Die Nordwestslawen und ihr Anteil an der Geschichte des Deutschen Volkes [Reprint 2021 ed.] 9783112499542, 9783112499535


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Die Nordwestslawen und ihr Anteil an der Geschichte des Deutschen Volkes [Reprint 2021 ed.]
 9783112499542, 9783112499535

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Sitzungsberichte des Plenums und der Klassen der Akademie der Wissenschaften der DDR

Joachim Herrmann

Die Nordwestslawen und ihr Anteil an der Geschichte des deutschen Volkes

AKADEMIE-VERI A G • BERLIN

5 1972

Sitzungsbericht des Plenums und der Klassen der Akademie der Wissenschaften der DDR

Jahrgang 1972

Nr. 5

Joachim Herrmann

DIE NORDWESTSLAWEN UND IHR ANTEIL AN DER GESCHICHTE DES DEUTSCHEN VOLKES Mit 6 Abbildungen und 5 Karten

AKADEMIE-VERLAG•BERLIN

Vortrag von Prof. Dr. Joachim Herrjnann, gehalten im Plenum der Akademie der Wissenschaften der DDR am 23. März 1972

Herausgegeben im Auftrage des Präsidenten der Akademie der Wissenschaften der DDR von Vizepräsident Prof. Dr. Werner Hartke

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 Copyright 1973 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/245/73 • P 32/73 Herstellung: IV/2/14 VEB Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibniz«, 445 Gräfenhainichen/DDR • 4039 Bestellnummer: 2010/72/5 • E S 14 C/14 D EDV-Nr. 752 374 9 5 -

In den Geschichtsdarstellungen der europäischen Völker, insbesondere auch unserer sozialistischen Nachbarn, nimmt nach den umwälzenden geschichtlichen Ereignissen der neuesten Zeit und den bedeutenden Klassenkämpfen der jüngeren Geschichte kaum eine andere Geschichtsperiode einen vergleichbar breiten Raum ein wie das frühe Mittelalter. 1 Das ist durchaus nicht zufällig, vollzogen sich doch in jenen Jahrhunderten — von der Mitte bis zum Ende des 1. Jahrtausends u. Z. — der fast den ganzen Kontinent umspannende Ubergang zur feudalen Gesellschaftsordnung und die Herausbildung der größtenteils bis heute geschichtswirksamen Völker Europas. F ü r viele Länder des mittleren, östlichen und nördlichen Europas * fiel dieser Prozeß zugleich zusammen mit dem Übergang von urgesellschaftlichen Lebensformen zu denen der antagonistischen Klassengesellschaft. 2 Jürgen Kuczynski prägte unlängst gleichsam im Rückblick aus der fernen Perspektive der entwickelten kommunistischen Gesellschaft das Bild von der Klassengesellschaft als einer menschheitsgeschichtlich kurzen Übergangsperiode zwischen urkommunistischer Gesellschaft und kommunistischer Gesellschaft. 3 Folgen wir diesem Bild, so wurde diese Übergangsperiode in großen Teilen Europas im frühen Mittelalter eingeleitet, während sie der revolutionäre Umwälzungsprozeß unserer Tage abschließt. Wenn heute im weltweiten Prozeß des Übergangs zum Sozialismus die Herausbildung sozialistischer Nationen und deren zunehmende Annäherung ein grundlegender Bestandteil dieses Prozesses sind, so war die Herausbildung der Völker Europas ein Hauptbestandteil des Geschichtsprozesses vor ein- bis eineinhalbtausend J a h r e n . 4 Damals wurden entscheidende Weichen für die nachfolgende Geschichte gestellt. Es blieb nicht aus, daß mit der Herausbildung des bürgerlichen Nationa* Unter „Nordwestslawen" werden die im frühen Mittelalter im Nordwesten des slawischen Siedlungsgebietes ansässigen Stämme und Stammesverbände verstanden, also im wesentlichen die Stämme westlich der Oder und nördlich der Mittelgebirge. Es bedarf nicht besonderer Betonung, daß diese Stämme weder in sozialökonomischer noch in politischer, kultureller oder sprachlicher Hinsicht jemals eine Einheit gebildet haben.

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lismus eben dieser Nationalismus zugleich den Blick bürgerlicher Historiker für jene Epoche verschleierte oder bestimmte. Bei aller Differenziertheit der Theorien und Darstellungen bürgerlicher Geschichtswissenschaft über Umfang, Triebkräfte und Ergebnisse dieser Epoche werden sie durchweg der Rolle der Volksmassen in diesem Umwälzungsprozeß nicht gerecht. Dagegen werden die Stellung und Bedeutung der Herrschenden, d. h. des Adels, der Fürsten und letzlich einer „Elite" überhöht. 5 Teilweise suchen diese Theorien die Triebkräfte für den frühmittelalterlichen Umwälzungsprozeß im Bereich des Irrationalen, Nationalistisch-Mystischen. 6 Diese Grundzüge bürgerlichen deutschen Geschichtsdenkens liegen in ausgeprägtem Maße auch dem Bild von der Geschichte der slawischen Nachbarvölker zugrunde. Durch Herabminderung der Stellung und Leistung dieser Völker in der Geschichte sollte deren gewissermaßen „naturgegebene" Rolle von „Dienern" der Geschichte erwiesen und daher im Extremfall die Aggression gegen diese Völker ideologisch gerechtfertigt werden. 7 Das Bild, das heute unter den Bedingungen der Ostpolitik der B R D gezeichnet wird, ist gewandelt und läuft in der Grundtendenz darauf hinaus, vor allem die westslawischen Völker als Bestandteil des „Abendlandes" diesem enger zu verbinden — und dabei gleichzeitig zur Wandlung des Sozialismus in diesen Ländern beizutragen. 8 Auch hierfür werden Modelle in der frühmittelalterlichen Geschichte gefunden, etwa in der Auseinandersetzung im 9. und 10. Jh. in einigen westslawischen Staaten um das „Ostchristentum" und „Westchristentum". Wenn von der Historiographie des bürgerlichen und imperialistischen Deutschlands die Rede war, dann soll nicht übersehen werden, daß sich gegen den Chauvinismus und Nationalismus auch eine andere Forschungsrichtung mehr oder weniger wirksam zu behaupten verstand. Sie wurde allerdings weniger von Historikern ex professio verkörpert, sondern von Schriftstellern wie Johann Gottfried Herder 9 im 18. Jh., oder von Wissenschaftlern anderer Disziplinen wie Rudolf Virchow 10 in der zweiten Hälfte des 19. Jh., schließlich C. Schuchhardt 11 , W. Unverzagt 1 2 oder R. Trautmann 1 3 in unserem Jahrhundert. Mit dem Wirken der vier zuletzt genannten sind grundlegende Forschungen zur Geschichte und Kultur westslawischer Stämme und Völker im frühen Mittelalter an der Berliner Akademie verbunden. In ungleichem Verhältnis zur Bedeutung der Geschichtsepoche steht der Umfang der schriftlichen Quellen, die sie uns hinterlassen hat. Die wenigen Annalen, Chroniken und Urkunden sind zudem ausschließlich von Vertretern der herrschenden Klasse oder in ihrem Interesse geschrieben. Die Umwälzung in der Gesellschaft und die Geschichte der breiten Volksmassen werden in den Quellen nicht oder nur sehr wenig reflektiert. Diese Quellenlücke war nur

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zu schließen, und ein objektives Bild von den ökonomischen und sozialökonomischen Grundprozessen war für die Wissenschaften nur zu erarbeiten, wenn andere Quellenarten erschlossen werden konnten. Die Praxis hat gezeigt, daß entscheidende neue Quellen von der historischen Archäologie bereitgestellt werden können. Damit war und ist von den Arbeitsergebnissen dieser Disziplin unsere Kenntnis erheblich abhängig. 14 Der Wesenszug der historischen Archäologie besteht darin, daß sie auf der Grundlage der marxistisch-leninistischen Theorie aus einer unendlichen Zahl von Einzelquellen und Befunden, die im Arbeits- und Lebensprozeß der vergangenen Generationen entstanden sind und die sich in gegenständlicher Form ausdrücken, mittels geeigneter Analysemethoden die historischen Grundlagen erforscht. Die historische Archäologie kann nach Lage der Quellen nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie sich engstens mit naturwissenschaftlichen Disziplinen oder Methoden verbindet, von der Botanik, Pollenanalyse, Zoologie und Anthropologie bis zur Metallographie, Spektralanalyse, Geophysik und Isotopenphysik. 15 Diese Erkenntnisse wurden im vergangenen Dezennium durch die Akademieforschung in der DDR zum Teil bereits umgesetzt. Wenn es trotz den im Vergleich zur internationalen Entwicklung bescheidenen materiellen und personellen Voraussetzungen dennoch gelungen ist, einige tragfähige und beachtete Ergebnisse zu erzielen, dann vor allem auf Grund konzentrierter Fragestellungen und engster aufeinander abgestimmter Zusammenarbeit der beteiligten Disziplinen und ihrer Vertreter. 16 Das heutige Bild von der Geschichte der nordwestslawischen Stämme und Völkerschaften gründet sich auf eine derartige enge Zusammenarbeit von der Konzeption bis zur Ausarbeitung der Themen. In vergleichbarer Weise wurde auch in den anderen sozialistischen Ländern Europas gearbeitet. Auf Grund dessen'begann sich das Bild von der Frühgeschichte der Völker und Staaten Mittel- und Osteuropas in den vergangenen beiden Jahrzehnten vollständig zu wandeln. Das Bild, das die marxistische Geschichtsforschung heute gibt, wird durch folgende gesicherte Grundzüge bestimmt: 1. In der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends vollzog sich ein rascher wirtschaftlicher und sozialökonomischer Wachstumsprozeß, in dessen Verlauf sich der Produktionsumfang vervielfachte. 17 2. Auf dieser Grundlage, verbunden mit den Auseinandersetzungen mit der spätantiken Sklavenhaltergesellschaft und mit ihren Resten vollzog sich über mehrere Jahrhunderte hinweg eine soziale und politische Revolution (den Begriff der sozialen und politischen Revolution im Zusammenhang mit der Herausbildung der Feudalgesellschaft hat m. W. erstmals E. Engelberg umfassend in die deutschsprachige marxistische Geschichtsliteratur eingeführt. 18 )

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Diese soziale und politische Revolution führte zur Herausbildung der Herrschaft des Feudaladels und fand mit der Bildung feudaler Staaten zwischen der Mitte des 9. J h . und der Mitte des 10. Jh. im wesentlichen ihren Abschluß.« 3. Die soziale und politische Revolution wurde in harten Kämpfen der sich herausbildenden Grundklassen der Feudalgesellschaft um die Gestaltung feudaler Produktionsverhältnisse und des feudalen Staates durchgesetzt. 20 4. Die Umwälzung der Ideologie, d. h. der Übergang zum Christentum, war ein unabdingbarer Bestandteil dieses revolutionären Ubergangsprozesses. 21 5. Unter den Bedingungen und im Zusammenhang mit der sozialen Revolution und der Bildung feudaler Staaten begann auf multiethnischer Ausgangsbasis der zerfallenden Gentilgesellschaft die Herausbildung der Völkerschaften und Völker der Mährer, Slowaken, Tschechen, Polen, Obodriten und Sorben. Durch diese Grunderkenntnisse über Inhalt und Umfang der sozialen Revolution im Übergang zum Feudalismus wurden die nationale Teleologie, die bürgerliche Mystifizierung der Staatsentstehung, die einseitige Hervorhebung der Rolle des Adels und die Vernachlässigung der Rolle der Volksmassen weitgehend überwunden. In diesem allgemeinen Geschichtsprozeß gerieten die Stämme und Völkerschaften zwischen Oder und Elbe-Saale bzw. oberem Main in eine historische Stellung, die durch folgende Bedingungen gekennzeichnet war: 1. Durch das Erstarken des Fränkischen Reiches als erster und mächtigster feudaler Staat in West- und Mitteleuropa seit dem 6. Jh. und durch dessen Expansion, die u. a. auch gegen die slawischen Stämme gerichtet war. 2. Durch das Entstehen und Erstarken des Großmährischen Reiches in der Mitte des 9. Jh., des tschechischen Staats seit Anfang des 10. J h . und des polnischen Feudalstaats seit der Mitte des 10. Jh. sowie des dänischen Feudalstaates seit dem 9. J h . 3. Diese äußeren Faktoren wirkten auf die Herausbildung der Klassengesellschaft und den Klassenkampf bei den nordwestslawischen Stämmen seit dem 9. Jh. ein. Sie führten dazu, daß die Auseinandersetzungen in der Regel dadurch bestimmt wurden, daß die Volksmassen zugleich gegen die Expansion der benachbarten feudalen Staaten und gegen den Adel im eigenen Land, der mit den Feudalherren dieser Staaten verbunden war, kämpften. 2 2 4. Bedeutsam war das starke Durchdringen und Zusammensiedeln von Menschengruppen weitestgehend unterschiedlicher ethnischer Herkunft, das sich im Verlauf des Feudalisierungsprozesses und seiner vollen Durchsetzung bis zum 13. J h . ständig verstärkte. 2 3

