Französischen Gemeinde Samuel Villaume. Selbst dann betrug die Spanne zwischen Geburt und Taufe lediglich zehn Tage. Domstiftsarchiv Brandenburg, Po-H/9. Ich danke Frau Sonja Üregen, Potsdam dafür, dass sie mir Einsicht in ihr Material gewährte. 11 Wobei die 1770er Jahre als statistische Abweichung gelten, da sie völlig außerhalb dieser Parameter liegen. Hier schnellte die Säuglingssterblichkeit auf über 22 Prozent hoch. Die Säuglingssterblichkeit der Französischen Gemeinde in Potsdam lässt sich nur schwer in andere Befunde einordnen. Untersuchungen zur Kindersterblichkeit liegen nur zu wenigen Gebieten vor und das Datenmaterial kann nur schwer miteinander verglichen werden, wenn einmal der Anteil der Kinder an allen Verstorbenen eines Zeitraums herangezogen wird, ein anderes mal die Kindersterblichkeit von der Gesamtzahl der Taufen her ermittelt wird. Untersuchungen zur Kindersterblichkeit gibt es zu Berlin. Hier lag die Sterblichkeit der Kinder bis zu einem Jahr zwischen den Jahren 1740 bis 1786 bei 30 Prozent. Wilhelm Treue (Hg.), Preußens großer König, Freiburg/Würzburg 1986, S. 90 f. Für die Französische Gemeinde in Potsdam beträgt sie von 1741 bis 1790 nur durchschnittlich 21 Prozent. In Jena verstarben im Zeitraum von 1801 bis 1820 3 237 Personen. Davon 105 Jungen und 91 Mädchen im Alter bis einem Monat sowie 152 Jungen und 135 Mädchen im Alter von einem Monat bis zum ersten Lebensjahr. Pöhnert, S. 46 ff. Der Anteil der Kinder unter einem Monat an den Verstorbenen beträgt somit sechs Prozent und der der Kinder bis zu einem Jahr acht Prozent. Für Potsdam beläuft sich die Sterblichkeit im Zeitraum 1801 bis 1809 auf vier bzw. zwölf Prozent. Allerdings sind diese Werte angesichts der Gesamtzahl der Sterbefälle von 57 Personen wenig belastbar. Noch stärker kommt die sinkende Säuglingssterblichkeit im Rückgang der Totgeburten zum Vorschein. In Jena sank dieser Anteil von durchschnittlich 6,4 Prozent aller Geburten in den 1770er Jahren auf zunächst 5,4 Prozent in den 1780er Jahren auf 4,5 Prozent im letzten Dezennium des 18. Jahrhunderts. Diese Zahlen lassen sich aus einer Tabelle der jährlichen Totgeburten in Jena ermitteln. Vgl. Pöhnert, S. 34 f. Verlässliche Angaben über die Zahl der Totgeburten können aus den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinde für das 18. Jahrhundert leider nicht gewonnen werden.
Anteilige Kindersterblichkeit nach Altersgruppen
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde
281
100 %
80 %
60 %
40 %
20 %
9 18
01
–1
80
0 –1
80
0 91 17
81
–1
79
0
1 bis 12 Monate
17
–1
78
0 71 17
61
–1
77
0
unter einem Monat
17
51
–1
76
0 17
41
–1
75
0 74 17
–1 31 17
17
21
–1
73
0
0%
1 bis 15 Jahre
Abbildung 24: Kindersterblichkeit in der Französischen Gemeinde Potsdam 1723–1809
In dieses Bild passt auch die bereits erwähnte Entwicklung hin zur Haustaufe. Hatten anfänglich nur die wohlhabenden Familien von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, da nur sie den Obolus von zehn Reichstalern für die Armenkasse aufbringen konnten, gingen zunehmend auch die weniger begüterten Familien dazu über, ihre Kinder zu Hause taufen zu lassen. Voraussetzung hierfür war sicherlich, dass die Gemeinde nicht länger an einem festen Betrag festhielt, sondern die Taufgemeinschaft eine Kollekte für die Armenkasse gab.12 Nicht nur die längere Vorbereitungszeit für die Tauffeier, die die geringere Säuglingssterblichkeit den Hugenotten ließ, war für diese Aufwertung der Taufe als Familienfest verantwortlich, sondern auch eine geänderte Haltung zu solchen Zeremonien von Seiten der Obrigkeit. Friedrich Wilhelm I. hatte noch versucht, Taufen, Trauungen und Begräbnisse auf den engsten Familienkreis zu beschränken.13 Von diesen rigiden Vorgaben scheinen seine Nachfolger abgerückt zu sein. 12 Ein Ancien sollte bei einer Haustaufe zugegen sein und die Kollektenbüchse präsentieren. AFrD, 5971, 27.10.1793. 13 Der Grund lag darin, Ausschweifungen zu vermeiden. Wie Abschnitt F.III.5.
282
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
In der Konjunktur der Haustaufen darf nicht vorschnell eine Säkularisierung erkannt werden, denn insbesondere die Prediger ließen ihren Nachwuchs zu Hause von einem Kollegen taufen.14 Auch wenn der Kindsvater Katholik war, wurde die Taufe zu Hause vorgenommen und ebenso, wenn das Kindswohl in Gefahr war.15 Der Anstieg der Haustaufen seit 1767 betraf zunächst ausnahmslos die begüterten Kreise der Kolonisten.16 In den 1780er Jahren begann sich dieser Kreis langsam auszuweiten, so dass nun die Taufen im Temple die Ausnahme waren. Ab dem Jahr 1800 wurde für genau vier Jahre keine Taufe in der Französischen Kirche durchgeführt. Erst am 04. November 1804 fand dort wieder eine Kindstaufe statt, nachdem die Kirche zwischenzeitlich wegen der schadhaften Kuppel gesperrt war.17 Nach erfolgten Sicherungsmaßnahmen nahm man am 19. Oktober 1806 für mehrere Jahre wieder die vorläufig letzte Taufe im Temple vor, wenige Tage vor der Französischen Invasion und der Nutzung der Kirche als Vorratslager für Stroh.18 Das 14
Dies war der Fall bei Susanne Louise Pelet, die in der elterlichen Wohnung von Pastor Le Cointe empfing sowie bei den Kindern der Prediger Henry und Papin Françoise Wilhelmine und Henri Eugene Henry sowie George Daniel Theodore und Jules Guillaume Papin. AFrD, 6013, Nr. 299, 463, 493, 500; 6014, Nr. 566. Die Kinder des ersten Predigers der Französischen Gemeinde Le Cointe wurden ausnahmslos in der Schlosskapelle getauft. AFrD, 6013, Nr. 2, 18, 30. 15 In gemischtkonfessionellen Ehen wurden Töchter zumeist in der Kirchgemeinde der Mutter, Söhne in der des Vaters getauft. Diese Regel scheint auf Jeanne Frederique Le Gras, Elisabeth Catherine Tournay sowie Henriette Marie Chavy Anwendung gefunden zu haben, hingegen nicht bei Frederic Guillaume Allé. AFrD, 6013, Nr. 290, 358, 397, 414. Das am 16.08.1726 geborene Kind von Jean Ferry und Anne Kreyer wurde „a cause de sa maladie“ zu Hause getauft. Für den Täufling ist im Kirchenbuch noch nicht einmal ein Name angegeben. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Wurde das Kind außerhalb der Ehe gezeugt, fand die Taufe ebenfalls häufig zu Hause statt. So etwa bei Charles Guillaume Saint Paul. Die Kinder des Kolonierichters Saint Paul mit Augustine Sophie Krüger wurden 1786 nachträglich legitimiert. AFrD, 6013, Nr. 424; 446, 447, 448. 16 In der Stichprobe zur Heilig-Geist-Gemeinde fand sich keine einzige Haustaufe. Der Einfluss der Paten auf den Kindsnamen ist nahezu unmöglich auszumachen, da ihre Namen nur selten im Taufregister festgehalten wurden. Wie Abschnitt E.IV. 17 Am 27.02.1803 stürzten Teile der Kuppel während des Gottesdienstes herab. Daraufhin ersuchte der Prediger Jacques Papin beim Magistrat, mit Zustimmung des Direktors vorübergehend einen Saal in der Großen Stadtschule für die Gottesdienste nutzen zu dürfen. AFrD, 5971, fol. 195. „Le service divin ayant été interrumpre hier matin dans notre temple, par la chûte de plusieurs morceaux de plâtre détachées de la voûte avec grand fracas.“ 18 In einem Bericht des Magistrat vom 05.04.1811 heißt es: „Die hiesige heilige Geistkirche sowohl als auch die französische Kirche wurden im Jahre 1806 als des französische Gen. Cavallerie Depot hieselbst etablirt wurden zu Fourage Magazinen genommen, und dazu bis zum Abgange der Franzosen genutzt“. BLHA, Pr. Br.
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nächste Mal sollte erst am 09. Juli 1809 in der Französischen Kirche ein Säugling über die Taufschale gehalten werden. In der Zwischenzeit nutzte die Französische Gemeinde für diese Anlässe das Bethaus der Frères Moraves, wo sie vorübergehend auch ihre Gottesdienste feierte.19 Fand zwischen 1801 und 1805 bei 48 Taufen nur eine im kirchlichen Rahmen statt, änderte sich mit dem Jahr 1806 dieses Verhältnis zu Gunsten der Taufen in der Kirche. Bis Ende 1809 fanden insgesamt 17 Haustaufen statt. Acht Taufen wurden im Temple vollzogen. Somit durchlief die Taufe in der Französischen Gemeinde im 18. Jahrhundert eine Reihe von Veränderungen. Doch lässt sich in den Elementen Namensgebung, Patenwahl und Abstand zwischen Geburt und Taufe keine kontinuierliche Anpassung an die Aufnahmegesellschaft ablesen. Bestätigt die bei der Patenwahl herausgearbeitete Konjunktur der kolonieinternen Netzwerke sich durch die Analyse des Heiratsverhaltens der französischen Gemeindeglieder? 2. Trauung Das Heiratsverhalten der französischen Glaubensflüchtlinge lässt sich von ihrer Ankunft in Potsdam an beobachten. Ausnahmslos alle sieben Trauungen von Réfugiés in der Schlossgemeinde waren Mischehen. Alle Franzosen, die nach dem Edikt von Potsdam alleinstehend in die kurfürstliche Residenz kamen, ehelichten eine Deutsche. Auch verheirateten die Réfugiés ihre Töchter bevorzugt mit Einheimischen. Damit lag der ersten Generation der Hugenotten in Potsdam offenkundig sehr daran, Anschluss an die Aufnahmegesellschaft zu finden. Betrachtet man das Heiratsverhalten der Französischen Gemeinde von ihren Anfängen jeweils in Dezennien, so ergibt sich folgendes Bild: Betrug der Anteil der Mischehen im ersten Jahrzehnt nur 15 Prozent, so stieg er von 1733 bis 1742 auf bereits 23 Prozent an, um sich dann noch weiter auf zunächst 32 Prozent und auf sogar 82 Prozent zu erhöhen. Diese Zahl wird aber durch den Abschnitt 1763 bis 1772 wieder relativiert, wo der Prozentsatz der Mischehen nur noch 39 ausmachte. Für die nächsten drei Jahrzehnte Rep. 2A Potsdam, II Potsdam, Nr. 225, fol. 7. Nachdem die Kirche als Fourage-Magazin hergerichtet war, wurden in den ersten Tagen bis zu zwölf Fuhren Stroh, später dann nur kleine Lieferungen von ein bis drei Fuhren, eingelagert. Stadtarchiv Potsdam 1-5/595, fol. 7. 19 So fand die Taufe der Charlotte Dumas am 21.08.1803 im Bethaus der Böhmischen Gemeinde statt, wie auch bereits am 28.04.1803 und am 20.03.1807 die Taufen von Augustine und Charles Huguenel. AFrD, 6013, Nr. 570; 567; 601. Zum Bethaus der Böhmischen Gemeinde vgl. auch die Ausführungen in Kapitel C.
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bewegte sich ihr Anteil bei 50 bis 45 Prozent, um dann in den letzten Tagen der Kolonie sogar wieder auf 86 Prozent anzuwachsen. Obwohl die vergleichsweise geringe Zahl von Eheschließungen hier leicht zu großen Schwankungen führen kann, werden dennoch zwei Konjunkturen für Mischehen erkennbar: die erste um die Jahrhundertmitte, die zweite zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Dieses Bild wird auch durch die exemplarisch für die deutsch-reformierten Gemeinden herangezogenen Heiratsregister der reformierten Garnisonkirchengemeinde bestätigt. Hier kam es im Zeitraum von 1733 bis 1806 zu insgesamt 13 Eheschließungen zwischen Angehörigen der Garnisonkirchen- und der Französischen Gemeinde, die nicht zugleich im Heiratsregister der Französischen Gemeinde eingetragen wurden. Vier davon fanden in den 1730er Jahren statt, in dem Jahrzehnt, in dem auch in der Französischen Gemeinde vermehrt in die deutsche Gemeinde eingeheiratet wurde. Im darauffolgenden Jahrzehnt gingen diese Eheschließungen in der Garnisonkirchengemeinde jedoch auf Null zurück. Erst nach 1780 wurden wieder vermehrt deutsch-französische Ehen in der Garnisonkirche geschlossen, wenn auch nur ein bis zwei pro Dezennium. Auch hier ergibt sich demnach eine Zunahme der Mischehen zum Ausgang des 18. Jahrhunderts hin, und damit zwei Jahrzehnte früher als für die Französische Kirche.20 In Anlehnung an das für die Taufen gewählte Schema sollen die Heiraten in Zeiträumen zu je 30 Jahren betrachtet werden,21 um einerseits auf ein generationsspezifisches Heiratsmuster schließen zu können, und andererseits einen Vergleich mit dem Heiratsverhalten in den Berliner Gemeinden zu ermöglichen. Es zeigt sich, dass die erste Generation der Hugenotten in Potsdam am deutlichsten von dem Berliner Muster abweicht.22 In der ersten 20 Fügt man die Daten aus der Garnisonkirche denen der Französischen Gemeinde hinzu, so heben sie den Prozentsatz für Mischehen meist nur um null bis fünf Prozent. Einzig signifikant wird ihr Einfluss auf die 1730er Jahre. Hier beträgt der Anteil der deutsch-französischen Eheschließungen nun 30 Prozent. Auf die Generationen umgerechnet, nivelliert sich diese Anhebung wieder. Dieses geringen Einflusses auf das Ergebnis wegen, wurde von der Auswertung weiterer Heiratsregister, wie der der Heilig-Geist-Kirche sowie der der lutherischen Gemeinden der Stadt abgesehen. Für den Vergleich mit Berlin war nur die Auswertung des Heiratsregisters der Französischen Gemeinde maßgeblich, da die Zahlen für Berlin ebenfalls nur auf den Kirchenbüchern der Französischen Gemeinden beruhen. 21 Der letzte Zeitraum umfasst nur 27 Jahre. 22 Bis 1687 ist für Berlin keine Heirat zwischen Deutschen und Réfugiés nachweisbar. Ab 1688 ergibt sich ein Wert von ca. fünf Prozent. Damit heiratete die erste Generation noch (weitgehend) unter sich. Für die zweite Generation wurde ein Wert zwischen 10–15 Prozent ermittelt (Heirat um 1720), für die dritte Generation 20–30 Prozent (Heirat ca. 1750–60) und für vierte Generation 50–60 Prozent. Susanne Lachenicht, Migration, Migrationspolitik und Integration. Hugenotten in Brandenburg-Preußen, Irland und Großbritannien, in: Böhm, Häseler, Violet, S. 37–58, hier S. 52.
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Generation waren die Kolonisten in der Spreemetropole noch sehr bestrebt, unter sich zu heiraten, so dass der Anteil der Mischehen sich durchgängig im einstelligen Bereich bewegte. Für die zweite Generation, in Potsdam also die Gründergeneration der Französischen Gemeinde, bewegte sich der Anteil von 15 Prozent Mischehen exakt in den für Berlin ermittelten Parametern (10–15 Prozent). In der dritten Generation war es die Hälfte der Konnubien während für Berlin lediglich 20 bis 30 Prozent ermittelt wurden. In der vierten Generation verringerte sich in Potsdam mit 47 Prozent der Anteil der Mischehen nicht nur wieder, sondern lag auch unter dem Wert für Berlin (50–60 Prozent). Im Vergleich zu Berlin wird so für die Potsdamer Kolonisten die Tendenz deutlich, die Kontakte in die Aufnahmegesellschaft nicht weiter auszubauen, sondern die Beziehungen zu anderen Kolonisten zu intensivieren. Ließ sich der Kulturtransfer auf dieser Ebene bis 1770 als vergleichsweise hoch diagnostizieren, kühlte er sich Ende des 18. Jahrhunderts wieder ab. Je kleiner die Schar der Franzosen in Potsdam, desto ausgeprägter offenbar ihr Bemühen, in der Stadt Fuß zu fassen. Dieser Befund erklärt sich dadurch, dass es der relativ kleinen Gruppe der Réfugiés kaum möglich war, unter sich ein zuverlässiges soziales Netz zu knüpfen, das den Einzelnen in der Not hätte auffangen können. Sie waren daher gezwungen, ihre Fühler stärker zur deutschen Gemeinde auszustrecken, um sich durch vorteilhafte Eheschließungen den benötigten gesellschaftlichen Rückhalt zu sichern oder andernfalls die Stadt nach wenigen Jahren wieder zu verlassen. Mit anfänglich 15 Prozent fiel die Zahl der Mischehen in den ersten Jahren der Französischen Gemeinde verhältnismäßig gering aus. Potsdam als hugenottischer Siedlungsplatz war im Aufbau begriffen und auf Berlin hin orientiert. Für die zweite Jahrhunderthälfte lag der Anteil der Mischehen hingegen deutlich höher als in der ersten, mit deutlichen Konjunkturen an deren Beginn und an deren Ende. Setzt man diese Beobachtungen mit der Entwicklung der Gemeinde ins Verhältnis, so lässt sich dieser Trend mit deren Schrumpfen erklären. Dies ließ die Suche nach einem Partner außerhalb der Gemeinde notwendig werden. In der Zeit ihres Aufbaus war dieser Trend nur schwach ausgeprägt. Eine andere Erklärung kann in der wirtschaftlichen Lage der Kolonie gesucht werden, die indirekt auch mit der Größe der Gemeinde zusammenhing. In Zeiten, in denen sich die wirtschaftliche Lage der Kolonie verschlechterte, stieg die Zahl der Mischehen. Dies erklärt auch beide Konjunkturen von Mischehen zwischen 1753 und 1762 sowie 1803 bis 1809. Bezeichnenderweise sind beides kriegerische Epochen, die die Stadt wirtschaftlich in Mitleidenschaft zogen. Für die Zeit des Siebenjährigen Krieges bleibt aber einschränkend zu sagen, dass insgesamt weniger Ehen geschlossen wurden und daher die kontinuierliche Zu-
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nahme der Mischehen deutlicher ins Gewicht fiel, während die Konjunktur der deutsch-französischen Eheschließungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf einer echten Zunahme beruhte. Zwölf Mischehen im Jahrzehnt davor standen von 1801 an 18 gegenüber, davon zwei jüdisch-französische.23 Dieses letzte Jahrzehnt dokumentiert also nicht nur die Nähe der Französischen Gemeinde zur deutschen Gesellschaft, sondern auch zur jüdischen Gemeinde sowie deren Kontakte untereinander. Wenn wir betrachten, wer sich in der Französischen Gemeinde das Jawort gab, so wird deutlich, dass die Handwerker nicht nur weitgehend unter ihresgleichen heirateten, sondern sogar die größtmögliche Übereinstimmung der Professionen suchten. So wurden bevorzugt Ehen zwischen Strumpfwirkern, Schneidern, Färbern oder Gärtnern geschlossen. Seine berufliche Vervollständigung fand der Maulbeerbaumpflanzer Carl Treffkorn in der Hasplerin und Anwärterin auf eine Stelle auf dem Jägerhof Susette Baral. Hingegen gingen die Händler der Kolonie und deren Töchter die Ehe nur in Offizierskreisen, mit dem Adel, dem gehobenen Bürgertum oder wenigstens einem Spross einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie ein. Diese sozialen Schichten Adel, Militär, Bildungsbürgertum und Händler blieben im Stand der Ehe weitgehend unter sich, so dass sich in der Französischen Kolonie eine Zweiteilung der Heiratskreise, mit den Handwerkern auf der anderen Seite, herausbildete. 3. Gottesdienste Auch in puncto Gottesdienste pflegte die Französische Gemeinde Besonderheiten. So ergänzte eine Nachmittagspredigt den sonntäglichen oder feiertäglichen Vormittagsgottesdienst und wurden lange Zeit auch Mittwochsgottesdienste abgehalten.24 Einzig zu den Gottesdiensten anlässlich der Eröffnung der Französischen Kirche, der Hundertjahrfeier des Edikts 23 Es handelt sich dabei um Jean Jacques Arland und Lea Louise Itzig sowie Paul Erman und Caroline Pauline Itzig. 24 Dies geht aus den frühen Einträgen im Taufregister der Gemeinde hervor. AFrD, 6013. Ein Reglement zwischen dem ersten und zweiten Prediger der Gemeinde von 1787 präzisierte den Zeitpunkt der Nachmittagshandlung auf zwei Uhr. AFrD, 5970, 10.10.1787. Für die Wintermonate bat das Potsdamer Konsistorium das Oberkonsistorium in Berlin, auf die Nachmittagsgottesdienste verzichten zu dürfen. Für das Jahr 1751 ist eine solche Anfrage, bezugnehmend auf die Regelung des Vorjahres, belegt. AFrD, 5968, fol. 147. Als die Französische Gemeinde zwischen 1750 und 1753 in die Garnisonkirche auswich, beanspruchte die Hausgemeinde für ihren Gottesdienst allein den Sonntagvormittag ab 10 Uhr. Somit waren Mittwochsandachten für die Gastgebergemeinde zumindest für die Mitte des 18. Jahrhunderts unüblich. Allgemein kann aber für kirchliche Belange von einem Vorbildcharakter der Berliner Gemeinden für die Potsdamer Gemeinde ausgegangen werden.
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von Potsdam sowie 1795 zum Frieden mit Frankreich ist Näheres über deren Ablauf überliefert.25 Am 23. September 1753 beging die Gemeinde den Sonntag mit zwei Gottesdiensten. So waren auch beide Prediger der Gemeinde in die Feierlichkeiten einbezogen.26 Der erste Pastor der Gemeinde, Le Cointe, predigte über Jesaia 12,6: „Jauchze und rühme, du Tochter Zion; denn der Heilige Israels ist groß bei dir!“, während sein Kollege Pelet seine Predigt im Nachmittagsgottesdienst unter das Psalmenwort stellte: „Wie lieblich sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth!“27 Beiden Predigten ging ein Psalmengesang voraus, und zwar bei Le Cointe Psalm 99, der in seiner zweiten Strophe auch das Predigtwort Jesaias abwandelt,28 während Pelet mit Psalm 67 das Motiv der Dankbarkeit betonte,29 um dann aber zum Ende des Gottesdienstes mit den letzten drei Strophen des Psalms 118, dem heitersten Gesang des Psalters, geradezu euphorische Töne anzuschlagen. Mit „Dies ist der schönste aller Tage . . .“ gelang ihm zugleich eine stimmige Überleitung zum feierlichen Abschluss dieser Festgottesdienste, der Taufe von Anne Marie Geoffroi.30 Der Vormittagsgottesdienst von Le Cointe nahm hingegen mit den beiden letzten Strophen des Te Deum pathetischen Ausklang. Diese Gottesdienste enthüllen neben der zentralen Rolle des Psalmengesangs im französisch-reformierten Gemeindeleben Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem die Persönlichkeiten der Prediger Le Cointe und Pelet, die das Thema Festgottesdienst zur Kircheneröffnung recht individuell auslegten. Ehrfürchtig vor der Allmacht Gottes der eine – voll tief empfundener Dankbarkeit der andere. In beiden Festgottesdiensten verbirgt sich ein Selbstzeugnis zweier Hugenottengenerationen: Das des noch durch unmittelbare Fluchterfahrung geprägten Le Cointe und das des im sicheren Re25
Auch finden sich im Zuge der Hundertjahrfeier erstmals schriftliche Belege für die Bezeichnung des Aufnahmeedikts der französischen Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen als „Edit de Potsdam“, zumindest in dem hier behandelten Untersuchungsgebiet. AFrD, 5968, fol. 156; 5970, 26.10.–29.10.1785; 5971, 10.05.1795. Predigten sind für Jean George Erman überliefert. Vgl. Rosen-Prest, S. 75. 26 „Le matin Le Conseiller Ecclesiastique Inspecteur et Pasteur Ordinaire de l’Eglise Thomas LeCointe sus nommé a pris son texte du Chp. 12. d’Esaie verset 6. et a fait Chanter avant l’Action la premier partie du Psaume 99. Et a la fin les deux premiers et les deus dernierns versets du Te Deum. Le Pasteur Pelet son collegue officiant selon son Tour L’Apres midi a preché sur le Psaume 84. V 2. a fait Chanter avant l’Action le Psaume 67. Et apres l’Action les Trois derniers versets du Psaume 118. Et administre le sacrement du Bapteme.“ AFrD, 5968, fol. 156. 27 Psalm 84, 2. 28 „Gott allein ist groß, herrlich Zions Los“. 29 So heißt es im Vers vier nach der Lutherbibel: „Es danken Dir, Gott, die Völker, es danken Dir alle Völker.“ 30 AFrD, 6013, fol. 76, Nr. 271.
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fuge zur Welt gekommenen Pelet. Der eine von Gewalt und Ohnmacht heimgesucht, der andere um die „Gnade der späten Geburt“ wissend. Als Pelet am nächstfolgenden Sonntagvormittag den Abendmahlsgottesdienst administrierte, übrigens die erste St. Cene in dieser Kirche, erhalten wir nebenbei mit 76 Kommunikanten auch einen direkten Hinweis auf den Umfang der Gottesdienstbeteiligung der Gemeinde aus der Jahrhundertmitte.31 Die Bedeutung der Musik und insbesondere des Psalmengesangs wird auch im Zuge der Anschaffung einer Orgel sowie der Einführung eines neuen Gesangbuches deutlich. Anfänglich war nur ein Kantor für die Gemeinde angestellt, der als Vorsänger die Gemeinde auf die rechte Melodie brachte. Einen Orgelspieler konnte die Gemeinde vorerst nicht bezahlen. Da die Schlosskapelle über eine Orgel verfügte, leistete sich die Gemeinde für ihre Gottesdienste in der Schlosskapelle gelegentlich eine Orgelbegleitung.32 Erst Friedrich Wilhelm II. schenkte der Gemeinde ein solches Instrument, für das die Gemeinde fortan einen Orgelspieler und Balgentreter anstellte. Als die Orgel einmal angeschafft war, wollte die Gemeinde nicht auf musikalische Untermalung und Begleitung des Gemeindegesanges im Gottesdienst verzichten. Selbst als die Französische Kirche 1803 bis 1805 nicht zugänglich war, bemühte man sich zuerst vergeblich um eine tragbare Orgel für die Gottesdienste im Saal der Großen Stadtschule, bevor Papin die Böhmische Gemeinde um die Nutzung ihres Bethauses bat, das auch über eine Orgel verfügte.33 Als in der Gemeinde benütztes Gesangbuch findet sich ein Hinweis auf die Psalmen Davids.34 Ende des 18. Jahrhunderts befasste sich die Assemblée mit der Einführung eines neuen, zeitgemäßen Gesangbuches, für das der Pastor Henry neben einer Auswahl von Psalmen auch eine Reihe von beliebten Gesängen zusammenstellte. Von Seiten des Oberkonsistoriums regte sich Widerstand gegen die Einführung des „Recceuil des Psaumes, Hymnes et Cantiques“ und auch die Berliner Gemeinden zeigten anfänglich kein Interesse an dieser Neufassung des Gesangbuchs. Doch erfreute sich der „Henrysche Psalter“ in der Potsdamer Gemeinde großen Zuspruchs, so 31 AFrD, 5968, fol. 158. Die Gottesdienstbeteiligung wird im Abschnitt G.I.5. näher untersucht. 32 Dies geht aus den Rechnungsbüchern der Französischen Gemeinde hervor. Die Ausgabe von einem Reichstaler für einen Organisten ist z. B. für die Jahre 1730 bis 1732 belegt. AFrD, 6052, 01.01.1730. 33 Ebd., fol. 196. 34 So bezeichnet im Nachlass des 1747 verstorbenen reformierten Offiziers Mazel. AFrD, 5984, fol. 80 f. Den Wert dieser Ausgabe bezifferte Prevôt mit vier Groschen. Vermutlich sind „Les Psaumes de David“ gemeint, die 1660 in Rotterdam erschienen. Vgl. Beneke/Ottomeyer, S. 366.
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dass seine Einführung für manche zu einer Kardinalfrage wurde, an die sie ihre Gemeindezugehörigkeit knüpften.35 Die Einführung des neuen Psalters verdeutlicht bereits das Selbstbewusstsein der Gemeindeältesten, um deren Rolle im Gemeindeleben es nun gehen soll. 4. Die Anciens und die Chefs des familles Nach der Discipline wachten die Anciens in und außerhalb des Gottesdienstes über Sitte und Moral der Gemeinde.36 Die Überschaubarkeit einer französischen Gemeinde wie der Potsdamer begünstigte die Aufsicht über das Privatleben ihrer Glieder. Zudem verstärkte noch ihre Position als eingewanderte Minderheit den Wunsch der Französisch-Reformierten, sich moralisch integer zu verhalten und den Alteingesessenen möglichst wenig Anlass zur Beschwerde zu geben. Der Erfolg dieser Aufsicht bestand nicht zuletzt darin, dass die Zahl der unehelichen Geburten in der Französischen Gemeinde in Potsdam mit sechs natürlichen Kindern vergleichsweise niedrig war.37 Verhindern ließen sich Zeugungen außerhalb der Ehe freilich 35 AFrD, 5971, fol. 6. Die Anschaffung von 100 Exemplaren dieser von ihm selbst zusammengestellten Auswahl an Psalmen und Liedern brachte Henry am 25.09.1793 in Vorschlag. Auch bei den Französischen Gemeinden in Halle, Königsberg und Altona hoffte Henry auf Zustimmung für sein Werk. Die Potsdamer Gemeinde bestellte schließlich am 06.11.1793 115 Exemplare in unterschiedlichen Ausführungen: gebunden, ungebunden sowie in verschiedenen Papierqualitäten für zehn Groschen das Stück. Eine Ausgabe dieses Psalters ist nach Aussage von Manoury und Margarete Welge nicht mehr überliefert, doch exisitiert Henrys handschriftliche Beschreibung seines „Recceuil“. Vgl. Manoury, S. 5 f.; Margarete Welge, Die Französische Kirche zu Berlin, in: Gottfried Bregulla (Hg.), Hugenotten in Berlin, Berlin 1988b, S. 88–132; Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Runge/DuBois-Reymond, 162, „Examen critique du Recueil de Cantiques à l’usage de l’Eglise de Berlin“, fol. 1–11. 36 Vgl. Mengin die Kapitel 3 bis 5. 37 So gab es in der lutherischen Gemeinde der Stadtkirche Sankt Nikolai allein im Jahr 1740 62 Taufen unehelicher Kinder, denen 235 Taufen legitimer Kinder gegenüberstanden. 1741 waren es 25, die außerhalb der Ehe geboren wurden und 236 Taufen innerhalb der Ehe. Die Quote fiel für das Jahr 1743 sogar noch geringer aus. Hier standen 17 uneheliche Kinder 198 ehelichen Kindern gegenüber. In der reformierten Gemeinde der Heilig-Geist-Kirche waren es im gleichen Zeitraum drei bei 41 legitimen Kindern, 8 zu 32 und 3 zu 26. In deren lutherischen Gemeinde 12 zu 89, 4 zu 52, und 1 zu 43. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 196/1, fol. 13 u. 63. Damit betrug im Zeitraum von 1740–1743 der Anteil der Taufen außerhalb der Ehe gezeugter Kinder für Sankt Nikolai 16 Prozent, und für die reformierte und die lutherische Gemeinde der Heilig-Geist-Kirche 14 bzw. 9 Prozent. In der Französischen Gemeinde kamen Jeanne Esther Benoite (23.02.1737), Marie Elisabeth Pfeffer (17.10.1738), Pierre David Lavanchy (04.01.1741), Jeanne Louise Grisier
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nicht. Die Anciens luden die Sünder nach der Geburt des Kindes vor das Konsistorium. Dort wurde ihnen mit dem zeitweiligen Ausschluss vom Abendmahl gedroht, den sie nur durch ein glaubhaftes Versprechen nach Besserung wieder rückgängig machen konnten. Das Problem der paillardise war insbesondere in den Anfangsjahren der Französischen Gemeinde virulent, als auch die Anciens ihre Rolle als Sittenwächter strenger ausübten. Die Familienverbände mussten sich vor Ort erst wieder verknüpfen. Zudem bot die Garnison reichlich Gelegenheit der unerlaubten Einlassung mit dem anderen Geschlecht. Doch regte sich gegen die Anwendung der Kirchenzucht auch Widerspruch, zumindest bei den Betroffenen. Der Offizier Bavas fühlte sich von den Anciens gegängelt und klagte: Er wolle lieber lutherisch werden, als sich diese Behandlung gefallen zu lassen.38 Die niedrige Rate an natürlichen Kindern mag aber noch auf einer anderen Ursache beruhen. Allgemein ist sie im Handwerkermilieu niedriger anzusetzen als in der Gesamtbevölkerung.39 Die französischen Gemeindeglieder entstammten bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts mehrheitlich dieser Schicht. Allerdings fehlte bei den meisten die Einbindung in die Zünfte, die unter ihren Gesellen und Meistern eine vergleichbare soziale Kontrolle ausübten, wie das Konsistorium der Gemeinde. Zu den weiteren Aufgaben der Anciens gehörte das Verwalten der Armenkasse.40 Bedürftige aus der Gemeinde wurden so mit dem Allernötigsten versorgt, etwa wenn einem Gesellen die angemessene Kleidung fehlte, ohne die ihn sein Meister nicht annehmen wollte, oder ein Gemeindeglied die Kosten einer Beerdigung nicht tragen konnte.41 Zu den regelmäßigen (18.03.1747) und Louis Sincere Angely (18.02.1800) außerhalb der Ehe zur Welt. Susanne Dufais, die Mutter von Jeanne Benoite, heiratete 1738 den Kindsvater Joseph Winckler in der Garnisonkirche. Der Anteil der unehelichen Geburten beträgt damit für die Französische Gemeinde zwei bis drei Prozent. Von den Kinder des Kolonierichters Saint Paul wurde nur die Taufe von Charles Guillaume (14.10.1780) eingetragen. Zusammen mit seinen älteren Geschwistern Wilhelmine Friederike und Guillaume wurde seine Geburt 1786 legitimiert. Desweiteren bekannte sich der Offizier D’Elbers schuldig, Susanne Haudot geschwängert zu haben und wurde dafür bis zum 27.04.1737 vom Abendmahl ausgeschlossen. AFrD, 5968, 09.12. und 12.12.1736. Wegen „Hurerei“ empfing Elisabeth Daguenot am 20.03. 1737 die gleiche Strafe. 38 AFrD, 5968, fol. 25, 06.04.1740. 39 So stieg in Berlin der Prozentsatz der illegitimen Geburten seit dem Dreißigjährigen Krieg bis zum Ende des 18. Jahrhunderts in zwei Kirchspielen auf zehn an, während das Handwerk mit knapp drei deutlich darunter lag. Vgl. Schultz, S. 49. 40 Die erste Kassenprüfung ist in den Protokollbüchern für den 21.01.1737 belegt. 41 AFrD, 5968, 25.09.1743 (Jean Macaire). Bei aller Mildtätigkeit achtete das Konsistorium aber auch auf die sinnvolle Verwendung der Ausgaben. Als am 07.07.1747 Jean Chomé um fünf Reichstaler für die Beerdigung seines tags zuvor verstorbenen Sohnes bat, wurden ihm nur drei Reichstaler gewährt, soviel, wie eine
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Aufwendungen der Armenkasse gehörte die Unterstützung der Gemeindearmen für die Beschaffung von Feuerholz während der Wintermonate. Die Armenkasse füllten Zins- und Kollekteneinnahmen der Gemeinde, das Einschreiben von Lehrjungen bei einem Meister der Französischen Kolonie, Eintragungen in das Französische Grund- und Hypothekenbuch sowie Spenden aus der königlichen Schatulle.42 Bei soviel Einfluss auf das Gemeindeleben der Anciens erscheint es nur logisch, dass auch das Verhältnis zwischen den Predigern auf der einen Seite mit den Anciens und der übrigen Gemeinde auf der anderen Seite ein besonderes war. Wurden die Pastoren anfänglich noch vom König eingesetzt, so lässt sich 1742 bei der Wahl Guillaume Pelets zum Nachfolger Ruynats das erstemal der Gemeindewillen erkennen.43 Bei Pelet scheint in seinen Äußerungen über seinen Kollegen Le Cointe auch ein Bewusstsein dafür auf, was französische von deutschen Gemeinden hinsichtlich ihrer Gemeindeleitung unterscheidet.44 Die Gemeinde trat selbstbewusst gegenüber ihren Predigern auf und pflegte das kollegiale Verhältnis zwischen Pastoren und den Gemeindevertretern, mit dem man sich bewusst von den lutherischen Gemeinden und deren Amtsverständnis ihrer Prediger abheben wollte. Das zog auch Pelet als Vergleich für das autoritäre Verhalten seines Kollegen Le Cointes heran, dem er vorwarf, sich nicht nur gegen das Votum der gesamten Gemeinde zu stellen, sondern dass er sich über diese auch beschwere. Im Briefwechsel mit Samuel Formey machte Pelet seinem Ärger über den „starrsinnigen Normannen“ Luft: „Sans doutte qu’il croit que d’ignore ce qui se passe à son sujet, Mais tout cela ne le deconcerte point, Il Joue toujours du Maître, contre vers et marée, Et En depit du bon sens, se mocque de Collegue. Anciens et Troupeau“.45
Diese Differenzen zwischen den beiden Predigern wurden durch die Umstände verschärft, dass Le Cointe allein in seiner Funktion als Kircheninspektor schon ein distanzierteres Verhältnis zu seiner Gemeinde hatte, deren Leitung er in seiner Abwesenheit seinem Kollegen Pelet anvertrauen Beerdigung für gewöhnlich koste. Hier versuchten die Anciens die Gemeindeglieder anzuhalten, Aufwendungen für Begräbnisse ihrer Angehörigen auf das Wesentliche zu begrenzen. 42 AFrD, 5970. Im November 1789 vermerkt das Protokollbuch, dass 17 Gemeindeglieder durch ein Geschenk des Königs in Höhe von 53 Reichstalern Unterstützung erfahren. 43 AFrD, 5968, 24.01.1742. 44 Staatsbibliothek zu Berlin PK Handschriftenabteilung, Nachlass Formey, K 30: Pelet, fol. 39. 45 Wie Eingangszitat Abschnitt G.I. An anderer Stelle beschreibt Pelet, wie Le Cointe versucht, seinen „tete Normande“ durchzusetzen. Ebd., fol. 37.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
musste. Zudem gehörten beide Prediger verschiedenen Generationen an, wobei das Aufeinandertreffen eines „echten“ Réfugiés mit einem im Refuge Geborenen zusätzliche Spannung verhieß. Obwohl Le Cointe seine Heimat als Kleinkind verlassen hatte, war die Normandie Teil seiner Identität, wie er in Selbstzeugnissen zum Ausdruck brachte. Von diesen Reibereien erfahren wir allein aus der Feder Pelets. Sie sind auch der einzige Beleg für Unstimmigkeiten der Pastoren untereinander oder mit der Gemeinde. War in der Kongregation ein Bewusstsein für einen anderen Stil der Gemeindeleitung als bei den Lutheranern spürbar, so blieb die Französische Gemeinde doch auf die Hilfe ihrer Konfessionsverwandten angewiesen, wie der übernächste Abschnitt verdeutlicht. 5. Die Gemeindezugehörigkeit der französischen Kolonisten Bereits François David hatte für Berlin auf ein allmähliches Auseinanderdriften von Französischen Gemeinden und Kolonien hingewiesen.46 Bis 1725 konnte die Zahl der Kommunikanten mit der der Kolonisten mithalten. Dann trat eine Verschiebung ein, die eine Verselbständigung von Kolonie und Gemeinde erkennen ließ. Der Kolonist war nicht mehr automatisch Mitglied einer Französischen Gemeinde. Säkularisierungstendenzen überlagerten diese Entwicklung, so dass die Zahl der Kommunikanten stetig sank. Für Potsdam sind die ersten Zahlen zum Abendmahlsbesuch um die Mitte des 18. Jahrhunderts erhalten. Zu dieser Zeit lag die Teilnahme der Potsdamer Gemeindeglieder deutlich hinter der Abendmahlsbeteiligung in den Berliner Gemeinden zurück. Dort nahm jeder Kolonist im Durchschnitt etwa zweimal im Jahr am Abendmahl teil, in Potsdam hingegen nur einmal. Da gegen Ende des Untersuchungszeitraumes die Beteiligung am Abendmahl drastisch einbrach, kehrte sich diese Entwicklung um. Nun partizipierte in Berlin durchschnittlich nur noch jeder dritte Kolonist an diesem Sakrament, während sich in Potsdam alle St. Cènes zusammengenommen etwa zwei Drittel der Kolonie um den Abendmahlstisch versammelten.47 So 46
Bis 1725 blieb die Zahl der Abendmahlsteilnehmer stabil, bei steigenden Kolonistenzahlen. Dann ging die Zahl der Kommunikanten stetig zurück. Als Gründe für den Rückgang gibt David neben Gemeindewechsel schwindende Religiosität an. Eine Abschottung der Kolonie gegenüber Neuankömmlingen könnte dagegen das gleichbleibende Niveau der Abendmahlsteilnehmer erklären. Vgl. David, S. 85 ff. 47 Die Berechnung für Berlin basiert auf Davids graphischer Darstellung der Abendmahlsbeteiligung für Ostern, Pfingsten, September und Weihnachten von 1680 bis 1840, die mit seinen Angaben zur Größe der Berliner Kolonien in Beziehung gesetzt wurden. David, S. 88. Die Angaben zu den Potsdamer Kommunikanten entstammen den Protokollbüchern der Gemeinde. Im Einzelnen die für die Jahre 1745 und 1753 dem Band AFrD, 5968 sowie die der Jahre 1786 bis 1793 dem Band AFrD, 5970. Die Angaben der nachfolgenden Jahre sind der Akte AFrD, 5990 entnommen.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde Kommunikanten gesamt
Männer
Frauen
293
Größe
Beteiligung
Gemeinde Kolonie
Kolonist, Pro Jahr
September 1745 Nachmittags
62 57
220**
>1
September 1753
76
217**
>1
1775 gesamt
208
155**
>1
1785 gesamt
143
130**
~1
1786 gesamt
115
138**
~1
1793 gesamt
115
75
40
156
136**
~1
1795 gesamt
124
77
47
141
141**
~1
1796 gesamt
137
65
72
189**
~1
1798 gesamt
128
64
64
179**
~1
1799 gesamt
104
54
50
186**
~0,66
1800 gesamt
110
53
57
186**
~0,66
1801 gesamt
98
41
57
186**
~0,66
1802 gesamt
112
38
64
162**
~0,66
1803 gesamt
88
38
50
139**
~0,66
1806 gesamt
94
45
49
138**
~0,66
1808 gesamt
100
42
58
118**
~0,66
91
52
156
* Da keine Liste für 1775 existiert, wurde hier die Angabe von 1776 benutzt. ** In dieser Angabe sind auch die 40–58 Émigrés katholischen Glaubens enthalten, die zeitweilig unter die französische Gerichtsbarkeit fielen. Der Berechnung der Abendmahlsbeteiligung für das Ende des Untersuchungszeitraumes wurde die Gemeindegröße von 1798 zu Grunde gelegt.
Abbildung 25: Vergleich der Kommunikanten in der Französischen Gemeinde in Potsdam von 1745 bis 1800 mit der Größe der Gemeinde und der Französischen Kolonie (gemäß Kolonielisten, nur Franzosen)
stand im Dezember 1793 eine Abendmahlsbeteiligung von 115 Kommunikanten einer Gemeindegröße von 156 Seelen gegenüber, wovon ein Fünftel Kinder waren.48 Überraschend ist weiterhin, dass in den Jahren der starken Abendmahlsbeteiligung der Anteil der männlichen Kommunikanten in etwa doppelt so 48
Die Gemeindeliste von 1795 vermerkt 28 Kinder. AFrD, 5990, fol. 5.
294
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
hoch war wie der der Frauen, wo doch gemeinhin den Frauen eine stärkere Religiosität nachgesagt wird. Mitte und Ende des 18. Jahrhunderts bleibt ihre Zahl nur geringfügig hinter der der Männer zurück. Dies liegt zum einen daran, dass nachweislich ausgangs des 18. Jahrhundert der Anteil der Frauen in der Französischen Gemeinde um ein Viertel niedriger war als der der Männer. Zum anderen könnte dies aber bereits auf die Sprachproblematik hindeuten, so dass auf Grund unzulänglicher Französischkenntnisse die Frauen eher dem Gottesdienst fernblieben als die Männer. In Berlin stellten Männer um die Mitte des 18. Jahrhunderts durchschnittlich um die 40 Prozent der Kommunikanten.49 Ende des 18. Jahrhunderts bildeten Kolonie und Gemeinde zwei in etwa gleichgroße Gemeinschaften, die sich zu zwei Dritteln überlappten.50 Rechnet man die vorübergehend in die französische Gerichtsbarkeit aufgenommenen Émigrés hinzu, so war die Kolonie zur Hälfte mit der Gemeinde identisch. Wie in Berlin auch, war die Gemeinde in Potsdam zuletzt größer als die Kolonie. Zwar emanzipierte sich auch in Potsdam die Französische Gemeinde allmählich von der Kolonie, doch verlief diese Entwicklung schleichend, ohne die Dramatik wie in Berlin. Auch von dieser Seite bestätigt sich die in Kapitel vier gemachte Beobachtung, dass das Wahlbürgerrecht und die Aufnahme der Émigrés wenig Einfluss auf die Entwicklung der Kolonie hatten. Offenbar wirkte der Sprachverlust, den David als einer der Gründe für den Rückgang der Abendmahlsbeteiligung anführt, nicht so stark auf die Gemeinde in Potsdam, wie in Berlin. Diese Vermutung kann jedoch erst im Abschnitt G.II. bestätigt oder revidiert werden. 6. Verhältnis zu anderen Gemeinden Die Geschichte der Französischen Gemeinde ist eng mit der anderer Potsdamer Gemeinden verbunden. Kontakte bestanden schon seit den ersten Jahren nach Verkündigung des Edikts von Potsdam, als noch keine eigene französische Gemeinde in Potsdam existierte und die Franzosen die Gottesdienste zusammen mit der reformierten Schlossgemeinde feierten. Wenigstens für die Jahre 1750 bis 1753 teilten sich beide Gemeinden die Hof- und Garnisonkirche, denn nun war es die Französische Gemeinde, die bis zur Fertigstellung ihres Gotteshauses ein Ausweichquartier benötigte. Die Protokollbücher der Französischen Gemeinde vermitteln den Eindruck, dass 49 Vgl. die Grafik von David, S. 89. Die Angabe bezieht sich auf den Wert für 1765. 50 Dies zeigt ein Vergleich zwischen Gemeinde- und Kolonieliste von 1795. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, Nr. 33, Vol. I; AFrD, 5990, fol. 4 f.
I. Das Gemeindeleben der Französischen Gemeinde
295
diese Entscheidung sehr schnell getroffen werden musste, und die Garnisonkirchengemeinde in der Person des Generalkaplans Decker nicht nur die erste Anlaufstelle war, sondern auch den „Réfugiés aus der Schlosskapelle“ spontan und ohne viel Aufhebens ihre Hilfe anbot.51 So beanspruchte die Garnisonkirchengemeinde allein den Sonntag zwischen „drei Viertel auf 10 Uhr“ und „ein Viertel auf 3 Uhr“ für ihren Gottesdienst.52 Davor und danach sowie an allen anderen Wochentagen konnte die Französische Gemeinde die Kirche für ihre Gottesdienste, Betstunden und Vorbereitungen nutzen. „Der Schlüssel zu der Kirche und Sakristei können mit dem Garnison Kirchen Meister [. . .] an der brandenburgischen Straße wohnhaft abgefordert werden“, teilte Decker dem Pastor Le Cointe in einem Brief mit. Auch die Lichtverhältnisse beeinflussten die Wahl der Garnisonkirche. Hierzu der Generalkaplan weiter: „Da auch an der Kirchentags der [sic!] Sonne ein Viertel auf 9 Uhr aufgehet, so wird es des Morgens nie an licht gebrechen zumale in der so helle Garnison Kirche. Im December und Januar wird es freylich bald finstern es dependirt aber von der französischen Gemeinde selbst, ob sie in dem Monath des Nachmittag Gottesdienst halten wolle oder nicht.“
Nicht ganz unbedeutend hierbei mag sein, dass der zuständige Pfarrer der Gemeinde, der Generalkaplan Decker, mit der Tochter des Baukapitäns Pierre Gayette liiert war. Für das gute Verhältnis der Französischen Gemeinde zur Garnisonkirchengemeinde spricht ferner, dass sich die Französische Gemeinde von dort die Tauf- und Abendmahlsgefäße auslieh, da sie 51 Wann genau die „Kündigung“ ausgesprochen wurde, geht aus den Protokollbüchern nicht hervor. Der hektische Schriftwechsel der Pastoren mit dem Generalkaplan Decker und den Behörden legt jedoch die Vermutung nahe, dass den Hugenotten tatsächlich nicht mehr als eine Woche für den Umzug und die Suche nach einem Ausweichquartier geblieben ist. AFrD, 5984, fol. 61; Nur ein Jahr zuvor erkundigte sich Friedrich II. über „le Batiment et entretient des Temple et maison curicles“ sowie über die Vermögensverhältnissen der Französischen Gemeinde und deren Veränderung während der letzten sechs Jahre. AFrD, 5968, fol. 124. Trug sich Friedrich II. also bereits 1749 mit Plänen zu einem Umbau der Schlosskapelle und ließ nun feststellen, ob die Französische Gemeinde einen Kirchenbau zumindest mitfinanzieren könne? Die entsprechende Order ließ sich jedoch unter den Minütes des Jahres 1749 nicht ausfindig machen. GStA PK, I. HA Rep. 96B Geheimes Zivilkabinett, Nr. 37. 52 AFrD, 5984, fol. 61. Probleme gab es während der nächsten drei Jahre in und mit der Garnisonkirche nur beim Abendmahl zu Ostern und Pfingsten, das immer zu einem wahrhaft heillosen Durcheinander führte. Denn die deutsche Gemeinde strömte bereits vor 9 Uhr vormittags in Scharen in die Kirche. So forderten die Anciens die Pastoren Le Cointe und Pelet auf: „pünktlich um 7:30 Uhr die Kanzel zu besteigen, damit der Gottesdienst mit mehr Ordnung und weniger Durcheinander ablaufen kann.“ AFrD, 5968, fol. 148 „de monter en chaire precisement a 7 heures et demi afin que le service devine puisse se faire avec plus d’ordre au moins de confusion.“
296
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
bis zur Auflösung der Französischen Gemeinde in Spandau über keine eigenen liturgischen Gefäße verfügte.53 Als die Stadtkirche Sankt Nikolai 1795 einem Brand zum Opfer fiel, hatte die Französische Gemeinde ihrerseits die Gelegenheit, einer fremden Gemeinde ihre Kirche zur Verfügung zu stellen.54 Diese Doppelnutzung geriet trotz aller Probleme, die das Ungleichgewicht zwischen der kleinen französisch-reformierten und der großen lutherischen Gemeinde in sich barg, für die Hausherren zum Vorteil. Sie beschleunigte die behördlichen Anstrengungen, die Reparaturen an der seit 1803 baufälligen Kuppel der Französischen Kirche zu beenden, denn auf eine neue Kirche brauchte die Nikolaigemeinde vorerst nicht zu hoffen. Pläne zu einem Neubau der Stadtkirche tat dieser sonst als Theologe unter den Preußenkönigen stilisierte Friedrich Wilhelm III. mit dem nüchternen Hinweis ab, in Potsdam gäbe es bereits genügend Kirchen.55 Bis zum Abschluss der Reparaturen an der Französischen Kirche 1805 nutzte die Französische Gemeinde den Turnsaal der Großen Stadtschule oder begab sich zum Gottesdienst nach Nowawes.56 Dort konnte sie das Bethaus der Böhmischen Gemeinde nutzen.57 Seit November 1806 bis zum Abzug der französischen Armee diente die Französi53
AFrD, 5984, fol. 13. Neben der Garnisonkirche trat die Französische Gemeinde mit dieser Bitte noch an andere Kirchgemeinden der Stadt heran. 54 „La Compagnie a donc d’accéler à la demande de la commune du St Nicolas. Elle a jugé en même tems qu’il serrait de la prudence de recommencer aussi le service divine, dès ca Vendredi Saint dans notre temple. La commune en sera donc avertie demain par lecture d’un billet en chaire.“ AFrD 5971, fol. 210. Gleichzeitig nutzte die Nikolaigemeinde aber auch die Heilig-Geist-Kirche. 55 Vgl. hierzu auch Friedrich Bakschat, der die entsprechende Kabinettsordre Friedrich Wilhelm III. zitiert. Friedrich Backschat, Der Brand der St. Nikolaikirche in Potsdam am 3. September 1795 und König Friedrich Wilhelm II., in: Hohenzollernjahrbuch 13 (1909), S. 275–281, insbesondere S. 280. Friedrich Wilhelm IV. spürte hingegen die Lücke, die der Brand in Potsdams Mitte gerissen hatte. „Dat fehlt“, überschrieb er seine Skizze eines Kirchenneubaus auf dem Alten Markt und sandte sie an Schinkel. Vgl. Gerd-H. Zuchold, „Mir ist als sei ich zu Haus“ – Friedrich Wilhelm IV. und Italien, in: Königliche Visionen, S. 260–268, hier S. 260. Der Gottesdienst musste in der Französischen Kirche ab März 1803 bis zum Abschluss der Reparaturen am Gewölbe Pfingsten 1804 eingestellt werden, da sich Steine aus der Kuppel gelöst hatten. Von 1795 an nutzte die Stadtkirchengemeinde die Französische Kirche mit, nachdem es um die Nutzung der Heilig-Geist-Kirche mit dortiger Gemeinde zum Streit gekommen war. BLHA, Pr. Br. Rep. 2A Potsdam, II Potsdam, Nr. 225, fol. 7 und 41; AFrD, 5971, 19.10.1795. 56 AFrD, 5971, fol. 195 f. 57 Das Bethaus der Böhmischen Gemeinde ist allem Anschein nach dem privatwirtschaftlichen Engagement des Gemeindegliedes Bientz zu verdanken, auf dessen Hof das eingeschossige Bethaus 1770 errichtet wurde. Damit ging die Gemeinde Streitigkeiten mit der Deutschen Gemeinde um die Nutzung der Friedrichskirche aus dem Weg. Vgl. hierzu ausführlich Weiden, S. 67 ff.
