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German Pages 326 Year 1980
Schriften des
NIKOLAUS VON KUES in deutscher Übersetzung im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften herausgegeben von ERNST HOFFMANNt · PAUL WILPERT t und KARL BORMANN Heft 11
NIKOLAUS VON KUES
Die mathematischen Schriften übersetzt vou
JOSEPHA HOFMANN mit einer Einführung und Anmerkungen versehen von
JOSEPH EHRENFRIED HOFMANN
VERLAG VON FELIX MEINER HAMBURG
PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 231
Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der 2. verbesserten Auflage von 1980 identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abwei chungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographi sche Daten sind im Internet über ‹http://portal.dnb.de› abrufbar. isbn 978-3-7873-0491-2 ISBN eBook: 978-3-7873-2586-3
© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1980. Alle Rechte vor behalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gesamtherstellung: BoD, Norderstedt. Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier, hergestellt aus 100 % chlorf rei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany. www.meiner.de
VORWORT ZUR ZWEITEN AUFLAGE Die zweite Auflage blieb in Einführung, Übersetzung und Anmerkungen unverändert; das Handschriftenverzeichnis und das Schriftenverzeichnis wurden ergänzt. Sofern die übersetzten Texte im Straßburger Druck von 1488 (Nachdruck Berlin 1967) enthalten sind, wurden ihnen die Paragraphenzahlen beigegeben. Köln, im August 1979
KARL BoRMANN als Herausgeber der Schriftenreihe
VORWORT ZUR ERSTEN AUFLAGE Die vorliegende Übersetzung hält sich bewußt möglichst eng an den Wortbestand des lateinischen Textes, ~m so das Ringen des Nichtfachmannes mit mathematischen Problemen klar hervortreten zu lassen und damit seine Umwege - und auch Irrwege - verständlicher zu machen. Einen kurzen Überblick über die fachlichen Hauptergebnisse findet der Leser in moderner Ausdrucksweise in der Einführung. Wir möchten nicht versäumen, der Cusanus-Kommission der Heidelberger Akademie und vor allem Herrn Professor E. HoFFMANN für die Bereitstellung der nötigen Unterlagen und die freundliche Unterstützung bei allen unsern vorbereitenden Arbeiten unsern geziemenden Dank auszusprechen; Dank schulden wir auch Herrn Ministerialrat Dr. E. LöFFLER-Stuttgart und Herrn cand. math. H. SALZMANN-Augsburg für die gewissenhafte
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Vorwort
Unterstützung bei Durchsicht der Korrekturen und dem Verlag für die Sorgfalt bei der Anfertigung des Satzes und der äußeren Ausstattung des Büchleins. lchenhausen, den 6. Dezember 1950 JOSEPHA U. JOSEPH EHRENFRIEDHOFMANN
INHALTSVERZEICHNIS VII
I. Teil: Zur Einführung . . . • Zur Textüberlieferung . . . . Die angezogenen Handschriften Die Drucke der mathematischen Schriften
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II. Teil: Die Texte . . . . . . . . . 1. Von den Geometrischen Verwandlungen (De geometricis transmutationibus)
1-182 3
2. Von den Arithmetischen Ergänzungen
29
3. Von der Quadratur des Kreises · (De circuli quadratura) 4. Die Kreisquadratur . . . .
36
5. Von den Mathematischen Ergänzungen .
68
(De arithmeticis complementts)
58
(Quadratura circuli)
(De mathemalicis complementis)
6. Magister Paulus an den Kardinal Nikolaus von Cues . . . . . . . . . . . . . 128 (Magister Paulus ad Nicolaum Ousanum Oardinalem) •
7. Erklärung der Kurvenausstreckung. ( Declaratio rectilineationis curvae)
.
132
8. Über das eine Maß des Geraden und Gekrümmten . . . . . . . . . . . 136 (De una recti curvique menBilra)
9. Der Dialog über die Quadratur des Kreises (Dialogus de circuli quadralura)
143
10. Die Kaiserliche Quadratur des Kreises .
151
11. Über die Mathematische Vollendung.
160
12. Der Goldene Satz in der Mathematik
178
(De caesarea circuli quadratura) (De malhematica perfectione)
(Aurea proposilio in mathematicis)
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Inhaltsverzeichnis
III. Teil: Anmerkungen zur Einführung und zu den Texten . . . . . . . . . Anmerkungen zur Einführung . . . . . Anmerkungen zu den Texten . . . . . 1. Zu den Geometrischen Verwandlungen. 2. Zu den Arithmetischen Ergänzungen 3. Zur Quadratur des Kreises . . . . . 4. Zur Kreisquadratur . . . . . . . 5. Zu den Mathematischen Ergänzungen . 6. Zum Brief Toscanellis an den Cusaner . 7. Zur Erklärung der Kurvenausstreckung 8. Zum einen Maß des Geraden und Gekrümmten 9. Zum Dialog über die Quadratur des Kreises . 10. Zur Kaiserlichen Quadratur des Kreises 11. Zur Mathematischen Vollendung . . . 12. Zum Goldenen Satz in der Mathematik . Namen- und Schriftenverzeichnis Angeführte Schriften des Cusanus Sachweiser
183-252 185 189-252 189 198 200 208 213 233 235 237 240 242 245 251 253 263 265
ZUR EINFÜHRUNG
Oportet autem attingere sensum valentem potius supra verbarum vim intelleeturn e.ffe"e quam proprietatibus vocabulorum insiBtere, quae tantiB intellectualibus mysteriis proprie adaptari non posaunt. De doct. ign. I, 2.
Wenn wir den mathematischen Schriften des CUSANERS gerecht werden wollen, müssen wir uns stets vor Augen halten, daß hier nicht der Fachmathematiker zu uns spricht, sondern der Philosoph, dem es letztlich nicht um das reine Fachwissen g-eht, sondern um die symbolhafte Ausdeutung mathematischer Zusammenhänge. Die Worte in der Docta ignoranlia I, 11, wo gesagt wird, daß wir im Streben nach der Erfassung göttlicher Wahrheiten die stärkste Unterstützung von der Mathematik erhoffen dürfen - als Gewährsleute werden PYTHAGORAS, PLATON, ARISTOTELES, BOETHIUS und AUGUSTINUS angeführt - gell-en nicht der Fachwissenschaft, sondern der auf mathematische Bezeichnungen und Einsichten zu stützenden Symbolik, wie das in I, 12 des Näheren ausgeführt wird. Aber der CUSANER begnügt sich nicht mit dieser Auffassung, die das ganze Mittelalter hindurch die herrschende war, sondern er ringt ernsthaft um mathematische Fragestellungen und Beweise, und seine mathematischen Traktate behandeln wirklich mathematische Gegenstände, obwohl sie im Schatten seiner Philosophie stehen. Während REGIOMONTAN, der Fachmathematiker und etwas jüngere Zeitgenosse, das Wissen seiner Zeit in der Trigonometrie, in der Geometrie und in der Zahlentheorie um ein Bedeutendes vermehrt, beschränkt sich der CUSANER ausschließlich auf das Doppelproblem der Ausstrekkung und Quadratur des Kreises, das er von der Abhandlung über die Geometrischen Verwandlungen des Jahres
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1445 bis zum Goldenen Satz in der Mathematik vom Jahr 1459 auf imm-er wied-er neuen Wegen angegangen und behandelt hat. Fast in jeder der elf Schriften, die sich auf diese 14 Jahre verteilen, spricht er ausdrücklich davon, daß er dies-e mühevollen Untersuchungen nur um eines wichtigen Zweckes willen anstellt; denn es gelte den Zugang zu höheren Wissenszweig-en zu gewinnen, und in der letzten Abhandlung, der Aurea propositio, steht am Schluß der Hinweis auf den dreieinigen Urgrund, auf den alle höhere Spekulation hinzielen müsse. So ist die Mathematik für den CUSANER eine Hilfswissenschaft, aber doch eine echte Wissenschaft, deren Eigenart anerkannt und deren Problematik durchaus ernst genommen wird. Deshalb ist es interessant, des Näheren zu verfolgen, wie sich der Philosoph mit dieser Wissenschaft auseinandersetzt und wie er sich mit ihren Ideenbildungen immer besser vertraut macht. Über das, was der CUSANER von früher her an mathematischem Rüstzeug mitgebracht hat, sind wir nur unzureichend unterrichtet. Als sicher dürfen wir annehmen, daß er bereits während seiner Studienzeit beim obligatorischen Besuch der allgemeinen Vorlesungen in der Artistenfakultät mit den Institutiones arithmeticae des Bo:ETHIUS bekannt wurde, deren zum Teil zahlenmystisch gefärbter Inhalt seinen eigenen Ansichten in besonderem Maße zusagen mochte. Schon in der Docta ignorantia wird an mehreren Stellen auf das Gedankengut der Institutiones arithmeticae Bezug genomm-en, vor allem in dem oben erwähnten 11. Kapitel des ersten Buches, und in den späteren Schriften häufen sich derartige Anspielungen. Sicher hat der CUSANER auch die einfacheren Teile der EUKLID-Übersetzung des CAMPANUS 1 kennengelernt vielleicht zunächst nicht unmittelbar, sondern in der stark verkürzten Bearbeitung des BRADWARDINE, dessen Geometria speculativa 2 als ein brauchbares und hinlänglich einfaches Schulbuch sehr geschätzt wurde. Dieses Werk, dessen Einfluß auf die mathematischen Schriften des Cu-
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SANERS außerordentlich weit reicht, enthält auch Hinweise auf einige mathematische Stellen bei ARISTOTELES 3 ; ferner werden die Hauptsätze aus der damals gerade in lateinischer Übersetzung bekanntgewordenen isoperimetrischen Abhandlung d·es ZENODOROS wiedergegeben'. Besonders interessant ist die Erwähnung der ARCHIMEDISCHEN Circuli dimensio 5, über die man auf so engem Raum nicht eingehender berichten könne. BRADWARDINE kennt zwar den Zusammenhang zwischen Kreisumfang und Kreisfläche, hält jedoch den Wert :n; s::J ~ für g'enau und beruft sich hierfür ausdrücklich auf ARCHIMEDES als Autorität; das wäre nicht möglich gewesen, wenn er wirklich eine lateinische Übersetzung der Abhandlung vor Augen gehabt hätte. Wer s·ein Gewährsmann war, ist nicht sicher festzustellen. In der Docta ignorantia wird weder EUKLID noch CAMPANUS noch auch BRADWARDINE namentlich erwähnt, aber zwei interessante Einzelheiten stehen vermutlich in engerer Beziehung zu BRADWARDINE bzw. zu CAMPANUS. Die eine findet sich in I, 13, wo der CUSANER jene Kreise betrachtet, die einander in ·einem Punkte gleichsinnig berühren. Er sieht die gemeinsame Tangente als den größten unter diesen Kreisen an, dem das Maximum an rectitudo und das Minimum an curvitas zukomme. Die beig'esetzte Figur stimmt im wesentlichen mit einer aus der Geometria speculativa8 überein, nicht aber mit jener der Vorlage aus CAMPANUS 7 • Di·e CUSANISCHE Überlegung mag aus dem ihm vorliegenden Text durch selbständig'e WeHerbildung entstanden sein. Eine weitere Bezugnahme auf BRADWARDINE 8 oder CAMPANUS 9 sehen wir im Text der Doctaignorantia III, 1, wo die Frage angeschnitten wird, ob man aus d·er Existenz kleinerer und größerer Werte hinsichtlich einer bestimmten Größe auf die Existenz einer zu ihr gleichen Größe schließen dürfe. Der CUSANER leugnet dies mit aller Entschiedenheit; z. B. dürfe man weder aus der Existenz des einbeschriebenen und umbeschriebenen Quadrats am
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Kreise auf die Existenz eines zum Kreise flächengleichen Quadrats schließen 10, noch auch aus der Existenz zweier geradliniger Winkel, von denen der eine kleiner, der andere größer sei als der sog. Inzidenzwinkel (zwischen Kreissehne und Kreisbogen) auf die Existenz eines zum Inzidenzwinkel gleichen geradlinigen Winkels. Auf diese Angelegenheit werden wir unten (s. XX/XXI) noch genauer zurückkommen. Anscheinend hat sich der CUSANER schon während seiner Studienzeit lebhaft für mathematische Dinge interessiert. Diese Vorliebe hat ihn, der seit 1417 an der Universität Padua die Rechte betrieb, noch im Jahr 1422- also kurz vor Abschluß seiner Studien -in die mathematischen Vorlesungen BELDOMANDIS geführt, der eben erst die Professur für Musik und Astrologie erbalten hatte, und sich als Verfasser wohldurchdachter und ziemlieb selbständiger Lehrbücher11 eines bedeutenden Rufes erfreute. Unter den Hörern BELDOMANDIS befand sich auch TOSCANELLI, der Sohn ein-es Florentiner Arztes, mit dem der CUSANER alsbald in enge freundschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen traP 2 • TOSCANELLI hatte sich vorzügliches Fachwissen auf dem Gebiete der Mathematik und Astronomie erworben; von ihm bat der CUSANER auf dem Gebiete der exakten Naturwissenschaften viele allgemeine und fachliche Anregungen empfangen. Wie hoch er das Können des klugen Florentiners einschätzte, zeigt uns der Umstand, daß er ihm seine ersten beiden mathematischen Abhandlungen, die Transmutaliones geometricae und die Complementa arithmetica, gewidmet bat. Ob sich der CUSANER auch unmittelbar nach Abschluß seiner Studien noch mit rein mathematischen Gegenständen befaßt bat, wissen wir nicht. Daß in ihm das Interesse an mathematischen Fragen rege geblieben ist, lehrt uns eine interessante Einzelheit: Im Jahr 1428 hat er sich LULLS Traktat von der Quadratur und Triangulalur des Kreises eigenhändig abgeschrieben, und zwar kennzeich-
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nenderweise nur den ersten mathematischen Teil, nicht aber die symbolisch-theologische Fortsetzung 13 • Die LULLSCHE Abhandlung ist vom rein mathematischen Standpunkt aus sehr unbedeutend; sie enthält jedoch einige allgemeine Gedanken, die sich mit der Auffassung des CUSANERS stark berühren. Besonders interessant ist für uns die einleitende Bemerkung11 : Strecken und Kreisbögen können als ungleichartige Größen nicht ins Verhältnis gesetzt werden, und Bögen sind auch nicht vermittels des Zirkels durch Strecken meßbar. Deshalb muß man als Mathematiker in seinem Sinne an Stelle der wirklieben Strecken und Bögen ihre Ideen setzen und diese in der Vorstellung zum Vergleich bringen. Mit der Tatsache, daß sich Strecken und Bögen nicht ins Verhältnis setzen lassen, war der CUSANER aus ARISTOTELES wohlvertraut; in De beryllo 27 wird sogar ausdrücklich auf eine einschlägige Stelle in den M etaphysica verwiesen15. Dort wird auch erwähnt, daß diese Inkommensurabilität das Hauptargument des ARISTOTELES gegen die Möglichkeit einer exakten Kreisquadratur sei. Wahrscheinlich kannte der CUSANER nicht nur einige der einschlägigen Stellen bei ARISTOTELES, sondern auch etwas von den zugehörigen Kommentaren, wie etwa den des BOETHIUS 16 und den desAVERROES17 • Hingegen halle er von der Quadratur vermittels der Möndchen, die in den Complementa mathematica erwähnt wird18, nur ganz unbestimmte Vorstellungen. Vielleicht lag ihm bierüber nichts anderes vor als die kurze und nichtssagende Bemerkung bei BRADWARDINE18 : "Bei ARISTOTELES wird auch eine Quadratur vermittels der Möndchen erwähnt, jedoch als unrichtig bezeichnet, und deshalb ist es überflüssig, genauer darauf einzugehen." Daraus folgt, daß der CUSANER weder den Kommentar des SIMPLI KlOS zur ARISTOTELISCHEN Physik gesehen hat20 , in dem die Möndchenquadratur eingehend behandelt wird, noch auch den des PHILOPONOS zu den Analytica posteriora 21 , der eine verkürzte Darstellung enthält, und ebensowenig die unter dem Titel Quadratura circuli per lunulas umlaufenden lateini-
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sehen Fassungen, von denen eine dem ALBERT VON SACHSEN vorlag 22 • Der Traktat ALBERTS zur Kreisquadratur 23 scheint dem CUSANER nicht bekanntgeworden zu sein, und ebensowenig die älteren Studien des FRANCO VON LÜTTICH 26 und des JORDANUS NEMORARIUS 2& zum glei· chen Gegenstand. Auch das (etwas billige) Verfahren LULLS, an Stelle der wirklichen Figuren gedachte treten zu lassen, um vermutete, aber nicht unmittelbar aus der Anschauung erkennbare Zusammenhänge nachweisen zu können, war dem CUSANER nichts Neues. Er kannte Ähnliches schon längst aus den von ihm mit Leidenschaft studierten NEUPLATONISCHEN Schriften; später zitiert er 26 als maßgebliche Autorität die Schrift De divinis nominibus des von ihm so hoch verehrten PSEUDO-DIONYSIOS 27 • Das von ihm selbst verwendete Verfahren ist viel feiner und besser durchdacht: es ist die sog. visio intellectualis, die bereits in der Docta ignorantia I, 4 und etwas eingehender in De coniecturis II, 2 und dann ganz genau in De beryllo geschild-ert und auch in den mathematischen Schriften immer wieder angewendet wird 28 • Die Erkenntnis ist für den CUSANER im wesentlichen von dreifacher Art: sensibilis, rationalis und intellectualis. Die Dinge der Sinnenwelt sind ihrem We&en nach durchaus unvollkommen, wie etwa eine auf einer Tafel -eingeritzte Figur. Nicht von diesen Gebilden handelt der Mathematiker, sondern von den nur in seiner Vorstellung vorhandenen und rein gedachten Figuren 28 • Was hierbei durch die gewöhnliche Schlußweise hergeleitet werden kann, würde vom CUSANER in den Bereich derrat i o n a1e n Erkenntnis verwiesen werden. Tiefer dringt die visio intellectualis, die als letztes Hilfsmittel dienen muß, wenn die rationalen Methoden versagen. Dies tritt z. B. bei Betrachtung unendlich großer Gebilde ein, wie sie in der Docta ignorantia I, 14 und I, 15 behandelt werden. Vermöge der visio intellectualis wird das unendliche Dreieck gleichzeitig auch als Kreis angesehen. Ähnlich liegen die
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Dinge bei Untersuchung unendlich kleiner Gebilde; nur in diesem Bereich ist es möglich, daß Sehne und Bogen zusammenfallen 30, Etwas anders muß man vorgehen, wenn es gilt, den Kreis zu quadrieren. Das ist in der Welt des Gedachten grundsätzlich unmöglich; hingegen läßt sich die Quadratur des Kreises im Bereich des Handgreiflichen immer genauer und genauer vollziehen - schließlich so genau, daß ein sinnfälliger Unterschied überhaupt nicht mehr feststellbar ist31 • In der visio intellectualis und allem, was mit ihr zusammenhängt, steckt d·er entscheidende außermathematische Bestandteil der CUSANISCHEN Mathematik. Gewiß ist dieses Verfahren vom streng wissenschaftlichen Standpunkt aus völlig unzulässig, aber es wird mit soviel Takt verwendet, daß im Grunde nur äußere Einzelergebnisse unrichtig werden; der tiefere Zusammenhang ist fast immer richtig erfaßt. Dies·es feine Empfinden für das, was möglich und was unmöglich ist, macht die eigentliche Stärke des CUSANERS auf mathematischem Gebiet aus. Es läßt uns die vielen Unvollkommenheiten in der Einzeldurchführung vergessen und nötigt uns die höchste Achtung vor dem kühnen Denker ab, der es als Nichtfachmann gewagt hat, mit seinen noch gänzlich unzureichenden Hilfsmitteln bis zur Untersuchung funktioneller Zusammenhänge vorzustoßen, deren Bedeutung selbst dem tüchtigsten seiner Zeitgenos~ sen nur von ferne dämmerte. Das entscheidend Neue, was der CUSANER mit seiner visio intellectualis gefunden hat, ist das Prinzip der coincidentia oppositorum, das ihm auf der Rückfahrt von Konstantinopel im Jahre 1437/38 eingebungsgleich aufgegangen ist. In der Docta ignorantia vom Frühjahr 1440 wird ein erster Überblick über die Kraft der neuen Betrachtungsweise gegeben, und das unter fortwährender Heranziehung mathematisierender Schlußweisen, die jedoch nicht im Sinne strenger od·er gefühlsmäßiger Fachbetrachtungen, sondern in sinnbildlich vergleichender Form verwendet werden. Der CUSANER will z. B. in I, 3 klarmachen,
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daßallunser irdisches Wissen nur Stückwerk ist, und da.ß uns die volle Wahrheit für immer verschlossen bleibt. Dies geschieht durch einen doppelten Vergleich. Einerseits wird die Wahrheit als das ewig Unveränderliche, Absolute und Unendliche erklärt, das sieb der artgemäßen Erkennbarkeil durch unsern zeitlich bedingten und auf das Endliche beschränkten Verstand entzieht und daher prinzipiell unerkannt bleibt, ähnlich wie das Unendliche, das niemals zum Endlichen in ein meßbares Verhältnis zu treten vermag. Andrerseits wird die uns allein zugängliche gradweise Erkenntnis und die uns unzugängliche Wahrheit mit den Beziehungen zwischen den einbeschriebenen regelmäßigen Vielecken und dem Kreise verglichen. Wohlläßt sich unser Einzelwissen stufenweise vergrößern und damit der Wahrheit stärker annähern, genau so, wie das Vieleck dem Kreis durch Vergrößern seiner Eckenzahl immer ähnlicher wird; aber niemals ist eine volle Übereinstimmung erzielbar, genauso wenig wie beim Vieleck, das auch nicht bei Vergrößern der Eckenzahl bis ins Unendliche zum Kreise wird. Demgemäß ist unser Wissen nur sehr unvollkommen; so erscheint uns die Wahrheit als eine Möglichkeit: in Wirklichkeit ist sie die vollendete Notwen di gk eit und überdies das absolute und unveränderliche Maximum des Erkennbaren. Auf Grund dieser Überlegung kommt der CUSANER zu der Auffassung, da.ß zwischen Größen, die sich sensualiter, rationaliter oder intellectualiter unterscheiden, niemals eine präzise Gleichheit möglich ist; denn dies würde auf ein Maximum an Gleichheit hinauskommen, das selbst die Welt des Intelligiheln überschritte. Nun wendet sich der CUSANER zur näheren Untersuchung der absoluten Extreme82• Er unterscheidet zwischen Maximum und Minimum und erklärt das Größtmögliche als das Maximum an Großheit, das Kleinstmögliche als das Maximum an Kleinheit. Mit Hilfe einer visio intellectualis sieht er vom Begriff der Großbeil und Kleinbeil ab und kommt auf diese Weise zu der Auffassung, da.ß das Maximum und das Minimum - jedes von ihnen als ein
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reines Maximum aufzufassen - miteinander zusammenfallen müssen. Hierin besteht das Wesen der coincidentia oppositorum, mittels deren er auf allen Wissensgebieten neue Erkenntnisse zu gewinnen und bisher als unlösbar angesehene Probleme zu meistern hofft. Zunächst stellt er fest33, daß es nur ein Maximum geben kann. Alsdann geht er zur Anwendung seiner Methode auf die gewöhnlichen Zahlen über. Jede ganze Zahl entsteht durch Setzen von Einheiten; eine größte endliche Zahl kann ·es nicht geben, da jede Zahl vergrößerungsfähig ist. AJs kleinstmögliche Zahl muß die Eins angesehen werden; denn sie läßt sich nicht weiter vermindern. Daher ist sie die schlechthin kleinste unter den Zahlen und muß mit der größtmöglichen Zahl, die als unendliche nicht benannt werden kann, zusammenfallen. Sie ist Ursprung aller Zahlen, aber noch nicht selbst Zahl. Mit dieser letzten Bemerkung tritt der CUSANER der alten PYTHAGOREISCHEN Lehre bei, die ihm aus Bo:ErHIUS 3 ' bekannt war. Er hält es nicht mit BELDOMANDI, der als einer der ersten bereit war, die Eins als Zahl anzuerkennen 35 • An späterer Stelleas erklärt der CUSANRR den Extremwert als das natürliche Maß der Zwischenwerle. Er äußert sich auch gerrauer darüber, wie jede Zahl aus der Einheit durch fortwährendes Setzen von Einheiten entsteht37 • Diese Erzeugung bezeichnet er als eine explicatio, das Enthaltensein der Einheit in jeder Zahl als eine complicatio. Er betont, daß die Einheit deshalb als die größtmögliche Zahl anzusehen ist, weil sie als einzige Zahl ausnahmslos in jeder an dem enthalten ist. Eine ähnliche Sonderstellung wie der Einheit unter den Zahlen (diskrete Größen) kommt dem Punkt unter den geometrischen Gebilden (kontinuierliche Größen) zu 38 • Durch eine erste explicatio geht aus dem Punkt die Linie, durch je eine weitere explicatio die Fläche und der Körper hervor, und bei dieser explicatio entstehen der unendliche Kreis und die unendliche Kugel als zusammenfallende Maxima, die ihrerseits wieder mit dem erzeugenden Punkt koinzidieren. In diesem Sinne besteht die Linie aus der Gesamtheit der auf ihr gelegenen Punkte.
