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German Pages 194 Year 2020
Nikolas Jaspert Die Kreuzzge
Geschichte kompakt Herausgegeben von Kai Brodersen, Martin Kintzinger, Uwe Puschner Mittelalter Herausgeber fr den Bereich Mittelalter: Martin Kintzinger Berater fr den Bereich Mittelalter: Bernd Schneidmller
Nikolas Jaspert
Die Kreuzzge 7. Auflage
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet ber http://dnb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschtzt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulssig. Das gilt insbesondere fr Vervielfltigungen, bersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 7., bibliografisch aktualisierte Auflage 2020 2020 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt 1. Auflage 2003 Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermglicht. Satz: Lichtsatz Michael Glaese GmbH, Hemsbach Einbandgestaltung: schreiberVIS, Seeheim Gedruckt auf surefreiem und alterungsbestndigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-534-27223-5 Elektronisch sind folgende Ausgaben erhltlich: eBook (PDF): 978-3-534-74615-6 eBook (epub): 978-3-534-74616-3
Inhaltsverzeichnis Geschichte kompakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorwort des Autors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Vorbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die christliche Welt um 1095 . . . . . . . . . b) Die islamische Welt um 1095 . . . . . . . . . c) Kontakte und Konflikte zwischen Christen und Andersglubigen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Heiliger Krieg, Rittertum und Pilgerfahrt . . . . . a) Gerechter Krieg – heiliger Krieg . . . . . . . . b) Das Rittertum . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Das Pilgerwesen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Papsttum, Frmmigkeit und Ablass . . . . . . . . a) Das Reformpapsttum . . . . . . . . . . . . . b) Neue Orden und religise Bewegungen . . . c) Das Buß- und Ablasswesen . . . . . . . . . .
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II. Die Kreuzzge in den Vorderen Orient . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Erste Kreuzzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Aufruf, „Volkskreuzzug“ und Pogrome . . . . . . . . . . . . b) Der Zug nach Jerusalem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Errichtung der Kreuzfahrerherrschaften . . . . . . . . . 2. Die Kreuzzge des 12. bis 15. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . a) Die Kreuzzge bis zur Schlacht von Hattin 1187 . . . . . . . b) Die Kreuzzge von 1187 bis zum Fall Jerusalems 1244 . . . c) Die Kreuzzge zwischen 1244 und dem Verlust Akkons 1291 d) Versuche zur Wiedererlangung des Heiligen Landes . . . . . 3. Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens . . . . . . . a) Praktische Probleme eines Kreuzzugs . . . . . . . . . . . . b) Die institutionelle Ausformung der Kreuzzge . . . . . . . . c) Kreuzzugskritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Kreuzzge aus islamischer Sicht . . . . . . . . . . . . . . . a) Die „Kreuzfahrerstaaten“ im islamischen Machtgefge . . . b) Kreuzzug und Dschihad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Muslimische Bilder von den Christen . . . . . . . . . . . . .
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III. Die Kreuzfahrerherrschaften . . . . . . . . . 1. Weltliche Herrschaft . . . . . . . . . . . . a) Grenzsicherung und Grenzverschiebung b) Die Dynastien Outremers . . . . . . . . c) Die Barone und das Lehnswesen . . . . d) Handel und Stdte . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis 2. Christen, Muslime und Juden . . . . . . . . . . . . . . . a) Einheimische: Muslime, Juden, orientalische Christen b) Neuankmmlinge: Die Siedler . . . . . . . . . . . . c) Besucher: Hndler und Pilger . . . . . . . . . . . . . 3. Die Kirchen Palstinas . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die lateinische Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Ordenswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die orientalischen Kirchen . . . . . . . . . . . . . .
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. 90 . 90 . 95 . 98 . 99 . 99 . 102 . 105
IV. Die europischen Kreuzzge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Iberische Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Widerstand und Reconquista . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die europische Dimension der Reconquista . . . . . . . . . c) Die neuen politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Strukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Ostseeraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Internationalisierung des Heidenkampfs im Ostseeraum . b) Der „Deutschordensstaat“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Siedlung, Kolonisation und Mission . . . . . . . . . . . . . . 3. Feinde im Innern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Albigenserkreuzzge in Frankreich . . . . . . . . . . . . b) Sptmittelalterliche Kreuzzge gegen religise Bewegungen c) Weltliche Feinde der Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Ritterorden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen und Anfnge der Ritterorden . . . . . . . . . . . a) Vorbedingungen fr die Entstehung der Ritterorden . . . . b) Karitative oder militrische Bruderschaften: die Grndungsumstnde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Ausbreitung der Ritterorden . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ritterorden in Palstina, auf der Iberischen Halbinsel und an der Ostsee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Aufbau der Ritterorden . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Militrische und wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . c) Kritik, Gleichschaltung und Aufhebung: Die Ritterorden im Sptmittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Folgen . . . . . . . . . . . . 1. Das Nachleben der Kreuzzge a) Interkulturelle Kontakte . . b) Die Kreuzzge als Mythos .
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Karte 1: Der Vordere Orient . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Karte 2: Die Iberische Halbinsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Karte 3: Der Ostseeraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 Personen- und Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177
VI
Geschichte kompakt In der Geschichte, wie auch sonst, drfen Ursachen nicht postuliert werden, man muss sie suchen. (Marc Bloch) Das Interesse an Geschichte wchst in der Gesellschaft unserer Zeit. Historische Themen in Literatur, Ausstellungen und Filmen finden breiten Zuspruch. Immer mehr junge Menschen entschließen sich zu einem Studium der Geschichte, und auch fr Erfahrene bietet die Begegnung mit der Geschichte stets vielfltige, neue Anreize. Die Flle dessen, was wir ber die Vergangenheit wissen, wchst allerdings ebenfalls: Neue Entdeckungen kommen hinzu, vernderte Fragestellungen fhren zu neuen Interpretationen bereits bekannter Sachverhalte. Geschichte wird heute nicht mehr nur als Ereignisfolge verstanden, Herrschaft und Politik stehen nicht mehr allein im Mittelpunkt, und die Konzentration auf eine Nationalgeschichte ist zugunsten offenerer, vergleichender Perspektiven berwunden. Interessierte, Lehrende und Lernende fragen deshalb nach verlsslicher Information, die komplexe und komplizierte Inhalte konzentriert, bersichtlich konzipiert und gut lesbar darstellt. Die Bnde der Reihe „Geschichte kompakt“ bieten solche Information. Sie stellen Ereignisse und Zusammenhnge der historischen Epochen der Antike, des Mittelalters, der Neuzeit und der Globalgeschichte verstndlich und auf dem Kenntnisstand der heutigen Forschung vor. Hauptthemen des universitren Studiums wie der schulischen Oberstufen und zentrale Themenfelder der Wissenschaft zur deutschen und europischen Geschichte werden in Einzelbnden erschlossen. Beigefgte Erluterungen, Register sowie Literatur- und Quellenangaben zum Weiterlesen ergnzen den Text. Die Lektre eines Bandes erlaubt, sich mit dem behandelten Gegenstand umfassend vertraut zu machen. „Geschichte kompakt“ ist daher ebenso fr eine erste Begegnung mit dem Thema wie fr eine Prfungsvorbereitung geeignet, als Arbeitsgrundlage fr Lehrende und Studierende ebenso wie als anregende Lektre fr historisch Interessierte. Die Autorinnen und Autoren sind in Forschung und Lehre erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Jeder Band ist, trotz der allen gemeinsamen Absicht, ein abgeschlossenes, eigenstndiges Werk. Die Reihe „Geschichte kompakt“ soll durch ihre Einzelbnde insgesamt den heutigen Wissensstand zur deutschen und europischen Geschichte reprsentieren. Sie ist in der thematischen Akzentuierung wie in der Anzahl der Bnde nicht festgelegt und wird knftig um weitere Themen der aktuellen historischen Arbeit erweitert werden. Kai Brodersen Martin Kintzinger Uwe Puschner
Vorwort des Autors Die Kreuzzge – oder vielmehr dasjenige, was zu Recht oder zu Unrecht mit ihnen assoziiert wird – sind seit mehreren Jahren wieder verstrkt ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit gerckt. Der Begriff droht, im ffentlichen Diskurs seine Kontur zu verlieren, Dies war 2003 Grund genug, einen Abriss der Kreuzzge vorzulegen. Nicht, dass es keine berzeugenden Darstellungen gegeben htte. Aber schon lange war kein knapper, deutschsprachiger und mit wissenschaftlichem Anspruch verfasster Grundriss mehr in Angriff genommen worden. Die vorliegende Darstellung hat sich in den letzten Jahren bewhrt, sodass eine bibliografisch aktualisierte Neuauflage geboten schien. Sie nhert sich dem Thema zugleich systematisch wie chronologisch und legt einen gewissen Schwerpunkt auf die geistesgeschichtlichen Aspekte des Phnomens. In jedem Kapitel – wenngleich selten ausfhrlich zitiert – steht eine Quelle im Vordergrund, die wesentliche Aspekte des Abschnitts verdeutlichen und zu vertiefender Lektre der Texte einladen soll. Dieses Buch ist kein originrer Beitrag zu der seit vielen Jahrzehnten gefhrten Diskussion darber, was ein Kreuzzug gewesen sei. Lange standen sich hier zwei Lehrmeinungen gegenber: Whrend die erste nur die Unternehmungen in den Vorderen Orient als Kreuzzge bezeichnete, vertrat die zweite eine weitere Definition, die auch andere Gebiete einschloss. Dieser Band folgt einem Mittelweg: Es werden unter „Kreuzzgen“ zwar alle von Ppsten ausgerufene und mit der Zusage eines Ablasses ausgestattete Kriegszge gegen Feinde des Glaubens und der Kirche verstanden – also auch die Unternehmungen gegen Ketzer, gegen die Muslime auf der Iberischen Halbinsel oder gegen die Heiden an der Ostsee. Aber es wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Zge in den Vorderen Orient eine herausragende Stellung fr die Zeitgenossen besaßen und diese in besonderem Maße zu mobilisieren vermochten. Daher bilden sie den Schwerpunkt dieser bersicht. Neben den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, deren Ergebnisse in diese Synthese eingeflossen sind, haben viele zum Entstehen dieses Bandes beigetragen. Prof. Dr. Nikolaus Bttcher, Prof. Dr. Marie-Luise Favreau-Lilie, Dr. Matthias Maser, Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch, Prof. Dr. Andreas Rther und Prof. Dr. Dieter Weiß haben den Band in Teilen oder sogar ganz gelesen. Ihre Ratschlge brachten das Unternehmen wesentlich voran, wofr Ihnen allen herzlichst gedankt sei. Nach dem Erscheinen der ersten Auflage lieferten andere Fachleute, darunter Herr Kollege Hans Eberhard Mayer, wertvolle zustzliche Hinweise, auch hierfr mein Dank. Verpflichtet bin ich auch Ren Hurtienne fr seine Hilfe bei der Erstellung der Karten sowie verschiedenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, zuletzt vor allem Daniel Zimmermann, fr die sorgfltige redaktionelle Betreuung. Besonderer Dank gebhrt meinen Erlanger Studierenden, die das vorliegende Buch seinerzeit auf seine Tauglichkeit fr den Universittsbetrieb hin prften und mit ihren Krzungsvorschlgen bei der schwierigsten Aufgabe halfen: den vorgegebenen Umfang einzuhalten. Was an Kritikpunkten bleibt, geht – wie immer – zu Lasten des Autors. Gewidmet ist dieser Band meiner Frau Montse und unseren Shnen David, Lucas und Theo. Heidelberg, im Herbst 2019
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I. Vorbedingungen 354–430 622
Augustinus von Hippo Hedschra (Hig˘ ra): Auszug Muh ammads aus Mekka nach Me˙ dina 636–638 Eroberung Jerusalems durch die Muslime 711 Beginn der muslimischen Eroberung der Iberischen Halbinsel 867–1056 Makedonische Dynastie in Byzanz: Militärische Erfolge gegen das Abbasidenkalifat von Bagdad 1053 Papst Leo IX. erklärt Christen, die auf Seiten des Papsttums im Kampf gegen die Normannen sterben, zu Märtyrern 1054 Zerwürfnis zwischen dem Patriarchen von Konstantinopel und einem Vertreter des Papstes: Gegenseitige Exkommunikation 1064 Der „Große Pilgerzug“ nach Jerusalem. Ablass Papst Alexanders II. für den Kampf gegen die Muslime in Barbastro 1071 Die Seldschuken besiegen die Byzantiner in der Schlacht von Mantzikert; Besetzung von Teilen Palästinas 1074 Gescheiterter Plan Papst Gregors VII., zur Unterstützung des Byzantinischen Reiches gegen Muslime zu ziehen 1085 Eroberung Toledos durch die Christen unter Alfons VI. von Kastilien 1092 Tod des seldschukischen Sultans Malikšāh und des Wesirs Nizām al-Mulk 1094 Tod des schiitischen Kalifen in Ägypten und des sunnitischen Kalifen in Bagdad 1095 März: Konzil von Piacenza. 27. November: Rede Papst Urbans II. in Clermont 1098 Gründung des Klosters Cîteaux
1. Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts a) Die christliche Welt um 1095 Gegen Ende des 11. Jahrhunderts gehörten die meisten Menschen Europas – Christen, Muslime und Juden – konfessionellen Großgruppen an, doch ihre Lebenswelt war im Wesentlichen kleinräumig. Im Christentum etwa prägte die Zugehörigkeit zu einer Familie oder zu einem Pfarrsprengel den Menschen weitaus stärker als übergeordnete Größen. Konzepte wie „Europa“ oder „das Abendland“ spielten keine bedeutende Rolle. Auch der geographische Horizont der allermeisten Zeitgenossen war beschränkt. Nur in gebildeten, klerikalen Gruppen wurden ältere Raumvorstellungen aufgegriffen und in Form von Weltkarten (mappae mundi) verzeichnet. Diese waren gemeinhin Träger eines theologisch, mythisch und historisch gepräg-
Geographische Weltbilder
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Vorbedingungen ten Weltbildes. In der Regel wurden in Anlehnung an antike Autoren und christliche Autoritäten so genannte T-O-Karten geschaffen: Auf ihnen trennte in Form eines T das Mittelmeer auf der einen Seite und Don, Nil oder das Rote Meer auf der anderen die Kontinente Europa, Asien und Afrika voneinander. Ein Ozeanring umschloss alle drei Erdteile in Form eines O. Über politische und kulturelle Realitäten sagen diese Darstellungen wenig aus. Denn im Gegensatz zu dem durch die mappae mundi vermittelten Weltbild stellten zum Ende des 11. Jahrhunderts weder die christlich noch die islamisch geprägten Gebiete eine Einheit dar. Herrschaftliche Zersplitterung
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Im Christentum bestanden zwei sprachlich, kulturell und rituell voneinander getrennte Räume, der griechische Osten und der lateinischen Westen mit ihren jeweiligen kirchlichen Zentren Konstantinopel und Rom. Im Westen war das alte Karolingerreich bloß noch eine ferne, wenngleich mehrfach beschworene Erinnerung. Dieses von den Pyrenäen bis an die Elbe reichende, von den Franken beherrschte Reich, das von Karl dem Großen und seinem Sohn Ludwig dem Frommen zur höchsten Blüte geführt worden war, hatte sich im Verlauf des 10. Jahrhunderts im Wesentlichen in zwei Herrschaften gespalten: das Westfrankenreich, aus dem das spätere Frankreich hervorgehen sollte, und das Ostfrankenreich, aus dem sich bis zum 11. Jahrhundert das Römisch-Deutsche Reich entwickelte. Die Mehrzahl der späteren Kreuzfahrer stammte aus Gebieten, die ehemals zum Karolingerreich gehörten. Doch galt dies keineswegs für alle Kontingente (z. B. für englische oder ungarische Kreuzfahrer), und außerdem wurde dieser historische Bezug von den Betroffenen selbst kaum hergestellt. In der Sicht der Muslime oder der griechischen Christen dagegen stellten die westlichen Kreuzfahrer sehr wohl eine Gemeinschaft dar, die eine eigene Bezeichnung verdiente. Die lateinischen Christen wurden daher in den islamischen und griechischen Quellen als „Franken“ (arab. Ifranˇg bzw. griech. phrangoi – φρνγοι) bezeichnet. Zu den Elementen, die in der Tat von allen westlichen Herrschaften gleichermaßen geteilt wurden, gehörte die Kultsprache, das Lateinische. Sie war im Zuge der so genannten karolingischen Renaissance an der Wende zum 9. Jahrhundert gefestigt worden, wurde von der Kirche gepflegt und diente als Bildungs- und Rechtssprache neben den jeweiligen Volkssprachen. Weiterhin hatte das lateinische Europa vergleichbare politische und soziale Strukturen gemein, insbesondere das so genannte Lehenswesen. Hierunter versteht man eine Rechtsbeziehung, bei der ein Begünstigter (Vasall) ein Gut (Lehen) zur Nutzung erhielt, wofür er im Gegenzug zu Dienstleistungen an den Verleiher verpflichtet war. Da bei der Vergabe der Begünstigte auch einen Treueid schwor, entstanden im Lehnswesen abgestufte Formen der Abhängigkeit. Dieses System hatte für den Kriegerstand der Ritter weitreichende Folgen und wirkte sich auf die Kreuzzüge aus. Deutlich differenzierter war Europa hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Nach einer großen demographischen und ökonomischen Depression im Frühmittelalter hatte u. a. ein allgemeiner Anstieg der Bevölkerungszahlen die Entwicklung von Städtelandschaften entlang des Rheins, in Flandern, vor allem aber in Italien begünstigt. Kaufleute der großen Hafenstädte Italiens wie Amalfi, Pisa, Genua oder Venedig such-
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Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts
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ten den Weg übers Meer zu den bedeutendsten Wirtschaftszentren des 11. Jahrhunderts, also nach Konstantinopel und in den muslimischen Osten, und der Handel brachte ihnen und ihren Heimatorten erheblichen Reichtum. Im Ostfrankenreich hatten die Herrscher seit der Mitte des 10. Jahrhunderts die karolingische Tradition fortführen können, den Kaiser zu stellen. Dies und die Möglichkeit, die mächtigen Erzbistümer und Bistümer zu besetzen, hatte unter den Dynastien der Ottonen und der Salier zu einer Stärkung des Königtums geführt. Dennoch standen die salischen Könige auch der Macht der regionalen Gewalten, insbesondere der Herzöge von Sachsen, Niederlothringen, Bayern oder Schwaben gegenüber, die große Unabhängigkeit genossen. Noch selbstständiger agierten die Fürsten im Westfrankenreich. Dieses von Katalonien im Westen bis nach Flandern im Osten reichende Gebiet unterstand zum Ende des 11. Jahrhunderts zwar nominell der Herrschaft der Kapetingerkönige, die den Titel eines rex francorum trugen, doch herrschten diese faktisch bloß über einen verhältnismäßig kleinen Raum zwischen Orleans und dem Tal der Oise. Der Rest des Reiches unterstand Herzögen und Grafen, von denen einige, wie die Herzöge von Aquitanien, der Gascogne und der Normandie oder die Grafen von Flandern, Barcelona, Toulouse, Anjou und der Champagne, über beträchtliche Macht und Ressourcen verfügten. Neben den älteren europäischen Königreichen, zu denen auch León auf der Iberischen Halbinsel oder das seit 1066 von den Normannen beherrschte England zählten, erlangten im Verlauf des 10. und 11. Jahrhunderts die Herrscher einiger jüngerer Reiche die Königskrone, etwa diejenigen Kastiliens, Aragóns, Dänemarks, Ungarns, Polens und Böhmens. Besonders spektakulär war der Aufstieg der sizilischen Normannen. Diesen war es zur Mitte des 11. Jahrhunderts unter ihrem Anführer Robert Guiscard († 1085) gelungen, die Insel von den Muslimen und Teile Süditaliens von den Byzantinern zu erobern. Robert, der seit 1053 den Titel eines Herzogs führte, baute ein straff verwaltetes Reich auf, das aggressiv gegen die anderen Mächte des östlichen Mittelmeerraums, also gegen Byzanz und die islamischen Mächte, vorging. Byzanz erlebte von der Mitte des 9. bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts eine Blüteperiode. Hierzu trug nicht unwesentlich der Niedergang des muslimischen Reichs der Abbasiden sowie die Missionierung und schließlich Unterwerfung der Bulgaren (endgültig in den 1020er-Jahren) bei. Unter den Herrschern der „makedonischen Dynastie“ (867–1056) bzw. ihren befähigten Generälen wurde erfolgreich die Rückeroberung verlorener Gebiete betrieben, und zu Beginn des 11. Jahrhunderts erlebte das so genannte mittelbyzantinische Reich unter Kaiser Basileios II. (976–1025) den Höhepunkt seiner Machtausdehnung und Prachtentfaltung. Es war eine Epoche großer literarischer und künstlerischer Werke, als der byzantinische Hof bei weitem die Zentren der lateinischen Christenheit überstrahlte. Die griechische Kirche wurde nicht mehr durch theologische Auseinandersetzung entzweit, und die Bekehrung der Russen und Bulgaren brachten ihr ein zusätzlich gesteigertes Selbstbewusstsein.
Byzanz
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Vorbedingungen
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Der Streit von 1054 Nicht nur die griechisch-orthodoxe Kirche erfuhr zur Mitte des 11. Jahrhunderts eine Konsolidierung: Im Zuge der so genannten gregorianischen Reform (vgl. Kap. I., 3. a) entwickelte das Papsttum in Rom ein neues, ausgeprägtes Selbstverständnis, das schwerlich mit den byzantinischen Interessen in Einklang zu bringen war. Dies wurde auch beim Konflikt zwischen dem Patriarchen von Konstantinopel und einem Vertreter des Papstes im Jahre 1054 deutlich, bei dem sich beide Kirchenmänner gegenseitig exkommunizierten. Beim Streit ging es um theologische, liturgische und kirchenpolitische Fragen: zum einen um das filioque – also das rechte Verständnis der Dreifaltigkeitslehre –, zum anderen um die Benutzung gesäuerten oder ungesäuerten Brots bei der Eucharistiefeier sowie schließlich auch um die Vorherrschaftsansprüche des römischen Papstes und die Machtverhältnisse in Süditalien. Die Tragweite der Geschehnisse trat erst allmählich zutage, daher ist der Begriff „Schisma“ irreführend. Eine allmähliche Entfremdung in liturgisch-kultischer Hinsicht, vor allem aber die Plünderung Konstantinopels im Jahre 1204 sollten in dieser Frage weitaus stärkere Wirkung als das Zerwürfnis von 1054 haben. Doch seit diesem Jahr sollten beide Kirchen nie wieder dauerhaft vereinigt werden.
Bedrohung des Byzantinischen Reichs
Zur Mitte des 11. Jahrhunderts traten auch Missstände im Inneren des Byzantinischen Reiches zutage: Die alte Wehrverfassung war für die großen Offensivunternehmungen der makedonischen Dynastie nicht mehr geeignet, die Kaiser griffen daher immer häufiger auf Söldner zurück. Dies ist auch als ein – letztlich erfolgloser – Versuch zu werten, ein Gegengewicht zur wachsenden Macht des regionalen Adels zu schaffen. Dass dieser zu Recht als Gefahr eingeschätzt wurde, kam nach dem Tod des Kaisers Basileios II. zum Vorschein, als das Reich von einer Vielzahl von Putschversuchen erschüttert wurde. Zudem machte sich seit der Mitte des Jahrhunderts eine neue Bedrohung an der Ostgrenze des Reichs bemerkbar: die muslimischen Seldschuken. Diese in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts aufgestiegene türkische Dynastie wurde anfangs von den Byzantinern wenig beachtet, doch im Jahre 1071 konnte ihr Heer die kaiserliche Armee bei Mantzikert nahe des Wansees in Ostanatolien vernichtend schlagen und sogar Kaiser Romanos IV. (1068–1071) gefangen nehmen. Das byzantinische Staatswesen fiel in eine schwere Krise. Usurpationen und Herrscherwechsel kennzeichnen die Jahre von 1071 bis zur Machtübernahme durch den General Alexios Komnenos (1081–1118) im Jahre 1081. Zwar konnte sich dieser in der Ägais und auf dem Balkan erfolgreich behaupten und durch geschickte Diplomatie die Gefahr einer normannischen Invasion vorerst bannen; doch war es ihm nicht möglich, die Macht der Normannen oder der Seldschuken wirklich zu brechen. Nur einige Küstenstriche Kleinasiens konnten wiedergewonnen werden, Süditalien und Inneranatolien blieben hingegen verloren.
b) Die islamische Welt um 1095 Die islamische Expansion
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Nur wenige Jahre nach dem als Hig˘ ra (Hedschra) bezeichneten Auszug Muh ammads (Mohammeds) von Mekka nach Medina im Jahre 622, mit dem˙ die islamische Zeitrechnung beginnt, und unmittelbar nach dem Tode
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Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts
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des Propheten im Jahre 632 setzte die arabisch-islamische Expansion ein. In einem beispiellosen Siegeszug eroberten die Muslime zuerst die Arabische Halbinsel und in der Folge bis zum Beginn des 8. Jahrhunderts Syrien, Irak und den Iran, ganz Nordafrika sowie die Iberische Halbinsel. Die örtlichen Nachfolgeherrschaften des Römischen Reiches wie das Sassanidenreich im Osten oder die byzantinischen Herrschaften in Nordafrika und im Vorderen Orient wurden vernichtet. Mit der endgültigen Eroberung Siziliens zu Beginn des 10. Jahrhunderts kam der Mittelmeerraum fast vollständig unter islamische Kontrolle. Schiiten und Sunniten (Schia und Sunna) In Glaubensfragen war die islamische Welt keineswegs geeint: Die meisten Muslime waren Sunniten. Für sie waren und sind sowohl der Koran als auch das gute Vorbild des Propheten Richtschnur ihres Handelns. Die Sunniten sahen in Mitgliedern der Dynastie der Abbasiden den Kalifen, d. h. den Vorsteher der muslimischen Gemeinschaft. Allerdings waren die Kalifen zum Ende des 11. Jahrhunderts politisch vollständig von den mächtigen Seldschukensultanen abhängig. Unterhalb dieser Ebene gab es eine Reihe regionaler Machthaber (Sultane, Emire), die nominell von der Zentralgewalt des Kalifen abhängig waren. Die zweite große Glaubensrichtung des Islam stellen die Schiiten dar. Diese sehen in Ali, dem 661 ermordeten Cousin und Schwiegersohn Muh ammads, den ersten rechtmäßigen Kalifen und glauben, dass dessen Nachfolger˙ (die Imame) unfehlbar und göttlich rechtgeleitet die islamische Gemeinde anführten. Die Hauptvertreter dieser Glaubensrichtung im 11. Jahrhundert waren die Fatimiden. Auch sie hatten einen Kalifen und verbanden mit ihm die Anwartschaft auf die alleinige Lenkung der universalen islamischen Gemeinde (arab. umma). Selbst innerhalb der schiitischen Ausrichtung, der Schia, gab es unterschiedliche Gruppen, die in einem jeweilig anderen imam den letzten bekannten Nachfolger des Ali und damit die höchste religiöse Autorität sahen. Die Auseinandersetzungen zwischen den sich gegenseitig ausschließenden Glaubensrichtungen der Sunniten und Schiiten waren lange innerhalb der islamischen Welt von weitaus größerer Bedeutung als die Kämpfe gegen die Christen; sie schlagen sich nicht nur in den Darstellungen der islamischen Geschichtsschreiber nieder, die teilweise gegen andersgläubige Muslime polemisierten, sondern prägten auch das Verhalten der Muslime gegenüber der christlichen Bedrohung.
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Vor dem Beginn des Ersten Kreuzzugs erstreckte sich damit die islamische Welt, der dār al-islām, von der Straße von Gibraltar im Westen bis zum indischen Subkontinent im Osten. Handelsverbindungen reichten weit über diesen Raum hinaus und trugen im Verbund mit der Übernahme und Fortführung antiker geographischer Schriften dazu bei, das Weltbild der gebildeten Muslime zu erweitern. Allerdings war zu jener Zeit die alte politische Einheit unter arabischer Führung, nicht zuletzt wegen des Eindringens der Türken aus Mittelasien, einer starken Zersplitterung gewichen. Der dār al-islām zerfiel nunmehr im Wesentlichen in drei große Machtsphären. Im Osten herrschten die Seldschuken. Ihr Reich erstreckte sich vom Aralsee und dem heutigen Kasachstan bis zum Roten Meer und hatte sein Zentrum im Iran. Westlich davon grenzte das Herrschaftsgebiet der Fatimiden an. Diese arabische Dynastie führte sich auf Fatima (Fāt ima, einer Tochter Muhammads) zurück und hatte zur Zeit der Kreuzzüge ˙ihr Machtzentrum im˙ägyptischen Kairo. Ihr Reich umfasste zu Beginn des 11. Jahrhunderts noch den gesamten Maghreb, doch zum Ende des Jahrhunderts
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Vorbedingungen war es im Wesentlichen auf das heutige Ägypten und Tunesien zusammengeschrumpft. Weiter westlich lag das Herrschaftsgebiet der Almoraviden, einer Berberdynastie, die zum Ende des 11. Jahrhunderts den islamischen Teil der Iberischen Halbinsel sowie den westlichen Teil des Maghreb unter ihrer Führung vereint hatte.
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Politische Umbrüche am Vorabend der Kreuzzüge
Die Jahre vor dem Aufruf zum Ersten Kreuzzug waren eine unruhige Zeit für die islamische Welt. Im Jahre 1094 war nach fast sechzigjähriger Herrschaft der fatimidische Kalif al-Mustansir (1036–1094) und kurz zuvor auch der faktische Herrscher des Reichs, ˙der Wesir Badr al-G˘amālī, gestorben. Aus den daraufhin ausbrechenden Thronwirren sollte der Sohn des Badr al-G˘amālī, al-Afdal († 1121), als Sieger und die Sekte der Assassinen ˙ als neue Glaubensrichtung des schiitischen Islam hervorgehen. Die Angehörigen dieser neuen Sekte sahen im ermordeten Sohn des al-Mustansir ˙ den rechtmäßigen Kalifen. Sie errichteten ihr Zentrum im nordwestlichen Iran und ließen sich auch in Nordsyrien nieder, wo sie im 12. Jahrhundert zu einem wichtigen Faktor im Machtgefüge des Vorderen Orients wurden. Die Assassinen waren streng unter einem Anführer organisiert und verübten Attentate gegen sunnitische, aber auch christliche Herrscher (vgl. die Bezeichnung assassin, assassino, asesino etc.). Auch im Seldschukenreich kam es zu Umbrüchen: Seit der siegreichen Schlacht gegen die Byzantiner bei Mantzikert (1071) war es den Seldschuken gelungen, sukzessive Anatolien und damit die östlichen Gebiete des Byzantinischen Reiches unter ihre Herrschaft zu bringen. Doch im Jahre 1092 verstarb der Sultan Malikšāh (1072–1092). Bis zum Jahre 1105 stritten sich dessen Söhne im Iran um das Erbe ihres Vaters, ihre Aufmerksamkeit wurde dadurch von den Schauplätzen in Syrien und Palästina abgelenkt. Im Westen, also in Anatolien, gelang es dem lokalen seldschukischen Führer Qilig˘ Arslān (1092–1107), ein eigenes Herrschaftsgebiet zu bilden, aus dem bald das eigenständige Sultanat von Ikonium (Konya) wurde. Doch zur Zeit des Ersten Kreuzzugs war Qilig˘ Arslān zu sehr mit der Konsolidierung seiner Herrschaft und den Machtkämpfen im Iran beschäftigt, um sich ernstlich in die Geschehnisse in der Levante (dem östlichen Mittelmeerraum) einzumischen. Auch die nomadischen Turkvölker Anatoliens waren zu jener Zeit zersplittert und daher nur kurzzeitig zu gemeinsamen Aktionen in der Lage. Schließlich verschied im Jahr 1094 auch der sunnitische Kalif in Bagdad. Damit waren zwischen 1092 und 1094 alle bedeutenden geistlichen, militärischen und politischen Persönlichkeiten der islamischen Welt im Vorderen Orient gestorben. Bedenkt man zudem die Unruhe unter den Muslimen aufgrund des nahenden Jahres 500 nach der Hig˘ ra, zu dem allerhand apokalyptische Prophezeiungen vorlagen, so kann man im Nachhinein nur feststellen, dass aus christlicher Sicht der Zeitpunkt für einen Zug nach Palästina kaum besser hätte gewählt sein können.
Die Bedeutung Jerusalems für den Islam
Wie war die Lage in Palästina am Vorabend der Kreuzzüge und welche Bedeutung hatte Jerusalem für den Islam? Für die Muslime war und ist Jerusalem, wie für Juden und Christen, eine „heilige Stadt“. Dies drückt sich schon im Namen aus, unter dem sie seit dem 10. Jahrhundert im Islam vor
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allem bekannt ist: al-quds (Heiligtum). Ihre besondere Bedeutung für die Muslime rührt aus verschiedenen Wurzeln: Zum einen daraus, dass in ihr Christus starb, der im Islam als bedeutender Prophet gilt. Zum anderen und vor allem aber ist al-quds der Zielpunkt der so genannten Nachtreise (arab. isrā) Muhammads. In einer Nacht sei der Prophet nach Jerusalem und zurück nach˙ Mekka entrückt worden, ein Beleg für seine Übernatürlichkeit und für seine Gottgefälligkeit. Außerdem soll er nach einem bis heute populären Stoff der volkstümlichen Muhammad-Vita von Jerusalem aus auf ˙ mirāg˘ ) in den Himmel und von der so genannten Himmelsleiter (arab. dort mit der Auflage zum fünfmaligen täglichen Gebet zur Erde zurückgekehrt sein. Vor diesem Hintergrund entstanden in Jerusalem zwei bedeutende Bauwerke: Um den von Muhammad bei seinem Aufstieg zurückge˙ 691/92 auf dem Tempelplatz (arab. lassenen Fußabdruck wurde im Jahre al-Haram aš-Šarīf) der Felsendom vollendet. Unmittelbar neben ihm steht die˙ al-Aqs ā-Moschee, das Ziel der „Nachtreise“. Schließlich galt und gilt Jerusalem˙ im Islam als der Ort, an dem sich das Jüngste Gericht ereignen werde. Es erstaunt also nicht, dass diese heilige Stadt für Muslime einen besonderen religiösen Nimbus besitzt und nach Mekka und Medina das drittwichtigste Pilgerzentrum darstellt. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts war es zur Verfolgung Andersgläubiger, auch von Christen, gekommen, in deren Verlauf im Jahre 1009 die Jerusalemer Grabeskirche zerstört wurde. Doch die Situation änderte sich schnell, die Kirche wurde wiederhergestellt, und bald berichten islamische Texte wie etwa die Reisebeschreibung des spanischen Gelehrten Ibn al-Arabī von Palästina und insbesondere Jerusalem als Zentren islamischer, jüdischer und christlicher Gelehrsamkeit. Die unterschiedlichen christlichen Minderheiten (vgl. Kap. III., 2. a) waren zwar zur Zahlung einer Kopfsteuer (arab. g˘izya) verpflichtet und den Muslimen keineswegs rechtlich gleichgestellt, aber sie genossen Religionsfreiheit und empfingen Pilger aus der lateinischen und aus der griechisch-orthodoxen Welt. Allerdings liegt auch ein Beleg dafür vor, dass im Jahre 1093/94, also unmittelbar vor dem Aufruf zum Kreuzzug, Pilger daran gehindert wurden, den Weg von den levantinischen Küstenstädten nach Jerusalem zu nehmen. Zu dieser Zeit befand sich die Heilige Stadt in der Hand der Seldschuken, die 1071 das gesamten Hinterland Palästinas einschließlich Jerusalems erobert hatten. In der Folge lag die Stadt im Grenzgebiet fatimidischer und seldschukischer Herrschaft, was sich negativ auf die Sicherheit in der Region auswirkte: Der Wegfall einer starken seldschukischen Zentralmacht bedingte nach 1092 die Entstehung kleinerer Emirate in Syrien, v. a. um Aleppo und Damaskus. An der Küste, die durch reiche Hafenstädte mit internationalen Handelsverbindungen (z. B. Tripolis, Akkon und Tyrus) gekennzeichnet war, übernahmen lokale Machtträger die Herrschaft, soweit die Städte nicht unter fatimidischer Macht verblieben waren. Syrien und Palästina wiesen hier gewisse Ähnlichkeiten zum Italien jener Zeit auf: zersplittert, wirtschaftlich hoch entwickelt, aber ebenso ablehnend gegenüber zentralisierter Herrschaft. Nur im südlichen Palästina wurde das Machtvakuum noch einmal unmittelbar vor der Ankunft der Kreuzfahrer durch die Fatimiden gefüllt: Im Jahre 1098 nahm der Wesir al-Afdal in einem Blitzunternehmen Jerusalem ein. Es ist nicht zu klären, ob er˙ damit einer
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Vorbedingungen Eroberung durch die Kreuzfahrer, über deren Anrücken er informiert gewesen zu sein scheint, zuvorkommen wollte, oder gar in Absprache mit ihnen handelte, um einen christlichen „Puffer“ gegen die Seldschuken zu errichten. Doch nunmehr bildete Jerusalem im Binnenland Palästinas einen Vorposten fatimidischer Macht.
c) Kontakte und Konflikte zwischen Christen und Andersgläubigen Die Beurteilung des Islam im Christentum
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Die historische Brisanz des Verhältnisses zwischen Christentum und Islam rührt nicht aus ihrer Unterschiedlichkeit, sondern gerade aus ihrer Ähnlichkeit: Beide stellen konkurrierende Religionen oder Konkurrenzkulturen dar, die aus gemeinsamen Traditionen schöpfen und dabei trotz mancher Übereinstimmungen gerade ihre Gegensätzlichkeit betonen. Doch bis zum Ersten Kreuzzug fand eine eigentliche Auseinandersetzung mit den Inhalten des Islam seitens der lateinischen Christen kaum statt. Der byzantinische Autor Johannes von Damaskus (Damaskenos, † um 750) formulierte in seinem ›Liber de haeresibus‹ schon früh Vorwürfe gegen Muhammad, die von ˙ Diese stereogriechischen Autoren aufgegriffen und wiederholt wurden. typen, über das Spätmittelalter hinaus geläufigen Vorurteile fußten auf den Grundannahmen, dass der Islam ein häretischer Ableger des Christentums und der Koran kein göttliches Werk sei. Weiterhin galt der Prophet als ein Hochstapler zweifelhafter Lebensführung und Moral, der gottgleiche Verehrung genieße. Muslime seien zudem polytheistische Götzenverehrer. Allerdings empfanden gerade die Byzantiner die Notwendigkeit, die Erfolge des Islam mit diesem negativen Bild in Einklang zu bringen. Folglich wurden die Muslime trotz ihrer vermeintlichen Irrtümer als Instrumente bzw. als Geißel Gottes gedeutet, durch die der Herr seine Gläubigen für Verfehlungen gestraft habe. Muh ammad wurde sogar als Vorläufer des ˙ Antichrist gedeutet und damit heilsgeschichtlich eingeordnet. Auf derartigen Deutungen und Zerrbildern fußten im Wesentlichen die Urteile, die sich die lateinische Christenheit vom Islam machte. Dabei existierten sehr wohl stetige, wenn auch nicht intensive politische und wirtschaftliche Kontakte zwischen dem christlichen und dem muslimischen Kulturbereich. Schon Karl der Große (768–814) und Otto der Große (936–973) hatten diplomatische Beziehungen zum Abbasidenhof in Bagdad bzw. zum Omayyadenhof in Córdoba unterhalten, und die byzantinischen Kaiser standen in noch engerem Austausch mit den muslimischen Herrschaften des Vorderen Orients. Auch manchen Kaufleuten war der islamische Raum im ausgehenden 11. Jahrhundert keineswegs unbekannt: Händler der süditalienischen Hafenstadt Amalfi waren so regelmäßig in Jerusalem, dass sie dort ein Spital zur Pflege von Mitchristen errichteten, und auch aus anderen italienischen Städten fanden Schiffe den Weg zu den Märkten und Waren des Ostens. Christen, die sich auf eine Pilgerfahrt ins Heilige Land begaben, kamen unmittelbar mit dem Islam in Berührung und dürften sich ein Bild von dieser Religion gemacht haben. Doch waren es insgesamt nur wenige Menschen, die derartige Kontakte eingingen, und die Quellen geben kaum Auskunft über persönliche Erfahrungen.
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Christentum, Islam und Heidentum am Ende des 11. Jahrhunderts Bilder vom Anderen Das christliche Bild vom Islam war zum ausgehenden 11. Jahrhundert noch weitgehend von Unkenntnis, Verzerrungen oder schlichtem Desinteresse gekennzeichnet. Genauso wenig existierte allerdings im lateinischen Westen vor den Kreuzzügen eine verbreitete, kohärente anti-islamische Ideologie, die Menschenmassen für einen militärischen Konflikt mit islamischen Herrschaften begeistert hätte. Kaum anders sah es aufseiten der Muslime aus. Aus ihrer Sicht hatte das Christentum trotz seiner unbezweifelbaren heilsgeschichtlichen Bedeutung als Vorläuferreligion des Islam wenig zu bieten. Es war durch diesen überholt und abgelöst worden, Muh ammad war der letzte und größte aller Prophe˙ die christliche Welt mit den großen Zentren ten. In kultureller Hinsicht konnte des Ostens nicht mithalten. Im geographischen Weltbild des Islam lagen die christlichen Herrschaften vor den Kreuzzügen an der Grenze und damit außerhalb des unmittelbaren Blickfelds. Zwar hatten Muslime mit den griechischen und orientalischen Christen ihrer Herrschaftsgebiete regelmäßigen Kontakt, aber das Interesse an den Inhalten ihrer Religion und das Wissen darum hielt sich in sehr beschränktem Rahmen.
In der islamischen Welt waren die wichtigsten Informationsquellen über die lateinische Christenheit vor der Ankunft der Kreuzfahrer Reiseberichte, geographische Werke sowie Erzählungen von Personen, die sich als Gefangene, Diplomaten, Kaufleute oder Pilger im lateinischen Westen aufgehalten hatten. Als besonders einflussreich erwies sich die Einteilung der Welt und ihrer Völker nach Ptolemäus (2. Jahrhundert): In Anlehnung an ihn sahen die Muslime die europäischen Christen in feuchtkalten Gegenden wohnen, die sich auf das Gemüt und den Charakter dahingehend auswirkten, dass die Christen unintelligent, roh und ungewaschen seien. Diese Sicht der Dinge bezog sich auf die lateinischen Christen Europas, nicht auf diejenigen des Orients oder gar die Christen unter muslimischer Herrschaft, mit denen man in permanentem Kontakt stand. Dort hatten orientalische Christen gerade im 7. und 8. Jahrhundert etwa durch die Vermittlung antiker Kenntnisse einen wichtigen Anteil am Aufbau der islamischen Kultur. Von den unterschiedlichen christlichen Kirchen im Vorderen Orient wird an anderer Stelle die Rede sein (Kap. III., 3. c), hier gilt es zu unterstreichen, dass diese als „Religionen des Buchs“ einen Sonderstatus, den des Schutzbefohlenen (arab. dimmī ), genossen. Sie durften ihren Glauben ¯ ausüben, solange dies in Bescheidenheit und ohne Missionsversuche geschah, waren allerdings „Bürger zweiter Klasse“ und wurden rechtlich wie steuerlich diskriminiert. Diese Benachteiligungen scheinen aber nicht so unerträglich gewesen zu sein, dass es zu Auswanderungen größeren Stils kam. Nur in Ausnahmesituationen wie zur Zeit des Kalifen al-Hākim oder ˙ zur Zeit der Almohaden (1130–1269) in Spanien kam es zu wirklichen Verfolgungen. Gerade die Anhänger der von der griechischen Kirche als häretisch bekämpften orientalischen christlichen Bekenntnisse konnten in der muslimischen Machtübernahme durchaus eine Verbesserung ihrer Situation sehen, denn die Behandlung religiöser Minderheiten – seien es Christen, Juden oder Muslime – war im byzantinischen Herrschaftsgebiet strenger als unter dem Islam. Die neuen muslimischen Herren wurden daher weniger als Feinde denn als Glaubensgegner betrachtet. Dies machte sich auch während der byzantinisch-islamischen Auseinandersetzungen vor den Kreuzzügen bemerkbar.
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Vorbedingungen Byzantinischmuslimische Konflikte vor 1095
Denn der östliche Mittelmeerraum (die Levante) war schon vor dem Aufruf zum Ersten Kreuzzug zwischen Muslimen und Christen umkämpft. Dies ist etwas in Vergessenheit geraten, weil traditionelle Protagonisten durch die Kreuzzüge abgelöst wurden: Auf der einen Seite übernahmen die türkischen Seldschuken die Stelle der arabischen Abbasiden, auf der anderen die lateinischen Christen die Rolle der griechisch-orthodoxen Christen. Doch gab es eine lange Tradition byzantinisch-muslimischer Konflikte. Nachdem Byzanz sich über zwei Jahrhunderte lang gegenüber dem Islam in der Defensive befunden hatte, wurde unter drei Kaisern aus der makedonischen Dynastie – Nikephoros II. Phokas (963–969), Johannes I. Tzimiskes (969–976) und Basileios II. – eine intensive Expansionspolitik betrieben, die zur Wiedereroberung weiter Teile Kleinasiens führte und die Byzantiner bis an die Tore Jerusalems brachte. Nur unter Nikephoros Phokas und Johannes Tzimiskes wurden diese Konflikte sogar kurzzeitig in einen religiösen Kontext gestellt. Doch die Patriarchen von Konstantinopel verweigerten den bei den Kämpfen Gefallenen die Anerkennung als Märtyrer: zu fremd war im orthodoxen Christentum noch die Vorstellung vom heiligen, gottgefälligen Kampf mit der Waffe. Innere Probleme nach dem Tode des byzantinischen Kaisers und der Aufstieg der Seldschuken zur Mitte des 11. Jahrhunderts schoben jeder weiteren Expansion einen Riegel vor. Im Gegenteil: Anatolien und Nordsyrien gingen den Byzantinern unter den Angriffen der Seldschuken verloren, 1085 fiel diesen auch die bedeutende Stadt Antiochia in die Hand. Der weitgehend selbstständig operierende Sultan Qilig˘ Arslān I. aus einer Seitenlinie der Seldschukendynastie konnte nach dem Tode des Sultans Malikšāh († 1092) seine eigene Herrschaft sichern und zum so genannten Sultanat der Rum-Seldschuken ausbauen. Wie er unterwarfen auch die Danischmendiden, eine türkische Dynastie, deren Machtzentrum in Nordanatolien lag, Gebiete mit überwiegend griechisch-orthodoxer Bevölkerung und setzten die Byzantiner damit weiter unter Druck. Auch das nomadische Turkvolk der Kumanen bedrohte die Reichsgrenzen. Inwieweit erreichten Nachrichten von diesen Ereignisse den Westen? In Nordsyrien hatten viele – Griechen und Christen, aber auch arabische Muslime – unter den neuen Herren zu leiden, doch war der Wechsel für die bislang herrschenden Griechen besonders scharf. Sie dürften ein düsteres Bild ihrer Situation nach Konstantinopel getragen haben. Von dort nahm es seinen Weg in den Westen, wo es die Berichte lateinischer Christen aus der Heiligen Stadt, die zweifellos von den unruhigen politischen Verhältnissen in Palästina beeinflusst wurden, ergänzte. Kaiser Alexios I. Komnenos stützte sich bei seiner Abwehr der seldschukischen Angriffe zunehmend auf Söldner aus Westeuropa (Flamen, Deutsche, Engländer), nachdem der Konflikt mit den süditalienischen Normannen und das treulose Verhalten mancher Söldner bei der Schlacht von Mantzikert den lange betriebenen Rückgriff auf normannische Kontingente wenig ratsam erscheinen ließ. Aufgrund der neuerlichen Bedrohung richtete er eine Gesandtschaft an den Westen; sie traf im März 1095 während eines kirchlichen Konzils im italienischen Piacenza ein. Unter anderem baten die Byzantiner um militärische Unterstützung gegen ihre muslimi-
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schen Feinde. Auch wenn keine unmittelbare Reaktion seitens der Versammelten bezeugt ist: Die Vorstellung, den bedrängten Mitchristen zu Hilfe kommen zu müssen, wurde ein halbes Jahr später zu einem wichtigen Argument beim päpstlichen Kreuzzugsaufruf (s. Quelle). Hilfe für die Byzantiner als Argument Urbans II. (nach Fulcher von Chartres) Zit. nach: Hagenmeyer, Heinrich (Hrsg.): Fulcher von Chartres, Historia Hierosolymitana (Lib. I, cap. III, 2), S. 132 ff.
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Es ist nämlich nötig, Euren im Osten befindlichen Mitbrüdern sofort mit der Unterstützung zu Hilfe zu eilen, die sie schon oft von euch erbeten haben. Wie den meisten von Euch bereits zugetragen worden ist, sind die Türken, ein persischer Stamm, bis zum Mittelmeer, zum so genannten Arm des hl. Georg [zum Bosporus] eingedrungen. […] Wenn Ihr sie weiter gewähren lasst, werden die Gläubigen Gottes noch weiter überrannt.
Auch im Westen Europas konnte man zum Ende des 11. Jahrhunderts auf eine lange Erfahrung im Kampf mit muslimischen Gegnern zurückschauen. Im Verlauf des 8. und 9. Jahrhunderts waren die Iberische Halbinsel, Sizilien und Teile Unteritaliens von Muslimen erobert worden, und noch in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts bedrohten Muslime von Stützpunkten an der provenzalischen Küste aus Südfrankreich und die Alpenpässe. Zwar konnten diese Vorposten in den darauf folgenden Jahrzehnten beseitigt werden, doch verblieben mit Spanien und Sizilien zwei Bereiche christlich-islamischer Auseinandersetzungen neben der kleinasiatischen Grenzzone. Hier waren die Konflikte virulent und dauerhaft. Im Jahre 711 hatten islamisierte Berber in der Nähe Gibraltars ein christliches Heer besiegt und in kurzer Zeit beinahe die gesamte Iberische Halbinsel unter ihre Herrschaft gebracht. Seit der Mitte des 8. Jahrhunderts unternahmen Christen aber immer wieder Züge in den muslimisch beherrschten Süden, wobei sie allmählich auch Landgewinne erzielten. Lange Friedensperioden und kriegerische Auseinandersetzungen wechselten sich ab. Nach dem Untergang des Kalifats von Córdoba (1031) gewannen die Konflikte deutlich an Intensität: Unter König Alfons VI. von Kastilien (1072–1109) dehnten die Christen ihr Herrschaftsgebiet stark nach Süden aus, und im Jahre 1085 eroberten sie die alte westgotische Hauptstadt Toledo. Schon bald jedoch sahen sie sich durch die ins Land gerufene Berberdynastie der Almoraviden, die im Jahre 1086 einem christlichen Heer bei Sagrajas eine schwere Niederlage beibrachten, aufs Neue zurückgedrängt (vgl. Kap. IV., 1. a). Das 11. Jahrhundert war also eine ausgesprochene Umbruchphase der konfessionellen Beziehungen auf der Iberischen Halbinsel. Gesicherter war die Situation der Christen im dritten christlichislamischen Grenzgebiet des 11. Jahrhunderts, Sizilien und Süditalien. Hier festigten die Normannen in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ihre Herrschaft, auch wenn viele Muslime noch in ihrer Heimat verblieben und man sich nie ganz vor einem Angriff aus dem Süden sicher sein konnte. Nicht zuletzt gegen diese Gefahr richtete sich eine Expedition, die eine pisanische Flotte im Jahre 1087 gegen Mahdia (al-Mahdīya), eine Stadt bei Tunis, unternahm. Dabei wurden ausdrücklich die im Kampf gegen die Muslime gefallenen Christen als Märtyrer gefeiert.
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Vorbedingungen Die europäische Expansion
Der Islam befand sich also 1095 keineswegs überall im Vormarsch: Im Westen Europas, auf der Iberischen Halbinsel und auf Sizilien, hatte er an Boden gegenüber den Christen verloren, während er im Osten, in Kleinasien, unter den Seldschuken in der Offensive war. Die Trennlinie bildete ungefähr das Mittelmeer, dessen nördliche Küste weitgehend christlich und dessen Südflanke größtenteils muslimisch war. Dieses Bild einer beginnenden christlichen Expansionsbewegung lässt sich auch in anderen Bereichen festmachen. Die Wikingereinfälle, die seit dem ausgehenden 8. Jahrhundert immer wieder für Zerstörungen gesorgt hatten, fanden mit dem misslungenen Angriff König Haralds Hadrada auf England im Jahre 1066 einen Schlusspunkt. Und die nomadischen Ungarn (Magyaren) wurden schon in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts in die lateinische Christenheit integriert. Als wichtiges konfessionelles Grenzgebiet des Christentums blieb der Nordosten Europas, wo heidnische Slawen lebten. Auch hier befand sich das lateinische Christentum am Ende des 11. Jahrhunderts in einer Expansionsphase. Zwar hatte der große Slawenaufstand von 983 viele ältere Eroberungen und Gründungen der Karolinger- und beginnenden Ottonenzeit zunichte gemacht, doch seit der Mitte des 11. Jahrhunderts wurden östlich der Elbe und Saale verlorene Gebiete zurückerobert und zerstörte Kirchen wieder aufgebaut. Siedler zogen in die neu gewonnenen Gebiete, die einheimische Bevölkerung wurde missioniert. Während im Osten des Römisch-Deutschen Reiches christliche Herrschaften und eigene kirchliche Strukturen entstanden (Polen, Böhmen und Ungarn), verblieben im Nordosten an der Wende zum 12. Jahrhundert noch heidnische Völker. Die westslawischen Pomoranen und Wenden bildeten zusammen mit den finno-ugrischen und baltischen Stämmen der Prußen, Liven, Esten, Litauer und Finnen von der Grenze Sachsens bis zum Polarkreis einen großen Bogen schriftloser, polytheistischer Völker. Ihre Siedlungsgebiete sollten ebenso wie die Iberische Halbinsel und der Vordere Orient zum Ziel von Kreuzfahrerheeren werden. Die Kreuzzüge erlangen vor dem Hintergrund der drei wichtigsten hier beschriebenen Entwicklungen – der herrschaftlichen Zersplitterung des europäischen Raumes, der fortschreitenden konfessionellen Trennung der Christenheit im 11. Jahrhundert sowie schließlich der Expansionsbewegungen in Ost und West – besondere Bedeutung. Sie fügten sich über bestehende Barrieren hinweg in die große Expansionsbewegung ein und vermittelten dabei den Waffenträgern des lateinischen Europa ein klares, gemeinsames Ziel. Schon die Zeitgenossen wiesen auf die über die geläufigen Grenzen hinausreichende Qualität der Kreuzzüge hin. Diese neue Form militärischer Unternehmungen trug wesentlich dazu bei, der europäischen Expansion des Mittelalters Kohärenz zu verleihen.
2. Heiliger Krieg, Rittertum und Pilgerfahrt a) Gerechter Krieg – heiliger Krieg Der Kreuzzugsgedanke
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Der Erste Kreuzzug wurde zu Recht sowohl von Zeitgenossen als auch von den Nachlebenden als etwas Neues wahrgenommen. Gleichwohl beruhte er auf einer Reihe von Grundlagen, die oft weit zurückreichten. Sie waren
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Heiliger Krieg, Rittertum und Pilgerfahrt
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häufig politischer und sozialer Natur oder gehörten in den Bereich der mittelalterlichen Vorstellungen und der Frömmigkeit. Sie gilt es in den folgenden beiden Kapiteln darzustellen. Dies ist umso nötiger, als sie den meisten modernen Menschen fremd sind. Diese Vorbedingungen brachten im Verbund das hervor, was man als „Kreuzzugsgedanken“ bezeichnen kann: die geistige bzw. ideologische Grundlage für die Expeditionen. Dieser Gedanke wirkte unterschiedlich stark auf die Kreuzzugsbewegung, ihre intellektuellen Anführer sowie auf den einzelnen Kreuzfahrer als Individuum. Eine große Anzahl von Quellen unterrichtet uns hiervon; die erhaltenen Urkunden und Briefe von Kreuzfahrern tun dies auf besonders direkte Weise. Die Kreuzzüge werfen heute ebenso wie in früheren Zeiten die Frage nach der Berechtigung des Krieges auf. Das Christentum gründet wesentlich auf dem friedlichen Wirken Christi. Es hatte daher im Gegensatz zum Islam – dessen Prophet sowohl ein geistlicher als auch ein militärischer Führer war – einen großen Gegensatz zu lösen: Es musste die widersprüchlichen Äußerungen der Bibel über den Krieg miteinander vereinbaren. Dem fünften Gebot „Du sollst nicht töten“ oder den Friedensworten Jesu standen viele andere Stellen gerade des Alten Testaments entgegen. Die offizielle Übernahme des Christentums im Römischen Reich zu Beginn des 4. Jahrhunderts änderte nichts daran, dass dort weiterhin Krieg geführt wurde. Manche christlichen Krieger wurden „zur Ehre der Altäre erhoben“, d. h. heilig gesprochen. Bischöfe übernahmen im Frühmittelalter vielfach die Funktion von Stadtherren und mussten als solche die Sicherheit ihrer Herrschaften garantieren – auch mit Waffengewalt. Mit den daraus resultierenden theologischen Herausforderungen setzte sich auch der Klerus auseinander: Er stellte ein Gedankengebäude zur Verfügung, das als Grundlage für den Krieg im Mittelalter und darüber hinaus diente – die Theorie vom gerechten Krieg. Diese wurde in wesentlichem Maße von Augustinus geprägt. Augustinus (354–430) war Bischof von Hippo Regius im heutigen Algerien. In der Auseinandersetzung mit der Häresie der Manichäer, die den Krieg als solchen und deshalb auch das Alte Testament verwarfen, benannte er in seinem Werk ›Contra Faustum Manicheum‹ Voraussetzungen für einen gerechten Krieg. Vier Kriterien mussten gegeben sein: die Kriegserklärung durch eine legitime Autorität, ein gerechtfertigter Kriegsgrund, das Fehlen einer anderen Lösungsmöglichkeit und eine angemessene Form der Kriegführung. Augustinus trennte die innere Einstellung des Kämpfenden von seinen Taten, sodass nunmehr die Legitimität des Kriegsgrunds zu einem Kriterium für die Gerechtigkeit oder das Unrecht eines Kriegs wurde. Weiterhin definierte er: Rechtmäßig handele derjenige, der Land, Gesetz oder Sitten gegen Aggression verteidige, ein Gerichtsurteil erzwinge, Unrecht bestrafe oder geraubtes Gut wiedererlange. Außerdem seien Kriege gerecht, die auf Veranlassung Gottes (Deo auctoritate) durch eine von ihm eingesetzte weltliche Autorität geführt würden. Doch sollte der Krieg nicht als Mittel zur Bekehrung oder zur Vernichtung von Heiden dienen. Im Kern war die augustinische Lehre vom gerechten Krieg (bellum iustum) denn auch gegen Glaubensfeinde im Inneren gerichtet. Die Wiederherstellung des gestörten Friedens war dabei das vordringliche Ziel, deshalb verstand der Bischof Kriegführung als einen Akt der Nächstenliebe. Christliches Handeln war damit auch im Kriege gewährleistet, Augustinus hatte eine neue Kriegsethik geschaffen.
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Vorbedingungen Das augustinische Gedankengebäude ging im Frühmittelalter weitgehend verloren. Nicht die innere Haltung des Menschen und das Ziel seiner Handlungen, sondern allein deren Ausgang wurde für die Beurteilung entscheidend. Daher wurden auch dann noch Bußleistungen eingefordert, wenn ein Soldat auf Befehl eines legitimen Königs einen Friedensstörer oder sogar einen Aggressor getötet hatte. Das Konzept des gerechten Krieges wurde auch dann nicht reaktiviert, als im 7. Jahrhundert mit der muslimischen Expansion in der Tat die Situation einer Verteidigung gegen äußere Aggression eintrat. Der „geheiligte Krieg“ auf der Iberischen Halbinsel
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Seit dem 9. Jahrhundert trafen neue Bedrohungen das Christentum: Die Angriffe der heidnischen Wikinger und Normannen, Ungarn und Slawen im Norden und Osten sowie der Muslime im Süden und Westen ließen nicht nur im griechischen Osten, sondern auch im lateinischen Westen den von Augustinus angenommenen Fall immer wieder eintreten. Hier nun lässt sich in Einzelfällen sehr wohl eine theologische Auseinandersetzung mit dem Krieg feststellen – so auf der Iberischen Halbinsel, die zu Beginn des 8. Jahrhunderts von Muslimen erobert worden war. Im gebirgigen Norden (Asturien, León) verteidigten die Christen ihre Unabhängigkeit und begannen bald, ihr Herrschaftsgebiet allmählich nach Süden auszudehnen. Sie konnten darauf verweisen, dass es sich hierbei um ehemals christliche Territorien handelte, in denen obendrein noch Glaubensbrüder lebten. Dies allein reichte aus, um ihren Kampf zu rechtfertigen. In Asturien und León wurde ausdrücklich der Anspruch formuliert, einen gerechten Krieg, sogar einen Krieg Deo auctoritate gegen eine aggressiv auftretende Religion zu führen. Chroniken des 9. bis 11. Jahrhunderts zeichnen die Auseinandersetzung nicht nur als gerechten, sondern sogar als geheiligten Krieg: Die christlichen Herrscher werden in Parallele zu Königen des Alten Testaments gesetzt, die spanischen Christen so zum Volk Gottes, das zur Verwirklichung des göttlichen Heilsplans beiträgt. Eine direkte Übernahme dieses Konzepts durch die Kreuzfahrer ist nicht zu belegen, aber aus Sicht der meisten christlichen Zeitgenossen waren auch die Kreuzzüge mehr als gerechte Kriege, mehr als eine Verteidigung gegen einen ungerechten Angriff. Auch sie waren geheiligt, denn hier kämpfte man nicht nur für die Verteidigung des Christentums, sondern unmittelbar für Gott. Man erfüllte seinen Willen, war Werkzeug des Herrn. Die Teilnahme an einem solchen Krieg war daher nicht mehr eine bußwürdige, sondern eine heilbringende Handlung, man kann in diesem Zusammenhang sogar von „verdienstvoller Gewaltanwendung“ sprechen. Nicht der Krieg an sich wurde also als heilig angesehen, sondern er wirkte heilbringend auf den Menschen. Diese Interpretation, die sich auch in zeitgenössischen Urkunden und Briefen findet, wurde durch die neuerliche Rezeption der augustinischen Schriften im ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhundert gefördert und bildete eine wichtige Grundlage des Kreuzzugsgedankens. Zunehmend rückte das Vorhaben oder der innere Beweggrund, die intentio, ins Zentrum des Interesses, die Bedeutung der eigentlichen Handlung fiel dagegen zurück. Der Kreuzzug war an sich schon gerechtfertigt, aber erst die innere Einstellung machte die Teilnahme an ihm vor Gott verdienstvoll. Dies wurde ausdrücklich von Papst Urban II.
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Heiliger Krieg, Rittertum und Pilgerfahrt (1088–1099) unterstrichen, als er ausschließlich demjenigen, der sola devotione, allein aus Gottergebenheit, ins Heilige Land aufbrach, einen Ablass (vgl. Kap. I., 3. c) in Aussicht stellte. Schließlich wurde der Krieg gegen die Muslime dadurch in besonderem Maße gebilligt, dass er zugunsten bedrohter christlicher Mitbrüder geführt wurde. Hier kam der christliche Gedanke des Einsatzes – hier: des militärischen Einsatzes – für den Nächsten zum Tragen. Wurden die griechischen Christen nicht von den Muslimen bedroht? Mussten sie nicht um Leib und Leben fürchten? Gesandte aus dem Osten und der Papst führten den Zeitgenossen diese Bedrohung plastisch vor Augen. Manche Propagatoren des Kreuzzugs verstanden den Kampf – so ungewöhnlich diese Vorstellung heutigen Menschen erscheinen mag – als einen Akt der Liebe im Sinne des biblischen Liebesgebots, auch wenn diese Denkweise dem einfachen Kreuzfahrer eher fern stand. Eine andere, aus dem augustinischen Gedanken des gerechten Krieges abgeleitete Vorstellung fügte sich noch besser in die zeitgenössische Lebenswelt: diejenige vom Krieg zur Bestrafung des Friedensbrechers. Im 11. Jahrhundert wurde dieses Thema insbesondere für eine noch junge Gesellschaftsgruppe relevant: das Rittertum.
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Krieg als Akt der Liebe oder der Rache
b) Das Rittertum Das Hochmittelalter war ohne jeden Zweifel eine Zeit offener Gewalt, die im 11. Jahrhundert sogar an Schärfe zunahm. Dies überliefern nicht nur die erzählenden Texte: In der Rechtsprechung etwa ging man dazu über, bislang durch Bußleistungen gesühnte Vergehen körperlich, mit Verstümmelung oder dem Tod, zu bestrafen – zugleich Beantwortung und Ausdruck einer allgemeinen Militarisierung der Gesellschaft. Diese hing nicht zuletzt mit dem Fehlen einer effektiven Zentralmacht zusammen. Die Spaltung und faktische Auflösung des Karolingerreichs insbesondere im Westen ließ nämlich ein herrschaftliches Vakuum entstehen, das zunehmend von lokalen Machtträgern ausgefüllt wurde. Diese stützten sich dazu auf berittene Kämpfer, so genannte milites (Ritter). Dies war ihre Epoche, die Zeit, in der sie zur Macht aufstiegen. Manche von ihnen waren aufgestiegene freie Bauern, viele andere stammten von Amtsträgern ab. Sie erfüllten im Namen ihrer Herren Verwaltungsaufgaben und genossen in Einzelfällen beträchtliche Unabhängigkeit. Sichtbares Zeichen hierfür waren die Ritterburgen, die seit dem Beginn des 11. Jahrhunderts in immer größerer Zahl die Landschaft überzogen. Es ist in der Forschung umstritten, ob es diesen kleineren Kriegsherren überall gelang, eine quasi autonome Stellung einzunehmen, ob sich dieser Wandel schlagartig vollzog und ob dies durchweg mit einer Unterdrückung der zuvor freien Bauernschaft einher ging. Aber es ist unbestreitbar, dass der Aufstieg dieser Kriegerelite ein bedeutendes Merkmal der Zeit war und als wesentliche Grundlage für die Entstehung der Kreuzzüge anzusehen ist. Was den Ritter äußerlich von anderen Kämpfern unterschied, war sein Pferd und – davon abhängig – seine Bewaffnung. Diese bestand in erster Linie aus der Lanze, die unter den Arm geklemmt wurde und dem Ritter
Die Ausrüstung des Ritters
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Vorbedingungen beim berittenen Angriff eine furchtbare Durchschlagskraft verlieh. Diese Wirkung wurde noch gesteigert, wenn die Ritter in geschlossener Formation angriffen, was zur Gruppensolidarität der Berittenen beitrug. Ihre Kriegerkultur beruhte wesentlich auf den Idealen militärischer Härte, Fertigkeit und Ehre. Was das junge Rittertum des 11. Jahrhunderts noch nicht kennzeichnete, waren die Heraldik, die Zeremonien und die höfischen Verhaltensregeln späterer Zeiten. Diese Ideale sollten erst die Kreuzzüge des ausgehenden 12. Jahrhunderts und nachfolgende Unternehmen prägen. Die Ausrüstung eines Ritters – vom Langschwert über das Kettenhemd und die Sporen bis zum wichtigsten Element, dem Pferd – war außerordentlich teuer. Sie konnte nur finanziert werden, wenn der Ritter über beträchtliche Mittel verfügte. Dabei handelte es sich in aller Regel um Grundbesitz. Man schätzt, dass ein gepanzerter Reiter über die Einnahmen aus 12 „Hufen“ (bäuerlichen Wirtschaftsbetrieben) verfügen musste, um Pferd und Bewaffnung zu finanzieren. Der Ritter bedurfte auf dem Feld der Unterstützung – sei es in Form von Dienern und Knechten, die ebenfalls bei Bedarf zur Waffe griffen, sei es in Form von Fußsoldaten. Ein Ritter stand daher nicht allein, sondern bildete das Zentrum einer kleinen militärischen Einheit. Zwar stellten die adligen Herren und Ritter nur ca. 10–15% der größeren Kreuzzugsheere, denn der päpstliche Aufruf zum Zug ins Heilige Land ergriff schlichtweg Männer und Frauen aller Schichten. Aber die milites empfanden sich zu Recht als das militärisch wichtigste Element und wurden auch von anderen so gesehen. Es waren diese Ritter, die Urban II. in erster Linie im Visier hatte, als er seinen Aufruf zum Kreuzzug hielt, es war ihre Gedankenwelt, die er und spätere Päpste in vielfältigen Anspielungen ansprachen. Wie gelang es der Kirche aber, diese neue, dem Krieg verpflichtete Gruppe in den Dienst Christi und der Kirche zu stellen? Der Gottesfriede
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In manchen Gegenden Europas führte die Schwäche zentraler, vor allem judikativer Gewalten und die Macht der Ritter zu großen Missständen: Bewaffnete trugen ihre Streitigkeiten, so genannte Fehden, militärisch und auf Kosten wehrloser Kleriker, Frauen oder Bauern aus. Um diesem Missstand zu begegnen, versah sich der Klerus in Aquitanien, Burgund und Nordfrankreich zum Ende des 10. Jahrhunderts darauf, den so genannten Gottesfrieden (pax Dei) für ungeschützte Bevölkerungsgruppen zu propagieren. Außerdem legte er bestimmte Perioden (treuga Dei) fest, in denen nicht gekämpft werden durfte. Wer hiergegen verstieß, wurde nicht nur mit der Exkommunikation bestraft: In einigen Bereichen wurden auch weltliche Herrschaftsträger zu Garanten der Durchsetzung bestimmt. Diese verpflichteten sich durch Schwüre auf heiligen Reliquien dazu, gegen die Friedensbrecher vorzugehen, und erhielten hierfür den Segen der Kirche. Zwar ging die Gottesfriedensbewegung in den erwähnten Gebieten um 1030 zu Ende, doch wurde der Gedanke eines allgemeinen oder zeitlich gebundenen Friedens- und Eintrachtsbündnisses (pax et concordia) anderswo, etwa in Flandern, Lothringen und im Rheinland, unmittelbar vor dem Ersten Kreuzzug wieder aufgegriffen. Auch das Papsttum und der Kaiser riefen zu dieser Zeit verschiedentlich zur Durchsetzung des Friedens auf. Damit kamen Gottesfrieden und treuga Dei verschiedenen Interessen
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entgegen: Sie gaben lokalen Machtträgern ein von breiten Bevölkerungsgruppen begrüßtes Mittel an die Hand, die Willkür der Ritter einzuschränken. Für unseren Zusammenhang ist jedoch wichtiger, dass sie auch die Position der Kirche stärkten, denn diese übernahm hierdurch eine wichtige Rolle in der Friedenssicherung. Zudem trugen diese Initiativen dazu bei, den Kampf gegen Glaubensbrüder zu diskriminieren, auf die Vorstellungswelt der Ritterschaft einzuwirken und diese dadurch zu „verchristlichen“. Der feierliche, religiöse Eid ist hierfür ein Beleg, der zugleich auf die Kreuzzüge hindeutet. Es ist bezeichnend, dass Urban II. zeitgleich mit dem Aufruf zum Kreuzzug einen Gottesfrieden verkündete, der sich auch auf die Güter der Kreuzfahrer erstreckte. Zwar besaß der Gottesfrieden für die Entwicklung des Kreuzzugsgedankens nicht das gleiche Gewicht wie manche andere Vorstellungen und Phänomene. Aber er stellte als kirchlicher Aufruf an Ritter, sich zum Wohle von Mitchristen eidlich zur Anwendung militärischer Gewalt zu verpflichten, eine Vorstufe für die Kreuzzugsbewegung dar. Manche späteren Kreuzfahrer hatten vor dem Konzil von Clermont mit kirchlicher Billigung gegen Muslime gekämpft – sei es in Byzanz, auf Sizilien oder in Spanien. Vor allem der Konflikt auf der Iberischen Halbinsel wurde auch zum literarischen Stoff: Um die Figur Karls des Großen entstand eine Serie epischer, mündlich tradierter Erzählungen, so genannte Chansons de geste, in denen vom legendären Zug des Kaisers gegen die Muslime erzählt wurde. Dieser Erzählstoff war im 11. Jahrhundert im Adel insbesondere Frankreichs sehr beliebt und trug seinen Teil dazu bei, den Kampf gegen Muslime aufzuwerten und zu sanktionieren. Doch offenbar sahen die Streiter einen qualitativen Unterschied zwischen den Auseinandersetzungen auf der Iberischen Halbinsel und den Zug in den Nahen Osten. Der Aufruf von Clermont wirkte auf die Ritter durchaus als etwas Neues, Eigenes. Dies hing sicherlich auch damit zusammen, dass Papst Urban und spätere Kreuzzugsprediger mit ihren Worten in bislang unbekannter Weise an elementare Vorstellungen dieser Bevölkerungsgruppe anknüpften. Wie war dieses Selbstverständnis beschaffen, aus welchen Gründen griffen die Ritter zum Wohle des Herrn zu den Waffen?
Chansons de Geste
Verschiedentlich sind die wirtschaftliche Motive der Kreuznahme herausgestellt worden. Der finanzielle Aufwand für die Teilnahme an einen Kreuzzug war enorm. Man schätzt, dass hierfür die Einnahmen eines Ritters von fünf bis sechs Jahren verschlissen wurden. Häufig mussten deswegen Besitzungen veräußert und Kredite aufgenommen werden; die erhaltenen Urkunden zeugen von diesen Notfinanzierungen. Dass es sich hierbei um eine Form der Investition handelte, mit der man in der Ferne reichen Gewinn zu machen erwartete, entspricht modernem, weniger zeitgenössischem Denken. Die Kreuzfahrer – schon die Ersten, noch mehr aber ihre Nachfolger – wussten, dass sie sich auf ein äußerst gefährliches Wagnis einließen, von dem sehr viele nicht zurückkehren würden. Hierauf soll schon Urban II. nach Ausweis späterer Chroniken hingewiesen haben (s. Quelle), aber auch zeitgenössische Testamente der Kreuzfahrer zeugen von der realistischen Einschätzung der Gefahren.
Wirtschaftliche Interessen
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Vorbedingungen
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Der Aufruf zum Martyrium in den Predigten Urbans II. nach dem Konzil von Clermont Zit. nach: Gesta Francorum et aliorum Hierosolimitanorum (I, 1), S. 2 ff. Der Herr Papst sagte außerdem: „Brüder, Ihr werdet viel für den Namen Christi leiden müssen: Leid, Armut, Nacktheit, Verfolgungen, Entbehrungen, Krankheiten, Hunger, Durst und Ähnliches mehr, denn Christus hat zu seinen Anhängern gesagt: ‚Ihr müsst viel in meinem Namen leiden‘ …“ [Apg 9,16].
Die wenigsten von denen, die tatsächlich Palästina erreichten und die Kämpfe überlebten, ließen sich dort nieder. Die Aussicht auf eine neue Heimat kann diese Kämpfer also kaum motiviert haben. Neueste Forschungen haben denn auch gegen ältere Ansichten belegt, dass wirtschaftliche Faktoren wie die Hoffnung auf neue Wohngebiete oder demographischer Druck für die Kreuzfahrer wenig bedeutend waren. Erst nach der Errichtung der lateinischen Herrschaften in Palästina kam es zu einer nennenswerten Siedlungsbewegung, die aber nicht mit den Kreuzzügen gleichzusetzen ist. Das heißt jedoch nicht, dass es in dieser Hinsicht keine Ausnahmen gab: Gerade bei manchen Anführern des Ersten Kreuzzugs wie den Normannen Tankred (* um 1076, † 1112) und Bohemund (*1050/ 1058, † 1111) oder bei Balduin von Boulogne (*1058, † 1118) scheint der Wunsch nach einer eigenen Herrschaft nicht fern gewesen sein. Doch die erhaltenen Testamente von Kreuzfahrern belegen, dass sich die Ritter in aller Regel über die Lebensgefahr im Klaren waren und nicht mit der Erlangung großer Reichtümer rechneten. Was die meisten von ihnen und grosso modo die meisten anderen Waffenträger zur Teilnahme an einem Kreuzzug veranlasste, waren eher innere Beweggründe bzw. Ideale (s. Ritterliches Bewusstsein).
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Ritterliches Bewusstsein Ritterliche Familien waren besonders stark von drei Faktoren geprägt: Familienbewusstsein, Lehnswesen und Ehrvorstellungen. Hieran knüpften die päpstlichen Aufrufe, nicht nur derjenige Urbans II., an. Die von den Muslimen bedrohten griechischen Christen wurden nach Ausweis des Chronisten Balderich von Dol als Blutsverwandte bezeichnet, denen es zu helfen gelte. Später, im 12. und 13. Jahrhundert, konnte dieses Argument ganz unmittelbar verstanden werden, hatte doch mancher Ritter wirklich Verwandte, die in die „Kreuzfahrerstaaten“ ausgewandert waren, oder Vorfahren, die sich bereits als Kreuzfahrer ausgezeichnet hatten. Anklänge an adlige Lehnvorstellungen wiederum werden in den Kreuzzugsaufrufen dann erkennbar, wenn auf den Verlust des angestammten Besitzes hingewiesen wird; dies tat Urban II. nach Ausweis Balderichs von Dol mit Blick auf die Ostchristen und später noch eindringlicher der Theologe und Kreuzzugsprediger Bernhard von Clairvaux (*1090, † 1153), indem er Palästina als das Eigentum des Herrn, das patrimonium Christi, bezeichnete. Christus sei von seinem Besitz vertrieben worden, und jeder miles Christi, jeder Ritter des Herren, habe in den Kampf zu ziehen, um seinen obersten Herren wieder in sein Recht einzusetzen. Hier wurde nicht nur die feudale Dienstpflicht abgerufen, die Ritter wurden auch an ihrem Ehrgefühl gepackt: Schließlich war Christus selbst durch den Verlust seiner Heimat entehrt worden, und auch die Lebensverhältnisse der bedrohten oder unterdrückten Mitchristen wurden in Bildern beschrieben, die besonders entehrend waren. Daran, dass die Kreuzzüge aus christlicher Sicht legitimiert waren, bestand in den Augen der Ritterschaft daher kein Zweifel.
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Die Verchristlichung des Ritterstands war schon mit der Gottesfriedensbewegung in Gang gesetzt worden. In der Folge wurde der Begriff des miles Christi, der ursprünglich für den mit geistlichen Waffen zum Wohle Gottes wirkenden Kleriker gebräuchlich war, auf Bewaffnete übertragen. Als ein solcher zog der Kreuzfahrer also in den Kampf, um seinen Herren vielleicht zu rächen, auf jeden Fall aber wieder in sein Erbe, die hereditas Christi, einzusetzen. Diese Vorstellungen waren aufs Engste mit der ritterlichen Lebenswelt verbunden. Sind sie aus den Briefen und Urkunden der Teilnehmer am Ersten Kreuzzug nachträglich zu rekonstruieren, so wurden sie von Chronisten, Päpsten und Kreuzzugspredigern des 12. Jahrhunderts auch ganz gezielt angesprochen. Doch gab es auch weitere, ebenso starke Motivationen, sich einem Kreuzzug anzuschließen, die sowohl auf das Diesseits als auch auf das Jenseits zielten. Hierzu zählte auch das Pilgerwesen.
c) Das Pilgerwesen Im Hochmittelalter spielte die Pilgerfahrt nicht zuletzt deshalb eine besondere Rolle, weil den Heiligen die Fähigkeit zugesprochen wurde, vor Gott zum Wohle Einzelner einzutreten, zu intervenieren. Hier berührten sich die Sorge um das Seelenheil und um die eigene Sündhaftigkeit mit Heiligenkult und Pilgerwesen. Manche Gebeine oder Körperteile von Heiligen besaßen als Reliquien besondere Attraktivität und erlangten über den lokalen oder regionalen Rahmen hinaus Anziehungskraft. Es entstand im christlichen Europa ein Netz von Pilgerzentren, das jedoch Verdichtungszonen und Schwerpunkte aufwies. Europaweite Bedeutung erlangten vor allem drei Orte: Rom, Santiago de Compostela auf der Iberischen Halbinsel und Jerusalem. Rom genoss als Sitz des Papstes, Ort des Martyriums vieler Christen und nicht zuletzt als letzte Ruhestätte bedeutender Apostelfürsten wie Petrus und Paulus eine besondere Attraktivität. Santiago de Compostela zeichnete zum einen der dort verehrte Leichnam des heiligen Jakobus Zebedäus aus; zum anderen galt es als eine besondere Form der Läuterung, die lange Strecke dorthin gegangen zu sein – der Weg war sozusagen ein Teil des Ziels. Das Gleiche konnte man zweifelsohne vom Heiligen Land sagen. Daneben aber war Palästina wie kein anderes Gebiet unmittelbar mit der christlichen Heilsgeschichte verknüpft. Das Land selbst war dadurch geheiligt, daher der geläufige Begriff der loca sancta, der heiligen Orte. Die Vorstellung, sich durch die Anwesenheit an solch einem locus sanctus zu reinigen und selbst zu heiligen, ist älter als das Christentum. Im Judentum findet die Jerusalemsehnsucht im Gelöbnis der Pessach-Liturgie „Nächstes Jahr in Jerusalem“ ihren eindrucksvollsten Niederschlag, sie äußert sich zugleich ganz konkret in Pilgerreisen ins Heilige Land. Dort, in besonders geheiligter Erde ihre letzte Ruhe zu finden, war und ist das Ziel nicht weniger jüdischer Reisender. Auch das spätantike Christentum war stark von diesem Gedanken geprägt. Viele Christen zogen nicht nur nach Palästina, sondern blieben auch dort und beschlossen ihre Tage im Lande
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Vorbedingungen des Herrn. Durch den Kirchenlehrer Hieronymus (347/348–419/420) z. B. wurde diese Haltung vorgelebt und propagiert. Andere gaben sich damit zufrieden, die Stätten gesehen zu haben, um dann in ihre Heimat zurückzukehren. Dabei wurden Gegenstände zurückgebracht – nicht als Andenken, sondern als verehrungswürdige und Heil spendende Überreste. Sowohl die Orte wie auch die Heiligen konnten ihre besondere Segenskraft, die virtus oder eulogia, auch an so genannte Berührungs- oder Sekundärreliquien weitergeben, woraus sich die Verbreitung von Segensandenken wie etwa Wasser vom Jordan oder Heiligem Öl erklärt. Im Verlauf des Hochmittelalters wurden auch die rechtlichen Aspekte des Pilgerns geregelt. Der peregrinus legte einen besonderen Pilgereid ab, er wurde von der Kirche, aber auch von weltlichen Herrschaftsträgern unter einen besonderen Schutz gestellt: Seine Habe und Familie waren in der Zeit seiner Abwesenheit geschützt, Schulden gestundet. Zum Ausweis ihres Status trugen Pilgerinnen und Pilger ein Zeichen. Dass diese Sonderstellung auch einmal von falschen Pilgern ausgenutzt wurde, liegt auf der Hand. Ebenso klar ist, dass nicht nur spirituelle Unruhe und die Sorge um das eigene Seelenheil eine Pilgerfahrt begründen konnten: Auch Abenteuerlust, Neugierde oder der Wunsch, wirtschaftliche bzw. politische Interessen mit einer Pilgerfahrt zu verbinden, konnten den Aufbruch bedingen.