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Aus der Vielzahl von Problemen und Ereignissen der Geschichte der slawischen Stämme auf dem Territorium der heutigen DDR sollen einige wesentliche, geschichtsentscheidende, herausgehoben werden. Ein erstrangiges Problem ist das der slawischen Einwanderung. Es ist nicht völlig gelöst. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben jedoch die Grenzen im großen und ganzen klarer abgesteckt, in denen sich Hypothesen und Theorien über die Einwanderung allein bewegen können. Der Rahmen sicherer Erkenntnisse wird m. E. durch folgende Tatsachen und Zusammenhänge bestimmt: 1. Die Einwanderung erfolgte vor allem in der zweiten Hälfte des 6. J h . und in den ersten Jahrzehnten des 7. Jh. 2. Die Einwanderer trafen im allgemeinen auf eine unerschlossene Landschaft. Nur in wenigen Gebieten lebten Reste älterer Bevölkerungsgruppen, mit denen die Einwanderer zusammentrafen und die sie assimilierten. 3. Die Einwanderung erfolgte nicht in einem Zuge, sondern in verschiedenen Etappen aus verschiedenen Richtungen. Die ältesten Gruppen wanderten aus den Gebieten östlich der Oder ein, also unmittelbar aus dem jahrhunderteoder gar jahrtausendealten Siedlungsgebiet der slawischen Stämme. Weitere Gruppen gelangten über das Elbe- und Odertal aus südlicher bzw. südöstlicher Richtung aus sekundären Siedlungsgebieten in die Landschaften zwischen Oder und Elbe. Diese mehrschichtigen Einwanderungen führten dazu, daß slawische Stämme unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlichem Entwicklungsniveau in den Gebieten westlich der Oder aufeinandertrafen. Das historische Spannungsfeld, das sich daraus ergeben hat, ist zwar festzustellen, jedoch erst in Ansätzen zu umschreiben. 4. Die Einwanderer lebten in gesellschaftlichen Verhältnissen, für die gentilgesellschaftliche Organisationsformen und Institutionen bestimmend waren. Die hauptsächlichsten überlokalen Formen waren Stamm und Stammesverband. 5. Die Besiedlung der Gebiete westlich der Oder erfolgte im Zusammenhang mit der umfassenden Wanderung slawischer Stämme. Diese Wanderung zielte in der ersten Hälfte des 6. Jh. vor allem auf die ehemaligen provinzialrömischen Gebiete an der unteren Donau bzw. auf die Balkanprovinzen des byzantinischen Reiches. Auf diese Südwanderung nahmen die Awaren durch ihr Eindringen in das untere Donaugebiet und ihre Ansiedlung im ehemaligen Pannonien und in Teilen Transsilvaniens insbesondere seit den sechziger Jahren des 6. J h . Einfluß. 6. In einer Reihe von Quellen werden seit dem 7. J h . Stämme gleichen Namens auf dem Balkan und in den Gebieten zwischen Elbe und Oder und in anderen Teilen des slawischen Siedlungsgebietes erwähnt, die auf Grund

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gleicher Namensform zweifelsfrei ursprünglich einheitliche Stämme bildeten, sich im Verlauf der Wanderungen jedoch aufspalteten. Traditionsüberlieferungen balkanslawischer Stämme aus dem Mittelalter wissen z. B. um die enge Verwandtschaft zwischen Serben auf dem Balkan und Sorben an Elbe und Saale. Jede Hypothese über die Herkunft der slawischen Stämme und über ihre Westausdehnung wird diese Grundverhältnisse berücksichtigen müssen, wobei freilich der Raum für Hypothesen zu historischen Einzelvorgängen immer noch außerordentlich weit bleibt. Bei Lage der Quellen wird eine Eingrenzung dieser Möglichkeiten durch die Forschung noch längere Zeit in Anspruch nehmen. In erster Linie werden zu einer solchen Eingrenzung weitere archäologische Forschungen in enger Verbindung mit naturwissenschaftlichen Untersuchungen beitragen (z. B. ist es methodisch möglich, das Problem der Verbindung zu älteren einheimischen Bevölkerungsgruppen, der Übernahme oder Neugestaltung einer Kulturlandschaft, durch ein dichteres Netz von pollenanalytischen Untersuchungen nach und nach sicherer zu lösen; ebenso wird der Fortschritt der dendrochronologischen Analysen die genauere Bestimmung der Einwanderungszeiten hoffentlich in absehbarer Zeit erlauben). Eine Überprüfung der Einwanderungshypothesen durch die Sprachwissenschaft unter Beachtung der Grundprinzipien des marxistischen Historismus scheint dringend erforderlich. Beruht doch das Gebäude unserer Kenntnisse über die Sprach zusammenhange im wesentlichen auf Forschungsergebnissen und Klassifikationen des 19. Jh. und der ersten Jahrzehnte des 20. J h . Es ist verständlich, wenn unter diesen vielfältigen Desideraten heute noch jede Hypothese über die Einwanderung slawischer Stämme in die westodrischen Gebiete ein hohes Maß von strittigen Aussagen enthält. Nur in diesem Sinne kann auch die folgende Hypothese verstanden werden. Das Territorium westlich der Oder wurde im wesentlichen im 6. und 7. J h . von slawischen Stämmen besiedelt, und zwar durch mehrere große Einwanderungszüge aus verschiedenen Richtungen. Die slawischen Wanderungen waren im allgemeinen während des 6. Jh. vor allem nach Süden gegen das byzantinische Reich und seine Balkanprovinzen sowie auf die ehemals römischen Donauprovinzen gerichtet. In den seit dem Anfang des 6. J h . ständig an Umfang zunehmenden slawischen Einfällen, Kämpfen und schließlich nach der Zeit Justinians umfangreichen Siedlungen bis über den Peloponnes trugen die slawischen Stämme, vergleichbar den germanischen Stämmen, zur Zerschlagung der antiken Sklavenhaltergesellschaft bzw. ihrer Reste und zur Herausbildung der Grundlagen der Feudalgesellschaft bei. 2 4 Verschiedene Indizien deuten darauf hin, daß einige Stämme, die seit dem 7-/8. Jh.

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westlich der Oder an der Spitze der Entwicklung standen, ursprünglich zunächst an den Auseinandersetzungen auf dem Balkan beteiligt waren und sich erst nach dem Awareneinfall im Jahre 568 dem awarischen Druck durch Abwanderung nach Norden entzogen haben. Das betrifft vor allem die Obodriten in Mecklenburg und Holstein sowie die Sorben. 25 Der Beginn der Geschichte der slawischen Stämme zwischen Elbe und Oder ist daher nicht zu verstehen, wenn diese Verbindungen einiger Stämme im 6. J h . mit den Auseinandersetzungen auf dem Balkan unbeachtet bleiben. Des weiteren bedarf die Frage nach den sozialökonomischen Ursachen der slawischen Wanderungen aus ihren Ausgangslandschaften im Flußgebiet der Weichsel und östlich davon einer weiteren Untersuchung. Die internationale Diskussion darüber ist gegenwärtig im Gange, und es gibt eine Vielzahl von Meinungen dazu. 2 6 Nach meiner Auffassung ist die auf der Karte (Abb. 1) dargestellte Einwanderungshypothese zureichend begründet. Sie erklärt das unterschiedliche sozialökonomische und kulturelle Ausgangsniveau der verschiedenen Gebiete als wesentlichen Faktor des Umwälzungsprozesses in den folgenden Jahrhunderten. 2 7 Im Verlauf der Einwanderung und daran anschließend wurden auf dem größten Teil des Territoriums der heutigen DDR slawische Siedlungen angelegt, und es begann sich, ebenso wie in den Nachbargebieten, die Gliederung des Landes in Kultur- und Naturlandschaft abzuzeichnen (Abb. 2). Ein Grundproblem bildet die Analyse der Wirtschaftsentwicklung. Forschungen, die auf der Zusammenarbeit verschiedener Einzeldisziplinen und Forschungsrichtungen von der Archäologie, Mediävistik und Onomastik über Pollenanalyse, Kulturpflanzenforschung, Paläozoologie, Metallographie und Mineralogie beruhen, führten zu einer neuen Stufe unserer Kenntnis von den wirtschaftlichen Grundlagen und der Dynamik ihrer Entwicklung. 2 8 Auf Grund neuerer Untersuchungen kann diese Entwicklung mit der anderer Gebiete, sowohl der westlich als auch der östlich anschließenden, verglichen werden. 29 Die Verbindung von archäologiscli-stratigraphischen und siedlungsarchäologischen Forschungen mit pollenanalytischen Untersuchungen erlaubte die Ausarbeitung von Methoden, die die feinere zeitliche Chronologie sowie die inhaltliche Differenzierung der Pollendiagramme im Hinblick auf die in ihnen enthaltene Information über die Wirtschaftsentwicklung ge-

Abb. 2. Verteilung von Siedlungsgebieten und Wald bzw. unbesiedelten Gebieten in Mitteleuropa um 1000 u. Z.

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Abb. 3. Lage der pollenanalytisch bearbeiteten Fundstellen (a — im germanischen, b — im slawischen Siedlungsgebiet) und der makrobotanisch bearbeiteten Fundstellen (c — im germanischen, d — im slawischen Siedlungsgebiet), -a — germanisches Siedlungsgebiet: 1 Rheiderland, Bohrung KL 37 (K.-E. Behre, Die Entwicklungsgeschichte der natürlichen Vegetation im Gebiet der unteren Ems und ihre Abhängigkeit von den Bewegungen des Meeresspiegels. Probleme der Küstenforschung im südlichen Nordseegebiet, Bd. 9, 1970, S. 13—48, Abb. 4); 2 Flögeln, Kr. Wesermünde (E. Lange, 1971, Abb. 15, Nr. I I ) ; 3 Bordelum, Kr. Husum (E. Lange, 1971, Abb. 19, Nr. 2); 4 Zwillbrocker Venn, Kr. Vreden (E. Lange, 1971, Abb. 18, Nr. 18); 5 Bissendorfer Moor, Kr. Burgdorf (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 20); 6 Esterweger Moor, Kr. Aschendorf-Hümmling (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 9); 7 Süderlügum, Kr. Südtondern (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 1); 8 Wittmoor, Kr. Hamburg (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 13); 9 Satrupholmer Moor, Kr. Schleswig (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 3); 10 Melbecker Moor, Kr. Lüneburg (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 14); 11 Kayhauser Moor, Gem. Bad Zwischenahn, Kr. Ammerland (E. Lange, 1971, Abb. 14, Nr. 10); 12 Schmücker Graben, Kr. Suhl (E. Lange, H. Schlüter, Zur Entwicklung eines montanen Quellmuldenmoores und des Vegetationsmosaiks seiner Umgebung seit dem frühen Mittelalter. Flora, im Druck); 13 Rotes Moor, Kr. Fulda (E. Lange, 1971, Abb. 22, Nr. 35); 14 Gifhorn-Großes Moor, Kr. Gifhorn (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 21); 15 Dätgen, Kr. Rendsburg (E. Lange, 1971, Abb. 21, Nr. 4); 16 Holler Moor, Gem. Hude, Kr. Oldenburg (E. Lange, 1971, Abb. 14, Nr. 10); 17 Lohne, Kr. Vechta (E. Lange, 1971, Abb. 14, Nr. 19); 18 Rheiderland, Kr. Leer, Bohrung RL 7 (K.-E. Behre, wie Nr. 1, Abb. 7); 19 Schalkenmehrener Maar, Kr. Daun (H. Straka, Pollenanalyse und Vegetationsgeschichte, 2. Aufl., Neue Brehm-Bücherei Heft 202, Wittenberg/Lutherstadt 1970, S. 47, S. 62); 20 Sonnenberger Moor, Kr. Blankenburg/Harz (H. Willutzki, Zur Waldgeschichte und Vermoorung sowie über Rekurrenzflächen im Oberharz. Nova Acta Leopoldina, N. F. 25, Nr.160, 1962.); 21 „Auf dem Acker", Kr. Blankenburg/Harz (H. Willutzki, wie Nr. 20, Taf. I I ) ; 22 Großer Beerberg, Kr. Suhl (E. Lange, Zur Vegetationsgeschichte des Beerberggebietes im Thüringer Wald. Feddes Repertorium 76, 1967, S. 205-219). b — slawisches Siedlungsgebiet: 1 Jez. Mielno, Kr. Lipno (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 31); 2 Jez. Mikolajskie, Kr. Mikolajki (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 8); 3 Altfriesack, Kr. Neuruppin (E. Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 25); 4 Ralswiek, Kr. Rügen (E. Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 5); 5 Feldberg, Kr. Neustrelitz (E, Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 17); 6 Presenchen, Gem. Schiabendorf, Kr. Luckau (E. Lange, 1972); 7 Slopiec, Kr. Kielce (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 34); 8 Thurow, Schwarze See, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 9 Thurow, Waldsee, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 10 Serwest, Kr. Eberswalde (E. Lange, 1971, Abb. 20, Nr. 29); 11 Demmin, Kr. Demmin (E. Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 15); 12 Waltersdorf, Kr. Königs Wusterhausen (E. Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 27); 13 Blizyn, Kr. Kielce (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 34); 14 Suchedni6w, Kr. Kielce (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 34); 15 Thurow, Acker, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 16 Thurow, Pankower Ort, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 17 Thurow, Neubrück, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr, 16); 18 Thurow, Plasterinsee, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr.,16); 19 Thurow, Plasterinsee, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 20 Spandau, Berlin-West (E. Lange, 1971, Abb. 20, Nr. 26); 21 Garz, Kr. Rügen (E. Lange, 1971, Abb. 24, Nr. 6); 22 Prützke, Kr. Brandenburg (E. Lange, 1971, Abb. 24^ Nr. 22); 23 Friedland, Kr. Beeskow (E. Lange, 1971, Nr. 30); 24 St^zki, Kr. Kartuzy (E. Lange, 1971, Abb. 23, Nr. 7); 25 Thurow, Weg 121, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 26 Thurow, Klockenbruch, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 27 Thurow, Fürstenseer Moor, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 28 Thurow, Serrahn, Kr. Neustrelitz (E. Lange, 1971, Abb. 17, Nr. 16); 29 Chorin, Lecker Pfuhl, Kr. Eberswalde (E. Lange, Abb. 20, Nr. 29); 30 Chorin, Moosluch, Kr. Eberswalde (E. Lange, 1971, Abb. 20, Nr. 29); 31 Chorin, Schäferpfuhl, Kr. Eberswalde (E. Lange, 1971, Abb. 20, Nr. 29); 32 Eberswalde, Kr. Eberswalde (E. Lange, 1971, Abb. 20, Nr. 28); 33 Frankenberg, Kr. Hainichen (E. Lange, W. Heinrich, Floristische und vegetationskundliche Beobachtungen auf dem MTP Frankenberg (5044). Hercynia 7, H. 1 - 3 , S. 53-86, Abb, 23); 34 Hainichen, Kr. Hainichen (E. Lange, W. Heinrich, wie Nr. 33, Abb. 22); Die Nachweise für c und d vgl. bei E. Lange, 1971, Anhang 1, 2, 4.