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Was der CUSANER hier andeutet, kommt auf ein Wiederaufleben der Indivisibeln-Vorstellungen der Atomistiker hinaus, die von der PLATONISCHEN Akademie und später von der NEUPLATONISCHE~ Schule aufs heftigste bekämpft worden waren. Wir sind nicht sicher, ob der CUSANER seine Auffassung selbständig entwickelt hat oder ob er hier einer für uns noch nicht klar erkennbaren, vielleicht mündlichen Tradition folgt. Als Übermittler käme der Skeptiker SEXTUS EMPIRICUS in Frage, der in seiner Schrift Adversus mathematicos39 eine sehr klare Darstellung der Indivisibeln-Lehre gibt, um sie dann mit vielen Gegengründen als unhaltbar zu erklären und zu verwerfen. Auf jeden Fall steht fest, daß die Indivisibeln-Vorstellungen des 17. Jahrhunderts mit der Auffassung des CuSANERS in Verbindung gebracht werden müssen, doch sind die näheren Ei.nmlheil.oen noch nicht hinreichend genau bekannt. Bei einer Diskussion über die Dreieinigkeit der göttlichen Personen spricht der CUSANER -davon~0 , daß das Dreieck die einfachste unter allen geradlinigen geometrischen Figuren und daher das Minimum unter den Vieleckfiguren sei und sich zu diesen verhalte wie die Einheit zu den Zahlen. Aus der weiteren Erörterung geht hervor, daß der CUSANER hier von unendlich großen Vielecken spricht, so daß wir es mit einer außermathematischen Angelegenheit zu tun haben. Aber gerade diese Stelle ist es, aus der durch Umwenden und Kombination mit dem Inhalt des Kapitels aus BRADWARDINE über die isoperimetrischen Figuren11 etwas Neues entstehen sollte, nämlich die Methode zur Quadratur des Kreises in der ersten Prämis-se der Transmutationes geometricae". Wir erfahren aus dem Vorwort zu dieser seiner mathematischen Erstlingsschrift, was den CUSANER veranlaßt hat, das bisher ausschließlich beackerte Feld der symbolischen Mathematik zu verlassen und zur reinen Fachwissenschaft überzugehen 43 : es war das ungelöste Problem der Kreisquadratur, das ihn reizte, und das er vermittels seiner coincidentia oppositorum zu bezwingen hoffte. Unzählige Ansätze hatte er erfolglos un-
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ternommen und all·es ihm Zugängliche über den Gegenstand durchgearbeitet: er hatte sich vor allem mit der Lösungsmöglichkeit des Problems eingehend beschäftigt und war schließlich zu der Erkenntnis vorgedrungen, daß man hier vermittels der gewöhnlichen mathematischen Methoden nicht zum Ziel kommen könne. Insbesondere aus der De circuli quadratttra, wo das ganze Existenzproblem mit allem Für und Wid·er durchgesprochen wird44 , ersehen wir, was der CUSANER in den Schriften seiner Vorgänger gefunden hatte. Zwei Grundauffassungen stellt er einander entgegen: nach der einen ist die Kreisquadratur möglich, weil es dort, wo ein Größer und ·ein Kleiner vorhanden ist, immer auch ein Gleiches gibt (Zwischenwertsatz); nach der andern ist die Kreisquadratur unmöglich, weil d·er ZWischenwertsatz ungültig ist. Der CUSANER bekennt sich nach eingehender Diskussion zur zweiten Auffassung und beschränkt sich darauf, ·eine näherungsweise Kreisquadratur zu geben- näherungsweise jedoch nur in der Welt des Intelligibeln, während sie in der Welt des Sinnlich-Greifbaren so genau ist, daß man auch mit den feinsten Maßen keinen Unterschied zwischen dem näherungsweise konstruierten Quadrat und der Kr·eisfläche feststellen kann 45 • Wir wissen nicht genau, welche Autoritäten es waren, in deren Schriften der CUSANER lesen konnte, daß die Kreisquadratur möglich sei, falls die Gültigkeit des Zwischenwertsatzes zugegeben werde. Wir dürfen jedoch mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß hier eine antike Tradition vorliegt, die sich auf die Methode des BRYSON bezieht. Über diese sind wir aus den ARISTOTELES-Kommentaren des ALEXANDER VON APHRODISIAS" und des PHILOPONOS47 unt•errichtet,allerdings nur in unzureichender Form. BRYSON soll am gegebenen Kreis ein einbeschriebenes und ein umbeschriebenes und ein zwischen beiden seitenparallel gelegenes regelmäßiges Vieleck konstruiert und behauptet haben, das letztere sei zum Kreis flächengleich; denn Zwischenvieleck und Kreis seien beide
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kleiner als das umbeschriebene und größer als das einbeschriehene Vieleck, und was größer und kleiner als dasselbe sei, sei auch gleich. Über das Verfahren des BRYSON können wir uns hieraus kein Urteil bilden; denn es fehlt die Hauptsache: die konstruktive Bestimmung des Zwischenvielecks. Anders lägen die Dinge, falls wir annehmen dürften, daß ALEXANDER - er ist der Gewährsmann für PHILOPONOS, jedoch gleich di-esem in mathematischen Angelegenheiten unzuverlässig - seine Vorlage mißverstanden hätte. Vielleicht wollte BRYSON nur die M ö gli c h k e i t der Kreisquadratur dartun! Dann wäre die lateinische Tradition, auf die sich der CUSANER stützt, von größter Bedeutung; denn in dieser Fassung heißt es nicht mehr, wie im griechischen Text'8: Ta o6 Toii avToii pdCova "al iMTTova laa dll~Ao~ iaTlv, sondern einfach: ubi dare est magis et minus, et est dare aequale 49 • In dieser Fassung ist der Zwischenwertsatz (unter Annahme stetiger Veränderungen) richtig und die BetrachtungsweiseBRYSONS für uns sinnvoll geworden, nichtaberfür die antiken Philosophen und Mathematiker, dle dem direkten Schluß bei Stetigkeitsbetrachtungen seit der Kritik ZENONS mißtrauten und nur mehr den indirekten Schluß verwendeten: was weder größer noch kleiner ist, ist gleich. Im ausgehenden Mittelalter hatte sich die geistige Situation von Grund aus verändert. Man studierte - vor allem im Kreise der Pariser Nominalisten - die Stetigkeitseigenschaften des Kontinuums mit heißem Bemühen und wäre gern bereit gewesen, den Zwischenwertsatz anzuerkennen, hätte nicht die Kontingenzwinkelfrage und alles, was mit ihr zusammenhängt, ein unüberwindliches Hemmnis gebildet. Sie ist entstanden aus der etwas eigenartigen Fassung d·es Satzes III, 15 in den EUKLIDISCHEN Elementen, wo gesagt wird, der Winkel zwischen Kreisbogen und Tangente (der sog. Kontingenzwinkel) sei kleiner als jeder spitze Winkel. An dieser Stelle schaltet CAMPANUS den Zusatz ein, der sich gegen di-e Zulässigkeit des Zwischenwertsatzes richtet und, kurz gesagt, so lautet: Der
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Halbkreiswinkel (zwischen d·em Kreisdurchmesser und dem Kreisbogen) ist größer als jeder spitz.e und kleiner als der rechte Winkel; für ihn wären also die Voraussetzungen des Zwischenwertsatzes erfüllt. Trotzdem gibt es keinen geradlinigen Winkel, der gleich dem Halbkreiswinkel ist. Die nämliche Schlußweise findet sich auch bei BRADWARDINE, der sich ausdrücklich auf CAMPANUS bezieht, aber den EUKLIDISCHEN Satz und die zusätzliche Bemerkung um der Übersichtlichkeit willen auf zwei getrennte conclusiones verteilt~ 0 • Diese Stelle ist es, auf die sich der CUSANER schon in der Docta ignorantia III, 1 bei Ablehnung des Zwischenwertsatzes berufen hatte (vgl. oben S. XII). Da also d·er Zwischenwertsatz für den CUSANER ungültig ist, ist auch die Kreisquadratur und alles, was daraus folgt, in der Welt des Intelligibeln unmöglich; möglich ist sie allein in der Welt des Sinnlich-Greifbaren, wo man grundsätzlieb a.uf die letzte Präzision verzichten muß und an Stelle der strengen Gleichheit die näherungsweise zu setz.en hat. Dort läßt sich die Quadratur sogar rat i o n a 1 leist·en -und das nach Ansicht des CUSANERS mit einem solchen Grad von Genauigkeit, daß die noch vorhandene Abweichung durch keiMrlei irdisches Maß festgestellt werden kann. Bei seinem ersten großen Ansturm auf das Problem der Kreisquadratur, von d·em er in der Einleitung der Transmutationes geomelricae berichtet, bedient sich der CUSANER der coincidentia oppositorum in folgender Weise~ 1 : Er sucht zwischen d·er Fläche des Kreises und der des Dreiecks andere geradlinig begrenzte und daher elementar quadrierbare Flächen so einzuschalten, daß die Dreieckfläche zum Minimum und die Kreisfläche zum Maximum wird. Dies gelingt ihm, indem er lauter umfangsgleiche regelmäßige Vieleck·e benutzt - ·ein Gedanke, den er wohl aus BRADWARDINES Bericht über die isoperimetrischen Figuren entnommen hal 52 • Bis hierher ist alles Auseinandergesetzte auch mathematisch einwandfrei; jetzt aber
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werden nicht weiter begründete IrrationaJitätssätze vorgebracht wie etwa jener, daß die Fläche f n eines willkürlich herausgegriffenen unter den umfangsgleichen regelmäßigen Vielecken und ebenso die Flächen r!nund !!!n der zugehörigen Um- und Inkreise zur Fläche f des Kreises irrational seien: Man könne ebensowenig durch Vervielfachen der Eckenzahl n zum Kreise gelangen wie im Bereich der natürlichen Zahlen zu einer (endlichen) größten53. Hier fühlen wir das Nachwirken der symbolischen Vorstellungen der Docta ignorantia deutlich durch; sie verführen den CUSANER zu der Meinung; ein Grenzwert f = lim f n sei grundsätzlich ganzzahlig unvergleichbar n-+oo
mit den Gliedern fn der den Grenzwert erzeugenden Folge. Das Entscheidende ist nun, wie die isoperimetrische Ausrundung des gleichseitigen Dreiecks vollzogen werden soll. Um sie durchführen zu können, bedient sich der CUSANER einer ~k-~~+-.,--..".--'. 46. fläche entsteht und aus der Kurve bg das Doppelte, d. h. eine gekrümmte Oberfläche, welche gleich der Oberfläche einer Kugel ist mit cb als Halbmesser eines Größtkreises, und aus der
De matkematicis complementis = GM
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Kurve be die dreifache Fläche. Daraus läßt sich ableiten, wie man bei solchen gekrümmten Oberflächen jede beliebige Multiplikation ausführen kann. 55 Wenn man als Bogen eine krumme Linie nimmt von der Krümmung irgendeines Parabelschnittes oder schiefen Zylinderschnittes-dieBe Schnitte sind keine Kreisschnitte, sondern in einer anderen Krümmung gekrümmt -, so ist bei gleichem Verfahren das Verhältnis der Oberflächen das gleiche 49 • 56 Bei feststehendem a führe man ab einmal herum und beschreibe so eine ebene Kreisfläche. Den einen Endpunkt b in einem Quadranten des so beschriebenen Kreises verbinde man mit dem anderen Endpunkt c, halte die Punkte a und c fest und drehe den Quadranten um ac. Die von dem Quadranten erzeugte Fläche ist D ' doppelt so groß wie die von der GeAbb. 47 · raden ab erzeugte. Das ist klar: denn aus bc entsteht die Oberfläche einer Halbkugel, aus ab ein Größtkreis, der, wie Arehirnedes gezeigt hat, viermal genommen die Kugeloberfläche ergibt50•
JD
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Wenn Du zylindrische, sphärische und Kegelflächen und unbeschränkt viele Kegelstücke von der nämlichen Oberfläche beschreiben D:-----, willst, dann mußt Du es so machen: ab sei der Halbmesser eines beliebigen Kreises; lege im rechten Winkel dazu bc = ab und ziehe durch a die Parallele von unbestimmter Länge zu bc; tl--=-ot-+-1--7 sie sei ad. Aus dem Punkt b lege bd, die doppelte Länge von ab, nach ad hin. Dann verbinde d mit c. Ich behaupte: Alle Geraden, die sich aus b Abb. 48.
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Von den mathematischen Ergänzungen
zur Geraden cd ziehen lassen, beschreiben bei der Umdrehung Kegelstücke, die mantelgleich sind entweder dem Zylinder 51 bc oder dem Kegel bd, weil die aus bc und aus bd entstehenden Flächen gleich sind, nämlich doppelt so groß wie die Fläche des Kreises vom Halbmesser ab. Weiter oben ist dargelegt worden, daß es sich mit den dazwischen liegenden ebenso verhält, z. B. mit bi und bg und allen derartigen. Das ist klar; denn die erzeugten Flächen können nicht größer sein als die Fläche, die aus bc entsteht, und nicht kleiner als die Fläche, die aus bd toz. 7211 entsteht. Da aber diese beiden gleich sind, sind entsprechend alle dazwischenliegenden gleich. Beschreibe also einen Viertelkreis be vom Halbmesser ab. Aus dem Vorangehenden ist klar, daß die aus der Kurve be entstehende Fläche jenen gleich ist 5 2 • Gekrümmte Linien, jedoch nicht Kreislinien, mußt 58 Du auffassen als aus einer in ihren beiden Endpunkten ungleichartig bewegten Linie erzeugt, wie r1 wenn z. B. die Gerade ab bewegt wird und b stärker als a. Angenommen, a bewege sich auf der Geraden ac, b auf der Kurve bd. Und wenn Abb 49 a t: sich b !'lflächen entsprechend auffinden, die jener Kugelfläche gleich .sind. Daraus hat schon Arehirnedes in seiner Quadra- 70 tura pambolae eine Methode eröffnet, mittels deren sich jene Fläche in ein Quadrat überführen läßt, indem er aufzeigte, daß jene Fläche zwischen einer G€raden und dem Schnitt eines rechtwinkligen Kegels 72 das 1Yafache beträgt des Dreiecks, das mit der Parabel gleiche Höhe und eben diese Gerade zur Grundlinie hat. Und jetzt steht fest, wie man eine quadratische Fläche in eine Kreisfläche verwandeln kann, und daß man zu einer Kreisfläche einen gleich großen Zylinder- und Kegelmantel finden kann. Aus dem Vorhergehenden hast Du also eine Methode, den Bogen eines solchen Parabelschnittes in eine Gerade zu verwandeln, und wenn Du dabei Geist aufwendest, kannst Du jede regelmäßige Krümmung, auch die eines schiefen Zylinderschnittes, auf diese Weise geradestrecken73 • toz. sor
Ich will nun untersuchen, wie man vermittels 71 Möndchen der Kreisquadratur näherkommt - ein e 1 Weg, auf dem sich die Alten ohne Erfolg versucht haben 74 • Es besteht die Absicht, zwischen einer dem Kreis umbeschriebenen und einer einbeschriebenen VieleckAbb. 55. seite eine Linie zu finden, die das Möndchen so schneidet, daß das geradlinige Dreieck gleich dem zugehörigen Kreissektor
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wird. Angenommen, a sei der Mittelpunkt eines Kreises, bc der dritte Teil des Kreisumfangs, ef werde als Dreieckseite dem Kreisbogen umbeschrieben, af und ae seien gezogen und cb sei die Sehne oder die Seite des einbeschriebenen Dreiecks. Ich will zwischen ef und bc eine Linie ik einzeichnen, die das Möndchen lmn so abschneidet, daß es gleich ist den beiden Abschnitten bil und ckn, so daß das Dreieck aik gleich ist dem Kreissektor abmc. Für diese Untersuchung setze ich voraus: Erstens: Die Seite des einbeschriebenen Vielecks ist kleiner als der Bogen, und die Seite des umbeschriebenen Vielecks ist größer als der Bogen, und zwar ist die Differenz zwischen der umbeschriebenen Vieleckseite und dem Bogen größer als die Differenz zwischen dem Bogen und der einbeschriebenen Vieleckseiten;. Zweitens setze ich voraus: Es können zwei Strecken zwischen der einbeschriebenen und umbeschriebenen Vieleckseite liegen, von denen die eine gleich dem Bogen ist und die andere das rechtwinklige Dreieck dem Kreissektor gleich macht. Die einbeschriebene Seite werde als El\Ste bezeichnet, die dem Bogen gleiche als Zweite, die Dritte mache das rechtwinklige Dreieck gleich dem Kreissektor, die Vierte sei die Seite des umbeschriebenen Vielecks. Drittens setze ich voraus: Diese vier Linien sollen sich so verhalten, daß alle zunehmen, wenn eine zunimmt, und alle abnehmen, wenn.eine abnimmt; denn aus dem Wachstum der einen folgt auch das Wachstum der anderen. Viertens setze ich voraus: Je mehr sie wachsen, um so größer wird die Differenz, und je mehr sie abnehmen, um so kleiner wird die Differenz. Fünftens setze ich voraus: Je größer die Differenz der Linien ist, um so größer ist die Differenz ihrer Quadrate.
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Von den mathematischen Ergänzungen
Daraus schließe ich so: Je größer die Vierte ist, 73 um so größer ist die Dritte und die Differenz der Strecken und ihrer Quadrate. Ebenso: Je größer die Zweite, um so größer die Erste und die Differenz der Strecken und ihrer Quadrate. Je größer die Differenz der Quadrate der Vierten und Dritten, um so größer die Differenz der Quadrate der Zweiten und Ersten und die Differenz ihrer Differenzen. Je größer also die Vierte, um so größer ist die Erste und um so größer sind die Differenzen ihrer Quadrate und die Differenz der Quadratdifferenzen zwischen der Vierten und Dritten einerseits und der Zweiten und tol. sov Ersten andrerseits; entsprechend also dem Verhältnis zwischen den Quadraten der Vierten und Ersten verhalten sich die Quadratdifferenzen zwischen der Vierten und Dritten einerseits und der Zweiten und Ersten andrerseits, und zwar so: ·wenn das Quadrat der Zweiten um irgendeinen Betrag größer ist als das Quadrat der Ersten, und das Quadrat der Vierten doppelt so groß ist wie das Quadrat der Ersten, so wird das Quadrat der Vierten größer als das Quadrat der Dritten um das Doppelte [des nämlichen Betrages], und wenn das Verhältnis zwischen den Quadraten der Vierten und Ersten ein anderes ist, so ist das Verhältnis zwischen den Größen dieser Differenzen auch ein anderes 76 • Wenn Du dies be- 74 streitest und behauptest, das Verhältnis des Quadrats der Vierten zum Quadrat der Ersten sei 2 zu 1, aber nicht [verhalte sich ebenso] der Überschuß des Quadrats der Vierten über das der Dritten zum Überschuß des Quadrats der Zweiten über das der Ersten, vielmehr sei ·der Überschuß des Quadrats der Vierten über das der Dritten 3 und der Überschuß des Quadrats der Zweiten über das der Ersten 1; dann behaupte ich, dies enthalte einen Widerspruch. Denn
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es folgt, daß in diesem letzteren Falle die Erste und Zweite kleiner und ähnlicher sind als die Erste und Zweite vorher, wo sich ihre Quadrate um die halbe [Quadratdifferenz der Vierten und Dritten] unterschieden; je kleiner nämlich die Differenz der Überschüsse ist, um so ähnlicher und kleiner sind die Strecken 77 • Gleichzeitig folgt, daß die Erste undZweite im zweiten Fall größer sind als die Erste und Zweite, deren Quadrate sich um die Hälfte der Quadratdifferenz zwischen der Vierten und Dritten unterscheiden. Je mehr nämlich die Quadratdifferenz zwischen der Vierten und Dritten die Quadratdifferenz zwischen der Zweiten und Ersten übertrifft, um so größer und unähnlicher sind die Zweite und Erste; sie werden also größer sein als die Zweite und Erste, bei denen die Quadratdifferenz die Hälfte ist, wenn man die Quadratdifferenz als ein Drittel der Quadratdifferenz zwischen der Vierten und Dritten ansetzt7 8 • So werden sie größer und kleiner, ähnlicher und unähnlicher, was nicht zu vereinbaren ist. Ein ähnlicher "Widerspruch ergibt sich, wenn man setzen würde, daß die Quadratdifferenz zwischen der Zweiten und Ersten größer sein soll als die halbe Quadratdifferenz zwischen der Vierten und Dritten, und dieser Widerspruch ergibt sich in allen Fällen, wenn behauptet wird, das Verhältnis der Überschüsse zwischen dem Quadrat der Vierten über das der Dritten und zwischen dem Quadrat der Zweiten über das der Ersten sei ein anderes als das Verhältnis des Quadrats der Vierten zum Quadrat der Ersten. Wenn Du mit diesem Hilfsmittel ein Möndchen abschneiden oder einen Kreis quadrieren willst, mußtDu folgendermaßen vorgehen, z.B,am Quadrat: Um a als Mittelpunkt sei der Viertelkreis bc beschrieben; von a aus lege man durch b und c die
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Von den mathematischen Ergänzungen
Strahlen von unbestimmter Länge und ziehe die Sehne bc und die umbeschriebene Seite eof, die den Bogen in o berühren soll; man ziehe den Halbmesser ao und zeichne dann als zweite Linie gh, die gleich dem Bogen sein soll; sie schneide ao in i. Dann werde als Dritte kl gezogen, die ao in m schneidet. Wenn also die Dritte, nämlich kl, so beschaffen ist, daß ihr Quadrat vom ~~;;~~3~~~s~~#Quadrat über ef um das Doppelte der Quadratdifferenz zwischen gh und bc übertroffen wird, und wenn gleichzeitig das Produkt aus ao und ih gleich ist dem Produkt aus am und ml, dann ist erreicht, was Du erstrebt hast; wenn nicht, dann Abb. 56. verändere so lange, bis dies eintritt. Ein Zahlenbeispiel: Der Halb- 76 messer ao sei 7, sein Quadrat 49; dann ist bc 98, ef= 196. gh werde gleich 11 gesetzt; das Quadrat ist 121. Ziehe davon 98 ab, dann verbleiben 23. Nimm das Doppelte hiervon, nämlich 46, von 196 weg, dann bleiben 150. Wenn das Produkt aus 7 und 5% gleich wäre dem Produkt aus der Hälfte von 150 mit. sich selbst oder, was das nämliche ist (da am = ml), mn X ml, dann hättest Du das Gesuchte, und ml wäre die Seite des dem Kreis flächengleichen Quadrats, und der Viertelumfang wäre 11. Aber wenn Du genau rechnest, so findest Du, daß 11 etwas zu groß ist7 9 •
=V
V
V
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In der Durchführung ist es ein wenig schwierig, die mittleren Linien, nämlich die Zweite und die Dritte, zu finden. Wenn Du Dir daher die Mühe erleichtern willst, mußt Du es so machen: Lege die Strecke ac gleich 7 Halbmesser, ihr Mittelpunkt sei b; tol. SI" lege in b und c die Lote, und zwar cd = ac und eb =ab, lege die Linie aed, trage auf cd einen Halbmesser cf ab, und die Halbsehne bg des Viertelkreises, d. h. die Hälfte von bc in d.er vorangehenden Figur, trage auf be ab. Ziehe die Linie fg, und weil cd das Quadrat der Wurzel cf istd 1 ~ und bg die Wurzel von be, deshalb suche zwischen be und cd die Quadrate der Hälften der mittleren Lig 6 nien, d. h. der Zweiten und der Dritten. Angenommen, das Quadrat der halben Zweiten sei ik, und in ihrem a Schnittpunkt mit fg liege l. Abb. 57. Sieh zu, um wieviel be von ik übertroffen wird, und laß cd die Dritte rnn um das Doppelte übertreffen, so daß rnn von be um doppelt soviel übertroffen wird wie be von ik. Den Schnittpunkt der Linien rnn und fg bezeichne mit o. Wenn das Produkt von mo mit sich selbst gleich wird dem Produkt aus dem Halbmesser und li, dann hast Du Dein Ziel erreicht, und mo verdoppelt ergibt die Seite des quadrierten Kreises. Wenn dies nicht der Fall ist, dann verändere so lange, bis es zutrifft. Und wie Du beim Viertelkreis vorgegangen bist, entsprechend kannst Du es bei anderen vorher behandelten Bögen machen, Möndchen abschneiden und den Kreis ausstrecken 80 •
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Von den mathematischen Ergänzungen
Ich will aber weiterhin noch einige andere mög- 78 liehe Methoden berühren, nämlich, wie sich jeder Kreis unmittelbar in ein beliebiges Vieleck überführen läßt, ohne daß es nötig ist den krummlinigen Kreisumfang vorher in eine Gerade zu verwandeln. Die Ausführung dieser Methoden überlasse ich zur Übung Leuten mit mehr Muße als ich sie habe. Wenn Du einem Viertelkreis eine Quadratseite ein- 79 und umbeschreibst und aus dem Mittelpunkt eine Gerade zum Berührpunkt der umbeschriebenen Quadratseile mit dem Kreis ziehst und eine andere zum Endpunkt der Seite, indem Du auf diese Weise das Dreieck schließest; wenn Du ferner aus dem Mittelpunkt durch irgendeinen Punkt des Bogens nach der umbeschriebenen Quadratseite hin eine Gerade so zeichnest, daß eine zu den beiden Vieleckseiten parallele Linie, die durch diesen Punkt hindurch von einer Dreieckseite zur anderen verläuft, gleich ist den beiden Abschnitten, welche die vorige vom Zentrum ,"z. s3r durch eben diesen Punkt gezogene Linie von den Seiten der besagten Vielecke abgeschnitten hat, zwischen eben dieser Linie und der anderen, die als Seite des Dreiecks zum Berührpunkt gezogen ist, dann wird diese Parallele die Hälfte der dem Bogen entsprechenden Vieleckseite sein, wobei das Vieleck gleich dem Kreis ist. Es sei um den Mittelpunkt a ein Kreis beschrie- 80 ben, von dem ich einen beliebigen Bogen herausgreife. Angenommen, ich will ein Quadrat finden, das dem Kreis gleich ist. Den Viertelkreis bezeichne ich mit bc und ziehe die Seite de des umbeschriebenen Quadrats, sie berühre den Kreis in f. Ich ziehe af und ad und die Seite bc des einbeschriebenen Quadrats. Den Schnittpunkt der Linien bc und af bezeichne ich mit k, dann ziehe ich von a aus durch
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einen beliebigE-n Punkt ~tl~---4-----",~f-=------J des Bogens bf eine Linie ' gE>gen df zu. Der Punkt auf d€m Bogen sei g und der Schnittpunkt mit bk sei l, der Schnittpunkt mit df sei m. Durch u lege ich die Parallelehai zu elf, die von af nach ad verläuft. Ich behaupte: Wenn hi lk + nzf, dann ist hi die Abb. 58. halbe Seite des dem Kreis gleichen Quadrats 81 •
=
81
Um dies einzusehen, muß man zuerst folgendes betrachten: Wenn man um den Mittelpunkt a einen Kreis beschreibt und an ihn im Punkte f eine Tangente unbestimmter Länge legt, af zieht und von a aus gegen die Tangente hin die Linie ac legt, die den Kreis in g schneiden ~d---+---::::=-~oo:::::-- soll, und wenn man r ferner zur Tangente aus einem Punkt o der Linie af durch g die Parall€le von unbestimmter Länge legt, dann wird auf ihr durch eine weitere Linie -von a aus gegen die Tangentezu-eine Äquatrix abgeschnitAbb. 59. ten, und diese Gerade hrd liege so, daß or die Äquatrix sei. Diese benenne ich so, weil sie zum Möndchen ogf, das sie von der
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Von den mathematischen Ergänzungen
Kreisfläche abschneidet, ein gleichgroßes Flächenstück hrg erzeugt, indem sie das rechtwinklige Dreieck aro schließt, das dadurch dem Kreissektor ahf gleich wird. 82 Zweitens muß man folgendes betrachten : Die Figur mit der Tangente und einer Linie, von der die Äquatrix abgeschnitten wird, sei wie vorher. Aus einem beliebigen Kreispunkt läßt sich eine Sehne so ziehen, daß ihr Abschnitt zwischen af und ac, vermehrt um cf, Abb. 60. gleich wird der besagten Äquatrix. Der Kreispunkt sei h, der Abschnitt zwischen ac und af sei ik. Drittens muß man folgendes betrachten: Die 83 Figur von vorher mit der Tangente und einer Linie, von der die Äquatrix abgeschnitten wird, soll erhalten bleiben. Wenn eine weiteNJ bewegliche Linie al über ac liegt und bei fest bleibendem a nach links hin gedreht wird, dann wird sie zu einem Kreispunkt kommen derart: wenn man durch ihn eine Parallele zur TanAbb. 61.
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gente legt bis zum Schnitt mit der Geraden af, wird der Abschnitt auf ihr zwischen ac und af, vermehrt um cf, gleich der Äquatrix, die durch al abgeschnitten wird. Jener Kreispunkt sei h, die Halbsehne hk, der Abschnitt ik und der Abschnitt der Äquatrix or. Es kann keinen anderen Kreispunkt geben als diesen einen h, für den sich die Sache so verhält. Denn vor ihm sind die Abschnitte größer als die Äquatrix, und nach ihm i~t die Äquatrix größer als die Abschnitte. Dies stimmt, wenn hf ein halber Viertelkreis ist.. Wenn es nicht stimmt,soverändereg, bis e.s stimmt82 • Ich behaupte also, in .diesem Fall der Gleichheit sind die Abschnitte gleich der wahren Äquatrix, und diese ist or. Wenn Du dies bestreitest und behauptest, die Abschnitte seien kleiner als die wahre Äquatrix .und ebenso or, dann müßte, wenn die Abschnitte gleich sein sollten, die Linie aus a, die jene Abschnitte erzeugen sollte, zwischen c und d fallen, und so wäre der Bogen gf kleiner als er sein sollte und das Möndchen gof kleiner als hrg. Aber weil Du sagst, or sei kleiner als die Äquatrix, fällt die Äquatrix über or hinaus gegen die Tangente zu und or unterhalb derselben gegen hk hin. Deshalb schneidet or einen größeren Bogen ab als die Äquatrix. Und Möndchen gof wird größer als hrg. Also ist der Bogen gleichzeitig kleiner und größer. Wenn Du behauptest, die Abschnitte seien größer und or sei größer als die Äqua.trix, folgt der gleiche Widerspruch. Es gilt also die Behauptung. Zuletzt will ich nun erörtern, wie zu gleicher Zeit die Seiten irgendwelcher beliebiger Vielecke, die gleich dem Kreis sein sollen, gefunden werden. Dieses ist der Satz:
tol. 85r
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Von den mathematischen Ergänzungen
Der Kreishalbmesser, die Halbseiten der umbeschriebenen Vielecke und die einbeschriebenen Linien des Komplements 83 seien gezeichnet. Dann schneidet eine Linie, die vom Mittelpunkt nach der Halbseite des umbeschriebenen Vielecks gezogen ist, einen kleineren Abschnitt ab von der Linie des Komplements des einen einbeschriebenen und einen größeren von der Halbseite des nämlichen umbeschriebenen Vielecks; beide Abschnitte zusammen sind gleich der Halbseite des dem Kreis gleichen Vielecks. Wenn dann andere Linien so durch die Abschnitte derartiger Linien gezogen werden, daß diese Abschnitte sich zu den früheren Abschnitten der Halbseite verhalten wie die Halbseiten des einen Vielecks zusammen zu den Halbseiten des anderen, dann schneiden sie in ähnlicher Weise solche Abschnitte ab; den kleineren von der einbeschriebenen Komplementstrecke und den größeren von der Halbseite des umbeschriebenen; diese sind gleich der Halbseite eines solchen dem Kreis gleichen Vielecks. Um a als Mittelpunkt sei ein Kreis beschrieben n vom Halbmesser ab; es werde die halbe Seite ·bc des umbeschriebenen r Dreiecks gezogen und de, die Komplementstrecke; außerdem werde die Halbseite bf des umbeschrieP benen Quadrats gezeichnet und die zugehörige Komplementstrecke gh; und wenn Du willst, Q kannst Du in ähnlicher Weise die halben Seiten 11 von mehreren Vielecken Abb. 62.