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
297
sche Kirche als Fouragemagazin. Auch während dieser Zeit stand der Gemeinde das Bethaus zur Verfügung. Es zeigt sich, dass eine kleine Kirchengemeinde wie die Französische häufig auf die Unterstützung anderer Kongregationen angewiesen war, auf deren Hilfe sie durchaus bauen konnte. Diese Kooperation beruhte auf Gegenseitigkeit und übersprang dabei die Konfessionsgrenzen. Doch bleibt festzuhalten, dass die Französische Gemeinde im Zweifelsfall eher an die Brüderlichkeit einer Simultangemeinde, wie etwa der Garnisonkirche, appellierte, als dass sie an die Kirchentür einer rein lutherischen Gemeinde anklopfte. Das nächste Unterkapitel soll klären, ob sich die Betonung der französischen Herkunft, wie sie sich für das ausgehende 18. Jahrhundert bei Konnubium und Patenwahl französischer Kolonisten andeutete, auch in einer Belebung der französischen Sprache in der Französischen Kolonie widerspiegelte.
II. Die Sprache der französischen Kolonisten „Ma femme y ayant toujours Estée malade, et ne sachant aussi ny l’un ny lautre la langue du pais“.58
Der Grad des Kulturtransfers ist auch durch die Sprachkompetenz bedingt. Daher soll nun untersucht werden, wie schnell und wie gut die Réfugiés und ihre Nachkommen lernten, sich mit den brandenburgischen Landeskindern zu verständigen. Dieser Prozess ging mit einem allmählichen Sprachwechsel einher. Dabei bildete sich im Stadium der Aneignung der neuen Sprache eine Zweisprachigkeit (Bilingualität) heraus.59 Im weiteren Verlauf vollzog sich ein wirklicher Sprachwechsel, in dem nicht mehr das Französische sondern das Deutsche die Muttersprache wurde. Um diesen Prozess nachzuvollziehen, sind wir auf schriftliche Kondensate angewiesen, die zumeist nur indirekt über die Sprachkompetenz der Hugenotten berichten. Diese gilt es dahingehend auszuwerten, wie gut die Kolonisten noch das Französische beherrschten und in welchem Umfange sie schon das Deutsche gebrauchten, bevor im Anschluss daran die Rolle der Französischen Gemeinde bei diesem Sprachwechsel befragt wird. 58
GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 13, 09.01.1743. 59 Nicht selten machte sich dieser Sprachwechsel durch „diglossie“ bemerkbar, etwa durch die zunehmende Verwendung deutscher Alternanzen. Auch gilt es die Kommunikationssituation zu berücksichtigen, aus der heraus Quellen zur Sprache der Kolonisten überliefert sind: privat – öffentlich, schriftlich – mündlich, etc. Vgl. zum Sprachwechsel und zum Sprachbefund in den Französischen Kolonien um 1780 Rosen-Prest, S. 43 ff. Auf die im Eingangszitat anklingende Differenz zwischen Schriftsprache und gesprochener Sprache kann in diesem Zusammenhang nicht abgehoben werden.
298
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
1. Der Sprachwechsel in der Französischen Kolonie Wenn der Sprachwechsel vor allem an schriftlichen Zeugnissen aus der Feder der Kolonisten nachgezeichnet werden soll und muss, gilt es, sich zuvor zu vergewissern, inwieweit die französischen Kolonisten überhaupt in der Lage waren, uns auf diese Weise ihre Sprachkompetenz zu enthüllen. Mit anderen Worten, wie viele Französische Kolonisten waren des Schreibens und Lesens kundig? In den Quellen finden sich für die Französische Kolonie in Potsdam nur zwei Belege für Analphabetismus. So bekräftigte der Gerber Pierre Boissier 1760 seinen Bürgereid mit drei Kreuzen.60 Das Unvermögen, seinen Namen schreiben zu können, liegt vermutlich in Boissiers sozialer Herkunft begründet, sprich, in der hohen Arbeitsbelastung einer Tabakspinnerfamilie, in die er hineingeboren wurde. Auch Louise Fistaine bekräftigte 1754 die Scheidung von ihrem Ehemann Jacques Duquesne mit drei Kreuzen.61 Allein die Vielzahl an Unterschriften, die Französischen Kolonisten zuzuordnen sind, lassen Boissier und Fistaine als Ausnahmen erscheinen. Die Aneignung des Deutschen über ein Stadium der Zweisprachigkeit bis hin zu einem allmählichen Verlust des Französischen vollzog sich im Handwerkermilieu schneller, in Adelskreisen hingegen langsamer.62 Diese Theorie wird auch durch den Befund in Potsdam gestützt. So datiert für Potsdam der erste Beleg für den Verlust des Französischen aus dem Jahr 1752 und betrifft die Frau des Tabakpflanzers Plantier, Louise Noé,63 und das 60 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 54. Der 1730 aus Rathenow gebürtige Sohn des Tabakspinners Boissier lebte seit 1732 mit seiner Familie in Potsdam und hätte also in den Genuss der Elementarschulbildung der Französischen Gemeindeschule kommen können. Ob Pierre Boissier tatsächlich dem pädagogischen Geschick des französischen Schulmeisters Daniel Plantier anvertraut wurde, muss offen bleiben, denn Schülerlisten haben sich im Untersuchungszeitraum nur sporadisch ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert erhalten. Vgl. Abschnitt D.I.3. Hatte hingegen die Witwe Baral 1769 ihren Vertrag als Seidenkultivateurin noch mit „XXX“ signiert, findet sich etwa 20 Jahre später auf den Verträgen für den Jägerhof ihre Unterschrift. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 3187, 15.12.1769; BLHA Pr. Br. Rep. 22, Nr. 1, passim. 61 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 8, 23.10.1758. 62 In den gehobenen sozialen Schichten sei das Französische für das 18. Jahrhundert noch weitgehend in Gebrauch gewesen. Die Mehrzahl der Kolonisten sprach Ende des 18. Jahrhunderts hingegen im Alltag Deutsch, während Französisch für sie lediglich Kultsprache war. Vgl. Rosen-Prest, S. 42 f. Inwieweit die Kolonisten wiederum ihre Kultsprache beherrschten, analysiert der Abschnitt G.II.4. 63 Louise Noé erschien 1752 beim deutsch-reformierten Pastor des Waisenhauses, um ihn zu ersuchen, sie zum Abendmahl in seiner Gemeinde zuzulassen. Gegenüber dem Potsdamer Consistoire führte sie an, dass obgleich sie Tochter eines Franzosen
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
299
jüngste, aber zugleich einzige Indiz für noch fehlende deutsche Sprachkompetenz aus dem Jahr 1743. Hier handelte es sich um die Frau des reformierten Offiziers Chambaud de Bavas, die angeblich außerstande war, sich einem Arzt auf Hochdeutsch oder im ortsüblichen Dialekt mitzuteilen: „Ma femme y ayant toujours Estee malade, et ne sachant aussi ny l’un ny lautre la langue du pais“.64 Das schichtenspezifische Tempo im Sprachwechsel führte in Potsdam Mitte des 18. Jahrhunderts zu Überlagerungen. Man konnte sowohl auf Kolonisten der zweiten Generation aus gehobener sozialer Schicht treffen, mit denen eine Verständigung auf Deutsch nahezu unmöglich war, als auch auf Angehörige der dritten Generationen aus dem Handwerkermilieu, mit denen dies ausschließlich auf Deutsch gelang. Einen ersten Hinweis darauf, dass der Sprachwechsel bereits in der vierten Réfugiésgeneration seinen Abschluss fand, liefern die im ausgehenden 18. Jahrhundert geleisteten Bürgereide der Kolonisten. Laut Gerichtsbuch legten insgesamt elf Réfugiésnachfahren ihren Bürgereid auf Deutsch ab.65 Der erste datiert von 1767 und betraf den aus der Pfalz stammenden Arnold Stilgenbauer, der zweite André Plantier im Jahr 1783. Dessen Mutter hatte – wie erwähnt – 1752 aus Sprachgründen die Gemeinde gewechselt. Neben diesen vereinzelten Fällen tauchten ab 1788 deutsche Bürgereide gehäuft auf.66 Wie gut und wie lange die Französischen Kolonisten in Potsdam noch die französische Sprache beherrschten, soll im Folgenden geklärt werden.
und mit einem Franzosen verheiratet sei, sie nur sehr wenig Französisch verstünde und in ihrer Jugend keine ausreichende Unterweisung des Gottesdienstes in französischer Sprache genossen habe. Das Konsistorium der Französischen Gemeinde entsprach ihrem Wunsch, die Gemeinde zu wechseln. Die aus Brandenburg stammende Louise Noé hatte sich 1750 mit Frédéric Plantier, einem Tabakpflanzer aus Spandau verheiratet. Dieser jedoch, so wurde in der Versammlung der Anciens versichert, Französisch sowohl verstehen als auch sprechen konnte. AFrD, 5968, fol. 150. 64 Daher müsse sie aus Krankheitsgründen nach Berlin ziehen, wo es französische Ärzte gäbe, zusammen mit ihrem Mann, der so für sich die Beibehaltung seiner vollen Pension zu begründen suchte. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 13, 09.01.1743. Dies Gesuch hat insofern Gewicht, als dass die deutschen Krankheitsbezeichnungen von denen im Französischen abwichen. Vgl. Wilke (1988c), S. 302. 65 Wie bereits in Abschnitt E.I. dargelegt, war der Erwerb des französischen Bürgerrechts nicht an die Beherrschung des Französischen gebunden. Mit den Richtern war ebenso eine Verständigung auf Deutsch möglich, wie nicht zuletzt die Dokumentation etlicher deutscher Bürgereide im Gerichtsbuch beweist. 66 Im Zeitraum von 1788 bis 1805 ist im Gerichtsbuch der Französischen Kolonie in Potsdam neunmal die Verleihung des Französischen Koloniebürgerrechts auf Deutsch dokumentiert, jedoch nur fünfmal auf Französisch. BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 70 ff.
300
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
2. Die Beherrschung des Französischen Betrafen diese drei Beispiele die mündliche Sprachkompetenz und das Hörverständnis im Französischen und ließ sich hier nur indirekt auf die Fähigkeiten der Betroffenen schließen, soll nun das Augenmerk auf die Beherrschung des Französischen im Schriftlichen gelegt werden. Am genauesten lässt sich hierbei der Sprachwechsel innerhalb der Handwerkerschicht beobachten, da eine Vielzahl von eigenhändig verfassten Suppliken zwischen den Aktendeckeln von Steuerrat und Französischer Verwaltung hängen geblieben sind,67 so etwa das Beispiel aus der Hand von Jean Louis Escoffier von 1748:68
Abbildung 26: Schriftprobe Escoffier
Konsonantenverdoppelungen und Dehnungen bereiteten dem Gerber Escoffier Probleme. So schrieb er lainne statt laine und bei der Endsilbe -ier entfiel oftmals der letzte Buchstabe, auch bei seinem Namen. Die Gewichtsangabe „deux quintal et 4 steyn“ zeigt, dass Escoffier mit den preußischen Maßen vertraut war. Lag kein Äquivalent im Französischen vor wie quintal für Zentner, gebrauchte er die deutsche Bezeichnung und übersetzte sie nicht. Als Beispiel für einen geübten Schreiber kann der Schlossermeister Jacques Laborde gelten. Zwar verwandte Laborde in seiner Supplik den Subjonctif, dachte aber im Alltag das Französische zunehmend vom Deutschen her, wie folgende Dehnungen und Schärfungen sowie lautmalerische Anleihen nahelegen: famme statt femme, etapblier statt etablir und Collonnie statt Colonie:69 67 Private Korrespondenzen, aus denen sich die Sprachkompetenz des Adels erfassen ließe, haben sich hingegen nicht erhalten. 68 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 17.01.1748. 69 BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2754, 03.06.1756.
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
301
Abbildung 27: Schriftprobe Laborde
Im Vergleich zu anderen Kolonisten seiner Generation und sozialen Schicht war Laborde mit Orthographie und Grammatik des Französischen gut vertraut.70 Auch sein Sohn schien noch in beiden Sprachen zu Hause zu sein, denn er konnte, wenn gleich erfolglos, beim Gewerk um seine Handelskonzession nachsuchen. Zwar überließ er es seinem Vater, die Supplik auf Französisch zu verfassen, doch wischte Laborde den Rat der Seifensieder an seinen Sohn, doch nach Frankreich zu gehen, immerhin nicht mit fehlender Sprachkompetenz vom Tisch, sondern mit dem Hinweis auf dessen angegriffene Gesundheit, die ihm das Reisen unmöglich mache. Be70 Vergleiche hierzu die Beispiele zur Sprachkompetenz von Jeremie Nevir und Pierre Petitjean in diesem Abschnitt.
302
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Abbildung 28: Schriftprobe Nevir, Französisch
zeichnenderweise ging der Schlossermeister also auf diese Schmähung ein und versuchte sie argumentativ zu entkräften. Sehr aufschlussreich ist ferner die Korrespondenz des Händlers Jeremie Nevir aus dem Jahr 1744. Von ihm sind Schriftproben sowohl aus dem Deutschen als auch dem Französischen erhalten. Wie Laborde 1701 geboren, gehörte Nevir ebenfalls zur zweiten Generation der Hugenotten, die bereits im Refuge aufwuchs. Doch anders als der Schlossermeister kam er nicht in Frankreich, sondern in Berlin zur Welt. Verglichen mit Laborde war sein Französisch viel unverständlicher und fehlerbehafteter, obwohl er als Händler profunderer Französischkenntnisse bedurfte als der Schlosser. Das unterstreichen auch Nevirs Handelskontakte nach Frankreich.71 In der Orthographie des Französischen ergaben sich hingegen deutlichere Abweichungen als bei Laborde. Nicht nur, dass Nevir den Nasallaut „en“ häufig 71 Abgebildet ist die zweite Seite seines Briefes aus Prag vom 21.10.1744, in: BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2149. Vgl. zu Nevirs Handelskontakten den Abschnitt G.III.1.
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
303
Abbildung 29: Schriftprobe Nevir, Deutsch
mit an wiedergab, ihm unterliefen auffallend viele Fehler bei den Konsonantenverdoppelungen. So schrieb er sufisamant statt suffisamment, parttie statt partie und pretansion statt pretention. Weniger Probleme schien Nevir das Deutsche zu bereiten, wenn es sinnigerweise auch durchzogen war von französischen Alternanzen. So entfuhr ihm bei einer Datumsangabe das Lexem Juin, folgerichtig auch mit lateinischen Buchstaben ausgeführt, obwohl er die restliche Mitteilung in Deutsch und im deutschen Schreibinventar abfasste.72 Auch im Deutschen tauchten lautmalerische Abweichungen bei den Worten richtig (richttich) und empfangen (Emfangen) auf. Dennoch beherrschte Nevir die deutsche Sprache, denn er wusste etwa um die korrekte Satzstellung und die Konjugation der Verben. Zudem war seine Hand im Deutschen genauso flüssig wie im Französischen, wenn man als Indikator etwa den Abstand der I-Punkte heranzieht. Sie wurden recht hoch angesetzt und gingen der Schreibrichtung voraus. Dies spricht für Schnelligkeit beim Schreiben.73 Außerdem neigte sich die Schrift in beiden Fällen etwa gleich weit nach rechts – ein weiterer Hinweis für Schnelligkeit. Selbst ein aktives Gemeindeleben, wie die Anciens es pflegten, bewahrte die Kolonisten nicht vor Germanisierungen ihres Schreibstils. Die Einträge von Pierre Petitjean als Tresorier im Protokollbuch der Gemeinde belegen zwar, wie geübt der Seifensieder im Schreiben war. Dennoch zeigt seine Orthografie deutliche Abweichungen vom Französischen, die vom Deut72
Abgesehen von „Cabinet ordre“, das als Fremdwort gebraucht und daher ebenfalls in lateinischen Buchstaben erscheint sowie bei „habe“ und „Emfangen“, wo sich die Schreibinventare mischen. BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 21.02.1748. 73 Wilhelm Helmut Müller/Alice Enskat, Graphologische Diagnostik – ihre Grundlagen, Möglichkeiten und Grenzen, Bern 19934.
304
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
schen her lautmalerisch zu erklären sind. So schrieb er caise statt caisse, susmansionne statt sousmentioné, mem statt même, condisions statt conditions, dons statt dans sowie consistoir statt consistoire. Nur selten verwandte er Betonungszeichen.74 Auch Petitjean dachte im Bezug auf die Schreibweise das Französische von der deutschen Aussprache her. Das lässt darauf schließen, dass er im Alltag mehr im Deutschen gefordert war als im Französischen, das er außerhalb der Gemeinde wohl selten gebrauchte. Die Schriftproben der Anciens wie die von Petitjean unterscheiden sich deutlich von denen der Prediger der Gemeinde, die neben der Führung der Protokollbücher den restlichen Schriftverkehr der Gemeinde erledigten. Genauso wie die Anciens in ihrer Schreibkompetenz nicht an die Beherrschung des Französischen heranragten wie die Pastoren der Gemeinde, so konnten auch die Subalternen bei Gericht es in dieser Sprache nicht mit ihren Vorgesetzten aufnehmen. Eine Inventarliste des Französischen Gerichts enthüllt, dass manche Alltagsgegenstände dem Gerichtsschreiber bereits unter ihrer deutschen Bezeichnung vertrauter waren als auf Französisch. Dem Begriff bonnet folgt die deutsche Entsprechung: neufs Hauben. Desweiteren benutzte der Gerichtsdiener das Lexem corbeilles (kleiner Korb), ließ ihm aber gleich das Wort Kobers folgen, womit wohl Körbe gemeint waren.75 Selbst Gemeindeleitung und Französisches Gericht blieben im Sprachgebrauch vor deutschen Alternanzen nicht verschont, wenngleich auch die Pastoren und Richter neben den professionellen Schreibern in der Kolonie zu den mit Abstand geübtesten Anwendern der französischen Sprache gezählt werden können.76 74 AFrD, 5969, fol. 6. Pierre Petitjean wurde 1754 neben Isaac Figuier als Ancien bestimmt. Die Schriftprobe stammt aus dem Jahr 1756. AFrD, 5968, fol. 160 f. 75 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4f, Nr. 3, fol. 68 f. 76 Diese Gruppe war auch nahezu täglich im Französischen gefordert. Vgl. zu deren auf Französisch abgewickelter Amtsführung etwa die Kirchenbücher der Gemeinde, das Gerichtsbuch der Französischen Kolonie sowie die Konvolute 1 ff. unter der Repositur der Potsdamer Kolonie im Geheimen Staatsarchiv GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23. Der Sohn des ersten Kantors der Gemeinde Samuel Villaume erledigte während seiner Zeit als Privatsekretär Friedrich II. auch seine private Korrespondenz auf Französisch. Staatsbibliothek Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Nicolai 77, Samuel Villaume, fol. 1 f. Dennoch war die Ausdrucksweise der Kolonisten durch besondere Merkmale gekennzeichnet, wie deutsche Einschübe und eine veraltete Bibelsprache, die der Philosoph Voltaire (François Marie d’Arouet 1694–1778) als „style réfugié“ deklarierte. Vgl. Rosen-Prest, S 420 f. und zuletzt: Manuela Böhm, Berliner Sprach-Querelen. Ein Ausschnitt aus der Debatte über den style réfugié im 18. Jahrhundert, in: Elisabeth Berner/dies./Anja Voeste, Ein gross und narhafft haffen. Festschrift für Joachim Gessinger, Potsdam 2005, S. 117–129.
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
305
Abbildung 30: Schriftprobe Duquesne
3. Die Beherrschung des Deutschen Neben den in den Suppliken, Protokollbüchern der Gemeinde und Gerichtsakten enthaltenen versteckten Hinweisen, dass der Schreiber oder ein Familienangehöriger sich auch auf Deutsch mitteilen konnte, gibt es für den einen oder anderen Kolonisten schon zur Mitte des 18. Jahrhunderts hierfür explizite Belege, wie etwa für Paul Guy, der dem Kriegsrat Heidenreich mit seiner Unterschrift auf einer auf Deutsch ausgestellten Quittung den Erhalt von einem Reichstaler bestätigte. Guy verstand also, was er da unterschrieb, sonst hätte der Kriegsrat auf Französisch formulieren müssen.77 Aber es gibt auch neben dem bereits besprochenen Händler Nevir noch weitere Belege für die aktive Beherrschung des Deutschen: Von dem Tapetenfabrikanten Duquesne sind aus eigener Hand keine Schriftproben auf Französisch überliefert. Seine Korrespondenz mit den Kriegsräten Heidenreich und Neubauer führte er ausschließlich auf Deutsch.
77
BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2953, 14.02.1741.
306
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Grammatikalisch finden sich bei dem gebürtigen Kölner Textilfabrikanten keine Auffälligkeiten, doch machte er beim Niederdeutschen Anleihen, wie „wan“ statt wenn und verfuhr mit Dehnungen sehr eigenwillig.78 Auch von seiner aus den Niederlanden stammenden Frau Antoinette Gaultier haben sich Schriftproben erhalten, als sie in Abwesenheit ihres Mannes die Fabrik allein führte. Sie bediente sich im Kontakt mit den deutschen Behörden einer Mischung aus Niederländisch und Niederdeutsch. Wie ihr Mann beherrschte sie zwar nicht das deutsche Schreibinventar, doch lässt ihre Hand eine gewisse Routine im Schreiben erkennen. Ihre Schrift erscheint groß und fett, was dafür spricht, dass sie die Feder langsamer führte und dabei mehr Tinte aufs Papier gelangte.79 Neben diesen schriftlichen Belegen für aktive oder passive Beherrschung des Deutschen von Kolonisten Mitte des 18. Jahrhunderts haben die in Kapitel F. dargelegten Verflechtungen auf dem Gebiet der Arbeitsbeziehungen zwischen Franzosen und Deutschen bereits für weite Teile der Kolonie eine alltagstaugliche Beherrschung des Deutschen attestiert. Wie diese Beobachtungen zu bewerten sind, ergibt sich erst dann, wenn der bereits angeklungenen Rolle der Französischen Gemeinde im Sprachwechsel nachgegangen wird. 4. Die Rolle der Französischen Gemeinde beim Sprachwechsel Der Gemeinde kommt deshalb entscheidende Bedeutung beim Sprachwechsel zu, weil sie einerseits in Gottesdiensten und Versammlungen den französischen Sprachgebrauch kultivierte, andererseits über die Gemeindeschule möglichst alle Kinder der Kolonie erreichen wollte, um sie sowohl im Französischen als auch im Deutschen zu unterrichten. Bei den Pfarrstellenbesetzungen wie bei den Bestallungen der Schulmeister wird deutlich, dass von landesherrlicher Seite auf die Zweisprachigkeit der Bewerber großen Wert gelegt wurde.80 Wie das Beispiel aus Pasewalk bereits zeigte, stand zuweilen die Vermittlung des Deutschen hierbei im Vordergrund.81 Wenn auch Louise Noés Unkenntnis im Französischen auf das Fehlen einer 78
Ebd, 17.07.1745. Vgl. Abschnitt F.I.1. 80 Dem zweiten Prediger der Potsdamer Gemeinde wurden gute Sprachkenntnisse in Deutsch und Französisch attestiert. Das geht aus dem Schriftverkehr zur Besetzung der Pfarrstelle in Neustadt/Dosse hervor. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bI, Nr. 19, fol. 41. Ähnliches lässt sich auch im Zuge der Bestallung Plantiers als Schulmeister konstatieren. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 3bII, Nr. 2, fol. 87. 81 Vgl. Abschnitt B.I.1. 79
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
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Französischen Gemeinde und entsprechender Schule in ihrem Herkunftsort Spandau zurückgeführt werden kann,82 so zeigen allein die Fälle von Analphabetismus, dass nicht jedes Kind der Potsdamer Kolonie in den Genuss einer Elementarschulbildung kam. So fand nachweislich um das Jahr 1740 kein Schulunterricht statt, worunter gerade die Familie des Tabakspinners Boissier gelitten haben dürfte. Wie bereits im Abschnitt D.I.3. gezeigt werden konnte, wurde die Gemeindeschule im 18. Jahrhundert von den Kindern der Französischen Gemeinde gut besucht. Der allmähliche Verlust des Französischen unter den Réfugiésnachfahren rührte also nicht aus der geringen Nutzung der Gemeindeschule her. Vielmehr ist die Effizienz der Französischen Gemeindeschule so gering anzusetzen, dass die Kinder, wenn überhaupt, dann nicht wegen, sondern trotz dieses Unterrichtsangebotes Französisch konnten.83 Fehlende Anreize, das Gelernte auch außerhalb der Schulstube anzuwenden, taten ihr Übriges. Von den deutschen Behörden erhielt die Französische Gemeinde in schulischen Belangen wenig Rückendeckung. Vielmehr sollte sie die Kinder, die nicht davon profitierten, in den Wahrheiten der Religion auf Französisch unterrichtet zu werden, zu einem deutschen Pastor schicken.84 In dem Maße wie die Französischkenntnisse der Gemeindeglieder im Laufe des 18. Jahrhunderts mehr und mehr abnahmen, stand auch das Fortbestehen der Gemeinde auf dem Spiel. Mit der Einführung deutschsprachiger Gottesdienste war jedoch auch die Eigenständigkeit der Französischen Gemeinde bedroht. Über die Einführung deutschsprachiger Gottesdienste wurde in der Französischen Gemeinde erstmals 1794 laut nachgedacht. Die Einführung 82 1735 wurde die Spandauer Gemeinde aufgelöst. 1738 berief Friedrich Wilhelm I. den Schulmeister Plantier von Spandau nach Potsdam. Vgl. die Abschnitte D.I.1. und D.I.3. 83 Für 1794 konnten für zwei Drittel bis die Hälfte der Schulabgänger nur geringe Kenntnisse des Französischen attestiert werden. Über die Kompetenzen der verbliebenen Absolventen ist nichts bekannt. Vgl. die Ausführungen in Kapitel D.I.3. 84 So heißt es sinngemäß in der gedruckten Verfügung, die auf den 26.12.1763 datiert und den Akten der Französischen Gemeinde einverleibt wurde. AFrD, 5985, fol. 43. Der Verlust des Französischen hat sich demnach spätestens bei der heranwachsenden vierten Generation zu einem Phänomen entwickelt, das neben Potsdam auch in anderen Gemeinden auftrat. So wollten 1759 die Berliner Gemeinden die Kinder französischer Abkunft, die wegen fehlender französischer Sprachkenntnis bei einem deutschen Pastor Konfirmandenunterricht erhielten, weiterhin als Glieder ihrer Gemeinde gezählt wissen. Vgl. Rosen-Prest, S. 49, die hier Frédéric Hartweg, Sprachwechsel und Sprachpolitik der französisch-reformierten Kirche in Berlin im XVIII. Jahrhundert, in: H. Herzfeld/H. Skrzypczak (Hg.), Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands, Bd. 30 (1981), S. 162–176, hier S. 164 zitiert.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
deutschsprachiger Gottesdienste wäre für eine Reihe von Gemeindegliedern von Vorteil, gab der Pastor Erman an, zumal er schon etliche Kinder auf Deutsch auf ihre Konfirmation vorbereiten musste, da ihnen jegliche Kenntnisse der französischen Sprache abgingen.85 Das Konsistorium hielt auch den Prediger Henry an, über die Einführung deutscher Gottesdienste nachzudenken und der Gemeinde seine Auffassung hierüber mitzuteilen, der dann die weiteren Schritte überlassen wurden.86 Doch hat sich Henrys Stellungnahme zur Einführung deutscher Gottesdienste leider nicht in den Akten der Französischen Gemeinde erhalten. Möglich, dass Henrys Ernennung zum Bibliothekar des Königs und sein damit verbundener Wechsel in die Berliner Gemeinde im darauffolgenden Jahr diesen Diskussionsprozess unterband.87 Vorläufig konnte sich auch Erman mit seiner Position nicht durchsetzen. Erst 1801 wurde das Thema wieder angegangen. Diesmal ging die Initiative von den Chefs de famille aus, die nun das Konsistorium aufforderten, deutsche Gottesdienste einzuführen. Man einigte sich auf folgenden Modus: Die Nachmittagsgottesdienste und vier Abendmahlsgottesdienste am Vormittag im Jahr sollten auf Deutsch gehalten werden.88 1804 wurden die deutschsprachigen Gottesdienste auf einen 14tägigen Turnus ausgedünnt, da die Beteiligung der Gemeinde hieran nicht so hoch war wie erhofft. In der Sprache des Konsistoriums lautete dies: Die Frömmigkeit in der Gemeinde wäre so ausgeprägt, dass die Predigtsprache unerheblich sei.89 Während in Gemeinden wie Gramzow, Frankfurt und Halle der Einführung deutschsprachiger Gottesdienste alsbald die Einstellung der sermon français folgte,90 zeigte sich in Potsdam mit der Reduktion deutscher Gottesdienste zunächst eine gegenläufige Tendenz. 85 Unter den 28 von Erman konfirmierten Kindern seien 13 gewesen, „qui ignorent absolument la langue Français“. 1794 unterrichtete er neun Konfirmanden, die allesamt kein Französisch verstünden. Ein ausführlicher Bericht von Erman zur Einführung deutschsprachiger Gottesdienste findet sich unter AFrD, 5984, fol. 149–154, die Liste der Konfirmanden auf fol. 153. 86 AFrD, 5971, 03.09.1794. 87 Am 12.01.1795 erteilte Friedrich Wilhelm II. seinem Bibliothekar Henry in einem Brief die Erlaubnis, noch bis März in Potsdam weilen zu dürfen. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Runge/DuBois-Reymond, 14, Nr. 2, fol. 2. 88 „Les chefs de famille présents à l’assemblée ont déclaré à la Compagnie qu’ils souhaitaient pour le bien de notre Église l’introduction d’un service divine en langue Allemande tous les Dimanches après midi & quatre fois par an le matin les jours de secondes communions, dans notre temple.“ AFrD 5971, fol. 167, 11.02.1801. 89 AFrD 5971, fol. 211, 10.03.1804. 90 In Gramzow fand der erste deutschsprachige Gottesdienst bereits 1778 statt. Schon 1786 wurden dort die Predigten nur noch auf Deutsch abgehalten. In Frankfurt und in Stettin gab es ab 1798 bzw. 1804 erstmals deutschsprachige Gottes-
II. Die Sprache der französischen Kolonisten Jahr
Vormittagskollekte
309
Nachmittagskollekte
1798
25
3
5
11
20
0
1799
32
16
8
18
8
2
1800
40
3
4
19
21
7
1801
29
1
3
6
19
0
1802
33
20
7
6
7
5
1803
17
10
7
4
16
5
Abbildung 31: Vergleich des Kollektenaufkommens der Jahre 1798 bis 1803 nach Vormittags- und Nachmittagsgottesdiensten in der Französischen Gemeinde in Potsdam in Reichstalern, Groschen und Pfennigen
Ob die Angaben und Schlussfolgerungen des Potsdamer Konsistoriums zur Frequentierung der deutsch- und französischsprachigen Gottesdienste zutreffend waren, vermag das Kollektenbuch zu beantworten. Über einen Zeitraum von sechs Jahren von 1798 bis 1803 wurden die Kollekten nach dem Verhältnis von der Vormittags- zur Nachmittagssammlung betrachtet. Diese Auswertung beruht auf der Vorannahme, dass jeder Gottesdienstbesucher im Durchschnitt gleichviel Kollekte gab, ganz gleich ob am Vormittag oder am Nachmittag, so dass die Höhe der Kollekte vorrangig von der Zahl der Gottesdienstbesucher abhing. Dabei wäre eine geringere Nachmittagskollekte bei den deutschen Gottesdiensten allein aus dem Beharrungsvermögen der Adligen heraus zu erwarten, aber auch deswegen, weil die französische Sprachkompetenz für eine besser dotierte Tätigkeit bei Hof und Verwaltung unerlässlich war. Daher ist davon auszugehen, dass die Frankophonen in der Französischen Gemeinde wohlhabender waren als diejenigen, die nur wenig Französisch verstanden. Hingegen müssten Vormittags- und Nachmittagskollekten eines Jahres zusammengenommen über die Jahre in etwa gleich geblieben sein. Betrachtet man das Kollektenaufkommen eines Jahres, so machten hieran die Nachmittagskollekten in den Jahren 1798 bis 1800 ein Drittel aus. Somit überstiegen für diese Zeitspanne die Vormittagskollekten die des Nachmittags um das Doppelte. Mit Einführung der deutschen Nachmittagsgottesdienste und damit in etwa zeitgleich mit Potsdam. Doch währte die Phase des zweisprachigen Gottesdienstangebotes in Frankfurt wesentlich kürzer. Aus den anfänglichen zwölf deutschen Gottesdiensten wurden 1832 sämtliche Gottesdienste. In Halle hörten die „sermons français“ bereits 1809 auf. Damit wechselte hier schon binnen zehn Jahren die Liturgiesprache. Vgl. Rosen-Prest, S. 50 f.
310
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
dienste verschob sich dieses Verhältnis noch einmal deutlich zu Gunsten der Vormittagskollekte. 1801 bis 1803 betrugen die Nachmittagskollekten nur noch ein Viertel bis ein Fünftel der der Vormittage. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das vormittägliche Kollektenaufkommen für das Jahr 1803 ungewöhnlich niedrig ausfiel. Es betrug nur etwa die Hälfte der üblichen Einnahmen. Während mit Ausnahme des Jahres 1803 die Vormittagskollekten demnach in etwa gleich blieben, ging nach 1801 die Nachmittagskollekte um etwa zwei Drittel zurück. Damit rief die Einführung deutscher Gottesdienste eine messbare Veränderung im Kirchenbesuch hervor und die Aussage des Potsdamer Konsistoriums findet sich in Teilen durch die Kollektenbücher bestätigt: Die deutschsprachigen Gottesdienste erhielten weniger Zulauf, ihre Verringerung erscheint damit sinnvoll. Auch verlegten die frankophonen Nachmittagsgottesdienstbesucher ihren Kirchgang nicht etwa auf den Vormittag, sondern sie blieben dem Gottesdienst in deutscher Sprache fern. Was hat es aber mit der Einschätzung des Konsistoriums auf sich, dass die Gottesdienstsprache angeblich für die Frömmigkeit, sprich die Gottesdienstbeteiligung, nebensächlich sei? Hierauf gibt ebenfalls der Widerstreit zwischen den Pastoren Erman und Henry Aufschluss, der der Einführung deutscher Gottesdienste vorausging. Insgesamt 33 Familien führte Erman in seinem Bericht zur Sprachsituation in der Gemeinde als Profiteure der deutschen Gottesdienstsprache an, die überwiegend aus dem Handwerkermilieu stammten. Bezeichnenderweise nannte Erman nicht Individuen, sondern Familien, für die die Einführung deutscher Gottesdienste vorteilhaft sei. Sie könnten so in derselben Gemeinde kommunizieren, wodurch sich die Französische Gemeinde sogar leicht vergrößerte. In diesem Lichte besehen, betraf die Frage nach der Gottesdienstsprache nicht nur die Handwerkerschicht, sondern ragte mit Guillaume de Saint Paul, der mit der Deutschen Kamrad liiert war, auch in das Richteramt der Kolonie hinein. Viel bemerkenswerter ist jedoch, wie differenziert und ausführlich Erman die Sprachkompetenz innerhalb der einzelnen Familien zu fassen suchte. Kein Sprachdefizit glich dem anderen und, was noch mehr erstaunt, nicht weniger als ein Viertel der Kirchgänger waren nach Aussage Ermans außerstande, dem Gottesdienst zu folgen.91 Hier findet die Schlussfolgerung der 91 Besonders lebensnah illustriert in Formulierungen Ermans wie „Le jeune Bellair nouvellement établi comme ouvrier en soie ne parait pas entendre fort bien le français.“ Welches Verhalten des jungen Bellair mag Erman Anlass zu der Vermutung gegeben haben, dass er anscheinend nicht besonders gut Französisch verstünde? Sein fragender Blick oder der offene Mund mit dem Bellair seiner Predigt lauschte? Dieser Bericht spricht umgekehrt in seiner Differenziertheit für den großen Respekt Ermans vor den Stärken und Schwächen seiner „Schäfchen“. Nicht nur die Sprachfähigkeit der Kinder aus der Gemeinde, von denen er als Pastor das eine oder andere während des Konfirmandenunterrichts begleitete, sondern auch die einer
II. Die Sprache der französischen Kolonisten
311
Abbildung 32: Henry. Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Runge/Du Bois Reymond, Nr. 85, fol. 47
Anciens traurige Bestätigung: Für weite Teile der Gemeinde blieb es sekundär, ob die Andacht auf Deutsch oder Französisch gehalten wurde. Während die Einen beide Sprachen verstanden, war es den Anderen offenkundig gleichgültig, ob sie dem Predigenden folgen konnten. Positiv gewendet steht dieses Ergebnis für die ausgeprägte Gruppendynamik einer Französischen Gemeinde und des ihr innewohnenden Gemeinschaftsgefühls, das selbst über Sprachgrenzen erhaben war. Damit klaffte Ende des 18. Jahrhunderts zunehmend eine Lücke zwischen dem reformatorischen Anspruch, Gottes Wort zu hören und zu bewahren und der gelebten Glaubenswirklichkeit der Potsdamer Diasporagemeinde. Jeder vierte erfuhr Ausgangs des 18. Jahrhunderts die Predigt zunehmend als rituelle Handlung und nicht als theologische Erbauung. Vielzahl der Erwachsenen wusste Erman genau zu beurteilen, und wie es scheint durch das persönliche Gespräch mit ihnen. Zur Tochter von Jean Boissier heißt es: „Elle a une fille naturelle recue à la communion chez nous, mais qui n’entend pas un mot de français.“ Und zu zwei weiteren Kommunikanten: „François Cheminon n’entend le français que tres imparfaitement. [. . .] La fille de M Bery est mariée a un Allemand & ne parle presque qu’allemand.“
312
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Was an der Potsdamer Gemeinde desweiteren überrascht, ist die im Vergleich zum Sprachwechsel in anderen Französischen Gemeinden lange Übergangszeit der zweisprachigen Gottesdienste. In den Berliner Gemeinden scheiterte noch 1813 ein Vorstoß des staatlichen Kirchendepartements, deutschsprachige Gottesdienste einzuführen. Erst 1817 wurde dieser in der Klosterkirche zugelassen, 1832 in der Dorotheenstädtischen Kirche. Zu dieser Zeit hatte der in den Gemeinden Frankfurt und Stettin in etwa zeitgleich wie in Potsdam eingeführte deutschsprachige Gottesdienst längst das komplette Predigtangebot ausgefüllt.92 Diese lange Übergangsphase wird durch den hohen Anteil von Bildungsberufen in der Französischen Kolonie nachvollziehbar. Für eine Reihe von Kolonisten blieb ein vitales Beherrschen des Französischen wenigstens bis zur Aufhebung der französischen Gerichtsbarkeit existentiell. Dennoch leitete das Angebot zu zusätzlichen deutschen Gottesdiensten eine allmähliche Entfremdung der Gemeinde vom Französischen ein. Nur war diese Entfremdung nicht mehr wie noch im 18. Jahrhundert zwingend mit dem Gemeindeaustritt verbunden – im Gegenteil. Wie etwa das Heiratsregister belegt, öffnete sich die Gemeinde nun vermehrt den Reformierten deutscher Zunge. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert verzeichnete es erstmals rein deutsche Eheschließungen. Mit dem Angebot der Zweisprachigkeit konnte die Gemeinde zwar ihr Überleben im 19. Jahrhundert sichern, doch war das Französische nicht mehr existentiell für die Frömmigkeit und das Gemeindeleben. Es sank mehr und mehr zum schmückenden Beiwerk hinab. Als schließlich 1832 auch die Kirchenbücher ins Deutsche überwechselten, mag der Zeitpunkt eher zufällig gewählt sein. Vielleicht war es eine neue behördliche Vorgabe, wie ein Kirchenbuch zu führen sei, die den deutschen Prediger Lorenz anwies, ein neues Register in Tabellenform anzulegen. Genau betrachtet, wechselte hier nicht so sehr die Sprache, als vielmehr die Art der Buchführung. Während die Gerichtsbücher die Zweisprachigkeit bis zur Auflösung der Kolonie beibehielten, gab die Gemeinde ihre Gottesdienste in französischer Sprache 1870 gänzlich auf.93 Die Französische Schule, und damit letztlich die Gemeinde, konnte am allmählichen Sprachverlust der Kolonisten wenig ändern. Dass dieser um 92
Vgl. Rosen-Prest, S. 50 f. Der Prediger Coulon begründete den Beschluss des Konsistoriums folgendermaßen: „Als ich im Jahre 1833 hier in das Amt kam, fand ich von meinem Vorgänger die Einrichtung vor, daß alle Monat einmal in französischer Sprache gepredigt und alle Jahr einmal das H. Abendmahl in französischer Sprache gehalten wurde“, zitiert nach Manoury, S. 11. Coulon bezeichnete dies als „ein totes Werk“, da allenthalben höhere Schüler kamen, ihre Französischkenntnisse zu erproben. 1867 sei niemand zum französischen Abendmahl erschienen und 1868 nur eine Person. 93
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
313
das Jahr 1800 erst ein Viertel der Gemeinde erfasst hatte, und es in der Potsdamer Gemeinde ungewöhnlich lange zwei Gottesdienstsprachen gab, hängt mit dem hohen Marktwert des Französischen in der Residenzstadt zusammen. Intensivierte die starke Präsenz des Bildungsbürgertums und des Adels mit ihrer ausgeprägten Sprachkompetenz in der Potsdamer Kolonie auch deren Kontakte nach Frankreich?
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam „Le Pasteur Papin ayant été nomé par le Comité de la bourgeoisie de Potsdam, membre d’une députation destinée a se rendre à Tilsit au près de Sa Majeste l’Empereur Napoleon pour tacher d’en obtenir la remise de la contribution impotée à la ville“94
Die Frage nach den Kontakten der Réfugiés nach Frankreich und ihr Verhältnis zu anderen Franzosen wurde jüngst in der Forschung unter verschiedenen Blickwinkeln diskutiert. So spielen verwandtschaftliche Beziehungen in der Netzwerkforschung eine tragende Rolle.95 Für den Adel hatten sie eine geradezu strategische Bedeutung bei der Sicherung des Familienbesitzes. Damit blieb in diesen Familien auch die Frage nach der Rückkehr nach Frankreich virulent. Ob daher in der durch adlige reformierte Offiziere geprägten Französischen Kolonie in Potsdam Erbschaften sowie Reisen und Rückkehr nach Frankreich Themen waren, soll daher im Abschnitt G.III.1. ebenso geklärt werden, wie die Existenz von Handelskontakten nach Frankreich, die für den bürgerlichen Stand von Katharina Middell am Beispiels Leipzig untersucht wurden.96 Für die Französische Kolonie in Potsdam gilt es zu ergründen, ob die wirtschaftliche Schwäche der Kolonie in Potsdam den Rückkehrwillen nach Frankreich verstärkte und ob die Pensionen in diesem Zusammenhang den heimlichen Wegzug aus Potsdam verhindern 94
AFrD, 5971, fol. 248, 09.06.1807. Hugenottische Netzwerke sind zu einem bevorzugten Interessensgebiet der Forschung aufgestiegen. Hierfür liefert der Tagungsband zur Internationalen Hugenotten-Konferenz 2006 in Emden zahlreiche Beispiele. Vgl. Flick/Schulz. Netzwerke unter Offizieren in der Preußischen Armee ist Gegenstand der Doktorarbeit von Carmen Winkel. Zu ihrem Projekt siehe zuletzt Carmen Winkel, Im Dienste seiner Majestät: Netzwerke im Offizierkorps als Mittel der Außenpolitik (1713–1786), in: Gundula Gahlen/dies. (Hg.), Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. Themenheft Militärische Eliten in der Frühen Neuzeit, 14 (2010) Heft 1, S. 59–84. 96 Wie die Forscherin nachwies, bot im Bereich des Fernhandels familiäre und freundschaftliche Nähe mitunter entscheidende Vorteile, um sich als Händler im Refuge zu etablieren. Vgl. Katharina Middell, passim. Vgl. für den Berliner Raum Jersch-Wenzel, S. 84 f. 95
314
G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
konnten.97 Kontakte nach Frankreich sind weiterhin für das Verhältnis zu anderen Franzosen im Refuge aufschlussreich. Welche Beziehungen Potsdamer Kolonisten zu Katholiken französischer Herkunft ausbildeten, soll daher im Abschnitt G.III.2. beantwortet werden. Diese Frage ragt bereits in den letzten Forschungsaspekt dieses Themenkomplexes hinein, den Auswirkungen der französischen Besatzung für die französischen Kolonisten. Hier mutmaßte die ältere Forschung eher, als dass sie durch fundierte Quellenarbeit nachwies, dass diese Zeit das Misstrauen gegenüber den Koloniebürgern mehrte.98 Denkbar wäre auch, dass die ausgeprägte Zweisprachigkeit der Potsdamer Kolonie die Kolonisten als Vermittler zwischen Potsdamern und französischen Soldaten prädestinierte. Welche dieser Thesen zutreffend ist, zeigt der Abschnitt G.III.3. 1. Kontakte nach Frankreich Verbindungen der französischen Kolonisten nach Frankreich konnten auf vielerlei Ebene existieren und im Refuge gepflegt werden. Zuerst ist dabei an Verwandtschaften und Geschäftsbeziehungen zu denken. Aus diesen konnten Handelskontakte erwachsen oder sie machten das Reisen nach Frankreich, etwa im Falle einer Erbschaft, notwendig. Damit verbindet sich auch die Frage zur Rückkehr nach Frankreich. In dieser Reihenfolge wird in diesem Abschnitt das Verhältnis der französischen Kolonisten in Potsdam zu Frankreich ergründet. Den ersten Nachweis hierüber erhalten wir mit Jeanne Motet, die in Potsdam als sage femme praktizierte.99 Noch in Paris habe sie sich 240 Livres von einem François Foucault geliehen. Nach fünf Jahren, anno 1728, wandten sich dessen Erben an die französische Kolonieverwaltung in Berlin, ihnen diese „kleine Summe“ zu erstatten. Die Kolonisten in Potsdam knüpften aber auch neue Kontakte nach Frankreich. Jeremie Nevir verkaufte dank seiner Beziehungen nach Epernay in Potsdam und Berlin Champagner auf Kommission.100 Den Champagner bezog Nevir über den Ratmann Germon, dessen Sohn als Leutnant im Moulinschen Regiment diente, jedoch 1744 desertierte. Für die Schulden des Sohnes haftete nun der Vater, genauer gesagt sollte der Erlös der in Kom97 Die Furcht vor unerlaubten Sichentfernen der Kolonisten führte zur Androhung hoher Strafen. Ebd., S. 106 und zum Problem der Desertion allgemein S. 139 ff. 98 Vgl. für den Berliner Raum Muret. 99 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. I, fol. 28 f. 100 BLHA, Pr. Br. Rep. 5c Französisches Koloniegericht Potsdam, Nr. 2, fol. 1. sowie BLHA, Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2149, 07.07.1744, 11.07.1744.
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
315
mission an Nevir gesandten Weine den Gläubigern des flüchtigen Germons zukommen. Nevir konnte zwar über den Sohn den Handelskontakt mit dem Rat Germon in Epernay aufbauen, doch gereichte ihm dieser nicht nur zum Vorteil. Nur vereinzelt werden bei den Taufen Beziehungen französischer Kolonisten nach Frankreich und ins übrige Refuge sichtbar. Bei zwei Taufen kamen beide Paten aus Frankreich. Es handelte sich jeweils um hochrangige Offiziere in französischen Diensten oder deren Ehepartner. Sie waren die Paten der Kinder von David Dumas de l’Espignol sowie des Comte de Valon, eines in Treuenbrietzen lebenden Émigré. Bei der Taufe des Pierre Charles Chapat stammte ein Pate aus Orange, der andere aus Genf. Die übrigen Taufpaten kamen aus Holland oder Neuchâtel auf Einladung des königlichen Kammerdieners Villardoz, wobei unklar bleibt, ob es sich bei ihnen um Verwandten des Täuflings handelte.101 Von dem Kolonisten Dumas abgesehen, lassen sich verwandtschaftliche Beziehungen nach Frankreich für den reformierten Offizier Mazel explizit nachweisen. Mazel hatte einen Bruder in Nîmes und einen weiteren in Turin. Ihnen wurde nach seinem Tod eine Frist von drei Monaten eingeräumt, das Erbe von 40 Reichstalern anzutreten, ansonsten sollte es zu Gunsten der Armen in der Französischen Gemeinde verfallen.102 All diesen Kontakten nach Frankreich ist gemeinsam, dass sie von Potsdam aus bestanden oder gepflegt wurden. Es gab aber auch den Fall, dass Kolonisten selbst nach Frankreich reisten, um dort ihre Rechtsgeschäfte zu klären. Das Reisen im Brandenburg-Preußen des 18. Jahrhunderts war jedoch an besondere Formalitäten gebunden und stand gerade bei der adligen und bürgerlichen Oberschicht unter gesteigerter Beobachtung.103 Im Zeitraum von 1686 und 1762 erging spätestens alle fünfzehn Jahre eine Verordnung, die die Reisetätigkeit der Untertanen zu regulieren und einzudämmen suchte.104 Nicht zuletzt war die Furcht vor der Umtriebigkeit der Untertanen ökonomischer Natur. Mit Pässen und sogenannten Spezialpermissionen 101 AFrD, 6013, Nr. 169 (Dumas, 1742), Nr. 216 (Chapat, 1747), Nr. 453 (1787), Nr. 516 (Valon, 1797) u. AFrD, 6014, Nr. 557, 595, 612 (Villardoz, 1802, 1806 u. 1808). 102 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. II, fol. 129 ff. 103 Mathis Leibetseder, Reisen unerwünscht. Über ein Kapitel frühneuzeitlicher Gesetzgebung in Bayern und Brandenburg-Preußen, in: Forschungen zur brandenburgischen und preußischen Geschichte, N.F. Bd. 13, Nr. 2 (2003), S. 227–247, hier 229. 104 Laut Leibetseder geschah dies „meist jedoch in Zusammenhang mit politischen Krisen, die Fragen nach der Loyalität und Zuverlässigkeit des Adels aufwarfen.“ Ebd., S. 239 f.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
entschied der Landesherr, wer auf Reisen gehen konnte oder nicht. Nicht jeder machte seine Reise aber von einer solchen Erlaubnis abhängig, noch suchte er erst um diese nach. Die Sorge um die Loyalität der Untertanen verstärkte sich unter Friedrich II., der sich mit Beschränkungen der Walz und dem Verbot des Auslandsstudiums vermehrt den bürgerlichen Schichten zuwandte.105 Noch mit Erlaubnis Friedrich Wilhelm I. reiste der aus dem Languedoc stammende Pensionär David Dumas wegen einer Erbschaftsangelegenheit nach Frankreich. Dumas und seine Frau Elisabeth Fauré hatten noch Geschwister und andere Verwandte in Frankreich, wie etwa die bereits als Taufpaten in Erscheinung getretenen Marc Antoine und Jean Dumas.106 Auch die Familie Dumas scheint die in Adelskreisen häufig praktizierte Strategie angewandt zu haben, dass wenigstens der älteste Sohn in Frankreich blieb, zum Katholizismus konvertierte, um so den Familienbesitz zu sichern.107 Als David Dumas nach zweieinhalb Jahren noch nicht zurückgekehrt war, setzte ihm der Französische Rat ein Ultimatum, sich binnen des nächsten halben Jahres wieder im Lande einzufinden, ansonsten würde seine Pension von 72 Reichstalern gestrichen.108 Da er in den nächsten drei Monaten noch nicht einmal Anstalten erkennen ließ zurückzukehren, folgten dieser Androhung mit Wirkung vom 27. Mai 1742 auch Taten. Daraufhin wurde auch seine Bitte abgelehnt, den Aufenthalt noch um ein weiteres Jahr zu verlängern, damit er sein Erbteil schließlich mit ins Land bringen könne. Der Entzug der Pension scheint Dumas dennoch zur Rückkehr bewogen haben – zur großen Freude seiner Frau. Am 24. Februar 1743 wurde ihr Sohn Marc Antoine geboren.109 Ein zweites Mal reiste Dumas 1751 wegen einer Erbschaftsangelegenheit nach Frankreich. Seine Reiseerlaubnis beinhaltete die Anweisung an: „tous Roys, Princes, Seigneurs et Republiques, Leurs gouverneurs, Commendants des gens de guerre, gardes de ponts, Ports et passages, et tous autres officiers civils et militaires, qu’il appartiendra, de laisser passer et repasser librement et 105
Ebd., S. 241 f. Daneben hatte Dumas noch einen dritten Bruder und drei Neffen, von denen zwei in Revel lebten. AFrD, 6020, fol. 77 ff. 107 Für Offiziere in niederländischen Diensten wird dies deutlich, wie Vivien Costello, Tracing the military careers of some refugee Huguenot officers from France to England and Ireland via the Dutch Republic, in: Flick/Schulz, S. 35–50, hier S. 37 mit: Dianne Ressinger, The memoirs of Isaac Dumont de Bostaquet, Publications of the Huguenot Society of G.B. & Ireland, New Series, No. 4, 2005, ausführt. 108 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 12, 03.02.1742 u. 14.04.1742. 109 AFrD, 6013, fol. 99, Nr. 169. 106
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
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surement le dit David Dumas, sans permettre qu’il luy soit fait aucune trouble ou empêchement“.110
So sollte Dumas unterwegs nicht unnötig aufgehalten werden. Doch hatte es Dumas allem Anschein nach auch diesmal nicht eilig, nach Potsdam zu seiner Frau und seinen Kindern zurückzukehren. Obwohl seine Reiseerlaubnis im Mai 1752 auslief, hielt sich Dumas im November noch immer in Südfrankreich auf. Da er selbst auf Drängen seiner Gattin, die mittlerweile ohne die Pension ihres Mannes auskommen musste, nicht wiederkam, ihre Briefe noch nicht einmal beantwortete, erhielt Elisabeth Fauré im März 1753 schließlich die Erlaubnis, selbst nach Frankreich zu reisen, um ihren Mann zurückzuholen.111 Tatsächlich hatte David Dumas ein halbes Jahr später wieder märkischen Sand unter seinen Füßen. Doch die französischen Behörden waren misstrauisch geworden und beäugten Dumas’ Transaktionen, insbesondere nach dem Tod seiner Frau, skeptisch. Angesichts eines Hausverkaufs stand erneut zu befürchten, dass Dumas seine Besitztümer nach Frankreich verbringen wollte. Erst 1764 entledigte sich Dumas eines Stadthauses und eines Objektes in Saarmund und erzielte damit annähernd 800 Reichstaler Gewinn. Auch vernachlässigte er die Erziehung seines Sohnes und gestattete ihm nicht, eine Ausbildung aufzunehmen.112 Seine Reisen nach Frankreich bescherten Dumas wenigstens 250 Reichstaler durch den Handel mit Wein und anderen Gütern. Auch der Familienbesitz in Revel warf für Dumas immer wieder Geld ab. Allein von der Erbteilung seiner letzten Frankreichreise brachte er umgerechnet 500 Reichstaler ins Land.113 Dennoch erwiesen sich die Befürchtungen der französischen Kolonieverwaltung als begründet: Ein drittes Mal begab sich Dumas nach Frankreich – diesmal für immer. In einem undatierten Brief teilte einer seiner Brüder Dumas’ Angehörigen aus Revel mit, dass David Dumas dort am 18.01. gestorben sei.114 110 Dieses Dokument sollte sicher stellen, dass Dumas ungehindert durch alle Länder und Republiken Reisen konnte und weder von Beamten noch Soldaten aufgehalten wurde. GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 25, 18.08.1751. 111 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 4cI, Nr. 25, 07.03.1753. 112 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 67. 113 Näheres über diese Erbschaftsangelegenheit im Archive Departemental von Nîmes herauszufinden erwies sich als schwierig, da hier nach dem Namen des Anwaltes archiviert wird, dieser aber aus den in Berlin und Potsdam gefunden Akten zu Dumas nicht hervorgeht. 114 Eine Abschrift dieses Briefes ist einer mehrseitigen Anmerkung zur Familie Dumas im Sterbebuch der Französischen Gemeinde beigegeben. AFrD, 6020, fol. 77.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Von drei weiteren Potsdamer Kolonisten ist belegt, dass sie das Land verließen, oder sich zumindest mit diesem Gedanken trugen. So begaben sich die Seidenbauinspektoren La Rouvière und Malbosc 1761 heimlich ins Ausland. Offen bleibt jedoch, welches Ziel sie auf ihrer Flucht ansteuerten.115 Auch der Lederfabrikant John William Wallis beabsichtigte, in seine alte Heimat zurückzukehren. Er wollte sich in England als Lederfabrikant niederlassen, gab diese Pläne aber schließlich auf.116 Somit kann einzig für Dumas nachgewiesen werden, dass er nach Frankreich zurückzukehren gedachte. Das Vorgehen der Behörden, Dumas trotz seines unerlaubt langen ersten Frankreichaufenthaltes ein weiteres Mal eine Reiseerlaubnis zu erteilen, wird nur dadurch verständlich, dass andernfalls einem Untertanen die Erbschaft versagt geblieben und damit auch die Chance vertan wäre, dieses Vermögen in die brandenburg-preußischen Lande zu ziehen. Dies konnte freilich nicht im herrschaftlichen Interesse liegen, auch wenn neben der Sorge um die Rückkehr des Reisenden die Gefahr bestand, dass er auf diesem Wege seinen Besitz außer Landes zu bringen versuchte. Die Pensionen des Französischen Etats konnten in diesem Fall zur Kontrolle der adligen Kolonisten herangezogen werden. Bei unerlaubt langem Fernbleiben drohte deren Entzug, was bei Dumas die zurückgebliebenen Familienangehörigen belastete und deshalb motivierte, selbst die schnelle Heimkehr des Verreisten zu befördern.