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statteten. Auf dieser Grundlage war es möglich, genauere, geographisch und temporär fixierte Daten zur Entwicklung des Ackerbaues für das erste J a h r tausend und den Anfang des zweiten Jahrtausends u. Z. zu erhalten. Die Karte (Abb. 3) zeigt die Lage der untersuchten Objekte. Die Streuung ist forschungsbedingt ungleichmäßig und weist ïm Gebiet der D D R größere Dichte auf. Die graphische Zusammenstellung (Abb. 4) erfaßt alle Diagramme in Nummern verschlüsselt auf der Ordinate unter dem Gesichtspunkt ihrer Aussage zum Umfang und zur Dauer des Ackerbaues. Auf der Abszisse befindet sich die Zeitskala. Die Stärke der einzelnen Säulen gibt in vier Stufen den nachgewiesenen Umfang des Getreideanbaues wieder. In der links stehenden Abbildung sind die Ergebnisse aus dem germanischen bzw. deutschen Gebiet, also im wesentlichen westlich von Elbe und Saale, dargestellt. Die rechts stehende Abbildung zeigt die Ergebnisse aus dem slawischen Siedlungsgebiet. Eine intensive Auswertung der Diagramme ist hier nicht geboten. Jedoch sei auf die wesentlichste Aussage besonders aufmerksam gemacht: Sowohl im germanischen als auch im slawischen Siedlungsgebiet setzte eine kontinuierliche Ackernutzung erst seit der Mitte des ersten Jahrtausends u. Z., vor allem im 3. Viertel des 1. Jahrtausends, ein. Damit aber sind die über mehr als ein Jahrhundert geführten Diskussionen u m die Dreifelderwirtschaft oder andere Formen des Agrarsystems, die eine kontinuierliche Ackernutzung voraussetzten, für die Zeit vor dem dritten Viertel des 1. Jahrtausends gegenstandslos geworden. Der Vergleich der Abbildungen zeigt, daß hinsichtlich der Kontinuität und des Umfanges des Ackerbaues zwischen germanischen und slawischen Gebieten kein grundsätzlicher Unterschied bestand. Diese Aussage wird deutlicher, wenn der Zuwachs und der Umfang der kontinuierlich genutzten Acker — bezogen auf die Gesamtzahl der Pollendiagramme — dargestellt werden (Abb. 5 ; unter kontinuierlich genutzter Ackerfläche wird eine Nutzungsdauer über wenigstens 10 Generationen, d. h.

Abb. 4. Kontinuität und Diskontinuität der Ackernutzung im 1. Jt. und in der ersten Hälfte des 2. Jt. auf Grund pollenanalytischer Untersuchungen. a) Analysen aus dem germanischen Siedlungsgebiet; b) Analysen aus dem slawischen Siedlungsgebiet. Die Nummern auf der Ordinate geben die Lage der Analysenorte auf Abb. 3 an. Die Stärke der Säulen drückt aus: 1 — geringe Anzeige von Getreideanbau; 2 — deutliche Anzeige von Getreideanbau; 3 — ausgedehnter Getreideanbau; 4 — sehr ausgedehnter Getreideanbau, (eine statistische Erfassung der Werte ist auf Grund der unterschiedlichen Wiedergabe der Untersuchungsergebnisse nicht möglich.

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Abb. 5. Zuwachs der kontinuierlichen Ackernutzung im 1. J t , und in der ersten Hälfte des 2. J t . u. Z.

I — Zuwachs in den Gebieten westlich der Oder (für die erste Hälfte des 1. J t . ) bzw. westlich von Elbe und Saale (seit der Mitte des 1. J t . ) — Germanisches bzw. deutsches Siedlungsgebiet. II — Zuwachs in den Gebieten östlich der Oder (für die 1. Hälfte des 1. J t . ) bzw. östlich vonElbe und Saale (seit der Mitte des 1. J t . ) — Slawisches Siedlungsgebiet. Die Prozentwerte beziehen sich auf die Gesamtzahl der auswertbaren, in Abb. 3 nachgewiesenen Digramme.

•etwa 300 Jahre, verstanden). Die mit I bezeichnete Kurve gibt den Zuwachs und den Umfang kontinuierlicher Ackernutzung in den germanischen bzw. •deutschen Gebieten, die mit II bezeichnete Kurve das gleiche in den slawischen Siedlungsgebieten an. Die Tendenzen beider Kurven liegen gleich, jedoch gibt es im 1. Viertel des 2. Jahrtausends im slawischen Gebiet eine geringere Steigerung als in den westlich angrenzenden •Gebieten. Die technischen Grundlagen für diese beachtliche Agrarentwicklung in den slawischen Gebieten lagen — wie mir scheint — in drei wesentlichen Neuerungen begründet: 1. In der Einführung des Roggens als neuer und wichtiger Getreidekultur. Unter den klimatischen Bedingungen des 1. Jahrtausends bot diese Kultur kontinuierliche Erträge, auch wenn der Bearbeitungsaufwand wohl zunahm (Abb. 6). Seit dem 6./7. J h . breitete sich der Roggen auf dem Territorium der heutigen DDR als wichtige Ackerkultur aus, seit dem 8./9. J h . setzte er sich -auch allmählich in den westlich angrenzenden Gebieten und im 9./10. J h . in Dänemark und Schweden durch. Ursprünglich wurde der Roggen nach unseren heutigen Kenntnissen in den nördlichen Provinzen des Römerreiches als

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A b b . 6. Die Ausbreitung des R o g g e n a n b a u e s in Mitteleuropa im 1. J t . u. Z. auf Grund der Getreidefunde und der pollenanalytischen Untersuchungen. Ausgewiesen ist der prozentuale Anteil der Fundstellen bzw. Pollendiag r a m m e , in denen der A n b a u von R o g g e n nachgewiesen ist, bezogen auf die G e s a m t z a h l der für die Untersuchung zur V e r f ü g u n g stehenden Fundstellen bzw. Pollendiag r a m m e . L a g e der Orte auf K a r t e A b b . 3 I — Provinzialrömisches bzw. ehemals provinzialrömisches Gebiet; II — Germanisches Siedlungsgebiet; I I I — Slawisches Siedlungsgebiet. Der Umfang des zugrunde liegenden Materials ist aus Abb. 3 und den dort zitierten Tabellen von E . Lange ersichtlich.

Hauptanbaupflanze kultiviert; von dort gelangte er wahrscheinlich über das obere Weichselgebiet zu den slawischen Stämmen. Die Grafik, die auf makro- und mikrobotanischen Analysen einer großen Anzahl von Fundorten beruht, zeigt die Zunahme des Roggenbaues, ausgedrückt im Verhältnis zur Gesamtzahl der untersuchten Objekte. Kurve I gibt die Verhältnisse auf römischem Provinzialland an, Kurve II die Verhältnisse im germanischen Siedlungsgebiet außerhalb der römischen Provinzen, und Kurve III die Verhältnisse im slawischen Siedlungsgebiet. 2. Die zweite Neuerung bestand in der Einführung eisenbeschlagener Pfluggeräte, die ebenfalls an antike Formen anknüpften und die einzelne Gebiete Mitteleuropas unterschiedlich erfaßte (Abb. 7). 3. Die dritte Neuerung führte zur Gewinnung einer neuen Zugkraft, des Pferdes, für den Ackerbau. Die Nutzung des Pferdes neben der traditionellen Rinderanspannung hatte die Entwicklung einer effektiven Anschirrung zur 2

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Abb. 7. Fundorte von Pflügen und Pflugteilen aus der zweiten Hälfte des 1. Jt. 1 Dabergotz, Kr. N e u r u p p i n (U. Bentzien, Der H a k e n v o n D a b ergötz. Tools a n d Tillage I, 1, S. 50—55); 2 Wiesenau, K r . E i s e n h ü t t e n s t a d t , (D.-W. Buck, H . Geisler, A u s g r a b u n g e n auf d e m älterslawischen Burgwall „Grodisch" b e i Wiesenau, K r . E i s e n h ü t t e n s t a d t , i m J a h r e 1970. A u s g r a b u n g e n u n d F u n d e 16, 1971, S. 146—154); 3 N a u m b u r g , Kr. N a u m b u r g (B. S c h m i d t , Die s p ä t e Völkerwanderungszeit in Mitteld e u t s c h l a n d , Halle 1961, S. 145, Tf. 61); 4 R ö t h a , Kr. B o r n a (J. K r e t z s c h m a r , Die H e r k u n f t d e r f r ü h geschichtlichen Pflugscharen in Sachsen. Sachsens Vorzeit 4, 1940 (1941), S. 45—54); 5 Leipzig, K r . Leipzig- (J. K r e t z s c h m a r — wie Nr. 4) ; 6 Zehren, Kr. Meißen (W. Coblenz, Die G r a b u n g e n auf d e m Zehren e r B u r g b e r g 1957. A u s g r a b u n g e n u n d F u n d e 3, 1958, S. 3 4 - 3 9 ) ; 7 Klucov, Kr. Kolin (F. Sach, Ràdio a p l u h n a üzemi Ceskoslovenska. Védecké p r a c e Zemédèlského Muzea 1961, S. 25—155, A b b . 33 u. 34); 8 S t a r é Mèsto, K r . Uherské H r a d i l t è (F. Sach, wie Nr. 7, Abb. 35 u . 36 ; V. H r u b y , Staré Mèsto, P r a h a 1965, S. 237f., A b b . 29, 1. 3); 9 P r i t l u k y , K r . B f e c l a v (F. Sach, wie Nr. 7, A b b . 48); 10 G a r s - T h u n a u , K r . H o r n (L. Schmidt, A n t i k e u n d mittelalterliche Pflugscharen in Österreich. Archaeologia Austriaca 19/20, 1956, S. 233, A b b . 3 ; H . Friesinger, Beiträge z u r Besiedlungsgeschichte des nördlichen Niederösterreich i m 9. bis 11. J a h r h u n d e r t . Archaeologia A u s t r i a c a 38, 1965, S. 44—85, bes. S. 49," A b b . 16, 1) ; 1 1 G a j a r y - P u s t a t i n a Vrablicova, Kr. B r a t i s l a v a (F. Sach, wie Nr. 7, A b b . 64; J . Eisner, Sidliste ze starsi d o b y h r a d i s t n i v slovenském P o m o r a v i . P a m à t k y Archeologické 42, 1946, S. 94—105, A b b . 7); 12 G a j a r y Stolicka, Kr. Bratislava (F. Sach, wie N r . 7, A b b . 62, 63 ; M. B e r a n o v ä , H r o m a d n y nalez orebniho n a i a d i ze Smolnice a p r o b l e m a t i k a ora dia v Cechäch v d o b è hradistni. P a m à t k y Archeologické 59, 2, 1968, S. 5 1 9 - 5 4 2 ) ; 1 3 M o r a v s k y Sv. J a n , Kr. Senica (F. Sach, M e Nr. 7, A b b . 37); 14 N e j d e k , K r . Breclav (F. Sach, wie. N r . 7, A b b . 40, 58, 59; B. N o v o t n y , V y z k u m v e l k o m o r a v s k é h o h r a d i s t e „ P o h a n s k a " u N e j d k u n a Lednickém ostrové. P a m à t k y Archeologické 54, 1, 1963, S. 3—40); 15 Véterov, Kr. Hodonin

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Voraussetzung, die mit dem Kummetgeschirr offensichtlich seit dem 3. Viertel des 1. Jahrtausends erreicht wurde. Durch diese Neuerung gewann — wie A.-G. Haudricourt in einer Untersuchung zutreffend feststellte — „L'Europe Orientale . . . le monopole de l'attelage moderne pendent quelques siècles." 30 Diese drei Neuerungen, die in unterschiedlichem Maße durchdrangen, verbanden sich in einigen gesellschaftlich entwickelten Gebieten und führten zu den Anfängen fester Fruchtwechselwirtschaft seit dem 7./8. Jh. 3i Die vorhergehenden Ausführungen ließen erkennen, daß im Untersuchungsgebiet, d. h. im wesentlichen zwischen Rhein und Weichsel, keine prinzipiell unterschiedlichen Entwicklungstendenzen in der allgemeinen Agrarproduktion der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends vorhanden waren. Das gilt voll und ganz auch für die Gebiete zwischen Elbe und Oder, aus denen verhältnismäßig umfangreiches Analysenmaterial zur Verfügung stand. Diese Aussage über die generelle Tendenz der Agrarentwicklung wird bestätigt durch Analysen des Siedlungswesens, des Aufschwunges von Arbeitsteilung, Handel und frühstädtischer Entwicklung. 32 Aus den umfangreichen Einzeluntersuchungen läßt sich mithin der sichere Schluß ziehen, daß sich in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends ein umfassen-