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ziehen. Ziehe dann von a aus nach bc hin eine Gerade, und wo sie de schneidet., liege i; wo sie bc schneidet, liege k. Dann ziehe eine weitere Gerade aus a nach bc hin, und wo sie gh schneidet, liege l, wo sie bc schneidet, liege m. Ich behaupte: Wenn gl, der kleinere Abschnitt auf gh, zusammen mit fm, dem größeren Abschnitt von bf, gleich wird der Halbseite des dem Kreis gleichen Quadrats; wenn sich ferner di, der kleinere Abschnitt auf de, zu gl verhält wie sich bc de zu bf gh verhält - und wenn sich ebenso ck 84 zu fnt verhält, dann wird di ck die Halbseite des dem Kreis gleichen Dreiecks. Und sie wird sich zur Halbseite des Quadrats verhalten, wie sich die besagten Abschnitte zueinander verhalten, und wie Du bei diesen Vielecken vorgehst, so kannst Du es bei allen machen 85 • 8.7 Dieser Satz geht aus dem Folgenden hervor. Denn aus der Verschiedenheit der Seiten in den einzelnen Vielecken, die dem nämlichen Kreis gleich sind, folgt die Verschiedenheit der Seiten in den umbeschriebenen Vielecken und der Komplementstrekken in den einbeschriebenen; wie sich also jene verhalten, so verhalten sich diese zusammengenommen. Dabei müssen die Abschnitte, die auf den Seiten durch Linien aus dem Zentrum entstehen, wenn man die Halbseite des zum Kreis gleichen Vielecks konstruiert, gegenseitig das nämliche Verhältnis haben, damit sie Seiten vom nämlichen Verhältnis erzeugen können. 88 Es besteht aber kein Zweifel, daß die vom Zentrum ausgehende Linie auf den Halbseiten Abschnitte erzeugen kann, die zusammen der gesuchten gleich sind; doch könnte die Schwierigkeit entstehen, wie man die Linien des Komplements finden kann, die, zu den Halbseiten der umbeschriebenen Vielecke hinzugefügt, Vielecke von der nämlichen Fläche erzeugen.
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Von den mathematischen Ergänzungen
Angenommen, de werde zu bc hinzugefügt und das Ganze als Dreieckseite genommen; gh zu bf hinzugefügt, erzeugt die Seite des gleich großen Quadrats. Aber das Verhältnis der Seiten ergibt sich leicht aus dem Obigen. Es wird jedoch die Linie des Komplements im Dreieck als Halbseite des einbeschriebenen Vielecks genommen, wie z. B. de, und andere Komplemente werden dementsprechend angenommen. Diese Strecken heißen Komplemente, weil sie, zu den Halbseiten der umbeschriebenen Vielecke hinzugefügt, die Halbseiten der flächengleichen Vielecke ergeben 86 • Es könnte auch ein Zweifel bestehen, ob die Ab- 89 schnitte das Verhältnis erhalten, das sie erhalten tol. sst! sollen. Daher kannst Du es so machen: Ziehe ab von unbestimmter Länge und ebenso aus a durch f eine Linie unbestimmter Länge und zeichne eine Linie no = bc de; teile sie in zwei Abschnitte, die sich verhalten wie gh zu bf; die Abschnitte op und pn schiebe parallel zu bc zwischen die besagten von a aus durch. b und durch f gehenden Linien ein, und die Linie, die von a aus durch gh gezogen wird, schneidet von op einen Abschnitt ab, der zu dem von gh abgeschnittenen Abschnitt im gleichen Verhältnis steht wie die Seite. Es sei oq der Abschnitt auf der Linie op, der sich zu gl verhält, wie es sein soll. Wenn also di = oq ist, dann hast Du jenen Abschnitt. Mache es ebenso mit dem anderen Abschnitt no; dieser sei rs und gleich pn. Schiebe ihn zwischen die Linien ein, die aus a durch b und f gehen, wie Du es früher mit dem anderen Abschnitt gemacht hast, und wenn der Abschnittst, der von aq auf rs abgeschnitten wird, gleich ck ist, hast Du das Gesuchte. Wenn nicht, so verändere, bis Du es hast. Dies ist der allgemeine Weg bei allen Vielecken.
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Daraus kannst Du ersehen, daß Du eine Lehre hast, jeden Kreisteil, der sich durch Radien aus dem Mittelpunkt abschneiden läßt, auch wenn er zum ganzen Kreis kein ganzzahliges Verhältnis hat, in eine geradlinig begrenzte Fläche zu überführen, und daß jeder Teil des Umfangs, auch wenn er zum ganzen kein ganzzahliges Verhältnis hat, mit Hilfe der Äquatrix nach dem Vorhergehenden in eine Ge9187rade ausgestreckt werden kann 87 .
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Eine außerordentlich leichte Ausstreckung des Kreises
tol.
Um das Zentrum a sei ein Kreis beschrieben, der Durchmesser bac sei gezogen und die größte Sehne dae, die bac senkrecht schneiden möge, sei unbegrenzt verlängert. Wenn man dann um einen Punkt ~~-t"·---"1-----'l-___,M f auf ac, der von b um die zum Drittelkreis gehörige Sehne entfernt ist, einen c Kreis vom Halbmesser fb Abb. 63. zeichnet, so schneidet dieser Kreis auf der größten Sehne die Strecke gh ab, die gleich oder nahezu gleich ist dem halben Kreisumfang. Wenn man aus b und c nach g und h Gerade legt, dann ist die Fläche bgch gleich oder nahezu gleich der Kreisfläche bcde 88 • 93 Um dies einzusehen, beschreibe um a den Kreis bcde wie vorher. Ziehe die zum Sechstel-Kreisumfang gehörige Sehne Zm, die zum Viertel-Kreisumfang ;!----i"-----r'------'"1--1 gehörige Sehne ik und die zum Drittel-Kreisumfang gehörige Sehne no. Bec merke: Da jede Sehne Abb. 64.
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Von den mathematischen Ergänzungen
kleiner ist als der zugehörige Bogen, und da beim größeren Bogen der Unterschied im Verhältnis größer ist, wird der Kreis, der durch b hindurchgehen, sein Zentrum auf dem Halbmesser bc haben und von der verlängerten Sehne eine Strecke gleich dem Bogen abschneiden soll, sein Zentrum notwendig gegen c zu haben müssen, wie a, und zwar in um so größerem Abstand [von b], j.e größer der Bogen ist, dem die Sehne unterspannt ist. Und der kleinste Halbmesser von allen, zu dem man keinen kleineren angeben kann, wird sein Zentrum in a haben und den Halbmesser ab. Der größte Kreis wird sein Zentrum von a entfernt gegen c zu haben in der größten Entfernung von a, und den größten Halbmesser. Dieser größte Kreis muß von der größten Sehne eine Strecke abschneiden, die gleich dem Halbkreis ist, und dieser größte Halbmesser ist gesucht89• Zweitens ist zu bemerken: Es läßt sich irgendeine 94 Sehne angeben als Mittelsehne (tnedia) zwischen paarigen Sehnen. Paarig (compares) nenne ich Sehnen, deren eine kleiner ist als die bezeichnete .Mittelsehne, während die andere größer ist, und zwar so, daß sie um den gleichen Bogen von der bezeichneten Mittelsehne abstehen, wie z. B. ik von ml und no. Denn da Bogen il gleich dem Bogen in ist, heißen lm und no paarig zu ik. Ich behaupte: Es läßt sich eine Sehne angeben, wo die Quadrate von immer je zwei zugehörigen paarigen Sehnen zusammen größer sind als das doppelte Quadrat der Mittelsehne. Zieht man z. B. zur Sehne lm als Mittelsehne irgendwelche paarige, so werden die Quadrate derselben zusammen immer größer sein als das doppelte Quadrat von lm. Es läßt sich auch eine Mittelsehne angeben, wo die Quadrate von immer je zwei paarigen zusammen kleiner sind als das doppelte Quadrat der Mittel-
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wie es z. B. bei den no zugehörigen paarigen Sehnen der Fall ist. Ebenso läßt sich eine Sehne angeben, wo die Summe von immer je zwei paarigen zugehörigen Sehnen dem doppelten Quadrat der :Mittelsehne gleich sein wird; denn um den Betrag, um den das Quadrat der kleineren kleiner ist als das Quadrat der :Mittelsehne, um diesen Betrag ist das Quadrat der größeren größer; und weil die Quadrate von tol. sgr immer je zwei paarigen zusammen gleich dem doppelten Quadrat der Mittelsehne sein werden, ist klar, daß dies die Sehne ik ist. Denn die Summe aus dem Quadrat von lm und dem Quadrat von no ist gleich dem doppelten Quadrat von ik. Ebenso ist auch das Quadrat der größten Sehne, d. h. der Sehne de, zusammen mit ihrer zugehörigen paarigen Sehne, d. h. mit dem Quadrat der kleinsten, gleich dem doppelten Quadrat von ik. Und weil das Quadrat der kleinsten Sehne keinen Betrag haben kann, ist klar, daß das Quadrat des Durchmessers gleich ist dem doppelten Quadrat von ik oder der Seite des einbeschriebenen Quadrats. Das gleiche gilt für alle zu ik [als Mittelsehne gehörigen] paarigen Sehnen. Das ist richtig 90 • 95 Drittens setze ich voraus: ik -doppelt genommen ist größer als zwei Halbmesser, nämlich des gesuchten größten Kreises und des kleinsten vom Halbmesser ab. Das übergehe ich als bekannt. Daraus leite ich ab, daß sich zu ik zwei paarige Sehnen angeben lassen, die zusammen diesen beiden Halbmessern gleich sein werden. Es lassen sich nämlich größere paarige Sehnen angeben, d. h. nahe bei ik, und kleinere, die von ik am weitesten entfernt sind; also auch gleiche 91 • 96 Viertens ermittle ich daraus, daß no gleich oder nahezu gleich dem Halbmesser des gesuchten Kreises ist. Denn da die Quadrate der paarigen Sehnen, die ~ebne,
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Von den mathematischen Ergänzungen
gleich den zwei Halbmessern sind, gleich dem doppelten Quadrat von ik sind, und da lm gleich dem Halbmesser des kleinsten Kreises ist, bleibt, wenn man dieses Quadrat vom doppelten Quadrat von ik abzieht, das Quadrat von no; no ist also der Halbmesser des gesuchten größten Kreises 92 • Fünftens schließe ich: Wenn no der Halbmesser ist, 97 dann findet sich auf af ein Punk!t p von der Art, daß sich ap zu af verhält wie der Pfeil des Bogens ibk zum Pfeil des Halbkreises dbe; p wird Zentrum, pb Halbmesser des Kreises sein, der aus der verlängerten Sehne ik die Strecke qr ausschneidet., die verdoppelt gh ergibt. Und wenn Du es bei allen paarigen Sehnen so machst, indem Du aus dem Verhältnis der Pfeile das Zentrum findest, dann werden die Abschnitte, die auf den Verlängerungen der paarigen Sehnen entstehen, zusammen immer gleich gh sein; allerdings ist nicht jeder Abschnitt auf einer der paarigen Sehnen gleich ihrem Bogen. Und so verhält es sich mit unendlich vielen paarigen Sehnen. Nach der nämlichen Regel kannst Du Strecken abschneiden, die gleich dem Halbkreis sind. Wenn no der Halbmesser des Kreises ist, werden diese Abschnitte nicht übereinstimmen; und so muß man den Halbmesser verändern, bis die Abschnitte übereinstimmen. Daß aber die Fläche bgch gleich der Kreisfläche ist, wird aus dem Vorhergehenden hinreichend klar 93 • Sechstens kannst Du Dir ableiten, daß die zwischen 98 paarigen Sehnen liegenden Kreisstücke sich zum Kreis verhalten, wie sich das Bogenstück zwischen den paarigen Sehnen zum Kreisumfang verhält. Angenommen, das Kreisstück zwischen lm und no betrage ein Sechstel der Kreisfläche, also sind die
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Bogenstücke ln und mo je ein Sechstel des Kreisumfangs. Um den Betrag, um den das Stück zwischen ik und lm kleiner ist als ein Zwölfte!, um den nämlichen Betrag ist das Stück zwischen ik und no größer als ein Zwölftel des Kreises. Und durch diese Betrachtung kannst Du verschiedene Abschnitte der Kreisstücke herstellen und verschiedenen Dreiecken gleich machen. Und dies möge genügen 94 •
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Magister Paulus an den Kardinal Nilwlaus von Cues 1 (Magister Paulus acl Nicolaum Cusanum Cardinalem)
Ed.n;:;~~
Die Flächen aller isope1·imetrischen Vielecke haben untereina.nder und zum isoperimetrischen Kreis das nämliche Verhältnis wie die Primen (Inkreishalbmesser) des einen zu den Primen des anderen und zum Halbmesser des isoperimetrischen Kreises. Entsprechend verhaUen sich die Flächenüberschüsse der anderen Vielecke über das Dreieck zur Dreieckfläche 1vie sich die Oberschüsse der anderen Vieleckprimen [über die Prim des Dreiecks] zur Prim des Dreiecks verhalten 2 • Zum Beispiel: Die Prim im Dreieck sei ab, die Prim eines anderen Vielecks, etwa des Quadrats, sei cd, die Prim oder der Halbmesser des isoperimetrischen Kreises sei ce, der halbe Umfang aller dieser Flächen, die ja umfangsgleich sind, sei ac. Rechteck ae wird die Fläche des Kreises sein, Rechteck ad die Fläche eines anderen Vielecks, z. B. des Quadrats, ' Rechteck af die des Dreiecks. Als Erstes stelle ich '-----------.J' fest: Nach Euklid VI, 1 Abb. 65. verhält sich Rechteck ae zum Reckteck ad, wie sich die Strecke ce zur Strecke cd verhält. Und Rechteck ad verhält sich zum Rechteck af, wie sich die Strecke cd zur Strecke cf verhält. Die genannten Rechtecke haben die gleiche Höhe; fc111
• I :"
= P N 129
Magister Paulu.s ad Nicolaum Cusanum Cardinalem
also verhalten sie sich wie die Grundlinien. Nach dem nämlichen Satz wird hinsichtlich der Flächenüberschüsse geschlossen. Die Rechtecke ge und bd v·erhalten sich wie die Strecken ed und df, oder die Rechtecke be und bd- das sind die Überschüsse des Kreises und des Quadrats über das Dreieck - verhalten sich wie die Strecken je und fd - das sind die Überschüsse der Primen im Kreis und im Quadrat über die Prim im Dreieck. Das ist ebenfalls aus Euklid VI, 1 klar. Was man also über Körperinhalte (capacitates corporum) und Flächenüberschüsse sagt, das kann man auch über die zugehörigen Primen und ihre Überschüsse aussagen. Wenn man aus dem zweiten Endpunkt der Kreisprim nach der Sekund (U mkreishalbmesser) des Dt·eiecks hin eine Gerade zieht parallel zur Grundlinie, dann teilt sie für alle anderen Vieleckfiguren die Oberschüsse der Sekunden über die Primen im gleichen Verhältnis, nach dem sie den Oberschuß der Sekund im Dreieck über die zugehörige Prim teilt 3 • Es werde im einen Endpunkt der Linie ac die Gerade ab - dies sei die Prim im Kreis - errichtet und im anderen Endpunkt der ' n I""' besagten Linie ac die Sekund cd • 1 -r-des Dreiecks. Da ab kleiner ist ~ als cd, trifft die aus b parallel zu ac gelegte Gerade be die Linie ~ r cd und teilt den Überschuß hd der Dreieck-Sekund über die Dreieck-Prim im Verhältnis de zu eh. Ich behaupte: Wenn die g Prim und Sekund einer belie- .. II bigen mittleren [Vieleck]:figur Abb. 66. gezeichnet werden - zum Beispiel sei gi die Prim, gf die Sekund - , dann wird der Überschuß fi
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130 Magister Paulus an den Kardinal Nikolaus von Cues
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der Sekund über die Prim von der Linie be im Punkte k im Verhältnis fk zu ki geteilt; die Linien db und hb sind so gezogen, daß sich fk zu ki verhält wie de zu eh. Das ganze Dreieck dhb ist durch eine Parallele fi zur Grundlinie [dh] geteilt; es verhält sich also eb zu kb wie dh zu fi, und wegen der Ähnlichkeit der Dreiecke verhält sich de zu u kf und eh zu ki wie eb zu kb. Es verhält sich also de zu fk wie eh zu ki und nach Vertauschung de zu eh wie fk zu ki. Die Überschüsse sind also im nämlichen Verhältnis geteilt, was zu beweisen war. Man kann etwa behaupten: Wenn gf die Sekund einer Zwischenfigur ist, dann ist gi nicht die zugehörige Prim4 • Die Prim dieser Figur wird also größer oder kleiner als gi sein. Zunächst werde sie größer angenommen und gleich lm; diese Strecke verlängere ich nach oben bis n, so daß ln gleich gf wird, und ziehe fn parallel zur Grundlinie, weil die beiden Strecken gf und ln gleich lang sind. Zwischen den beiden Punkten g, l kann man mehrere Primen und Sekunden von mittleren Vieleckfiguren ang,eben. Man nehme eine an, z. B. op als Prim, und verlängere sie, bis sie zur Sekund der nämlichen Figur wird. Sie wird mit ihrem Endpunkt entweder unterhalb der Linie fn liegen oder auf fn oder oberhalb. Dieser Endpunkt kommt aber weder unter die Linie noch auf sie selbst zu liegen, da sie Sekund einer flächenkleineren Figur ist und also länger sein sollte. Man kann sie aber nicht länger annehmen [als ln], weil gf [= ln] den flächenkleineren Figuren zugehört und kürzer wäre, was unmöglich ist; denn sonst könnte ich nicht in der Richtung auf flächengrößere Figuren durch Vermindern der Sekund fortschreiten. Ebenso kann man sagen, etwas Unmögliches folge aus der Aussage: Die Prim ist kleiner
Magister Paulus ad Nicolaum Cusanum Cardinalem
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als gi. Da man aber weder behaupten kann, sie sei größer, noch sie sei kleiner, wird gi selbst die Prim sein, weil alle Überschüsse der Sekunden über die Primen im gleichen Verhältnis geteilt werden, was zu beweisen war. Dies scheint mir die Erklärung Deiner 11. Konklusion zu sein, von der der ganze Beweis der Quadratur abhängt. Denn hq verhält sich zu qi wie hr zu rb. Von diesen vier. Proportionsgrößen sind die drei ersten bekannt: Die erste hq ist die Differenz zwischen dem Pfeil im Quadrat oder einem anderen Vieleck und dem Pfeil im Dreieck; die zweite qi ist ebenfalls bekannt als der Übel'ISchuß der Prim im Quadrat über die Prim im Dreieck; auch die dritte ist bekannt, weil hr d.er Pfeil im Dreieck ist. Multipliziere alsohrmit qi und dividiere durch hq; dann ist rb bekannt. Fügt man rb der Dreieck-Prim ra an, dann ist ab die Prim oder der gesuchte Halbmesser des Kreises. Ichseheaber nicht, warum die beiden Linien hb und bd, die alle Unterschiede zwischen den Primen und Sekunden einschließen, nicht beliebig gekrümmt sein können; dann wäre dieser Beweis nicht zulässig. Es wird nämlich das zutreffen, was Du in Deiner 10. Konklusion gesagt hast: Die Primen der flächengrößeren Figuren sind immer größer, die Sekunden immer kleiner5 • Dies möge für den Augenblick genügen. Vielerlei beschäftigt mich, z. B., daß diese Koinzidenzen oder Ausdehnungen und Schrumpfungen der Formen sich nicht durch Gerade darstellen lassen, wie die Modernen annehmen. Aber das behalte ich mir für später vor 6 • Leb wohl! Dieses Schreiben möge unserem treuen, verehrten und lieben Magister Georg Peurbach, dem Astronomen, gegeben werden 7 •
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Erklärung der Kurvenausstreckung 1 (Declaratio rectilineationis curvae) Ed. norimb. pay. U
Die Erklärung der Kurvenausstreckung
wie sie dargelegt ist in der ersten Methode des zweiten Buches über die Mathematischen Ergänzungen. Satz 1: Die sechste Gerade, vermehrt um den halben Abschnitt auf der Fünften - der Abschnitt ist das Geradenstück auf der Fünften zwischen der Kurve und der V ierten 2 - kann gleich der Kurve be n;erden. Dieser Satz ist richtig, wie in der genannten Schrift bewiesen wird 3 • Satz 2: Die sechste Gerade, vermehrt um den halben Abschnitt, und die Fünfte, vermehrt um den halben Unterschied zwischen den beiden Sehnen die eine Sehne ist die Sechste, die andere der Teil der Fünften, der auch Sehne ist - können zusammen gleich werden der doppelten Kurve be. Dieser Satz wird ebenso bewiesen wie der vorhergehende im genannten Text. Es gibt nämlich eine Stelle, wo diese Summe größer ist als das Doppelte der Kurve be, und eine Stelle, wo sie kleiner ist. Und ebenso gibt es eine Stelle, wo sie gleich ist4 • Ich behaupte, dieser zweite Satz kann nur dann Geltung haben, wenn die Differenz der Sehnen gleich dem Abschnitt ist, und dies erweist der erste Satz. Wenn man nämlich im zweiten Satz sagt, die Differenz sei größer als der Abschnitt, dann muß die Fünfte kleiner sein als die Sechste. Die Fünfte ist
Declaratio rectilineationis curvae
= DR
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gleich der Sechsten, wenn die Sehnendifferenz gleich dem Abschnitt auf der Fünften ist; die Fünfte ist kleiner als die Sechste, wenn diese Differenz größer ist; sie ist größer, wenn diese Differenz kleiner ist, wie von selbst erhellt15 • Es werde der Sechsten der ganze Abschnitt zugefügt, der Fünften die ganze Differenz. Dann wer- pag. 15 den beide Strecken gleich sein, und jede größer als die Kurve be. Wenn man also den nämlichen Betrag 11 von beiden abzieht, so daß jeder Rest gleich der Kurve be ist, dann muß man, wenn der Abschnitt kleiner als die Differenz gesetzt ist, von der Summe aus der Sechsten und dem Abschnitt notwendig mehr als den halben Abschnitt abziehen, und von der 6..___--.~---,!a Differenz muß man weniger" i ur " als die Hälfte abziehen. Und :....-----~~---2; m sp n zwar muß man um so viel' Abb. 67. weniger als die Hälfte abziehen, wie man vorher mehr als die Hälfte des Abschnitts abgezogen hatte, damit zusammen der halbe Abschnitt und die halbe Differenz übrig bleiben, die, der Sechsten und Fünften zugefügt, das Doppelte der Kurve be ergeben sollen, wie von selbst erhellt. Die Sechste, zusammen mit dem halben Abschnitt, wird dann größer sein als die Kurve be; die Sechste mit dem halben Abschnitt wird aber nicht gleich der Kurve be, da die Differenz den Abschnitt übertrifft 6 • Ang,enommen, Du sagst: Die Fünfte bg, vermehrt um die halbe Differenz zwischen der Sechsten fe und der Sehne auf der Fünften bg, wird zusammen mit
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Erklärung der Kurvenausstreckung
der Sechsten ef, vermehrt um den halben Abschnitt fg, gleich der doppelten Kurve be sein. Du sagst ferner: Die Differenz zwischen fe und fb ist größer als der Abschnitt fg. Es sei also hi gleich der Fünften bg; es werde ik gleich der Differenz der Sehnen angefügt. Unterhalb der eben genannten Geraden sei eine andere Gerade lm gleich der Sechsten fe gezeichnet; ihr werde mn gleich dem Abschnitt fg zugefügt; hk ist gleich ln. Es werde die halbe Differenz io angegeben und der halbe Abschnitt mp. Zwischen p und o liege ein Lot rs. Um den Betrag, um den ms kleiner ist als der halbe Abschnitt mp, ist ir größer als die halbe Differenz io. Es wird also ls gleich der Kurve be sein. So ist die Sechste lm, zusammen mit dem halben Abschnitt, größer als die Kurve be. Wo also die Sechste, vermehrt um den halben Abschnitt, gleich der Kurve be sein muß, wird die halbe Differenz nicht größer sein als der halbe Abschnitt. Wenn Du behauptest, die Differenz sei kleiner als der Abschnitt, folgt ebenso, daß die Sechste, vermehrt um den halben Abschnitt, kleiner ist als die Kurve be. \V enn also die Sechste, vermehrt um den halben Abschnitt, gleich der Kurve be sein soll, dann darf die Differenz zwischen der Sechsten und der Sehne auf der Fünften weder größer noch kleiner sein als der Abschnitt. In diesem Fall wird der zweite Satz aus dem ersten bewiesen, nämlich: Die Fünfte, vermehrt. um die halbe Differenz, und die Sechste, vermehrt um den halben Abschnitt, sind dann gleich dem doppelten Betrag der Kurve be, wenn die Differenz gleich dem Abschnitt ist, und dies tritt dann ein, wenn die Fünfte gleich der Sechsten ist, und das war angestrebt. Hier hast Du eine wunderbare Beweismethode; gleichgültig, ob Du im zweiten Satz sagst, die Dif-
Declaratio rectilineationis curvae = DR
135
ferenz werde gleich dem Abschnitt oder sie werde ihm nicht gleich, es folgt im ersten Satz, daß die Differenz gleich dem Abschnitt wird 7 und folglich auch im zweiten. Und dies ist eine Art Koinzidenz der Gegensätze; denn daraus, daß Du sagst, die Differenz sei nicht gleich dem Abschnitt, folgt: sie ist gleich dem Abschnitt, und die falsche Annahme hebt sich selbst auf.
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über das eine l\laß des Geraden und Gekrümmten 1 (De una recti curvique mensura) Ed. norimb.
pag. 16
Nikolaus, Kardinal von St. Peter, über das eine Maß des Geraden und des Gekrümmten
Ich habe bemerkt, daß in den geometrischen Wissenschaften eine praktische Regel für das vergleichende Messen des Krummen und des Geraden fehlt, und sie daher unvollkommen sind und mehreres, was möglich zu sein scheint, nicht zur Ausführung bringen können; deshalb habe ich keine geringe Mühe aufgewendet, um diese Kunst zu erfassen. Ob ich sie gefunden habe, magst Du, der Du dies liest, entscheiden. Ich spreche von Maßgleichheit zwischen Krummem und Geradem, wenn sie sich durch eine Maßzahl messen lassen, wenn z. B. eine Strecke ebenso viele gerade Fuß hat wie der Bogen krumme. Satz 1
Zu einem gegebenen Bogen eine maßgleiche Strecke anzugeben. Es sei einBogen bc gegeben mit dem Mittelpunkt a; es werde die Sehne bc gezogen und auf ihr d, der Punkt gleichen Abstandes von a und b, bestimmt; er ist der Punkt dieser Regel. Von ihm aus ziehe durch b die Gerade de wie folgt: Wenn Du aus a durch de die Sehne ag gleich der Hälfte von de legst, dann geht diese Sehne durch einen Punkt f der Strecke de. Es
De una recti curvique mensura =UM
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sei df der vierte Teil von de. Dann ist die Strecke de maßgleich zum Bogen bc. Zum Nachweis setze ich zweierlei voraus 2 : paa.n Erstens: de läßt sich so angeben, daß der Abschnitt zwischen dem Punkt f, durch den, wie gesagt, die
II
~ 'Z:)
Abb. 68.