Erschwernisse des Pilgerverkehrs
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Schon in spätantiker Zeit gab es einen regen Pilgerverkehr zwischen Europa und Palästina. Egeria, eine wahrscheinlich von der Iberischen Halbinsel stammende Pilgerin des 4. Jahrhunderts, verfasste einen ausführlichen Bericht über ihre Fahrt, und eine Vielzahl ähnlicher Werke folgte – manche als Führer für andere Pilger, andere als Erlebnisbericht konzipiert. Die Möglichkeit, die lange Strecke in den Vorderen Orient zurückzulegen, hing wesentlich von den politischen Verhältnissen in den Durchreise- und Zielgebieten ab. Nachdem die islamische Eroberung zuerst der Pilgerfahrt einen Riegel vorgeschoben hatte, normalisierte sich die Situation im Verlauf des 8. und 9. Jahrhunderts. Die militärischen Erfolge, die im 10. Jahrhundert die byzantinischen Kaiser im Vorderen Orient erzielten, wirkten sich auch auf die christliche Jerusalemwallfahrt aus. Zwar konnte die Heilige Stadt selbst nicht eingenommen werden, aber der Weg von Konstantinopel nach Syrien war nunmehr byzantinisch kontrolliert, und mit den Fatimiden im Westen war das Verhältnis derart, dass die Weiterfahrt nach Jerusalem recht unbeschwerlich war. Ab der Mitte des 11. Jahrhunderts lässt sich denn auch – vielleicht ausgelöst durch das Millennium der Passion Christi – eine Zunahme der westlichen Pilgerreisen ins Heilige Land beobachten (s. Der Große Zug von 1064). Diese Entwicklung erfuhr einen gewissen Rückschlag durch die seldschukische Invasion. Die weitgehende muslimische Kontrolle über Kleinasien und die herrschaftliche Zersplitterung der Region behinderten nun die Reise über den Landweg, und der Seeweg nach Palästina war gefährlich und unerschwinglich zugleich. Obendrein war die fatimidische bzw. seldschukische Herrschaft nicht in der Lage, die Situation in Palästina vollständig zu kontrollieren, sodass die Pilger immer wieder Gefahr liefen, Opfer von Räubern zu werden. Doch trotz aller Beschwernisse hielt der
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Strom ins Heilige Land an. Es ist wohl berechtigt anzunehmen, dass wenn ein Kreuzfahrer vor seinem Aufbruch ins Heilige Land überhaupt Kontakt zur islamischen Welt gehabt hatte, es in aller Regel weniger als Kämpfer in Spanien oder Sizilien denn als Pilger gewesen war. Papst Urban II. soll dieses Faktum in seiner Rede in Clermont selbst angesprochen haben, als er daran erinnerte, dass wohl viele der Anwesenden selbst ins Heilige Land gepilgert waren oder jemand kannten, der dies getan hatte. Der Große Zug von 1064 Berühmt ist der große Pilgerzug, den im Jahre 1064 Bischof Gunther von Bamberg mit anderen hohen Würdenträgern des Reiches unternahm und an dem angeblich über 7000 Pilger teilnahmen. Zeitgenössische Quellen wie die Annalen von Niederaltaich und die Chronik Lamperts von Hersfeld (* vor 1028, † nach 1081) wissen von der Fahrt und den Beschwernissen zu berichten, die auf dem langen Weg über Ungarn, Byzanz und Syrien zu erdulden waren: Räuber, Betrüger und Wegelagerer setzten den Pilgern zu, und diese wehrten sich. Allerdings war dies durchaus ungewöhnlich und den unmittelbaren Umständen des Zuges geschuldet: Die Quellen erzählen ganz ausdrücklich, dass die meisten Pilger (wie es im Grunde vorgegeben war) unbewaffnet nach Osten zogen. Auch in seiner Größe war der Zug von 1064 eine Ausnahmeerscheinung; doch geben die Chroniken und Erzählungen einen guten Eindruck von den allgemeinen Mühen des Pilgerns. Sie lassen zugleich erkennen, wie häufig Konflikte aufgrund von interkulturellen Missverständnissen zustande kamen. Auch wenn die Zahlen der großen Fahrt von 1064 übertrieben sein dürften, drücken sie doch eine Tendenz dieser Zeit aus.
Auch die besondere Würde Jerusalems als Pilgerzentrum wurde von Urban II. als Motivationspunkt ins Spiel gebracht, indem er in drastischen Bildern darstellte, wie die heiligen Stätten angeblich entweiht und besudelt wurden. Viele Kreuzfahrer verstanden ihr Unternehmen daher offenbar ganz wesentlich als einen Zug zur Befreiung des wichtigsten aller Heiligtümer Palästinas, des Grabes Christi. Jerusalemverehrung und Jerusalemsehnsucht spielten beim Einzelnen eine nicht zu unterschätzende Rolle, wie Briefe und Urkunden der Kreuzfahrer eindrucksvoll belegen. Unabhängig davon, ob der Papst in erster Linie die bedrohten Christen im Osten unterstützen wollte: Für viele Teilnehmer am Ersten Kreuzzug, aber auch an späteren Unternehmungen bestand ihr persönliches Ziel darin, ins Heilige Land zu ziehen, um Jerusalem zu „befreien“, zu beschützen oder zurückzuerobern – ganz nach der jeweiligen politischen Situation. Die Nähe zwischen Pilgerfahrt und Kreuzzug drückte sich auch terminologisch aus, denn lange Zeit wurden sie nicht klar geschieden: Kreuzfahrer und Pilger wurden gleichermaßen als peregrini bezeichnet. Iter (Weg, Marsch, Reise), expeditio (Ausmarsch) oder eben peregrinatio (Wallfahrt, Pilgerfahrt) waren die geläufigen Bezeichnungen des Zuges. Das altfranzösische croiserie kam als Begriff ebenso wie die Termini für Kreuzfahrer und Kreuzfahrerin (crucesignatus) erstmals Ende des 12. Jahrhunderts auf, cruciata gar erst im Spätmittelalter und Humanismus. Pilgern und der Kampf zum Wohle Gottes: Beide Handlungsweisen brachten dem Einzelnen Heil und Läuterung. Diese Nähe lässt sich auch in rechtlicher Hinsicht und in der äußeren Kennzeichnung feststellen: Pilger wie Kreuzfahrer legten einen Eid, ein freiwilliges und feierliches Versprechen gegenüber Gott,
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Pilgerfahrt und Kreuzzug: rechtliche und terminologische Ähnlichkeiten
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Vorbedingungen ab. Sie wurden dadurch auf Zeit in den geistlichen Stand versetzt – mit allen moralischen Pflichten, die damit verbunden waren – und unterstanden der kirchlichen Rechtsprechung. Um diesen besonderen Status kenntlich zu machen, legte sowohl der Pilger als auch der Kreuzfahrer ein Kreuzeszeichen an. Dennoch: So wichtig das Pilgerwesen für die Entstehung der Kreuzzüge war, es gab auch wesentliche Unterschiede zwischen Pilgern und Kreuzfahrern, die es verhindern, beide trotz mancher Ähnlichkeiten gleichzusetzen: Die besondere Attraktivität, welche die Teilnahme an einem Kreuzzug gerade für Laien und insbesondere für Waffenträger besaß, lag darin begründet, dass diese Heiligung durch den Kampf erfolgte. Der Pilger dagegen sollte immer unbewaffnet ziehen. Auch wenn diese Auflage in Anbetracht der Gefahren nicht immer befolgt wurde: Die Kreuzzugsheere brachen ausdrücklich zum Zwecke des Krieges auf, dies war ein substanzieller Unterschied. Der bewaffnete Kampf als Akt der Sühne, als ein Mittel zur persönlichen Läuterung, als Werkzeug Gottes – dies war in der Tat etwas Neues.
3. Papsttum, Frömmigkeit und Ablass a) Das Reformpapsttum Ein bestimmendes Element der Kreuzzüge war das Papsttum, unter anderem deshalb, weil Kreuzzüge durch offizielle päpstliche Aufrufe initiiert wurden. Deren berühmtester ist die Rede Urbans II. am 27. November 1095 in Clermont. Darin benannte der Papst schon viele der „Vorbedingungen“ für die Kriegszüge, wie sie im Folgenden aus heutiger geschichtswissenschaftlicher Sicht verdeutlicht werden sollen. Papst Urban ging also mit seiner Rede auf Vorstellungen, Wünsche und Ängste ein, die bereits in der Bevölkerung vorhanden waren. Allerdings ist sein Aufruf in vier stark voneinander abweichenden Fassungen überliefert, die im nächsten Kapitel genauer vorgestellt werden.
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Urban II. (* 1035, † 1099), Sohn eines Adligen aus der Champagne, war vor seiner Erhebung auf die Cathedra Petri Prior des berühmten benediktinischen Reformklosters von Cluny in Burgund gewesen. Als solcher kannte er bestens die ritterlich-adlige Welt, der er überdies selbst entstammte. Er hatte unmittelbar am Investiturstreit teilgenommen, indem er als Legat in Frankreich und Deutschland die Präsenz des Papsttums außerhalb Italiens zu stärken suchte. Noch zur Zeit des Ersten Kreuzzugs sah er sich den Ansprüchen eines Gegenpapstes, des kaiserlichen Kandidaten Clemens (III., † 1100), ausgesetzt. Auch wenn Urban nicht mehr vom Erfolg des von ihm ins Leben gerufenen Unternehmens erfahren sollte – er starb am 29. Juli 1099, bevor ihn die Nachricht von der Eroberung Jerusalems erreichen konnte –, blieb sein Name unlösbar mit dem Ersten Kreuzzug verknüpft. Darüber sind seine vielfältigen anderen Aktivitäten in der Erinnerung zurückgetreten: sein seit 1089 verfolgter Einsatz für einen Ausgleich mit Byzanz, mit dem er trotz fortbestehender theologischer Unstimmigkeiten einen einvernehmlichen Modus Vivendi fand, sein Bemühen um die Kirchenreform u. a. m.
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Papsttum, Frömmigkeit und Ablass Wie konnte der Papst und damit eine den Frieden predigende Kirche zum bewaffneten Kampf aufrufen? Schon im 4. Jahrhundert war die christliche Kirche fester Bestandteil des Römischen Reichs, was zu einer Identifikation zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft führte. Später, in karolingischer Zeit, wurde das Christentum durch Heidenkrieg und Heidenmission ausgeweitet, woran sich auch der Klerus beteiligte. Im 9. Jahrhundert lassen sich zum ersten Mal Belege dafür finden, dass Päpste den bei der Verteidigung der römischen Kirche Gefallenen die Aufnahme ins Paradies zusagten. Eine neue Stufe dieser Entwicklung wurde zwei Jahrhunderte später erreicht. In der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts war die römische Kirche noch lange nicht die weltumspannende Korporation späterer Zeiten. In manchen Bereichen der lateinischen Christenheit wie z. B. Böhmen oder Teilen der Iberischen Halbinsel wurde eine eigene Liturgie anstelle der römischen befolgt, und auch in anderen Gegenden wurde die Autorität des Papsttums keineswegs vollständig anerkannt. Der römische Bischof selbst war von den Machtverhältnissen in Italien abhängig und nicht selten auch bedroht. Vom Süden gefährdeten die Normannen, vom Norden die mächtigen römischdeutschen Könige seine Stellung, und in Rom selbst waren es die lokalen Adelsfaktionen, die ein Sicherheitsrisiko darstellten. Im Jahre 1053 sah sich Papst Leo IX. (1049–1054) dazu veranlasst, Krieger zum Kampf gegen die Normannen in Süditalien herbeizurufen. Er versprach ihnen für ihren Einsatz zur Verteidigung der Kirche auch spirituellen Lohn, nämlich den Erlass der Bußstrafen. Hier nun lässt sich mit aller Klarheit beobachten, wie der Papst den Kampf zum Wohle seiner Kirche als ein frommes Werk postulierte. Zugleich vollzog sich im 11. Jahrhundert eine Expansion des lateinischen Christentums. Zwischen 1061 und 1091 vertrieben die Normannen die Muslime aus Sizilien. Weiter im Westen gelang es den Christen auf der Iberischen Halbinsel, nach Süden vorzustoßen und 1085 Toledo zu erobern. Päpste wie Nikolaus II. (1058–1061) und Alexander II. (1061–1073) begrüßten bzw. förderten diese Entwicklung. Sie söhnten sich mit den Normannen aus und lobten die Auseinandersetzung mit den Muslimen als religiös geprägte Kämpfe zum Wohle des Herrn. Manchmal gingen sie auch weiter: Im Jahre 1064 z. B. versprach Papst Alexander II. ausdrücklich französischen Rittern, die zur Eroberung der muslimischen Stadt Barbastro nach Aragón gezogen waren, Ablässe. Wichtig war in diesem Zusammenhang, dass es sich sowohl bei Sizilien als auch bei der Iberischen Halbinsel um ehemals christlich beherrschte Gebiete handelte, die von den Muslimen erobert worden waren und nun unter dem Schlagwort der liberatio (Befreiung) wieder an das Christentum zurückfallen sollten. Im Umkreis des päpstlichen Hofs sah man in den unterschiedlichen Auseinandersetzungen gegen die Muslime etwas Gemeinsames. Unter Papst Gregor VII. (1073–1085) ging die Unterstützung einen wesentlichen Schritt weiter: Nach der Niederlage der Byzantiner gegen die Seldschuken bei Mantzikert beabsichtigte er im Jahre 1074 sogar, selbst ein Heer zur Unterstützung der Mitchristen nach Byzanz zu führen, womit zum ersten Mal überhaupt ein Feldzug unter päpstlicher Führung ins östliche Mittelmeer propagiert wurde. Doch der Plan zerschlug sich bald, weil der Papst sich bald in einen anderen, größeren Konflikt eingebunden sah.
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Vorbedingungen Die Kirchenreform des 11. Jahrhunderts
Scheinbar paradoxerweise hatte eine kirchenreformerische Bewegung, welche gerade die Trennung von Weltlichem und Geistlichem forderte, entscheidenden Anteil an dem sich im 11. Jahrhundert wandelnden Verhältnis der Kirche zur Gewalt: Das Reformpapsttum und die nach seinem berühmtesten Vertreter, Papst Gregor VII. benannte „gregorianische Reformbewegung“ verfolgten insbesondere drei Anliegen: Zum einen wandten sie sich gegen die schon seit dem Frühmittelalter gepflegte Tradition, geistliche Stellen von Laien besetzen zu lassen, d. h. gegen die so genannte Simonie. Zum anderen forderten sie von den Klerikern den Zölibat, bekämpften also die Priesterehe. Zum Dritten setzten sie sich für die libertas ecclesiae im Allgemeinen ein. Darunter verstanden die Reformer die Freiheit der Kirche von Einflussnahme seitens der Laien, eine Rückkehr zu vermeintlich verloren gegangener Reinheit. Der Bewegung lag weniger der Wunsch nach Unabhängigkeit zugrunde als die Sorge um die rechte Form der ureigensten Aufgabe der Kirche, der Heilsvermittlung. Diese sahen die Reformer durch die Verflechtung mit dem Laienstand bedroht. Darüber gerieten die Reformpäpste mit weltlichen Machthabern in Konflikt, zuerst und am schärfsten mit den römisch-deutschen Königen. Diese genossen gerade in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts einen starken Zugriff auf kirchliche Belange, setzten regelmäßig Bischöfe ein und in Ausnahmefällen sogar Päpste ab. So beseitigte z. B. im Jahre 1046 Kaiser Heinrich III. (1039–1056) ein Schisma (Kirchenspaltung) dadurch, dass er drei rivalisierende Anwärter auf die Papstwürde absetzte und einen weiteren an ihrer Stelle benannte. Auch unterhalb der königlichen Ebene griffen Laien direkt in kirchliche Belange ein, am deutlichsten durch das so genannte Eigenkirchenwesen. Damit wird die hoheitliche Verfügung über Kirchen durch Laien bezeichnet. Gegen diese und andere Formen der Einflussnahme erhob sich im Klerus und auch in Teilen der Laienschaft Widerstand. Besonders umstritten war das vom Herrscher beanspruchte Recht, Bischöfe und Äbte symbolisch in ihr Amt einzusetzen, zu investieren – daher die Bezeichnung Investiturstreit. Den Höhe- oder vielleicht besser: Tiefpunkt dieser Entwicklung bildete der Streit zwischen Papst Gregor VII. und Kaiser Heinrich IV. (1056–1106), in dessen Verlauf es zu gegenseitigen Absetzungen und dem berühmten Gang nach Canossa (1077) kam. Hier kann nicht die Geschichte dieser Auseinandersetzung geschildert werden. Es reicht aus, für unseren Zusammenhang drei Punkte zu unterstreichen. Erstens handelte es sich beim Investiturstreit um einen Konflikt, der in unterschiedlicher Schärfe und zeitlich versetzt in verschiedenen Reichen des lateinischen Westens ausgetragen wurde. Dies bedeutet, dass manche Machthaber aufgrund dieses oder eines anderen Konflikts mit dem Papsttum als Adressaten eines Kreuzzugsaufrufs nicht in Frage kamen. So war z. B. zur Zeit des Ersten Kreuzzugs Kaiser Heinrich IV. wegen der Investiturfrage exkommuniziert, der englische König Wilhelm II. Rufus (1087–1100) war mit dem Erzbischof von Canterbury zerstritten, und König Philipp I. von Frankreich (1060–1108) stand wegen einer eherechtlichen Kontroverse unter päpstlichem Bann. Ihre Teilnahme am Zug kam daher nicht in Frage. Ähnliche Umstände sollten in der Folge immer wieder Machtträger von einer möglichen Koalition der Kreuzfahrerfürsten fern halten. Der Zug
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Papsttum, Frömmigkeit und Ablass Friedrichs II. (1212–1250) in den Jahren 1227–1229 z. B. wurde nicht zuletzt wegen des Konflikts zwischen Kaiser und Papst zu einem militärisch reduzierten Unternehmen. Zweitens führte die Reformbewegung zu einer verschärften Einflussnahme des Papstes auf die Kirchenstruktur entfernter Gebiete. Die Reformpäpste deuteten das Prinzip einer aktiven Heilsvermittlung und das neue Fürsorgeverständnis dahingehend, auch entlegene Kirchenprovinzen zu besuchen. Waren sie selbst dazu nicht in der Lage, so wurden Vertreter päpstlicher Interessen, so genannte Legaten, entsandt. Auch diese trieben die Reformen voran und saßen den Synoden, regionalen Versammlungen hoher kirchlicher Würdenträger, vor. Die hier gefällten Entscheidungen (canones) wurden gesammelt und zu einer wesentlichen Grundlage des Kirchenrechts (Kanonistik). Sie hatte ihrerseits entscheidenden Anteil daran, die auf das Papsttum zentrierte Kirche in eine rechtlich geschlossene Körperschaft zu verwandeln. Vor dem Hintergrund dieser allgemeinen Zentralisierung und Ordnung der Kirche wird verständlich, warum der Erste Kreuzzug außerhalb Italiens und auf einer besonders umfassenden Kirchenversammlung, dem Konzil von Clermont, ausgerufen wurde. Die neuen kirchlichen Kommunikationsstrukturen wiederum gewährleisteten, dass die Botschaft vom Aufruf verteilt wurde und Menschen erfasste, die nicht in Clermont zugegen gewesen waren. Das Kreuz wurde von Geistlichen gepredigt, päpstliche Briefe verbreiteten die Kenntnis vom Aufruf und von der Haltung der Kirche. Die Festigung der kirchlichen Organisation im Innern war allerdings noch nicht mit dem Gedanken der Mission nach außen verknüpft: Weder für die Päpste noch die Kreuzfahrer des Ersten Kreuzzugs spielte der Gedanke einer Missionierung der Muslime eine wesentliche Rolle. Drittens schließlich beschränkte sich die verstärkte Einflussnahme nicht allein auf kirchliche Angelegenheiten. Die Reformpäpste riefen auch zu militärischen Aktionen auf oder gaben diesen ihre ausdrückliche Unterstützung: So forderten sie die Einwohner Mailands auf, sich gegen die „Simonisten“ zu erheben, und der Angriff des normannischen Herzogs Wilhelm auf England im Jahre 1066 erfolgte mit ausdrücklicher Billigung Alexanders II., weil der angelsächsische König Harald einen heiligen Schwur gebrochen hatte. Der Papst ließ dem Herzog eine Petersfahne (vexillum sancti Petri) zukommen, unter der die Eroberung vonstatten ging. Der Investiturstreit wiederum bedingte eine Distanzierung des Papsttums von seinem traditionellen Beschützer, dem Kaiser. Die Päpste sahen sich daher veranlasst, die Sache des Krieges in die eigene Hand zu nehmen, sich selbst zu Schutzherren der Kirche zu machen. Die höchste geistliche Instanz, ja der Nachfolger Petri selbst autorisierte damit explizit den Krieg – hier war die augustinische Bedingung für einen gerechten Krieg Deo auctoritate gegeben. Dass die Kreuzfahrer den im Zuge des Investiturstreits gewachsenen päpstlichen Autoritätsanspruch allgemein anerkannten, geht aus den Briefen und Urkunden unzweifelhaft hervor. Daraus wird verständlich, warum sich die Kreuzfahrer in Analogie zu einer anderen Gruppe sahen, die sie aus der Bibel kannten: dem Volk Israel. Tatsächlich sahen und bezeichneten sie sich in ihren Briefen und Urkunden in Anlehnung an den Aufbruch Abrahams aus Ur und des Volkes Israel aus Ägypten selbst
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Festigung der kirchlichen Organisation
Die Kreuzfahrer als Volk Gottes
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Vorbedingungen als das Neue Volk Israels, als das Heer Gottes (exercitus Dei), angeführt von einem Vertreter des Papstes, den sie als alter Moses (zweiten Moses) sahen. Das Konzept des Kreuzzugs konnte also am Grundwissen des mittelalterlichen Menschen, der Bibel, anknüpfen und dessen Handeln unmittelbar als Element des Heilsgeschehens definieren. Aus dem gerechten Krieg wurde hierdurch vollends ein Krieg für Gott, ein heiliger Krieg.
b) Neue Orden und religiöse Bewegungen Als Heil vermittelnde Institutionen wirkten Orden, Klöster und andere geistliche Einrichtungen stark auf die Vorstellungen der Zeitgenossen ein. Denn die Gläubigen waren von der Sorge um ihr Seelenheil angetrieben, was immer wieder in der Überlieferung – sowohl in den Kreuzzugsbriefen als auch in den Fassungen des Kreuzzugsaufrufs – zum Ausdruck kommt. Im Folgenden sollen die wichtigsten Orden und religiösen Bewegungen des 10. bis 13. Jahrhunderts vorgestellt werden. Die älteste unter ihnen war der Klosterverband von Cluny. Zweierlei machte die besondere Attraktivität des 911 gegründeten Klosters und seiner Tochterhäuser aus: Zum einen waren Cluniazenserklöster direkt dem Papst unterstellt. Dadurch wurden sie dem Zugriff der lokalen Bischöfe entzogen, was ihnen eine relative Selbstständigkeit garantierte. Noch wichtiger war zum anderen, dass die Mönche nicht bloß monastische Selbstheiligung betrieben, sondern sich intensiver als andere Verbände der geistlichen Fürbitte widmeten. Daher ihre herausragende Popularität beim Adel ihrer Zeit, der hier besonders intensiv mit geistlichen Zentren in Kontakt kam. Dies drückte sich u. a. in Schenkungen und Stiftungen aus, aufgrund deren das Mutterhaus Cluny eine Vielzahl lose mit ihr verbundener Tochterklöster vor allem in Italien, Frankreich und Spanien gewinnen bzw. gründen konnte. Die enge Verbindung zum Reformpapsttum und insbesondere zum Adel machten die Cluniazenserklöster zwar zu Trägern zweier allgemeiner Aspekte der Kreuzzugsbewegung: der Verchristlichung der Ritterschaft und der Unterordnung unter das Papsttum; aber die jüngere Forschung hat gezeigt, dass der Einfluss Clunys auf die Entstehung der Kreuzzüge seine Grenzen hatte. Wichtiger noch scheinen die neuen religiösen Bewegungen des 11. Jahrhunderts gewesen zu sein. Religiöse Reformbewegungen
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In der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts ist allenthalben – im Christentum wie in Islam und Judentum – ein Aufbruch religiöser Kräfte festzustellen: Im muslimischen Bereich schlug sich die geistige Renaissance in der Gründung theologischer Bildungsanstalten nieder, und im Maghreb entstand die strenggläubige Bewegung der Almoraviden. In Byzanz gingen von den Mönchen des Berges Athos neue Impulse aus, und der Klerus brachte sich wieder verstärkt in politische Belange ein. Im Judentum ist ebenfalls ein neues Selbstverständnis festzustellen, z. B. anhand der öffentlichen Verteidigung des eigenen Glaubens in so genannten Disputationen mit christlichen Theologen. Auch im lateinischen Westen begannen zur Zeit des Ersten Kreuzzugs gerade neue Formen religiosen, d. h. gemein-
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Papsttum, Frömmigkeit und Ablass schaftlichen, geregelten geistlichen Lebens, das Gesicht der lateinischen Christenheit grundlegend zu ändern. Einige dieser neuen Bewegungen waren eremitisch geprägt, d. h., sie propagierten einen Rückzug aus der Welt zum Zwecke der Selbstheiligung. Die neuen Orden der Kartäuser und Grammontenser vertraten diese Richtung. Eine neue benediktinische Reformbewegung entstand in Burgund in den Jahren zwischen dem Aufruf zum Ersten Kreuzzug (1095) und der tatsächlichen Eroberung Jerusalems im Jahre 1099: diejenige der Zisterzienser. Diese Mönche wollten sich gegen den liturgischen Prunk der Cluniazenser absetzen und zu den einfachen, weltabgeschiedenen Idealen der Regel des hl. Benedikt von Nursia (* ca. 480, † ca. 560) zurückkehren. Im Jahre 1098 gründete Robert von Molesme (ca. 1028–1111) in einem einsam gelegenen Tal bei Dijon namens Cîteaux ein Kloster, das sich bald zum Mutterhaus und Namensgeber des allumspannenden, viele hundert Klöster umfassenden Ordens entwickeln sollte. Für die Geschichte des Ersten Kreuzzugs können die Zisterzienser keine Bedeutung beanspruchen, doch durch ihren berühmtesten Abt, Bernhard von Clairvaux, traten sie mit aller Wucht in die Geschichte der Kreuzzüge ein. Bernhard von Clairvaux war nicht nur ein außerordentlich tatkräftiger Abt, unter dem der Zisterzienserorden eine unglaubliche Ausdehnung erlebte, er war auch ein großer Theologe, Mystiker und begnadeter Prediger, der intensiv für den Kreuzzug von 1147–1149 warb (vgl. Kap. II., 2. a). Auch in der Folge sind Zisterziensermönche vielfach als Kreuzzugsprediger belegt, auch wenn ihr Orden in den „Kreuzfahrerstaaten“ selbst keine bedeutende Rolle spielen sollte. Dies taten hingegen die Regularkanoniker, und zwar vom Beginn des Ersten Kreuzzugs an. Unter ihnen hat man Kleriker – also keine Mönche – zu sehen, die in Gemeinschaft nach der Regel des hl. Augustinus leben, weshalb sie auch als Augustiner-Chorherren bezeichnet werden. Im Gegensatz zum so genannten Säkularkanoniker verstehen Regularkanoniker die augustinische Auflage zur so genannten vita communis dahingehend, dass sie nicht nur in einem Refektorium gemeinsam essen, sondern auch unter einem Dach schlafen. Vor allem aber verfügen sie über kein eigenes Vermögen, sie leben in persönlicher Armut. Diese Form des strengeren religiosen Lebens stellte im 11. Jahrhundert eine Neuerung, eine Reformbewegung dar, die gerade zur Zeit des Ersten Kreuzzugs viele Anhänger fand. Dies schlug sich, wie an anderer Stelle gezeigt wird, auch im kirchlichen Leben der Kreuzfahrerherrschaften nieder (vgl. Kap. III., 3. c). In unserem Zusammenhang sind die geistesgeschichtlichen und theologischen Grundlagen der Regularkanonikerbewegung wichtiger, da sie auf die einzelnen Kreuzfahrer einwirkten und deshalb als eine Vorbedingung bzw. Motivation der Kreuzzüge anzusehen sind. Die Regularkanonikerbewegung fußte nämlich auf einer allgemeinen Zeiterscheinung: dem Christozentrismus, einer Rückbesinnung auf Christus (s. Die Nachfolge Christi).
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Die Regularkanoniker
Auch die so genannten Wanderprediger beriefen sich auf die Nachfolge Christi. Unter ihnen versteht man Männer, die das Ideal der vita activa ganz im Sinne eines „Lebens in der Welt“ verfolgten: Sie predigten, sammelten Gläubige um sich und zogen mit ihnen übers Land. Die Kirche be-
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Vorbedingungen obachtete ihre Aktivitäten mit einer gewissen Skepsis, und einige Wanderprediger gelangten tatsächlich mit ihr in Konflikt. Andere hingegen wurden mit ihren Gemeinschaften in die Kirche integriert oder schufen sogar eigene Orden wie Robert von Arbrissel († 1117), der Gründer des Ordens von Fontevrault, oder Norbert von Xanten († 1134), der Gründer des Prämonstratenserordens. Dass die Bewegung der Wanderprediger unmittelbar mit derjenigen der Kreuzzüge in Zusammenhang stand und das Ideal der Christusnachfolge eine starke Zugkraft besaß, wird auch daran erkennbar, dass im Sommer 1096 ganze Menschenmassen durch das Wirken von Wanderpredigern dazu bewogen wurden, sich den so genannten Volkskreuzzügen anzuschließen.
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Die Bettelorden
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Die Nachfolge Christi (imitatio Christi) Das 11. Jahrhundert ist vom Bestreben der Gläubigen gekennzeichnet, dem Vorbild Christi zu folgen; man spricht daher von der imitatio Christi. Ein apostelgleiches, aktives Leben (vita activa) in Armut und im Dienst am Nächsten war das Ziel vieler Laien und Kleriker. Die imitatio Christi dürfte den Entschluss mancher Männer oder Frauen ausgelöst haben, das Kreuz zu nehmen und damit Christus zu folgen. Sie konnten dabei auf eine Bibelstelle verweisen, Matthäus 16, 24: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir.“ Diejenigen, die das Kreuz nahmen, ihre Habe zurückließen und die Stätten des Wirkens Christi eroberten, dürften vor dem Hintergrund dieser Worte davon überzeugt gewesen sein, den Willen des Herrn auszuführen.
Während manche der bislang angeführten Voraussetzungen und Motivationen, die zur Teilnahme am Kreuzzug führten (etwa die hohe Bedeutung der Ehre, des Besitzes oder der Vasallentreue), eher in der Vorstellungswelt des Ritterstands beheimatet waren, war die religiöse Unruhe, auf die viele Wander- und Kreuzzugsprediger aufbauten, ein Zeitphänomen, das breite Bevölkerungsschichten ergriffen hatte. Dies war keineswegs auf den Ersten Kreuzzug beschränkt: Der so genannte Kinderkreuzzug von 1212 wurde ganz wesentlich von Wanderpredigern initiiert und stellte eine Massenbewegung nicht nur Jugendlicher, sondern auch Mittelloser dar (vgl. Kap. II., 2. b). Auch Ordensgründungen des 13. Jahrhunderts sollten ihren Teil zur Geschichte der Kreuzzüge und der Kirche Palästinas beitragen. Jenes Jahrhundert war ohne jeden Zweifel das der Bettelorden (Mendikantenorden). Von den vielen Gruppen, die am Ende des 12. und im Verlauf des 13. Jahrhunderts nicht nur die persönliche, sondern auch die kollektive Armut auf ihre Fahnen schrieben und ihre Mitglieder zu einem Leben der Demut, des Bettels und damit der äußersten Nachfolge des armen Christus verpflichteten, sollten lediglich vier Aufnahme in die Kirche finden: die Dominikaner (ordo praedicatorum – OP), Franziskaner (ordo fratrum minorum – OFM), die Augustiner-Eremiten (ordo erimitarum Sancti Augustini – OESA) und die Karmeliter (ordo fratrum beatae Mariae virginis de Monte Carmelo – OCarm). Auf die Karmeliter, die im Königreich Jerusalem entstanden, soll an anderer Stelle eingegangen werden (Kap. III., 3. b). Hier gilt es, die Rolle zu betonen, die besonders die Dominikaner und Franziskaner im Spätmittelalter für die Kreuzzüge und die Kreuzfahrerherrschaften spielten: zum einen als Kreuzzugsprediger im Westen, zum anderen in Übersee für
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die Seelsorge der Christen und als Missionare. Bettelordensmönche oder einem Mendikantenorden assoziierte Männer riefen immer wieder zur Wiedererlangung des Heiligen Landes auf und entwarfen dazu Pläne für die Machtträger ihrer Zeit (vgl. Kap. II., 2. d). In nicht geringem Maße trugen die Bettelorden zum Fortleben der Kreuzzugsidee im Spätmittelalter bei. Dazu mussten die Geistlichen allerdings bei den Gläubigen auf Resonanz stoßen, oder anders formuliert: Die Option, an einem Kreuzzug teilzunehmen, musste einem elementaren Bedürfnis des Einzelnen entgegenkommen.
c) Das Buß- und Ablasswesen Die neuen religiösen Bewegungen des 11. Jahrhunderts, in Teilen auch die so genannte gregorianische Reformbewegung, waren ganz wesentlich von der Frage nach persönlicher Schuld und Sühne geprägt. Fehlerhaftes Handeln forderte nicht nur Bestrafung, sondern auch öffentliche Bußhandlungen. In den so genannten Bußbüchern des Frühmittelalters wurden Vergehen und die dafür abzuleistenden öffentlichen Bußen genau festgehalten. Im 11. Jahrhundert wurde die Buße aber zunehmend zu etwas Individuellem, Persönlichem. Die reinigende Handlung erfolgte immer häufiger nicht aus einem konkreten Anlass, sondern wegen der allgemeinen Sündhaftigkeit des Menschen. Die Angst vor den eigenen Unzulänglichkeiten und den Folgen persönlicher Verfehlungen ließen viele Laien an ihrem Seelenheil zweifeln. Nicht dem diesseitigen Leben, sondern dem viel längeren Dasein nach dem Tode drohte höchste Gefahr. Es gab aber Möglichkeiten, dieser Bedrohung zu begegnen, denn eine grundlegende Annahme der Kirche war und ist, dass das Verhältnis zwischen diesseitigem und jenseitigem Leben eines von Ursache und Wirkung darstellt, dass also Handlungen zu Lebzeiten das Leben nach dem Tod beeinflussen können. Die Gläubigen machten daher kirchlichen Einrichtungen Zuwendungen, damit dort für ihr Seelenheil gebetet werde. Sie versuchten aber auch, sich durch eigene Handlungen zu läutern, zu reinigen. Hierzu diente die Buße. Die spätere kirchliche Lehre, wonach die Buße lediglich ein öffentlicher Akt nach der eigentlichen Versöhnung mit der Kirche darstellt, war zum Ende des 11. Jahrhunderts noch nicht entwickelt. Man meinte vielmehr, sie könne auch tatsächlich helfen, für begangene Sünden Vergebung vor Gott zu erlangen. Der Kreuzzug aber, ein gefährliches Unternehmen mit ungewissem Ausgang, stellte eine besonders strenge Form der Buße dar. Urkunden und Briefe der Kreuzfahrer belegen, wie stark der Wunsch war, durch die Teilnahme daran für begangene Sünden Buße zu tun. Aus diesem Gedanken abgeleitet war die Vorstellung vom geistlichen Privileg, dem Ablass. Dabei dürfte Papst Urbans Anliegen ursprünglich ein anderes gewesen sein. Im Kreuzzugskanon von Clermont ist nur von einem Ablass der irdischen Bußstrafen für alle diejenigen, die sich aus reiner Gottesliebe (sola devotione) dem Zug anschlössen, die Rede. Doch infolge der Kreuzzugspredigt durch Dritte und der mündlichen Wiedergabe des Aufrufs hieß es
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Vorbedingungen bald, der Papst habe nicht den Erlass der hiesigen Bußstrafen, sondern denjenigen der jenseitigen Sündenstrafen, ja sogar die Tilgung aller Sünden überhaupt versprochen. Die Kreuzfahrer erwarteten also, dass sie unmittelbar ins Paradies einzögen, sollten sie während des Zuges sterben. Papst Urban II. scheint dieses Fait accompli hingegenommen zu haben, denn er selbst griff einige Monate nach dem Konzil von Clermont in einem Werbungsschreiben an die Flamen den Begriff der remissio peccatorum auf.
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Die Zugkraft Jerusalems
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Remissio peccatorum Schon vor dem Ersten Kreuzzug hatten kirchliche Einrichtungen für kleinere Wallfahrten und Spenden – etwa zugunsten von Kirchenbauten – Teilablässe der Bußstrafen versprochen. Hier muss man sehr genau zwischen den so genannten irdischen Bußstrafen und den jenseitigen, von Gott verhängten Sündenstrafen, die einem nach dem Tod erwarteten, unterscheiden. Mit irdischen Bußleistungen konnte man zweierlei erreichen: die Wiederaufnahme in die kirchliche Gemeinschaft und die Minderung der Sündenstrafen. Doch war nicht sichergestellt, ob auch alle diese Strafen durch die Bußleistung abgegolten waren. Die Angst vor den jenseitigen, den Rest der Sündenschuld tilgenden Strafen blieb. Nur die Tilgung aller Sünden, die remissio peccatorum, gab hier Gewissheit, und genau diese äußerste Form des Ablasses (Indulgenz), diesen so genannten Plenarablass, sahen die Kreuzfahrer durch den Papst 1095 bei Clermont in Aussicht gestellt.
Urban II. war nicht der erste Papst, der ihn benutzte. Schon im Jahre 1064 hatte Alexander II. (1061–1073) dieses Angebot ausgesprochen, doch es galt lediglich einigen Rittern, die bereits in Spanien (bei Barbastro) gegen Muslime kämpften, sodass sein Ablass fast wirkungslos blieb. Nicht wesentlich anders erging es einer Initiative Papst Urbans II. aus dem Jahre 1089 und wieder 1096–1099, mit der er Christen zur Wiederherstellung der Kirche in der katalanischen Stadt Tarragona bewegen wollte. Hierfür wurde 1096–1099 ausdrücklich die Tilgung der Sündenstrafen in Aussicht gestellt. Die Verbindung zwischen dem Kampf gegen die Muslime und dem Plenarablass wurde also in vollem Maße erstmals auf der Iberischen Halbinsel hergestellt. Doch erbrachten diese Aufrufe einen vergleichsweise geringen Zulauf im Vergleich zur Rede von Clermont. Woran lag dies? Vor allem konnte die Iberische Halbinsel gewiss nicht auf die biblische Tradition des Heiligen Landes bauen. Die Verteidigung oder Rückgewinnung der Heiligen Stätten war etwas, wofür Menschen ihre Besitzungen und ihr Leben zu opfern bereit waren, die Verteidigung Tarragonas war es nur bedingt. Ein ums andere Mal belegen die Urkunden und Kreuzzugsbriefe die Anziehungskraft, die das Heilige Grab und Jerusalem selbst ausstrahlten. Der Zug von 1096–1099 galt dem Gelobten Land, der terra promissionis der Bibel. Hier treffen sich der Buß- und Ablassgedanke mit dem Phänomen der Massenwallfahrt und der spezifischen Jerusalemfrömmigkeit. In diesen größeren Rahmen fügte sich die Kreuzfahrt ein – einem Rahmen, in dem eben nicht nur ritterliche Waffenträger, sondern Arme und Reiche, Kleriker und Bauern, Männer und Frauen gleichermaßen einen Platz fanden. Es gab also auch vor dem Konzil des Jahres 1095 durchaus schon eine Reihe päpstlicher Aufrufe zum Krieg und sogar Beispiele dafür, dass die Teilnahme hieran als verdienstvolle Gewaltanwendung begriffen wurde, für die geistliche Gnaden zu erlangen waren. Doch erhielten solche, aus
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den beschriebenen Entwicklungen auf der Apenninen- und der Iberischen Halbinsel erklärbaren Initiativen durch den Investiturstreit eine neue Dimension: Dieser ließ das Papsttum in bisher unbekanntem Maße auf weltliche Belange Einfluss ausüben, und die Kirchenorganisation wurde gestärkt. Auch andere bislang vorgestellte Vorbedingungen der Kreuzzüge wurden in diesem Zusammenhang aufgegriffen: Die Vorstellung von Krieg im Dienst der Kirche wurde als eine besondere Form der Buße propagiert, die devotionalen Aspekte der Pilgerfahrt mit dem Gedanken des gerechten Kriegs verbunden. All dies bereitete zweifellos dem Kreuzzug den Weg. Erst die Gesamtheit der in den letzten beiden Kapiteln dargestellten Motivationen bildete die Voraussetzung für die ungeheure Dynamik, die Urbans Rede 1095 freisetzte. Fassen wir kurz die wichtigsten acht Komplexe zusammen: erstens die älteren Auffassungen vom gerechten Krieg und der neuere Gedanke des heiligen Kriegs als Werkzeug Gottes – der Kreuzzug wurde dadurch zu einer Form verdienstvoller Gewaltanwendung; zweitens die Vorstellung vom rechten inneren Beweggrund und dem Kampf als Dienst am Nächsten; drittens die Einbindung eines vom vasallitischen Treuegedanken geprägten, zunehmend verchristlichten Ritterstands durch die Kirche und die Ablenkung seiner militärischen Energien in eine auch für ihn attraktive und ehrenhafte Alternative; viertens die ältere Tradition der Pilgerfahrt, in der im 11. Jahrhundert die Jerusalemwallfahrt eine gesteigerte Bedeutung erlangte; fünftens die neue, aktivere Rolle des Papsttums im Zuge der gregorianischen Reform, die es zum anerkannten Anführer eines im Heilsgeschehen begründeten und dadurch geheiligten Heereszuges machte; sechstens die religiöse Unruhe des ausgehenden 11. Jahrhunderts mit ihren vielfältigen Formen geistlichen Lebens und ihrem ausgeprägten Christozentrismus; sowie schließlich siebtens und achtens die gerade in einer Zeit religiöser Umbrüche wachsende Sorge des Einzelnen um die eigene Sündhaftigkeit und die Aussicht, durch einen besonderen Akt der Buße vor Gott Vergebung für diese Sünden zu finden, sogar alle zeitlichen Sündenstrafen durch die Teilnahme an einem militärischen Unternehmen zu tilgen. Es war das Zusammenwirken dieser Elemente, das die Sprengkraft der Kreuzzüge ausmachte. In den Jahrzehnten und Jahrhunderten nach dem Ersten Kreuzzug, besonders im Spätmittelalter, wurden die vorwiegend aus Theologie und Frömmigkeit abgeleiteten Motive von anderen ergänzt und teilweise überlagert. Das gesteigerte Prestige eines erfolgreich heimgekehrten Kreuzfahrers dürfte häufiger als zuvor eine wichtige Rolle gespielt haben, ebenso Reise- und Abenteuerlust oder der Wunsch, ritterlich-höfischen Idealen der spätmittelalterlichen Adelskultur nachzueifern. Nicht zuletzt konnte durch die Teilnahme an einem Kreuzzug auch eine Familientradition begründet werden, die von nachfolgenden Generationen gepflegt wurde. Dass alle hier zusammengetragenen Vorstellungen und Intentionen mit weniger hehren oder auch verwerflichen Handlungen und Motivationen Hand in Hand gingen, darf und soll nicht verschwiegen werden. Kreuzfahrer wähnten sich als Teilnehmer an einem geheiligten Krieg zum Wohle des Herren und der heiligen Orte, ihr eigenes Verhalten war aber oft alles andere als heilig. Wie alle Kriege waren auch die Kreuzzüge brutale,
Spätere Motivationen
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Vorbedingungen schreckliche Ereignisse, die den Menschen auf beiden Seiten viel Leid brachten. Idealismus und die unbestreitbare persönliche Frömmigkeit Vieler schlossen keineswegs Arroganz, Unbarmherzigkeit und Grausamkeit aus. Die Heere, die zum Wohle Christi kämpften, bestanden denn auch aus Kriegern und Unbewaffneten, Armen und Reichen, Sündern und Heiligen, die von unterschiedlichsten Motivationen getrieben wurden. Die Vielzahl individueller, teilweise sich überlagernder oder ergänzender Beweggründe, die am ehesten aus den erhaltenen Urkunden der Kreuzfahrer abzulesen sind, verhindert es, in den Kreuzzügen ein gleichförmiges, bloß aus einem Antrieb heraus entstandenes Phänomen zu sehen. Vielmehr spiegeln sie in ihrer Vielschichtigkeit und ihrem Wandel den ungleichmäßigen inneren Zustand der lateinischen Christenheit selbst wider. Doch gerade die vielen für den heutigen Betrachter fremden religiösen, spirituellen und theologischen Motive sind hervorzuheben, weil sie jenseits der Grundkonstanten aller Kriege wie Hass, Habsucht oder Grausamkeit das spezifisch Mittelalterliche der Kreuzzüge ausmachen.
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II. Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient 1095 1096
1097 1097–98 1098 1099
1101 1109 1123–24 1127–46 1145–48 1146–74 1171 1187 1190–92 1197 1202–04 1204–61 1212 1215 1217–21 1227–29 1239–41 1244 1248–54 1260 1270 1291 1332–34 1365 1396 1453
27. November: Kreuzzugsaufruf Urbans II. (Konzil von Clermont) Frühjahr/Sommer: Judenpogrome entlang des Rheins; Spätsommer/Herbst: Vernichtung des so genannten Volkskreuzzugs in Kleinasien; Spätherbst 1096–Mai 1097: Eintreffen der Kontingente der zweiten Kreuzzugswelle in Konstantinopel 1. Juli: Schlacht bei Doryläum Belagerung und Eroberung (3. Juni) Antiochiens Herrschaftsübernahme in Edessa durch Balduin von Boulogne 15. Juli: Eroberung Jerusalems, Massaker an der Stadtbevölkerung. 12. August: Christlicher Sieg über ein fatimidisches Heer (Askalon) Sommer: Vernichtung der dritten Kreuzzugswelle in Kleinasien Eroberung von Tripolis Venezianischer Kreuzzug Herrschaft des Imād ad-Dīn Zengī, Emir von Damaskus Kreuzzug gegen Damaskus (sog. Zweiter Kreuzzug) Herrschaft des Nūr ad-Dīn, Emir von Damaskus Beendigung des Fatimidenkalifats von Ägypten durch Saladin. 1174 Machtübernahme in Damaskus durch Saladin 3./4. Juli: Schlacht von Hattin Kreuzzug Friedrichs I. Barbarossas, Richards I. von England und Philipps II. von Frankreich (sog. Dritter Kreuzzug) Kreuzzug Heinrichs VI. Kreuzzug gegen Konstantinopel (sog. Vierter Kreuzzug). Lateinisches Kaiserreich von Konstantinopel Kinderkreuzzug Viertes Laterankonzil. Kreuzzugsbulle ›Ad liberandam‹ Kreuzzug gegen Damiette (sog. Fünfter Kreuzzug) Kreuzzug Kaiser Friedrichs II. Kreuzzüge Theobalds von der Champagne und Richards von Cornwall 23. August: Chwarizmier erobern Jerusalem 17. Oktober: Schlacht von Forbie (Gaza) Erster Kreuzzug König Ludwigs IX. von Frankreich 3. September: Sieg der Mamluken unter Baibars über die ˘ ālūt (Ain Dschalud) Mongolen in der Schlacht von Ayn G Zweiter Kreuzzug Ludwigs IX. 18. Mai: Eroberung Akkons durch die Mamluken Erste „Heilige Liga“ Kreuzzug König Peters I. von Zypern 25. September: Schlacht von Nikopolis Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient
1. Der Erste Kreuzzug a) Aufruf, „Volkskreuzzug“ und Pogrome
Die Rede Urbans II. in Clermont
Die im letzten Kapitel beschriebenen historischen Zusammenhänge stellten die Grundlage für die Entstehung, aber auch für die Dauerhaftigkeit der Kreuzzugsbewegung dar. Sie lagen im Bereich der mittelalterlichen Vorstellungswelten, der Frömmigkeit, der Theologie sowie der gesellschaftlichpolitischen Bedingungen und waren somit langfristiger Natur. Der eigentliche Beginn des „Ersten Kreuzzugs“ hingegen war ein punktueller Akt, der sich zeitlich genau bestimmen lässt: Am 27. November 1095 hielt Papst Urban II. auf freiem Felde außerhalb der Stadt Clermont in der Auvergne (Frankreich) eine flammende Rede, in der er zu einem Kriegszug in den Osten aufrief. Sie gilt zu Recht als die Initialzündung zum Ersten Kreuzzug. Leider hat sie niemand wörtlich mitgeschrieben. Wir verfügen aber über vier spätere Fassungen der Rede, die zwar im Wortlaut mitunter beträchtlich voneinander abweichen, im Verbund aber erkennen lassen, wie der Papst argumentierte. Drei der Autoren waren sicher oder mit größter Wahrscheinlichkeit in Clermont anwesend und haben die Rede Urbans mit eigenen Ohren gehört: zum einen der 1120 verstorbene Mönch von SaintRemi, Robert von Reims, zum anderen der Abt von Saint-Pierre in Bourgueil und spätere Erzbischof von Dol, Balderich (von Bourgueil bzw. von Dol, 1045–1130) und schließlich der Kanoniker Fulcher von Chartres († 1127), der als Einziger der drei Genannten persönlich (als Kaplan) am Kreuzzug teilnahm. Die Chroniken wurden nach dem erfolgreichen Ausgang des Kreuzzugs verfasst, dies muss bei ihrer Interpretation stets bedacht werden. Doch trotz mancher Unterschiede weisen sie in der Wiedergabe der Rede gewisse übereinstimmende Tendenzen auf. Ihren Beschreibungen lässt sich entnehmen, dass der Papst offenbar alle Möglichkeiten der symbolischen und verbalen Kommunikation ausschöpfte: Anfangs beschrieb er mit zahlreichen Gesten, unter lauten Seufzern, Klagen und Tränen die Widrigkeiten, denen sich die Christen des Ostens ausgesetzt sahen, um dann als Sprachrohr und Bittsteller Gottes die Gläubigen zum Handeln aufzurufen. Dies geschah in drei Stufen, die von allen drei Augenzeugen erwähnt wurden: zuerst durch den eigentlichen Aufruf, sich dem Kreuzzug anzuschließen und zum Wohle der eigenen Religion zu kämpfen; dann durch das Versprechen eines Ablasses, und schließlich dadurch, dass er seine Zuhörer an ihre Sünden und die Dringlichkeit einer Läuterung erinnerte: Der Papst beschuldigte nämlich die anwesenden Waffenträger, ihre militärische Macht im Kampf gegeneinander zu missbrauchen anstatt sie in den Dienst ihrer Religion zu stellen. Hierdurch wurden die Zuhörer umso eher dazu bewegt, den Kreuzzug als einen Akt persönlicher Buße zu unternehmen. Dass der Boden für genau diese Argumente schon bereitet war, ist weiter oben dargelegt worden. Der Widerhall unter den Versammelten war denn auch massiv: Noch
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Der Erste Kreuzzug
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während der Rede, als Antwort auf den eigentlichen Appell, unterbrachen die Zuhörer den Papst mit dem berühmten Zuruf: Deus vult („Gott will es“), und als er geendet hatte, warfen sich viele auf den Boden, erbaten Vergebung für ihre Sünden und hefteten sich als äußeres Zeichen ihres Gelübdes, sich dem Zug anzuschließen, ein Stoffkreuz auf die Brust: Sie „nahmen das Kreuz“. Als Aufbruchstag für das Heer wurde der 15. August des Jahres 1096 festgesetzt. Der Papst verblieb noch bis zum Sommer 1096 in Süd- und Westfrankreich, wobei er wiederholt das Kreuz predigte. Inzwischen hatte seine Initiative ganz andere Reaktionen als die erwarteten ausgelöst. Offenbar war das eigentliche Ziel des Papstes, ein kleines, lokal (nämlich in Südfrankreich) erhobenes Ritterheer zur Unterstützung der christlichen Kirchen des Ostens, eventuell auch zur Befreiung Jerusalems zu rekrutieren. Die überlieferten Fassungen der Rede, aber auch drei im Winter 1095/96 geschriebene Briefe, die Urban an die Bologneser, Flamen und die Mönche von Vallombrosa in Italien sandte, lassen dies erkennen: In den Schreiben versuchte er nämlich, Kleriker und unter besonderen Umständen auch jüngere Kämpfer von der Teilnahme abzuhalten. Doch am Ende zogen nicht wie geplant eine Schar Ritter aus dem Süden Frankreichs, sondern mehrere, aus allen Bevölkerungsschichten zusammengesetzte „Wellen“ von Kreuzfahrern in Richtung Osten. Es sind mindestens drei solcher Wellen zu unterscheiden: eine erste, unorganisierte, die noch vor dem festgesetzten Termin aufbrach, diejenige, der die Eroberung Jerusalems gelang, und eine dritte, die frühestens im Juni 1098 aufbrach und 1101 weitgehend vernichtet wurde. Die zahlenmäßig bedeutendsten Kontingente der zweiten Welle entstammten dem nordfranzösisch-flandrisch-niederrheinischen Raum. Sie wurden kaum unmittelbar durch Urbans Worte rekrutiert, denn der Papst besuchte diese Gegenden nicht mehr persönlich. Diese Heerscharen wurden offenbar in starkem Maße durch das Wirken von Kreuzzugspredigern gewonnen. Der bedeutendste unter ihnen war Peter der Einsiedler. Peter von Amiens (oder der Einsiedler, † wohl 1115) gehörte zu den bereits beschriebenen Wanderpredigern des ausgehenden 11. Jahrhunderts. Er hatte schon vor dem Ersten Kreuzzug als Pilger Jerusalem besucht und dort den Entschluss gefasst, einen Zug zur Befreiung der Heiligen Stadt nach Palästina anzuführen. Mit einem vermeintlichen Brief Gottes, der zur Teilnahme am Kreuzzug aufforderte, ritt er auf einem Esel – wie Christus – von Ortschaft zu Ortschaft und rief die Bevölkerung zum Kreuzzug auf. Seine Popularität war derart groß, dass angeblich (nach Guibert von Nogent) die Haare seines Reittiers als Reliquien gesammelt wurden. Bald hatte er ein großes, bunt zusammengewürfeltes Heer gesammelt. Peter rekrutierte sowohl Teilnehmer für die erfolgreiche zweite Welle der Kreuzfahrer als auch Mitglieder des ersten Zuges. Für diese erste Welle, die so genannten Volkskreuzzüge von 1096, versammelten auch der französische Adlige Walter Sans-Avoir sowie die Deutschen Gottschalk und Folkmar Gruppen unterschiedlicher Größe. Sie umfassten sowohl „einfache Leute“ als auch Adlige und hohe Herren. Dass diese aus breiten Schichten der Bevölkerung zusammengesetzten Scharen wenig mit den erbetenen Ritterkontingenten zu tun hatten, wird auch daran erkennbar, dass sie sich nicht
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient an die vereinbarte Aufbruchszeit hielten oder halten konnten. Zu groß war offenbar die Unruhe im „Heer Gottes“. Die erste Welle des Ersten Kreuzzugs brach nach Süden auf.
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Quellen zum Ersten Kreuzzug Über den erfolgreichen Zug von 1096 bis 1099 sind wir hervorragend unterrichtet. Es liegen verschiedene Kreuzzugschroniken vor. Einige wurden von Teilnehmern der Expedition verfasst. Zu diesen Augenzeugen zählt etwa ein anonymer, wahrscheinlich dem Klerus angehöriger Normanne aus Süditalien. Dessen ›Gesta Francorum‹ (Die Taten der Franken, ca. 1100/1101), die stark für den Normannenfürsten Bohemund (*1050/58, † 1111) Partei ergreifen, wurden ausgiebig von anderen Autoren verarbeitet. Zu den „Kreuzfahrer-Chronisten“ gehörte weiterhin auch ein Kaplan namens Raimund von Aguilers, der zwischen 1099 und 1105 eine ›Historia francorum qui ceperunt Hierusalem‹ (Geschichte der Franken, die Jerusalem eroberten) ganz aus der Sicht des Provenzalen schrieb. Und auch der uns bereits bekannte Fulcher von Chartres ist in diesem Zusammenhang zu nennen. Ergänzt werden diese durchaus perspektivisch geprägten Augenzeugenberichte durch Werke von Autoren, die nicht unmittelbar am Zug teilnahmen, aber ihre Darstellungen aus Geschriebenem und Erzähltem kompilierten. Zweien von ihnen, Robert von Reims und Balderich von Dol, sind wir oben bereits begegnet; weiterhin sind in diesem Zusammenhang zu nennen: Guibert von Nogent († 1124) und seine um 1109 abgeschlossenen ›Dei Gesta per francos‹ sowie der gebildete normannische Ritter Radulf (Raoul) von Caen, der im Dienst des Normannenfürsten Tankred stand und seinen Herren mit den 1112 abgeschlossenen ›Gesta Tancredi‹ ehrte. Von der Forschung lange und zu Unrecht unterschätzt wurde die in sechs Büchern verfasste Kreuzzugschronik Alberts, wahrscheinlich eines Klerikers aus Aachen. Alberts von Aachen anekdotenreiche Erzählung greift als Einzige überhaupt nicht auf die anonymen ›Gesta Francorum‹ zurück und gibt häufig eigene, deutlich von den französischen Chronisten abweichende Einblicke. Er schreibt zugunsten Gottfrieds von Bouillon, denn Aachen lag im Herrschaftsbereich dieses Herzogs, und seine Informanten entstammten hauptsächlich dessen Kontingent. Die verschiedenen erzählenden Texte werden durch die rund zwanzig erhaltenen Briefe von Teilnehmern am Ersten Kreuzzug ergänzt – hervorragende Quellen, die unmittelbar von den Sorgen, Wünschen und Vorstellungen der Kreuzfahrer berichten. Und schließlich seien die vielen Urkunden erwähnt, die Kreuzfahrer vor ihrem Aufbruch ausstellten. Mithilfe all dieser sich ergänzenden, manchmal auch widersprüchlichen Quellen kann man ein Bild von den Kreuzzugswellen der Jahre 1096 bis 1101 gewinnen.
Das Ende der „Volkskreuzzüge“
Arm, undiszipliniert und schlecht koordiniert, mussten sich die Teilnehmer der „Volkskreuzzüge“ von 1096 vom Land ernähren, das sie durchzogen. Die Bevölkerung des Donauraums und des Balkans bekam dies bald zu spüren: Plünderungen und andere Übergriffe waren an der Tagesordnung. Daran änderte sich auch wenig, als die Heerscharen Peters des Einsiedlers und Walters Sans-Avoir vor Konstantinopel eintrafen. Die Plünderungen ließen es dem griechischen Kaiser Alexios I. Komnenos ratsamer erscheinen, den unliebsamen Haufen Anfang August 1096 über den Bosporus und damit in muslimisches Territorium überführen zu lassen. Hier wurde die militärische Unerfahrenheit und mangelnde Koordination der Gruppen auf fürchterliche Weise bestraft: Die eine, vor allem aus Deutschen und Italienern bestehende Hälfte des Volkskreuzzugs wurde bei Nikäa von den Seldschuken vernichtet, die andere, vorwiegend französi-
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Der Erste Kreuzzug sche, kurze Zeit später in einen Hinterhalt gelockt und ebenfalls aufgerieben. Peter der Einsiedler war beim Untergang seines Heeres nicht persönlich zugegen, denn er hielt sich gerade in Konstantinopel auf. Ihm blieb nur noch, auf die nachrückenden Ritterheere zu warten und sich ihnen anzuschließen. Kaum besser war das Schicksal der anderen im Gefolge des Volkskreuzzugs entstandenen Scharen: In Ungarn war man noch von den ersten Heeren und ihren Übergriffen überrascht worden – nun war man vorbereitet: Die Eindringlinge wurden allesamt geschlagen. Kein einziges Kontingent der ersten Welle des Ersten Kreuzzugs erreichte das Heilige Land. Doch vor ihrer Vernichtung waren Teile dieser Gruppen mit Taten in die Geschichte eingegangen, die zu einem untrennbaren Bestandteil der Kreuzzüge werden sollte: Im Sommer 1096 zerstörten sie in einer bis dahin beispiellosen Serie von Massakern eine Vielzahl von Judengemeinden entlang des Rheins. In den großen rheinischen Bischofsstädten wie Köln, Mainz, Speyer und Worms, aber auch in anderen Zentren der Region hatten sich schon im Frühmittelalter viele Juden niedergelassen. Im Schutz der örtlichen Herren, insbesondere der Bischöfe, hatten sie am Wirtschaftsleben der Metropolen teil und trugen dadurch zu deren Blüte bei. Sie entfalteten ein reiches kulturelles Leben und lebten lange mit den Christen zusammen, ohne dass es zu größeren Ausschreitungen kam. Dies bedeutet keineswegs, dass sich nicht auch vor 1095 in der lateinischen Christenheit Anzeichen für Antijudaismus (nicht Antisemitismus) finden lassen; doch im Mai 1096 brach sich dieser in bisher unbekanntem Maße Bahn. Unter der Führung des Predigers Folkmar und eines Grafen namens Emicho von Flonheim stürmten Kreuzfahrerhaufen die Judenviertel von Mainz, Worms und anderen mittelrheinischen Städten und ermordeten Männer, Frauen und Kinder. Christliche Chronisten berichten von den Ereignissen, auch Albert von Aachen. Doch keine Quellengruppe schildert die Grauen eindrücklicher und erschütternder als jüdische Chroniken wie die des Wormsers Salomon Bar Simson. Sie erzählen, dass die Bedrohten anfangs häufig den Schutz ihrer Herren, der christlichen Bischöfe, suchten und oft auch fanden. Doch bald mussten sie erkennen, dass diese nicht fähig oder bereit waren, sie mit Waffengewalt zu verteidigen. Während viele Juden durch die Hand der offenbar entfesselten Kreuzfahrer starben, zogen es andere in Anbetracht der ausweglosen Lage vor, ihre Angehörigen und sich selbst zu töten. Nach den Pogromen am Mittelrhein zogen Splittergruppen der Kreuzfahrer gegen die Judengemeinden in Köln, Metz, Trier und an den Niederrhein. Auch aus Regensburg, Prag und Südfrankreich sind Angriffe überliefert.
II.
Die Judenpogrome von 1096
Es ist schwierig, aber unabdingbar, keine historische Verbindung zwischen den Massakern an den rheinischen Juden des Jahres 1096 und den Massenmorden des 20. Jahrhunderts herzustellen. 1096 war nicht das Vorspiel für 1933 oder gar 1942. Die antijüdischen Ausschreitungen des Mittelalters waren keine auf einer antisemitischen Ideologie fußende, von Staats wegen durchgeführte Vernichtung. Hier muss man sich vor bequemen, einfachen Erklärungsmustern hüten und sich der Mühe unterziehen, die Geschehnisse aus ihrer Zeit und deren Denken heraus historisch zu erklären.
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient Motive für die Pogrome
Was veranlasste manche Kreuzfahrer, sich an Juden zu vergehen? Vor allem zwei Punkte lassen sich bestimmen. Zum einen handelte es sich um mittellose Haufen, die ohnehin dazu bereit oder gezwungen waren, notfalls von Plünderungen zu leben. Die reichen jüdischen Gemeinden erschienen ihnen als eine bequeme Quelle, um ihre Mittel aufzustocken. Doch ist dies nur ein Nebenaspekt, Habgier allein kann das Ausmaß der Gewalt nicht erklären. So paradox es erscheinen mag: Offenbar sahen die Mörder ihr Tun als Teil ihres heiligen Kriegs zum Wohle des Herrn. Sie zogen nicht zuletzt deshalb in den Osten, um Jesus Christus zu rächen und seine Feinde zu bekämpfen. Dass es Juden gewesen waren, die Christus gekreuzigt hatten, war selbst den theologisch Ungebildeten bekannt: In der zeitgenössischen Wahrnehmung traf also das neue Heer Gottes im Rheinland auf die Nachkommen der Mörder Christi. Auch jüdische Quellen berichten, dass die Mörder offenbar meinten, für die Kreuzigung Rache zu nehmen und damit gar ein gottgefälliges Werk zu verrichten. In diesen Zusammenhang passt es, dass auch der Bekehrungsgedanke eine große Rolle spielte: Verschiedentlich sind Zwangstaufen belegt. Schließlich könnte die innere Situation im Römisch-Deutschen Reich die Ausschreitungen begünstigt haben. Kaiser Heinrich IV. wurde wegen der Auseinandersetzungen mit Welf II. (*1072, † 1120) von 1090 bis 1097 von den nordalpinen Reichsteilen fern gehalten. Die Pogrome gegen die Juden im Rheinland fanden also in Abwesenheit der Königsgewalt statt. Ob eine Präsenz Heinrichs IV. an den Geschehnissen etwas geändert hätte, wird sich allerdings nie beantworten lassen.
b) Der Zug nach Jerusalem
Die Anführer des Ersten Kreuzzugs
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Die Kontingente, die im August 1096 aufbrachen, unterschieden sich in Zusammensetzung und Organisationsgrad stark von den ungeordneten Scharen der „Volkskreuzzüge“. Zwar zogen auch hier Frauen, Kinder, Bauern und Kleriker mit, doch war zum einen der ritterliche Anteil unter den Kämpfern höher, und zum anderen unterstanden die Truppen der Leitung hochrangiger, kriegserfahrener Fürsten. Vor allem fünf Heere sind zu unterscheiden. Das erste und größte Kontingent stellten die Süd- und Westfranzosen. Sie marschierten unter der Leitung des Grafen von Toulouse, Raimund IV. (* ca. 1041, † 1105). Die zweite Truppe wurde von Lothringern unter Herzog Gottfried V. von Niederlothringen, genannt Gottfried von Bouillon (1060–1100), und seinem Bruder Balduin (* nach 1060, † 1118) gebildet. Die Normannen und Flamen stellten das dritte Heer. Sie zogen unter Herzog Robert II. von der Normandie (* um 1054, † 1134) sowie den Grafen Stephan von Blois (1086–1102) und Robert II. von Flandern (* um 1065, † 1111). Hugo von Vermandois, der Bruder des französischen Königs Philipp I., führte ein viertes Kontingent an, während schließlich die süditalienischen Normannen Bohemund (*1050/58, † 1111), dem ältesten Sohn des mächtigen Robert Guiskard († 1085), unterstanden. Er wurde begleitet von seinem Neffen Tankred. Bei den Anführern des Ersten Kreuzzugs handelte es sich also nicht um
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Der Erste Kreuzzug Könige, sondern um hochadlige, bedeutende Fürsten und Territorialherren, die verschiedentlich mit gekrönten Häuptern verwandt waren. Manche von ihnen verfügten über sehr umfangreiche Herrschaften, wie der Graf von Toulouse, dessen Besitzungen diejenigen des französischen Königs übertrafen, und einige hatten bereits Erfahrung im Kampf gegen die Muslime sammeln können, so Raimund von Toulouse in Spanien und Bohemund in Süditalien. Alle aber waren im Kriegshandwerk geübt. Offiziell scheint kein militärischer Oberbefehlshaber bestimmt worden zu sein. Dies wäre auch bei der heterogenen Zusammensetzung mehrerer, lehnsrechtlich ganz unterschiedlich gebundener Heeresgruppen, denen sich darüber hinaus manche unabhängige Adlige anschlossen, kaum möglich gewesen. Doch besaß der Graf von Toulouse ein gewisses Mehr an Autorität, da er besonders enge Beziehungen zu Urban II. unterhielt. Dies drückte sich dadurch aus, dass er bei einem persönlichen Treffen mit dem Papst vor dem Konzil von Clermont von den Plänen unterrichtet worden zu sein scheint, und auch die Wahl des geistlichen Anführers des Unternehmens ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Sie fiel auf Adhémar von Monteil, den Bischof des im Tolosaner Machtbereich gelegenen Bistums Le Puy. Andererseits unterschied sich Raimund kulturell und sprachlich von vielen anderen Kreuzzugsführern, die in den Quellen oft als franci (im Gegensatz zu den west- und südfranzösischen provinciales) bezeichnet werden. Dies dürfte dazu beitragen haben, ihn langfristig von den anderen Fürsten zu isolieren. Die Monate bis zum Aufbruch wurden darauf verwendet, die Fahrt rechtlich und finanziell auf sichere Grundlagen zu stellen. Erbfragen mussten geklärt, Besitzungen verkauft, Güter verpfändet werden. Es liegen viele Privaturkunden vor, die über die Transaktionen und über die wichtige Rolle, die kirchliche Institutionen hierbei einnahmen, unterrichten. Denn sehr häufig waren es Klöster und Kirchen, die im wahrsten Sinne des Wortes – manchmal durch das Einschmelzen wertvoller Reliquiare – das Geld „flüssig machten“, mit dem Güter erstanden und Fahrten finanziert wurden. Hier, in der Vorbereitungs- bzw. Planungsphase des Kreuzzugs, taten sich auf individueller wie auf kollektiver Ebene Probleme vielfacher, nicht zuletzt logistischer Natur auf, denen sich auch spätere Kreuzfahrer gegenübergestellt sehen sollten (vgl. Kap. II., 3. a). Im Sommer 1096 machten sich die unterschiedlichen Kontingente in getrennten Zügen auf den Weg – die Lothringer landeinwärts durch Ungarn (wo sie Geiseln stellen mussten) an der Donau entlang, die Südfranzosen durch Norditalien und entlang der adriatischen Küste, die Nordfranzosen und Normannen schließlich durch die Apenninenhalbinsel zu ihren Verwandten nach Süditalien, von wo sie mit Schiffen nach Durazzo übersetzten. Die Schätzungen über die Gesamtstärke der Kontingente gehen weit auseinander: Die Forschung spricht von 30 000 bis 70 000 Bewaffneten und ca. 30 000 Unbewaffneten. Die Züge trafen in mehreren Schüben zwischen Spätherbst 1096 und Mitte Mai 1097 in Konstantinopel ein. Dies gab dem byzantinischen Kaiser Alexios I. Komnenos die Gelegenheit, mit den Anführern einzeln zu verhandeln. Durch diplomatischen und sogar militärischen Druck erlangte er jeweils von ihnen einen Treueid. Dieser umfasste nicht nur die Verpflichtung, während des Aufenthalts mit den By-
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient zantinern Frieden zu wahren, sondern auch das Versprechen, alle zu erobernden Gebiete, die früher zum Oströmischen Reich gehört hatten, dem Kaiser zu unterstellen. Unter den Anführern gelang es lediglich Raimund von Toulouse, seinen Schwur darauf zu beschränken, die Person und Besitzungen des Kaisers anzuerkennen. Nachdem alle Kontingente im Mai 1097 jenseits des Bosporus versammelt waren, brach die zweite Welle des Ersten Kreuzzugs auf. Die erste gemeinsame militärische Herausforderung wurde im Verbund mit einer byzantinischen Flotte gemeistert: die Einnahme Nikäas. Woran zuvor die Truppen des Volkskreuzzugs gescheitert waren, das gelang am 19. Juni 1097. Dabei schlugen die Lateiner zum ersten Mal in offener Feldschlacht ein Entsatzheer unter Sultan Qilig˘ Arslān (1092–1107). Nach Geheimverhandlungen übergaben die Muslime schließlich nicht ihnen, sondern den Byzantinern die Stadt, was gewisse Ressentiments unter den Kreuzfahrern hervorgerufen zu haben scheint. Doch stellte Kaiser Alexios Hilfstruppen unter der Leitung des erfahrenen Generals Tatikios zu Verfügung, der den Zug auf seinem Weg nach Osten begleitete und beriet. Die zweite, größere Bewährungsprobe kam zwei Wochen später, als bei Doryläum abermals ein Seldschukenheer unter Führung des Sultans geschlagen werden konnte (1. Juli 1097). Der Weg durch Anatolien über Ikonium, Cäsarea und Marasch nach Nordsyrien war nun offen, die Strecke jedoch lang und entbehrungsreich: Albert von Aachen und die anderen Chronisten berichten, wie die meisten Last- und Reittiere verendeten, Männer, Frauen und Kinder unter der großen Hitze litten. Ende Oktober 1097 traf ein erschöpftes und auf ca. 40 000 Personen reduziertes Heer vor der großen, stark befestigen Stadt Antiochia ein. Nach kurzen Beratungen beschloss man, sie zu belagern, anstatt einen Sturmangriff zu unternehmen. Die Belagerung von Antiochia
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Die Belagerung Antiochias sollte sieben lange Monate dauern (Oktober 1097 – Juni 1098), während deren viele Kreuzfahrer dem strengen Winter, der allgemeinen Nahrungsknappheit oder Krankheiten zum Opfer fielen. Obendrein erfuhren die Belagerer, dass ein großes Entsatzheer unter Kerbogha, dem Herrn von Mossul, unterwegs war. Die Kreuzfahrer drohten vor den Stadtmauern Antiochias auf offenem Felde aufgerieben zu werden. Manche Kämpfer desertierten, andere schoben Gründe für eine vorzeitige Rückkehr vor. Zu diesen gehörte Stephan von Blois, der auf seinem Rückweg auf ein byzantinisches Heer unter Alexios Komnenos traf und nach Ausweis Alberts von Aachen die Lage der Lateiner in derart düsteren Farben malte, dass der Kaiser keinen Sinn mehr darin sah, weiterzuziehen. Die Kreuzfahrer interpretierten den byzantinischen Rückzug als Verrat und als Bruch des in Konstantinopel geleisteten Treueids. Nun waren sie auf sich allein gestellt. Als die Lage aussichtslos erschien, konnte Bohemund einheimische Christen dafür gewinnen, ihm ein Tor der Stadtmauer zu öffnen. Am 3. Juni 1098 fiel Antiochia bis auf die Zitadelle der Stadt. Die Freude unter den Eroberern währte nur kurz, denn nun rückte Kerbogha an, und die ehemaligen Belagerer wurden nun selbst belagert. Wieder schien die Situation ausweglos. Da kam von anderer Seite Hilfe. Ein gewisser Petrus Bartholomäus aus dem Lager Raimunds von Toulouse behauptete, in einer Vision habe ihm der hl. Andreas gezeigt, wo sich die „Heilige
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Lanze“ befände, mit der nach Ausweis der Evangelien Christus am Kreuze die Seite geöffnet worden war. Zwar äußerten Adhémar von Le Puy und andere Zweifel, doch als mit tatkräftiger Unterstützung des Visionärs Grabungen in der Peterskirche zu Antiochia durchgeführt wurden, kam in der Tat eine bald als Reliquie verehrte Lanze zum Vorschein. Mit neuem Mut versehen, wagten die Eingeschlossenen unter Leitung Bohemunds am 28. Juni 1098 einen Ausfall – und siegten. Die seldschukische Gefahr war vorerst gebannt, die Eroberung gesichert, die Lanze hatte ihre Wundertätigkeit demonstriert. Visionen Schon mehrfach während des Zuges hatten Teilnehmer von Erscheinungen, so genannten Visionen, berichtet. Die Auffindung der Heiligen Lanze war nur ein Beispiel für solche übernatürliche Phänomene. Ebenfalls vor Antiochia berichtete ein Priester namens Stephan von Valence, Christus persönlich habe ihm und dem Heer göttliche Unterstützung versprochen, und Albert von Aachen erzählt in seiner Chronik von einer Vision des Heiligen Ambrosius, eines Mailänder Erzbischofs jener Zeit. In der Schlacht vermeinten die Kreuzfahrer verschiedentlich, göttliche Reiter und verstorbene Kameraden an ihrer Seite kämpfen zu sehen, was sie nur in ihrem Glauben bestätigte, einen geheiligten, gottgewollten Kampf zu führen. Noch unmittelbar vor der Einnahme Jerusalems sollte eine Vision den Gang der Ereignisse entscheidend zugunsten der Christen beeinflussen.