(F. Sach, wie Nr. 7, Abb. 53); 16 Brno-Lisen (F Sach, wie Nr. 7, Abb. 38); 17 Brankovice, K r . Vyäkov (F. Sach, wie Nr. 7, A b b . 49, 56); 18 Ivanovice, Kr. Vyskov (F. Sach, wie Nr. 7, Abb. 32, 42, 46, 47); 19 Zählinice, Kr. Kromeriz (F. Sach, wie Nr. 7, A b b . 57); 20 Pobedim, K r . Trencin (D. Bialekovä, Vyskum slovanskeho hradiska v Pobedime v rokoch 1959—1962. Archeologicke rozhledy 15, 1963, S. 349— 372, A b b . 112, 121); 21 Zabokreky, Kr. Topol'cany ( A . Tocik, Süiasny stav archeologickeho bädania najstarSich dejin slovenskeho naroda. Archeologicke rozhledy 15, 1963, S. 591—624, Abb. 200); 22 N o w a Huta-Mogila, Kr. Krakow, (R. Hachulska-Ledwos, Wczesnosredniowieczna osada w N o w e j HucieMogile. Materiaty archeologiczne N o w e j H u t y I I I , Krakow 1971, S. 18, A b b . 7; S. 30, A b b . 10; S. 204); 23 So^nica, Kr. Wroctaw (Z. Podwinska, Technika uprawy roli w Polsce sredniowiecznej. WroclawWarszawa-Krakow 1962, S. 95, 121-125, Abb. 66b); 24 Hnojne, Kr. Michalovce (S. Siska, Slovanske sidliskove objekty v Hnojnom, okres Michalovce. Archeologicke rozhledy 16, 1964, S. 379—395, A b b . 126, 8); 25 Mikulöice, K r . Hodonin (J. Poulik, Bericht über die Ergebnisse der archäologischen Grabung auf dem Burgwall Valy bei Mikulcice für das Jahr 1961. Pfehled vyzkumü 1961, S. 81-84, A b b . 35, 8; Z. Klanica, Predbeznä zpräva o vyzkumu slovanskeho hradiska v Mikulcicich za rok 1966. Pfehled vyzkumü 1966, S. 41—51. Tf. 16, 1; J. Tejral, Sklad zeleznych predm£tü na hradisti v Mikulcicich. I n : Almanach Velkä Morava, Brno 1965, S. 136); 26 Semice, Kr. Kolin (F. Sach, wie Nr. 7, Abb. 45; J. Schränil, Die Vorgeschichte Böhmens und Mährens, Berlin und Leipzig 1928, S. 311, Tai. 67, 15; J. L. Pic, Starozitnosti zeme Ceske I I I , 1. Cechy za doby knizeci. Prag 1909; S. 314, Abb. 184); 27 Radim, K r . Kolin (F. Sach, wie Nr. 7, Abb. 44; L. Niederle, Rukovet' slovanskych starozitnosti, Praha 1953, A b b . 65, 5); 28 Sklabina, Kr. Martin (I. Hrubec, Depot zeleznych nastrojov zo Sklabine. Slovenskä Archeolögia 13, 2, 1965, S. 415—422); 29 Platkow, K r . Seelow (A. Götze, Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler des Kreises Lebus, Berlin 1920, S. 51f.); 30 Uetz, Kr. Potsdam (J. Herrmann, Siedlung, Wirtschaft und gesellschaftliche Verhältnisse der slawischen Stämme zwischen Oder/Neiße und Elbe, Berlin 1968, S. 83); 31 Krampnitz, Gem. Fahrland, Kr. Potsdam (wie Nr. 30; J. Herrmann, Kultur und Kunst der Slawen in Deutschland, Berlin 1965, S. 12, Abb. 12); 32 Winzenburg, K r . Alfeld (Leine) ( W . Barner, Die Hohe Schanze, die Winzenburg und das Kloster Lamspringe. Neue Ausgrabungen und Forschungen in Niedersachsen 4, 1969, S. 219-244; Abb. 2, 5). 2*

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Tornow B m G3

Schrakeniederung

Br - r

Haus Wirtschaftsbao Grube Brunnen Wege

Abb. 8. Burg-Siedlungskomplex von Tornow, Kr. Calau, aus dem 8./9. Jh. (Nach dem Ausgrabungsbefund von Burg und Siedlung) a) Kekonstruktionszeichnung Phase A b) schematisierter Gesamtplan Phase B

der Wirtschaftsaufstieg vollzog, der bestimmende Grundlagen für die Gesellschaftsentwicklung legte, zugleich aber dieser Entwicklung auch Umfang und Richtung verdankte. Dieses Problem der Wechselwirkung zwischen Wirtschaftsentwicklung und Gesellschaftsaufbau ist an dieser Stelle nicht im einzelnen zu verfolgen. U m deutlich zu machen, worum es sich in dieser Frage handelt, sei auf wenigstens ein Beispiel verwiesen: Die Untersuchungen in Tornow, Kr. Calau, die im geplanten Aufschlußgebiet eines Braunkohletagebaues in einem BurgSiedlungszentrum des 7. bis 12. Jh. durchgeführt wurden, zeigten, wie sich erst im Zusammenhang mit dem Entstehen einer grundherrschaftlichen oder quasi grundherrschaftlichen Organisation der Agrarproduktion die oben dargelegten Entwicklungsfortschritte in der Landwirtschaft voll entfalten konnten, handwerkliche Arbeitsteilung zu tragen vermochten und selbst einen Handel mit Produktionsinstrumenten über große Strecken hervorbrachten. Ebenso war mit dem Verfall der Grundherrschaft, wahrscheinlich infolge kriegerischer Vorgänge, ein deutliches Absinken des Produktionsniveaus erkennbar 33 (Abb. 8).

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JOACHIM

HERRMANN

Auf dieser abrißartig dargestellten Grundlage setzte sich die Klassendifferenzierung in den slawischen Gebieten in einem komplizierten Prozeß des Kampfes zwischen entstehendem Adel und freien Bauern, zwischen den noch intakten gentilen Institutionen und den entstehenden staatlichen Institutionen durch. In den einzelnen Landschaften vollzog sich dieser Prozeß freilich unter unterschiedlichen Bedingungen, im wesentlichen jedoch führte er bis zum Ende des 1. Jahrtausends zur Herausbildung eines feudalen Adels und abhängiger Bauern. 3 4 Daneben existierten nach wie vor Schichten freier Bauern, die gebietsweise — so im Bereich des sogenannten Lutizenbundes —, zweifellos dominierten, zugleich jedoch selbst patriarchalische Ausbeutung an Unfreien anwandten. Die Besonderheit dieses Prozesses bestand darin, daß an der Westgrenze der sich herausbildenden Keime von slawischen Staaten das fränkische Reich bereits bestand und seit dem 8. J h . mehrfach intervenierte, größere Machtballungen des einheimischen slawischen Adels und seiner Institutionen zerschlug und andererseits den entstehenden Adel und seine verschiedenen Fraktionen in der Durchsetzung seiner Herrschaft gegenüber der eigenen Bevölkerung unterstützte. 3 5 Das wiederum hatte zur Folge, daß häufig Klassenkampf und Abwehr von Intervention anderer Feudalstaaten zusammenfielen und damit größere Teile des alten Gentiladels auf die Seite der Volksmassen brachte. Die objektiv sich herausbildenden Klassengrenzen zwischen den entstehenden Grundklassen der Feudalgesellschaft wurden dadurch verwischt und die Durchsetzung feudaler Produktionsverhältnisse im Klassenkampf letztlieh aufgehalten. So finden wir, daß eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Stämmen, die Lutizen, durch den Ausbau militärisch-demokratischer Organisationsformen die Herausbildung feudaler Produktionsverhältnisse aufhalten, gleichzeitig jedoch über fast zwei Jahrhunderte die Eroberungsversuche des fränkischen bzw. deutschen Feudalstaates und des polnischen Feudalstaats in erbitterten Kämpfen abweisen konnte. 3 6 Zugleich aber wirkte dieses Nicht-Bewältigen des Weges in die Feudalgesellschaft sich in einem raschen Zurückbleiben in der Entwicklung der Produktivkräfte, der Arbeitsteilung und des Handels, der Frühstadtentwicklung usw. aus, so daß der Lutizenbund schließlich infolge innerer Schwäche in der ersten Hälfte des 12. J h . zum Spielball anderer feudaler Staaten wurde. Auf Grund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit waren die Gebiete zwischen Elbe und Oder für die angrenzenden Feudalstaaten ein erstrebenswertes Beuteobjekt, ebenso wie sie auf Grund ihrer politischen Schwäche und teilweisen staatlichen Unorganisiertheit auf die Dauer zu nachhaltigem Widerstand nicht in der Lage waren. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde von verschiedenen frühen Autoren

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gerühmt, u. a. von dem Kaufmann Ibrahim ihn Jacub aus dem arabischen Kalifat in Spanien. Man wird diesem weitgereisten Kaufmann und Sklavenhändler einen sicheren Blick für die Wirtschaftskraft eines Landes und die entsprechenden Vergleichsmaß Stäbe nicht absprechen können. In seinem Reisebericht zu 965 schrieb er über das Land des Nakon, d. h. den entstehenden Staat der Oboriten mit dem Zentrum in Mecklenburg bei Wismar: „Sein Land grenzt im Westen an Sachsen und einen Teil der . . . [Dänen]. Sein Land ist billig und reich an Pferden, so daß solche von dort exportiert werden. Sie sind mit Waffen vollständig gerüstet, nämlich mit Panzern, Helmen und Schwertern". 37 Hundert Jahre später galt Wolin an der Odermündung dem Domherrn Adam von Bremen als Weltstadt des Nordens: „In ihr wohnen Slawen und andere Stämme, Griechen und Barbaren. Auch die Fremden aus Sachsen haben gleiches Niederlassungsrecht erhalten . . . Die Stadt ist angefüllt mit Waren des Nordens und nichts Begehrenswertes oder Seltenes fehlt hier". 3 8 Vergleichbare Frühstädte gab es jedoch in größerer Zahl 39 auch in anderen Gebieten zwischen Elbe und Oder. Stellen wir uns die Frage, in welcher Weise und in welchem Umfang die sozialökonomische, politische und kulturelle Entwicklung, die sich außerhalb der Gebiete zwischen Oder und Elbe vollzog, auf diese Gebiete einwirkte. Grundsätzlich lassen sich hier zwei große Linien unterscheiden. Die ersten für die Stämme in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends insgesamt wichtigeren Anregungen gingen vom byzantinisch-balkanischen Gebiet aus. In diesen Landstrichen wurden die Fortschritte, die die antike Sklavenhalterordnung hervorgebracht hatte, von den einfallenden barbarischen Stämmen, darunter slawischen Stämmen, übernommen, später in politisch begründeter, zielgerichteter Verbindung zwischen Großmährischem Reich und Byzanz, Bulgarien und Istrien auch auf geistig-kulturellem Gebiet umgestaltet. Diese Verbindungen waren so gewaltig, daß die materielle Kultur der slawischen Stämme und Völker bis hinein in die nördlichen Gebiete an der Ostsee nachhaltig auf oströmisch-byzantinischen Wurzeln fußte. 4 0 Mit dem Einfall der Ungarn in die Donaugebiete Ende des 9. Jh. und mit der Zerstörung des Großmährischen Reiches durchschnitt gleichsam eine Barriere diese traditionellen Verbindungen. Anstelle von byzantinisch-griechischer Christianisierung, die einst altslawische Schriftkultur und die Anfänge slawischer Literatur bis in die Länder der Tschechen und bis nach Prag und Polen gebracht hatten, traten das römisch-fränkische Christentum und die universelle lateinische Literatur und Schrift. 4 1 Die materielle Kultur freilich entwickelte sich in hohem Maße auf der Grundlage der südöstlichen Tradition bis weit über das 13. J h . hinaus. So

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darf entgegen den vielfachen Thesen bürgerlicher Historiker und Kulturgeschichtler mit aller Entschiedenheit und auf der Grundlage eines ausgedehnten Tatsachenmaterials festgestellt werden, daß die entscheidende Wende in der Geschichte der slawischen Stämme und Völker zur Feudalgesellschaft und zum Staat sich außerhalb und unabhängig vom sogenannten weströmisch-fränkischen „Abendland" und in Auseinandersetzung mit diesem vollzog 42 . Der Übergang zur Feudalgesellschaft, zu den feudalen Staaten und die Herausbildung der Völker gingen in erster Linie auf der Grundlage eigener Entwicklung und selbständiger Auseinandersetzung mit der zerfallenden antiken Sklavenhaltergesellschaft und ihrem Erbe in Südosteuropa vor sich. Das gilt auch — natürlich infolge räumlicher Ferne vom Donau-BalkanGebiet begrenzt — für die Stämme zwischen Saale/Elbe und Oder. Eine wesentliche Veränderung trat erst ein, als der Feudalismus im 11. J h . in Mittel- und Westeuropa in die Epoche seiner vollen Entfaltung einzutreten begann. Diese Epoche wurde durch ausgedehnte Klassenauseinandersetzungen eingeleitet, in deren Verlauf sich das Städtebürgertum als neue gesellschaftliche Kraft herausbildete. Eine Reihe von Umständen, die hier nicht untersucht werden Soll, begünstigte diesen Kampf des Bürgertums in Westeuropa, während in den slawischen Gebieten die volle Ausbildung bürgerlicher Entwicklung nicht zustande kam. Die auch dort herangereifte Frage der Ausdehnung der Arbeitsteilung zwischen Landwirtschaft und Gewerbe, Handwerk und Handel wurde zunächst zwar durchaus ökonomisch effektiv, jedoch unter Beibehaltung der alten Herrschaftsform des Feudaladels durch die Entwicklung sogenannter Dienstsiedlungen gelöst. Diese Lösung schlug seit dem 12./13. J h . in Hemmnisse für die Entwicklung der Produktivkräfte in allen Bereichen um und führte zu einem gewissen Zurückbleiben in der sozialökonomischen Entwicklung und politischen Stärke der feudalen Staaten. Daher brachte der Wirtschaftsaufschwung in Mittel- und Westeuropa, den der Feudaladel weitgehend für sich auszunutzen vermochte, schließlich unter anderen dem deutschen Feudalstaat ein beträchtliches Übergewicht. Der Feudaladel stellte es in den Dienst seiner Expansionspolitik und unterwarf in Eroberungskriegen seit den dreißiger Jahren des 12. J h . fast alle Gebiete bis zur Oder. Zugleich scheiterten an diesem Machtzuwachs des deutschen Feudalstaates bzw. seiner Territorien die Eroberungsversuche des polnischen und dänischen Feudalstaates in diesen Gebieten. 43 Für die arbeitenden Massen der slawischen Stämme und feudalen Staaten brachten diese Eroberungskriege Elend, Verwüstung und Zerstörung von Produktivkräften. Durch soziale Krisen in ihrer Heimat im westlichen und mittleren Europa