Sehne hindurchgeht, und dem Endpunkt e der Strecke de gleich drei Vierteln der maßgleichen Strecke wird. Das ist von selbst klar; denn sicher kann man so zeichnen, daß fe größer ist, wie in der zweiten Figur, und auch so, daß es kleiner ist, wie in der dritten Figur; also auch so, daß es weder größer noch kleiner ist 3 • Zweitens setze ich voraus: Je kleiner de [im Verhältnis zum Bogen] ist, um so kleiner ist fe im Verhältnis zu de und um so größer df; das Umgekehrte tritt ein, wenn de größer ist [als der Bogen]. Auch dies fällt in der zweiten und dritten Figur ins Auge 4 • Ieh sage, daß .sich die erste Annahme als richtig erweisen läßt, mag de die gesuchte Strecke sein, d. h. maßgleich zum Bogen, oder kleiner oder größer. Im ersten Fall habe ich das Beabsichtigte; dann wird df notwendig ein Viertel von de betragen. Wenn Du be-
138 Über das eine Maß des Geraden und des Gekrümmten
hauptest, sie lasse sich auch als richtig erweisen, wenn de kleiner ist als die maßgleiche Strecke, so ist dies unmöglich; denn nach der zweiten Annahme sollte dann fe im Verhältnis zu de kleiner sein und df größer als ein Viertel der maßgleichen Strecke, und nach Deiner Ansicht wird es gleich drei Vierteln der maßgleichen Strecke sein. Die Strecke de wird also nicht kleiner sein als die maßgleiche, sondern größer. Ebenso: wenn Du sagst, Du kannst die Richtigkeit nachweisen, wenn de größer ist als die maßgleiche Strecke, schließt diese Behauptung ebenfalls einen Widerspruch ein. pau. 18
Satz 2
Zu einer gegebenen Strecke den maßgleichen Bogen eines gegebenen Kreises zu finden. Die gegebene Strecke sei de, der gegebene Kreis habe das Zentrum t; stu sei Durchmesser, a Mittel" punkt aller Bogen. Ziehe aus t1 r a die Sehne ag gleich der Hälfte von de. Auf der Stvekke de werde df als ein Viertel ihres Betrages gekennzeichnet und de parallel zu tu so gezogen, daß f auf die Sehne ag zu liegen kommt; der ----'!f;r--+----'.'" Schnittpunkt mit dem Kreis s sei b. Wenn dann d von b und a gleichen Abstand hat, wird ba die Hälfte des geAbb. 69. suchten Bogens sein. Verlängere also bd bis c zu einer vollen Sehne, dann hast Du den zur Strecke de maßgleichen Bogen bc. Das Ganze ist klar aus dem Vorhergehenden.
De una recti curvique mensura =UM
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Damit Du aber siehst, daß d der Punkt dieser Regel ist - der, falls die Sehne ag dem Bogen ba maßgleich ist, vom Schnittpunkt f der Sehne ag mit der Sehne bcd um die Hälfte von ag absteht - bemerke folgendes: Der Punkt d ist von b und a um so mehr und vom Kreismittelpunkt a um so weniger entfernt, je größer die Sehne bc ist, und alles verhält sich umgekehrt, je kleiner sie [bc] ist. Das ist 6 r - - - - - 1 - - - - l ' " von selbst klar. Im Fall der größtmöglichen Sehne hat d vom Kreismittelpunkt den geringsten Abstand und von Abb. 70. b und a den größten; im Fall der kleinstmöglichen Sehne vom Mittelpunkt den größten Abstand, von b und a den kleinsten. Daher liegt d auf der größtmöglichen Sehne im Kreismittelpunkt, auf der kleinsten auf dem Umfang. Es ist aber sicher, daß d von b und a gleichen Abstand hat, sowohl im Fall der größten wie im Fall der kleinsten Sehne, also ist es in allen Zwischenlagen ebenso. Daher folgt: Wenn bc die zu einem Drittel des Kreisumfangs gehörige Sehne ist, dann ist d vom Kreismittelpunkt und von a und b gleich weit entfernt11 • Weiterhin kann man aus a die Sehne ah ziehen, die bc im Punkte i trifft. Ich behaupte, & aih läßt sich so ziehen, daß ai 1'-----t-+---~ der Abstand des Punktes d von a auf dieser Sehne ah ist. Das ist sicher. Das wird also entweder der Fall sein, wenn ah gleich bc ist - und dann ist der Schnittpunkt i von b und a Abb. 71.
140 Über das eine Maß des Geraden und des Gekrümmten gleich weit entfernt und wird für beide Sehnen zum fraglichen Punkte d und ist somit der gesuchte. Oder ah ist kleiner, und das ist nicht möglich, weil dann ai größer wäre als vorher, wo es gleich war. Oderah ist größer; und das ist wiederum unmöglich, weil ai kleiner wäre als vorher, wo es gleich isl '/Xl{/.20
Satz B
Zu einem Halbkreisbogen eine maßgleiche Stt·ecke und zur Kurvenfläche eine maßgleiche geradlinig begrenzte Figur anzugeben. Es sei ein Kreis gegeben; b [a] c sei der Bogen des Halbkreises, a der Mittelpunkt dieses Bogens, und d der nach der Regel von a und b gleich weit entfernte Punkt, in diesem Fall der Kreismittelpunkt Ziehe
Abb. 72.
die Gerade ad, verlängere db zu de folgendermaßen: Wenn man die Hälfte von de als Sehne ag nimmt und aus a durch de zieht, dann soll sie durch den Punkt f auf de gehen, und dieser Punkt f soll von d um ein Viertel des Betrages de abstehen, wie oben. Dann schließe das rechtwinklige Dreieck durch die Seiteae. Ich behaupte6 : Die Fläche des rechtwinkligen Dreiecks ist maßgleich zur Fläche des Halbkreises, und die Strecke de ist maßgleich zum Bogen b [a] c.
De una recti cttrvique mensura =UM
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Das Zweite erhellt wie oben. Das Erste läßt l'iich ebenso wie früher klar machen durch zwei Annahmen, deren erste die folgende ist: Es läßt sich de bestimmen und durch ea das rechtwinklige Dreieck so schließen, daß- falls man aus a eine de kreuzende Sehne zieht, die gleich der Hälfte von de ist - die Fläche zwischen afe maßgleich ist mit drei Vierteln der Halbkreisfläche. Das ist klar: weil es den Fall gibt, wo sie größer ist, und den Fall, wo sie kleiner ist, gibt es auch den Fall, wo sie weder größer noch kleiner ist. Zweitens setze ich voraus: Je kleiner de ist [im Verhältnis zum ausgestreckten Halbkreisbogen], um so kleiner ist das Verhältnis der Fläche afe zur Fläche des ganzen rechtwinkligen Dreiecks ade; je größer, um so größer ist dieses Verhältnis. Die erste Annahme wird so als richtig erwiesen: Wenn die Fläche des rechtwinkligen Dreiecks ade maßgleich ist zur Halbkreisfläche, dann hat man das Gesuchte; wenn sie größer oder kleiner ist, schließt das eine wie das andere ebenso wie oben einen Widerspruch ein. Es liegt also auf der Hand: Das rechtwinklige Dreieck, dessen eine Seite der Halbmesser ist, während die andere dazu senkrechte Linie maßgleich ist zum ganzen Kreisumfang, ist maßgleich zur Kreisfläche. Und weil sich jedes Vieleck in ein anderes verwandeln läßt, kann man zur Kreisfläche die maßgleiche Fläche eines Dreiecks, Vierecks, Quadrats, Fünfecks oder eines beliebigen anderen Vielecks bestimmen und ebenso die Fläche eines jeglichen Kreisstückes, auch wenn es zum Kreis inkommensurabel ise. Du kann.st maßgleich auch Winkel im Verhältnis gegebener Strecken geben und [die Verwandlung] allE:>r Figuren ineinander; ich sage: Du kannst vermittels dieser Kunst wunderbare Verwandlungen aus-
142 'Ober das eine Maß des Geraden und des Gekrümmten
führen unter Erhaltung der Fläche einer jeden Figur und ihrer eigenartigen und unveränderlichen Natur und auf viele verborgene Dinge stoßen, die sich kaum aufzählen lassen, auchbei Schnitten und gleichförmig sich ändernden Krümmungen. Du kannst auch Winkel und Instrumente bauen, mit denen Du die genannten Konstruktionen ganz leicht und schnell ausführen kannst. Das überlasse ich Deinem Eifer 8 • pag. 21 Die Fläche a.gbf ist maßgleich zur halben Kreisfläche und die Fläche a.be ist maßgleich zur Kreisfläche. Das geometrische Mittel zwischen dem Halbmesser a.d und der zum halben Kreisumfang maßgleichen Strecke ed, das man nach Euklid VI, 9 finden kann, ist die Seite des zum Kreis maßgleichen Q
c:
6 Abb. 73.
Quadrats. Die Strecke df ist maßgleich zum achten Teil des Kreisumfangs, also ist die Fläche des rechtwinkligen Dreiecks a.df maßgleich zum achten Teil der Kreisfläche. Wenn man also eine zum Bogen maßgleiche Strecke hat, hat man auch eine geradlinig begrenzte Figur, die zur Fläche eines Kreisteils mallgleich ist. Ende.
143
Der Dialog über die Quadratur des Kreises 1 (Dialogus de circuli quadratura)
Der Dialog
zwischen dem Kardinal von St. Peter, Bischof von Brixen, und dem Arzt Paulus von Florenz über die Quadratur des Kreises
Paulus. Bester Vater, Du weißt, daß ich seitmeiner Kindheit die Wahrheit gesucht habe, die in den mathematischen Wissenschaften klarer aufzuleuchten scheint, und Du weißt, wie sehr es mich nach der bisher unbekannten Quadratur des Kreises gelüstet. Daher bitte ich Dich, mache mir Mitteilung, wenn Dir nach Deinen, wie mir scheint etwas dunklen und unsicheren Büchern über die Mathematischen Ergänzungen, die Du mir geschickt hast, eine andere zuverlässigere Methode eingefallen ist2 • Der Kardinal Nikolaus. Gewiß; ich glaube, ich habe ein leichtes und wie mich dünkt sicheres Verfahren. P. Ich bitte Dich, sprich! N. Ich weiß, daß Dir alles wohl bekannt ist, was sich auf diesen Gegenstand bezieht, ausgenommen einzig und allein das Fol~nde: Zu einem gegebenen Kreisumfang die gleich große Strecke zu finden. P. So ist es. Aus Arehirnedes ist mir bekannt: Wenn man den Kreishalbmesser mit dem ausgestreckten Halbkreisbogen multipliziert, ist das entstehende Rechteck flächengleich zum Kreis 3 • N. Um Dir einen Begriff des Fehlenden zu geben, vernimm folgenden Satz: Wenn man in einem ge-
Ednorimb. 10
pag.
144
Der Dialog über die Quadratur des Kreise'
gebenen Kreis die Sehne des Quadranten dem Halbmesser hinzufügt, dann entsteht der Durchmesse1· des Umkreises am Dreieck, das zu dem gegebenen Kreis umfangsgleich ist. Angenommen, der gegebene Kreis bcde sei um den Mittelpunkt a beschrieben, bc sei der Quadrant; es seien die Sehne bc und die Halbmesser ab und ac gezogen und um den Mittelpunkt a ein weiterer Kreis ----,.1-+~-..-,l---i'----*-lr gezeichnet, dessen Durchmesser fg gleich der Summe aus den Strecken ab und bc sei; und zwar sei gh gleich ba, hf gleich bc. Abb. 74. Dje~em Kreis werde das Dl"eieck ikl einbeschrieben. Ich behaupte: Der Dreieckumfang ist gleich dem ausgestreckten Umfang des Kreises bcde4 • P. Dieses Verfahren ist leicht und sagt mir außerordentlich zu, wenn Du seine Gültigkeit nachweisen kannst. N. Ich will es versuchen. Wie vorher sei der gegebene Kreis beschrieben, die un'"a begrenzt verlängerte Strecke ac sei ma. Ich behaupte: Zweifellos läßt sich aus b gegen am hin eine Linie ziehen von folgender Eigenschaft: Wenn man ihr eine Strecke anfügt, die sich zur Aus- t-----7---_...;;;;:=-j, gangsstrecke verhält wie die QuadratseHe zur Diagonale, dann ist. die neue Strecke gleich dem DurchAbb. 75. messer des Umkreises an dem PJII. n zum gegebenen Kreis isoperimetrischen Dreieck.
Dialogus de circuli quadratura
= DQ
145
P. Zugegeben. Es läßt sich aus b gegen am eine Linie von folgender Eigenschaft ziehen: Wenn man i~r eine Strecke zufügt, die sich zur eben gezeichneten verhält wie die Quadratseite zur Diagonale, dann ist die entstehende Summe kleiner als der Durchmesser des Umkreises um das zum gegebenen Kreis isoperimetrische Dreieck. Das ist z. B. der Fall, wenn man die Linie zu dem nahe bei a gelegenen Punkt n zieht. Ebenso läßt sich eine andere Strecke gegen einen nahe bei m gelegenen Punkt o ziehen, di·e zusammen mit ihrer der Quadratseite entsprechenden Verlängerung größer ist. [als der genannte Durchmesser]. Also wird es zwischen n und o einen Punkt geben, zu dem man aus b eine Strecke ziehen kann derart, daß sie zusammen mit ihrer der Quadratseite entsprechenden Verlängerung gleich ist [dem fraglichen Durchmesser], d. h. weder größer noch kleiner als der Durchmesser des Umkreises um das zum gegebenen Kreis isoperimetrische Dreieck 5 • N. Ich kann also mit Recht sagen: Wenn Du bn annimmst und die ihm als Quadratseite entsprechende Strecke beliebig oft hinzufügst, dann ist diese Summe kleiner als der um einen Halbmesser des gegebenen Kreises weniger, als Du Strecken ang.efügt hattest, vermehrte Durchmesser des Dreieckumkreises. Und wenn Du bo annimmst und die ihm als Quadratseite entsprechende Strecke beliebig oft hinzufügst, dann ist diese Summe größer als der um einen Halbmesser des gegebenen Kreises weniger, als Du Strecken angefügt hattest, vermehrte Durchmesser des Dreieckumkreises. Es wird also zwischen n und o auch einen Punkt geben, zu dem man aus b eine Gerade ziehen kann von folgender Eigenschaft: sie beträgt den Durchmesser des Umkreisesam Dreieck und einen Halbmesser des gegebenen Kreises
146
Der Dialog über die Quadratur des Kreises
weniger, als Du der Quadratseite entsprechende Strecken hinzugefügt hattest. Das kann aber nur im Punkte c der Fall sein, dessen zugehörige, der QuadratseHe entsprechende Strecke gleich dem Halbmesser des gegebenen Kreises ist, d. h. gleich ba. Wenn diese der Quadratseite entsprechende Strecke größer oder kleiner wäre als ba, ist dies nicht möglich6. P. Das Erste gebe ich zu; bn vermehrt um die ihm zugehörigen, der Quadratseite entsprechenden Seiten in beliebiger Anzahl, bleibt kleiner als der Durchmesser des Umkreises um das isoperimetrische Dreieck und einen Halbmesser des gegebenen Kreises weniger, als man Seiten angefügt hatte. Ich sehe ein, daß es ein Halbmesser weniger sein muß; weil Du eine der Quadratseite entsprechende Strecke mit der Linie bn zum Durchmesser des Umkreises verbindest, ist das klar. Denn da bn, um die der Quadratseite entsprechende Strecke vermehrt, kleiner ist als jener Durchmesser, und diese Strecke kleiner ist als ab, ist das Ganze klar 7 • Umgekehrt verhält sich die Strecke bo, und auch das ist klar. Es ist auch sicher, wenn es so geschehen muß, was die Gleichheit in irgendeinem mittleren Punkte anlangt, daß dies der Punkt c ist, aus dem von Dir genannten Grunde 8 • Wenn nämlich die der Quadratseite entsprechende Strecke kleiner oder größer wäre als die Strecke ab, würde dies keineswegs folgen. Aber wie, wenn einer bestreitet, daß es zwischen n und o einen derartigen Punkt gibt? N. Wer bestreitet, daß es zwischen Kleiner und Größer ein Gleiches gibt, bestreitet auch, daß man ein zum Kreis isoperimetrisches Dreieck angeben kann. Ich setze aber die Quadratur des Kreises als möglich voraus und folglich alles, ohne das sie nicht möglich ist9 •
Dialogus de circuli quadratura
= DQ
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P. Ich könnte aber behaupten, sie sei nichtsdestoweniger möglich, aber nicht möglich sei das Folgende: Man muß beliebig viele der Quadratseite entsprechende StrackEm zu der Linie hinzufügen, damit sich als Summe ergibt der Halbmesser des Umkreises um das isoperimetrische Dreieck und e in Halbmesser des gegebenen Kreises weniger als die Anzahl der angefügten Strecken betrug. Ich könnte nämlich sagen, daß der Punkt p zwischen n und c liegt und daß di·e Strecke bp zusammen mit der ihr entsprechenden Quadratseite gleich dem Durchmesser des besagten UmkreiJSes wird 1 ~. N. Dann leugnest Du also nicht: wenn bp um zwei der Quadratseite entsprechende Strecken verlängert wird, dann ist die Summe gleich dem besagten Durchmesser und einer Strecke, die kleiner ist als der Halbmesser des gegebenen Kreises, weil die der Quadratseite entsprechende Strecke kleiner ist als ab 11 • P. Wie sollte ich dies bestreiten? N. Nun gelte Folgendes: Ich wähle einen Punkt q oberhalb von p; bq, vermehrt um die der Quadratseite entsprechende Strecke, ist um so viel größer als der besagte Durchmesser, wie eine der Quadratseite entsprechende Strecke kleiner ist als ab; das ist möglich. Würde nicht, wenn bq und zwei der Quadratseite entsprechende Strecken gegeben sind, diese Summe den besagten Durchmesser und einen Halbmesser des gegebenen Kreises ausmachen? P. Wer möchte daran zweifeln? N. Wie, wenn ich eine Strecke suche, die zusammen mit der der Quadratseite entsprechenden Strecke den besagten Durchmesser um den Beirag übertrifft, um den zwei der Quadratseite entspre-
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Der Dialog über die Quadratur des Kreises
chende Strecken kleiner sind als zwei Halbmesser des gegebenen Kreises? P. Der Punkt muß näher bei c liegen. N. Wie, wenn Du mehrere der Quadratseite entsprechende Strecken hinzufügen würdest und die Linie mehreren Halbmessern gleich machen möchtest? P. Der Punkt müßte sich notwendig dem Punkte c fortwährend nähern. N. Richtig. Wenn Du also unbegrenzt so fortfahren würdest,müßtest Du zuletzt notwendig zum Punkte c kommen, da vor dem Punkte c die der Quadratseite entsprechende Strecke immer kleiner ist als ab. P. Sehr richtig! N. Es steht also fest, daß das Folgend.e nicht unmöglich ist: Zwischen n und o liegt ein Punkt, zu dem man eine Linie ziehen kann von der Art: Gleichgültig, wie oft man die zugehörige, der Quadratseite entsprechende Strecke hinzufügt, die Summe wird gleich dem Durchmesser des Umkreises am isoperimetrischen Dreieck sein, vermehrt um einen Halbmesser weniger als die Zahl der zugefügten Strecken betrug. Das ist aber der Punkt c. Und wenn Du behauptest, der Punkt liege über c hinaus gegen o zu, dann folgt aus dem umgekehrten Schluß der nämpa,. 12liche Widerspruch, weil man notwendig wieder zum Punkte c kommen wird. P. Ich kann nicht bestreiten, daß es sich so verhält, wie Du einleuchtend dargelegt hast. Es steht allgemein fest: Wer behauptet, der Punkt liege diesseits oder jenseits von c, der irrt, und der Irrtum wird eben aus der Lage des Punktes erwiesen; denn eine jede Strecke, die größer ist als bc, ist zusammen mit ihrer zugehörigen Quadratseite größer als der Durchmesser des Umkreises am isoperimetrischen Dreieck
Dialogus de circuli quadratura
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- und eine kleinere, vermehrt um ihre zugehörige Qua.dratseite, ist kleiner als dieser Durchmesser12 • N. Das könnte man noch auf einem anderen Wege zeigen. Es gibt mehrere Methoden, die Durchmesser der In- und Umkreise an Vielecken, die zu einem gegebenen Kreis isoperimetrisch sind, leicht aufzuilnden aus dem Wissen, daß das flächengrößte Vieleck von unendlicher Seitenzahl mit dem Kreis zusammenfällt. Aber diese Methode genügt, den Rest überlasse ich Dir. P. Es genügt eine Methode anzugeben, vermittels derer man einen gekrümmten Umfang in eine Gerade ausstreckt und umgekehrt eine Strecke in eine Kurve überführt. Daraus läßt sich alles, was man in der Mathematik bisher nicht wußte, ableiten, wie Du es in Deinem Buch über die Mathematischen Ergänzungen berührt hast. Wer also eine Kurve in eine Strecke verwandelt hat, multipliziere den Halbmesser des gegebenen Kreises mit der Hälfte jener Strecke, die gleich dem Umfang sein sollte. Angenommen, es sei rs gleich ab und st gleich der halben x Summe der drei Seiten r!---;:sc::-----'&----'t Abb. 76. ikl. Wenn man nun das Rechteck rstu schließt, das gleich der Kreisfläche bcde ist, dann läßt sich nach Euklid VI, 9 das geometrische Mittel zwischen rs und st find·en. Das geometrische Mittel, d. h. die Seite des Quadrats sei xy; dann wird Quadrat xy&z gleich dem Kreis sein. Das ist bekannt. Und daher danke ich Dir, bester Vater Nikolaus, daß Du Dich trotz Deiner zahlreichen Obliegenheiten herbeigelassen hast, Dich
150
Der Dialog über die Quadratur des Kreises
dieser Aufgabe zu widmen, deren Lösung von allen Gelehrten in der :Mathematik ersehnt, aber nicht gefunden worden ist, und nach vielen Mühen und verschiedenen Methoden Deine ganz leichte und einleuchtende Erfindung darzulegen und den Forschern eine große Mühe abzunehmen. Ende. Brixen 1457.
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Die Kaiserliche Quadratur des Kreises 1 (De caesarea circuli quadratura)
Meinem allergnädigsten Kaiser und Herrn, dem Herrscher Friedrich, widme ich, Nikolaus, Kardinal von St. Peter und Bischof von Brixen, meine Abhandlung Die Kaiserliche Quadratur des Kreises
Eine gewisse Verfolgung, eine unerwartete, zwang mich vor kurzem in der Festung Andratz, deutsch Buchenstein, zu verweilen. Dort, mitten in den Alpen, aller Bücher bar, begann ich zur Erholung die Frage zu untersuchen, ob sich nicht auf eine klare und leichte Art die immer gesuchte, aber, wie man sagt, nie bewältigte Quadratur des Kreises finden ließe. Nach verschiedenen anderen, die ich in meinen Abhandlungen über diesen Gegenstand zusammengeschrieben habe, kam mir die unten angeführte Methode in den Sinn als eine klarere und, wie mir scheint, gefälligere. Ich übersende sie Deiner Majestät aLs ein Deiner Hoheit würdiges Geschenk. Nach allgemeiner Ansicht läßt sich das Gesuchte als etwas ganz Einzigartiges nur durch den höchsten Aufwand von Geist und ebensoviel glühender Hingabe finden. Und wem könnte es daher würdiger dargebracht werden als dem obersten Herrn, der sich als ein wirklicher Fürst auch an verborgenen Gedankengängen ergötzt. Ich weiß, mag diese kleine Gabe auch gering sein, in der Dir eigenen Freundlichkeit wirst Du sie
Am dem MS
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Die Kaiserliche Quadratur des Kreises
schätzen und mir, Deinem getreuen Diener, wirst Du gewogener sein. An dem Beispiel der Überführung von Figuren ineinander wirst Du sehen, wie dem Herrscher die Macht zusteht, Rundes in Eckiges und Eckiges in Rundes zu wenden, d. h. bald die Strenge des Gesetzl"s in Milde, bald die Milde in Strenge zu verwandeln. Das kommt allein Dir zu, der Du nicht an die Gesetze gebunden bist; denn Du allein stehst über dem weltlichen Gesetz, dem alle andern durch das Recht unterstehen sollten 2 • Satz
Wenn man aus dem Mittelpunktades gegebenen Kreises nach den beiden Punkten g und f des Umfangs, die um den zwölften Teil des Kreisumfangs voneinander abstehen, die Radien zieht und aus einem Punkt d auf der Geraden ag das die Strecke af schneidende Lot von unbestimmter Länge so zieht, daß der Abschnitt zwischen dem Schnittpunkt c mit af und dem Umfang die Hälfte von ad beträgt, und n:enn man den Punkt x auf dem Lot so festlegt, daß die Strecke zwischen dem Mittelpunkt a und dem Punkt x das Doppelte von ad beträgt, dann ist dx der sechste Teil des Umfangs des gegebenen Kreises. Der Grund hierfür ist folgender: ad ist der Halbmesser des Inkreises in dem zum gegebenen Kreis isoperimetrischen Dreieck, ax der Halbmesser des Umkreises am besagten Dreieck und dx die halbe Seite des genannten Dreiecks3 • Beweis
Zum Beweis: Sicher ist ga größer als zwei Drittel der Dreieck-Halbseite und kleiner als die ganze Halbseit.e 4 • Unter Beibehaltung der Figur werden sowohl auf ga wie auf fa die Strecken go und fp
De caesarea circuli quadratura = CO
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gleich zwei Dritteln der Halbseite abgetragen. Dann wird in einem Punkt auf ag bis zum Schnitt mit af das Lot errichtet, das sich zur Summe der beiden ober-en Abschnitte auf ga und fa verhält, wie sich diese Summe zur Summe der Strecken go und fp verhält5. Das ist möglich, weil sich ein Punkt nahe bei g geben läßt, wo das erste y Verhältnis größer ist, und rin Punkt nahe bei o, wo das erste Verhältnis kleiner ist als das zweite. Also ist es in einem Zwischenpunkt weder größer noch kleiner. Nach der ~ nämlichen Schlußweise läßt sich auch ein Lot a geben, das sich zur SumAbb. 77. me der beiden unteren Abschnitte bis o und p ebenso verhält wie sich d~ese Summe zur Summe aus og und pf verhält6 • Ich behaupte: Diese beiden Lote fallen in eines zusammen, das von og nach oben und von fp nach unten und folglich auch von gonachunten und von fp nach oben gleiche Strecken abschneidet. Anders ist, wie unten gezeigt werden wird, die Konstruktion nicht möglich. Dieses Lot wird also ein Drittel der halben Seite betragen und werde mit dc bezeichnet. Und weil ca das Doppelte von dc ist, ist ca gleich fp und pa gleich fc und fc gleich do. Und da fc ebenfalls gleich oa ist, ist fc die Hälfte von da; und weil dc ein Drittel der halben Seite des isoperimetrischen Dreiecks beträgt und verdreifacht die halbe Seite ausmacht, die den dem Dreieck einbeschriebenen Kreis in d berührt, wird ad der Halbmesser dieses Inkreises. Das war angestrebt.