Erst am 13. Januar 1099 zog das Heer weiter in Richtung Jerusalem. Hierfür war zum einen die Jahreszeit verantwortlich: Man wollte nicht im Hochsommer die lange Strecke in Angriff nehmen. Dann suchte eine Epidemie die Stadt heim, der viele Kreuzfahrer, unter ihnen auch Bischof Adhémar, zum Opfer fielen. Schließlich verbrachten die Kreuzfahrerfürsten die Wintermonate auch damit, durch kleinere Züge Gebiete zu erobern und damit eigene Positionen zu sichern. Hier zeichnete sich ab, dass man bereits die Errichtung selbstständiger, von byzantinischer Oberherrschaft losgelöster Kreuzfahrerherrschaften anstrebte. Der Aufbruch wurde zusätzlich dadurch verzögert, dass viele Kreuzfahrerfürsten, insbesondere Raimund von Toulouse, dem Ansinnen Bohemunds widerstrebten, die Herrschaft über Antiochia anzutreten. Bohemund und seine Leute hatten zwar den entscheidenden Anteil an der Eroberung und der Verteidigung der Stadt gehabt, aber indem er die Stadt behielt, setzte er sich offen über sein Versprechen an Kaiser Alexios hinweg. Schließlich willigte Raimund ein, nachdem ihm das Oberkommando des Zuges übertragen worden war; Bohemund blieb als Herr von Antiochia zurück. Der Zug durch Syrien nach Palästina und Jerusalem verlief im Wesentlichen ohne Probleme, denn kurz zuvor war die Heilige Stadt in die Hand der schiitischen Fatimiden gefallen, und die Emire der kleinen Herrschaften Syriens sahen keine Veranlassung, sich einem Durchzug der Kreuzfahrer zu widersetzen, solange diese versprachen, sie nicht anzugreifen. Die meisten stellten sogar Verpflegung oder Geldmittel und blieben deshalb unbehelligt. Am 7. Juni 1099 erblickten die Kreuzfahrer schließlich vom „Berg der Freude“ (mons gaudii, Montjoie) aus Jerusalem. Das Heer dürfte zu dieser Zeit ca. 20 000 Menschen umfasst haben. Doch nun mussten die Kreuzfahrer feststellen, dass die Stadt gut befestigt war und die Verteidiger gar nicht an eine Kapitulation dachten. Alle Christen waren ausge-
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Erste Konflikte zwischen den Kreuzfahrerfürsten
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient wiesen worden, um einen Verrat wie in Antiochia auszuschließen, und nun drohte auch hier eine längere Belagerung. Andererseits eilte die Zeit, da ein fatimidisches Heer im Anmarsch war. Nach einem misslungenen Angriff am 13. Juni spitzte sich die Situation zu. Doch neu im Hafen von Jaffa eintreffende genuesische und englische Schiffe lieferten Handwerkszeug, mit dem in aller Eile Belagerungstürme errichtet werden konnten. Einmal mehr beeinflusste eine Vision den Gang der Ereignisse, als der verstorbene Bischof Adhémar einem Kleriker erschien und zur Buße mahnte. In barfüßiger Prozession, angeführt von Klerikern mit Reliquien, zog das Heer singend dreimal um die Stadt. Dann begann in der Nacht vom 13. zum 14. Juli 1099 der Angriff. Es dauerte einen vollen Tag, die Belagerungsmaschinen unter Verlusten an die Stadtmauern heranzurollen. Am Morgen des 15. Juli gelang es einigen Kämpfern des lothringischen Kontingents, die nördliche Stadtmauer zu überwinden, sich den Weg freizukämpfen und die anderen Krieger in die Stadt zu lassen. Während Raimund von Toulouse sich des strategisch wichtigen Davidsturms im Westen der Stadt bemächtigte, begann ein schreckliches Massaker. Zwar dürfte inzwischen als gesichert gelten, dass sich die brutale Ermordung zahlreicher Männer, Frauen und Kinder sowohl muslimischen wie jüdischen Glaubens in die militärischen Gepflogenheiten der Zeit einordnen lässt: Die Verteidiger hatten einer Kapitulation nicht zugestimmt und konnten daher nicht mit Erbarmen rechnen. Auch wissen wir, dass die erschreckenden, immer wieder abgedruckten Schilderungen der von den Kreuzfahrern begangenen Gräuel sich an alttestamentlichen Vorlagen, etwa der Eroberung Jerichos, orientierten. Die Kreuzfahrer selbst stellten sich als neues Volk Israel in biblische Tradition, ähnlich taten es Chronisten. Ein abgewogener und wissenschaftlicher Umgang mit den Quellen kann auch hier vorschnellen Urteilen und Interpretationen vorbeugen. Aber gleichwohl war das Massaker vom 15. Juli 1099 ein Ereignis, das in der jüdischen und mehr noch in der islamischen Welt Entsetzen hervorrief und in der Erinnerung wach gehalten wurde. Nicht zuletzt diente es rund zwei Jahrhunderte später dazu, das vergleichbare Verhalten der muslimischen Eroberer bei der Zerstörung des Königreichs Jerusalem im Jahre 1291 zu rechtfertigen. Sicherung der Herrschaft
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Die Heilige Stadt war erobert. Nun musste sie jedoch regiert und verteidigt werden. Raimund von Toulouse hatte sich im Verlauf des Zuges eine Reihe von Feinden gemacht, und viele seiner Krieger wollten in die Heimat zurück: Er verzichtete daher auf die Herrschaft über Jerusalem. Diese wurde mit Unterstützung der flandrischen und normannischen Kontingente dem Niederlothringer Gottfried angetragen. Er nahm an, verweigerte aber den Titel eines Königs mit den Worten, er wolle keine goldene Krone an dem Ort tragen, wo Christus die Dornenkrone aufgesetzt worden war. Daher wurde Gottfried advocatus sancti Sepulcri, Vogt/Verwalter des Heiligen Grabes, genannt. Auch die kirchliche Leitung ging an einen Kreuzfahrer aus Nordwesteuropa, an Arnulf von Chocques († 1118), den Kaplan Roberts von der Normandie. Er wurde zum neuen Vorsteher der Kirche von Jerusalem gewählt. Schon bald musste das Eroberte verteidigt werden, denn der fatimidische Wesir al-Afdal († 1121) befand sich mit einem gro-
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ßen Heer im Anmarsch. Die Christen waren zwar numerisch unterlegen, konnten ihre Gegner aber am Morgen des 12. August 1099 bei Askalon mit einem Angriff überraschen und vernichtend schlagen. Die Herrschaft über Jerusalem war damit bis auf weiteres gesichert.
c) Die Errichtung der Kreuzfahrerherrschaften Nach der erfolgreichen Schlacht bei Askalon kehrten die meisten Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs in ihre Heimat zurück. In ihren Augen war Jerusalem dem Christentum, die hereditas Christi ihrem Herrn wieder zugeführt worden. Sie konnten ihr Ziel als erfüllt, ja mehr als erfüllt, ansehen. Nur eine Minderheit an Rittern verblieb im Lande, an deren weltlicher und geistlicher Spitze es bald Veränderungen gab: Gottfried von Bouillon starb im Jahre 1100. Die Herrschaft ging auf seinen Bruder Balduin von Boulogne über, der als Erster den Titel eines Königs von Jerusalem (Balduin I.) annahm. Arnulf von Chocques wiederum musste aufgrund von kirchenpolitischen Problemen sein Amt abtreten. Zunächst konnten die im Land Verbliebenen auf baldige Unterstützung hoffen, denn die dritte Welle des Ersten Kreuzzugs setzte sich noch 1100/ 1001 in Bewegung. Doch nur wenige Kreuzfahrer dieser dritten Welle gelangten in das Heilige Land: Die Truppen dieses so genannten Kreuzzuges von 1101 wurden zuvor in mehreren Schlachten vernichtend geschlagen. Der Kreuzzug von 1101 Seit der Eroberung Antiochias war eine dritte große „Kreuzfahrerwelle“ rekrutiert worden. Sie umfasste italienische Kontingente aus der Lombardei, französische aus Burgund, Nevers und dem Poitou sowie deutsche unter dem bayerischen Herzog Welf I. († 1102). Die Gesamtgröße dieser Heere stand keinesfalls hinter derjenigen der zweiten Welle zurück, doch war der Ausgang des Unternehmens, des so genannten Kreuzzugs von 1101, ganz anders. Die Seldschuken setzten nun auf eine Taktik der „verbrannten Erde“. Mangelnde Abstimmung sowie taktische Fehler taten ein Übriges, sodass die Truppen in verschiedenen Schlachten fast vollständig vernichtet wurden. Das schreckliche Scheitern des Kreuzzugs von 1101 hat wesentlich dazu beigetragen, dass er in der christlichen Welt weitgehend in Vergessenheit geriet.
Jerusalem war die bedeutendste, doch nicht die einzige, ja nicht einmal die älteste Kreuzfahrerherrschaft. Insgesamt entstanden vier unabhängige Territorien (s. Karte 1): neben dem Königreich Jerusalem waren dies das Fürstentum Antiochia, die Grafschaft Edessa und die Grafschaft Tripolis. Bohemund war im Sommer 1098 in Antiochia zurückgeblieben; er schuf hier eine Herrschaft, welche die Bezeichnung Fürstentum Antiochia erhielt. Trotz seiner exponierten Stellung an der Grenze zum mächtigen Emirat von Aleppo und des Todes mehrerer Fürsten auf dem Schlachtfeld sollte es bis in die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts Bestand haben. Kurzlebiger war die Grafschaft Edessa. Dabei handelte es sich bei ihr um die älteste aller Kreuzfahrerherrschaften. Balduin von Boulogne, der Bruder Gottfrieds von Bouillon, hatte sie im Frühjahr 1098 noch vor der Eroberung Antiochias geschaffen: Er verließ mit einem Ritterkontingent das
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient Hauptheer in Armenien und nutzte die unruhigen inneren Verhältnisse in dem größtenteils von armenischen Christen gehaltenen Gebiet dazu, türkische Garnisonen zu vertreiben, lokale Machtträger auszuschalten und selbst die Herrschaft in Edessa zu übernehmen. Doch bereits im Jahre 1144 fiel die Stadt an Imād ad-Dīn Zengī (Zengi, 1127–1146), den Herrn von Mossul. Auch die Grafschaft ging bald darauf verloren. Die Gegend zwischen dem Fürstentum Antiochia und dem Königreich Jerusalem wurde als Letztes von den Kreuzfahrern erobert. Sie war während des Vormarschs unbehelligt geblieben und konnte erst unter christliche Herrschaft gebracht werden, nachdem im Jahre 1102 die wichtige Hafenstadt Tortosa eingenommen worden war. Hier suchte sich Raimund von Toulouse nach seiner politischen Niederlage gegen Gottfried von Bouillon eine eigene Herrschaft. Zwar starb der Graf schon 1105, doch seine Truppen konnten unter der Führung anderer Mitglieder des Grafenhauses 1109 Tripolis erobern und die Herrschaft sichern. Ein weiteres Fürstentum schien unter dem tatkräftigen Normannen Tankred in Galiläa zu entstehen, doch konnte es sich nicht als selbstständiges Gebilde etablieren. Die vier unabhängigen Kreuzfahrerherrschaften Jerusalem, Antiochia, Edessa und Tripolis werden häufig als „Outremer“ (die lateinischen Territorien „jenseits des [Mittel-]Meeres“) bezeichnet. Diese Gebiete wurden zwar immer wieder von Kreuzfahrern aufgesucht, doch wurde ihre innere Entwicklung lediglich mittelbar von den Kreuzzügen bestimmt. Die Geschichte, die Institutionen, der Aufbau und die Zusammensetzung dieser so genannten „Kreuzfahrerstaaten“ werden daher an anderer Stelle (Abschnitt III) aus der Binnensicht dargestellt. Dagegen sollen im Folgenden weiterhin die Kreuzzüge selbst im Vordergrund stehen.
2. Die Kreuzzüge des 12. bis 15. Jahrhunderts a) Die Kreuzzüge bis zur Schlacht von Hattin 1187 Die Zählung der Kreuzzüge
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Der Erste Kreuzzug hat in der mittelalterlichen Überlieferung und in der historischen Forschung eine herausragende Stellung eingenommen. Auf ihn gehen die Kreuzfahrerherrschaften des Vorderen Orients zurück, und in ihm verdichten sich Motivationen, politische Konstellationen und militärische Probleme, die auch viele spätere Kreuzzüge prägen sollten. Der Zug von 1096 bis 1099 war der spektakuläre Auftakt zu einer langen Reihe militärischer Unternehmungen zur Verteidigung oder Rückgewinnung des Heiligen Landes. Nicht im Mittelalter, sondern in neuerer Zeit ging man dazu über, manchen dieser Kriegszüge Ordnungszahlen zu geben: Der Zweite, Dritte usw. Kreuzzug haben sich inzwischen als feste Begriffe eingeprägt. Mit ihnen bezeichnet man nicht die zahlenmäßig größten oder die erfolgreichsten Züge, sondern in aller Regel diejenigen, die von Königen angeführt wurden. Diese Zählung ist der Faszination für mittelalterliche Herrschergestalten geschuldet. Sie hat einige wenige Unternehmungen in den Vordergrund gerückt und den Blick dafür verstellt, dass es während des Hoch- und
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Die Kreuzzüge des 12. bis 15. Jahrhunderts Spätmittelalters eine Vielzahl von Kreuzzügen gab; daher soll diese Nummerierung hier nicht verwendet werden. Dennoch müssen auch wir aus Platzgründen eine Auswahl treffen. Aus diesem Grunde wird im Folgenden nur ein grober Abriss der wichtigsten Unternehmungen vorgelegt. Es gab Zeiten stärkerer und schwächerer Kreuzzugsbegeisterung. Die ersten 25 Jahre nach der Eroberung Jerusalems brachten einige Züge hervor – so in den Jahren 1107 bis 1110 denjenigen des norwegischen Königs Sigurd (1103–1130), der mit seiner Flotte an der Eroberung der Hafenstadt Sidon teilnahm, und in den Jahren 1123/24 denjenigen Venedigs, in dessen Verlauf eine fatimidische Flotte zerstört und Tyrus erobert wurde. Danach waren die Kreuzfahrerherrschaften etabliert und in Maßen stabilisiert. Vielleicht war diese relative Sicherheit der Grund, warum rund eine Generation bis zum nächsten wirklich bedeutenden Unternehmen verging: dem Kreuzzug von 1145–1148. Den Anlass hierfür gab der Fall Edessas am 23. Dezember 1144. Der Verlust der ältesten Kreuzfahrerherrschaft und ein Hilfeersuchen aus Palästina ließen Papst Eugen III. (1145–1153) am 1. Dezember 1145 einen Kreuzzugsaufruf verfassen, die Bulle ›Quantum praedecessores‹. Aber es ging dem Papst nicht bloß um Unterstützung für die bedrohten Kreuzfahrerherrschaften der Levante: Er plante eine breit angelegte Offensive zur Verteidigung und Ausbreitung des Christentums an mehreren Fronten. Daher ließ er sowohl für den Zug ins Heilige Land als auch für Unternehmungen auf der Iberischen Halbinsel und an der Ostsee das Kreuz predigen. Der dänische Chronist Saxo Grammaticus (* um 1150, † ca. 1220) schrieb: „Jede Provinz … erhielt den Befehl, jenen Teil der barbarischen Welt, der ihr am nächsten lag, anzugreifen.“ Von niemand wurde die Anwerbung von Kreuzfahrern eindringlicher und effektiver betrieben als vom größten Theologen und einflussreichsten Kirchenvertreter seiner Zeit: Bernhard von Clairvaux. Bernhard von Clairvaux (1090–1153) entstammte einer adligen Familie aus Burgund. Im Jahre 1112 trat er zusammen mit 30 Begleitern in das erst knapp ein Jahrzehnt zuvor gegründete Reformkloster Cîteaux ein. Drei Jahre später wurde er Abt des Klosters Clairvaux. Nicht zuletzt auf seine charismatische Persönlichkeit geht der kometenhafte Aufstieg des Zisterzienserordens zurück. Bernhard verfasste Predigten, theologische und mystische Schriften sowie Traktate – darunter auch ein Werk zur Unterstützung des jungen Templerordens. Er stellte seine rhetorischen Fähigkeiten in den Dienst der Kreuzzugsidee. Am 31. März 1146 hielt er in Vézelay einen flammenden Kreuzzugsaufruf, woraufhin König Ludwig VII. von Frankreich (1137–1180) zusammen mit seiner Frau Eleonore (* um 1122, † 1204) und vielen Adligen das Kreuz nahm. Auch der römisch-deutsche König Konrad III. (1138–1152) aus dem Geschlecht der Staufer kam zu Weihnachten 1146 dem Werben des Zisterziensers nach. Otto, Bischof von Freising und ein Halbbruder des Herrschers (* etwa 1112, † 1158), nahm ebenfalls am Zug teil. Seine ›Gesta Friderici primi imperatoris‹ erzählen hiervon. Bernhard warb weitere Kontingente an, indem er den Kreuzzug als eine einmalige Gelegenheit darstellte, das Seelenheil zu retten. Wer wie ein „kluger Kaufmann“ rechne, dürfe sich die Chance nicht entgehen lassen. Entsprechend groß war der Zulauf der Gläubigen – und deren Kritik nach dem unrühmlichen Ende des Kreuzzugs. Bernhard machte die Sündhaftigkeit der Christen für den Misserfolg verantwortlich.
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Das Scheitern des Kreuzzugs
Zisterziensermönche wie Bernhard von Clairvaux erfüllten für den Kreuzzug von 1145–1148 sowie für spätere Kreuzzüge des 12. Jahrhunderts in mancherlei Hinsicht die Rolle, die in den Jahren 1096–1099 Wanderprediger wie Peter der Einsiedler gespielt hatten. Nach Otto von Freising war es ebenfalls ein Zisterzienser, ein gewisser Radulf, der zu neuen Pogromen gegen die Juden im Rheinland aufstachelte. Doch setzte Bernhard von Clairvaux seine Autorität gezielt gegen die Ausschreitungen ein, sodass die Gewalt diesmal nicht vergleichbar schreckliche Ausmaße annahm. Das deutsche Heer folgte der Route Gottfrieds von Bouillon und gelangte ohne größere Schwierigkeiten über den Bosporus. Einige Tage, nachdem es sich in Nikäa aus logistischen Gründen in zwei Teile getrennt hatte, kam der erste Rückschlag: Bei Doryläum wurde das Kontingent Konrads III. von den Seldschuken gestellt und in einer Schlacht schwer geschlagen; kaum besser ging es dem zweiten Teil unter Otto von Freising. Der König, sein Halbbruder und einige Begleiter kamen gerade noch mit dem Leben davon. Sie kehrten nach Konstantinopel zurück und nahmen mit dem Rest ihrer Männer den Seeweg nach Palästina. Das Heer Ludwigs VII. gelangte ebenfalls auf den Spuren Gottfrieds bis nach Adalia an der Mittelmeerküste. Verlustreiche Scharmützel und mangelhafte byzantinische Unterstützung hatten das Heer während seines Marsches durch Kleinasien geschwächt. Daher beschloss der König, den Rest des Weges per Schiff zurückzulegen. Es gab aber nicht genug Transportmöglichkeiten. Ludwig befahl der Infantrie mit dem Rest des Heeres den Weg nach Antiochia zu Fuß einzuschlagen. Die Truppen wurden Anfang 1148 unweit Adalia nahezu vernichtet. Der König hingegen gelangte mit dem Klerus und den Rittern per Schiff nach Antiochia. Sein Aufenthalt dort hat vor allem wegen der vermuteten inzestuösen Beziehung seiner Frau, Eleonore von Aquitanien, mit ihrem Onkel Raimund von Antiochia (1136–1149) die Phantasie der Zeitgenossen und der Nachwelt beflügelt. Ob aus verletztem Ehrgefühl, Antipathie gegen die mit Antiochia verbündeten Byzantiner oder aus anderen Gründen: König Ludwig ließ sein Heer nicht zugunsten des antiochenischen Fürsten kämpfen, sondern zog weiter nach Jerusalem. Dort verband er sich mit den verbliebenen deutschen Kreuzfahrern und weiteren Truppen aus der Provence. Eventuell stieß auch ein Kontingent aus England, Flandern und dem Niederrhein zu ihnen, das per Schiff über Portugal ins Heilige Land gefahren war. Trotzdem war die Armee nicht groß genug, um die Rückeroberung Edessas zu betreiben. Stattdessen beschloss man den Angriff auf das lange mit den Christen verbündete Emirat von Damaskus. Der Angriff vom Juli 1148 scheiterte vollkommen: Nach wenigen Tagen wurde die Belagerung aufgehoben, tief erniedrigt zog das Kreuzfahrerheer wieder ab. In jeder Hinsicht war der Kreuzzug von 1147/48 ein Misserfolg: Er verärgerte einen wichtigen Verbündeten der Christen (Damaskus), vertiefte die Spannungen mit Byzanz und schadete dem Ansehen der Kreuzzüge im lateinischen Westen. Trotz wiederholter Aufrufe sollten bis zum Jahre 1187 mit Ausnahme einiger kleinerer Initiativen wie derjenigen Graf Philipps von Flandern († 1191) in den Jahren 1177/78 keine nennenswerten Züge mehr für die Fahrt ins Heilige Land zusammenkommen.
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Die Kreuzzüge des 12. bis 15. Jahrhunderts Zudem zeigte das Scheitern von 1147/48 die militärischen Grenzen der christlichen Ritterheere. Deren Durchschlagskraft beruhte ganz auf dem massierten Angriff schwer gepanzerter Reiter. Dem hatten die muslimischen Heere wenig entgegenzusetzen, daher war ihre Taktik in der Schlacht eine andere: Durch fortdauernden Beschuss vom Pferderücken aus wurde die Widerstandskraft der weniger beweglichen, gepanzerten Ritter ausgehöhlt, durch Scheinfluchten ein Auseinanderbrechen der fest gefügten Linien angestrebt. Erst dann gingen die Reiter zum Angriff über. Im Verlauf des 12. Jahrhunderts änderte sich allmählich auf beiden Seiten die Bewaffnung: Die Christen griffen auf so genannte turcopoli zurück, eine aus einheimischen Verbündeten oder Söldnern (auch Muslimen) bestehende leichte Reiterei. Auch die Muslime glichen sich dem Gegner an. Dies wurde besonders in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts offensichtlich, als den Christen Outremers in Saladin (S˙alāh ad-Dīn ibn Ayyūb, 1169– ˙ Dessen Heer bestand in 1193) ihr bislang gefährlichster Gegner erwuchs. erster Linie aus professionellen turkomanischen und kurdischen Kämpfern, die um Sklaven-Krieger, die so genannten Mamluken, sowie um Söldner ergänzt wurden. Schließlich schlossen sich auch Beduinen- und Turkomanenkontingente in der Hoffnung auf Beute an. Die Bewaffnung der Muslime bestand nur im Falle der professionellen Eliteeinheiten aus dem wirkungsvollen, vom Pferderücken aus zu bedienenden Bogen. Die Mehrzahl der Kämpfer benutzte leichtere, weniger schlagkräftige Bögen sowie leichte Lanzen und Schwerter. Die Führungspersonen und die Mamluken aber trugen eine schwere Panzerung, die sich mit derjenigen der christlichen Ritter vergleichen lassen konnte. Ein solches Heer war es, das die christliche Armee Outremers am 3./4. Juli 1187 bei Hattin vernichtete.
II. Militärische Taktik und Ausrüstung
b) Die Kreuzzüge von 1187 bis zum Fall Jerusalems 1244 Vorgeschichte und Verlauf der Schlacht von Hattin gehören weniger in den Zusammenhang der Kreuzzüge als in denjenigen der „Kreuzfahrerstaaten“ (vgl. Kap. III., 1. a). Die Nachricht von der Niederlage schlug mit aller Wucht auf den lateinischen Westen zurück. Die Zerstörung des christlichen Heeresaufgebots, die Eroberung weiter Teile Outremers durch die Muslime, vor allem aber die Einnahme Jerusalems am 2. Oktober 1187 und der Verlust der wichtigsten Reliquie, des Heiligen Kreuzes – diese Ereignisse sandten Schockwellen bis in die letzten Winkel der Christenheit. Die Kreuzzugsbewegung als Ganzes erhielt einen außerordentlichen Schub: Während des folgenden Jahrhunderts sollte kaum ein Jahr vergehen, ohne dass irgendwo in Europa, in Kleinasien oder im Vorderen Orient ein Kreuzzug geführt wurde. Unmittelbar, nachdem die Nachricht von der Niederlage sich verbreitet hatte, rief Papst Gregor VIII. († 1187) mit der Bulle ›Audita tremendi‹ am 29. Oktober 1187 zum Kreuzzug auf. Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1152– 1190), Richard I. Löwenherz von England (1189–1199) und Philipp II. Augustus von Frankreich (1180–1223) zogen gemeinsam das größte Kreuz-
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Eroberung Zyperns
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fahrerheer des Mittelalters zusammen. Als Erstes brach das deutsche Kontingent auf. Es erzielte noch am 18. Mai einen glänzenden Sieg über seldschukische Truppen bei Ikonion und erreichte bald darauf Armenien. Doch dann starb völlig unerwartet, am 10. Juni 1190, der Kaiser: Friedrich I., der mächtigste Herrscher und damit der „natürliche Anführer“ des großen Kreuzzugs zur Wiedergewinnung Jerusalems, ertrank bei der Überquerung des Flusses Saleph. Sein Heer brach auseinander, die meisten Kreuzfahrer kehrten nach Hause zurück. Nur ein kleiner Rest unter Herzog Friedrich von Schwaben (1167–1191), dem Sohn des Kaisers, zog weiter und nahm am Kriegszug Richards I. und Philipps II. teil. Auf dem Seeweg nach Palästina hatte Richard überraschend die Insel Zypern erobert. Vom handstreichartigen Unternehmen erzählt u. a. das ›Itinerarium regis Ricardi‹ eines anonymen Londoner Kanonikers, eine aufschlussreiche, allerdings parteiische Quelle zum Kreuzzug des englischen Königs. Die unvorhergesehene Eroberung – Richard griff die Insel an, weil dort der byzantinische Machthaber einige Kreuzfahrer in Ketten gelegt hatte – war außerordentlich folgenreich: Zypern sollte weitere vier Jahrhunderte unter lateinischer Herrschaft verbleiben und wesentlich zum Überleben der Kreuzfahrerherrschaften im 13. Jahrhundert beitragen. Im April bzw. Juni 1191 standen die Heere beider Könige vor Akkon. Die Kreuzfahrer fanden eine Stadt vor, die schon seit knapp zwei Jahren von christlichen Truppen belagert wurde. Mit Hilfe der Verstärkung konnte sie schließlich am 12. Juli 1191 eingenommen werden. Kurz danach kehrte der französische König nach Hause zurück. Hierfür war zweifellos auch die Rivalität mit Richard I. verantwortlich, die den gesamten anglo-französischen Kreuzzug von 1191/92 prägte. Sie ging auf Spannungen um Besitzungen in Frankreich zurück und wurde offenbar von persönlichen Antipathien weiter verschärft. Immer wieder kam es zu Streitigkeiten um politische und militärische Entscheidungen oder um Beute. In der Folge konnte Richard seinen Ruf als glänzender Ritter durch einige bedeutende Erfolge unter Beweis stellen und zugleich den Nimbus der Unbesiegbarkeit Saladins zerstören, so bei der erfolgreichen Schlacht von Arsuf am 7. September 1191. In Anbetracht seiner militärischen Möglichkeiten und der Gefährdung seiner europäischen Güter schloss Richard aber im September 1192 mit Saladin einen Waffenstillstand über drei Jahre: Die Küste von Tyrus bis Jaffa wurde wieder christlich, der Zugang nach Jerusalem für Pilger gewährleistet. Das längerfristige Überleben der „Kreuzfahrerstaaten“ wurde durch das Unternehmen von 1191/92 nicht garantiert, aber wesentlich erleichtert, zumal das Reich Saladins nach dessen Tod (1193) zerfiel. In den letzten Jahren des 12. Jahrhundert kam es noch einmal zu einem Kreuzzug, als der Sohn und Nachfolger Friedrichs I., Heinrich VI. (1190– 1197), seine weitreichenden Pläne im östlichen Mittelmeerraum mit einer Expedition in die Levante zu verbinden versuchte. Deutsche und süditalienische Truppen waren schon per Schiff nach Akkon gebracht worden, da traf vollkommen überraschend die Nachricht vom plötzlichen Tod des Kaisers (28. September 1197) ein. Der Kreuzzug von 1197 blieb dennoch nicht ohne Erfolg: Sidon und Beirut wurden erobert und dadurch die militärisch und wirtschaftlich wichtige Landverbindung zwischen dem Königreich Jerusalem und der Grafschaft Tripolis wiederhergestellt. Der Kreuz-
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zug Heinrichs VI. war der letzte des 12. Jahrhunderts, aber im August 1198 kündigte der Kreuzzugsaufruf Papst Innozenz’ III. (1198–1216) bereits an, dass die Kreuzzugsbewegung keineswegs beendet war. Im 13. Jahrhundert nahm zwar die Zahl der Kreuzzüge zu, doch in der Regel handelte es sich um kleinere Expeditionen, die seltener durch einschneidende Ereignisse wie z. B. die verlorene Schlacht von Forbie (1244) als durch die allgemeine Notlage der Kreuzfahrerherrschaften hervorgerufen wurden. Der Kreuzzug entwickelte sich zum passagium particulare. passagium Der Begriff passagium kommt aus der Welt des Handels und bezeichnet in unserem Zusammenhang eine alljährlich stattfindende „Überfahrt“, der sich einzelne Ritter oder Kontingente anschließen konnten. Dieser ständige Strom kampfbereiter Fremder trug nicht unwesentlich zum Überleben der „Kreuzfahrerstaaten“ bei. Wenn nennenswerte Expeditionen unternommen wurden, dann nicht in Form des allgemeinen, großen Kreuzzugs – des passagium generale –, sondern in Form eines passagium particulare, einer punktuellen Expeditionen zur Erreichung eines begrenzten Zieles.
Kleinere Kreuzzüge des 13. Jahrhunderts
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Genannt seien die Unternehmungen der Grafen Theobald von der Champagne († 1253) und Richard von Cornwall († 1272) in den Jahren 1239–1241, des Grafen Odo von Nevers († 1266) im Jahre 1265, der aragonesische Kreuzzug von 1269 sowie die Expeditionen französischer und englischer Kontingente 1288 bzw. 1290. Diese kleineren, von Hochadligen angeführten Expeditionen konnten eingeschränkte Erfolge wie die Eroberung einzelner Burgen oder Städte verbuchen. Nur in Ausnahmefällen kamen große Heere zusammen. Vier Kreuzzüge ragen in dieser Hinsicht heraus: derjenige von 1202–1204, der mit der Eroberung und Plünderung Konstantinopels endete, derjenige von 1217–1221 gegen Ägypten sowie die beiden Kreuzzüge des französischen Königs Ludwig IX. in den Jahren 1248–1254 und 1270. Weniger wegen der Zahl seiner Teilnehmer als wegen seines Ergebnisses ist der Kreuzzug Friedrichs II. von 1226–1229 bedeutsam. Besonders kritisch ist der große Kreuzzug von 1202–1204 beurteilt worden. Sein Ende, die Eroberung und Plünderung Konstantinopels, zeitigte in der Tat im Wesentlichen negative Folgen: Es vertiefte entscheidend einen bis heute nicht ganz eingeebneten Graben zwischen griechischen und lateinischen Christen. Durch die knapp 60-jährige Herrschaft der Lateiner über Byzanz wurden außerdem Energien von der Unterstützung der „Kreuzfahrerstaaten“ der Levante abgezogen. Dabei war das Unternehmen in großem Stile als ein Zug zur Wiedereroberung Jerusalems geplant worden. Papst Innozenz III. hatte es ausgerufen, Prediger wie Fulko von Neuilly hatten es wirksam propagiert. Seine wichtigsten Anführer – Markgraf Bonifaz von Montferrat († 1207), Graf Ludwig von Blois († 1205) und Graf Balduin IX. von Flandern (* 1171, † 1206) – hatten genaue Vorsorge getroffen. Gottfried von Villehardouin († zw. 1212 und 1218), Marschall der Champagne, der einen der wichtigsten Berichte zur Geschichte des Zuges aus lateinischer Sicht verfasste, erzählt hiervon: Er selbst schloss 1201 einen Vertrag mit dem Dogen von Venedig, wonach 33 500 Kämpfer per
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Die Plünderung Konstantinopels
Das lateinische Kaiserreich von Konstantinopel
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Schiff nach Akkon gebracht werden sollten. Doch bloß 11 000 Mann trafen im Sommer 1202 in Venedig ein. Die Venezianer, die beträchtliche Anstrengungen unternommen und die größte Flotte ihrer Geschichte zusammengezogen hatten, pochten auf die Erfüllung des Vertrags. Um den Forderungen zu begegnen und eine Auflösung des Kreuzzugs zu verhindern, beschloss man die Eroberung von Zara (heute Zadar), einer ehemals venezianisch, nun aber ungarisch beherrschten Stadt an der dalmatischen Küste. Die Anführer des Unternehmens setzten sich über Bedenken und das Verbot des Papstes hinweg (Zara wurde von lateinischen Christen bewohnt, und der König von Ungarn hatte sogar selbst das Kreuz genommen): Die Stadt wurde im November 1202 eingenommen. Da die finanziellen Probleme damit noch nicht aus der Welt geschafft waren, griff man einen von den Venezianern unterstützten Vorschlag des exilierten byzantinischen Prinzen Alexios Angelos auf: nach Konstantinopel zu segeln und ihn wieder an die Macht zu bringen. Dafür versprach der Prinz die finanzielle und militärische Unterstützung des Kreuzzugs. Tatsächlich gelang im Juli 1203 der Sturz des Kaisers Alexios III. (1195– 1203), doch die Kreuzfahrer mussten bis zum Frühjahr 1204 auf den Aufbruch warten. In der Zwischenzeit wurde, nicht zuletzt wegen wachsender Spannungen mit den Kreuzfahrern, der neue Kaiser Alexios IV. selbst gestürzt und ermordet. Die Kreuzfahrer fühlten sich nun dazu berechtigt, gegen den neuen Kaiser vorzugehen und Konstantinopel zu belagern. Sie konnten überraschend am 12. April ein Tor in der gut befestigten und verteidigten Stadtmauer besetzen und so die größte und reichste Stadt der Christenheit einnehmen. Konstantinopel wurde systematisch geplündert. Ungezählte Kunstwerke wurden geraubt, Frauen geschändet und Heiligtümer entweiht. Niketas Choniates († 1217), ein byzantinischer Senator und Chronist, erzählt in erschreckenden Bildern von der Plünderung, die vor allem wegen der systematischen Entehrung heiliger, christlicher Stätten tiefe Wunden riss. Konstantinopel sollte sich nie mehr vollständig von der Katastrophe von 1204 erholen. Papst Innozenz III., der die Kreuzfahrer nach der Ablenkung vom ursprünglichen Ziel und dem Vorgehen gegen Mitchristen exkommuniziert hatte, akzeptierte dennoch die einmal geschaffenen Tatsachen. Die Kreuzfahrer kehrten mit Beute beladen nach Hause zurück, manche errichteten für die mitgebrachten Reliquien Kirchen. Noch heute zeugen die Pferde auf der venezianischen Markuskirche und andere Werke vom größten Kunstraub des Mittelalters. Balduin von Flandern wurde als Herrscher (1204–1206) des neu geschaffenen lateinischen Kaiserreichs von Konstantinopel eingesetzt. Es sollte bis zum Jahre 1261 fortbestehen, war aber von Beginn an kaum überlebensfähig: Die Zahl der Lateiner war gering, ihre Herrschaft verhasst. Obendrein mussten sich die Kaiser mit einem Viertel des Eroberten zufrieden geben. Der Rest fiel als Lehen an zurückgebliebene Kreuzritter oder an Venedig, die eigentliche Siegerin von 1204. Das lateinische Kaiserreich war wirtschaftlich und teilweise auch politisch von ihr abhängig. Militärisch war es seit der Niederlage gegen die Bulgaren bei Adrianopel (1205) geschwächt. An seinen Grenzen bildeten sich in Trapezunt, Epiros und Nikäa griechische Nachfolgeherrschaften, die ihrerseits den Kaisertitel be-
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anspruchten und eine Rückeroberung anstrebten. Zwar verhinderte deren Uneinigkeit noch einige Jahrzehnte lang den Fall der lateinischen Herrschaft, doch das griechische Kaiserreich in Nikäa dehnte seinen Machtund Herrschaftsbereich immer weiter aus. Unter dem zum Kaiser aufgestiegenen General Michael VIII. Palaiologos (1259–1282) gelang schließlich am 25. Juli 1261 die Rückeroberung Konstantinopels. Nicht Habgier wie bei der Plünderung von 1204, sondern das Gegenteil, die Nachfolge des armen Christus, die Armutsbewegung, stand hinter dem als „Kinderkreuzzug“ in die Geschichte eingegangenen Unternehmen. Die Kinderkreuzzüge Der Begriff ist irreführend, handelte es sich doch weder um einen päpstlich sanktionierten oder um einen kohärent geplanten und organisierten, noch um einen ausschließlich aus Kindern zusammengesetzten Zug. Vielmehr umfassten die „Kinderkreuzzüge“ mehrere, aus Mittellosen, Niedergeistlichen, Alten, Frauen und Jugendlichen zusammengesetzte Gruppen, die sich den Armutsgedanken verpflichteten Führungspersönlichkeiten anschlossen. Einer von diesen, Nikolaus von Köln, zog 1212 predigend den Rhein hinauf und sammelte mit der Zusicherung, das Meer werde sich den Nachfolgern Christi von allein öffnen und den Weg nach Palästina freimachen, eine wachsende Schar von Anhängern. Im Juli/August 1212 überquerte sie die Alpen. Als die Vorhersage nicht eintrat und auch Papst Innozenz III. die Initiative nicht aufgriff, lösten sich die Gruppen auf: Die meisten kehrten unverrichteter Dinge nach Hause zurück oder ließen sich in Italien nieder. Ähnlich war es kurz zuvor einer zweiten Schar unter dem jungen Schäfer Stephan bei Orléans ergangen: Sie übergab König Philipp II. einen vermeintlichen Brief Gottes mit der Aufforderung zum Kreuzzug, löste sich danach aber bald auf. Nach einer unbestätigten Legende wurden einige, die dennoch die Überfahrt nach Palästina versuchten, von Schiffsbesitzern betrogen und in der Levante als Sklaven verkauft.
Die so genannten Kinderkreuzzüge waren zum einen ein Reflex des misslungenen Zuges von 1202–1204, der Armutsbewegung und zeitgenössischer eschatologischer (endzeitlicher) Stimmungen. Zum anderen schlugen sich in ihnen auch päpstliche Kreuzzugsinitiativen dieser Jahre nieder. Diese riefen eine gesteigerte Kreuzesfrömmigkeit und Kreuzzugsbegeisterung hervor. Spätere populäre Bewegungen wie die 1251 in Nordfrankreich aktiven pastoureaux/Pastorellen oder die um 1260 auftauchenden Flagellanten wiesen verwandte Merkmale auf. Zwar waren diese Bewegungen immer mit anderen, teilweise sozial-politischen Anliegen gepaart, doch wird das Kreuzzugselement in ihnen auch daran erkennbar, dass sich manche Pastoureaux und Flagellanten nach Palästina begaben. Letztlich sollten sie aber viel weniger zur Verteidigung der Kreuzfahrerherrschaften beitragen als die päpstlichen und fürstlichen Initiativen des 13. Jahrhunderts. Im April 1213 rief Papst Innozenz III. mit der bedeutenden Bulle ›Quia maior‹ aufs Neue zum Kreuzzug auf, und zwei Jahre später wurden während des Vierten Laterankonzils (1215) die Modalitäten der Fahrt mit einem Kreuzzugsdekret weiter festgelegt. 1217 schifften sich Heere unter Herzog Leopold VI. von Österreich und König Andreas II. von Ungarn (1205–1235) nach Akkon ein, von wo sie zu verschiedenen, letztlich erfolglosen Expeditionen gegen die Muslime ausrückten. Nachdem König Andreas 1218 wegen Zerwürfnissen mit anderen Fürsten abgezogen war, griffen die
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Kreuzfahrer einen schon mehrfach, etwa von Richard I. Löwenherz, ins Auge gefassten Plan auf: einen Angriff auf Ägypten, wo die Nachfolger Saladins, die Ayyubiden, residierten. Sie meinten, nach der Eroberung Ägyptens sei die Besetzung und Sicherung Jerusalems eine vergleichsweise einfache Angelegenheit. Im Mai 1218 zog das Heer gegen Damiette im Nildelta. Es wurde durch Kreuzfahrer aus Friesland und vom Niederrhein unterstützt, die auf dem Weg nach Palästina bereits in Portugal gegen die Muslime gekämpft hatten. Die Belagerung zog sich über 18 Monate hin und rief in der Stadt Hunger und Krankheiten hervor. Der Kölner Domscholaster Oliver von Paderborn berichtet, für eine einzige Feige seien 11 Goldstücke bezahlt worden. Schließlich fiel die Stadt am 5. November 1219. Großzügige Friedensangebote des Ayyubidensultans Al-Kāmil (1218–1238), die auch die Abtretung Jerusalems einschlossen, wurden zuvor ausgeschlagen. Der nunmehrige Anführer des Unternehmens, der päpstliche Legat Pelagius, wollte die Eroberung Ägyptens. Es kam jedoch ganz anders: Ende August 1221 wurde das Heer bei Al-Mans ūrah am Nil eingekesselt und musste sich ergeben. Im Gegenzug für ˙die Aufgabe Damiettes erhielt es freien Abzug. Der Kreuzzug war schmählich gescheitert; allerdings hatte er für die Folgezeit insofern Wirkung, als er die Eroberung Ägyptens als legitimes Ziel sanktionierte. Der misslungene Kreuzzug hatte stärker als vorangegangene unter päpstlicher Führung gestanden. Die nächste größere Initiative zur Rückgewinnung der Heiligen Stätten sollte hingegen von einem Herrscher geleitet werden, der sogar in offenem Konflikt mit dem Papst stand. Man könnte daran zweifeln, ob es sich überhaupt um einen Kreuzzug gehandelt habe, denn es fehlte die päpstliche Autorisierung; doch ging der Zug auf ein ursprünglich vom Papst begrüßtes und gefördertes Vorhaben zurück, das erst im letzten Augenblick im Disput endete. Dieser Streit lässt sich nur vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen dem Stauferkaiser Friedrich II. und dem Papsttum um die Herrschaft in Italien begreifen. Friedrich hatte bereits bei seiner Kaiserkrönung 1220 ein älteres Kreuzzugsgelübde erneuert, doch war er durch politische Umstände an der Erfüllung seines Versprechens gehindert worden. Als der päpstliche Druck auf den König immer stärker wurde, verpflichtete er sich im Vertrag von San Germano (Juli 1225), die Fahrt zu unternehmen – andernfalls sei er zu exkommunizieren. Friedrichs Ehe mit Königin Isabella II. von Jerusalem im November 1225 band den Staufer noch stärker in die Geschicke Outremers ein. Im Jahre 1227 stach ein erster Teil des Heeres in See, doch hinderte eine Krankheit den Kaiser selbst am Aufbruch. Daraufhin exkommunizierte ihn Papst Gregor IX. (1227–1241). Der Kaiser segelte trotz der päpstlichen Bannung ab und traf im September 1228 in Akkon ein. Dort entschied er sich in Anbetracht der militärischen und politischen Situation dafür, auf diplomatischem Wege sein Ziel zu erreichen. Das Ungewöhnliche dieses Schritts ist in Teilen der Forschung, nicht zuletzt wegen der päpstlichen Kritik, überbetont worden. Es gab eine lange Vorgeschichte diplomatischer Kontakte zwischen Kreuzfahrern und Muslimen, man denke nur an die Verträge Richards I. mit Saladin. Neu war in diesem Fall jedoch in der Tat der fast ausschließliche Rekurs auf dieses Mittel, denn Friedrichs Heer trat militärisch kaum in Aktion. Allerdings gab
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der Erfolg dem Kaiser Recht, denn es gelang ihm durch einen mit dem ayyubidischen Sultan Al-Kāmil am 18. Februar 1229 in Jaffa geschlossen Vertrag, die Herrschaft über Jerusalem und einige weitere Städte (u. a. Bethlehem und Nazareth) zu erlangen. Die Übereinkunft war aber auf zehn Jahre begrenzt, und sie schloss den Tempelplatz mit dem Felsendom und der Aqsā-Moschee ˙ ausdrücklich nicht ein. Darüber hinaus hatte das bizarre Schauspiel eines gebannten Kreuzfahrers, der im vollen Kaiserornat in der Grabeskirche auftrat und in einem rituellen Akt Anspruch auf das jerosolimitanische Königtum erhob, dem Ansehen des Kreuzzugs und des Papsttums geschadet. Diese Jahre waren die letzte Atempause für die bedrohte Stadt, daran änderten auch die Züge Theobalds von der Champagne und Richards von Cornwall in den Jahren 1239/40 bzw. 1240/41 nichts. Zwar konnten im nördlichen Palästina durch Eroberungen und im südlichen Palästina durch Friedensverträge Gebiete gewonnen werden, doch eine neue Bedrohung erwuchs den Kreuzfahrerherrschaften in den Chwarismiern (Hwārizmier). Dieser zentralasiatische, muslimische Nomadenstamm war aus˘ seiner Heimat vertrieben und von den Ayyubiden als Verbündeter nach Syrien gerufen worden. Ein chwarismisches Heer überfiel Jerusalem und plünderte die Heilige Stadt am 23. August 1244. Die christlichen Einwohner wurden getötet, die Kirchen zerstört, die christliche Herrschaft über Jerusalem war mit einem Schlag endgültig vorbei.
c) Die Kreuzzüge zwischen 1244 und dem Verlust Akkons 1291 Als sei dies nicht genug, erlebte das christliche Heer Outremers zwei Monate später bei der Schlacht von Forbie (Gaza, 17. Oktober 1244) gegen ein ägyptisch-chwarismisches Heer seine schwerste Niederlage seit Hattin. Die meisten Kämpfer, darunter viele Mitglieder der Ritterorden, blieben tot auf dem Schlachtfeld zurück. Wenn diese Katastrophe nicht unmittelbar zur Zerstörung der Kreuzfahrerherrschaften führte, dann allein deswegen, weil eine neue, unerwartete Bedrohung die Aufmerksamkeit der muslimischen Welt von den Christen der Levante ablenkte: die Mongolen. Auch der französische König Ludwig IX. (1226–1270) unterhielt Beziehungen zu den Mongolen. Der allseits geachtete, tief fromme König hatte auf die Nachricht von der Niederlage von Forbie das Kreuz genommen, und sein Unternehmen war auf dem Ersten Konzil von Lyon 1245 bestätigt und finanziell gestützt worden. Über Zypern gelangte sein Heer nach Damiette, dem Ort der letztlich erfolglosen Kampagne von 1219–1221. Es gelang ihm zwar, die Stadt am 6. Juni 1249 einzunehmen, doch als die Kreuzfahrer im Winter 1249/50 auf Kairo marschierten, wurden sie am 8. Februar bei Al-Mansūrah geschlagen. Jean de Joinville († 1317), der den Zug begleitete, erzählt˙ in bewegenden Worten von den Entbehrungen, die das Heer auf dem langen Rückweg erdulden musste. Durch Seuchen und weitere Angriffe dezimiert, ergab es sich am 6. April zusammen mit seinem König. Auch wenn dieser im Austausch für Damiette und gegen ein hohes Lösegeld freikam, bis 1254 im Heiligen Land blieb und dort zur Konsoli-
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Die Mongolen (Tataren) Dies ist die Sammelbezeichnung für nomadische Reiterstämme aus dem westund nordchinesischen Raum. Diese hatten unter ihrem Führer Dschingis Khan (1155–1227) und seinem Enkel Batu († 1242) eine beispiellose Expansion erfahren, die sie im Westen bis an die Tore des Römisch-Deutschen Reichs und im Osten bis an den Pazifischen Ozean führte. Den mit Brutalität durchgeführten Eroberungen fielen nicht wenige ältere Zivilisationen Zentralasiens zum Opfer. Auch die Chwarismier mussten dem Druck der Mongolen weichen (daher ihr Erscheinen in der Levante). 1258 fiel einem weiteren Enkel des Dschingis Khan, Hülägü, die Abbasidenhauptstadt Bagdad in die Hände. Im Januar 1260 marschierten seine Truppen in Syrien ein und nahmen Aleppo sowie Damaskus. Die Christen im lateinischen Westen sahen einen Verbündeten nahen und brachten die Mongolenkhane sogar mit dem legendären Priester Johannes in Verbindung, einem christlichen Herrscher, der seinen Glaubensbrüdern zu Hilfe kommen werde. Doch am 3. September 1260 konnten die Muslime in der Schlacht von ˘ ālūt (Ain Dschalud) unweit von Nazareth die Mongolen entscheidend Ayn G schlagen. Das Reich der Mongolen blieb zwar für den asiatischen Raum noch jahrhundertelang bestimmend, und es nahm immer wieder diplomatische Kontakte zu den Christen auf, die auch ein gemeinsames Vorgehen gegen die Muslime vorsahen. Doch diese Pläne wurden nie im größeren Maßstab umgesetzt.
Im Jahre 1270 unternahm der nunmehr 56-jährige französische König einen erneuten Kreuzzug. Der Grund hierfür war das allmähliche Vorrücken der neuen militärischen Macht im Islam, der Mamluken. Diese eroberten unter Sultan Baibars (1260–1277) im Jahre 1268 Jaffa und Antiochia. Akkon war immer stärker bedroht. Ludwig IX. erhielt Unterstützung vom englischen Prinzen Eduard (später König Eduard I.). Der sizilische König Karl I. wiederum verfolgte eigene politische Interessen im Mittelmeerraum und überredete Ludwig, seinen Bruder, zu einem Angriff auf Tunis. Doch der fromme, 1297 heilig gesprochene französische König starb bald nach seiner Ankunft in Karthago an einer Epidemie (25. August 1270). Sein Zug kam damit zu einem verfrühten Ende. Dabei bedurften die „Kreuzfahrerstaaten“ gerade in dieser Zeit auswärtiger Hilfe wie selten zuvor. Mit Baibars war ihnen ein mächtiger, auf ihre Vernichtung zielender Gegner erwachsen, der sukzessive den Ring um Akkon enger zog. Nach Antiochia gingen die wichtigen Burgen Crac des Chevaliers, Chastel Blanc und Gibelacar verloren (1271). Obwohl im Jahre 1272 ein Waffenstillstand des Prinzen Eduard mit Baibars eine Atempause brachte, war die Bedrohung damit noch lange nicht aus der Welt. Aber die lateinischen Herrscher waren zu sehr mit anderen Angelegenheiten beschäftigt, um die Hilferufe aus dem Osten zu erhören: Das deutsche Königtum befand sich nach dem Untergang der Staufer in einer Umbruchphase, die großen italienischen Seemächte lagen im Streit miteinander, und der Disput zwischen den Königreichen Aragón und Sizilien um den Besitz Siziliens entwickelte sich zu einem Großkonflikt, der nicht nur die Kräfte der unmittelbar Beteiligten band. Derweil zog sich der Ring um Akkon immer weiter zusammen: Am 26. April 1289 wurde Tripolis erobert, die männliche Bevölkerung massakriert.
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Immer wieder ergingen Kreuzzugsaufrufe an die Herrscher des Westens, wurden Pläne geschmiedet und Gelder eingetrieben. Doch nur einige kleinere Truppenkontingente gelangten nach Outremer zur Unterstützung König Heinrichs II. von Zypern (1285–1324), des Verteidigers von Akkon. Als im Frühjahr 1291 ein sehr großes Mamlukenheer unter Sultan al-Ašraf Hālīl (1290–1293) gegen die Stadt vorrückte, wurden alle verfügbaren ˘ Kräfte zur Verteidigung zusammengezogen. Die Belagerung Akkons zog sich über einige Wochen hin, doch am 18. Mai fielen die unterminierten Mauern, und die Eroberer strömten hinein. Ebenso wie in Tripolis zuvor wurden alle Männer, die sich nicht auf die Schiffe retten konnten, zusammen mit vielen Frauen und Kindern getötet. Die Verbliebenen wurden in die Sklaverei verkauft. Die letzte Bastion der Kreuzfahrerherrschaften des Orients war gefallen. Die Überlebenden fanden zu einem guten Teil eine neue Heimat auf Zypern. Dort entwickelte sich im Umkreis der Könige aus dem Geschlecht der Lusignan ein blühendes Hofleben, wo die Erinnerung an das verlorene Königreich wach gehalten und Pläne zu seiner Rückgewinnung geschmiedet wurden.
d) Versuche zur Wiedererlangung des Heiligen Landes Die Nachricht vom Fall Akkons schlug im Westen wie eine Bombe ein. Dass es einmal so weit kommen könnte, war schon häufig befürchtet worden – nun war das Schlimmste tatsächlich eingetreten. In Palästina machten sich die Mamluken sofort an die vollständige Zerstörung der ehemals christlichen Hafenstädte Akkon, Sidon, Tripolis etc., um eine eventuelle Rückkehr der Christen zu verhindern. Dennoch wurden im letzten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts Versuche unternommen, in Nephin bei Tripolis und in Ruad Brückenköpfe zu errichten. Ihr Scheitern machte schnell deutlich, dass es eines großen, allgemeinen Kreuzzugs bedurfte, um langfristige Erfolge zu erzielen. Vor diesem Hintergrund entstand eine Reihe von Memoranden und Traktaten über die recuperatio Terrae Sanctae, die Rückgewinnung des Heiligen Landes. Manche stammten von Machthabern wie König Karl II. von Sizilien (1285–1309, Plan: 1291), dem armenischen Prinzen Hethum (1307) oder König Heinrich II. von Zypern (Plan 1321), manche von Männern, die im Militärischen ausgewiesen waren, wie Jacques de Molay († 1314, Plan: 1305/06) oder Foulques de Villaret († 1319, Pläne: 1305, 1306/07), den Meistern des Templer- bzw. des Johanniterordens. Andere wurden von politischen Ratgebern wie dem Franzosen Pierre Dubois († um 1321) oder von Kaufleuten wie dem Venezianer Marino Sanudo dem Älteren († 1343) verfasst. Die Mehrzahl aber wurde von Geistlichen geschrieben. Zu nennen sind hier u. a. der katalanische Theologe Raimundus Lullus (Ramón Llull, † 1316), der Franziskaner Fidenzio von Padua oder der anonyme dominikanische Autor des ›Directorium ad passagium faciendum‹ von 1332. In diesen Schriften wurden teilweise sehr genaue taktisch-strategische Pläne entworfen. Häufig sahen sie eine Landung in Armenien, Ägypten
Traktate zur Wiedererlangung Palästinas
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient oder Tunesien vor. Immer wieder kam der Plan auf, die Ritterorden zu vereinigen oder sie sogar kurzerhand aufzulösen und einen neuen Orden zu gründen. Natürlich war auch wiederholt von weitreichenden politischen Allianzen zwischen den Machthabern die Rede. Und in der Tat nahmen verschiedene Herrscher das Kreuz, so Philipp IV. (1285–1314) und Philipp VI. von Frankreich (1328–1350) in den Jahren 1313 bzw. 1331. Gerade in den 1320er-Jahren wurden intensive Vorbereitungen und Planungen unternommen. Doch die Machtkämpfe unter den europäischen Königen und das wachsende Misstrauen unter ihnen standen solch weittragenden Plänen im Wege. Wem sollte etwa der neue Ritterorden unterstehen? Wer sollte das Unternehmen anführen? Die Fragen deuten es an: Im Kern ging es hier um die Vorherrschaft im Mittelmeer. Das Papsttum wiederum war seit dem Jahre 1303, als Papst Bonifaz VIII. (1294–1303) im Auftrag des französischen Königs gedemütigt worden war, in eine Schwächephase eingetreten. Der Umzug der Kurie an die neue Papstresidenz Avignon verstärkte nur die Abhängigkeit von der französischen Krone. Unter diesen Umständen blieben die vielen Traktate, die weit über das 14. Jahrhundert hinaus die recuperatio Terrae Sanctae beschworen, nur beschriebenes Papier. Auf dem diplomatischen Parkett kam man hingegen weiter voran: Der Franziskanerorden erhielt z. B. die Erlaubnis zur Gründung der Custodia Terrae Sanctae.
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Die Custodia Terrae Sanctae Schon vor dem Fall Akkons hatten die Herrscher des Königreichs Aragón diplomatische Beziehungen zu den Mamlukensultanen unterhalten. Diese Verbindungen nutzten dem Handel der katalanischen Kaufleute im Mittelmeerraum und Nordafrika. Zugleich setzten sich die Herrscher bei den Sultanen immer wieder für christliche Pilger und Gefangene ein. Dadurch erlangten sie eine Art Protektorat über die Belange ihrer Glaubensbrüder im Herrschaftsgebiet der Mamluken. Diese Stellung hatte auch eine politische Dimension, denn im westlichen Mittelmeer standen die Könige von Aragón in Konkurrenz mit den Königen Siziliens aus dem Hause Anjou. Auch diese nahmen zugunsten der Christen Kontakt mit dem Sultan auf und erlangten Mitte der 1330er-Jahre die Erlaubnis, einige Franziskanermönche nach Jerusalem zu schicken. Diese durften sich bald am Grabe Christi niederlassen. Sie übernahmen die Wacht am Heiligen Grabe, die custodia Terrae Sanctae (bzw. custodia di Terra Santa), betreuten die christlichen Pilger und führten seit dem 15. Jahrhundert den Brauch fort, adlige oder vermögende Reisende zu „Rittern des Heiligen Grabes“ zu schlagen. Noch heute vertreten die Franziskaner in Jerusalem am Grab Christi das lateinische Christentum.
Auch im 14. Jahrhundert bekriegten sich wiederholt Christen und Muslime in der Levante. Durchaus in der Tradition früherer Kreuzzüge stand das Unternehmen König Peters I. von Zypern (1359–1369) im Jahre 1365. Sein Kanzler, Philippe de Mézières (*um 1327, † 1405), und der französische Dichter und Musiker Guillaume de Machaut († 1377) berichten hierüber. Trotz mangelnder Unterstützung aus dem Westen gelang dem König und seiner kleinen Flotte wider Erwarten durch einen Überraschungsangriff die Eroberung Alexandrias (9. Oktober 1365). Viele Bewohner der Stadt wurden getötet. Als sich ein muslimisches Entsatzheer näherte, zogen die meisten Kreuzfahrer mit Beute beladen ab, und König Peter musste ihnen zähneknirschend folgen. Ebenso erfolglos verlief ein groß angelegtes Unternehmen gegen Mahdia (al-Mahdīya) im heutigen Tunesien, das eine
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genuesische Flotte unter Beihilfe französischer, englischer und spanischer Ritter im Jahre 1390 unternahm. Einen neuen Charakter nahmen die Kämpfe auf dem Balkan an. Das Seldschukenreich in Kleinasien war von den Mongolen zerschlagen worden. Doch aus seinen Ruinen erwuchs eine neue Macht, das Reich der türkischen Osmanen. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts einten diese die Emirate Anatoliens unter ihrer Herrschaft und überquerten den Bosporus. Damit setzten sie nicht nur den östlichen Mittelmeerraum, sondern auch Zentraleuropa unter Druck. Die lateinische Christenheit sah sich zum ersten Mal seit Jahrhunderten wieder in ihren Kerngebieten vom Islam bedroht. Die Auseinandersetzung mit den Osmanen sollte die Kreuzzüge des ausgehenden Spätmittelalters kennzeichnen. Zur Abwehr der Gefahr in der Ägäis taten sich verschiedentlich (1332–1334, 1344, 1359 u. ö.) Allianzen christlicher Seemächte zusammen, die als „heilige Ligen“ bezeichnet wurden, gemeinsam gegen die Türken vorgingen und dafür Kreuzzugsindulgenzen erlangten. Ihre Mitglieder waren vor allem lokale Mächte (Venedig, die Johanniter von Rhodos u. a.). Nur in Ausnahmefällen gesellten sich Kontingente aus Mittel- und Westeuropa hinzu. Dies war vor allem 1396 der Fall, als ein großes Kreuzritterheer unter dem ungarischen König und späteren Kaiser Sigismund (1387–1437) auf den Balkan gegen die Osmanen zog. Viele von ritterlich-höfischen Idealen durchdrungene Adlige aus Frankreich und Burgund schlossen sich ihm an. Das Heer erlebte ein jähes Erwachen auf dem Schlachtfeld von Nikopolis, wo es am 25. September 1396 von einer osmanischen Armee unter Sultan Bayazid I. (1389–1402) vollkommen vernichtet wurde. Ungarn, Böhmen und ganz Mitteleuropa liefen Gefahr, angegriffen zu werden. Doch wurden das osmanische Heer und sein Sultan bald selbst zu Opfern eines mächtigen Gegners: Am 20. Juli 1402 unterlagen sie in einer großen Schlacht den Mongolen unter Timur Leng (Tamerlan, 1370–1405). Nur das Interesse des Khans an einem anderen Kriegsschauplatz (China) und sein Tod im Jahre 1405 retteten das Osmanische Reich. Die türkische Katastrophe von 1402 gab Byzanz die Gnadenfrist eines halben Jahrhunderts. 1422 konnte es sich erfolgreich gegen einen osmanischen Angriff wehren, doch langsam wuchs wieder die Gefahr. Hilferufe wurden in den Westen gesandt, die Wiedervereinigung mit der römischen Kirche beschlossen (1437). Doch die griechisch-orthodoxen Christen in Byzanz ignorierten die Kirchenunion, und ein polnisch-ungarisches Kreuzfahrerheer erlebte 1444 bei Varna eine schreckliche Niederlage. Was mehrfach durch Geschick oder Glück abgewendet worden war, trat schließlich am 29. Mai 1453 ein: Muslimische Truppen unter Sultan Mehmed II. (1444–1446, dann 1451–1481) eroberten Konstantinopel. Das Byzantinische Reich, auf dessen Hilfeersuchen der Erste Kreuzzug im Jahre 1095 ausgerufen worden war, hatte aufgehört zu existieren.
Spätmittelalterliche Kreuzzüge auf dem Balkan
Der Untergang des Byzantinischen Reichs
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3. Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens a) Praktische Probleme eines Kreuzzugs
Logistische und finanzielle Probleme
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Die Organisation und Durchführung eines Kreuzzugs brachte sowohl für die Anführer des Unternehmens wie für den Einzelnen große Herausforderungen mit sich. Die Kreuzfahrer mussten Geld flüssig machen, insbesondere dann, wenn sie – wie die Ritter – nicht nur für teures Kriegsgerät, sondern auch für Knechte zu zahlen hatten. Hierzu veräußerten sie oft Besitzungen. Gerade der Erste Kreuzzug dürfte eine nicht unbeträchtliche Umschichtung der Liegenschaftsverhältnisse hervorgerufen haben, denn viele Klöster kauften Grundbesitz auf. Noch häufiger wurde dieser verpfändet. Dann durften Grundstücke genutzt und Einnahmen aus ihnen bezogen werden, solange der Kreuzfahrer unterwegs war. Kehrte er zurück, ging das Land gegen die Pfandsumme wieder an den Eigentümer zurück; fiel er, dann wurde es unter der gleichen Bedingung an seine Erben übertragen. Auch für das Seelenheil während der Fahrt bzw. im Falle des Ablebens musste finanziell gesorgt werden. Die Kreuzfahrer stifteten nicht unbeträchtliche Geldmittel an geistliche Institutionen zum Zwecke der Jenseitsvorsorge. Schließlich mussten der Hof, die Burg oder das Reich kompetenten und vertrauenswürdigen Stellvertretern übertragen werden. Im Falle der Könige waren dies in aller Regel Verwandte, manchmal trat auch der Papst als Berater des Regenten auf. Vor der Abfahrt mussten haltbare Nahrungsmittel wie Käse, Pökelfleisch und Bohnen gekauft werden. Dies stellte eine beträchtliche logistische Herausforderung dar, wenn ganze Heere versorgt werden mussten. Noch komplizierter war die Transportfrage. Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts zogen die meisten Kreuzfahrerheere übers Meer. Glücklich war der Potentat, der wie König Richard I. Löwenherz von England über eine eigene Flotte verfügte: In diesen Fällen war nicht nur die Überfahrt, sondern auch die militärische und logistische Unterstützung sichergestellt. In der Regel aber wurden die Flotten der mediterranen Handelsstädte wie Genua, Venedig oder Marseille, die alle schon im Pilgertransport Erfahrung gewonnen hatten, mit der Aufgabe betraut und dafür entlohnt. Die Schiffseigner nahmen gestaffelte Fahrpreise, je nach Komfort und Ausstattung. Erleichtert wurde die Lösung organisatorischer und finanzieller Probleme durch Institutionen in Outremer: Neben den örtlichen Machthabern waren dies vor allem die Ritterorden, die sich aufgrund ihrer Präsenz zu beiden Seiten des Mittelmeers bestens für die Durchführung finanzieller Transaktionen anboten. Aber insgesamt waren vor allem das organisatorische Geschick und die Autorität der Heerführer gefragt. Kreuzzugsarmeen wurden in aller Regel aus verschiedenen Truppenkontingenten zusammengesetzt. Die Befehlsstrukturen mussten abgesprochen und vereinheitlicht werden, um einen Erfolg des Unternehmens zu gewährleisten. Es galt auch, die Disziplin während der Fahrt sicherzustellen. Nach den Plünderungen der ersten Unternehmungen wurde mit drakonischen Strafen darauf geachtet, dass sowohl im Inneren des Heeres als auch gegenüber den Einwohnern der fremden Durchzugsgebiete Frieden gehalten wurde.
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Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens
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Auch unterwegs blieb das finanzielle Problem oft genug drückend. Soweit noch vorhanden, wurde Geld in der Fremde getauscht und Nahrung von den örtlichen Kaufleuten erworben. Kreuzzugsgedichte und andere Quellen berichten von dem einschneidenden Moment im Leben eines Kreuzfahrers, in dem die mitgeführten Geldmittel endgültig aufgebraucht waren. Im Großen wie im Kleinen bedingte dies oftmals Änderungen ursprünglicher Planungen: Der Entschluss der Kreuzfahrer von 1202–1204 z. B., die Route nach Zara und später nach Konstantinopel umzuleiten, gehorchte finanziellem Druck. Insgesamt dürfte gelten, dass die meisten Kreuzfahrer verarmt zurückkehrten – wenn sie denn überhaupt die Heimat wieder sahen. Noch schlimmer traf es diejenigen, die in Gefangenschaft gerieten. Große militärische Erfolge der Muslime schwemmten christliche Sklaven auf die Märkte des Orients und ließen die Sklavenpreise in die Tiefe purzeln. Nur die Angeseheneren konnten auf ihre Auslösung aus der Gefangenschaft hoffen, und diese finanzielle Belastung trieb wiederum manche Adelsfamilie in die Armut. Standen schon die Wohlhabenderen oftmals vor finanziellen Problemen, so waren die Belastungen für die ärmeren Kreuzfahrer naturgemäß umso größer. Das „Leben vom Land“ war nur begrenzt möglich und ohnehin offiziell nur in Feindgebiet erlaubt; oftmals musste man sich helfen, so gut man konnte. Wenn man sich in den Dienst eines Machthabers stellte, waren die Beschwernisse wenigstens insofern gemindert, als dieser für das Auskommen sorgen musste (wofür er wiederum auf Steuern und Abgaben zurückgreifen konnte). Doch galt dies keineswegs für alle einfachen Kreuzfahrer, denn bei den Expeditionen zogen viele Gruppen mit, die nicht als Kämpfer dienten und in den normativen Texten gar nicht oder nur selten erwähnt werden; dazu gehören Kleriker, Ärzte und Frauen. Zwar wurde Mönchen die Teilnahme am Kreuzzug verboten, da dies der Auflage der Ortsgebundenheit (stabilitas loci) widersprach; aber gerade bei den ersten Kreuzzügen scheint diese Bestimmung wiederholt missachtet worden zu sein. Auch viele Weltgeistliche zogen nach Outremer, manche als Kapläne eines Machthabers, andere auf eigene Faust. Unter den Laien wiederum gab es Gruppen wie etwa die Ärzte, die primär wegen ihrer medizinischen oder heilkundlichen Kenntnisse am Kreuzzug teilnahmen – was nicht bedeutet, dass sie nicht in der Not zu den Waffen griffen. Und schließlich gab es eine Personengruppe, deren Anwesenheit wiederholt – wenngleich in der Praxis erfolglos – in den Kreuzzugsbullen untersagt wurde: die Frauen. Sie beteiligten sich in unterschiedlichsten Funktionen – als Mägde und mitreisende Ehefrauen, Prostituierte und auch als Kämpfende – an den Kreuzzügen des Mittelalters. Immer wieder berichten die Quellen von Glücksspiel, Falkenjagd und anderen Annehmlichkeiten wohlhabender Ritter. Eklatante Ausschweifungen bildeten sicher eher eine Ausnahme von der Verpflichtung zur persönlichen Läuterung, die der Kreuzfahrer mit dem Kreuzzugsgelübde einging; aber sie waren ein Hinweis auf die praktischen Probleme des Kreuzzugs. Diese riefen Reaktionen hervor: Im Verlauf des 12. Jahrhunderts wurden die Kreuzzugsunternehmen auf feste Grundlagen gestellt, die es im Folgenden zu umreißen gilt.
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Frauen auf Kreuzzügen Schon bei der ersten Expedition von 1096–1099 zogen viele Kreuzfahrerinnen mit in den Osten. Albert von Aachen und andere Autoren berichten, dass die Frauen einerseits das Heer unterstützten, andererseits auf den langen Märschen auch ein Hemmnis darstellen konnten. Dies sollte sich bei späteren Unternehmungen wiederholen. Das ›Itinerarium regis Ricardi‹ erzählt davon, dass 1191 vor Akkon Frauen auch aktiv bei Erdarbeiten mithalfen, und der anglo-normannische Dichter Ambrosius berichtet in seiner ›Estoire de la Guerre Sainte‹ sogar von kämpfenden Kreuzfahrerinnen. Manche dieser Geschichten wurden Teil der Erbauungsliteratur, wurden zum vorbildhaften exemplum – wie diejenige von der verwundeten Kreuzfahrerin, die darum bat, in den Graben Akkons geworfen zu werden, um so auch im Tode bei dessen Aufschüttung und dadurch bei der Eroberung der Stadt behilflich zu sein. Aber nicht nur Kämpfende begleiteten den Zug. Auch Prostituierte z. B. nahmen an ihm teil, was verschiedentlich als Grund für militärische Misserfolge ausgelegt wurde: Das Heer Gottes habe sich versündigt und daher zu Recht Niederlagen erlitten. Nicht zuletzt als Reaktion hierauf sind die Verbote zu bewerten, die eine Teilnahme von Frauen unterbinden sollten. Aber sie fruchteten wenig, und von vielen Adligen und Fürsten ist belegt, dass sie ihre Ehefrauen mit in den Osten nahmen. Manche von ihnen, wie die französische Königin Eleonore von Aquitanien († 1204), nahmen auch aktiv Einfluss auf die politischen Verhältnisse in Outremer.
b) Die institutionelle Ausformung der Kreuzzüge Rechtliche und organisatorische Herausforderungen
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Der Erste Kreuzzug war etwas Neuartiges, für das kaum ausgearbeitete Regeln existierten. Viele rechtliche und organisatorische Herausforderungen kamen auf die Kirche, auf weltliche Machthaber und auf die Kreuzfahrer zu. Sie wurden erst allmählich, seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, einer Lösung zugeführt. Diese „Institutionalisierung der Kreuzzüge“ war bis zum Ende des Pontifikats Innozenz’ III. (1216) im Wesentlichen abgeschlossen und wurde in der Folge lediglich verfeinert. Man kann in diesem Zusammenhang fünf Aufgaben- oder Problemfelder unterscheiden, in denen feste Regelungen getroffen wurden. Erstens die Frage des Schutzes: Die neuartige Expedition entzog Männer ihren Familien und Besitzungen weitaus länger als herkömmliche Kriegszüge. Wie sollte in der Zwischenzeit die Sicherheit der Daheimgebliebenen, wie das wirtschaftliche Überleben der Höfe sichergestellt werden? Zweitens das finanzielle Problem: Kreuzzüge wurden größtenteils freiwillig unternommen und sollten daher privat finanziert werden. Auch hierfür mussten Lösungen gefunden werden. Die hierbei auftretenden Schwierigkeiten bedingten die Organisation der Kreuzzugsfinanzierung seitens weltlicher und geistlicher Institutionen. Drittens die eidliche Verpflichtung: Die ersten Kreuzfahrer hatten ein Gelübde abgelegt. Aber wie bindend war dieser Kreuzzugseid – gab es die Möglichkeit, ihn zu erfüllen, ohne persönlich nach Palästina zu ziehen? Viertens die nicht klar definierte Spannbreite des Kreuzzugsablasses. Es war nicht ersichtlich, wie weit das beim Aufruf von Clermont verkündete Privileg reichte. Auch hier war eine verbindliche Norm vonnöten. Schließlich, fünftens, die Kreuzzugswerbung. Diese war 1095/96 offenbar nicht vollständig in der Aufsicht der Kirche verblieben, was nicht zuletzt die
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Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens
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„Volkskreuzzüge“ zur Folge hatte. Sollten sich ähnlich unvorhersehbare Ereignisse nicht wiederholen, musste die Kontrolle der Informationskanäle (Kreuzzugspredigt und -werbung) strikter organisiert werden. Auf diese fünf drängenden Fragen wurde eine Reihe von Antworten gefunden. Vielleicht am wichtigsten war eine Klärung der rechtlichen Stellung und damit der weltlichen Privilegien des Kreuzfahrers. In der bereits erwähnten Bulle ›Quantum praedecessores‹ vom 14. Dezember 1145 wurden diese zusammengefasst: Die Kirche nahm den Kreuzfahrer, seinen Besitz und seine Angehörigen unter ihren Schutz, enthob ihn also der weltlichen Jurisdiktion. Schulden und Zinszahlungen wurden ihm für die Dauer seiner Abwesenheit gestundet, die Verpfändung von Besitzungen ausdrücklich gestattet. Während des Pontifikats Innozenz’ III. (1198–1216) wurden die Privilegien noch erweitert: Nun umfassten sie auch die Befreiung von Steuerabgaben und Sonderleistungen sowie die Erlaubnis für Kleriker, während eines Kreuzzugs die Einnahmen aus ihren Pfründen zu genießen oder zu verpfänden. Diese Rechte waren attraktiv: Daher ließ sich manch einer, der schnell bereit gewesen war, das Kreuz zu nehmen, mit der Ausführung seines Gelübdes Zeit. Als Reaktion wurde im Jahre 1286 verfügt, dass die Privilegien eines Kreuzfahrers erst bei seinem tatsächlichen Aufbruch in Kraft träten. Diese und andere rechtliche Fixierungen der Kreuzfahrerstatus waren im Wesentlichen Sache der Kanonisten. Kanonistik Kanonistik bezeichnet das katholische Kirchenrecht. Als Grundlage dienen ihm die Bibel, die Werke der Kirchenväter, die Vorschriften (canones) der Synoden, also der Versammlungen von Bischöfen, sowie die Bestimmungen der Päpste. Im 11. Jahrhundert wurden einige Sammlungen derartiger canones angelegt, doch zu ihrer eigentlichen Blüte gelangte die Kanonistik im 12. Jahrhundert. Im Jahre 1140 wurde die berühmteste Kanonessammlung, das ›Decretum Gratiani‹ (Dekret Gratians), abgeschlossen. Zusammen mit späteren Sammlungen bildete es das ›Corpus Iuris Canonici‹, das nicht allein das Leben der Kleriker, sondern in vielen Bereichen auch das der Laien regelte. Kirchenrechtlich gesehen gehörten die Kreuzfahrer zur ersten Gruppe, denn durch das Kreuzzugsgelübde wurden sie in den geistlichen Stand versetzt; daher erfolgte die Regelung ihrer Rechte durch die Kanonistik. Die Bedeutung des Kirchenrechts im 12. Jahrhundert wird auch daran erkennbar, dass zu dieser Zeit einige Kanonisten zu Päpsten gewählt wurden. Der berühmteste unter ihnen war Innozenz III. (1198–1216), unter dem der rechtliche Status des Kreuzfahrers endgültig geklärt wurde. Die Kanonistik trug dazu bei, dass die führende Rolle der Päpste bei Aufruf und Organisation eines Kreuzzugs nicht in Frage gestellt wurde. Sie lieferte auch die argumentative Grundlage für die Ausweitung des Kreuzzugsgedankens auf Häretiker und Schismatiker im 13. Jahrhundert (vgl. Kap. IV., 3).
Neben der rechtlichen Frage war das zweite Problemfeld, der finanzielle Aspekt eines Kreuzzugs, außerordentlich wichtig. Die Kreuzfahrer legten das Gelübde freiwillig ab und mussten sich daher selbst finanzieren. Dies alles verschlang große Summen. Das auf dem Engagement des Einzelnen basierende System belastete den Kreuzfahrer über Gebühr: Familien konnten auf diese Weise ihre Lebensgrundlage verlieren, Geschlechter untergehen. Im Verlauf des 12. Jahrhunderts ging die Finanzierung daher zunehmend, aber nie gänzlich, in die Hände der Kirche und der Herrscher über. Schon Ludwig VII. von Frankreich (1137–1180) erhob 1166 eine Kreuzzug-
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Dispens und Kommutation
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steuer, und auch 1185 wurden solche Sonderabgaben eingefordert. Eine neue Dimension erreichte diese Form der Kreuzzugsfinanzierung mit dem als „Saladinzehnten“ bezeichneten Kreuzzugszehnten von 1188, den der englische König Heinrich II. (1154–1189) und der französische König Philipp II. Augustus (1180–1223) erhoben. Er galt für alle Einnahmen sowohl von Laien als auch von Klerikern und ebnete den Weg für die 1201 ebenfalls vom englischen und vom französischen König erhobene Abgabe des vierzigsten Teils aller Erträge. Dennoch blieben die Ausgaben horrend: Ludwig IX. musste für seinen ersten Kreuzzug das Sechsfache der regulären jährlichen Einnahmen der Krone aufbringen, insgesamt 1 500 000 Livres tournois. Um solche Geldmengen zusammenzutragen, musste die Kreuzzugsorganisation in administrativer und logistischer Hinsicht ausgebaut werden. Die Züge des 13. Jahrhunderts waren daher in der Regel wesentlich genauer geplant als ihre Vorgänger. Vor allem in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nahm die öffentliche Gewalt die Sache des passagium in die eigene Hand, die Initiative des Einzelnen trat dagegen zurück. Das Papsttum trug ebenfalls wesentlich zu dieser Form der Institutionalisierung bei. Die Kirche verfügte über drei große Einnahmequellen: die Besteuerung des Klerus, allgemeine Spenden und einmalige Subsidienforderungen (Hilfszahlungen). 1199 erhob Innozenz III. einen Vierzigsten auf alle kirchlichen Einkünfte, der allerdings nur schleppend entrichtet wurde. 1215 folgte die Forderung nach dem Zwanzigsten über einen Zeitraum von drei Jahren, um den späteren Zug nach Damiette zu finanzieren. Das Papsttum sah sich – nicht zuletzt aufgrund der Säumigkeit des Klerus – dazu gezwungen, ein ausgeklügeltes System zu schaffen. Es fußte auf Kollektoren, die für einzelne Bezirke eingeteilt wurden. Ihre Aufzeichnungen bilden eine wichtige Quelle zur Erforschung kirchlicher Vermögen im Mittelalter. In Kirchen und Klöstern wurden Spendentruhen aufgestellt und die Gläubigen zur Freigebigkeit ermuntert; und schließlich stellten die punktuell eingeforderten Subsidien willkommene Finanzspritzen dar, die allerdings gegen die Begehrlichkeiten der weltlichen Machthaber verteidigt werden mussten. Schließlich flossen Geldbeträge auch durch die Befreiung (Dispensierung) vom Kreuzzugsgelübde in den Osten. Diese brachte nicht nur finanzielle Vorteile, sondern half auch ein rechtliches Problem des Kreuzzugs zu lösen: Damit wurde denjenigen Christen, die nicht für den militärischen Einsatz in Frage kamen, die Möglichkeit gegeben, ihren Teil zum Kreuzzug beizutragen. Zugleich löste man das Problem vorschnell eingegangener Gelübde. Es war auch möglich, das Gelübde zu ersetzen, also zu „kommutieren“. Drei Wege boten sich hierfür an: Erstens konnte man, anstatt ins Heilige Land zu ziehen, an einer anderen Front gegen Feinde der Kirche kämpfen (etwa in Spanien oder gegen Häretiker); zweitens war es auch möglich, einen Krieger als Stellvertreter nach Osten zu schicken, oder man entrichtete drittens die Kosten einer Kreuzfahrt an die Kirche. Den Status und die Privilegien eines Kreuzfahrers behielt man trotz der Dispensierung bzw. Kommutation bei. Es liegt auf der Hand, dass sich die Befreiung vom Gelübde durch Geldzahlung immer mehr in eine Sonderform des Ablassverkaufs entwickelte. Zugleich gab die Kommutierung dem Papsttum ein wirkungsvolles Machtmittel in die Hand: Kreuzzugsheere konnten nun für
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Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens
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andere, eventuell auch für päpstliche Zwecke genutzt werden. 1236 kommutierte Gregor IX. das Kreuzzugsgelübde mehrerer hundert französischer Ritter, damit diese zur Verteidigung des lateinischen Kaiserreichs gegen die Griechen kämpften, 1264/65 wurden auf diese Weise Ritter vom Kampf gegen den Mamlukensultan Baibars auf den Krieg gegen die Staufer in Süditalien „umgeleitet“. Diese Praxis stieß jedoch nicht überall auf Akzeptanz und förderte die Kritik an den Kreuzzügen. Was den eigentlichen Kreuzzugsablass – das vierte Problemfeld – angeht, so wurde seine noch unter Urban II. recht diffuse Definition im allgemeinen Denken und in den Predigten der Kreuzzugswerber erweitert und als vollständige Tilgung der eigentlichen Sünden gedeutet. Dieser Standpunkt setzte sich trotz der Bemühungen einzelner Theologen durch, die noch an der Wende zum 13. Jahrhundert zwischen der Tilgung der Sündenschuld und der Sündenstrafe scheiden wollten. In den Kreuzzugsaufrufen von 1145 und 1198 z. B. wurde ausdrücklich denen, die ihr Gelübde erfüllten und einen Kreuzzug antraten, die vollständige remissio peccatorum (vgl. Kap. I., 3. c) in Aussicht gestellt. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts vereinfachte Innozenz III. die Bedingungen hierfür, indem er sie für die 40-tägige Teilnahme am Albigenserkreuzzug erteilte. Neben diesem vollständigen Ablass (Plenarablass) wurden auch abgestufte Teilablässe angeboten, so im Spätmittelalter sogar für das Hören einer Kreuzzugspredigt. Sowohl die Dispensierung als auch die neuen Ablassregelungen erleichterten eine Partizipation an den Kreuzzügen ohne jede militärische Beteiligung; die Kreuzzüge wurden so immer häufiger zu einer besonderen, durchaus gewaltfreien Form der religiösen Übung. Dies wird auch an den Predigten erkennbar. Kreuzzugspredigten Eine Vielzahl solcher Predigten, aber auch Handbücher zur Kreuzzugspredigt wie dasjenige des Dominikaners Humbert von Romans (›De praedicatione Sanctae Crucis contra Sarracenos‹, ca. 1266), sind uns aus dem Hoch- und Spätmittelalter erhalten. Diese Texte sind wichtige Quellen zur Erforschung mittelalterlicher Vorstellungen, Bilder und Kommunikationsmöglichkeiten: Die Prediger erzählten Anekdoten und exempla (kurze belehrende Geschichten), wiesen auf die einmalige Gelegenheit zur Erlangung des Ablasses hin und riefen zur Verteidigung oder Rückgewinnung des Heiligen Landes auf.