2. Kontakte zu Katholiken Der Umgang mit Franzosen katholischen Glaubens begleitete die Ansiedlung der Hugenotten über den gesamten Untersuchungszeitraum. Die ersten waren zum Katholizismus konvertierte Glaubensflüchtlinge, wie der Spiegelmeister Massare, die sich zur reformierten Schlossgemeinde und später zur Französischen Gemeinde hielten und wieder rekonvertierten.117 Die Kirchenbücher vermerken aber auch Konversionen geborener Katholiken, wie den im Regiment Prinz Heinrich dienenden Nicolas Massias, der nach einem Jahr der Unterweisung durch Le Cointe zum Abendmahl in der Französischen Gemeinde zugelassen wurde:
115 1761 hätten sich beide heimlich davon gemacht. „il est arrive il y a deux ou trois ans que les nommes La Rouvière et Malbos, ci devant Pensionnaires de Votre Majesté et Inspecteurs de plantation de Meuriers, ont de serte d’ici clandestinement“ GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 23, Nr. 1, Vol. III, fol. 57, 05.07.1764. 116 Stadtarchiv Potsdam 1-1/35, fol. 38. 117 AFrD, 5968, fol. 67 f. (08.04.1744).
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
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„Le nomme Nicolas Massias ayant fait dimanche dernier 5em d’avril abjuration des Erreurs de l’Eglise Romaine a aussi le meme jour participe avec lassamblee au Sacrement de le St. Cene.“118
Als weitere Gruppe kamen die Angehörigen der katholischen Gemeinde in Frage. Diese entstand etwa zur selben Zeit wie die Französische Gemeinde. Geschaffen für aus Lüttich angeworbene Waffenmeister, fand sie 1723/24 auf dem Hof der Gewehrfabrik Splittgerber&Daum in einer einfachen Fachwerkkirche Platz, nachdem diese Kongregation zunächst die Messe in einem Saal des Stadtschlosses feierte. Die katholische Gemeinde erhielt durch die Garnison regen Zulauf, denn in der 4 000 Mann starken Leibgarde war die Hälfte der Militärpersonen katholisch. So lebten in der Garnisonstadt Potsdam mehrere Konfessionen unter einem Dach und hatten wohl die Hugenotten nicht nur Katholiken als Arbeitskollegen, sondern auch als einquartierte Soldaten gastweise bei sich wohnen.119 Für Ehen zwischen Katholiken und Reformierten gibt es in der Französischen Gemeinde für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts zwei Belege: Der Koch George Tournay und der Seidenbauinspektor Antoine Chavy waren mit Frauen aus der Französischen Gemeinde liiert.120 Das Konnubium eines französischen Kolonisten mit einem Partner katholischer Religion bedurfte jedoch königlicher Genehmigung, die oftmals ausblieb.121 Das Wahlbürgerrecht von 1772 zeigte hingegen keine Auswirkungen auf das Heiratsverhalten. Doch gehörten seitdem auch Katholiken der Französischen Kolonie an, wie etwa ausgangs des 18. Jahrhunderts Daniel Philipp Guy.122 Auch zu Katholiken französischer Herkunft innerhalb und außerhalb der Französischen Kolonie waren Kontakte Potsdamer Kolonisten nur vereinzelt nachweisbar. Gilt gleiches auch für die Begegnung mit französischen Soldaten, die im Herbst 1806 die Stadt Potsdam einnahmen?
118 AFrD, 5968, fol. 68: Am letzten Sonntag, den 05.04., schwor Nicolas Massias von den Irrtümern der Römischen Kirche ab, und nahm am selben Tag mit der Gemeinde am Sakrament des Abendmahls teil. 119 Leider nennen die Quartierrollen, die ohnehin nur für wenige Jahre überliefert sind, nur die Namen der bei Wirten einquartierten Offiziere, nicht aber die der einfachen Soldaten. 120 Tournay heiratete 1764 Catherine Elisabeth Calame und Chavy 1768 Henriette Marie Louise Prêtre. Das Taufregister verzeichnet weiterhin unter der Nummer 290 eine 1755 vorgenommene Taufe, wo die Eltern Le Gras beide katholisch waren. AFrD, 6013. 121 GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 5b, Nr. 9, ohne Paginierung, enthält u. a. diesbezügliche Suppliken der Jahre 1746 bis 1751. 122 AFrD, 5990, fol. 24, Kolonieliste von 1797.
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3. Die französische Besatzungszeit Nur wenige Jahre nach der Rückkehr der Émigrés in ihre Heimat ergab sich für die französischen Kolonisten in Potsdam erneut die Möglichkeit, mit Franzosen in Kontakt zu treten. Diesmal waren es die Angehörigen der napoleonischen Armee, die in der Nacht vom 21. auf den 22. Oktober 1806 die Stadt besetzten und hier bis zum 03. Dezember 1808 ein Kavalleriedepot unterhielten.123 Diese Zeit hatte für die Stadtbevölkerung weitreichende Konsequenzen. Zu den unmittelbaren Auswirkungen der Besatzung zählte die Umwandlung der Kirchen in Fourage-Magazine. Neben der Heilig-Geist Kirche betraf dies auch die Französische Kirche, nicht aber die Garnisonkirche. Im November 1806 blieb der Französischen Gemeinde nur ein Tag Zeit, ihr Gotteshaus auf die Nutzung als Heu- und Strohmagazin für die französische Armee vorzubereiten.124 Während die kleine Orgel in dem Gebäude verblieb und nur mit einem Verschlag gegen Beschädigung gesichert wurde, nahm man einige Bänke und andere zerbrechliche Sachen ab und lagerte sie auf dem Hof des königlichen Bauamtes vor dem Brandenburger Tor ein. Wann die Gemeinde wieder über ihren Temple verfügen konnte, geht aus den Akten nicht hervor. Spätestens war dies am 09. Juli 1809 der Fall, als nach längerer Unterbrechung wieder eine Taufe in der Kirche gefeiert wurde.125 Gerade in den ersten Tagen der Besatzung kam es zu Plünderungen und Verwüstungen durch französische Soldaten. Begehrt waren Lebensmittel, Kleidung, Brennmaterialien und alles, was sich zu Geld machen ließ. Die Schadensmeldungen Potsdamer Bürger füllen im Stadtarchiv mehrere Regalmeter.126 Von diesen Schäden blieben auch die französischen Kolonisten nicht verschont, wenn sie sich auch im Einzelfall leichter mit den Soldaten verständigen konnten. So schilderte der Müller der Mühle auf dem Babelsberg, David Nevir, seine Begegnung mit den Soldaten folgendermaßen: „In den drei ersten Tagen der Französischen Invasion kamen verschiedenemal Trupps Franzosen zu 12, 30, und 4 Mann, welche so lange ich ihnen Prod und Semmel zu geben hatte, sich noch ziemlich betrugen, dann aber zu plündern 123
In der Nacht vom 21. auf den 22.10. traf eine Husaren-Patrouille ein, um die Ankunft des Heeres zu melden und Fourage für 400 Pferde, Quartier für 1 000 Offiziere und Verpflegung für 60 000 kampierende Soldaten zu fordern. Vgl. zu den ersten Monaten der französischen Invasion Robert Ostmann, Potsdam während der französischen Invasion. I. Das Jahr 1806, in: MVGP, Nr. 2 (1866), S. 77–91. 124 Stadtarchiv Potsdam 1-5/941, fol. 1 ff.; fol. 23. 125 AFrD, 6013, 09.07.1809. 126 Stadtarchiv Potsdam 1-5/450 sowie die Nummern 451, 679–687 und 691–699.
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
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anfingen, und alles dasjenige mit Gewalt nahmen, was meine heut überreichte Designation enthält.“127
In dieser Schilderung deutet sich eine Verständigung Nevirs, der hier nicht als Franzose, sondern als der reformierten Konfession angehörend bezeichnet wird,128 mit den Soldaten dahingehend an, sie fürs erste mit Backwaren „abspeisen“ zu können. Als diese Vorräte zur Neige gingen, blieb allerdings jede Zungenfertigkeit vergebens. Auch die Sprachkenntnisse des Lohgerbers Huguenel bewahrten ihn nicht vor Plünderungen.129 Vor dem Berliner Tor kampierende Soldaten bereiteten sich aus seiner zur Lederverarbeitung benötigten Baumrinde ein Lagerfeuer. Ähnlich erging es den Gebrüdern Wallis, die 20 Klafter Rinde in der Lohscheune des Inspektors Rothe vor dem Berliner Tor eingelagert hatten.130 Obwohl es Zeit brauchte, die Versorgung und Unterbringung sowohl der stationierten als auch der durchziehenden Offiziere, Soldaten und der Pferde zu organisieren, gelang es der französischen Stadtkommandantur unter dem Vorsitz von General Sebastiani Cappellini sowie dem Magistrat und dem Bürgerkomitee, die Lage allmählich zu befrieden. Das Bürgerkomitee konstituierte sich am 12. Dezember 1806 und bestand anfänglich aus vier Personen, wuchs jedoch bis zum Ende der Besatzungszeit auf 18 Bürger an. Allenthalben bei der Nachwahl des Offizier-Journali- und Billet-Büro wurde unter den sieben Kandidaten mit dem Fähnrich Dumas de Espignol auch ein französischer Kolonist aufgestellt, gewählt wurde jedoch ein gewisser Dieck.131 Mit Dumas’ Bruder, dem Schneider Jean Frederic Dumas, war dafür mindestens ein französischer Kolonist unter den vom Bürgerkomitee zur Wache an den Stadttoren berufenen 15 Policey-Officianten vertreten.132 Das Bürgerkomitee organisierte nicht nur den Wachdienst in der Stadt und an den Toren, es unterstützte den Magistrat auch bei der Versorgung und Unterbringung der französischen Armee. So erhielten Soldaten und Offiziere Gutscheine für ihre Unterkunft, die sie dem Quartierwirt vorlegen 127
Stadtarchiv Potsdam 1-5/695, 03.03.1810. Den ihm entstandenen Schaden bezifferte Nevir auf rund 618 Reichstaler. 128 Stadtarchiv Potsdam 1-5/695, 03.03.1810. Diese Benennung ist durch den Umstand begünstigt, dass die Französische Kolonie zu diesem Zeitpunkt offiziell bereits aufgelöst war, obwohl im Französischen Gericht noch eine Kolonieliste für das Jahr 1810 erstellt wurde. Sie befindet sich im Aktenband GStA PK, I. HA Rep. 122 Französisches Koloniedepartement, 43, 33, Vol. II. 129 Stadtarchiv Potsdam 1-5/685, fol. 122 ff. 130 Stadtarchiv Potsdam 1-5/695, fol. 64 f. 131 Stadtarchiv Potsdam 1-5/410, fol. 6 f.; fol. 11. 132 Dumas schied 1807 aus dem Wachdienst aus. Als Nachfolger wurde unter anderem der Seidenwirker Bellair vorgeschlagen. Auch Wallis jun. zählte 1806 zu einem der Kandidaten für die Wahl der Policey-Officianten. Stadtarchiv Potsdam 1-5/489, fol. 27 f.; fol. 53.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
mussten. Die Bürger hatten die Einquartierung zu akzeptieren. Zudem sollte streng darauf geachtet werden, dass die Militärs ihre Unterbringung nicht über die auf den Gutschein angegebene Frist hinaus ausdehnten und von ihrem Wirt nicht mehr verlangten, als das ihnen laut Quartierreglement Zustehende: Die einquartierten Soldaten waren von den Bürgern nur mit „les légumes nècessaires pour la soupe, un pot de bierre ou une chopine de vin“ also mit einer Bouteille Bier oder einem halben Liter Wein und etwas Gemüse zu versorgen. Für Fleisch und Brot sorgte die Armee selbst. Jede Militärperson, die mit Gewalt versuchen sollte, mehr zu bekommen, sollte sofort arretiert und vor den Generalkommandanten der Stadt geführt werden, um die dem Verbrechen angemessene Strafe zu empfangen.133 Bürgern, die in der Nähe der Stadttore wohnten, wurde auferlegt, Refraichissements für durchziehende Truppen bereit zu halten.134 Im Gegenzug blieben diese Bürger von Einquartierungen befreit. Am Berliner Tor waren es mit dem Lederfabrikanten Huguenel zwölf Bürger, die angehalten wurden, sich mit Fleisch, Brot, Gemüse und Getränken zu bevorraten, die sie gegen Gutscheine an die durchreisenden Soldaten ausgeben sollten. Diese Vorräte hatten sie sich gegen Vorlage eben dieser Gutscheine am nächsten Tag bei den Magazinen wieder auffüllen zu lassen. Zudem sollte Huguenel der Armee Pferd und Wagen für Transporte zur Verfügung stellen.135 Auch auf anderen Gebieten erfüllten die französischen Kolonisten bei der Bewältigung der französischen Besatzungszeit ihre Bürgerpflichten. Zur Verpflegung der kasernierten Soldaten wurden 1807 nach Maßgabe der Bürgerschaft finanzkräftige Bürger zur Abgabe von Bargeld angehalten. Andernfalls drohte eine einjährige Freiheitsstrafe. Insgesamt leisteten 36 Bürger dieser angeordneten Freigiebigkeit folge und erleichtern ihre Geldbörse um insgesamt 2 845 Reichstaler – im Durchschnitt also 79 Reichstaler. Darunter der Lederfabrikant Huguenel, der 100 Reichstaler gab und Hutfabrikant Pierre François Bock mit 25 Reichstalern. Auf nochmalige Vorladung gab der Kaufmann Ravenez 20 Reichstaler. Schließlich erklärte sich auch Wallis bereit, 64 Reichstaler in die Anleihe zu geben.136 Aus diesen zur 133 Dass diese Strafandrohung nicht ohne Grund ausgesprochen wurde, zeigt die Beschwerde der Familie Nitge über die Einquartierung eines Fauchet, der vier oder fünf Gerichte zu Mittag und Abend verlangte, sich mit einer Bouteille Wein nicht zufrieden gab und zum Frühstück drei Portionen Coffée haben wollte. Zudem präsentierte er eine Rechnung für Kost und Logis eines mitgebrachten Frauenzimmers. „Um seinen Grobheiten zu entgehen“, wie es in der Beschwerde heißt, habe man ihm das Geforderte beschafft, obwohl die Bewirtungskosten damit auf das Doppelte des festgesetzten Betrages anstiegen. Stadtarchiv Potsdam 1-5/127, ohne Paginierung. 134 Stadtarchiv Potsdam 1-5/703, fol. 13 ff. 135 Stadtarchiv Potsdam 1-5/591, 14.03.1807; 1-5/538, fol. 10. 136 Stadtarchiv Potsdam 1-5/489, fol. 101, 106, 114.
III. Frankreich und die Französische Kolonie in Potsdam
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Versorgung der kasernierten Soldaten gesammelten Geldern ging schließlich die Stadtkasse hervor. Die französische Armee trat während der nächsten zwei Jahre nicht nur als Besatzer sondern auch als Arbeitgeber auf, wobei die Gehälter wiederum die Stadt zu zahlen hatte. Allein unter den französischen Kolonisten finden sich Ende 1806 folgende Personen auf den Lohnlisten der französischen Armee: Der Kaufmann Ravenez für Leuchter, Lichtscheren, Besen, Striegel und Halfterringe sowie der Seidenwirker Bellair für die Verköstigung des Einquartierungs- und Billetbüros. Als Übersetzer für den Stadtkommandanten Cappellini fungierte der Lehrer der Französischen Gemeindeschule, Huguenel, während der Händler Daniel Louis Barthelemy General Boucier, dem Ober-Aufseher des Kavalleriedepots, als Sekretär zur Seite stand.137 Von der Inanspruchnahme der Französischen Kirche als Fourage-Magazin abgesehen, lässt sich aus den Protokollbüchern der Französischen Gemeinde kaum etwas über die Zeit der französischen Besatzung entnehmen. Es wird lediglich erwähnt, dass der Lehrer Huguenel in seinem Amt vertreten werden musste, da er für die Kommandantur arbeitete, und dass das Bürgerkomitee der Stadt den Prediger Jacques Papin als Deputierten für die Stadt Potsdam nach Tilsit entsandte, um dort über Kontributionszahlungen zu verhandeln: „Le Pasteur Papin ayant été nomé par le Comité de la bourgeoisie de Potsdam, membre d’une députation destinée a se rendre à Tilsit au près de Sa Majeste l’Empereur Napoleon pour tacher d’en obtenir la remise de la contribution impotée à la ville.138
Wie warmherzig der Umgang französischer Kolonisten mit den französischen Soldaten ausfallen konnte, zeigt folgender Tagebucheintrag Henriette Huguenels, der Tochter des Lederfabrikanten Pierre Huguenel aus der Zeit der Befreiungskriege: „Am Donnerstag, den 21. Oktober, wurde der König von Sachsen als Gefangener nach dem Stadtschloß gebracht, um später nach Berlin und dann nach Friedrichsfelde transportiert zu werden. Unter den im Lustgarten befindlichen gefangenen und verwundeten französischen Soldaten entdeckte mein Papa einen David Huguenel, einen von Bischweiler im Elsaß stammenden Verwandten unserer Familie. Er blieb sehr lange in unserem Hause, bis er von seiner Verwundung genesen war. Am 22. Oktober war wegen der bei Leipzig gewonnenen Schlacht große Illumination.“139 137
Stadtarchiv Potsdam 1-5/699, passim. AFrD, 5971, fol. 248, 09.06.1807. 139 Huguenel, S. 45 f. Die Schreiberin Henriette von Glasenap, geborene Huguenel, ist die Großmutter des Heimatkundlers Eugen Huguenel, der dieses Tagebuch in Auszügen in den Mittelungen des Potsdamer Geschichtsvereins publizierte. 138
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Abbildung 33: Papin et la petite Jeanette, Staatsbibliothek zu Berlin PK, Handschriftenabteilung, Nachlass Runge/ Du Bois Reymond, Nr. 85, fol. 53
Trotz der ihm widerfahrenen Plünderungen im Oktober 1806 war Huguenel im Herbst 1814 in der Lage, seine verwandtschaftlichen Beziehungen nach Frankreich, in die Heimat seiner Vorfahren, zu aktualisieren, so dass sie über Zuschreibungen wie Feind oder Gefangener im Kontext familiärer Gastfreundschaft erhaben waren. Umgekehrt widerfuhren den französischen Kolonisten wohl keine Anfeindungen seitens der Magistratsbürger. Im Gegenteil vertraute man auf ihr Verhandlungsgeschick und ihre Sprachkompetenz, wie die Bestimmung Papins zum Deputierten der Stadt Potsdam eindrucksvoll unterstreicht. Dabei gründete sich Papins Anerkennung nicht allein auf seinen Amtsbonus als französischer Prediger, wie der nachfolgende Abschnitt enthüllt.
IV. Die Auflösung der Französischen Kolonie
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IV. Die Auflösung der Französischen Kolonie „Die Städteverordnung vom 19ten November v.J. erkennt in jeder Stadt nur Eine Stadtgemeine, nur Ein Bürgerrecht; – das besondere Bürgerrecht, welches die französische Kolonie ertheilte, muß also aufhören.“140
Das ausgeprägte caritative Element wurde bereits von der Forschung als Kennzeichen französisch-reformierter Frömmigkeit identifiziert.141 Konnte dieses soziale Interesse den französischen Kolonisten bei der Ausbildung von Netzwerken über die Französische Gemeinde hinaus helfen? Körperschaften, in denen Kolonie- und Magistratsbürger schon lange vor der Auflösung der Französischen Kolonie in Potsdam gemeinsam agierten, waren die Logen der Freimaurer. Sie ebneten den Franzosen somit die Teilhabe an politischer Mitbestimmung. Die Freimauerei etablierte sich in Potsdam erst nach dem Siebenjährigen Krieg und organisierte in ihren beiden wichtigsten Logen, der Minerva (gegründet 1768) und De la sagesse (gegründet 1777, 1779 umbenannt in Zur Standhaftigkeit) insgesamt 293 Mitglieder.142 Insbesondere die anfangs französisch geführte Loge Zur Standhaftigkeit übte auf die Angehörigen der Französischen Kolonie eine große Anziehung aus.143 Unter ihren Mitgliedern überwogen mit 36 Prozent die Beamten, gefolgt von Kaufleuten und Fabrikanten mit 30 Prozent. Auch Theologen waren mit knapp 6 Prozent in dieser Loge überrepräsentiert.144 140
Ordre vom 30.10.1809, zitiert nach Birnstiel (1990), S. 126. Vgl. hierzu Fuhrich-Grubert, die für die Französische Kirche in Berlin die Fülle ihrer diakonischen und caritativen Einrichtungen porträtiert, wie etwa das Französische Hospital „Maison Française de Charité“, die Armenbäckerei oder die Französischen Holzgesellschaft. Vgl. Fuhrich-Grubert (1992), S. 7 ff. 142 Die Nähe zu Berlin hatte vorerst verhindert, dass sich in Potsdam Logen bildeten. Potsdamer Freimaurer hielten sich zuvor an Berlin. Zwischen 1763 und 1809 entstanden insgesamt fünf Logen. Dies blieb nicht immer ohne Konflikte der Bruderschaften untereinander aus. Die Loge Zur Standhaftigkeit hörte von 1783 und 1788 sowie von 1790 bis 1798 auf zu existieren. 1806 schloss sie mit der Loge Minerva ein Freundschaftsbündnis. Die Zahl der Freimaurer verteilte sich annähernd zu gleichen Teilen auf die beiden Logen Minerva und Zur Standhaftigkeit. Vgl. zu den Potsdamer Logen ausführlich Karlheinz Gerlach, Die Freimaurer im Alten Preußen 1738–1806. Teil 1: Die Logen zwischen mittlerer Oder und Niederrhein, Innsbruck 2007, Kapitel 3: Potsdam, worauf sich, soweit nicht anders vermerkt, die nachfolgenden Anmerkungen beziehen. 143 In ihr wirkten hauptsächlich Immigranten und deren Nachkommen, Steuerfachleute, Hofkünstler, Kaufleute, überwiegend junge Leute, meist Reformierte und Katholiken. Die Streuung in der Herkunft der Mitglieder der Minerva verrät ebenfalls eine große Anziehungskraft auf Zugewanderte. Somit übte insbesondere die Zur Standhaftigkeit eine ähnlich integrierende Funktion aus wie die französisch arbeitenden Logen in Berlin. 144 Zum Vergleich: Die Loge Minerva zog nur etwa zu einem Prozent Theologen an. Hier überwog mit über 62 Prozent der Adel. Beamte stellten gut 15 Prozent der 141
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
Insgesamt waren in der Zur Standhaftigkeit vor allem das königliche Baukontor und der Magistrat sowie in der Minerva der Hofstaat stark vertreten. Unter den französischen Kolonisten waren es in der Minerva Samuel Villaume und der Hofrat Frederic Maurice Bovet sowie in der Zur Standhaftigkeit Pierre François Bock, Charles Dantal, L. Fonrobert, Charles Louis Jordan, Jacques Papin, Charles Tolin sowie John William und Samuel Wallis, die Aufnahme fanden und zugleich auch der Französischen Gemeinde angehörten. Hinzu kamen noch als dienende Brüder Philipp Bock und Gottlieb Toubac, die sich ebenfalls zu den Französisch-Reformierten hielten. Der Anteil der französischen Kolonisten betrug somit für die Loge Minerva ein Prozent und für die Zur Standhaftigkeit sieben Prozent. Eingedenk des Anteils von einem Bruchteil eines Prozentes an der Stadtbevölkerung, war der Zuspruch der französischen Kolonisten zur Freimaurerei immens. Insbesondere für Angehörige der Französischen Gemeinde waren diese Bruderschaften attraktiv, weil sie neben kulturellem Engagement auch die Selbstverwirklichung im Caritativen boten.145 Die französischen Kolonisten erwarben sich unter ihren Logenbrüdern hohes Ansehen. So fungierten Villaume und Bock in ihrer Loge als Schatzmeister, der Prediger Papin seit 1807 sogar als Oberredner.146 Die französische Besatzung unterbrach vorerst die Zusammenkünfte der Logen, denn die Kriegswirren zerstreuten ihre Mitglieder in alle Winde. Als die Minerva am 13. Mai 1808 wieder ihre Arbeit aufnahm, geschah dies im Beisein französischer Freimaurer aus den Reihen der napoleonischen Armee und Angehörigen der Loge Zur Standhaftigkeit.147 Mitglieder. Nur gut 5 Prozent waren Kaufleute oder Fabrikanten. Damit war die Minerva gerade zu ihrer Gründungszeit in ihrer Zusammensetzung adlig-militärisch geprägt, während es bei der Zur Standhaftigkeit nur gut 4 Prozent Adlige gab. Allerdings ist diese Sozialstruktur recht fragil, zählte die Minerva 1785 nur 60 Mitglieder und die Zur Standhaftigkeit 1779 lediglich 19. 145 Wie Beginn Abschnitt G.IV. Die Logen kümmerten sich nicht nur ähnlich den Zünften um in Not geratene Mitglieder und die Hinterbliebenen ihrer verstorbenen Mitglieder, sondern unterstützten darüber hinaus Arme, Brand- und Katastrophenopfer. Für die Minerva konnte bei 115 Mitgliedern deren Bekenntnis ermittelt werden. Von diesen waren knapp 82 Prozent Lutheraner, etwa 12 Prozent Reformierte und gut 4 Prozent Katholiken. Gerlach vermutet für die Zur Standhaftigkeit einen sehr viel höheren Anteil Reformierter und Katholiken, macht zum Bekenntnisstand ihrer Mitglieder jedoch keine Angaben. 146 Samuel Villaume wurde 1778 Schatzmeister der Loge Minerva, Pierre François Bock im Jahr darauf für die Loge Zur Standhaftigkeit. Bock war damals 47 Jahre alt, Villaume nur 44 Jahre. Papin wurde 1806 von seiner Loge als einer der Vertreter benannt, die der Minerva die Zusage zum Freundschaftsbündnis überbringen sollten. Seit wenigstens 1807 wird Papin in der Zur Standhaftigkeit als Oberredner geführt, war damit eines der führenden Mitglieder seiner Loge. Seine Aufnahme erfolgte 1798. BLHA, Pr. Br. Rep. 30, Nr. 349, Personalstatus 1807. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Michael Worseck, Potsdam.
IV. Die Auflösung der Französischen Kolonie
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Zu den mittelbaren Folgen der französischen Invasion zählte die Modernisierung des preußischen Staates durch ein umfassendes Reformwerk, das auf so unterschiedlichen Ebenen wie Politik, Bildung und Armee darauf angelegt war, die militärische Schlagkraft Preußens wiederherzustellen. Schon während der Besatzungszeit hatten die Potsdamer in Abwesenheit des Königs die bürgerliche Selbstverwaltung eingeübt. Bestandteil des als SteinHardenbergsche Reformen in die Geschichte eingegangenen Staatskonzeptes war die sogenannte Städtereform, die es im Jahre 1809 den Bürgern einer preußischen Stadt wie Potsdam erstmals erlaubte, ihren Magistrat selbst zu wählen. Die ersten Wahlen der Stadtverordneten fanden am 12. und 13. März 1809 statt. Stimmberechtigt waren allerdings nur diejenigen männlichen Einwohner, die neben dem Bürgerrecht auch entweder über 200 Reichstaler Vermögen oder Haus- bzw. Grundstücksbesitz verfügten. Letztendlich durften nur sieben Prozent der Bevölkerung an der Wahl teilnehmen.148 Auch die in Potsdam lebenden französischen Kolonisten nahmen unter diesen Bedingungen an der Wahl teil, obwohl die Französische Kolonie erst durch eine Ordre vom 30. Oktober 1809 aufgelöst wurde, die ein Jahr zuvor in Kraft getretene Städteordnung aber bereits ein einheitliches Bürgerrecht vorsah.149 Gewählt wurde nach Stadtvierteln, deren Bewohner Kandidaten aus ihrem „Kiez“ in die Stadtverordnetenversammlung entsandten. Im Holländischen Bezirk, zu dem das Holländische Viertel gehörte und indem immer noch eine Reihe von Hugenotten lebte, fanden sich von 91 Stimmberechtigten 80 Personen zur Wahl in der Großen Stadtschule ein. Unter den in die Stadtverordnetenversammlung zu entsendenden Kandidaten befand sich auch Wilhelm Sankt Paul, der mit 50 Ja- bei 28 Nein147
Das 1806 geschlossene Freundschaftsbündnis schloss gegenseitige Besuche der Bruderschaften mit ein. Laut Haeckel traten während der französischen Besatzung 50 französische Offiziere, Ärzte, Militärbeamte dem Logenverband bei, darunter auch der Stadtkommandant Cappellini. Vgl. Haeckel (1912), S. 234. Letztlich lässt sich für die Jahre 1807 und 1808 nur die Aufnahme von 48 Logenbrüdern aus den Reihen der französischen Armee in die Loge Zur Standhaftigkeit belegen. Sie werden 1809 und in den darauffolgenden Jahren als abwesende Mitglieder geführt. BLHA, Pr. Br. Rep. 30, Nr. 349, Personalstatus 1809 ff. 148 Von 13 758 Einwohnern besaßen 1 500 das Bürgerrecht und waren 949 Stimmberechtigt. BLHA Pr. Br. Rep. 19 Steuerrat Potsdam, Nr. 2085, 25.02.1809. Vergleiche zur Einführung der Städteordnung auch Friedhild-Andrea Anders, Die Familie Saint Paul. Spuren von drei Generationen in Potsdam, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci e. V. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams, 2. Jg. Heft 1 (1997), S. 5–23 sowie Julius Haeckel, Die Einführung der Städteordnung vom 19. November 1808 in Potsdam, in: MVGP, N.F. Bd. 5, Heft 1 (1909), S. 1–62, hier S. 12. Da, wie schon Haeckel seinerzeit feststellte, kaum Akten zur Einführung der Städteordnung für Potsdam überliefert sind, kommt dieser Festschrift, als erste und bislang einzige Abhandlung zu diesem Thema, ein hoher Forschungswert zu. 149 Wie Eingangszitat zu Abschnitt G.IV.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
stimmen als letzter von fünf Abgeordneten gewählt wurde.150 Als weiterer französischer Kolonist wurde der Lederfabrikant Pierre Abraham Huguenel im zweiten Stadtbezirk, dem Schlossbezirk, ebenfalls als fünfter von fünf Kandidaten gewählt.151 Zu den wichtigsten Aufgaben der 60 Stadtverordneten gehörte die Wahl des Magistrats. Für das Amt des Oberbürgermeisters hatte die Versammlung dem König laut Städteordnung drei Kandidaten vorzuschlagen. Zur Wahl stellte sich auch Sankt Paul. Mit 33 Jahren verfügte er bereits über langjährige Erfahrung in Justiz und Verwaltung. So begann der Sohn des Kolonierichters und Hofrats Guillaume de Saint Paul seine Karriere zunächst als Beisitzer am Französischen Koloniegericht und war während der französischen Besatzung Rendant der Stadtkasse und Quartiermeister. Trotz dieser Qualifikation sprachen gleich drei biographische Makel gegen Sankt Pauls Ernennung zum Oberbürgermeister: Neben seinem „jugendlichen“ Alter waren dies seine uneheliche Geburt, die erst nach zehn Jahren legitimiert wurde sowie seine französische Abstammung. Sein Urgroßvater François Le Tanneux de Saint Paul war der Einladung des Edikts von Potsdam gefolgt und wirkte am Hof des Kurfürsten Friedrich Wilhelm als Sprachmeister.152 Dies alles schmälerte keineswegs das von den Stadtverordneten in ihn gesetzte Vertrauen. Sankt Paul konnte 36 Stimmen auf sich vereinigen, der Ratmann Weil 30 Stimmen und der bisherige Stadt- und Polizeidirektor Jacob Brunner nur 29 Stimmen. So kam es, dass wenige Jahre, nachdem Napoleon die Schlüssel der Stadt gewaltsam an sich gebracht und sie erst ein Jahr später, 1807 im Frieden von Tilsit, zurückgegeben hatte, sie die Potsdamer aus freien Stücken einem anderen „Franzosen“ aushändigen wollten. Die Wahl eines Hugenotten zum ersten Oberbürgermeister und damit ins höchste zu vergebende Amt ist einmalig in der Geschichte Brandenburgs,153 ebenso wie das Einschreiten Friedrich Wilhelm III., der dem in der Abstimmung unterlegenen Kandidaten Brunner den Vorzug gab und so den Bürgerwillen einschränkte.154 Sankt Paul stand zunächst der Stadt Pots150 Zur Wahl stellten sich 18 Kandidaten. Der Erstplatzierte konnte 61 Ja-Stimmen auf sich vereinigen. Stadtarchiv Potsdam 1-0/3, fol. 65 ff. 151 Haeckel (1909), S. 16. 152 Vgl. Anders, S. 5. 153 In Berlin stellte sich neben dem Stadtverordneten Büsching und dem am 01.05.1809 einstimmig von den Stadtverordneten zum Oberbürgermeister gewählten Gerlach als Kandidat für die Bestätigung durch den König zur Verfügung, der am 08.05. die Wahl Gerlachs bestätigte. Ein weiterer Réfugiésnachfahre, Johann Paul Humbert, nahm die durch Gerlachs Ernennung zum Oberbürgermeister vakante Position als Vorsteher der Stadtverordnetenversammlung ein. Vgl. Clausewitz, S. 106 ff. 154 Zu den Hintergründen der ersten Oberbürgermeisterwahl und den darauffolgenden Wahlen vergleiche Silke Kamp, Zwischen Thron und Ballotage. Die erste
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dam als Syndikus mit seiner juristischen Sachkenntnis zur Seite, bis er 1821 Oberbürgermeister der Stadt Potsdam wurde. Als Sankt Paul 1844 sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegte, dankten ihm die Potsdamer mit einem spontanen Fackelzug für seine Dienste. Auch in Potsdam riss die Beziehung zu Frankreich unter den französischen Kolonisten nie völlig ab. Das Anknüpfen an französische Traditionen, allen voran der französischen Sprache, half ihnen, sich in der Potsdamer Gesellschaft zurecht zu finden. Dabei war es vor allem ihr caritatives Engagement in den Logen und der positive Eindruck, den die Hugenotten in der Besatzungszeit bei ihren deutschen Mitbürgern hinterließen, der die Wandlung der Kolonisten zu Bürgern beförderte.
V. Zusammenfassung: Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene Schon aus ihrer Gründungssituation heraus war die Französische Gemeinde auf die Kooperation mit anderen, vorzugsweisen reformierten, Gemeinden angewiesen. Sei es, dass Kultgefäße ausgeliehen, oder Gottesdienste vorübergehend in eine andere Kirche verlegt werden mussten. Anfänglich verfügte die Französische Gemeinde als Schwestergemeinde der reformierten Schlossgemeinde über keinen eigenen Andachtsraum. Später wurde die Nutzung ihrer Französischen Kirche durch immer wieder anfallende Reparaturen am Gebäude sowie dessen Umwidmung als Strohmagazin während der französischen Besatzung eingeschränkt. Das Gemeindeleben musste sich andernorts ereignen. Diese Situation verschärfte den Trend, Taufen und Trauungen im familiären Umfeld zu Hause und nicht in der Kirche zu begehen. Diese Bereiche des Gemeindelebens büßten ihre Bindungsfähigkeit im Verlauf des 18. Jahrhunderts ein, wie auch die Gemeinde sich zunehmend von der Kolonie emanzipierte. In der Französischen Kolonie bildeten sich zwischen den Handwerkern auf der einen Seite und den Bildungsbürgern, dem Adel, den Offizieren und Händlern auf deren anderen zwei Heiratskreise. Bei den Taufen und Heiraten zeigte sich, dass die Annäherung an die Aufnahmegesellschaft nicht kontinuierlich verlief, sondern dass im Gegenteil eine Besinnung auf die eigene, französisch-reformierten Tradition gegen Ende des 18. Jahrhunderts stattfand. Diese bekundete sich in einer Bevorzugung französischer PatinWahl der Stadtverordnetenversammlung in Potsdam, in: Bürger machen Politik – 200 Jahre Stadtverordnete in Potsdam (= Schriftenreihe zur Stadt- und Kunstgeschichte Potsdams; 1), S. 8–31.
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
nen und damit auch biblischer Namen, aber auch im Rückgang der Mischehen. Nachdem zunächst Netzwerke in die deutsche Gesellschaft geknüpft werden mussten, ergaben sich für die Kolonisten ausgangs des 18. Jahrhunderts Freiräume, das französisch-reformierte Element zu stärken. Auch die Kontakte zu Katholiken aus Frankreich waren vielfältig, aber nicht sonderlich zahlreich. Das Heiratsregister vermerkt zwei Eheschließungen mit Katholiken. Im Taufregister ist sogar eine Taufe vermerkt, bei der beide Eltern Franzosen katholischen Glaubens waren. Auch Konversionen verzeichneten die Gemeindeakten, wie den Übertritt von Nicolas Massias zum reformierten Bekenntnis. Die Öffnung der Kolonie 1772 für Kolonisten anderer Konfessionen zeitigte keine Auswirkungen auf das Gemeindeleben. Schriftproben von Kolonisten belegen, dass das Französische Mitte des 18. Jahrhunderts für sie durchaus noch ein Mittel der Verständigung darstellte. Dabei zeigte sich, dass die Sprachkompetenz in der Kolonie sehr heterogen war – je nach Schichten- und Berufszugehörigkeit. Zwar partizipierte ein Teil der Kolonisten mühelos an den französischen Predigten, doch legen Protokollbucheinträge der Anciens nahe, dass deren Französisch eher am mündlichen Ausdruck geschult war und für einen Schriftverkehr über den privaten Gebrauch hinaus wenig taugte. Dennoch pflegte eine verhältnismäßig große Zahl der Kolonisten berufsmäßigen Umgang mit der französischen Sprache. Dies hing mit der Kleinheit der Kolonie und der Funktion Potsdams als Residenz zusammen. Auch die Gruppe der professionellen Sprecher des Französischen war in sich uneinheitlich. So muss für die Handwerker, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts als Sprachmeister verdingten, angenommen werden, dass sie das Französische in etwa gleich eigenwillig verwendeten, wie die Anciens, da sie ebenfalls der Handwerkerschicht entstammten. Richter, Pastoren und Schulmeister beherrschten das Französische hingegen auf eine Weise, die sie auch für höhere Aufgaben, wie der Repräsentanz der Stadt Potsdam als Deputierter in Tilsit, empfiehl. Vom berufsmäßigen Einsatz des Französischen abgesehen, hatten die Kolonisten ab der Mitte des 18. Jahrhunderts kaum Gelegenheit zu seinem korrekten Gebrauch. Weit verbreitet schien hingegen seine umgangssprachliche Verwendung zu sein, die auch die Teilhabe am Gemeindeleben ermöglichte. Nicht zuletzt durch den Rückgang der Kolonistenzahlen zum Ende des 18. Jahrhunderts hin blieben diejenigen Gemeindeglieder übrig, die zumindest über eine umgangssprachliche Kompetenz im Französischen verfügten. Gemäß der Sozial- und Berufsstruktur der Kolonie war sogar ein verhältnismäßig großer Anteil von versierten Sprechern und Schreibern in der Gemeinde vorhanden. Das Festhalten am Französischen stellte aber keine
V. Zusammenfassung
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Hürde beim Kulturtransfer dar, sondern war im Gegenteil das Vehikel, das die Kolonisten in Kontakt mit der übrigen Stadtbevölkerung brachte. Für Potsdam waren verwandtschaftliche Kontakte nach Frankreich über den gesamten Untersuchungszeitraum nachweisbar, jedoch nur für einige wenige, zumeist adlige Familien. Wer über solche Familienbande nicht verfügte, konnte, wie der Händler Nevir, über Freundschaften an solchen Netzen teilhaben. Somit profitierte über Freundeskreise ein größerer Kreis der Kolonisten von verwandtschaftlichen Beziehungen nach Frankreich. Verwandtschaftliche Kontakte nach Frankreich, die im Handwerkermilieu aufrecht erhalten wurden, ließen sich in Potsdam bislang noch nicht nachweisen. Allein für die Lederfabrikantenfamilie Huguenel ist belegt, dass sie ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu einem kriegsgefangenen französischen Soldaten erkannte und ihn bis zu seiner Genesung in ihrem Haus pflegte. Dass die Familie Dumas von familiären Verflechtungen nach Frankreich profitierte, weil ihr neben Erbschaften auch Gewinne aus dem Handel mit Wein zuflossen, entpuppte sich als annehmlicher Effekt eines gescheiterten Rückkehrversuchs des Familienvaters. Hier zeigte sich, dass das Instrument der Pension Desertionen nicht verhindern konnte. Sofern es noch Angehörige in Potsdam gab, konnte aber mit dem Entzug der Pension über sie Druck auf den Flüchtigen ausgeübt werden. Ein Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Not der Potsdamer Kolonisten und der Rückkehr nach Frankreich ließ sich hingegen nicht herleiten. Welch deutlicheren Beleg kann es dafür geben, dass die Hugenotten in Potsdam in der Gesellschaft angekommen waren, als die Ernennung ihrer wichtigsten Vertreter zu Repräsentanten der Stadt unmittelbar nach der traumatischen Niederlage gegen Napoleon? Der Pastor Jacques Papin wurde vom Bürgerkomitee zum Deputierten für die Stadt Potsdam bei den Friedensverhandlungen in Tilsit gewählt. Der gleichsam das Französische Gericht als Assessor verkörpernde Wilhelm Sankt Paul wurde von der Stadtverordnetenversammlung zum Oberbürgermeister vorgeschlagen, jedoch vom König nicht bestätigt. Die Wahl Papins zum Deputierten der Stadt war weniger überraschend, wenn man berücksichtigt, welch hohes Ansehen er unter den Potsdamer Freimaurern genoss. Damit fiel die Wahl auf Papin nicht auf Grund seiner französischen Abkunft und seiner guten Sprachkompetenz, sondern wegen seiner Verbindungen zur Bruderschaft Zur Standhaftigkeit. Einflussreiche Logenbrüder, darunter auch Angehörige des Magistrats, kürten letztendlich mit Papin einen der ihren zum Fürsprecher der Stadt. Seine französische Herkunft war nicht die Ursache für seine Ernennung, aber sie ebnete Papin den Weg zur Freimaurerei. Diesem Netzwerk verdankte der französische Prediger schließlich seine Wahl zum Deputierten. Die Bürgerschaft war also gleich zweimal hintereinander bereit,
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G. Der Kulturtransfer der Französischen Kolonie auf kultureller Ebene
ihr Schicksal in die Hände eines Franzosen zu legen. Gegen Ende der Kolonie hatten die Hugenotten Gelegenheit, ihre Loyalität als preußische Untertanen zu beweisen, bevor ihre Eigenständigkeit vollends in der städtischen Kultur aufging und nur noch in der Abgeschiedenheit einer Miniaturgemeinde aufrecht erhalten werden konnte. Die Winzigkeit der Französischen Gemeinde verhinderte, dass die Réfugiésnachfahren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kulturell auf das Stadtleben nachhaltigen Einfluss nehmen konnten.