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ihrer Existenz beraubt, folgten Bauern aus Flandern, Friesland, Franken, Westfalen und Sachsen in großer Zahl dem Druck und den lockenden Versprechungen des Adels und ließen sich in den teilweise verwüsteten oder in wenig erschlossenen großen Waldgebieten nieder, rodeten diese und erschlossen sie dem Ackerbau. An den alten Zentren slawischer Frühstadtentwicklung siedelten sich häufig Bürger aus west- und mitteleuropäischen Städten an und genossen die Früchte ihres dortigen Kampfes um die städtische Kommune und die städtische Freiheit. Damit konnten sie sich sowohl gegenüber dem deutschen als auch gegenüber dem slawischen Adel günstige rechtliche Positionen und Sicherungen ihres bürgerlichen Eigentums und bürgerlicher Selbstverwaltung schaffen. Die weitere Entwicklung der Feudalgesellschaft erfolgte auf diese Weise in den ostelbischen Gebieten unter den Bedingungen von Eroberungskriegen des deutschen Feudaladels und Verteidigungskämpfen der Überfallenen slawischen Bauern, unter den Bedingungen des Klassenbündnisses zwischen slawischem und deutschem Adel und der Zuwanderung von Bauern und Städtebürgern aus den westelbischen Gebieten. Die Geschichte des 12. und 13. J h . ist also nicht als Geschichte primär ethnischer Auseinandersetzungen, sondern als die Geschichte sozialer und politischer Kämpfe innerhalb der sich entwickelnden Feudalgesellschaft zu verstehen. Diese Zusammenhänge waren den Zeitgenossen, den Vertretern der verschiedenen Klassen und Schichten der Gesellschaft, bis zu einem gewissen Grade durchaus bewußt und bestimmten ihr Handeln. So gibt es ausreichende Belege dafür, daß die Feudalherren — gleich, ob sie deutsch oder slawisch, sächsisch oder sorbisch, obodritisch, polnisch oder dänisch sprachen — rasch zu Partnern und Verbündeten werden konnten. Die Verflechtungen zwischen dem Feudaladel der einzelnen Länder waren entsprechend eng und ausgedehnt. Dagegen trennte sich der Feudaladel stets von den Bauern, mochten sie auch die gleiche Sprache wie er selbst sprechen (unzählig sind z. B. die Ehebündnisse zwischen den feudaladligen Familien verschiedener ethnischer Herkunft, zwischen Sorben und Sachsen, Hevellern und Sachsen, Obodriten und Dänen, Polen und Deutschen. Hingegen ist kein einziger Ehebund zwischen Bauern und Adelsfamilien gleicher ethnischer Herkunft überliefert. 44 ). In den Fällen, in denen sich die Bauern gegen die Ausbeutung und Unterdrückung durch den Feudaladel erhoben, unterstützte sich in der Regel der Feudaladel der verschiedenen Länder, häufig in Form unmittelbarer bewaffneter Intervention. Dem großen Bauernaufstand im polnischen Feudalstaat 1037/38 folgten das Bündnis zwischen polnischem und deutschem Feudaladel und die Niederschlagung durch gemeinsame Aktionen. Die obo-

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dritischen Fürsten Mecklenburgs wurden mehrfach durch Bauernaufstände aus dem Lande vertrieben oder kamen z. T. in diesen Aufständen um. Hervorgehoben sei der große, das ganze Gebiet zwischen Oder und Elbe bis zur Havel im Süden umfassende Aufstand vom Jahre 1066, in dem die Anfänge des obodritischen Staates zusammenbrachen, oder der Aufstand gegen den Obodritenfürsten Heinrich um 1092, als dieser mit Hilfe sächsischer und dänischer Feudalherren die Herrschaft des obodritischen Adels wiederherzustellen versuchte. Solche Bündnisse begannen bereits im 9. Jh. eine Rolle zu spielen. Der sorbische Stammesfürst Ciscibor z. B. stand im Bunde mit dem fränkischen Feudaladel. Er wurde 858 in einem Aufstand erschlagen. 45 Das Ziel des Adels bestand vor allem in der Herstellung und Sicherung seiner Stellung als Ausbeuter und Feudalherr. Dieses Grundinteresse brachte die Tendenz hervor, sich über Grenzen und Fehden sowie Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen der Adelsklasse hinweg zu verbinden. 46 Während die herrschende Klasse verhältnismäßig rasch ihre gemeinsamen Interessen im Kampf um ihre Herrschaft regelte, nutzte der Feudaladel ethnische Unterschiede als Mittel der Herrschaftsausübung, der Differenzierung und Gegeneinanderstellung der Bauern aus. Seit der Entstehung der Feudalordnung war die Umsiedlung größerer Bauernmassen in andere Gebiete ein Herrschaftsinstrument. Erinnert sei an die bedeutenden Umsiedlungen im Merowinger- sowie im Karolingerreich. So zwang Karl der Große am Anfang des 9. Jh. die nordelbischen Sachsen nach Mainfranken überzusiedeln. Zugleich übergab er das Gebiet um Hamburg an die Obodriten, um durch diese eine Barriere gegen die Dänen zu schaffen. Als die Obodriten das nicht leisteten, wurde das Gebiet wieder durch Sachsen besiedelt. Ahnlich verfuhr der Feudaladel im tschechischen und polnischen Feudalstaat. Es gibt ausreichende Quellen, aus denen z. B. die Ansiedlung von Sachsen durch slawische Fürsten in ihren Territorien hervorgeht. Diese Bauern galten dem Adel in erster Linie nicht als Sachsen oder Pommern, sondern als Bauern, als Objekte feudaler Ausbeutung. Durch die rechtliche Scheidung zwischen den verschiedenen bäuerlichen Siedlungsgruppen, die Festsetzung differenzierter feudaler Renten und Rechtsgrundsätze, wurden vom Adel jedoch bewußt die traditionellen ethnischen Unterschiede zwischen den arbeitenden Massen konserviert. Charakteristisch für diese Verhältnisse ist eine von Helmold von Bosau überlieferte Klage des Pribislaw aus Wagrien (Ostholstein). Selbst wenn der Wortlaut nicht authentisch ist, so drückt sich darin doch der von Helmold beobachtete Zeitgeist zweifellos zutreffend aus. Helmold überliefert das Bild härtester Ausbeutung der slawischen Bauern durch den sächsischen Feudaladel. Die Bauern verlangten

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dagegen die „verbrieften Rechte der Sachsen" (iura Saxonum in prediis at reditibus). 47 So verlief der Prozeß des Zusammenwachsens der bäuerlichen Bevölkerung unterschiedlicher ethnischer Herkunft — nicht zuletzt unter dem Druck des Feudaladels — kompliziert und widerspruchsvoll. Dennoch vergingen kaum mehr als 200 Jahre, bis die ethnischen Unterschiede hinter den sozialen nahezu vollständig zurückgetreten waren. 4 8 Im 12. bis 13. J h . waren aus den west- und mitteleuropäischen Gebieten und in geringem Maße aus Nordeuropa Bauern verschiedener Herkunft eingewandert: Flamen und Friesen, Westfalen, Sachsen, Thüringer und Dänen. In unterschiedlicher Weise wuchsen diese mit den ansässigen slawischen Bauern zusammen und bildeten neue ethnische Gruppen wie die Mecklenburger, die Pommern, die Brandenburger und die Sachsen. Auch die Sorben in der Ober- und Niederlausitz wurden durch diese ethnogenetischen Prozesse erfaßt, durch Zusiedlung von Flamen, Franken, Sachsen aber auch von Obodriten, slawischen Bauern aus dem Elbe-Saalegebiet, teilweise auch Tschechen. Neue Landstriche wurden im sorbischen Gebiet in dieser Zeit gerodet. Das hohe gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungsniveau der slawischen Stämme in den südlichen Gebieten zwischen Elbe und Oder, der bereits weit fortgeschrittene Landesausbau, führten dazu, daß sich in diesen Gebieten in weit stärkerem Maße als in den nördlichen Teilen slawische kulturelle Eigenarten in Form des Sorbischen und vor allem die sorbische Sprache auf dem Lande weitgehend und in den Städten teilweise durchsetzten. Der sorbische Adel hatte sich seit dem9./10. Jh. mehr und mehr mit dem deutschen Feudaladel verbündet und die deutsche Sprache angenommen. Wo er sich solchem Bündnis widersetzte, muß, gemäß der Uberlieferung des Widukind, hin und wieder selbst mit physischer Vernichtung gerechnet werden. Damit wurde in der Lausitz die Sprachscheide im wesentlichen auch zur Klassenscheide zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten in der Feudalgesellschaft, sowohl auf dem Lande als auch größtenteils in der Stadt und im Verhältnis der Stadt zum Land. Die kulturellen Eigenheiten und die sorbische Sprache wurden auf diese Weise zum Bestandteil des Klassenkampfes der Bauern und zeit- und gebietsweise Angriffsziel des Feudaladels. Die Frage der sorbischen Bewohner der Lausitz war daher von Anfang an eine soziale Frage, und sie konnte nur durch die soziale Revolution, d. h. die Beseitigung der Ausbeuterklasse, gelöst werden. Diese hier mehr skizzenhaft dargestellten Zusammenhänge lassen in einem Einzelbereich die enge Verwurzelung von Fragen unserer Gegenwart in der weit zurückliegenden Übergangsepoche zur Klassengesellschaft erkennen.

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Eine zusammenfassende Wertung der Rolle der nordwestslawischen Stämme in der Geschichte des frühen Mittelalters und ihrer Bedeutung für die Geschichte des deutschen Volkes muß sicherlich mehrere Gesichtspunkte im Auge behalten, nicht zuletzt jene Rolle, die diese Stämme und Völker sekundär in der nationalistischen und chauvinistischen Geschichtsschreibung im imperialistischen Deutschland spielten. Davon abgesehen läßt sich ihre historisch objektive Rolle folgendermaßen charakterisieren: 1. Durch ihren hartnäckigen Kampf um die Feudalisierung und die feudale Staatsbildung sowie gegen die Expansion des fränkischen Feudalstaats, später des deutschen sowie des dänischen und polnischen Feudalstaats, nahmen sie zeitweise nicht unerheblichen Einfluß auf die Entwicklung dieser Staaten. Vor der Ostgrenze des fränkischen und später deutschen Staates der Ottonenzeit verhinderten sie dessen Ausdehnung nach dem Osten. Damit schufen sie objektiv günstige Voraussetzungen für den Übergang zur Feudalgesellschaft und zum feudalen S t a a t in Polen. Zwischen dem feudalen Großreich der Kiewer Rus im Osten und dem römisch-deutschen Kaiserreich im Westen vermochte sich nicht zuletzt infolge des Kampfes der Stämme der Nordwestslawen der polnische S t a a t rasch zu konsolidieren (Abb. 9). 2. Von den nordwestslawischen Stämmen wurden erstmals in der Geschichte der größte Teil des Territoriums der heutigen DDR wirtschaftlich erschlossen und die Anfänge der Kulturlandschaft gelegt. Etwa die Hälfte aller heute in der DDR bestehenden Orte führt ihre Anfänge in diese Zeit ersten wirtschaftlichen Ausbaues zurück und trägt entsprechend slawische Namen. 4 9 3. Die Assimilationsprozesse, die im Zusammenhang mit dem Übergang zur voll entfalteten Feudalgesellschaft seit dem 12.—13. J h . einsetzten, führten zur Herausbildung neuer ethnischer Gruppen des deutschen Volkes mit unterschiedlich starkem Anteil slawischer Bauern, Handwerker und Stadtbewohner. Über das unmittelbare Assimilationsterritorium hinaus wurden Teile des slawischen Wortschatzes und andere Spracheigenheiten Bestandteil der sich seit dem 14. bis 15. J h . an der Grenze des ehemalig slawischen Siedlungsgebietes herausbildenden hochdeutschen Sprache. 5 0 Diese Assimilationsprozesse vollzogen sich im Zusammenhang mit einem raschen ökonomischen Aufschwung der Landwirtschaft und des Städtewesens, ausgedrückt u. a. in der tragenden Rolle der Gebiete zwischen Elbe und Oder für die Entfaltung der mittelalterlichen Hanse.