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Die Kaiserliche Quadratur des Kreises
Daß aber nach der obigen Annahme das von g aus absteigende und das andere von o aus aufsteigende Lot im Punkte d zusammenfallen, wird auf folgende Weise klar: Das bis zum besagten Verhältnis absteigende Lot kann nicht oberhalb d stehen bleiben. Das ist klar, weil die Strecken oberhalb des Lotes dort kleiner sind als die halbe Summe aus go und fp, und das Lot sicher größer ist als die Hälfte von go. Es kann auch nicht unter d hinabsteigen, weil dort die beiden Abschnitte oberhalb des Lotes größer sind als die halbe Summe aus go und fp, und das Lot kleiner als die Hälfte von go. Wenn also das absteigende Lot nur nach d fallen kann, dann kann auch das aufsteigende nur nach d fallen. Da in d die oberen und unteren Strecken gleich sind, fallen also die Lote zusammen. Das war aufzuzeigen 7 • Das gleiche läßt sich auch anders beweisen. Als Erstes nehme ich an: Es läßt sich auf ag der Inkreishalbmesser in dem zum gegebenen Kreis isoperimetrischen Dreieck angeben, der z. B. gleich ad sei. Er sei größer als die Hälfte von ag und trotzdem um vieles kleiner als zwei Drittel von ag, wie feststeht aus dem schon bekannten Beweis, demzufolge der 31hfache Betrag des Kreisdurchmessers größer ist als der Kreisumfang 8 • Es läßt sich auch in dein Lot dx von unbestimmter Länge errichten und um den Mittelpunkt a des gegebenen Kreises aus ag der Strahl af so herausdrehen, daß sein Abschnitt zwischen dx und dem Kreisumfang gleich der Hälfte von ad wird. Das ist klar. Wenn nämlich af nahe bei g liegt, ist dieser Abschnitt größer als das halbe da, und wenn er zu dem Punkt kommt, wo dx den Umfang trifft, ist er kleiner. Also ist er in einem Zwischenpunkt weder größer noch kleiner. Wenn aber
De caesarea circuli quaclratura
= CO
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dieser Abschnitt gleich dem halben ad ist, wird die Reststrecke auf af zwischen dx und a gleich der Summe aus gd und dem halben da. Dies alles übergehe ich als bekannt. Als Zweites nehme ich an: Wenn das Lot in d, z. B. dx, den Sechstel-Umfang des gegebenen Kreises ausmacht, dann wird ax das Doppelte von ad sein, und die drei Strecken werden jede für sich benannt. Die erste ist dg, der Abschnitt auf af oberhalb von dx ist die Zweite, die Strecke zwischen d und af die Dritte. Das steht fest. Als Drittes nehme ich an: Wenn af vom Punkte o aus um ein Zwölftel des Kreisumfangs absteht, dann wird der Abschnitt dc des Lotes dx, der zwischen d und fa liegt, ein Drittel der Strecke dx betragen, die gleich dem sechsten Teil des Kreisumfangs sein soll; denn dieses Drittel von dx wird der halbe Halbmesser eines Kreises sein, dessen Halbmesser-Quadrat ein Drittel des Quadrats des Halbmessers ax sein wird, also zwei Drittel der halben Seite des einbeschriebenen Dreiecks. Da.s ist klar; denn das Quadrat der Dreieck-Halbseite verhält sich zum Quadrat des Umkreishalbmessers wie 3 zu 4. Also ist das Quadrat von zwei Dritteln der halben Seite zum Quadrat der ganzen Halbseite wie 4 zu 9, und das Quadrat des Umkreishalbmessers wird gleich 12 sein, ein Drittel davon gleich 4, und das ist sicher9 • Viertens nehme ich an: Wenn sich af bewegt, wird es an einen Punkt kommen, wo die drei Strecken, von denen in der zweiten Annahme die Rede war, gleich dx sein werden. Wenn nämlich af nahe an g anlangt, werden sie kleiner sein. Wenn es entfernter und um mehr als den zwölften Teil des Kreisumfangs vom Punkte g absteht, werden sie größer sein. In einem bestimmten Punkt werden sie also weder
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Die Kaiserliche Quadratur des Kreises
größer noch kleiner sein als dx, und diese Strecke wird als ein Sechstel des Kreisumfangs angenommen. Fünftens nehme ich an: Wenn af bewegt wird, dann sind die Erste und Zweite zusammen größer als die Reststrecke, solange die Zweite größer ist als die Hälfte von ad; Reststrecke nenne ich jenen Abschnitt auf af, der nach Wegnahme der Zweiten verbleibt. Und wenn die Zweite kleiner ist als die Hälfte von ad, dann sind die Erste und Zweite zusammen kleiner als die Reststrecke. Je weiter sich af vom Punkte g entfernt, um so größer wird die Summe der drei Strecken, und je größer die Zweite ist, um so kleiner wird die Summe der drei Strecken, und je kleiner, um so größer 10 • Ich behaupte also: Wenn af auf den Punkt des Umfangs fällt, der vom Punkte g um ein Zwölftel des Umfangs entfernt ist, dann sind die drei Strecken zusammen gleich dx, d. h. gleich dem sechsten Teil des Kreisumfangs, weil die Zweite gleich der Hälfte von ad ist, und die Erste und Zweite zusammen gleich der Reststrecke, was zusammen mit der Dritten die Strecke dx ergibt. Wenn einer dies inAbredestellt,dann, weilernicht zugibt, daß die Zweite gleich der Hälfte von ad ist. Wenn er also dagegen behauptet, die drei Strekken seien kleiner als dx, dann muß er behaupten, die Zweite sei so beschaffen, daß die drei Strecken kleiner sind, als wenn die Zweite gleich d,er Hälfte von ad wäre. Nach der fünften Annahme muß er sagen: Die Zweite ist größer als die Hälfte von ad, und wenn dies so ist, dann übertreffen nach der nämlichen Annahme die Erste und Zweite zusammen die Reststrecke ca; diese ist aber zusammen mit der Dritten cd gleich dx. Dann ist also klar, daß die drei Strecken zusammen nicht kleiner sind, sondern größer als dx.
De caesarea circuli quadratura
= CG
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Wenn er ebenso behauptet, die drei Strecken zusammen seien größer, muß er notwendig behaupten, die Zweite sei kleiner als die Hälfte von ad. Und wenn dies so ist, dann sind die Erste und Zweite zusammen kleiner als die Reststrecke, die zusammen mit der Dritten gleich dx ist. Die drei Strecken werden demnach zusammen kleiner sein. Was er also im Widerspruch zu unserer Behauptung vorbringen mag, nach der fünften Annahme ergibt sich das Gegenteil 11 • Und so ergibt sich, daß die Annahme notwendig richtig ist, und daß ad der Halbmesser des Inkreises im isoperimetrischen Dreieck ist, cf seine Hälfte und dx gleich einem Sechstel des ausgestreckten Umfangs des gegebenen Kreises vom Halbmesser ag. Und das ist angestrebt. Anders: Ich behaupte, die drei Strecken sind gleich der halben Seite des isoperimetrischen Dreiecks, und folglich beträgt die Erste und Zweite zusammen zwei Drittel dieser Seite, und die Zweite ist der halbe Halbmesser des Inkreises im Dreieck. Wenn die eine Behauptung richtig ist, sind auch alle andern richtig, wie feststeht. Wenn Du sie bestreitest, widersprichst Du Dir selbst. Wenn Du nämlich unter Beibehaltung der vorigen Figur behauptest, die drei Strecken seien kleiner als die halbe Seite des besagten Dreiecks, dann behauptest Du, die Zweite sei größer und kleiner als der halbe Halbmesser des Inkreises im besagten Dreieck. Größer behauptest Du damit, weil Du sagst, die drei Strecken zusammen seien kleiner als wenn die Zweite der halbe Halbmesser des Dreieck-Inkreises wäre. Je größer nämlich die Zweite ist, desto kleiner sind nach der fünften AnnahmB die drei Strecken miteinander. Du behauptest auch, die Zweite sei kleiner als die Hälfte des besagten Halbmessers, weil Du sagst, die
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Die Kaiserliche Quadratur des Kreises
Erste und Zweite zusammen seien kleiner als die Reststrecke auf af, nachdem die Zweite weggenommen ist. Anders nämlich wären die drei Strecken nicht kleiner als die halbe Dreieckseite12 • Du behauptest auch, die Dritte sei größer und kleiner als ein Drittel der halben Dreieckseite. Wenn nämlich die drei Strecken zusammen kleiner sind als die halbe Seite des Dreiecks, und die Erste zusammen mit der Zweiten größer als die Reststrecke auf af, ist also die Dritte kleiner als ein Drittel der halben Seite. Und da die Erste und Zweite zusammen auch kleiner sind als der Rest auf af, ist also die Dritte größer als ein Drittel der halben Seite13 • Und das Nämliche ergibt sich, wenn Du behauptest, die drei Strecken seien zusammen größer als die halbe Seite. So ist klar, daß der Einwender zwei Widersprüche behauptet. Es liegt also auf der Hand: Der Durchmesser des gegebenen Kreises ist gleich der Summe aus dem Halbmesser des dem isoperimetrischen Dreieck einbeschriebenen Kreises und zwei Dritteln dieser Dreieckseite14. Wenn also eine Strecke gleich dem 31./7_ fachen Betrage des Durchmessers ist, und wenn man den zugehörigen 15 Inkreishalbmesser und zwei Drittel der Dreieckseite nimmt, dann ist diese Summe größer als der Durchmesser [des gesuchten Kreises], weil das 31hfache des Durchmessers größer ist als der Umfang. Und wenn die Strecke gleich ist dem 3rt 0/71fachen Betrag des Durchmessers, und wenn man den zugehörigen Halbmesser des Inkreises im besagten Dreieck und zwei Drittel der Dreieckseite nimmt, dann ist diese Summe kleiner als der Durchmesser, weil der 310/nfache Betrag des Durchmessers kleiner ist als der Umfang des Kreises, wie Archi-
De caesarea circuU quadratura = CO
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medes und andere gezeigt haben. Du kannst diesen Sachverhalt auch in Zahlen nachprüfen. Es ist auch zu bemerken: Wer die Quadratur des Kreises deshalb in Abrede stellt, damit er nicht zugesteht, Krummes und Geradliniges falle zusammen, der behauptet durch seine Verneinung das Zusammenfallen kontradiktorischer Gegensätze. Wenn er genau hinsieht, wird er zeigen: Mathematische Sätze sind aus dem Grund richtig, weil andernfalls die Kreisquadratur folgen würde, und ebenso aus dem Grund, weil andernfalls folgen würde, daß der Kreis nicht quadriert werden kann. Aus der Behauptung und Verneinung der Kreisquadratur können also alle mathematischen Sätze als richtig nachgewiesen werden, wie ich diesen Gegenstand einigermaßen an anderer Stelle berührt habe 16 ; so jagt die Wissende Unwissenheit allem Wißbaren schließlich in der Frage nach, ob eine Koinzidenz kontradiktorischer Gegensätze statthat oder nicht. Darüber habe ich, wenn auch ganz unzulänglich17 , einiges in meinen drei Büchern geschrieben. Es ist aber sicher, wenn der Halbmesser ga des gegebenen Kreises mit ab, dem dreifachen Betrag von dx, multipliziert wird, ist das entstehende Rechteck gleich dem Kreis. Und wenn man das geometrische Mittel ae zwischen ag und ab, dem dreifachen Betrag von dx, nach Euklid VI aufsucht, dann ist ae die Seite des Quadrats, das gleich dem Kreis ist, wie schon früher bekannt war. Diesem Wissen füge ich die kaiserliche Quadratur des Kreises hinzu. Beendet im Jahre Christi 1457, am 6. August in .1---;"f-----"------l Andratz. Abb. 78.
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über die Matltematische Vollendungs (De mathematica perfectione)
Seinem ehrwürdigen Vater in Christus, dem Herrn Antonius, der heiligen Römischen Kirche KardinalPresbyter von St. Chrysogonus, widmet der Kardinal Nikolaus von St. Peter in den Ketten seine Abhandlung über die Mathematische Vollendung'
Euer edler Sinn, ehrwürdiger Vater, hat sich verleiten lassen, die Spekulationen auch stumpfer Geister zu betrachten und andrerseits von: mir etwas Neues zu verlangen. Und da mich ein krankes Bein am päpstlichen Hofe entschuldigt, habe ich, zwei Tage ans Haus gefesselt, die Mathematische Vollendung, die ich Euch hiermit sende, zusammengeschrieben, um so die Stärke der Koinzidenzen durch einen Versuch mit bisher Unbekanntem auch für theologische Untersuchungen zu empfehlen. Alles, was auf mathematischem Gebiet wissensmöglich ist, wird durch sie, wie einige angefügte Beispiele zeigen, erreicht auf diesen dunklen und immer begierig gesuchten Wegen, die sich bisher keinem eröffnet haben. Daß uns aber mathematische Einsichten zum beinahe absolut Göttlichen und Ewigen führen, das wissen Eure väterliche Gnaden nach dem Maß Eurer hohen Gelehrsamkeit, die Ihr die Leuchte der Theologen seid, besser als ich. Auch habe ich eine kleine Schrift, enthaltend meine Betrachtung über
De mathematiea perfeetione =PM
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Spiegel un-d Gleichnis, angefügt 3 • Wenn Eure ehrwürdige väterliche Gnaden sich herablassen, ein wenig dabei zu verweilen, dann wird sie - wenn ich das geistige Schauen richtig im Ursprung (principium) der Dinge vermute-, Einsichten schauen, die auch die Gelehrtesten sich scheuten zu schreiben. Da die Betrachtungsweise dem hohen Gegenstand besser entspricht als die Darstellung, scheue ich mich nicht, sie Euer väterlichen Gnaden zu schicken, deren Urteil, so wünsche ich, mich leiten möge. Weiß ich doch, daß ich mein Geheimnis, das mir vielleicht wertvoller erscheint als es in Wirklichkeit ist, nicht einem Fremden, sondern einem liebenden Vater mitteile. Ich bin willens meine Einschätzung Eurer Weisung gemäß zu verbessern, die Ihr, das ist meine ergebene Bitte, diesem Schriftehen anfügen mögt. 2 Mein Streben geht dahin, aus der Koinzidenz der Gegensätze die Vollendung der Mathematik zu gewinnen. Und weil diese Vollendung vor allem in der Angleichung einer geraden und einer gekrümmten Größe besteht, setze ich mir zur Aufgabe, das VerhältniszweierStrecken zu untersuchen, die sich wie Sehne und zugehöriger Bogen verhalten. Ich weiß, wenn ich dieses Verhältnis kenne, dann habe ich ein Mittel, um eine gekrümmte Größe einer geraden gleich zu machen. Und um diese Strecken zu finden, muß ich notwendig das Verhältnis einer Sehne zu ihrem Bogen kennen, um von diesem bekannten Verhältnis zur vorgesetzten Kunst fortschreiten zu können. Aber wie ist es mir möglich, das Verhältnis einer beliebigen gegebenen Sehne zu ihrem Bogen zu kennen, da zwischen diesen wesentlich verschiedenen Größen kein in Zahlen angehbares Verhältnis be3 steht? Es wird also nötig sein zum geistigen Schauen ( visus intellectualis) zurückzukehren; es sieht, daß
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Über die mathematische Vollendung
eine allerkleinste, aber nicht mehr angehbare Sehne mit dem Bogen zusammenfällt. Je kleiner nämlich die Sehne ist, um so kleiner der Pfeil. Zum Beispiel ist der zur Sehne bc gehörige Pfeil de kleiner als der zur Sehne fh gehörige Pfeil ge, weil bc kleiner ist als fh, und '--------'------' entsprechend so weiter. Abb. 79 • Die kleinste Sehne, zu der 4 sich keine kleinere angeben ließe, hätte, wenn man sie zeichnen könnte, keinen zugehörigen Pfeil und wäre also auch nicht kleiner als ihr Bogen. Wenn man also bei derartigen Betrachtungen bis zur kleinsten Größe gelangen würde, würde dort Sehne und Bogen zusammenfallen. Das sieht der Verstand leicht tol. 101" als notwendig ein, vorausgesetzt, er weiß, daß weder Bogen noch Sehne (da sie ja Größen sind) in Wirklichkeit und Möglichkeit (in actu et posse) kleinste Größen schlechthin sein können, da das Kontinuwn immer teilbar ist4 • Um aber eine Einsicht in ein derartiges Verhältnis zu gewinnen, greife ich auf die geistige Schau (visio intellectuaUs) zurück und sage: Ich schaue, wo zwischen Sehne und Bogen Gleichheit herrscht, d. h. im schlechthin kleinsten Teil beider Größen. Von der so geschauten Gleichheit schreite ich fort zur Untersuchung des Erstrebten mittels eines rechtwinkligen Dreiecks, und zwar durch den folgenden Satz &b
Wenn die größte Seite eines rechtwinkligen Dreiecks als Erste genommen wird und als Halbmesser eines Kreises, und die kleinste Seite [des nämlichen Dreiecks] als Zweite und als Halbsehne, und die letzte Seite als Dritte, dann ist das Verhältnis des halben Bogens zur halben Sehne das gleiche n:ie das der
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De matkematica perfectione =PM
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dreifachen Ersten zur Summe aus der doppelten Ersten und der Dritten 5 • Zum Beispiel seiabcdas rechtwinklige Dreieck, die größte Seite ac sei die Erste und Halbmesser eines Kreises, die kleinste Seite bc sei die 1 r Zweite und Halbsehne, Seite ab sei die Dritte, hc der halbe Bogen; de sei gleich dem dreifachen Betrag der Strecke ac, fg die Summe aus der doppelten Strecke ac und aus ab. Ich behaupte: hc verhält sich zu bc wie de zu fg. 6
Erklärung des Satzes
Ein rechtwinkliges Dreieck ist um so kleiner, je geringer der Unterschied zwischen der Ersten und Dritten ist. Wenn man also ein kleinstes rechtwinkliges Dreieck geben g könnte, dann würde die Erste nicht , größer sein als die Dritte. Und weil Abb. 80. die Zweite die Kleinste sein sollte, kann sie, als Halbsehne angenommen, nach der Prämisse nicht mehr kleiner sein als der halbe Bogen 6 • Das größte rechtwinklige Dreieck liegt vor, wenn der Unterschied zwischen der Ersten und Dritten am größten ist, und dies ist ~ c der Fall, wenn die Dritte gleich der Zweiten ist, welche die kleinste sein sollte. Dann ist die Zweite Halbsehne des Quadranten. Dieses rechtwinklige Dreieck sei abc. Ich behaupte: Man • Abb. 81.
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tl"ber die mathematische Vollendung
kann zu ac eine Strecke hinzufügen - die gleiche Strecke wird auch ab angefügt - und die größere Summe .verhält sich zur kleineren wie der halbe Bogen hc zur halben Sehne bc. Als etwas sicher Erwiesenes übergehe ich, daß sich eine solche Strecke geben läßt, die, wie vorher gesagt, an ac und ab angefügt wird. Denn es läßt sieh eine Strecke geben, die, zu ac und ab hinzugefügt, Summen ergibt, deren Verhältnis größer ist als das zwischen dem halben Bogen hc und [der Seite] bc. Ebenso läßt sich eine Strecke geben, die hinzugefügt, Summen ergibt, deren Verhältnis kleiner ist als daJS zwischen hc und bc. Das ist gesichert. Es ist also handgreiflich, daß sich eine Strecke geben läßt, die hinzugefügt, Summen ergibt, deren Verhältnis weder größer noch kleiner ist als das Verhältnis zwischen hc und bc, da dem nichts entgegensteht, daß sich gerade Strecken verhalten wie die Sehne zu ihrem Bogen, gleichgültig ob die Sehne zu ihrem Bogen kommensurabel ist oder inkommensurabel 7 • Es steht aber fest: Wie immer diese Strecke beschaffen sei, wenn sie im kleinsten rechtwinkligen Dreieck ebenfalls zu ac und ab zugefügt wird, läßt sich der Satz als richtig erweisen, da dort die Erste und Dritte ebenso von der nämlichen Größe sind wie der halbe Bogen und die halbe Sehne; der Satz gilt also, wie immer die zugefügte Strecke beschaffen ist. Und weil dem so ist, daß die im größten Dreieck zugefügte Strecke auch die im kleinsten Dreieck zugefügte ist, wird sie auch in allen dazwischenliegenden rechtwinkligen Dreieckien die nämliche bleiben 8 • Und das ist die Wurzel dieser Lehre; aus ihr folgt: Wenn ich die Strecke finde, die im rechtwinkligen Dreieck mit bc als Halbsehne des Quadranten und im Sechseck mit bc als Halbsehne zu addieren ist, dann
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De mathematica perfectione =PM
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stehen die gefundenen Summen im gleichen Verhältnis wie die Bögen, d. h. sie verhalten sich wie 3 zu 2. Es ist klar, daß ich damit die Strecke gefunden habe, die in allen Fällen zu addieren ist, und darüber herrscht kein Zweifel9 • Das wird folgendermaßen leicht offenbar: Es ist möglich, daß eine Gerade gleich der Summe aus der Dritten und der doppelten Ersten zu der Summe aus toz. tozr der Ersten und der vierfachen Zweiten sich irgendwo verhält wie die halbe Sehne zum halben Bogen, das ist sicher. Es läßt sich nämlich ein Fall geben, wo das Verhältnis kleiner ist, z. B. in den größeren rechtwinkligen Dreiecken, und ein Fall, wo es größer ist, z. B. in den kleineren, wie von selbst klar ist. Also ergibt es sich irgendwo, daß das Verhältnis weder größer noch kleiner ist. Wo immer dies eintritt, muß nach dem Vorhergehenden der Dritten die gleiche Strecke angefügt werden wie der Ersten. Der Dritten ist aber der doppelte Betrag der Ersten angefügt, also der Ersten ebenfalls ihr doppelter Betrag. Und so wird es sein, wo die Zweite die Hälfte der Ersten ist, d. h. die halbe Sehne des Sechseck-Bogens. Also ist der Durchmesser anzufügen 10 • Das nämliche kannst Du auf andere Weise so sehen: Angenommen, die doppelte Erste, vermehrt um die doppelte Zweite, verhält sich zur dreifachen Ersten wie die Halbsehne zum Halbbogen. Der Schluß ist der gleiche wie vorher: Weil aber die nämliche Strecke zur Dritten und Ersten zugefügt sein muß, und weil der Ersten die doppelte Erste angefügt wird und der doppelten Zweiten die doppelte Erste, wird die doppelte Zweite gleich der Dritten, und die hinzugefügte Strecke ist der Durchmesser. Und ganz ähnliche Veranschaulichungen
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tl'ber die mathematische Vollendung
kannst Du in beliebiger Zahl vorbringen 11 • Der Satz besagt: Die zu ac und ab anzufügende Strecke ist der Durchmesser oder das doppelte ac, was das Nämliche ist. Nach dem schon Gesagten kannst Du einen Versuch anstellen, nämlich, ob sich in allen Fällen proportional das Gleiche ergibt. Damit Du aber einsiehst, daß es sich so verhält, 10 wie der Satz aussagt, nimm das doppelte rechtwinklige Dreieck, z. B. Dreieck abc und Dreieck abd, beschreibe den Bogen dc, verlängere ab bis zum Bogen, so daß be den Pfeil bildet. Ich tr------~·' behaupte: Es ist möglich, daß ein aus rechtwinkligen Dreiecken zusammengesetztes Dreieck sich so verhält, daß, wenn ac und ad unbestimmt verlängert werden, und irgendeine zu dc parallele Sehne gf gleich der II Summe aus ad, ac und ab wird Abb. 82. -dann wird der Bogen, dem die Sehne gf zugehört, diese Sehne um den Pfeil be übertreffen, d. h. um soviel, als ae größer ist als ab. Es läßt sich nicht bestreiten, daß dies irgendwann l l einmal möglich ist, d. h. dort, wo drei Halbmesser, vermindert um den Pfeil, das Dreifache der Sehne betragen. Ob dies nun hier oder dort der Fall ist, ändert an der Tatsache nichts. Es genügt, daß es überhaupt irgendwomöglich ist12 • Wenn Du willst, kannst Du wie vorher die Probe machen. Es sei ein Punkt gegeben, wo der Übenschuß kleiner ist als der Pfeil, und es sei ein Punkt gegeben, wo er größer ist (dies übergehe ich als gesichert). Es läßt sich auch wie vorher ein Punkt geben, wo der Überschuß weder größer noch kleiner ist. Wo immer
De mathematica perfectione =PM
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dies eintritt: es ist klar, daß sich die Summe aus ae,
ad und ab zur dreifachen Strecke ac verhält wie die
Sehne zum Bogen. Das ist offenbar; denn die Summe aus der verdreifachten Strecke ac und jener Strecke, die gleich ist dem dreifachen ae, aber um den Pfeil vermindert, ist in einem bestimmten Punkte gleich der Summe aus Sehne und Bogen - und das ist sicher - oder also dort, wo der Bogen die Sehne um den besagten Pfeil übertrifft. Man hat die verlangte Gleichheit oder bleibt darunter oder kommt darüber hinaus. Angenommen, man bleibt darunter: Da. in diesem Fall der Bogen die Sehne um weniger übertrifft als der genannte. Pfeil ausmacht, wird die Sehne größer s·ein als dort, wo der Bogen die Sehne um den besagten Pfeil übertrifft. Es ist aber unmöglich, daß ein kleinerer Bogen eine größere Sehne hat. Ebenso schließt man, wenn man über die Gleichheit hinauskommt. Dann müßte nämlich der größere Bogen die kleinere Sehne haben. Daher ist die an ae und ab anzufügende Strecke die verdoppelte Strecke ae oder der Durchmesser des Kreises. Und das ist die Wahrheit. 12 Warum es aber der Durchmesser des nämlichen Kreises ist, läßt sich vielleicht mit der Begründung sagen, daß die zu addierende Strecke Durchmesser in einem beliebigen Kreis ist. Man wird nicht behaupten können, es sei der Durchmesser eines größeten Kreises, weil die Behauptung dann nicht zuträfe für den größten Kreis, zu dem es in der Tat keinen größeren gibt. Man kann auch nicht behaupten, es sei der Durchmesser eines kleineren Kreises, weil die Behauptung im kleinsten Kreis in der Tat auch nicht zuträfe. Also würde sie für keinen Kreis gelten, da das, was vom Kreis als einem Kreise behauptet wird, notwendig für alle gelten muß. Und wenn es nicht für
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'Ober die mathematische Vollendung
alle gilt, dann gilt es für keinen; ob aus diesem oder jenem Grund, tut nichts zur Sache. So ist der geistige Gehalt des Satzes klar.