H. Die verspätete Kolonie – Schlussbetrachtungen Die Gründung der Potsdamer Kolonie im Jahr 1731 als letzte der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen besitzt eine Vorgeschichte, die bis in das Jahr 1720 zurückreicht. Sie ist damit Teil der unter Friedrich Wilhelm I. inszenierten zweiten Gründungsphase Französischer Kolonien, in der es nach dem Versiegen der großen Flüchtlingsströme französischer Protestanten aus Frankreich und dem Herzogtum Orange vorrangig darum ging, bereits im Refuge etablierte Réfugiés zur Niederlassung in den hohenzollernschen Territorien zu bewegen. Ins Visier rückten die Orte Stettin, Pasewalk und Potsdam, wo ursprünglich zeitgleich mit Stettin eine Französische Kolonie entstehen sollte, wie die Anwerbung französischer Strumpfwirker für beide Städte anno 1720 erkennen ließ. Auch die Konzeption des Frantzöschen Quartiers und die Liste der nach Potsdam geworbenen französischen Textilfabrikanten bestätigt die Schlussfolgerung, dass die Gründung der Französischen Kolonie in Potsdam bereits 1721 angedacht war. Zu diesem Zeitpunkt sollte auch die Pasewalker Kolonie aus der Taufe gehoben werden, was dann aber am Problem der Landvergabe an französische Kolonisten scheiterte. Als einzige der für 1721 geplanten drei Koloniegründungen konnte die in Stettin realisiert werden. Dieses Vorhaben war nur durch umfangreiche finanzielle Hilfen zu bewerkstelligen, da für die Adressaten des Koloniepatents, neben Réfugiés auch ausländische Familien im allgemeinen, Anreize geschaffen werden mussten, ihre gegenwärtige Existenz aufzugeben. Ein kostspieliges Unterfangen, wie sich zehn Jahre später mit Bekanntwerden des Potsdamer Koloniepatents bestätigen sollte. Die Gründung der Stettiner Kolonie war durch Vorschüsse erkauft, in deren Genuss etwa zwei Drittel der Kolonisten kamen. Dabei überstiegen diese für Hauserwerb und Gerätschaften gewährten Kredite die Ressourcen der pommerschen Kassen, sodass auch diejenigen der Stadt Berlin für die Stettiner Kolonie geleert wurden und das landesherrliche Finanzsystem an seine Grenzen stieß. Eine Koloniegründung war im Jahre 36 nach dem Edikt von Potsdam kein Selbstläufer mehr, sondern nur um den Preis hoher Investitionen zu erzielen. Eine weitere Anschubfinanzierung zu Gunsten einer Potsdamer Kolonie war damit vorerst unmöglich und auch ein Einspringen des Französischen Etats lag zu diesem Zeitpunkt außer Sichtweite. Dieser zur Unterstützung der französischen Kolonisten geschaffene Fond war längst über Gebühr be-
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H. Die verspätete Kolonie – Schlussbetrachtungen
ansprucht worden und erlangte nur allmählich durch eine Sondersteuer seine Handlungsfähigkeit wieder. Unmittelbar vor der Promulgation des Potsdamer Koloniepatents vom 19. Oktober 1731 hatte der Französische Etat einen leichten Einnahmeüberschuss erwirtschaftet und konnte deshalb in den kommenden Jahren den Aufbau der Potsdamer Kolonie über Pensionsgelder gewährleisten. Im Zuge dessen wurden bis zu 14 Prozent dieser Kasse an die Potsdamer Kolonie transferiert, die selbst maximal ein Prozent der in Brandenburg-Preußen niedergelassenen Kolonisten beherbergte. Die verspätete Koloniegründung beruhte also auf einer Etablierung nach Kassenlage. Hingegen spielte fehlender Wohnraum, wie von der Stadtgeschichtsforschung suggeriert, in diesem Zusammenhang keine Rolle, denn seit 1713 durchlebte die Stadt Potsdam im Vergleich zu anderen märkischen Orten einen beispiellosen Wachstumsschub, in dessen Verlauf sich die Zahl der Häuser und Einwohner bis 1740 verzehnfachte. Diese rasante Entwicklung wurde insbesondere durch den Ausbau Potsdams zu einer Garnisonstadt getragen. Zur massenhaften Schaffung von Bürgerquartieren wurde während der Regentschaft Friedrich Wilhelm I. die Erweiterung der Stadt in zwei Abschnitten nach Norden vorangetrieben, in dessen erster Bauphase die Errichtung des erwähnten Französischen Quartiers fiel. Mit aller Vorsicht kann dieses Karree als für die Ansiedlung französischer Kolonisten im Sinne des Idealstadt-Gedankens konzipiert identifiziert werden, wenngleich seine Häuser nicht für Franzosen reserviert waren. Nur drei von ca. 48 Bürgerstellen wurden im Französischen Quartier von französischen Familien angetreten, die in dieser Zeit des sprunghaften Wachstums der Stadt Potsdam unter den Zuzüglern deutlich in der Minderheit blieben. Als zu Beginn der 1720er Jahre die Stadt Potsdam über Wohnraum im Überfluss verfügte, führte dies nicht automatisch zu einem ungebremsten Zuzug von Hugenotten. Demnach scheidet ein Mangel an Bürgerstellen als Hindernis für die Koloniegründung um das Jahr 1721 aus, vielmehr stand ihr fehlende Nachfrage im Wege. Diese Nachfrage bestand erst mit Errichtung der Französischen Kolonie und den Möglichkeiten, die im Edikt von Potsdam skizzierten Privilegien auch an seinem Ausstellungsort in vollem Umfange zu nutzen. Ein Vergleich der Potsdamer Kolonie mit der Entwicklung und Struktur der brandenburg-preußischen Kolonien in Stettin und Frankfurt an der Oder strich die Besonderheiten Potsdams als Residenzstadt heraus und hob die Charakteristika einer Kolonie in statu nascendi im Unterschied zu einer gewachsenen Kolonie wie Frankfurt hervor. So kam ans Licht, dass – auf die allgemeine Entwicklung aller Kolonien bezogen – der Rückgang der Potsdamer wie auch der Frankfurter Kolonie für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts der Normalität entsprach, während sich Stettin überdurchschnitt-
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lich gut entwickelte. Gerade der Vergleich mit Frankfurt, das bezogen auf die Größe der Stadt und der Kolonie Potsdam entsprach, zeigt, dass die Potsdamer Kolonie der Entwicklung der Frankfurter Kolonie auf leicht erhöhtem Niveau folgte. Gänzlich gegen den Trend verliefen in der Potsdamer Kolonie die 1730er und 1740er Jahre. Während sich vor allem die Berliner Kolonien in den 1730er Jahren rapide verkleinerten, war dies das Dezennium eines sprunghaften Anstieges in Potsdam auf bis zu 577 Kolonisten. Letztlich wurde aber der Einbruch der Kolonie für Potsdam nur um zehn Jahre hinausgezögert, denn um das Jahr 1740 verlor das französische Gemeinwesen an der Havel 230 Kolonisten. Mindestens die Hälfte von ihnen kehrte der Stadt Potsdam aus wirtschaftlichen Motiven den Rücken. Ein weiterer Grund für die Halbierung der Kolonie war die Altersstruktur. Wenige Jahre nach ihrer Etablierung beherbergte die Potsdamer Kolonie in ihren Reihen nicht nur auffallend viele betagte Kolonisten, sondern verfügte bereits über ein deutliches Defizit an Mitdreißigjährigen. Die dramatische Schrumpfung der Potsdamer Kolonie zur Jahrhundertmitte ist damit zum Teil auch auf den demografischen Schatten zurückzuführen, den diese fehlenden Familienväter warfen. In ihrer demografischen Struktur wich die Potsdamer Kolonie deutlich von der gewachsenen Kolonie Frankfurt zum selben Zeitpunkt ab, die eine gleichmäßige Verteilung aller Altersgruppen aufwies. Dieser Befund wird durch die besondere Gründungssituation der Potsdamer Kolonie verständlich, als reformierte Offiziere gegen einen Zuschlag auf ihre Altersbezüge angeworben wurden. Auch die Frage nach der Bedeutung der existierenden Kolonien für die Neugründungen wurde in diesem Zusammenhang gestellt. Die Potsdamer Kolonie wies eine große Abhängigkeit von den Berliner Kolonien auf, die in diesem Maße für das residenzferne Stettin nicht bestand. So stammte etwa ein Drittel der Mitglieder der jungen Potsdamer Kolonie aus Berlin. Und dorthin gingen sie auch wieder: Nach 1740 tauchen aus Potsdam entwichene Kolonisten in Berlin auf, ohne dass sich dieses Phänomen wegen der lückenhaften Überlieferung der Kolonielisten näher quantifizieren ließe. Die Nähe zu Berlin ist also ein wesentlicher Unterschied der Potsdamer Kolonie zu ihren Referenzkolonien. Ähnlich wie Stettin war die Potsdamer Kolonie in den Anfangsjahren vom Textilhandwerk geprägt. In beiden Städten kam es Mitte des 18. Jahrhunderts zu einem rapiden Rückgang innerhalb dieser Berufsgruppe, der von Stettin besser verkraftet und durch andere Berufsgruppen kompensiert werden konnte, als von Potsdam. Durch den Rückgang der Textilhandwerker stieg hingegen in der Potsdamer Kolonie der Anteil anderer Gruppen von Professionisten. Besonders ausgeprägt war die Zunahme der geistigen Berufe zum Ende des 18. Jahrhunderts hin, mit deren Anteil die Potsdamer
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H. Die verspätete Kolonie – Schlussbetrachtungen
Kolonie mit der Kolonie der Universitätsstadt Frankfurt mithalten konnte. Zum Teil wechselten die Weber und Wirker gar ihr Metier und betätigten sich etwa als Sprach- oder Tanzmeister. Damit büßte die Potsdamer Kolonie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihren Charakter als Gewerbekolonie fast vollständig ein. Hatte der Vergleich mit den Kolonien an der Oder und in Pasewalk zum Vorschein gebracht, warum die Kolonie in Potsdam erst mit deutlicher Verzögerung am Ende der zweiten Gründungsphase Französischer Kolonien realisiert wurde, enthüllte die verschränkende Betrachtung von Stadt- und Koloniegeschichte, warum Potsdam nicht schon der ersten Gründungsphase angehörte. So waren bis zu zwei Drittel der Potsdamer Einwohnerschaft von Hof und Garnison als Auftraggeber abhängig. Zudem ging diese Ausrichtung mit einer Künstlichkeit der Gewerbestruktur einher, bei der von Berlin nach Potsdam verpflanzte Fabriken oder Filialgründungen Berliner Bürger dominierten. An diese strukturellen Rahmenbedingungen musste sich die Französische Kolonie anpassen. Die Orientierung auf den Hof war unter den Potsdamer Hugenotten nie wieder so ausgeprägt wie zu kurfürstlicher Zeit, als – von zwei Ausnahmen abgesehen – sämtliche Französisch-Reformierte für den Hof tätig waren. Erst unter Friedrich Wilhelm I. wurden mit der Errichtung der Garnison Perspektiven für Hugenotten eröffnet, sich in großer Zahl in Potsdam niederzulassen. Unterstützt wurde die Ansiedlung, indem bevorzugt spezialisierte Bereiche der Montierung, wie Knöpfe und rotes Tuch für die Uniformen der Leibregimenter sowie Liefergarantien auf Lebenszeit für Haarbänder, an französische Handwerker in Potsdam vergeben wurden. Diese Gründungssituation barg bereits ein Charakteristikum in sich, das sich in der Geschichte der Französischen Kolonie in Potsdam zu einem Problem entwickeln sollte. Weil ein französisches Gemeinwesen eine Mindestzahl von etwa 100 Kolonisten benötigte, brauchte die Kolonie für ihr Fortbestehen die Garnison als Konsumenten und Auftraggeber, da der Handel in Stadt und Kolonie deutlich schwächer ausgeprägt war als in Berlin und Frankfurt. Mit Entstehen der Kolonie trat an die Stelle des Hofs nun die Garnison als Ernährer, doch letztlich wurde nur eine Abhängigkeit durch eine andere ersetzt. Die Etablierung der Französischen Kolonie fügte sich in den Ausbau der Garnisonstadt Potsdam ein. So hatte die Französische Kolonie in den 1730er Jahren mit über einem Viertel aller ankommenden Familien einen spürbaren Anteil am Wachstum der Stadt Potsdam, das sich zu dieser Zeit zu knapp der Hälfte aus dem Zuzug von Kolonisten speiste. Vergleicht man die Niederlassungsbedingungen anderer Migrantengruppen mit denen der französischen Kolonisten, so fällt auf, dass die Franzosen die meisten Privilegien genossen, gefolgt von den Niederländern. Sie blie-
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ben im Holländischen Viertel größtenteils von der Einquartierung befreit, beanspruchten ansonsten aber weniger Freijahre als die in den 1720er Jahren angeworbenen Textilhandwerker. Die wenigsten Vorzüge wurden den Nachfahren der 1671 aus Wien vertriebenen Juden eingeräumt. Im Gegenteil war deren Ansiedlung durch Schutzbriefe und andere Auflagen erkauft, die unter Friedrich II. noch einmal verschärft wurden. Die Jüdische Gemeinde finanzierte ihr Gotteshaus und ihren Rabbiner selbst und konnte sich als einzige der drei Flüchtlingsgemeinden (Französische, Böhmische Gemeinde) im Laufe des 18. Jahrhunderts stetig vergrößern. Die böhmischen Glaubensflüchtlinge der 1750 gegründeten Weberkolonie Nowawes verfügten offiziell zwar über ein eigenes Gotteshaus, das sie sich mit der deutschen Gemeinde teilten, doch kam es um die Nutzung der Kirche immer wieder zu Streit zwischen der Mehrheit der Lutherischen und den Reformierten in Nowawes. Daher errichteten die Reformierten für sich ein eigenes Bethaus, in das zu Zeiten der Französischen Besatzung und während der baupolizeilichen Sperrung der Französischen Kirche die Französische Gemeinde einzog. Im Vergleich zur Französischen Gemeinde erlosch der tschechische Gottesdienst relativ früh mit Zusammenlegung der Deutschen und Böhmischen Gemeinde Ende des 18. Jahrhunderts. Auch die Böhmische Gemeindeschule schloss bereits 1801 ihre Pforten und damit 77 Jahre vor der Französischen Gemeindeschule. Obwohl die Böhmen ihre kulturelle Eigenständigkeit zunächst aufrecht erhalten konnten, gaben sie diese bereits in der zweiten Generation auf, was nicht zuletzt in der im Vergleich zur französischen geringen Wertschätzung und gesellschaftlicher Nachfrage der böhmischen Kultur begründet lag. Die Ansiedlung niederländischer Kolonisten im Holländischen Viertel veranschaulichte, dass es offenbar auch für die Gründung einer Französischen Kolonie in Potsdam ein Zeitfenster gab, das sich, wie die letztlich unverwirklicht gebliebene niederländische Kolonie beweist, Ende der 1730er Jahre schloss. Zur Inthronisierung Friedrich II. betrug die Zahl der niederländischen Kolonistenfamilien bereits 36 und damit sogar dreimal so viel wie die der Réfugiés zur Gründung der Französischen Gemeinde. Dennoch blieb das Koloniepatent für die Niederländische Kolonie in der Schublade. Friedrich II. war nicht gewillt, den weiteren Zuzug niederländischer Kolonisten durch die Bestallung eines niederländischen Predigers oder Schulmeisters zu befördern. Allgemein wurde die Ansetzung von Kolonisten in Potsdam von Friedrich II. anfänglich nur in bescheidenem Umfange fortgeführt. Sieht man von der Weberkolonie in Nowawes ab, nahm die Ansetzung von Kolonisten in Potsdam erst nach Beendigung der drei Schlesischen Kriege wieder Tempo auf. Die Bewohner des Holländischen Viertels hielten sich, bis auf die wenigen französischstämmigen unter ihnen, zur deutsch-reformierten Gemeinde. Bei den holländischen Kolonisten domi-
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nierte das Bauhandwerk. Desweiteren fanden sich als Textilhandwerker Seidenwirker in ihren Reihen, so dass diese Migranten, wie auch die Böhmen mit ihrer Kattun- und Leinweberei und die Juden, kaum in Konkurrenz zu der Französischen Kolonie traten. Letztere füllten sogar die Lücken im städtischen Handel und boten sich im Einzelfall auch als Geschäftspartner der französischen Kolonisten an. War eine niederländische Kolonie anvisiert, um die Stadterweiterung auf dem sumpfig-sandigen Havelschwemmland durch so angesiedelte Bauhandwerker voranzutreiben, stützte sich die Anlegung einer Französischen Kolonie auf nicht weniger als drei Ziele: 1. die Unterstützung des Hofes, 2. der Garnison und 3. des Seidenbaus. Die ersten in Potsdam ansässigen Réfugiés beförderten zwar die höfische Repräsentation als Tapezierer, Bettenmacher und Glaskünstler, doch gaben diese Aufgaben weder den Anstoß zur Gründung einer Französischen Kolonie noch Gemeinde. Unter Friedrich Wilhelm I. blieb der Anteil der Französischen Kolonie an der Versorgung des Hofes begrenzt. In ihren Reihen ließen sich allein ein Hühnermeister und eine Goldschmiedin ausmachen. Mit Friedrich II. wuchs der Kolonie die Aufgabe zu, die französischstämmigen Verwaltungsbeamten einzubinden, die etwa mit dem königlichen Kabinett nach Potsdam verlegt wurden. Neben dem Kammerdiener Daniel Philipp Guy gelangte aus der Potsdamer Kolonie einzig der Sohn des ersten Kantors der Französischen Gemeinde, Samuel Villaume, als Privatsekretär Friedrich II. zu einer Anstellung bei Hofe resp. der königlichen Verwaltung. So zeigte sich, dass aus der kleinen „hugenottischen Hofgemeinde“ zunächst eine Gewerbekolonie und schließlich eine Beamtenkolonie geworden war. Unter Friedrich II. fand sich die Französische Kolonie in Potsdam in die ehrgeizigen Pläne einbezogen, Brandenburg von Seidenimporten unabhängig zu machen. Als Vermittler der Serikultur waren die Potsdamer Kolonisten als Inspektoren, Seidenkultivateure sowie Ausbilder tätig, sodass sich hier auf mehreren Ebenen ein Kulturtransfer zwischen Stadt und Kolonie ereignete. Umgekehrt gaben die Kolonisten nicht nur ihr in Frankreich oder an einer Berliner Gemeindeschule erworbenes Wissen wieder, sondern lernten, ihren Erfahrungsschatz an die lokalen Gegebenheiten anzupassen. Dieses mehrfache Einbeziehen des französischen Gemeinwesens in herrschaftliche Intentionen beförderte auch den institutionellen Ausbau der Potsdamer Kolonie. Zunächst wurde 1735 zu Lasten der nahen Spandauer Gemeinde eine zweite Predigerstelle in Potsdam eingerichtet, um das Wachstum der Gemeinde weiter anzuregen. Trotz sinkender Gemeindegliederzahlen blieb diese Stelle bis 1805 erhalten, zumal der erste Pastor der Gemeinde, Le Cointe, kurze Zeit später als Kircheninspektor übergemeindliche Aufgaben wahrnahm. Die Gemeindeschule blieb bis 1878 erhalten. War die Schulnut-
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zung insbesondere in der Anfangszeit der Gemeinde besonders ausgeprägt, kam der Schulbetrieb um 1739 zeitweilig zum Erliegen. Schüler- und Gemeindelisten belegen zwar, dass der überwiegende Teil der Kinder der Gemeinde in den Genuss einer französischen Elementarschulbildung kam. Dennoch waren zumindest für das ausgehende 18. Jahrhundert kaum Französischkenntnisse bei den Kindern der Gemeinde vorhanden und diese konnten ihnen nur äußerst schwer vermittelt werden, trotz Lerngruppen von zwei Schülern aufwärts. Das Problem beruhte nicht allein auf dem wenig ausgereiften, aber dennoch dem Standard entsprechenden didaktischen Konzept, das im Wesentlichen auf Wiederholungen basierte. Es ist auch der Motivation der Schüler und ihrer äußerst rar gewordenen Möglichkeiten zuzuschreiben, ihre Sprachkenntnisse außerhalb der Schulstube anwenden zu können. Unbekannt bleibt, welche Maßstäbe die Gemeinde ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts an ihre Schulhalter anlegte. Wenn etwas über den beruflichen Werdegang der Lehrer ermittelt werden konnte, zeigte sich, dass es sich nicht um geborene Pädagogen handelte, sondern um Textilhandwerker, Gerber und in einem Fall um einen Soldaten. Dadurch verfehlte die Gemeindeschule zunehmend ihr eigentliches Ziel, nämlich den Fortbestand der Gemeinde durch ausreichend Kenner der französischen Sprache zu sichern, die am Gottesdienst in der althergebrachten Kultsprache partizipieren konnten. Deutlich wird der Stellenwert der Französischen Kolonie noch einmal Mitte des 18. Jahrhunderts am Bau der Französischen Kirche. Mit ihrer Errichtung galt es, den Leistungen der Hugenotten ein Denkmal zu setzen und ihre Integrität in die königlichen Regierungsziele zu versinnbildlichen. Hier scheint ein zweites Mal in der Geschichte der Französischen Kolonie in Potsdam der Idealstadt-Gedanke auf, der beim Frantzöschen Quartier visionär geblieben war. Die verspätete Koloniegründung, die strukturellen Gegebenheiten der neuen Residenz- und Garnisonstadt Potsdam, an denen die Französische Kolonie ankristallisierte, und schließlich die landesherrlichen Intentionen, die ihren Aufbau umrankten, konstituierten die Entwicklung und den Kulturtransfer der Französischen Kolonie in Potsdam gleichermaßen. Dieser Kulturtransfer nahm auf den drei Ebenen der Kolonie unterschiedlich Gestalt an. So ergab die Untersuchung auf der rechtlichen Ebene, dass zunächst das eigene Bürgerrecht der Kolonie eine Segregation innerhalb der städtischen Gesellschaft schuf, deren Auswirkungen auf den Kulturtransfer sich auf allen Ebenen einschrieben. Auf der rechtlichen Ebene betrachtet, wurde zwar durch die Öffnung der Kolonie für Kolonisten jedweder Konfession und Herkunft im Zuge des Wahlbürgerrechts der Kulturtransfer nach 1772 verstärkt in die Kolonie hi-
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neingeholt und damit auch nach außen hin beflügelt. Dennoch sind dessen Auswirkung auf die Zusammensetzung der Kolonie als gering anzusehen. Ähnlich verhielt es sich mit der Aufnahme der Émigrés, die die Kolonie zwar stabilisierte, deren Lebenswelt aber kaum die der übrigen Kolonisten berührte. Die vor allem von Birnstiel konstatierte beschleunigte Auflösung der Französischen Kolonie durch den Verlust der konfessionellen Einheit ließ sich hier nicht beobachten. Im Gegenteil scheint eher die Rücknahme des Wahlbürgerrechts im Jahre 1802 das Ende der Kolonie zementiert zu haben. Der eigentliche Gewinn der Betrachtung des Wahlbürgerrechts für die Untersuchung liegt darin, nach den Motiven fragen zu können, der Kolonie angehören zu wollen. Diese Beweggründe wichen deutlich von den Überzeugungen derjenigen ab, die in Streitfällen um das Bürgerrecht ihre Zugehörigkeit zur deutschen oder französischen Gerichtsbarkeit zu begründen suchten. Im Falle der Wahl des Koloniebürgerrechts gab das Bürgerrecht des Arbeitgebers den Ausschlag und damit im weiteren Sinne die Niederlassungsbedingungen als Kolonist. Hier verhielten sich die wirtschaftlichen Argumente präjudiziell für den Kulturtransfer. Im umgekehrten Fall, wenn es um das deutsche oder französische Bürgerrecht zum Streit zwischen Magistrat und Koloniegericht kam, stellte der Beklagte einen Zusammenhang zwischen Bürgerrecht und Gemeindezugehörigkeit her, der juristisch nicht bestand. Das heißt, dass nicht die Kolonie das Selbstverständnis eines Kolonisten prägte. Vielmehr äußerte es sich in seiner Gemeindezugehörigkeit, da er diese für gewöhnlich wählen konnte. Auf wirtschaftlicher Ebene konnte über die Kolonie die Gewerbeansiedlung gesteuert werden, und zwar mittels der Instrumentarien Pensionen und Vorschüsse. Die Unterstützung französischen Unternehmertums durch regelmäßige Pensionszahlungen beugte zwar dem heimlichen Wegzug der Kolonisten vor, konnte diesen jedoch nie ganz verhindern. Auch schränkte diese so geschaffene Abhängigkeit die Fabrikanten dergestalt ein, dass in Krisenzeit nur die höchstbesoldetsten Pensionsempfänger in Potsdam zu existieren vermochten. Konnte mit Etablierung der Kolonie noch auf die Konsumnachfrage und die Auftragslage für das städtische Gewerbe Rücksicht genommen werden, traten zünftiges Textilgewerbe und Kolonie unvermeidlich in Konkurrenz zueinander, als die Armeelieferungen rückläufig waren. Hier machte sich erstmals die geringe Durchdringung der Kolonie ins städtische Wirtschaftsleben negativ bemerkbar, die insbesondere mit der Position der Kolonisten als Freimeister zusammenhing. Denn der Krise konnten zünftige Meister durch Kooperationen untereinander Herr werden. Außerhalb der Gewerke war für hugenottische Meister diese Möglichkeit nicht gegeben. Dies lag zum einen in der spezialisierten Ansiedlung französischer Handwerker begründet, die von vornherein wenig Kooperation zuließ. Von Strumpfwirkern abgesehen, gab es unter den Kolonisten kaum Professionis-
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ten ein- und desselben Berufszweiges. Französische Meister konnten also weder auf die Hilfe der Innungen vertrauen, noch sich gegenseitig unterstützen. Zum anderen machte die auf Spezialisierung und Produktinnovation hin ausgerichtete Ansiedlungspolitik kooperative Zusammenschlüsse der französischen Meister unmöglich, über die eine leichtere Eingliederung in die Zünfte hätte bewerkstelligt werden können. Die angespannte wirtschaftliche Lage, die durch den Ausfall des Konsumenten Garnison während der Schlesischen Kriege heraufbeschworen wurde, belastete die Aufnahme der französischen Freimeister in die Gewerke zusätzlich zu dem Druck, denen sich die Innungen durch die Zunftreform von 1735 ausgesetzt sahen. Diese Reform, die den landesherrlichen Zugriff auf die Zünfte intensivierte, koinzidierte mit dem Auslaufen der Kolonistenprivilegien. Die Folge war, dass beinahe eine komplette Kolonistengeneration von der Aufnahme in die Potsdamer Gewerke ausgeschlossen wurde. Hier hemmte ihre segregierte Position die Kulturtransferpotentiale. Andererseits stellten die Gewerke nur einen Aspekt des Kulturtransfers auf wirtschaftlicher Ebene dar. Arbeitsbeziehungen zwischen Stadt und Kolonie waren auf der Ebene der Meister zwar auf wenige Ausnahmen begrenzt, doch gab es sie um so mehr bei Gesellen und Lehrlingen. Hier deckte die Kolonie ihren Bedarf an Arbeitskräften überwiegend aus den Reihen der Magistratsbevölkerung und kompensierte so ihre eigenen demografischen Defizite. Wie an zwei Beispielen nachgewiesen, waren die Verflechtungen zwischen Kolonie und Stadt unter den ungelernten Arbeitskräften noch intensiver, denn der überwiegende Teil der Hilfskräfte gehörte nicht der Kolonie an. Hier wie auch bei Kreditbeziehungen zeigte sich, dass Nachbarschaft neben der Kolonie das wichtigste Sozialgefüge darstellte, an dem Netzwerke installiert werden konnten. Warum einzelne französische Kolonisten in der besonderen Gunst von König oder Generaldirektorium standen, ist ebenfalls ein Thema für die weitere Erforschung hugenottischer Netzwerke. Der wirtschaftliche Druck intensivierte letztlich die Spezialisierung der Kolonisten im gewerblichen Sektor. Strukturell wirkte die Kolonie hier nicht segregierend, sondern vielmehr vitalisierend auf die Ausbildung von sozialen Kontakten. Die Kolonie war weder autonom in ihrem Rechtsgebaren, noch wirtschaftlich autark, noch in einem Winkel der Stadt etabliert, sondern über Alt- und Neustadt, mit dem Holländischen Viertel als ihrem administrativen Zentrum, verteilt. Für den Kulturtransfer war also der Grad der Segregation entscheidend. Diese wiederum wurde nicht zuletzt durch die Größe der Kolonie bestimmt. Mehr Segregation hätte die Einbindung in das Wirtschaftsleben intensiviert, da die Kolonisten in Krisenzeiten nicht ihren Beruf hätten aufgeben und die Stadt verlassen müssen, sondern auf ihre kolonieeigenen Kooperationen hätten zurückgreifen können. Weniger Segregation hätte aber auch die sofor-
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tige Aufnahme in die Zünfte ohne den Umweg der Freimeisterschaft bedeutet, der für viele Potsdamer Kolonisten zur Sackgasse wurde. Die ökonomischen und politischen Gegebenheiten in Potsdam schränkten den Kulturtransfer auf der wirtschaftlichen Ebene der Kolonie zwar ein, beförderten aber dafür gleichzeitig den Kulturtransfer auf kultureller Ebene. Die Vermittlung von Tanz, Sprache oder Serikultur bot für verarmte Textilhandwerker eine Alternative, ihren Lebensunterhalt in Potsdam zu bestreiten. Hier kam es im Laufe des Untersuchungszeitraums zu einer Reihe von Hybridisierungen. Grundlage hierfür war die hohe Nachfrage nach französischer Kultur in der Residenzstadt. Den Kolonisten boten sich vielfältige Möglichkeiten, die französische Kultur einzusetzen, also eben das, was die Gesellschaft für französisch, vornehm und damit für nachahmenswert erachtete. Nicht alle, wie z. B. die Serikultur, waren an die französische Sprache gebunden. Die Patenschaften und das Heiratsverhalten der Französischen Gemeindeglieder ließ keine kontinuierliche Hinwendung zur Aufnahmegesellschaft erkennen, wie sie bislang anhand des Konnubiums für die Französischen Gemeinden Berlins beschrieben wurde. Nachdem bis zur Etablierung der Französischen Kolonie Mischehen und deutsche adlige Paten sehr zahlreich vorkamen, schwächte sich dieser Trend danach deutlich ab, um zum Ende des 18. Jahrhunderts noch einmal eine Wende einzuschlagen. So wurde zu dieser Zeit der Partner wieder verstärkt aus den Französischen Gemeinden gesucht und waren wieder vermehrt Französinnen als Patinnen gefragt. Zeitgleich stieg die Zahl der deutschen Paten aus den Kreisen des Adels wieder an. Demnach bildete die Französische Gemeinde gegen Ende des 18. Jahrhunderts wieder vermehrt Netzwerke in andere Französische Gemeinden aus oder zumindest in die soziale Schicht, die der französischen Kultur nahestand, nämlich den Adel. Erstmals konnten hier Taufregister für die Untersuchung fruchtbar gemacht werden. Auf die Frage nach dem Kulturtransfer bezogen, zeigten sie sich den bislang favorisierten Heiratsregistern überlegen, da über die Patenschaften Kontakte zur deutschen Gesellschaft viel differenzierter aufgedeckt werden konnten. Für die künftige Forschung wird es darauf ankommen, Taufbeziehungen für die Rekonstruktion familiärer Netzwerke noch gezielter in den Blick zu nehmen. Da letztlich nur die Frauen sich durch Heirat für das jeweilige Bürgerrecht entscheiden konnten und vor dem Hintergrund, dass Frauen ihrer angestammte Gemeinde auch nach der Eheschließung die Treue hielten, wäre es für die zukünftige Forschung lohnenswert, der weiblichen Seite des Kulturtransfers mehr Beachtung zu schenken.1 Die Heiratsstrategien von Frauen ins Visier zu nehmen, 1 Auf das Forschungsdesiderat Geschlecht und Migration machte unlängst Christiane Harzig aufmerksam. Siehe H-Soz-U-Kult/tagungsberichte/id=1780 (01.04.2008).
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erfordert aber eine dickere Materialdecke, als sie für dieses Untersuchungsgebiet zur Verfügung steht. Die Namensvergabe innerhalb der Französischen Gemeinde ließ nicht nur eine stetige Annäherung an die deutsche Gemeinde und eine Abkehr von den rein biblischen Namen der französischen Tradition erkennen, sondern auch unterschiedliche Geschlechterrollen. Die Jungen erhielten häufiger deutsche Paten und büßten die alttestamentliche Tradition viel schneller ein als die Mädchen, bei denen sich die biblischen Namen wesentlich länger hielten, bedingt auch durch die Wiederentdeckung französischer Patinnen. Somit wurden über die Jungen verstärkt Netzwerke in die deutsche Gemeinde geknüpft, während über die Mädchen die französische Tradition bewahrt wurde. Im Vergleich zu den übrigen Kongregationen der Stadt wies die Französische Gemeinde als weitere Besonderheit eine auffallend niedrige Zahl an unehelichen Kindern auf. Kirchenzucht und Übersichtlichkeit der Gemeinde verstärkten die soziale Kontrolle hierbei wechselseitig. Verwandtschaftliche Beziehungen der Potsdamer Kolonisten nach Frankreich waren allein in Offiziers und Adelskreisen nachweisbar. Bei Reisen nach Frankreich war die Gefahr des heimlichen Wegzugs durchaus gegeben. Dieses Risiko musste vom Landesherrn in Kauf genommen werden, wenn er am Wohlstand seiner Untertanen interessiert war. Auch hier empfahlen sich Pensionen als monetäre Fußfessel. Allerdings konnten nur diejenigen Kolonisten vom Verlassen des Landes abgehalten werden, die selbst nicht auf die Pension angewiesen waren. Somit hatte auch die finanzielle Not der französischen Textilhandwerker keinen Einfluss auf die Rückkehr nach Frankreich. An die Familiennetzwerke des Adels konnten auch Bürgerliche ihre Handelskontakte anknüpfen. Das Taufregister belegt ebenfalls Kontakte nach Frankreich und ins europäische Refuge. Unter den französischen Kolonisten befanden sich auch Katholiken, die z. B. durch Heirat mit der Französischen Gemeinde verbunden waren. Dass die Töchter bei gemischtkonfessionellen Ehen in der Gemeinde der Mutter, die Söhne in der des Vaters getauft werden, wurde oft, aber nicht immer so gehandhabt. Kontakte zu Katholiken existierten ferner über Arbeitskontakte, zum Beispiel zu katholischen Waffenmeistern aus den spanischen Niederlanden oder auch zu katholischen Soldaten, die bei Kolonisten einquartiert waren. Der Architekt Gontard, der zur katholischen Gemeinde gehörte, nahm im Einzelfall die Hilfe des Französischen Gerichts in Anspruch. Die Konfessionsgrenzen waren also nicht verhärtet, sondern es gab Kontakt und Durchmischung. In der Französischen Gemeinde fanden sich kaum Belege für Analphabetismus. Beim Sprachwechsel manifestierte sich ein Refuge der zwei Ge-
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schwindigkeiten, wobei zwar die Handwerkerschicht schneller das Deutsche gebrauchte, das Französische aber nicht unbedingt genauso schnell aufgab, da deren Vermittlung in Zeiten ökonomischer Krisen einen Broterwerb garantierte. Dies scheint insbesondere in Potsdam ausgeprägt gewesen zu sein, wo einerseits die Handwerkerschicht massiv von Verarmung betroffen war, andererseits durch die Funktionen Potsdams als Residenz und Verwaltungssitz der Markt für Französischlehrer, wie überhaupt für Vermittler der französischen Kultur, groß war. Das Memorandum des Predigers Erman zur Einführung deutschsprachiger Gottesdienste enthüllte, dass Ende des 18. Jahrhunderts bereits ein Viertel der Gemeinde außerstande war, dem Gottesdienst auf Französisch zu folgen. Jede dritte Familie drohte, sich wegen mangelnder Sprachkompetenz, zwischen einer deutschen Gemeinde und der Französischen aufzuteilen. Trotzdem unterschied sich Potsdam im Sprachwechsel deutlich von anderen Gemeinden. Dies zeigte bereits das zu Beginn des 18. Jahrhunderts eingeführte zweisprachige Gottesdienstangebot mit einer deutschen Nachmittagspredigt und vier deutschen Abendmahlsgottesdiensten. Hier wurde der Turnus der deutschen Gottesdienste kurz nach deren Einführung wieder ausgedünnt, da die Beteiligung geringer ausfiel als erwartet. Auch die Übergangsphase hin zu ausnahmslos deutschen Gottesdiensten geriet in Potsdam deutlich länger als in anderen Gemeinden, in denen kurze Zeit nach Einführung deutscher Gottesdienste die französischen ganz eingestellt wurden. Auch in die Ausgestaltung des Gottesdienstes schrieb sich im Laufe des 18. Jahrhunderts der Kulturtransfer ein. So richtete sich der Wunsch nach einer Orgel und der Einbeziehung konzertanter Darbietungen in den Gottesdienst am musikalischen Geschmack der Zeit aus, in der sich die Musik zunehmend von theologischer Erbauung emanzipierte. Dieser Zeitgeist wirkte bis in die Neufassung des Psalters der Französischen Gemeinde hinein, der die biblischen Gesänge um zeitgenössische Kirchenlieder ergänzte. In den Festgottesdiensten der Pastoren Le Cointe und Pelet bekundete sich die unterschiedliche Mentalität zwischen den Réfugiés und der im Refuge geborenen Nachfahren. Wo sich bei den französischen Kolonisten Anleihen an eine französische Sachkultur ausmachen ließen, waren sie, wie im Falle der französischen Gesangbücher oder des Hugenottenkreuzes, religiös besetzt. Für Potsdamer Kolonisten war die Bewahrung ihrer kulturellen Tradition existentiell, nahm sie doch im ausgehenden 18. Jahrhundert ökonomisch den Raum ein, den mit Gründung der Kolonie der gewerbliche Sektor ausfüllte. Nicht nur, dass die wirtschaftliche und die kulturelle Seite einer Kolonie nicht voneinander geschieden gedacht werden können, dieser Befund
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unterstreicht auch die Unzulänglichkeiten, die sich zwangsläufig ergeben müssen, wenn die Gemeindegeschichte von vornherein aus einer wirtschaftlichen Koloniestudie ausgeblendet wird. Der hohe Stellenwert der caritativen Arbeit innerhalb der Französischen Gemeinde beförderte unter den Kolonisten und Gemeindegliedern eine Hinwendung zu den Bruderschaften, die für diese Ziele eintraten. Vor dem Hintergrund der hohen Akzeptanz des französischen Elements fanden viele ihrer Mitglieder bei den Freimaurern Aufnahme. Gewissermaßen bedeutet dies auch eine Emanzipation vom Hof als Ernährer der Kolonie, denn nicht die „Hofloge“ Minerva wurde aufgesucht, sondern die „Beamtenloge“ Zur Standhaftigkeit. Die Bruderschaften ebneten den Kolonisten auch den Weg zu repräsentativen Funktion innerhalb der städtischen Gesellschaft, wie zweifelsohne die Ernennung des Oberredners der Loge Zur Standhaftigkeit, des Pastors der Französischen Gemeinde Jacques Papin, zum Deputierten der Stadt Potsdam bei den Friedensverhandlungen in Tilsit zeigt. Dass unter den Logenbrüdern eine große Sympathie für französische Einflüsse herrschte, wird auch durch die Aufnahme von 48 französischen Offizieren, Beamten und Ärzten der napoleonischen Armee während ihrer Stationierung in Potsdam, deutlich. Dies unterstreicht, dass sich Besatzer und Besetzte durchaus mit Respekt begegneten. Nach Abzug der Armee führte die Loge diese Angehörigen der französischen Armee als abwesende Mitglieder weiter in ihren Listen. Die französischen Kolonisten waren bei der französischen Invasion von Plünderungen und Einquartierung gleichermaßen betroffen wie die Magistratsbürger. Die Französische Kirche wurde, wie die Heilig-Geist Kirche, als Fourage-Magazin genutzt. Die Kolonisten erbrachten ihre „freiwilligen“ Abgaben, leisteten Wachdienste wie andere Einwohner Potsdams auch, oder waren für die französische Armee tätig. Sie blieben nicht ob ihres Kolonistenstatus von diesen Aufgaben ausgespart. Das Französische Gericht trat auch nicht als deren rechtliche Vertretung an Magistrat und Bürgerkomitee heran. Hier deutet sich mehr als eine Gleichstellung der Kolonisten mit den Magistratsbürgern an: Das Französische Gericht war bereits vor Aufhebung seiner Gerichtsbarkeit funktionslos geworden. In der Amtssprache bezeichnete man die Kolonisten nach 1809 nicht mehr als Franzosen, sondern fasste sie nach ihrer Konfession: reformiert. Die französische Besatzungszeit bot auch Gelegenheit zur Stärkung des Bürgersinns. An diesem Prozess waren französische Kolonisten mitbeteiligt. So war Sankt Paul Rendant der Stadtkasse, die aus der Versorgung der kasernierten französischen Soldaten entstanden war. Diese Zeit blieb für die Französischen Kolonisten in ihrem Ansehen ohne nachweisbare negative Folgen. Auch waren wiederentdeckte familiäre Bindungen über Feind-Freund-Zuschreibungen erhaben, wie im Falle der Lederfabrikantenfamilie Huguenel, die in einem verwun-
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deten französischen Soldaten der Befreiungskriege einen entfernten Verwandten erkannte und bei sich aufnahm. In die auf die französische Besatzung folgende Zeit der Stein-Hardenbergschen Reformen konnten die französischen Kolonisten die hier erworbenen Sympathien und Kompetenzen einbringen. Nach Aufhebung des Französischen Koloniebürgerrechts ergab sich für sie die Möglichkeit, an den Wahlen zur ersten Stadtverordnetenversammlung teilzunehmen. In dieses Gremium wurde auch Wilhelm Sankt Paul gewählt, der während der Besatzungszeit Rendant der Stadtkasse war. Bei der Wahl zum Oberbürgermeister vereinigte der junge Sankt Paul zwar die meisten Stimmen der Stadtverordneten auf sich, doch der König Friedrich Wilhelm III. zog ihm den drittplatzierten Brunner vor. Nichtsdestotrotz ist dieses Votum für Sankt Paul, und damit für einen Réfugiésnachfahren, das wohl sprechendste Beispiel für den Kulturtransfer zwischen Stadt und französischer Kolonie und für die Wandlung eines Kolonisten zum Bürger. Die Zeitspanne vom Edikt von Potsdam 1685 bis zur Auflösung der Französischen Kolonien im Jahr 1809 birgt Probleme, die sich nicht stellen, wenn nur die Ansiedlungsbedingungen erfasst oder gar von diesen ausgehend die Entwicklung der Kolonien extrapoliert wird. Im Untersuchungszeitraum änderten sich die Vergabekriterien des Französischen Koloniebürgerrechts mehrmals, so dass die Französische Kolonie mal eine Konfessionskolonie mal eine Immigrantenkolonie war. Zwischen 1772 und 1802 konnte das Französische Koloniebürgerrecht von jedem nach BrandenburgPreußen Eingewanderten binnen einer Dreimonatsfrist ergriffen werden. Überdies zeigte die Untersuchung, dass ein ähnlicher Zuschnitt, wie ihn das Wahlbürgerrecht vorsah, bereits mit Gründung der Stettiner Kolonie bestand. Bislang ging die Forschung von einheitlichen Bestimmungen zum Französischen Koloniebürgerrecht aus.2 In diesem Zusammenhang erwies sich das komparatistische Verfahren als erhellend für Eigenheiten der Kolonien, die bislang von der Forschung nicht wahrgenommen wurden. Viele Fragen ließen sich erst in diesem Kontext zufriedenstellend beantworten. So kann etwa die Frage nach den Ursachen der verspäteten Koloniegründung nun als geklärt gelten. Dies war als Ausgangspunkt für die weitere Untersuchung wichtig. Der Erfolg der vergleichenden Methode ermutigt für spätere Forschungsvorhaben: Kolonien mittlerer Größe können auf diese Weise bearbeitet und eingeordnet werden, mit großem Gewinn für die Hugenottenforschung. Vor diesem Hintergrund wirkte sich der eingeschlagene Weg, die Französische Kolonie als aus den drei Ebenen der rechtlichen, wirtschaftlichen 2
Vgl. zuletzt Birnstiel (2007), S. 139–154.
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und kulturellen Sphäre zusammengefügt zu betrachten, als vorteilhaft aus. Auf diesen drei Ebenen konnte der Kulturtransfer differenzierter untersucht und miteinander verglichen werden. Im Zusammenwirken der drei Ebenen kam die Überlegenheit des Konzepts vom Kulturtransfer gegenüber dem Integrationsparadigma voll zur Geltung. Die Geschichte der Réfugiés in Brandenburg-Preußen unter dem Blickwinkel der Integration betrachten zu wollen, weist der Aufnahme eine Absicht zu, die so nicht bestanden hat. Birnstiel gelangt so unter falschen Voraussetzungen dennoch zu dem zutreffenden Schluss, dass es bei der Aufnahme französischer Glaubensflüchtlinge ursprünglich nicht um Integration gegangen sei, um dann allerdings weiter zu folgern, es habe sich bei ihnen um „Staatenlose“ gehandelt.3 Diese Schlussfolgerung scheint sich aufzudrängen, wenn die Aufnahme der Hugenotten isoliert und nicht im Kontext der hohenzollernschen Kolonisation betrachtet wird.4 Die Anwerbung von Fremden nach Brandenburg-Preußen folgte, wie diese Studie verdeutlicht, vielmehr der Maxime, möglichst viele Kolonisten ins Land zu holen und dafür Sorge zu tragen, dass sie blieben. Ein subtiler Gedanke wie Integration war dabei nicht am Werk. Überhaupt ist dies genau die Schwäche des Integrationskonzepts, nicht nur der Geschichte ein Ziel zu attribuieren, sondern gleich einer herrschaftlichen Intention zuzuordnen. Widersprüche zwischen so diagnostiziertem Anspruch und geschichtlichem Befund können innerhalb dieses Paradigmas nur behoben werden, wenn sie durch Kunstgriffe wie der Rede von „Staatenlosen“ beseitigt werden. Viel einfacher wäre es aber, wenn die Suche nach Intentionen aufgegeben wird. So kann die konstruierte Teleologie nicht den Blick für die eigentliche Dynamik verstellen. Ohnehin bewahrt dieser Schritt vor der Gefahr der Ideologisierung, die Aufnahme der Hugenotten als Erfolgsgeschichte vermarkten zu wollen.5 Das Konzept vom Kulturtransfer trägt hingegen dem Umstand Rechnung, dass der Austausch mit der Aufnahmegesellschaft nicht gradliniger verlief und mehrere Geschwindigkeiten kannte. Für diese Feststellung ist das Anerkennen der Produktivität der Segregation unerlässlich,6 gegen das sich das Integrationsparadigma verweigern muss. Wie in diesem Zusammenhang die 3
Ebd., S. 143. Hierzu lieferte Asche einen überzeugenden Vorstoß und erhellte zugleich die bis dato im Schlaglicht Berlins unterbelichtete Kolonisation auf dem Lande. Vgl. Asche (2006). 5 Eine Versuchung, der insbesondere die Geschichtsschreibung und -kultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts erlag. Vgl. Ursula Fuhrich-Grubert, Hugenotten unterm Hakenkreuz. Studien zur Geschichte der Französischen Kirche zu Berlin 1933–1945 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin; 85), Berlin 1994. 4
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über Taufen aufgedeckten Netzwerke der französischen Kolonisten zeigten, kam eine Rückbesinnung auf die französische Tradition nicht einer Abnabelung von der Aufnahmegesellschaft gleich. Vielmehr konnten die französischen Kolonisten den Kulturtransfer auf diesem Wege intensivieren. Segregation beförderte den Kulturtransfer. Und wo sie ihm dennoch auf der einen Ebene im Wege stand, intensivierte sie ihn auf der anderen. Dies konnte für das Zusammenwirken von wirtschaftlicher und kultureller Ebene der Kolonie nachgewiesen werden. Im Rahmen des Kulturtransfers wird so dem von David ins Spiel gebrachten Gedanken eines Refuge der zwei Geschwindigkeiten gerecht.7 Der Kulturtransfer bietet methodisch weiterhin die Chance, die angesprochenen Forschungsdesiderate beim Vergleich der Kolonien und der Migrantengruppen untereinander zusammenzufügen. Auch für die Stadtgeschichtsforschung konnte diese Arbeit wertvolle Impulse geben. Hier zeigte sich, dass der Vergleich zu Berlin eine entscheidende Rolle spielte. Auf die Geschichte der Französischen Kolonie bezogen, konnte so die eine oder andere Frage beantwortet und noch mehr Irrtümer korrigiert werden. Hier offenbart sich die Schwäche der bisherigen Forschung zur Potsdamer Geschichte, die keine Unterscheidung von Gemeinde und Kolonie machte, weshalb ihr das besondere Gründungsszenario der Potsdamer Kolonie entging. So blieb die Stadtgeschichtsforschung bislang schon bei dem Problem stecken, dass sie dem Sprachgebrauch der Frühen Neuzeit folgend die Gründung der Französischen Gemeinde als Gründung der Kolonie missverstand. Dabei ist für die Geschichtsschreibung wichtig auseinanderzuhalten, ob mit dem Quellenbegriff Colonie nur der gemeindliche Aspekt der Ansiedlung gemeint ist, oder ob es sich um das rechtliche Gemeinwesen Kolonie handelt, das die Gemeinde umschließt.8 Folgerichtig ging es Muret und Schreckenbach nur um die Klärung einer gescheiterten Ansiedlung im Zuge des Edikts von Potsdam, während für diese Arbeit die Frage im Vordergrund stand, warum eine Koloniegründung zu Beginn der 1720er Jahre scheiterte. Die Anfänge der Hugenotten in Potsdam waren von der Nutzung der Potsdamer Residenz abhängig, die für sich genommen noch keine Französische Kolonie hervorbringen konnte. Hier bietet sich für die weitere Forschung ein Vergleich mit anderen kurmärkischen Residenzen wie etwa Kö6 Vgl. Hartmut Häußermann/Walter Siebel, Integration und Segregation – Überlegungen zu einer alten Debatte, in: Deutsche Zeitschrift für Kommunalwissenschaften (DfK), 1 (2001), S. 8–79. 7 David, S. 92. 8 So quittierte Muret die acht Jahre Differenz zwischen angeblicher Koloniegründung 1723 und der Ausfertigung des Koloniepatents 1731 mit Stirnrunzeln. Vgl. Muret, S. 257. Schreckenbach genügte die schleppende Entwicklung bei Instandsetzung und Neubau von Häusern als Erklärung. Schreckenbach, S. 14.
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penick an, wo sich wenige Jahre nach Verkündigung des Edikts von Potsdam eine kleine, aber vitale Hugenottenkolonie etablierte. Das Schicksal der Französischen Kolonie in Potsdam war hingegen eng mit der Funktion Potsdams als Garnisonstadt verknüpft. Nicht nur die Soldaten und Offiziere der Leibregimenter schufen hier nach 1713 eine Konsumnachfrage, sondern die Einbeziehung der Stadt in die Montierung der Armee muss als die eigentliche Triebfeder angesehen werden, die letztlich zur Gründung einer Französischen Kolonie in Potsdam führte. Allein das Problem des heimlichen Wegzugs und des immensen Finanzbedarfs einer Koloniegründung galt es zuvor noch aus dem Weg zu räumen. Beide Probleme lösten sich auf einen Schlag, als der Französische Etat sein eigenes, nämlich sein Liquiditätsproblem, gelöst hatte und von 1731 den Ausbau der Französischen Kolonie in Potsdam durch Pensionen finanzierte. Damit kann nun die Entstehung der Französischen Kolonie in Potsdam als geklärt gelten. Die unkritische Gleichsetzung von Gemeinde und Kolonie hatte als logische Konsequenz weitere Ungenauigkeiten zur Folge. So die Annahme, dass die Hugenotten in Potsdam seit 1723 von der Einquartierung befreit waren, wie der weiterführende Trugschluss, dass damit das Französische Quartier als angeblicher Sitz der Französischen Kolonie von dieser bürgerlichen Last befreit war. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass nicht das Französische Quartier das Zentrum hugenottischer Ansiedlung in Potsdam darstellte, sondern vielmehr neben weiteren Siedlungsschwerpunkten das Holländische Viertel, sodass die Niederlassung der Hugenotten eher verteilt, denn auf einen Punkt konzentriert war. In diesem Zusammenhang sei noch auf einen weiteren Faux Pas der älteren Stadtgeschichtsforschung hingewiesen, der das Bild der Französischen Kolonie ebenfalls verzerrte. Die Behauptung, die Französische Kolonie habe neben einem eigenen Gericht, was zutreffend ist, auch bis 1751 eine eigene Polizei besessen,9 stützt sich auf die Neuformierung des Polizeidirektoriums im Magistrat des fraglichen Jahres, in das auch der Richter der Französischen Kolonie berufen wurde. Eine Autonomie in Polizeisachen hat für die Französische Kolonie nie bestanden. Vielmehr erlangte sie nun durch ihren Kolonierichter Mitspracherecht im Magistrat in Fragen, die wie Steuern und Abgaben die öffentliche Ordnung berührten, eben in den Belangen, die der Topos Policey im frühneuzeitlichen Sprachgebrauch umfasst. Insofern ist es kaum verwunderlich, dass die Französische Kolonie lange Zeit als hermetisches System vorgestellt wurde. Diesen Mythos wollte und konnte diese Arbeit zerstören. Auch hierbei war der Blick nach Berlin hilfreich. So gab es in Potsdam eben kein der Friedrichstadt in Berlin vergleichbares Viertel, in dem die Franzosen tonangebend waren. Im Vergleich zu Berlin waren die Potsdamer 9
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Hugenotten viel eher gezwungen, mit den deutschen Magistratsbürgern zu kooperieren, als die Hugenotten in Berlin. Neben der Form ihrer Ansiedlung hatte hierauf auch die unterschiedliche Größe der beiden Kolonien Einfluss. Ein besonders anschauliches Beispiel sind die Französischen Gewerke, die in Berlin als Zusammenschlüsse französischer Handwerksmeister entstanden und über die die Kolonisten sowohl ihre eigenen Interessen durchsetzen konnten, als auch einen Weg fanden, in die deutschen Gewerke aufgenommen zu werden. Die Potsdamer Kolonie profitierte von dieser Integrationsarbeit, denn der überwiegende Teil der französischen Meister der Potsdamer Kolonie hatte zuvor das Meisterrecht in Berlin erworben. Wie die Geschichte der Französischen Kolonie ist auch die der Stadt Potsdam mit der Berlins verwoben. Nicht nur, dass Berlin auf Stadt und Kolonie bezogen einen deutlichen Anteil am Bevölkerungswachstum in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte. Für den Ausbau Potsdams als großgewerbliches Experimentierfeld hielt die Spreemetropole über das gesamte 18. Jahrhundert hinweg Unternehmer und Financiers bereit, die sich im Manufakturstandort Potsdam engagierten, darunter auch etliche französische Kolonisten. Viele der so nach Potsdam Geworbenen behielten ihren Wohnsitz oder doch wenigstens ihre Verbindungen nach Berlin aufrecht. Zwar flossen so zwangsläufig für Potsdam gedachte Präsente und Gewinne in die Taschen Berliner Bürger,10 doch gereichte diese Form der „Städtepartnerschaft“ der Havelresidenz zum Vorteil, da es vielen Händlern unmöglich war, ein Geschäft in Potsdam ohne ihre gewinnbringende Boutique in Berlin zu unterhalten. Verarmte Textilhandwerker aus Potsdam hatten in Berlin durchaus ihr Auskommen, sofern sie Wege fanden, ihnen für Potsdam gewährte Pensionen auch in der neuen Umgebung zu genießen. Das strukturelle Manko der Potsdamer Wirtschaft entpuppt sich gar nicht so sehr als das Problem der Nähe zu Berlin, sondern lag darin, dass kaum eine wirtschaftspolitische Maßnahme das eigentliche Defizit entschärfte, das des unterentwickelten Handels. Als im Laufe des 18. Jahrhunderts mit den französischen Kolonisten die Textilproduktion erweitert und innovatives Gewerbe nach Potsdam transferiert wurde, geschah dies, ohne dabei den Einkaufs- und Absatzmarkt mit zu verpflanzen. So wirkte sich die Künstlichkeit des Potsdamer Gewerbes auf die Französische Kolonie besonders nachteilig aus. Denn es belastete gerade die kapitalschwachen und hoch spezialisierten Handwerksbetriebe, wie sie vor allem in den Reihen der französischen Kolonisten zu finden waren. So fällt das Fazit über das Verhältnis beider Kolonien (aber auch der Städte) zueinander letztlich positiv aus. Berliner Kolonisten waren für die Ansiedlung in Potsdam schnell verfügbar, behielten aber auch ihre Mobili10
Straubel, S. 63.
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tät bei. Diese Konkurrenz kann auch positiv als Marktbereinigung gesehen werden, denn so war die Stadt Potsdam gezwungen, auf die Abwanderungen schnell zu reagieren. In Potsdam tauchten daher ökonomische Entwicklungen und Probleme gesteigert und beschleunigt auf. Auch die Kolonie war schnelllebiger und von großen Umbrüchen sowie hoher Flexibilität geprägt. Zwar war die Berliner Kolonie für das gesamte brandenburgische Refuge von Bedeutung, doch bestand das Verhältnis von Potsdam zu Berlin in einer besonders dramatischen Verkettung, während sich bei anderen Konstellationen keine negativen Auswirkungen nachweisen ließen. So fungierte Berlin als „Financier“ der Stettiner Kolonie und stellte auch den ein oder anderen Kolonisten. Daher wäre es auch interessant, in einer weiteren Untersuchung die Magdeburger Kolonie und ihre Strahlkraft auf die Region hin auszuleuchten. Auf Grund dieser Interdependenzen der Französischen Kolonien in Brandenburg-Preußen muss die Einschätzung von Radtke relativiert werden, der den Typus der märkischen Kleinstadt als für die Ansiedlung französischer Kolonisten ungeeignet deklarierte. Die Frage der Eignung für eine Französische Kolonie war selten eine der Größe oder der Gegebenheiten eines Wirtschaftsraumes. Wie das Beispiel Potsdam eindrücklich zeigt, handelte es sich bei den Französischen Kolonien in Brandenburg nicht so sehr um gewachsene Strukturen, sondern vielmehr um künstlich geschaffene Siedlungsräume. Die Umbrüche Mitte des 18. Jahrhunderts widerlegen, dass in Potsdam die Aufnahme der Hugenotten eine reine Erfolgsgeschichte war. Nur ein Bruchteil der angeworbenen Kolonisten konnte sich in der Nebenresidenz niederlassen. Für die Mehrheit fehlte es an wirtschaftlichen Perspektiven. Einer kleinen, exklusiven Minderheit gelang die gesellschaftliche Akzeptanz. Bevorzugt handelte es sich um diejenigen, die von institutionellen Einrichtungen der Kolonie zehren konnten und damit wiederum keine Ersatzbürger waren: Pastoren- und Richterfamilien. Die Effektivität des Kulturtransfers hing von Art und Umfang der landesherrlichen Protektion ab sowie von der gesellschaftlichen Akzeptanz und der Nachfrage nach dem, was die Kolonisten als Kulturkapital anzubieten hatten. Der „Erfolg“ hatte seinen Preis. Er blieb inszeniert und wirkte nicht aus sich heraus. In diesem Zusammenhang bleibt auch die Anwendung des in der Forschung diskutierten Begriffs des importierten Ersatzbürgertums auf die Potsdamer Kolonie fraglich. Von französischen Kolonisten in Potsdam als importierte Ersatzbürger zu sprechen, bleibt allenfalls an den herrschaftlichen Intentionen haften, aber verkennt, dass die wenigsten von ihnen als eigenständige Fabrikanten oder Händler agieren konnten. Die große Mehrzahl lebte in Abhängigkeit von Manufakturkasse und Französischem Etat,
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war kaum in der Lage zu investieren und blieb selbst bei kleinsten Auslagen auf Zuschüsse angewiesen. Viele Potsdamer Kolonisten, die weniger auf behördliche Zuwendungen hoffen konnten, waren sogar gezwungen, bei schwindenden Absatzmärkten und sich verschlechternder konjunktureller Lage nach Berlin oder andernorts hin auszuweichen. Anderen machte ihre Position als Freimeister zu schaffen, die sie zwangsläufig in Opposition zu den Gewerken vor Ort stellte. Der Versuch, mit Hilfe der französischen Freimeister behördlicherseits Druck auf die Zünfte auszuüben, scheiterte. Die Kolonisten standen als Verlierer in diesem Kräftemessen da. Sie konnten oftmals nur durch obrigkeitliches Eingreifen eine Perspektive in ihrem angestammten Beruf finden oder Aufnahme in die Zünfte erlangen. Durch das Zusammenfallen von Generalprivilegien mit dem Auslaufen der Freimeisterschaft stellt Potsdam sicher ein extremes Beispiel für die Konflikte um die Aufnahme in die Zünfte dar. Dennoch verdient die Förderung der französischen Kolonisten durch die französische Kolonieverwaltung und das Generaldirektorium eine genauere Betrachtung, die an der für Berlin herausgearbeiteten These vom importierten Ersatzbürgertum11 korrigierend wirken kann. Zudem stellt sich nicht nur die Frage nach der Anwendbarkeit einer des Kurfürsten Friedrich Wilhelm zugeschriebenen Absicht auf eine Koloniegründung seines Enkels, sondern der These vom importierten Ersatzbürgertum liegt ein generelles Problem zugrunde: geschichtliche Abläufe auf die politische Sphäre verengt verstehen zu wollen. Dieser Ansatz ist mit dem Konzept des Kulturtransfers unvereinbar. Der Frage nach den Wirkungen der Aufnahme, nicht nach ihren Intentionen, nahm sich Mirjam Yardeni an. Die Aufnahme der Hugenotten als Prozess der Entfremdung vorzustellen, als Alienation, von diesem Ansatz ist die Forscherin Yardeni in dieser Radikalität wieder abgerückt. Zwar gibt es objektive Tatsachen, wie Sprachverlust oder Gemeindeaustritte, die für die Entfremdungsthese sprechen, dennoch bleibt die eigentliche Frage, ob dieser Begriff sich eignet, nicht nur einzelne Phänomene zu deuten, sondern soweit verallgemeinerbar ist, eine Gesamtentwicklung zu charakterisieren. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass in ihrer Absolutheit die Entfremdung der Dynamik des Austauschs zwischen Stadt und Kolonie nicht gerecht wird. Zusammenfassend kann die zukünftige Hugenottenforschung vom Konzept des Kulturtransfers profitieren, wenn sie sich den Fragen zuwendet, die diese Studie aufgeworfen hat. So bietet insbesondere das Wahlbürgerrecht 11 Vgl. Jersch-Wenzel, die mit Ersatzbürgertum zum Ausdruck bringen will, dass den Kolonisten keine „Möglichkeit zur Entfaltung eines bürgerlichen Selbstbewußtseins“ eingeräumt wurde. Ebd., S. 119. In Potsdam waren darüberhinaus kaum Spielräume zur wirtschaftlichen Entfaltung gegeben.