1 Sowohl die monographischen Arbeiten als auch die Zeitschriftenliteratur sind inzwischen kaum noch überschaubar. Sie werden bisher in Teilbibliographien sowie in den jährlichen Forschungs- und Literaturberichten in der Zeitschrift „Slavia antiqua", Poznan, zugänglich. Bibliographien u . a . : Vznik a pocätky Slovanü 3/1960—5/1964 für das Gesamtgebiet. Für die Nordwestslawen J. Herrmann, Kultur und Kunst der Slawen in Deutschland vom 7. bis 13. J h . ; bibliographischer Anhang zusammengestellt unter Mitwirkung von S. Gustavs, H. Quitta und D. Warnke, Berlin 1965. Die namenkundlichen Arbeiten bei E. Eichler[ K. Hengst, Bibliographie der Namenforschung in der Deutschen Demokratischen Republik, Leipzig 1963, T. 2, 1966. Einen verhältnismäßig umfangreichen Einblick vermitteln nunmehr die bis auf den Registerband erschienenen 6 Bände der Akten des I. Internationalen Kongresses für Slawische Archäologie in Warschau im Jahre 1965: I Mi^dzynarodowy Kongres Archeologii Slo wiaiiskiej, Wroclaw, Warszawa, Krakow 1968—1970; weiterhin die Akten des II. Internationalen Kongresses für Slawische Archäologie in Berlin 1970: Berichte Bd I, Berlin 1970, Bd II, Berlin 1973, Bd III, Berlin 1973. Zusammenfassende Arbeiten zu den westslawischen Stämmen und Völkern u. a. r W.Hensel, Slowiaiiszczyzna wczesnosredniowieczna, Zarys Kultury Materialnej, 3. Aufl., Warszawa 1965. Deutsche Übersetzung nach der 2. Auflage (Warszawa 1956): Die Slawen im frühen Mittelalter. Ihre materielle Kultur. Berlin 1965; L. Niederle, Slovanske starozitnosti. Praha. Hist. Reihe: I. 1902/04, II. 1906, III. 1919 (2. Aufl. 1927). Kulturhist. Reihe: 2ivot starych Slovanü I. 1911, I I / l . 1916, II/2. 1934, I I I / l , 2. 1921/25. Danach eine französische Fassung: Manuel de l'antiquite slave, Bd 1, Paris 1923, Bd 2, Paris 1926. Nach dem Originalmanuskript von L. Niederle eine tschechische Ausgabe: Rukovet' slovanskvch starozitnosti, Praha 1953; J. Eisner, Rukovet slovanske archeologie. Pocätky Slovanü a jejich kultury. Praha 1966. Die Slawen in Deutschland. Geschichte und Kultur der slawischen Stämme westlich von Oder und Neiße vom 6. bis 12. Jahrhundert. Ein Handbuch. Hrsg. von Joachim Herrmann, Berlin 1970,2. durchgesehene Aufl. Berlin 1972. Ein Überblick in deutscher prache mit Angabe wichtigster Literatur: J. Herrmann, Zwischen Hradschin und Vineta. Frühe Kulturen der Westslawen. Leipzig-Jena .1971 sowie unveränd. Lizenzausgabc München 1971. Als umfassendes Nachschlagewerk ist konzipiert:

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Slownik starozytnosci Slowiañskich, Wroclaw, Warszawa, K r a k o w 1961ff., bisher erschienen L f g . 1—4. 2 Übersichtlich z. B . untersucht in Poczqtki Pañstwa Polskiego, B d 1, 2, Poznan 1962 ; IIpoöJieMH B03HHKH0B6HHH $eoaa;iiH3Ma y HapOÄOB CCCP. MocKBa 1969. Ferner die Berichte an den X I I I . Internationalen Historikerkongreß in Moskau, 1970. Vgl. vor allem: Ï . V. Oudaltzoca/E. V. Goutnova, L a genèse du féodalisme d a n s les p a y s d ' E u r o p e , Moscou 1970; A. R. Korsunsky, The E a r l y Feudal S t a t e and the Formation of F e u d a l Property in Western Europe, Moscou 1970 ; H. Lowmiariski, Transformations sociales en E u r o p e Centrale et Orientale a u x V I e — X I I e siècles. Moscou 1970; I. Nestor, L a fin du monde ancien et les „ b a r b a r e s " , Moscou 1970; D. Angelov, Über einige Probleme der sozialökonomischen Entwicklung in Südosteuropa im 2. bis 5. J h . n. u. Z. und den Übergang üopiUHee, von der Antike zum Mittelalter, Moskau 1970; weiterhin E. 0. ®eoaaJiH3M h HapOAHLie Maccti. MoCKBa 1964. A. J . Njeussychin, Die E n t stehung der abhängigen Bauernschaft als Klasse der frühfeudalen Gesellschaft in Westeuropa v o m 6. bis 8. Jahrhundert, Berlin 1961; H.-J. Bartmuß, Die Geburt des ersten deutschen S t a a t e s , Berlin 1966; E. Müller-Mertens, K a r l der Große, Ludwig der F r o m m e und die Freien. Berlin 1963; S. Epperlein, Herrschaft und Volk im karolingischen Imperium. Berlin 1969. Weiterhin die Diskussion in der Zeitschr. f. Geschichtswiss. vor allem angeregt durch E. Müller-Mertens, Vom R e g n u m Teutonicum zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Reflexionen über die Entwicklung des deutschen S t a a t e s im Mittelalter,in : Zeitschr. f. Geschichtswiss. 11, 1963, S . 319—346. Einen Überblick über diese Diskussion mit Literaturnachweisen i n : Historische Forschungen in der D D R 1960—1970. Analysen und Berichte. Zum X I I I . Internationalen Historikerkongreß in Moskau 1970, Zeitschr. f. Geschichtswiss. 18, 1970, Sonderband, S. 3 0 9 - 3 3 7 (Bericht von A. Laube, E. Müller-Mertens, B. Töpfer). Die Auffassungen des Referenten sind dargelegt vor allem in den Beiträgen: Frühe klassengesellschaftliche Differenzierungen in Deutschland, i n : Zeitschr. f. Geschichtswiss. H . 14, 1966, S. 398— 4 2 2 ; Anfänge und Grundlagen der Staatsbildung bei den slawischen S t ä m m e n westlich der Oder, i n : Zeitschr. f. Geschichtswiss. 15, 1967, S, 424—446; Sozialökonomische Grundlagen und gesellschaftliche Triebkräfte für die Herausbildung des deutschen Feudalstaates, i n : Zeitschr. f. Geschichtswiss. 19, 1971, S. 752— 789. Allod und feudum als Grundlagen des west- und mitteleuropäischen F e u d a lismus und der feudalen Staatsbildung, in : Beiträge zur Staatsentstehung, Berlin 1973; (im Druck). 3 J . Kuczynski, Grundzüge der vorkapitalistischen Produktionsweisen. Vorlesungen und Schriften. Parteihochschule „ K a r l M a r x " beim Z K der S E D (1968). 4 In der marxistischen Geschichtsschreibung der D D R ist diese F r a g e k a u m untersucht worden. Dagegen wurde ihr von der sowjetischen Geschichtswissenschaft größere Aufmerksamkeit gewidmet. Dazu u. a. zuletzt A. P. KopcyncKUÜ, TocyinapcTBO h a r a m e c K n e oShihocth b paHHe$eoAajibHuü rrepiion b 3ana^HOü Eßpone, i n : CpeflHHe Bena 31, 1968, S . 119—147.

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5 Zur bürgerlichen deutschen Geschichtsschreibung über die Entstehung des deutschen Volkes und des deutschen Staats vgl. H.-J. Bartmuß, Die Geburt (wie Anm. 2), S. 23ff.; S. 225ff. 6 So machte zuletzt E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Schriften der MGH Bd 21. Stuttgart 1968, „pränationale Regungen" als maßgeblichen Antrieb für die im übrigen allein dem Adel zugesprochenen Entscheidungen über die Bildung des deutschen Feudalstaats verantwortlich. 7 Ausführlich u. a. dazu J. Brankack, Studien zur Wirtschaft und Sozialstruktur der Westslawen zwischen Elbe, Saale und Oder aus der Zeit vom 9. bis zum 12. Jahrhundert. Bautzen 1964, S. 23ff. W. Antoniewicz, Niektöie zagadnienia historiografii dawnych Slowian XIX i XX stulecia, in: Swiatowit 27, 1966, S. 24-93. 8 Dazu u. a. ./. Brankack, Studien (wie Anm. 7); Die Slawen in Deutschland (wie Anm. 2), S. 477f., Anm. 190. Zu den neuesten Tendenzen, die sich in den 1969 und 1971 veröffentlichten Büchern von Herbert Ludat finden, vgl. die Rezension von J. Herrmann in: Zeitschr. f. Geschichtswiss. 20, 1972, S. 1314f. 9 Verwiesen sei besonders auf die romantischen Humanitätsgedanken Herders in: „Ideen zur Philosophie und Geschichte der Menschheit", T. IV, Buch 16. 10 R. Virchow schied als erster, methodisch begründet, die slawischen von den vorslawischen materiellen Kulturresten und legte damit eine wesentliche Grundlage für die slawische Archäologie — vgl. u. a. Zeitschr. f. Ethnologie 2, 1870, S. 470. Zur langen Tradition slawischer Altertumskunde u. a. L. Niederle, Slovanske starozitnosti (wie Anm. 1). Ein Überblick mit wesentlicher Literatur bei H. Preidel, Slawische Altertumskunde des östlichen Mitteleuropas im 9. und 10. Jahrhundert, T. 1, Gräfelfing bei München 1961, S. lOff.; F. Zagiba, Slawische Altertumskunde, in: Acta Congressus Historiae Slavicae Salioburgensis in memoriam SS. Cyrilli et Methodii anno 1963 celebrati, Wiesbaden 1968, S. 201ff. 11 C. Scliuchhardt hat seit 1908/09 systematisch die bedeutendsten Stätten slawischer Frühgeschichte von Arkona bis in die Lausitz untersucht und in umfassenden und weit ausgreifenden Akademievorträgen sowie in zahllosen anderen Publikationen wesentliche Seiten früher Geschichte und Kultur der Slawen dargelegt, vgl. die Bibliographie seiner wichtigsten Arbeiten in: Jahrbuch der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1950—1951, Berlin 1951, S. 166 f. 12 Vgl. den biographischen Bericht von P. Grimm in: Varia Archaeologica. Wilhelm Unverzagt zum 70. Geburtstag. Hrsg. von P. Grimm sowie die Zusammenstellung der Arbeiten von W. Unverzagt ebenda, S. 451—454. 13 Grundlegende Abhandlungen: R. Trautinann, Die slawischen Völker und Sprachen. Leipzig 1948; Derselbe, Die elb- und ostseeslavischen Ortsnamen, T. 1, 1948; T. 2, 1949; T. 3 (Register) bearbeitet von H.Schall 1956; (Abh. d. Dt. Akad. d. Wiss. zu Berlin, Phil.-hist. Kl.); Derselbe, Die slavischen Ortsnamen

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Mecklenburgs und Holsteins 2. Aufl., Berlin 1950. (Abh. d. Sachs. Akad, d. Wiss. zu Leipzig, Philosophisch-hist. Kl. Bd 45/3). 14 Ein Nachweis der inzwischen stark angewachsenen Literatur ist heute nicht mehr zu geben. Verwiesen sei auf die in Anm. 1 genannten Bibliographien. 15 ApxeonorHH H ecTecTBeHHue Hayun. MHA CCCP. TOM 129. MoCKBa 1965; C. M. Levici, I nuovi metodi di prospezione archeologica alla scoperta delle civiltà sepolte, Milano 1960; Scientific Methods in Medieval Archaeology. Ed. R. Berger.Berkeley 1970. 16 Abgesehen von einer nur begrenzten Anwendung von Radiocarbonanalysen für frühmittelalterliche Forschungsprobleme handelt es sich vor allem um die Zusammenarbeit mit Botanik, Zoologie, Anthropologie, Geographie, Metallographie, Mineralogie, Chemie usw. 17 Dieses Ergebnis beruht im wesentlichen auf den Forschungen der historischen Archäologie. Eine zusammenfassende Darstellung ist seit dem ersten grundlegenden Überblick von H. txxvmianski, Podstawy gospodarcze formowania siç panstw siowiariskich, Warszawa 1953, nicht mehr gegeben worden. Wesentliche Teildarlegungen in den in Anm. 1 genannten Gesamtdarstellungen. Für die Entwicklung der Metallurgie besonders die Arbeiten von R. Pleiner, u. a. Staré evropské kovârstvi (Alteuropäisches Schmiedehandwerk), Praha 1962, bes. S. 130 fi. 18 Das Problem der „sozialen und politischen Revolution" ist bisher für die Geschichte der slawischen Völker unzureichend herausgearbeitet worden, der Begriff selbst hat m. W. in diesem Zusammenhang keine Anwendung gefunden. Über den Inhalt dieses Umwälzungsprozesses bestehen hingegen im Grundsätzlichen keine Meinungsverschiedenheiten, es sei denn über die Stellung einzelner Etappen und ihre Bedeutung für die Herausbildung der feudalen Gesellschaft. Zur methodischen Seite vgl. E. Engelberg, Fragen der Evolution und Revolution in der Weltgeschichte, in : Evolution und Revolution in der Weltgeschichte. Zum X I I . Internationalen Historikerkongreß in Wien 1965, Zeitschr. f. Geschichtswiss. 13, 1965, Sonderheft, S. 9ff., bes. S. 13ft. 19 Vgl. das Sammelwerk Poczqtki panstwa Polskiego, Poznan 1962 ; Weiterhin der Sammelband : „L'Europe aux IX e —XI e siècles". Aux origines des États nationaux. Varsovie 1968, besonders die Beiträge von T. Manteuffel, M. Kos, J . Bozic, H. Bulin, H. Ludat, J . Brankack, V. Proch&zka. D i e S l a w e n in D e u t s c h l a n d (wie A n m . 1), m i t N a c h w e i s d e r A r b e i t e n v o n H. Bulin, V. Prochàzka, W . Brüske, W. H. Fritze u . a .