Ich will noch einen anderen Nachweis für die Ver- 13 längerungsstrecke hinzufügen. Es läßt sich eine Strecke geben, von der ac ein bestimmter Bruchteil ist von folgender Eigenschaft: Diese Strecke hat zu der um den Unterschied zwischen ac und ab kleineren Strecke ein größeres Verhältnis als hc zu bc. Die Strecke sei z. B. das Doppelte von ac. Es läßt sich ferner eine Strecke geben, von der ac ein bestimmter Bruchteil ist, von folgender Eigenschaft: Diese Strecke hat zu der um den Unterschied zwischen ac und ab kleineren Strecke ein kleineres Verhältnis als hc zu bc. Die Strecke iBt z. B. das Vierfache von ac. Das ist vollkommen richtig. Deshalb läßt sich eine Strecke geben, von der ,. ac einen bestimmten Bruchteil ausmacht derart, daß sie zu der um den Unterschied zwischen a.c und ab kleineren Strecke das nämliche Verhältnis hat wie hc zu bc. Und da die entAbb. 83. stehende Strecke größer ist als das Doppelte und kleiner als das Vierfache, muß sie notwendig gleich dem dreifachen Betrag von ac sein. Deshalb muß man der Strecke ac ihren doppelten Betrag oder den Durchmesser des Kreises hinzufügen18. Damit Du aber das, was ich über das Doppelte und 14 das Vierfache von ac gesagt habe, in Zahlen als richtig einsehen kannst, magst Du nach der Näherung des Arehirnedes ac gleich 7, ab etwa gleich 5 setzen
De mathemalica perfectione =PM
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und bc - weil im Quadranten - ebenfalls gleich 5; hc wird nach der Näherung, die den Halbkreis dem 31hfachen von ac gleichsetzt, d. h. 22, gleich 51/2 sein. Und so wird sich hc zu bc verhalten wie 51/2 zu 5, das ist 11 zu 10. Und der Überschuß von ac über ab ist etwa gleich 2. Das Doppelte von ac, d. h. 14, steht zu der um den Unterschied zwischen ac und ab, d. h. um etwa 2, kleineren Größe, nämlich zu 12, in größerem Verhältnis als 11 zu 10. Und der vierfache Betrag von ac, d. i. 28, hat zu der um 2 kleineren Größe, d. i. 26, ein kleineres Verhältnis als 11 zu 10. Also muß die Strecke, von der ac einen bestimmten Bruchteil betragen soll, größer sein als das Doppelte und kleiner als das Vierfache von ac. Sie wird also das Dreifache betragen, da dies als ganz15 zahliges Vielfaches von ac dazwischenliegt Der Grund, warum die Veranschaulichung davon ausgeht, daß die gesuchte Strecke ein bestimmtes ganzzahliges Vielfaches von ac sein soll, ist folgender: Da es in allen rechtwinkligen Dreiecken die nämliche Strecke sein muß, muß sie sich notwendig auf ac beziehen, das ebenfalls in allen das nämliche ist, und nicht auf ab oder bc, die sich immer ändern. Man könnte ungezählte andere Beweismethoden für diesen Satz anführen, aber die genannten sind die grundlegenden und reichen hin 14 • 16
Hier offenbaren sich viele Geheimnisse. Siehst Du doch, daß sich auch für die mittleren Dreiecke als richtig erweisen läßt, was für das größte und kleinste nachweisbar ist, und daß derjenig•e, der einsieht, daß das Größte mit dem Kleinsten zusammenfällt - da ja das Größte gleichzeitig auch das Kleinste ist eben darin alles erkennt15 • Man hat damit auch eine
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Ober die mathematische Vollendung
Methode, dem Wissen über die Maßgleichheit von Größen nachzuspüren, die ihrem Wesen nach verschieden, nicht mit einander vergleichbar erscheinen. Dies scheint mir eine wichtige und bisher nicht berührte Erkenntnis zu sein. Archimedes, der vermittels seiner Spirale eine gerade Strecke dem Kreisumfang maßgleich machen wollte, hat diese Kunst noch nicht erreicht und an der genannten StelLe da.s Gesuchte nicht gefunden. Den Fehler beging er damit, daß er voraussetzte, was er suchte. Die Helica oder Spirale läßt sich nämlich ohne die Bewegung zweier Punkte, wobei das Verhältnis der Bewegungen das nämliche ist wie das des Kreishalbmessers zum Umfang, nicht beschreiben. Er hat also, als er von der Spirale sprach, das Gesuchte vorausgesetzt16 • Aber sei dem wie ihm wolle. Wir wollen zu unserer Aufgabe zurückkehren und aus diesem fruchtbaren Satz einige Folgerungen ziehen, damit sich aus diesen Gegebenheiten in gleicher Weise zahllose andere Folgerungen entwickeln lassen. Folgerung
toz. tosr
Das Verhältnis dreier Halbmesser zu drei Halbmessern, vermindert um den Pfeil der zum Quadranten oder einem kleineren Winkel gehörigen Sehne, ist das nämliche wie das Verhältnis dieses Bogens zu seiner Sehne. bc sei die Sehne des Quadranten oder eines kleineren Bogens. Aus dem Zentrum a werde durch den Mittelpunkt d von bc nach dem Punkt e des Abb. 84. Umfangs eine Gerade gezogen. DasVerhältnis der dreifachen Strecke ae zur Summe
De mathematica per/edione =PM
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aus der doppelten ae und ad ist das Verhältnis des Bogens zur Sehne bc. 'V·enn von der Sehne des Quadranten oder eines kleineren Winkels die Rede ist, ist ebenso klar, daß auf einer größeren Sehne die kleinste Seite des rechtwinkligen Dreiecks nicht Halbsehne sein kann, was jedoch gefordert ist. Aus dem Vorhergehenden ergibt sich klar die Folgerung. 18
Folgerung
Einen gegebenen Bogen in eine Strecke zu verwandeln.
Wenn der Bogen ein Quadrant ist oder kleiner, dann betrachte ihn so, wie er ist. Wenn er aber größer ist, dann betrachte einen bestimmten Bruchteil von ihm, der ein Quadrant ist oder ein kleinerer Bogen. Es sei der Bogen bc des Quadranten auszustrecken. Ziehe aus dem Zentrum a durch tor. 106" b und c Gerade von unbestimmter Länge und eine weitere Gerade ad durch die Mitte der Sehne. ZwiAbb. 85. schen die Radien von unbestimmter Länge schiebe eine zur Sehne bc parallele Gerade ef ein, die gleich der Summe aus ab, ad und ac ist. Auf ef trage fg gleich ab ab, ziehe die Gerade ag und benenne den Schnittpunkt mit der Sehne bc mit h. Ich behaupte: hc ist der dritte Teil des Bogens. Verdreifache also hc, und Du hast damit den Bogen in eine Gerade ausgestreckt. Oder: ziehe die Parallele ikl zu bc gegen das Zentrum hin, so daß die Summe aus ai, ak und al gleich der
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Über die mathematische Vollendung
Sehne bc ist. Dann ist ai der dritte Teil des Bogens. Das alles ist von selbst klar17 • Folgerung
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Eine gegebene Strecke zu einem Bogen zu krümmen. ab sei eine Strecke. Wenn Du sie zum Quadranten eines Kreises krümmen willst, ziehe aus dem Zentrum o zwei Gerade od und oe von unbestimmter Länge, die miteinander eineil rechten Winkel bilden; eine weitere Gerade of soll den Winkel halbieren. a ~ Trage auf od und oe ' ein Drittel der Strecke ab ab, die zum Bogen gekrümmt werden soll, und zwar sei og und ebenso oh gleich dem dritten Teil von ab. Dann ziehe gih. EntIT sprechend lege zu gih Abb. 86. eine Parallele kl, die gleich der Summe aus og, oi und oh ist. Dann beschreibe den Quadranten zur Sehne kl; dieser Bogen ist gleich ab. Wenn Du die Strecke in einen andern Bogen verwandeln willst, der kleiner als ein Viertel des Kreises sein soll, mache es ebenso. Wenn er größer ist, nimm einen bestimmten Bruchteil. Angenommen, Du willst. die Strecke zu einer Kreislinie biegen. Dann nimm ein Viertel der Strecke und biege dieses Viertel zum Quadranten. Damit hast Du die ganze Strecke zur Kreislinie gebogen. Wenn Du aber die gegebene Strecke zum Bogen 20 eines gegebenen Kreises biegen willst, sei es zur Linie des Vollkreises oder zu einem Bogen, dann gehe wie oben vor, indem Du den Winkel zwischen od und oe veränderst, bis Du eine Sehne hast, die gleich der Summe aus og, oi und olt isti 8 •
De tnathematica
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perfectiot~e
=PM
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Folgerung
Einen gegebenen Bogen eines Kreises in den Bogen eines andern Kreises zu venvandeln. Dies geschieht, indem man den ersten Kreis in eine Gerade ausstreckt und dann diese Strecke nach der vorhergehenden Methode zum Bogen des anderen Kreises biegt. Folgerung
Winkel anzugeben, die sich rvie gegebene Strecken verhalten. Dies geschieht dadurch, daß man die Strecken in Bögen des nämlichen Kreises verwandelt und aus dem Zentrum nach den Endpunkten dieser Bögen die Radien zieht. 23
Folgerung
Das Verhältnis eines Halbmessers zur Differenz zwischen Halbmesser und Pfeil ist das närnliche wie zwischen dern d1·itten TeiZ eines Bogens zum tJberschuß, um den die Sehne zrvei Drittel ihres Bogens übertrifft. bc sei di.e Sehne des Quadranten. Auf ihr hast Du nach dem Vorhergehenden zwei Drittel des Bogens abgetragen, nämlich cd und de. Ich behaupte: Das Verhältnis des Drittelbogens de zum Überschuß eb der Sehne über zwei Drittel ..---...._------r-~ des BogeDIS ist das nämliche wie das Verhältnis des Halbmessers zur Diff·erenz zwischen Halbmesser und Pfeil. Diese Folgerung ist Abb. 87. nach dem Vorhergehenden klar. Sie gilt im größten und kleinsten rechtwinkligen Dreieck, also auch in allen dazwischenliegenQ
den19~
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Über die mathematische Vollendung Folgerung
Zum gegebenen Bogen eines best-immten Teils des Halbkreises die Sehne zu bestimmen. Angenommen, Du willst aus der bekannten Sehne des Quadranten die Sehne des halben Quadranten kennenlernen. Du kennst den Sehnenabschnitt des Quadranten, der gleich dem dritten Teil des Bogens ist, nimmst da von die Hälfte und fügst ihm das Gleiche hinzu und suchst den Überschuß, der sich zu einem Drittel verhalten soll wie der um den Pfeil verminderte Halbmesser zum Halbmesser 20 • Hier will ich weitere merkwürdige Folgerungen hinzufügen. Wenn drei Halbmesser, vermindert um den Pfeil, das Dreifache der Sehne betragen, ist der Bogen gleich dem Halbmesser. Wenn sie das Doppelte der Sehne betragen, verhält sich der Bogen zum Halbmesser wie 3 zu 221 • Drei Halbmesser sind das geometrische Mittel zwischen drei Halbmessern, vermindert um den Pfeil, toz. 107r und dem Halbkreis22 • Wenn drei Halbmesser, vermindert um den Pfeil, Vielfache der Sehne sind, dann werden auch drei Halbmesser, vermindert um den Pfeil, zur Sehne des halben Bogens oder eines beliebigen Bruchteils proportional sein 23 • Drei Seiten eines gleichseitigen Dreiecks sind zusammen gleich dem Umfang jenes Kreises, dessen Durchmesser gleich dem dritten Teil aus der Summe zweier Seiten und der Strecke zwischen einer Seite und der Mitte der gegenüberliegenden ist 24 • Wenn aus dem Zentrum drei Linien gezogen werden- eine durch den Anfangspunkt der Sehne im Quadranten oder einem kleineren Winkel, die andere
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De mathematica perfectione
= PM
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durch die Mitte, die dritte durch den Endpunkt-, die ihre Endpunkte auf einer zur Sehne gleichlaufenden Geraden haben, so daß da.s Verhältnis dieser drei Stilecken zur Sehne gleich ist dem Verhältnis des Umfangs zum Bogen, dann ist die durch den Anfangspunkt der Sehne gezogene Linie verdreifacht gleich dem Kreisumfang 25 • Der Bogen gleich drei Vierteln des Durchmessers übertrifft seine Sehne um den halben Pfeil26 • Der Kreisdurchmesser ist gleich zwei Dritteln der Seite des isoperimetrischen Dreiecks, vermehrt um den Inkreishalbmesser 27 • Der Überschuß des Halbkreises über die doppelte Sehne des Quadranten ist gleich dem Überschuß der Quadratdiagonale über die Seite, wenn die Diagonale gleich dem dritten Teil des Halbkreisbogens ist 28 • Das Verhältnis von drei Kreisdurchmessern zum Umfang ist wie 14+ f36.~zu 21. Die Lehre über die Sehnen ist nun erschöpft29 •
27
Die Lehre von der Quadratur des Kreises hat nunmehr ihr Ziel erreicht. Diese hinlänglich vollendete Kunst lehrt, nach dem Verhältnis gegebener Strecken, seien sie kommensurabel oder inkommensurabel, Strecken, geradlinig oder krummlinig begrenzte Flächen und Körper anzugeben. Aus der Koinzidenz des kleinsten Kontingenzwinkels und des kleinsten Bogens entnehme ich den folgenden Satz Sat1
Wenn man die zrveite Seite des rechtwinkligen Dreiecks als Kreishalbmesser nimmt, die dritte als Kreistangente oder umgekehrt, und rvenn man den Kreis beschreibt, dann ist das Verhältnis de·r Tan-
176
Uber die mathematische Vollendung
gente zum Bogen, der im rechtwinkligen Dreieck liegt, gleich dem der geradlinig und krummlinig begrenzten Flächen. Es sei z. B. das rechtwinklige Dreieck abc, die Tangente bc, der Halbmesser des gezeichneten Kreises ab, und das im Dreieck liegende Bogenstück sei ~ '" bd. Dann verhält sich bc zu bd wie die geradlinig begrenzte Fläche abc zur krummlinig begrenzten abd. Der Nachweis ist folgender: Im Minil mum, w.enn sich dieses angeben ließe, ist es so; also in allen Fällen, da es bedeutungslos ist, ob das rechtII winklige Dreieck das größte Abb. 88. ist oder nicht. Eine gegebene aus einem Bogen und Radien bestehende Fläche in ein rechtwinkliges Dreieck zu verwandeln. Es sei gegeben abd. Bogen bd werde in eine Gerade bc ausgestreckt und das rechtwinklige Dreieck durch ac geschlossen. Damit hast Du einen Weg (gleichgültig ob bc zum Umfang proportional ist oder nicht), die Fläche in eine geradlinig begrenzte zu verwandeln. So hast Du auch eine Methode, den Kreis in ein rechtwinkliges Dreieck zu verwandeln und schließlich in ein Quadrat oder eine andere Figur. Eine gegebene geradlinig begrenzte Fläche in einen Kreisausschnitt zu verwandeln. Aus dem Vorhergehenden ist klar, wie dies geschieht, wenn es sich um ein rechtwinkliges Dreieck handelt; wenn nicht, muß man die Figur in ein solches verwandeln.
28
29
De mathematica per/ectione =PM
177
Kreisabschnitte zwischen Sehne und Bogen in geradlinige oder kreisförmige Figuren zu verwandeln, ist von selbst klar. 30 Das Verhältnis von Kugelabschnitten mit gekrümmter Oberfläche zur ebenen Basisfläche ist gleich dem Verhältnis der Summe aus der Strecke zwischen Zenit und Basismittelpunkt und dem Halbmesser der Basis zu diesem Halbmesser. Das ist klar, weil es im kleinsten Abschnitt, wo die ebene Fläche mit der gekrümmten und der Zenit mit dem Basismittelpunkt zusammenfällt, so ist. Fällen3c.. Ebenso ist es in allen anderen Die gekrümmte Oberfläche der Halbkugel beträgt das Doppelte der ebenen Kreisfläche ihrer Basis 31 . Eine gegebene krumme Kugelfläche in eine ebene kreisförmig und geradlinig begrenzte Fläche zu verwandeln32. Die Kugel in einen Würfel und den Würfel in eine Kugel zu verwandeln33 • Auf ähnliche Weise magst Du Dir im Hinblick auf das Kleinste das Verhältnis bei anderen gekrümmten Flächen ableiten. Was man menschlicherweise in der Mathematik wissen kann, läßt sich meiner Ansicht nach auf diesem Wege finden. Lob sei Gott.
178
Der Goldene Satz in der Mathematik 1 ( Aurea propositio in mathematicis) A.us dem
Ms
Des ehrwürdigen Herrn Nikolaus, Kardinal von St. Peter, Goldener Satz in der Mathematik ·
Drei von einem Zentrum ausgehende Gerade, die gleiche Winkel - von 45° oder kleiner - bilden, haben zur Begrenzungslinie das nämliche Verhältnis, gleichgültig ob diese Begrenzungslinie ein Bogen oder eine Sehne ist. Aus dem Zentrum a, das zum Bogen bdc gehört, sollen die Geraden ab, ad und ac von unbegrenzter Länge ausgehen und um a zwei gleiche Winkel-von 45° oder kleiner- bilden; 'diese Winkel sollen durch einen beliebigen Kreisbogen, z. B. bdc, begrenzt werden, oder durch die Sehne bhc dieses Bogens, oder
·~·
~~-----~_..------;I Abb. 89.
durch die Tangente edg. Die drei Strecken ab, ad und ac [zusammen] sollen zum begrenzenden Bogen das nämliche Verhältnis haben wie die Strecken ab,
.A.urea propositio in mathematicis
= .A.P
179
ah und ac [zusammen] zur begrenzenden Sehne bhc, oder wie die Strecken ae, ad und ag [zusammen] zur begrenzenden Tangente edg. Das ist gleichwertig mit der Behauptung: Wie Bogen bdc ein Quadrant ist und ab, ad und ac drei Halbmesser sind, so ist edg gleich einem Quadranten und ae, ad und ag sind zusammen gleich drei Halbmessern des zugehörigen Kreises 2 • Der Grund dafür ist. folgender: Wenn Bogen bdc in eine Gerade ausgestreckt werden sollte - diese liege zwischen den beiden aus a nach b und c verlaufenden Strahlen, und ihre Endpunkte mögen vom Zentrum a gleich weit entfernt sein -, dann müßte die Summe der Abstände der Endpunkte und des Mittelpunkts vom Zentrum a bei der Geraden und beim Bogen gleich sein. Wenn nämlich nur die Endpunkte [vom Zentrum] gleiche Abstände hätten [bei der Geraden und dem Bogen], dann wäre der Abstand der Geradenmitte vom Zentrum kleiner als der Abstand der Bogenmitte, und die Gerade wäre kleiner als der Bogen, wie z. B. bei der Sehne bhc. Wenn die Mitten [bei der Geraden und beim Bogen vom Zentrum a] gleichen Abstand hätten, dann wären die Abstände der Endpunkte der Geraden größer [als die der Bogenendpunkte], wie z. B. bei der Tangente edg; diese wäre also größer als der Bogen bdc. Je mehr sich also die Bogenmitte beim Ausstrecken dem Zentrum nähert, um so mehr müssen sich die Endpunkte vom Zentrum entfernen, wie z. B. bei ikl, wo die Bogenmitte bei der Ausstreckung von d nach k herabsteigt und die Endpunkte b und c nach i und Z emporsteigen. Die Strecken, um welche die Endpunkte ansteigen, sind zusammen gleich dem Betrag, um den die Mitte absteigt, so daß die Abstandsumme der Endpunkte und des Mittelpunktes
180
Der Goldene Satz in der Mathematik
der Geraden vom Zentrum a gleich ist der Abstandsumme der Endpunkte und der Mitte des Bogens bdc vom Zentrum a. w.enn die Gleichheit der Abstände nicht von dieser Art wäre, dann wäre die Gerade nicht gleich diesem Bogen, sondern gleich dem entsprechenden Bogenstück eines größeren Kreises wenn die Abstandsumme vom Zentrum größer wäre -, oder gleich einem kleineren - wenn sie kleiner wäre 3 • Da sich der Bogen der Geraden um so mehr nähert, je größer der Kreis ist, erkennt man: wenn sich ein unendlich großer Kreis angeben ließe, dann wäre er Bogen und Gerade zugleich, und das Gesagte träfe zu und das Verhältnis wäre richtig. Da unter Festhalten des nämlichen Winkels um das Zentrum das Verhältnis der begrenzenden Linien gleich ist dem der begrenzten Flächen, doohalb erkennt der Verstand das, was er beim Maximum als richtig einsieht, auch in allen anderen Fällen ebenfalls als richtig 4 • Der Satz wird also auf diese und zahllose andere Methoden als richtig erkannt. Der Grund, warum der Satz von zwei halben Rechtwinkeln spricht, die zusammen einen rechten Winkel bilden, und von kleineren, nicht aber allgemein von allen Winkeln, ist folgender: Vom kleinsten Bogen und Kreisausschnitt bis zum Quadranten wird das aus rechtwinkligen Dreiecken zusammengesetzte und dem Kreisausschnitt einbeschriebene Dreieck fortlaufend größer und im Quadranten am größten; dann wird es wieder kleiner. Doohalb kann der Satz nicht in gleicher Weise richtig sein, wenn gleichzeitig Bogen, Kreisausschnitt und Dreieck wachsen, wie wenn Bogen und Kreisausschnitt wachsen, das Dreieck aber abnimmt 5 •
Aurea propositio in mathematicis
= AP
181
Es steht fest, daß sich leicht jeder Bogen ausstrecken läßt; wenn nämlich drei auf einer Geraden endende Linien zusammen ein rationaler Bruchteil [der Summe] von drei Halbmessern sind, dann wird d
Abb. 90.
diese [begrenzende] Gerade ein rationaler Bruchteil des Bogens sein; die krummlinig begrenzte Fläche ist jedoch größer als die geradlinig begrenzte. Wenn Du also ein Drittel [der Summe] von drei in einer Geraden endenden Linien nimmst und zum Halbmesser machst, indem Du den Bogen beschreibst [zwischen den beiden äußeren Linien], dann wird dieser gleich der Strecke sein. Allgemein kannst Du so einen Bogen in eine Strecke und eine Strecke in einen Bogen verwandeln und den Bogen eines Kreises in den Bogen eines anderen 6 • Es steht auch fest: Es lassen sich Winkel geben, die sich verhalten wie die Seite und Diagonale im Quadrat und allgemein wie angehbare Strecken; ebenso lassen sich auch Flächen und Körper geben. Du hast auch zahllose Methoden, den Kreis auszustrecken, ins Rechteck und ins Quadrat zu verwandeln. Das Gleiche gilt für jeden Kreisausschnitt, ob er zum Kreis kommensurabel oder inkommensurabel ist. Aufgehellt ist auch, was über Bögen und Sehnen (de sinibus et chordis) unbekannt war. Das alles war in der
182
Der Goldene Satz in der Mathematik
Mathematik bisher unbekannt, und was man auf mathematischem Gebiet wissen kann, werden die Suchenden mit unendlich vielen, unerhörten dazu gegebenen Schlußfolgerungen finden. Die sich zu höheren Einsichten erheben können, sehen, daß die Gleichheit des Verhältnisses das Mittel der Umwandlung und des Übergangs von Gegensätzlichem in Gegensätzliches ist, und welches Geheimnis dabei ist, daß drei aus einem Punkt ausgehende Strahlen entweder von einem Bogen begrenzt werden - dann sind die Strecken alle gleich lang - oder von einer Geraden - dann haben die Endpunkte gleichen Abstand, d-er Mittelpunkt einen verschiedenen bis zur Inkommensurabilität, wie sie zwischen Seite und Diagonale im Quadrat besteht. Die Verschiedenheit der Begrenzung macht die Flächen verschieden, so daß die eine krummlinig begrenzt ist, die andere geradlinig, während das Verhältnis der Begrenzungslinien das nämliche bleibt wie das der Strahlen, die aus einem Punkt und auf die gleiche Weise hervorgehen. Und das kann weder diesseits noch jenseits der Dreiheit der Strahlen richtig sein, die nicht einzeln, sondern als einfache (simpZex) Größe betrachtet werden. Um den drei-einigen Urgrund also und um das Ausströmen der Dinge aus ihm wird die höchste Spekulation des Weisen verweilen. Beendetin Rom am 8. August 1459, zur Zeit der Gesandtschaft in der Stadt usw.
ANl\IERKUNGEN ZUR EINFÜHRUNG UND ZU DEN TEXTEN
Anmerkungen zur Einführung Im Folgenden stets zitiert als Camp. : Im Folgenden stets zitiert als Bradw. 3 z. B. Bradw. 111, 4; concl. 3 (Bezeichnungen symmetros und asymmetros für kommensurabel und inkommensurabel); 111, 5; concl. 2 (lrrationalitätsbeweis für V2 vermittels des Widerspruchs von gerade und ungerade); 111, 6; concl. 6 (Zurückweisung der Kreisquadratur vermittels der Möndchen) und IV, 5 (Raumerfüllung durch Tetraeder; dort unter Mitbenennung von AVERROES). ' Bradw. 111, 5; jedoch ohne Nennung von ZENODOROS. 5 Bradw. 111, 6; concl. 6. 6 Bradw. II, 4; concl. 6. 7 Camp. 111, 15. 8 Bradw. 111, 4; concl. 7. 9 Camp. 111, 15; Zusatz zum EUKLIDISCHEN Text. 10 Damit geht der CUSANER über seine Vorlagen hinaus. 11 Hierunter ist vor allem der Alg. de int. von 1410 zu nennen. 12 Hierzu vgl. TG 2 • 13 Vgl. HOFMANN, Lull, 1942, S. 5. 14 LULL, ed. HOFMANN 1942, S. 22. 16 Gemeint ist Met. I, 5. 986 a 25 oder V, 6. 1016 a 12. 18 Zu den Cat. 7. 7 b 81; abgedruckt in der PL 64, Spalte 230 A/231 C. 17 Zu den Anal. post. I (comm. 67), den Phys. VII (comm. 29) und den Met. X (comm. 10), zitiert nach der Ausgabe Venedig 1550/52. 18 CM, S. 110. 19 Bradw. 111, 6; concl. 5. 10 Erstdruck 1526, fol. 12115. 11 Lateinische Ausgabe von 1543, fol. 26/27. !! ed. SUTER 1884, S. 85/86. 13 ed. SUTER 1884. u ed. WINTERBERG 1882. : 5 Enthalten in De triangulis, ed. CURTZE 1887. 18 De beryllo 10. 1
186
Anmerkungen zur Einführung
Dem CUSANER lag eine Übersetzung des AMBROSIO TRAVERSARI vor - heute enthalten in cod. Cus. 43 -,die aus dem Jahr 1436 stammt. Sie kam 1498 zum Druck. 18 Vgl. z. B. QM, S. 46/47 und PM, S. 162. 29 So z. B. im Compl. theol. 2. 30 De beryllo 25.und PM, S. 162. 31 Vgl. z. B. QM, S. 49/50. ~! Doct. ign. I, 4. 33 Doct. ign. I, 5. 34 Inst. arithm. I. 35 Alg. de int. von 1410. 36 Doct. ign. I, 16. 37 Doct. ign. II, 3. 38 Doct. ign. II, 3; ähnlich im Compl. theol. 3 und 6. 11 In lateinischer Übersetzung erstmals 1562 gedruckt. 40 Doct. ign. I, 20. 41 Bradw. II, 5. u TG, S. 6/11. 43 TG, S. 3/4. 44 QM, S. 36/41. 45 QM, S. 47/49. 48 Lateinische Ausgabe von 1542, fol. 22. 47 Lateinische Ausgabe von 1543, fol. 26. u PHILOPONOS, ed. WALLIE8, S.111, Z. 27/28. n Lateinischer Wortlaut der Stelle in QM, S. 37. 60 Bradw. 111, 4; concl. 6 und 7. Über weitere Einzelheiten vgl. QM, Anm. 5/9, 17. 51 TG, S. 5. 51 Bradw. II, 5. Daß der CUSANER eine der damals umlaufenden ziemlich seltenen lateinischen Übersetzungen des griechischen Originals benutzt hat, ist zwar möglich, jedoch nicht mit Sicherheit feststellbar. 53 TG, S. 5/6. 61 QM, S. 46/48. 56 TG, S. 7/11 und QM, S. 47/48. 58 QM, S. 49/50. 67 TG, S. 10/11. 58 TG, S. 11/15. 51 Vgl. z. B. die sorgfältige Untersuchung der OMNISANCTUSKonstruktion bei SIMON 1912, S. 333/36. 80 TG, S. 15/17. 81 TG, S. 17/18. 17
Anmerkungen zur Einführung
187
u In De reb. expet. et fug. von 1501. 63
64
85 86 67 68
GD 70
71 72 73
74
75
78 77 78
ed. SUTER, 1887. TG, S. 6. CA, S. 29/30. CA, S. 30/31. CA, S. 33/34. CA, S. 32/33. CA, s. 30. QC, S. 59; wiederholt in CM, S. 69 und PM, S. 170. Vgl. BORCHERT, Oresme, 1934, S. 65, Fußnote 73. QC, S. 59/60. Vorlage für die etwas verkürzte Darstellung in CM, S. 71/72. Dies wird in CM I, 11, S. 79 näher ausgeführt. - Indem wir das hier benutzte ). durch 2 -Ä ersetzen, kommen wir unmittelbar zum Ergebnis der CA. QC, S. 59/61 nebst indirektem "Beweis" (S. 61/64) auf
Grund einer Proportionalitätsbetrachtung und einer Variante der ursprünglichen Überlegung (S. 64/65). QC, S. 66/67 fast wörtlich übergegangen in CM, S. 89/90.