Diese Predigten und andere Ansprachen waren elementare Bestandteile der Werbung für den Kreuzzug. Sie oblag im Wesentlichen der Kirche. Von Päpsten, Erzbischöfen, Bischöfen bis hinunter zu den Pfarrgeistlichen ist bekannt, dass sie in ihrer jeweiligen Funktion das Kreuz predigten. Es wurden aber auch Sonderbeauftragte abgestellt, die sich dieser Aufgabe widmeten. Im 12. Jahrhundert waren dies häufig Zisterzienser und Weltgeistliche, danach zunehmend Bettelordensmönche. Berühmte Prediger wie Bernhard von Clairvaux (vgl. Kap. II., 2. a), der Leiter der Kölner Domschule Oliver von Paderborn oder der spätere Bischof von Akkon Jakob von Vitry (vgl. Kap. III., 3. a) wurden zu dieser Aufgabe herangezogen. In aller Regel waren die Kreuzzugsprediger dazu vom Papst autorisiert, dessen wirkungsvollstes Mittel zur Kreuzzugswerbung die Kreuzzugsbulle war. Die Bullen ›Quantum praedecessores‹ (1145) und ›Ad liberandam‹ (1215) er-
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient hielten Modellcharakter für spätere Urkunden. ›Quantum praedecessores‹ führte als Erste die immer wieder kopierte Abfolge Erzählung – Aufruf – Privilegienzusage (narratio – exhortatio – privilegia) ein. Spätestens seit dem Ausbau der päpstlichen Verwaltung an der Wende zum 13. Jahrhundert wurde die Verbreitung der Kreuzzugsbullen dahingehend geregelt, dass zuerst die Erzbischöfe, dann die Suffraganbischöfe Kopien der Urkunde anfertigten, die sie danach den Pfarrgeistlichen zukommen ließen. Kreuzzugspredigten, denen oftmals feierliche Prozessionen mit öffentlichen Gebeten vorangingen, trugen dann die Botschaft an die Gläubigen weiter. Dieser Prozess kulminierte häufig darin, dass die Zuhörer das Kreuzzugsgelübde ablegten und das Kreuz nahmen. Kreuzzug als ritterliche „Adelsreise“
Die kirchlichen Initiativen wurden von einer weltlichen Form der Werbung ergänzt: Gemeint sind die Lieder und Gedichte, die zum Kreuzzug aufriefen. Hier waren es vor allem Ruhm und amouröser Erfolg, die als Anreiz für die Kreuznahme dienten. Sie zielten auf einen Kreuzfahrertypus, der im 14. und 15. Jahrhundert zunehmend an Bedeutung gewann: den ritterlich-höfischen Adligen, der im Zuge der so genannten spätmittelalterlichen Adelsreise in einer eigentümlichen Mischung aus Abenteuerlust, Kreuzzugsideologie und Wandertrieb fremde Höfe aufsuchte. Diese Entwicklung reiht sich in eine allgemeine Tendenz ein: Einerseits wurden für breite Teile der Bevölkerung die Kreuzzüge zu einer besonderen Form der religiösen Übung. Zugleich aber verengte sich andererseits – u. a. wegen der beschriebenen finanziellen, logistischen und organisatorischen Veränderungen – das soziale und geographische Rekrutierungsfeld der eigentlichen Kämpfer: Die Kreuzzüge wurden zunehmend zu einem adligen Unterfangen, das vor allem von den Gruppen getragen wurde, die am unmittelbarsten durch den jeweiligen Gegner bedroht waren. An den Hussitenkreuzzügen nahmen vor allem Deutsche teil, an den Expeditionen auf der Iberischen Halbinsel vor allem Spanier, an der Bekämpfung der Osmanen vor allem Ungarn usw. Hier hatte sich die Praxis des Kreuzzugs schon deutlich von ihren Ursprüngen entfernt. Dies rief Kritik hervor, nicht nur seitens des Klerus: Erzählende Quellen, Traktate und Gedichte belegen, dass diese und andere Vorwürfe auch in breiteren Schichten der Bevölkerung bekannt waren. Sie reihten sich ein in den Chor kritischer Stimmen, die gewisse Ausprägungen der Kreuzzüge oder die Expeditionen als solche ablehnten.
c) Kreuzzugskritik Spätestens seit den ersten gescheiterten Kreuzzugsunternehmungen (1096, 1101, 1147/48) bestand ein Erklärungsbedarf: Wie konnte es geschehen, dass einem Zug zum Wohle des Herrn kein Erfolg beschieden war? Die wiederkehrende Antwort auf diese Frage lautete, dass die Sündhaftigkeit der Menschen die Unterstützung Gottes verwirkt habe. So lautete schon die Erklärung, die Papst Eugen III. in der Bulle ›Quantum praedecessores‹ vom 1. Dezember 1145 ins Feld führte. Sie diente auch zur Begründung
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Praxis, Theorie und Kritik des Kreuzzugsgedankens des Misserfolgs von 1147/48 sowie für spätere Rückschläge. Nachrichten von einem laxen Lebenswandel auf der Kreuzfahrt, von Stolz, Habgier und anderen Verfehlungen schienen den Befund nur zu bestätigen. Eine weitere Erklärung für die Niederlage nennt der Rottenbucher Chorherr Gerhoh von Reichersberg (1093–1169). In seiner Schrift ›De investigatione Antichristi‹ von 1160/62 identifizierte er neben den Kreuzfahrern zwei weitere Schuldige: die Byzantiner wegen ihrer mangelhaften Unterstützung und vor allem die Lateiner der Kreuzfahrerherrschaften, die durch ihre Habgier das unglückliche Ende des Unternehmens heraufbeschworen hätten. Ältere Vorbehalte gegen Fahrten ins Heilige Land ergänzten diese Form der Kreuzzugs- oder besser Kreuzfahrerkritik. Schon lange vor dem Ersten Kreuzzug wurden Einwände gegen das Pilgerwesen erhoben. Insbesondere zwei Vorwürfe wurden immer wieder geäußert: Erstens sei es zur Selbstheiligung gar nicht nötig, in die Ferne zu ziehen, und zweitens bringe die Wallfahrt unmittelbare Gefahren für Leib und Seele. Der heilige Hieronymus etwa hatte in einem Brief an Paulinus dazu aufgerufen, gut zu leben anstatt die Heimat zu verlassen. Gerade aus asketisch-mönchischer Perspektive erschien die Mobilität der Pilgerfahrt durchaus als negativ, denn sie verstieß gegen das Gebot der stabilitas loci (Ortsgebundenheit). Die inneren Gefahren des Pilgerns wiederum wurden vor allem auf sexuelle Verfehlungen reduziert. Wie es der spätmittelalterliche populäre Theologe Thomas von Kempen (1379/80–1471) formulierte: Qui multum peregrinantur, raro sanctificantur (wer häufig pilgert, wird selten geheiligt). Bis über das Ende des Mittelalters hinaus wurden immer wieder solche und ähnliche Einwände erhoben, man denke nur an die scharfe Kritik Luthers am Wallfahrtswesen: Die Pilgerfahrt sei nichts anderes als Abenteuer, und außerdem befänden sich Reliquienschau und Reliquienverehrung gefährlich nah an der Götzenverehrung.
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Allgemeine Kritik am Pilgerwesen und am Krieg
Noch grundsätzlicher war der Einwand gegen den militärischen Kampf an sich: Kriege gegen die Muslime seien sündhaft, da sie den Friedensworten und -taten Christi, pazifistischen Stellen des Alten Testaments wie etwa Ezechiel 33,11 oder dem freiwilligen Märtyrertod der Heiligen widersprächen. Dass solche Stimmen existierten, erkennt man daran, dass sich Theologen gegen sie äußerten. Der Kanonist Gratian († ca. 1150) etwa ging in seinem ›Decretum‹ ebenso auf sie ein wie der Autor eines um 1128–1136 verfassten Briefes an die junge Templergemeinschaft, der sich mit der Frage auseinander setzte, ob das Töten von Feinden nicht ungerecht und verderblich sei. Doch waren diese Stimmen offenbar nicht besonders laut, und es sind kaum Vertreter dieser Argumentationslinie namentlich bekannt. Grundsätzliche Kritik am Pilgerwesen oder am Krieg ist daher zwar durchgehend, aber nicht besonders häufig belegt. Geläufiger waren hingegen Vorwürfe, die konkret mit der Teilnahme an einem Kreuzzug zusammenhingen. Manche von ihnen waren ganz praktischer Natur, etwa die Klage, durch die Abwesenheit der Männer werde die Familie zusätzlicher Gefahr ausgesetzt. Nachrichten von Übergriffen gegen Besitzungen und Angehörige der Kreuzfahrer belegen, dass solche Mahnungen nicht unberechtigt waren. Trotz derartiger Beschwerden bezog sich die Kritik der Zeitgenossen in aller Regel jedoch nicht auf die Praxis der
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient
Konkrete Kreuzzugskritik
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Kreuzfahrt an sich. Die Vorwürfe über negative Begleiterscheinungen galt vor allem denjenigen, welche die Situation ausnutzten, weniger dem Kreuzfahrer als solchem. Die Mehrzahl der Beschwerden richtete sich vielmehr gegen drei Ausprägungen der Kreuzzüge, die Folge der oben beschriebenen Institutionalisierung des 13. Jahrhunderts waren: erstens die Ausweitung der Kreuzzugsidee auf andere Szenarien, zweitens die Verzögerung von Kreuzzügen ins Heilige Land und drittens die Ausnutzung des Kreuzzugs durch weltliche oder geistliche Potentaten zu politischen, finanziellen oder militärischen Zwecken. Häufig wurden diese Vorwürfe miteinander in Beziehung gesetzt, etwa durch den südfranzösischen Troubadour Guilhem de Figueira (tätig 1215–1240) aus der Zeit um 1227–1229. Er warf den Päpsten vor, aus Habgier gegen Griechen und Lateiner vorzugehen, die Muslime hingegen zu verschonen. Insbesondere die Albigenserkreuzzüge des beginnenden 13. Jahrhunderts und der Kreuzzugsaufruf gegen Kaiser Friedrich II. wurden scharf gegeißelt, vor allem von Dichtern und Sängern. Die Troubadoure Zum Ende des 11. Jahrhunderts verfassten Sänger im Midi (Südfrankreich) Lieder in ihrer Sprache, dem langue d’oc. Bald darauf dichteten Troubadoure auch in Ostspanien und Italien. Diese Kunstform wirkte stark auf die deutschsprachigen Minnesänger ein. Im Zentrum ihrer Werke standen die Liebe und der „Frauendienst“, aber sie äußerten sich auch zu den Kreuzzügen. Oftmals griffen sie die Botschaft der Kreuzzugsprediger auf, in anderen Fällen verbanden sie die Kreuzzüge mit ihren Lieblingssujets: Militia amoris (höfische Ritterschaft) wurde mit der militia Dei verknüpft, aus Minnedienst wurde Gottesdienst und umgekehrt. Die Teilnahme an einem Kreuzzug wurde damit häufig zu einer Fahrt, mit der man die Liebe einer Dame gewann. Troubadours und Minnesänger trugen nicht unwesentlich zur Kreuzzugsbewegung bei, indem sie Aufrufe zur Verteidigung oder Eroberung der Heiligen Stätten dichteten und echte oder fiktive Erlebnisse idealisierten. Sie griffen aber auch zeitgenössische Kritik auf und verstärkten diese. Der enttäuschende Ausgang des Zuges von 1202–1204, vor allem aber die Albigenserkriege und die Verurteilung Friedrichs II. wirkten hier negativ: Südfrankreich war Anfang des 13. Jahrhunderts zugleich Kriegsschauplatz und Kerngebiet der Troubadourdichtung, und mancher Minnesänger trug seine Stücke am Hofe des Staufers vor. Der berühmteste Minnesänger, Walther von der Vogelweide († um 1230), verfasste sowohl Ermahnungen, das Kreuz zu nehmen (Ouwê waz êren sich ellendet von tiuschen landen, 1227/28), als auch Gedichte gegen den Papst wegen seiner vermeintlichen Habgier (Unmutston, 1213) und seines Vorgehens gegen den Kaiser (Kaiser-Friedrichs-Ton, 1224/27).
Weitere Ereignisse des 13. Jahrhunderts, insbesondere das allmähliche Vorrücken der Mamluken, verstärkten die Kreuzzugskritik weiter. Die Misserfolge vieler Unternehmen und die Schwierigkeiten, neue Züge zu organisieren, ließen manche Zeitgenossen wie den italienischen Chronisten Salimbene de Adam (oder von Parma, 1221–1288) zum Schluss kommen, eine Rückeroberung der Heiligen Stätten entspräche wohl nicht Gottes Wille. Zum 2. Lyoneser Konzil des Jahres 1274 fasste neben anderen der Theologe und Dominikaner Humbert von Romans (* ca. 1200, † 1277) auf Bitten Papst Gregors X. (1271–1276) in einem Gutachten (dem ›Opusculum tripartitum‹) in sieben Argumentationsfeldern mögliche Einwände zusammen. Diese reichten von praktischen Überlegungen zum ungünstigen
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Die Kreuzzüge aus islamischer Sicht Zahlenverhältnis zwischen Christen und Muslimen im Vorderen Orient über den Vorwurf, den Muslimen durch den Kreuzzug die Möglichkeit zur Bekehrung vorzuenthalten, bis hin zum Zweifel an der Gottgefälligkeit des Kreuzzugs. Im 14. Jahrhundert kamen neue Rückschläge, und mit ihnen neue Angriffspunkte hinzu: der Machtverlust des Papsttums, der sich im Umzug der Kurie nach Avignon ausdrückte, die daraus resultierende Abhängigkeit vom französischen Königtum sowie die auf Betreiben des französischen Königs Philipp IV. erfolgte Aufhebung des Templerordens. Sie alle unterhöhlten das Ansehen des Papsttums und damit mittelbar auch das der Kreuzzüge, denn spätestens die Kanonisten hatten diese ja rechtlich mit dem Papsttum verbunden. Die Straffung der päpstlichen Finanzverwaltung, die durchaus den Kreuzzügen des 13. Jahrhunderts zugute gekommen war, verwandelte sich schnell in einen Angriffspunkt, wenn Gelder eingetrieben, aber keine Züge unternommen wurden. Kreuzzugskritik war hier in hohem Maße Papstkritik – insbesondere dann, wenn sie gegen die politischen Kreuzzüge des Papsttums zur Sicherung seiner Macht in Italien (vgl. Kap. IV., 3. c) gerichtet war. Gelegentlich verband sich diese antipäpstliche Kreuzzugskritik mit zeitgenössischen spirituellen Strömungen wie dem Joachimismus (nach Joachim von Fiore, † 1202/1205) und anderen endzeitlichen Bewegungen. Diese propagierten eine friedliche Bekehrung der Muslime als Merkmal eines neuen, zukünftigen Menschenalters und ordneten die Kreuzzüge folglich einer überkommenen, vor der Ablösung stehenden Zeit zu. Aber trotz ihrer wachsenden Zahl und unterschiedlichen Angriffspunkte war die Wirksamkeit der vielfältigen, hier umrissenen Kritiken begrenzt. Von einem vollkommenen Niedergang der Kreuzzugsidee im Spätmittelalter kann keineswegs die Rede sein. Auch im 15. Jahrhundert wurden Pläne geschmiedet und Unternehmungen durchgeführt. Nur konnten solche Initiativen nicht mehr auf massive Resonanz über die herrschaftlichen Grenzen hinweg hoffen. Sie blieben in der Regel die Sache einzelner Fürsten.
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Papstkritik
4. Die Kreuzzüge aus islamischer Sicht a) Die „Kreuzfahrerstaaten“ im islamischen Machtgefüge Die Auseinandersetzung mit den christlichen Eindringlingen war lediglich ein einzelnes, aber sicher nicht das bedeutendste Element in der komplexen Geschichte der islamischen Welt, des dār al-islām, im Mittelalter (vgl. Kap. I., 1. b). Aus diesem Grunde soll im Folgenden die Präsenz der Lateiner in Outremer in den größeren Kontext des Vorderen Orients gestellt werden. Die Kreuzzüge erscheinen hier lediglich in der Form, wie sie in erster Linie von den Muslimen wahrgenommen wurden: als Kriegszüge zur militärischen Unterstützung der christlichen Herrschaften in der Levante. In einem zweiten Schritt ist die Frage zu untersuchen, wie im Verlauf des 12. Jahrhunderts in Abgrenzung von den Christen der Dschihad-Gedanke fortentwickelt und politisch nutzbar gemacht wurde. Schließlich soll der Blick von der Militär-, Politik- und Ideengeschichte zum Bereich der
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient Fremdwahrnehmung gelenkt werden, um darzulegen, welche Bilder sich die Muslime von ihren neuen Nachbarn oder Herren machten. Wichtige Gewährsleute für viele dieser Themen sind muslimische Geschichtsschreiber wie z. B. der Herr von Šaizar, Usāma ibn Munqid. ¯
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Usāma ibn Munqid (1095–1188) entstammte dem schiitischen Clan der Banū ¯ über die Burg und Ortschaft Šaizar (Caesarea am Orontes) Munqid und herrschte ¯ in Nordsyrien. Er bekämpfte bei verschiedenen Anlässen die Lateiner, kam aber ebenso oft diplomatisch mit ihnen in Kontakt. Unter seinen Gesprächspartnern befand sich u. a. König Fulko von Jerusalem (1131–1143), den er in einer solchen diplomatischen Mission besuchte. In seinem Hauptwerk ›Kitāb al-itibār‹ beschreibt er, wie göttliche Vorsehung das Menschenleben bestimmt. Um dies zu verdeutlichen, bedient er sich vielfältiger Anekdoten, die teilweise aus seinen Begegnungen mit den Christen Outremers gespeist sind. Das Werk ist also keine Autobiographie, dies muss bei seiner Interpretation berücksichtigt werden. Usāma äußert sich auf stereotype Weise verächtlich über die Christen, doch erwähnt er auch positive Erfahrungen mit einzelnen seiner Gegner und entwirft ein wertvolles Bild sowohl der geläufigen muslimischen Urteile und Vorurteile über die Christen als auch des Gegen-, Neben- und Miteinanders zwischen den Konfessionen in den Kreuzfahrerherrschaften.
Muslimische Reaktionen auf den Ersten Kreuzzug
In der muslimischen Welt zeitigten der Erste Kreuzzug und der Verlust Jerusalems anfangs geringere Wirkung, als man aus heutiger Sicht vermuten könnte. Es war in der Tat schwerlich vorstellbar, dass die eingefallenen Barbaren aus dem Norden – einige Autoren wie z. B. der seldschukische Dichter al-Abīwardī verwechselten sie mit byzantinischen Truppen – den schmalen eroberten Landstreifen an der Levanteküste nicht nur würden halten, sondern auch vergrößern können. Erst mit der Zeit wurde aus dem Ärgernis ein wirkliches Problem. Es liegt kein einziger arabischer Text vor, den man als eine „muslimische Kreuzzugschronik“ bezeichnen könnte, und innerhalb des Islam nahmen gerade einmal die Nachbarn der Eindringlinge von diesen Notiz: In Ägypten, im Iran oder im Maghreb übergehen die Quellen die Geschehnisse weitgehend mit Schweigen. Entscheidend für das Überleben der Kreuzfahrerherrschaften waren aber nicht diese entfernten Gebiete, sondern die Haltung der großen Mächte vor Ort, also der Fatimiden und Seldschuken. Im unmittelbaren Zielgebiet der Kreuzfahrer reagierten sie zurückhaltend. Die Fatimiden unter ihrem Wesir al-Afdal hatten unzweifelhaft die Intentionen der Kreuzfahrer un˙ aus ihrem anfangs geringen, sich dann aber plötzlich verterschätzt, wie schärfenden Widerstand hervorgeht. Nach der Niederlage von Askalon am 12. August 1099 zog sich der Wesir nach Ägypten zurück, und nach weiteren missglückten Angriffen in den Jahren 1104/05, 1105/06 und 1111/12 überließ er den Kreuzfahrern das eroberte Territorium – vielleicht auch, um einen Puffer gegen die aggressiven Seldschuken zu haben. Diese waren nach dem Tod des Sultans Malikšāh in Nachfolgestreitigkeiten verwickelt, ihre Augen blieben auf die Zentren ihrer Macht in Bagdad und Isfahan, nicht auf die kleine christliche Enklave an ihrer Westgrenze gerichtet. Zwar wurden in den Jahren 1110–1115 einige Kontingente im Auftrag des Seldschukensultans Muh ammad nach Syrien geschickt, doch scheiterten sie nicht zuletzt wegen ˙des Misstrauens der örtlichen Emire, die eine Wiedereinführung des seldschukischen Zentralismus gefürchtet zu haben schei-
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nen. Im Grunde haben die Seldschuken die Kreuzfahrerherrschaften nie ernsthaft bedroht, obwohl sie am leichtesten in der Lage gewesen wären, diese in ihrer Gründungsphase zu vernichten. So war es an den Emiraten in Palästina und Syrien, sich mit den Lateinern zu arrangieren oder sich ihnen entgegenzustellen. Die meisten von ihnen hatten sich nach dem Tod des Malikšāh unter der Leitung lokaler Militärbarone faktisch aus dem seldschukischen Machtgefüge gelöst oder standen nur lose unter fatimidischer Herrschaft. Diese Herrschaften fanden sich durchaus zu Bündnissen untereinander – aber notfalls auch mit den Christen – bereit, um ihre prekäre Lage zu stabilisieren. Ein Repräsentant dieser lokalen, mit den Christen verkehrenden Machthaber war Usāma ibn Munqid. Diese Bereitschaft zum Arrangement war eine wichtige Vorausset¯ zung dafür, dass sich die Kreuzfahrerherrschaften im muslimischen Umfeld etablieren und konsolidieren konnten. Von besonderer Wichtigkeit unter den regionalen Mächten Syriens war die Stadt Aleppo, eine der größten Ortschaften auf der binnenländischen Verkehrslinie zwischen Rotem und Schwarzem Meer. Hier sicherten sich lokale seldschukische Machtträger, so genannte Atabegs, eine eigene Herrschaft. Die bedeutendsten waren Īl Ghāzī († 1122), der Herr von Mardin, Imād ad-Dīn Zengī, der Herr von Mossul, und sein Sohn und Nachfolger Nūr ad-Dīn (1146–1174). Imād ad-Dīn Zengī gelang es, Aleppo zu einer faktisch von den Seldschuken unabhängigen Herrschaft auszubauen und im Jahre 1144 Edessa von den Christen zurückzuerobern. Sein Sohn Nūr ad-Dīn konnte das schon unter seinem Vater nominell beherrschte Damaskus zu seinem neuen Machtzentrum ausbauen, um von dort aus die Eroberung Ägyptens zu betreiben. Er beauftragte hierzu eine weitgehend aus Turkomanen und Kurden bestehende Armee unter der Führung seines Generals Šīrkūh und dessen Neffen Saladin aus der Familie Ayyūb. Saladin gelang es nicht nur, im Jahre 1169 als Wesir faktisch die Macht in Ägypten zu übernehmen, sondern er beendete 1171 das fatimidische Kalifat zugunsten des sunnitischen Kalifats von Bagdad. Zwar bemühte sich Saladin darum, die Oberherrschaft seines nominellen Herren zu betonen, doch hinderte ihn dies nicht daran, nach dem Tod des Nūr ad-Dīn im Jahre 1174 in Damaskus einzurücken, dessen Sohn abzusetzen und beide Herrschaften zu vereinen. Nachdem er im Jahre 1183 Aleppo unterworfen hatte, lag die Herrschaft ganz Syriens und Ägyptens in seinen Händen. Lediglich die Kreuzfahrerherrschaften bildeten einen Fremdkörper in diesem ansonsten geschlossenen Machtgebilde. Deren fast vollständige Vernichtung nach der Schlacht von Hattin diente Saladin auch als nachträgliche Legitimation für Herrschaftsübernahme in Syrien und Ägypten.
Die muslimischen Herrscher in Syrien
Dieses Reich, das nach dem Vater Saladins (Ayyūb) benannte Ayyubidenreich, wurde in der Folge im Sinne eines dynastischen Herrschaftsverbands von Mitgliedern der Gründungsfamilie regiert. Dieses System eines in den Händen einer Familie gehaltenen Verbands brachte immer wieder Probleme mit sich, da die Herrscher der Kernlande – Ägyptens, Syriens und Obermesopotamiens – sich wiederholt bekämpften. Nur den in Ägypten residierenden Sultanen al-Malik al-Ādil (einem Bruder Saladins, 1200–1218), seinem Sohn al-Kāmil (1218–1238) und dessen Sohn as-Sālih ˙ ˙ ˙
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Die Mamluken
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(1240–1249) gelang es, eine gewisse Vormachtstellung zu erlangen. Dazu gingen sie durchaus auch Bündnisse mit den Lateinern der Kreuzfahrerherrschaften ein. Schon 1107 hatten das christliche Antiochia und das muslimische Mossul eine Allianz geschlossen, und das Bündnis zwischen Jerusalem und Damaskus bestimmte lange die Verhältnisse in Palästina. Die Ayyubiden führten im 13. Jahrhundert diese Politik fort. Damit wurden die Kreuzfahrerherrschaften aus muslimischer Sicht endgültig in das System der syrischen Partikularmächte integriert. Die Ayyubiden profitierten von der Wirtschaftskraft der christlichen Häfen und kooperierten vereinzelt mit den Lateinern in der Verwaltung ländlicher Nutzflächen. Ihnen war an ruhigen Beziehungen zu den Lateinern gelegen, Konfrontationen in Form eines neuen Kreuzzugs lagen nicht in ihrem Interesse. Al-Kāmil z. B. gelangte 1229 zu einem Verhandlungsfrieden mit Kaiser Friedrich II., dem er sogar Jerusalem übergab, während Sultan as-Sālih im Jahre 1240 den La˙ ˙ sich ˙ den Rücken in einer teinern eine Reihe von Burgen aushändigte, um Auseinandersetzung mit seinem Neffen frei zu halten. Aus den gleichen innenpolitischen Erwägungen kaufte er auch Hunderte von Kriegersklaven (Mamluken) aus Südrussland, die bald ein eigenes Corps, eine Elitetruppe, bildeten. Doch nach dem Tode des as-Sālih über˙ ˙ Macht ˙ nahmen diese Mamluken im Jahre 1250 handstreichartig die in Ägypten. Ihre Vorherrschaft gründete vor allem auf ihrem militärischen Potenzial. Dieses beruhte auch später noch ganz wesentlich auf Kriegersklaven. Denn auch nach der Machtübernahme konnten nur außerhalb des dār al-islām als Nicht-Muslime geborene, nach ihrer Versklavung zum Islam konvertierte, dann zum Mamluken ausgebildete und schließlich freigelassene Kämpfer in der Herrscherkaste aufsteigen. Diese Kriegerelite besetzte konsequent alle militärischen sowie einen Großteil der administrativen Schlüsselstellungen des straff regierten Mamlukensultanats. Dank ihrer militärischen Fähigkeiten gelang es den Mamluken, die größte Gefahr, der sich der Islam seit seinen Anfängen gegenübersah, abzuwehren: die Mongolen (vgl. Kap. II., 2. b). Am 3. September 1260 ˘ ālūt (Ain Dschalud) unweit von konnten sie in der Schlacht von Ayn G Nazareth ein großes mongolisches Heer entscheidend schlagen. Dieser für die Geschichte des Vorderen Orients außerordentlich wichtige Sieg gab der bis dahin eher ungeeinten mamlukischen Militärherrschaft nicht nur eine neue Legitimität und einen besonderen Nimbus, sondern auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das wesentlich für ihr Überleben verantwortlich war. Sultan Baibars, der eigentliche Begründer des Mamlukensultanats, schuf und stabilisierte ein Großreich, das einen Gegenpol zum östlich des Euphrat gelegenen Reich der Mongolen darstellte. Es brachte Ägypten und Syrien für Jahrhunderte Sicherheit, Prosperität und kulturelle Entfaltungsmöglichkeiten und bestimmte bis zu seiner Vernichtung durch die Osmanen im Jahre 1517 die Geschicke des Islam im Vorderen Orient. Als Usurpatoren an die Macht gekommen, betonten die Mamluken ihre sunnitische Rechtgläubigkeit, indem sie ein neues (von ihnen abhängiges) Kalifat in Kairo einrichteten. Baibars und sein Nachfolger Qalāwūn (1279–1290) gaben – wohl auch wegen der Gefahr einer mongolisch-christlichen Allianz – die laxe Haltung der späten Ayyubiden gegenüber den lateinischen Herrschaften der Levante auf und gingen mit
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kompromissloser Härte gegen diese vor, bis sie die Lateiner 1291 aus Palästina vertrieben.
b) Kreuzzug und Dschihad Nicht nur die eigentliche Herkunft der Kreuzfahrer wurde auf muslimischer Seite häufig verkannt: Auch der spezifische Charakter ihres Zuges, das religiöse Fundament des Unternehmens also, war den Beobachtern in Kairo, Damaskus oder Bagdad anfangs vielfach nicht bewusst. Es gab jedoch auch Ausnahmen: Der Dameszener Rechtsgelehrte und Prediger Ali ibn Tāhir al-Sulāmi († 1106) z. B. rief in seinem Werk ›Kitāb al-g˘ihād‹ schon zu Beginn des 12. Jahrhunderts zum Widerstand gegen die Eindringlinge auf, deren Vorgehen er in Zusammenhang mit den christlichen Erfolgen auf Sizilien und der Iberischen Halbinsel sah. Der Autor erkannte mithin die Kreuzzugsbewegung in all ihren Dimensionen und nicht nur als ein auf Palästina beschränktes Phänomen. Gezielte Profanierungen islamischer Kult- und Kulturstätten wie die wiederholte Umwandlung von Moscheen in Kirchen oder die Zerstörung von Bibliotheken wie diejenige von Tripolis ließen auch andere Muslime bald den religiösen Kern der Kreuzzugsbewegung erkennen. Sie reagierten mit der Wiederbelebung eines älteren islamischen Konzepts, dem des Dschihad. Großer und kleiner Dschihad Von alters her und ähnlich der zeitgenössischen Vorstellung von der militia Christi im Christentum galt im Islam der innere, gegen eigene Schwächen geführte Kampf als der wichtigste (oder „große“) Dschihad. Daneben schrieben schon der Koran (etwa in Sure 2,216, Sure 9,14 und Sure 9,36) und die überlieferten Aussprüche des Propheten das „Streben“, Dschihad (arab. gˇihād), zur Ausbreitung des Islam vor. Dieser „kleine Dschihad“, die kollektive Auseinandersetzung zwischen der islamischen Welt, dem dār al-islām, und allen anderen Gebieten, dem Haus des Krieges (arab. dār al-harb), war seit seinen Anfängen ein ˙ Formen des „Strebens“ waren mitFundament der islamischen Bewegung. Beide einander verknüpft, daher darf man den Dschihad keineswegs vereinfachend als „heiliger Krieg“ übersetzen. Unter dem Eindruck der neuen Bedrohung wurde im 12. Jahrhundert der Gedanke genauer gefasst und ausgelegt. Dabei unterschied man verschiedene Formen des Dschihad: Unter anderem trennte man zwischen einer offensiven Ausrichtung, die alle unterstützen, aber nur Freiwillige aktiv betreiben sollten, und einer defensiven. Dieser Kampf zur Vertreibung eines Aggressors, der islamisches Territorium erobert hatte, war die erste Pflicht jedes einzelnen gesunden Muslims, wodurch die Verpflichtung des Individuums betont wurde. Allerdings galt dieser Kampf eben nicht alleine den Christen, sondern auch und gerade den Glaubensfeinden im Inneren gegenüber. Freiwillige, arabisch g˙āzī genannte Glaubenskämpfer gab es schon lange vor den Kreuzzügen. Es handelte sich bei ihnen um Individuen, die aus vorwiegend oder ausschließlich religiösen Gründen am Kampf teilnahmen. Sie konnten Freiwilligencorps bilden, die geschlossen an Zügen teilnahmen, oder auch in Gemeinschaften nach strengen religios-militärischen Regeln lebten. Diese von Freiwilligen verteidigten Konvente wurden ribāt genannt. ˙
Die Stärkung des DschihadGedankens im 12. Jahrhundert
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Die in der Levante eher schwach ausgeprägte Vorstellung vom Dschihad erfuhr zu Lebzeiten des Imād ad-Dīn Zengī eine Neubelebung. Vor allem
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Möglichkeiten der Außendarstellung Saladins
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die Eroberung der Kreuzfahrerherrschaft Edessa war hierfür verantwortlich. Doch der eigentliche Höhepunkt der Dschihad-Propaganda erfolgte unter den Nachfolgern des Imād ad-Dīn Zengī: seinem Sohn Nūr ad-Dīn (1146–1174) und Saladin. Das Bemühen des Nūr ad-Dīn um die Unterwerfung der Christen Outremers hielt sich zwar insgesamt in Grenzen; er war stärker damit beschäftigt, seine Macht in Syrien zu sichern und die Herrschaft über Ägypten zu gewinnen. Doch stellte er sich selbst, etwa in seinen Bauten, als einen Vorkämpfer des Islam dar, und als solcher wurde er auch von den Autoren seiner Zeit gefeiert. In diesen Zusammenhang gehört z. B. das ›Meer der wertvollen Tugenden‹ (Bah r al-Favāid), das ein ˙ In ihm wurden deanonymer persischer Gelehrter an seinem Hof verfasste. tailliert Vorbereitung und Durchführung des freiwilligen Kampfes gegen die Glaubensfeinde beschrieben. Auch Saladin konzentrierte sich nach der Herrschaftsübernahme in Ägypten und Syrien anfangs eher darauf, die Oberherrschaft über Aleppo und Mossul zu gewinnen, als die christlichen Gebiete, mit denen zwischenzeitlich Verträge geschlossen wurden, zu unterwerfen. Erst als dieses Ziel im Jahre 1183 erreicht war, ging er daran, die Kreuzfahrerherrschaften zu bedrängen. Für sein Wirken im Sinne des Dschihad waren durchaus auch innenpolitische Überlegungen verantwortlich. Saladin, der kurdische Usurpator Ägyptens und Syriens, konnte den Dschihad-Gedanken und die Auseinandersetzung mit den Christen als Kohäsionselement gebrauchen, um ein fragiles politisches Gebilde zu verschweißen. Die Glaubensspaltung der dār al-islām in Schiiten und Sunniten hatte sich auch in der Frage des Dschihad bemerkbar gemacht, denn die Ersten hingen dieser Vorstellung aus theologischen Gründen kaum an. Nun aber waren Syrien und das ehemals schiitisch beherrschte Ägypten nach vielen Jahrhunderten getrennter Herrschaft wieder vereint, der Dschihad bot sich als übergeordnete Größe bestens an. Goldmünzen wurden geprägt, auf denen Saladin als „Sultan des Islam und aller Muslime“ gefeiert wurde, eine Inschrift mit dem gleichen Wortlaut wurde im Jahre 1191 in Jerusalem angebracht. Höflinge und Verwaltungsfachleute in der Kanzlei des Sultans wie al-Qādi al-Fādil († 1200) tru˙ ˙ Todfeind der gen durch ihre Schreiben dazu bei, das Bild ihres Herren als Christen in der islamischen Welt zu prägen. Verstärkt wurde dieses Prestige durch herrschernahe Berater wie Imād ad-Dīn al-Is fahānī († 1201) und ˙ Herrschers verfasBahā ad-Dīn ibn Šaddād († 1234), die Biographien ihres sten, sowie durch Autoren vom Schlage eines Usāma ibn Munqid. Ganz in diesen Rahmen passt es, dass Saladin sich mit der Bitte um Hilfe ¯gegen die Christen an den Almohadenherrscher Abū Yūsuf Yaqūb al-Mansūr (1184– ˙ gesam1199) nach Spanien wandte. Der Kampf galt der Verteidigung des ten Islam. Die Dichter belebten Formen beduinischer Lyrik aus vorislamischer Zeit, die insbesondere Eigenschaften wie Mut, Männlichkeit und Großmut besangen. Saladin schätzte diese Gedichte besonders. Es liegen durchaus Hinweise dafür vor, dass der Ayyubide wirklich von der Aufgabe erfüllt war, gegen die Christen vorzugehen und Jerusalem dem Islam wieder zuzuführen. Eine Gewichtung politischer und persönlich-religiöser Beweggründe fällt daher schwer. Jerusalem spielte bei dieser Erneuerung des Dschihad-Gedankens eine
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Die Kreuzzüge aus islamischer Sicht nicht unwichtige Rolle, daher betonten Nūr ad-Dīn und seine Nachfolger die Vorzüge und die besondere Stellung von al-quds (Jerusalem) für die islamische Welt. Man konnte hierfür auf ältere Sammlungen über die „Vorzüge“ (arab. fadāil, sg. fadīla) Jerusalems zurückgreifen, die nun zu neuer ˙ ˙ etwa ließ vor dem Zug gegen die Christen im Aktualität aufstiegen. Saladin April 1187 öffentlich aus solchen Werken vorlesen, und im gleichen Jahr wurde die Schrift des Jerusalemer Predigers al-Wāsit ī aus dem ersten Vier˙ Die Rückeroberung tel des 11. Jahrhunderts für ähnliche Zwecke genutzt. der Heiligen Stadt, die mit Sinn für Außenwirkung am 2. Oktober 1187, dem Jahrestag der Nachtreise Muhammads, erfolgte, wurde denn auch in der gesamten islamischen Welt als˙ die bedeutendste Leistung des Ayyubiden gefeiert. Seine Nachfolger betrieben eine laxere Politik gegenüber den Christen, der Dschihad-Gedanke verlor an Bedeutung. Erst die Mamluken bezogen wieder unter dem Eindruck der Mongolengefahr in Glaubensfragen eine unnachgiebigere Haltung: Sie betrachteten den Kampf gegen die Eindringlinge als die drängendste Form des Dschihad, erhöhten den Druck auf ihre innerislamischen Glaubensfeinde, die Schiiten, und lenkten ihre Militärmacht entschlossen gegen die Kreuzfahrerherrschaften. Die Mamluken hatten wie Saladin vor ihnen die Herrschaft usurpiert, und ebenso wie ihr berühmter Vorgänger ließen sich die Mamlukensultane Baibars und Qalāwūn auf Inschriften, in Gedichten und in Chroniken als wahre Kämpfer des ˘ alīl, wurde sogar Dschihad feiern; dem Eroberer Akkons, Sultan al-As˘raf H der Ehrentitel Salāh ad-Dīn (Heil des Glaubens) verliehen. Nach diesen mi˙ ˙ gingen die Mamluken gegen die Andersgläubigen in litärischen Erfolgen der islamischen Welt und gegen Glaubensfeinde im Innern vor. Auch die Osmanen sollten diese Haltung einnehmen. Über Jahrhunderte hinweg führten sie unter der Fahne des Dschihad Krieg – nicht allein gegen Christen, sondern durchaus auch gegen die Mamluken in Ägypten und die Safaviden im Iran. Welche Unterschiede lassen sich zwischen dem heiligen Krieg der Christen (vgl. Kap. I., 2. a) und dem Dschihad des Islam feststellen? Zum einen ist Letzterer weiter gefasst: Er umschließt seit seinen Anfängen eben auch das innere Streben, nicht nur den militärischen Kampf. Zum zweiten galt der Dschihad erst nach der Etablierung der Kreuzfahrer im Heiligen Land der Rückgewinnung ehemals muslimischer Gebiete und der Wiedererlangung heiliger Stätten. In der Ausbreitungsphase des Islam war dies noch nicht der Fall. Drittens umschloss der Kreuzzug als heiliger Krieg auch den Gedanken der Bestrafung von Übeltätern im Namen Gottes, eine Vorstellung, die dem Dschihad fremd war. Viertens existierte im Christentum in Gestalt des Papsttums eine allgemein akzeptierte, autorisierte religiöse Instanz, die immer wieder zum Krieg im Namen Gottes aufrief. Diese Unterschiede verbieten es trotz mancher Ähnlichkeiten, Dschihad und heiligen Krieg miteinander gleichzusetzen.
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Der Glaubenskampf unter den Mamluken
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Die Kreuzzüge in den Vorderen Orient
c) Muslimische Bilder von den Christen
Muslimische Anekdoten aus den Kreuzfahrerherrschaften
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In der Zeit der Kreuzzüge ergänzten neuere geographische Werke wie die des al-Idrīsī († 1165) und al-Qazwīnī († 1283) bereits bestehende Bilder vom christlichen Europa. Über deren Bewohner lagen schon vor den Kreuzzügen stereotype Bilder vor, die als Grundlage späterer Beurteilungen dienten. Diese lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Europäische Christen waren in den Augen der meisten muslimischen Autoren geistig langsam, unkultiviert, dreckig und unmoralisch, aber kräftig und mutig. Erfuhren diese Urteile durch die unmittelbare Begegnung mit den fremden Eindringlingen eine Abänderung? Auch wenn einige muslimische Schriften verloren sind, die offenbar den Christen und ihrem Glauben gewidmet waren, so verfügen wir in anderen Werken, etwa der Reisebeschreibung des hispanischen Muslimen Ibn ˘ ubair (*1145, † 1217) oder der zeitgenössischen arabischen Epik und G Dichtung, über Quellen, die ein vielschichtiges Bild zeichnen. Auch der bereits erwähnte Usāma ibn Munqid geht in seinem ›Kitāb al-itibār‹ mehr¯ fach auf die Lateiner und ihre Lebensgewohnheiten ein. Die meisten erhaltenen Werke kamen dem traditionellen muslimischen Bild von den Christen entgegen, indem sie vor allem drei Mängel unterstrichen: das Fehlen von Wissen, Moral und Reinlichkeit bei den Christen. Reinheit und Verunreinigung Der Makel der mangelnden Hygiene berührt auch den religiösen Bereich, denn die Verunreinigung des Geheiligten durch die Eindringlinge spielte beim muslimischen Bild des Christentums eine wichtige Rolle. Der Islam schreibt bekanntlich allen Gläubigen strenge Reinheitsrituale vor. Als besonders unrein galten und gelten Wein, Schweine und Exkremente. Alle drei Objekte wurden im Mittelalter unmittelbar auf die Christen bezogen und ließen diese als besonders unrein erscheinen. Nur vor diesem Hintergrund wird die Bezeichnung der Agnes von Courtenay als „die Sau, die als Königin bezeichnet wird, Mutter des ˘ ubair erSchweins, das Akkon beherrscht“ durch den hispanischen Muslim Ibn G klärbar. Zwar kannten die Muslime schon lange die religiösen Praktiken der in ihrem Machtbereich lebenden Christen, doch mit der Errichtung der Kreuzfahrerherrschaften änderte sich die Lage dadurch dramatisch, dass nun die Christen heilige Orte des Islam besetzten und mit ihren Zeichen – insbesondere dem Kreuz, aber auch mit Glocken, Statuen, Bildern etc. – kennzeichneten. Herausragende religiöse Bauten wie die al-Aqsā-Moschee und der Felsendom auf dem ˙ besitzen aber einen außerordentlichen Haram aš-Šarīf zu Jerusalem besaßen und ˙Stellenwert im Islam; ihre Besetzung durch als unrein empfundene Glaubensfeinde wog besonders schwer. Muslimische Quellen wissen denn auch folgerichtig davon zu berichten, dass die Gebetsnische der al-Aqsā-Moschee als Schweinestall benutzt und dadurch auf besonders fürchterliche˙Weise entweiht wurde. Ob hier Tatsachen wiedergegeben oder Befürchtungen bzw. Erwartungen literarisch erfüllt wurden, ist nicht abschließend zu klären. Unzweifelhaft empfanden die Muslime ihre Heiligtümer als derart entweiht und verunreinigt, dass sie diese, etwa nach der Eroberung Jerusalems durch Saladin im Jahre 1187, rituell reinigen und neu weihen ließen, wie Imād ad-Dīn al-Isfahānī berichtet. ˙
An einer Stelle berichtet Usāma ibn Munqid über die Unwissenheit eines christlichen Arztes, der einem an einem ¯Abszess leidenden Ritter
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Die Kreuzzüge aus islamischer Sicht kurzerhand das Bein abschlagen lässt, woraufhin dieser verstirbt. Auch zur Freizügigkeit der Christen äußert sich der Autor: Männer würden es zulassen, dass ihre Frauen sich auf der Straße mit anderen Männern unterhielten, und überhaupt sei weder die Moral der Frauen noch die Eifersucht der Männer besonders stark ausgeprägt. Dieses Urteil schließt keineswegs aus, dass sich verschiedene arabische Autoren lobend über die besondere Schönheit der christlichen Frauen, über ihre helle Haut, blauen Augen und schlanke Gestalt äußerten. Vielfältig sind die Hinweise auf mangelnde Hy˘ ubair zum Beispiel weiß von dem Schmutz und dem Gestank giene: Ibn G in christlichen Städten zu berichten. Berühmt ist die Anekdote des Usāma ibn Munqid über einen christlichen Ritter, der elementare Regeln des mus¯ limischen Badehauses gleich mehrfach missachtet, indem er zum einen keinen Lendenschutz trägt, zum zweiten einem muslimischen Bediensteten diesen vom Leibe reißt, um dann wegen dessen rasierten Schambereichs in Verwunderung zu geraten, woraufhin er nicht nur sich selbst, sondern auch seine Frau – am Tag, an dem nur Männer das Bad betreten sollten – in aller Öffentlichkeit vom Bediensteten rasieren ließ. Hier werden gleich drei Vorurteile gegenüber den Christen verwoben: roher Umgangsstil, fehlender männlicher Stolz den eigenen Frauen gegenüber und mangelnde Kenntnisse über elementare örtliche Grundregeln der Hygiene und Moral. Ergänzt wurden geläufige Bilder über die Christen durch die negative Beurteilung des Christentums als Religion. In dem bereits erwähnten ›Meer der wertvollen Tugenden‹ („Bahr al-Favāid“) fasste sein anonymer Autor in ˙ gängige Urteile über die christliche Reliholzschnittartiger Vereinfachung gion zusammen: Die Christen würden durch ihren Glauben an die Dreifaltigkeit zu Polytheisten, und der Annahme, der Sohn Gottes sei von einer Frau auf natürliche Weise geboren worden, könnten nur Verrückte anhängen. Ähnliche Vorwürfe und Spötteleien wurden immer wieder erhoben. Diese allgemeinen, auch vor den Kreuzzügen bekannten Vorwürfe wurden in Anbetracht der unmittelbaren christlichen Bedrohung besonders häufig in Aufrufen zum Dschihad oder Schriften zum Lobe Jerusalems integriert und ausgeweitet. Das Kreuz hatte vor den Kreuzzügen selten Animositäten hervorgerufen. Nun wurde es zur Zielscheibe muslimischer Aggression, denn nicht zu Unrecht wurde es als Siegeszeichen und Symbol der weltlichen Herrschaft der Kreuzfahrer interpretiert, die eroberte Moscheen und Kultstätten wie z. B. den Felsendom damit schmückten. Überhaupt lässt sich beobachten, dass zumindest einige gebildete Muslime mit der Zeit eine Vorstellung von den religiösen Werten und Motivationen ihrer Gegner gewannen. Vor allem der religiöse Eifer der Christen wird immer wieder in den Quellen betont. Texte aus dem Umkreis Saladins belegen, dass seine Gelehrten in dieser Hinsicht gut informiert waren. Der Höfling und Geschichtsschreiber “Imād ad-Dīn al-Isfahānī etwa zeich˙ net ein getreues Bild davon, welche Bedeutung die Reliquie des Wahren Kreuzes oder die Verteidigung Jerusalems für die Kreuzfahrer besaß. Leute wie er waren es, die eine vollkommene Zerstörung Akkons oder der Grabeskirche propagierten, da andernfalls die Christen nicht ruhen würden, bevor sie wieder im Heiligen Land Fuß gefasst hätten. Sie schätzten die Kreuzzugsbewegung richtig ein, und die Mamluken sollten einen Teil die-
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Religiöse Verunglimpfungen
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ses Plans rund 100 Jahre später mit der Zerstörung levantinischer Hafenstädte umsetzen. Während christliche Autoren offenbar kaum eine Vorstellung vom Wesen des Dschihad hatten – für Wilhelm von Tyrus kämpften die Muslime für ihre Familien, für ihre Freiheit und für ihre Heimat (patria) –, benutzten umgekehrt manche muslimische Autoren den Begriff des Dschihad, um den Kampf der Christen im Orient zu bezeichnen. Dies bedeutet mitnichten, dass Kenntnis der religiösen Motivationen des Gegners mit größerer Akzeptanz oder gar Sympathie diesen gegenüber einherging. Hinweise auf den religiösen Eifer der Christen dienten in der Regel dazu, denjenigen der Muslime gegen ihre Glaubensgegner zu stärken, und die Bezeichnungen der Christen in den muslimischen Quellen sind selten wertfrei. Wurden sie bei ihrer Ankunft in Outremer auch häufig Ifrang˘ī oder frang˘, also Franken genannt, so findet man ebenso oft abwertende Bezeichnungen wie Schweine, Hunde, Teufel oder auf den religiösen Bereich zielende Bezeichnungen wie „Polytheisten“, „Feinde Gottes“, „Leute der Dreifaltigkeit“ etc. Seit der Mitte des 12. Jahrhunderts bürgerten sich auch stereotype Verwünschungen ein, so der erstmals 1158 belegte und danach fest eingeführte Zusatz „Gott strafe sie“. Das Aussehen der Fremden gibt dagegen kaum Anlass zu Kommentaren: Nur selten werden die Kreuzfahrer als „die Blondhaarigen“ oder, wie etwa von Imād ad-Dīn al-Isfahānī, als „der blauäugige Feind“ bezeichnet. ˙ Doch zeitgleich äußerten sich manche muslimische Autoren durchaus auch positiv über die Christen. Usāma z. B. lobt einzelne Christen sehr wohl, auch wenn er sie ausdrücklich als Ausnahmen bezeichnet. Manche Ärzte setzten sich nach seinem Urteil von der unwissenden Masse ab, und er wandte ihre Rezepte und Heilmethoden selbst mit Erfolg an. Auch die Gottesfurcht der Christen wird wiederholt unterstrichen, so von Usāma in seiner Beschreibung der Geistlichen am Johannesgrab von Sebasteia bei Nablus, oder vom Berater Saladins, Imād ad-Dīn al-Isfahānī. ˙ Christliche Frömmigkeit aus muslimischer Sicht Zit. nach: Gabrieli, Kreuzzüge, S. 126 und 196. Usāma ibn Munqid: „Ich besuchte Johannes’ Grab, des Sohnes Zacharias’ – Heil ¯ sei über ihn –, in einem Dorf, das Sebasteia heißt, in der Provinz Nablus. Nach dem Gebet ging ich hinaus auf einen umschlossenen Hof vor dem Ort des Grabes. Dort war eine geschlossene Tür; ich öffnete sie und trat ein: es war eine Kirche, in der etwa ein Dutzend alter Männer weilten, mit entblößten Häuptern, weiß wie gekrempelte Baumwolle. […] Ich sah dort ein Schauspiel (an Frömmigkeit), das die Herzen erweichen konnte, mir aber gleichzeitig weh tat und mich traurig stimmte, denn bei den Muslimen hatte ich noch nie jemanden solch frommen Eifers gesehen.“ Imād ad-Dīn al-Isfahānī: „Die Franken sagten: ‚Hier sollen unsere Köpfe fallen, ˙ unsere Seelen vergehen, hier soll unser Blut fließen, wollen wir unser Leben verlieren; Qualen und Wunden, die uns treffen und Schmerz bereiten, nehmen wir auf uns; wir setzen unser Leben ein, um den Ort zu verteidigen, an dem der Geist wohnt. Dies ist unsere Auferstehungskirche, hier ist unser Platz, und von hier brechen wir aus, hier erhebt sich unser Schrei, büßen wir unsere Schuld, weht unser Banner, ergießt sich unsere Wolke; sie lieben wir, an sie sind wir gebunden, in der Ehre, die wir ihr erweisen, liegt unsere Ehre, ihr Wohl ist unser Wohl, ihre Unversehrtheit ist unsere Unversehrtheit, ihre Fortdauer unsere Fortdauer.’“
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Die Kreuzzüge aus islamischer Sicht
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Allerdings muss im ersten Fall bedacht werden, dass der Autor gleich im Anschluss belegt, dass muslimische Sufis noch frommer seien, und im zweiten Fall mit dieser Beschreibung zum Dschihad aufgerufen werden soll. Lob der militärischen Tüchtigkeit der Christen war dagegen sehr wohl ernst gemeint. Vor allem den Mitgliedern der Ritterorden wurden in dieser Hinsicht außerordentliche Fähigkeiten attestiert, was sie in den Augen der Muslime allerdings zu besonders gefährlichen Feinden werden ließ. Diese Textstellen sollten nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass die Muslime des Vorderen Orients nur in wenigen Ausnahmefällen ein eigentliches Interesse daran entwickelten, sich ernsthaft mit dem Glauben und der Kultur des lateinischen Christentums zu beschäftigen. Nur mit den orientalischen Christen ihrer Herrschaftsgebiete führten sie wiederholt, auch öffentlich, theologische Disputationen. Mit den Lateinern suchte lediglich Saladin – und dies im Verborgenen – diese Form der inhaltlichen Auseinandersetzung. Trotz mancher Ähnlichkeiten waren die Christen in den Augen der Muslime stets Fehlgeleitete und moralisch Verwerfliche, mit denen eine intellektuelle Auseinandersetzung über die Schwächen und Irrtümer ihrer Religion nicht lohnte. Kenntnisse über gewisse Inhalte und Organisationsformen der Kreuzfahrer dienten in aller Regel dazu, politischmilitärisch die Oberhand über die Gegner zu gewinnen oder gewisse Merkmale zu imitieren, die sich als wirksam erwiesen hatten. In ihrem Umgang mit dem fremden Glauben ähnelten sich die Christen und die Muslime Outremers in auffälligem Maße.
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III. Die Kreuzfahrerherrschaften 1099
Einrichtung des lateinischen Kathedralkapitels von Jerusalem. Enteignung der Griechen 1098–1109 Etablierung der vier Kreuzfahrerherrschaften Outremers 1114 Regulierung des Jerusalemer Kathedralkapitels Spätestens 1120 Errichtung der Siedlung Magna Mahumeria. Konzil von Nablus 1124 Pactum Warmundi: Privilegierung Venedigs 1124 Einnahme von Tyrus ca. 1130–86 Wilhelm von Tyrus 1153 Eroberung Askalons 1154 Einnahme von Damaskus durch Nūr ad-Dīn 1158–76 Byzantinische Schutzherrschaft über die „Kreuzfahrerstaaten“ 1160er Jahre König Amalrich I. von Jerusalem erlässt die ›Assises de la ligece‹ 1160 oder 1165 Reise des Johannes von Würzburg nach Palästina ca. 1168–70 Reise des Benjamin von Tudela nach Palästina 1181 Union der maronitischen mit der lateinischen Kirche ˘ ubair nach Palästina 1184 Reise des Ibn G 1191 Eroberung von Zypern, seit 1197 lateinisches Königreich 1198 Errichtung des Königreichs Armenien 1204 Eroberung Konstantinopels durch lateinische Kreuzfahrer, Errichtung eines lateinischen Kaiserreichs 1216–28 Episkopat des Jakob von Vitry in Akkon 1219 Unterredung zwischen dem hl. Franziskus und Sultan alKāmil 1229–43 Aufstand gegen die Stauferherrschaft im Königreich Jerusalem ca. 1240–44 Abfassung der ›Livre des Assises de la Cour des bourgeois‹ 1247 Zweite Ordensregel des Karmeliterordens 1256–59 Krieg von Sankt Sabas 1291 Aufhebung aller lateinischen kirchlichen Einrichtungen im Hl. Land um 1335 Errichtung der custodia Terrae Sanctae
1. Weltliche Herrschaft a) Grenzsicherung und Grenzverschiebung Der dritte Teil dieses Buches befasst sich nicht mit den Kreuzzügen in den Orient, sondern mit den aus ihnen hervorgegangenen Herrschaften. Diese werden oft als „Kreuzfahrerstaaten“ bezeichnet, doch suggeriert der Begriff
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Weltliche Herrschaft
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ein höheres Maß an administrativer Durchdringung, politischer Autonomie und rechtlichem Selbstverständnis, als diese Gebilde wirklich besaßen. Er wird daher im Folgenden nur mit Anführungszeichen benutzt und in der Regel durch den der „Kreuzfahrerherrschaften“ ersetzt. Diese werden in den folgenden drei Abschnitten im Wesentlichen nach verfassungs- und wirtschaftshistorischen (Kap. III., 1), kirchenhistorischen (Kap. III., 2) und sozialhistorischen (Kap. III., 3) Gesichtspunkten vorgestellt. Im ersten Unterkapitel soll zuerst in groben Linien die politische Entwicklung der Kreuzfahrerherrschaften nachgezeichnet werden. Danach sind die Herrscherhäuser der unterschiedlichen Kreuzfahrerterritorien und ihre Einbindung in die monarchische Welt Europas zu umreißen. Der Herrschaftsaufbau und die Rolle der Aristokratie sind das Thema des dritten Unterkapitels. Ein Überblick über die wirtschaftliche Bedeutung der Kreuzfahrerherrschaften, die Rechte der italienischen Händler in ihnen und das politische Gewicht der levantinischen Städte schließen dieses Kapitel zur weltlichen Herrschaft ab. Die ersten Kreuzfahrer errichteten zwischen 1098 und 1109 die vier Herrschaften Outremers: die Grafschaft Edessa, das Fürstentum Antiochia, das Königreich Jerusalem und die Grafschaft Tripolis (s. Karte 1). Auch danach standen sie beträchtlichen Schwierigkeiten gegenüber. Vor allem drei Aufgaben galt es zu meistern: Erstens mussten die christlichen Territorien im Binnenland gesichert, zweitens die Küstenstädte mit ihren Häfen erobert und drittens natürliche, gut zu verteidigende Grenzen gefestigt werden. Die erste Aufgabe konnte ohne größere Schwierigkeiten gelöst werden, denn es war kein organisierter Widerstand mehr vorhanden. Doch die Eroberung der Küstenstädte stellte ein schwierigeres Problem dar. Sie konnte nur mit Unterstützung von der See gelingen, sodass die Lateiner auf Hilfe von außen angewiesen waren. Diese kam in Form mehrerer Flotten italienischer Handelsstädte, doch sie kam nicht umsonst. Die Seeleute aus Genua, Venedig und Pisa wussten um die Interessen ihrer Heimatstädte und handelten zuerst wirtschaftliche und politische Vorteile heraus, bevor sie die Kreuzfahrer unterstützten. Im Gegenzug trugen ihre Flotten entscheidend dazu bei, in den ersten drei Jahrzehnten der Kreuzfahrerherrschaft alle Küstenstädte bis auf Askalon, das erst 1153 fiel, zu erobern. Die dritte Aufgabe – die Grenzsicherung – wurde im Wesentlichen während der Herrschaftszeit König Balduins I. (1100–1118) gemeistert. Ihm gelang es, die christliche Herrschaft ins Transjordangebiet auszudehnen und die Höhen des Golan zu erobern. Damit beherrschten die Christen die Landverbindung zwischen den beiden bedeutendsten muslimischen Zentren des Raums, dem Seldschukenemirat von Damaskus und dem Fatimidenkalifat von Ägypten. In wenigen Jahren hatte das Königreich Jerusalem unter dem Nachfolger Gottfrieds von Bouillon beinahe seine maximale Ausdehnung erreicht. Diese Gewinne wurden in den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts nicht zuletzt mithilfe einer Reihe weiterer Kreuzzüge gehalten und gefestigt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür war, dass ein Bündnis mit dem Emirat von Damaskus gegen die sich ausdehnende Macht des Zengi, des Herrn von Mossul, geschlossen werden konnte. Es hielt noch, als Zengi im Jahre 1144 Edessa eroberte, zerbrach jedoch drei Jahre später. Als Reaktion
Die Stabilisierung der Kreuzfahrerherrschaften
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Die Kreuzfahrerherrschaften auf den Fall Edessas wurde ein Kreuzzug unternommen, der im Jahre 1148 nicht gegen Zengi, sondern gegen die bis kurz zuvor verbündeten Damaszener vorrückte. Die Entscheidung hierzu ging vermutlich auf den Rat der ansässigen lateinischen Christen zurück und war ein großer Fehler: Das Bündnis zwischen Christen und Damaszenern wurde beschädigt, Damaskus aber nicht eingenommen. Dies gelang stattdessen im Jahre 1154 dem Sohn des Zengi, Nūr ad-Dīn (1146–1174). Die strategisch wichtige Stadt war damit in die Hand eines auf Expansion und den Kampf gegen die Christen gerichteten Gegners gefallen, der sich obendrein anschickte, die Herrschaft über das Fatimidenkalifat von Ägypten zu erlangen. Die Lateiner drohten von zwei Seiten eingeschlossen zu werden. Zwar konnten sie im August 1153 im Gegenzug zur Eroberung von Damaskus die wichtige Hafenstadt Askalon erobern und danach sogar Angriffe auf Ägypten unternehmen, doch letztlich sollte die Eroberung Kairos nicht ihnen, sondern 1171 einem kurdischen General im Dienste des Nūr ad-Dīn namens Šīrkūh gelingen. Die Epoche der Konsolidierung war damit endgültig vorüber. Zu dieser Phase der Stabilisierung und der nun ausbrechenden Zeit äußerer Bedrohungen und innerer Zerwürfnisse liegt einer herausragende Quelle vor: die Chronik des Wilhelm von Tyrus. Ihr Wert wird dadurch gesteigert, dass aus Outremer insgesamt lediglich je drei Chroniken aus dem 12. und 13. Jahrhundert, kaum diplomatische Korrespondenz und nur eine begrenzte Anzahl nicht sehr aussagekräftiger Urkunden vorliegen. Bis auf diese Splitter sind die Quellen der Kreuzfahrerherrschaften verloren gegangen.
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Wilhelm von Tyrus (um 1130–1186) wurde im Königreich Jerusalem geboren und ist einer der wenigen einheimischen Gelehrten, deren Werke überliefert sind. Nach seiner Ausbildung in Europa kehrte er 1166 in die „Kreuzfahrerstaaten“ zurück, wo er zum Erzdiakon der Kirche von Tyrus, 1170 zum Lehrer des zukünftigen Königs Balduin IV. (1174–1185) von Jerusalem und nach dessen Herrschaftsantritt zum Kanzler des Königreichs aufstieg. Ein Jahr später zum Erzbischof von Tyrus erhoben, bekleidete er das Amt bis zu seinem Tode im Jahre 1190. Wilhelm von Tyrus verfasste neben kleineren Werken eine verschollene ›Geschichte der östlichen Fürsten‹ (›Historia Principum Orientalium‹) und vor allem zwischen den Jahren 1170 und 1184 eine Chronik des Königreichs Jerusalem in 23 Büchern. Sie gilt zu Recht als ein herausragendes Werk hochmittelalterlicher Geschichtsschreibung und als grundlegende Quelle für die Geschichte der „Kreuzfahrerstaaten“.
Innere Krisen und die Schlacht von Hattin
Wilhelm erzählt auch vom Aufstieg Saladins, eines Neffen des Šīrkūh, dem es gelingen sollte, die Herrschaft über Ägypten und Damaskus (1174) sowie über Aleppo (1183) und Mossul (1186) zu erlangen. Danach ging er gegen das Königreich Jerusalem vor. Hier waren kurz hintereinander die Könige Balduin IV. und Balduin V. verstorben (1185/86). Adlige Fraktionen stritten sich um die Herrschaft, die schließlich der aufgestiegene französische Adlige Guido von Lusignan (1186–1192, † 1194) für sich gewinnen konnte. Während einflussreiche alteingesessene Barone zur Vorsicht mahnten, überzeugten neu ins Land gekommene Draufgänger wie Rainald von Châtillon († 1187) den König davon, mit dem gesamten Heer des Königreichs die offene Feldschlacht zu wagen. Die Armee wurde am 3./4. Juli 1187 in einer der bekanntesten Schlachten des Mittelalters bei den „Hörnern von Hattin“ vernichtet, das Königreich war fast schutzlos den Truppen
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Weltliche Herrschaft Saladins ausgeliefert. Bis 1190 konnte der siegreiche Sultan das gesamte Königreich bis auf Tyrus erobern. Die Grafschaft Tripolis büßte mehr noch als das Fürstentum Antiochia umfangreiche Gebiete ein, blieb aber im Kern bestehen. Die Schlacht von Hattin läutete auch eine Reihe tief greifender Veränderungen im östlichen Mittelmeerraum ein: Die Eroberung Zyperns 1191 schuf ein neues lateinisches Reich vor der levantinischen Küste. In Kilikien entstand in unmittelbarer Nachbarschaft zum Fürstentum Antiochia das Königreich Armenien (1198); und mit der Eroberung und Plünderung Konstantinopels im Jahre 1204 wurde die byzantinische Herrschaft durch das lateinische Kaiserreich ersetzt. In Palästina und Syrien schließlich wurde 1191–1197 die Rückeroberung der verlorenen Küstengebiete betrieben. Der Kreuzzug Richards I. Löwenherz (1189–1199) in den Jahren 1191/92 brachte nicht nur die Eroberung Akkons, sondern auch die Sicherung anderer wichtiger Städte wie Arsuf und Jaffa. Der Zug deutscher Kreuzfahrer im Jahre 1197 führte zur Rückgewinnung Beiruts und von Teilen Sidons. Damit war zehn Jahre nach der Katastrophe von Hattin ein rund 300 Kilometer langer, schmaler Landstreifen erobert worden. In den folgenden 45 Jahren konnte dieses Gebiet beträchtlich nach Süden und Osten ausgedehnt werden. Dies wurde weniger durch direkte militärische Unternehmungen erreicht als vielmehr durch eine Reihe von Verträgen. Die Christen nutzten nämlich die Ankunft neuer Kreuzfahrerkontingente und Streitigkeiten auf muslimischer Seite dazu, vertragliche Zugeständnisse zu erreichen. Sowohl der Kreuzzug Friedrichs II. 1228/29 wie derjenige des Grafen Theobald von der Champagne und des Herzogs Richard von Cornwall in den Jahren 1239–1241 brachten auf diese Weise Gebietsgewinne, sodass im Jahre 1241 das Königreich Jerusalem bereits viele der 1187 verlorenen Gebiete zurückerlangt hatte. Doch die Konflikte innerhalb der islamischen Welt wirkten sich schließlich negativ auf die „Kreuzfahrerstaaten“ aus: Der Stamm der Chwarizmier wurde von einer der Parteien zu Hilfe gerufen, fiel in Palästina ein und plünderte 1244 Jerusalem. Am 17. Oktober 1244 schlugen sie das Heer der Lateiner vernichtend bei La Forbie. Schwerer noch wogen die Folgen der Herrschaftsübernahme in Kairo durch die Mamluken im Jahre 1250: Nachdem sie innere Querelen überwunden und sich 1260 gegen die Mongolen durchgesetzt hatten, begann die allmähliche Rückeroberung: In verschiedenen, durch Waffenstillstandsverträge unterbrochenen Schüben wurden christliche Territorien sukzessive zurückerobert, bis Akkon am 18. Mai 1291 fiel.
III.
Rückeroberung und Verlust der Kreuzfahrerherrschaften
b) Die Dynastien Outremers Die vier Kreuzfahrerfürsten, denen die Errichtung eigener Herrschaften in Outremer gelang, gründeten eigene Herrscherdynastien. In Jerusalem regierten die Nachkommen Balduins, eines Bruders Gottfrieds von Bouillon aus dem Haus Boulogne, in Tripolis diejenigen Raimunds von Toulouse aus dem Hause Saint-Gilles, in Antiochia diejenigen Bohemunds aus dem Hause Hauteville und in Edessa diejenigen Joscelins I. (1119–1131) aus
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Die Kreuzfahrerherrschaften
Byzantinische Interessen
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dem Hause Courtenay. Doch führten die häufigen militärischen Auseinandersetzungen und Krankheiten dazu, dass wiederholt Herrscherfamilien im Mannesstamm ausstarben. Zum einen erhöhte dies die Bedeutung der weiblichen Familienmitglieder. Jerusalemer Königinnen wie Melisendis (1131–1150), Sybille (1186–1190) und Isabella I. (1190–1205) oder Fürstinnen wie Konstanze von Antiochia (1131–1163) betrieben eine eigenständige Politik. Es gibt im Mittelalter kaum ein anderes Gebiet, in dem Frauen eine politisch vergleichbar einflussreiche Rolle spielten. Zum anderen aber führte das Fehlen männlicher Thronfolger dazu, dass fremde Dynastien in die herrschenden Familien einheirateten, sodass man nur bedingt von einer Kontinuität der Herrscherhäuser sprechen kann. So gelangte z. B. in Antiochia das Haus Poitiers durch die Ehe des Grafensohns Raimund (1136–1149) mit der Erbtochter Konstanze im Jahre 1136 an die Macht, und das Geschlecht der Anjou brachte sich 1131 auf die gleiche Weise auf den Jerusalemer Thron. Die Reihe von Auswärtigen, die in Kreuzfahrerdynastien einheirateten, ließe sich verlängern. In aller Regel kamen diese Landfremden aus französischsprachigen Teilen Europas. Ein weiteres „Rekrutierungsgebiet“ für dynastische Verbindungen stellten die „Kreuzfahrerstaaten“ selbst dar, denn auch zwischen den herrschenden Familien Outremers wurden häufig verwandtschaftliche Bindungen hergestellt. Schließlich lässt sich als drittes „Bezugsfeld“ der armenisch-byzantinische Raum festmachen: Verschiedentlich heirateten Mitglieder des Grafengeschlechts von Edessa Armenier(innen), während die Antiochener und Jerusalemer Herrscherhäuser sich mit den Byzantinern verbanden. Diese Heiraten belegen, dass sich die Dynastien Outremers auf den höchsten Ebenen des europäischen Adels bewegten. Welche Interessen hatten aber die großen europäischen Dynastien, sich an die Kreuzfahrerherrschaften und ihre Machthaber zu binden? Die byzantinischen Kaiser versuchten auf diese Weise, Einfluss auf einen Bereich wiederzuerlangen, den sie als einen usurpierten Bestandteil ihres Reiches ansahen. Schon Alexios Komnenos und sein Sohn Johannes II. (1118– 1143) hatten – allerdings letztlich erfolglos – ihre Ansprüche vertreten; doch unter Kaiser Manuel I. Komnenos (1143–1180) wurde die Präsenz der Byzantiner in der Levante stärker: Durch einen Feldzug nach Nordsyrien im Jahre 1158 konnte der Kaiser die Rolle eines Schutzherrn der „Kreuzfahrerstaaten“ erlangen, dynastische Verbindungen wurden geschlossen, und 1171 führten Lateiner und Byzantiner zusammen einen – allerdings missglückten – Angriff auf Ägypten. Doch nach der schweren Niederlage der Byzantiner gegen die Seldschuken bei Myriokephalon am 17. September 1176 und den blutigen Ausschreitungen gegen die Pisaner und Genuesen in Konstantinopel (1182) kühlten die Beziehungen ab. Keinem der lateinischen Königreiche Europas gelang es, eine vergleichbar enge Bindung mit den „Kreuzfahrerstaaten“ aufzubauen. Beobachtet man, welche europäischen Machthaber sich durch Kreuzzüge oder dynastische Beziehungen an die Kreuzfahrerherrschaften banden, dann werden vier Konstanten bzw. Schwerpunkte erkennbar. Erstens scheint die Herrschaft über Sizilien ein politisches Interesse an der Levante bedingt zu haben. Alle Herrscher der Insel – von den Normannen über die Staufer bis zu den Anjou – versuchten, den östlichen Mittelmeerraum zu beherrschen
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und nach Outremer auszugreifen. Zweitens rief offenbar auch der Kaisergedanke ein gesteigertes Interesse am Geschick des Heiligen Landes hervor. Karl der Große, in dessen Nachfolge sich die Kaiser sahen, galt als der erste lateinische Beschützer Jerusalems, und eschatologische Vorstellungen verstärkten den Gedanken, dass das Haupt der Christenheit die Heiligen Stätten zu beherrschen habe. Drei Kaiser und ein römisch-deutscher König nahmen das Kreuz – Konrad III., Friedrich I., Heinrich VI. und Friedrich II. Drittens schufen neue Eheverbindungen anhaltende dynastische Interessen. Die Verbindung des Jerusalemer Königshauses mit dem Geschlecht der Anjou im Jahre 1131 bedingte anhaltende Kontakte, die sich im Falle König Heinrichs II. von England (1154–1189) auf der politischen Ebene, im Falle seines Sohnes Richard Löwenherz (1189–1199) in militärischer Unterstützung niederschlug. Viertens bot sich schließlich Outremer als Sprungbrett für aufsteigende Adlige an, um für sich eine Krone zu erlangen. Am Falle mancher angeheirateter Könige aus bedeutenden Geschlechtern lässt sich dies beobachten – etwa bei Konrad von Montferrat († 1192), Guido von Lusignan († 1194), Heinrich von der Champagne († 1197) und Johann von Brienne († 1237). Die Veränderungen des östlichen Mittelmeerraums an der Wende zum 13. Jahrhundert – die Niederlage von Hattin, die Eroberung Zyperns und Konstantinopels sowie die Errichtung des Königreichs Armenien – konnten nicht ohne Folgen für das dynastische Gefüge Outremers bleiben. Bislang hatte der König von Jerusalem eine gewisse Vormachtstellung unter den lateinischen Herrschern der Levante innegehabt, was sich etwa darin niederschlug, dass er verschiedentlich bei inneren Streitigkeiten in Tripolis oder Antiochia eingriff. Dies änderte sich nun: Fortan verliefen die Geschicke der drei Herrschaften weitaus unabhängiger voneinander. In der Grafschaft Tripolis starb das Geschlecht von Saint-Gilles 1187 aus und wurde von einem Antiochener Prinzen (Bohemund IV., † 1231) beerbt, dessen Nachfolger bis zur Eroberung Tripolis’ im Jahre 1289 die Herrschaft behielten. In Antiochia wiederum entspann sich ein langwieriger Thronstreit zwischen den Mitgliedern des Antiochener Herrscherhauses und den Königen von Armenien, den schließlich die Ersteren für sich entschieden. Dennoch blieb Antiochia dynastisch nach Norden ausgerichtet und nahm dadurch in gewisser Hinsicht eine Sonderentwicklung. Im Königreich Jerusalem wiederum wurde die Herrschaft nach 1187 zweimal in Folge über die Erbtöchter weitergegeben, da die Königinnen keine Söhne gebaren: Aus der Ehe Königin Isabellas I. (1190–1205) mit Konrad von Montferrat ging eine Tochter (Maria, † 1212) hervor, die im Jahre 1210 den französischen Grafensohn Johann von Brienne († 1237) heiratete. Ihre Tochter Isabella II. wiederum ehelichte 1225 Kaiser Friedrich II., verstarb aber 1228 im Kindbett. Der Kaiser übte für den aus dieser Verbindung hervorgegangenen Sohn Konrad (1228–1254) die Vormundschaftsregierung aus und übernahm bald den Titel eines Königs von Jerusalem, den die Staufer bis zu ihrem Ende 1268 behalten sollten. Während die Ehemänner der Königinnen Isabella I. und Maria persönlich und weitgehend effektiv herrschten, setzte mit den Staufern der Niedergang des Jerusalemer Königtums ein: Die Monarchen residierten nicht mehr im Lande, und ihre Stellvertre-
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Die Zeit der seigneurs und baillis Die Herren (seigneurs) oder Regenten (baillis) übten anstatt königlicher Amtsträger die Herrschaft aus. Es handelte sich bei ihnen häufig um Mitglieder des Geschlechts der Lusignan. Deren Machtzentrum lag auf Zypern und manche von ihnen herrschten sogar als Könige auf der Insel. Daher waren sie selten auf dem Festland präsent. Sie ließen sich dort ihrerseits von Amtsträgern vertreten, was die Position des Monarchen weiter schwächte. Der Tiefpunkt wurde nach dem Tode des letzten Staufers (1268) erreicht, als eine Thronanwärterin im Jahre 1277 ihre Rechte an den sizilischen König Karl I. von Anjou (1266–1285) verkaufte. Doch auch er konnte seine Herrschaft nicht wirklich antreten, sie fiel für die wenigen Jahre bis zum Untergang des Königreichs wieder an das Geschlecht der Lusignan zurück.
Allein diese knappe Übersicht dürfte einige Grundtendenzen erkennen lassen: Während Tripolis und Antiochia sich dynastisch zunehmend nach Norden orientierten und dabei ihre Machtbefugnisse weitgehend intakt halten konnten, verkam das Jerusalemer Königtum zu einem Spielball auswärtiger Interessen. Weder die Staufer noch die Anjou konnten oder wollten ihre nominelle Herrschaft persönlich in Besitz nehmen. Die zypriotischen Lusignan wiederum unternahmen zwar ernsthafte Anstrengungen, ihrer Macht auf dem Festland Autorität zu verleihen. Sie scheiterten aber an den faktischen Machthabern des Königreiches: den Baronen. Diese waren die eigentlichen Nutznießer der verschiedenen Krisen des Königreichs Jerusalem im 13. Jahrhundert.
c) Die Barone und das Lehnswesen Das Lehnswesen in den Kreuzfahrerherrschaften
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Outremer wurde im Wesentlichen von lateinischen Rittern erobert. Diese brachten ihr Herrschaftssystem in den Orient mit: das Lehnswesen. Dessen Grundlage war das persönliche Rechtsverhältnis zwischen dem so genannten Lehnsherrn und seinem Vasallen. Es kam dadurch zustande, dass der Herr ein Gut vergab und im Gegenzug Leistungen erhielt. Diese umfassten u. a. militärische Hilfe, Rat und Treue. Der Vasall konnte wiederum seinerseits so genannte Aftervasallen einsetzen und dadurch diesen gegenüber zum Lehnsherrn werden. Der größte Teil des Königreichs Jerusalem war auf diese Weise vom König an so genannte Kronvasallen vergeben, nur in der Krondomäne übte dieser direkt die Herrschaft aus. Von dort bezog er auch seine Einnahmen, welche diejenigen der Kronvasallen übertrafen und dem Monarchen auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine Vorrangstellung verliehen. In der Regierung seines Reiches standen dem Monarchen die Träger der so genannten Hofämter zur Seite: Dazu gehörten u. a. der Seneschall, der den Monarchen bei Bedarf vertrat, und der Konstabler, der für militärische Belange zuständig war. Durch die Lehnsverpflichtung zum Militärdienst (Heerfolge) kam der Kern des Ritterheeres zusammen. All dies ent-
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Die Haute Cour
seine Einnahmen, dort hatte er den Zugriff auf seine Amtsträger, und nur dort sprach er uneingeschränkt Recht. In der Krondomäne baute er eine eigene Verwaltung auf, die sich wesentlich auf seine vier Vizegrafen und seine Einnahmen aus den großen Hafenstädten Akkon und Tyrus stützte. Man kann pointiert formulieren, dass der König nur in seiner Krondomäne wirklich herrschte. Dies machte sich besonders in Rechtsangelegenheiten bemerkbar. Das oberste Gericht des Königreichs war die so genannte Haute Cour, in der auch die Magnaten vertreten waren. Im Verlauf des 12. Jahrhunderts entwickelte sich die Haute Cour zunehmend zum Feudalgericht für die Beziehungen zwischen König und Magnaten sowie zum Ort der wichtigsten politischen Entscheidungsprozesse. Der Herrscher sah zusehends seine Handlungsfreiheit beschnitten, weil er für seine Entscheidungen die Zustimmung der Barone einholen musste. Als Reaktion auf diese Entwicklung ist die Verfügung der ›Assises de la ligece‹ durch König Amalrich (1163– 1174) kurz nach 1163 anzusehen. Durch sie wurde die Haute Cour für den niederen Adel geöffnet. Außerdem wurde diesen Aftervasallen erlaubt, sich bei einem Streit mit ihrem Lehnsherrn an den Monarchen zu wenden, wenn alle gerichtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft waren. Damit wollte König Amalrich den Niederadel wieder direkt an sich binden, was dadurch schlagend zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Niederadligen nunmehr unmittelbar ihm die Treue schworen. Faktisch sollte die Entscheidung jedoch nicht die vom König erwünschten Folgen zeitigen: Die Niederadligen verlangsamten die Entscheidungsfindung, und langfristig konnten sie es sich nicht leisten, ihre Lehen zu verlassen, um regelmäßig an der Haute Cour teilzunehmen. Außerdem nutzten die Barone ihrerseits Elemente der ›Assises de la ligece‹, um erfolgreich ihre Rechte gegen den König zu behaupten. Darüber hinaus entstanden Sammlungen des Gewohnheitsrechts, die auch als Assisen bezeichnet wurden und die königlichen Rechte zugunsten derjenigen der Barone erheblich beschränkten. Die Assisen Ende des 12. Jahrhunderts wurden in französischer Sprache verfasste Sammlungen des Gewohnheitsrechts angelegt, die ebenfalls Assisen/assises genannt wurden. Eine Gruppe der Assisen, die coutumes der Haute Cour, erfasste die feudale Rechtsprechung der Krone. Manche dieser Sammlungen wurden sogar von Mitgliedern der baronialen Führungsschicht, die sich zu hervorragenden Feudaljuristen entwickelten, persönlich zusammengestellt. Die Assisen des Johann von Ibelin, Herrn von Jaffa († 1266), sind hierfür das beste Beispiel. Offenbar verfügten die großen Kreuzfahrerherrschaften jeweils über eigene Assisen, doch diejenigen Jerusalems erlangten Vorbildcharakter und wurden u. a. auf Zypern übernommen. Im Gegensatz zum römischen Recht, das die Position des Herrschers stärkt, wurde durch das Gewohnheitsrecht der Assisen offen das Bild des Monarchen als primus inter pares (Ersten unter Gleichberechtigten) propagiert und die Rechte des Herrschers minimiert. Mit dem Rückgriff auf diese Texte konnten die Barone ein Mitspracherecht in wichtigen Bereichen durchsetzen. Sogar bei der Besetzung hoher Funktionen wie der Ernennung der bailli entschieden sie mit.
Diese Demontage königlicher Macht wurde durch zwei Faktoren erleichtert: Erstens waren die Monarchen des 13. Jahrhunderts angeheiratete Landfremde, denen eine eigene Machtbasis in Outremer fehlte, und zwei-
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Weltliche Herrschaft tens waren sie seit dem ersten Drittel des 13. Jahrhunderts kaum noch in Palästina präsent. In dieses Machtvakuum stießen verschiedene Mächte vor, was zu einer Partikularisierung der Herrschaft im Königreich Jerusalem führte. Fünf Gruppen übernahmen weitgehende Machtbefugnisse. Drei von ihnen – die Barone, die italienischen Kommunen und die Städte – werden in diesem Kapitel, die anderen beiden – die Patriarchen und die Ritterorden – im folgenden vorgestellt. Diese fünf „faktischen Mächte“ standen sich mitunter feindlich gegenüber; sie betrieben manchmal unterschiedliche Politik und schlossen selbstständig und unabhängig voneinander Friedensabkommen mit den Muslimen. Am deutlichsten wurde die Machtzersplitterung an zwei Konflikten: Von 1229 bis 1243 kämpften einige Barone im Verbund mit manchen Städten (etwa Akkon) gegen die Herrschaftsansprüche der Staufer, und seit 1256 wurde das gesamte Königreich im so genannten Krieg von Sankt Sabas entzweit (s. unten). Im Fürstentum Antiochia und in der Grafschaft Tripolis hingegen gelang es den Herrschern, die Macht weitgehend in ihrer Hand zu behalten.