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Chancen, verstärkt mentalitätsgeschichtliche Aspekte zur Sprache zu bringen. Dies sollte auch das Thema Gender und Migration einschließen. Komparatistische Verfahren bieten sich an, einzelne Kolonien und deren Kolonisten vergleichend zu diskutieren. Dabei dürfen auch solche Studien nicht den kirchlich-kulturellen Aspekt der Ansiedlung außer Acht lassen, da nur hieran Fragen der Identität der Kolonisten zufriedenstellend beantwortet werden können. Der Titel dieser Arbeit hat sich in vielerlei Hinsicht als treffend und aufschlussreich erwiesen. Die verspätete Koloniegründung innervierte beim Landesherrn den Reflex, dank bevorzugter Unterstützung der Kolonie die verstrichene Zeit nachzuholen. Was in anderen Kolonien über Generationen gewachsen war, vollzog sich in Potsdam im Zeitraffer innerhalb eines Jahrzehnts. Dieses einmalige Wachstum kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Strukturen zwischen Kolonie und Stadt nicht genauso schnell festigten. Im Gegenteil konnte die Auszahlung der offerierten Pensionen und Vorschüsse nicht mit dem Tempo mithalten, das die Bewilligungen anschlugen. Die Kolonie war, wenn auch nicht auf Sand, so aber doch auf Versprechen gebaut, die für manche Kolonisten unerfüllbar blieben. Angesichts der anfänglichen Abstinenz von einer aktiven Kolonisation unter Friedrich II. kam die Koloniegründung für Potsdam zwar spät, aber nicht zu spät. Da die schrittweise Etablierung der Kolonie in unterschiedliche Etappen der Stadterweiterung fiel, begünstigte die verspätete Koloniegründung eine Streuung der französischen Kolonisten über das gesamte Stadtgebiet. Dies unterband eine zu starke Segregation der französischen Kolonisten und intensivierte ihre Kontakte zu Magistratsbürgern aus der Nachbarschaft. In einem Punkt zeitigte die verspätete Koloniegründung jedoch verheerende Folgen, die bis zum Ende des 18. Jahrhunderts hin ausstrahlten: Das zeitliche Zusammenfallen von neuer Zunftordnung mit dem Auslaufen der Freijahre für französische Meister schuf eine Konfliktsituation, der ökonomische Krisen noch zusätzliche Nahrung gaben. Der behördlicherseits mittels dieser Generalprivilegien von 1735 auf die Zünfte ausgeübte Druck wurde an die französischen Kolonisten weitergegeben, die in den meisten Fällen vergebens um Aufnahme baten. Hinzu kam, dass das Rückgrat der Kolonie, der Textilsektor, vom Einbruch der Armeelieferungen bis ins Mark erschüttert war. Diese ökonomische Herausforderung, der allenfalls das zünftige Gewerbe begegnen konnte, entwickelte sich für das Gros der Potsdamer Kolonisten zum Fiasko. Zu dicht folgten innerhalb der Kolonie Aufschwung und Rezession aufeinander, und zu groß nahm sich die Abhängigkeit der Kolonisten von behördlichen Direktiven aus. Die Kolonie brauchte daher fast ebenso lange, um sich, künstlich aufgebläht, in ihrem Bestand zu erholen. Bis zur Jahrhundertmitte verflüchtigten sich die kompensatorischen Effekte der verspäteten Koloniegründung.
354
H. Die verspätete Kolonie – Schlussbetrachtungen
Insofern trifft hier auch das Plessnerwort von dem „Koloss auf tönernen Füßen“ zu, wobei der Philosoph eigentlich an eine mentale Disposition dachte. Es spielt auf die innere Haltlosigkeit des Deutschen Reiches an, das den Prozess der Nationalstaatsbildung in Relation zu den anderen europäischen Nationen in kurzer Zeit nachvollziehen musste und daher selbst traditionslos, seinen Halt in der Hinwendung auf die Vergangenheit zu finden suchte. Auf die Französische Kolonie in Potsdam angewandt bedeutet dies, dass dieses Gemeinwesen seinen Halt in einer Besinnung auf die französischen Traditionen finden musste. Diese waren, wie das Hugenottenkreuz Mitte des 18. Jahrhunderts und die Hinwendung zu französischen Patinnen Ende des 18. Jahrhunderts zeigen, religiös besetzt. Der Bau der Französischen Kirche kam daher genau zum rechten Zeitpunkt und wirkte auf die Kolonie stabilisierend. Nicht zuletzt durch die Französische Gemeinde und ihrer Rolle bei der Bewahrung des Französischen sowie ihre Attraktivität für nach Potsdam ziehende Franzosen aus Hof und Verwaltung konnte sich die Französische Kolonie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Kolonie der „Kopfarbeiter“ neu erfinden. Über diesen Weg gelang schließlich für eine kleine Minderheit die Transformation vom Kolonisten zum Bürger.
I. Anhang
I. Anhang
357
Karten
4
7 8
20 19 11 15
1
10
17 16 6
13 9
2
14
12
5
18
21
3
Hausnummern existieren für Potsdam erst ab 1808. Wo die genaue Zuordnung der Grundstücke mit Hilfe von Felliens Grundstückskartei nicht gelang, wurde die Straßenmitte als Bezugspunkt gewählt.
Karte 1: Wohnorte der Französisch-Reformierten in Potsdam 1717–1728.*
* Diese Darstellung und die beiden folgenden basiert auf einem Ausschnitt von: „Grundriss der Königl. Residenz-Stadt POTSDAM nebst der umliegenden Gegend.“ 1770, Staatsbibliothek Berlin PK, Kartenabteilung. 1 Esaye Huyot, Posamentierer, Am Kanal Nr. 16 (1722); 2 Antoine Payan, Creponmacher, Breite Straße 41 (1722); 3 Rocheblave, Burgstraße 40 (1721); 4 Henry Dufais, Hutmacher, Charlottenstraße 25 (1722); 5 Witwe Girod, Tabakspinner, Grenadierstraße 2 (1717); 6 Pierre Gayette, Mammonstraße 4 (1722); 7 Abraham Du Commun, Büchsenmacher, Nauenscher Damm 28 (1722); 8 David Laval, Messerschmied, Nauenscher Damm 29 (1722); 9 Henrion, Lichtzieher, Priesterstraße 4 (1722); 10 Jean Petitjean, Seifensieder, Schuster Straße 5 (1721); 11 Theodore Didelot, Knopfmacher, Waisenstraße 32 (1722); 12 Roche, Küster, Friedrich Straße 15 (1724); 13 Senergues, Offizier, Waisenstraße 38 (1728); 14 Antoine Biette, Tapezierer und Bettenmacher, Breite Straße 1 (?) (1723); 15 Baby, Waisenstraße 34 (1724); 16 Thomas Le Cointe, Pastor, Mammonstraße bei Gayette (1724); 17 Chambaud, Offizier, Mammonstraße (1724); 18 Banho, Wehmutter, Fleischerstraße (1724); 19 Pally, Am Kanal 26 (1724); 20 Rollet, Am Kanal 27 (1724); 21 Daniel Villaume, Kantor und Schulmeister, Burgstraße 50 (1724).
358
I. Anhang
52 28 29
27 23 51 32 43 42 41
24
25 26 36 37
35 34 33 44 48 45
39
31
30 38 53
50 50 56 49 57
58 46
40
22 54
55
59 47
60
Karte 2: Wohnorte der französischen Kolonisten in Potsdam 1734–1752.*
* 22 Victor Delon, Bäcker, Hohe Weg Straße 4; 23 Jacques Laborde, Schlossermeister, Karree 4, Nr. 3; 24 Pierre Dinat, Gärtner, Karree 4, Nr. 23; 25 Jean Louis Escoffier, Lohgerber, Karree 5, Nr. 26; 26 Pierre Boissier, Tabakspinner, Karree 5, Nr. 23; 27 Etienne Barandon, Materialist, Karree 6, Nr. 30; 28 Jacques Duquesne, Tapetenfabrik, Karree 7, Nr. 16 u. 17; 29 Jean Thoile, Materialist, Karree 7, Nr. 32; 30 Jean George, Materialist, Karree 10, Nr. 4; 31 Olimpe Michel, Karree 10, Nr. 18; 32 Samuel Schock, Tabakfabrikant, Karree 13, Nr. 3 u. 4, 33 Villaret, Perückenmacher, Karree 15, Nr. 22; 34 Villaret, Zeugschmied, Karree 15, Nr. 28; 35 Antoine Torell, Schneider, Karree 15, Nr. 1; 36 Isaak Villaret, Sprachmeister, Karree 16, Nr. 7; 37 David Guy, Beuteltuchmacher, Karree 16, Nr. 8; 38 Jean François Laval, Messerschmied, Karree 17, Nr. 4; 39 Louise Marchand, Materialist, Karree 18, Nr. 7; 40 François, Zuckerbäcker, Karree 18, Nr. 14; 41 Abraham Du Commun, Büchsenmacher, Karree 18, Nr. 16; 42 Schissilaine, Karree 18, Nr. 17; 43 Janny, Gärtner, Karree 18, Nr. 19; 44 Moran, Strumpfwirker, Karree 21, Nr. 8; 45 Olivier Cleran, Wollfabrikant, Karree 21, Nr. 16; 46 Paul Lagrange, Zeugmacher, bei den 18 Linden; 47 Marc Audibert, Strumpfwirker, Burgstraße (?); 48 Duquesnay, Steinmetz, Karree 21, Nr. 13; 49 Baral, Zeugmacher, Karree 23, Nr. 11; 50 David Dumas, Karree 10, Nr. 34; 51 Daniel Philipp Villaret, Materialist, Karree 14, Nr. 5; 52 Belair, Kurfürstenstraße 12; 53 Laval, neben der Stadtschule am Nauenschen Damm; 54 Jeremie Nevir, Schlossstraße 11; 55 Senergues, Waisenstraße 38; 56 Thomas Le Cointe, Pastor, Am Bassin; 57 Guillaume Pelet, Pastor, Am Bassin; 58 Frédéric Plantier, Pflugstraße 12; 59 Pierre Petitjean [Nr. 10], 60 Daniel Villaume [Nr. 9]. Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die Karte Nr. 1.
I. Anhang
359
15 1 22 12 20
17
4
16 2
8
30
19 29 11 21 41
7
5
13
37
27 9
31
33
3
35 18 40 14 36 10 28 6 39 23
38
32
34
42 43
24 25 26
Karte 3: Wohnorte der französischen Kolonisten 1783* * 1 Guillaume Saint Paul, Hofrat und Richter, Holländisches Karree – Querstraße; 2 Jean Henri Chapat, Assessor, Junkerstraße; 3 Charles Dantal, Vorleser des Königs, Waisenhaus; 4 Guillaume Pelet, Pastor, Holländisches Karree – neben Bassin; 5 Jean George Erman, Pastor, Nauensche Straße 24; 6 Witwe Villaret, Hohe Weg Straße; 7 Isaac Jordan, Kantor, Pflugstraße neben Nr. 38; 8 Samuel Schock, Fabriksdirektor, Kleine Junker Straße; 9 Susanne Calame, Friedrichstadt Nr. 30; 10 Witwe Nevir, Am neuen Markt, gegenüber königl. Stall; 11 Jean Boissier, Kontrolleur, Pflugstraße; 12 Frederic Plantier, Tabakspinner, nach dem Jägertor; 13 Auguste Laval, Messerschmied, Waisenstraße; 14 Witwe Stahlschmidt, Chretien Victor Delon, Sprachmeister, Hohe Weg Straße 9; 15 Witwe Baral, Hasplerin, Auf dem Jägerhof; 16 Witwe Plantier, Junker Straße; 17 Louis Petitjean, Küster, Mittelstraße; 18 Jean Jacob Bellair, Am Kanal; 19 Witwe Calame, Brandenburgische Straße 43; 20 Jacques Laborde, Schlosser, Lindenstraße 59; 21 Witwe Chain, Kleine Jäger Straße; 22 Pierre Boissier, Gerber, Mittelstraße 35; 23 Abraham Huguenel, Gerber, Priester Straße 4; 24 Jean Dumas, Epicier; Teltower Vorstadt; 25 Samuel Villaume, Kopist des Königs, königliche Brauerei, Teltower Vorstadt; 26 Witwe Prêtre, Nowawes; 27 Daniel Buton, Graveur, Nauensche Straße 29; 28 Pierre Noré, Fondeur, Kaiserstraße; 29 Louis Frederic Rose, Goldschmied, Lindenstraße; 30 Witwe Dufour, Mittelstraße; 31 Henri Alexandre de Catt, Vorleser des Königs, Am Kanal Nr. 7; 32 Laspeyres, Kabinettsrat, Am Kanal Nr. 59; 33 Frederic Maurice Bovet, Sekretär des Kronprinzen, Am Kanal 30; 34 Etienne Petitjean, Schneidergeselle, Burgstraße; 35 Frau des Simon Torel, Seidenfärber, Am Kanal 40; 36 Judith Delon, Schulhalterin, Hohe Weg Straße 4; 37 Pierre Bonnet, Maler, Pflugstraße bei Französischer Kirche; 38 Henri François de Gaultier, im Schloss; 39 Witwe Gilson, Perückenmacher, Hohe Weg Straße 1; 40 Pierre François Bock, Hutmacher, Am Kanal 45; 41 Pierre Philipp Bock, Stricker, Kleine Jäger Straße; 42 Jean Espagne, Kammerdiener des Kronprinzen, am Rathaus; 43 Demoiselle Didier, Modehändlerin, beim Rathaus.
I. Anhang
361
Verzeichnis der Französisch-Reformierten und der französischen Kolonisten in Potsdam 1684–1809 Erläuterungen Zur Spalte Name Fett bedeutet, dass die Person nur in den Kolonielisten auftaucht. Kursiv bedeutet, dass die Person weder in den Kolonielisten noch in den Kirchenbüchern auftaucht. Unterstrichen bedeutet, die Person ist Hausbesitzer in Potsdam. Zur Spalte Verweildauer in Potsdam Eine vollständige Datumsangabe gibt den Geburtstag an, es sei denn, auf die Datumsangabe folgt eine Zahl in Klammern. Dann handelt es sich um den Todestag und das erreichte Alter in Jahren. M steht für Monat. Das Zeichen ¥ steht für Heirat und kann aus Platzgründen auch in der Spalte Herkunft stehen. Zur Spalte Herkunft Das * hinter der Ortsangabe bedeutet, dass es sich um den Geburtsort handelt.
362
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1
Abos
Pierre
1739
Vianne en Languedoc
2
Abos
Antoine Olivier
25.01.1740 (1m)
Potsdam*
3
Abraham
Jeanne
1737–1753
Berlin*
4
Abraham
Susanne
1737–1741 (50)
Amsterdam*; Berlin ¥ 1716
5
Abraham
Madeleine
1742–1768 (67)
Berlin*; ¥ 1727
6
Ageron
Jean Pierre
1793 (22)
Berlin
7
Albiget
Pierre Marc
1754
Berlin
8
Albiget
Jean
1756 – > 58
Potsdam*
9
Aley
Jeanne Marie
10
Alle
Jean François
11
Alle
Frederic Guillaume Geriese(?)
1777
Potsdam*
12
Alley
Marie Elisabeth
1800 – > 1802
13
Allouchery
Louis
1796–1808
14
Aman
Paul
1732–38 (73)
Sedan*; Berlin ¥ 1691
15
Aman
Jean Paul
1736–1742 (50)
Berlin*
16
Aman
Judith
1723–1771 (74)
17
André
Elisabeth
1737
18
André
19
Anesin
Catherine
1748
20
Angely
Jean George Louis Angely
1800
21
Angely
Louis Sincere
1800
Potsdam*
22
Arland
Jean Jaques
1802
Magdeburg*
23
Arman
Joseph
1738 – > 1742
Orange; Berlin ¥ 1726
24
Arman
Victor
23.10.1739
Potsdam*
25
Arman
Francois
25.04.1742
Potsdam*
26
Armand
Veuve
1802
1801 – > 1802
I. Anhang Beruf
Eltern
Loh- und Weißgerber
363 Ehepartner
Susanne Meje Pierre; Susanne Meje
Schneiderswitwe
Nr.
1 2
Charles; Jeanne Aimée
Isâc Villaret
3
Charles; Jeanne Aimée
Jean Baptiste Fatin
4
Charles; Jeanne Aimée
Daniel Audibert
5
Händler in Berlin
Josue; Susanne Sigalon
königlicher Maulbeerbaumpflanzer
Pierre; Catherine Anezin
6 Sophie Catherine Petersen
Pierre; Catherine Sophie Petersen
7
8 Charles Frederic Gerike
Koch; Katholik
9 10
Jean François; Jeanne Marie
11
Dienstmädchen
12
Geheimer Kabinettssekretär
13
Strumpfwirker
14
Strumpfwirkergeselle
Paul;
15 Thomas Le Cointe
16
Jacques Gaches; Benjamin Dinan
17 18
Dienstmädchen Pierre Sauté Sprachmeister an der Kadettenschule in Berlin
19 20
Jean George Louis Angely; Rachel
21
Mathematikprofessor am Französischen Gymnasium
Pierre; Marie Madelaine Schaub
Lea(?) Louise Itzig
22
Händler; Tabakhändler; Beuteltuchmacher
Isâc; Magdaleine Magnon
Susanne Mourier
23
Joseph; Susanne Mourier
24
Joseph; Susanne Mourier
25 26
364
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
27
Arnal
Jean
06.03.1724 (65)
Meyrueis/Cevennen; Berlin ¥ 1694
28
Arnaud
Philiberte
1752
29
Aubertin
Jean Jaques
1737–46 (40)
Berlin
30
Audibert
Daniel
1736–71 (70)
Kannstadt in Würtemberg; Kassel; Berlin ¥ 1727
31
Audibert
Jean
13.06.1742 †
Potsdam*
32
Audibert
Jean Jaques
1737 – > 58
Paris
33
Audibert
Marc
1738–53
Schwabach
34
Audibert
Anne Dorothée
22.08.1746
Potsdam*
35
Audibert
Justine
23.02.1748 (5)
Potsdam*
36
Baby
Jean Henry
1724 – > 1727
Schweiz
37
Baillard
Jacob
1786
38
Balion
? (weiblich)
1732
39
Ballay
Anne Louise
1728–32
40
Ballion
Jean
1723
41
Bame
Elisabeth
1776
Dresden
42
Banho
Madame
1724
Paris
43
Baral
Gaspar
1736 – > 39
Cambray; Berlin
44
Baral
Jean Pierre
1736–81 (68)
Cambray; Kassel
45
Baral
/
13.11.1737 †
Potsdam*
46
Baral
Pierre Antoine
16.05.1748 (1)
Potsdam*
47
Baral
Francois
24.11.1749 (1)
Potsdam*
48
Baral
Jean Caspar
14.05.1752 (1,5)
Potsdam*
49
Baral
Sophie Dorothée
12.02.1753
Potsdam*; ¥ 1775
50
Baral
Samuel Auguste
3.10.1766 (4)
Potsdam*
51
Baral
Chretien Henri
7.11.1769 (8m)
Potsdam*
52
Baral
Susanne
25.12.1794 (29)
Potsdam*; ¥ 1793
53
Barandon
Etienne
1734–1752
Berlin*
54
Barandon
Godeffroy
21.10.1739 (6m)
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
Hutmacher
Gärtner
Elie; Marie Mouzon
Bandmacher, Kleinhändler; Strumpfwirker
Jacques
365 Ehepartner
Nr.
Susanne Huot
27
Pierre Geoffroi
28 29
Magdaleine Abraham
30
Daniel; Magdelaine Abraham
31
Vergolder
Daniel; Magdelaine Abraham
32
Strumpfwirker
Jacques
Elisabeth Moulinié
33
Marc; Elisabeth Moulinié
34
Marc; Elisabeth Moulinié
35
Etaminer und Creponmacher
36
Sprachmeister
37 38 Adam Combel
arbeitet für Antoine Payan
40 Guillaume Pelet
Wehmutter
41 42
Etaminmacher; Beuteltuchmacher Etaminmacher; Maler
39
Gaspard
Jeanne Berry
43
Anne Marie Laval
44
Gaspard
45
Jean Pierre; Anne Marie Laval
46
Jean Pierre; Anne Marie Laval
47
Jean Pierre; Anne Marie Laval
48
Jean Pierre; Anne Marie Laval
Charles Guillaume Martin
49
Jean Pierre; Anne Marie Laval
50
Jean Pierre; Anne Marie Laval
51
Jean Pierre; Anne Marie Laval Gewürzkrämer; Sprachmeister Etienne; Jeanne Lafond
Karl Trefkorn
52
Jeanne Lafond
53 54
366
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
55
Barandon
Jean Jaques
03.11.1739 (2)
Potsdam*
56
Barandon
Samuel
24.02.1742 (2m)
Potsdam*
57
Barandon
Paul
11.12.1742
Potsdam*
58
Barandon
Angelique Magdelaine
24.06.1747
Potsdam*
59
Barandon
Louis Mathieus
22.09.1747 (2)
Potsdam*
60
Barandon
Anne
03.12.1749
Potsdam*
61
Barend
Anne Charlotte
1742–48 (36)
Schleswig in Holstein
62
Barrier
Pierre (Matthieu?)
1731–32
Lausanne
63
Barthelemy
Daniel Louis
1801–1807
64
Barthelemy
Marie Charlotte Wilhelmine
12.06.1805
Potsdam*
65
Barthelemy
Charlotte Caroline Wilhelmine
01.05.1804 (1)
Potsdam*
66
Barthelemy
Frederic Louis Edouard
16.10.1802 (3)
Potsdam*
67
Barthelemy
Demoiselle
1778
68
Bassler
Jeanne Dorothée
1745 – > 1787
69
Battré
Abraham
1727 – < 31
70
Battré
N.
25.03.1727 (7)
71
Baudesson
Anne
1746
72
Baudrillard
Catherine
1796–1802
73
Bauer
Ernestine Henriette
1806
74
Baumann
Friedrich
1758
75
Baumann
Marie Marguerite
6.11.1758 (1m)
76
Bautise
Demoiselle
1745
77
Bauvert
Michel
1738 – < 1745
78
Bazel
Paul
1768
79
Bazel
Veuve
1768 – > 80
80
Beauchon
Jeanne
8.05.1767 (67)
Genf
81
Beaudesson
Ester
27.05.1746 (66)
Mets en Loraine
82
Beaudson
David
38
Berlin*
Berlin
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
367 Ehepartner
Etienne; Jeanne Lafond
55
Etienne; Jeanne Lafond
56
Etienne; Jeanne Lafond
57
Etienne; Jeanne Lafond
58
Etienne; Jeanne Lafond
59
Etienne; Jeanne Lafond
60 Guillaume Pelet
Seidenwirker Händler; Handelsgehilfe f. Hotho
Nr.
61 62
Jean Louis; Marguerite Elisabeth Lüdecke
Julie Louise Marwede
63
Daniel; Julie Louise Marwede
64
Daniel; Julie Louise Marwede
65
Daniel; Julie Louise Marwede
66 67 Auguste Adolphe Laval
68 69
Abraham François; Anne Marguerite Krüger
70 Jean Frederic Laval
71 72
Émigrée Louis; Marie Mörschel
Chretien Auguste Gillet
73 74
Diederich; Margueritte Calme
75 76
Gewürzkrämer
77
Goldschmied
78 79
David; Marie Taron Waffenmeister
Jean Bonnefoy
80
David Laval
81 82
368 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
83
Beauvais
Isaac
1739
Bern
84
Beauvais
Jean Jaques
14.09.1740 (1)
Potsdam*
85
Bechow
Marie Jeanne
1739 – > 63
86
Beckern
Philiberte
1751
Orange
87
Belair
Victor
1732–43 (50)
Paris aux faubourg St. Victor
88
Belair
Francois
24.06.1732
Potsdam*
89
Belair
Isaac
06.06.1734
Potsdam*
90
Belair
Judith Marthe
1737–1788 (51)
Potsdam*
91
Belair
Etienne
1752–1783 (55)
Berlin*
92
Belair
Jean Jacob
1755–1789 (34)
Potsdam* ¥ 1780
93
Belair
Marie Elisabeth
1760–1783 (22)
Potsdam*
94
Belair
Samuel Louis
1765–1796 (31)
Potsdam*
95
Belair
Pierre Auguste
11.08.1767 – > 1810
Potsdam* ¥ 1795 ¥ 1807
96
Belair
Jeanne Elisabeth
30.09.1776
Potsdam*
97
Belair
Jean Frederic
25.03.1782 (2m)
Potsdam*
98
Belair
Elisabeth Wilhelmine
4.05.1786 (3)
Potsdam*
99
Belair
Jeanne Frederique
13.08.1784
Potsdam*
100
Belair
Frederic Louis
24.04.1786 (6m)
Potsdam*
101
Belair
Elisabeth Wilhelmine
30.05.1787 (6m)
Potsdam*
102
Belair
Jacob Louis
14.02.1789 (1)
Potsdam*
103
Belair
Elisabeth Frederique
3.05.1790 (9m)
Potsdam*
104
Belair
Jean Frederic
11.05.1786
Potsdam*
105
Belair
Frederique Caroline
18.04.1801 (4)
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
369 Ehepartner
Nr.
83 Isâc; Catherine Schultz (Dessau)
Etaminmacher, Wollkämmer
Jean Bonnefois
85
Jean Etienne Ester
86
Jeanne Marie Faugere; Susane Taron
87
Victor; Jeanne Marie Faugere
88
Victor; Jeanne Marie Faugere
89
Victor; Jeanne Marie Faugere Samtmachermeister Seidenwirkermeister
84
Etienne; Marie Elisabeth Rilcke
Chretien Louis Krey
90
Marie Elisabeth Rilcke
91
Marguerite Louise Salomon
92
Etienne; Marie Elisabeth Rilcke
93
Lehrling als Seidenfabrikant
Etienne; Marie Elisabeth Rilcke
94
Seidenfabrikant und Ancien der Frz. Kirche Potsdam
Etienne; Marie Elisabeth Rilcke
Marianne Louise Page; Dorothee Frederique Sandow
95
Louis Krey; Judith Bellair
96
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
97
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
98
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
99
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
100
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
101
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
102
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
103
Jean Jacob; Marguerite Louise Salomon
104
Pierre Auguste; Marianne Louise Page
105
370
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
106
Belair
Auguste Guillaume
23.08.1803 (1,5)
Potsdam*
107
Belair
Charles Edouard
20.07.1807 (3)
Potsdam*
108
Belair
Emelie Dorothee
04.03.1808
Potsdam*
109
Belair
Charles Eduard
24.11.1809
Potsdam*
110
Belair
Elisabeth
1768–21.10.1806 (62) Berlin*
111
Bellier
Elisabeth
1751
112
Belitz
Anne Susannne
1802–1804
113
Bellon
114
Benezet
Demoiselle
1780
115
Benoite
Jeanne Esther
23.02.1737
116
Berard
Madame
1732
117
Berard
Jean Jacques
1790 – > 1803
Burg
118
Berard
Jean Simon
10.06.1790 (15d)
Potsdam*
119
Berard
Frederique Wilhelmine
26.05.1792
Potsdam*
120
Berard
Charlotte Louise Henriette
1.04.1803 (8m)
Potsdam*
121
Berard
Jean Simon
1792 – > 1795
Burg
122
Berard
Marie
6.08.1792 (3m)
123
Berard
Dorothee Sophie
08.09.1793
Potsdam*
124
Berard
Augustine Frederique
08.08.1795
Potsdam*
125
Bernouille
Jacques
1796
126
Bery
Charles
1768 – > 1810
Berlin
127
Bery
Marie Caroline
1769–1797 (27)
Potsdam*
128
Bery
Susanne Marie
08.05.1774 (1)
Potsdam*
Berlin
1735 – > 38
I. Anhang Beruf
Eltern
371 Ehepartner
Nr.
Pierre Auguste; Marianne Louise Page
106
Pierre Auguste; Marianne Louise Page
107
Pierre Auguste; Dorothee Frederique
108
Pierre Auguste; Dorothee Frederique
109
Jean Samuel Dufour
110 111
David Claude
112 113
Strumpfwirkergeselle
114 Joseph Winckler; Susanne Dufais
115 116
Viktualienhändler; Gastwirt in Zehlendorf; Postreiter
Jaques Simon; Marie Elisabeth Henckeln
Frederique Wilhelmine Schlawich; Charlotte Louise Kurtzmann
117
Jean Jacques; Frederique Wilhelmine Schlawich
118
Jean Jacques; Frederique Wilhelmnie
119
Jean Jacques; Charlotte Louise Kurtzmann
120
Reiter in Diensten des Oberst Comte de Lusi; Postreiter
Sophie Krüger
121
Jean Simon; Marie Louise Wulf
122
Jean Simon; Sophie Krüger
123
Jean Simon; Sophie Krüger
124 125
Erzieher beim Comte de Lusi Glasmeister Charles; Susanne Marie Charles; Susanne Marie
Susanne Marie Peters
126
Charles Louis Meister
127 128
372
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
129
Bernard
Jean
1735 – < 1745
Ganges en Languedoc; Holland
130
Berthieau
Susanne
04.05.1740 (53)
Hanau; Berlin ¥ 1704
131
Bertrand
Françoise
1739
132
Bertrand
Charles Louis
1778 – > 1780
133
Besthorn
Jean Daniel
1784–
134
Besthorn
Jeanne Wilhelmine
27.05.1784
135
Betting
Albert
1773
136
Beuviere
137
Biet
Julie
1687–1689 †
138
Biette
Amaury
1687
Paris; Berlin † 1720 (66)
139
Biette
Antoine
1687–40 (80)
Paris
140
Bievulet
Marie Elisabeth
10.02.1772 (40)
Braunsberg
141
Birgue
Henry
1733
142
Blanckenhorn
Dorothee Sophie Elisabeth
1795
143
Blancvalet
Veuve
1791
144
Blewet
Magdelaine
1751–53 (37)
Berlin
145
Blisson
Pierre
1750–52
Lyon
146
Blisson
Jean Pierre
13.12.1750 (6m)
Potsdam*
147
Block
Dorothee Sophie Louise
1787
Brandenburg
148
Bochow
George
1766–
Berlin
149
Bock
Pierre Philipp
1773 – > 1810
Magdeburg
150
Bock
Francois Philipp
04.07.1775 – > 1810
Potsdam*
151
Bock
Charles Chretien
09.12.1781 (2,5)
Potsdam*
152
Bock
Auguste Guillaume
24.05.1782 (1)
Potsdam*
153
Bock
Pierre Francois
1781 – > 1810
Magdeburg
Potsdam*
1738 – < 1745
Potsdam
I. Anhang Beruf
Eltern
373 Ehepartner
Strumpfwirker; Königsgrenadier
Nr.
129
Daniel; Marie Girard
Pierre Ruel
130
Christoph David Brendel
131
Handelsgehilfe
132
Akzisekommissar
133 Jean Daniel; Jeanne Susanne
134
Perückenmacher
135
Wollkämmer
136
Kurfürstlicher Tapezierer u. Bettenmeister; Verwalter der Gerätekammer des Königs
André Bruyere
137
Magdaleine le Conte (Caen) † 1721 (60)
138
Hoftapezierer
139 140 141
Etaminmacher Jean Conrad; Elisabeth Hünicke
Abraham Pierre Huguenel
142
143 Louis Petitjean Sprachmeister
144 145
Pierre; Sophie Riemer
146 Abraham Chasté
147
Bäcker
David; Elisabeth Fauré
Susanne Dumas
148
Strumpfwirker; Stricker
Henri Charles; Catherine Elisabeth Laurent
Anne Dorothee Regine Krüger; Jeanne Marie Wennemeker
149
Schüler; Hutmacher
Pierre Philipp; Anne Dorothee Regine Krüger
150
Pierre Philipp; Anne Dorothee Regine Krüger
151
Pierre Philipp; Anne Dorothee Regine Krüger
152
Hutfabrikant, Hoflieferant
Etienne Charles; Catherine Elisabeth Laurens
Catherine Elisabeth Frick, geb. Milcken
153
374
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
154
Bock
Henri Francois
14.02.1790 (2)
Potsdam*
155
Bockel
Jeanne Elisabeth
1775
Stechlin, Pommern
156
Bogy
157
Boileau
Jeanne
1745–54
Amsterdam
158
Boileau
Bernard
1748 – > 63
Angermünde
159
Boileau
eine Tochter
29.06.1752 †
Potsdam*
160
Boileau
Etienne
08.05.1748
Potsdam*
161
Boileau
Jean Louis
09.10.1753 (4)
Potsdam*
162
Boileau
Eleonore Rachel
18.10.1752
Potsdam*
163
Boileau
Louise Charlotte
28.11.1754
Potsdam*
164
Boileau
Abraham Louis
14.12.1756 (2m)
Potsdam*
165
Boileau
Charlotte Henriette
29.12.1757
Potsdam*
166
Boileau
Jean Louis
18.03.1761 (1)
Potsdam*
167
Boileau
Margueritte
14.05.1741 (70)
Bedarieux en Languedoc; Berlin ¥ 1701
Boileau
Louise
23.06.1745 (84)
168 169
Bois de Lande
170
Boissier
Veuve
1732–37 †
171
Boissier
Pierre
1732–47 (65)
St. Osme à la lieu de Nimes; Rathenow
172
Boissier
Charles
29.03.1738 (3)
Potsdam*
173
Boissier
Catherine
1737 – > 73
Rathenow*
174
Boissier
Jean
1747–1798 (77)
Rathenow
175
Boissier
Jean Louis
19.07.1748
Potsdam*
176
Boissier
Charles Gotthelf Frederic
23.11.1749
Potsdam*
177
Boissier
Louis
11.03.1753–1796
Potsdam*
178
Boissier
Jean Etienne
16.09.1754
Potsdam*
179
Boissier
Elisabeth Barbe
06.06.1756
Potsdam*
1796
I. Anhang Beruf
Eltern
375 Ehepartner
Pierre Francois; Catherine Elisabeth Frick Guillaume Reichard; Elisabeth Müller
Nr.
154
Pierre Schock
Steinmetz
155
156
Perückenmacher
Louis Villaret
157
Anne Louise Doussein
158
Bernard; Anne Louise Doussein
159
Bernard; Anne Louise Doussein
160
Bernard; Anne Louise Doussein
161
Bernard; Anne Louise Doussein
162
Bernard; Anne Louise Doussein
163
Bernard; Anne Louise Doussein
164
Bernard; Anne Louise Doussein
165
Bernard; Anne Louise Doussein
166 Jacques Delon
167
Victor Mathieu
168 169
Kopist
170 Tabakspinner
Marie Elisabeth Leplat
Pierre; Marie Elisabeth Leplat
Unteroffizier; Tabakspinnermeister; Plombeur bei der Akzise
Gerber
171
172 Jean Gré
173
Elisabeth Escoffier
174
Jean; Elisabeth Escoffier
175
Jean; Elisabeth Escoffier
176
Jean; Elisabeth Escoffier
177
Jean; Elisabeth Escoffier
178
Jean; Elisabeth Escoffier
179
376
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
180
Boissier
Jean
02.12.1757
Potsdam*
181
Boissier
Frederic Louis
30.09.1762 (3)
Potsdam*
182
Boissier
Marie Elisabeth
28.10.1762 (2)
Potsdam*
183
Boissier
Jean Antoine
11.05.1763 (1)
Potsdam*
184
Boissier
Isaac
24.03.1764 (1)
Potsdam*
185
Boissier
Abraham Frederic
24.04.1765
Potsdam*
186
Boissier
Jean Samuel Henri
12.09.1767 (5m)
Potsdam*
187
Boissier
Pierre Abraham
1732–1797 (67)
Rathenow; Potsdam ¥ 1781
188
Boissier
Pierre Abraham
16.05.1768
Potsdam*; ¥ 1798
189
Boissier
Marie Elisabeth
06.08.1772 (2)
Potsdam*
190
Boissier
Jeanne Elisabeth
09.03.1775
Potsdam*
191
Boissier
Pierre Louis
28.05.1783 (1)
Potsdam*
192
Boissier
Pierre Abraham
12.01.1801 (1)
Potsdam*
193
Boissier
Charlote Henriette
05.11.1801
Potsdam*
194
Boissier
Pierre Louis
13.08.1803
Potsdam*
195
Boissier
Caroline Wilhelmine
23.05.1805
Potsdam*
196
Boissier
Charles Henri
05.02.1808
Potsdam*
197
Bonamy
Anne
1726
Brandenburg; Berlin ¥ 1737
198
Bonnet
Pierre
1754–85
Berlin*
199
Bonnet
Catherine Dorothee
16.07.1755
Potsdam*
200
Bonnet
Marie Charlotte
07.07.1765 (1)
Potsdam*
201
Bonnet
Jean Pierre Frederic
1766–1803 (37)
Potsdam*; ¥ 1797
202
Bonnet
Dorothee Elisabeth
31.03.1769
Potsdam*
203
Bonnet
Abraham
22.09.17711798
Potsdam*
204
Bonnet
Henri
1773 – > 80
I. Anhang Beruf
Eltern
377 Ehepartner
Nr.
Jean; Elisabeth Escoffier
180
Jean; Elisabeth Escoffier
181
Jean; Elisabeth Escoffier
182
Jean; Elisabeth Escoffier
183
Jean; Elisabeth Escoffier
184
Jean; Elisabeth Escoffier
185
Jean; Elisabeth Escoffier
186
Gerbermeister
Pierre; Marie Elisabeth Leplat
Gerbermeister
Pierre Abraham; Dorothee Rempf
188
Pierre Abraham; Dorothee Rempf
189
Pierre Abraham; Anne Dorothee Christine Gotthilf
190
Pierre Abraham; Anne Dorothee Christine Gotthilf
191
Pierre Abraham; Anne Dorothee Christine Gotthilf
192
Marie Sophie
193
Maria Sophie
194
Marie Sophie
195
Marie Sophie
196
Strumpfwirker; Maler; Schulmeister
Huissier franz. Gericht Potsdam
Töpfer
Perückenmachergeselle
Frederic;
Anne Dorothee Christine Gotthilf
187
Pierre La Roche; Isaac Foucard
197
Marguerite Elisabeth Winckel
198
Pierre; Marguerite Elisabeth Winckel
199
Pierre; Marguerite Elisabeth Winckel
200
Pierre; Marguerite Elisabeth Winckel
Marie Elisabeth Dorman
201
Pierre; Marguerite Elisabeth Winckel
202
Pierre; Marguerite Elisabeth Winckel
203
204
378
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
205
Bonnet
Louise
1787 – > 1791
206
Bonnet
Anne Marie
31.03.1798
207
Bonnet
208
Bonnefois
Jean
1739–50 (66)
Lacone en Languedoc; Schweiz
209
Bonnefois
/
02.05.1747 (6)
Potsdam*
210
Bonnefois
Marie Louise
26.08.1739 (22)
211
Bonnefois
Marie
15.07.1740
Potsdam*
212
Bonnefois
Jean
16.04.1742 (6,5)
Potsdam*
213
Borel
Pierre Marc
1768
214
Borel
Elisabeth
11.02.1768 (3m)
Potsdam*
215
Bossler
Jeanne Dorothée
1745–90 (60)
Zerbst
216
Bouc
Henri
1733
217
Bouchard
Pierre
1769
218
Bouchard
Eleonore
219
Bouchon
220
Bouillon
Anthoine
1735 – > 38
Berlin* 1697
221
Bouillon
Jean Daniel
11.04.1798 (56)
Berlin
222
Bouillon
223
Bourdais de la Menardiere
Sebastien Ferjen
1784
Besancon
224
Bourdais de la Menardiere
Charles Louis
10.04.1785
Potsdam*
225
Bourdhil
Jean Raymond
1732–41 (82)
Mazeres, Diozöse Mirepoix
226
Bourgeois
Conrad
1733
227
Bourgeois
Potsdam*
1807 – > 1810
Paris
Potsdam* 1735; 1736–38
1782–1798
1735; 1737–38
I. Anhang Beruf
Eltern
379 Ehepartner
205
Dienstmädchen Jean Pierre Frederic; Marie Elisabeth Dorman
206
207
Unteroffizier, ausrangiert Hussier; Etaminfabrikant, Maulbeerpflanzer
Marie Jeanne Bouchon/Bechow
208
Jean; Marie Jeanne Bouchon/ Bechow
209
Jean; Marie Jeanne Bouchon/ Bechow
210
Jean; Marie Jeanne Bouchon/ Bechow
211
Jean; Marie Jeanne Bouchon/ Bechow
212
Seidenfabrikant und Ancien der Frz. Kirche Potsdam
Marie Stern
Pierre Marc; Marie Stern
213
214 Adolph Auguste Laval
215 216
Wollkämmer Wächter beim Berliner Lagerhaus
Françoise Couloudon
Pierre; Françoise Couloudon
217
218 219
Unteroffizier im königlichen Regiment Kesselschmied
Nr.
220
Samuel; Barbe Hirtzel
Soldat im Regiment Prinz Heinrich, ausrangiert
221
Seidenwirker
222
Musiker des Prinzen von Preußen
François Ferjen; Agate Martin
Sebastien Ferjen; Marie Madeleine Tellier
Marie Madeleine Tellier
223
224
reformierter Hauptmann
225
Etaminmacher
226
Königsgrenadier
227
380
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
228
Bouvard
Jean
1751–52
Berlin (*1729?)
229
Bouvard
Marie Elisabeth
22.11.1752 (1,5?)
Potsdam
230
Bouvard
Marie
1785 – > 1791
231
Bovet
Pierre Marc
1767
232
Bovet
Elisabeth
17.10.1767
233
Bovet
Abraham
1778 – > 1782
234
Bovet
Frederic Auguste
19.09.1778
235
Bovet
Caroline Elisabeth
09.04.1782
236
Bovet
Michel
17.09.1778 (66)
Berlin
237
Bovet
Frederic Maurice
1768–29.08.1802 (66)
Fredericia Dänemark
238
Bradtfisch
Marie Louise
1760–26.04.1783 (42)
Potsdam
239
Brand
Jacob
1732–35
240
Brendel
Christophe David
1739 – > 40
241
Brendel
Jeremie
16.12.1739
Potsdam*
242
Brendel
Jean Frederic David
15.03.1740 (3)
Potsdam*
243
Brêton
Antoine
1771
Berlin
244
Brêton
Daniel
8.03.1771 (1m)
Potsdam*
245
Brêton
Jean
29.10.1791
Potsdam*
246
Brêton
Jacques
1768–15.05.1772 (28)
Berlin
247
Brêton
Etienne Daniel
1768–90
Berlin
248
Brêton
Jean Antoine
5.05.1792 (2,5)
249
Brêton
Veuve
1768
250
Brêton
Jean
1790–1795
251
Brico
Roland
1720–33
252
Brico
la fille
1737–38
253
Brison
Daniel
19.01.1751(86)
Vorstadt, königl. Gerberei
Provinz Gene/Frankreich
I. Anhang Beruf
Eltern
381 Ehepartner
Eisenwarenhändler
Nr.
228 Jean; Anne Pignol/Anne Signer
229
Kammermädchen bei Louis von Preußen
230
Seidenfabrikant
231 Pierre; Marie
Gerber
232 Susanne Jacobine
233
Abraham; Susanne Jacobine
234
Abraham; Susanne Jacobine
235
Postmeister im Dorf Poitdorff an der sächsischen Grenze
236
Schlossverwalter des Prinzen von Preußen; Geheimrat
237
Jean Henry Latour
239
Gewandschneider Françoise Bertrand
Graveurmeister
238
240
Christ. David; Françoise Bertrand
241
Christ. David; Françoise Bertrand
242
Charlotte Pepin
Charlotte Kelling
243
Antoine; Charlotte Kelling
244
Antoine; Charlotte Kelling
245
Geheimer Kabinettssekretär
246
Graveur
Dorothee Charlotte Caroline Quintes Etienne Daniel; Dorothee Quintes
247
248 Mutter von Jacques Brêton
249
Graveur
250
Grenadier; Holzkommissar
251 Roland; Susanne Guiot (Vitri)
Hauptmann
252 253
382
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
254
Broclé
Marie
29.09.1748 (25)
Namur
255
Brugiere
Louis
1758
Burg
256
Brugiere
Guillaume Frederic
27.07.1758
Potsdam*
257
Brugiere
Charlotte
10.06.1758 (6)
Burg
258
Bruguier
Elisabeth Marthe
1740 – < 45
Berlin
259
Bruyere
André
260
Bruyere
Henri
1733–34
261
Bruyere
Elisabeth
24.03.1734
262
Bruyere
Susanne
1739
263
Bruyere
264
Cabani
Jean Louis
1740
265
Cabani
Marie
07.08.1740
266
Cabani
Jean Pierre
1756
267
Cabanis
Charles Auguste
1795
268
Cabani
fille
19.03.1756
269
Cabani
Jeanne Marie
1796–17.07.1805 (65)
270
Cabani
Jeanne Louise
1804
271
Cabanis
André
1798–1801
272
Cahil de Conor
273
Caillet
Charlotte
1732–53
274
Calame
Henri Daniel Francois
1752–22.06.1775 (52)
Vevay/Neuchatel
275
Calame
Henri Daniel Francois
27.09.1761
Potsdam*
276
Calame
Jean Gefroid
06.08.1763
Potsdam*
277
Calame
George Louis
28.02.1766
Potsdam*
278
Calame
Jean Francois
1753–04.04.1760 (70)
Vevay, Neufchatel, Valangin
279
Calame
Elisabeht Catherine
04.04.1784 (55)
Bern
Nimes*; Berlin ¥ 1687 Maastricht
1758 – > 63 Lausanne
Berlin
1735–40
I. Anhang Beruf
Eltern
383 Ehepartner
Nr.
Jean Frederic Ditide
254
Jeanne Baratier
255
Louis; Jeanne Baratier
256
Louis; Jeanne Baratier
257 Jean Bernard
258
Manufakteur für Seidencrepons; Seidenzwirn
Julie Biet; Anne Sauvin
259
Tuchmacher
Jeanne Du Titre
260
Henri; Jeanne Du Titre
261 Bertrand Louis
262 263
Goldschmied Margueritte Cavalier Jean Louis; Margueritte Cavallier Koch
264 265
Catherine Fugertrei
266 267
Lehrjunge bei Raabe Jean Pierre; Catherine Fugertrei
268 Pierre Henry
269
Henry Guillaume Plötz
270
Färber
271
Hauptmann
272 273
Steinmetz
Anne Eleonore Reussin
274
Henri Daniel François; Anne Eleonore Reussin
275
Henri Daniel François; Anne Eleonore Reussin
276
Henri Daniel François; Anne Eleonore Reussin
277
Steinmetz
Jean François; Catherine Gaillard
Catherine Gaillard
278
Tournai; Georg Mauer
279
384
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
280
Calame
Margueritte
01.03.1786 (47)
Bern
281
Calame
Jacob Samuel
1778–30.07.1791 (56)
Bern
282
Calame
Jean Frederic Erneste
1768 – > 1780
283
Calame
Marie Marguerite
07.05.1755 (29)
284
Calme
Marguerite
1791 – > 1802
285
Calme
Charles
1791
286
Calvet
Margueritte
26.10.1759 (56)
287
Campel
Jeanne
1727
Mannheim, † Berlin 1748 (60)
288
Campsen
Dorothée
1737
Eisleben
289
Camrad
Augustine Sophie
1786 – > 1810
Neustadt Dosse
290
Caroline
Dorothee Charlotte
1790
Wassersuppe
291
Carritas
292
Cartier
Judith
24.01.1744 (48)
293
Catteau
Philippe Auguste
1790 – > 1791
294
Causel
Veuve
1735
295
Cavalier
Margueritte
1740
296
Chain
Ester
1737–38
297
Chain
298
Chain
Veuve
1752 – > 80
299
Chapat
Jean Henri
1741–29.04.1785 (75)
Orange
300
Chapat
Pierre Charles
24.10.1747 (10)
Potsdam*
301
Chapat
Thomas Timothée Jean
15.07.1749 (3m)
Potsdam*
302
Chapat
Susanne Jeane
22.06.1752 (1)
Potsdam*
303
Chapat
Justine Antoinette
21.02.1753
Potsdam*
304
Chapat
Daniel Jean
02.07.1761 (6)
Potsdam*
305
Charard
Alexandre
1742
1736 Aibernet Contée Neufchatel
Berlin, ¥ 1720, † 1769
1752 – > 73
I. Anhang Beruf
385
Eltern
Ehepartner
Nr.
Jean François; Catherine Gaillard
Baumann
280
Bildhauermeister
Jean François; Catherine Gaillard
281
Steinmetz
jüngster Bruder von Henri Daniel
282 Jean Claude Boudin
283 284 285
Victor Jacques Delon
286
Pierre Chevillette
287
Jean Jacques Aubertin
288
Sigismund; Marianne La Serre
Guillaume de St. Paul, (Witwe Krüger)
289
Colonel Quintas Jellins; Anne Barmiro
Etienne Daniel Brêton
290
Adam; Marthe Sechehaye
291
Goldschmiedgeselle Abraham Ducomun
292 293
Assessor u. Gerichtsschreiber
294 Paul; Sofernette Sicard
Jean Louis Cabani
295 296 297
Händler von Gewürzen, Tagelöhner
298 Assesseur und Greffier
Unteroffizier 1. Gardebataillon
Jean; Antoinette Truffel
Olimpe Michel
299
Jean Henri; Olimpe Michel
300
Jean Henri; Olimpe Michel
301
Jean Henri; Olimpe Michel
302
Jean Henri; Olimpe Michel
303
Jean Henri; Olimpe Michel
304 305
386
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
306
Charbonnet
Pierre
1728–32
Berlin (* 1705?)
307
Charbonnet
Jeanne Catherine
28.04.1732
308
Charpillot
Elisabeth
1768 – > 80
309
Charpillot
Susanne
1768 – > 91
310
Charreton
Jacques
1790
311
Charrier
Marthe
1736–37
312
Charté
Abraham
1787
313
Charton
Demoiselle
1735
314
Chartron
Magdeleine
1753 (25)
315
Chasté
Abraham
1787
316
Chasté
Frederic
09.07.1788
317
Chastet
Susanne
1739–43 (34)
318
Chattar
Alexandre
~1750
319
Chattar
Jean Joseph
14.11.1750 †
320
Chavy
Antoine
321
Chavy
Frederic Louis
16.11.1771 (2,5)
322
Chavy
Antoine Guillaume
28.04.1771 (4m)
323
Chavy
Henriette Marie
20.04.1772
324
Chayer
Daniel
20.08.1730 (74)
325
Chayer
Pierre
24.09.1730
326
Chayer
Henry
1728
Amsterdam*; Magdeburg
327
Chayer
Jean
21.04.1728
Potsdam*
328
Chayer
Pierre
39.12.(sic) 1729
Potsdam*
329
Chayer
Jeanne
1731 – > 1738
330
Chen
Louise
1733–35
331
Chevalier
Louis Sebastien
1795
¥ 1768
Orange*; † Berlin 1774 (77)
Berlin* 1728
Berlin
Potsdam Lyon; Katholik
I. Anhang
387
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Kerzenmacher
Paul; Sara Menice
Susannne Rocheblave
306
Pierre; Susanne Rocheblave
307
Dienstmädchen
308
Dienstmädchen
309
Assesseur und Greffier
310
Schokoladenfabrikantin
Paul Pascal (Frugères)
311 312
Koch für die Offiziere des Regiments von Preußen
313 verst. Jacob; Anne Talon
314 Dorothee Sophie Louise Block
Königlicher Koch für die Offiziere des Regiments von Preußen Abraham Ferdinand; Dorothee Sophie Louise Block
315
316
Daniel Plantier Händler, Unteroffizier im 1. Garderegiment
317 318
319 Maulbeerbauminspektor
Philibert; Antoinette Bortin
Henriette Louise Prêtre
320
Antoine; Henriette Louise Prêtre
321
Antoine; Henriette Louise Prêtre
322
Antoine; Henriette Louise Prêtre
323
Zinngießer
324 Daniel
325
Zinngießer
326 Henry; Jeanne Magdelaine Dauche
327
Henry; Jeanne Magdelaine Dauche
328
Wäscherin
329 330
Kammerdiener seiner Majestät
Elisabeth Sophie Judée
331
388
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
332
Chevalier
Guillaume Frederic Jean Louis
19.10.1795
333
Chevalier
Jean Frederic
19.03.1797
334
Chevillette
Pierre
1727–49 (76)
Metz
335
Chevillette
Maria Magdalena
1723–11.01.1765 (62)
Metz
336
Chin
Ester Louise
10.01.1749 (38)
Müncheberg
337
Chin
Osée
1749–05.10.1775 (60)
Müncheberg
338
Chin
Etienne
16.11.1750
339
Chin
Osée
25.06.1753 †
340
Chin
Claudine Elisabeth
16.11.1754
341
Chin
Chretien Henri
22.09.1758 (2)
342
Chin
Marie
13.05.1767 (7)
343
Chodowiecki
Louis Guillaume
1799
344
Chodowiecki
Henry
1809
345
Chodowiecka
Susanne
1788–1795
346
Chodowiecka
Jeanne
1796 – > 1810
347
Chodowiecki
Witwe
1809 – > 1810
348
Choné
Jean
1746–47 (50)
Mets en Loraine
349
Choné
Anne
17.06.1748 (72)
Mets en Loraine
350
Chull
Madame
1800
351
Civet
Jean Nicolas
1750–53
352
Civet
Catherine
13.12.1750 (6,5)
353
Civet
Samuel
26.10.1750
354
Civet
Henriette Frederic
18.01.1752
355
Civet
Charlotte
22.08.1753
356
Clance
Demoiselle
1810
357
Claren
Ester Elisabeth
19.05.1776 (42)
Berlin
Bernau
I. Anhang Beruf
Eltern
389 Ehepartner
Louis Sebastien; Elisabeth Sophie Judée
332
Louis Sebastien; Elisabeth Sophie Judée
333
Tapezierer in Berlin
334
Gewürzkrämer
Miniaturenmaler und Graveur
Nr.