20 Die schriftliche Überlieferung dazu ist verhältnismäßig lückenhaft, eine zusammenhängende Untersuchung hat dieses Problem daher bisher nicht erfahren. Der Charakter der Kämpfe selbst war mannigfaltig, und eine eindeutige Zuordnung zu Kategorien, die aus der Analyse späterer geschichtlicher Bewegungen erarbeitet worden sind, ist oftmals zweifelhaft. Mir scheint, daß sich die Volksbewegungen und Volkskämpfe in drei Gruppen zusammenfassen lassen : a) Abwehr von Einfällen anderer Stämme oder feudaler Staaten durch die Überfallenen StSmme in Form von Stammeskriegen, Aufständen usw. Verwiesen 3 Uerrmann

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sei auf die Kämpfe gegen die Awaren unter Samo zu Anfang des 7. J h . , den Redarieraufstand 929, den Obodrilenaufstand 955, den Lutizenaufstand 983 und andere. b) Abwehrkämpfe der Stämme gegen Unterwerfungsversuche des Adels anderer Stämme, der sich auf die Aufgebote „seines" Stammes zu stützen vermochte. Durch den Übergang des Gentiladels auf die Seite des mächtigeren Stammes mit dem Ziel, Ilerrschaftsinteressen gegen die eigenen Stammesangehörigen durchzusetzen, konnten derartige Kämpfe bald den Charakter von Klassenkämpfen zwischen den entstehenden Grundklassen der Feudalgesellschaft annehmen. Eine solche Entwicklung vollzog sich offenbar in allen westslawischen Gebieten (und auch darüber hinaus) und ist durch schriftliche Quellen bei den Stämmen und Völkerschaften zwischen Elbe und Oder verhältnismäßig gut zu verfolgen. c) Aufstände und Klassenkämpfe vor allem der Bauern gegen den Feudaladel, die Einrichtungen des feudalen Staates und zumeist gleichzeitig gegen das Christentum und die Kirche. Solche Klassenkämpfe erschütterten alle feudalen Staaten im 9. bis 11. J h . Die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, Schichten und der entstehende Feudaladel versuchten ihre Positionen in diesen Kämpfen durch ausgedehnte Anlage von Burgen und Befestigungen verschiedener Art zu sichern oder auszubauen. Daher entstanden zwischen dem 6./7. und dem 11./12. J h . in den westslawischen Gebieten etwa 3000 Burgen, davon etwa 600 auf dem Territorium der D D R . Die umfangreiche Literatur in den in Anm. 1 genannten Bibliographien. Herausgehoben bzw. ergänzt seien: W. Hemel, Types de fortifications slaves du haut Moyen-Âge, in: Archaeologia Polona 2, 1959, S. 71—84; M. Stepänek, Opevnènâ sidlistë 8.—12. stoleti ve st red ni Evropë, Praha 1965; J. Herrmann, Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Burgenbau der slawischen Stämme westlich der Oder, i n : Zeitschr. f. Archäologie 1, 1967, S. 206—258; J. Poulik, E t a t des études slaves en Moravie i n : Investigations archéologiques en Tchécoslovaquie, Prague 1966, S. 237 mit Lit. und anschließenden Forschungsberichten; B. Chropovsky, Die großmährische Periode in der Slowakei, i n : Das Großmährische Reich, Praha 1966, S. 5 9 - 8 3 . 21 Daher nahmen die Klassenauseinandersetzungen in der Regel ein religiöses Gewand an. Während der Adel unter der Flagge des Christentums kämpfte und versuchte, der ganzen Gesellschaft dieses als Grundbestand feudaler Ideologie aufzuzwingen, kämpften die Volksmassen zumeist unter der Flagge der „alten Götter", der Stammesreligionen. Deutlich belegt in Lutizen- und Obodritenaufständen, im Bauernaufstand in Polen 1037, den Aufständen 1066 und 1093 im obodritischen S t a a t usw. 22 Die enge Verflechtung zwischen deutschem Feudaladel, dem slawischen Adel in den Gebieten zwischen Elbe und Oder und dem polnischen Feudaladel wurde zuletzt von H. Ludat in einigen Studien untersucht : H. Ludat, An Elbe und Oder um das J a h r 1000. Köln, Wien 1971. Genealogische Tabelle i m Anhang.

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23 Diese P r o b l e m a t i k war G e g e n s t a n d zahlreicher U n t e r s u c h u n g e n der bürgerlichen Historiographie, ohne daß infolge der Neigung zur isolierten B e h a n d l u n g eine überzeugende L ö s u n g erreicht wurde. Vgl. d a z u u. a. m i t kritischer Stellungn a h m e und L i t e r a t u r : J . Brankack, Die slàwische B e v ö l k e r u n g zwischen S a a l e und Neiße unter deutscher F e u d a l h e r r s c h a f t (11. bis 13. J a h r h u n d e r t ) , i n : Die Slawen in Deutschland, Berlin 1970, S. 302ff. ; E. Engel/S. Epperlein, D i e f e u d a l e deutsche Ostexpansion im 12. und 13. J a h r h u n d e r t und die H e r a u s b i l d u n g der vollentwickelten F e u d a l g e s e l l s c h a f t zwischen E l b e und Oder, e b e n d a , S. 3 1 3 f f . F ü r die mainfränkischen und bayrischen Gebiete sowie f ü r d a s E l b e - S a a l e g e b i e t vor allem die D a r s t e l l u n g durch II. Walther, ebenda S. 2 5 f l . ; 2 2 4 f f . H. Walther, Namenkundliche B e i t r ä g e zur Siedlungsgeschichte des Saale- und Mittelelbegebietes bis zum E n d e des 9. J a h r h u n d e r t s . Berlin 1971, bes. S . 2 1 1 f f . ; Derselbe, B e d e u t u n g und Methodik namenkundlich-siedlungsgeschichtlicher F o r s c h u n g e n , i n : Zeitschr. f. Geschichtswiss. 13, 1965, S. 7 7 0 - 7 8 4 . 24 Über die slawischen Wanderungen und K ä m p f e auf d e m B a l k a n v g l . u. a. M. 10, K HCTopmi pacceaeHiin cjiäbhh Ha BiiaaHTHÖCKHX seMnnx, i n : EpaüneecKuü, BH3aHTHitCKHÖ Bp6M6HHHK, 19, 1961, S. 120—137. B. Grafenauer, Die ethnische Gliederung und geschichtliche Rolle der westlichen Südslawen i m Mittelalter, Univerza v L u b l j a n i , Filozofska F a k u l t e t a , L j u b l j a n a 1966; L. Niederle, Manuel (wie A n m . 1) ; F. Dvornik, T h e S l a v e s , their E a r l y H i s t o r y a n d Civilisation. B o s t o n 1956: D. Angelov/Ch. Danoc/V. Velkov, Über einige P r o b l e m e der sozial-ökonomischen und ethnischen E n t w i c k l u n g im I I . bis V. J h . und des Ü b e r g a n g e s v o n der Antike z u m Mittelalter im V I . bis X . J h . , i n : A c a d é m i e bulgare de sciences. I n s t i t u t d'histoire. E t u d e s Historiques T. 5, 1970, S. 13—55. D a s Problem der H e r a u s b i l d u n g des F e u d a l i s m u s selbst ist u m s t r i t t e n . Die Mehrzahl der marxistischen Wissenschaftler ist heute der A u f f a s s u n g — die in den G r u n d z ü g e n bereits v o n F . Engels erarbeitet w u r d e —, d a ß die a n t i k e Sklavenhaltergesellschaft nur durch den K a m p f größerer V o l k s m a s s e n a u s den R a n d g e b i e t e n , die sich auf gentilgesellschaftliche Freiheit und R e s t e gentilgesellschaftlicher Organisationen stützen konnten, zu überwinden war. In diesem Prozeß e n t s t a n d e n die Grundlagen für die E n t w i c k l u n g der F e u d a l g e s e l l s c h a f t ( M E W B d . 21, S. 141ff., bes. S . 144ff., 149ff.). D a g e g e n wird v o n einigen Historikern die Rolle von Elementen, die feudalen P r o d u k t i o n s v e r h ä l t n i s s e n ähnlich sehen oder die als Protoformen solcher b e s t i m m t werden — d a r u n t e r v o r allem der K o l o n a t —, in der antiken Gesellschaft so hoch eingeschätzt, daß m a n sich berechtigt meint, v o m 2./3. J h . u. Z. an den Ü b e r g a n g zur F e u d a l g e s e l l s c h a f t innerhalb der antiken Gesellschaft zu konstatieren. Unter solchem Blickwinkel erscheinen die K ä m p f e der germanischen oder slawischen S t ä m m e als Störf a k t o r e n , als gegen den historischen Fortschritt gerichtet. Nachweis und Diskussion dieser A u f f a s s u n g e n bei J . Herrmann, Sozialökonomische G r u n d l a g e n (wie A n m . 2), S. 752ff. ; Derselbe, Allod und feudum (wie A n m . 2). In einer ihrer letzten Arbeiten betonte E . M. S t a e r m a n nachdrücklich und m . E . völlig zu R e c h t , d a ß die antiken E i g e n t u m s f o r m e n , d. h. der K e r n des antiken P r o d u k tionsverhältnisses, erst durch die BarbareneinfäJle zerschlagen und d a m i t durch

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diese der Weg zur Herausbildung neuer Eigentumsformen geebnet wurde (E. M. mmaepMan/M. K. TpocßuMoea, PaöoBJiafleJimecKHe OTHOMEHHH B paHHeö pHMCKOö HMnepHH (HTajiaa). MocKBa 1971, S. 310ff.). Diese Problematik ist zuletzt behandelt bei J . Herrmann, Byzanz und die 'Slawen am äußersten Ende des westlichen Ozeans', Klio, 54, 1972, S. 309—319. Diese Verhältnisse sind weitgehend ungeklärt, trotz bedeutender Anstrengungen vor allem der polnischen und sowjetischen Forschung — vgl. u. a. zuletzt II. J f f . TpemhHKoe, Bonpocu H $aKTH apxeoJiorHH BOCTOMHHX CJICIBHH, in: JleHHHCKne nnen B myqeHHH HCTOPHH nepBoduTHoro oßmecTBa, paôoBJiafleHHH H $eoHaJiH8Ma. MocKBa 1970. S. 161—188 A. Kocka, L'etat des recherches sur l'ethnogenèse des Slaves, in : I Miçdzynarodowy Kongres Archeologie Siowianskiej, Wroclaw, Warszawa, Krak6w 1968, Bd 1, S. 45—53. Neuerdings dazu die Konzeption von J . Werner, Zur Herkunft und Ausbreitung der Anten und Sklaven en, in: Actes du VIII® Congrès International des Sciences Préhistoriques et Protohistoriques, Beograd 9—15 Sept. 1971, Bd 1, Beograd 1971, S. 243-252. Vgl. dazu die Darlegungen in dem bereits zitierten Artikel: Byzanz und die Slawen (wie Anm. 25). Dieser Beitrag geht auf einen Vortrag zurück, den ich auf dem Internationalen Symposium „Die Slawen und die mediterrane Welt" im Jahre 1970 in Sofia zur Diskussion gestellt habe. Es soll an dieser Stelle darauf aufmerksam gemacht werden, daß diese Theorie der Einwanderung der althergebrachten Meinung entgegensteht, daß Obodriten, Sorben und Wilzen auf geradem Wege aus dem Osten, d. h. aus dem Oder-Weichselgebiet, eingewandert sind. Nachweise für diese Auffassung in meinem Artikel. Eine Auswertung der bei dieser Zusammenarbeit bisher gewonnenen methodischen Erkenntnisse steht noch aus. Als Beispiel der Zusammenarbeit bei der historischen Gesamtdarstellung mag das schon zitierte Handbuch „Die Slawen in Deutschland" gelten (Berlin 1970). Dazu weitere in den vergangenen 10 Jahren erschienene Monographien in der Schriftenreihe für Ur- und Frühgeschichte der DAW. Die Arbeiten dazu stehen erst am Anfang. Vgl. zunächst den Beitrag von J . Herrmann/E. Lange, Einige Probleme der archäologischen Erforschung der frühmittelalterlichen Agrargeschichte der Nordwestslawen, in : Slovenskä Archeologia 18, 1, 1970; S. 79—86; E. Lange, Botanische Beiträge zur mitteleuropäischen Siedlungsgeschichte. Berlin 1971. Da in den Nachbargebieten bisher vergleichbare interdisziplinäre Forschungen nicht durchgeführt wurden oder noch im Anfang stehen, ist mit einer erheblichen Präzisierung der im folgenden vorgelegten Ergebnisse mit zunehmender Dichte des Untersuchungsnetzes zu rechnen. A.-G. Haudricourt, De l'origine de l'attelage moderne, in : Annales d'his toire économique et sociale 8, 1936, S. 515ff., S. 521. Eine lückenlose Darstellung der Arten tierischer Zugkraft im Ackerbau des frühen Mittelalters ist nicht zu erreichen. Die Quellen im fränkischen oder deutschen Gebiet scheinen den Ochsen als Zugkraft im allgemeinen vorauszusetzen, jedoch scheint mir die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß in bäuerlichen Wirtschaften außerhalb der Fronhöfe