CM, S. 86/92. Vgl. PN, S. 131. De quadratura circuli secundum Nicolaum Cusensem, begleitet von einer Ergänzung, die den Titel In editionem Domini Nicolai de Cusa, Cardinalis S. Petri ad Vincula, de quadratura circuli trägt und dem TOSCANELLI ge-
widmet ist. 1v Vgl. CM1a. 8o Vgl. CM4o. 81 CM, S. 92/97. 82 CM, S. 97/101. 83 CM, S. 102/04. 84 CM, S. 101/02 und 108/09. 85 CM, S. 104108. 88 DR, S. 132/35. 87 CM, S. 110. Hierzu vgl. oben S. XIII. 88 CM, S. 110/15. 89 CM, S. 116/24. 90 Wiedergegeben in CM 81 • 91 Über die Auffassung TOSCANELLIS vgl. etwa DQ, S. 143. 9: Hiervon gibt z. B. DR, S. 132 Zeugnis. 93 CM, S. 123/24. 94 UM, S. 136/42.
188
Anmerkungen zur Einführung
OS DQ, s. 143/50. "DQt•.
CO, S. 151/59. PM, S. 162/63. 90 PM, S. 175. 100 PM, S. 161/62. 101 AP, S. 178/82. 102 Genannt sei etwa SCHWENTERS Geom. pract. von 1627, S. 136/37 und KRAFFTS Inst. geom. von 1753, S. 119/20. 108 VIETE, Jlunimen von 1594 =Opera 1646, S. 440/41. 104 Cyclom. von 1621, prop. 28 und 29. 105 In der De eire. magn. inv. von 1654, prop. 16 und 15. Hierzu vgl. auch KOMMEBELL 1936, S. 27/34. Ebenda wird auch das CUSANI8CHE Verfahren näher erläutert (S. 21/27), das schon in KOMMEBELL 1917 mathematisch eingehend uutersucht ist. 108 In der Vera eire. et hyp. quadr. von 1667. 107 In der Exerc. geom. von 1668, Einleitung: Appendicula ad veram eireuli et hyperbolae quadraturam S. 1/8 = HUYGENS OEuvres VI, S. 315/21. 108 Vgl. z. B. LEIBNIZ-OLDENBURG, Paris, 30. III. 1675; enthalten etwa in LEIBNIZ, Briefwechsel mit Math. ed. GERHARDT von 1899, S. 112. - Zur Aufklärung der Regeln GREGORYS sehe man HOFMANN 1950. 109 Vgl. DESCARTES, Opuscula posth. von 1701 =OEuvres X, S. 304/05. tiber die Weiterbildung dieses Verfahrens in Frankreich vgl. etwa ZACHARIAS 1914, S. 936/37. 110 EULER, Annotationes von 1759. 111 In De eire. magn. inv. von 1654, Schluß des Vorworts. uz GM, S. 117/19. 111 Elem. de geom. III, 15 und 16, erste Ausgabe von 1794 (und ebenso in den späteren). 07
18
189
Anmerkungen zu den Texten Anmerkungen zu den Geometrischen Verwandlungen (Transm. geom.) (Zitiert als TG mit hochgestellter Verweisungsziffcr, also z. B. TG 15 ) 1 Die Transm. geom. sind die älteste uns bekanntgewordene mathematische Schrift des CUSANERS, wahrscheinlich in Koblenz niedergeschrieben und am 25. IX. 1445 abgeschlossen (Explicit der lnnsbrucker Handschrift); sie fallen also zwischen die Abfassung von De fil. Dei vom 27. VII.1445 und De dato patr. lum. vom Winter 1445/46. Die von SCHARPFF (S. 292) geäußerte, von SCHANZ (S. 6) übernommene und von VANSTEEN· BERGHE (S. 256) auf das Explicit der beiden Münchner Handschriften gestützte Behauptung, die Abhandlung sei am 12. VII. 1450 zu Rieti vollendet worden, ist irrig: die dortige Angabe steht am Ende der damals noch nicht herausgegebenen De eire. quadr. und ist vermutlich durch ein Schreibversehen zustandegekommen. Gegen die Datierung vom Jahr 1451) spricht vor allem die Einleitung der Quadr. eire. vom Dezember 1450 (S. 58), worin der Kardinal auf seine älteren und schon längere Zeit zurückliegenden mathematischen Arbeiten verweist; dortselbst (QC, S. 67 18 = GM, S. 90/91) werden die T1·ansm. geom. als mehr oder minder überholt bezeichnet. Dies mag den Kardinal veranlaßt haben, die Abhandlung nicht mit in die Cueser Prachthandschrift aufzunehmen. Demgemäß fehlt sie auch im Straßburger und im Mailänder Druck. Eine von JAKOB FABER aus Deventer stammende (heute verschollene) Abschrift, die LEFEVRE bei Vorbereitung des Pariser Druckes erhielt, erwies sich als ziemlich schlecht entzifferbar. Sie wurde von dem Augustiner-Chorherrn OMNISANCTUS (TOUSSAINT) VASARIUS, der als Vikar des Klosters Livry tätig war, für den Druck fertiggemacht und mit Anmerkungen versehen, die uns den Annotatar als einen tüchtigen und in der damaligen Fachliteratur wohlbeschlagenen Mann erkennen lassen. Um den eigentlichen Sinn der Vorlage ans Licht zu bringen,
190 Anmerkungen zu den Geometrischen Verwandlungen erlaubt sich ÜMNISANCTUS in bester Absicht Textänderungen, die leider nicht immer glücklicher Natur sind. Bei aller Verehrung für den großen Kardinal, dessen Andeutungen er voll auszuführen bestrebt ist, übt er doch um der Wahrheit willen an dem Dargebotenen in maßvoller Form eine vernichtende Kritik, deren Berechtigung keineswegs geleugnet werden kann. Allerdings muß hinzugefügt werden, daß ÜMNISANCTUS nicht zu den eigentlichen Kernfragen vorgedrungen ist. Aus diesem Grunde genügt es, mit wenigen allgemeinen Worten auf die Art seiner Textgestaltung und Kommentierung hinzuweiaen; es ist überflüssig, auf nähere Einzelheiten einzugehen. - Ein Wiederdruck der Parisina mit vielen kleinen Druckversehen ist in der Ba.seler Ausgabe enthalten. Die Handschrift gebliebene De quadr. eire. erweist sich als nähere Erklärung der ersten Prämisse der Transm. geom., auf die direkt, jedoch ohne Benennung des Titels, angespielt wird (QM, S. 41). In den Compl. arith. wird auf die kurz zuvor abgeschlossenen Transm. geom. verwiesen (CA, S. 29). 2 Mit dem Florentiner Arzt und Astronomen P AOLO DAL POZZO TOSCANELLI (siehe dazu UZIELLI) war der CUSANER schon während der Studienzeit in Padua bekanntgeworden und hatte mit ihm zusammen Vorlesungen bei PROSDOCIMO DE' BELDOMANDI (siehe dazu FAVARO) gehört. Beide Männer blieben stets in freundschaftlicher Verbindung; z. B. hat TOSCANELLI 1443 die Übersetzung der Theologia mystica des PSEUDQAREOPAGITEN aus der Feder des Florentiner CamaldulenserGenerals AMBROSIO TRAVERSARI an den CUSANER weitergegeben. Die Transm. geom. und die Compl. arith. sind dem wohlunterrichteten Gelehrten gewidmet, dessen Kritik am ersten Buch der Compl. matlt. in einem Schreiben an den CUSANER erhalten ist: sie veranlaßte den Kardinal zur Abfassung des zweiten Buches der Compl. math. 'Über eine Brixener Unterredung zwischen beiden, die sich um die Kreisquadratur drehte, berichtet der Dialogus. - TOSCANELLI begleitete den CUSANER auf seiner letzten Reise von Rom nach Todi und erwies dem Sterbenden, dessen schwindendes Leben er nicht mehr zu erhatten vermochte, den letzten ärztlichen Liebesdienst. 1 Hierzu vgl. etwa De doct. ign. I, 16 und CA, S. 29. 1 Gemeint sind umfangsgleiche regelmäßige Vielecke; 'Vom CUSANER wird jedoch hier wie in den späteren mit den vorliegenden verwandten Darstellungen - vor allem in jener der GM, S. 70 - nur die Gleichheit der S e i t e n , nicht
191
Anm. zu den Transm. geom. = TG
auch die derWinke 1 eigens vermerkt. Die nämliche Flüchtigkeit findet sich schon in der mutmaßlichen Vorlage des CUSANERS, der Darstellung in Bradw. II, 5. Dort wird in concl. 1 das Fachwort isoperimetrisch eingeführt, in concl. 2 auf die Vergrößerung der Fläche mit zunehmender Eckenzahl hingewiesen. und erst aus concl. 3 und 4 wird deutlich, daß immer r e g e 1 m ä ß i g e Vielecke gemeint sind. Hinsichtlich der Fachwörterisoperimeter und isopleurus vgl. GM, S. 7311• 6 Vgl. Bradw. II, 5 concl. 5 und GM, S. 70. 8 V gl. De docta ign. I, 3. 7 Vgl. Einführung, S. XXII. 8
Hier wird stillschweigend die Inhaltsformel f,. = '"~" vor-
ausgesetzt, die erst an einer späteren Stelle (vgl. S. 22) wirklich ausgesprochen wird. 8
Die Schlußweise ist wohl so: Zu f,. = u~,. gehört der In-
kreis
e!n
und der Umkreis
r!n.
Weil /,. zu f
rationales Verhältnis treten kann, deshalb auch
r:n zu rlln.
= u; nicht in nicht e!n bzw.
Vgl. Einführung, S. XXVII. u Dieser Gegenstand - von EUKLID in VI, 12 behandelt, fehlt interessanterweise in Camp. und Bradw.; natürlich war er trotzdem allgemein bekannt. 11 Vgl. die viel weitergehenden Existenzbetrachtungen in QM, S. 36/39. 13 Vgl. die ähnlichen Darstellungen in QG, S. 59 und GM, s. 70173. 11 Vgl. den ein wenig abweichenden Wortlaut in QM, S. 36 und die Rechnung in QM, S. 49/50. 16 Setzen wir den Dreieckumfang gleich u, also die Dreiecku 'U 'U 'U seite gleich 3 , so ist af = 18 J!3 , te = 12 , ae = 3 6 • 10
J!21
5
5uv'21
a1& = -· ae = - - - .
4
144
Dreieckumfang ;;--:-:,----;----'"= Kreisdurchmesser
Also wäre Kreisumfang 72 . = - - - =31423 Kreisdurchmesser 5 y'21 ' 10
und zwischen den ARCHIMEDISCHEN Grenzen 3 71 = 3,1409 1
und 3 7 = 3,1429 gelegen.
192 Anmerkungen zu den Geometrischen Verwandlungen 18 Setzen wir z. B. af = (1 = Inkreishalbmesser, ah = r 11 =isoperimetrischer Halbmesser und ab = r 3 = Umkreishalbmesser am gleichseitigen Dreieck, so ist natürlich (1 8 < r < r 8 • Folglich wird es eine passende Lage von ah im Winkelfeld fab geben, so daß h außerhalb des rechtwinkligen Dreiecks afb zu liegen kommt und ah die Kathete fb in einem Punkt e zwischen I und b trifft. Nun teilt e die Strecke ah in einem bestimmten Verhältnis, das der CusANER grundsätzlich für ganzzahlig ansieht und auf Grund einer Zwischenwertbetrachtung zu ermitteln hofft. Zu diesem Zweck sucht er sich eine mit der vorgelegten Abb. 91. Figur irgendwie "sinnvoU" verknüpfte Beziehung - im vorliegenden Falle eh = ebcf -, die ae zu,m Ausgangspunkt der Überlegung gemacht werden kann. An ihr soll auch dann noch festgehalten werden, wenn e durch einen andern Zwischenpunkt zwischen f und b ersetzt wird, z. B. "durch i nahe bei f" oder "durch l nahe bei b", doch wird alsdann bei Ausdehnung der Strecke nicht mehr der isoperimetrische Halbmesser entstehen, sondern nahe bei f etwas Kleineres und nahe bei b etwas Größeres. Jetzt wird die ganze Schlußweise umgekehrt und durch "Mittelbildung" die gesuchte Lage von e bestimmt. 11 Vgl. die ähnliche Betrachtung in QM, S. 47/48. Die jetzige Überlegung gleicht durchaus der vorigen; nur wird nun-
mehr eh c.e
:
=
= ebbc
~~ = ~ [ =
verwendet. Darin, daß sich
iJ
ergibt, sieht der
iiii. Punkte sogar
CUSANER
same Stütze für seine Überlegung. eh 18 Nunmehr wird auch das Verhältnis ae
=
eine bedeut-
(:j)
1
heran-
gezogen, das für den Mittelpunkt e zwischen I und b ebenfalls den "ausgezeichneten" Wert annimmt. 18 Der CUSANER geht jetzt vom gleichseitigen Dreieck zu einem der isoperimetrischen regelmäßigen Vielecke über und
i
behauptet, daß eh mit zunehmender Eckenzahl kleiner wird. ae
Anm. zu den Trmzsm. geom.
= TG
193
Wir setzen etwa af = e,.= Inkreishalbmesser, ah = r = isoperimetrischer Halbmesser und ab = r,. = Umkreishalbmesser
führen~
am isoperimetrischen n-Eck und ein. Dann ist fb
= halbe
Vieleckseite = rq:>
e,.
=
a.e
rtp eh =-V l+t2 tg2tp, also - = tgtp ae
= q:> [ = ;i]
fab
= e,. tgtp, also = rtpt,
Jetzt setzen wir weiterhin efbf = t. Dann ist ef
!.!!!..... tgtp
ah-11e
---
ae
=
tgtp
'P
Vl+t2 tg2rp
-1.
Nach der Vorschrift des CUSANERS sollen wir dies entweder gleich~ oder gleich t2 machen. Alsdann besagt seine Behauptung, daß t monoton abnimmt, wenn n von 3 an zunimmt, d. h. wenn tp von
1i bis 0 abnimmt -
oder umgekehrt, daß
t von 0 bis
f monoton
zunimmt, wenn tp von 0 bis ~ wächst. Um diese beiden Behauptungen des daßheidemale
tp
CUSANERS
einheitlich zu zeigen, beachten wir,
tgq:>
Vl+t2tg2tp
1 a1s eine Funktiong(t) erklärt wird,
die mit wachsendem t von 0 bist zunimmt, so daß also nirgends
im
Bereich
negativ
wird.
Wir
1~~~t)
haben
also
~gtp = {1+g(t)} ·V 1+t2tg2tp und erhalten durch logarithmische tp
Differentiation bei nachfolgender Umformung tp- cos tp sin tp (1 + t2 tg2 g;). dp = _L + t tg2 tp > O. tp cos p sin p (1+t2 tg2 tp) dt 1+g 1 + t2 tg 2 tp Die vom Ct'SANER behauptete Monotonie-Beziehung ist erfüllt, wenn wir zeigen können, daß : •
•
•
••
1st. D1es tnfft fur 0
im fraglichen Bereich positiv
< tp < -2 zu, falls :rr
•
q:> - cos q:> sxn q:>
t sin q7 >-cosqJ 2
3
odert 2< (rp- cos ~ ~in q:;) cos 9' ist.WeiljedochindiesemBereich sm .p . t2 / (1-costt) sinq:> > smtp xs, genug es, wenn wxr ~(l -cos ) sm, . ( 1+ osq ) 1
setzen; um so mehr also, wenn wir t 2 ;S; co; 'P annehmen; denn bei jedem dieser Schritte haben wir die rechteSehranke kleiner gemacht als sie äußerstenfalles sein dürfte. Beschränken wir
194
Anmerkungen zu den Geometrischen Verwandlungen
uns also auf den Bereich 0
t:S: cosrp
eu ist, ist cd > uv. Dies gilt nicht nur für die BogenAbb. 92. mitten c, d, sondern ganz allgemein. Machen wir Bogen ce = Bogen de (c, d auf den zugehörigen Bögen zwischen a, e und b, e gelegen) . Bogen ce und alsdann = -ue = -ve , so 1st stets cd > uv. Der Bogen ae ae be CUSANER hätte dies nicht a 11 gemein beweisen können, wohl aber durch fortgesetztes Halbieren der Bögen ae, be; er hat es jedoch vermutlich direkt aus der Anschauung entnommen. 21 Die begrenzenden Bögen sollen auch diesmal zum nämlichen Halbmesser gehören, wie etwas weiter unten nachträglich gesagt wird. 21 In der Parisina gibt OMNISANCTUS, dessen Vorlage anscheinend bis zur Unkenntlichkeit verderbt war, eine andere, jedoch ebenfalls ungenaue Konstruktion. Wir folgen in unserer Übersetzung bis zur dritten Prämisse der handschriftlichen Überlieferung. Hinsichtlich der Erklärung der Konstruktion vgl. Einführung, S. XXV/XXVI. 25 Die Figur enthält zwei Punkte i; gemeint ist der untere, der cab zu einem Quadrat ergänzt. - Da nicht feststeht, weshalb der CUSANER die merkwürdige Bezeichnung circulus occultus einführt, haben wir es vorgezogen, diese Bezeichnung unübersetzt zu lassen. 10
21
Anm. zu den Transm. geom. = TG
195
Hierzu vgl. Einführung, S. XXVII. Vgl. Bradtv. III, 4; concl. 4 mit Rückverweis auf Campanus VI, 9 (älterer = 13 neuerer Zählung). 28 Gemeint ist die Bestimmung von d aus a, b, c, falls a : b = b : c = c : d; dabei ist c als dritte Proportionale zu a, b und d als dritte Proportionale zu b, c nach Camp. VI, 10 (älterer = 11 neuerer Zählung) ermittelbar. n Vgl. Einführung, S. XXVII. In Abb.12 steht l versehentlich an der verlängerten gm statt an der verlängerten km. 30 Vgl. GM, S. 86 und PM, S.172. 31 Vgl. PM, S. 172/73.. 12 Vgl. GT, S. 20 8 4, UM, S.138, PM, S.172 und AP, S.181. 33 Vgl. GM, S. 86, UM, S.136/37, PM, S.171 und AP, S.181. -In der Vorlage: curva. Gemeint ist der Kreisumfang. 34 Man soll also den Winkel (Bogenmaß tp) jenes Kreisbogens vom Halbmesser ab bestimmen (vgl. S. 18), der gleich der Strecke ed [ = ab. tp] wird. Vermittels der Konstruktion !&
27
am Dreieck wird erreicht, daß ed = dg·~; also isttp:~= dg: ab und die Konstruktion der 2. Prämisse anwendbar. - In der Originalfigur, die wir aus den Handschriften übernommen haben, ist bf nicht, wie es doch sein sollte, gleich ab gemacht. 35 Vgl. PM, S.173 und AP, S. 181. 38 Von diesem Gegenstand handelt z. B. Bradtv. III, 6; in Camp. VI, 25 ist bereits alles Wesentliche enthalten. 17 Es handelt sich also eigentlich um eine Kreistriangulatur. 38
Die Inhaltsformel f,. =
ui\
schon in der Einleitung
(S. 5) benutzt, erscheint erstmals am Beispiel des Achtecks in ARCHIMEDES' Oirc. dim. und wird in Bradtv. II, 5; concl. 2 verwendet. Sie wird später in QO, S. 58 erwähnt und in GM I, 1 ausführlich am Quadrat bewiesen. Die Kreisinhaltsformel wird in Bradtv. III, 6; concl. 5 unter Nennung von ARCHIMEDES ausgesprochen, jedoch ohne Anspielung auf das Beweisverfahren. Die hier angedeutete Schilderung des indirekten Beweises kehrt wieder in GM I, 6. ao Vgl. GM, S. 88. 10 Vgl.PM, S.176. 41 Vgl. PM, S. 177. 12 Vgl. AP, S. 181. Der CUSANER sieht den Winkel als etwas Flächenhaftes an und mißt Winkelverhältnisse durch die Verhältnisse der entsprechenden Bögen an gleichen Kreisen. Die Bestimmung des Winkels, der als geometrisches Mittel
196 Anmerkungen zu den Geometrischen Verwandlungen definiert ist, wird gefordert mit der Wendung: secundum proportionetn medietatis duplae; wir haben überdies von der Diagonale gesprochen, wo die Vorlage diameter (Durchmesser) hat, was im Deutschen nicht mehr gebräuchlich ist. Hierzu vgl. auch GM, S. 7317• 43 Die bestehende Gleichheit zwi~chen Kreiszone und Kreissektor wird wiederbenutzt von GREGORIUS a S. VINCENTIO, Op. geom. X, 20- wahrscheinlich in Anlehnung an den CUSANER. Das mediunJ divisionis am Halbkreis AOBG ist jene Parallelsehne PQ zum abschließenden Durchmesser, deren zugehöriger Mittelwinkel POQ gleich 90° ist. Nun ziehen wir die beiden Sehnen RS, UV parallel zu c PQ, so daß Bogen PR = Bogen PU, also auch Bogen RG = Bogen AU wird. Dann ist Dreieck ORT ~ Dreieck OUW; also 2 · Sektor OUR = 2 ·{Sektor OUR
,'-----·~-------,!8
rp
= -1:: POR =
+ !:::"
ORT-/:::" OUW
}=
Zone RSVU, usw. Ist z. B. r der Kreishalbmesser, -1:: POU, dann ergibt sich nach leichter Rech-
nung: Zone PQSR = r (rp- sin1 rp), Zone PQVU = r 2 (rp + sin2 rp). Folglich hat wirklich keine Zone zum Halbkreis rationales Verhältnis- ein großartiges Einzelergebnis! Vgl. auch die ergänzenden Sätze über paarige Sehnen wie RS, UV in der Beifügung zu den GM, S. 124127. 44 Wir haben die Bezeichnung columna quadrangula mit Quader wiedergegeben, da im Deutschen gewöhnlich mit Säule etwas Rundes gemeint ist. 45 Ist also a die Seite der quadratischen Grundfläche, h die Höhe des gegebenen Quaders und x die Kante des gesuchten Würfels, so soll a2 h = x 3 gemacht ·werden. Dies kommt auf die Einschiebung zweier geometrischer Mittel x, y zwischen a und h in der Form a : x = x : y = y : h hinaus. Ist also a < h, so ist x das kleinere Mittel; ist aber a > h, so ist x das größere. 48 Wir haben den Ausdruck superficies quadrata cubi mit Seitenflächenquadrat des Kubus wiedergegeben; denn wenn man statt dessen von der gesamten Würfeloberfläche ausgehen wollte, käme eine ganz widersinnige Beziehung zustande. Ist a die Würfelkante, r der Kugelhalbmesser, so glaubt der Cu-
Anm. zu den Transm. geom.
= TG
197
SANER anscheinend, es gelte r 2 n = a 2 • Dies ergäbe den merklich zu kleinen Wert 4 r3n = 4a~ an Stelle von a 8 • Später benutzt 3 jedoch der CUSANER die richtige Formel: siehe unten S. 28113• In einer langen annotatio verweist OMNISANCTUS auf den nämlichen Fehler in einer zeitgenössischen Geometria vulgaris; aus einer weiteren annotatio zur letzten Aufgabe des 3. Kapitels siehe unten S. 28 - , geht hervor, daß es sich um die Geometrie von CH. BOUVELLES handelt, worin unter anderm auch die falsche Formel (rn) 2 für die Kugeloberfläche auftritt. 17 Sind z. B. n Würfel a 3 zusammenzufassen, so sollen wir x 3 = a• • na aus a : x = x : 11 = 11 : na konstruieren. 15 Ist etwa a 3 < b3 , so bilden wir zunächst ab= x 2 , dann a2 x2 b : x = a : 11 und erhalten 11 2 = b2' also a 3 = b11 2 • Dann fassen
3Vn
wir a 3 + b3 = b (11 2 + b2 ) vermittels 11 2 + b2 = z2 zu einem quadratischen Quader zusammen usw. 48 Gemeint ist die Verwandlung eines Quaders a 2 b von quadratischer Grundfläche in einen andem x 2 c von gegebener Höhe. Der CUSANER konstruiert nicht etwa direkt, was aus
V~c= vbbc
: =,
a
leicht möglich wäre, sondern indirekt: er denkt
t aus a 2 b = f3 bestimmt, bildet dann tc = 11 2 und schließlich c : 11 = t : x. Tatsächlich ist alsdann cx2 = y•t• = t 3 = a 2 b, sich
c wie es sein soll. Vgl. die untenstehende, eigentlich hierhergehörende Diskussion (Anm. 50).- Was wir mit Höhe wiedergegeben haben, heißt beim CUSANER longitudo. 50 Diese Diskussion gehört eigentlich zu der früheren Aufgabe S. 26/27. Vgl. Anm. 49. 51 Ist t 3 = x 2 c, so soll man gemäß den früheren Ausführungen (Anmerkung 49) tc = 11 2 bilden und dann c : 11 = t : x. Jetzt unterscheidet der CU8ANER die beiden Fälle c < t (also x > c) und c > t (also x < c). Der handschriftlich überlieferte Text, den wir auch unserer Übersetzung zugrunde legen, ist an dieser Stelle sehr unklar und daher von OMNISANCTUS durch Zusätze verändert worden. Anscheinend will der CUSANER im Fall c < t aus 11 : t = t : x konstruieren und im Fall c > t aus c : 11 = t : x, doch ist nicht recht ersichtlich, warum. 52 Dieser Satz -· im wesentlichen gleichwertig mit dem Inhalt von ARCHIMEDES, De sph. et c11l. I, 33 - scheint durch eine
198 Anmerkungen zu den Arithmetischen Ergänzungen uns nicht näher bekannt gewordene Tradition übermittelt worden zu sein. ~ 3 Aus dieser Vorschrift läßt sich im Gegensatz zu der früheren Textstelle S. 25 48 entnehmen, daß der CUSANER auch die richtige Formel für den Kugelinhalt kannte. Ist nämlich a der Halbmesser der größeren Kugel, so ist ihr Inhalt 4
n:
a;n:
2a 3 und der Inhalt der kleineren Kugel - 3-; beides zusammen ergibt 2a3n = a'n • 2a. Daß sich der Inhalt des umbeschriebenen Zylinders zu dem der Kugel wie 3:2 verhält, wird im Vorwort zum ersten Buch der ARCHIMEDISCHEN De sph. et cyl. gesagt und in I, 34 bewiesen. Der Satz mag den mittelalterlichen Mathematikern ähnlich wie der vorhergehende durch eine für uns verschüttete Überlieferung bekannt geworden sein. - Das ganze dritte Kapitel enthält viele Unebenheiten und kleine innere Unstimmigkeiten; aus ihnen ist vielleicht zu schließen, daß es sich hier um eine spätere und ziemlich flüchtige Beifügung an einen älteren Text handelt. Vgl auch Einführung, S. XXVIII. Anmerkungen zu den Arithmetischen Ergänzungen (Compl. arithm.) (Zitiert als CA mit hochgestellter Verweisungsziffer, also z. B. OA7 ) 1 Die Oompl. arithm. sind die unmittelbare Fortsetzung der Transm. geom. und wie diese an TOSCANELLI gerichtet. ÜMNISANCTUS hatte auch von ihnen eine Abschrift des JAKOB FABER aus Deventer erhalten, kam jedoch mit dem Inhalt nicht ganz zurecht und mag daher ähnlich wie in den Transm. geom. Textveränderungen vorgenommen haben. Da wir die Abhandlung nur aus dem Abdruck in der Parisina und dem Wiederdruck in der Basilea kennen, sind wir nicht imstande, den ursprünglichen Wortlaut wiederherzustellen. Die von ÜBINGER (1876, S. 62) vertretene Auffassung, die Oompl. arithm. seien am 13. VII. 1450 niedergeschrieben, beruht auf der irrtümlichen Datierung der Transm. geom. Die Oompl. arithm. sind sicher nicht sehr lange nach den Transm. geom. verfaßt; sie gehören gleich diesen der Kohlenzer Zeit an und dürften im Spätherbst 1445 abgeschlossen worden sein. : Direkter Hinweis auf die Transm. geom., die also erst vor kurzem an l'OSCANELLI abgegangen sein werden.