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d) Handel und Städte Der christliche Levantehandel setzte schon vor den Kreuzzügen ein: Im 11. Jahrhundert reisten Händler aus Neapel, Amalfi, Venedig und anderen Städten in den Osten. Hierüber informieren uns u. a. die so genannten Geniza-Dokumente – Urkunden des 10. bis 14. Jahrhunderts, die in einer Kairoer Synagoge gefunden wurden. Die Kreuzzüge hinderten weder Muslime noch Christen daran, weiterhin miteinander Handel zu treiben, schlimmstenfalls führten sie zu einer kurzzeitigen Unterbrechung der Wirt˘ ubair bemerkte, dass schaftskontakte. Der muslimische Reisende Ibn G selbst in Zeiten offener Kriege der christlich-muslimische Handel fortgesetzt wurde. Erst seit dem Ende des 12. Jahrhunderts verhängten die Päpste Embargos über kriegswichtiges Material, die jedoch vielfach unterlaufen wurden. In Outremer wurde sowohl Binnenhandel zwischen den Kreuzfahrerherrschaften als auch Fernhandel mit anderen Regionen betrieben. Hierbei ist zwischen drei Handelsformen zu unterscheiden: erstens dem Hochseehandel über weite Entfernungen, zweitens dem Küstenhandel mit näher gelegenen Hafenstädten und drittens dem Landhandel. Die bedeutendsten Handelszentren der Kreuzfahrerherrschaften waren Tyrus und Akkon. Kleinere Häfen wie Laodicäa, Tripolis oder Beirut konzentrierten sich auf den Binnen- und Landhandel bzw. auf die Küstenschifffahrt. Sie spielten für die Hochseeschifffahrt im 13. Jahrhundert lediglich als Transitstationen für den Handel zwischen Kleinarmenien, Zypern und Ägypten eine gewisse Rolle. Die bedeutenden Handelsstädte Akkon und Tyrus hingegen verfügten über große Häfen, die von den italienischen Handelsflotten angelaufen wurden. Beide Städte standen in dauerhafter Konkurrenz miteinander, doch besaß Akkon stets eine Vormachtstellung, nicht zuletzt wegen ihrer verhältnismäßig guten Verkehrsverbindung zum syrischen Hinterland mit dem großen Handelszentrum Damaskus. Als zweite muslimische Wirtschafts- und Han-
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Die Kreuzfahrerherrschaften
Waren
Handelspraktiken
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delsmetropole des Vorderen Orients ist Alexandria herauszuheben – das wirtschaftliche Einfallstor zum Roten Meer und dem indischen Raum –, wo sich ebenfalls viele christliche Händler niederließen. Womit handelten die Kaufleute? Eine Zollliste aus Akkon gibt Aufschluss über die Waren, die um 1245 in der Stadt umgeschlagen wurden. Aus dem Westen bezog man vor allem Rohstoffe – Felle, Holz, Trockenfrüchte, Getreide u. a. m. Auch einige Gewerbeerzeugnisse standen im Orient in hohem Ansehen: Waffen, luxuriöse Stoffe und Tuche. Von militärischer Bedeutung waren vor allem Pferde, Waffen sowie das für den Schiffbau notwendige Holz. Daher wurden diese Waren im 12. Jahrhundert auf päpstlichen Befehl einem Boykott unterworfen, der zwischenzeitlich ausgeweitet wurde. Aus dem Orient bezogen die Kaufleute Gewürze, Farb- und Duftstoffe, Elfenbein, Sklaven, Baumwolle, Alaun (wichtig für die Färbung von Stoffen) und andere Güter. Die Waren wurden in den funduqs (arab.) oder fondaci (ital.) gelagert. Darunter versteht man Lagerhäuser, in denen die Händler bei ihrem Aufenthalt in der jeweiligen Stadt auch wohnen mussten. Von dort wurden die Waren entweder auf dem lokalen Markt verkauft oder weiterverladen. Eine besondere, ebenfalls wirtschaftlich bedeutende Fracht stellten die Pilger dar. Venedig, aber auch Marseille und andere Städte spezialisierten sich darauf, Pilger gegen Barzahlung ins Heilige Land zu befördern. Transportverträge regelten minuziös, wie viel Platz jeder Pilger einnehmen durfte, wo und wie viele Zwischenstopps einzulegen waren und welche Verpflichtungen Passagiere wie Besatzung hatten. Zwar stellten die Armen unter den Pilgern eine nicht unerhebliche Belastung für die Kreuzfahrerherrschaften dar, denn sie wollten verpflegt und untergebracht werden; aber zugleich brachten sie Einnahmen, denn die Herrscher erhoben in der Regel eine Pilgersteuer von einem Drittel des Fahrpreises, die wohlhabenderen Besucher brachten dem Land überdies wichtige Mehreinnahmen, und viele Pilger machten den geistlichen Institutionen Schenkungen zum Wohle ihres Seelenheils. Die Kreuzfahrerherrschaften dienten nicht bloß als Umschlagplatz für fremde Waren, sie selbst stellten einen eigenen Absatzmarkt dar, der auf Importe von Waren aus christlich wie muslimisch beherrschten Gebieten angewiesen war. Sie produzierten aber auch selbst Rohstoffe und Fertigwaren für den überseeischen Markt: Rohrzucker, Seifen, Rohseide und Baumwolle sowie Seidenstoffe, Tuche und Goldbrokate. Aus alledem wird ersichtlich, wie stark die Kreuzfahrerherrschaften wirtschaftlich vom Fernhandel abhingen. Dieser hatte einen regelmäßigen, zyklischen Charakter, was wesentlich mit den nautischen Verhältnissen zusammenhing. Die einfachen Hochseeschiffe des Hoch- und Spätmittelalters konnten aufgrund der Windverhältnisse bloß im Frühjahr und Sommer problemlos ins östliche Mittelmeer gelangen. Alljährlich brachen daher zu dieser Zeit die Handelsflotten in Richtung Levante auf, im Spätsommer bzw. Frühherbst kehrten sie wieder heim. Die sicherste Route war diejenige über das südliche Griechenland, Kreta, Rhodos, die südliche Türkei, Zypern und Syrien. Die regelmäßige Ankunft der Hochseeschiffe war für Kreuzfahrerherrschaften überlebenswichtig. Blieben sie aus, bedeutete dies eine Katastro-
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phe. Nicht nur in diesen Situationen war ein gut funktionierendes Finanzund Kreditsystem gefragt. In den Handelsstädten des 13. Jahrhunderts wohnten Bankiers der großen italienischen Finanzhäuser, die sich im bargeldlosen Geldverkehr bestens auskannten, Wechsel ausstellen konnten und damit den Fernhandel erleichterten. Auch eine geistliche Einrichtung der Kreuzfahrerherrschaften erlangte in diesem Bereich eine Sonderstellung: die Ritterorden. Aufgrund ihres weit verzweigten Niederlassungsnetzes waren sie für den bargeldlosen Verkehr prädestiniert: In Palästina aufgenommenes Geld konnte in einem anderen Haus des Ordens in der Heimat zurückerstattet werden und umgekehrt. Der Handel im östlichen Mittelmeerraum lag zwar weitgehend in der Hand italienischer Kaufleute, aber es gab auch andere Handeltreibende: Nomaden verkauften Reit- und Nutztiere, einheimische Bauern und Kleinhändler boten ihre jeweiligen Waren auf den Märkten an, und auch provenzalische und katalanische Fernhändler ließen sich in Übersee nieder. Selbst muslimische Fernkaufleute lassen sich belegen: Damaszener Kaufleute leiteten ganze Karawanen durch die Wüste an die levantinische Küste, und Händler aus Mossul hatten in Akkon eine eigene Bruderschaft. Weder der Seehandel zwischen Ägypten und den Kreuzfahrerherrschaften noch der grenzüberschreitende Landhandel ins muslimische Hinterland lag in der Hand nur einer Gruppe, aber die Italiener genossen eine deutliche Vorherrschaft. Viele italienische Kaufleute besaßen aufgrund ihrer Herkunft wirtschaftliche oder juristische Privilegien. Schon 1098 erlangten die Genuesen für ihre Unterstützung bei der Eroberung Antiochiens eine Kirche und eine Handelsniederlassung (fondaco), später handelten die Italiener oftmals ein Drittel der eroberten Stadt, eine Kirche und einen fondaco heraus, bevor sie ihre Flotte in den Dienst der Mitchristen stellten. Noch erfolgreicher waren die Venezianer im Jahre 1124. Für ihre Hilfe bei der Eroberung von Tyrus erlangten sie in einem berühmten Vertrag, dem pactum Warmundi, neben substanziellen Rechten in der Stadt auch Handelsfreiheit für ihre Landsleute im gesamten Königreich Jerusalem. Im Zuge der Wiedererrichtung der Kreuzfahrerherrschaften nach dem Verlust Jerusalems 1187 saßen die Handelsstädte wieder am längeren Hebel und konnten die Machthaber stark unter Druck setzen. Und wo keine Privilegien vorlagen, wusste man sich zu helfen: Zur Mitte des 13. Jahrhunderts fertigte eine Fälscherwerkstatt in Marseille eine Reihe von Urkunden an, um Vorrechte in Outremer zu erlangen. Es galt, den Anschluss nicht zu verpassen, denn die Konkurrenz war hart. Die Rivalitäten zwischen den italienischen Handelsstädten im Westen hatten Auswirkungen auf ihre Ableger im Osten. Schon zum Ende des 12. Jahrhunderts gab es Spannungen zwischen den einzelnen Gruppen, doch ihren Höhepunkt erreichten die Konflikte erst im 13. Jahrhundert mit dem so genannten Krieg von Sankt Sabas. Diese Rivalitäten und Kämpfe trugen ihren Teil zum Untergang der Kreuzfahrerherrschaften bei. Sie waren nur möglich, weil viele Kaufleute in rechtlicher Hinsicht Bürger ihrer jeweiligen Heimatstadt blieben. Sie schworen der Leitung ihrer italienischen Kommune die Treue und waren nicht den lokalen Gerichten unterstellt. Eigene, oftmals als Konsuln oder Vizegrafen bezeichnete Amtleute fungierten als Richter und wachten über die Beibehaltung der
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Die Kreuzfahrerherrschaften Privilegien. Auch räumlich setzten sich die Kaufleute ab, indem sie eigene Stadtviertel bezogen. Diese durch die Sonderrechte ihrer Einwohner definierten Rechtsräume hießen Handelsquartiere. Man ist geneigt, sie als extraterritorial im staatsrechtlichen Sinne zu bezeichnen, doch gelang es den Italienern nur selten, vollständig von ihren Pflichten befreit zu werden: Wiege- und Messgebühren, Einkaufs- und Verkaufssteuern blieben für die meisten bestehen, und die Fürsten nahmen häufig ihre Zusagen zurück.
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Bruderschaften und Kommunebildung
Der Krieg von Sankt Sabas Im Jahre 1256 brach ein Konflikt zwischen Genuesen und Venezianern aus. Das Streitobjekt waren einige Häuser, die dem Kloster des heiligen Sabas in Akkon gehört hatten und über die beide Parteien Ansprüche zu haben glaubten. Der Streit eskalierte 1257–1259 und zog auch andere Gruppen hinein, darunter die Pisaner, nicht-italienische Kommunen, lokale Barone und die Ritterorden. Eine venezianische Flotte besetzte den Hafen von Akkon und zerstörte die Genueser Schiffe, Quartiere wurden gebrandschatzt, Wehrtürme erobert. Barone gerieten über die Angelegenheit miteinander in Streit und trugen die Auseinandersetzung damit aufs Land. Zwar schien der Krieg nach der Niederlage einer genuesischen Flotte im Juli 1259 zu Ende zu sein, doch flammte er bis zum Fall Akkons 1291 immer wieder auf.
Aber die großen Städte Outremers entzogen sich im Verlauf des 13. Jahrhunderts immer mehr dem herrschaftlichen Zugriff. Soweit sie nicht ohnehin in eigenen Quartieren wohnten, organisierten sich die Einwohner in so genannten Bruderschaften. In ihnen versammelten sich oftmals die Angehörigen einer Nation in der Fremde. In erster Linie hatten sie einen religiösen Charakter, doch boten sie ihren Mitgliedern auch finanzielle oder juristische Unterstützung in der Not. Außerdem stellten sie eigene militärische Korporationen dar, die ihren Teil zur Verteidigung der Stadt beitrugen. Die Bruderschaften entwickelten sich zu selbstständig operierenden Einrichtungen, die eine eigene Politik betrieben und auch miteinander in Konflikt geraten konnten. Dies machte sich verschiedentlich bei den Auseinandersetzungen um die Herrschaft im Königreich Jerusalem bemerkbar, als z. B. die Kommunen von Akkon oder Tyrus eigene Positionen bezogen und sich auf die Seite der einen oder anderen Partei schlugen. Die Städte trugen also ihren Teil zur herrschaftlichen Zersplitterung bei und gesellten sich damit zu den anderen faktischen Mächten des Königreichs. Die Aufteilung der Macht im 13. Jahrhundert zwischen den nominellen Herrschern, den Baronen, den Ritterorden, der Kirche, den italienischen Quartieren und schließlich den städtischen Kommunen und Bruderschaften schwächte die „Kreuzfahrerstaaten“ in erheblichem Maße.
2. Christen, Muslime und Juden a) Einheimische: Muslime, Juden, orientalische Christen Ethnische und konfessionelle Vielfalt
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Die Kreuzfahrerherrschaften waren von einer außerordentlichen ethnischen und konfessionellen Vielfalt geprägt. In diesem Kapitel sollen ihre Bewohner nach dem Zeitpunkt ihrer Ankunft und der Dauer ihrer Präsenz
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Christen, Muslime und Juden
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in der Levante klassifiziert werden; daher wird zwischen Einheimischen, Neuankömmlingen und Besuchern unterteilt. Die einheimische Bevölkerung lässt sich ihrerseits in Christen, Muslime und Juden scheiden, und auch innerhalb dieser Gruppen kann man weiter differenzieren. Die lateinischen Christen stellten also nur eine von vielen Gemeinschaften dar und waren obendrein eine Minderheit im eigenen Land. Alle Schätzungen sind nicht mehr als Annäherungswerte, aber insgesamt dürften zur Blütezeit vor der Niederlage von Hattin ca. 100 000 bis 120 000 Lateiner in den Kreuzfahrerherrschaften gelebt haben, von denen rund die Hälfte Stadtbewohner waren. Die Zahl der Muslime lag deutlich höher. Die Lateiner verübten im ersten Jahrzehnt nach der Eroberung Jerusalems mehrfach Massaker an den Muslimen, doch erkannten sie spätestens seit der Eroberung von Sidon im Jahre 1110, dass sie gut daran taten, die einheimische Bevölkerung nach der Kapitulation zu schonen. Die lateinischen Eroberer setzten im Umgang mit anderen Konfessionen ältere islamische Traditionen fort. Sie übernahmen im Wesentlichen das so genannte dimmī-System, wonach Angehörige unterworfener, fremder ¯ Glaubensgemeinschaften als Schutzbefohlene (arab.: dimmī ) galten. Sie ¯ durften ihren Glauben praktizieren, waren der muslimischen Bevölkerung aber rechtlich nicht gleichgestellt. Das muslimische dimmī-System ¯ Die nicht-islamischen Glaubensgemeinschaften, denen der Status des „Schutzbefohlenen“ zukam, genossen Religionsfreiheit und weitgehende interne Autonomie vor allem auf dem Gebiet des Ehe- und des Erbschaftsrechts. Sie waren zu einer Kopfsteuer, der g˘izya, verpflichtet. Den religiösen Oberhäuptern wurde die Führung und Rechtsprechung der Gemeinden überlassen: Sie waren sowohl für weltliche wie auch religiöse Aufgaben zuständig.
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Genauso wenig standen in den Kreuzfahrerherrschaften die lateinischen Christen, die anderen christlichen Konfessionen und die nicht-christliche Bevölkerung auf einer Stufe. Vielmehr schufen die Kreuzfahrer eine nach konfessionellen, nicht nach nationalen oder ethnischen Kriterien gegliederte „Zweiklassengesellschaft“. Diese bestand zum einen aus den Lateinern und zum anderen aus dem Rest der Bevölkerung, wobei innerhalb der zweiten Gruppe der Unterworfenen eine weitere Abstufung zwischen den Christen und den nicht-christlichen Gruppen verlief. Diese hierarchische Ordnung sollte nicht überraschen, war doch eine rechtliche Gleichstellung anderer Religionen im Mittelalter weder theologisch noch juristisch begründet. Damit befanden sich die nicht-lateinischen Glaubensgemeinschaften ungefähr in derselben Situation wie die Christen und Juden zur Zeit der muslimischen Herrschaft. Über die Lebensumstände der Unterworfenen liegen nur wenige Quellen vor. Am ausführlichsten sind die aus dem 13. Jahrhundert stammenden Sammlungen zum Gewohnheitsrecht des Königreichs Jerusalem, die Assisen. Diese Sammlungen zur feudalen Rechtsprechung der Krone haben wir bereits vorgestellt (Kap. III., 1. c); die zweite große Gruppe unter den Assisen, die coutumes der cour des bourgeois, umfasste die Rechtsprechung der Nichtadligen. Die berühmtesten Werke dieser Gruppe wie der ca. 1240–1244 entstandene ›Livre des Assises de la Cour des bourgeois‹ geben
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Die Kreuzfahrerherrschaften u. a. Aufschluss über die Rechtsstellung der unterworfenen Christen, Muslime und Juden. Die unterworfenen Muslime
Aussagewert der Quellen
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Die Muslime stellten in den „Kreuzfahrerstaaten“ den größten Bevölkerungsanteil. Man muss bei ihnen zwischen versklavten und freien Muslimen unterscheiden: Bei Eroberungszügen gefangene oder auf den örtlichen Märkten gekaufte Sklaven wurden im gesamten Mittelmeerraum als Arbeitskräfte eingesetzt, so auch in den „Kreuzfahrerstaaten“. Nur in Ausnahmefällen hatten die Christen eine Interesse daran, die Sklaven freizulassen; genauso wenig bemühten sich die Lateiner darum, Muslime zu einem Übertritt zum Christentum zu bewegen. Zu groß waren die wirtschaftlichen Nachteile, die sich aus der Mission ergaben, denn ein Christ durfte nicht als Sklave gehalten werden. Die Mehrzahl der Muslime Outremers war nicht versklavt. Bei ihnen handelte es sich vor allem um arabisch-syrische Bauern und – seltener – um beduinische Nomaden. Die türkischen bzw. kurdischen Muslime dagegen, die vor 1099 die Herrschaft in Teilen der Levante innehatten, dürften nach der Eroberung das Land verlassen haben oder getötet worden sein. Das bedeutet, dass sich die unterworfenen Muslime ethnisch von den Anführern der Nachbarmächte unterschieden: Sie hatten wenig mit den türkischen Seldschuken, den kurdischen Ayyubiden oder den südrussischen Mamluken gemein. Mit gewisser Ironie könnte man sagen, dass die Araber des Vorderen Orients sowohl innerhalb wie außerhalb der Kreuzfahrerherrschaften Unterworfene waren. Gerade für die muslimischen Landbewohner dürften sich die Unterschiede verwischt haben: Aus ihrer Perspektive werden die Lateiner nur eine andere Herrenkaste dargestellt haben. Die unterworfenen Muslime behielten nämlich ein gewisses Maß an Autonomie. Sie durften kleinere Rechtsfälle an einem eigenen Gerichtshof, der Cour du Raïs, behandeln, wo der Koran als die verbindliche Schrift akzeptiert wurde, auf dem die Muslime ihre Eide ablegten. Der Cour du Raïs saß ein muslimischer Gemeindevertreter (ra īs) vor; neben ihm besaß der Älteste (šayh ) als eine Art spiritueller Vorsteher innerhalb der dörflichen ˘ eine autoritative Stellung. Es gibt kaum Quellen, die uns Gemeinschaft über das Alltagsleben dieser muslimischen Dorfgemeinschaften unterrichten. Das Werk des muslimischen Autors Diyā ad-Dīn al Maqdisī († 1245) ˙ Land‹ (›Karamāt mašāyih al›Die Wunder der Ältesten aus dem Heiligen ard al-muqaddasa‹) ist solch eine seltene Schrift: Sie beschreibt u. a., ˘dass die˙ Muslime um Nablus über eigene Moscheen verfügten, in denen sie ihrem Kult nachgehen konnten, was auch durch andere Quellen bestätigt wird. Es gab jedoch auch Einschränkungen: Viele Moscheen wurden in Kirchen umgewandelt, in Jerusalem durften sich nach der Eroberung keine Muslime mehr niederlassen, und Diyā ad-Dīn al-Maqdisī berichtet in ˙ 12. Jahrhunderts ganze Gemeinden einem weiteren Werk, dass Mitte des aus dem christlich beherrschten Samaria nach Damaskus emigrierten, weil sie an der Ausübung ihrer Religion behindert worden waren. Es ist schwer zu bestimmen, inwieweit hier Einzelfälle vorlagen oder ob das Leben der Muslime insgesamt von der Willkür ihrer Herren gekennzeichnet war. Auch wenn verschiedentlich belegt ist, dass die einheimi-
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schen Muslime bei Angriffen ihrer Glaubensbrüder mit den Eindringlingen kollaborierten, war ihr Schicksal offenbar nicht so unerträglich, dass sie of˘ ubair behauptete im fene Erhebungen größeren Ausmaßes wagten. Ibn G Jahre 1184, die muslimischen Landarbeiter der Kreuzfahrerherrschaften bezahlten geringere Abgaben als ihre Glaubensgenossen in der benachbarten islamischen Welt. Usāma ibn Munqid wiederum erzählt von Templern, ¯ ā-Moschee zu Jerusalem, beten die ihn in ihrem Hauptquartier, der al-Aqs ˙ der ihn vor tätlichen Angriffen ließen, oder von einem christlichen Ritter, seiner Glaubensgenossen in Schutz nahm. Aber Usāma ibn Munqid und ¯ andere muslimische Autoren wohnten nicht in den Kreuzfahrerherrschaften, sie waren Fremde. Ohnehin muss man sich davor hüten, aufgrund einzelner Textstellen den „Kreuzfahrerstaaten“ als Ganzes religiöse Toleranz zu attestieren. Die Dürftigkeit der Quellenlage an sich ist schon aussagekräftig: Die muslimischen ländlichen Gemeinden waren in den Augen der Christen nicht eigens der Erwähnung wert. Die muslimischen Bauern waren zwar zur Zahlung von Abgaben verpflichtet und daher wirtschaftlich von Bedeutung, sie lebten aber in aller Regel unter sich, die Kontaktmöglichkeiten waren beschränkt. Auch seitens der Muslime scheint wenig Bereitschaft bestanden zu haben, Verbindung zu den Fremden aufzunehmen. Autoren der Levante wie Usāma ibn Munqid geben zu erkennen, dass sie die Spra¯ Allerdings kann man davon ausgeche der Lateiner nicht lernen wollten. hen, dass gerade in den Städten, wo Muslime als Ärzte, Händler u. Ä. m. arbeiteten, dies sehr wohl geschah und ein weitaus stärkerer Austausch stattfand. In einigen wenigen Städten im Norden sind sogar Muslime in höheren Verwaltungspositionen bezeugt. In den städtischen Zentren lebten vorzugsweise auch die Juden Palästinas. Zur Zeit der christlichen Eroberung handelte es sich bei ihnen vor allem um syrische und jemenitische Juden. Sie waren weitgehend arabisiert, d. h. von der arabischen Kultur und Sprache beeinflusst, ohne die islamische Religion angenommen zu haben. Dies erfährt man u. a. aus den bereits erwähnten Geniza-Dokumenten der Kairoer Synagoge (vgl. Kap. III., 1. d). Im Laufe der zweihundert Jahre christlicher Präsenz im Vorderen Orient sollten die Juden Palästinas in zweifacher Hinsicht westlichen Einflüssen ausgesetzt werden: erstens durch ihre Glaubensgenossen, die aus dem lateinischen Europa ins Heilige Land zogen und sich dort niederließen, und zweitens durch die Kreuzfahrer und ihre Kultur. Diese „Okzidentalisierung“ oder „Entarabisierung“ ist ein wesentliches Merkmal der jüdischen Geschichte der „Kreuzfahrerstaaten“. Sie schlug sich u. a. darin nieder, dass im Verlauf des 13. Jahrhunderts immer mehr jüdische Texte nicht mehr auf Arabisch, sondern auf Hebräisch verfasst wurden. Die jüdischen Bewohner der Kreuzfahrerherrschaften hatten keine gemeinsame, übergeordnete Institution, die ihre Interessen nach außen oder innen vertrat. Am stärksten übten anerkannte geistliche Autoritäten in Damaskus oder Kairo einen Einfluss auf die levantinischen Gemeinden aus. Es liegt daher auch keine reiche Quellenüberlieferung aus dem ersten Jahrhundert der lateinischen Herrschaft vor. Allerdings verfassten einige jüdische Pilger wie Benjamin von Tudela wertvolle Reiseberichte.
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Benjamin von Tudela stammte aus Navarra im heutigen Spanien. Etwa zwischen 1166 und 1168 unternahm er eine Pilgerfahrt nach Palästina, zu der er einen Bericht verfasste. Diese Schrift vermittelt uns ein anschauliches Bild von den jüdischen Gemeinden, die Benjamin entlang seines Weges aufsuchte. Besondere Aufmerksamkeit widmete der Autor der Lage in Palästina. Aus seiner Schrift erfahren wir, dass zu jener Zeit in Tyrus rund 500 und in Akkon rund 200 Juden lebten. Auch in Askalon existierte eine blühende Gemeinde. Man erfährt, dass die Juden in einigen Städten eigene Synagogen, Schulen und Bäder unterhielten und aktiv als Händler, Bankiers und Handwerker (Färber, Glasmacher) am Wirtschaftsleben teilhatten. Benjamin gehört zu den wenigen jüdischen Autoren, die (beiläufig) auch auf die Christen in den „Kreuzfahrerstaaten“ eingehen, die meisten anderen hebräischen Quellen hingegen erwähnen kaum die Kreuzfahrer und Siedler aus dem Westen.
Der Eroberung und Plünderung Jerusalems im Juli 1099 fielen sehr viele jüdische Einwohner zum Opfer. In der Folgezeit war es Juden ebenso wie Muslimen verboten, die Stadt zu betreten. Doch in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde die Verfügung für jüdische Pilger gelockert, und Benjamin von Tudela berichtet von jüdischen Handwerkern in der Stadt: „Und dort gibt es eine Färberei, welche die Juden in jedem Jahr vom König kaufen, damit sonst keiner die Färberei betreibt als allein die Juden. Und es sind etwa vier Juden. Sie wohnen unter dem Davidsturm am Rande der Stadt.“ Nach der Zerstörung Askalons durch Saladin im Jahre 1191 siedelten sich viele der 1099 dorthin geflüchteten Juden wieder in Jerusalem an. Im christlich verbliebenen Teil Palästinas hingegen entwickelte sich Akkon zum unbestrittenen geistigen Zentrum jüdischen Lebens. Das christliche Pilgerwesen übte offenbar eine Vorbildfunktion auf die jüdischen Gemeinden in Europa aus, denn nun zogen immer mehr jüdische Pilger aus dem heutigen Spanien, Deutschland und Frankreich in die Levante. Ein Teil von ihnen blieb dort. Zu diesen gehörte zu Beginn des 13. Jahrhunderts eine große Zahl bedeutender Gelehrter – die Texte sprechen von der „Migration der 300 Rabbis“. Ihre Nachkommen sowie die anderen Juden Akkons teilten bei der Eroberung der Stadt im Jahre 1291 das Schicksal der Christen und wurden mit ihnen zusammen ermordet. Die Christen
Schon vor der Eroberung Jerusalems lebten in Palästina verschiedene christliche Glaubensgruppen. Johannes von Würzburg, der 1165 ins Heilige Land pilgerte, gab als erster Abendländer eine ausführliche Liste der lateinischen und orientalischen Christen, die er in Jerusalem antraf: „Dort gibt es nämlich Griechen, Lateiner, Deutsche, Ungarn, Schotten, Navarreser, Engländer, Ukrainer, Böhmen, Georgier, Armenier, Surianen [d. h. arabischsprachige Angehörige der byzantinischen Reichskirche], Jakobiten, Syrer, Nestorianer, Inder, Ägypter, Nubier […] Maroniten und viele andere, die aufzuzählen zu weit führen würde […].“
Rechtsstellung der orientalischen Christen
Die orientalischen Christen waren den Lateinern keineswegs gleichberechtigt, allerdings unterschied sich ihre Stellung auch von derjenigen der Juden und Muslime: Einige von ihnen erlangten höhere Positionen in der lateinischen Verwaltung, und in einigen Fällen sind auch militärische Kontingente orientalischer Christen bezeugt. Kein Christ durfte in die Sklaverei verkauft werden, und im Marktgericht (der Cour de la Fonde) in
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Akkon fungierten vier orientalische zusammen mit zwei lateinischen Christen als Geschworene, wie der ›Livre des Assises de la Cour des bourgeois‹ berichtet. Außerhalb Akkons übten die einheimischen Christen in den so genannten Cours des Suriens autonom die Gerichtsbarkeit aus. Durch die Machtübernahme der Lateiner verloren die griechisch-orthodoxen Christen, die zuvor als größte christliche Minderheit unter muslimischer Herrschaft eine Sonderstellung eingenommen hatten, wesentlich an Einfluss und Macht. Gerade deshalb dürften andere Religionsgemeinschaften wie die syrisch-orthodoxen Christen die Ankunft der Lateiner begrüßt haben. Die Griechen scheinen darauf reagiert zu haben, indem sie etwa in Antiochia – wo der Anteil griechisch-orthodoxer Einwohner und damit auch deren Einfluss besonders hoch war – gegen die Syrisch-Orthodoxen agitierten. Insgesamt sind jedoch relativ wenige Konflikte zwischen den christlichen Religionsgemeinschaften überliefert. Es ist schwierig, das ethnisch und konfessionell ganz verschiedenartige Gefüge der „Kreuzfahrerstaaten“ zu charakterisieren. Diese Gesellschaft ist in der Forschung unterschiedlich beurteilt worden: Während sie manche als ein auf Integration bedachtes oder gar multikulturelles Modell interpretieren, betiteln andere die „Kreuzfahrerstaaten“ als „Apartheidsystem“ oder als eine Unterdrückungsgesellschaft. In Outremer kann keineswegs von der Gleichheit aller Bevölkerungsgruppen die Rede sein, aber alle Freien besaßen Rechtssicherheit. Dies erklärt sich vor allem aus den Interessen der Herrschenden, deren materielle und politische Sicherheit ihr Handeln diktierte. In der Stadt scheint das Los der Unterworfenen leichter gewesen zu sein als auf dem Land, doch weder hier noch dort kam es zu einer eigentlichen Verschmelzung der Bevölkerungsgruppen. Vielmehr scheinen diese eher neben- als miteinander gelebt zu haben. Das für den iberischen Raum benutzte Schlagwort der convivencia, des friedlichen Zusammenlebens der unterschiedlichen Konfessionen, sollte auch für den Vorderen Orient durch den der conveniencia, der Zweckmäßigkeit, ergänzt oder ersetzt werden: Es lag im eigenen Vorteil der Lateiner, das System der Muslime fortzusetzen – ebenso, wie es in deren Interesse gelegen hatte, es überhaupt einzuführen.
b) Neuankömmlinge: Die Siedler Die Besiedlung Palästinas und Syriens durch die Lateiner gehört in den größeren Zusammenhang der so genannten europäischen Expansion, denn auch in anderen Grenzbereichen wie an der Ostsee oder auf der Iberischen Halbinsel ließen sich zu dieser Zeit christliche Siedler in neu eroberten Territorien nieder. Auch dort lassen sich viele Merkmale der Kreuzfahrerherrschaften beobachten: das Eindringen einer feudalen Ritterelite, die Einwanderung bäuerlicher Siedler, die Herausbildung rechtlich privilegierter Städte. Und dennoch wiesen die Kreuzfahrerherrschaften innerhalb dieser größeren Bewegung einige Eigentümlichkeiten auf. Zum einen bestand das ursprüngliche Anliegen der meisten Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs nicht darin, ein eigenes Territorium zu errichten und sich dort niederzulas-
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Räumliche und soziale Herkunft der Siedler
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sen. Zum anderen war ihnen der Raum, in den sie zogen, weitaus bekannter als andere Grenzgebiete der Christenheit: Schließlich handelte es sich hier um das Gelobte Land der Bibel. Durch die Kreuznahme und den Kreuzzugseid traten sie in einen neuen Rechtszustand: Nun waren sie hierosolimitani (Jerusalemer). Sie kehrten gewissermaßen als Erben Christi in dessen und damit ihre eigene Heimat zurück, gründeten keine neue Herrschaft, sondern stellten eine ältere wieder her. All dies macht aus der christlichen Landnahme im Vorderen Orient etwas Eigenes innerhalb einer größeren Bewegung. Nach dem unerwarteten Erfolg des Ersten Kreuzzugs blieben einige Kreuzfahrer im Heiligen Land. Die neuen Bewohner folgten häufig ihren militärischen Anführern, d. h., süditalienische Normannen wurden vor allem in Antiochia sesshaft, Provenzalen in Tripolis; im Königreich Jerusalem hingegen ist eine Zuordnung weniger klar. Bald gesellten sich auch Siedler zu den Kreuzfahrern. Sie kamen aus allen gesellschaftlichen Schichten: Kaufleute und Handwerker, Bauern und Adlige suchten eine neue Heimat jenseits des Meeres, und sie ließen sich sowohl in den Städten als auch auf dem Lande nieder. Das Leben dieser Siedler soll im Folgenden unter vier Gesichtspunkten betrachtet werden: erstens danach, wie es auf dem Lande beschaffen war, zweitens wie es rechtlich geregelt wurde, drittens ob sich aus ihm ein eigenes Selbstverständnis entwickelte, und schließlich viertens inwieweit den Städten hierbei eine Sonderrolle zukam. Neuere archäologische Forschungen haben gezeigt, dass die Lateiner nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande siedelten. Doch ließen sie sich vorwiegend in Gegenden bzw. Ortschaften nieder, wo bereits orientalische Christen wohnten. Das bedeutete, dass stark muslimisch geprägte Gebiete wie das nördliche Samaria und das östliche Galiläa von der Siedlungsaktivität unberührt blieben. In einigen Fällen wurden auch in großem Stil neue Siedlungsdörfer errichtet, wie etwa im Falle der Magna Mahumeria bei Jerusalem. Die Magna Mahumeria Die Kanoniker der Jerusalemer Grabeskirche gehörten zu den großen Grundherren des Königreichs Jerusalem. Spätestens im Jahre 1120 errichteten sie die Siedlung Magna Mahumeria nördlich von Jerusalem. Dazu warben sie mit besonders günstigen Konditionen Siedler v. a. aus dem heutigen Frankreich, Italien und Spanien an. Hier entwickelte sich eine arbeitsteilige Gemeinschaft aus Bauern und Handwerkern mit einer eigenen Kirche, eigenen Vorratsräumen etc. Ein Verwalter, dem die Siedler Abgaben leisten mussten, lebte auf dem Gelände. Auch zum Militärdienst waren die Siedler verpflichtet. Im Jahre 1155 wies die Magna Mahumeria bereits rund 450 Einwohner auf, bis zu ihrem Untergang im Jahre 1187 stieg die Zahl auf etwa 700 Personen an.
Wie war aber die rechtliche Stellung der Siedler? Das Leben in Outremer wurde dadurch attraktiver gemacht, dass man ihnen gewisse Freiheiten versprach: Dadurch wurden nicht nur Lateiner, sondern auch Armenier und transjordanische Christen angezogen. Für alle nicht-adligen lateinischen Christen (bourgeois) war ein eigenes Gericht zuständig, die Cour des Bourgeois. Seit 1131 bezeugt, unterstanden diese Gerichte dem örtlichen Vizegrafen. Über ihr Funktionieren geben uns die bereits erwähnten coutumes der Cour des Bourgeois für das 13. Jahrhundert Auskunft. Durch
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Christen, Muslime und Juden diese und andere Rechtstexte erfährt man, dass in Outremer auch die weiblichen Siedler größere Freiheiten genossen als in Europa. In einem Land, in dem häufig Krieg herrschte, war die Sterblichkeit unter den Männern besonders hoch. Den Frauen wurde daher ein relativ hohes Heiratsgut zugestanden, über das sie beim Verscheiden des Ehemannes frei verfügen konnten. Ebenso wurde adligen Damen erlaubt, sich relativ frei einen neuen Mann auszusuchen: Der Lehnsherr durfte drei Kandidaten stellen, doch musste die Dame nicht notgedrungen einen von ihnen annehmen, wenn sie dadurch unter ihrer Würde heiratete. Diese Freiheiten und die spezifischen Gründungsumstände der Kreuzfahrerherrschaften trugen ihren Teil dazu bei, den Bewohnern ein eigenes Selbstverständnis zu vermitteln. In einer berühmt gewordenen Passage seiner ›Historia Hierosolymitana‹ erzählt Fulcher von Chartres, wie stark die alte Heimat der Siedler zwanzig Jahre nach der Landnahme von 1099 zurückgetreten war (s. Quelle). Auszug aus der Historia Hierosolymitana Zit. nach: Hagenmeyer (Hrsg.): Fulcher von Chartres, S. 748
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Selbstverständnis der Siedler
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Wir, die wir vorher Abendländer waren, sind nun Orientalen, wer ein Römer oder Franke war, ist hier ein Galiläer oder Palästinenser geworden, wer sich als Einwohner von Reims oder Chartres fühlte, empfindet sich jetzt als Tyrenser oder Antiochener. Schon haben wir die Orte unserer Geburt vergessen […] Andere [Lateiner] sind verheiratet, nicht nur mit Frauen aus der früheren Heimat, sondern auch mit Syrerinnen und Armenierinnen, ja selbst mit Musliminnen, jedoch selbstverständlich nur mit getauften.
Die neue „Siedleridentität“ konnte nur entstehen, weil in Outremer verschiedene identitätstiftende Elemente zur Verfügung standen. Drei seien besonders hervorgehoben: eine eigene Sprache, zentrale Orte und wirksame Symbole. Das Französische nahm schnell neben dem Arabischen den Rang einer Verkehrssprache ein; nicht zufällig wurden auch die Assisen des Königreichs Jerusalem in dieser Sprache verfasst. An herausragenden, identitätsstiftenden Orten wiederum ist besonders die Heilige Stadt und hier insbesondere die Grabeskirche mit dem Heiligen Grab herauszuheben. Hier residierte die höchste geistliche Autorität des Königreichs – der Patriarch –, hier wurden die Monarchen gekrönt und bestattet. Zusammen mit anderen berühmten Bauten Jerusalems wie dem Davidsturm und dem Felsendom wurde die Grabeskirche auf offiziellen „Bedeutungsträgern“ des Königreichs abgebildet: Man fand sie z. B. auf Siegeln und auf Münzen. Schließlich die Symbole: Für alle vier Kreuzfahrerherrschaften gleichermaßen war dies das Kreuz, in dessen Namen sie erobert und gegründet worden waren. Im Königreich Jerusalem trat außerdem zusammen mit der Grabeskirche die wichtigste Reliquie des Reiches hinzu: die Heiligkreuzreliquie. Sie wurde bei den wichtigeren Prozessionen vorangetragen und mehr als dreißigmal als Kriegszeichen in die Schlacht geführt. Die wichtigsten dieser Bezugspunkte gingen bei der großen Katastrophe von 1187 verloren: Die Heiligkreuzrelique fiel den Muslimen in die Hände und wurde nie wiedererlangt; Jerusalem mit der Grabeskirche wurde erobert, und auch die Vorstellung, ein Volk zu bilden, welches rechtmäßig
Regressive Identitätsentwicklung
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Die Kreuzfahrerherrschaften und gottgewollt das Erbreich des Herrn innehatte, konnte nach den Verlusten von 1187 schwerlich aufrechterhalten werden. Die äußeren Umstände trugen im 13. Jahrhundert ihren Teil zur Identitätskrise bei: Die Herrscher waren immer seltener im Königreich präsent, und Adlige wanderten in die neu geschaffenen lateinischen Königreiche Zypern oder Konstantinopel ab. Insgesamt ist daher für das letzte Jahrhundert der „Kreuzfahrerstaaten“ eine „regressive Identitätsentwicklung“ (R. Hiestand) konstatiert worden. Hierzu trugen sicher auch die Städte ihren Teil bei. Aufgrund der Gebietseinbußen erhielt die Gesellschaft Outremers notgedrungen einen einseitig urban geprägten Charakter, und gerade in den großen Zentren gab es in Gestalt der italienischen Händler eine wichtige Gruppe mit ausgeprägten eigenen Interessen und Loyalitäten. Diejenigen unter ihnen, die in den Quartieren lebten, blieben ohnehin Bürger ihrer Heimatstädte und trugen daher nur bedingt zur Siedleridentität Outremers bei. Einen Sonderfall stellten die italienischen Einwanderer dar. Sie beanspruchten immer wieder die Sonderrechte der Quartierbewohner, manchmal bzw. kurzzeitig mit Erfolg. Sie sahen sich folglich als Pisaner, Venezianer oder Genuesen, selbst wenn sie im Heiligen Land geboren worden waren. Vielleicht brachte sie dies in Loyalitätskonflikte, auf jeden Fall aber erschwerte es die Integration der italienischen Einwanderer in die Kreuzfahrergesellschaft.
c) Besucher: Händler und Pilger
Auswirkungen von Handel und Pilgerwesen auf die Kreuzfahrerherrschaften
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Von den italienischen Stadtbewohnern in Akkon und Tyrus war bereits die Rede. Sie blieben langfristig in Outremer. Die so genannten Saisonkaufleute hingegen trafen im Frühjahr mit den großen Handelsflotten in der Levante ein und verließen das Land wieder zum Herbst. Auf ihren Schiffen transportierten sie nicht nur Waren, sondern häufig auch Pilger. Man schätzt, dass jedes Jahr viele tausend Pilger in der Levante eintrafen. Wie die Saisonkaufleute blieben auch sie in aller Regel nur einige Wochen und Monate – Zeit genug, um die wichtigsten Heiligtümer des Königreichs Jerusalem zu besuchen. Den Händlern und den Pilgern war mehr als ihre kurze Aufenthaltsdauer in der Levante gemein: Beide Gruppen waren nämlich in mehrfacher Hinsicht – wirtschaftlich, militärisch und gesellschaftlich – für die Kreuzfahrerherrschaften von großer Bedeutung. Davon, dass die Händler und Pilger durch ihre Geschäfte, ihre Abgaben und das Geld, das sie während ihres Aufenthalts ausgaben, einen wichtigen Beitrag zum Überleben der „Kreuzfahrerstaaten“ leisteten, war bereits die Rede (vgl. Kap. III., 1. d). Nicht wenige von ihnen ergriffen die Gelegenheit, zum Wohle der Mitchristen auch in das Kampfgeschehen einzugreifen. Daher warteten die Lateiner der Levante in der Regel die Ankunft der großen Frühjahrsflotten ab, bevor sie zu Kriegszügen aufbrachen. Aber nicht immer war die Anwesenheit auswärtiger Besucher im Interesse der Einheimischen. Die regelmäßige, langmonatige Anwesenheit der Fremden brachte auch ein zusätzliches Unruhemoment in die Levante. Die Auswärtigen kamen oft mit eigenen Vorstellungen, etwa von den Muslimen und dem Umgang mit ihnen, in den
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Die Kirchen Palästinas
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Orient. Nun lernten sie die Realitäten vor Ort kennen. Der Kulturschock musste von den Gästen verarbeitet, diese ihrerseits bis zu ihrer Abfahrt in Maßen assimiliert werden. Diese saisonale und monatelange Präsenz fremder Christen setzte die Kreuzfahrerherrschaften also auch Belastungen aus. Die Pilgerzentren Was Outremer und insbesondere das Königreich Jerusalem in den Augen der Christen vor allen anderen Gebieten auszeichnete, war seine unmittelbare Beziehung zur biblischen Heilsgeschichte. Hier hatten sich die Ereignisse zugetragen, die den Gläubigen aus der Bibel bekannt waren. Die Zahl der Pilgerstätten war folglich besonders groß. Die Mehrheit der Pilger waren Christen, doch auch Juden zogen in der Kreuzfahrerzeit ins Heilige Land. Das wichtigste Ziel der Christen war stets das Grab Christi in der Jerusalemer Grabeskirche. Noch heute sind dort die eingeritzten Graffiti der mittelalterlichen Pilger zu sehen. In und bei der Heiligen Stadt konnte man daneben viele Stätten des Alten Testaments wie z. B. den Ort des salomonischen Tempels oder den Davidsturm besuchen. Unzählbar waren die Bezüge zum Neuen Testament. Auf Schritt und Tritt wurden die Pilger daran erinnert, dass sie sich dort befanden, wo Christus selbst einst stand. Manche von ihnen verfassten Reiseberichte oder regelrechte Pilgerführer, die einen Eindruck von den Heiligen Stätten und dem Leben im Palästina der Kreuzfahrerzeit geben. Diese Schriften trugen ihren Teil dazu bei, das Heilige Land im lateinischen Westen zu vergegenwärtigen.
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3. Die Kirchen Palästinas a) Die lateinische Kirche Es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass Outremer im religiösen Denken der Christen eine herausragende Stellung einnahm. Der besondere Nimbus des Heiligen Landes und sein unmittelbarer Bezug zum Heilsgeschehen blieben nicht ohne Einfluss auf die Kirchen Palästinas. In diesem Kapitel soll zuerst die lateinische Kirche der „Kreuzfahrerstaaten“ vorgestellt werden, wobei dem Patriarchat von Jerusalem besondere Aufmerksamkeit gelten wird. Im darauf folgenden Abschnitt über das Ordenswesen ist zum einen die Spannbreite geistlichen Lebens in Outremer abzustecken, zum anderen aber auf jene Institutionen einzugehen, die in Palästina entstanden und sich von dort aus über das gesamte christliche Europa ausbreiteten. Den Abschluss bildet eine Übersicht über die christlichen Kirchen des Vorderen Orients und deren Beziehungen untereinander. Bereits vor der Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer wurden lateinische Einrichtungen in der Heiligen Stadt gegründet: Zur Mitte des 11. Jahrhunderts hatten Händler aus der süditalienischen Hafenstadt Amalfi nicht weit von der Grabeskirche im Zentrum der Stadt ein Spital errichtet, das der Pflege von Armen und Kranken gewidmet war. Dieses Johannesspital war aber eine Ausnahmeerscheinung, denn in erster Linie war vor 1099 das christliche Leben in Jerusalem nicht vom lateinischen, sondern vom griechisch-orthodoxen Christentum und von den orientalischen Kirchen
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Die Kreuzfahrerherrschaften geprägt. Das christliche Oberhaupt der Grabeskirche von Jerusalem z. B. war der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, der dem christlichen Stadtviertel von Jerusalem vorstand und seit der Mitte des 11. Jahrhunderts vom Patriarchen in Konstantinopel eingesetzt wurde. Im Sommer 1099 stellte sich nach der Eroberung als Erstes die Frage, welche Haltung dem alteingesessenen griechisch-orthodoxen Patriarchen gegenüber einzunehmen sei. Wohl entgegen den ursprünglichen Plänen des Papstes entschlossen sich die Kreuzfahrer nach einer kurzen Phase der Unsicherheit, von Konstantinopel unabhängige lateinische Strukturen zu schaffen (vgl. Kap. II. 1. c). Zu diesem Entschluss dürfte auch die politische Entfremdung von Byzanz beigetragen haben. So entstanden entgegen allem Kirchenrecht parallele Kirchenstrukturen, und oftmals residierten zwei Bischöfe (ein Grieche und ein Lateiner) an einem Ort. Hierüber berichtet unter anderem Jakob von Vitry, ein wichtiger Gewährsmann für die frühe Kirchengeschichte der „Kreuzfahrerstaaten“.
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Jakob von Vitry (* zw. 1160 und 1170, † 1240), Bischof und Geschichtsschreiber, wurde 1213 von Innozenz III. (1198–1216) mit der Kreuzzugspredigt gegen die Albigenser betraut und drei Jahre später zum Bischof von Akkon gewählt. Im Jahre 1225 gab er die Bischofswürde auf und verließ das Heilige Land, um fortan in Italien dem Papsttum (seit 1228 als Kardinal) zu dienen. Von Jakob von Vitry sind ca. 450 Predigten sowie Briefe, eine Vita der Maria von Oignies († 1213) sowie die ›Historia Hierosolimitana abbreviata‹ erhalten. Letztere ist neben der Chronik des Wilhelm von Tyrus eine Hauptquelle für die Geschichte des Königreichs Jerusalem und seiner Kirche. Von den drei geplanten Teilen des Werkes konnte Jakob lediglich zwei abschließen: Der erste, die ›Historia Orientalis‹, ist eine Beschreibung Jerusalems, des Heiligen Landes und des Islam, der zweite, die ›Historia Occidentalis‹, eine Kirchengeschichte des Abendlandes.
Die lateinische Kirchenstruktur
Zur Errichtung der neuen lateinischen Kirchenordnung griff man auf Strukturen aus vormuslimischer Zeit zurück, setzte aber neue Akzente. Das erst im 5./6. Jahrhundert zum Patriarchat erhobene Jerusalem etwa wurde gegenüber dem älteren Patriarchensitz Antiochia aufgewertet und mit einer Reihe wieder eingerichteter oder sogar neu geschaffener Bistümer ausgestattet. Jakob von Vitry erzählt, dass in Anbetracht der Kosten und der personellen Situation an eine Wiederherstellung aller alten Bischofskirchen gar nicht zu denken war; daher wurden verschiedentlich mehrere Bistümer unter einem Bischof zusammengefasst. Zugleich wurden aber auch heilsgeschichtlich bedeutende Orte wie Nazareth oder Bethlehem in den Rang eines Erzbistums bzw. Bistums erhoben. Zum Ende des 12. Jahrhunderts umfasste das Patriarchat Antiochia sechs Erzbistümer und elf bis 13 Bistümer, das Patriarchat von Jerusalem dagegen vier Erzbistümer und neun oder zehn Bistümer. Ein Netz an Pfarrkirchen wurde errichtet, das allerdings nicht sehr dicht war. Die Neugliederung der Kirche ging nicht ohne Reibungen vor sich. Schließlich herrschte im Westen großes Unwissen über die kirchliche Situation Syriens und Palästinas, und der Zugriff Roms wurde durch die große Entfernung erschwert. Schon 1120 wurde ein Konzil in Nablus einberufen, auf dem unter anderem spezifische kirchenrechtliche Probleme der jungen Kreuzfahrerherrschaft gelöst wurden. Langwieriger war der Disput zwi-
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Die Kirchen Palästinas
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schen den Patriarchaten von Jerusalem und Antiochia um die Zugehörigkeit des Erzbistums Tyrus. Papst Urban II. hatte verfügt, dass die Einteilung der Kirchenprovinzen den politischen Herrschaftsgrenzen folgen sollte, was jedoch im Falle von Tyrus der alten kirchlichen Einteilung zuwiderlief. Zwar behielt Jerusalem in dieser Frage die Oberhand, doch wurde dieser Streitpunkt, wie manch anderer in der Kirchengeschichte Palästinas, bis zum Untergang der Kreuzfahrerherrschaft nie verbindlich gelöst. Jakob von Vitry informiert nicht nur über diesen Konflikt, sondern berichtet in Anlehnung an Wilhelm von Tyrus auch von den Anfängen der Kirche und des Kapitels von Jerusalem: In den unruhigen ersten Tagen nach der Eroberung wurde Arnulf von Chocques (oder von Rohes, † 1118), ein Kaplan Roberts von der Normandie, zum Leiter der Jerusalemer Kathedralkirche bestimmt. Er wurde jedoch bald durch den Erzbischof von Pisa und päpstlichen Legaten Daimbert (Daibert, † 1106/1107) verdrängt. Dieser versuchte, aus Jerusalem eine eigenständige kirchliche Herrschaft zu formen. Dies war keine nebensächliche Angelegenheit, denn es ging dabei um die zukünftige Rolle der Kirche im Königreich Jerusalem und um die Stellung der östlichen Patriarchate innerhalb der Gesamtkirche. Daimbert geriet über diese Frage mit König Balduin I. in Konflikt und wurde seinerseits abgesetzt (1101). An dieser wie auch an späteren Episoden wird erkennbar, dass in Outremer der Bischof keineswegs frei war. „Mit einigen Sondererscheinungen war die Kirche des Heiligen Landes eine ‘Königskirche’.“ (R. Hiestand) Arnulf von Chocques behielt dagegen eine einflussreiche Position und wurde im Jahre 1112 aufs Neue zum Patriarchen gewählt. Unter seinem Patriarchat vollzog sich endgültig die Regulierung des Jerusalemer Kathedralskapitels. Darunter versteht man, dass die Kleriker zu so genannten Regularkanonikern wurden, die gemeinsam speisten und kein persönliches Eigentum besaßen. Diese Regularkanoniker vom Heiligen Grab feierten den liturgischen Dienst am Grabe Christi und verwahrten die Reliquien, insbesondere die Reliquie des Heiligen Kreuzes. Diese Aufgaben brachten ihnen vielfältige Zuwendungen vonseiten der Gläubigen – eine wesentliche Grundlage für die Macht der lateinischen Kirche Jerusalems. Der Patriarch von Jerusalem wurde zum wichtigsten geistlichen Grundbesitzer des Königreichs und verfügte u. a. über ein Viertel der Heiligen Stadt sowie über eine Vielzahl an Siedlungen. Daher war er verpflichtet, in Notzeiten ein festes militärisches Kontingent von 500 Kämpfern zu stellen. Aus dieser Tatsache ist sogar fälschlicherweise geschlossen worden, der Patriarch sei der Großmeister eines eigenen Ritterordens gewesen.
Das Patriarchat von Jerusalem
Die außerordentliche kirchliche, wirtschaftliche und militärische Bedeutung der Patriarchen eröffnete diesen auch weitreichende Möglichkeiten zur politischen Einflussnahme, insbesondere während der wiederholten Thronvakanzen und Thronstreitigkeiten. Patriarchen wie Warmund von Picquigny (1118–1128) oder Wilhelm von Messines (1130–1145) waren herausragende Persönlichkeiten, die entscheidend in die Geschicke des Königreichs eingriffen. Die schlechte Quellenlage verhindert es, das Wirken der lateinischen Kirche der Kreuzfahrerherrschaften genau zu verfolgen. Das gilt auch für das intellektuelle Leben; doch lassen Autoren wie
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Die Kreuzfahrerherrschaften
Die lateinische Kirche Palästinas nach 1187
Wilhelm von Tyrus, Rorgo Fretellus oder Gerhard von Nazareth erkennen, dass Outremer durchaus eigenständige Beiträge zu leisten imstande war. Es mag auf den ersten Blick erstaunen, aber der Verlust Jerusalems im Jahre 1187 schwächte die politische Stellung der Jerusalemer Patriarchen nicht langfristig. Zwar hatten sie ihre Mutterkirche, die Jerusalemer Grabeskirche, sowie einen bedeutenden Teil ihre früheren Einkünfte verloren; aber die wiederholte Abwesenheit des Königs von Jerusalem steigerte ihre Autorität und Einflussmöglichkeiten. Sie residierten weiter vor Ort in Akkon, griffen in die Politik ein und sind daher nicht zu Unrecht zusammen mit den Baronen als die faktischen Herrscher des Königreiches während der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bezeichnet worden. Allerdings verwandelten sich die Patriarchen dabei immer stärker von Vorstehern des lateinischen Klerus in Vertreter päpstlicher Interessen in der Levante. Insgesamt bedeuteten die Verluste von 1187 einen tiefen Einschnitt für die Kirche Outremers: Viele Diözesen, Klöster und Stifte gingen verloren, sodass die Geistlichen notgedrungen nach Akkon zogen, wo das klerikale Element das Stadtbild folglich besonders stark geprägt haben muss. Eine Vielzahl personell und wirtschaftlich schwach ausgestatteter Bischöfe lebte in Akkon auf engstem Raum zusammen. Neben der wachsenden Bedrohung mag es unter anderem diese Enge gewesen sein, die manche Einrichtung zum Abzug aus der Levante bewog. Schon vor dem Fall Akkons bauten viele kirchliche Einrichtungen Tochtergründungen auf Zypern oder dem europäischen Festland als Rückzugsmöglichkeit auf. Dies ermöglichte es vielen von ihnen, auch nach 1291 ihr Leben im Exil fortzusetzen.
b) Das Ordenswesen
Unterschiedliche Präsenz religiöser Einrichtungen in Outremer
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Die Quellenüberlieferung der geistlichen Einrichtungen Outremers ist größtenteils verloren. Es liegen nur wenige Chartulare (Handschriften mit abgeschriebenen Urkundentexten) vor, und von den örtlichen Archiven haben sich bestenfalls Trümmer erhalten. Dies ist bei einer Beschreibung oder Untersuchung dieser Kirchen, Klöster und Stifte zu bedenken. Der Verlust wiegt umso schwerer, als das Heilige Land naturgemäß von einer Vielzahl christlicher Gotteshäuser geprägt wurde. Sie waren Ausdruck der überragenden heilsgeschichtlichen Bedeutung Judäas, Samarias und Galiläas. Die meisten geistlichen Einrichtungen der Christen gingen auf die spätantike und byzantinische Zeit zurück; doch nach den Eroberungen durch die Kreuzfahrer setzten vielerorts Wiederaufbau- und Erweiterungsarbeiten ein, und auch neue religiose – d. h. einem gemeinsamen geistlichen Leben gewidmete – Gemeinschaften bildeten sich im Heiligen Land. Die Zeit der ersten Kreuzzüge war eine Epoche umwälzender Veränderungen im lateinischen Ordenswesen (vgl. Kap. I., 3. b). Hier stellt sich daher die Frage, ob bzw. wie schnell sich diese Entwicklungen in Outremer bemerkbar machten. Vier Tendenzen lassen sich feststellen: Erstens fanden manche Reformbewegungen in der Levante kaum Akzeptanz, wäh-
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rend zweitens andere beträchtliche Erfolge feierten. Drittens brachte Outremer auch eine Reihe eigener Formen religiosen – d. h. gemeinschaftlichen, geregelten geistlichen – Lebens hervor, die ihrerseits auf den lateinischen Westen zurückwirkten. Schließlich existierten viertens eine Reihe religioser Einrichtungen, die gar keinem Orden angehörten. Zu Letzteren zählten insbesondere die vielen Einsiedlergemeinschaften des Heiligen Landes. Zur ersten Gruppe der Reformbewegungen, die in den „Kreuzfahrerstaaten“ erst zögerlich oder gar nicht Fuß fassen konnten, gehörten dagegen die Zisterzienser und die jüngeren Eremitenorden. Auch benediktinische Reformkongregationen wie die Cluniazenser fassten im Osten kaum Fuß. Das benediktinische Mönchtum der Kreuzfahrerherrschaften war vielmehr traditioneller Natur, wie es etwa die Abtei Sankt Paulus in Antiochia, Santa Maria im Tale Josaphat oder das Benediktinerinnenkloster Santa Anna in Jerusalem repräsentierten. Ganz anders verhielt es sich im Falle der kanonikalen Reformbewegung: Sie konnte sich fest in Outremer etablieren. So besaßen der Prämonstratenserorden und die Kanonikerkongregation von Saint Ruf schon in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts Häuser in Ramla und bei Jerusalem bzw. in Tripolis. Am intensivsten schlug sich die Kanonikerreform jedoch in der Gründung bzw. Regulierung von Kathedralskapiteln und einzelnen Stiften nieder. Am Tempelberg, am Berge Sion, in Hebron und an anderen heilsgeschichtlich bedeutenden Orten entstanden regulierte Chorherrenstifte (Kanonikergemeinschaften, in denen die Augustinusregel befolgt wurde). Ihnen wurden auch Pfarrkirchen und Kapellen unterstellt, wodurch sie eine beträchtliche Bedeutung für die Kirche Palästinas erlangten. Auch manche Kathedralskapitel wie diejenigen von Bethlehem oder Nazareth übernahmen die Augustinusregel. Am folgenreichsten dürfte die Regulierung des Jerusalemer Kathedralskapitels gewesen sein: Bis zum Jahre 1114 lebten die dortigen Kleriker entsprechend der so genannten Aachener Regel vom Jahre 816 als Säkularkanoniker, nun wurden sie zu persönlicher Armut und einem gemeinsamen Leben, der vita communis, verpflichtet. Andere geistliche Einrichtungen Palästinas folgten dem Beispiel des Kapitels vom Heiligen Grab. Das starke Gewicht des regulierten Kanonikertums war zwar ein „Import“ aus den Herkunftsgebieten der Kreuzfahrer, es kann aber dennoch durchaus als ein Charakteristikum der Kirche und des Ordenswesens in den „Kreuzfahrerstaaten“ gelten. Manchen der neu eingerichteten lateinischen Kathedralskapitel gelang es aufgrund der Freigebigkeit der Gläubigen, abhängige Tochterstifte, sog. Dependancen oder Filiationen, in Europa zu gründen. Dies galt etwa für die Kapitel der Geburtskirche zu Bethlehem, Santa Maria zu Nazareth, und ganz besonders für das Kathedralskapitel von Jerusalem. Dieses konnte nicht nur einen eigenen Verband schaffen, sondern sogar zu einem selbstständigen Kanonikerorden, dem Orden vom Heiligen Grab, aufsteigen. Von Portugal bis Polen, von England bis Sizilien gab es viele hundert Stifte, Kirchen und Kapellen, die dem Orden unterstanden. Er war nur eine der originären kirchlichen Institutionen der Kreuzfahrerherrschaften, die nach Westen ausstrahlten und die Geschichte des lateinischen Ordenswesens bereicherten.
Kanonikerorden des Heiligen Landes
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Die Bettelorden im Vorderen Orient
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Viele andere bedeutende Abteien, Stifte und Kirchen fanden nach dem Verlust Jerusalems zunächst in Apulien, Kalabrien, auf Zypern, Sizilien oder den kleineren Inseln des östlichen Mittelmeerbeckens eine neue Heimat. In den meisten Fällen verfügten sie dort bereits im 12. Jahrhundert über eigene Dependancen. Zwei Beispiele mögen diesen Vorgang illustrieren: Das Kapitel von Nazareth folgte seinem Bischof 1187 nach Barletta in Süditalien, wo es den liturgischen Dienst vollzog und die Aufsicht über die ihm in Europa verbliebenen Kirchen und Besitzungen ausübte. Die Chorherren der Kirche von Bethlehem wiederum verwandelten sich nach dem Verlust des Heiligen Landes in einen Bettelorden, nämlich in die kaum bekannten fratres stellati oder Bethlehemiten. Alle diese geistlichen Institutionen Outremers trugen auch nach dem Verlust der Kreuzfahrerherrschaften ihren Teil dazu bei, Jerusalemfrömmigkeit und -sehnsucht fern vom Heiligen Land wachzuhalten. Erst die Anfeindungen rivalisierender Orden Ende des 15. Jahrhunderts, die Reformation und andere Hindernisse beendeten schließlich die Geschichte dieser längst ihrer Heimat beraubten Kathedralskapitel. Schon vorher, zu Beginn des 13. Jahrhunderts, waren die ersten Bettelorden (auch: Mendikantenorden) gegründet worden (vgl. Kap. I., 3. b). Bekannter als die Errichtung einzelner Franziskanerkonvente in Antiochia, Jerusalem und anderen Städten Outremers war die Reise, die der Ordensgründer (der hl. Franziskus, † 1226), im Zusammenhang mit dem Kreuzzug gegen Damiette von 1217–1221 im Jahre 1219 nach Palästina unternahm, um mit Worten anstatt dem Schwert die Muslime zu überzeugen. Jakob von Vitry erzählt in seiner ›Historia Occidentalis‹, dass der ayyubidische Sultan al-Kāmil (1218–1238) zwar den frommen, von den Kreuzfahrern allseits verehrten Christen empfing, sich aber zu keinem Zeitpunkt überzeugen ließ. Dennoch zeitigte die Präsenz des Franziskus in der Levante langfristig große Wirkung: Nicht zuletzt aufgrund seiner Reise entwickelten die Franziskaner im Vorderen Orient als päpstliche Legaten (= Stellvertreter), Bischöfe und Missionare vielfältige Aktivitäten. Auch der Dominikanerorden war bis 1291 sowohl durch Ordensniederlassungen in Jerusalem, Akkon, Tyrus, Antiochia usw. als auch durch Ordensbrüder, die Bischöfsstühle erlangten, in Palästina präsent. Wie auch in anderen Randbereichen der lateinischen Christenheit lässt sich in Outremer sogar ein gewisses Übergewicht mendikantischer, besonders dominikanischer Bischöfe feststellen. Zur Mitte des 13. Jahrhunderts waren Dominikanerbrüder aktiv an Verhandlungen mit den Repräsentanten anderer christlicher Konfessionen beteiligt, um eine Eingliederung der orientalischen Christen in die römische Kirche zu erreichen. Sie blieben jedoch letztlich erfolglos. Während die Augustinereremiten in Palästina kaum Bedeutung erlangte, war und ist das Heilige Land für den vierten und letzten der großen lateinischen Bettelorden von konstituierender Bedeutung. Denn die Wiege des Karmeliterordens lag im Heiligen Land, genauer: auf dem Berg Karmel, nach dem er sich benannte. Die neu entstandenen Herrschaften Palästinas steuerten schließlich auch eine weitere Neuschöpfung zur lateinischen Kirche bei: die Ritterorden. Bei ihnen handelt es sich wohl um die geistliche Institution der Kreuzfahrerherrschaften, die am längsten über deren Ende hinaus Bestand haben
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sollte. Sie werden in zwei eigenen Kapiteln (Kap. V., 1 und 2) eingehend dargestellt. Die Karmeliter Auf dem südlich von Haifa gelegenen Berg Karmel ließen sich zu einem unbekannten Zeitpunkt im 12. Jahrhundert Eremiten nieder. Sie suchten ein asketisches Leben in Weltabgeschiedenheit und Armut nach dem Vorbild des alttestamentlichen Propheten Elias. Anfang des 13. Jahrhunderts erhielten die Einsiedler aus der Hand des Patriarchen von Jerusalem zwar eine eigene Regel, doch erst eine 1247 aufgesetzte neue Regel schuf die Grundlage für die spätere Verwandlung der Gemeinschaft in einen internationalen Orden, indem sie die eremitischen Elemente zugunsten des apostolischen Lebens und der Seelsorge zurückstellte. Der Verlust des Königreichs Jerusalem bedingte die endgültige Verlagerung des Ordens nach Europa, wo er schon zum Ende des 13. Jahrhunderts über etwa 150 Konvente verfügte. Zu jener Zeit hatte er sich trotz gelegentlicher Anfeindungen als Vierter der großen Bettelorden etabliert. Nunmehr bildeten die Stadt, die Seelsorge und das Studium die bevorzugten Betätigungsfelder der Karmeliter. Dennoch vergaßen sie nie ihre eremitischen Ursprünge und wurden nicht müde, an ihre Herkunft aus dem Heiligen Land zu erinnern.
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c) Die orientalischen Kirchen Den meisten Lateinern Outremers dürften vor ihrer Ankunft im Heiligen Land die christlichen Konfessionen des Vorderen Orients unbekannt gewesen sein. Nun mussten sie zwischen Syrisch-Orthodoxen (den so genannten Jakobiten), Maroniten, Kopten, Armeniern, Nestorianern und anderen unterscheiden lernen. Die Gegensätze zwischen diesen Konfessionen betrafen in aller Regel das Verständnis der Person Christi (Christologie) und sind auch für den modernen Menschen oft nicht leicht auseinander zu halten. Die Kreuzfahrer mussten erfahren, dass Kopten und Jakobiten so genannte Miaphysiten (gebräuchlich: Monophysiten) waren. Diese glaubten, dass Christus ausschließlich göttlicher Natur und nicht – wie es das lateinische und griechische Christentum vertrat – sowohl göttlicher als auch menschlicher Natur gewesen sei. Die wenigsten Kreuzfahrer dürften gewusst haben, wer Jakob Baradaios, der 578 gestorbene miaphysitische Mönch und Gründer der syrischen Kirche, gewesen war, nach dem die Jakobiten bezeichnet wurden. Auch der hl. Maro († um 410) dürfte ihnen größtenteils unbekannt gewesen sein, denn die letztlich auf ihn zurückgeführte maronitische Kirche war von der griechisch-orthodoxen Hierarchie als ketzerisch verurteilt worden. Die Maroniten akzeptierten zwar die doppelte Natur Christi, erkannten ihm aber nur einen einzigen, göttlichen Willen zu (Monotheletismus). Sowohl die Jakobiten als auch die Maroniten hatten ihre Zentren in Syrien: die Jakobiten in Westsyrien und Edessa, die Maroniten im Libanon und in Galiläa. Die Lateiner mussten auch feststellen, dass sich in Ägypten eine eigene christliche Kirche entwickelt hatte, die sich auf den hl. Markus zurückführte, ebenfalls an die eine Natur Christi glaubte und als koptische Kirche bezeichnet wurde. In Bagdad wiederum residierte das geistliche Oberhaupt
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Das Verhältnis zwischen den christlichen Kirchen
der apostolischen Kirche des Ostens, die nach einem syrischen Patriarchen des 5. Jahrhunderts namens Nestorius († 450/451) als nestorianische Kirche bezeichnet wurde. Ihre Anhänger glaubten an die zweifache, jedoch unvermischte Natur Christi, was sowohl die Miaphysiten als auch die anderen christlichen Konfessionen ablehnten. Und auf ihrem Weg nach Jerusalem durchquerten die Kreuzfahrer auch Armenien, wo sich Ende des 2. Jahrhunderts ebenfalls eine eigene Kirche entwickelt hatte, die trotz aller anderweitigen Bestrebungen von Byzanz unabhängig blieb, zum Papsttum hingegen Beziehungen unterhielt. Auch ihre Mitglieder waren in den neuen Kreuzfahrerherrschaften anzutreffen. Alle genannten Konfessionen bis auf die Maroniten lehnten das im Jahre 451 auf dem Vierten Ökumenischen Konzil in Chalkedon verabschiedete Dogma von der zweifachen Natur Christi ab. Sie lassen sich daher auch unter der Bezeichnung Nicht-Chalkedonenser zusammenfassen. Dies unterschied sie nicht nur von der lateinischen, sondern auch von der griechisch-orthodoxen Kirche. Diese war lange die zahlenmäßig bedeutendste christliche Konfession der Levante. Ihre Beziehung zu Rom hatte sich nur wenige Jahrzehnte vor dem Ersten Kreuzzug rapide verschlechtert. Unter anderem war hierfür der 1054 neuerlich ausgebrochene Streit um das filioque verantwortlich. Der Kern des Disputs lag in der lateinischen Lehre, wonach der Heilige Geist aus dem Vater „und dem Sohn“ (filioque) hervorgegangen sei. Viele Anhänger der byzantinischen Reichskirche waren arabischsprachig, so genannte Melkiten oder Surianen. Die konfessionelle Vielfalt war in der Tat erstaunlich. Jakob von Vitry trug mit einer gewissen Ausführlichkeit die Charakteristika des christlichen Orients in seiner ›Historia Orientalis‹ (c. 74–78) zusammen und vermittelte sie so dem Westen. Diesseits von kirchenpolitischen Auseinandersetzungen und den Disputen gelehrter Theologen um christologische Gegensätze existierten im täglichen Zusammenleben Reibungspunkte, die sich aus den unterschiedlichen Liturgien der Konfessionen ergaben. Diese Unterschiede waren auch für den theologisch ungebildeten Christen erkennbar. Gerade in den nördlichen Kreuzfahrerherrschaften scheint es im Vergleich zum Königreich Jerusalem öfter zu Konflikten zwischen den Anhängern der unterschiedlichen orientalischen Kirchen gekommen zu sein. Strittig war beispielsweise seit jeher die Festlegung des Osterdatums. Der Disput hierüber wurde auch in der Grabeskirche in Jerusalem als zentralem Ort der Osterfeierlichkeiten aller Christen ausgetragen, etwa durch gegenseitige Verunglimpfungen. Ein weiterer für alle Gläubigen augenfälliger Unterschied – hier zwischen den Griechen und Lateinern – war die so genannte Azymenfrage: Dabei ging es darum, ob die Eucharistie (das Abendmahl) mit gesäuertem oder ungesäuertem Brot gefeiert werden sollte. Die Griechen forderten das Erste, die Lateiner das Zweite. Hier waren konfessionelle Unterschiede in der Tat mit den Sinnen zu spüren, und über diesen Streitpunkt wurden in Outremer wiederholt Traktate verfasst. Dennoch sind wir insgesamt nur über relativ wenige Konflikte zwischen den Lateinern und den anderen christlichen Glaubensgemeinschaften unterrichtet. Das griechische Patriarchat, über das nur wenige Zeugnisse aus dem 12. Jahrhundert erhalten geblieben sind, bestand nach der Eroberung von
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Die Situation der Kirchen der Kreuzfahrerherrschaften änderte sich im Verlauf des 13. Jahrhunderts stark: In den muslimisch eroberten Gebieten nahm die griechisch-orthodoxe Kirche verloren gegangene Stellungen wieder ein, während der Einfluss der anderen christlichen Religionsgemeinschaften abnahm. Die Lateiner büßten viele Bistümer ein, sodass ihre Kirche einen zunehmend urbanen Charakter erhielt; die Macht des lateinischen Patriarchen von Jerusalem wuchs, die personelle und wirtschaftliche Ausstattung der anderen Bischöfe hingegen war schlecht. Das kirchliche
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Die Kreuzfahrerherrschaften Leben Outremers kam 1291 zu einem jähen Ende. Die Kleriker mussten, soweit sie Akkon lebend verlassen konnten, ins Exil. Über Jahrhunderte erhielt das Papsttum seinen Anspruch auf das Heilige Land aufrecht, indem es so genannte Titularbischöfe ernannte, auch wenn deren Bistümer muslimisch beherrscht waren und daher nicht verwaltet wurden. Nur wenigen Institutionen gelang die Rückkehr nach Palästina.
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IV. Die europäischen Kreuzzüge 711
23. Juli: Niederlage der Westgoten am Fluss Guadalete – bis 716 muslimische Eroberung der Iberischen Halbinsel 1085 Eroberung Toledos durch Alfons VI. von Kastilien-León 1086 Niederlage der Christen gegen die Almoraviden bei Sagrajas 1107/08 Kreuzzugsaufruf gegen die Wenden 1118 Eroberung Zaragozas durch Alfons I. von Aragón 1147–49 Wendenkreuzzug sowie militärische Unternehmungen unter König Afonso Henriques I. von Portugal, Kg. Alfons VII. von Kastilien-León und Graf Raimund Berengar IV. von Barcelona 1168 Eroberung Rügens durch die Dänen 1195 9. Juli: Niederlage der Christen gegen die Almohaden bei Alarcos 1199 Kreuzzugsaufruf nach Livland und gegen Markward von Annweiler 1209–29 Albigenserkreuzzüge 1212 16. Juli: christlicher Sieg gegen die Almohaden bei Las Navas de Tolosa 1228–48 Eroberung Mallorcas (1228) und Valencias (1238) durch König Jakob I. von Aragón; Eroberung Córdobas (1236) und Sevillas (1248) durch Ferdinand III. von Kastilien-León. Christliche Expansion bis an die Algarveküste 1230–85 Eroberung des Prußenlands durch den Deutschen Orden 1239 Kreuzzugsaufruf gegen Kaiser Friedrich II. (1244 wiederholt) 1242 5. April: Niederlage des Deutschordensheeres gegen die Truppen Alexander Nevskijs am Peipussee 1260 Juli: Niederlage eines dänisch-schwedisch-deutschen Heeres gegen die Litauer bei Durben 1265–68 Krieg um die Herrschaft über Sizilien zwischen Karl I. von Anjou und den Staufern 1282–1302 Krieg um Sizilien zwischen den Angevinen und den Aragonesen (1285: Kreuzzug gegen Aragón) seit 1302 Mehrfache Kreuzzugsaufrufe gegen italienische Städte 1307 Kreuzzug gegen die Apostoliker unter Fra Dolcino 1386 Polnisch-Litauische Union 1410 15. Juli: Niederlage des Deutschordensheeres gegen PolenLitauen bei Tannenberg/Grunwald 1420–34 Hussitenkreuzzüge, mehrfache Niederlagen der Altgläubigen 1454–66 Dreizehnjähriger Krieg zwischen Deutschem Orden und Preußischem Bund, endet 1466 mit dem Zweiten Frieden von Thorn 1465–67 Neuerlicher Hussitenkreuzzug 1492 2. Januar: Übergabe Granadas an die Christen. Vertreibung oder Zwangstaufe der spanischen Juden und Muslime 1525 Säkularisierung des Deutschordenslands
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Die europäischen Kreuzzüge
1. Die Iberische Halbinsel a) Widerstand und Reconquista
Die muslimische Eroberung
Die Entstehung der christlichen Reiche
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Warum sollten in einem Buch über die Kreuzzüge die Iberische Halbinsel, der Ostseeraum und die Kriege gegen Häretiker behandelt werden? War Palästina nicht das Ziel aller Kreuzfahrer? Die Kreuzzüge par excellence waren in der Tat diejenigen in den Vorderen Orient, das wurde auch von den Menschen des Mittelalters so gesehen. Doch vergab die lateinische Kirche auch Ablässe für den Kampf gegen andere Gegner, und auch hierzu versammelten sich Kontingente aus verschiedenen Ländern, die sich durch Eide zum Kriegszug verpflichteten. Daher sollen in diesem Abschnitt in geraffter Form drei Kreuzzugsszenarien vorstellt werden. Keines von ihnen weist größere Ähnlichkeiten mit den Kreuzfahrerherrschaften des Vorderen Orients auf als die Iberische Halbinsel. Auch dort galt der Kampf den Muslimen, auch dort lebten drei Religionen in einem Raum unter lateinischer Herrschaft. Der Konflikt mit den Muslimen stellte zwar nicht, wie lange behauptet, den „roten Faden“ der spanischen und portugiesischen Geschichte dar; aber er unterschied die christlichen Herrschaften westlich der Pyrenäen vom größten Teil des lateinischen Europa. Im Folgenden soll zum einen eine kurze Übersicht der hispanischen Herrschaften des Mittelalters gegeben werden; zum anderen gilt es, die so genannte Reconquista nach zwei Phasen getrennt (711–1095 und 1095–1492) vorzustellen. Dabei sind Ähnlichkeiten, Unterschiede und Wechselwirkungen zwischen den Kriegszügen in den Vorderen Orient und denen ins heutige Spanien und Portugal aufzuzeigen. Das Jahr 711 stellt einen Wendepunkt in der Geschichte der Iberischen Halbinsel dar. Im Frühsommer jenes Jahres überquerte ein muslimisches Heer unter dem Heerführer Tāriq ibn Ziyād die Straße von Gibraltar und ˙ schlug am 23. Juli 711 die Westgoten vernichtend am Fluss Guadalete. Es gelang den Eindringlingen – vorwiegend islamisierte Berber und arabische Glaubensgenossen –, fast die gesamte Iberische Halbinsel unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Muslime nannten das von ihnen beherrschte Gebiet al-Andalus und erhoben die alte Bischofsstadt Córdoba zur Hauptstadt eines eigenen Emirats. Mit der Zeit löste sich dieses von der Zentrale, dem Kalifat in Bagdad, und im Jahre 929 begründete Emir Abd ar-Rahmān III. (912–961) ein eigenes Kalifat, dasjenige von Córdoba. Al-Andalus ˙war ethnisch und konfessionell sehr heterogen: Es gab Gegenden mit überwiegend berberischen, andere mit vorwiegend arabischen Muslimen, und auch innerhalb dieser Gemeinschaften gab es unterschiedliche Gruppen. Auf der Halbinsel lebten weiterhin viele Juden, und selbst die Mehrheit der Bevölkerung, die unterworfenen Christen, ließ sich in die Nachfahren der Westgoten und der Hispano-Romanen scheiden. Nur die gebirgigen, schwer zugänglichen Randzonen des Reiches im äußersten Norden der Halbinsel verblieben unter christlicher Herrschaft. Im Verlauf des 8. bis 11. Jahrhunderts entstanden hier fünf christliche Herrschaften (s. Karte 2): Im asturisch-kantabrischen Raum gingen aus der
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Die Iberische Halbinsel
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Schicht der exilierten westgotischen Adligen die Könige von Asturien hervor. Im 9. Jahrhundert dehnten sie ihr Herrschaftsgebiet nach Süden aus und nahmen u. a. die Stadt León ein. Dorthin verlagerte sich seit dem Beginn des 10. Jahrhunderts der Mittelpunkt des nunmehr als Königreich León bezeichneten Reiches. An dessen Südostflanke löste sich zu dieser Zeit allmählich die Grafschaft Kastilien aus der Verfügungsgewalt der Könige. Zu Beginn des 11. Jahrhunderts hatte sie sich endgültig als selbstständiges Königreich (Kastilien) etabliert. Im östlich angrenzenden Navarra entwickelte sich ein eigenes Fürstentum, dessen Anführer ihrerseits zu Beginn des 10. Jahrhunderts den Königstitel erlangten. Genauso wie die Könige von León mussten auch sie hinnehmen, dass eine ehemals abhängige Grafschaft, die Grafschaft Aragón, sich aus ihrer Verfügungsgewalt löste und nach 1035 zum Königreich aufstieg. Als letzte unter den fünf christlichen Herrschaften der Iberischen Halbinsel ist die Grafschaft Barcelona zu nennen. Sie war im Gegensatz zu den vier anderen ein Teil des Karolingerreichs, dessen südlichste Grenze sie zusammen mit einer Reihe anderer katalanischer Grafschaften bildete. Im Laufe des 11. Jahrhunderts entwickelten sich die Barceloneser Grafen zur beherrschenden Macht im östlichen Pyrenäenraum. Diese fünf Herrschaften – León, Kastilien, Navarra, Aragón und Barcelona – machten im Hochmittelalter Wandlungen durch: Zum einen entstand aus der dynastischen Verbindung der Herrscher Barcelonas und Aragóns (1137) die katalano-aragonesische Krone bzw. Krone Aragón. Zum anderen machte sich die Grafschaft Portugal von León unabhängig und stieg im Jahre 1143 offiziell in den Rang eines Königreichs auf. Und schließlich wurden Kastilien und León von 1038 bis 1157 und endgültig im Jahre 1230 vereinigt. Das Nebeneinander dieser unabhängigen Königreiche (Portugal, Kastilien-León, Navarra, Aragón) macht eine allgemeine Darstellung der „spanischen“ Geschichte im Grunde unmöglich. Nur unter diesem Vorbehalt sei im Überblick der Prozess beschrieben, der als „Reconquista“ bezeichnet wird. Mit diesem Begriff wird die Wiedereroberung ehemals christlich beherrschter Gebiete aus der Hand der Muslime bezeichnet. Die Reconquista stellte keinen dauerhaften Krieg, sondern eine Aufeinanderfolge von langen Friedensperioden und kürzeren Krisenzeiten dar. Es ist zu bedenken gegeben worden, dass diese spätere Bezeichnung (sie stammt aus dem 19. Jahrhundert) den schlichten Vorgang der Landnahme nachträglich ideologisch auflade. Doch liegen genügend zeitgenössische Hinweise dafür vor, dass die Vorstellung einer Rückerlangung der verlorenen politischen und religiösen Einheit in der Tat unter den Christen vorhanden war. Im Königreich Asturien etwa wurde vor allem im Umkreis König Alfons’ III. (866–910) die Erinnerung an das untergegangene Westgotenreich gepflegt und dessen Wiederherstellung propagiert. Dieser „Neogotizismus“ war eine wichtige Grundlage für die Expansion des 10. und 11. Jahrhunderts. Er bewirkte, dass bis zum Abschluss der Eroberung die Glaubensgrenzen als provisorisch angesehen wurden und die christlichen Herrscher immer wieder im Vorgriff auf zukünftige Eroberungen ihre Expansionsgebiete vertraglich absteckten. Nur mittelbar mit dem Neogotizismus verknüpft war der Gedanke des
Die Reconquista
Heiliger Krieg oder Grenzkampf?