Guillaume Sternemann
335
Mathias Christian Betche
336
Anne Friese
337
Osée; Anne Friese
338
Osée; Anne Friese
339
Osée; Anne Friese
340
Osée; Anne Friese
341
Osée; Anne Friese
342
Daniel; Jeanne Barez
Caroline Florentine Zützell
Pastor
343 344
Jean Henri
345
Jacques Papin
346 347
Süßwarenfabrikant
348 Louis François; Isaac Choné ¥ 1707
349
geschieden
350
Tabakspinner
351 352 Jean Nicolas; Anne Marie Maret
353
Jean Nicolas; Anne Marie Maret
354
Jean Nicolas; Anne Marie Maret
355 356 Guillaume Pelet
357
390
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
358
Claude
David
1802–1804
359
Claude
Anne Susanne
03.11.1802 (2m)
360
Claude
David Adolphe
13.10.1803
361
Claude
Anne Philippine
27.10.1804
362
Claude
Demoiselle
1802
363
Claudi
Gaspard
1738
364
Claudi
Marie Madelaine Catherine
21.12.1738 (10)
365
Claudi
Jean Herman
1738 – > 40
366
Claudi
Jacob
28.05.1738
367
Claudi
Louis
08.02.1739 (3,5)
368
Claudi
Marie Rose
16.10.1740
369
Clausse
Catherine
1738–49 (70)
St. Messan, Poitou
370
Cleran
Antoine Olivier
1733–14.02.1766 (69)
Magdeburg
371
Cleran
Josué
30.01.1738 (1)
372
Cleran
fille
1736 – > 45
373
Clermont
374
Cochoy
Philippine
1795
375
Cocu
Marie
1798 – > 1802
376
Colard
Cecile
1796–1801
377
Colignon
Elisabeth
1730–15.11.1763
378
Combel
Adam
1728–32
379
Combel
Judith
19.12.1728 †
380
Combel
Judith
05.12.1729
381
Connor
Samuel
1801–7.04.1807 (52)
382
Conor
Pierre
1807 – > 1810
383
Contel
Charles Frederic
31.05.1772 †
la Rochelle
Hanau, Hessen Kassel
1735 – > 38
Berlin
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
Grundstücksbesitzer vom Babelsberg bei Potsdam
391 Ehepartner
Nr.
Anne Susanne Belitz
358
David
359
David; Anne Susanne Belitz
360
David; Anne Susanne Belitz
361 362 363
Gaspard; Catherine Conzay
364
365 Jean Herman; Marie Madelaine Bavau
366
Jean Herman; Marie Madelaine Bavau
367
Jean Herman; Marie Madelaine Bavau
368
Wollfabrikant
Cadou
369
Marie Anne Toussaint; Susanne Parnajon
370
Olivier; Susanne Parnajon
371
Schneiderin, Näherin
372
Piquer de Roi
373
Dienstmädchen
374
Kammermädchen
375
Émigrée
376
Brotausträger
Daniel Philippe Villaret
377
Anne Louise Ballay
378
Adam; Anne Louise Ballay
379
Adam; Anne Louise Ballay
380
Koch im 1. Gardebataillon
381
Goldschmied
382
Seifensiedergeselle
Jean Charles Henri; Elisabeth Philipin
383
392
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
384
Coste
Dominique
1795 – > 1810
Magdeburg
385
Coste
Une fille
30.08.1801 †
Potsdam*
386
Coulon
Jean
1791 – > 1802
Berlin
387
Coulon
Jean Auguste Louis
28.06.1795 (3)
Potsdam*
388
Coulon
Auguste Frederic Guillaume
12.10.1793
Potsdam*
389
Coulon
Julie Henriette
02.02.1798 (2,5)
Potsdam*
390
Coulon
fils
10.06.1796 †
Potsdam*
391
Coulon
Jean Leopold Guillaume
14.01.1798
Potsdam*
392
Coulon
George Edouard
16.03.1800
Potsdam*
393
Coulon
Antoinette Wilhelmine Auguste
15.07.1804
Potsdam*
394
Coulon
Jean Maurice Ferdinand
16.11.1806 (1)
Potsdam*
395
Coulon
Jean Auguste Henri
21.10.1806 †
Potsdam*
396
Couloudon
Francoise
1769
Berlin
397
Cregut
Charlotte Ursule
11.10.1762 (32)
Berlin
398
Crepin
Madelaine Francoise
1746
Grenoble
399
Crespin
Magdelaine
1731–43 (66)
400
Crugot
Francois Pierre
07.05.1743 (67)
Heidelberg
401
Culmey
George
1747
Küstrin
402
Culmey
Louise Eleonore
10.07.1747 (11)
403
Cuny
Judith
1723–32 (29)
Berlin
404
D’Adret
Mathieux
1732–44 (90)
Cajare/Quercy
405
D’Agneau
Madame
1735 – > 1738
406
D’Airolles
François, Comte
16.02.1738 (77)
407
Dallon
1732–33
St. Germain de Calbut/Cevennen
I. Anhang
393
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Seidenfärber und Ancien
Jean Zacharias; Susanne Coste
Charlotte Louise Stollasch
384
Dominique; Louise Elisabeth Dantal Geheimer Kabinettssekretär
Jean; Francoise Burjas
385 Wilhelmine Frederique de St. Paul
386
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
387
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
388
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
389
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
390
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
391
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
392
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
393
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
394
Jean; Wilhelmine Frederique de St. Paul
395
Köchin
Pierre Bouchard
396
Jean Baptiste Chano
397
Jean Henry Chapat
398
Pierre Michel Elonome
399 400 401
George; Eleonore Minden
402 Daniel Villaume
403
Hauptmann der Generalität von Montauban
404
Näherin
405 406
Major
407
394
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
408
Dantal
Charles
1787–02.01.1799 (40)
Berlin
409
Dantal
Marie Henriette Wilhemine
26.01.1789
Potsdam*
410
Dantal
Caroline Adelaide
26.08.1790
Potsdam*
411
Dantal
Jeanne Frederique Antoinette Auguste
07.06.1796
Potsdam*
412
Dantal
Pierre
1779–1790
Berlin
413
Dantal
Louise Elisabeth
26.06.1805 (41)
Berlin
414
D’Arget
Etienne
1795 – > 1810
415
D’Arrc
Anne, Baronne
1732–33 (45)
416
D’Arthenay
417
D’Artis
Jeanne
1732–35 (78)
418
D’Assfeld
la Comtesse
1796–1801
419
Dauché
Margueritte
1723
420
Daucher
Pierre
20.02.1742 (20)
421
De Beauvois
Johanna
1693
422
De Below
Louis Thierry Charles Guillaume
1809
423
De Bethune
le Comte
1796–1801
424
De Brochier
Charles
425
De Catt
Henri Alexandre
1768–23.11.1795 (58)
426
De Catt
Witwe
1768 – > 1810
427
De Chambaud de Bavas
Henry Juste
< 1737–43
Genf
428
De Chambaud de Bavas
Etienne Rose Henriette
02.03.1740
Potsdam*
429
De Chambaud de Bavas
Margueritte Lucrece Dorothée
1724–28 †
430
De Chambaud de Bavas
Paul
1724–37 (85)
431
De Collognac
bei Vigan/Cevennen
1735–36
Halle
Köthen
Schweiz
1732
Morges/Vand
Frankreich
I. Anhang
395
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Französischprofessor, Assessor, Vorleser des Königs
Pierre; Charlotte Pradier
Marie Louise Roux
408
Pastor der Kirche in Magdeburg
Charles; Marie Louise Roux
409
Charles; Marie Louise Roux
410
Charles; Marie Louise Roux
411
Pierre; Charlotte Pradier
Susanne Louise Pelet
412
Dominique Coste
413 414
Émigré De Vigneau
415 416
Theologiestudent du Theil
417 418
Émigrée
419 420
Henri Louis; Wilhelmine Eleonore Christine de Plötz
Mattheus de Simonis de Tournay
421
Amelie Pauline Le Coq
422
Émigré
423
Oberstleutnant
424
Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Belles Lettres, Vorleser Friedrich II.
425
426 Hauptmann
427
Henry Juste; Marie Maystre
428
Pierre Gayette
429
Reiter und Hauptmann der Cavallerie
430
Oberst
431
396
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
432
De Corswant
Charles Gaspard Auguste
1786
bei Bautzen
433
De Cuvry
Pierre
1733–53
434
De Cuvry
Susanne
09.08.1747 (74)
435
De Cuvry
Jean
24.08.1730 (90)
436
De Cuvry
Jean George
20.11.1732 (2)
437
De Dumas
1738–42
438
De Durfort
1735–37
439
De Durfort
1735–37
440
De Favas
Sohn
1737–38
441
De Forcinet
Demoiselle
1738
442
De Francois
443
De Fromment
Madame
1790 – > 1810
444
De Gaultier
Henry François
1780–85
445
De Grandis
Jean
1736–46 (76)
446
De Grandis
Mattheus
1732–36
447
De Grangeroux
Theodore Coutet
1732–41 (75)
448
De Henriquez
Madame
1796–1802
449
D’Heroudeville
450
De Humbert
Charles Jeremie
1796
Hongly dans le Bengale
451
De Humbert
Charles Louis Sigismond Albert
01.01.1797 (9)
Potsdam*
452
De Humbert
Charles Frederic Guillaume Edmond
16.11.1798
Potsdam*
453
De Humbert
Charles Henri Edouard Auguste
03.05.1801 (2)
Potsdam*
454
De Humbert
Jeanne Elisabeth Wilhelmine
18.10.1803
Potsdam*
455
De la Barthe
1732–41
456
De la Beaume
1736–43
Mets en Loraine
1733
Merac Gascogne; Halberstadt
1796–1802
I. Anhang
397
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Leutnant 3. Bat. Garde zu Fuß
Gaspard Herman; Sophie Chretienne Löwenberg
Henriette Madeleine Schickler, geborene Fischer
432
Händler; ab 1735 Beisitzer
433 434
Händler
435 Jean
436
Leutnant
437
Major
438
Richter; Major
439
Diener
440 441 442
Oberst geschieden v. schweizer. Hauptmann
443
Erzieher Prinz Louis von Preußen
444
Hauptmann
445
Hauptmann
446
reformierter Oberst
447
Émigrée
448
Hauptmann; Émigré
449
Ingenieurleutnant in Diensten seiner Majestät
Jean Pierre; Jeanne Margueritte Pallack
Amelie Caroline Henriette Villaret
450
Charles Jeremie; Amelie Caroline Henriette Villaret
451
Charles Jeremie; Amelie Caroline Henriette Villaret
452
Charles Jeremie; Amelie Caroline Henriette Villaret
453
Charles Jeremie; Amelie Caroline Henriette Villaret
454
Actuario
455
Hauptmann
456
398
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
457
De la Beaume
1738 – > 58
458
De la Beaume
1738
459
De la Beaume
1738
460
De la Farelle
1732–42
461
De la Frugere
Pascal
1736–37
462
De Lagarde
Marie Judith
1797
463
De la Motte Fouquet
Charles Henry
1795–1798
464
De la Nave
Magdelaine
18.10.1742 (90)
465
De la Rogue
466
De la Rouviere
Jacques
1734–40 (70)
Uzès en Languedoc
467
De la Rouvière
Jean Pierre
1752–03.08.1758 (70)
Genf
468
De la Rouvière
Anne Marie
12.09.1760 †
Müncheberg
469
Delbery
Marie Dorothee
1764
Brandenburg
470
De Le Coq
?
1791
471
De Le Coq
Jeanne Ulrique Auguste
09.08.1791
472
De L’Espinasse
Anne
1732–37 (60)
473
De Massabiou
Jean
1732–45 (54)
474
De Ninelle
Marie
1701
475
De Pascal
Charles
1738–49 (46)
Anduse bas Languedoc
476
De Pascal
Paul Farges
1737–46
Anduse en Languedoc
477
De Perrault
Francois
1779 – > 87
478
De Perrault
Jean Fancois Henri
20.10.1780
Potsdam*
479
De Perrault
Charlotte Rose
21.02.1782
Potsdam*
480
De Perrault
Marie Anne Julie
19.09.1783
Potsdam*
481
De Perrault
Auguste Louis
26.11.1784
Potsdam*
482
De Perrault
Charles Frederic Antoine
10.12.1786 (1m)
Potsdam*
483
De Perrault
Charlotte Rose Francoise
12.12.1787
Potsdam*
484
De Raigecourt
Louise Marie, Comtesse
1797
Berlin
Realmont haut Languedoc
I. Anhang Beruf
Eltern
399 Ehepartner
Nr.
Hauptmann
457
Hauptmann
458
Hauptmann
459
Oberstleutnant
460
Leutnant
461 Jean; Anne Sabine Ragemann
Godefroi Durhammer
462 463
Lefrancois
464 465
Major Reformé
466 Jean Pierre; Anne Marie Keno
Major à la suite des Königs
467
Jean Martin Sellern
468
Jean Charles Gre
469
Lantier
470
?; Lantier
471 David D’Elbech
472 473
Jeremie Noret
474
Leutnant
475
Leutnant
476
Geheimer Kabinettssekretär
Francois; Charlotte de Sandol
Catherine Rose Lange
477
Catherine Rosette
478
Jean François; Catherine Rose Lange
479
Jean François; Catherine Rose Lange
480
Jean François; Catherine Rose Lange
481
Jean François; Catherine Rose Lange
482
Jean François; Catherine Rose Lange
483
François Florant Comte de Valon
484
400
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
485
De Raoul
Jean Charles
1765
486
De Raoul
Charlotte
14.04.1765 (2d)
487
Derasanne
488
De Renouard
François
1732–36
489
De Renouard
Simon Louis
13.02.1736 (1)
490
De Rizon
Daniel
1732–50
491
De Rochard
Charles
1796–1801
492
De Rossane
Henry
1732–38 (69)
Clerac en Agenois
493
De Rossiere
494
De Saint Paul
Guillaume
1756–14.04.1797 (75)
Halle, ¥ 1786
495
De Saint Paul
Wilhelmine Frederique
06.03.1775
Potsdam*
496
De Saint Paul
Guillaume
08.09.1776 ¥ 1806
Potsdam*
497
De Saint Paul
Charles Guillaume
14.10.1780
Potsdam*
498
(De) Saint Paul
Guillaume
24.03.1807
499
(De) Saint Paul
Sophie Wilhemine
30.04.1808
500
(De) Saint Paul
Frederic Auguste
26.08.1809
501
De Sales
?
502
De Sales
Caroline
21.12.1796 (9)
503
De Sandraski
Charlotte Frederique, Comtesse
1765
504
De Sarrasin
Claire
1731–37 (55)
505
De Senergues
Jean Girat
1732–48 (80)
506
De Senergues
Jeanne Clagine
1732–17.12.1762 (45)
Potsdam*
1798 – > 1802
Potsdam*
Rein/Westpreußen
Schlage/Pommern
I. Anhang Beruf
Eltern
Hauptmann Gardereg. zu Fuß
401 Ehepartner
Nr.
Charlotte Frederique Comtesse de Sandraski
485
Jean Charles; Charlotte Frederique Comtesse de Sandraski
486
Händler, Uhrmacherlehrling
487
Stallmeister, Hofrat und Richter
488
François; Elisabeth de Felix
489
Hauptmann
490
Émigré
491
Oberstleutnant der Kavallerie
492
Hauptmann
493
Hofrat u. Kolonierichter in P. u. Brb.
Maximilian; Marie Aumont
Augustine Sophie Camrad (Witwe Camrad)
494
Guillaume; Augustine Sophie Camrad
Jean Coulon
495
Quartiermeister u. Auditor des Grenadiergardebataillons, Assessor Frz. Gericht; Syndikus b. Magistrat
Guillaume; Augustine Sophie Camrad
Frederique Wilhelmine Stenger
496
Posamentiermeister
Guillaume; Augustine Sophie Camrad
außerehelich
497
Leutnant im Regiment der schwarzen Husaren
Guillaume; Frederique Wilhelmine Stenger
498
Guillaume; Frederique Wilhelmine Stenger
499
Guillaume; Frederique Wilhelmine Stenger
500
Anne Regina Lancken
501
?; Anne Regina Lancken
502 Jean Charles de Raoul
503
De Chambaud Charnier
504
Hauptmann der Kavallerie
505 Caspar Ewald de Grüben
506
402
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
507
De Stutterheim
Frederic Gottlob
1801
508
De Thümen
Henri Louis Auguste
509
De Thümen
Frederique Angelique Auguste
23.05.1787
510
De Thümen
Wilhelmine Julie Madeleine Justine
20.06.1789
511
De Thümen
Davida Amalie Jeanne Louise
31.12.1805
512
De Tournay
Mattheus de Simonis
1693
513
De Valon
Francois Florant, Comte
1797
514
De Valon
Louise Caroline Therese Adrienne
27.03.1797
515
De Vignau Lagherey
Jordein
1732–43 (74)
516
De Wulffen
Ludolphe Frederique
1806
517
De Wulffen
Adelaide Berthe
15.08.1806
518
Debeau
Frederic
1798–1802
519
Debeau
Frederique Julie
01.06.1799
520
Debeau
Frederic Louis
28.11.1800
521
Debeau
Emilie Elisabeth
25.09.1802 (6m)
522
Decoster
Charlotte; Catherine
1731 – > 38
523
Decoster
Elisabeth
1731–48 (70)
524
Decoster
Marie
1731–38 (62)
525
Decoster
Susanne
1731 – > 41
Berlin
526
Degenharter
Marie Sophie
1753
Magdeburg
527
Deirolle
Frantz
1734–37
528
Delatre
Abraham
1805
529
D’Elbech
David
1732–43
Nay dans la Province de Bearn
Berlin
Strassburg de Parnache Ukraine
I. Anhang
403
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Hauptmann Garderegiment
; Langen
Henriette Madeleine Fischer
507
Caroline Louise Fischer
508
Oberstleutnant Henri Louis Auguste; Caroline Louise Fischer
509
Henri Louis Auguste; Caroline Louise Fischer
510
Henri Louis Auguste; Caroline Louise Fischer
511
Glasmeister
512
Kavalleriehauptmann à la suite des Königs Francois Florant; Louise Marie, Comtesse De Raigecourt
Louise Marie, Comtesse De Raigecourt
513
né à Treuenbrietzen
514
reformierter Hauptmann
515
vormals Leutnant Gardes du Corps
Caroline Jeanne Rauch
Ludolphe Frederique; Caroline Jeanne Rauch Bauinspektor
Pierre; Marie Elisabeht Gertoux
516
517
Frederique Wilhelmine Hüban
518
Frederic; Frederique Wilhelmine Hüban
519
Frederic; Frederique Wilhelmine Hüban
520
Frederic; Frederique Wilhelmine Hüban
521
Pierre Ferrier; (Witwe Jean Rocheblave)
522
523 Etienne Mauvin
524
Jean Jacob Rollwagen
525 526 527
Pensionär Unteroffizier, ausrangiert Hauptmann
Jacques; Magdeleine Coulon
Anne Sophie Mosshauer
528 529
404
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
530
D’Elbosc
531
Delon
Victor Jaques
1732–06.06.1780 (79)
Spandau
532
Delon
Louise
05.07.1732
Potsdam*
533
Delon
Louise Madelaine
02.01.1734– 03.02.1792 (58)
Potsdam*
534
Delon
Jean Guillaume
19.04.1736
Potsdam*
535
Delon
Chretien Victor
04.05.1739
Potsdam*; ¥ 1769; ¥ 1779
536
Delon
Samuel
30.08.1741– 20.09.1772 (31)
Potsdam*
537
Delon
Francois Michel
16.04.1759 (15)
Potsdam*
538
Delon
Chretien David
17.10.1749– 08.06.1795 (57)
Potsdam*
539
Delon
Charlotte Louise
27.12.1771 (1)
Potsdam*
540
Delon
Samuel Victor
26.02.1773
Potsdam*
541
Delon
Anne Caroline Judith
23.05.1781 (3)
Potsdam*
542
Delon
Abraham
24.06.1782 (8m)
Potsdam*
543
Delon
Judith
1773–05.05.1803 (80)
544
Delpietz
Chretien Henry
1752–56 †
Berlin
545
Delpietz
David
25.02.1754
Potsdam*
546
Delpietz
Isaac
16.06.1756
Potsdam*
547
Delrieu
Jeanne Charlotte Leopoldine
22.04.1749 (53)
Dessau
548
De Malbosc
549
Des Grussellier
550
Devrient
551
Didelot
Agnete
1732 – > 58
552
Didelot
Theodore
1723–32 (37)
553
Didelot
Jeane Marie
1732–45 (62)
1737–38
1752 – > 58
Estienne Stephan
1688 1801 – > 1810
Frankfurt am Main
I. Anhang Beruf
Eltern
405 Ehepartner
530
Unteroffzier im Leibregiment Bäcker
Marguerite Calve
Victor Jacques; Marguerite Calve Victor Jacques; Marguerite Calve
Bildhauer
Victor Jacques; Marguerite Calve
531
532 Abraham Maertens
Victor Jacques; Marguerite Calve Sergemachermeister; Sprachmeister
Nr.
533
534 Anne Toussaint; Elisabeth Favier
535
Victor Jacques; Marguerite Calve
536
Victor Jacques; Marguerite Calve
537
Victor Jacques; Marguerite Calve
538
Chretien Victor; Anne Toussaint
539
Chretien Victor; Anne Toussaint
540
Chretien Victor; Anne Toussaint
541
Chretien Victor; Elisabeth Favier
542
Schulhalterin
543
Anne Marguerite Grüsen
Glasschneider
544
Chretien Henry; Anne Marguerite Grüsen
545
Chretien Henry; Anne Marguerite Grüsen
546 George Schlobach
547
Pensionär, Seidenbauinspektor
548
Kastelan
549
Posamentierlehrling; Branntweinbrenner
550
Knopfmacherin
551
Händler; Knopfmacher
552 553
406
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
554
Didier
Demoiselle
1785 – > 1787; 1796 (?)
555
Dieterich
Philippe Ernst Adam
1796
Würzburg
556
Dinat
Pierre
1735 – > 42
Mets
557
Dinat
Sara Madelaine
03.03.1737
558
Dinat
Victor
30.08.1738
559
Dinat
Francois
27.04.1740 †
560
Dinat
Judith
08.01.1741
561
Dinat
Elisabeth
19.04.1742
562
Diot
Marie
1731–35 (64)
563
Dioz
Abraham
1790 – > 1810
564
Dippold
Auguste Emile
1807
565
Divoy
Olimpe
566
Dombach
Theophile
1795 – > 1810
567
Dorée
Elisabeth Matthé
1745–46 (36)
Chandes Talierq/Neufchatel
568
Dorée
Magdelaine Matthey
1745–47 (45)
Brevine/Volengin
569
Doriot
Pierre
1694
570
Dorman
Marie Elizabeth
09.09.1806 (30)
Potsdam
571
D’Ozane
Jean Gédéon
1735–41 (80)
Mets
572
Drege
Susanne
12.10.1805 (76)
Hamburg
573
Droz
Pierre Abraham
574
Droz
Julie Henriette
24.02.1801 (3)
Potsdam*
575
Droz
Charles Gustave
01.11.1799
Potsdam*
576
Droz
Constance Lucinde
26.11.1801
* a Sanssouci
577
Droz
Frederic Henri Alexandre
10.08.1804
Sanssouci
578
Droz
Louise Alexandrine
12.04.1807
Sanssouci
Altenburg, Sachsen
Neuchatel
I. Anhang Beruf
Eltern
407 Ehepartner
Nr.
554
Händlerin für Damenmoden
Geheimer Sekretär der allgemeinen Schlossverwaltung
Henriette Eleonore Catherine Hilckert
Gärtner
555
556 Pierre; Margueritte Phillippine
557
Pierre; Margueritte Phillippine
558
Pierre; Margueritte Phillippine
559
Pierre; Margueritte Phillippine
560
Pierre; Margueritte Phillippine
561 Pierre Toussaint
562 563
königl. Domestique; Concièrge von Sanssouci Jean; Auguste Elisabeth Günther
Jacques Lapierre
564
Andre Bruyere
565 566
Etaminmacher
567 568 in der Glashütte beschäftigt
569 Jean Pierre Bonnet
Oberstleutnant reformé
königl. Domestique; Concièrge von Sanssouci
570 571
Daniel; Marguerite Cornu
Noré
572
Caroline Friderique Posemann
573
Pierre Abraham; Frederique Caroline Posemann
574
Pierre Abraham; Frederique Caroline Posemann
575
Pierre Abraham; Frederique Caroline Posemann
576
Pierre Abraham; Frederique Caroline Posemann
577
Pierre Abraham; Frederique Caroline Posemann
578
408
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
579
Du Bois
Jean
1738
Neuchâtel
580
Du Salvan
581
Dubuy
Charles Guillaume
29.04.1808 (27)
Burg
582
Duclair
Marie Salomé
1737
Basel
583
Duclé
Anne
06.07.1731 (70)
584
Ducommun
Abraham
1724 – > 1746
Chaux de fonds, Neufchatel
585
Ducommun
?
31.08.1728 (1)
Potsdam*
586
Ducommun
Judith Marie
06.09.1728
Potsdam*
587
Ducommun
Catherine
04.03.1732
Potsdam*
588
Ducommun
Marie Francoise
15.07.1736
Potsdam*
589
Ducommun
Marie Salonie
15.05.1739
Potsdam*
590
Dufais
Henri
1724 – > 1743
591
Dufais
Elisabeth
23.08.1727 (7)
592
Dufais
Pierre Henri
22.06.1727
Potsdam*
593
Dufais
Jeanne
30.10.1729
Potsdam*
594
Dufais
Francois
1730–41 (40)
Magdeburg
595
Dufais
Pierre Guilhaume
03.12.1740 (1)
Potsdam*
596
Dufais
Elisabeth
1743–28.03.1785 (74)
Berlin
597
Dufais
Catherine Louise
25.11.1795 (84)
Berlin
598
Dufais
Marie
1732
Emmerich
599
Dufour
600
Dufour
Jean Samuel
1768–18.09.1781 (68)
601
Dugas
Francois
1748
602
Dugas
Albert
20.08.1748 (1)
603
Dulon
604
Dumas
David
1735 – > 68
Revel en Languedoc
605
Dumas
Jean
25.05.1739– 09.09.1797 (58)
Potsdam* ¥ 1766 ¥ 1782
1732
1752–53
Arsil/Bern
1735; 1737–38
I. Anhang Beruf
Eltern
409 Ehepartner
Nr.
Maurer
579
Hauptmann
580
Leutnant 2. Gardegrenadierbataillon
581
Waffenmeister
Jean Baptiste La Monen dit Chermont
582
Nicolas Godron
583
Judith Cartier
584
Abraham; Judith Cartier
585
Abraham; Judith Cartier
586
Abraham; Judith Cartier
587
Abraham; Judith Cartier
588
Abraham; Judith Cartier
589
Hutmachermeister
590 Henry; Jeanne Germain
591
Henry; Jeanne Germain
592
Henry; Jeanne Germain
593
Strumpffabrikant
594 Francois; Susanne Rocheblave
595 Grisal
596
Toubac
597
Pierre Barrier
598 599
Chirurg Ancien, Leutnant
Elisabeth Belair
600
Leutnant, ausrangiert
Anne Lesage
601
Francois; Anne Lesage
602
Königsgrenadier
603
Leutnant
604
Händler
David; Elisabeth Faure de Beau Soleil
Dorothee Charlotte Krüger; Marie Dorothee Walter
605
410
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
606
Dumas
Marc Antoinne
24.02.1743
Potsdam*
607
Dumas
Christine Ernestine
02.06.1745
Potsdam*
608
Dumas
Susanne Elisabeth
11.04.1747
Potsdam*
609
Dumas
Frederic David
06.07.1750 (1)
Potsdam
610
Dumas
Jean David
20.02.1775 (2)
Potsdam*
611
Dumas
Nicolas Frederic
02.08.1775
Potsdam* ¥ 1805
612
Dumas
Jeanne Elisabeth
03.05.1778
Potsdam*
613
Dumas
Frederic George
04.04.1782 (1,5)
Potsdam*
614
Dumas
August Guillaume
04.09.1784
Potsdam*
615
Dumas
Henri Ferdinand
15.03.1787 (2)
Potsdam*
616
Dumas
Ernestine Charlotte
25.12.1787
Potsdam*
617
Dumas
Henri Ferdinand
10.02.1789 (3d)
Potsdam*
618
Dumas
David
04.09.1790 (4m)
Potsdam*
619
Dumas
Guillaume Ferdinand
21.09.1791
Potsdam*
620
Dumas
Frederique Augustine
13.01.1794
Potsdam*
621
Dumas
Caroline Wilhelmine Henriette
14.04.1798
Potsdam*
622
Dumas
Charles Louis
1790–1806
Potsdam*
623
Dumas
Carlonie Wilhelmine
03.12.1801 (11)
Nowawes
624
Dumas
Frederic Guillaume
16.08.1795
Nowawes
625
Dumas
Charlotte Henriette
15.08.1803
Nowawes
626
Dumas
Dorothee Charlotte
05.06.1806 (2m)
Nowawes
627
Dumay
Magdelaine
31.01.1763 (70)
Metz
628
Dumken
Demoiselle
1798
629
Dumontier
Francois Henri Louis
1793–22.04.1798 (29)
Berlin
630
Dumontier
Dorothée Frederique Wilhelmine
01.02.1793
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
Maurergeselle
Ehepartner
Nr.
David; Elisabeth Faure de Beau Soleil
606
David; Elisabeth Faure de Beau Soleil
607
David; Elisabeth Faure de Beau Soleil
Schneidermeister
411
George Bochow
608
David; Elisabeth Faure de Beau Soleil
609
Jean; Dorothee Charlotte Krüger
610
Jean; Dorothee Charlotte Krüger
Anne Elizabeth Naumann
611
Jean; Dorothee Charlotte Krüger
612
Jean; Dorothee Charlotte Krüger
613
Jean; Marie Dorothee Walter
614
Jean; Marie Dorothee Walter
615
Jean; Marie Dorothee Walter
616
Jean; Marie Dorothee Walter
617
Jean; Marie Dorothee Walter
618
Jean; Marie Dorothee Walter
619
Jean; Marie Dorothee Walter
620
Jean; Marie Dorothee Walter
621
Jean; Charlotte Krüger
Regine Hibert
622
Charles Louis; Regine Hibert
623
Charles Louis; Regine Hibert
624
Charles Louis; Regine Hibert
625
Nicolas Frederic; Anne Elisabeth Naumann
626
Isaac Figuier
627 628
Akzisebediensteter; Schreiber von Geheimrat Moers
Pierre Francois; Catherine Dorothe Stuttmeister Francois Henry Louis; Frederique Regine Spaltholtz
Frederique Regine Spaltholtz
629
630
412
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
631
Dumontier
Albertine Auguste Francois
02.03.1796 (2)
Potsdam*
632
Dumontier
Frederique Albertine
02.06.1798 (3m)
Potsdam*
633
Dumontier
Charles Francois
28.07.1798 (19)
634
Duquesnay
Jean Francois
1752
Normandie
635
Duquesne
Jacques
1738–21.10.1766 (69)
Köln; Utrecht
636
Duquesne
Jean
02.04.1741
Potsdam*
637
Duquesne
Jean Henri
21.12.1742
Potsdam*
638
Duquesne
Jean Frederic
15.10.1745
Potsdam*
639
Duquesne
Susanne Therese
15.04.1750 (2,5)
Potsdam*
640
Duquesne
Pierre
08.05.1751
Potsdam*
641
Duquesne
Marie Henriette
16.02.1761 (10)
Potsdam*
642
Duquesne
Manon
05.09.1754 (2)
Potsdam*
643
Durand
Joseph
1741
644
Durand
Francois
24.02.1741 (6)
645
Durang de St. Paul
646
Durhammer
Godefroi
1797
647
Durhammer
Marie Louise Caroline
27.06.1797
648
Durhammer
Marie Susanne
. . . 06.1799
649
Durhammer
Louise Frederique Augustine Wilhelmine
11.08.1801
650
Durhammer
Frederic Guillaume Henri
19.09.1803
651
Durhammer
Ernestine Dorothee
16.12.1805
652
Dutour
Jean Samuel
1751
653
Ehrhart
Frederic Benjamin
1804
654
Ehrhart
Frederic Guillaume
18.04.1804
655
Elvain
Daniel Frederic
1763–30.04.1791 (69)
1734–35
Arscer/Nyon, Bern
I. Anhang Beruf
Eltern
413 Ehepartner
Nr.
Francois Henry Louis; Frederique Regine Spaltholtz
631
Francois Henry Louuis; Frederique Regine Spaltholtz
632
Sprachmeister
633
Steinmetz
634
Tapetenfabrikant
Antoinette Gaultier; Anne Louise Fistaine
635
Jacques; Antoinette Gaultier
636
Jacques; Antoinette Gaultier
637
Jacques; Antoinette Gaultier
638
Jacques; Antoinette Gaultier
639
Jacques; Anne Louise Fistaine
640
Jacques; Anne Louise Fistaine
641
Jacques; Anne Louise Fistaine
642 Louise Serpeau
Joseph; Louise Serpeau
643 644 645
Gerichtsschreiber Soldat im 1. Gardebataillon
Marie Judith De la Garde
646
Godefroi; Marie Judith De la Garde
647
Godefroi; Marie Judith De la Garde
648
Godefroi; Marie Judith De la Garde
649
Godefroi; Marie Judith De la Garde
650
Godefroi; Marie Judith De la Garde
651 652 Ernestine Elisabeth Louise
Händler
Kerzenmacher; in Diensten bei Hauptmann Bourdet
Frederic Benjamin; Ernestine Elisabeth Louise
653 654
655
414
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
656
Emer
Charlotte Louise Caroline
1795
657
Erman
Paul
1802
658
Erman
Jean George
01.05.1805 (44)
Berlin
659
Escoffier
Jean Louis
1739–50 (38)
Kassel
660
Escoffier
Francois
27.08.1739
661
Escoffier
Daniel
28.05.1742 (1)
662
Escoffier
Jean Pierre
02.07.1743
663
Escoffier
Luc
25.07.1746 †
664
Escoffier
Elisabeth
1747–28.08.1790 (63)
Berlin
665
Espagne
Jean
1780 – > 1791
Berlin
666
Espagne
Frederique Wilhelmine
14.11.1781
Potsdam*
667
Espagne
Frederic Guillaume
10.05.1783
Potsdam*
668
Espent
669
Ester
Jean Etienne
1751–52 (23)
Louisendorf bei Frankenberg, Kassel
670
Ester
Jean Thomas
1752 †
Potsdam*
671
Ester
Veuve
1752 – > 56
672
Etienne
Susanne
20.12.1777 (79)
673
Fabre
674
Fabry
Pierre
1745
675
Fages
Pierre
1735–04.04.1768 (70)
676
Fanger
Janna Marie
05.04.1744 (45)
677
Fargé
Marthe
1734–20.05.1740 (29)
678
Fasquelle
Isâc
1739
Schmach, Uckermark
679
Fasquelle
Rachel
19.09.1740 (1)
Potsdam*
680
Fatin
Veuve
1737 – > 38
681
Fauché
Francois
1728–34 (52)
1809 – > 1810
Berlin
1738
Cayrac/Quersi
Maixant/Poivon
I. Anhang Beruf
Eltern
415 Ehepartner
Nr.
David Henry Villardoz
656
Professor Kadettenanstalt Berlin
Jean Pierre; Louise Le Coq
Caroline Pauline Itzig
657
Pastor
Jean Pierre, Louise Le Coq
Wilhelmine Sello
658
Catherine Elisabeth Gru
659
Gerber
Kammerdiener des Prinzen Louis
Jean Loius; Catherine Elisabeth Gru
660
Jean Loius; Catherine Elisabeth Gru
661
Jean Loius; Catherine Elisabeth Gru
662
Jean Loius; Catherine Elisabeth Gru
663
Louis; Jeanne Bruere
Jean Boissier
664
Christine Rosine Wiedmayer
665
Jean; Christiane Rosine Wiedmayer
666
Jean; Christiane Rosine Wiedmayer
667 668
Strumpffabrikant
669 Jean Etienne; Philiberte Beckern
670 671 Daniel Villaume
672
Königsgrenadier
673
Schuster
674
Pensionär
675
Victor Bellair
676
Charles Grisals
677 678
Isâc
679
Schneiderin
680
Gärtner
681
416
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
682
Fauché
Pierre
21.11.1728 (2)
683
Fauché
Susanne
19.04.1729
Potsdam*
684
Fauché
Charlotte
05.12.1730
Potsdam*
685
Faucher
Marthe
12.04.1735 (1)
Potsdam*
686
Faugere
Jeanne
1735–07.03.1764 (48)
Magdeburg
687
Fauré
Elisabeth
27.11.1738 †
Potsdam*
688
Fauré
Elisabeth
28.01.1760 (52)
Revel/Languedoc
689
Fauvel
Emanuel Benjamin
1791
690
Favier
691
Favier
Elisabeth
1779
692
Favier
Henriette
1787–1800
693
Fayr
l’Abbee
1796–1801
694
Febrimont
Petronelle
1796–1801
695
Febrimont
Therese
1796–1801
696
Febrimont
Catherine
1796–1801
697
Felix de la Sabliera
Antoine
1737–43
Orange
698
Felix
Jean Pierre
29.08.1739 †
Potsdam*
699
Felix
Michel
10.12.1741 †
Potsdam*
700
Felix
Henri
1734–15.07.1754 (70)
Orange
701
Feri
Francois
28.10.1760 (100)
Metz
702
Ferier
Marquise
31.08.1764 (82)
Ganges en Languedoc
703
Ferrier
Pierre
1733 – > 38
Henges en Languedoc
704
Ferry
Jean
1726 – > 58
Metz
705
Ferry
/
16.08.1726
Potsdam*
706
Ferry
Olympe
25.05.1730– 15.06.1784
Potsdam*
707
Ferry
Jean
16.04.1733 (1)
Potsdam*
708
Ferry
Judith
04.03.1737 (4)
Potsdam*
709
Ferry
Susanne
20.04.1740 (0,5)
Potsdam*
1732 Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
417 Ehepartner
Nr.
Francois; Marie Rousset
682
Francois; Marie Rousset
683
Francois; Marie Rousset
684
Jeanne Faugere
685
Dienstmädchen
Charles Stühder
Jeanne Faugere
686
687 David Dumas
688 689
Chirurggeselle
690 Chretien Victor Delon
691 692
Priester; Émigré
693
Émigrée
694
Émigrée
695
Émigrée
696
Fähnrich; Leutnant Reformé
Jeanne Gardiol
697
Antoine; Jeanne Gardiol
698
Antoine; Jeanne Gardiol
699
Hauptmann
700
Gärtner
701 Pierre Huilet
702
Strumpffabrikant
703
Gärtner
704 Jean; Anne Kreyer Jean; Anne Kreyer
705 Jean Henri Rietz
706
Jean; Anne Kreyer
707
Jean; Anne Kreyer
708
Jean; Anne Kreyer
709
418
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
710
Ferry
Judie
16.11.1743 (27)
Kassel
711
Feye
Godefroy
712
Feye
Caroline Frederic
20.05.1793
713
Feye
Julie Elisabeth
16.01.1796
714
Fierze
l’Abbee
1796–1801
715
Figuier
Isâc
1745–17.11.1772 (84)
Melson/Hessen Kassel
716
Figuier
Sara
16.02.1754 (27)
Halle
717
Fischer
Jean Rudolf
1757–1765
718
Fischer
Anne Justine
17.07.1757
719
Fischer
Guillaume Samuel
01.03.1759
720
Fischer
Jean George
12.02.1761
721
Fischer
Anne Charlotte
05.07.1763
722
Fischer
Jeanne Frederic Amelie
02.05.1765
723
Fischer
Guillaume Frederic
1759
724
Fischer
Henriette Madelaine
1786; 1801
725
Fischer
Frederique Emelie
1805
726
Fischer
Caroline Louise
727
Fistaine
Anne Louise
728
Fondeur
1809 – > 1810
729
Fontane
1798 – > 1802
730
Fougere
Marie
1796–1801
731
Foul
Francoise
1732–37 (85)
732
Fournier
733
Fournier
Jean Jacques
734
Fournier
Catherine Elisabeth
735
Fournier
736
Foustel
Ruppin
Potsdam
1751 – > 1787
St. Cosme de Languedoc
1732–33
08.10.1792
1809 – > 1810 Jacob
1736
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
419 Ehepartner
Jean; Anne Halansi Schulmeister u. Organist der Französischen Kirche
710 Marianne Requini
711
Godefroy; Marianne Requini
712
Godefroy; Marianne Requini
713 714
Priester; Émigré Gerber; Schulmeister
Nr.
Isaac; Magdeleine Dumay
715
716 königlicher Uhrmacher
Anne Orssellet
717
Jean Rudolf; Anne Orssellet
718
Jean Rudolf; Anne Orssellet
719
Jean Rudolf; Anne Orssellet
720
Jean Rudolf; Anne Orssellet
721
Jean Rudolf; Anne Orssellet
722
Händler
Angelique Magdeleine Le Cointe
723
Frederic Guillaume; Angelique Madelaine Le Cointe
Charles Gaspard Auguste De Corswang; Schickler; Frederic Gottlob de Stutterheim
724
Jean Philipp; Sophie Zürn
Auguste Frederic Jacobi
725
Henri Louis Auguste de Thümen
726
Jacques Duquesne; Michelet
727
Kopist
728
Sekretärin der Königin
729
Émigrée
730 Jean Boissier
731 732
Tischler Hutmacher bei Bock
Louise Dorothée Siewert Jean Jacques; Louise Dorothée Siewert
733 734
Kassierer
735
Strumpfwirkergeselle
736
420
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
737
Fraissinet
Jean Frederic
1787–1796
738
François
Louis
1731–48 (64)
Marie au pais de Mes
739
François
Michel
1734
Arras en Arrois
740
François
Isaac
1761
741
François
Anne
1796–1801
742
Fraulau
Veuve
1736–37
743
Frese
Nicolas Frederic
1775
Saltzwedel
744
Frick
Catherine Elisabeth
1781
Kremmen
745
Fricke-Bock
Charles
746
Fricke-Bock
Chretien Frederic
14.12.1775
747
Friese
Anne
1750
748
Froceont
749
Fromery
Elisabeth
1733–35 (48)
750
Fruitte
Esther Etiennette
11.05.1791 (28)
751
Fugertei
Catherine
1756
752
Fusiliac
Demoiselle
1738
753
Gaches
Jacques
1737
754
Gaerin
Demoiselle
1731–32
755
Galliard
Catherine Elisabeth
1753–02.04.1772 (65)
756
Gaultier
Antoinette
1738–49 (42)
Utrecht
757
Gardiol
Jeanne
1737–43
Genf
758
Gaultier
759
Gayette
Pierre
1724–47 (67)
Mets en Loraine
760
Gayette
Elisabeth
28.10.1724
Potsdam*
761
Gayette
Frederic Guillaume
22.02.1726
Potsdam*
762
Gayette
Theodore Leopold
30.04.1727 †
Potsdam*
1798
Genf
Paarade dans la basse Guienne; Maastricht
1735; 1737–38
I. Anhang Beruf
Eltern
421 Ehepartner
Nr.
Strumpffabrikant
737
Gärtner
738
Strumpfwirker
739
Tagelöhner
Anne Marie Schmidt
740 741
Émigrée
742 Hofarzt
Elisabeth Magdeleine Le Cointe (Witwe Hessert)
743
Simon Milcken; Catherine Planten
Pierre Francois Bock
744
adoptiert v. Pierre Francois Bock
Catherine Elisabeth Milcke
745
Charles; Catherine Elisabeth Milcke
746 Chin Osée
747 748
Domestique P. de Cuvry ; Bourgeois
749 750
Jean Pierre Cabani
751 752
Korkhändler
753 754 Jean Francois Calame
755
Jacques Duquesne
756
Antoine Felix
757
Unteroffizier im Leibregiment
758
Ingenieurhauptmann
759 Pierre; Dme Marguerite Dorothée Lucrece de Chambaud
760
Pierre; Dme Marguerite Dorothée Lucrece de Chambaud
761
Pierre; Dme Marguerite Dorothée Lucrece de Chambaud
762
422
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
763
Gayette
Pierre
28.01.1728
Potsdam*
764
Gayette
Frederic Leopold
08.10.1734
Potsdam*
765
Gayette
Charles Adam
28.?.1738
Potsdam*
766
Gehnecke
Susanne Elisabeth
1753
767
Geli
Louise
11.08.1776 (93)
Erlangen
768
Genevier
Antoine
1750
Genf
769
Genevier
Marie Catherine
15.08.1750
770
Geoffroi
Pierre
1752
771
Geoffroi
Antoinette
23.04.1752
772
Geoffroi
Anne Marie
26.08.1753
773
Geoffroi
Catherine Elisabeth
7.06.1755
774
Geoffroi
Jean Frideric
17.07.1756 (4)
775
Geofroid
Catherine
22.08.1756 (14)
776
Geoffroi
777
Gerbaut
Antoinette
1796–1800
778
Gerbaut
François
1796–1801
779
Gerbaut
Françoise
1801
780
Gerike
Charles Frederic
781
Gericke
Marie Jeanne Frederique
16.09.1797
782
Gerike
Marie Jeanne Frederique
22.10.1791
783
Gerike
Charles Frederic
16.04.1797 (4)
784
Gerike
Charles Guillaume Edouard
06.09.1795
785
Gerike
Charles Frederic Guillaume
26.12.1798
786
Gerike
Charles Jules
14.12.1807
787
Germaine
Jeanne
01.02.1742 (55)
Paris
1801 – > 1802
Orange
I. Anhang Beruf
Eltern
423 Ehepartner
Nr.
Pierre; Dme Marguerite Dorothée Lucrece de Chambaud
763
Pierre; Marie Eleonore Cölsch
764
Pierre; Marie Eleonore Cölsch
765 Abel Villaret
766
Joseph Durand
767
Uhrmacher
768 Antoine; Susanne Dorothée Cavelier
Vergolder
769 Philiperte Arnaud
770
Pierre; Philiperte Arnaud
771
Pierre; Philiperte Arnaud
772
Pierre; Philiperte Arnaud
773
Pierre; Philiperte Arnaud
774
Pierre; Philiperte Arnal
775
Erzieher des Prinzen Heinrich
776
Émigrée
777
Émigré
778
Émigrée
779
Kupferschmiedmeister
Jeanne Marie Aley
780
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
781
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
782
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
783
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
784
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
785
Charles Frederic; Jeanne Marie Aley
786
Henry Dufais
787
424
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
788
Gibert
Marie Dorothée
11.08.1738 (41)
Spandau
789
Gibert
Veuve
1738
790
Gieau
Lucien
1715 – > 24
Frankreich
791
Gilet
792
Gillet
Susanne
1731
Berlin
793
Gillet
Chretien Auguste
1806 – > 1810
Berlin
794
Gillet
Auguste Dorothee Henriette Wilhelmine
19.04.1807
Potsdam*
795
Gillet
Frederique Marie Auguste Ernestine Henriette
15.12.1809
Potsdam*
796
Gilly
Jeanne
8.08.1758 (54)
Berlin
797
Gilly
Elisabeth
1796–1797
798
Gilly
Dorothee Chretienne
1792
799
Gilson
Zacharie
1779–12.05.1784 (34)
800
Gio
Marie
1733
801
Girard
Carl
1697
802
Girard
Philippine
21.10.1728 (63)
803
Girard
Jean Philibert
9.02.1755 (52)
Vevay, Bern
804
Girard
Louise Jacobine
16.09.1784 (74)
Burg
805
Girardi
Anne Elisabeth
806
Gog.
Ch.
1802
807
Gothilf
Anne Dorothee Louise
28.11.1799 (33)
808
Gout
809
Gré
Charles
27.06.1742 (87)
Privas en Vivaret
810
Gré
Jean
1731– 20.04.1758 (49)
Magdeburg; Brandenburg; ¥ 1737
811
Gré
Jean Charles
12.09.1738 – > 73
Potsdam*; ¥ 1764
812
Gré
Charles
24.09.1740 †
Potsdam*
Berlin
Köln
Küstrin
Potsdam; ¥ 1781, 1798
1768 – > 73
I. Anhang Beruf
Eltern
425 Ehepartner
Nr.
Daniel Plantier
788 789
Perückenmacher
790
Königsgrenadier
791
Postsekretär
Daniel; Wilhelmine Taddet
Jean Henry Le Clerc
792
Ernestine Henriette Bauer
793
Chretiene Auguste; Ernstine Henriette Bauer
794
Chretiene Auguste; Ernstine Henriette Bauer
795
Jaques; Louise Bebout
796 797
Perückenmachermeister
Pierre Jonas; Anne Sablon
Jean Guillaume Lombard
798
Marie Kistner, (Witwe Chretien Hibo)
799 800
Kastelan
801 Paul Latour
Grenadier 3. Bat. Garde zu Fuß
802 803
Abraham Prêtre Manufaktur für Brabanter Spitze
804 805
806 Jean Chretien; Anne Dorothee Elisabeth Boissier
Pierre (Abraham) Boissier
807
808
Inspecteur der königl. Bauten
809 Koch, Küster
Samtmacher
Jean; Catherine Boissier Jean; Catherine Boissier
Catherine Boissier
810
Marie Dorothee Delberg
811 812
426
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
813
Gré
Antoine Olivier
23.01.1742 – > 68
Potsdam*; ¥ 1764
814
Gré
Jeane Elisabeth
12.08.1747 †
Potsdam*
815
Gré
Pierre
25.12.1747 (3)
Potsdam*
816
Gré
Frederic Louis
05.08.1751
Potsdam*
817
Gré
Guillaume
23.01.1752 (2)
Potsdam*
818
Gré
Charles Louis
03.03.1755 (1)
Potsdam*
819
Gré
Susanne
16.06.1760 (4)
Potsdam*
820
Gré
Jean Louis
07.04.1765
Potsdam*
821
Gré
Antoine Olivier
10.08.1767
Potsdam*
822
Gré
Judith Caroline
8.04.1771
Potsdam*
823
Gré
Jean Daniel
14.01.1773
Potsdam*
824
Gré
Jean Louis
15.11.1767 (2)
Potsdam*
825
Gré
Judith Caroline
09.01.1772 (9m)
Potsdam*
826
Gré
Olimpe Henriette
14.04.1765
Potsdam*
827
Gré
Antoine Frederic
23.10.1767
Potsdam*
828
Greulen
Anne Dorothee
1764–68
829
Grisal
Charles
1732–08.11.1758 (58)
Berlin
830
Grisal
Samuel
30.07.1734
Potsdam*
831
Grisal
Pierre
30.07.1736
Potsdam*
832
Grisal
Susanne
30.10.1740 (1)
Potsdam*
833
Grisal
Anthoine Olivier
13.02.1744 (1)
Potsdam*
834
Grisal
Joseph
06.06.1745 †
Potsdam*
835
Grisal
Jean Guillaume
06.11.1746 †
Potsdam*
836
Grisal
Samuel
11.11.1746 (2)
Potsdam*
837
Grisal
Jean Etienne
15.08.1748 (0,5)
Potsdam*
838
Grisal
Etienne Philippe
10.05.1750 (1)
Potsdam*
839
Grisal
Magdeleine
29.08.1750
Potsdam*
840
Grisal
Leonard Frederic
05.04.1752
Potsdam*
I. Anhang
427
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Samtmacher
Jean; Catherine Boissier
Anne Dorothee Greulen
813
Jean; Catherine Boissier
814
Jean; Catherine Boissier
815
Jean; Catherine Boissier
816
Jean; Catherine Boissier
817
Jean; Catherine Boissier
818
Jean; Catherine Boissier
819
Charles; Marie Dorothee Delberg
820
Charles; Marie Dorothee Delberg
821
Charles; Marie Dorothee Delberg
822
Charles; Marie Dorothee Delberg
823
Charles; Marie Dorothee Delberg
824
Charles; Marie Dorothee Delberg
825
Antoine Olivier; Anne Dorothee Greulen
826
Antoine Olivier; Anne Dorothee Greulen
827
Jean Chretien; Anne Regine Schwintz Strumpffabrikant; kgl. Hühnermeister
Antoine Olivier Gré
828
829 Charles; Marthe Farger
830
Charles; Marthe Farger
831
Charles
832
Charles; Elisabeth Dufais
833
Charles; Elisabeth Dufais
834
Charles; Elisabeth Dufais
835
Charles; Elisabeth Dufais
836
Charles; Elisabeth Dufais
837
Charles; Elisabeth Dufais
838
Charles; Elisabeth Dufais
839
Charles; Elisabeth Dufais
840
428
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
841
Grisal
Magdelaine Elisabeth
03.08.1754
Potsdam*; ¥ 1776
842
Grisier
Jeanne
1747
843
Grisier
Jeanne Louise
18.03.1747
Potsdam*
844
Gross
Jeanne Chretienne
1804
Breslau
845
Gru
Elisabeth Catherine
1739–49 (36)
Berlin
846
Grue
Daniel
23.04.1743 (71)
Provence
847
Grüsen
Anne Marguerite
1752 – > 68
848
Günther
Jean Christoph
1786
849
Guerin
Jean Pierre
1740
850
Guerin
Marie
08.03.1740
851
Guerré
Demoiselle
1785–1790
852
Guirand
853
Guy
Paul
1733–43
854
Guy
Susanne Henriette
01.12.1737 (1,5)
Potsdam*
855
Guy
Daniel Philippe
29.09.1738–1798
Potsdam*
856
Guy
Jean George Philippe
1798 – > 1810
857
Guy
Philippe Theodore
19.03.1801 (2,5)
858
Haalbeck
Charles Louis Henri
1799
859
Haalbeck
Charles Adolphe Leberacht
28.02.1799
Potsdam*
860
Hafner
Ernestine Frederique Louise
861
Hanse
Justine Frederique
1764
Berlin
862
Henckel
Jean Christoph
1763
863
Hennig
Anne Dorothée
1751 – > 1780
Teltow
864
Henning
Elisabeth
1755 – > 91
Satzkorn
865
Henrion
Daniel
1723
Potsdam*
1732
Potsdam*
I. Anhang Beruf
429
Eltern
Ehepartner
Nr.