Anm. zu den Compl. aTithm. 8
= CA
199
Vgl. das in der Einleitung zur ersten Prämisse derTTansm.
geom., S. 5 Gesagte.
1 Gemeint ist die ARCHIMEDISCHE CiTc. dim., die damala in einigen lateinischen Überarbeitungen umlief. 6 Im Anschluß an die Spätantike verstand man damals unter "Zahl" nur die ganze bzw. rationale Zahl. 8 Unter "zahlenmäßig nicht angebbar" ist wiederum "rational nicht angebbar" zu verstehen. - Über den fraglichen Gegenstand mag sich der CUSANER aus BTadw. III, 5; concl. 1 orientiert haben. 7 Sinngemäß von uns eingeschaltet. 8 Wir haben die zugehörige Abbildung 15, die in der Vorlage fehlt, auf Grund der späteren Ausführungen S. 32 ergänzt. Wir erkennen leicht, daß links dg =Ta= 2, ge = ea
[= T3 -
=
12 3]
= 1,
ef
= ~ = YB[= s1]
V3. ef = es = i ce = T
8-
gilt, also rechts cf
= T8
ee = V3 -~.
Die aus Abbildung 15 bestimmten Strecken werden nunmehr zum Aufbau der Abbildung 16 verwendet: eg = T 3 - ea. gd = T3 , ec = T8 -e 8 , cf = T8 , also ed=2T 3 - ( l 3 , ef=2T8 -!!s• 10 Die beiden gesuchten Größen sind el und en. Der.CUSANER , (el=Ä·eg =Ä (T8 -!!8 )} forderterstens,daßel:en=eg:ec,d.h.daßl _, _ '( n) • en-A·ec-A T8 - " 8 und zweitens, daß ed- el = ef...:... en = r wird, d. h. daß Ta - (Ä- 1) (Ta - 12a) = Ts - (Ä- 1) (Ts - es) = T ist. Es er8
gibt sich, daß A F~:S
~
ist.
Wie aus der Konstruktion folgt, kommt es gar nicht auf die Länge des Halbmessers gd an. 12 Aus dieser Schilderung haben wir die anfängliche Abbildung 15 zur Konstruktion mittels des Dreiecks und Sechsecks wiederhergestellt. Es gilt also (vgl. Anm.10): r 3 -(.l.-1)(r3 -e3 ) = r 8 -(.I.-1)(T8 -e8) =r. 12• Hier nimmt der CUSANER nach Erledigung des besondern Falles am Achteck die Allgemeinbetrachtung wieder auf. Abb. 17 ist aus Abb. 16 durch Hinzufügen der dort fehlenden Punkte m und o entstanden. 13 Es handelt sich hier um die Bestimmung von e,. und T,. aus ea und Ta bei gegebenem n. Jetzt ist nämlich 11
i}
r=h=M=~-0-D~-~=~-~-D~-~
bekannt ( Ä ~
200
Anmerkungen zur Quadratur des Kreises
Da überdies
i = 3 Vr
31 -
(! 8 2 •
= nVr!- e~
ist, kann man(!., r"
und alsdann r,. -(!,. bestimmen. 10 Hierzu vgl. die ähnlich gehaltenen Äußerungen in QC, S. 66/67 und GM, S. 89. 14 • Der CUSANER sieht aus dem bisherigen den Sinus eines jeden Winkels als bestimmbar an, so daß er in jedem beliebigen Dreieck aus den Seiten auf die Winkel schließen kann und umgekehrt. 16 In der Druckvorlage steht irrtümlich wohl infolge eines Lesefehlers - lk statt eb und ak statt ab. 18 Der CUSANER will den Halbmesser r des zum gleichseitigen Dreieck bbe umfangsgleichen Kreises bestimmen. Ähnlich wil' oben (Anm. 8) setzt er ab= T 3 = 2, also bc = Ss = 2 3 ak =Te= al = 2r6 -rs = 2 2, ag =Tu -(Je= 2.
va.
va.
va-
VB-
Nun führt er die Hilfsgrößen Ä • al und Ä • ag ein und setzt bc- (Ä + 1) ·al =ab- (Ä + 1) ·ag ~ r, d. h.
r = 2 - Ä (2 y'3- 2) =
Dies liefert Ä = 1 65 d ' un
nFI:i
a
2 Va-
a,
2Va -1
~-
Ä
also r ".. 2 ·
V3. 2 V3- 1 = ... 7 V3-10
a (39
(va- ~) . 7 V3 - 10 2Va -1
+ a2 v3> = 94
= 1,72 statt 3 01
'
'
ist also ziemlich unbefriedigend.
Anmerkungen zur Quadratur des Kreises (De eire. quadr.) (Zitiert als QM mit hochgestellter Verweisungsziffer, also z. B. QM 5 ) 1 De eire. quadr. ist für einen uns unbekannten Freund bestimmt, vielleicht für BESSARION. Die Abhandlung ist uns nur im MS erhalten; die uns bisher bekannten vier Abschriften folgen unmittelbar auf Wiedergaben der Transm. geom. Der Text wurde am 12. VII. 1450 zu Rieti abgeschlossen (Explicit der Münchner Handschriften) und leitet eine ganze Gruppe von weiteren Traktaten des CU8ANERS ein, nämlich das wenige Tage später ebenfalls zu Rieti niedergeschriebene Buch I von De sapientia (15. VII. 1450), dem alsbald das in Fabriano
Anm. zu De eire. quadr. = QM
201
(Mark Ancona) vollendete Buch II (8. VIII. 1450) folgen sollte, einige Wochen später De mente (23. VIII. 1450; Val de Castro bei Fabriano) und De stat. experim. (13. IX. 1450, Fabriano). Auf Grund des Titels glaubte man früher (so noch VANSTEENBERGHE, S. 474), De eire. quadr. sei identisch mit der bereits im Nürnberger Druck enthaltenen Quadr. eire. Daß es sich um eine selbständige Schrift erheblichen Umfanges handelt, ist erstmals von Herrn KLIBANSKY gelegentlich der Editionsvorbereitungen der CuSANioCHEN Schriften für die Heidelberger Akademie der Wissenschaften festgestellt worden. Die damals beabsichtigte gesonderte Textausgabe ist leider nicht zustande gekommen. Ein kurzer Hinweis auf Inhalt und Bedeutung der neuaufgefundenen Schrift befindet sich in der Voranzeige von H. LIEBMANN (1929). Im Mathematischen geht De ei1·e. quadr. keineswegs über die Dreieckausrundung der Transm. geom. hinaus, bietet jedoch eine interessante und tiefgehende Diskussion über die Existenz der Kreisquadratur und eine ergänzende Berechnung. Die in der Abhandlung erwähnten "vorausgehenden Schriften" (S. 41) können nur die Transm. geom. und die Compl. arithm. sein. Der symbolisch-mystische zweite Teil der Abhandlung hat starke Berühmng mit den ähnlich gehaltenen Ausführungen in der De doet. ign. 2 Hierzu vgl. den ähnlichen Wortlaut der ersten Prämisse in den TG, S. 7. 3
Die hier auftretende Formel f
= r · ~ für die Kreisfläche
wird bereits in TG, S. 6 vorausgesetzt und in TG, S. 22 deutlich ausgesprochen. Sie kehrt unter Nennung von ARCHIMEDES wieder in QC, S. 58. Dort will der CU::lANER aus dem ausgestreckten Umfang die Kreisquadratur ermitteln, hier die Existenz einer dem Umfang gleichen Strecke aus der Kreisquadratur erweisen. 4 Hier referiert der CUSANER über die etwas naiven Auffassungen derjenigen, die von der theoretischen Möglichkeit der Kreisquadratur ausgehen. Wir wissen nicht genau, wer gemeint ist. 3 Zu denjenigen Persönl.ichkeiteu, die den Zwischenwertsatz leugnen, zählen insbesondere CAMP ANUS und BRADW ARDINE. So finden wir z. B. in Camp. III, 15 (älterer = 16 neuerer Zählung) folgenden Textzusatz: Ex hoc notandum, quod non valet
202
Anmerkungen zur Quadratur des Kreises
ista argumentatio: "hoc transit a minori ad maius et per omnfa media, ergo per aequale", nec ista: "contingit reperire maius et minus; eodem ergo contingit reperire aequale". Bei Bradw. II, 4; concl. 7 wird dieser Text wörtlich angeführt mit dem Bemerken: tales enim consequentiae non valent.
8 Unter dem "Inzidenzwinkel" verstand man im Mittelalter den Winkel zwischen einer Geraden und einem sie schneidenden Kreisbogen; er wird erst durch Hinzufügen des "Kontingenzwinkels" (zwischen dem Kreisbogen und seiner Tangente) zu einem geradlinigen Winkel In Bradw. II, _4; concl. 6 lesen wir:
.Angulus contingentiae I!St omni angulo rectilineo minor (Daraus folgt, wie erstmals J. PELETIER
Abb. 94.
(1557) hervorgehoben hat, daß der Kontingenzwinkel in Wahrheit gleich Null ist. Im Mittelalter war man jedoch nicht dieser Meinung; vielmehr fährt z. B. BRADWARDINE fort mit) et tamen
est divisibilis in in/initum. Ex quo manifestum est, quod tanto angulus contingentiae est maior, quanto circulus minor, et tat1to minor quanto circulus maior. Da man also, durch die unglückliche Verbin-
dung des Winkelbegriffs mit einer flächenhaften Vor11tellung verführt, den Kontingenzwinkel a.la etwas Teilbares und der Vergrößerung und Verkleinerung Fähiges ansah, mußte man ihm auch die Größen-Eigenschaft zugestehen. Dadurch geriet man jedoch in unüberwindbare Schwierigkeiten; denn der Kontingenzwinkel ist "infinitesimal", d. h. grundsätzlich zum geradlinigen und zum Inzidenzwinkel inkommensurabel, aber ebenso der Inzidenzwinkel und der geradlinige untereinander. Ähnliches wird bei Bradw. II, 4; concl. 7 zuerst für den Inzidenzwinkel des Halbkreises, dann für den allgemeinen Inzidenzwinkel gesagt. Vgl. auch die unten folgenden näheren Ausführungen im Text S. 39/40 und Anm. 9. 7 Mit dieser Auffassung nimmt der CUSANER das Prinzip voraus, auf dem alle modernen Integralumformungen beruhen. 8 Als "Möndchen" (lunula) bezeichnet der CUSANER ein Kreissegment, das den Halbkreis nicht übertrifft. Er scheint nun eine Schlußweise von folgender Art im Auge zu haben: Wird dem Segment das gleichschenklige Dreieck .ABO einbeschrieben, so entstehen zwei neue Segmente .AG, OB. Der Inzi-
Anm. zu De eire. quadr. = QM
203
denzwinkel EAO ist um den geradlinigen ~ BAO kleiner als der Inzidenzwinkel EAB, das c Sogmentp""' AO, OB um d" ~ geradlinige Dreieck AOB kleiner a1s das Segment AB. Wird das eingeschlagene Ver- A~ fahren des Einbeschreibans Abb. ss. fortgesetzt, so werden vom ursprünglichen Inzidenzwinkel immer wieder gerad.l!inige Winkel weggenommen und vom ursprüngLichen Segment immer wieder Dreiecke, aber auf diese. Weise läßt sich weder der Inzidenzwinkel durch geradlinige Winkel "ausschöpfen" noch das Segment durch Dreiecke: das Segment kann also weder in seinen Teil~n noch in seiner Gesamtheit in eine geradlinige Figur verwandelt werden, genau so wenig wie sich der Inzidenzwinkel in seinen Teilen oder in seiner Gesamtheit zu einem geradlinigen Winkel machen läßt. "Die exakte Kreisquadratur ist also unmöglich, weil die Möndchenquadratur unmöglich ist." Über die näherungsweise Kreisquadratur vermitteLs der Möndchen vgl. das in OM, S. 110/15 Vorgeführte. 1 Sooben hatte der CUSANER durch den Vergleich mit dem Inzidenzwinkel plausibel gemacht, daß kein Kreissegment quadriert werden könne. Jetzt versucht er auf dem nämlichen Wege Klarheit über das Flächenverhältnis der Kreissegmente zu gewinnen, indem er diese zu den Inzidenzwinkeln ins Verhältnis gesetzt denkt. Ist etwa (vgl. die Figur 95 zu Anm. 8) der größere Inzidenzwinkel EAB = p,, der kleinere Inzidenzwinkel EAO = y, und ~ OAB = cx der geradlinige Differenzwinkel der Inzidenzwinkel, so ist
~a
und
~a per
definitionem irrational.
~irrational, also das entsprey, chende Flächenverhältnis d~r Kreissegmente in ganzen Zahlen unausdrückbar sein. Als größeres Kreissegment wird jedoch vom CUSANER nicht ein willkürliches, sondern das größtmögliche - nämlich der Halbkreis - gewählt. Die Einzelausführung der Schlußweise ist - wir wissen nicht, warum - ein wenig in Unordnung geraten. 10 Es scheint, daß der CUSANER hier eine zeitgenössische, uns nicht weiter bekanntgewordene Schlußweise von folgender Art zurückweist: "Der Kreis ist nicht quadrierbar, folglich keiner seiner rationalen Teile und auch keines der Möndchen." Diesen Schluß erklärt der CUSANER für falsch, weil die MöndWeil aber ß1-y1=
01,
so muß
204
Anmerkungen zur Quadratur des Kreises
eben keine rationalen Kreisteile sein können, und wendet die Schlußweise indirekt. 11 Vgl. das oben in Anmerkung 6 Gesagte. 1 ~ Vgl. oben S. 36 und Anmerkung 2. 13 Gemeint sind wohl die Transm. geom. und die CompZ. arithm. n Über die Lehre von den linear und quadratisch inkommen.surabeln Größen, die eingehend in EUKLID, Elemente X dargelegt ist, mag sich der CUSANER aus Bradw. III, vor allem aus den Kapiteln 1, 2 und 5 orientiert haben. Seine Schlußweise ist so: 1. dZ ist nicht proportional zu de oder db (weil der Kreishalbmesser zum Umfang nicht proportional ist). 2. dZ ist zu dk proportional (nach der Konstruktion, siehe oben S. 42) . .3. dk ist ebensowenig proportional zu eb oder db wie ek zu eb oder db. 4. Unter den zu eb oder db proportionalen möglichen Strecken dk ist keine die Gesuchte oder proportional zur Gesuchten. Bei der Näherung, deren sich der CUSANER bedient, ist zwar n irrational, nicht aber n 2• Hierüber siehe unten Anmerkung 23. 15 Die Begriffsbildung von den stärker und schwächer proportionalen Größen scheint sich mit unserer Vorstellung von der immer genauer durchführbaren rationalen Annäherung irrationaler Größen zu berühren. 18 Über die Inkommensurabilität zwischen der Seite und der Diagonale eines Quadrates konnte sich der CUSANER z. B. orientieren aus Bradw. III, 5; concZ. 3 mit Rückverweis auf Camp. X, 7 (älterer = 9 neuerer Zählung). Bezeichnen wir die Diagonale D mit 10d, die Seite S mit 7s, so ist 100d2 = 98s 2
Bogen eb; befindet er sich in d, so ist ep pd = ep pb < Bogen eb. Daraus wird die Existenz einer Zwischenlage gefolgert, so daß ep pq = = Bogen eb wird. 87 Daß die Summe ep pq ständig zunimmt, wenn sich p auf dem Bogen eb gegen b hin bewegt, kann leicht gezeigt werden; als Ausgangspunkt darf jedoch nicht e benutzt werden, wie es in etwas flüchtiger Ausdrucksweise im Text angedeutet ist, sondern der Schnittpunkt von bd mit dem Bogen ist der richtige Ausgangspunkt. Der Definitionsbereich des Abschnittes pq ist ja auch auf dieses Intervall beschränkt. 88 Diese Schlußweise ist unrichtig; denn in Wirklichkeit ist ep = 0,39265 ab und er= 0,39270 ab; also liegt r in Wahrheit nicht r e c h t s, sondern l.i n k s von p.
+
+
+
+
+
Anm. zu den Compl. math. =GM
227
81 Der nachfolgende Text enthält eine Verallgemeinerung der früheren Sätze von der Schar mantelgleicher Kegelstumpfe (vgl. Anmerkung 52). 70 An sich ist aus der Lage des Punktes r auch die Lage der Punkte ,s und q bestimmt; es ist also nicht ganz passend, wenn im Text ausdrücklich von "irgendeinem Punkt" (de puncto aliquo) gesprochen wird. 71 In De sph. et cyl. I, 42/43 beweist ARCHIMEDES, daß die Kugelkappe zu jenem Kreis oberflächengleich ist, dessen Halbmesser die Sehne des Kreisbogens ist, aus dem die Kappe durch Drehung hervorgeht. Danach ist hs (> oc, falls Bogen hc < Bogen bc) bestimmbar; folglich ist die Lage der Punkte s, q von Anfang an bekannt. Kehren wir jetzt das eingeschlagene Verfahren um, so erhalten wir kr Fl::l Bogen hc, falls
Sehne ck
= ~.
hc. Auch diese Näherung läßt sich durch eine
einfache elementare Konstruktion finden, indem man nämlich den Ort der Punkte r auf den verlängerten Sehnen hk bestimmt, für welche hr = 2 ck ist. Das ist jener Kreis vom Halbmessel' 2 ac, der die hc in h berührt und den Punkt a zum Außenpunkt hat. Die Näherung ist für hinreichend kleine f{! sehr gut. 72 ARCHIMEDES bezeichnet die Parabel im Anschluß an die alte geometrische Schule (MENAICHMOS) als die t3~6oywvtov uwvov Topa, ausgehend von einem Drehkegel mit Öffnungswinkel 90° zwischen gegenüberliegenden Seitenlinien, der durch eine Ebene senkrecht zu einer Seitenlinie geschnitten wird. 73 Der CUSANER spricht auch hier von der näherungsweisen Ausführbarkeit der Kurvenrektifikation; nicht von der exakten, die er als getreuer ARISTOTELIKER für unmöglich angesehen hat. Er hat sich wohl vorgestellt, daß man die Ausstreckung der Parabel und der Ellipse aus der Fläche durch Umkehren des oben angedeuteten Verfahrens (vgl. Anmerkung 57) zu leisten vermöchte. - Unter einer Linie mit "regelmäßiger Krümmung" (curvitas regularis) denkt der CUSANER anscheinend einen glatten wendepunktfreien Bogen mit stetig sich ändernder Krümmung, wie das im angeführten Beispiel der Ellipse zutrifft. Vgl. auch UM8 • 74 Über die Unzulänglichkeit der Möndchenquadratur scheint sich der CUSANER nur ganz flüchtig orientiert zu haben; er verwendet die Bezeichnung lunula keineswegs für das HIPPOKRATISCHE Möndchen, sondern für das Kreissegment. Vielleicht ist die vorliegende Bemerkung im Zusammenhang mit Brad1r1. III,
228 Anmerkungen zu den mathematischen Ergänzungen 6, Schlußsatz der concl. 5 (De quadratura circuli) entstanden:
Aliam probationem minoris tangit Aristoteles per portiones lunulares, quam tamen reputat in aliis locis philosophiae insuflicientem, et ideo de ea non euro ad praesens. Vgl. ferner QM, S.388• 75 Es wird also behauptet, daß ffJ- sin ffJ < tg ffJ - ffJ, eine Beziehung, die sich mit elementaren Hilfsmitteln nicht ganz einfach erweisen ließe. 78 Setzen wir etwa den Kreisdurchmesser gleich 1, so ist die ffJ tg rp Erste G) = sin ffJ die Zweite ® = lp, die Dritte @
und die Vierte@
= tg ffJ·
=V
Der
CUSANER
behauptet, daß
~:
0
·=
@22 - r.l\ @22 • n·1es 1s · t eme · B es t'Immungagle1c . h ung f..ur rp, aus der =®2
-..y
wir finden, daß
rpF:l:lsi~rp{VB+cos2rp-cosrp}
. sinBm 13sin5m 2rp5 =SlnffJ+-T + - - T +•••=lp--. +··•, 6 216 13;l Eine genauere Untersuchung lehrt, daß in Wirklichkeit für @B @2--@2 !ffJJ=i=O die Ungleichung (j) 2 > ®2- ( j )1 besteht, daß also die Näherung für kleine !ffJJ gut brauchbar ist und eine untere ®• ®•-@• 2 Grenze fü~ de~ Bogen liefert. . 77 Gememt 1st folgendes: Ist mcht mehr (j) 2 = ®•-G)z = I' @2_@2 3 so ist z. B. ®a- (j)B = I . Wird also @ 1 -@1 festgehalten, so ist im ersten Falle Falle
®2-(1)1 = ~ { @ 1 -@1 }
®2 -(1)2 = ~ {®2-@2},
,
im zweiten
also kleiner als vorhin. Folg-
lich wäre ®-, ah = = r · cosw · tgq>, kl = ,.. cosq> · tgw, fm = r ·tgw. Jetzt wird behauptet: q> = tg q> • cos 2 w = (1 + cos rp). sin w. Entfernen wir w, so erhalten wir 2sinrp (1+cosrp) rpa q>F:::s cosrp(1+cosrp)+V4-(1-cosrp)(3+cos9')cos2 rp rp+ 12 + ... Die Näherung ist also nur für sehr kleine q> > 0 befriedigend; für etwas größere q> muß der ursprüngliche Ansatz durch q> < tg q> • cos 2 w = (1 + cos 9') · sin w ersetzt werden. Aus q> = 45° ergibt sich der unzulängliche Näherungswert :n R~ Ri 3,1493. 82 Inhaltlich wird in diesem Absatz nichts Neues gegenüber dem vorhergehenden geboten; nur der dort fehlende Unitätsnachweis wird nachgeholt. 83 Unter den Linien des Komplements versteht der CUSANER die zugehörigen Halbsehnen. Die Worterklärung finden wir auf S.122. 81 Die sämtlichen Handschriften und ersten Drucke haben hier fälschlich bk an Stelle von ck; ÜMNISANCTUS hat den Fehler in der Parisina berichtigt.
=r · cos w,hi
230 Anmerkungen zu den mathematischen Ergänzungen 85 Zur Erklärung dieses nicht leicht verständlichen Abschnittes beginnen wir mit der Erzeugung der Komplementärlinien: Ist Kreis abe (Halbmesser 1, ~ bae = rp) gegeben, so ist die zugehörige Halbsehne (also gerade die Komplementärlinie) de = sin rp, die entsprechende Halbtangente bc = tg rp, die zugeordnete Äquatrix gleich rp tg rp. - Nun soll der Fahrstrahl aik derart bestimmt werden, daß die Äquatrix gleich der Summe der Abschnitte di = Äsinrp und kc = (1-l) tg rp wird.
V
Dann ist also l = tg rp- yq;-tgq; und 1 (1-cos rp)tgrp
l =
~-sin rp, (1-
COB
rp) tg rp
cosrp• tgrp-Vq;tgqj und ke = ~-sinrp. Dies 1-cos rp 1-cos rp wendet der CUSANER an auf zwei Sektoren am nämlichen Kreis, in dem von ihm vorgeführten Beispiel auf die Winkel rp1 = 45° und rp 1 = 60°. Was er nunmehr behauptet, würde sich in unsern Bezeichnungen so ausdrücken lassen: cos fPt (tg rpl- VfPt tg rpl)·: cos fPa (tgz- VfPa tg rpz) F::J s~n fP1 + tg fP1 F::J 1-cosrp1 1-cosrp1 smrp1 +tgrp1
somit di
=
F::1
VfP1 tg rp1-sin fPt.• VfPa tg fPa-sin fPa VfP1 tg fP1 F::J
•
1-cosrp1 1-cos rp1 Vrp1 tgrp1 Konstruiert wird nur aus der Beziehung (sinrp1+tgrp1): (sinrp1 +tgrp 2) F::J rp1tgrp1: rp1 tgrp8 • Hier denkt sich der CUSANER die Größe Vrp1 tg rp 1 gegeben und faßt rp 1 tg rp 1 auf als die Äquatrix eines zum ursprünglichen Sektor ähnlichen: dies wäre in der Figur 62 der Sektor arp, der durch Ergänzung des fehlenden Bogens rp entstehen würde. Alles weitere ist dann aus dem Vergleich der beiden Sektoren selbstverständlich. Nehmen wir nun 0 < rp1 < rp2, aber so klein an, daß wir zu Reihenentwicklungen übergehen können, so ist . .. . . sinrp+tgrp 17rpl m1t Berucks1chbgung von Vrptgrp rp + 180 + ... erkenn-
V
V
V
bar, daß zwar sinrp1+tgrp1 < 1 jrp1 tgrp1 ist, jedoch nur wenig sin rp1 + tg rp1 rp1 tg tp1 von der Gleichheit abweicht. Wir würden also bei verhältnismäßig geringfügigen Unterschieden von rp 1 und rp 2 sehr wohl auf gute Näherungen rechnen können. Für rp 1 = 45°, rp 1 = 60°
V
ist 5~ rp1+tg rp1 = 0,6571 und 1 jrp1tgrp 1 sm rpz +tg IP• tpz tgrpa immer noch bis auf rund 0,4% überein.
V
= 0,6588, stimmt also
Anm. zu den Compl. math.
= GM
231
88 Hier folgt nachträglich die Erklärung für die schon oben (8. 120) eingeführte Bezeichnung "Komplement''. 87 Die ursprüngliche Fassung des zweiten Buches endet hier mit dem folgenden Schlußabschnitt: Nunmehr ist klar, daß die Quadratur des Kreises, die immer fol. 85" gesuchte und - wie man glaubt - bisher nicht gefundene, hinreichend dargelegt ist. Man kann sie nämlich finden entweder durch Überführung eines geradlinigen Umfangs in einen gekrümmten- und so ist sie im ersten Buch behandelt- oder umgekehrt durch Überführung eines gekrümmten Umfangs in einen geradlinigen- und so findest Du sie auf doppelte Weise in diesem zweiten Buch behandelt - oder dadurch, daß man mit der tlberführung einer Kurve in eine Gerade gleichzeitig die Seite des zum Kreis gleichen Quadrats findet- oder weder durch Überführung der Geraden in eine Kurve noch durch die umgekehrte Verwandlung, sondern l~diglich durch das Auffinden der Quadratseite. Und diese Methoden finden sich oben in ähnlicher Weise angeführt. Somit steht fest, daß dieses bisher unbekannte Gebiet ausführlich und hinreichend behandelt ist. Anderes, was man ohne dieses Verfahren nicht wissen kann, folgt daraus. Das sind die Mathematischen Ergänzungen. Amen. Dieser Text ist aus zwei sehr frühen Abschriften des zweiten Buches erhalten; in der Fassung letzter Hand hat ihn der CUSANER durchstrichen und durch ein beigesetztes vacat als zu tilgen gekennzeichnet. Angefügt ist statt dessen eine weitere näherungsweise Rektifikation. Diesen umgearbeiteten Text haben auch die jüngeren Abschriften und die Drucke. Vielleicht können wir aus diesen und den früheren Textveränderungen schließen, daß die Abschrift in der Cueser Handschrift entweder nach dem Original oder wohl eher nach einer durchgesehenen Abschrift des Originals gefertigt worden ist, die auch den andern Abschriften (einschließlich der ältesten) als Vorlage gedie.nt hatte. 88 Setzen wir in Abb. 63 den Kreishalbmesser gleich r, so ist bf = hf als Seite des in den Kreis gelegten gleichseitigen Dreiecks ferner af = r mfn = ab der Halbmesser des kleinstmöglichen 10
sekantenrektifizierenden Kreises, !.>max = r
{~ +2 ( ~
Y}
der
Halbmesser des größtmöglichen (d. h. zum Durchmesser gehörigen: vgl. Anmerkung 89), so ist, wie etwa durch Nachrechnen mittels n < 272 festgestellt werden kann : !.>mfn + !.>ma.x
V2
< 2 r = 2 • Seite des einbeschriebenen Quadra~. Die Summe der in Frage stehenden paarigen Sehnen ist 2 r {sin (a: + rp) + + sin (