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Die europäischen Kreuzzüge Glaubenskrieges. Die Mehrzahl der frühen Quellen beschreiben die Auseinandersetzung mit den Muslimen losgelöst von jedem religiösen Gehalt. Es liegen allerdings einige andere vor, welche die Reconquista auch theologisch begründen: In Geschichtswerken des 10. und 11. Jahrhunderts wie der ›Chronica Gothorum‹, der ›Chronica de Sampiro‹ u. a. m. wurde der Konflikt als ein von Gott gewollter und dadurch geheiligter Kampf dargestellt. Ebenso wie in der Levante ging es also auch hier in den Augen mancher Christen um die Wiederherstellung einer gestörten christlichen Ordnung. Denn es handelte sich bei den eroberten Gebieten um ehemals christliche Territorien, in denen vor der muslimischen Eroberung eine vollständig ausgeprägte Kirchenstruktur bestanden hatte. Doch war diese Ansicht offenbar lange Zeit nicht so verbreitet, dass sie dem Vorgehen der Christen eine große Konsequenz verliehen hätte; noch weniger lockte sie Auswärtige zum Kampf nach Spanien. Die Fronten waren nicht so klar gezogen, wie es oft in der Rückschau gesehen wird. Lokale Machthaber – ob Muslime oder Christen – verbündeten sich in wechselnden Koalitionen miteinander, die Religion spielte bei alledem oftmals eine untergeordnete Rolle. Das beste Beispiel für das Miteinander von Kooperation und Konflikt im 11. Jahrhundert bietet Rodrigo Díaz de Vivar, el Cid.
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El Cid (von arab. al-Sīd = der Herr, 1043–1099) war der Name, den die Muslime dem kastilischen Adligen Rodrigo Díaz de Vivar gaben. Das Leben dieses Gefolgsmannes Sanchos II. und Alfons’ VI. von Kastilien ist in der ›Historia Roderici‹ (Mitte des 12. Jahrhunderts) und in der weniger verlässlichen ›Poema del mío Cid‹ (Ende 12./Anfang 13. Jahrhundert) überliefert. Sie schildern die wechselnden Koalitionen des Cid: Rodrigo stritt im Namen seines Herren gegen Christen, war an innerislamischen Kämpfen zwischen den Herrschern von Sevilla und Granada beteiligt, unterstützte aber auch die Muslime von Zaragoza gegen den christlichen König von Aragón. Im Jahre 1094 übernahm er die Herrschaft über das muslimische Valencia. Dort legte er faktisch die bis dahin stets beachteten Lehnbande zu Alfons VI. ab, errichtete ein eigenständiges Reich und verteidigte es erfolgreich gegen Angriffe muslimischer Gegner. Deutlicher könnte die ungewöhnliche Lage an der interkonfessionellen Grenze kaum zum Ausdruck kommen. Zugleich ist die Geschichte des am 10. Juli 1099 verstorbenen Cid Campeador (von campi doctor = siegreicher Kämpfer) ein eingängiges Beispiel für die Möglichkeiten, die sich militärisch und politisch fähigen Kriegern an der Glaubensgrenze eröffneten.
Die Kämpfe des Cid gegen die Muslime waren noch eine weitgehend „innerhispanische“ Angelegenheit. Zu dieser Zeit jedoch begann die Auseinandersetzung auch Christen von jenseits der Pyrenäen anzulocken. Hierfür war eine Reihe von Gründen verantwortlich: Erstens führten dynastische und feudale Verbindungen der hispanischen Herrscherhäuser zu Kontakten mit fremden Geschlechtern. Zweitens zog das bedeutende Pilgerzentrum Santiago de Compostela in Galicien seit dem 11. Jahrhundert einen stetig wachsenden Menschenstrom auf dem so genannten Jakobsweg an. Und drittens wuchs zu dieser Zeit auch das Interesse des Papsttums an der Iberischen Halbinsel. Lange war der Zugriff der römischen Kirche auf den karolingisch geprägten östlichen Pyrenäenraum begrenzt. Doch in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts weitete sich die Einflusszone: Das Königreich Aragón begab sich 1068 unter den Schutz des Papsttums und übernahm den römischen Ritus. Auch Kastilien, León und Navarra folgten
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Die Iberische Halbinsel bald der römischen Liturgie, und papstnahe Kirchenleute übernahmen wichtige kirchliche Funktionen. Der Anschluss an die römische Kirchenverfassung machte sich auch im Umgang mit den Muslimen bemerkbar. 1064 beteiligte sich erstmals ein größeres Kontingent französischer Ritter an der Belagerung und Einnahme der aragonesischen Stadt Barbastro. Papst Alexander II. unterstützte dies, indem er hierfür Ablässe in Aussicht stellte und den Kampf um Barbastro als in besonderem Maße gerecht, von Gott gewollt und gerechtfertigt darstellte. Bei diesen Kämpfen kamen den Christen die politische und militärische Schwäche der Muslime in al-Andalus entgegen. Zwar konnte der Feldherr Al-Mansūr billāh († 1002, span. Almanzor) noch einmal große Erfolge ver˙ aber eine Generation nach seinem Tode löste sich das Kalifat zeichnen, von Córdoba in eine Reihe von Teilreichen, die so genannten Taifenreiche, auf (1031). Diese waren oftmals dazu gezwungen, sich durch Tributzahlungen (so genannte parías) vom Angriff der Christen „freizukaufen“ oder mit diesen zu paktieren. Dennoch dehnte sich das christlich beherrschte Gebiet immer weiter aus. Der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung wurde am 6. Mai 1085 erreicht, als es unter König Alfons VI. von KastilienLeón gelang, die alte westgotische Hauptstadt Toledo einzunehmen. Doch der Sieg sollte ungeahnte Konsequenzen haben: Die bedrängten Muslime riefen Glaubensbrüder vom afrikanischen Festland zu Hilfe: die Almoraviden (arab. al-murābit ūn). Dabei handelte es sich um strenggläubige Berber, ˙ Dschihad (vgl. Kap. II., 4. b) besonders verpflichdie dem Gedanken des tet waren. Sie brachten den Truppen Alfons’ VI. am 23. Oktober 1086 bei Sagrajas eine vernichtende Niederlage bei und übernahmen bald darauf selbst die Herrschaft in al-Andalus: Bis zum Jahre 1095 eroberten sie fast alle Taifenreiche; auch die valencianische Herrschaft des Cid fiel ihrer Expansion zum Opfer. Eine Epoche in der Geschichte Spaniens war zu Ende. Sie war durch die vorwiegend weltlich-politische Begründung der Reconquista geprägt gewesen. Nun wurde die Auseinandersetzung auf beiden Seiten stärker religiös begründet, die Fronten verhärteten sich.
IV.
Die Almoraviden
b) Die europäische Dimension der Reconquista Mit der Expansion der Almoraviden auf der Iberischen Halbinsel (1085– 1095) begann die zweite Phase der Reconquista. Sie brachte eine religiös aufgeladene Form der Kriegführung nach al-Andalus, die auch auf das Christentum einwirkte. Das Engagement der Päpste für die Iberische Halbinsel nahm zu, und weitere Auswärtige zogen in den Westen, um gegen die Muslime zu kämpfen. Unter ihnen befanden sich sogar einige der späteren Teilnehmer am Ersten Kreuzzug wie Graf Raimund von Toulouse. Zwar darf nicht übersehen werden, dass verschiedene Faktoren die Teilnahme der Fremden an den Kämpfen bedingten: Dazu gehörten zweifellos auch die Hoffnung auf Beute oder Landgewinn, politische Überlegungen und andere Motivationen wie etwa feudale Lehnsbindungen zu hispanischen Herrschern. Doch waren die Kämpfe zugleich Ausdruck eines sich auf der Iberischen Halbinsel verschärfenden Gegensatzes zwischen den
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Der Einfluss des Ersten Kreuzzugs auf die Iberische Halbinsel
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Religionen, der über die Pyrenäengrenze hinweg Kreise zu ziehen begann. Hierbei werden bereits zum Ende des Jahrhunderts zumindest einige Elemente der Kreuzzugsbewegung erkennbar: Genannt seien die Betonung des Glaubenskampfes, die starke Beteiligung des Papsttums, die Erteilung von Ablässen und die Teilhabe Fremder an den Kämpfen. Die Situation auf der Iberischen Halbinsel scheint vor allem auf die Haltung des Papsttums zum gewaltsamen Vorgehen gegen den Islam eine starke Wirkung ausgeübt zu haben; aber es kann nicht belegt werden, dass sie unmittelbar zur Ausrufung des Ersten Kreuzzugs beitrug, und genauso wenig kann man zu diesem Zeitpunkt die Kämpfe auf der Iberischen Halbinsel schlichtweg als Kreuzzüge bezeichnen. Denn noch fehlten in Spanien einige der oben dargestellten konstitutiven Elemente (vgl. Kap. I., 2 und 3): So wurde z. B. weder die individuelle, vollständige Vergebung der Sünden in Aussicht gestellt, noch legten die Kriegsteilnehmer einen Eid ab oder kennzeichneten sich mit dem Kreuz. Zumindest in der Frage des Ablasses wurde noch vor der Eroberung Jerusalems ein wichtiger Schritt getan: Zwischen 1096 und 1099 stellte Urban II. den Christen, die zur Wiederherstellung der katalanischen Stadt Tarragona beitrugen, ausdrücklich die Tilgung ihrer Sündenstrafen (remissio peccatorum) in Aussicht. Die Verbindung zwischen dem Kampf gegen die Muslime und dem Plenarablass wurde also in vollem Maße erstmals auf der Iberischen Halbinsel hergestellt. Andere Merkmale schlugen dagegen erst von den Kreuzzügen des Vorderen Orients nach Spanien zurück. Im Jahre 1101 kämpfte König Peter von Aragón erstmals unter dem Banner des Kreuzes gegen die Muslime vor Zaragoza, wo er eine Ortschaft nach dem Ruf der ersten Kreuzfahrer (Deus vult – „Gott will es“) benennen ließ. 1114 wurden den Christen, die zur Eroberung der Balearen aufbrachen, ausdrücklich Ablässe in Aussicht gestellt, ein päpstlicher Legat begleitete das Unternehmen, und die Teilnehmer hefteten sich das Kreuzeszeichen an. Auch bei der Eroberung Zaragozas im Jahre 1118 wurden Auswärtige zu Hilfe gerufen und Ablässe versprochen. Spätestens zu dieser Zeit hatten die Kriegszüge auf die Iberische Halbinsel zumindest in den Augen des Papsttums und der auswärtigen Krieger den Charakter eines Kreuzzugs angenommen. Es war nur folgerichtig, dass 1121 ausdrücklich den Kämpfern in Spanien die gleichen Ablässe wie den Kreuzfahrern ins Heilige Land zugestanden wurden; und beim Ersten Laterankonzil von 1123 galten Bestimmungen denen, die sich das Kreuz anhefteten, „um nach Jerusalem oder nach Spanien zu ziehen“. In Spanien wurde auch die erste Kreuzzugsbulle zur Rekrutierung von Kreuzfahrern erlassen. Fast zeitgleich mit der Gründung der palästinensischen Ritterorden entstanden hier Milizen (milicias), die wie jene ein religioses Leben mit dem Kampf gegen die Muslime verbanden. Man kann also ein gegenseitiges Nehmen und Geben zwischen der Levante und der Iberischen Halbinsel feststellen. Beide wurden als Kreuzzugsgebiete wahrgenommen. Zu dieser Einschätzung trugen literarische Texte ihren Teil bei. In der ›Chanson de Roland‹, dem ›Rolandslied‹ und dem so genannten ›PseudoTurpin‹ (›Historia Karoli Magni et Rotolandi‹) wurde der über dreihundert Jahre zurückliegende Kriegszug Karls des Großen auf die Iberische Halbinsel als Kreuzzug dargestellt, und auch manche Chansons de Geste be-
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Die Iberische Halbinsel
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sangen die Kämpfe der Christen in Hispania. Zwar deuten nur wenige Quellen auf eine authentische Kreuzzugsgesinnung bei den einheimischen hispanischen Christen hin. Doch ist dies wenig verwunderlich: Das Gleiche trifft auch auf die Einwohner Outremers nach der Etablierung der Kreuzfahrerherrschaften zu, denn für die Christen vor Ort nahmen die Auseinandersetzungen den Charakter von Grenzkriegen an. Vor allem bei großen Kampagnen schlugen sich jedoch Kreuzzugswerbung und -begeisterung auch hier in den Quellen nieder. Eine wirklich entscheidende Beteiligung auswärtiger Kreuzfahrer ist in den Jahren 1147/48 festzustellen. Zeitgleich mit dem Kreuzzug gegen Damaskus und einem großen Kriegszug im Ostseeraum unternahmen die hispanischen Könige eine Reihe von Offensiven gegen die geschwächte Almoravidenherrschaft: In Portugal wurde Lissabon eingenommen (Oktober 1147), im gleichen Monat eroberte der kastilische König die wichtige Hafenstadt Almería, und in der katalano-aragonesischen Krone konnten die Taifenreiche von Tortosa und Lleida bezwungen werden (Dezember 1148 und Oktober 1149). Hierfür bedienten sich die Monarchen der Hilfe Fremder: Afonso Henriques I. von Portugal (1128–1185) nutzte die Anwesenheit niederrheinischer und englischer Kreuzfahrer, die auf dem Weg ins Heilige Land waren, für die Eroberung Lissabons (24. Oktober 1147). Manche der englischen Kreuzfahrer nahmen einige Monate später an der Einnahme Tortosas durch Graf Raimund Berengar IV. von Barcelona (1131–1162) teil. Unterstützt wurden sie von einer genuesischen Flotte, die für den Erfolg des Unternehmens entscheidend war. Zweifellos stellten die Kampagnen von 1147/48 den Höhepunkt ausländischer Beteiligung an der Reconquista dar. In der Folge sollten die iberischen Monarchen dafür sorgen, dass die Präsenz fremder Kreuzfahrer beschränkt blieb. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen den Kreuzzügen in der Levante und denen der Iberischen Halbinsel: Während die Lateiner im Vorderen Orient aktiv die Hilfe ihrer europäischen Glaubensbrüder suchten und dieser auch dringend bedurften, waren die hispanischen Christen offenbar nicht im gleichen Maße auf Unterstützung angewiesen. Sicherlich gab es Initiativen wie diejenige König Ludwigs VII. von Frankreich, der 1159 gemeinsam mit Heinrich II. von England den hispanischen Glaubensbrüdern zu Hilfe kommen wollte; fremde Kreuzfahrer beteiligten sich auch an verschiedenen Kampagnen (etwa in den Jahren 1212 bei Las Navas de Tolosa, 1217 in Portugal und 1309 bei Gibraltar). Doch es ist bezeichnend, dass die Initiative von 1159 im Sande verlief, weil sie nicht mit den einheimischen Monarchen abgestimmt war. Insgesamt lässt sich die internationale Resonanz der Reconquista nicht mit derjenigen der Kreuzzüge in den Vorderen Orient vergleichen. Allerdings ändert diese Einschränkung nichts am Charakter der Iberischen Halbinsel als Kreuzzugsgebiet, sie stellt nur eine Gewichtung dar.
Die Kampagnen von 1147–1149
Zur Mitte des 12. Jahrhunderts vollzog sich wieder ein Herrschaftswechsel in al-Andalus: Die Almoraviden wurden von den Almohaden von der Macht verdrängt. Die Almohaden (arab. al-muwah h idūn) waren wie die ˙ einem anderen BerAlmoraviden sunnitische Reformer, doch gehörten ˙sie
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Die Expansion des 13. Jahrhunderts
Das Ende der Reconquista
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berstamm an. Sie führten den Dschihad vor allem gegen die Almoraviden, denen sie Laxheit und Glaubensirrtümer vorwarfen. Mit äußerster Härte eroberten sie bis 1148 Marokko, und bis 1172 hatten sie auch al-Andalus unterworfen. Ihren größten Erfolg gegen die Christen trugen die Almohaden am 9. Juli 1195 in Alarcos gegen die Truppen Alfons‘ VIII. (1158– 1214) von Kastilien davon. Die Niederlage ließ die Christen ihre inneren Streitigkeiten überwinden und einen gemeinsamen Zug gegen die Muslime planen. Starke Unterstützung erhielten sie von Papst Innozenz III., der durch Kreuzzugsbullen, Prozessionen und Fürbitten die Kampagne weit über die Grenzen Spaniens hinaus bekannt machte. So stieß denn auch ein ansehnliches Kontingent auswärtiger, vor allem französischer Kreuzfahrer zu den vereinten Heeren der Könige Kastiliens, Aragóns und Navarras. Zwar zogen sich die meisten Fremden zurück, als ihnen verwehrt wurde, eroberte Burgen zu plündern, doch am 16. Juli 1212 siegten die einheimischen Christen bei Las Navas de Tolosa über das Heer der Almohaden. Nach der Schlacht von Las Navas de Tolosa sollte den Muslimen in Spanien kein großer militärischer Erfolg mehr beschieden sein. Daher ist die Schlacht als endgültiger Wendepunkt in der Geschichte der Reconquista eingegangen, auch wenn dies den Zeitgenossen nicht klar gewesen sein dürfte. In diese Zeit fällt der Versuch des Papsttums, die Reconquista von den orientalischen Kreuzzügen abzukoppeln: Innozenz III. wollte alle verfügbaren Kräfte auf einen Zug zur Befreiung Jerusalems lenken. Daher nahm er mit der Kreuzzugsbulle ›Quia maior‹ von 1213 die Indulgenzen zurück, die bis dahin Christen für den Kampf auf der Iberischen Halbinsel erlangten. Er hob damit implizit die seit dem Beginn des 12. Jahrhunderts vertretene Gleichsetzung beider Szenarien auf. Die Kursänderung von 1213 trug sicher ihren Teil dazu bei, den Expansionsdrang zu bremsen. Aber auch Herrschaftswechsel und innere Zerwürfnisse hinderten die Sieger von Las Navas de Tolosa daran, die Expansion sofort voranzutreiben. Erst nach einer knapp zwanzigjährigen „Atempause“ wurden die Eroberungen fortgesetzt, nun aber mit großem Erfolg: Unter König Ferdinand III. eroberten die Kastilier in einer Reihe von Feldzügen die wichtigsten Städte Andalusiens, darunter auch Córdoba und Sevilla (1236 bzw. 1248). In der katalano-aragonesischen Krone gelang Ähnliches Jakob I., dem Eroberer (1213–1276): 1228 wurde Mallorca besetzt, 1238 fiel das mächtige Reich von Valencia. In Portugal schließlich erreichte die Expansionsbewegung bis zum Jahre 1248 die Algarveküste. In kaum zwanzig Jahren hatten die Reiche Portugal, Kastilien und Katalonien-Aragón fast ganz al-Andalus erobert und damit ihre eigene hegemoniale Stellung auf der Iberischen Halbinsel zementiert. Bloß im gebirgigen Raum um die Sierra Nevada in Südspanien konnte sich eine muslimische Herrschaft halten: das von der arabischen Dynastie der Nasriden regierte Königreich Granada. Für über zwei Jahrhunderte spielte es geschickt seine Stellung zwischen dem muslimischen Marinidenreich im Süden (im heutigen Marokko und Algerien) und den Christen im Norden aus. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts flammte die Reconquista aufs Neue auf: Im Kampf gegen die Mariniden eroberte ein aragonesisch-kastilisches Heer 1309 Gibraltar, und am 30. Oktober 1340 trug ein portugiesisch-kastilisches Heer einen großen Sieg am Fluss Salado davon. Bei bei-
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den Anlässen kämpften auswärtige Kreuzfahrer mit, denen Ablässe zugesagt worden waren. Auch nach dieser Zeit zogen Christen über die Pyrenäen nach Spanien, um die Muslime zu bekämpfen, doch waren diese Fahrten inzwischen stark von höfisch-ritterlichen Idealen geprägt. Vielen Rittern ging es offenbar mehr um Ehre und Abenteuer als um ihr Seelenheil. Nach der Union der Königreiche Kastilien und Aragón (1469) unter den „Katholischen Königen“ Ferdinand II. und Isabella wurde auch Granada, das letzte muslimische Reich auf iberischem Boden, nach einem zehnjährigem Krieg erobert. Mit seinem Fall am 2. Januar 1492 war die Reconquista beendet. Doch der Gedanke lebte weiter und diente in der Folge dazu, die spanische Expansion nach Amerika zu begründen und zu rechtfertigen.
c) Die neuen politischen, kirchlichen und gesellschaftlichen Strukturen Die Christen auf der Iberischen Halbinsel standen während der Expansion ähnlichen Herausforderungen gegenüber wie ihre Glaubensbrüder in Palästina und Syrien: Das Eroberte war zum einen kirchlich, zum anderen herrschaftlich zu strukturieren. Mit dieser Aufgabe ging weiterhin die Ansiedlung von Christen in entvölkerten oder bereits bewohnten Gebieten einher. Schließlich musste auch die Rechtsstellung der Unterworfenen geklärt werden. Wie diese vier Ziele erfüllt wurden, gilt es im Folgenden zu umreißen. Die erste Aufgabe, der Wiederaufbau der Kirchenstruktur, schien auf den ersten Blick leicht zu lösen, weil bereits zur Zeit der muslimischen Eroberung eine vollständig ausgebaute Kirchenorganisation existiert hatte. Doch ebenso wie in Palästina hatten sich auch auf der Iberischen Halbinsel während der Jahrhunderte muslimischer Herrschaft Veränderungen vollzogen. Inzwischen lagen die politischen Interessen oftmals anders als zur Zeit der Westgoten. Daher wurden z. B. einige Bischofstitel auf neue Sitze übertragen. Das durch das Grab des Apostels Jakobus aufgewertete Pilgerzentrum Santiago de Compostela etwa erlangte die Bistumswürde vom nahe gelegenen Iria. Strittiger war die Errichtung neuer Erzbistümer. Die neuen politischen Herrschaften bedurften eigener kirchlicher Zentren, und so entstanden Erzbistümer für das Königreich León, Portugal und die katalanoaragonesische Krone: Dem Wallfahrtszentrum Compostela wurde 1120 (endgültig 1124) gegen den erbitterten Widerstand des alteingesessenen Erzbistums Toledo diese Würde verliehen, Ähnliches gelang Braga in Portugal (schon 1100) und Tarragona in Katalonien (1118). Mit dieser kirchenorganisatorischen Entwicklung ging der Aufbau neuer politischer Strukturen Hand in Hand. In den ersten Jahrzehnten der Reconquista wurde noch die so genannte presura (lat. aprisio) betrieben, d. h., Gebiete wurden in Eigeninitiative ohne herrschaftliche Kontrolle erobert. Bald gelang es jedoch den Machthabern, die Landnahme unter ihre Verfügung zu bringen: Ab dem 9. Jahrhundert waren sie es, die zu den Eroberungszügen aufriefen und die eroberten Territorien verteilten. Ab der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts erlangten die Ritterorden immer größere
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Die europäischen Kreuzzüge
Die repoblación (Wiederbesiedlung)
Besitzungen, weil ihr Beitrag zum militärischen Erfolg zunahm. Die Monarchen sorgten aber durch die Vergabe großer Besitzungen an kirchliche Einrichtungen, an Adlige und an Verwandte dafür, dass die Dominanz der Ritterorden nicht zu groß wurde. Damit ist die dritte Aufgabe der Eroberer genannt, die Besiedlung. Die Reconquista war schon frühzeitig durch Wiederbesiedlungsmaßnahmen, die so genannte repoblación, flankiert worden. Die meisten dieser Siedler kamen von der Iberischen Halbinsel: emigrierte Christen aus dem muslimischen al-Andalus oder Glaubensbrüder aus den nördlichen Gebieten. Doch ließen sich gerade entlang des Jakobsweges nach Santiago de Compostela auch Auswärtige nieder, insbesondere Franzosen. Im Verlauf des 11. bis 13. Jahrhunderts besiedelten Christen in mehreren Schüben die neu eroberten Räume. In den Grenzgebieten Kastilien-Leóns z. B. entstand eine Linie befestigter Städte, die sich im Wesentlichen der Viehwirtschaft widmeten. Da dort die Gefahr plötzlicher Angriffe besonders groß war, mussten die Gemeinden selbstständig handeln können; sie schufen eigene militärische Einheiten, so genannte milicias, die auch für die Reconquista wichtige militärische Funktionen besaßen. Die Ansiedlung in diesen Vorposten wurde den Christen dadurch attraktiv gemacht, dass ihnen die Territorialherren urkundlich verhältnismäßig große Freiheiten einräumten. In den Grenzzonen schlugen sich diese Privilegien auch in normativen Texten nieder, den so genannten fueros.
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Fuero Fuero ist auf der Iberischen Halbinsel zum einen der Name für Sammlungen des Gewohnheitsrechts. Zum anderen werden städtische Rechtsordnungen als fueros bezeichnet. Diese konnten die eigentliche Privilegierung seitens des Stadtherrn beinhalten, aber auch genauere Regelungen über die Abgabenpflichten oder das Verfassungsleben in der jeweiligen Stadt. Die fueros stellten die Grundlage städtischer Autonomie in den Grenzbezirken dar. Einige von ihnen gewannen Vorbildcharakter für andere Gemeinden, sodass sich eigene Stadtrechtsfamilien herausbildeten. Einflussreich und besonders ausführlich ist das fuero von Cuenca, das unmittelbar nach der Eroberung dieser Stadt im Jahre 1177 verfasst wurde. Darin stehen u. a. genaue Bestimmungen zur Organisation von Razzien und zur Verteilung der dabei gemachten Beute, aber auch zur Wahl der städtischen Amtleute.
Die Stellung der Unterworfenen
Die Siedler trafen in den neu eroberten Gebieten auf ansässige Muslime und Juden. Das Verhältnis zu ihnen wurde auf der Iberischen Halbinsel ganz ähnlich geregelt wie im Vorderen Orient. Hier wie dort erkennt man keinen toleranten, sondern einen pragmatischen Umgang mit den Andersgläubigen. Der häufig benutzte Begriff der convivencia (Zusammenleben) suggeriert in höherem Maße Kooperation und Austausch, als es der Wirklichkeit entsprach. Conveniencia (Zweckmäßigkeit) umschreibt besser die Interessen, die sowohl im Orient wie auf der Iberischen Halbinsel für die Koexistenz verantwortlich waren. Die Muslime unter christlicher Herrschaft, die so genannten mudéjares, waren mehr noch als die Juden Einwohner zweiter Klasse: Sie mussten eine Kopfsteuer zahlen, durften keine Waffen tragen und wurden in eigenen Vierteln zusammengezogen. In Andalusien z. B. mussten die unterworfenen Muslime die Städte verlassen, ihre Häuser wurden im so genannten repartimiento unter den Siegern ver-
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Der Ostseeraum
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teilt. Allerdings konnten die Muslime auf der Iberischen Halbinsel weitgehend ungehindert ihrer Religion nachgehen und besaßen Rechtssicherheit. Auch für die Untersuchung der Koexistenz der drei monotheistischen Religionen auf der Iberischen Halbinsel sind fueros wie dasjenige von Cuenca wichtig. Muslime und Juden wurden darin explizit zum Siedeln aufgefordert und begegnen als zwar nicht rechtlich gleichgestellte, aber mit verbrieften Rechten ausgestattete Untertanen. Eine eigentliche Missionstätigkeit wurde auf der Iberischen Halbinsel ebenso wenig vorangetrieben wie in Outremer; dennoch fand allmählich eine Christianisierung statt. Für die Übernahme des Christentums dürfte vor allem die rechtliche Benachteiligung der Andersgläubigen sowie die fortdauernde christliche Herrschaft verantwortlich gewesen sein. Trotz aller Christianisierungstendenzen existierten auch am Ende der Reconquista im Jahre 1492 noch große jüdische und muslimische Gemeinden. Sie fielen dem Streben der Katholischen Könige (Isabella I. von Kastilien, 1474– 1504, und Ferdinand II. von Aragón, 1479–1516) nach konfessioneller Einheit zum Opfer: Die Juden mussten, soweit sie ihren Glauben nicht aufgaben, das Land 1492 verlassen, und die mudéjares wurden wenig später zwangsgetauft. Im Jahre 1609 schließlich wurden auch die Nachfahren dieser ehemaligen Muslime des Landes verwiesen.
2. Der Ostseeraum a) Die Internationalisierung des Heidenkampfs im Ostseeraum Auch die christliche Eroberung des Ostseeraums war Teil der allgemeinen Expansionsbewegung des Hochmittelalters. Sie setzte bereits vor dem Ersten Kreuzzug mit der Christianisierung skandinavischer Gebiete und den Zügen gegen die Westslawen ein, wurde aber im 12. Jahrhundert von den Ereignissen im Vorderen Orient beeinflusst. Zuerst wurden Elemente der Kreuzzüge im Ostseeraum übernommen, und schließlich reihte sich die dortige Expansion selbst in die Kreuzzugsbewegung ein. Der früheste Hinweis auf diesen Wandel liegt in einem Kreuzzugsaufruf aus dem Jahre 1107/08 vor. In ihm forderten die weltlichen und geistlichen Machtträger Ostsachsens die Christen in Westfalen, Flandern und am Niederrhein dazu auf, den Kampf gegen die heidnischen Slawen östlich der Elbe zu unterstützen. Die Kämpfer wurden ausdrücklich mit den Kreuzfahrern in Palästina verglichen und das zu erobernde Gebiet direkt mit den Heiligen Stätten gleichgesetzt: „Unser Jerusalem [das zu erobernde Gebiet], welches seit den Anfängen frei war, ist durch die Grausamkeit der Heiden zum Sklaven geworden. Seine Wände brechen wegen unserer Sünden zusammen.“ Der Bezug zu den Kreuzzügen springt ins Auge, doch sollte es bis zum Jahre 1147 dauern, ehe die christliche Expansion an der Ostsee auch von päpstlicher Seite in den Rang eines Kreuzzugs erhoben wurde. In der Folge wurden immer wieder (1171, 1199, 1240, 1249 u. ö.) die Kriegszüge an der Ostsee mit denen in der Levante gleichgesetzt und auch mit identischen Ablässen (der remissio peccatorum) ausgestattet. Die Teilnahme an einem
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Die europäischen Kreuzzüge Kreuzzug im östlichen Mittelmeer konnte durch diejenige an einem Kriegszug gegen die Heiden im Baltikum kommutiert (ersetzt) werden. Zwar wurde im Jahre 1265 der letzte päpstliche Kreuzzugsablass für diesen Raum erteilt, doch in der Folge stellte der Deutsche Orden Indulgenzen in Aussicht, und die Kämpfer selbst bezeichneten sich noch im 14. und 15. Jahrhundert oftmals als peregrini, legten bei ihrem Aufbruch Kreuzzugseide ab und ließen dadurch erkennen, dass sie sich als Kreuzfahrer betrachteten. Wie stark die Kreuzzugsbewegung in diesem Raum wirkte, wird u. a. an der Herkunftssage der dänischen Flagge, des mit dem weißen Kreuz versehenen Danebrog, erkennbar: Als Zeichen göttlichen Beistands sei sie während einer Schlacht nahe Reval (Tallinn) gegen die heidnischen Esten am 15. Juni 1219 vom Himmel gefallen und habe den Christen zum Sieg verholfen. Zwar verloren die Kriegszüge im Baltikum zum Ende des Spätmittelalters weitgehend ihren Kreuzzugscharakter, doch vom 12. bis 14. Jahrhundert kann man den Ostseeraum zweifellos als ein Kreuzzugsgebiet bezeichnen. Träger der Expansion
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Die Kreuzzüge im Ostseeraum wurden nicht allein von einer einzigen Macht, etwa dem Deutschen Orden, vorangetrieben; genauso wenig bildeten die Heiden eine homogene Gruppe. Den Christen standen eine Vielzahl unterschiedlicher Stämme und Völker gegenüber: anfangs die westslawischen Völker oder Stammeszusammenschlüsse der Lutizen, Pomoranen u. a., dann bei der Expansion nach Osten eine Reihe baltischer Stämme: Prußen, Litauer, Kuren, Semgaller, Liven und Esten. Unter den christlichen Handlungsträgern wiederum lassen sich zumindest fünf unterscheiden: erstens weltliche Potentaten, zweitens die Kirche, drittens der Deutsche Orden, viertens die Städte und fünftens schließlich einzelne, nicht weiter eingebundene Kreuzfahrer. Unter den weltlichen Potentaten im Ostseeraum seien zum einen das Römisch-Deutsche Reich, sowohl mit seinen Monarchen als auch mit seinen Machtträgern im Nordosten wie den Herzögen von Sachsen u. a., hervorgehoben. Zum anderen ist auf die Könige Dänemarks und Schwedens zu verweisen. Diese beiden Herrscherhäuser waren selbst noch nicht lange christianisiert und trieben nun ihrerseits die Unterwerfung der Heiden voran. Schließlich sind auch die polnischen Magnaten an der Ostsee, insbesondere die Herzöge von Masowien zu nennen. Die kirchliche Expansion wurde vor allem von den großen Erzbistümern Hamburg-Bremen und Lund betrieben. Bald bildeten sich auch in den neu eroberten Gebieten kirchliche Strukturen (s. dazu unten), die in das Geschehen eingriffen. Und schließlich war in besonderem Maße das Papsttum als zwar ferner, aber einflussreicher Faktor entscheidend an der kirchlichen und politischen Durchdringung beteiligt. Vom Deutschen Orden wird auch an anderer Stelle die Rede sein (Kap. V., 1 und 2). Er wurde Mitte des 13. Jahrhunderts zur beherrschenden Macht im Baltikum, indem er in Auseinandersetzung mit heidnischen, aber auch mit christlichen Gegnern ein eigenes Territorium unterwarf, das so genannte Deutschordensland. Eine Reihe städtischer Zentren beteiligte sich besonders in der Frühphase an der Kreuzzugsbewegung an der Ostsee. Ihre wirtschaftliche Bedeutung ist offensichtlich, sie waren aber auch für die Kriegszüge wichtig, stellten sie doch Menschen und Transportmöglichkeiten zur Verfügung.
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Der Ostseeraum Unter ihnen ragt besonders Lübeck heraus. Es wurde zum Einfallstor für viele fremde Kreuzfahrer, die den Weg nach Osten einschlugen. Diese bildeten eine eigene Gruppe innerhalb der Kreuzzugsbewegung des Ostseeraums – Einzelpersonen, die sich einem Zug anschlossen, sei es in der Hoffnung auf Beute oder Abenteuer, sei es auf der Suche nach Seelenheil oder Sündenvergebung. Gerade zum Ende des Mittelalters zogen auch viele westeuropäische Adlige alljährlich nach Osten, um sich an den Kämpfen gegen die Litauer zu beteiligen. Diese so genannten „Preußenreisen“ waren eine eigentümliche Mischung aus höfisch-ritterlicher Abenteuerfahrt und Kriegszug im Dienste der Religion. Die christliche Expansion im Ostseeraum lässt sich in drei Phasen unterteilen (s. Karte 3). Die erste umfasst die Zeit von 1107/08 bis zur Etablierung des Deutschen Ordens an der Ostsee ungefähr im Jahre 1230, die zweite diejenige von 1230 bis zur Eroberung Pommerellens und der Verlagerung der Zentrale des Ordens auf die Marienburg im Jahre 1308/09, und die dritte die Zeit bis zur Polnisch-Litauischen Union von 1386. Gerade für die ersten beiden Phasen liefern die Geschichtsschreiber des Deutschen Ordens wichtige Quellen (s. Die Deutschordenschronistik). Die Deutschordenschronistik Die Literatur im Umfeld des Deutschen Ordens ist weitgehend volkssprachlich abgefasst. Dies gilt aber nur teilweise für die Chronistik, denn manche Werke wurden auf Latein geschrieben. Unter ihnen ragt die Chronik hervor, die ein Deutschordenspriester namens Peter von Dusburg im Jahre 1326 abschloss und die rund zehn Jahre später ins Deutsche übertragen wurde. Sie schildert die Unterwerfung der Prußen sowie den Beginn der Kreuzzüge gegen die Litauer und sollte nicht nur die Eroberungszüge legitimieren, sondern auch neue Kreuzfahrer rekrutieren. Noch älter als das Werk Peters von Dusburg ist die anonyme ›Livländische‹ Reimchronik. Sie wurde um 1290 abgeschlossen und ist mit 12 017 paarweise gereimten Versen die umfangreichste Dichtung, die im Umkreis des Deutschen Ordens entstand. In ihr werden die Kämpfe gegen die nordbaltischen Stämme von 1180 bis 1290 beschrieben.
Die erste Kreuzzugsphase im Ostseeraum ist von den Aktivitäten der Magnaten aus dem Nordosten des Reichs, der dänischen und schwedischen Könige, der Missionsbischöfe von Riga und des Ordens der Schwertbrüder geprägt. Die wichtigsten Etappen dieser Phase sind der so genannte Wendenkreuzzug (1147), die Eroberung Rügens (1147–1168) und die Besetzung Livlands (seit 1197/98). Der Wendenkreuzzug von 1147 wurde von Sachsen, Dänen und Polen getragen und richtete sich gegen den ostelbischen Slawenstamm der Wenden sowie gegen die baltischen Prußen. Diese Züge wurden seitens des Papsttums und mancher Beteiligter als die Eröffnung einer dritten konfessionellen Front neben der Iberischen Halbinsel und dem Vorderen Orient gedeutet. Die Erfolge des Wendenkreuzzugs waren zwar sehr begrenzt, aber im Jahre 1168 konnten die Dänen die Eroberung Rügens abschließen. 700 km nordöstlich von Rügen, an der Mündung der Düna, wurde 1186 ein eigenes livländisches Bistum eingerichtet, das in Abhängigkeit zum Erzbistum Hamburg-Bremen stand. Unter der energischen Leitung des Bischofs Albert von Bekeshovede (1199–1229) wurde 1201 die Stadt Riga und ein Jahr später der Schwertbrüderorden gegründet. Die Ordensritter hatten wesentlichen Anteil daran, dass in den
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Phasen der Expansion
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Konsolidierung der Herrschaft
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folgenden drei Jahrzehnten große Teile Livlands unterworfen wurden, wofür sie ein Drittel des Eroberten zum freien Besitz erhielten. Zugleich griffen Kreuzfahrer unter Führung des dänischen Königs Waldemar II. († 1241) Nordestland an. Bald entwickelten sich Spannungen zwischen dem Bischof von Riga, dem Schwertbrüderorden und den Dänen. Nach dem Tode des Bischofs (1229) und der vernichtenden Niederlage der Schwertbrüder in der Schlacht bei Saule am 22. September 1236 wurde der Schwertbrüderorden dem Deutschen Orden einverleibt, der sich zur beherrschenden Macht in Livland aufschwang. Die zweite Eroberungsphase ist wesentlich vom Deutschen Orden geprägt. Diesem wurde 1225–1230 die Herrschaft über das Kulmerland an der Weichsel übertragen. Von dort aus betrieb er die Eroberung des nördlich und östlich angrenzenden Gebiets der baltischen Prußen. Trotz zweier Aufstände (1242–1249 und 1260–1274) konnte die Expansion bis 1285 abgeschlossen werden. Im Norden, in Livland, konnte der Schwertbrüderorden inkorporiert und eine zweite Landesherrschaft errichtet werden. Das nördlich angrenzende Estland wurde 1238 zwischen dem Deutschen Orden (im Süden) und Dänemark (im Norden) geteilt, doch schloss die Niederlage gegen den Fürsten Alexander Nevskij von Novgorod (* um 1220, † 1263) am Peipussee am 5. April 1242 eine weitere Expansion nach Osten aus. Seitdem bildete der Peipussee die Grenze zwischen lateinischer und russisch-orthodoxer Christenheit. Für den Deutschen Orden wog schwerer, dass es ebenso wenig gelang, das Land der Prußen (Preußen) und Livland zu vereinigen. Zwischen beiden lag das heidnische Schemaiten, der Westrand Litauens; beim Versuch, dieses Gebiet zu erobern, erlitt im Juli 1260 ein dänisch-schwedisch-deutsches Heer in der Schlacht von Durben eine schwere Niederlage. Anstatt nach Osten dehnte sich der Deutsche Orden nun nach Westen aus: Im Jahre 1308/09 nutzte er die dynastische und politische Schwäche im christlichen Pommerellen dazu, das Land mit seinem Zentrum Danzig zu besetzen. Auf der nahe gelegenen Marienburg wurde 1309 die Ordenszentrale eingerichtet. In der dritten Expansionsphase schließlich verlagerte sich das militärische Geschehen nach Norden. Nordestland mit Reval (Tallinn) konnte den Dänen abgekauft werden, eine Expansion gegen die christlichen Russen wurde aber nicht betrieben. Der einzig verbliebene heidnische Gegner der Christen waren die Litauer. Ihre Existenz eröffnete den Ordensrittern und den sich ihnen anschließenden Kreuzfahrern die Gelegenheit, ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Glaubenskampf, nachzukommen. Jahr für Jahr zogen im Frühling Adlige Mittel- und Westeuropas nach Osten, um an den „Preußenreisen“ – den alljährlichen Kriegszügen gegen die Litauer – teilzunehmen. Diese erstmals 1304 bezeugten Waffenfahrten wurden das 14. Jahrhundert über durchgeführt und dauerten sogar nach dem Übertritt der Litauer zum Katholizismus im Jahre 1386 noch einige Jahrzehnte an. Doch schließlich erfuhr man auch in fernen Ländern, dass der Kampf nicht mehr gegen Heiden ging, die Kreuzfahrer und Preußenreisenden blieben zunehmend aus.
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b) Der „Deutschordensstaat“ Was den Ostseeraum von allen anderen Expansionsgebieten der lateinischen Christenheit unterschied, war die starke Landesherrschaft geistlicher Einrichtungen. Nirgendwo anders verfügten Ritterorden über derart große zusammenhängende und unabhängige Gebiete. Der Deutsche Orden entwickelte sich zum größten Machtfaktor im Nordosten Europas neben der Hanse. Die Deutschordensritter hatten schon mehrfach – so im Heiligen Land und in Siebenbürgen – Versuche zur Herrschaftsbildung unternommen (vgl. Kap. V., 1). Doch waren sie nicht die ersten Ritterbrüder, denen dies im Baltikum gelang: Schon im Jahre 1210 einigten sich die Schwertbrüder mit dem Bischof von Riga dahingehend, dass sie ein Drittel Livlands und Lettlands zwar formell als Lehen erhielten, jedoch von allen Abgaben und Pflichten (bis auf Verteidigungsaufgaben) befreit würden. Der Schwertbrüderorden durfte Kandidaten für die Besetzung der Pfarreien vorschlagen, und seine Priester sowie die anderen Ordensbrüder waren von der Entrichtung des Zehnten befreit. Faktisch hatte der Schwertbrüderorden als erster Ritterorden überhaupt die Landesherrschaft erlangt. Der Deutsche Orden übernahm diese Rechte im Jahre 1236 und weitete sie später aus. Im Folgenden soll der Aufbau dieser Ordensherrschaft in Preußen und Livland dargestellt werden. Zugleich ist auch die Rolle der anderen örtlichen Mächte zu gewichten, die oft als Stütze, später aber zunehmend als Widersacher des Ordens in Erscheinung traten. Es gilt, die kirchlichen, politischen und wirtschaftlichen Gewalten im Deutschordensland und den Wandel ihres Verhältnisses zueinander im Spätmittelalter zu skizzieren. Im Gegensatz zur Levante oder zur Iberischen Halbinsel existierten östlich der Oder keine älteren kirchlichen Strukturen, die als Grundlage der neuen Kirchenorganisation dienen konnten. Anfangs waren die Erzbistümer von Bremen-Hamburg bzw. Lund die treibenden Kräfte bei der Neustrukturierung, doch bald übernahm das Papsttum die Initiative. Dieses war auch dafür verantwortlich, dass im Jahre 1243 das Bistum Preußen in die vier Diözesen Kulm, Pomesanien, Ermland und Samland aufgeteilt wurde. Auch in Livland wurden in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit Dorpat, Ösel-Wiek und Kurland neue Bischofssitze geschaffen. Im Jahre 1255 schließlich erfolgte in Riga die Errichtung eines neuen Erzbistums für die gesamte Region. Manche dieser Bistümer, vor allem aber das Erzbistum Riga, verfügten über große Territorien. Doch waren die Handlungsmöglichkeiten der Bischöfe stark beschränkt: Der Deutsche Orden besaß oftmals einen unmittelbaren Zugriff auf die Bistümer, deren Domkapitel dem Orden inkorporiert waren (so in Kulm, Pomesanien, Samland, Kurland). Das bedeutet, dass die Domherren und die Bischöfe – soweit der Papst keinen andern benannte – Priesterbrüder des Deutschen Ordens waren. In anderen Bistümern konnte der Orden dieses Vorrecht nur zeitweise durchsetzen (u. a. in Riga, Reval). Wie brachte es aber der Deutschen Orden überhaupt zuwege, sich erfolgreich im Ostseeraum festzusetzen? Schließlich war der Versuch einer Herrschaftsbildung in Ungarn 1225 gescheitert (vgl. Kap. V., 1. c). Im Jahre
Die Herrschaftsbildung des Schwertbrüderordens
Kirchenorganisation
Die Herrschaftsbildung des Deutschen Ordens
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Die europäischen Kreuzzüge 1225/26 bot Herzog Konrad I. von Masowien (* um 1187, † 1247) dem Orden die Herrschaft über das Kulmerland im heutigen Polen an, um von dort aus die heidnischen Prußen zu bekämpfen. Hochmeister Hermann von Salza (* vor 1179, † 1239) lernte aus der Erfahrung in Ungarn und ließ sich im Jahre 1226 von Friedrich II. die Herrschaft über das Kulmerland und alle zu erobernden Gebiete im Land der Prußen (Preußen) mit einem Privileg, der berühmten Goldbulle von Rimini, bestätigen.
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Die Verwaltung
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Die Goldbulle von Rimini Wahrscheinlich zwischen 1230 und 1235 verlieh Kaiser Friedrich II. dem Hochmeister des Deutschen Ordens Hermann von Salza eine feierliche Urkunde, die mit einem Goldsiegel (Goldbulle) versehen wurde. In ihr gestattete er dem Orden, das ihnen von Herzog Konrad von Masowien zu schenkende Kulmerland sowie zukünftige Eroberungen in Preußen in Besitz zu nehmen und dort Gerichts- und Landeshoheit zu genießen. Lange war die Echtheit der undatierten Urkunde und ihre Absicht umstritten. Inzwischen kann ihre Authentizität als gesichert gelten, allerdings ist sie nicht als Dokument einer bewussten „Staatsgründung“ anzusehen. Erst zusammen mit anderen Urkunden bildete die Goldbulle von Rimini den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Entstehung einer Landesherrschaft des Deutschen Ordens in Preußen.
Der Herzog von Masowien, Bischof Christian von Preußen und der von diesem 1228 ins Leben gerufene Ritterorden von Dobrin stellten anfangs Konkurrenten um die Herrschaft in Preußen dar. Die Ritterbrüder machten sich erst dann an die militärische Umsetzung ihres Vorhabens, als die größten Gefahrenquellen aus dem Weg geräumt worden waren: Zuerst erlangten sie vom Herzog von Masowien eine der Goldbulle von Rimini vergleichbare Zusicherung, dann wurde eine päpstliche Bestätigungsurkunde eingeholt, danach wurden die Ansprüche Bischof Christians beseitigt und schließlich bis 1237 die älteren preußisch-baltischen Ritterorden (von Dobrin und die Schwertbrüder) inkorporiert. Im Zuge der sich bis 1285 hinziehenden Eroberung musste das Gewonnene gesichert werden. Hierzu wurde das Land mit Burgen überzogen. Man schätzt, dass die Ritter im Jahre 1400 in ihrem gesamten Territorium über rund 260 solcher „Deutschordensburgen“ verfügten. Man kann bei diesen in der Tendenz einen einheitlichen Typus festmachen: vierflügelige, mit einem Binnenhof versehen Anlagen, die mit Vorburgen ausgestattet wurden. Diese dienten als Wirtschaftshöfe, Lagerräume und Unterkünfte, woraus die weiteren Funktionen der Burgen für die Wirtschaft und den Landesausbau erkennbar werden. Um diese Aufgaben zu erfüllen, war eine effiziente Verwaltung erforderlich, und der Orden erwies sich hierin als wahrer Meister. Ein gutes Botensystem und regelmäßige Kontrollen (Visitationen) sorgten dafür, dass die Kommunikation zwischen den einzelnen Häusern bzw. zur Zentrale trotz der Entfernungen gewahrt blieb, und eine Vielzahl unterschiedlicher Amtsträger führte die Verwaltungsgeschäfte: Das Deutschordensland wurde zwei Landmeistern (denjenigen von Livland und Preußen) unterstellt, wobei nach 1309 der Hochmeister des Ordens die Funktion des Landmeisters in Preußen übernahm. Den einzelnen Häusern mit dem angrenzenden Landgebiet standen so genannte Komture vor, der Schäffer war für wirtschaftliche Belange zuständig, der Waldmeister für Forstangelegenheiten usw. Die Schriftlichkeit war weit entwickelt,
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und über die Aktivitäten wurde oftmals genau Buch geführt. Diese Leitungsfunktionen wurden von Ordensrittern ausgeführt. Bei ihnen handelte es sich um Adlige, die vor allem aus den anderen Teilen des RömischDeutschen Reichs rekrutiert wurden, also um Landfremde. Ihre Zahl nahm im 15. Jahrhundert stark ab, sodass sich immer häufiger die Ritterordenskonvente in Ordenshäuser unter Leitung eines einzigen Ritters verwandelten. Zugleich wuchs der Einfluss und das Selbstverständnis anderer Mächte im Ostseeraum. Diese Spannung sollte das Ende des „Deutschordensstaates“ herbeiführen. Vor allem zwei Gewalten traten dem Orden entgegen: die Städte und der Landadel. Im Zuge der unten beschriebenen Siedlungsbewegung war es im Verlauf des 13. Jahrhunderts zu vielen Stadtgründungen gekommen, die vom Deutschen Orden mit Privilegien begünstigt wurden. Mit der Zeit entfernten sich die Interessen der Städte immer weiter von denen des Ordens. Sie deckten sich häufig mit denen des größten Wirtschaftsfaktors der Zone, der Hanse, der viele Städte beitraten (u. a. Danzig, Königsberg, Riga, Reval). Die Hanse beherrschte den Handel des baltischen Raums (v. a. mit Pelzen, Leder, Holz und Getreide). Da der Deutsche Orden selbst mit Getreide, Bernstein und anderen Waren handelte und in manchen Belangen Standpunkte vertrat, die von den städtischen Interessen abwichen, konnten Konflikte nicht ausbleiben. Die Städte forderten aufgrund ihrer wirtschaftlichen Macht mehr Mitsprache, doch sie blieben ungehört. Sie fanden Verbündete im Landadel. Aus freien prußischen Großbauern und niedergelassenen christlichen Söldnern hatte sich im Verlauf des 14. und 15. Jahrhunderts eine eigene lokale Adelsschicht herausgebildet, die den landfremden Ordensrittern kritisch gegenüberstand und im 15. Jahrhundert ebenfalls Mitspracherecht verlangte. Die militärische Lage verlieh ihrer Stimme größeres Gewicht: Seitdem der litauische Herrscher im Jahre 1386 das Christentum angenommen und die Herrschaft in Polen angetreten hatte, stand der Orden unter wachsendem Druck. Nach der Niederlage in der Schlacht bei Tannenberg/Grunwald am 15. Juli 1410 wuchs dieser weiter an. Adel und Städte mussten die Kriege finanzieren und leiteten daraus Ansprüche ab. Beide Gruppen taten sich 1440 zum so genannten Preußischen Bund zusammen, und von 1454 bis 1466 kämpften sie im Verbund mit dem polnischen König gegen den Orden. Der Krieg endete mit dem Zweiten Thorner Frieden (1466) und der Teilung des Ordenslandes: Pommerellen und das Kulmerland (mit Danzig und der Marienburg) gingen dem Orden verloren. Auf seine östlichen Besitzungen zurückgeworfen und seiner eigentlichen Aufgabe beraubt, blieb das Ordensland zwar vorerst faktisch unabhängig, doch sein Ende als kirchliche Herrschaft war besiegelt. Im Jahre 1525 wurde Preußen unter Albrecht von Hohenzollern-Ansbach (*1490, † 1568) in ein weltliches Herzogtum umgewandelt (säkularisiert), im Jahre 1561 folgte Livland nach.
Die Konflikte des 15. Jahrhunderts
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Die europäischen Kreuzzüge
c) Siedlung, Kolonisation und Mission Die „Ostsiedlung“
Ebenso wie die Levante und die Iberische Halbinsel war auch der Ostseeraum durch das Zusammenspiel von Kreuzzug und Siedlung gekennzeichnet. Viele Menschen zogen von Westen in die neu eroberten Gebiete. Die Mehrzahl der Neusiedler kam aus dem mittelelbischen und westfälischflandrischen Bereich. Diese Siedlungsbewegung im Ostseeraum war ein Teil dessen, was man als „Ostsiedlung“ bezeichnet. Damit wird die Besiedlung und Akkulturation großer Gebiete Ostmittel- und Osteuropas durch deutsche Mönche, Bauern, Handwerker und Kaufleute bezeichnet. Der Vorgang ist in der deutschen und internationalen Forschung sehr kontrovers beurteilt worden, inzwischen wird er jedoch zunehmend als Teil des gesamteuropäischen Phänomens des agrarischen Landesausbaus und damit als Sonderform einer größeren Bewegung begriffen. Auch andere Teile Europas wie z. B. die niederländischen Marschgebiete wurden seit dem 12. Jahrhundert erschlossen und besiedelt. Viele dieser Gegenden weisen strukturelle Ähnlichkeiten auf: von der Initiative landsässiger Landesund Grundherren über die benutzten Pachtsysteme und die Freiheiten für die Neusiedler bis hin zu den gesellschaftlichen Folgen des Kolonisationsprozesses. Was hingegen den Ostseeraum von anderen Besiedlungsgebieten unterschied, waren die großen ethnischen und religiösen Unterschiede zwischen den Einheimischen und den Neuankömmlingen. Besiedlungsbewegungen größeren Ausmaßes bedürfen planerischen Handelns. In der Tat kann man auch in den durch Kreuzzüge eroberten Gebieten solche Initiativen erkennen. Potenziellen Siedlern musste deutlich gemacht werden, dass sie durch ihre Migration eine Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse, größere Freiheiten und geringere Abgabenlasten erwarten konnten. In den Gebieten östlich der Elbe war für die Vermittlung dieser Vorzüge und die Durchführung der Neuansiedlung der so genannte Lokator zuständig.
Die Siedler
Aber auch die Siedler wurden mit Sonderrechten und überdurchschnittlicher Ausstattung angelockt. Das zur Besiedlung freigegebene Land wurde in so genannte Hufen aufgeteilt, die in der Regel rund doppelt so groß waren wie die Wirtschaftseinheiten der prussischen Bauern. Die freien „Hufenzinsbauern“ zahlten auch geringere Abgaben als die hörigen, einheimischen „Hakenzinsbauern“. Ihre Hufen waren vererb- und verkaufbar, die Bauern nicht an das Land gebunden. Den Neusiedlern wurde auch ein gewisses Maß an gemeindlich-genossenschaftlicher Organisation und damit die Grundlage für eine Selbstverwaltung gewährt. Aufgrund dieser Vorzüge entwickelte sich aus Neusiedlern sowie aus den Prußen, die sich den Eroberern freiwillig unterworfen hatten, eine agrarische Mittelschicht, die so genannten kleinen Freien. Die zweite Gruppe unter den Freien stellten die Adligen des Deutschordenslandes dar. Diese Gruppe der so genannten großen Freien ging aus den Lokatoren, niedergelassenen Kreuzzugsteilnehmern und aufgestiegenen Bauern hervor. Die „kleinen Freien“ lebten häufig nach kulmischem Recht, einem typischen Kolonialrecht, das
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Der Ostseeraum
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den Bauern weitreichende Freiheitsrechte zugestand. Daher bezeichnet man die deutsche Ostsiedlung auch häufig als Kolonisation zu deutschem Recht. Der Lokator Der Lokator war nicht der eigentliche Grundherr, sondern ein selbstständiger Unternehmer. Er schloss mit dem Grundherrn vorab einen (Lokations-)Vertrag, der ihm selbst und seinen Nachkommen in der Regel besonders viel Land, geringere Abgabenlast und oft auch Anteile aus den dörflichen Einkünften zusicherte. Manchmal gingen die Zusagen noch weiter und umfassten Rechte über die Mühle oder die Schänke oder das Amt des Schultheißen (Schulzen). Damit erlangten der ehemalige Lokator und seine Nachfahren richterliche Funktionen und die daraus hervorgehenden Einkünfte sowie oftmals die Rolle des Dorfoberen.
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Ähnliches gilt für die Städte. Auch bei diesen waren verschiedentlich Lokatoren aktiv (Lokationsstädte), und die Zentren wurden durch die Verleihung weitreichender Rechte als Migrationsziele aufgewertet. Die deutschrechtlichen Städte besaßen in aller Regel Selbstverwaltung und eigene Rechtsprechung, Handelsprivilegien und Handwerkervorrechte sowie weitreichende bürgerliche Freiheit. Man kann diese Städte zu „Stadtrechtslandschaften“ oder „Stadtrechtsfamilien“ gruppieren: Die meisten Gründungsstädte des Deutschordenslandes übernahmen das Magdeburger Recht, einige wenige hielten sich dagegen an das Lübische Recht. Aus dem Magdeburger Recht entwickelten sich in Preußen eigene Unterformen. Besonders einflussreich war die so genannte Kulmer Handfeste vom 28. Dezember 1233. Sie setzte für die preußischen Städte Kulm und Thorn die Rechte und Freiheiten, aber auch die Pflichten ihrer Bürger fest. Die Kulmer Handfeste wirkte vorbildhaft für andere Städte und unterstützte den Landesausbau in Preußen. Allerdings galten diese Vorrechte nicht für alle Einwohner der Städte, sondern nur für ihre Bürger. Diese waren in aller Regel deutschsprachige Neusiedler, nicht Angehörige einheimischer Völker.
Die Städte
Welche Völker fanden die Eroberer überhaupt vor? Über die Religion und Lebensformen der heidnischen Prußen, Litauer, Kuren, Semgaller, Liven und Esten ist noch Vieles unbekannt oder unverbürgt, denn die schriftlichen Quellen stammen weitgehend von den christlichen Siegern. Archäologische Ausgrabungen haben allerdings gezeigt, dass diese Völker differenziertere und besser organisierte Herrschaftsgebilde schufen, als vielfach angenommen. Es ist auch bezeichnend, dass sie sich lange erfolgreich einer Unterwerfung und Missionierung widersetzten. Hierbei muss man klar zwischen den unterschiedlichen Expansionsgebieten unterscheiden: Preußen und Livland waren in sehr ungleichem Maße christlich durchdrungen und mitteleuropäisch geprägt. Preußen wurde nach der blutigen Eroberung systematisch mit Fremden aus dem Römisch-Deutschen Reich, Polen und Pommern besiedelt. Das Land wurde agrarisch erschlossen und ein recht dichtes Siedlungsnetz aufgebaut. Zwar wäre es vollkommen verfehlt, im Deutschordensland einen „Missionsstaat“ sehen zu wollen; in erster Linie errichtete der Orden eine unabhängige Territorialherrschaft, seine Missionsbemühungen hielten sich in sehr engen Grenzen.
Der Umgang mit den Unterworfenen
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Die europäischen Kreuzzüge Aber selbst wenn die Unterschiede zwischen einheimischen Prußen und Fremden groß blieben, so fand doch in religiöser, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht eine stärkere Akkulturation statt als in Livland. Dort blieb die Siedlung weitgehend auf die Städte begrenzt, bei den Einwanderern handelte es sich zumeist um Kaufleute und andere Stadtbewohner sowie um Krieger. In diesem Grenzgebiet zwischen russischem, schwedischem, litauischem und deutschem Einflussgebiet waren die Fronten oftmals schwankend, wie mehrfache Seitenwechsel lokaler Potentaten belegen. Für den Deutschen Orden war dieser Bereich weder politisch noch wirtschaftlich von zentraler Bedeutung, und seine Missionsbemühungen waren hier noch beschränkter als in Preußen. Zwischen Preußen und Livland schließlich lag Litauen – das Grenzgebiet des Kleinkrieges, der plötzlichen Überfälle, das Land der spätmittelalterlichen Preußenfahrten und Kreuzzüge. Ostseeraum – Vorderer Orient: Ähnlichkeiten und Unterschiede
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Versuchen wir abschließend, Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen dem Ostseeraum und anderen Kreuzzugsgebieten festzumachen. Es fällt auf, dass einige wenige Kreuzzüge in den Vorderen Orient ein Pendant an der Ostsee hatten: Als auffälligstes Beispiel ist der Wendenkreuzzug von 1147 zu nennen. Man kann aber auch auf das Jahr 1171 verweisen, als ein englisch-französisch-deutsches Kreuzzugsunternehmen ins Heilige Land geplant und zugleich in Skandinavien der Kreuzzug gegen die Esten gepredigt wurde, oder auf das Jahr 1219, als zeitgleich Kreuzfahrer vor Damiette und in Estland kämpften. Für den Ostseeraum, den Vorderen Orient und die Iberische Halbinsel gleichermaßen wurden Kreuzzüge ausgerufen und Kreuzzugsablässe versprochen, in allen drei Szenarien spielten geistliche Ritterorden eine herausragende militärische und politische Rolle. Ähnlich wie in der Levante bedingten auch an der Ostsee die nautischen Verhältnisse eine gewisse Regelmäßigkeit der Kriegführung: im einen Fall waren es die Windverhältnisse, im anderen die Eisschmelze, die es den Flotten zum Frühjahr ermöglichten, die Kreuzzugsgebiete anzulaufen. Auf der Iberischen Halbinsel, in der Levante und an der Ostsee folgten den Kreuzfahrern Siedler, die das Land besetzten, aber auch erschlossen. Sie entwickelten dort Formen der Koexistenz mit den unterworfenen Einheimischen. Diese besaßen mindere Rechte als die Eroberer, konnten aber Rechtssicherheit für sich beanspruchen. Doch der Ostseeraum besaß auch einige Eigenheiten: Die nicht-christlichen Religionen waren hier im Gegensatz zu anderen Kreuzzugsgebieten offiziell nicht geduldet. Besonders auffällig war die landesherrliche Stellung des Deutschen Ordens: Nirgendwo anders konnte ein geistlicher Ritterorden so große Macht erlangen. Und schließlich gelang es den Hochmeistern des Deutschen Ordens ebenso wie den hispanischen Monarchen, die Kreuzzugsbewegung in ihrem Raum zu dominieren und zu lenken.
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Feinde im Innern
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3. Feinde im Innern a) Die Albigenserkreuzzüge in Frankreich Für die meisten modernen Betrachter stellen Kreuzzüge gegen Christen einen Widerspruch in sich dar: Galt der Kampf im Zeichen des Kreuzes nicht stets Andersgläubigen? Pervertierte der Kreuzfahrer, der die Waffe gegen Glaubensbrüder erhob, nicht den Kreuzzugsgedanken? Dies sahen auch manche Zeitgenossen so: Kritiker der antihäretischen Kriegszüge des 13. und 14. Jahrhunderts warfen den Kreuzfahrern vor, sie würden ihre eigentliche Aufgabe – den Kampf gegen die Muslime – vernachlässigen; andere sprachen den Kriegen jede höhere Begründung ab und bezeichneten sie als blanke Aggression. Doch aus anderer Sicht war es absolut folgerichtig, wenn Christen gegen Häretiker, Schismatiker und christliche Feinde der Kirche vorgingen. Der Krieg gegen Häretiker stellte in der Tat historisch betrachtet keine Korrumpierung des ursprünglichen Gedankens vom heiligen Krieg dar, denn die augustinische Doktrin vom gerechten Krieg wurde aus der Auseinandersetzung mit Feinden im Inneren (den Donatisten) entwickelt (Kap. I., 2. a). Erst in der Folge wurde sie auf äußere Bedrohung umgedeutet. Im Islam war dies nicht anders: Dort erinnerte der persische Autor des ›Bah r al-Favāid‹ Mitte des 12. Jahrhunderts daran, ˙ wert ist, das Blut eines Häretikers zu verdass es „siebzig heilige Kriege gießen“. Die Befürworter dieser Kriege führten an, wenn der Kampf gegen die Glaubensfeinde in der Ferne schon ein verdienstvolles Anliegen darstelle, dann müsse derjenige in der eigenen Heimat erst recht gottgefällig sein. Bedrohte der innere Feind nicht sogar die Einheit der Kirche? Genau diese Haltung vertrat einer der bedeutendsten Päpste des Mittelalters, Innozenz III. Dies wurde auch bei den berühmten Albigenserkreuzzügen von 1209 bis 1229 deutlich. Sie wurden in Südfrankreich geführt, wo die Stadt Albi einer häretischen Bewegung den Namen gab, die auch als Katharertum bezeichnet wird. Die Albigenser/Katharer waren keine Monotheisten wie die Christen oder die Muslime: Sie glaubten zwar an Jesus, sahen in ihm aber nicht den Erlöser. Zentral war ihnen die Vorstellung zweier göttlicher Prinzipien – eines guten, geistigen und eines schlechten, materiellen (Dualismus). Diese Lehre ähnelte derjenigen der dualistischen Bogumilen auf dem Balkan, und in der Tat sind Verbindungen dorthin bezeugt: Um das Jahr 1167 half wohl ein Bogumile namens Niketas bei einer Synode in Saint Félix-de-Caraman bei der Organisation der albigensischen Kirche. Die Katharer lehnten sowohl die römische Kirche als auch die Lehre von der Dreifaltigkeit ab. Ihrem Selbstverständnis nach waren sie eine schismatische Bewegung, die zwar christlich blieb, sich aber von der Kirche absetzte und eine Gegenkirche mit eigenen Bischöfen, Diakonen usw. errichtete. Ihre Gegner sahen in ihnen Häretiker, da sie abweichende Auffassungen in dogmatischen Fragen vertraten. Auch in der modernen Forschung ist umstritten, ob es sich beim Katharertum um eine Form des Christentums, eine Häresie oder eine eigene Religion handelte.
Kreuzzug und Häretikerbekämpfung
Die Katharer
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Die europäischen Kreuzzüge
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Innozenz III. (1198–1216) führte den päpstlichen Autoritätsanspruch und die tatsächliche Macht des Papsttums zu neuen Höhen. Unter ihm wurde im November 1215 das folgenreiche Vierte Laterankonzil abgehalten, bei dem der Orientkreuzzug einen der wichtigsten Verhandlungspunkte darstellte. Innozenz sah den Kreuzzug ganz als einen Krieg im Dienste Gottes und als ein Ringen der gesamten Christenheit zur Wiederherstellung der verlorenen kirchlichen Einheit. Daher war es nur schlüssig, wenn er während der knapp 18 Jahre seines Pontifikats nicht nur zu Kreuzzügen in der Levante, auf der Iberischen Halbinsel und an der Ostsee aufrief, sondern auch gegen die Katharer in Südfrankreich und gegen Widersacher des Papsttums auf Sizilien das Kreuz predigen ließ. Dabei wurde ausdrücklich den verschiedenen Kreuzfahrern der Ablass eines Jerusalemfahrers in Aussicht gestellt. Zweifellos machte Innozenz III. wie wenige andere Päpste den Kreuzzug zu einem auch persönlichen Anliegen.
Quellen zum Albigenserkreuzzug
Unter den Autoren, die über die Albigenserkreuzzüge berichten, seien drei herausgehoben: zum einen der Zisterziensermönch und Kreuzzugsteilnehmer Petrus des Vaux-de-Cernay (* ca. 1182, † nach 1218), der in seiner ›Historia Albigensis‹ in unverhohlener Parteinahme für die Kreuzfahrer von der Lehre der Katharer und vom Kampf mit ihnen erzählt. Ebenfalls kritisch, doch ausgewogener äußert sich der Südfranzose Wilhelm von Puylaurens (* um 1201/02, † vor 1287) in seiner ›Chronica‹. Das dritte Werk, die ›Cansò de la Crozada‹, entstand während des Albigenserkrieges und hat zwei Verfasser. Der erste, Wilhelm von Tudela († um 1214), bringt den bedrängten Südfranzosen zwar große Sympathie entgegen, doch steht er aufseiten der Kreuzfahrer, die er mit den Teilnehmern am Ersten Kreuzzug vergleicht. Der anonyme Fortsetzer des Werkes schrieb um das Jahr 1228 und zeichnet den Zug als ungerechtfertigten Eroberungskrieg unter dem Deckmantel eines Kreuzzugs. Mithilfe dieser und anderer Quellen ist der Verlauf der Albigenserkreuzzüge gut zu rekonstruieren. Die katholische Kirche war sich der wachsenden Akzeptanz des katharischen Glaubens schon lange bewusst: Seit dem Dritten Laterankonzil von 1179 wurde zur Bekämpfung der cathari aufgerufen. Im Jahre 1204 forderte Papst Innozenz III. den König von Frankreich Philipp II. erfolglos dazu auf, etwas gegen die Zustände in Südfrankreich zu unternehmen. Als im Januar 1208 ein päpstlicher Legat (Peter de Castelnau) von einem Gefolgsmann des Grafen von Toulouse ermordet wurde, rief Innozenz nicht mehr bloß zur Ketzerbekämpfung, sondern zum Ketzerkreuzzug auf: Er erlaubte den Kriegern, sich mit dem Kreuzeszeichen zu kennzeichnen, und stellte ihnen die volle Tilgung der Sünden, die remissio peccatorum in Aussicht (vgl. Kap. I., 2 a). Der Aufruf wurde an alle Gläubigen gerichtet, doch am Ende waren es vor allem nordfranzösische Adlige, die in den kulturell und politisch gänzlich anders beschaffenen Süden Frankreichs zogen. Philipp II. war durch einen Krieg mit dem englischen König an einer Teilnahme gehindert, die militärische Führung wurde daher zu einem frühen Zeitpunkt dem nordfranzösischen Adligen Simon de Montfort (*1165, † 1218) übertragen. 1209 und im folgenden Jahr eroberte dieser zusammen mit einer Kerntruppe nordfranzösischer Ritter und kurzzeitig zu ihm gestoßener Kreuzfahrer die Vizegrafschaft Béziers-Carcassonne. Dabei gingen die Angreifer außerordentlich grausam vor: Bei der Eroberung und Plünderung von Béziers am 22. Juli 1209 sollen mehrere tausend Bewohner er-
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Feinde im Innern mordet worden sein, und auch bei anderen Anlässen berichten die Quellen von schweren Gräueln. Seit dem Jahr 1211 verlagerte sich der Kriegsschauplatz in die Grafschaft Toulouse. Dadurch wurde der mächtigste Herrscher des östlichen Pyrenäenraums, König Peter II. von Aragón (1196– 1213), ins Geschehen hineingezogen. Peter stand den Albigensern und ihrer Lehre gänzlich fern. Er galt nach seiner Teilnahme an der Schlacht von Las Navas de Tolosa gegen die Muslime sogar als Kreuzzugsheld. Aber aufgrund dynastischer Verpflichtungen und aus Sorge vor der nordfranzösischen Expansion kam er seinen Tolosaner Verwandten zu Hilfe. In der Schlacht von Muret am 12. September 1213 unterlag das aragonesischsüdfranzösische Heer den Truppen Simons de Montfort, der König wurde getötet. Nun stand die Grafschaft dem Sieger offen, der 1215 von Papst Innozenz zum rechtmäßigen Besitzer der eroberten Kreuzzugsgebiete erklärt wurde. Doch unter der Führung des jungen Tolosaner Grafen Raimund VII. (1222–1249) formierte sich der südfranzösische Widerstand neu, Simon de Montfort fand 1218 bei der Belagerung von Toulouse den Tod, und die Kreuzzugsbemühungen ebbten schnell ab. Erst als Simons Sohn dem französischen König Ludwig VIII. (1223–1226) seine Herrschaftsrechte übertrug, wurde der Kreuzzug wieder zu neuem Leben erweckt und Graf Raimund VII. exkommuniziert. Nach mehreren militärischen Erfolgen der Nordfranzosen fanden die Albigenserkreuzzüge mit dem Vertrag von Meaux-Paris vom 12. April 1229 ihr Ende: Graf Raimund wurde wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen, gelobte seine Teilnahme an einem Kreuzzug ins Heilige Land und verheiratete seine Erbtochter mit dem Bruder des französischen Königs. Im Jahre 1271 fiel die Grafschaft direkt an die französische Krone. Die Ereignisse von 1209 bis 1229 lassen erkennen, dass die Katharerkriege unlösbar mit dem Machtkampf um Südfrankreich verknüpft waren. Aus kirchenrechtlicher Sicht handelte es sich zweifelsohne um einen Ketzerkrieg, der seit 1208 zum Kreuzzug deklariert wurde. Aus der Sicht der betroffenen südfranzösischen Christen – die Mehrzahl der Südfranzosen blieb trotz der Popularität des Katharertums dem Christentum treu – handelte es sich hingegen um einen Angriffskrieg. Sie akzeptierten die Feindrolle nicht, die man ihnen aufnötigte, sahen sich als Teil der Kirche und argumentierten daher mit dem Feudalrecht, um ihren Widerstand zu begründen. Dass Kreuzzugsmotive bei den Nordfranzosen in der Tat schnell hinter denjenigen der Expansion zurücktraten, wird daran erkennbar, dass die Häresie der Katharer durch die Eroberung und spätere Annexion keineswegs ausgelöscht wurde. Immer wieder finden sich Nachrichten über Katharerzentren und -aufstände. Erst im Verlauf des 13. und 14. Jahrhunderts wurde die Häresie in Südfrankreich vernichtet. Als Instrumente dienten hierbei nicht Krieger, sondern zwei kirchliche Institutionen: die Bettelorden und die Inquisition. Während die Ersten durch ihr Leben in Armut und ihre seelsorgerliche Tätigkeit den Gläubigen einen Gegenentwurf zum vorbildhaften Leben der katharischen Amtsträger bereitstellten, ging Letztere gezielt im Verbund mit der weltlichen Herrschaft gegen die verbliebenen Häretiker vor. Der Klerus führte mit eigenen Mitteln die Arbeit der Kreuzfahrer zu einem Ende.
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Die europäischen Kreuzzüge
b) Spätmittelalterliche Kreuzzüge gegen religiöse Bewegungen Die Häresie des Fra Dolcino
Der Kreuzzug gegen die Hussiten
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Die Katharer beschäftigten auch im 14. Jahrhundert die Kirche noch verschiedentlich, denn in Norditalien und vor allem auf dem Balkan bestanden große Gemeinden fort. Papst Gregor IX. plante sogar, die Ungarn zum Kreuzzug gegen die bosnischen Katharer aufzurufen, doch ließ der Angriff der Mongolen auf den Balkan im Jahre 1241 alle anderen Vorhaben in den Hintergrund treten. Auch in Italien verzichtete man auf ein militärisches Vorgegen gegen die Katharer, doch wurde dort ein anderer antihäretischer Kreuzzug geführt. Er richtete sich gegen die um 1290 entstandene Sekte der Apostoliker, die ein Leben in Armut und die Abkehr von der Kirche propagierten. Unter Fra Dolcino († 1307) aus Novara, der zum offenen Widerstand gegen die Kirche aufrief, erlangte die Bewegung zu Beginn des 14. Jahrhunderts vor allem in der Lombardei und in Piemont regen Zulauf. Papst Clemens V. (1305–1314) rief die Gläubigen 1307 zum Kreuzzug gegen die Häresie auf, und in einer schnellen Kampagne wurde die Sekte zerstört, ihr Anführer am 1. Juni 1307 in Vercelli verbrannt. Der einzige wirklich große Häretikerkreuzzug des Spätmittelalters war derjenige gegen die Hussiten. In ihm verbanden sich ebenso wie im Falle der Albigenserkreuzzüge des Hochmittelalters in besonderem Maße religiöse, materielle und politische Motivationen. Die Hussitenkriege trugen wesentlich zur tschechischen Nationsbildung bei und hatten wichtige Folgen für das Römisch-Deutsche Reich, das aufgrund der schweren militärischen Bedrohung seitens der Hussiten erste Versuche einer Reichsreform unternahm. Sie können als Kreuzzüge gelten, da sie vom Papsttum als solche proklamiert, mit Ablässen, Kreuzzugswerbung und Geldmitteln gefördert und mit entsprechenden Symbolen (Banner etc.) ausgestattet wurden; außerdem waren die Kreuzzugsheere, zumal in ihren Anfängen, durchaus international zusammengesetzt. Dennoch überwog schon in der ersten Armee von 1420 das deutsche Element stark, und mit der Zeit wurde die Auseinandersetzung zunehmend zu einer Reichsangelegenheit. Die hussitische Bewegung erhielt ihren Namen von dem böhmischtschechischen Theologen Jan Hus, der im Jahre 1414 vor das Konzil nach Konstanz geladen wurde, um seine Lehre zu verteidigen. Als er sich weigerte, seine vom Konzil verurteilten Sätze zu widerrufen, wurde er am 6. Juli 1415 in Konstanz verbrannt.
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Jan Hus (* ca. 1369, † 1415) war Prediger in Prag und folgte der Lehre des englischen Theologen John Wyclif (* ca. 1330, † 1384). Ebenso wie dieser sah er in der Bibel, den älteren Konzilsbeschlüssen und den Kirchenvätern die einzigen Quellen der christlichen Lehre. Daher forderte er die Übersetzung der Bibel in die Volkssprache (ins Tschechische). Hus lehnte die kirchliche Obrigkeit ab und sprach dem göttlichen Gesetz eine Autorität zu, die über derjenigen der weltlichen Macht und ihrer Gesetze stünde. Damit blieb Hus ganz Kirchenreformer, an sozialen Neuerungen war ihm nicht gelegen; Peter Moraw hat deshalb pointiert formuliert: „Hus war kein Hussit.”