Charles; Elisabeth Dufais
Etienne Petitjean
841 842
Jeanne Grisier; Jean Louis Ostersheldt Francois; Jeanne Jagodscheck
843 Henry Martin
844
Louis Escoffier
845 846
Christian Heinrich Delpietz
847 848
Mechaniker
849 Jean Pierre; Elisabeth Claude
850 851
Färber
852
Etaminmacher; Beuteltuchmacher
853
Kammerdiener des Prinzen von Preußen
Paul; Susanne Elisabeth Retzer
854
Paul; Susanne Elisabeth Retzer
855
Hofmarschall; königlicher Koch
Frederique Philippine Marx
Jean Georg Philipp; Frederique Philippine Marx
857
Quartiermeister u. Auditeur Reg. Gardes du Corps
858
Charles Louis Henri; Elisabeth
Gewürzkrämer
Gruhsen Behneke, Havelland
Martin; Marie Leynern Lichtzieher
856
859
Antoine Joachim Edouard Schoenbeck
860
Victor Villaume
861
Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
862
Pierre Antoine Stahlschmidt
863
Jeremie Nevir
864 865
430
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
866
Henrion
Jean Daniel
19.07.1723
Potsdam*
867
Henrion
Philippe
01.10.1728
Potsdam*
868
Henry
Demoiselle
1738
869
Henry
Jean
870
Henry
Pierre Daniel
22.11.1790
Brandenburg
871
Henry
Jean Balthasar
16.04.1788 (1m)
Potsdam*
872
Henry
Francoise Wilhemline Julie
15.3.1789
Potsdam*
873
Henry
Paul Emile
22.03.1792
Potsdam*
874
Henry
Henri Eugene
11.10.1794
Potsdam*
875
Henry
Veuve
1791–1796
876
Heros
Jean
1778
877
Hess
Jacob
1733
878
Hessert
Caroline Elisabeth
1773
Potsdam
879
Hilckert
Henriette Eleonore Catherine
1796
Potsdam
880
Hilckert
Julie
881
Hilckert
Elisabeth Wilhelmine
1807
Potsdam
882
Hintzen
Marie Elisabeth
1745–24.05.1778 (61)
Verbelow Uckermark
883
Hintzen
Dorothé
09.02.1745 (35)
Potsdam
884
Hollinger
Sophie Dorothee Wilhelmine
1809
Potsdam
885
Horguelin
Jean Batiste
1735–38
Châlons en Champagne
886
Houzelle
Jeanne Susanne
22.09.1783 (63)
Kassel
887
Huban
Frederic Guillaume
1790 – > 1810
888
Huban
Frederique Wilhelmine
1792–1798
Potsdam; ¥ 1798
889
Huban
Charles Frederic Guillaume
05.1793 (9m)
Potsdam*
890
Huban
Henri Gustave Adolphe
04.05.1795 (1)
Potsdam*
¥ 1795
I. Anhang Beruf
Eltern
431 Ehepartner
Nr.
Daniel; Jeanne Maillefes
866
Daniel; Jeanne Maillefes
867 868
Pastor Frz. Kirche Potsdam
Susanne Chodowiecka
869
Jean; Susanne Chodowiecka
870
Jean; Susanne Chodowiecka
871
Jean; Susanne Chodowiecka
872
Jean; Susanne Chodowiecka
873
Jean; Susanne Chodowiecka
874 875 876
Domestique
877 Frederic Louis; Magdelaine Elisabeth Le Cointe
Jean Bernard Schlemüller
878
Uhrmacher Hilckert; Calame
Philipp Ernst Adam Dietrich
879
Frederic Schadow
880
André Charles Jordan
881
André Plantier
882
Frederic Rusé
883
Charles Frederic Linkert
884
André Pierre; Jeanne Eleonore Calamé
Jean Daniel; Jeanne Dorothee Schönberg Wollwirker
Perückenmachermeister
885 Schneider
886
Jean Michel; Marie Sophie Kistner
Marie Charlotte Roscher
887
Jean; Marie Kistner
Frederic Debeau
888
Frederic Guillaume; Marie Charlotte Roscher
889
Frederic Guillaume; Marie Charlotte Roscher
890
432
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
891
Huban
Frederique Wilhelmine
08.10.1796
Potsdam*
892
Huban
Guillaume Albert
11.04.1798
Potsdam*
893
Hubert
Demoiselle
1731–32
894
Hugo
Jacob
10.04.1740 (50)
895
Hugo
–
14.04.1740
896
Hugo
Paul
26.09.1740 (1,5)
897
Huguenel
Abraham
1761–25.12.1800 (63)
Bicheville*
898
Huguenel
Marie Elisabeth Catherine
20.04.1762
Potsdam*; ¥ 1794
899
Huguenel
Marie Elisabeth
22.01.1764
Potsdam*
900
Huguenel
Pierre Abraham
31.03.1766
Potsdam* ¥ 1795
901
Huguenel
Caroline Marie
29.03.1785 (16)
Potsdam*
902
Huguenel
Jean Frederic
3.07.1771– 31.03.1804 (32)
Potsdam* ¥ 1799
903
Huguenel
Chretien Marie
23.06.1774– 20.10.1800 (26)
Potsdam*
904
Huguenel
Amelie Julie
04.02.1798 (2)
Potsdam*
905
Huguenel
Henriette Wilhelmine
11.01.1798
Potsdam*
906
Huguenel
Frederic Theodore
14.10.1800 (1,5)
Potsdam*
907
Huguenel
Louis Auguste
28.01.1801
Potsdam*
908
Huguenel
Augustine Pauline
11.04.1803
Potsdam*
909
Huguenel
Frederic Guillaume
12.09.1806 (1)
Potsdam*
910
Huguenel
Amelie Frederique
02.02.1807 (7m)
Potsdam*
911
Huguenel
Charles Pierre
15.05.1809
Potsdam*
912
Huguenel
Henriette Frederique
11.06.1800
Potsdam*
Chalons en Champagne
I. Anhang Beruf
Eltern
433 Ehepartner
Nr.
Frederic Guillaume; Julie Frederique Roscher
891
Frederic Guillaume; Julie Frederique Roscher
892
893 Gärtner
894 Jacob
895
Jacob
896
Gerbermeister
Abraham; Marie Elisabeth Laux
Marie Elisabeth Laux
897
Charles Frederic Lucas
898
Abraham; Marie Elisabeth Laux Gerbermeister
Abraham; Marie Elisabeth Laux
899 Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
Abraham; Marie Elisabeth Laux Gerbermeister
Abraham; Marie Elisabeth Laux
900
901 Frederique Relitz
902
Abraham; Marie Elisabeth Laux
903
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
904
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
905
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
906
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
907
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
908
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
909
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
910
Pierre Abraham; Dorothee Sophie Elisabeth Blanckenhorn
911
Jean Frederic; Frederique Relitz
912
434
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
913
Huguenel
Charles Frederic Louis
11.08.1802 (3m)
Potsdam*
914
Huguenel
Frederic Guillaume
8.05.1803 †
Potsdam*
915
Huguenel
Abraham
1807 – > 1810
916
Huguenel
Charles Sebastiani
08.03.1807
Potsdam*
917
Huillet
Justine
1740–01.07.1771 (?)
Genf
918
Huot
Esaye
1723 – > 25
919
Huth
Gottfried
1722 ?
920
Itzig
Elias Daniel
921
Itzig
Marianne Henriette
26.03.1781
Berlin; ¥ 1809
922
Itzig
Jeanette Rachel
21.05.1783
Berlin
923
Itzig
Caroline Pauline
19.07.1784
Berlin; ¥ 1802
924
Itzig
Jean Henri Benjamin
30.08.1787
Berlin
925
Itzig
Elise Adelaide
23.06.1789
Berlin; ¥ 1807
926
Itzig
Lea Louise
24.05.1802
Berlin; ¥ 1802
927
Jacobi
Jean Auguste, a-devant Assur Isaac
18.05.1764
20.05.1804 getauft
928
Jacobi
August Frederic
1805
Berlin
929
Jacobine
Susanne
1778–1782
930
Janenque
Catherine
24.03.1746 (80)
931
Janin
Demoiselle
1768
932
Janis
La
1738
933
Janny
Jean
24.12.1738 (60)
934
Jaquad
Demoiselle
1778
935
Jaquemain
Marguerite
1796–1801
936
Jayette
Jean Jaques
06.08.1748 (44)
937
Jayette
Samuel
06.08.1748
938
Jayette
Pierre
18.06.1749 (5)
939
Jehncke
Susanne Elisabeth
1753
Manterane Diozöse Uzès/Languedoc
Mets
Moudon Kanton Bern
Lissa/Polen
I. Anhang Beruf
Eltern
435 Ehepartner
Nr.
Jean Frederic; Frederique Relitz
913
Jean Frederic; Frederique Relitz
914
Soldat; Schulmeister
Wilhelmine Adami Abraham; Wilhelmine Adami
915 916
Samuel Schock Posamentierer
917 918 919
Besitzer der Gerberei auf dem Tornow bei Potsdam und jüdischer Nation Elias Daniel; Marianne Leffmann
Marianne Leffmann
920
Charles Theodore Nathanael Mendelsohn
921
Elias Daniel; Marianne Leffmann Elias Daniel; Marianne Leffmann
922 Paul Erman
Elias Daniel; Marianne Leffmann
924
Elias Daniel; Marianne Leffmann
François Auguste Oetzel
925
Elias Daniel; Marianne Leffmann
Jean Jacques Arland
926
jüdischer Nation
Händler in Berlin
923
927
Charles Gottlieb; Marie Christine Schwintzer
Frederique Emelie Fischer
928
Abraham Bovet
929
Jean Maurin
930 931 932
Gärtner
933 934 Émigrée
935
Uhrmacher
936 Jean Jacques; Elisabeth Mauer
937
Jean Jacques; Elisabeth Mauer
938 Abel Villaret
939
436
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
940
Joly
Demoiselle
1768
941
Jordan
Demoiselle
1778
942
Jordan
Charles Louis
1797 – > 1802
943
Jordan
Charles Gustave
13.06.1794
944
Jordan
Eugene Adolphe
08.05.1798
945
Jordan
Rosalie Elisabeth Ernestine
26.06.1801
946
Jordan
Isaac
1773–20.01.1809 (69)
947
Jordan
Anne Marie
27.10.1773 (7m)
948
Jordan
Andre Charles
1807
949
Judée
Elisabeth Sophie
1795
950
Jung
Eleonore
23.02.1792 (36)
Nachau-Maingen
951
Junot
Jean Jacques
1773–21.12.1776 (72)
Cornau Neuchatel
952
Kelle
Madame
1723 – > 1738
953
Kelling
Charlotte
1770
Potsdam
954
Kilken
Marie Elisabeth
1752
Potsdam
955
Kirch
Jean Christoph
1750
Strasburg/Uckermark
956
Kirch
Jean Christophe
23.08.1750 (6)
957
Kistner
Marianne
1779–11.03.1791 (48)
958
Kistner
Charlotte Caroline
1803
959
Klapproggen
Catherine
1745–53
960
Kolbe
Jean Charles
1800
961
Kolbe
Jeanne Louise
14.10.1800
962
Kölsch
Marie Eleonore
1738–46 (42)
Magdeburg; ¥ 1797
Berlin
Dalgow
I. Anhang Beruf
Eltern
437 Ehepartner
Nr.
940 941 Koloniedirektor und Senator im Magistrat
Henriette Elisabeth Mathis Charles Louis; Henriette Elisabeth Mathis
943
Charles Louis; Henriette Elisabeth Mathis
944
Charles Louis; Henriette Elisabeth Mathis
945
Kantor, Schulmeister
Sophie Elisabeth Müller; Anne Charlotte Louise Sprenger Isaac; Sophie Elisabeth Müller
Justizkommissar
942
Jeremie Guillaue; Marie Magdeleine Baudouin
946
947 Elizabeth Wilhelmine Hilckert
948
Louis Sebastian Chevalier
949
Charles Frederic Stuban
950
Sekretär von Marechal d’Ecosse
951
Frau eines deutschen Goldschmiedes
952
Jean Sebastian; Dorothee Marguerite Mundel
Daniel Brêton
953
Etienne Bellair
954
Susanne Loyal
955
Jean Christoph; Susanne Loyal
Musiker der königlichen Kapelle
956 Zacharie Gilson, Chretien Hibeau
957
Charles Auguste Peuckert
958
Frederic Rusé
959
Jeanne Louise Requini
960
Jean Charles; Jeanne Louise Requini
961 Pierre Gayette
962
438
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
963
Kramer
Francois
1766
964
Kramer
Jean Baptiste Frederic
11.04.1766
965
Krey
Louis
966
Krey
Jeanne Elisabeth
5.10.1776 †
967
Kreyer
Anne
1726–62
968
Krüger
Dorothee Charlotte
01.04.1782 (35)
Nudow bei Potsdam
969
Krüger
Anne
23.02.1783 (87)
Tempelhof
970
Krüger
Anne Dorothee Regine
07.12.1793 (45)
Potsdam
971
Krüger
Sophie
1792
Bergholz
972
Kruffky
Marie Madelaine Wilhelmine
1797
Potsdam
973
Kruhen
Dorothee Louise
974
Krusemarck
Anne Dorothée
1734
Wusterhausen/Dosse
975
Kuhlmann
Gaspard Frederic
1802
Potsdam*
976
Kurtzmann
Charlotte Louise
1800
Beelitz
977
L’Eveque
Abraham
11.10.1766 (49)
Angermünde
978
La Monen dit Chermont
Jean Batiste
1737
979
La Pierre
Jaques
1807
Genf
980
La Serre
Marie
25.04.1757 (42)
Neustadt Dosse
981
La Serre
Elisabeth
30.07.1758 (55)
Neustadt Dosse
982
Labaume
Pierre
1753–29.12.1760 (34)
Berlin
983
Labaume
Susanne Elisabeth
01.07.1754 (1m)
Potsdam*
984
Labaume
Pierre Philippe
23.08.1755
Potsdam*
985
Labaume
Charles Henri
07.08.1757
Potsdam*
986
Labaume
Louis
08.01.1760 (2m)
Potsdam*
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Kanonier
Eltern
439 Ehepartner
Nr.
Dorothee Paget
963
François; Dorothee Paget
Samtmacher
964 Judith Bellair
Louis; Judith Bellair
966 Jean Ferry
967
Jean Dumas
968
François Feri
969
Pierre Philippe Bock
970
Jean Simon Berard
971
Charles Louis Pernet
972
Charles Auguste Nicolai
973
Michel Francois
974
Melchior Jaques; Anne Catherine Thimann
Dorothee Charlotte Rickert
975
Chretien Frederic; Louise
Jean Jacques Berard
976
Philipp; Dorothee Sophie Schultz
Jean; Fitznagel
Seidenwirkergeselle
965
Gärtner
977
Prequeur de chasse au service du Roi
978
Uhrmacher, z. Z. beim Fourageamt
Gewürzkrämer
Jacques; Antoinette Vergnion
Pierre; Susanne Cantel
Auguste Emilie Dippold
979
Simon Camerad
980
Chretien Rehfeldt
981
Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
982
Pierre; Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
983
Pierre; Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
984
Pierre; Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
985
Pierre; Sophie Dorothee Alexandrine Villaret
986
440
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
987
Laborde
Jacques
1737–04.10.1786 (85)
Dumas d’Azil, Danzig; ¥ 1775
988
Laborde
Susanne Elisabeth
24.09.1740 (1)
989
Laborde
Michel Frederic
03.10.1741
990
Laborde
Jean Friderick
28.03.1745 (0,5)
991
Laborde
Magdelaine
06.07.1748
992
Laborde
Olimpe Henriette
07.04.1749 (2)
993
Laborde
Daniel
06.04.1753 (1)
994
Labranche
995
Lafond
Jeanne
1734–1752
996
Lafont
Pierre
29.11.1742 (19)
997
Lagarde
Henriette
1795–1796
998
Lager
Marie
1735–41 (40)
Köpenick
999
Lagrange
Paul
1732–41 (46)
Berlin
1000
Lagrange
Josias
1732 – > 39
Berlin
1001
Lagrange
Guillaume
03.02.1739 (1)
Potsdam
1002
Lagrange
Margueritte
23.12.1739
Josias
1003
Lainez
Veuve
1800–1801
1004
Laleman
Jean
1749 – < 52
1005
Laleman
Samuel
04.09.1749
1006
Lamare
Demoiselle
1773 – > 1780
1007
Lancken
Anne Regina
1008
Lange
Catherine Rose
1779
1009
Lange
Demoiselle
1790
1010
L’Anglois
Jeanne
1693–1728 (76)
1011
Lantier
Justine Henriette
1795
1012
Laspere
1013
Latour
Paul
24.01.1728 (56)
1014
Latour
Pierre Paul
1732–1740/< 45
1015
Latour
Jean Henry
04.09.1732–1790
1762
Berlin
Mannheim
1768 – > 80 Velaux en Provence
Potsdam*; ¥ 1760
I. Anhang Beruf
Eltern
Schlossermeister
441 Ehepartner
Nr.
Olympe Ruel; Catherine Elisabeth Retzeln
987
Jacques; Olympe Ruel
988
Jacques; Olympe Ruel
989
Jacques; Olympe Ruel
990
Jacques; Olympe Ruel
991
Jacques; Olympe Ruel
992
Jacques; Olympe Ruel
993 994
Trödler Etienne Barandon
995 996 997
Dienstmädchen Josias La Grange
998
Etaminmachermeister
Anne Marie Hessert
999
Etaminmacher
Maria Lager
1000
Josias La Grange; Marie Lager
1001
Josias La Grange; Marie Lager
1002 1003
Strumpfwirker
Anne Catherine Nusper Jean; Anne Catherine Nusper
1004 1005 1006
Jacques; Rose Hoffmann
De Sales
1007
François de Perrot
1008 1009
Hugues Girot
1010
Jean Pierrre Le Coq
1011
Geheimer Kabinettsrat
1012
Schustermeister
1013
Königsgrenadier
1014
Koch von Laspeyeres
Pierre Paul; Elisabeth Dufais
Marie Louise Bradtfisch
1015
442
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1016
Latour
Jean Abraham Conrad
24.01.1734
Potsdam*
1017
Latour
Victor Jaques
30.08.1736
Potsdam*
1018
Latour
Jeremie
26.01.1740 (2)
Potsdam*
1019
Latour
Guillaume
8.12.1761
Potsdam*
1020
Latour
Jaques Samuel
12.06.1764– 21.04.1794 (30)
Potsdam*
1021
Latour
Henri Guillaume
5.06.1765
Potsdam*
1022
Latour
Jeanne Chretienne Marie
12.01.1767
Potsdam*
1023
Latour
Jean Christophe Frederic
26.10.1771 (5)
Potsdam*
1024
Latour
Chretien Frederic Guilaume
13.01.1773 (6)
Potsdam*
1025
Latour
Sigismund Charles Frederic
1.07.1770
Potsdam*
1026
Latour
Catherine Jeanne Charlotte
14.10.1774
Potsdam*
1027
Latour
Henriette Elisabeth
20.07.1778 (1)
Potsdam*
1028
Latour
Jean Henri Chretien
11.12.1784 (3,5)
Potsdam*
1029
Laurent
Antoine
1732
1030
Laurent
Jeanne Catherine
1731–32
1031
Laux
Marie Elisabeth
1761
Strümberg
1032
Laval
David
1727–38 (54)
Mets
1033
Laval
Veuve
1738 – > 58
1034
Laval
Marius
10.02.1727 (2)
1035
Laval
Jean Frederic
1732 – > 63
Berlin
1036
Laval
Elisabeth
07.12.1734
Potsdam*
1037
Laval
Jean Claude
15.06.1736
Potsdam*
1038
Laval
Marthe
18.04.1738 †
Potsdam*
1039
Laval
Anne Margueritte
10.12.1739
Potsdam*; ¥ 1764
1040
Laval
Paul
04.09.1742
Potsdam*
1041
Laval
Elisabeth Ulrique
14.05.1758 (2)
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
443 Ehepartner
Pierre Paul; Elisabeth Dufais
1016
Pierre Paul; Elisabeth Dufais
1017
Pierre Paul; Elisabeth Dufais
1018
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1019
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1020
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1021
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1022
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1023
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1024
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1025
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1026
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1027
Jean Henri; Marie Louise Bradtfisch
1028
Strumpfwirker
Judith Veras Antoine; Judith Veras
Messerschmiedmeister
Messerschmiedmeister; Assessor Frz. Gericht
Nr.
1029 1030
Abraham Huguenel
1031
Esther Dorothee Baudeson
1032
David Laval
1033
David
1034
David
1035
Jean Frederic; Elisabeth Toussaint
1036
Jean Frederic; Elisabeth Toussaint
1037
Jean Frederic; Elisabeth Toussaint
1038
Jean Frederic; Elisabeth Toussaint
Henry Philipp Naudé
1039
Jean Frederic; Elisabeth Toussaint
1040
Jean Frederic; Anne Beaudson
1041
444
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1042
Laval
Alexandre
1740 – < 45
1043
Laval
Emanuel
07.02.1740 †
Potsdam*
1044
Laval
Leopold
21.05.1747 (4)
Potsdam*
1045
Laval
François
1746–53 (39)
Berlin
1046
Laval
Daniel Frederic
28.09.1746
Potsdam*
1047
Laval
Daniel Etienne
12.02.1753
Potsdam*
1048
Laval
Anne
1744–52 (30)
Berlin
1049
Laval
Charles Moise
1744–55
Dessau
1050
Laval
Louis
25.09.1754
Potsdam*
1051
Laval
Henriette Marie
25.01.1756
Potsdam*
1052
Laval
Adolphe Auguste
1745–23.05.1786 (64)
Dessau
1053
Laval
Magdeleine Augustine
14.11.1746 †
Potsdam*
1054
Laval
Anne Marie
1746–20.06.1805 (78)
Berlin
1055
Laval
1056
Lavanchy
Pierre
1741
1057
Lavanchy
Pierre David
04.01.1741
1058
Le Clerc
Jean Henry
1731
1059
Leclerc
Elisabeth
1796–1801
1060
Le Cointe
Thomas
1723–17.12.1776 (93)
Elbeuf/Normandie
1061
Le Cointe
Madeleine Elisabeth
13.02.1730– 03.02.1797 (67)
Potsdam*; ¥ 1775
1062
Le Cointe
Frederic Guillaume
26.05.1724
Potsdam*
1063
Le Cointe
Angelique Madelaine
19.01.1728
Potsdam*; ¥ 1759
1064
Le Coq
Jean Pierre
1795–20.02.1801 (32)
1065
Le Coq
Wilhelmine Louise Antoinette
03.04.1800
Potsdam*
1066
Le Coq
Jean Louis Albert
18.11.1800
Potsdam*
1737–38 Lausanne
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
Füsilier
Messerschmied
445 Ehepartner
Gertrude Waltzleben
Messerschmied
1043
Alexandre; Gertrude Waltzleben
1044
David
1045
François; Marthe Louise Hann
1046
François; Marthe Louise Hann
1047 1048
David
1049
Charles; Louise
1050
Charles; Marie Dorothee
1051
David; Esther Dorothee Baudeson
Jeanne Dorothée Bassler
Auguste; Jeanne Dorothée Bassler Seidenhasplerin u. Kultivatrice
1042
Alexandre; Gertrude Waltzleben
Charles Moise Laval Messerschmied
Nr.
Jean; Marguerite Devaise
1052
1053 Jean Baral
1054
1055
Gärtner Soldat im Regiment De Camas
Anne Eleonore Pfitzer
Pierre; Anne Eleonore Pfitzer
1056
1057 1058
Émigrée
1059
Kircheninspektor und Pastor
1060
Thomas; Judith Aman
Nicolas Frederic Frese, (Witwe Hessert)
Thomas; Judith Aman Thomas; Judith Aman Konsul in Hamburg, Ancien u. Receveur
1061
1062 Guillaume Frederic Fischer
1063
Justine Henriette Lantier
1064
Jean Pierre; Justine Henriette Lantier
1065
Jean Pierre; Justine Henriette Lantier
1066
446 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1067
Le Coq
1068
Le Coq
Amelie Pauline
1809
Potsdam
1069
Le Fevre
Etienne
1726
Müncheberg
1070
Lefevre
Jean Charles
1795–1796
1071
Lefevre
David
1785–1795
1072
Le Gras
Louis
1755
1073
Le Gras
Jeanne Fredric
31.05.1755
1074
Le Jeune
Susanne
1751–15.01.1755 (40)
1075
Lendon
Louis
1756 – > 58
1076
Leonard
Frederique
1764
1077
Le Plat
Marie Elisabeth
1736
1078
Le Pley
Anne Margueritte
1731–53
1079
Le Roi
Nicolas
1746
1080
Le Roi
Susanne Marie
13.03.1746 (13)
1081
Leveque
1082
Leveque
Veuve
1762 – > 73
1083
Libert
Regine
1790
1084
Libigen
Anne Veronique
1726
1085
Linkert
Charles Frederic
1809
Aschersleben
1086
Lietzen
Christiane Wilhelmine
1805
Groß Kreuz
1087
Lombard
Alexandre
1736–37
1088
Lombard
Jean Guillaume
1787 – > 1802
1089
Lombard
Guillaume Auguste Eduard
17.04.1792
1090
Louis
Betrand
1739
1091
Louis
Jean Michel
21.02.1739
1092
Louis
Demoiselle
1773
1093
Lovi
1094
Lucas
1795–1800
Vissigni*/Laon
Berlin
Berlin
1762 – > 63
Nai dans le Bearnois
1790 – > 1791 Charles Frederic
1794
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
447 Ehepartner
Nr.
1067
Geheimer Kabinettsrat Louis Charles; Marie Lautier
Louis Thierry Charles Guillaume De Below
1068
Strumpfwirker
1069
Seidenfärber
1070
Handelskommissar
1071
Gastwirt; Katholik
1072 1073 Guillaume Pelet
1074 1075
Strumpfwirker Samuel Villaume
1076
Isaac Roussel
1077
Pierre Toussaint
1078
Susanne Marie Jolicoeur
1079
Nicolas; Susanne Marie Jolicoeur
1080 1081 1082
Christoph; Regine Pantzert
Chirurg
Charles Louis Dumas
1083
Etienne Le Fevre
1084
Adolphe; Chretiene Füllkruse
Sophie Dorothee Wilhelmine Hollinger
1085
Emanuel; Marie Louise Lange
Jean Guillaume Martin
1086 1087
Strumpfwirker Geheimer Kabinettsrat
Dorothee Chretienne Gilly Jean Guillaume; Dorothee Chretienne Gilly
Färber
1088 1089
Susanne Bruyere Bertrand; Susanne Bruyere
1090 1091 1092 1093
Handelsgehilfe Gewürzhändler in Berlin
Marie Catherine Huguenel
1094
448 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1095
Lüdcke
Marie Elisabeth
08.11.1806 (72)
Eberswalde
1096
Macaire
Samuel
1734 – > 41
Nîmes, Bern
1097
Macaire
Marie Magdelaine
24.11.1734 (0,5)
1098
Macaire
Marthe Pauline
25.09.1737 †
1099
Macaire
Charles
05.08.1738 †
1100
Macaire
Thomas
01.11.1735
1101
Macaire
Susanne Marie
09.01.1741
1102
Macaire
Jacques
1752 – > 58
1103
Macaire
Ernest Daniel
08.03.1758
1104
Macaire
Susanne Charlotte
09.07.1804 (77)
Berlin
1105
Maertens
Abraham
1774
Dessau
1106
Maigret
1107
Maine
Marie
1738
Dessau
1108
Mairargues
Marie Magdeleine
03.06.1797 (67)
Stettin
1109
Manger
Jean Charles
1792
Potsdam*
1110
Marchand
Louise
1737–1752
Den Haag
1111
Marchand
Jaqueline Marie
1738; 42
Genf
1112
Marlotte
Jeanne
1710
Vervais
1113
Marthe
Jean
1787
1114
Martilly
Jean
1738 – < 45
Homburg, Hessen
1115
Martilly
Jean
31.05.1740 †
Potsdam*
1116
Martilly
Daniel
26.03.1740
Potsdam*
1117
Martin
Paul Frederic
1809 – > 1810
Magdeburg
1118
Martin
Auguste George Henri
14.12.1809
Nowawes
1119
Martin
Charles Guillaume
1775
Burg
1120
Martin
Frederic Charles
1787
1121
Martin
Henri
1804 – > 1810
Berlin
1735; 1737–38
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
Wollkämmer
Perückenmacher
449 Ehepartner
Nr.
Barthelemy
1095
Marie Olivier
1096
Samuel; Marie Olivier
1097
Samuel; Marie Olivier
1098
Samuel; Marie Olivier
1099
Samuel; Marie Olivier
1100
Samuel; Marie Olivier
1101
Samuel
Marguerite Nevir
Jacques; Margueritte Nevir
Goldschmied
1103 Richter
1104
Louise Magdelaine Delon
1105 1106
Königsgrenadier
Händler in Stettin
1102
Louis Petitjean
1107
Jordan
1108
Heinrich Ludewig; Frederique Wilhelmine Quade
Gewürzkrämerin
1109 George Marchand
1110 1111 1112
Sprachmeister
1113
Brotausträger
1114
Handschuhmacher in Nowawes
Jean; Elisabeth Roland
1115
Jean; Elisabeth Roland
1116
?; Frederique Lautern
Jeanne Christine Ruhnke
Paul Frederic; Frederique Charlotte Ruhnke Schlossermeister und Instrumentenmacher in Berlin
1118
Sophie Dorothee Baral
1119
1120
Schüler Tabakmeister in der Fabrik von Schock und Peterson
1117
?; Dorothee Elisabeth Grimon
Jeanne Chretienne Gross
1121
450
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1122
Martin
Jean Guillaume
1805 – > 1810
Berlin
1123
Marwede
Julie Louise
1801
Berlin
1124
Massabiou
1125
Massabiou
Jacques
1732–31.05.1754 (76)
Realmont en Languedoc
1126
Massias
Nicolas
1743–46
Viler/Picardie
1127
Massias
Jean Friderich
15.06.1743
1128
Massias
Nicolas
03.10.1746
1129
Mathet
1130
Mathis
Henriette Elisabeth
1797 – > 1810
1131
Matthei
1132
Matthes
Frederic Jacob
1785
1133
Matthes
Charles Frederic Daniel
24.07.1804 (19)
Potsdam
1134
Matthieu
Jeanne Marie
17.07.1783 (43)
Berlin
1135
Mauermeister
Elisabeth
11.12.1730 †
1136
Mauran
Isâc
1731–41 (36)
1137
Mauran
Francois Moise
11.05.1735 †
1138
Mauran
Francois Moise
26.06.1740 †
1139
Maurin
Etienne
1731–40 (68)
Vent
1140
Maury
Magdeleine
1141
Maystre
Marie
1737–43
Genf
1142
Mazel
Charles
1734–46 (67)
Nimes
1143
Meister
Charles Louis
1795
1144
Meister
Caroline Ulrique
6.08.1795
Potsdam*
1145
Meister
Charles
18.04.1797
Potsdam*
1146
Meje
Susanne
1739 – > 40
Erlangen
1147
Mendelssohn
Charles Theodore Nathanael
1809
Berlin
1148
Merle
Eve
1731–41 (72)
Mannheim
1149
Merle
Demoiselle
1768 – > 73
1732–53
1797–1801
Erlangen
I. Anhang
451
Beruf
Eltern
Ehepartner
Nr.
Sprachmeister
Jean Francois; Susanne Baral
Christiane Wilhelmine Lietzen
1122
Chretien; Catherine Marie Wegener
Daniel Louis Barthelemy
1123
Leutnant
1124
Offizier
1125
Soldat im Reg. Prinz Heinrich
1126 Nicolas; Elisabeth Augret
1127
Nicolas; Marie Hogreben
1128 1129 Charles Jordan
1131
Émigré Marie Elisabeth Mahnebergen Bildhauerlehrling
1130
Frederic Jacob; Marie Elisabeth Mahnebergen
1132 1133
Aley Martin Mauermeister; Susanne Marie Morau
1134 1135
Strumpffabrikant
1136 Isâc; Susanne Rocheblave
1137
Isâc; Susanne Rocheblave
1138
Gewürzkrämer
1139 Pierre Mojon
1140
Henry Juste Chambaud de Bavas
1141
Hauptmann
1142
Kammerdiener des Königs
Marie Caroline Bery
1143
Charles Louis; Marie Caroline Bery
1144
Charles Louis; Marie Caroline Bery
1145
Moise Mendelsohn; Fanny Gugenheim
Pierre Abos
1146
Marianne Henriette Itzig
1147
Henry Toussaint
1148 1149
452 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1150
Methaisir
Rose
1796–1801
1151
Meyer
Chretienne
26.10.1770 (70)
Schültzendorf; Lindow
1152
Michau
1153
Michel
Francois
1154
Michel
Jean
1732–44 (60)
Montpellier
1155
Michel
Olimpe
1741–1761
1156
Millemont
Elisabeth
07.02.1746 (49)
1157
Mittelbroun
Jeanne
1796–1801
1158
Mojon
Pierre
1159
Mojon
Jean Jacques
28.06.1756 (14)
1160
Mojon
Jean Pierre
30.07.1755 (7)
1161
Mollet
Jean
1162
Monmejan
Isabeau
1163
Monmolin
1164
Moran
1165
Morez
1166
Mörhover
1167
Morin
Veuve
1168
Morino
1169
Maastricht
Valengin*
09.02.1740 (70)
Negre Pelisse
Anne Angelique Frederique
1796
Potsdam
Mornas
Susanne
04.06.1799 (54)
Berlin
1170
Mosshauer
Anne Sophie
1805
Potsdam
1171
Motet
Jeanne
1172
Mouflet
Daniel
1173
Mouflet
Marie
1733–35 (44)
1174
Mouflet
Magdelaine Therese
1725–45 (51)
Seilagny près de Mets sans Loraine
1175
Moulinier
Elisabeth
1742
Berlin
1176
Mourgues
Jeanne
1724–26 (76)
1177
Mourier
Susanne
1738 – > 42
1178
Mourrein
Demoiselle
1786
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
453 Ehepartner
Nr.
1150
Émigrée Jean Torel
1151
Königsgrenadier
1152
Tagelöhner
1153
Offizier
1154 Jean Henri Chapat
1155
Jean Pierre Baral
1156 1157
Émigrée Seidenwirker
Magdeleine Maury
1158
Pierre; Magdeleine Maury
1159
Pierre; Magdeleine Maury
1160
Französischer Bäcker
1161 Antoine Etienne
1162
Königsgrenadier
1163
Strumpfmacher
1164
Königsgrenadier
1165 1166 1167 Jean Charles; Anne Kaendler
Jean Frederic; Anne Sophie Kalbus
Jean Guillaume Wallis
1168
Weiss
1169
Abraham Delatre
1170
Wehmutter
1171 1172 Jean Houzel
1173
Jean Petitjean
1174
Marc Audibert; Witwe Daniel Jean Jean
1175
Pierre Roche
1176
Joseph Arman
1177 1178
454 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
1179
Mouson
Elisabeth
1790 – > 1802
1180
Mouzon
Charles
1725 – > 38
1181
Mouzon
Jeanne
11.10.1725
1182
Mouzon
Marthe Madelaine
18.05.1732
1183
Mouzon
Marie
28.11.1728 †
1184
Mouzon
1185
Muller
1186
Muller
1187
Herkunft
1768 Louis
1737–49 (85)
Amiens/Picardie
Müller
Sophie Elisabeth
15.09.1773 (35)
Berlin
1188
Muret
Etienne
1747 – > 68
Würtemberg
1189
Muret
Anne
21.05.1748
1190
Nadal
1191
Naude
Henri Philipp
1764
Berlin
1192
Naumann
Anne Elisabeth
03.02.1807 (25)
Potsdam; ¥ 1805
1193
Navel
Elizabeth
21.06.1805 (52)
Berlin
1194
Nerse
1195
Nevir
Jeremie
1738–18.06.1765 (64) Berlin; ¥ 1755
1196
Nevir
Marguerite
1197
Nevir
Paul
31.08.1738 †
1198
Nevir
Susanne
09.09.1742
1199
Nevir
Pierre
1807–1810
1200
Nevir
Jean Louis
22.02.1807
1201
Nevir
David
1786–06.05.1802 (46)
1202
Nevir
David
1806
1203
Nevir
Philippe Charles
23.06.1809
1204
Nevir
Daniel
1799
1205
Nicolai
Charles Auguste
1206
Nicolai
Eleonore Ferdinandine Louise
Berlin; ¥ 1755
29.05.1808
Babelsberg
Babelsberg
I. Anhang Beruf
Eltern
455 Ehepartner
Nr.
Dienstmädchen
1179
Gärtner
1180 Charles; Marthe Toussaint
1181
Charles; Marthe Toussaint
1182 Elie Aubertin (?)
1183
Händlerlehrling
1184
Puder- u. Stärkemacher
1185
Sekretär bei Daum
1186 Jean Joachim; Catherine Tihn
Isaac Jordan
Samtmacher
1187 1188
Etienne; Elisabeth Volmer
1189 1190
Händler
Philipp; Anne Jacob
Marguerite Laval
1191
Jean Samuel; Anne Elisabeth Kühn
Nicolas Frederic Dumas de L’Epinol
1192
Mortena
1193 1194
Gastwirt Jeremie
Elisabeth Henning
1195
Jacques Macaire
1196
Jeremie; Margueritte Martinet
1197
Jeremie; Margueritte Martinet
1198
Besitzer der Mühle in Babelsberg
Elisabeth Sabbathiers
Pierre; Elisabeth Sabbathiers Müller und Branntweinbrenner in Babelsberg
Pierre; Judith Mouzon
1199
1200 Wilhelmine Roeller
1201
1202 David; Wilhelmine Roeller
1203 1204
Schuster Arzt der bayrischen Armee
Dorothee Louise Kruhen Charles Auguste; Dorothee Louise Kruhen
1205 1206
456 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1207
Nicolas
Pierre
1727–48 (54)
Niederlande
1208
Nicolas
Pierre
29.08.1727 (1)
1209
Nicolas
Catherine
04.06.1730 †
1210
Nicolas
Theodore
03.02.1731
1211
Nicolas
Jean
15.11.1732 †
1212
Nicolas
Abraham Louis
09.09.1736
1213
Nicolas
Pierre
01.05.1741 (8)
1214
Nidmaier
Chretienne Rose
17.11.1784 (23)
Breslau
1215
Noé
Louise
¥ 1750–19.06.1802 (73)
Brandenburg
1216
Noé
Jean
1739
Spandau
1217
Noé
Daniel
14.01.1739
1218
Noré
Pierre Etienne
1768–16.01.1797 (73)
1219
Noré
Elisabeth
1768 – > 1810
1220
Noret
Jeremie
1701
1221
Nusper
Anne Catherine
1749
1222
Odera
Demoiselle
1223
Oetzel
Francois Auguste
1807
Bremen
1224
Offrant
1225
Olivier
1226
Olivier
Marie
1734–41 (37)
Nîmes/Languedoc
1227
Orssellet
Anne
1757–1765
1228
Ouliet
1229
Page
Marie Louise
¥ 1795–23.10.1805 (31)
1230
Pally
Ellie
1725
1231
Papin
Jacques
1796 – > 1810
1232
Papin
George Daniel Theodore
28.03.1798 (2,5)
1233
Papin
Jules Guillaume
05.10.1802
Berlin
Potsdam
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
457 Ehepartner
Ancien, Tuchmacher
Nr.
1207 Pierre; Marie Sophie Sachsen
1208
Pierre; Marie Sophie Sachsen
1209
Pierre; Marie Sophie Sachsen
1210
Pierre; Marie Sophie Sachsen
1211
Pierre; Marie Sophie Sachsen
1212
Pierre; Marie Sophie Sachsen
1213
Jean; Esther Devrienne
Jean Espagne
1214
Frédéric Plantier
1215
1216 Jean; Ester Devrienne
1217
Gießer; Assessor Frz. Gericht
1218 Mädchenname unbekannt
Pierre Etienne Noré
1219 1220
Jean Laleman
1221 1222
bei Berliner Porzellanfabrik beschäftigt
Francois Auguste; Jesetha Borgmann
Elise Adelaide Itzig
1223
Königsgrenadier
1224
Strumpfwirkergeselle
1225 Samuel Macaire
1226
Jean Rudolf Fischer
1227 1228
Königsgrenadier ; Fund
Pierre Auguste Belair
Sticker
1229
1230
Pastor
Jeanne Chodowicki
1231
Jacques; Jeanne Chodowicki
1232
Jacques; Jeanne Chodowicki
1233
458
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1234
Papin
Marie Louise
17.01.1806 (18)
Frankfurt Oder
1235
Parnajont
Susanne
22.05.1762 (60)
Magdeburg
1236
Pascali
Jean Batiste
1746–49
1237
Pascali
Pierre
17.03.1748 (32)
Genf
1238
Patte
Jean Godefroi
1808 – > 1810
Burg
1239
Payan
Antoine
1723 – < 1731
1240
Payan
Claude
25.04.1724 (1)
1241
Payan
Antoinette Elisabeth
14.07.1726
1242
Payan
Abraham
09. ?. 1727
1243
Pelet
Guillaume
1743–26.05.1787 (79)
Berlin; ¥ 1776
1244
Pelet
Susanne Louise
25.05.1756– 23.10.1786 (30)
Potsdam*; ¥ 1779
1245
Pelet
Andre Arnold Guillaume
09.06.1770 (4m)
Potsdam*
1246
Pelet
Henriette
24.08.1794 (61)
Magdeburg
1247
Perlette
1248
Pernet
Demoiselle
1773
1249
Pernet
Charles Louis
1795 – > 1810
1250
Perrot
Charles
1790
1251
Peters
Madame
1252
Peters
Susanne Marie
1769
1253
Petersen
Sophie Catherine
1754
1254
Petitjean
Jean
1724–34 (56)
1255
Petitjean
Veuve
1256
Petitjean
Pierre
1743–1766
1257
Petitjean
Jean Louis
10.05.1747 (3)
Potsdam*
1258
Petitjean
Isaac
13.09.1747 (1)
Potsdam*
1259
Petitjean
Marie Henriette
02.08.1748
Potsdam*
1780
Colombieres, Neuchatel
Potsdam
I. Anhang Beruf
Eltern
459 Ehepartner
Jacques; Jeanne Chodowicki
Kattunfabrikant Kattunfabrikant
Jean Baptiste; Marie Galliard
Sprachmeister, Organist Frz. Kirche
Nicolas; Elisabeth Kruisel
Nr.
1234 Olivier Cleran
1235
Marie Galliard
1236 1237
Dorothee Charlotte Thorel
Etaminmacher
1238
1239 Claude
1240
Antoine; Marie Marthe Roger
1241
Antoine; Marie Marthe Roger
1242
Pastor
Guillaume; Ester Elisabeth Clarenc
Ester Elisabeth Clarenc; Elisabeth Bame
1243
Pierre Dantal
1244
Guillaume; Ester Elisabeth Clarenc
1245 Roux
1246 1247
Senator im Magistrat
1248 königl. Kammerdiener
Henri; Madelaine Rossel
Marie Madelaine Wilhelmine Kruffky
1249
königl. Kammerdiener
1250
Glasschneider
1251 Caspar Rudolf; Marie Piercenet
Charles Bery, (Witwe Jean Hanu)
1252
Christoff; Anne Catherine Giro
Pierre Marc Albiges
1253
Kerzenmacher
1254 1255
Kerzenmacher; Seifensiedermeister
Catherine Dorothée Culmey
1256
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1257
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1258
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1259
460 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1260
Petitjean
Charles Henri
18.12.1750
Potsdam*
1261
Petitjean
Ernestine Elisabeth
05.02.1760 (6)
Potsdam*
1262
Petitjean
Jeanne Louise
26.05.1755
Potsdam*
1263
Petitjean
Isaac Pierre
11.02.1760 (2)
Potsdam*
1264
Petitjean
Gedeon Jean Pierre
27.04.1761
Potsdam*
1265
Petitjean
Marie Magdelaine
1755
Berlin
1266
Petitjean
Louis
1738–04.09.1798 (84)
Berlin
1267
Petitjean
Etienne
1753 – > 1789
Potsdam*, ¥ 1776
1268
Petitjean
Magdelaine Dorothée
14.10.1753 (2,5)
Potsdam*
1269
Petitjean
Chretienne Charlotte
08.07.1767
Potsdam*
1270
Petitjean
Marie Sophie ?
1767–1801
1271
Petitjean
Pierre
11.04.1782 (6)
Potsdam*
1272
Petitjean
Marie Louise
09.10.1777 †
Potsdam*
1273
Petitjean
Elisabeth
14.10.1779 †
Potsdam*
1274
Petitjean
Marie Louise
04.03.1781 (1m)
Potsdam*
1275
Petitjean
Jean Fredreric
27.05.1782
Potsdam*
1276
Petitjean
Etienne
17.07.1788 (3,5)
Potsdam*
1277
Petitjean
Marie Dorothee
11.02.1787
Potsdam*
1278
Petitjean
Pierre
02.05.1789 (1m)
Potsdam*
1279
Petri
1280
Pette
Janne
1694
1281
Peublanc
Marie
10.03.1729 (70)
1282
Peuckert
Charles Auguste
1803
1283
Pfeffer
Marie Elisabeth
1735–38
1752 – > 58
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
461 Ehepartner
Nr.
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1260
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1261
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1262
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1263
Pierre; Catherine Dorothée Culmey
1264
Jean Louis (Gärtner); Anne Marie Lehmann
Gedeon Rey
1265
Kerzenmacher; Küster
Louis; Anne Lafosse
Magdelaine Blewet
1266
Schneidergeselle
Louis; Magdelaine Blewet
Magdelaine Elisabeth Grisal
1267
Louis; Magdelaine Blewet
1268
Louis; Marie Sophie
1269
Mädchenname unbekannt
2. Ehefrau von Louis Petitjean
1270
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1271
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1272
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1273
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1274
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1275
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1276
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1277
Etienne; Magdelaine Elisabeth Grisal
1278
Stricker
1279
arbeitet in der Glashütte
1280
Waffenmeister im Reg. des Königs Martin Pfeffer; Jeanne Faugere
N. Dauché
1281
Charlotte Caroline Kistner
1282
1283
462 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1284
Philippe
Paul
1730 – > 1738
1285
Philippe
Agnes
08.05.1730
Potsdam*
1286
Philippe
Paul
07.03.1737
Potsdam*
1287
Piersené
Marie
09.05.1756 (52)
Berlin
1288
Piersené
David
1739–27.12.1757 (50)
Berlin
1289
Piersené
Agnes Marie
03.04.1741 †
Potsdam*
1290
Piersené
Maria Madeleine
20.08.1742
Potsdam*
1291
Piersené
Louise Eleonore
09.01.1750 (5,5)
Potsdam*
1292
Piersené
David André
03.04.1750
Potsdam*
1293
Piersené
Margueritte
02.12.1753 (6)
Potsdam*
1294
Pitoit
Françoise
1785–1786
1295
Plantier
Daniel
1738–11.07.1758 (65)
Berlin, Spandau
1296
Plantier
Daniel
11.07.1772 (37)
Spandau, ¥ 1760
1297
Plantier
Lucie Antoinette Dorothée
25.07.1738 (1,5)
Potsdam*
1298
Plantier
Guillaume
30.09.1749
Potsdam*
1299
Plantier
Thomas
31.05.1750 (2)
Potsdam*
1300
Plantier
Paul
21.04.1754 (4m)
Potsdam*
1301
Plantier
André
1738–1753
Spandau
1302
Plantier
Daniel
12.12.1745– 22.08.1773 (27)
Potsdam*
1303
Plantier
Susanne
04.10.1750 (2)
Potsdam*
1304
Plantier
Margueritte Julie
06.02.1751
Potsdam*
1305
Plantier
Marie
14.03.1754
Potsdam*
1306
Plantier
Anne Zobine
31.01.1757 (3m)
Potsdam*
1307
Plantier
Andre
09.11.1758
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
463 Ehepartner
Gerbermeister
Nr.
1284 Paul; Gabrielle Louise
1285
Paul; Gabrielle Louise
1286
Gerber
Jean Caspar Rudolf Pehters
1287
Anne Catherine Regine Schmidt
1288
David; Anne Catherine Regine Schmidt
1289
David; Anne Catherine Regine Schmidt
1290
David; Anne Catherine Regine Schmidt
1291
David; Anne Catherine Regine Schmidt
1292
David; Anne Catherine Regine Schmidt
1293
Händlerlehrmädchen für Damenmoden
1294
Schulmeister
1295
Perückenmachermeister
Daniel
Elisabeth Spiller
1296
Daniel; Marie Richard
1297
Daniel; Marie Richard
1298
Daniel; Marie Richard
1299
Daniel; Marie Richard
1300
Tabakspinnermeister
Daniel
Marie Hintzen
1301
Bäcker
André; Marie Hintzen
1302
André; Marie Hintzen
1303
André; Marie Hintzen
1304
André; Marie Hintzen
1305
André; Marie Hintzen
1306
André; Marie Hintzen
1307
464 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1308
Plantier
Daniel Andre
07.09.1789
Potsdam*
1309
Plantier
Martin Frideric
1746–12.04.1801 (72)
Spandau
1310
Plantier
ein Junge
05.11.1752 †
Potsdam*
1311
Plantier
Marie Elisabeth
29.03.1754
Potsdam*
1312
Plantier
Samuel
15.05.1757 (2m)
Potsdam*
1313
Plantier
Justine
27.07.1760 (2)
Potsdam*
1314
Plantier
Anne Charlotte
21.10.1761
Potsdam*
1315
Plantier
Angelique Villemine
02.01.1765
Potsdam*
1316
Plötz
Henri Guillaume
1804
1317
Pore
Witwe
1318
Potier
Marie Anne
1796–1801
1319
Posemann
Caroline Frederique
1797
Potsdam
1320
Prêtre
Abraham
1739–24.04.1783 (83)
Lorgemont/Basel
1321
Prêtre
Charlotte Louise
30.01.1740 (5)
1322
Prêtre
Catherine
17.09.1740 (1,5)
1323
Prêtre
Jean Frederic
17.11.1740
Potsdam*
1324
Prêtre
Charlote
22.10.1743 (0,5)
Potsdam*
1325
Prêtre
Henriette Marie Louise
26.01.1745
Potsdam*; ¥ 1768
1326
Prêtre
Abraham Gottfried
05.07.1754
Potsdam*
1327
Prêtre
Jaques Olivier
28.08.1756
Potsdam*
1328
Prêtre
Marie Anne
13.10.1772 (68)
Lorgemont/Basel
1329
Prêtre
1330
Prêvot
1331
Quintes
Dorothee Charlotte Caroline
1768–90
1332
Rachat
Jean
1785 – > 1791
1333
Raillon
1334
Rambach
Caroline Louise
1769–19.10.1806 (50) Potsdam; ¥ 1769
1335
Rauch
Caroline Jeanne
1806
1810
Schweiz
I. Anhang Beruf
Eltern
465 Ehepartner
André; Marie Hintzen Küster; Müller i. d. Fabrik Schocks Erben
Nr.
1308 Louise Noé
1309
Frederic; Louise Noé
1310
Frederic; Louise Noé
1311
Frederic; Louise Noé
1312
Frederic; Louise Noé
1313
Frederic; Louise Noé
1314
Frederic; Louise Noé
1315
Leutnant u. Aufseher Ritterakademie Brb.
Jeanne Louise Cabani
1316
1317 1318
Émigrée Godefroi; Dorothee Schreier Tanzmeister; Sprachmeister
Pierre Abraham Droz
1319
Jacqueline Louise Girard
1320
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1321
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1322
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1323
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1324
Abraham; Jacqueline Louise Girard
Antoine Chavy
1325
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1326
Abraham; Jacqueline Louise Girard
1327 1328
Regierungsrat
1329
Geheimrat und Richter
1330 Etienne Daniel Brêton
1331
Soldat, ausrangiert
1332
Wollkämmer
1333 Jacques; Marie Clerchuck (?)
Simon Torel
1334
Ludolphe Frederique De Wulffen
1335
466 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1336
Rausan
l’Abbee
1796–1801
1337
Ravel
Demoiselle
1810
1338
Ravenez
Isaac Henry
29.07.1807 (26)
Berlin
1339
Ravenez
Albert Henri
1340
Ravenez
Jacques Henri
15.12.1809
Potsdam*
1341
Ravenz
Philippe
1796–1801
1342
Reboul
Jean
1766 – > 69
Dion/Languedoc
1343
Reboul
Jacques
16.12.1769 (2)
Potsdam*
1344
Reboul
Louise Henriette
04.07.1769
Potsdam*
1345
Reclam
Marie Frederique
03.11.1797 (34)
1346
Rein
Susanne
1790 – > 1802
1347
Relitz
Frederique
1799
Mecklenburg-Schwerin
1348
Remschen
Dorothee
06.04.1780 (46)
Brandenburg
1349
Remy
1350
Renaud
Susanne
15.08.1739 (98)
1351
Requigny
Marie Rachel
1768–09.04.1792 (47)
1352
Requini
Jeanne Louise
1800
1353
Retzeln
Catherine Elisabeth
1775 – > 1802
1354
Retzer
Jean
1355
Reussin
Anne Eleonore
1752–1766
1356
Rey
Gedeon
1755 – > 63
Burg
1357
Rey
Marie Dorothee Louise
23.03.1756
Potsdam*
1358
Rey
Jean Pierre
12.11.1757
Potsdam*
1359
Rey
Marie Magdelaine
12.04.1761 (1)
Potsdam*
1360
Rey
Charlotte Sophie
17.06.1762
Potsdam*
1361
Ricard
1362
Riccard
Jean
1778
1363
Richard
Giles
1725
1364
Richard
Jean
09.12.1725
1756
I. Anhang Beruf
Eltern
467 Ehepartner
Nr.