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das Pferd eine große Rolle gespielt h a t . Die A u f f a s s u n g von L. White, Die mittelalterliche Technik und der Wandel der Gesellschaft, München 1968, S. 57 f., derzufolge die P f e r d e a n s p a n n u n g in der L a n d w i r t s c h a f t seit dem frühen Mittelalter allgemeine Verbreitung f a n d , ist mit Quellen nicht belegt. Die F r a g e bedarf in Anbetracht ihrer B e d e u t u n g für die Beurteilung der frühmittelalterlichen Agrargeschichte dringend einer genaueren Untersuchung. 3 1 Der Nachweis von geregelter Fruchtwechselwirtschaft ist kompliziert und mit einiger Sicherheit erst unter günstigen U m s t ä n d e n in einem Fall wirklich gelungen: K.-D. Jäger, Die pflanzlichen Großreste a u s der B u r g w a l l g r a b u n g Tornow, K r . Calau, i n : J . Herrmann, Tornow und Vorberg. E i n B e i t r a g zur Frühgeschichte der L a u s i t z , Berlin, 1966, S. 1 6 4 - 1 8 9 , bes. S. 173ff. Von den Rezensenten des Buches werden sowohl das methodische Vorgehen als auch das Ergebnis in dieser F r a g e anerkannt. In der wissenschaftlichen L i t e r a t u r h a t es A u f n a h m e gefunden. 32 Zur frühstädtischen E n t w i c k l u n g vor allem W. Hensel, A n f ä n g e der S t ä d t e bei Leciejemcz, den Ost- und Westslawen, B a u t z e n 1967, mit weiterer L i t e r a t u r . L. Miasta Slowian polnocno-polabskich, Wroclaw, W a r s z a w a , K r a k ó w 1968. Tornow und Vorberg (wie A n m . 31), mit B e i t r ä g e n von H.-J. 33 ./. Herrmann, Bautsch, H. Jacob, K.-D. Jäger und H.-H. Müller-, Derselbe, Die germanischen und slawischen Siedlungen und d a s mittelalterliche Dorf von Tornow. K r . Calau. Mit B e i t r ä g e n von D. Warnke, S. Gustavs, 0. August, M. Jährig, E. Lange, H.-H. Müller, J . Piaskowski. Berlin 1973 (im Druck). 34 G e s a m t d a r s t e l l u n g i n : Die Slawen in Deutschland (wie A n m . 1); weiterhin J . Brankack, Studien (wie A n m . 7 ) ; J . llerrmann, A n f ä n g e und G r u n d l a g e n der Die S t a m m e s v e r f a s s u n g der ElbS t a a t s b i l d u n g (wie A n m . 2 ) : V. Procházka, slawen, i n : Zeitschr. f. Archäologie 3, 1968, S. 36—47, mit u m f a n g r e i c h e m Verzeichnis vor allem der polnischen und tschechischen L i t e r a t u r ; W. H. Frilze, Probleme der obodritischen S t a m m e s - und R e i c h s v e r f a s s u n g und ihre E n t w i c k lung v o m S t a m m e s s t a a t z u m H e r r s c h a f t s s t a a t , i n : Siedlung und V e r f a s s u n g der Slawen zwischen E l b e , S a a l e und Oder. Gießen 1960, S. 141—219. 35 Z u s a m m e n f a s s e n d in „ D i e Slawen in D e u t s c h l a n d " (wie A n m . 1). B e i t r ä g e von J . Brankack, E. Engel, S. Epperlein, J . Herrmann. 36 Der L u t i z e n b u n d war vielfach G e g e n s t a n d von Untersuchungen. E i n e übersichtliche Zusammenstellung der Schriftquellen und der verschiedenen Aktionen bei W. Brüske, Untersuchungen zur Geschichte des L u t i z e n b u n d e s . Münster, K ö l n 1955; Z. Sulowski, O syntcze dziejów Wieletów-Luciców, i n : Roczniki Historyczne 24, 1958, S . 113—143; weitere L i t e r a t u r bei V. Procházka, Stammesv e r f a s s u n g (wie A n m . 34). 37 G. Jacob, Arabische Berichte von Gesandten an germanische F ü r s t e n h ö f e aus d e m 9. und 10. J a h r h u n d e r t , Berlin, Leipzig 1927, S. 11; vgl. auch T. Kowalski, l l e l a c j a I b r ä h i m a ibn J a ' k ü b a z podrózy do krajów slowiañskich w przekazie Al-Bekrlego. Monumenta Poloniae Histórica, N . S. 1, K r a k ó w 1946. 38 A d a m von B r e m e n , H a m b u r g i s c h e Kirchengcschichte. MG S S rer. germ. in us. schol. 3. Aufl., hrsg. von B. Schmeidler, TT/22. H á n n o v e r . Leipzig 1917, S . 7 9 f .

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J o a c h i m ITerbmanït Ü b e r s e t z u n g zitiert n a c h : Q u e l l e n des 9. u n d 11. J h . zur Geschichte der H a m burgischen K i r c h e und des Reiches. A u s g e w ä h l t e Quellen zur Geschichte des Mittelalters, B d . 11, Berlin 1961 (Freiherr v o m S t e i n - G e d ä c h t n i s a u s g a b e ) , S . 253 f.

39 L. Leciejemcz, M i a s t a (wie A n m . 3 2 ) ; J . Herrmann, Siedlung, W i r t s c h a f t und gesellschaftliche Verhältnisse der slawischen S t ä m m e zwischen Oder/Neiße und E l b e , Berlin 1968, S . 2 2 6 f f . 40 I m einzelnen ist dieses P r o b l e m noch i m m e r unzureichend a u s g e a r b e i t e t . Vgl. u. a. W. Hensel, Einige B e m e r k u n g e n zu den Quellen der slawischen K u l t u r , i n : Zeitschr. f. Archäologie 3, 1969, S . 173—181; M. Comsa, L'influence r o m a i n e provinciale sur la civilisation s l a v e à l ' é p e q u e de la f o r m a t i o n des é t a t s , i n : R o m a n o s l a v i c a 14, S . 4 4 7 f f . ; St. Mihajlov, L e s origines d e l à civilisation balkanodanubienne à l ' E p o q u e d u H a u t Moyen Âge, i n : Sources Archéologiques de la civilisation E u r o p é e n n e , B u c a r e s t 1970, S . 271—278. 4 1 D a z u v o r allem der B a n d : D a s Großmährische Reich. T a g u n g der wissenschaftlichen K o n f e r e n z des Archäologischen I n s t i t u t s der Tschechoslowakischen A k a demie der W i s s e n s c h a f t e n , B r n o - N i t r a i .—4. X . 1963, P r a h a 1966 ; A. Dostdl, Quellen der altkirchenslawischen L i t e r a t u r , i n : D a s heidnische und christliche S l a w e n t u m . A c t a I I Congressus internationalis historiae S l a v i c a e SalisburgoR a t i s b o n e n s i s anno 1967 celebrati, B d 2, W i e s b a d e n 1970, S . 121—126; darin weitere B e i t r ä g e z u m P r o b l e m . 42 Die bürgerliche Historiographie zu diesen F r a g e n wurde zuletzt ausführlich von J . Brankack, S t u d i e n (wie A n m . 7), S . 9—55, behandelt. 43 E i n e z u s a m m e n f a s s e n d e D a r s t e l l u n g in d e m oben genannten H a n d b u c h „ D i e Slawen in D e u t s c h l a n d " (wie A n m . 1). 44 Die Ehebiindnisse des H o c h a d e l s in den Gebieten zwischen Oder und E l b e mit d e m Hochadel der angrenzenden F e u d a l s t a a t e n wurden zuletzt v o n II. Ludal, An E l b e und Oder (wie A n m . 22) untersucht. 45 Rudolf von F u l d a , Annalen zu 856 und 858 A n n a l e s F u l d e n s e s rec. F . K u r z e ( M G H . S S rer. G e r m . us. schol.), S . 4 7 - 4 9 . 46 Zahlreiche Beispiele bei H. Liidat, An E l b e und Oder (wie A n m . 22), sowie W. H. Fritze, P r o b l e m e (wie A n m . 34). 47 Helmold, Chronica S l a v o r u m . D t . Ü b e r s e t z u n g zitiert n a c h : A u s g e w ä h l t e Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr v o m Stein — Ged ä c h t n i s a u s g a b e B d 19, Berlin 1963, S. 292/93. F . Engels u n t e r s u c h t e diese K l a s s e n l a g e der hochmittelalterlichen B a u e r n , insbesondere auch i m Osten D e u t s c h l a n d s . Die i m 12./13. J h . e r k ä m p f t e n v e r h ä l t n i s m ä ß i g g ü n s t i g e n Positionen f ü h r t e n d a z u , d a ß die ostelbischen B a u e r n „hier sich besser s t a n d e n als irgendwo in D e u t s c h l a n d " . Dieser U m s t a n d erleichterte es den Feudalherren teilweise, die B a u e r n in eine F r o n t s t e l l u n g gegen die unterworfene slawische B e v ö l k e r u n g zu bringen. Sie wurden f ü r den m i t dieser Position verbundenen „ A b f a l l v o n ihrer eigenen S a c h e . . . denn auch h a r t g e z ü c h t i g t " in F o r m Die M a r k , i n : M E W der zweiten gutsherrlichen L e i b e i g e n s c h a f t (F. Engels, B d 19, S . 326).

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48 Diese komplizierten, sich aus den Klassenverhältnissen herleitenden Bedingungen fanden in der bürgerlichen Geschichtsschreibung kaum Berücksichtigung. Vgl. dazu auch die jüngste Untersuchung von W. Schlesinger, Die mittelalterliche Ostsiedlung im Herrschaftsraum der Wettiner und Askanier, in: Deutsche Ostsiedlung in Mittelalter und Neuzeit, Köln, Wien 1971, S. 44ff.; oder die Untersuchung von W. Vogel, Der Verbleib der wendischen Bevölkerung in der Mark Brandenburg, Berlin (W) 1960. 49 Dazu besonders die ausgedehnten und grundlegenden Forschungen der Leipziger namenkundlichen Arbeitsgruppe des ehemaligen Instituts für Slawistik der DAW — vgl. die Veröffentlichungen „Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte", begründet von Th. Frings und R. Fischer, zuletzt erschienen Bd 26, Berlin 1971. Weiterhin „Brandenburgisches Namenbuch", bisher erschienen Bd 1, 1967, Bd 2, 1970; T. Witkowski, Die Ortsnamen des1 Kreises Stralsund, Berlin 1965; Eine Gesamtkartierung slawischer Ortsnamen auf dem Gebiet der DDR erstmals unter Mitwirkung ¿ e r genannten Arbeitsgruppen in „Die Slawen in Deutschland" (wie Anm. 1), Kartenbeilage (eine versehentlich unterlaufene Kartierungslücke westlich der Saale konnte in der zweiten, 1972 erschienenen Auflage geschlossen werden). Nachweis der umfangreichen namenkundlichen Literatur in der in Anm. 1 genannten Bibliographie zur Namenkunde. 50 Vgl. dazu H. H. Bielfeldt, Die slawischen Wörter in den deutschen Mundarten im ehemaligen slawischen Siedlungsgebiet, westlich der Oder, in: „Die Slawen in Deutschland" (wie Anm. 1), S. 415—423. Der Nachweis weiterer Untersuchungen von H. H. Bielfeldt sowie anderer Autoren zu dieser Problematik ebenda S. 483. Fräulein Dipl. Phil. I. Böger danke ich für den Vergleich und die bibliographische Vervollständigung der in den Anmerkungen enthaltenen Zitate.

Abbildungsnachweis

Abb. i. Nach J . Herrmann, Byzanz (wie Anm. 25), Abb. 2. Ausarbeitung des Verfassers auf Grund siedlungsarchäologischer Detailforschungen. Sie stützt sich auf die Veröffentlichungen vor allem folgender Autoren: W. Antoniewicz; B. Chropowsky; D. Csaüany; E. Dqbrowska; A. Hejna; W. Hensel; Z. Hilczeröwna, W. Hoiubowicz; V. Hruby; R. Jamka; J . Kaminska; J . Kudrnad; S. Kurnatowski, L. Leciejewicz; H. MitschaMärheim; B.Nowotny; J . Poulik; M. Solle; M. Stipanek; R. Turek; Z. Väna; St. Zajqczlcowski sowie Inventarwerke aus Polen, der CSSR und der B R D . Für das Gebiet westlich der Oder/Neiße diente die Kartierung von J . Hevrmann 1968 (wie Anm. 39) als Grundlage. Abb. 3. Ausarbeitung des Verfassers. E. Lange und U. Donat danke ich für die Unterstützung bei der Lokalisierung der Fundstellen und bei der Zusammenstellung der Ergänzungen. Abb. 4. Ausarbeitung des Verfassei s. Zusammenstellung der Grafik vorwiegend auf Grund der Arbeit von E. Lange, die diese im Zusammenhang mit dem Programm zur Frühgeschichtsforschung durchgeführt und inzwischen veröffentlicht hat. Nachweis von Ergänzungen vgl. in der Tabelle zu Abb. 3. Abb. 5. Ausarbeitung des Verfassers auf der Grundlage der in Tabelle Abb. 3 nachgewiesenen Untersuchungen. Abb. 6. Ausarbeitung des Verfassers auf folgenden Grundlagen: Ergebnisse der Untersuchung der botanischen Großreste, bei E. Lange 1971 (wieAnm. 29). Anhang 3—5, sowie dieser Tabelle zugrunde liegender Einzelanalysen; Pollendiagramme nachgewiesen oben, Tabelle S. 13. Bei der Auswertung der botanischen Untersuchungsergebnisse und ihrer Zusammenstellung für die vorliegende Grafik war mir dankenswerterweise Frau Dr. E. Lange behilflich. Abb. 7. Ausarbeitung des Verfassers. Frau Dipl.-Phil. U. Donat danke ich für die Unterstützung bei der Zusammenstellung der Tabelle und der Kartierung. Abb. 8. Nach J . Herrmann 1966 (wie Anm. 31), 1973 (wie Anm. 33) Abb. 9. Ausarbeitung des Verfassers.

Die Slawen in Deutschland Geschichte und Kultur der slawischen Stämme westlich von Oder und Neisse vom 6. bis 12. J a h r h u n d e r t — Ein Handbuch — Von einem Autorenkollektiv Herausgegeben von JOACHIM HERRMANN 2. durchgesehene

Auflage

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Wer waren die slawischen Stämme in Deutschland, woher kamen sie und wie organisierten sie ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Ordnung? Worin lag die Bedeutung dieser Stämme für die Entstehung des deutschen Volkes? Aufweiche Weise sind die heutigen Lausitzer Sorben mit dieser Geschichtsepoche verbunden? Das sind Fragen, denen im vorliegenden Handbuch nachgegangen wird. In zahlreichen Untersuchungen zu Detailfragen haben die Autoren die vorliegende Gesamtherstellung gründlich vorbereitet. Durch ihre aufeinander abgestimmte Arbeit vermitteln sie jetzt ein umfassendes Bild der Geschichte und Kultur der Slawen in Deutschland im frühen Mittelalter.

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