Die hussitische Lehre
Hus’ Tod löste in Böhmen einen Aufstand aus. Die hussitische Bewegung wurde vor allem von drei Bevölkerungsgruppen getragen – von Klein-
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Feinde im Innern adligen, städtischen Unterschichten und Niedergeistlichen – und nahm stark sozialpolitische und nationale Züge an. Aus der Kritik am Reichtum der Kirche wurden grundsätzliche Anfeindungen gegen die Reichen, aus der Forderung nach der Bibellektüre in der Volkssprache leitete sich im Königreich Böhmen ein gestärktes tschechisches Nationalgefühl in Absetzung von den Deutschen ab. Nachdem der römisch-deutsche König Sigismund (1410–1437) im Jahre 1419 die Herrschaft in Böhmen angetreten hatte, verstärkte sich der Widerstand. Die Hussiten verlangten danach, den Laien den Empfang des Abendmahls in zweierlei Form (Brot und Wein), zu gestatten (Utraquismus), was vom Konstanzer Konzil abgelehnt und von König Wenzel von Böhmen (1363–1419) verboten worden war. Die Kelchkommunion für die Laien (Laienkelch) wurde zu einem der Hauptmerkmale der Bewegung, die aus einer Reihe von Gruppierungen bestand. Manche von ihnen wie die Pikarden oder die Taboriten erwarteten das baldige Ende der Welt und den Beginn eines neuen Friedensreiches; sie strebten eine Gemeinschaft in gegenseitiger Liebe und brüderlicher Gütergemeinschaft an. Andere wie die Prager Hussiten oder die so genannten Orebiten waren dagegen gemäßigter. Die meisten Gruppen konnten sich aber am 27. Mai 1420 auf eine gemeinsame Bekenntnisschrift, die ›Vier Prager Artikel‹ einigen: Sie forderten den Laienkelch, Freiheit der Predigt, den Verzicht auf weltliche Macht seitens der Kirche sowie die Bestrafung aller Todsünden. Die Vier Prager Artikel stellten die unmittelbare Reaktion auf den Hussitenkreuzzug dar. Am 1. März 1420 hatte ihn Papst Martin V. (1417–1431) proklamiert und namentlich König Sigismund und die deutschen Reichsfürsten zur Unterdrückung der Häresie aufgerufen. Ein gemeinsames Heer rückte im Sommer gegen Prag vor. Als militärischer Anführer der Hussiten tat sich anfangs besonders Jan Žižka von Trocnov (* ca. 1360, † 1424), ein verarmter südböhmischer Kleinadliger, hervor. Seine wichtigste militärische Stütze war das so genannte Feldheer. Dabei handelte es sich um eine vor allem aus niederen Sozialschichten zusammengestellte und von Kleinadligen befehligte stehende Armee. Die Taboriten und Orebiten unterhielten jeweils eine Feldarmee von 6000 bzw. 4000 Mann Stärke. Sie konnten sich nicht nur gegen die Kreuzfahrer durchsetzen, sondern unternahmen unter Führung ihres zweiten bedeutenden Feldherrn, Prokop des Großen († 1434), seit 1428 auch Züge in die Nachbarländer – nach Sachsen, Schlesien, Polen, Österreich und Ungarn –, wo sie schwere Verwüstungen anrichteten. Die Hussiten wurden spätestens dadurch zu einem reichspolitischen Problem ersten Grades. Ihre militärischen Erfolge gingen unter anderem auf eine strategische Neuerung zurück: die Wagenburgen. Die Wagenburgen Die Wagenburgen waren mobile Befestigungsanlagen. Sie bestanden aus zusammengebundenen und mit Geschützen ausgestatteten Kampfwagen. Diese unterstanden einem Führer und konnten von ca. 12–20 Soldaten verteidigt werden. Da die Wagenburg oft aus mehreren Hundert Fuhrwerken bestand, fanden in ihrem Inneren sowohl Fußvolk als auch Kavallerie Platz. Die große Beweglichkeit der Wagenburgen ermöglichte es, in kürzester Zeit und fast nach Belieben runde oder viereckige Verteidigungsanlagen zu errichten, die auch als Feuerstellung aktiv in die Schlacht eingreifen konnten. Die Wagenburgen wurden auch von anderen Heeren übernommen und blieben bis weit in die Frühe Neuzeit hinein in Gebrauch.
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Die Hussitenkriege
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Die europäischen Kreuzzüge Die Erfolge der Hussiten
Unter anderem mithilfe der Wagenburgen gelang den Hussiten zwischen 1420 und 1431 eine Reihe spektakulärer Siege über die Kreuzzugsheere. In diesen Jahren zogen fünf Kreuzzugsheere nach Böhmen: Zwischen Mai und November 1420 kämpfte ein großes Kreuzzugsheer unter König Sigismund, der während einer zweiten Kampagne von August 1421 bis Januar 1422 durch Truppen verschiedener Reichsfürsten unterstützt wurde. Beide Züge waren militärische Desaster. Im Oktober 1422 konnten brandenburgische, meißnische, fränkische und rheinische Kontingente unter Markgraf Friedrich I. von Brandenburg (1417–1440) zwar kaum Erfolge verzeichnen, aber zumindest blieb ihnen eine Niederlage erspart. Beim vierten Zug im Juli/August 1427 erlitt einmal mehr Markgraf Friedrich einen schweren Rückschlag bei Tachov. Schließlich brachten zwischen Juni und August 1431 drei Kreuzfahrerheere aus dem Römisch-Deutschen Reich wieder den Krieg nach Böhmen. Sie standen unter der Führung des brandenburgischen Kurfürsten, des Herzogs von Österreich sowie des Kardinals Giuliano Cesarini (*1398, † 1444), mussten aber wie ihre Vorgänger Niederlagen hinnehmen. Somit blieb allen Kreuzzügen letztlich der Erfolg versagt. Die Kreuzfahrer unterlagen regelmäßig den hussitischen Heeren, deren Kämpfer sich ihrerseits als „Gottesstreiter“ (Boži bojovníci) bezeichneten. Als eine Reaktion auf die militärischen Misserfolge sind die so genannten Basler Kompaktaten von 1433 anzusehen. Sie wurden während des Basler Konzils zwischen einer hussitischen Abordnung unter Prokop dem Großen († 1434) und einer Kirchendelegation geschlossen und 1436 verkündet. Die Basler Kompaktaten stellten einen Kompromiss zwischen Hussiten und Altgläubigen dar: Der Laienkelch wurde in Böhmen gestattet. Die Einigung spaltete die hussitische Bewegung in die gemäßigte Adelspartei und die Prager Hussiten auf der einen Seite und die Partei der radikalen Sozialrevolutionäre auf der anderen. Im nun ausbrechenden Bürgerkrieg unterlagen am 30. Mai 1434 in der Schlacht bei Lipany die Feldheere der Radikalen unter Prokop dem Großen. In der Folge wurde das Königtum Kaiser Sigismunds zwar in Böhmen anerkannt, doch kam es auch zu einer Reihe hussitischer Aufstände, und die Basler Kompaktaten wurden durch das Papsttum nie bestätigt. Noch 1465–1467 wurde ein neuerlicher, ebenfalls militärisch erfolgloser Kreuzzug gegen die Hussiten ausgerufen. Erst mit der Reformation kam die Bewegung zu einem Ende: Sie wurde von der neuen Kirchen aufgesogen.
c) Weltliche Feinde der Kirche Kreuzzüge oder päpstliche Kriegszüge?
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Auf den ersten Blick scheinen sich die Kreuzzüge gegen häretische Bewegungen fundamental von denjenigen gegen christliche Mächte zu unterscheiden: Im ersten Fall geht es um die Verteidigung des Glaubens, im zweiten um politische Macht. Doch dürfte bereits durch die Darstellung der Albigenser- und Hussitenkriege deutlich geworden sein, wie stark auch die Kreuzzüge in Frankreich und Böhmen von „politischen“ Motivationen durchdrungen waren. Kriege gegen weltliche Feinde der Kirche wiederum
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wurden nicht nur von den Päpsten, sondern auch von anderen Zeitgenossen als Kampf zum Wohle Gottes verstanden, denn wurde nicht derjenige automatisch zum Glaubensfeind, der sich gegen die Kirche stellte? Aber es gab auch genug Kritiker dieser Unternehmen, und schon in einigen mittelalterlichen Kommentaren des Kirchenrechts wurde eine Unterscheidung zwischen den häretischen und den nicht-häretischen Feinden des Glaubens vorgenommen. Gerade im Spätmittelalter nahmen die Kriegszüge gegen Papstfeinde eigene Formen an, die nur noch sehr bedingt den Kreuzzügen ähnelten. Formal lassen sich zwar manche wichtige Elemente wie der Kreuzzugsaufruf oder das Ablassversprechen feststellen, doch anderes war ganz untypisch: der starke Rückgriff auf Söldner – bei denen der Ablassgedanke wohl keine große Rolle gespielt haben dürfte – oder die landesherrlichen Interessen des Papstes in Mittelitalien. In vielem stellten damit die Kreuzzüge gegen weltliche Feinde der Kirche Grenzfälle der Kreuzzugsgeschichte dar. Nirgends wird dies deutlicher als in Italien, dem eigentlichen Hauptgebiet dieser Kriegszüge. Die Appeninenhalbinsel war im Hoch- und Spätmittelalter grob in drei Herrschaftsgebiete unterteilt: Der Norden stand nominell unter der Oberherrschaft der Reiches und wird daher als „Reichsitalien“ bezeichnet. Tatsächlich behaupteten die Städte und Territorien dieses Raumes ihre Freiheit gegen die Ansprüche der römisch-deutschen Könige und erlangten weitgehende Autonomie. Den größten Teil Mittelitaliens nahm das Patrimonium Petri, der Kirchenstaat, ein. Im Süden schließlich lag das Königreich Sizilien, das auch Süditalien umfasste. Es befand sich im 12. Jahrhundert unter der Herrschaft der Normannen, kam dann 1194 an die Staufer und 1268 an das Geschlecht der Anjou. Seit 1282 war sein Besitz zwischen den Anjou und einer Seitenlinie des aragonesischen Königshauses, die sich auf der Insel behaupten konnte, umkämpft. Vor allem der Norden und der Süden Italiens wurden im Spätmittelalter zu Schauplätzen von Kreuzzügen, wobei im 13. Jahrhundert Sizilien, im 14. Jahrhundert einzelne Herrschaften Norditaliens den Streitgegenstand darstellten. Das Konfliktpotenzial in dieser Sache lag in den landesherrlichen Interessen des Papsttums, das seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wiederholt die Oberherrschaft über Sizilien einforderte. Somit wurden diejenigen Sizilianer, die gegen diesen Rechtsanspruch rebellierten, automatisch zu Feinden der Kirche. Die Bedeutung der Insel wurde dadurch zusätzlich erhöht, dass sie als südlicher Vorposten des Christentums im Mittelmeer und als Nachschubbasis für die Kreuzfahrerherrschaften eine besondere Rolle spielte. Dieses Argument wurde auch im 12. Jahrhundert von Päpsten ins Feld geführt, die zu Kreuzzügen gegen sizilische Machthaber aufriefen – so im Jahre 1135 gegen den Normannenkönig Roger II. (1130–1154) und 1199 gegen den staufertreuen Regenten Markward von Annweiler († 1202). Doch keine dieser Initiativen zeigte große Wirkung, sodass man zwar von Kreuzzugsaufrufen, nicht aber von Kreuzzügen sprechen sollte. Ähnliches gilt für den Krieg, den Papst Gregor IX. im Jahre 1229 gegen Friedrich II. führen ließ: Zwar kam es hier tatsächlich zu Kampfhandlungen, doch stritten die Krieger unter der Fahne Sankt Peters, nicht unter dem Kreuzeszei-
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Die „politischen Kreuzzüge“ des 14. Jahrhunderts
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Die Stedinger Bauern Die Stedinger Bauern bewohnten den Unterlauf der Weser nordwestlich Bremens. In diesem spät urbar gemachten Gebiet weigerten sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts die Bauern, dem Erzbischof von Bremen-Hamburg die Steuer und den Zehnten zu zahlen. Nachdem ein bischöfliches Heer eine militärische Niederlage hinnehmen musste, wurden die Bauern im Jahre 1227 oder 1229 exkommuniziert und 1229/30 zu Ketzern erklärt. Ein erstes Kreuzzugsunternehmen verlief 1233 weitgehend erfolglos, doch 1234 wurde in größerem Umfang für den Zug geworben: Man warf den Bauern vor, Zauberei zu betreiben, und versprach den Kreuzfahrern die remissio peccatorum. Auf diese Weise kam ein großes Heer zusammen, das die Stedinger Bauern am 27. Mai 1234 bei Altenesch vernichtend schlug und unterwarf.
Vielleicht waren es die Erfahrungen aus dem Reich, die Papst Gregor IX. im Jahre 1239 dazu veranlassten, nunmehr den Krieg gegen Kaiser Friedrich als Kreuzzug zu führen. Der Kaiser wurde nicht nur exkommuniziert, sondern als Ketzer und Kollaborateur der Muslime verteufelt. Den hier eingeschlagenen Weg verfolgten andere Päpste des 13. Jahrhunderts weiter: Im Jahre 1244 rief auch Innozenz IV. (1243–1254) gegen Friedrich zum Kreuzzuge auf, ebenso wie sein Nachfolger Alexander IV. (1254–1261) im Jahre 1255 gegen Friedrichs Sohn Manfred (*1232, † 1266). Als das Papsttum den Bruder des französischen Königs, Karl von Anjou (*1226, † 1285), zum Streiter der Kirche gegen die Staufer in Süditalien ernannte, unterstützte es dessen Kampf immer wieder mit den Mitteln des Kreuzzugs, bis die Stauferherrschaft 1268 endgültig zerschlagen worden war. Und als die Herrschaft Karls I. von Anjou als König von Sizilien (1268–1285) im Jahre 1282 von den Aragonesen infrage gestellt wurde, wandten die Päpste aufs Neue diese bewährte Waffe an: Am 13. Januar 1283 rief Papst Martin IV. (1281–1285) zum Kreuzzug gegen Aragón auf, woraufhin ein großes, vor allem aus Franzosen zusammengestelltes Kreuzfahrerheer 1285 über die Pyrenäen nach Spanien zog und einen – letztlich erfolglosen – Kriegszug durchführte. Zwar wurde das sizilische Problem im Jahre 1302 auf diplomatischem Weg notdürftig gelöst, doch hörten damit die „italienischen Kreuzzüge“ keineswegs auf. Im Jahre 1309 zog die päpstliche Kurie nach Avignon in Südfrankreich. Während der 77 Jahre dieses „Avignonesischen Exils“ residierten die Päpste fern von ihrem eigentlichen Patrimonium. Doch griffen sie häufig in die Kämpfe zwischen der papstfeindlichen Partei der Ghibellinen und den papsttreuen Guelfen ein. In diesem Zusammenhang wurden auch verschiedentlich Kreuzzüge ausgerufen, so 1309 gegen Venedig, 1321 gegen Ferrara und 1324 gegen Mantua. Besonders häufig ergingen Aufrufe gegen das mächtige Mailand (1322, 1360, 1363, 1368 u. ö.). Doch inzwischen hatte sich der oben angedeutete Wandel bereits vollzogen, es handelte sich nunmehr um Söldnerkriege, die kaum Auswärtige zu mobilisieren vermochten und obendrein Energien von anderen Kreuzzugsszenarien ablenkten: Im
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Jahre 1363 sicherte Papst Urban V. (1362–1370) seinem Repräsentanten in Italien zu, keinen Kreuzzug in den Orient voranzutreiben, solange die Visconti von Mailand nicht geschlagen seien. Hier verhinderten die Kriegszüge gegen weltliche Machthaber offensichtlich die Kreuzzüge in den Orient. In der Zeit des Großen Schismas (1378–1417) wurden verschiedentlich militärische Konflikte zu Kreuzzügen deklariert – so im Jahre 1383, als englische Truppen im Namen des römischen Papstes in Flandern kämpften, oder in Galicien und Portugal im Jahre 1386/87. Doch standen diese Auseinandersetzungen im größeren Zusammenhang des Hundertjährigen Krieges, nicht des Glaubenskampfes: Die große Zeit der Kreuzzüge gegen weltliche Feinde der Kirche war endgültig vorüber.
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V. Die Ritterorden vor 1080
Gründung des Johannesspitals in Jerusalem durch Amalfitaner Kaufleute vor 1120 Gründung der Templergemeinschaft durch Hugo von Payens 1113 Päpstliche Genehmigung der Johanniter 1129 Konzil von Troyes: Bestätigung der Gewohnheiten der Templer um 1130 Entstehung der Johanniterregel um 1135 Übernahme militärischer Aufgaben durch die Johanniter Bulle ›Omne datum optimum‹: Approbation des Templerordens 1139 1142 Ersterwähnung des Lazarusordens 1154 Bulle ›Christiane fidei religio‹: Approbation der Johanniter 1158 Errichtung einer Bruderschaft in der Burg Calatrava 1175/76 Päpstliche Approbation des Santiagoordens und seiner Regel. Päpstliche Bestätigung der Bruderschaft von San Julián de Pereiro, später Orden von Alcántara. Ersterwähnung der Bruderschaft von Évora, später Orden von Avís 1187 Ordensregel des Calatravaordens 1190 Gründung einer deutschen Spitalgemeinschaft vor Akkon 1198 Militarisierung des Deutschen Ordens 1202 Gründung des Schwertbrüderordens 1211 Unterstellung der Bruderschaft von San Julián de Pereiro unter den Orden von Calatrava, 1218 Übernahme der Burg Alcántara 1225 Vertreibung der Deutschordensritter aus dem Burzenland vor 1228 Gründung des Ordens von Dobrin 1235/1237 Inkorporation des Schwertbrüderordens und des Ordens von Dobrin in den Deutschen Orden 1307 13. Oktober: Festnahme der französischen Templer 1309 Verlegung der Zentrale des Deutschen Ordens an die Ostsee 1306–10 Eroberung von Rhodos durch die Johanniter 1312 22. März: Aufhebung des Templerordens 1410 15. Juli: Schlacht bei Tannenberg/Grunwald 1466 Zweiter Thorner Friede 1523 Räumung von Rhodos durch die Johanniter 1525 Säkularisierung des Ordensstaates Preußen 1530 Johanniter erhalten die Herrschaft über Malta
1. Grundlagen und Anfänge der Ritterorden a) Vorbedingungen für die Entstehung der Ritterorden Von allen Institutionen, die aus den Kreuzzügen und den Kreuzfahrerherrschaften hervorgingen, war den Ritterorden das längste Leben und der größte Erfolg beschieden. Sie prägten aufgrund ihrer militärischen Potenz, ihres Reichtums und ihres politischen Gewichts das Geschehen in Outre-
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Grundlagen und Anfänge der Ritterorden
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mer wie keine andere Korporation. Über ein Dutzend Ritterorden entstand bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts und verbreitete sich über das gesamte christliche Europa. Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, im systematischen Zugriff die Gründungsumstände der verschiedenen Orden und deren Ausbreitung darzulegen. Zuvor aber gilt es, die unterschiedlichen Grundlagen vorzustellen, aus denen sie hervorgingen. Auf den ersten Blick ist es schwer, einen Unterschied zwischen einem Kreuzfahrer und dem Mitglied eines Ritterordens festzustellen. Beide zogen bewaffnet zur Verteidigung des Christentums in den Kampf, verstanden sich als miles Christi (also einen Streiter Christi) und dürften auf besonderen himmlischen Lohn für ihr Handeln gehofft haben. Beide Lebensformen verbanden Elemente der vita religiosa und des Pilgerwesens miteinander. Viele der Beweggründe, die zur Teilnahme an einem Kreuzzug führten (vgl. Kap. I., 2 und 3), konnten daher gleichfalls den Entschluss auslösen, einem Ritterorden beizutreten. Doch für den Ordensritter besaßen einige dieser Gründe eine besonders große Bedeutung. Zu nennen sind vor allem die folgenden fünf Motivationen: erstens der Gedanke des Dienstes am Nächsten, zweitens die Verchristlichung des Rittertums, drittens die kirchlichen Reformbewegungen, viertens die Laienfrömmigkeit des 12. Jahrhunderts und schließlich fünftens die spezifische Situation in den Grenzgebieten zum Islam. Dass auch andere Elemente wie etwa politische oder wirtschaftliche Interessen den Daseinszweck der Ritterorden ergänzten, wird für deren spätere Geschichte von Belang, erklärt jedoch nicht hinreichend ihre Entstehung. Die Aufforderung zum Dienst am Nächsten wurde in zweifacher Hinsicht erfüllt: erstens, indem die Ordensritter Mitchristen militärisch schützten (auch dies in den Augen der Zeitgenossen ein Akt christlicher Nächstenliebe), und zweitens durch karitatives Wirken in Spitälern. Beide Betätigungen hängen mittelbar mit dem Pilgerwesen zusammen. Die ursprüngliche Aufgabe des ältesten Ritterordens, der Templer, bestand nämlich im Schutz christlicher Pilger, welche Jerusalem besuchen wollten. Der Gedanke des Beistands bzw. der Verteidigung der Mitchristen bedingte auch die Entstehung einiger spanischer Ritterorden, die neu eroberte Territorien gegen die Muslime verteidigen sollten. Für das karitative Wirken der Ordensbrüder stehen exemplarisch der Johanniter-, der Lazariter- und der Deutsche Orden, die alle aus Spitalbruderschaften hervorgingen. Fundamental für die Entstehung der Ritterorden war auch die bereits erwähnte Christianisierung der Ritter. Ohne die wachsende Akzeptanz dieser Krieger seitens der Kirche wäre es nicht möglich gewesen, sie formal als Ordensangehörige in die Kirchenorganisation zu integrieren. Dies tritt gerade in einem Werk zum Vorschein, das besonders gut das Neuartige der Ritterorden erkennen lässt: die ›Schrift zum Lobe der Neuen Ritterschaft‹ (›Ad milites Templi de laude novae militie‹) des Zisterzienserabtes Bernhard von Clairvaux (vgl. Kap. II., 2. a). Dort wird wiederholt darauf hingewiesen, dass die Templergemeinschaft dem Ritter die Möglichkeit gebe, seine militärischen Fähigkeiten zum Wohle Gottes und des Nächsten einzubringen. Eine Möglichkeit, die Integration in kirchliche Strukturen zu erleichtern,
Kreuzfahrer und Ordensritter
Kirchliche Reformbewegungen und Laienfrömmigkeit
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Die Ritterorden war die Orientierung an bereits bestehenden Formen religiosen Lebens. Vor allem zwei kirchliche Reformbewegungen dienten den Ordensrittern als Anknüpfungspunkte: diejenigen der Zisterzienser und der Regularkanoniker (vgl. Kap. I., 3. b). Die meisten spanischen Ritterorden wurden institutionell dem Orden von Cīteaux angegliedert und lebten damit nach der Benediktregel. Viele andere, etwa der Johanniterorden und der Santiagoorden, machten dagegen die Kanonikerregel des Augustinus zur Grundlage ihrer eigenen Ordensregel. Stärker noch als die drei bislang genannten Kräfte dürfte die Laienfrömmigkeit des 11. und 12. Jahrhunderts auf die Entstehung der Ritterorden eingewirkt haben. Denn in ihren Ursprüngen waren diese Orden in aller Regel nichts anderes als Laienbruderschaften. Dies gilt für die erste Templergemeinschaft ebenso wie für die spanischen milicias, aus denen sich später Ritterorden entwickelten, und ganz besonders trifft dies auf die Spitalgemeinschaften zu, die erst in einem zweiten Schritt militarisiert wurden. Ganz wesentlich waren diese Bruderschaften vom Gedanken der Armut in der Nachfolge Christi geprägt. Es ist kein Zufall, dass die ersten Templer sich als pauperes commilitones Christi, als die armen Mitstreiter Christi, bezeichneten, und auch Bernhard von Clairvaux hob dieses Merkmal besonders hervor. In den Ritterorden gingen also vier Elemente eine Symbiose ein: ältere Vorstellungen des kirchlich geleiteten Heidenkampfs, jüngere reformmonastische Bewegungen, die neue Laienfrömmigkeit des 12. Jahrhunderts sowie die aufstrebende gesellschaftliche Gruppe der Ritter.
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Ritterorden und Ribat (Ribāt ) ˙ Es ist die fesselnde These vertreten worden, die ersten Templer hätten sich an einem islamischen Vorbild, dem Ribat, orientiert. Damit werden muslimische Konventsgebäude bezeichnet, die von Kriegern verteidigt wurden. Einige dieser freiwilligen Kämpfer dienten nur eine begrenzte Zeit lang und verbanden den militärischen Dienst mit geistlichen Übungen. Die Ähnlichkeiten zu den christlichen Ritterorden sind offensichtlich, der Gedanke einer direkten Übernahme liegt nahe. Doch bisher existieren keine Belege für diese Annahme. Die Merkmale der Ritterorden waren nicht nur im Islam vorgeprägt: Das gemeinschaftliche, geregelte Leben von Laien fügt sich in die christliche Bruderschaftsbewegung ein, die Vorstellung von der „verdienstvollen Gewaltanwendung“ entwickelte sich aus älteren christlichen Wurzeln, und selbst der zeitlich befristete Waffendienst, der den ersten Templern gestattet wurde, lässt sich ebenso in den spanischen Milizen beobachten. Doch die Frage einer Übernahme muslimischer Elemente durch die christlichen Ritterbrüder ist noch immer nicht abschließend geklärt.
Bei allen allgemeinen geistes-, religions- und sozialgeschichtlichen Grundlagen darf jedoch ein letzter Faktor nicht übersehen werden, der für die Entstehung der Ritterorden entscheidende Bedeutung hatte: die unmittelbaren Zustände in den Grenzgebieten des Christentums. Die Gründung der ersten Bruderschaften zum Schutz von Pilgern oder Burgen, aber auch die Umwandlung karitativer Einrichtungen in militärische Orden stellten häufig die Reaktion auf eine unmittelbare Herausforderung dar – den Versuch, adäquat auf eine Situation zu antworten, die sich aus dem spezifischen Charakter der Kreuzfahrerherrschaften bzw. anderer Grenzgebiete ergab.
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Die Verbindung zwischen religiosem Leben und bewaffnetem Kampf rief auch Skepsis hervor. Frühe Quellen belegen, dass nicht nur außer-, sondern auch innerhalb der Templergemeinschaft Zweifel an dieser Neuartigkeit geäußert wurden. Auch im Johanniterorden regte sich zur Mitte des 12. Jahrhunderts Widerstand dagegen, den Dienst an Armen und Kranken zugunsten des militärischen Kampfes zurückzustellen. Bis zum Ende des Mittelalters verstummte die Kritik nie ganz. Sie wurde mit der Zeit durch weitere Argumente erweitert und trug letztlich zur Gleichschaltung oder Aufhebung einzelner Orden bei.
b) Karitative oder militärische Bruderschaften: die Gründungsumstände Beim Blick auf die oftmals jahrhundertelange, manchmal sogar bis in die Gegenwart reichende Geschichte der geistlichen Ritterorden wird oftmals übersehen, dass diese in aller Regel ursprünglich aus Laienbruderschaften hervorgingen. Diese in den Quellen als confraternitates, societates u. Ä. m. bezeichneten Zusammenschlüsse vereinten Gläubige, die zwar nach religiosen Grundsätzen lebten, aber keine geistlichen Gelübde abgelegt hatten. Die Bruderschaften wurden in der Regel von kirchlicher Seite genehmigt, erfüllten aber nicht die Kriterien, um als Orden gelten zu können: Weder waren sie vom Papst anerkannt (approbiert), noch folgten sie einer anerkannten Regel. Allerdings konnten sich – wie im Falle vieler Ritterorden – sehr wohl aus Bruderschaften approbierte Orden entwickeln. Versucht man, die mittelalterlichen Ritterorden nach inhaltlichen anstatt allein nach räumlichen Kategorien zu ordnen, so bietet sich als ein Unterscheidungsmerkmal die Frage an, aus welcher Art religioser Bruderschaft der jeweilige Orden hervorging. Hier lassen sich zwei Typen von Gemeinschaften differenzieren: diejenigen, die von Beginn an dem bewaffneten Kampf gewidmet waren und oft in den Quellen als militia(e) bezeichnet werden, und diejenigen, die ursprünglich der Kranken- und Armenpflege dienten und erst nachträglich militärische Aufgaben übernahmen. Diese Unterscheidung behielt auch dann ihre Bedeutung, als beide Typen gleichermaßen militärisch aktiv waren. Dies wird daran erkennbar, dass manche Ordensangehörige und auch andere Zeitgenossen wiederholt auf die ursprüngliche Bestimmung der jeweiligen Orden hinwiesen. Für alle Orden, die aus karitativen Einrichtungen hervorgingen, spielte der Dienst an Kranken und Armen in den ordenseigenen Spitälern eine weitaus größere Rolle als bei den Orden des ersten, genuin militärischen Typus (wo er allerdings auch geleistet wurde). Nach eben dieser Untergliederung sollen daher im Folgenden die Gründungsumstände der geistlichen Ritterorden vorgestellt werden. Dabei ist es unmöglich, die verwirrende Vielfalt großer und kleiner, palästinensischer, baltischer und spanischer Ritterorden gleichermaßen abzuhandeln. Unser Schwerpunkt liegt daher bei den drei mächtigsten Korporationen: dem Templerorden, dem Johanniterorden und dem Deutschen Orden. Es sollte aber stets bedacht werden, dass ebenso kleinere oder kurzlebige Institutionen wie der Lazariterorden, der Thomasorden, der Montesaorden u. v. m. die Geschichte des mittelalterlichen Ordenswesens prägten.
Bruderschaften und Ritterorden
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Die Ritterorden
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Die spanischen Ritterorden Von allen Grenzzonen des christlichen Europa brachte die Iberische Halbinsel die meisten Ritterorden hervor. Die Gründungsumstände der vier bedeutendsten – die Orden von Calatrava, Alcántara, Santiago und Avís – seien kurz umrissen. Die im Jahre 1147 durch König Alfons VII. von León und Kastilien (1126–1157) eroberte Burg Calatrava drohte im Jahre 1158 an die Muslime verloren zu gehen. Daraufhin taten sich einige Zisterziensermönche und Laien zusammen, um die Burg zu verteidigen. Im Jahre 1187 erhielt die Gemeinschaft von Calatrava eine eigene Ordensregel; sie wurde dem Zisterzienserorden unterstellt, behielt aber weitgehend ihre Selbstständigkeit. Auch die drei anderen hispanischen Ritterorden entstanden aus militiae (span. milicias), also militärischen Laienbruderschaften. Der Alcántaraorden geht auf eine solche milicia zurück, die vielleicht um 1167 gegründet und deren Besitz 1176 von Papst Alexander III. (1159–1181) bestätigt wurde. Der Orden konnte zwar sein Vermögen erweitern, wurde jedoch im Jahre 1213 dem Orden von Calatrava unterstellt, dessen Regel er seitdem befolgte. Erst zu dieser Zeit (im Jahre 1218) erhielt er die Burg und die Stadt Alcántara, nach der er benannt wurde. Auch der Santiagoorden trug nicht von Beginn an seinen Namen: Er ging aus der Laienbruderschaft der fratres de Cáceres hervor, die König Ferdinand II. von León (1157–1188) im Jahre 1170 nach der Eroberung der gleichnamigen Stadt (in der Extremadura) gründete. Erst ein Jahr später unterstellte sich die Gemeinschaft dem hl. Jakobus und ging eine Art Verbrüderung mit dem Kathedralkapitel von Santiago de Compostela ein. Im Jahre 1175 bestätigte Papst Alexander III. die an der Augustinusregel ausgerichtete Ordensregel, womit der letzte Schritt zum vollgültigen Ritterorden vollzogen war. In diese Zeit fällt auch die erste Erwähnung des ältesten portugiesischen Ritterordens (1176). Er wurde in der 1165 von den Muslimen eroberten Stadt Évora gegründet und erhielt später die Ortschaft Avís, nach der er dann seinen Namen nahm. Innerhalb weniger Jahre waren damit auf der Iberischen Halbinsel vier Ritterorden entstanden. Die Zahl erhöht sich noch, wenn man kurzlebige Gründungen wie den Orden von Trujillo oder denjenigen von Montjoie hinzuzählt. Diese Vereinigungen wurden aber nach wenigen Jahrzehnten den bereits genannten Institutionen einverleibt.
Der Templerorden
Den archetypischen Repräsentanten eines aus einer rein militärischen Bruderschaft hervorgegangenen Ritterordens stellt der Templerorden dar. Er ging auf eine Bruderschaft von Rittern zurück, die sich kurz vor dem Jahre 1120 unter der Leitung des aus der Champagne stammenden Adligen Hugo von Payens (* ca. 1080, † 1136/37) in Jerusalem zusammenschloss. Sie scheint in Verbindung zum Patriarchen von Jerusalem gestanden zu haben und widmete sich dem Schutz christlicher Pilger. Diese waren auf dem Weg zwischen der Küste und Jerusalem immer wieder Opfer muslimischer Angriffe geworden. König Balduin I. (1100–1118) übergab den Rittern einige Räumlichkeiten in einem seiner Paläste auf dem Tempelplatz (arab. Haram aš-Šarīf), dem Ort des alttestamentlichen Salomonischen ˙ Hieraus leitete die Bruderschaft ihre Bezeichnung ab. WahrTempels. scheinlich wurde sie bei einer Versammlung bedeutender weltlicher und geistlicher Würdenträger, die 1120 in Nablus zusammentrat, genehmigt. Doch der entscheidende Durchbruch gelang der jungen Einrichtung neun Jahre später, auf einer Kirchenversammlung im französischen Troyes. Hugo von Payens legte dort die Gewohnheiten (consuetudines), die er und seine Mitbrüder befolgten, den Teilnehmern der Synode zur Begutachtung vor. Nun wurde seine Gründung von höchster Stelle – sogar ein päpstlicher Vertreter (Legat) war zugegen – akzeptiert. Diese Förderung und die Bettel-
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reisen von Templerbrüdern in verschiedene Länder Europas wirkten wie eine Initialzündung: Viele Männer traten den Templern bei oder schenkten ihnen Güter. Das auf diese Weise erlangte Vermögen diente als Grundlage für die Ausdehnung der ursprünglich lokalen Einrichtung über die Grenzen Jerusalems und Palästinas hinweg. Es fehlte nur noch die Approbation durch den Heiligen Stuhl. Sie erfolgte im Jahre 1139 in der grundlegenden Bulle ›Omne datum optimum‹. Der Weg für die Entwicklung zu einem internationalen Orden, dem ordo Militiae Templi Hierosolimitani, war frei. Nicht nur in Outremer oder im äußersten Westen Europas entstanden Ritterorden. Am anderen Ende des Kontinents, an der Ostsee, bildeten sich zu Beginn des 13. Jahrhunderts ebenfalls religiose Korporationen: der Schwertbrüderorden und der Orden von Dobrin (vgl. Kap. IV., 2. a). Der Schwertbrüderorden wurde 1202 von einem Zisterziensermönch und einigen norddeutschen Rittern zum Schutz neu bekehrter Christen gegen heidnische Liven gegründet und dem Bischof von Riga unterstellt. Zwar konnte der Orden anfangs seine Macht und sein Territorium beträchtlich ausdehnen und sogar eine eigene Herrschaft errichten; aber nach einer vernichtenden Niederlage gegen die Heiden wurde er 1237 nach Wunsch des Papstes dem Deutschen Orden inkorporiert. Der Orden von Dobrin entstand um 1228 in dem gleichnamigen Ort an der Weichsel auf Betreiben Bischof Christians von Preußen und Herzog Konrads von Masowien. Er sollte militärisch gegen den heidnischen baltischen Stamm der Prußen vorgehen. Doch auch er wurde im Jahre 1235 dem Deutschen Orden einverleibt. Damit ist der Name des Ritterordens gefallen, der am stärksten mit dem Baltikum in Verbindung gebracht wird: der Deutsche Orden. Weder lagen seine Ursprünge an der Ostsee, noch war er ursprünglich dem Kampf gewidmet: Er ging aus einer Spitalbruderschaft hervor, die 1189/90 von niederdeutschen Kreuzfahrern während der Belagerung Akkons gegründet und unter den Schutz der Jungfrau Maria gestellt wurde. Die karitative Gemeinschaft wurde schnell militarisiert: Im Jahre 1198 nahm sie neben der bislang befolgten Johanniterregel auch diejenige des Templerordens an, und kurz danach wurde sie von Papst Innozenz III. als Ritterorden approbiert. Anfangs erhoben die Johanniter noch Ansprüche auf die junge Gründung, doch konnten diese unter der geschickten Leitung des Hochmeisters Hermann von Salza erfolgreich abgewehrt werden. In der Folge konnte sich die Gemeinschaft nicht zuletzt aufgrund der entschlossenen Förderung durch die Staufer als ordo fratrum hospitalis sanctae Mariae Theutonicorum Hierosolimitanorum fest unter den einheimischen Ritterorden etablieren. Bis zum Untergang des Königreichs Jerusalem befand sich ihr administratives und spirituelles Zentrum nicht an der Ostsee, sondern in Palästina.
Die Ritterorden des Ostseeraums
Auch kleinere Ritterorden wie der Lazariterorden, der sich um Leprakranke kümmerte, oder der Thomasorden entwickelten sich aus karitativen Bruderschaften. Doch soll diejenige Einrichtung diese Übersicht abschließen, die als erste diesen Wandel durchlief und dadurch zum Vorbild für alle späteren wurde: der Johanniterorden. Er ging aus einem Spital hervor,
Die Johanniter
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Die Ritterorden das Kaufleute aus der süditalienischen Hafenstadt Amalfi vor 1080 an der Abtei Santa Maria Latina in Jerusalem gründeten. Nach der Eroberung von 1099 scheinen diese Hospitaliter wie die Templer in einem noch unklaren rechtlichen Verhältnis zum Patriarchen der nahe gelegenen Grabeskirche gestanden zu haben. Doch 1113 erkannte sie Paschalis II. (1099–1118) mit der Bulle ›Piae postulatio voluntatis‹ als eine eigenständige Einrichtung an, und um 1135 (das Datum ist in der Forschung umstritten) wurden die Johanniter mit militärischen Aufgaben betraut. Es sollten allerdings noch Jahrzehnte vergehen, bis innerhalb der Gemeinschaft der Waffendienst als eine gleichberechtigte Aufgabe anerkannt wurde: Noch in der eigentlichen Approbation des Ordens, der Bulle ›Christiane fidei religio‹ Papst Anastasius‘ IV. (1153/54) vom 21. Oktober 1154, ist davon nicht die Rede. Nach 1160 riefen die wachsenden militärischen Aufgaben zwar erste finanzielle und interne Krisen hervor, doch in den 1180er-Jahren wurde in Anbetracht der Nöte der Kreuzfahrerherrschaften der Weg der Militarisierung konsequent eingeschlagen. Seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts nahm das Hospitalwesen den zweiten Platz nach den militärischen Tätigkeiten ein. Dennoch unterhielten die Johanniter gemäß ihrer ursprünglichen Ideale weiterhin ihr Jerusalemer Spital. Vor dem Fall Jerusalems nahm es 2000 Kranke beiderlei Geschlechts auf und leistete damit einen wesentlichen Beitrag zur Versorgung der bedürftigen Einwohner und Pilger. Diese karitativen Aufgaben hätten niemals erfüllt werden können, hätten die Johanniter – ebenso wie die anderen palästinensischen Ritterorden – nicht über ein ausgedehntes Netz an Niederlassungen im lateinischen Westen verfügt, das ihnen als Rekrutierungs- und Nachschubbasis diente und dadurch entscheidend zum Überleben der „Kreuzfahrerstaaten“ beitrug. Dieses Netz gilt es im Folgenden zu beschreiben.
c) Die Ausbreitung der Ritterorden Bis zum Jahre 1291 befand sich das Zentrum aller palästinensischen Ritterorden im Heiligen Land: Während des ersten Königreichs, also bis zum Verlust Jerusalems 1187, lag das Mutterhaus der Templer auf dem Tempelberg und das der Johanniter im nahe gelegenen Johannes-Spital. Die Zentrierung auf Jerusalem ist verständlich, kam der Stadt doch eine herausragende Bedeutung zu: erstens wegen ihrer Funktion als politisches Zentrum und zweitens wegen ihrer spezifischen Würde. Nicht zufällig enthält die Schrift ›Zum Lobe der Neuen Ritterschaft‹ eine ausführliche Beschreibung der Heiligen Stätten Jerusalems. Doch auch die nicht-palästinensischen Ritterorden waren im Heiligen Land präsent. Viele spanische Ritterorden oder milicias orientierten sich zumindest ideell nach Palästina oder erwarben dort Besitz. Der Verlust Jerusalems im Jahre 1187 bedingte eine Verschiebung der Mutterhäuser: Die Templer und Johanniter verlegten ihre Zentralen nach Akkon, und die Deutschordensritter bauten seit dem Ende der 1220er-Jahre die nahe gelegene Burg Montfort zu ihrem Hauptquartier aus. Doch der Wegfall der meisten palästinensischen Besitzungen wog schwer und machte sich auch außerhalb Palästinas bemerkbar.
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Grundlagen und Anfänge der Ritterorden Unter diesen Umständen erlangten die europäischen Tochterhäuser der Orden besondere Bedeutung. Alle Ritterorden des Heiligen Landes verfügten über eine mehr oder minder große Zahl solcher Filiationen oder Dependancen, die die Mutterhäuser vor allem durch die responsio unterstützten. Von Portugal bis Polen, von Schottland bis Sizilien reichte das Niederlassungsnetz. Es konnte allerdings je nach Orden enger oder weitmaschiger und auch bei ein und derselben Institution unterschiedlich dicht geknüpft sein. Über das breiteste, viele hundert Niederlassungen in Palästina und in allen Ländern des lateinischen Westens umfassende Netz verfügten die Johanniter. Der Templerorden war zwar in Europa weit verbreitet, sein Besitz wies aber deutliche Schwerpunkte im heutigen östlichen Frankreich, in Katalonien, Aragón und Portugal sowie im östlichen England, der Toskana und in Latium auf. Der Deutsche Orden war dagegen in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens außerhalb Palästinas vor allem in Süditalien und im Reich begütert, bevor ihm im Kulmer- und im Pruzzenland, dem späteren Ordensland Preußen, neue Expansionsmöglichkeiten eröffnet wurden. Unter den großen Ritterorden waren die spanischen geografisch am stärksten beschränkt. Zwar sind auch Dependancen des Santiago- und Calatravaordens in Süditalien bzw. in Frankreich bezeugt, doch im Wesentlichen war ihr Wirkungsgebiet auf die Iberische Halbinsel konzentriert, wobei auch hier Verdichtungen festzustellen sind. Die responsio Die Dependancen erfüllten verschiedene Funktionen für die Ordenszentrale. Vor allem dienten sie dazu, Mittel zur Unterstützung der palästinensischen Niederlassungen zu sammeln und dorthin zu leiten. Von den erwirtschafteten oder gestifteten Gütern mussten die Häuser die responsio – einen Anteil, der in der Regel ein Drittel der Einnahmen umfasste – an das Mutterhaus entrichten. Nur auf der Iberischen Halbinsel war der Anteil geringer, da hier ein Großteil des Ordensbesitzes in Grenzgebieten des Christentums lag. Auch kriegswichtiges Material, insbesondere Pferde und Waffen, gelangte über diese Kanäle nach Outremer. Schließlich fungierten die Dependancen auch als Rekrutierungszentren, von denen Ordensbrüder in andere Häuser oder zum Kriegsdienst in den Osten versetzt werden konnten.
Die Erfüllung dieser Aufgaben wurde durch den hierarchischen Aufbau der Orden erleichtert. Das einzelne Ordenshaus (Komturei, Kommende, commanderie) bildete auf lokaler Ebene die wichtigste Einheit. In ländlichen Gebieten war solch ein Haus kaum mehr als ein großes Gehöft mit angeschlossener Kapelle, es konnte aber auch die Form eines befestigten Platzes mit einer Vielzahl zugehöriger Gebäude annehmen. Auf regionaler Ebene wurden die Kommenden zu Provinzen (im Deutschen Orden: Balleien) zusammengefasst, die je nach Orden und Gegend in ihrer Größe an Grafschaften, aber auch an Königreichen ausgerichtet sein konnten und damit in aller Regel herrschaftlichen Grenzziehungen folgten. Alle diese Provinzen waren dem Ordensmeister und den hohen Amtsträgern verantwortlich. Der Aufbau der Ritterorden war damit in der Tat international und für ihre Entstehungszeit, das 12. Jahrhundert, wegweisend. Die Funktionsfähigkeit dieser internationalen Organisationen wurde wesentlich dadurch erleichtert, dass die meisten Ritterorden von der Zuständigkeit der lokalen Bischöfe befreit, also „exemt“ waren. Somit unterstanden sie kirchenrecht-
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Der Deutsche Orden in Ungarn
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Der Templer- und der Johanniterorden z. B. waren äußerst wichtige Stützen für das Jerusalemer Königtum, und dies nicht nur in militärischer Hinsicht. Die Meister der Ritterorden nahmen als Mitglieder an der Haute Cour, also an der Hofversammlung, teil und standen dem jeweiligen Herrscher in aller Regel als Berater zur Seite. Entsprechend eng war auch bis zum Verlust Jerusalems im Jahre 1187 der Zugriff der Könige; sie schreckten nicht davor zurück, direkt in die Belange der Orden einzugreifen und dürften mittelbar auch auf die Wahl der Ordensvorsteher eingewirkt haben. Dies änderte sich erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts, als die Könige immer seltener und ab dem Jahre 1229 kaum noch im Königreich präsent waren. Nun übernahmen die Ritterorden zusammen mit dem Patriarchen von Jerusalem faktisch herrschaftliche, königliche Funktionen. Sie verfügten als Einzige über eine stehende Streitmacht und konnten nicht nur militärisches Wissen, sondern auch die nötigen politischen Kenntnisse bereitstellen, um die Existenz der Kreuzfahrerherrschaft auch in schwierigen Zeiten zu sichern. Die Ritterorden erfüllten diese Funktion in der Regel in Zusammenarbeit, manchmal auch in Auseinandersetzung miteinander. Gerade weil ihre politische Macht in Palästina so groß war, wurden sie durch den endgültigen Verlust Akkons im Jahre 1291 besonders schwer geschwächt. Zwar hofften die Ordensritter noch von ihren Ausweichlagern auf Zypern aus auf eine Wiederherstellung der alten Herrschaft, doch mussten sie bald erkennen, dass sie nun auf ihre europäischen Besitzungen zurückgeworfen waren. Stärker noch als der Templer- und der Johanniterorden war der Deutsche Orden in seinen Anfängen weltlichen Potentaten, insbesondere den Staufern, verpflichtet. Von allen geistlichen Ritterorden hat er den erstaunlichsten Wandel durchlaufen. Seine Entwicklung von der Spitalgemeinschaft zum Orden ist bereits dargelegt worden; noch ungewöhnlicher war jedoch seine Ausbreitung und Entwicklung außerhalb des Heiligen Landes. Im Jahre 1211 wurde ihm im Burzenland (Siebenbürgen) im heutigen Rumänien die Möglichkeit eröffnet, eine Reihe neuer Besitzungen und Herrschaftsrechte zu übernehmen: König Andreas II. von Ungarn (1205–1235) aus dem Geschlecht der Arpaden lud den Orden dazu ein, ihn im Kampf gegen die Kumanen zu unterstützen. Dazu übertrug er ihm weitreichende
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Einnahmen und wichtige Befestigungsanlagen in der Grenzregion. Zwar konnten sich die Ordensritter mit Erfolg im Burzenland festsetzen, doch im Jahre 1225 vertrieb sie König Andreas wieder aus seinem Reich. Die Gründe hierfür sind im Einzelnen schwer zu bestimmen, doch scheint es, als habe der König zum einen befürchtet, die Ordensritter wollten sich an der Grenze seines Reiches eine eigene Herrschaft herausschälen, zum anderen habe er mit seinem Schritt auf Widerstände seiner Barone gegen einen wachsenden deutschen Einfluss bei Hofe reagiert. Wenig später bot sich dem Orden im Kulmerland erneut die Möglichkeit, ein eigenes Territorium zu erwerben. Auf welche Weise ihm dies gelang, ist an anderer Stelle beschrieben worden (Kap. IV., 2. b). Hier erlangten die Deutschordensritter ein höheres Maß an rechtlicher und politischer Eigenständigkeit als jeder andere Ritterorden. Unter allen Herrschern wiederum übten die hispanischen Könige den höchsten Grad politischer Einflussnahme auf die örtlichen Ritterorden aus; denn ebenso, wie sie die Kontrolle über den Fortgang der christlichen Eroberungen zu bewahren suchten, wachten sie auch über die im Zuge der Reconquista entstandenen Institutionen. Während der ersten rund hundert Jahre ihrer Existenz dienten die Orden von Calatrava, Alcántara und Santiago dem kastilischen und leonesischen Königtum, der Orden von Avís den portugiesischen Monarchen als verlässliche Stützen. Die großen Expansionsschübe des beginnenden 13. Jahrhunderts mit der Eroberung Córdobas (1238) und Sevillas (1248) wurden ganz wesentlich von den Ritterorden mitgetragen. Dafür wurden sie bei den Landverteilungen reich entlohnt. Erst ab der Mitte des Jahrhunderts – nicht zufällig zum Abschluss der großen Expansion – lassen sich in diesem bislang engen Verhältnis erste Brüche erkennen: Immer deutlicher forderten die Würdenträger der großen Orden eine politische anstatt einer bloßen militärischen Funktion in den sich konsolidierenden Herrschaften des Südens, immer deutlicher wurden die Spannungen, die sich schließlich zu Beginn des 14. Jahrhunderts in einem offenen Machtkampf äußerten, den die Könige für sich entscheiden sollten.
Ritterorden und Königtum auf der Iberischen Halbinsel
2. Die Ritterorden in Palästina, auf der Iberischen Halbinsel und an der Ostsee a) Der Aufbau der Ritterorden Die allgemeine Grundlage aller christlichen Orden war die Befolgung der drei „Evangelischen Räte“: Armut, Keuschheit und Gehorsam. Zur konkreten Ausgestaltung des geistlichen Lebens dienten hingegen normative Texte. Man unterscheidet dabei zwischen den übergreifenden Bestimmungen – der eigentlichen Ordensregel (regula) – und den genaueren Vorgaben zum alltäglichen Leben, den Statuten oder Gewohnheiten (statuta bzw. consuetudines). Diese normativen Texte sollen im Folgenden dabei helfen, die Grundlagen der mittelalterlichen Ritterorden zu begreifen: erstens
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Die Templer- und die Johanniterregel Das Leben der Templer und der Johanniter richtete sich nach eigenen Ordensregeln, die ihrerseits als Grundlage für die Ordensregeln anderer Ritterorden wie etwa des Deutschen Ordens dienten. Die Lebensgewohnheiten der ersten Templergemeinschaft wurden auf dem Konzil von Troyes im Jahre 1129 akzeptiert und zur eigentlichen Ordensregel ausgearbeitet, die aus 72 Kapiteln bestand. Sie enthielt sowohl Elemente der Augustinus- als auch der Benediktsregel und war dem Armutsideal des 12. Jahrhunderts stark verpflichtet: Die Brüder sollten auf jeden Prunk verzichten, nur das Nötigste sprechen und maßvoll speisen. Eigentlich neu waren die Bestimmungen zum militärischen Dienst: Die Anzahl der Pferde wurde festgelegt und auch in der Ausrüstung Schlichtheit vorgeschrieben. Ausnahmen bei den Fastenbestimmungen waren für die Zeit im Feld vorgesehen. Besonders anschaulich sind diese Regeln und Ideale auf den frühen Siegeln der Templer dargestellt: Ganz pauperes commilitones Christi, teilen sich auf ihnen zwei Ordensritter ein Pferd. Die erste Johanniterregel wurde in den 1130er-Jahren zur Zeit des Ordensmeisters Raimund von Puy (1120–1160) festgelegt. Sie ist an der Augustinusregel ausgerichtet und noch stark von den karitativen Grundlagen der Johannitergemeinschaft geprägt: Besonderer Wert wird auf die Befolgung des Vorbilds Christi im Dienst für die Armen gelegt.
Das Ordenshabit
Die Regeln legten auch das Habit, also die Ordenstracht fest. Sie hatte symbolischen Wert: So stand nur den eigentlichen Ritterbrüdern ein weißes Habit zu, denn sie hatten durch ihre Verpflichtung zum Zölibat einen besonderen Grad der Reinheit erlangt. Ritterbrüder aller Ritterorden trugen in irgendeiner Form das Kreuz auf ihrer Ordenstracht, wobei Form und Farbe des Kreuzeszeichens sich je nach Orden unterschieden. Daneben diente das Habit der Kenntlichmachung des Ranges, denn wie alle geistlichen Orden waren auch die Ritterorden von einem abgestuften System unterschiedlicher Funktionen geprägt. Zumindest fünf Gruppen lassen sich unterscheiden: Ritterbrüder, Priesterbrüder, servientes (sergeants/Sariantbrüder), milites ad terminum und schließlich die confratres bzw. -sorores. Die eigentlichen Ritterbrüder bildeten den militärischen Kern der Orden. Bei ihrer Profess (Ablegung der Ordensgelübde) gelobten sie, ein religioses Leben nach der Ordensregel im Dienste Gottes und im Kampf gegen dessen Feinde zu führen. Sie waren der Ordensleitung gegenüber zu Gehorsam und Disziplin verpflichtet und wurden mit einer bestimmten Anzahl Pferde ausgestattet. Die zweite Gruppe unter den Mitgliedern waren die Priesterbrüder. Diese waren geweihte Kleriker. Ihre Aufgabe bestand in der geistlichen Versorgung der anderen Ordensmitglieder und Laien. Sie standen in der Regel den Kirchen oder Kapellen des jeweiligen Ordens vor. Die dritte Gruppe innerhalb der Ordensmitglieder ähnelte stark den Ritterbrüdern, sie war diesen jedoch untergeordnet. Diese Ordensangehörigen wurden als servientes (bzw. sergeants bei den Templern und Johannitern, Sariantbrüder beim Deutschen Orden) bezeichnet. Je nach Ritterorden und Situation durften sie ein oder zwei Pferde halten, während den Ritterbrüdern mindestens die doppelte Anzahl zukam. Eine Sonderstellung unter den Ordensmitgliedern nahmen die milites ad terminum ein. Diese Ritter gehörten dem Orden lediglich kurzzeitig (in der Regel für ein Jahr) an und
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Ritterorden Palästinas, der Iberischen Halbinsel und der Ostsee dienten ihm als Akt der Buße oder zur Erlangung geistlicher Gnaden. Vergleichbare Beweggründe veranlassten die Mitglieder der fünften Gruppe, die confratres und -sorores, sich an einen Ritterorden zu binden. Diese in den Quellen auch als Donaten, Oblaten oder Konversen bezeichneten Laien machten den Orden Zuwendungen und wurden dafür in die Gebete der jeweiligen Gemeinschaft aufgenommen. In Sonderfällen konnten sie auch ein semireligioses Leben in einem Ordenshaus führen oder dort ein Auskommen finden. Schließlich war eine Reihe anderer Personen an die Ritterorden gebunden, ohne dass sie technisch als Ordensangehörige bezeichnet werden können: dazu zählten die Knechte und andere Bedienstete sowie die Söldner, aber auch die Ärzte, die in den karitativ ausgerichteten Orden für die Krankenpflege zuständig waren. Eine Sonderstellung nehmen die Ordensschwestern der geistlichen Ritterorden ein. Beim Templerorden handelte es sich dabei offenbar um weibliche Donaten, die langfristig keine eigenständige Institution ausbilden konnten. Im Johanniter-, Calatrava- und Santiagoorden gelang es hingegen sehr wohl, einen weiblichen Ordenszweig zu gründen. Doch unterschieden sich dessen Klöster dadurch von den Häusern der Ordensbrüder, dass die Ordensfrauen von der Außenwelt getrennt (in Klausur) lebten; das karitative Element trat stark zurück, und das militärische Element fiel gänzlich weg. Im Falle des Lazariter-, besonders aber des Santiagoordens schließlich wurde eine eigene Form gefunden, um weibliche Religiose in den Orden einzubinden: Hier fanden nämlich auch Ehepaare als Vollmitglieder Aufnahme. Sie lebten während gewisser Perioden des Jahres voneinander getrennt und hatten grundsätzlich die drei monastischen Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams zu beachten.
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Weibliche Religiose
Zwischen der hierarchischen Abstufung der Ordensmitglieder und ihrer sozialen Herkunft bestand ein klarer Zusammenhang. Zwar hob Bernhard von Clairvaux in seiner Schrift zum ›Lobe der Neuen Ritterschaft‹ gerade den egalitären Charakter der ersten Templergemeinschaft heraus, doch schon bald wurde der Nachwuchs des Ordens vor allem aus einer klar umgrenzten sozialen Gruppe rekrutiert: dem Adel. Spätestens im 13. Jahrhundert wurden nur noch solche als vollwertige Ritterbrüder aufgenommen, die ihre adlige Abkunft beweisen konnten, wogegen bei den sergeants und anderen rangniederen Ordensmitgliedern weniger strenge Maßstäbe galten. Diese Tendenz zur Aristokratisierung lässt sich in allen Ritterorden beobachten. Was dagegen die regionale Herkunft der Ritter angeht, lassen sich deutliche Unterschiede zwischen den Orden feststellen. Der Nachwuchs des Deutschen Ordens entstammte vor allem den nordalpinen Reichsteilen und hier im Besonderen Westfalen, dem Rheinland und Franken; Ähnliches lässt sich für die spanischen Ritterorden sagen, die ihren Nachwuchs so gut wie ausschließlich von der Iberischen Halbinsel bezogen. Selbst die eigentlich internationalen Ritterorden, also der Templerund der Johanniterorden, rekrutierten besonders viele Mitglieder aus einem Gebiet, nämlich aus Frankreich. Die Ordensregeln gaben nicht nur die Hierarchie und das religiöse Leben innerhalb des jeweiligen Ordens vor, sie umschrieben auch die
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Die Statuten
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Funktion und Verteilung der Ämter und Dignitäre. Alle Ritterorden verfügten über einen höchsten Repräsentanten: den Meister (Templer, Calatrava) bzw. Großmeister (Johanniter) oder Hochmeister (Deutscher Orden). Er wurde in aller Regel von einer (oft auf 13 Mitglieder begrenzten) Gruppe hoher Amtsträger auf Lebenszeit gewählt. Dagegen unterschieden sich je nach Orden die Zahl und Bezeichnung der untergeordneten Funktionsträger. In den drei palästinensischen Ritterorden standen dem Meister für die Zentralverwaltung vor allem zwei Amtsträger zur Seite: Der Marschall war zuständig für die militärischen Belange, und der Seneschall (Templer) bzw. Kommandant oder Großkomtur (Johanniter, Deutscher Orden) vertrat bei Bedarf das Oberhaupt. Spezifische Funktionen erfüllten weiterhin der Schatzmeister, der für die Ausstattung mit Kleidung verantwortliche drapier,sowie der Spitalmeister im Johanniter- und im Deutschen Orden (Spittler). Eine Vielzahl weiterer Ämter war nötig, um das reibungslose Funktionieren der Finanzen, der Verwaltung, der Materialbeschaffung u. a. m. zu gewährleisten. An den Mutterhäusern der Ritterorden trafen sich die Dignitäre in regelmäßigen Abständen zu Kapitelsitzungen, auf denen über die Belange des Ordens beraten, neue Dignitäre gewählt und Verwaltungsfragen geklärt wurden. Neben dem hierarchischen existierte also auch ein korporatives Element, das als Kontrollinstanz der Leitungspersonen fungierte. Noch größer war die Bedeutung und der Einzugskreis der Generalkapitel, auf denen sich auch die Amtsträger der Tochterhäuser einfanden. Denn auch die in Verwaltungsprovinzen zusammengefassten überseeischen Besitzungen unterstanden einem Leiter, der die Aufsicht über die Vorsteher der einzelnen Ordenshäuser, der Komtureien oder Kommenden, ausübte. Auch dort wurden regelmäßig auf Provinz- und Lokalebene Kapitel abgehalten. Wie in jeder großen Korporation traten auch in den Ritterorden im Alltag Probleme auf, die verbindlich und verständlich geregelt werden mussten. Dies geschah auf den Generalkapiteln, auf denen auch Ergänzungen zur Ordensregel verabschiedet und Statuten formuliert wurden. Diese „Statuten“ oder „Gewohnheiten“ (im Templerorden retraits) konkretisierten die eher allgemein gehaltenen Regeln und bilden eine wichtige Quelle, um das Alltagsleben und die möglichen Konfliktfelder innerhalb der Ritterorden zu erkennen. Darin wurde u. a. genau festgeschrieben, wie sich die Ritter beim Besuch in der Stadt zu verhalten hätten, wie ihre Pferde gepflegt werden sollten und wie kranken Mitbrüdern zu helfen sei. Es werden aber auch für die unterschiedlichsten Vergehen Strafen festgelegt: Seinen Habit aus Wut auf den Boden zu werfen, einen Mitbruder zu schlagen, eine Nacht außerhalb des Konvents zu verbringen usw. – alle denkbaren Fehltritte fanden Erwähnung. Die verschiedentlich ergänzten Statuten spiegeln nicht nur die Lebensgewohnheiten in den Ordenshäusern, sondern auch die Veränderungen wider, welche die Ritterorden durchliefen. An ihnen lässt sich etwa ablesen, dass selbst eines der drei Gelübde religiosen Lebens, nämlich die Verpflichtung zur individuellen Armut, spätestens zu Beginn des 13. Jahrhunderts faktisch von allen Ritterorden aufgegeben wurde. Nicht zuletzt geben Regeln wie Statuten Aufschluss über das spirituelle und liturgische Leben der Ritterbrüder, das einige Besonderheiten aufwies.
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Ritterorden Palästinas, der Iberischen Halbinsel und der Ostsee
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Die institutionelle Anbindung der frühen Johanniter und Templer an die Jerusalemer Grabeskirche schlug sich auch in deren Liturgie nieder, die stark von derjenigen dieser Patriarchalkirche beeinflusst blieb. Eine ausgeprägte Jerusalemfrömmigkeit drückte sich verschiedentlich, etwa auf Siegeln und in Einzelfällen sogar in architektonischen Nachbildungen Jerusalemer Bauten aus. Sie wurde durch eine markante Marienfrömmigkeit ergänzt, die sich besonders im Deutschen Orden und im Templerorden an den Weihetiteln (Patrozinien) vieler Kirchen und Kapellen bemerkbar machte. Einige Ritterorden brachten auch eigene Heilige hervor oder nahmen andere erfolgreich für die eigene Institution in Anspruch. Für die erste Variante mag der Johanniterorden als Beispiel dienen, der mit der heiligen Ubaldesca († 1206) auf eine Ordensschwester verweisen konnte, die ein heiligmäßiges Leben mit dem Dienst für die Armen verband. Das beste Beispiel für die zweite Variante ist der Deutsche Orden: Er verstand es durch geschicktes Taktieren mit den Staufern und dem Papst, die 1231 verstorbene und 1234 heilig gesprochene Landgräfin Elisabeth von Thüringen (*1207, † 1231) postum an den eigenen Orden zu binden. Am Elisabethgrab in Marburg schufen die Ordensritter eine Stätte der Heiligenverehrung, die weit über den regionalen Rahmen hinaus ausstrahlte. Unter allen Ritterorden war es ebenfalls der Deutsche Orden, der am konsequentesten eine eigene Historiographie betrieb und durch die Abfassung von Ordenschroniken aktiv ein Bild der eigenen Geschichte zeichnete.
b) Militärische und wirtschaftliche Bedeutung Trotz ihres karitativen Wirkens in den Spitälern blieb die vordringliche Aufgabe der Ritterorden der militärische Kampf gegen die Feinde des Glaubens. Insbesondere in zwei Funktionen waren die Ritterbrüder von entscheidender Bedeutung für das Überleben der christlichen Herrschaften an den Glaubensgrenzen: als bewaffnete Kontingente im offenen Feld und als Herren und Besatzungen befestigter Burgen. Zum Ende des 12. Jahrhunderts bestand das Ritteraufgebot des Königreichs Jerusalem z. B. zur Hälfte aus rund 600 Rittern des Templer- und des Johanniterordens. Deutlich geringer war der Anteil der Ordensritter in den hispanischen Armeen, wo Kontingente von 20 bis 100 Rittern bezeugt sind. Dennoch kam auch ihnen oftmals eine Schlachten entscheidende Bedeutung zu. Es war vor allem ihre Erfahrung in der Kriegführung gegen die Muslime, ihre stete Einsatzbereitschaft und ihre Zuverlässigkeit, welche die Ritterbrüder auszeichneten. Dies galt gerade für Outremer: Im Gegensatz zu Kreuzfahrerkontingenten waren die Mitglieder der Ritterorden an die militärischen Taktiken ihrer Feinde, an die geographischen Gegebenheiten und klimatischen Bedingungen gewöhnt. Dieses Wissen dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass die Befehlshaber der Ritterordenkontingente auf dem Felde verschiedentlich vorsichtiger handelten als Kreuzfahrer, indem sie z. B. offene Schlachten mieden. Sie wussten, dass sie die Kreuzfahrerherrschaften in Gefahr brachten, wenn sie allzu viele Kämpfer zugleich ins Feld führten. Dieses Vorgehen brachte ihnen aber auch Unverständnis und Kritik ein.
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Militärische Verhaltensregeln
Militärische Rangordnung
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Dabei setzten die Ritterbrüder ihr Leben in der Levante oft genug aufs Spiel: Über die Hälfte aller Meister des Templerordens starb im Kampf, bei der vernichtenden Niederlage von Hattin im Jahre 1187 verloren die Templer und die Johanniter rund 300 Ritter, und bei der Schlacht von La Forbie im Jahre 1244 sollen nicht weniger als 1000 Ritterbrüder der drei palästinensischen Ritterorden umgekommen sein. Auch auf der Iberischen Halbinsel waren gerade Santiago- und Calatravaritter bei den großen Schlachten der Reconquista – Alarcos (1195), Las Navas de Tolosa (1212) und Alcácer do Sal (1217) – an vorderster Front beteiligt. Ritterbrüder waren u. a. deshalb militärisch wertvoll, weil sie nicht den zeitlichen Beschränkungen unterworfen waren, die für die Vasallen eines feudalen Heeresaufgebots galten. Während diese nur für eine begrenzte Zeitspanne zum Waffendienst herangezogen werden konnten, bildeten die Orden so etwas wie ein „stehendes Heer“, das wesentlich zur Fortdauer christlicher Präsenz in Outremer beitrug. Ein weiteres Charakteristikum der Ritterbrüder, ihre Disziplin, war wiederum eine unmittelbare Folge ihrer Struktur. Auch hier kommt den Ordensregeln und -statuten eine große Bedeutung zu. Diese schrieben den Ordensbrüdern absoluten Gehorsam auch in militärischen Dingen vor und ahndeten Übertretungen mit drakonischen Strafen. Sein Pferd vom Feind abzudrehen, die Fahne der Ordensritter zu senken oder fallen zu lassen, aus einer geschlossenen Angriffsreihe vorzupreschen u. Ä. m. wurde strengstens bestraft. Die Templerregel und -statuten lassen sich wie ein Handbuch zur mittelalterlichen Kriegführung lesen, so genau regeln sie das Vorgehen der Ritter in der Schlacht. Wegen der vier hier angeführten Eigenheiten der Ritterorden – ihrer hohen Opferbereitschaft, ihrer militärischen Fähigkeiten, ihrer steten Einsatzfähigkeit und ihrer Disziplin – waren die Ordensritter bei den muslimischen Gegnern besonders gefürchtet und verhasst. Dies wurde nach der Niederlage von Hattin auf blutige Weise deutlich: Saladin ließ die gefangenen Johanniter und Templer enthaupten, „weil sie die tüchtigsten Krieger unter den Franken waren“, wie es der Chronist al-At īr formulierte. Die Or¯ densleute kämpften aber nicht nur gegen Andersgläubige. Es ist verschiedentlich überliefert, dass sie in Ausnahmefällen auch gegen Christen zu Felde zogen. Es kam auch, wie etwa während des Krieges von Sankt Sabas (1256–1259), zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Ritterorden. Auf der Iberischen Halbinsel standen sich 1385 sogar Kontingente ein und desselben Ordens, des Johanniterordens, in der Schlacht von Aljubarrota als Kontrahenten gegenüber. Unter den Ordensmitgliedern kam den gepanzerten und mit mehreren Pferden ausgestatteten Vollrittern besondere militärische Bedeutung zu, denn der frontale, massierte Angriff eines schwer gepanzerten Ritterkontingentes stellte das bevorzugte Kampfmittel der Kreuzfahrer in der offenen Feldschlacht dar. Unter den Vollrittern standen nicht nur in der Ordenshierarchie, sondern auch in der militärischen Rangordnung die sergeants bzw. Sariantbrüder. Sie trugen eine geringfügig leichtere Bewaffnung. Ergänzt wurden diese Truppen durch die turcopoli. Bei ihnen handelte es sich um leicht bewaffnete Berittene aus den Reihen der einheimischen Be-
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Ritterorden Palästinas, der Iberischen Halbinsel und der Ostsee völkerung, die im Sold der Ritterorden standen. Sie bzw. die muslimischen Bogenschützen der spanischen Ritterorden waren deshalb besonders wichtig, weil ihre Gegner ebenfalls mit leichter Rüstung und Bewaffnung ausgerüstet waren. Die schwer gepanzerten, etwas unbeweglichen Ordensritter wurden durch Knechte unterstützt, die auch in die Kämpfe eingreifen konnten. Schließlich sind unter den Kriegern der Ritterorden auch deren Vasallen zu nennen. Sie stellten gerade auf der Iberischen Halbinsel bedeutende Truppenmengen, brauchten aber nur kurzzeitig Heeresdienst zu leisten. Neben diesen Kontingenten für den Kampf zu Lande standen auch Seeleute im Dienst der Ritterorden. Hier sind vor allem die Johanniter hervorzuheben, die sich zu einem Machtfaktor im östlichen Mittelmeer entwickelten. Wenn sie nicht im Feld waren, bestand die vordringliche militärische Aufgabe der Ordensritter in der Gebietssicherung durch befestigte Burgen. Es ist kein Zufall, daß viele spanische Ritterorden sich nach diesen befestigten Zentren benannten (Calatrava, Alcántara, Montesa). Einige Kreuzfahrerburgen sind noch immer auf der Iberischen Halbinsel (insbesondere zwischen den Flüssen Tajo und Guadalquivir), an der Ostsee oder im Nahen Osten (vor allem in den ehemaligen Kreuzfahrerherrschaften Tripolis und Antiochia) zu sehen. Besonders berühmt sind Crac des Chevaliers in Syrien und die Marienburg in der Nähe von Danzig. Crac des Chevaliers und die Marienburg Die Johanniter kauften um das Jahr 1142 Crac des Chevaliers (Qalat al Hisn ˙ ˙ al-Akrād) in Syrien von einem Lehensmann des Grafen von Tripolis. Die riesige Anlage wurde sukzessive ausgebaut und an der Wende zum 13. Jahrhundert mit vorspringenden Ecktürmen, einer 130 m langen, überwölbten Eingangsrampe und einem äußeren Mauerring versehen. Zur Mitte des Jahrhunderts sollen rund 60 Berittene nur den kleinsten Teil der rund zweitausendköpfigen Besatzung aus Fußsoldaten, Handwerkern, Sklaven etc. gestellt haben. Crac des Chevaliers stellt ein anschauliches Beispiel für die Verbindung europäischer Traditionen mit orientalischen Elementen dar, die manche Burgen Outremers kennzeichnet. Im Jahre 1271 fiel sie an die Mamluken. Ein anderes Beispiel für den Festungsbau der Ordensritter ist die Marienburg unweit Danzigs. Sie wurde 1274 vom Deutschen Orden begonnen und erlangte zwei Jahre später das Stadtrecht über die benachbarte gleichnamige Ortschaft. Die im Wesentlichen aus Backstein errichtete Festung wurde im Jahre 1309 zum Haupthaus und zum Verwaltungszentrum des Deutschen Ordens. In der Folge wurde die Marienburg zu einer der größten Befestigungsanlagen Europas erweitert. 1457 fiel sie an das Königreich Polen.
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Die Burgen der Ritterorden
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Die Marienburg zeigt eindrücklich, dass die Burgen der Ritterorden zum einen militärischen Zwecken dienten, zum anderen aber auch wirtschaftliche Zentren waren. In den Burgen wurden die Einnahmen der Orden erfasst, verwahrt und gegebenenfalls weitergeleitet. Die hier zusammengetragenen Vermögen waren beträchtlich, denn im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts entwickelten sich die Ritterorden zu außerordentlich wohlhabenden Institutionen. Der Orden von Santiago z. B. gebot zum Ende des 15. Jahrhunderts über mehr als 200 Ortschaften und 23 000 km2 Land, der Templerorden vor der Schlacht von Hattin über ein Drittel des Fürstentums Antiochia und die Hälfte der Grafschaft Tripolis neben umfangreichem Besitz im Königreich Jerusalem. Allerdings muss zugleich er-
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Die Ritterorden
Einkünfte der Ritterorden
wähnt werden, dass allein der Unterhalt der Burgen große Summen verschlang und die dauernde Kriegführung am Vermögen der Orden zehrte. Die Einnahmen der Ritterorden entstammten vornehmlich fünf Quellen: ihren Liegenschaften, ihren Rechten, der Viehwirtschaft, den Tätigkeiten im Handels und im Kreditgeschäft sowie schließlich den militärischen Aktivitäten in Form von Beute, Tributzahlungen etc. Die Grundlage dieses Reichtums bildeten in erster Linie die Stiftungen frommer Gläubiger, daneben auch die Privilegierungen seitens der Herrscher und Päpste sowie die Eroberungen der Ritterorden in den Grenzgebieten. Besonders auf der Iberischen Halbinsel wurde den Ritterorden ein prozentualer Anteil (in der Regel 10–20%) der eingenommenen Gebiete zugebilligt. Auch die Übertragung von Rechten – seien es Gerichts-, Zoll- oder Münzrechte – brachte den Ordensrittern beträchtliche Summen. Sie wurden durch die Pacht-, Zins- und sonstigen Einnahmen aus ihren ausgedehnten Liegenschaften ergänzt, denn die Ritterorden erhielten nicht nur bestehende Siedlungen, sondern gründeten auch neue Ortschaften und zogen Siedler an. Dies gilt besonders für die Iberische Halbinsel und Preußen. Daneben betätigten sich die Ordensritter mit großem Erfolg in der Viehwirtschaft, insbesondere in der Schafhaltung und der Pferdezucht. Während Letzteres auch den militärischen Aufgaben zugute kam, wurden mit dem Verkauf von Wolle gute Erlöse erzielt. Man kann bei den palästinensischen Ritterorden ohne weiteres eine Trennung zwischen diesem Besitz an den Außenposten der Glaubensgrenze und demjenigen im europäischen „Hinterland“ feststellen. Ein Teil der Einnahmen floss in Form der responsiones in den Unterhalt der Außenposten. Im Falle des Templer- und des Johanniterordens erfolgte der Transport dieser Zahlungen nach Outremer auf eigenen Schiffen. Das hierfür notwendige Verkehrs- und Finanznetz, aber auch andere bislang genannte Merkmale der mittelalterlichen Ritterorden – die spezifische Verbindung aus supranationaler Ordensstruktur, Herrschaftsnähe, finanziellem und logistischem Know-how sowie militärischem Potenzial – waren es dann auch, was die Ritterorden für ihre Rolle als internationale Handels- und Kreditinstitute empfahl. Geldmittel konnten sicher in einem Ordenshaus deponiert und in einem anderen ausgelöst, im Ausland aufgenommene Kredite nach der Rückkehr bei einer Ordensniederlassung vor Ort zurückbezahlt werden. Bei den Templern deponierte Güter galten als so sicher verwahrt, dass zwischenzeitlich sogar die Kronjuwelen der französischen Könige in der Pariser Ordensniederlassung aufbewahrt wurden. Diese wirtschaftliche Verbindung zum französischen Königtum sollte sich noch als verhängnisvoll erweisen.
c) Kritik, Gleichschaltung und Aufhebung: Die Ritterorden im Spätmittelalter Im Rückblick bedeutete der Untergang der letzten Bastion der Kreuzfahrerherrschaft Outremers, also die Eroberung Akkons am 18. Mai 1291, einen Wendepunkt in der Geschichte der palästinensischen Ritterorden. Die Ordensritter waren ihres eigentlichen Betätigungsfeldes und ihres ursprüng-
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Ritterorden Palästinas, der Iberischen Halbinsel und der Ostsee lichen Daseinszwecks verlustig gegangen. Doch hatten sie die ihnen verbliebenen Stätten nicht kampflos aufgegeben: Die Templer z. B. verloren in Akkon praktisch ihr gesamtes örtliches Ritteraufgebot. Zwar versäumten es die Orden, die Bevölkerung rechtzeitig auf den ordenseigenen Schiffen zu evakuieren, aber den Untergang Outremers wird man ihnen nicht anlasten können: Hierfür waren in weitaus größerem Maße die Übermacht des mamlukischen Gegners und die mangelnde Unterstützung aus dem lateinischen Westen verantwortlich. Manche Zeitgenossen sahen dies anders. Nach dem Verlust Akkons mehrte sich die Zahl derer, die den Ritterorden mangelnden Einsatz vorwarfen. Ältere Kritikpunkte wurden mit Vehemenz aufgegriffen. Bereits Wilhelm von Tyrus und Jakob von Vitry hatten Templern und Johannitern ihren Reichtum vorgeworfen und aus der eigenen, bischöflichen, Position heraus die Tatsache kritisiert, dass die exemten Ordensritter der Kirche Einnahmen entzögen. Andere Autoren wie Walter Map (* ca. 1140, † 1210) oder Matthäus Paris (* ca. 1200, † 1259) gingen in ihrer Kritik viel weiter: Die Ritterbrüder hätten sich in Outremer nicht nur in ihrem Äußeren den orientalischen Sitten angepasst, sondern würden bloß halbherzig gegen die Muslime vorgehen. Sie seien hochmütig, geizig und militärisch gar nicht mehr in der Lage, effektiv die Rückeroberung Outremers zu betreiben. Und schließlich kritisierten Geistliche wie Roger Bacon (* ca. 1219, † ca. 1292), dass sich die Ritterorden nicht ausreichend um die Bekehrung der Andersgläubigen bemüht hätten. In der Tat war Mission nie ein vordringliches Anliegen der Ritterbrüder, ging es ihnen doch in erster Linie darum, militärisch gegen die Glaubensfeinde vorzugehen. Dies war selbst an der Ostsee nicht wesentlich anders: Zwar wurde verschiedentlich beim grausamen Vorgehen gegen die einheimische heidnische Bevölkerung argumentiert, den unterworfenen Slawen sei ja die Möglichkeit zur Bekehrung gegeben worden, doch scheinen sich die Ordensritter nicht wirklich ernsthaft in der Mission betätigt zu haben. Die Zeitgenossen beschränkten sich keineswegs darauf, die Ritterorden zu kritisieren; manche formulierten auch Pläne zur Verbesserung der Lage. Im Zuge der vielfältigen Überlegungen zur Wiedererlangung des Heiligen Landes, der recuperatio Terrae Sanctae (vgl. Kap. II., 2. d), wurden auch Vorschläge zur Reform der Ritterorden gemacht. Auf eine Anfrage des Papstes Nikolaus’ IV. (1288–1292) begrüßten im Jahre 1292 viele Bischöfe den Plan, Templer und Johanniter zu einem neuen, schlagkräftigen Ritterorden zusammenzuschließen. Der mallorquinische Theologe Ramon Llull (*1232, † ca. 1316) z. B. schlug an der Wende zum 14. Jahrhundert in seinem Werk ›Liber de fine‹ vor, dem neuen Orden den Namen Heiliggeistorden zu geben und ihm einen Kriegerkönig, einen rex bellator, voranzustellen; andere Autoren wie Pierre Dubois (* ca. 1250, † um 1321) und später Philippe de Mézières (* ca. 1327, † 1405) formulierten ähnliche Überlegungen. Doch vorerst blieben die Orden trotz aller Anfeindungen und der Verluste in Outremer in ihren Strukturen erhalten. Allerdings standen sie nun vor der Aufgabe, an anderem Ort neue Zentralen zu errichten und andere Betätigungsfelder zu finden. Dies gelang den unterschiedlichen Orden auf jeweils eigene Art und Weise.