1336
Priester; Émigré
1337 Jacques; Dorothee Butzer Händler
1339 Albert Henry; Julie
1340 1341
Handelsgehilfe Leinweber
Marie Anne Toussaint (Witwe Olivier Cleran)
1342
Jean; Anne Marie Toussaint
1343
Jean; Anne Marie Toussaint
1344 Jean George
1345 1346
Dienstmädchen Frederic; Anne Dorothee Sifhart
Jean Frederic Huguenel
1347
Pierre Boissier
1348 1349
Gerichtsdiener Didelot
1350
Godefroy Feye
1351
Jean Charles Kolbe
1352
Jacques Laborde, Jean Charon
1353 1354
Strumpfwirkergeselle
Seifensiedermeister
1338
Jean; Marie Magdeleine Petitjean
Henri Daniel François Calame
1355
Magdelaine Ester
1356
Gedeon; Magdelaine Ester
1357
Gedeon; Magdelaine Ester
1358
Gedeon; Magdelaine Ester
1359
Gedeon; Magdelaine Ester
1360
Königsgrenadier
1361
Sprachmeister
1362 1363 Giles; Françoise Vallette
1364
468 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1365
Richard
Marie
1746–31.03.1754 (40)
Orange
1366
Richard
P.
1800 – > 1810
1367
Rickert
Dorothee Charlotte
1802
1368
Rielcke
Marie Elisabth
23.05.1775 (44)
Potsdam*
1369
Rietz
Henry
1754
Charlottenburg
1370
Rise
Francois
1796–1801
1371
Rochat
Frederic
11.1803 (93)
Bern
1372
Roche
Pierre
1724 – > 26
La Rochelle
1373
Rocheblave
Jean
1721–
Berlin
1374
Rocheblave
Susanne Chretienne
1730–41 (32)
Berlin
1375
Rocheblave
Susanne
1728–42 (32)
Berlin
1376
Roeller
Wilhelmine
1786 – > 1810
1377
Roeserin
Marguerite
9.10.1771
aus Grüsen in Thüringen
1378
Rollet
Henry
1379
Rollwagen
Jean Jacob
1733 – < 1745
Franken/Oberrhein
1380
Rollwagen
Jean
25.03.1736
1381
Rollwagen
/
27.10.1738 (0,5)
1382
Rollwagen
Marie Madelaine Therese
26.09.1735
1383
Rollwagen
Jean Jacob
01.04.1741
1384
Roscher
Julie Frederique
1795
1385
Roscher
Marie Charlotte
05.05.1794 (29)
1386
Rose
Louis Frederic
1778–09.01.1807 (60)
Berlin
1387
Rosel
Marie
06.08.1755 (62)
Gesne; Schweiz
1388
Rossignol
1389
Rosteuscher
Jean Guillaume Godefroi
1390
Rosteuscher
Auguste Berthe Antoinette Caroline
06.04.1802
Brandenburg
I. Anhang Beruf
Eltern
469 Ehepartner
Daniel Plantier
Nr.
1365
1366
Schankwirt ; Anne Gräwen
Gärtner für Blumen
Gaspard Friedrich Kuhlmann
1367
Etienne Bellair
1368
Olimpe Ferry
1369
Domestique; Émigré
1370
Invalide Garderegiment
1371
Küster, Müllermeister
1372
Strumpffabrikant
1373 Francois Dufais
1374
Isâc Mauran; Pierre Charbonnet
1375
David Nevir, der Ältere
1376
Chretien Delpied
1377
Sticker
1378
Strumpfwirker
1379 Jean Jacob; Susanne Décoster
1380
Jean Jacob; Susanne Décoster
1381
Jean Jacob; Susanne Décoster
1382
1383 Jean Chretien; Marie Sophie Pausewang
Frederic Guillaume Hüban
1384
Frederic Guillaume Hüban
1385
Goldschmied
1386 Henri Sandow
1387 1388
Königsgrenadier königl. Ingenieur Geograph
Charlotte Dorothee Louise Villaret Jean Guillaume Godefroi; Charlotte Dorothee Louise Villaret
1389
1390
470
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1391
Rothe
Louis
1392
Rothe
Gustave Edouard
18.08.1806
Potsdam*
1393
Rothe
Felix Adolphe
28.08.1807
Potsdam*
1394
Rothe
Charles Guillaume
14.02.1808 (2)
Kleinmachnow
1395
Rouergues
Catherine
1396
Rouet
Demoiselle
1809
1397
Roussé
Madame
1727
1398
Roussel
Isaac
1736–45 (35)
1399
Roussel
Pierre
16.03.1737
1400
Roussel
Elisabeth
23.09.1743
1401
Roussel
Jean Frederic
07.04.1746
1402
Roussel
Pierre
21.10.1745 (38)
Berlin/Vitry en Champ.
1403
Roussel
Marie
1726–34
Bern
1404
Roussel
Alexandre
?.03.1727
1405
Rousset
1406
Rouvière
Jeanne Françoise
1724
1407
Roux
Marie Louise
1787
1408
Rubeau
Jacques Samuel
1788–1790
1409
Rubeau
Charles Auguste
12.04.1788
Potsdam*
1410
Rubeau
Guillaume
09.07.1790 (1m)
Potsdam*
1411
Ruel
Pierre
1739–43 (70)
Alencon/Normandie; aus Danzig nach Pdm
1412
Ruel
Olimpe
20.04.1758 (42)
Berlin
1413
Ruhnke
Jeanne Christine
1809
Magdeburg
1414
Runge
Marie
1735
1415
Rusé
Frederic
1735–49 (32)
1416
Rusé
Veuve
1735 – > 63
1417
Rusé
Anne Elisabeth
25.06.1736 (10)
1418
Rusé
Jean Davi
03.10.1737
Vitry en Champagne
1778 – > 1780
Magdeburg
Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
Rentier
471 Ehepartner
Cecile Tollin
Nr.
1391
Louis; Cecile Tollin
1392
Louis; Cecile Tollin
1393
Louis; Cecile Tollin
1394 1395 1396 Guillaume Henry Sandos
Strumpffabrikant
1397
Louis; Anna Louise Chumacheren
1398
Isâc; Françoise Elisabeth Boissier
1399
Isâc; Françoise Elisabeth Boissier
1400
Isâc; Françoise Elisabeth Boissier
1401 Anna Louise Chumacheren
1402
François Faucher
1403
Marie Roussel
1404 1405
Handelsgehilfe
Antoine; Henriette Pelet
Jean Robert Simon
1406
Charles Dantal
1407
Gastwirt
1408 Jacques; Marie Magdeleine Bötchern
1409
Jacques; Marie Magdeleine Bötchern
1410
Strumpffabrikant
Jean Godefroi; Jeanne Christine Reiser
Gießermeister; Waffenmeister
Susanne Berthieau
1411
Jacques Laborde
1412
Martin Frederic
1413
Jean Baptiste Horguelin
1414 1415 1416
Frederic Rusé
1417
Frederic Rusé
1418
472 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
1807
Herkunft
1419
Ruynat
1420
Sabbathiers
Elisabeth
1421
Salet
Ester
1422
Salet
Veuve
1797 – > 1810
1423
Salomon
Marguerite Louise
1780–1790
1424
Samis
Jacques
1800–1801
1425
Sandos
Guillaume Henry
1727 – < 1731
Chaux de fonds Schweiz
1426
Sandow
Dorothee Frederique
1807
Potsdam
1427
Saudo
1428
Sausobre
Demoiselle
1429
Sauté
Pierre
1748–06.02.1769 (68)
1430
Sauté
Frederic Francois
03.11.1748
1431
Sauvin
Anne
1712 †
1432
Schadow
Frederic
1433
Schadow
Albert Dietrich Didier
02.0?.1797
1434
Schadow
Ledoiska Mathilde
30.11.1798
1435
Schiffelle
Adam
1738 – > 40
1436
Schiffelle
Francois
28.12.1739 (1)
1437
Schiffelle
Jaques
25.04.1740 (7)
1438
Schissillanne
Etienne
1736–43
1439
Schissillanne
Francois
26.04.1736 †
1440
Schissillanne
Marc
04.04.1738
1441
Schissillanne
Jaques
15.12.1740
1442
Schissillanne
Martin
22.06.1743
1443
Schissillanne
Daniel
1738–42
1444
Schissillanne
Daniel
15.06.1740 (2)
1445
Schissillanne
Jean Daniel
21.03.1741 †
1446
Schissillanne
Susanne
06.04.1742
Potsdam
1753
Querlas Languedoc
Neuf oille Schweiz
Kassel
Kassel
I. Anhang Beruf
Eltern
473 Ehepartner
Nr.
1419
Pastor Pierre Nevir
1420 1421 1422
Jean Michel; Anne Catherine Schmidt
Jean Jacob Bellair
1423
Lehrling
1424
Waffenmeister
1425 Jean Frederic; Dorothee Frederique Krüger
Pierre Auguste Bellair
Gerichtsdiener
1426 1427 1428
Gärtner
Catherine Anesin
Pierre; Catherine Anesin
Bauinspektor seiner Majestät
1429
1430 André Bruyere
1431
Julie Hilckert
1432
Frederic; Julie Hilckert
1433
Frederic; Julie Hilckert
1434
Strumpfwirker
1435 Adam; Susanne Veymar
1436
Adam; Susanne Veymar
1437
Etaminmacher; Gerichtsdiener
1438 Etienne; Marie Rang
1439
Etienne; Marie Rang
1440
Etienne; Marie Rang
1441
Etienne; Marie Rang
1442
Etaminmacher
1443 Daniel; Susanne Merlier
1444
Daniel; Susanne Merlier
1445
Daniel; Susanne Merlier
1446
474 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1447
Schlawig
Frederique Wilhelmine
03.11.1792 (22)
Niederseefeld in Sachsen; ¥ 1790
1448
Schlemuller
Jean Bernard
1773
1449
Schmidt
Anne Catherine Regine
1739–62
1450
Schmidt
Anne Marie
1761
1451
Schock
Samuel
1738–06.05.1793 (88)
Basel
1452
Schock
Pierre Martin
21.01.1742 †
Potsdam*
1453
Schock
Pierre
02.10.1742– 11.01.1784 (42)
Potsdam*; ¥ 1775
1454
Schock
Angelique
30.05.1744– 13.05.1769 (25)
Potsdam*
1455
Schock
Couratine Elisabeth Justine
05.09.1751
Potsdam*
1456
Schock
Samuel Charles Louis
29.07.1785 (9,5)
Potsdam*
1457
Schock
Lenn Louise Frederique
31.12.1776
Potsdam*
1458
Schock
Angelique
12.08.1778
Potsdam*
1459
Schoenbeck
Antoine Joachim Edouard
1460
Schoenbeck
Albert Guillaume Charles
31.12.1805
Potsdam*
1461
Schönfeldt
Charles Frederic Guillaume
1462
Schönfeldt
Frederic Guillaume
27.06.1809
Potsdam*
1463
Schubedonus
1464
Schultz
Catherine Marie
1736–1747
Prentzlin
1465
Selle
Susanne Veronique
1780 – > 1810
1466
Sello
Jean Guillaume
1467
Sello
Emma
20.12.1794
1468
Sello
Charles
15.05.1797
I. Anhang Beruf
475
Eltern
Ehepartner
Guillaume Gottlieb; Jeanne Chretienne Cratz
Jean Jacques Berard
1447
Caroline Elisabeth Hessert
1448
David Piersené
1449
Isaac François
1450
Kriegsrat im Generaldirektorium
Tabakfabrikant und Händler
Direktor der königl. Tabakfabrik
Nr.
1451
Samuel; Justine Huillet
1452
Samuel; Justine Huillet
1453
Samuel; Justine Huillet
1454
Samuel; Justine Huillet
1455
Pierre; Jeanne Elisabeth Baeckel
1456
Pierre; Jeanne Elisabeth Baeckel
1457
Pierre; Jeanne Elisabeth Baeckel
1458
Stallmeister des Königs
Ernestine Frederique Louise Hafner Antoine Joachim Edouard; Ernestine Frederique Louise Hafner
Seidenwirker, z. Z. für Frz. Armee beim Magazinwesen
1459
1460
Wilhelmine Lehr
Charles Frederic Guillaume; Wilhelmine Lehr
1461
1462
Sprachmeister
1463 Henri Toussaint
1465
geborene Calame Gärtner und Pflanzer in Diensten seiner Majestät
1464
Caroline Catherine Calame
1466
Jean Guillaume; Caroline Catherine Calame
1467
Jean Guillaume; Caroline Catherine Calame
1468
476
I. Anhang
Nr.
Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1469
Sello
Wilhelmine
1805 – > 1810
Potsdam
1470
Serpeau
Louise
1741 – > 73
1471
Serveau
1472
Serverac
Antoine
1473
Sessous
Jean
1474
Si
Susanne
25.01.1749 (40)
1475
Siewert
Louise Dorothée
1792
1476
Simon
Jean Robert
1724
1477
Simon
Judith
21.12.1724
1478
Sode
Witwe
1479
Soudet
1480
Souville
1481
Spaltholz
Frederique Regine
1793
Potsdam
1482
Spiller
Elisabeth
1760 – > 1780
Plauen
1483
Spillert
Marie Sophie
04.06.1776 (57)
Dresden
1484
Sprenger
Anne Charlotte Louise
1797
Rathenow
1485
St. Martin
1486
Stahlschmidt
Pierre Antoine
1751 – > 1780
Berlin
1487
Stahlschmidt
Elisabeth
28.02.1753 (1)
1488
Stahlschmidt
Catherine Dorothée
26.12.1753 †
1489
Stahlschmidt
Sohn
1780
1490
Stein
Jean Henri
28.04.1771
1491
Stellin
1492
Stenger
Frederique Wilhelmine
1806
1493
Stern
Maria
1768
1494
Sternemann
Kassel*, Berlin ¥
1752 – > 58 Emmerich
1731 – > 1768
Lindow
I. Anhang Beruf
477
Eltern
Ehepartner
Nr.
Jean Guillaume; Caroline Catherine Calame
Jean George Erman
1469
Joseph Durand
1470
Etaminmachergeselle
1471
Barbier
1472
Gärtner
1473
Handschuhmachermeister
Jean André Marquard
1474
Jean Jacques Fournier
1475
Jeanne Françoise Rouvière
1476
Jean Robert; Jeanne Françoise Rouvière
1477
Feldscherer Sode 2. u. 3. Gardebattaillon
1478
Schuster
1479
Stabskapitän
1480 Frederic; Dorothee Regine Greban
Francois Henry Louis Dumontier
1481
Jeremie; Anne Sabine Ebelt
Daniel Plantier
1482
Abraham L’Eveque
1483
Isaac Jordan
1484
Louis Bernard; Marguerite Elisabeth Dalchau
1485 Gärtnermeister
Perückenmachergeselle
Anne Dorothée Henning Pierre Antoine; Anne Dorothée Henning
1487
Pierre Antoine; Anne Dorothée Henning
1488
Pierre Antoine
1489
Jean Henry; Marie Rachel
außerehelich
1490 1491
Sekretär bei Daum Frederic; Catherine Sophie Schultz
Chirurg des Königs
1486
Guillaume Saint Paul
1492
Pierre Marc Borel
1493 1494
478 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1495
Stilgenbauer
Arnold
1768 – > 73
1496
Stollasch
Charlotte Louise
1807
Potsdam
1497
Stuttmeister
Catherine Dorothee
26.01.1796 (52)
Berlin
1498
Sueur
Marie
1499
Talman
Marie
15.08.1793 (38)
1500
Talon
Anne
03.01.1754 (49)
1501
Talon
1502
Tandon
Louis
09.04.1761 (60)
Nîmes
1503
Taron
Theophile
11.04.1750 (37)
Berlin
1504
Taron
Veuve
1752 – > 56
1505
Taron
Susanne
25.04.1773 (28)
1506
Taubert
Etienne
1795–1799
1507
Tavie
1508
Teichmann
Christlieb
1795–1799
1509
Tellier
Marie Madelaine
1780– ¥ 1784
1510
Thomas
Louis
1734
1511
Thomas
Jean Pierre
14.06.1734
1512
Thorel
Charlotte Therese
18.04.1809 (6m)
1513
Tinembert
Jean Isaac
1738–1741
1514
Tinembert
Jean Isaac
22.03.1742
1515
Toilhe
Jean
1516
Tolin
Charles
1517
Torel
Antoine
1518
Torel
Simon
1769 – > 80
Berlin; ¥ 1769
1519
Torel
Simon Pierre
25.12.1771 (1)
Potsdam*
1520
Torel
Dorothee Carlotte
11.04.1772
Potsdam*; ¥ 1809
1521
Toubac
Veuve
1795 – > 1802
1522
Tournay
George
1764–26.03.1772 (56)
Berlin
1780
Berlin
Lausanne
1807
Paris
I. Anhang Beruf
Eltern
479 Ehepartner
Nr.
1495
Schuster Joseph; Charlotte Louise Vite
Dominique Coste
1496
Pierre Francois Favier Dumontier
1497 1498
Patissier George Charles Sarre
1499
Jacob Chartron
1500 1501
Erzieher der Kinder des General Anhalt
1502 1503 1504 Jacques Laborde
1505
Strumpfwirker
1506
Diener
1507
Strumpfwirker
1508 Jean Baptiste; Marguerite Elisabeth Campredon
Sebastien Ferjen Bourdais
Gärtner
1509
1510 Louis; Susanne Macaire Louis Goebel; Dorothee Charlotte Thorel
1511 Marschal der Hannoverschen Legion
Königsgrenadier
1512
1513 Jean Isaac; Jeanne Faugere
1514
Gewürzkrämer
1515
Richter
1516
Schneider
1517
Seidenfärbermeister
Jean; Chretienne Meyer
Caroline Louise Rambach
Simon; Caroline Louise Rambach Simon; Caroline Louise Rambach
1518 1519
Jean Godefroi Patté
1520 1521
Königl. Küchenchef; Katholik
Catherine Elisabeth Calame; (Witwe Georg Mauer)
1522
480 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1523
Tournay
Elisabeth Catherine
12.12.1765
1524
Tourte
Demoiselle
1801 – > 1802
1525
Toussaint
Elisabeth
1732–45 (43)
Magdeburg
1526
Toussaint
Marthe
1746
Magdeburg
1527
Toussaint
Anne
30.06.1778 (43)
Potsdam
1528
Toussaint
Henri
1731–47 (42)
Magdeburg
1529
Toussaint
Jean Frederic
17.01.1746
1530
Toussaint
Jean Pierre
1731–17.05.1756 (64)
Unna; Magdeburg
1531
Toussaint
Marie Anne Elisabeth
29.12.1733– 12.03.1772 (39)
Potsdam*; ¥ 1769
1532
Toussaint
Jeanne Charlotte
19.05.1733 (1)
Potsdam*
1533
Toussaint
Jeremie
15.05.1740 (1)
Potsdam*
1534
Toussaint
Jean Pierre
16.07.1742 †
Potsdam*
1535
Toussaint
Judith
19.06.1743 (2,5)
Potsdam*
1536
Toussaint
Judith
22.03.1749 (2,5)
Potsdam*
1537
Toussaint
Witwe (?)
1768
1538
Traite
Witwe
1787 – > 1791
1539
Trautmann
Marie Catherine
13.06.1729 (31)
1540
Travelau
Demoiselle
1541
Vallette
Martin
1738–45
1542
Vallette
Olympe
06.11.1738
1543
Vallette
Joseph
19.09.1740
1544
Verceuil
Pierre
1545
Verdier
Jean
1546
Verdier
Demoiselle
1547
Verdous
1548
Veymar
Susanne
11.04.1740 (40)
Berlin
1549
Veymar
Susanne
07.01.1741 (50)
Principauté de Neufchatel
1550
Vial
Anne
23.04.1756 (68)
D’Orange
Rion en Auvergne
1768 1753
I. Anhang Beruf
Eltern
481 Ehepartner
Georg Francois; Catherine Elisabeth Calame
Nr.
1523
1524 Jean Frederic Laval
1525
Abraham Ducomun
1526
Chretien Victor Delon
1527
Gärtner
1528 Henri; Catherine Schultzen
Koch Jean Pierre; Anne Margueritte Lepley
1529 Anne Margueritte Lepley, Susanne Taron
1530
Pierre Altar; (Witwe Olivier Cleran)
1531
Jean Pierre; Susanne Taron
1532
Jean Pierre; Susanne Taron
1533
Jean Pierre; Susanne Taron
1534
Jean Pierre; Susanne Taron
1535
Jean Pierre; Susanne Taron
1536 1537
Näherin
1538 Despalti
1539 1540
Tabakspinner
1541 Martin; Catherine Jouran
1542
Martin; Catherine Jouran
1543
Strumpffabrikant
1544
Gewürzkrämer; Etaminmacher
1545
1546 1547
Strumpfwirkerlehrling Adam Schiffelle
1548
Crispin . . .
1549
Pierre Xambu
1550
482 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1551
Viallelle
Jean
16.10.1741 (48)
En Languedoc
1552
Vidal
Bastian Kelius
1737
1553
Vidal
Charles
21.04.1737 †
1554
Villan
Henry
1796–1799
1555
Villardoz
David Henry
1790 – > 1810
Cortaillod
1556
Villardoz
Frederique Wilhelmine
06.09.1796
Potsdam*
1557
Villardoz
David Henry
25.04.1798
Potsdam*
1558
Villardoz
Louise Angelique
16.12.1804 (4,5)
Potsdam*
1559
Villardoz
Louis Eduard
23.04.1802
Potsdam*
1560
Villardoz
Frederic Adolphe
11.09.1807 (2)
Potsdam*
1561
Villardoz
Marianne Henriette Adelaide
08.09.1807 (1)
Potsdam*
1562
Villardoz
Louise Amalie Adelaide
05.08.1808
Potsdam*
1563
Villaret
Philippe
1731–53 (85)
Montpellier en Languedoc
1564
Villaret
Witwe
1731 – > 58
1565
Villaret
Daniel Philippe
1730 – > 45
Potsdam
1566
Villaret
Chretien Henry
27.02.1734– 22.08.1783 (49)
Potsdam*
1567
Villaret
Philippe Louis
25.06.1737 (5)
Potsdam*
1568
Villaret
Victor
08.03.1739 †
Potsdam*
1569
Villaret
Daniel Cesar
12.01.1740 (3,5)
Potsdam*
1570
Villaret
Marie Eleonore
21.05.1743 (2)
Potsdam*
1571
Villaret
Anthoine Olivier
22.02.1744 (1)
Potsdam*
I. Anhang Beruf
Eltern
483 Ehepartner
Nr.
1551 Pantoffelmacher
1552 Bastian Kelius; Constanze Elisabeth dél. Pierre Daguehau Farger
1553 1554
Kammerdiener des Königs Kammerdiener des Königs
David Henri; Jeanne Marguerite Godet
Charlotte Louise Caroline Emer
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1556
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1557
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1558
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1559
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1560
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1561
David Henry; Charlotte Louise Caroline Emer
1562
Stahlmacher; Edelsteinschleifer
1563
Perückenmachermeister Gewürzkrämer; Assessor; Sekretär beim Consistoire
1555
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
Philipp Villaret
1564
Elisabeth Collignon
1565
Chretienne Charlotte Zimmermann
1566
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
1567
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
1568
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
1569
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
1570
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon
1571
484 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1572
Villaret
Jaques David
15.04.1745
Potsdam*
1573
Villaret
Isâc
1739–53
Berlin
1574
Villaret
Elisabeth
28.07.1741
Potsdam*
1575
Villaret
Louis
1745–54
Berlin
1576
Villaret
Claude Louis
15.07.1754
1577
Villaret
Anne Philipinne
04.09.1747
1578
Villaret
Abel
1753
Berlin
1579
Villaret
Sophie Dorothée Alexandrine
1753 – > 63
Potsdam
1580
Villaret
Susanne Philippine
09.10.1754 (1m)
Potsdam*
1581
Villaret
Bernard Philippe
29.01.1756 †
Potsdam*
1582
Villaret
Susanne Charlotte
28.11.1757 (2m)
Potsdam*
1583
Villaret
Sophie Dorothee
21.12.1758
Potsdam*
1584
Villaret
Chretien Henri
24.11.1761
Potsdam*
1585
Villaret
Charles Philippe
22.04.1761 (3)
Potsdam*
1586
Villaret
Marie Frederic
12.11.1759
Potsdam*
1587
Villaret
Chretien Louis
27.12.1769 (8)
Potsdam*
1588
Villaret
Samuel Henri
08.05.1767 (1)
Potsdam*
1589
Villaret
Dorothee Charlotte Louise
14.12.1769
Potsdam*
1590
Villaret
Caroline Henriette Amelie
12.08.1772– 13.05.1807 (34)
Potsdam*
1591
Villaret
Daniel August Ferdinand
15.10.1778
Potsdam*
1592
Villaret
Charles Guillaume
19.06.1763
1593
Villaret
Sophie Dorothee Alexandrine
22.09.1765 (28)
Potsdam
1594
Volmer
Sophie Elisabeth
1747
Caivier
1595
Villaume
Daniel
1723–16.05.1772 (69) Berlin
I. Anhang Beruf
Eltern
485 Ehepartner
Daniel Philippe; Elisabeth Collignon Sprachmeister
1572
Jeanne Abraham Isaac Philibert; Jeanne Abraham
Branntweinbrenner; Stahlmacher
Nr.
1573 1574
Jeanne Boileau
1575
Louis; Jeanne Boileau
1576
Louis; Jeanne Boileau
1577
Händler
Susanne Elisabeth Gehnecke
1578
Pierre Labaume
1579
Abel; Susanne Elisabeth Gehnecke
1580
Abel; Susanne Elisabeth Gehnecke
1581
Abel; Susanne Elisabeth Gehnecke
1582
Abel; Susanne Elisabeth Gehnecke
1583
Abel; Susanne Elisabeth Gehnecke
1584
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1585
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1586
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1587
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1588
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1589
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
Charles Jeremie de Humbert
Chretien Henri; Chretienne Charlotte Zimmermann
1590
1591
1592
Kantor und Schulmeister
Jean Christoff Henkel
1593
Etienne Muret
1594
Judith Cuny
1595
486 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1596
Villaume
David
22.10.1724
1597
Villaume
Jean Pierre
24.12.1730
1598
Villaume
Daniel
04.08.1731 (2)
1599
Villaume
Samuel
02.07.1734 – > 1810
1600
Villaume
Jean Daniel
01.03.1737
1601
Villaume
Victor
09.04.1738
Potsdam*; ¥ 1764
1602
Villaume
Elisabeth
02.05.1739 (4)
Potsdam*
1603
Villaume
Justine
13.11.1743 (3)
Potsdam*
1604
Villaume
Henriete Ulrique
02.09.1767
Potsdam*
1605
Villaume
Samuel
1799–1809
1606
Villot
1607
Wallis
Jean Guilaume
1796 – > 1802
London
1608
Wallis
Anne Wilhelmine Frederique Auguste
26.06.1797
Potsdam*
1609
Wallis
Jean Charles Guillaume Eduard
21.02.1799
Potsdam*
1610
Wallis
Jeanne Angelique Mathilde
14.03.1800
Potsdam*
1611
Wallis
Jean Frederic Louis Adolphe
24.05.1806 (3,5)
Potsdam*
1612
Wallis
Samuel
1796 – > 1809
1613
Wallis
Frederique Caroline Wilhelmine
27.12.1800
Potsdam*
1614
Wallis
Jean Charles Guillaume Julius
21.08.1802
Potsdam*
1615
Wallis
Jean Alexandre Louis
13.10.1805
Potsdam*
1616
Walter
Marie Dorothee
1782 – > 1810
Treuensdorf (?)
1617
Wennemeker
Jeanne Marie
1795
Potsdam
1618
Wentzelman
Louise Charlotte Henriette
1742–26.11.1797
Potsdam*; ¥ 1764
1799
I. Anhang Beruf
Kopist d. Werke s. Majestät u. Administrator d. königl. Brauerei
Eltern
487 Ehepartner
Daniel; Judith Cuny
1596
Daniel; Judith Cuny
1597
Daniel; Judith Cuny
1598
Daniel; Susanne Etienne
Frederique Leonard
Daniel; Susanne Etienne Tagelöhner
Nr.
Daniel; Susanne Etienne
1599
1600 Justine Frederique Hanse
1601
Daniel; Susanne Etienne
1602
Daniel; Susanne Etienne
1603
Samuel; Jeanne Frederique Amalie Leonard
1604
Händler; Regierungsrat
1605
Klempnergeselle
1606
Fabrikant für englisches Leder, Ancien und Receveur der Frz. Gemeinde
Jean; Anne Cullender
Anne Angelique Frederique Morino
1607
Jean Guillaume; Anne Angelique Frederique Morino
1608
Jean Guillaume; Anne Angelique Frederique Morino
1609
Jean Guillaume; Anne Angelique Frederique Morino
1610
Jean Guillaume; Anne Angelique Frederique Morino
1611
Fabrikant für englisches Leder
1612 Samuel; Jeanne Frederique
1613
Samuel; Jeanne Frederique
1614
Samuel; Jeanne Frederique
1615
Martin; Marie Elisabeth Klaucken
Jean Dumas
1616
Jean; Maier
Pierre Philipp Bock
1617
Ernst; Elizabeth Henriette Vosswinckel
1618
488 Nr.
I. Anhang Name
Vorname
Verweildauer in Potsdam
Herkunft
1619
Wiedmayer
Christine Rosine
1780
Breslau
1620
Winckel
Marguerite Elisabeth
1754–11.1790 †
Kyritz
1621
Wulf
Marie Louise
08.05.1792 (30)
1622
Zelle
Philippe Joachim
1740
1623
Zelle
Charlotte Margueritte
26.05.1740 (0,5)
1624
Zimmermann
Chretienne Charlotte
1758–10.02.1807 (71)
Berlin
1625
Zützell
Caroline Florentine
1799
Dantzig
I. Anhang Beruf
489
Eltern
Ehepartner
Nr.
Louis; Jeanne Rosine Adler
Jean Espagne
1619
Pierre Bonnet
1620
Jean Simon Berard
1621 1622
Philippe Joachim; Amelie Ernestina Dufais
Frederic Guillaume; Florentine Louise Husen
1623
Chretien Henri Villaret
1624
Louis Guillaume Chodowiecki
1625
Quellen- und Literaturverzeichnis Archivalische Quellen Archiv Französischer Dom – Rep. 26 Potsdam, 5968-6108 Brandenburgisches Landeshauptarchiv – Rep. 2 Domänenregistratur – Rep. 2 Städteregistratur – Rep. 2A Potsdam, II Potsdam – Rep. 2A Potsdam III Potsdam – Rep. 5c – Rep. 19 Steuerrat Potsdam – Rep. 22 Seidenbau Geheimes Staatsarchiv PK – I. HA, Rep. 36, Nr. 3133–40 – I. HA, Rep. 72 – I. HA, Rep. 83. – I. HA, Rep. 96B – I. HA, Rep. 122, 3bI, 3bII, 3f, 4a, 4b, 4cI, 4cII, 4f, 4g, 5b, 6a, 6b, 6c, 7b, 7c, 22, 23, 26, 29a, 33, 43, 48, 49 – II. HA Generaldirektorium, Abt. 14 Kurmark – II. HA Generaldirektorium, Abt. 25 Fabrikendepartement – II. HA Generaldirektorium, Abt. 26 Manufakturen – II. HA Generaldirektorium, Abt. 27 Technische Deputation – II. HA Generaldirektorium, Abt. 28 Seidenbau – II. HA Generaldirektorium, Abt. 29 Tabaksachen – VIII. HA, 570 Militärkirchenbücher – X. HA, Rep. 2A, Kriegs- und Domänenkammer zu Potsdam
Gedruckte Quellen
491
Staatsbibliothek zu Berlin PK – Nachlass Formey – Nachlass Nicolai – Nachlass Runge-DuBois-Reymond Stadtarchiv Potsdam – 1-0 Stadtverordnetenversammlung – 1-1 Allgemeine Innere Verwaltung – 1-2 Polizei – 1-3 Gewerbe, Versicherungen, Berufsorganisation – 1-4 Kirchensachen, Schulwesen – 1-5 Militaria – 1-6 Finanzen, Steuern – 1-12 Gewerkssachen – C, Chroniken – K, Karten
Gedruckte Quellen Adelung, Johann Christoph: Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuchs der hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Dem noch beygefüget ist des M. Fulda Preisschrift über die beyden deutschen Haupt-Dialecte, Leipzig 1774–1786. Krünitz, Johann Georg: Öconomische Encyclopädie oder Allgemeines System der Staats-, Stadt-, Haus- und Landwirtschaft in alphabetischer Ordnung, Berlin 1773 ff. Mylius, Christian Otto: Corporis Constitutionum Marchicarum oder Königl. Preußis. und Churfürstl. Brandenburgische in der Chur- und Mark Brandenburg auch in den incorporirten Landen, publicierte und ergangene Ordnungen, Edicta, Mandata, Rescripta. Von Zeiten Friedrich I. Churfürsten zu Brandenburg ad annum 1736 in-clusive Mit allergn. Bewilligung colligieret und ans Licht gegeben von Otto Mylius, 1. Auflage, 8 Bände, Halle 1737–1755. Treue, Wilhelm (Hg.): Acta Borussica. Die Preußische Seidenindustrie im 18. Jahrhundert und ihre Begründung durch Friedrich den Großen. Band 1–3, bearbeitet von G. Schmoller und O. Hintze, Frankfurt am Main 1986/87. Erster Band, Akten bis 1768, Frankfurt am Main 1986/87. – Acta Borussica. Denkmäler der preußischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert, hrsg. von der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Die Wollindustrie in Preußen unter Friedrich Wilhelm I., Reprint der Ausgabe Berlin 1933, Frankfurt am Main 1987.
492
Quellen- und Literaturverzeichnis
Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges Universallexikon aller Wissenschafften und Künste, Leipzig 1731–1754.
Literatur vor 1900 Beheim-Schwarzbach, Max: Hohenzollernsche Colonisationen. Ein Beitrag zu der Geschichte des preußischen Staates und der Colonisation des östlichen Deutschlands, Leipzig 1874. Bratring, W. U.: Beschreibung der gesamten Mark Brandenburg, Band 2, Berlin 1805. Erman, Jean George: Mémoire historique sur la fondation de l’église francoise de Potsdam, Berlin 1785. Gerlach, Samuel: „Collectaneen. Aus der Bibliothek der Königl. Regierung zu Potsdam – Allgemeine und besondere Nachrichten von Potsdam“, in: Mitteillungen des Vereins für die Geschichte Potsdams (MVGP) 8 N.F. 3 (1888), S. 33–282. Königlich Potsdamsches Militärwaisenhaus (Hg.): Geschichte des königlichen Potsdamschen Militärwaisenhauses von seiner Entstehung bis auf die jetzige Zeit, Berlin und Posen 1824. Manger, Heinrich Ludewig: Baugeschichte von Potsdam, besonders unter der Regierung Friedrichs des Zweiten, Reprint der Originalausgabe 1789/90 in 3 Bänden, Leipzig 1987. Muret, Eduard: Geschichte der Französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen, unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde, Berlin 1885. Ostmann, Robert: „Potsdam während der französischen Invasion. I. Das Jahr 1806“, in: MVGP, Nr. 2 (1866), S. 77–91. Poten, Bernhard von/Tollin, Henri: Handwörterbuch der gesamten Militärwissenschaften, Band 8, Bielefeld 1880. – Geschichte der Französischen Kolonie in Frankfurt an der Oder, Frankfurt/Oder 1868.
Literatur nach 1900 Altendorf, Bettina: „Friedrich Wilhelm III. und die Russische Kolonie Alexandrowka in Potsdam“, in: Königliche Visionen. Potsdam – Eine Stadt in der Mitte Europas, Katalog zur Ausstellung, hgg. von der Landeshauptstadt Potsdam, Potsdam 2003, S. 224–230. Anders, Friedhild-Andrea: „Die Familie Saint Paul. Spuren von drei Generationen in Potsdam“, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci e. V. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams, 2. Jg. Heft 1 (1997), S. 5–23. Arlt, Klaus: „Die Straßennamen der Stadt Potsdam. Geschichte und Bedeutung“, in: Mitteilungen der Studiengemeinschaft Sanssouci e. V. Verein für Kultur und Geschichte Potsdams (1999) Heft 2.
Literatur nach 1900
493
Asche, Matthias: Neusiedler im verheerten Land. Kriegsfolgenbewältigung, Migrationssteuerung und Konfessionspolitik im Zeichen des Landeswiederaufbaus. Die Mark Brandenburg nach den Kriegen des 17. Jahrhunderts, Münster 2006. – „Hugenotten in Europa seit dem 16. Jahrhundert“, in: Klaus J. Bade/Pieter C. Emmer u. a. (Hg.), Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Paderborn 2007, S. 635 ff. Backschat, Friedrich: „Der Brand der St. Nikolaikirche in Potsdam am 3. September 1795 und König Friedrich Wilhelm II.“, in: Hohenzollernjahrbuch 13 (1909), S. 275–281. Bade, Klaus J. (Hg.): Sozialhistorische Migrationsforschung (= Studien zur Historischen Migrationsforschung, Band 13), Göttingen 2004. Baer, Winfried: „Hugenottische Goldschmiede und die hohe Kunst der Bijouterie unter den Réfugiés in Berlin“, in: Sabine Beneke/Hans Ottomeyer, Zuwanderungsland Deutschland. Die Hugenotten. Ausstellungskatalog, Berlin 2005, S. 91–100. Bahl, Peter: Der Hof des Großen Kurfürsten. Studien zur höheren Amtsträgerschaft Brandenburg-Preußens (= Veröffentlichungen aus den Archiven Preussischer Kulturbesitz, Beiheft 8), Köln/Weimar/Wien 2001. – „Paten in der Reformierten Schloß-Gemeinde Potsdam 1662-1688. Eine Quelle zu den Amtsträgern am Hofe des Großen Kurfürsten“, in: Genealogisches Jahrbuch (Sonderdruck), Zentralstelle für Personen- und Familiengeschichte (Hg.), Band 39, Neustadt a.d. Aisch 1999, S. 143–185. Bergemann, Uta-Christiane: Stickereien. Bestandskatalog der Kunstsammlungen Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Berlin 2000. Birnstiel, Eckart: „ ‚Dieu protège nos souverains‘ Zur Gruppenidentität der Hugenotten in Brandenburg-Preußen“, in: Frédéric Hartwig/Stefi Jersch-Wenzel, Die Hugenotten und das Refuge: Deutschland und Europa, Berlin 1990, S. 107–128. – „Die Aufnahme hugenottischer Glaubensflüchtlinge in Brandenburg-Preußen: Ein Akt der Toleranz?“ In: Andreas Flick/Albert de Lang (Hg.), Von Berlin bis Konstantinopel. Eine Aufsatzsammlung zur Geschichte der Hugenotten und Waldenser, Bad Karlshafen 2001, S. 9–34. – „Asyl und Integration der Hugenotten in Brandenburg-Preussen“, in: Guido Braun/Susanne Lachenicht (Hg.), Hugenotten und deutsche Territorialstaaten. Immigrationspolitik und Integrationsprozesse (= Pariser historische Studien, Band 82), München 2007, S. 139–154. Blome, Astrid: „Vom Adressbüro zum Intelligenzblatt – Ein Beitrag zur Genese der Wissensgesellschaft“, in: www.presseforschung.uni-bremen.de/Blome-JbKG_06 .pdf (02.07.2008), S. 1–27. Böhm, Manuela: „Der französisch-deutsche Sprachwechsel in der hugenottischen Landkolonie Strasburg/Uckermark“, in: Dies./Jens Häseler/Robert Violet, Hugenotten zwischen Migration und Integration. Neue Forschungen zum Refuge in Berlin und Brandenburg, Berlin 2005, S. 135–154.
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Personenverzeichnis Abraham, Michael (Schutzjude), Halberstadt 129, 221 Angermann, Johann Martin 181 Baby, Jean Henry (Etamin- u. Creponfabrikant) 165 Ballion, Jean 42 Baral – Anne Marie (Hasplerin, Seidenkultivatrice) 159, 177, 184–191, 195, 219, 233, 298, 357–358 – Jean Pierre (Beuteltuchmacher, Maler) 159, 185, 219, 258 – Susette (Hasplerin) 286 Barandon – (Planteur) 184 – Louis (Pastor) 138 Barthelemy, Daniel Louis (Händler, Sekretär des General Boucier) 323 Baumann, Theodor 234 Beaudeson, David (Waffenmeister) 166 Belair, Victor (Etaminmacher, Wollkämmer) 224 Bellair, Etienne (Seidenwirker) 236–237, 310, 321, 323, 358 Biette – Amaury (Bettenmacher) 42 – Antoine (Bettenmacher) 42, 80, 157–158, 162, 168, 176, 192, 263, 276, 356 Blom, (Zimmermeister) 234 Bock – (Maler) 178 – Pierre François (Hutfabrikant) 159, 217, 322, 326
Boissier – Pierre (Lohgerber) 298 – Pierre (Tabakspinner) 223 – Pierre Abraham (Lohgerber) 204, 236 Bonnefoy, Jean (Gerichtsdiener) 181 Bonnet, Pierre (Schulmeister) 147 Bosch – van den, Christian Ludwig (Stadtverordneter) 123 – van den, Cornelius (Zimmermeister) 123 Boucier, (französischer General) 323 Bovet, Frederic Maurice (Hofrat) 326 Brêton, Jacques (Geheimer Kabinettssekretär) 161 Brico, Roland (Grenadier) 158 Brunner, Jacob (Stadt- u. Polizeidirektor) 13, 114, 328, 346 Bruyere, Henry (Tuchmacher) 166, 202 Burghalter, (Steinmetz, Seidenkultivator) 178 Calame – Henri (Steinmetz) 159, 237 – Jean François (Steinmetz) 159, 236 – Samuel (Steinmetz) 159 Cappellini, Sebastiani (französischer General) 321, 323, 327 Catena, Joseph (Seidenbauinspektor) 184, 186 Chambaud de Bavas, Henry Juste (reformierter Offizier) 183, 299 Chapat, Jean Henry (Assessor) 151–153, 249–250, 315, 358
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Personenverzeichnis
Chavy, Antoine (Seidenbauinspektor) 181, 319 Chevilliette, Maria Magdalena 42 Chodowiecki, Henri Isaac (Pastor) 138 Cleran, Olivier (Woll- u. Strumpffabrikant) 116, 167, 216–218, 222, 233, 257, 268, 357 Cocceji, (Geheimrat), Berlin 102 Coullez, Jean (Pastor), Spandau 137 d’Asfeld, Comtesse (Émigrée) 206 D’Arget, (Émigré) 206–207 D’Elbech, David (reformierter Offizier) 166, 182, 250–251, 271 Dalençon, (Hofrat), Berlin 102 Dantal, Charles (Vorleser des Königs) 326 Dauché, Margueritte (Goldschmiedin) 42 de Catt, Henri (Vorleser Friedrich II.) 160 de Gauvain, (Kolonierichter), Stettin 38 de la Rouvière, Jacques (reformierter Offizier) 181, 183–184, 195, 318 de Pascal, Marthe (Hasplerin) 184 de Renouard, François (Kolonierichter) 153, 257 de Senergues, (reformierter Offizier) 252 de Simonis, Mattheus, Sieur de Tournay (Glasmeister) 157 Decker, (Feldprediger) 256, 263, 295 Delon – Judith (Schulhalterin) 148 – Victor (Schulmeister) 147, 150 – Victor Jacques (Bäcker) 180, 261 den Ouden, Adrian (Zimmermeister) 234, 252 Didelot – Agnete (Knopfmacherin, Witwe) 166
– Theodore (Knopfmacher) 42, 165–166, 228, 356 Doberslow, (Hofrätin) 252–255 Doriot, Pierre (Glasmacher) 42 Dreylob, Martin (Posamentierer) 252 Ducommun, Abraham (Waffenmeister) 165–166 Dufais, Henry (Hutmacher) 97, 167, 217, 236, 263, 356 Dugard, François, Berlin 259 Dumas – David (reformierter Offizier) 180, 256, 261, 315–318, 331, 357 – Jean (Höker, Schulhalter) 148, 150, 262, 316, 358 – Nicolas Frederic (Schneider) 237, 321 Duquesne, Jacques (Tapetenfabrikant) 49, 122, 129, 185, 201–202, 217–223, 230, 233–234, 249, 252, 257, 261, 268, 298, 305, 357 Erman, Jean George (Pastor) 12, 17, 27, 58–59, 65, 68–69, 72, 84, 89, 138, 150–151, 153, 165, 171, 287, 308, 310–311, 344, 358 Escoffier, Jean Louis (Gerber) 234, 300, 357 Ester, Magdelaine (verh. Rey) 152 Faye, Godefroy (Schulhalter) 148 Ferrier, Pierre (Strumpffabrikant) 167, 216 Ferry, Jean (Gärtner) 166 Figuier, Isaak (Gerber, Sprach- u. Schulmeister) 147–148, 304 Finke, (Buchbinder) 259 Fistaine, Louise (verh. Duquesne) 298 Formey, Jean Henri Samuel (Mitglied d. Akademie d. Wissenschaften), Berlin 142, 144, 263–264, 267, 291 Fouquet – Jean (Schneider), Pasewalk 49
Personenverzeichnis – Pierre (Schulmeister), Pasewalk 50 Fraissinet, Jean Frédéric (Seidenstrumpffabrikant) 203–204 François, Louis (Gärtner) 181 Gaillard, Luc (Kaufmann), Stettin 51 Gaultier, Antoinette (verh. Duquesne) 122, 201–202, 222, 306, 358 Gayette – Daniel 254 – Pierre (Baumeister) 43–44, 158–159, 163, 168, 227, 252–256, 262–263, 265, 269, 271, 295, 356 Gieau, Lucien (Perückenmacher) 158 Gleisberger, Conrad (Sattler) 229 Gontard, Carl Philipp Christian von (Architekt) 143, 343 Grisal – Charles (Hühnermeister, Strumpfwirker) 158, 236 – Witwe (Elisabeth Dufais, Wehmutter) 155 Günther, Johann Christoph (Mechanikus) 203 Guy – Daniel Philipp (Kammerdiener) 160, 319, 338 – Paul (Etaminfabrikant) 47, 162, 219, 227, 233, 305, 357 Hainchelin, Jean George 42 Hauschild, (Seifensieder) 242–246 Henrion, Daniel (Lichtzieher) 42, 146, 168, 356 Henry, Jean (Pastor) 138, 288, 308, 310 Hirsch – David (Samtfabrikant, Schutzjude) 115, 127–128, 166 – Marcus (Schutzjude) 129, 229 Huguenel – Abraham (Schulmeister) 147, 149, 323
505
– Abraham Pierre (Lederfabrikant) 168, 228 – Johann Friedrich (Lohgerber) 204 – Pierre Abraham (Lederfabrikant) 228–229, 236, 321–323, 328, 331 Huot, Esaye (Posamentierer) 42, 79, 165, 250–251, 263 Imbert, (Kolonierichter), Prenzlau 38 Isaak, Bernhard (Schutzjude) 127 Jaquet, Jean (Seidenkultivator) 178, 185 Joel, (Tapetenfabrikant, Schutzjude) 115, 128, 221 Jordan – Charles Louis (Kolonierichter) 153, 326 – Isaac (Kantor u. Schulmeister) 147, 149 Joseph, Samuel (Schutzjude) 252 Kambly, Johann Melchior (Bildhauer) 159 Knobelsdorff, Wenzeslaus von (Architekt) 140–141, 143 Krüger 180 – Andreas Ludwig (Architekt u. Kupferstecher) 143 Laborde – (Lichtzieher) 238–239 – Jacques (Schlosser) 152, 236, 238–239, 247, 300–302, 357–358 Lagrange – Paul (Etaminmacher) 49, 71, 166–167, 169, 217, 256–261, 265, 268–270, 272, 357 – Anne Marie (Hessert, Etaminfabrikantin) 249, 257–261, 270 Langenhagen, (Seifensieder) 244 Lavanchy, (Soldat) 171 La Roche, (Küster) 43, 263 Levin, Isaak (Schutzjude) 127
506
Personenverzeichnis
Le Clerc, (Pastor), Neustadt a. d. Dosse 136 Le Cointe, Thomas (Pastor) 42–45, 136, 138, 146, 262–263, 266–267, 272–273, 282, 287, 291–292, 295, 318, 338, 344, 356–357 Lindstedt, Daniel (Landjäger) 180 Lowiesen, (Leinweber) 266–267 Malbosc, (reformierter Offizier) 181, 318 Marchand, Louise (Händlerin) 122 Martin, Jean Guillaume (Schulhalter) 148 Massare, Sebastian (Spiegelmeister) 157, 318 Massias, Nicolas (Soldat) 318 Mazel, (reformierter Offizier) 261–262, 265, 268, 288, 315 Medden, (Maurermeister) 234 Michel, David (Schutzjude) 127 Moran, Isaac (Strumpffabrikant) 167, 216, 357 Motet, Jeanne (Wehmutter) 154, 314 Moyses, Jakob (Schutzjude) 127 Nevir – David (Müller) 132, 166, 236, 320 – Jeremie (Händler) 262, 301–303, 305, 314, 331, 357 Nicole, Michael (Kaninchenwärter) 41, 157 Noé – Louise (verh. Plantier) 298, 306 – Pierre (Bauer), Pasewalk 37 Noré, Pierre Etienne (Schulmeister) 147, 150 Noret, Jeremie (Kaninchenwärter) 157 Novis, Antoine (Strumpfwirker), Berlin 260 Oppenheimer, (Schutzjude) 228
Pally, Elie (Seidensticker) 42, 165 Papin, Jacques (Pastor) 282, 288, 313, 323, 326, 331, 345 Pasquay, Joseph (Kaufmann), Straßburg 224, 226 Patté, Godefroi (Schulhalter) 148 Payan, Antoine (Creponfabrikant) 39, 42–43, 52, 80, 158, 168, 356 Pelet, Guillaume (Pastor) 122, 138, 141–142, 144, 152, 274, 282, 287–288, 291, 295, 344, 357–358 Petitjean – Louis (Lichtzieher) 245–246 – Pierre (Seifensieder) 151, 154, 166, 168, 230, 236, 239–246, 262, 301, 303–304, 356–358 Pette, Janne (Glasmacherin) 42 Pille, (Maurermeister) 178 Plantier – André (Tabakspinner) 223, 299 – Daniel (Schulmeister) 146–147, 152, 298, 307, 357–358 – Daniel jun. (Perückenmacher) 236 Plümicke, (Amtmann) 234 Pohlens siehe Polentz 101 Polentz, von (Hauptmann, Kolonieprotektor) 45, 47, 251 Prêtre, Abraham 42 Prevôt, (Kolonierichter) 153, 155, 220, 262, 288 Raillon, François 42 Ravel, Jeanne (Schulhalterin) 148 Ravenez, (Händler) 323 Ries, Moses (Schutzjude) 127 Rindfleisch, (Prediger), Pasewalk 38 Rocheblave, Jean (Strumpffabrikant) 39, 42–43, 52, 80, 165–166, 175–176, 216, 356 Rollet, Henry (Seidensticker) 42, 165 Rollwagen, Jacob (Strumpffabrikant) 167, 216 Ruynat, Charles (Pastor) 137
Personenverzeichnis
507
Saint Paul, de – François Le Tanneux (Sprachmeister) 13 – Guillaume (Kolonierichter) 227, 239, 310 Saint Paul, de, Guillaume (Kolonierichter) 153 Sankt Paul, Wilhelm (Assessor, 1821–1844 Oberbürgermeister) 13, 153, 327–329, 331, 345–346 Schinkel, Karl Friedrich (Architekt) 142, 192, 296 Schock, Samuel (Tabakfabrikant) 115–116, 152, 190, 216, 218, 223–227, 230, 262, 357–358 Schumann, Johann Christoph (Seifensieder) 240, 242–246 Schwarz, (Tabakfabrikanten), Magdeburg 66, 226, 268 Semler, (Ratmann) 241, 243–244 Simon, David (Händler), Berlin 234 Sonsbeck, von (Maurer) 234 Splittgerber und Daum, (Bankiers, Inhaber d. Gewehrfabrik), Berlin 114, 128, 319 Stilgenbauer, Arnold (Schuster) 200, 239, 299
Toussaint, Henri (Koch) 166 Treffkorn, Carl Wilhelm (Planteur) 190
Taubert, Gotlieb (Strumpfwirker) 201, 203–205 Teichmann, Christlieb (Strumpfwirker) 201, 203–205 Thomen, Pierre (Bandfabrikant) 166, 174, 250–251 Tolin, Charles (Kolonierichter) 153, 326 Tournay, George (Koch) 161, 319
Wallis – John (Lederfabrikant) 129, 208, 228–229, 269 – John William (Lederfabrikant) 199, 207–208, 210–211, 228–230, 318, 321–322, 326 Weißbach, (Tabakfabrikant) 226 Weil, (Ratmann) 328 Wolf, Isaak (Schutzjude) 127
Ungena, (Zeugschmied) 234 Vattel, David (Pastor), Neuchâtel 263 Villain, Jean 42 Villardoz, David Henry (Kammerdiener) 315 Villaret – Christine Charlotte (Seidenkultivatrice) 184 – Daniel Philipp (Kaufmann) 152–153, 184, 236, 262, 357–358 Villaume – Daniel (Kantor, Schulmeister) 43–44, 146–147, 149, 152, 208–209, 263, 356–358 – Friedrich Ludwig 207–211, 213 – Samuel (Privatsekretär Friedrich II.) 160, 209–210, 213, 280, 304, 326, 338 Villemart, (Émigré) 206–207 Vogel, (Zimmermeister, Seidenkultivator) 178