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Kritik an den Ritterorden
Reformvorschläge
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Die Ritterorden Die Errichtung von Landesherrschaften
Kritik am Templerorden
Das Ende der spanischen Ritterorden
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Während der Lazariterorden nach einigen Irrwegen eine neue Zentrale in Boigny (Frankreich) fand und bis in unsere Tage als Spitalorden fortbesteht, kehrten die anderen aus karitativen Organisationen hervorgegangenen Ritterorden nicht gänzlich zu ihren Wurzeln zurück. Die Johanniter wichen zuerst nach Zypern aus und betrieben von dort 1306–1310 erfolgreich die Eroberung der bis dahin griechisch beherrschten Insel Rhodos. Diese wurde stark befestigt, zum Flottenstützpunkt ausgebaut und zum neuen Mittelpunkt des Ordens verwandelt. Von dieser faktischen Landesherrschaft aus gelang es den Johannitern, aktiv in die Politik des östlichen Mittelmeerraums einzugreifen, für knapp 30 Jahre (1374–1402) Smyrna zu beherrschen und mit ihrer Flotte die Muslime zu bekämpfen. Im Januar 1523 räumten sie Rhodos unter dem Druck der osmanischen Türken, doch erlangten sie 1530 von Kaiser Karl V. (1519–1555) die Insel Malta, auf der sie bis 1798 eine eigene Landesherrschaft behielten. Noch erfolgreicher betrieben die Deutschordensritter die Errichtung eines eigenen Territoriums. Schon vor dem Fall Akkons hatte es Stimmen gegeben, die eine Verlegung des Ordensschwerpunkts an die Ostsee befürworteten, doch wurde anfangs Venedig zur Hochmeisterresidenz. Erst 1309 entschlossen sich die Ordensbrüder, ihre Zentrale an die Marienburg zu verlegen. Das christliche Pommerellen war ein Jahr zuvor von Deutschordensrittern erobert worden, womit die Herrschaftsgrundlage in Preußen weiter ausgebaut worden war. Der Orden stand aufgrund der damals kursierenden Fusionspläne unter Handlungszwang, und die Auseinandersetzungen mit den heidnischen Litauern stellten ein geeignetes Betätigungsfeld dar. Der Aufstieg und Niedergang des Deutschordenslandes ist bereits geschildert worden (Kap. IV., 2. b). Die Landesherrschaft des Ordens endete im Jahre 1525 mit seiner Säkularisierung unter dem ersten „Herzog in Preußen“, Hochmeister Albrecht von Hohenzollern-Ansbach (1510–1525). Zu diesem Zeitpunkt war der Templerorden bloß noch eine ferne Erinnerung. Als Erster der drei palästinensischen Ritterorden wurde er ein Opfer der sich nach 1291 wandelnden Verhältnisse. Im Gegensatz zu den Lazaritern, Johannitern und Deutschordensrittern bestand das ursprüngliche Anliegen der Templer im Kampf gegen die Glaubensfeinde, hier wurde die Kritik am Verlust Akkons besonders laut. Zudem und vor allem gelang es den Templern nicht, ein eigenes Territorium zu errichten. Der eigentliche Schwerpunkt des Ordens lag in Frankreich, woher die ersten Ritterbrüder und auch der Ordensgründer stammten. Hier befanden sich die meisten Dependancen, hier war der Reichtum des Ordens besonders groß. Allerdings befand man sich dort auch in großer Nähe zum französischen Königshof. Wie gefährlich dies sein konnte, belegt das Ende des Templerordens, der auf Betreiben König Philipps IV. aufgelöst wurde. Die spanischen Ritterorden standen schon seit jeher unter enger Kontrolle der kastilischen bzw. aragonesischen Könige. Mit dem Ende der großen Kriegszüge der Reconquista verloren auch sie allmählich ihre Daseinsberechtigung. Zum Ende des 15. Jahrhunderts gelang es den Königen, die Besetzung der Hochmeisterwürde an sich zu ziehen; nun wurden die Orden unter den Katholischen Königen (1474–1516) auch formal der Krone einverleibt und säkularisiert. Zwar existierten sie als Institutionen weiter fort, doch handelte es sich nunmehr um Honorarorden, in die Ad-
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Ritterorden Palästinas, der Iberischen Halbinsel und der Ostsee
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lige für ihren Dienst am Hof aufgenommen wurden; sie spielten damit eine nicht unwichtige Rolle im sozialen Gefüge der spanischen Krone. Bis in unsere Tage hinein existieren Nachfolgeeinrichtungen der mittelalterlichen geistlichen Ritterorden fort: Manche von ihnen wie die Malteser oder Lazariter betätigen sich in der Krankenpflege, andere in der Mission und im Bildungswesen. Das Ende des Templerordens Am 13. Oktober 1307 wurden die französischen Templer auf Befehl König Philipps IV. (1285–1314) in einer Geheimaktion gefangen gesetzt. Die Anklage lautete auf Häresie, Götzenverehrung und homosexuelle Praktiken. Durch Befragung und Folter gewonnene Geständnisse mehrerer Templer schienen die Anklage zu bestätigen, ein willensschwacher und kranker Papst konnte den Angriffen nicht entgegentreten: Auf dem Konzil von Vienne wurde am 22. März 1312 die Auflösung des Templerordens verfügt. Hieran änderte auch der Widerruf vieler ranghoher Ritterbrüder, u. a. des Ordensmeisters Jacques de Molay nichts. Die Besitzungen des Ordens wurden zum größten Teil dem Johanniterorden zugeschlagen – eine makabre Abwandlung der Fusionspläne. In Frankreich sicherte sich der König den Löwenanteil des Vermögens, während in Portugal und Aragón der Besitz und offenbar auch die Mitglieder des Templerordens in dem eigens gegründeten, königsnahen Christusorden bzw. in dem Orden von Montesa eine neue institutionelle Form fanden. Hochmeister Jacques de Molay aber wurde 1314 als rückfälliger Ketzer hingerichtet. Der älteste Ritterorden hatte aufgehört zu existieren. Was eigentlich Philipp IV. von Frankreich dazu bewog, die Vernichtung der Templer mit derartiger Energie zu betreiben, bleibt umstritten: Es scheint, als habe er persönlich durchaus an die Vorwürfe geglaubt, möglicherweise wollte er auch sich oder einen seiner Söhne an die Spitze eines neuen Ritterordens stellen. Vielleicht stand der Orden aber nur den Zentralisierungsbestrebungen des Königs im Weg, oder der bei den Templern verschuldete König sah in der Aufhebung eine Möglichkeit, seinen Verpflichtungen zu entgehen und zugleich seine Einnahmen zu steigern. Noch immer treibt diese Frage und das Ende des Templerordens in der Phantasie mancher Autoren wilde Blüten.
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VI. Die Folgen 1. Das Nachleben der Kreuzzüge a) Interkulturelle Kontakte
Kulturtransfer
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Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, in welchem Maße die Kreuzzüge zu Austauschprozessen zwischen dem lateinischen, dem griechisch-orthodoxen und dem islamischen Kulturkreis beigetragen haben. Unzweifelhaft hatten die Kreuzzüge mit ihren Schlachten und militärischen Expeditionen ihren Anteil an der Entfremdung zwischen dem Christentum und anderen Religionen. Dies gilt sowohl für die islamische als auch für die byzantinische Welt. Die Eroberung Konstantinopels im Jahre 1204 war der Tiefpunkt der lateinisch-byzantinischen Beziehungen. Auch wenn nicht wenige Lateiner vom 13. bis 15. Jahrhundert ihr Leben für die Verteidigung Konstantinopels opfern sollten, blieben die Ereignisse von 1204 derart prägend, dass selbst Mitte des 15. Jahrhunderts die Erinnerung an sie ein gemeinsames Handeln der Christenheit gegen die Osmanen verhinderte. Die Kreuzzüge brachten über Kämpfende und Unbewaffnete verschiedener Konfessionen großes Leid. Sie waren wie alle Kriege brutal und menschenverachtend. Aber die Kreuzzüge machten die christlich-islamische Welt nicht gewalttätiger, als sie ohnehin schon war, sondern eine gewalttätige Welt brachte die Kreuzzüge hervor. Ebenso unzweifelhaft ist zugleich, dass die Kreuzzüge und die Errichtung der „Kreuzfahrerstaaten“ die Zahl der Kontaktzonen zwischen beiden Religionen erhöhten. Es entstanden neue interkonfessionelle Grenzgebiete, in denen insbesondere die Handelsstädte als Begegnungsorte fungierten. Hier war ein gewisses Maß an Austausch unumgänglich. Spätestens seit der muslimischen Niederlage vor Askalon (1153) war die Seefahrt in der Levante aus christlicher Sicht nicht mehr ernsthaft durch die Muslime gefährdet. Die italienischen Handelsstädte genossen in der Folge eine hegemoniale Stellung für den Handel des östlichen Mittelmeers. Sie öffneten dem Westen die Märkte der Levante. Umfassten diese Transfervorgänge auch die Vermittlung und Übernahme fremden Wissens? In der Tat lassen sich eine Vielzahl von kulturellen Errungenschaften benennen, die aus der muslimischen Welt Einzug in den lateinischen Westen fanden. Arabische Lehnwörter aus der Welt des Handels wie Bazar, Scheck, Tarif oder Arsenal oder aus den Naturwissenschaften wie Algebra oder Algorithmus lassen sich in diesem Zusammenhang anführen. Künstlerische Errungenschaften, besonders in der Ornamentik, sowie Fertigkeiten in der Metall-, Textil-, Keramik- und Lederverarbeitung wurden nachweislich aus der islamischen Welt übernommen. Auch aus muslimischer Sicht lassen sich Transferprozesse erkennen, obwohl die lateinischen Christen den Muslimen in kultureller Hinsicht wenig zu bieten hatten. In der Militärtechnik z. B. führte die Begegnung mit den fremden Kriegern zu wichtigen Neuerungen, von der Einführung gepanzerter Reiter bis zu Veränderungen in der Belagerungs-
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Das Nachleben der Kreuzzüge
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technik und im Festungsbau. Die konfessionelle Grenze war also durchlässiger als man annehmen könnte. Doch wie viel von alledem fand über die Kreuzfahrerherrschaften des Vorderen Orients seinen Weg in den Westen? Die Forschung ist sich mittlerweile weitgehend einig, dass in den Kreuzfahrerherrschaften Palästinas und Syriens vergleichsweise wenige derartige Transfervorgänge stattfanden. Andere Kontaktzonen dienten in stärkerem Maße als Einfallstore für fremdes Wissen. Sizilien und Süditalien blieben mehrere Jahrhunderte stark von der Kultur der unterworfenen Muslime geprägt, und in vielen islamischen Hafenstädten des Mittelmeers traten christliche Händler in Kontakt mit den Andersgläubigen und ihrer Kultur. Zwar lebten die Christen in Alexandria, Tunis und anderen Zentren in ihrem Funduq (vgl. Kap. III., 2. c) von der einheimischen Bevölkerung getrennt, aber sie trieben mit ihr regen Handel. Am längsten und intensivsten war der interkulturelle Austausch auf der Iberischen Halbinsel. Hier lassen sich vielfältige Rezeptionsvorgänge feststellen, die sich nicht allein auf die Übernahme islamischen Wissens beschränkten. Auch bislang unbekannte antike Texte wurden den Christen dadurch zugänglich gemacht, dass arabische Übersetzungen griechischer Autoren in Toledo und anderen hispanischen Städten ins Lateinische übertragen wurden. Von allen Kreuzzugsgebieten war die Iberische Halbinsel ohne Zweifel für den interkulturellen Austausch am bedeutendsten. Dies sollte nicht überraschen, denn hier wurde das Christentum nach der Eroberung nie wieder abgelöst, sodass sich die Austauschprozesse länger und ungestörter vollziehen konnten als in Palästina und Syrien. Dort führte die muslimische Wiedereroberung obendrein zu schweren Zerstörungen, die möglicherweise Nachrichten christlich-islamischer Kontakte verschüttet haben. Trotz der Verluste liegen aus den Kreuzfahrerherrschaften einige Hinweise auf ein eigenes kulturelles Leben und eigene Fertigkeiten vor, die mitunter auch nach Europa ausstrahlten. In Jerusalem, Antiochia und Akkon wirkten Autoren vom Schlag eines Wilhelm von Tyrus, Rorgo Fretellus oder Gerhard von Nazareth, und auf künstlerischem Gebiet entwickelten sich eigene Zentren der Buchmalerei und Bildhauerei. Einige Kenntnisse nahmen ihren Weg in den Westen. In Sizilien und Umbrien etwa ist eine Beeinflussung der lokalen Kunst durch diejenige der Kreuzfahrerherrschaften wahrscheinlich gemacht worden, Friedrich I. Barbarossa soll bei der erfolgreichen Belagerung einer lombardischen Stadt auf die Expertise eines Festungsfachmanns aus Jerusalem zurückgegriffen haben, und ein ebenfalls der Heiligen Stadt entstammender, des Arabischen offenbar kundiger Augenarzt vertrat die revolutionäre Idee, embryonales Gewebe zur Wundbehandlung einzusetzen. Eine eigene Form des kulturellen Transfers stellte die Versendung von Reliquien und Reliquiaren aus dem Heiligen Land in den Westen dar: Jerusalemer Silber- und Goldschmiede fassten Partikel des Heiligen Kreuzes in Reliquiare ein, die an ausgewählte Personen versandt wurden und in der Ferne durch ihre Gestalt und Ornamentik an die Heilige Stadt erinnerten. Auch im Burgenbau kann man von einem kulturellen Transfer sprechen, denn nachweislich wurden vor allem in den 1160er-Jahren muslimische Elemente in die Festungstechnik integriert: Zu
Kontaktzonen Sizilien und Spanien
Kulturelle Ausstrahlung der Kreuzfahrerherrschaften
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Die Folgen nennen sind hier vor allem die mehrfach abgestuften Ringmauern der großen syrischen Kreuzfahrerburgen, die bald im lateinischen Westen aufgegriffen wurden.
Eigenes und Fremdes
Die eigentliche Bedeutung der Kreuzfahrerherrschaften des Vorderen Orients für den interkulturellen Austausch und Transfer dürfte allerdings weniger im Export von Gegenständen und technischen Neuerungen gelegen haben als im Bereich der Wahrnehmungen und Vorstellungen. Auf muslimischer Seite dürfte als wichtige Folge der Kreuzzüge die Stärkung des Dschihad-Gedankens im Zuge der Auseinandersetzung mit den Kreuzfahrern anzusehen sein. Auf christlicher Seite trug die Expansion des ausgehenden 11. und beginnenden 12. Jahrhunderts wesentlich dazu bei, den Orient in das Bewusstsein der lateinischen Christenheit zu rücken. Er nahm nun seinen Platz in der Vorstellungswelt, in der Kunst und in der Literatur des lateinischen Westens ein – und zwar durchaus nicht allein als Negativoder Gegenfolie. Die heiligen Stätten wiederum erlangten eine neue, konkrete Bedeutung über ihren biblischen Sinngehalt hinaus. Nun trat neben das himmlische Jerusalem der Apokalypse und das biblische Jerusalem des Alten und Neuen Testaments das reale Jerusalem, die Hauptstadt des gleichnamigen Königreichs. Ihre Eroberung im Jahre 1099, die liberatio der Heiligen Stadt, wurde im Mittelalter an verschiedenen Orten Europas liturgisch gefeiert und erhielt damit Einzug in den Festkalender, ihr Verlust im Jahre 1187 bildete einen Markstein im kollektiven Gedächtnis des Westens. Jerusalem und die Kreuzzüge wurden somit zu Bestandteilen der mittelalterlichen Zeitrechnung. Die bedeutendste Folge der Kreuzzüge für alle betroffenen Kulturen dürfte aber weder im Bereich der Rezeption, des Transfers oder der Fremdwahrnehmung liegen. Die Begegnung mit dem Islam führte dem lateinischen Westen seine Gemeinsamkeiten vor Augen, denn Fremd- und Selbstwahrnehmung gehen stets Hand in Hand. Ebenso, wie eine bislang unbekannte Bündelung von Kräften über bisherige politische Grenzen hinweg den militärischen Erfolg des Ersten Kreuzzugs überhaupt erst ermöglichte, wurde die Besiedlung und Verteidigung des Eroberten über fast zwei Jahrhunderte hinweg nur durch immer wieder erneuerte kollektive Anstrengungen gewährleistet. So lässt sich wohl konstatieren, dass die Begegnung mit andersartigen Kulturen weniger zu einem größeren Verständnis für das Fremde als vielmehr zu einer genaueren Kenntnis des Eigenen führte – mit allen positiven wie negativen Folgen. Die Kreuzzüge trugen wesentlich zur Selbstfindung sowohl des Christentums als auch des Islam bei.
b) Die Kreuzzüge als Mythos Die Kreuzzüge gehören zu den historischen Phänomenen, die auch heute noch im kollektiven Bewusstsein und im allgemeinen Sprachgebrauch präsent sind. Zum einen in abgewandelter Form als Schlagwort in Werbung, Medien und Politik, gewissermaßen als Synonym für jede konzertierte Aktion zugunsten eines übergeordneten Zwecks. Zum anderen aber wird der
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Das Nachleben der Kreuzzüge
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Begriff durchaus auch im Rückgriff auf die historischen Kreuzzüge eingesetzt, und zwar mit den unterschiedlichsten Assoziationen und Bedeutungsebenen. Dieser differenzierte Rückbezug lässt sich schon im Mittelalter beobachten. Im 12. und 13. Jahrhundert lässt sich der Rekurs auf die Kreuzzüge als historisches Phänomen in verschiedenen Quellengattungen belegen: in Chroniken und Urkunden, Predigten und Dichtung. Diese Schriften trugen dazu bei, dass sich bald der Erste Kreuzzug in einen Mythos verwandelt hatte. Denn diese Zeugnisse stellen bereits den Sprung von der Erinnerung zur Geschichtsschreibung dar und wirkten damit ihrerseits auf die eigene Zeit ein. Welche Bilder von den Kreuzzügen entwerfen diese Quellen? Zum Ersten fällt die positive Bewertung der Unternehmen durch die christlichen Zeitgenossen auf. Dabei wurden im historischen Diskurs die vielen Kriegszüge zur Gewinnung oder Verteidigung der Heiligen Stätten, wurden die vielen von Päpsten ausgerufenen Züge gegen die Feinde der Christenheit vor allem auf den Ersten Kreuzzug reduziert. Zum Zweiten betonen die Texte in aller Regel den Vorbildcharakter der großen Helden gerade des Ersten Kreuzzuges. Der Rekurs auf die Kreuzzüge war also mit der Aufforderung zur Imitation verbunden. Heutzutage sieht es hingegen ganz anders aus: In der Gegenwart sind nämlich Kreuzzüge und Kreuzfahrer keineswegs etwas, worauf man sich zurückbesinnt. Eher das Gegenteil ist der Fall. Inzwischen gelten die Kreuzzüge gemeinhin als brutale, ausbeuterische und ungerechte Kriege gegen sowohl kulturell wie allgemein moralisch überlegene Völker. Diese Bewertung hat zwar ihrerseits eine Vorgeschichte: Kritik oder zumindest Distanz hatte schon die Haltung manch älterer Autoren, von Voltaire (*1694, † 1778) bis David Hume (*1711, † 1776) charakterisiert. Doch gerade in jüngerer Zeit ist die Ablehnung der Kreuzzüge zu einem Gemeinplatz geworden. Vor allem drei historische Entwicklungen bzw. Ereignisse des 20. Jahrhunderts scheinen dafür verantwortlich zu sein: zum Ersten die allgemeine Säkularisierung in Westeuropa, zum Zweiten die zunehmend kritische Beurteilung der Kolonialzeit des 19. und 20. Jahrhunderts; zum Dritten die Massenmorde an den europäischen Juden während der Zeit des Nationalsozialismus. Die allgemeine Säkularisierung und Kirchenkritik führte oftmals zu einer Hochschätzung des Islam. Dies lässt sich bereits an der Wende zum 19. Jahrhundert, etwa bei Gotthold Ephraim Lessing (*1729, † 1781) oder Sir Walter Scott (*1771, † 1832) feststellen und fällt sicherlich nicht zufällig mit dem faktischen Machtverlust des Osmanischen Reiches zusammen. Der Zusammenbruch des kolonialen Systems wiederum ließ die „Kreuzfahrerstaaten“ als Präfigurierungen eines nunmehr als ungerecht angesehenen politischen Modells erscheinen. Hier wirkten die Kreuzzüge geradezu als Integrationsmythen, indem sie den Kritikern des kolonialen Zeitalters als zusätzliches Argument dienten und dienen. Man könnte sie, funktional betrachtet, sogar als fundierende Erzählungen eines besseren, geläuterten Europa ansehen. Die vermeintlich gerade Linie zwischen dem Holocaust und den Kreuzzügen wiederum wurde bald nach dem Weltkrieg von einigen Historikern und Historikerinnen propagiert und später mit solchem Er-
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Die Folgen folg fortgesponnen, dass in jüngeren Beiträgen eine fast kausale Beziehung zwischen den antijüdischen Grausamkeiten des Mittelalters und den antisemitischen, also rassistisch motivierten Massenmorden des 20. Jahrhunderts gezogen worden ist. Der Kreuzzugsbegriff im 19. Jahrhundert
Der hier skizzierte Negativmythos ist erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu breiter Wirksamkeit gelangt. In den Dreißiger- und Vierzigerjahren war dies noch ganz anders. Damals besaß der Kreuzzugsbegriff eine derartig positive Wirkungskraft, dass er in den unterschiedlichsten Parteiungen und politischen Lagern als Schlagwort eingesetzt wurde. Mit ihm wurden nicht nur die mittelalterlichen, sondern auch moderne Kriegszüge umschrieben. Hier war ein Kreuzzug durchaus im breitesten Sinne positiv konnotiert, nämlich als selbstloser Kampf für höhere Ideale gegen einen bösen, scheinbar übermächtigen Gegner. Der amerikanische Präsident Eisenhower ließ die Alliierten einen „Crusade in Europe“ führen, der spanische Diktator Francisco Franco Bahamonde (*1892, † 1975) titulierte seinen Aufstand gegen die republikanische Regierung als cruzada, und auch Hitler griff indirekt auf dieses Bild zurück, indem er seinem Angriff gegen die Sowietunion den Codenamen „Unternehmen Barbarossa“ gab. Die Instrumentalisierung des Kreuzzugsbegriffs im 20. Jahrhundert war ein Reflex auf den Aufschwung der Kreuzzugsforschung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch sie war ganz unmittelbar durch ihre Zeit geprägt. Die politischen Rahmenbedingungen einer durch den europäischen Nationalismus und die wachsende Konkurrenz um die Kolonien gekennzeichneten Epoche bewirkten, dass mancher Historiker die Kreuzfahrerherrschaften als Vorläufer der neuzeitlichen Kolonien bzw. Interessensphären zeichnete. Alle europäischen Mächte entwickelten jeweils eigene, ebenso perspektivisch verkürzte wie wirkungsvolle Kreuzzugsbilder. Diese kolonialen Kreuzzugsmythen des 19. Jahrhunderts, nicht die mittelalterlichen Schriften, schufen die Voraussetzungen für die antikolonialen Negativ- und Gegenmythen des 20. Jahrhunderts.
Die Vielschichtigkeit des Kreuzzugsbegriffs
Damit war und ist der Kreuzzugsmythos durchaus ein gesamteuropäisches Phänomen. Seine Wirksamkeit ist allerdings keineswegs auf das christliche Europa beschränkt, sondern reicht weit über den Kontinent und die Religionsgrenzen hinaus. In der jüdischen Welt wird das Jerusalemer Massaker vom Juli 1099 noch heute in der Geschichte einer Religion, aber auch in der langen Leidensgeschichte eines Volkes verortet. Die Pogrome der Kreuzfahrer, denen die Judengemeinden des Rheinlands zum Opfer fielen, haben durch Erzählung und Überlieferung die Rolle eines Sinnbildes der aschkenasischen Leidensgeschichte der neuesten Zeit erhalten. Noch deutlicher ist der mythische Gehalt der Kreuzzüge im Islam. Die insgesamt zweihundertjährige christliche Präsenz – oder aus muslimischer Perspektive: Besetzung – hinterließ tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis, die nach Ausweis moderner Islamwissenschaftler und Orientalisten bis in die Gegenwart andauern. Schon der osmanische Herrscher Abdülhamit II. (1876–1909) bezeichnete zum Ende des 19. Jahrhunderts die Politik der europäischen Großmächte ganz explizit als „neue Kreuzzüge“, gegen die es sich zu wehren gelte. Saladin wurde in Forschung und Literatur in den
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Das Nachleben der Kreuzzüge
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Rang eines Streiters gegen die Besatzer aus dem Westen erhoben. Eine konsequente Indienstnahme dieses Konzeptes für die gegenwärtige politische Situation des Nahen Ostens ist dadurch erfolgt, dass der Staat Israel jenseits aller historischer Logik wiederholt als Nachfahre der christlichen „Kreuzfahrerstaaten“ bezeichnet wird – auch dies einer der wichtigsten, da fiktivsten, aktuellsten und zugleich wirkmächtigsten Kreuzzugsmythen. Die Ereignisse der letzten Zeit im Nahen Osten, in Zentralasien und in den Vereinigten Staaten von Amerika haben auf schmerzhafte Weise deutlich werden lassen, dass der Kreuzzugsbegriff in Ost und West, in den verschiedensten politischen Lagern, nichts von seiner Wirkungskraft eingebüßt hat. Diese wenigen Worte dürften ausreichen, um zwei Punkte zu unterstreichen: zum einen die ungebrochene Aktualität des Kreuzzugsmythos, zum anderen aber dessen Vielschichtigkeit. Dieser Mythos dient auch heute noch den unterschiedlichsten Zwecken: als Sinnbild für Grausamkeit und Gewalt, als Symbol für Aufopferung und Idealismus, aber auch als Präfigurierung europäischer Arroganz und Expansion.
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Karte 1: Der Vordere Orient zur Zeit der Kreuzzüge
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Karte 2: Iberische Halbinsel im 11.–13. Jahrhundert Karte 3: Der Ostseeraum 13.–15. Jahrhundert
Schemaiten
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Auswahlbibliographie Lexika, Nachschlagewerke, Bibliographien und Zeitschriften Andrea, Alfred J. (Hrsg.): Encyclopedia of the Crusades, Westport 2003, knappes Nachschlagewerk zur Geschichte der Kreuzzge Briou, Nicolle / Josserand, Philippe (Hrsg.): Prier et combattre. Dictionnaire europen des ordres militaires au Moyen ffge, Paris 2009, ein verlssliches und umfassendes Hilfsmittel zur Geschichte der Ritterorden Crusades, 1 (2002) ff. Seit 2002 existiert eine ausschließlich der Geschichte der Kreuzzge und der Kreuzfahrerherrschaften gewidmete Fachzeitschrift. Sie enthlt auch eine jhrlich aktualisierte Bibliographie zur Kreuzzugsforschung Die Kreuzzge. Kein Krieg ist heilig, Ausstellungskatalog, Mainz 2005, neuerer Ausstellungskatalog mit Aufsatzteil Lexikon des Mittelalters, 10 Bde., Mnchen – Zrich 1977–1999, Das Standardnachschlagewerk zur Geschichte des Mittelalters Lock, Robert: The Routledge Companion to the Crusades (Routledge Companions to History), London 2006, chronologischer Wegweise zu einzelnen Kreuzzugsunternehmungen Mayer, Hans Eberhard: Bibliographie zur Geschichte der Kreuzzge, 2. Aufl., Hannover 1965, grundlegende Bibliographie zur frheren Kreuzzugsforschung Mayer, Hans Eberhard / McLellan, Joyce, Select Bibliography of the Crusades. In: Harry W. Hazard (Hrsg.), History of the Crusades, Bd. 6, Madison 1989, 511–665, ntzliche Aktualisierung des Forschungsstandes bis 1989 Murray, Alan V. (Hrsg.): The Crusades. An Encyclopedia, 4 Bde., Santa Barbara 2006, umfassendes Nachschlagewerk zur Geschichte der Kreuzzge Murray, Alan V. (Hrsg.): The Crusades to the Holy Land: The Essential Reference Guide, Santa Barbara 2015, hilfreicher enzyklopdischer Gesamtberblick Riley-Smith, Jonathan (Hrsg.): Großer Bildatlas der Kreuzzge, Freiburg i. Br.1992 (engl. Original London 1991), rumlich und zeitlich breit angelegt, mit ntzlichen Kommentaren Saladin und die Kreuzfahrer. Ausstellungskatalog, Mainz 2006, bemht sich, die Perspektive des Orients zu bercksichtigen Quellen Albon, Marquis d’ (Hrsg.): Cartulaire gnral de l’Ordre du Temple (1119?–1150), Paris 1913, die frhen Urkunden des Templerordens Ailes, Marianne / Barber, Malcolm (Hrsg.): Ambroise, The History of the Holy War: Ambroise’s Estoire de
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Auswahlbibliographie sises (The Medieval Mediterranean 50), Leiden 2003, ersetzt die ltere Edition dieses grundlegenden Rechtswerks Edgington, Susan (Hrsg.): Albericus Aquensis, Historia Ierosolimitana: History of the Journey to Jerusalem, Oxford 2007, lange erwartete Edition und bersetzung eines oftmals unterschtzten Werkes Gabrieli, Francesco: Die Kreuzzge aus arabischer Sicht, Zrich – Mnchen 1973, einschlgige arabische Texte in deutscher bersetzung Hagenmeyer, Heinrich (Hrsg.): Epistulae et chartae ad historiam primi belli sacri spectantes. Die Kreuzzugsbriefe aus den Jahren 1088–1100, Innsbruck 1901 (ND Hildesheim – New York 1973), erschließt die Gattung der Kreuzzugsbriefe Hagenmeyer, Heinrich (Hrsg.): Fulcher von Chartres, Historia Hierosolymitana (1095–1127), Heidelberg 1913, maßgebliche Edition einer der bedeutendsten Kreuzzugschroniken Haverkamp, Eva (Hrsg.): Hebr ische Berichte ber die Judenverfolgungen w hrend des Ersten Kreuzzugs (Monumenta Germaniae Historica: Hebr ische Texte aus dem mittelalterlichen Deutschland 1), Hannover 2005, neueste Edition einschlgiger Quellen Hiestand, Rudolf (Hrsg.): Vorarbeiten zum Oriens pontificius, 3 Bde. (Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Gttingen, Phil.-hist. Kl. III/77, 135, 136), Gttingen 1972–85, Papsturkunden fr die Templer, die Johanniter und die Kirche der Kreuzfahrerstaaten, mit weiterfhrender Literatur und Kommentaren Hill, John H. / Hill, Laurita L. (Hrsg.): Le „Liber“ de Raymond d’Aguilers (Documents relatifs l’histoire des croisades 9), Paris 1969, maßgebliche Edition einer der bedeutenden Kreuzzugschroniken Housley, Norman (bers.): Documents on the Later Crusades 1274–1580, London 1996, bersetzte Quellen zu den sptmittelalterlichen Kreuzzgen Huygens, Robert B. C. (Hrsg.): Guibert de Nogent, Dei gesta per Francos, et cinq autres textes (Corpus Christianorum Continuatio Medievalis 127A), Turnhout 1996, maßgebliche Edition einer der bedeutenden Kreuzzugschroniken Huygens, Robert B. C. (Hrsg.): Guillaume de Tyr, Chronicon, 2 Bde. (Corpus Christianorum, Continuatio Mediaevalis 63/63A), Turnhout 1986 (Engl. bers. des Werkes durch Babcock, Emily A. / Krey, August C., New York 1943, ND New York 1976), das bedeutendste Geschichtswerk der Kreuzfahrerherrschaften Huygens, Robert B. C. (Hrsg.): Peregrinationes tres. Saewulf, John of Wrzburg, Theodericus (Corpus Christianorum Continuatio Mediaevalis 139), Turnhout 1994, kritische Edition dreier wichtiger Pilgerberichte des 12. Jahrhunderts Ibn-al-Athir: The Chronicle of Ibn al-Athir for the Crusading Period from al-Kamil fi’l-ta’rikh, 3 Bde., transl. by Donald S. Richards (Crusade Texts in Translation 13, 15, 17), Aldershot 2006–2008, Teilbersetzung einer der bedeutendsten arabischen
Chroniken des Mittelalters, das weit ber die engere Kreuzzugsgeschichte hinausweist Mayer, Hans Eberhard (Hrsg.): Das Itinerarium peregrinorum: eine zeitgenssische englische Chronik zum dritten Kreuzzug in ursprnglicher Gestalt (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 18), Stuttgart 1962 (engl. bersetzung 2001 von Helen Nicholson), maßgebliche Edition einer Hauptquelle des Kreuzzugs von 1189–1192 Mayer, Hans Eberhard (Hrsg.): Die Urkunden der lateinischen Knige von Jerusalem (MGH Diplomata regum Latinorum Hierosolymitanorum), 4 Bde., Hannover 2010, kritische Edition der jerusalemitanischen Knigsdiplome, altfranzsische Texte bearbeitet von Jean Richard Melani, Silvio (Hrsg.): Philippe de Novare, Guerra di Federico II in Oriente (1223–1242) (Nuovo Medioevo 46), Napoli 1994, wichtige Quelle zum Kampf gegen die Staufer um die Herrschaft im Knigreich Jerusalem Monfrin, Jacques (Hrsg. und bers.): Jean de Joinville, Vie de Saint Louis, Paris 1995, zu den Kreuzzgen Ludwigs IX. von Frankreich Mynors, Roger (Hrsg.) / Hill, Rosalind M. T. (bers.): Gesta Francorum et aliorum Hierosolimitanorum, London – Paris – New York 1962, Text und bersetzung einer bedeutenden Kreuzzugschronik Paviot, Jacques (Hrsg.): Projets de croisade (v. 1290– v. 1330) (Documents relatifs l’histoire des croisades 20), Paris 2008, Edition einschlgiger Schriften zur Wiedergewinnung des Heiligen Landes Pringle, Denys (bers.), Pilgrimage to Jerusalem and the Holy Land, 1187–1291 (Crusade Texts in Translation 23), Farnham 2012, hilfreiche Sammlung zahlreicher Pilgerberichte des 13. Jahrhunderts in englischer bersetzung Recueil des historiens des croisades, 16 Bde., Paris 1841–1906, die wichtigste Quellensammlung zur Geschichte der Kreuzzge in den Vorderen Orient Reinsch, Diether R. / Kambylis, Athanasios (Hrsg.): Anna Comnena: Alexias, 2 Bde., Berlin 2001 (dt. bers. von Diether R. Reinsch, Mnchen 1996), zum Ersten Kreuzzug aus byzantinischer Sicht Rhricht, Reinhold: Regesta regni Hierosolymitani (MXCVII–MCCXCI), Innsbruck 1893, Additamentum, ebd., 1904 (ND New York 1960), Zusammenfassungen der Urkunden des Knigreichs Jerusalem in lateinischer Sprache. Jetzt erweitert und in englischer bersetzung in einer abfragbaren Datenbank: http://crusades-regesta.com/ Rotter, Gernot (Hrsg.): Usama Ibn-Munqidh, Ein Leben im Kampf gegen Kreuzritterheere (Bibliothek arabischer Klassiker 4), Tbingen 1978, bersetzung des vielzitierten Werkes Rger, Hans P. (bers.): Syrien und Pal stina nach dem Reisebericht des Benjamin von Tudela (Abhandlungen des Deutschen Pal stina-Vereins 12), Wiesbaden 1990, die Kreuzfahrerherrschaften des 12. Jhs. aus der Sicht eines spanischen Juden Sandoli, Sabino de (Hrsg.): Itinera Hierosolymitana Crucesignatorum (saec. XII–XIII), 4 Bde. (Pubblica-
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zugsunternehmungen des Hoch- und Sptmittelalters Mayer, Hans Eberhard: Geschichte der Kreuzzge (Urban TB 86), 10. Aufl., Stuttgart 2005, das Standardwerk zur politischen Geschichte der Kreuzfahrerherrschaften und der Kreuzzge in den Vorderen Orient Nicholson, Helen J. (Hrsg.): Palgrave Advances in the Crusades, New York 2005, reflektiert aktuelle Fragen der Forschung Phillips, Jonathan P.: Holy Warriors: A Modern History of the Crusades, New York 2010, gut lesbare, neuere Synthese eines ausgewiesenen Kenners Richard, Jean: Histoire des croisades, Paris 1996 (engl. bersetzung: The Crusades, c. 1071–c. 1291, Cambridge 1999), fundierte Gesamtdarstellung zu den Kreuzzgen in den Vorderen Orient und den Kreuzfahrerherrschaften Riley-Smith, Jonathan (Hrsg.): Illustrierte Geschichte der Kreuzzge, Frankfurt 1999 (engl. Original Oxford 1995), bersicht aus der Hand englischsprachiger Kreuzzugsforscher Riley-Smith, Jonathan: Die Kreuzzge, Darmstadt 2015 (engl. Original 2014), erweiterte und aktualisierte Ausgabe einer geographisch und chronologisch breit angelegten Darstellung des fhrenden englischen Kreuzzugshistorikers Setton, Kenneth M. (Hrsg.): A General History of the Crusades, 6 Bde., Philadelphia – Madison 1955–89, verlssliche und breit angelegte Darstellung der Kreuzzge und ihrer Auswirkungen Tyerman, Christopher: God’s War: a New History of the Crusades, London 2006, eine umfassende, unterschiedliche Kreuzzugsszenarien bercksichtigende Gesamtdarstellung Winkelmann, Friedhelm: Die Kirchen im Zeitalter der Kreuzzge (11. – 13. Jahrhundert) (Kirchengeschichte in Einzeldarstellungen I/10), 2. verb. Aufl., Leipzig 1998. Knappe, um eine ausgewogene Darstellung der griechischen und der lateinischen Kirchengeschichte bemhte bersicht Christentum, Islam und Heidentum zum Ende des 11. Jahrhunderts Brett, Michael: The Near East on the Eve of the Crusades. In: Luis Garc a-Guijarro Ramos (Hrsg.): La Primera Cruzada novecientos aos despus: el Concilio de Clermont y los or genes del movimiento cruzado, o. O. 1997, 119–136, guter berblick ber die Welt des Islams zum Ausbruch der Ersten Kreuzzugs Goetz, Hans-Werner: Die Wahrnehmung anderer Religionen und christlich-abendl ndisches Selbstverst ndnis im frhen und hohen Mittelalter (5.–12. Jahrhundert), 2 Bde., Berlin 2013, u. a. ber Bilder von Muslimen und dem Islam im mittelalterlichen Christentum Holt, P. M.: The Age of the Crusades. The Near East from the Eleventh Century to 1517, London – New York 1986, knappe, aber verlssliche Darstellung
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Auswahlbibliographie Bull, Marcus Graham / Kempf, Damien (Hrsg.): Writing the Early Crusades: Text, Transmission and Memory, Woodbridge 2014, hilfreiche quellenkundliche Anthologie zum Verstndnis der frhen Kreuzzugstexte Le Concile de Clermont de 1095 et l’appel la croisade (Collection de l’ cole Fran aise de Rome 236), Rom 1997, gelungener Sammelband zur Vorgeschichte des Ersten Kreuzzugs Edgington, Susan B. / Garc a-Guijarro Ramos, Luis Beltrn (Hrsg.): Jerusalem the Golden. The Origins and Impact of the First Crusade (Outremer 3), Turnhout 2014, versammlt jngere Beitrge zur Genese des Kreuzzugs Flori, Jean: Pierre l’ermite et la premire croisade, Paris 1999, rckt die lange unterschtzte Figur Peters des Einsiedlers in den Vordergrund der Darstellung Flori, Jean: Chroniqueurs et propagandistes: introduction critique aux sources de la Premire croisade (Hautes tudes mdivales et modernes 98), Genve 2010 France, John: Victory in the East: A Military History of the First Crusade, Cambridge 1994, hervorragende, nicht nur militrgeschichtliche Darstellung des Ersten Kreuzzugs Kostick, Conor: The Social Structure of the First Crusade (The Medieval Mediterranean 76), Leiden 2008, nimmt einen sozialgeschichtlichen Blickwinkel ein Lilie, Ralph-Johannes: Der erste Kreuzzug in der Darstellung Anna Komnenes, in: Varia II (Poikila Byzantina 6), Bonn 1987, 49–148. Vergleicht die Perspektive der byzantinischen Prinzessin Anna Komnena mit den lateinischen Kreuzzugsberichten Lobrichon, Guy: Die Eroberung Jerusalems, Sigmaringen 1998 (franz. Original Paris 1998), Gegenberstellung der chronikalischen berlieferung zum Ersten Kreuzzug Phillips, Jonathan (Hrsg.): The First Crusade: Origins and Impact, Manchester 1997, Aufsatzsammlung mit guter Bibliographie Riley-Smith, Jonathan: The First Crusaders, 1095– 1131, Cambridge 1997, eine Prosopographie der ersten Kreuzfahrer Rubenstein, Jay C.: Armies of Heaven: the First Crusade and the Quest for Apocalypse, New York 2011, betont die eschatologischen Dimensionen des Kreuzzugs Skottki, Kristin: Christen, Muslime und der Erste Kreuzzug: die Macht der Beschreibung in der mittelalterlichen und modernen Historiographie (Cultural Encounters and the Discourses of Scholarship 5), Mnster 2015, vergleichende Studie der frhen Kreuzzugschroniken aus Sicht der Fremdheitsforschung Die Kreuzzge des 12. bis 15. Jahrhunderts Claverie, Pierre-Vincent: Honorius III et l’Orient, 1216–1227: tude et publication de sources indites des Archives vaticanes (ASV) (The Medieval Mediterranean 97), Leiden 2013, das wichtigste Werk zum Themkomplex des Fnften Kreuzzug mit umfangreichen Quelleneditionen
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Eickhoff, Ekkehard: Friedrich Barbarossa im Orient. Kreuzzug und Tod Friedrichs I. (Deutsches Arch ologisches Institut, Abt. Istanbul, Istanbuler Mitteilungen, Beiheft 17), Tbingen 1977, Darstellung zur gescheiterten Kampagne des Kaisers Hechelhammer, Bodo: Kreuzzug und Herrschaft unter Friedrich II.: Handlungsspielr ume von Kreuzzugspolitik (1215–1230) (Mittelalter-Forschungen 13), Ostfildern 2004, die Kreuzzugsbewegung zur sp ten Stauferzeit Hoch, Martin: Jerusalem und der Zweite Kreuzzug. Konstitutionelle Krise und ußere Sicherheit des Kreuzfahrerknigreiches Jerusalem, a. D. 1126– 1154 (Europ ische Hochschulschriften, Reihe III, 560), Frankfurt/M. 1993, detaillierte Studie zum Hintergrund und Verlauf des Zuges Housley, Norman: The Later Crusades: from Lyons to Alcazar 1274–1580, Oxford 1992, Gesamtdarstellung ber die sptmittelalterlichen Kreuzzge Housley, Norman: Religious Warfare in Europe, 1400– 1536, Oxford 2002, eine geographisch weit gespannte Studie Housley, Norman J. (Hrsg.): The Crusade in the Fifteenth Century: Converging and Competing Cultures (Crusades. Subsidia 8), London 2017, aktueller, geographisch und thematisch breiter Forschungsberblick Laiou, Angeliki E. (Hrsg.): Urbs capta: the Fourth Crusade and its Consequences = La IVe Croisade et ses consquences (Ralits byzantines 10), Paris 2005, mit besonderer Bercksichtigung der byzantinischen Perspektive Meschini, Marco: 1204: L’incompiuta. La IV crociata e le conquiste di Costantinopoli, Milano 2004, eine knappe, gut lesbare Darstellung Mhring, Hannes: Saladin und der Dritte Kreuzzug. Ayubidische Strategie und Diplomatie im Vergleich vornehmlich der arabischen mit den lateinischen Quellen (Frankfurter historische Abhandlungen 21), Wiesbaden 1980, mit fundierter Kenntnis der arabischen und lateinischen Quellen Phillips, Jonathan / Hoch, Martin (Hrsg.): The Second Crusade: Scope and Consequences, Manchester 2001, Aufsatzsammlung mit guter Bibliographie Phillips, Jonathan: The Second Crusade: Extending the Frontiers of Christendom, New Haven 2007, umfassende Gesamtdarstellung Piatti, Pierantonio (Hrsg.): The Fourth Crusade Revisited. Atti della Conferenza Internazionale nell’Ottavo Centenario della IV Crociata, 1204–2004, Citt del Vaticano 2008, mit vielen deutschspachigen Beitrgen Queller, Donald E. / Madden, Thomas F.: The Fourth Crusade. The Conquest of Constantinople. With an Essay on the Primary Sources by Alfred J. Andrea, 2. Aufl., Philadelphia 1997, Standardwerk zum Kreuzzug gegen Konstantinopel Powell, James M.: Anatomy of a Crusade 1213–1221, Philadelphia 1986, knappe, aber verlssliche Darstellung Reitz, Dirk: Die Kreuzzge Ludwigs IX. von Frankreich
Auswahlbibliographie 1248/1270 (Neue Aspekte der europ ischen Mittelalterforschung 3), Mnster 2005, Synthese zu den beiden Kreuzzgen des franzsischen Knigs Roche, Jason T. / Jensen, Janus Møller (Hrsg.): The Second Crusade: Holy War on the Periphery of Latin Christendom (Outremer 2), Turnhout 2013, jngste Aufsatzsammlung zu vielfltigen Fragen des Kreuzzugs um die Mitte des 12. Jahrhunderts Setton, Kenneth M.: The Papacy and the Levant 1204–1571, 4 Bde. (Memoirs of the American Philosophical Society 114, 127, 161–162), Philadelphia 1976–1984, fundamental zum Verhltnis zwischen Byzanz und dem Westen im Sptmittelalter Smith, Caroline: Crusading in the Age of Joinville, Aldershot 2006, Darstellung der Kreuzzugsbewegung im 13. Jahrhundert, die weit mehr behandelt als den Kreuzzug Ludwigs IX. Smith, Thomas W.: Curia and Crusade: Pope Honorius III and the Recovery of the Holy Land, 1216– 1227 (Outremer 6), Turnhout 2017, zum Fnften Kreuzzug auf Basis der englischsprachigen Forschung Theorie, Praxis und Kritik der Kreuzzugsidee Alberzoni, Maria Pia / Montaubin, Pascal (Hrsg.): Legati, delegati e l’impresa d’Oltremare (secoli XII–XIII) (Ecclesia militans 3), Turnhout 2014, aktuelle und grundlegende Aufsatzsammlung zum Legatenwesen auf den Kreuzzgen Brundage, James: Medieval Law and the Crusader, Madison 1969, wichtige Studie zur Beschftigung der Kanonistik mit den Kreuzzgen Constable, Giles: The Place of the Crusader in Medieval Society, Viator 29 (1998), 377–403, eine Absetzung von anderen Ausdrucksformen mittelalterlicher Frmmigkeit Edgington, Susan / Lambert, Sarah (Hrsg.): Gendering the Crusades, Cardiff 2001, die Kreuzzge aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive Geldsetzer, Sabine: Frauen auf Kreuzzgen: 1096– 1291, Darmstadt 2003, ntzliche Zusammenstellung zur Beteiligung von Frauen an den Kreuzzgen Hiestand, Rudolf: „Gott will es!“ – Will Gott es wirklich? Die Kreuzzugsidee in der Kritik ihrer Zeit (Beitr ge zur Friedensethik 29), Stuttgart 1998, knapper und verlsslicher berblick Hlzle, Peter: Die Kreuzzge in der okzitanischen und deutschen Lyrik des 12. Jahrhunderts: Das Gattungsproblem ‚Kreuzlied‘ im historischen Kontext (Gppinger Arbeiten zur Germanistik 278), 2 Bde., Gppingen 1980, ber literarische und mndliche Formen der Kreuzzugswerbung Leopold, Antony: How to Recover the Holy Land. The Crusade Proposals of the Late Thirteenth and Early Fourteenth Centuries, Aldershot 2000, zur zeitgenssischen Diskussion ber den besten Weg zur Rckgewinnung des Heiligen Landes Maier, Christoph T.: Preaching the Crusades: Mendicant Friars and the Cross in the Thirteenth Century (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought
IV/28), Cambridge 1994, erschließt bislang vernachlssigte Texte zum Kreuzzugsgedanken im Sptmittelalter Musarra, Antonio: Il crepuscolo della crociata: l’Occidente e la perdita della Terrasanta, Bologna 2018, ber christliche Traktate, wie die Kreuzfahrerherrschaften wiederzugewinnen seien Seitz, Annette: Das lange Ende der Kreuzfahrerreiche in der Universalchronistik des lateinischen Europa (1187–1291) (Historische Studien 497), Husum 2010, zur Wahrnehmung der Kreuzfahrerstaaten in der Geschichtsschreibung des 13. Jahrhunderts Siberry, Elizabeth: Criticism of Crusading 1095–1274, Oxford 1985, Synthese zur Kreuzzugskritik Tyerman, Christopher: The Invention of the Crusades, London 1998, mit provokanten Thesen zum Kreuzzug im 12. Jh. Die Kreuzzge aus islamischer Sicht Atrache, Laila: Die Politik der Ayyubiden. Die fr nkisch-islamischen Beziehungen in der ersten H lfte des 7./13. Jahrhunderts unter besonderer Bercksichtigung des Feindbildes, Mnster 1996, die Kreuzfahrer aus muslimischer Perspektive Cobb, Paul M.: Der Kampf ums Paradies: eine islamische Geschichte der Kreuzzge, Darmstadt 2014 (engl. Original Oxford 2014), aktuelle und eingngliche Gesamtdarstellung zum Thema Hitti, Philip Khuri: The Impact of the Crusades on Moslem Lands. In: The Impact of The Crusades on the Near East (A General History of the Crusades 5), Madison 1985, 33–58, zu den kurz- und langfristigen Folgen der Kreuzzge Irwin, Robert: The Image of the Byzantine and Frank in Arabic Popular Literature of the Late Middle Ages. In: Benjamin Arbel / Bernard Hamilton / David Jacoby (Hrsg.): Latins and Greeks in the Eastern Mediterranean after 1204, London 1989, 226–242, ber Fremdwahrnehmung auf islamischer Seite Irwin, Robert: The Impact of the Early Crusades in the Muslim World. In: La Primera Cruzada (s. o.), 137–154, ber die geringe Bedeutung des Ersten Kreuzzugs aus muslimischer Sicht Khler, Michael A.: Allianzen und Vertr ge zwischen fr nkischen und islamischen Herrschern im Vorderen Orient: eine Studie ber das zwischenstaatliche Zusammenleben vom 12. bis ins 13. Jahrhundert (Studien zur Sprache, Geschichte und Kultur des islamischen Orients N.F., 12), Berlin 1991, verortet die Kreuzfahrerherrschaften im grßeren Kontext des Vorderen Orients Sivan, Emanuel: L’Islam et le Croisade, Paris 1968, grundlegende Studie zum Verhltnis zwischen Islam und Christentum Zouache, Abbs: Armes et combats en Syrie de 491 (1098) 569 (1174). Analyse compare des chroniques mdivales latines et arabes, Beyrouth 2008, eine Kriegsgeschichte des 12. Jahrhunderts unter gebhrender Bercksichtigung arabischer Quellen und Perspektiven
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Auswahlbibliographie Weltliche Herrschaft Amouroux-Mourad, Monique: Le comt d’Edesse, 1098–1150, Paris 1981, wichtige Monographie zur Grafschaft Edessa Asbridge, Thomas S.: The Creation of the Principality of Antioch, 1098–1130, Woodbridge 2000, die einzige jngere Monographie zum Frstentum Antiochia Cahen, Claude: La Syrie du Nord l’poque des croisades et la principaut franque d’Antioche, Paris 1940, grundlegend fr die Geschichte der nrdlichen Kreuzfahrergebiete Edbury, Peter: The Kingdom of Cyprus and the Crusades, 1191–1374, Cambridge 1991, Standardwerk zur Geschichte Zyperns und der Kreuzfahrerherrschaften im Sptmittelalter Ellenblum, Ronnie: Crusader Castles and Modern Histories, Cambridge 2007, zur strategischen und siedlungsaktivierenden Wirkung der Burgen unter den sich wandelnden politisch-militrischen Bedingungen Kennedy, Hugh: Crusader Castles, Cambridge 1995, knappe, gute bersicht Kirschberger, Timo: Erster Kreuzzug und Ethnogenese. „In novam formam commutatus“ – ethnogenetische Prozesse im Frstentum Antiochia und im Knigreich Jerusalem (Nova mediaevalia 13), Gttingen 2015, umsichtige ideengeschichtliche Studie zu den Herrschaftsgrndungen in Folge des Kreuzzugs Lilie, Ralph-Johannes: Byzantium and the Crusader States 1096–1204, Oxford 1993 (ersetzt als verbesserte und erweiterte Ausgabe die deutsche Fassung: Byzanz und die Kreuzfahrerstaaten. Studien zur Politik des byzantinischen Reiches gegenber den Staaten der Kreuzfahrer in Syrien und Pal stina bis zum vierten Kreuzzug [1096–1204], Mnchen 1981), grundlegende Studie ber die byzantinischlateinischen Beziehungen bis zur Eroberung Konstantinopels Mayer, Hans Eberhard: Von der „Cour des Bourgeois“ zum ffentlichen Notariat. Die freiwillige Gerichtsbarkeit in den Kreuzfahrerstaaten (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 70), Wiesbaden 2016, quellennahe und umsichtige Studie zur Rechtspraxis im lateinischen Osten Mayer, Hans Eberhard: Herrschaft und Verwaltung im Kreuzfahrerknigreich Jerusalem, HZ 261 (1995) 695–738, dichter Einblick in die Herrschaftsstrukturen und die faktischen Mchte im Knigreich Jerusalem Mayer, Hans Eberhard: Die Kanzlei der lateinischen Knige von Jerusalem (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 40 1–2), Hannover 1996, eine meisterhafte und detaillierte Studie der Verwaltungsstrukturen Mayer, Hans Eberhard: Kings and Lords in the Latin Kingdom of Jerusalem (Variorum Reprints, Collected Studies 437), London 1994, eine von mehreren Sammlungen einschlgiger Aufstze aus der Hand des Autors ber die weltliche Herrschaft in den Kreuzfahrerherrschaften der Levante
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Mayer, Hans Eberhard: Varia Antiochena. Studien zum Kreuzfahrerfrstentum Antiochia im 12. und frhen 13. Jahrhundert (Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte 6), Hannover 1993, mit Korrekturen und Ergnzungen zum Werk Cahens Murray, Alan V.: The Crusader Kingdom of Jerusalem: a Dynastic History 1099–1125 (Prosopographica et genealogica 4), Oxford c 2000, grndliche prosopographische Untersuchung Phillips, Jonathan: Defenders of the Holy Land: Relations between the Latin East and the West, 1119–87, Oxford 1996, ber Hilfeersuchen und diplomatische Kontakte zwischen den Kreuzfahrerherrschaften und der lateinischen Christenheit Piana, Mathias: Burgen und St dte der Kreuzzugszeit (Studien zur internationalen Architektur- und Kunstgeschichte 65), Petersberg 2008, deutschsprachige bersicht zur neueren Burgenforschung der Kreuzfahrerstaaten Prawer, Joshua: Crusader Institutions, Oxford 1980, Standardwerk zur Verwaltung und Herrschaft des Knigreichs Jerusalem Richard, Jean: Le comt de Tripoli sous la dynastie toulousaine 1102–1187, Paris 1945, Standardwerk zur Kreuzfahrergrafschaft Tripolis Riley-Smith, Jonathan, The Feudal Nobility and the Kingdom of Jerusalem, 1147–1277, London 1973, einschlgig zum Adel und Feudalsystem des Knigreichs Jerusalem Rheinheimer, Das Kreuzfahrerfrstentum Galil a (Kieler Werkstcke. Reihe C. Beitr ge zur europ ischen Geschichte des frhen und hohen Mittelalters 1), Frankfurt a. M. 1990, einzige zusammenhngende Darstellung zum grßten Frstentum innerhalb des Knigreichs Jerusalem Rozenberg, Silvia (Hrsg.): Knights of the Holy Land. The Crusader Kingdom of Jerusalem, Jerusalem 1999, Ausstellungskatalog mit knappen bersichtsartikeln zur Geschichte der Kreuzfahrerherrschaften des Vorderen Orients Christen, Muslime und Juden Durrer, Antonia: Die Kreuzfahrerherrschaften des 12. und 13. Jahrhunderts zwischen Integration und Segregation. Zeitgenssische und moderne Stimmen im Vergleich (Mittelalter-Forschungen 51), Ostfildern 2016, untersucht die soziale und religise Bevlkerungsstruktur im lateinischen Osten Ellenblum, Ronnie: Frankish Rural Settlement in the Latin Kingdom of Jerusalem, Cambridge 1998, bahnbrechende Studie zum Siedlungswesen der Kreuzfahrerherrschaften Favreau-Lilie, Marie-Luise: Die Italiener im Heiligen Land vom ersten Kreuzzug bis zum Tode Heinrichs von Champagne (1098–1197), Amsterdam 1989, maßgeblich zur Prsenz der italienischen Handelsstdte im Vorderen Orient Favreau-Lilie, Marie-Luise: „Multikulturelle Gesellschaft“ oder „Persecuting Society“? „Franken“ und „Einheimische“ im Knigreich Jerusalem. In: Dieter
Auswahlbibliographie Bauer / Klaus Herbers / Nikolas Jaspert (Hrsg.): Jerusalem im Hoch- und Sp tmittelalter, Konflikte und Konfliktbew ltigung – Vorstellungen und Vergegenw rtigungen (Campus historische Forschungen 29), Frankfurt/M. 2001, 55–93, gelungene bersicht zu einem umstrittenen Thema Friedman, Yvonne: Encounter between Enemies: Captivity and Ransom in the Latin Kingdom of Jerusalem (Cultures, Beliefs and Traditions 10), Leiden 2002, zu zentralen Aspekten christlich-islamischer Beziehungen in der Levante Hiestand, Rudolf: ‚Nam qui fuimus Occidentales, nunc facti sumus Orientales‘. Siedlung und Siedleridentit t in den Kreuzfahrerstaaten. In: Christof Dipper / Rudolf Hiestand (Hrsg.): Siedler-Identit t: neun Fallstudien von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt/M. u. a. 1995, 61–80, verstndliche und luzide Skizze zum Selbstverstndnis der Lateiner in den Kreuzfahrerherrschaften Kedar, Benjamin Z.: The Subjected Muslims of the Frankish Levant. In: James M. Powell (Hrsg.): Muslims under Latin Rule, Princeton 1990, 135–174, gute Synthese zum Thema MacEvitt, Christopher Hatch: The Crusades and the Christian World of the East – Rough Tolerance, Philadelphia, Pa. 2008, Zum Umgang mit den christlichen Minderheiten, besonders den Armeniern, seitens der Lateiner Mayer, Hans Eberhard (Hrsg.): Die Kreuzfahrerstaaten als Multikulturelle Gesellschaft (Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquium 37), Mnchen 1997, Sammelband mit einer Flle wichtiger Einsichten zu Minderheiten und Sondergruppen Pahlitzsch, Johannes: Graeci und Suriani im Pal stina der Kreuzfahrerzeit. Beitr ge und Quellen zur Geschichte des griechisch-orthodoxen Patriarchats von Jerusalem (Berliner Historische Studien 33, Berliner Ordensstudien 15), Berlin 2001, zu interkonfessionellen Beziehungen zwischen Lateinern und Griechen Pahlitzsch, Johannes / Daniel Baraz: Christian Communities in the Latin Kingdom of Jerusalem (1099– 1187 CE). In: Ora Limor / Guy G. Stroumsa (Hrsg.): Christians and Christianity in the Holy Land (Cultural Encounters in Late Antiquity and The Middle Ages 5), Turnhout 2006, 205–235, kompakter Gesamtberblick Shatzmiller, Maya (Hrsg.): Crusaders and Muslims in Twelfth-Century Syria (The Medieval Mediterranean 1), Leiden 1993, Fallbeispiele zum Verhltnis zwischen Muslimen und Lateinern Vlkl, Martin: Muslime – M rtyrer – Militia Christi. Identit t, Feindbild und Fremderfahrung w hrend der ersten Kreuzzge (Wege zur Geschichtswissenschaft), Stuttgart 2011, mentalitts- und wahrnehmungsgeschichtlicher Zugriff auf das Thema Die Kirchen Palstinas Antweiler, Wolfgang: Das Bistum Tripolis im 12. und 13. Jahrhundert. Personengeschichtliche und struk-
turelle Probleme (Studia humaniora 20), Dsseldorf 1991, exemplarische Studie auf limitierter Quellenbasis Elm, Kaspar: Umbilicus Mundi. Beitr ge zur Geschichte Jerusalems, der Kreuzzge, des Ordens der regulierten Chorherren vom Hlg. Grab und der Ritterorden, Brugge 1998, Sammlung maßgeblicher Aufstze zur Kirche und zu den Orden der Kreuzfahrerherrschaften Hamilton, Bernard: The Latin Church in the Crusader States: The Secular Church, London 1980, eine gut lesbare Synthese Hiestand, Rudolf: Die p pstlichen Legaten auf den Kreuzzgen und in den Kreuzfahrerstaaten. Vom Konzil von Clermont (1095) bis zum 4. Kreuzzug, 3 Bde., Kiel 1972, schwer zugngliche, aber grundgelehrte Hochschulschrift zu den Beziehungen des Papsttums zur Kirche der Kreuzfahrerherrschaften Kirstein, Klaus-Peter: Die lateinischen Patriarchen von Jerusalem: von der Eroberung der Heiligen Stadt durch die Kreuzfahrer 1099 bis zum Ende der Kreuzfahrerstaaten 1291 (Berliner historische Studien 35 / Ordensstudien 16), Berlin 2002, handbuchartige Darstellung zum lateinischen Patriarchat Jotischky, Andrew: The Perfection of Solitude: Hermits and Monks in the Crusader States, University Park 1995, thematisiert Mnch- und Eremitentum lateinischer und griechisch-orthodoxer Prgung Mayer, Hans Eberhard: Bistmer, Klster und Stifte im Knigreich Jerusalem (Monumenta Germaniae Historica. Schriften 26), Stuttgart 1977, Detailstudien zu einzelnen kirchlichen Institutionen Pahlitzsch, Johannes / Weltecke, Dorothea: Konflikte zwischen den nicht-lateinischen Kirchen im Knigreich Jerusalem. In: Dieter Bauer / Klaus Herbers / Nikolas Jaspert (Hrsg.): Jerusalem im Hoch- und Sp tmittelalter, Konflikte und Konfliktbew ltigung – Vorstellungen und Vergegenw rtigungen (Campus historische Forschungen 29), Frankfurt/M. 2001, 119–145, vergleichende Untersuchung der Beziehungen zwischen den Christen des Vorderen Orients Pringle, Denys: The Churches of the Crusader Kingdom of Jerusalem. A Corpus, 4 Bde., Cambridge 1993– 2009, fundierte archologische Erhebung mit hilfreichen historischen Kommentaren Tessera, Maria Rita: Orientalis ecclesia. Papato, chiesa e regno latino di Gerusalemme, 1099–1187 (Bibliotheca erudita 32), Mailand 2010, jngste Synthese zum Verhltnis des Papsttums zur Kirche der Kreuzfahrerherrschaften Weltecke, Dorothea: Die ‚Beschreibung der Zeiten‘ von Mor Michael dem Großen: (1126–1199); eine Studie zu ihrem historischen und historiographiegeschichtlichen Kontext (Corpus scriptorum Christianorum Orientalium 110), Louvain 2003, ber den wichtigsten syrischen Geschichtsschreiber der Kreuzzugszeit und seine Kirche. Zller, Wolf: Regularkanoniker im Heiligen Land. Studien zur Kirchen-, Ordens- und Frmmigkeitsgeschichte der Kreuzfahrerstaaten (Vita regularis. Ab-
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Auswahlbibliographie handlungen 73), Mnster 2018, behandelt die Augustinerchorherren in den Kreuzfahrerherrschaften und weiterfhrende Fragen des religisen Lebens Die Iberische Halbinsel Ayala de Mart nez, Carlos de / Fernandes, Isabel Christina Ferreira (Hrsg.): Crist¼os contra mu ulmanos na idade mdia peninsular: bases ideolgicas e doutrinais de um confronto (sculos X–XIV), Madrid 2015 gute jngere Aufsatzsammlung Ayala Mart nez, Carlos de / Henriet, Patrick / Palacios Ontalva, Jos Santiago (Hrsg.): Or genes y desarrollo de la guerra santa en la Pen nsula Ibrica: palabras e imgenes para una legitimacin (siglos X-XIV) (Collection de la Casa de Velzquez 154), Madrid 2016, zu den religisen und ideengeschichtlichen Grundlagen der „Reconquista“ Bronisch, Alexander Pierre: Reconquista und heiliger Krieg: die Deutung des Krieges im christlichen Spanien von den Westgoten bis ins frhe 12. Jahrhundert (Spanische Forschungen der Grresgesellschaft: Reihe II, 35), Mnster 1998, pointiert zur Entwicklung der Vorstellung vom Heiligen Krieg Catlos, Brian A.: Kingdoms of Faith: A New History of Islamic Spain, London 2018, zu christlich-muslimischen Beziehungen aus islamischer Sicht Garc a Fitz, Francisco / Novoa Portela, Feliciano: Cruzados en la Reconquista, Madrid 2014, zur Beteiligung auswrtiger Kmpfer an der „Reconquista“ Herbers, Klaus: Geschichte Spaniens im Mittelalter: vom Westgotenreich bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, Stuttgart 2006, die neueste Synthese in deutscher Sprache zur spanischen Geschichte des Mittelalters Jaspert, Nikolas: Frhformen der geistlichen Ritterorden und die Kreuzzugsbewegung auf der Iberischen Halbinsel. In: Klaus Herbers (Hrsg.): Europa in der sp ten Salierzeit. Beitr ge zu Ehren von Werner Goez, Stuttgart 2001, 90–116, zu strukturellen hnlichkeiten zwischen Orient und Okzident Jaspert, Nikolas: Die Reconquista. Christen und Muslime auf der Iberischen Halbinsel (711–1492), Mnchen 2019, erste deutschsprachige Monographie zum Thema Lomax, Derek: The Reconquest of Spain, Birmingham 1978, gut lesbare ltere Synthese O’Callaghan, Joseph F.: Reconquest and Crusade in Medieval Spain, Philadelphia 2002, eine solide jngere bersicht Vones, Ludwig: Geschichte der Iberischen Halbinsel im Mittelalter (711–1480). Reiche – Kronen – Regionen, Sigmaringen 1993, absolut verlssliche Gesamtdarstellung Der Ostseeraum Bysted, Ane / Jensen, Carsten Selch / Jensen, Kurt Villads / Lind, John H.: Jerusalem in the North: Denmark and the Baltic Crusades 1100–1522 (Outremer 1), Turnhout 2012 (d n. Original Kopenhagen
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2004), eine Synthese zur Kreuzzugsbewegung in Dnemark und im Baltikum Chrisiansen, Eric: The Northern Crusade. The Baltic and the Catholic Frontier, 1100–1525, 2. Aufl., London 1997, gut lesbare Gesamtdarstellung Lotter, Friedrich: Die Konzeption des Wendenkreuzzugs: ideengeschichtliche, kirchenrechtliche und historisch-politische Voraussetzungen der Missionierung von Elb- und Ostseeslawen um die Mitte des 12. Jahrhunderts (Vortr ge und Forschungen: Sonderband 23), Sigmaringen 1977, zu den Anfngen der christlichen Expansion im Ostseeraum im Zeichen des Kreuzzugs Murray, Alan V. (Hrsg.): Crusade and Conversion on the Baltic Frontier, 1150–1500, Aldershot 2001, Aufsatzsammlung, die der osteuropischen Forschung gebhrenden Platz einrumt Paravicini, Werner: Die Preußenreisen des europ ischen Adels, 2 Bde. (Beihefte der Francia 17), Sigmaringen 1989/95, grundlegend und innovativ zur sogenannten „Preußenfahrt“ Reynolds, Burnam W.: The Prehistory of the Crusades: Missionary War and the Baltic Crusades, London 2016, jngste Darstellung aus Sicht der englischsprachigen Forschung Rowell, S. C.: Lithuania Ascending: A Pagan Empire within East-Central Europe, 1295–1345 (Cambridge Studies in Medieval Life and Thought 4th series, 25), Cambridge 1994, zum bedeutendsten Gegner der Christen im Baltikum Selart, Anti: Livonia, Rus’ and the Baltic Crusades in the Thirteenth Century (East Central and Eastern Europe in the Middle Ages 29), Leiden 2015, wichtig wegen der Einbeziehung des stmitteleuropischen Panoramas Urban, William: The Baltic Crusade, 2. Aufl., Chicago 1994, verlssliche Synthese Feinde im Innern Fudge, Thomas A.: Heresy and Hussites in Late Medieval Europe (Variorum Reprints 1044), Farnham 2014, Sammlung von Aufstzen ber sptmittelalterliche Hresien und ihre Bekmpfung Housley, Norman: Crusades against Christians: their Origins and Early Development, c. 1000–1216. In: Peter W. Edbury (Hrsg.): Crusade and Settlement, Papers Read at the First SSCLE Conference, Cardiff 1985, 17–36, zeigt die Ursprnge der sizilischen Kreuzzge auf Housley, Norman: The Avignon Papacy and the Crusades, 1305–1378, Oxford 1986, gute Darstellung der italienischen Kreuzzge und der Kreuzzugsverhandlungen aus ppstlicher Perspektive Sˇmahel, FrantiÐek: Die Hussitische Revolution, 3 Bde. (Schriften der Monumenta Germaniae Historica 43) Hannover 2002 (tschech. Original Prag 1993), breite Einordnung in den Zusammenhang der sptmittelalterlichen religisen Bewegungen Meschini, Marco: Innocenz III. und der Kreuzzug als Instrument im Kampf gegen die H resie, Deutsches
Auswahlbibliographie Archiv fr Erforschung des Mittelalters 61 (2005) 537–584, zu den Grundlagen der „Ketzerkreuzzge“ Oberste, Jrg: Der „Kreuzzug“ gegen die Albigenser: Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter, Darmstadt 2003, jngere Darstellung zu den Albigenserkreuzzgen und zur okzitanischen Gesellschaft dieser Zeit Roquebert, Michel (Hrsg.): La croisade albigeoise: actes du colloque du Centre d’tudes cathares, Carcassonne, 4, 5 et 6 octobre 2002, Carcassonne 2004, gute Aufsatzsammlung zu den Albigenserkreuzzgen Wagner, Kay: Debellare Albigenses: Darstellung und Deutung des Albigenserkreuzzuges in der europ ischen Geschichtsschreibung von 1209 bis 1328, Neuried 2000, vergleichende Untersuchung der berlieferung Grundlagen und Anfnge der Ritterorden Ayala Mart nez, Carlos de: Las rdenes Militares hispnicas en la Edad Media: siglos XII–XV, Madrid 2003, eine sehr gute bersicht zu allen spanischen Ritterorden Barber, Malcolm (Hrsg.): Fighting for the Faith and Caring for the Sick (The Military Orders 1), Aldershot 1994, Aufsatzsammlung zum karitativen Wirken der Ritterorden Burgtorf, Jochen / Nicholson, Helen J. (Hrsg.): International Mobility in the Military Orders (Twelfth to Fifteenth Centuries): Travelling on Christ’s Business, Cardiff 2006, zur Internationalitt der geistlichen Ritterorden Colec ¼o Ordens militares, bislang 7 B nde, Palmela 2002ff., einschlgige Reihe mit Tagungsakten zur Geschichte der (vor allem iberischen) Ritterorden Demurger, Alain: Die Ritter des Herrn: Geschichte der geistlichen Ritterorden (franz. Original Paris 2002), Mnchen 2003, breite und gut lesbare Gesamtdarstellung Elm, Kaspar: Die Spiritualit t der geistlichen Ritterorden des Mittelalters. Forschungsstand und Forschungsprobleme, in: ‚Militia Christi‘ e Crociata nei secoli XI–XIII (Miscellanea del Centro di studi medioevali 13), Mailand 1992, 477–518, betont den Zusammenhang zwischen Bruderschaftswesen, Semireligiosentum und Ritterorden Fleckenstein, Josef / Hellmann, Manfred (Hrsg.): Die geistlichen Ritterorden Europas (Vortr ge und Forschungen 26), Sigmaringen 1980, grundlegende Aufsatzsammlung Forey, Alan: The Military Orders from the Twelfth to the Early Fourteenth Centuries, Basingstoke 1992, gelungene Synthese Hunyadi, Zsolt / Laszlovszky, Jzsef (Hrsg.): The Crusades and the Military Orders: Expanding the Frontiers of Medieval Latin Christianity, Budapest 2001, umfassende Aufsatzsammlung (und Bibliographie), die Ostmitteleuropa gebhrend bercksichtigt Nicholson, Helen J. (Hrsg.): Welfare and Warfare (The
Military Orders 2), Aldershot 1998, Aufsatzsammlung nicht nur zu militrischen Aspekten Novoa Portela, Feliciano / Ayala Mart nez, Carlos de (Hrsg.): Ritterorden im Mittelalter, Darmstadt 2006, vergleichende, reich bebilderte Aufsatzsammlung Ordines Militares. Colloquia Torunensia Historica, Torun 1983ff., gute Reihe mit Aufsatzsammlungen vor allem zur Geschichte der Ritterorden im Baltikum Prutz, Hans: Die geistlichen Ritterorden. Ihre Stellung zur kirchlichen, politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung des Mittelalters, Berlin 1908, ein Jahrhundert lang das Standardwerk zum Thema Sarnowsky, Jrgen: Die geistlichen Ritterorden: Anf nge – Strukturen – Wirkungen, Stuttgart 2018, aktuelle bersicht von einem der besten Kenner der mittelalterlichen Ritterorden The Military Orders, bislang 6 Bde., Aldershot 1994– 2017, unregelmßige, aber einschlgige Verffentlichungen der Tagungsakten des London Centre for the Study of the Crusades, the Military Religious Orders and the Latin East Die Ritterorden in Palstina, der Iberischen Halbinsel und im Baltikum Barber, Malcolm: The New Knighthood. A History of the Order of the Temple, Cambridge 1994, glnzende Gesamtdarstellung Benninghoven, Friedrich: Der Orden der Schwertbrder. Fratres Milicie Christi de Livonia (Ostmitteleuropa in Vergangenheit und Gegenwart 9), Kln – Graz 1965, quellennahes Standardwerk Biskup, Marian / Labuda, Gerard: Die Geschichte des Deutschen Ordens in Preußen. Wirtschaft, Gesellschaft, Staat, Ideologie (Klio in Polen 6), Osnabrck 2000 (poln. Original Gdansk 1986), gute Gesamtdarstellung aus polnischer Sicht Boas, Adrian: Archaeology of the Military Orders. A Survey of the Urban Centres, Rural Settlements and Castles of the Military Orders in the Latin East (c. 1120–1291), London 2008, eine bersicht zur Bedeutung der Ritterorden fr die Besiedlung und Sicherung der Kreuzfahrerherrschaften Boockmann, Hartmut: Der Deutsche Orden. Zwlf Kapitel aus seiner Geschichte, 4. Aufl., Mnchen 1994, gut lesbar, knapp und verlsslich Borchardt, Karl / Jaspert, Nikolas / Nicholson, Helen J. (Hrsg.): The Hospitallers, the Mediterranean and Europe: Festschrift for Anthony Luttrell, Aldershot 2007, Aufsatzsammlung zur Geschichte der Johanniter Burgtorf, Jochen: The Central Convent of Hospitalers and Templars: history, organization, and personnel (1099/1120–1310) (History of warfare 50), Leiden 2008, monumentale, fundierte Studie zur inneren Organisation der beiden bedeutendsten Ritterorden der Levante Claverie, Pierre-Vincent: L’ordre du Temple en Terre Sainte et a Chypre au XIIIe sicle (Texts and Studies of the History of Cyprus 53), 3 Bde., Nicosia 2005,
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Auswahlbibliographie beeindruckendes Gesamtwerk zu den Templern im stlichen Mittelmeerraum Ehlers, Axel: Die Ablasspraxis des Deutschen Ordens im Mittelalter, Marburg 2007, nicht nur zu Fragen der Frmmigkeit wichtig Jankrift, Kay Peter: Leprose als Streiter Gottes. Institutionalisierung und Organisation des Ordens vom Heiligen Lazarus zu Jerusalem von seinen Anf ngen bis zum Jahre 1350 (Vita regularis. Abhandlungen 4), Mnster 1996, grundlegend zum Lazarusorden Josserand, Philippe: glise et pouvoir dans la Pninsule Ibrique: les ordres militaires dans le Royaume de Castille (1252–1369) (Bibliothque de la Casa de Velzquez 31), Madrid 2004, eine auf Kastilien konzentrierte Darstellung, die auch frmmigkeitsgeschichtliche Aspekte aufgreift Luttrell, Anthony: Studies on the Hospitallers after 1306: Rhodes and the West, Aldershot 2007, eine von mehreren Aufsatzsammlungen aus der Hand des besten Kenners des Johanniterordens Militzer, Klaus: Die Geschichte des Deutschen Ordens, Stuttgart 2005, gelungene Synthese aus vorwiegend politikgeschichtlicher Perspektive Morton, Nicholas: The Teutonic Knights in the Holy Land 1190–1291, Woodbridge 2009, konzentriert auf die Geschichte des Deutschen Ordens in der Levante Riley-Smith, Jonathan: The Knights of St. John in Jerusalem and Cyprus a. 1050–1310 (A History of the Order of the Hospital of St. John of Jerusalem 1), Edinburgh 1967, Standardwerk zur Geschichte der Johanniter in der Levante Samerski, Stefan (Hrsg.): Cura animarum: Seelsorge im Deutschordensland Preußen (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 45), Kln 2013, untersucht die kirchlichen Funktionen des Deutschen Ordens Schwenk, Bernd: Calatrava. Entstehung und Frhgeschichte eines spanischen Ritterordens zisterziensischer Observanz im 12. Jahrhundert (Spanische Forschungen der Grresgesellschaft, Reihe II, 28), Mnster 1992, geht weit ber die engere Thematik hinaus Vogel, Christian: Das Recht der Templer. Ausgew hlte Aspekte des Templerrechts unter besonderer Bercksichtigung der Statutenhandschriften aus Paris, Rom, Baltimore und Barcelona (Vita regularis. Abhandlungen 33), Mnster 2007, auch jenseits rechtlicher Fragen wertvolle Studie Die Folgen Atiya, Aziz: Crusade, Commerce and Culture, Bloomington 1962, zu Kulturkontakten und wirtschaftlichem Austausch Ciggaar, Krijnie u. a. (Hrsg.): East and West in the Crusader States: Context, Contacts, Confrontations, bis-
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lang 3 Bde. (Orientalia Lovaniensia analecta 75, 92, 125), Louvain 1996–2003, zum Kulturtransfer, unter Bercksichtigung der morgenlndischen Christen Constable, Giles: The Historiography of the Crusades. In: Laiou-Thomadakis, Angeliki E. / Mottahedeh, Roy P. (Hrsg.): The Crusades from the Perspective of Byzantium and the Muslim world, Washington 2001, 1–22, bietet einen souvernen berblick zur Kreuzzugsforschung Fischer, Wolfdietrich / Schneider, Jrgen (Hrsg.): Das heilige Land im Mittelalter. Begegnungsraum zwischen Orient und Okzident, Referate des 5. interdisziplin ren Colloquiums des Zentralinstituts, Neustadt a. d. Aisch 1982, gute Aufsatzsammlung Goss, Vladimir P. (Hrsg.): The Meeting of Two Worlds, Cultural Exchange between East and West during the Period of the Crusades, Kalamazoo, Mich. 1986, auch methodisch anregende Aufsatzsammlung Hinz, Felix: Mythos Kreuzzge: Selbst- und Fremdbilder in historischen Romanen 1786–2012, Schwalbach 2014, zur literarischeren Aufbereitung der Kreuzzge in der Moderne Hinz, Felix (Hrsg.): Kreuzzge des Mittelalters und der Neuzeit: Realhistorie – Geschichtskultur – Didaktik (Geschichte in Erfahrung, Gegenwart und Zukunft 15), New York 2015, Sammelband ber die Wirkungsgeschichte des Kreuzzugsgedankens Jaspert, Nikolas: Ein Polymythos: Die Kreuzzge, in: Helmut Altrichter / Klaus Herbers / Helmut Neuhaus (Hrsg.): Mythen in der Geschichte, Freiburg im Breisgau 2004, 202–235, zum Nachleben der Kreuzzge in Christentum, Islam und Judentum Riley-Smith, Jonathan: The Crusades, Christianity, and Islam (Bampton Lectures in America), New York 2008, kurzer berblick zu den Langzeitwirkungen der Kreuzzge Siberry, Elizabeth: The New Crusaders: Images of the Crusades in the Nineteenth and Early Twentieth Centuries, Aldershot 2000, zur Instrumentalisierung und Interpretation der Kreuzzge in der Neuzeit Sivan, Emanuel: Mythes politiques arabes, Paris 1995, gelungene Gesamtdarstellung Tyerman, Cristopher: What the Crusades Meant to Europe. In: Linehan, Peter A. / Nelson, Janet Loughland (Hrsg.): The Medieval World, London 2003, 131– 145, hebt die Breite und Tiefe der Kreuzzugsbewegung hervor Tyerman, Christopher J.: The Debate on the Crusades (Issues in Historiography), Manchester 2011, weitgespannte Studie zur Geschichte der Kreuzzugsforschung in Mittelalter und Neuzeit Zacour, Norman P. / Hazard, Harry W. (Hrsg.), The Impact of The Crusades on the Near East (A General History of the Crusades 5), Madison 1985; The Impact of the Crusades on Europe (A General History of the Crusades 6), Madison 1989, rumlich und zeitlich breit angelegte Sammelbnde
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Personen- und Sachregister Die hervorgehobenen Seitenzahlen verweisen auf ein thematisch einschlägiges Insert. Wenn der Name oder Begriff auch im Text behandelt wird, sind die Seitenzahlen zweifach aufgeführt. Die Zeitleisten sind nicht im Register erfasst. Abkürzungen: arag. = aragonesisch; ast. = asturisch; Bi. = Bischof; byz. = byzantinisch; dän. = dänisch; engl. = englisch; fatim. = fatimidisch; frz. = französisch; hl. = heilige(r); Hzg(in). = Herzog(in); kast. = kastilisch; Kg(in). = König(in); Ks. = Kaiser; leon. = leonesisch; norw. = norwegisch; P. = Papst; ungar. = ungarisch. Abbasiden, Dynastie 3, 5, 8, 10 Abd ar-Rahmān III., Omayyadenherrscher 110 Abdülhamit˙ II., Sultan 162 Abenteuerlust 20, 31, 64, 117, 121 Ablass (Indulgenz) 15, 23, 29–32, 34, 57, 60, 62, 63, 110, 114, 117, 119, 120, 128, 130, 132, 135, 136 al-Abīwardī, Dichter 68 Abū Yūsuf Yaqūb al-Mansūr, Almohadenherrscher ˙ 72 Ad liberandam 63 f. Adhémar von Monteil (Adhémar von Le Puy), Bi. und Legat 39, 41, 42 Adrianopel, Schlacht von 50 al-Afdal, fatim. Wesir 6, 7, 42, 68 ˙ Henriques I., Kg. von Portugal 115 Afonso Agnes von Courtenay, Gräfin 74 Ägypter siehe Kopten ˘ ālūt), Schlacht von 54, 70 Ain Dschalud (Ayn G Alarcos, Schlacht von 115, 152 Albert von Aachen, Chronist 36, 40, 60 Albert von Bekeshovede, Bi. 121 Albigenser(-Kreuzzug) 63, 66, 100, 129–131, 134 Albrecht von Hohenzollern-Ansbach, Hochmeister 125, 156 Alcácer do Sal, Schlacht von 152 Alcántara, Ritterorden von 142 Alexander II., P. 23, 25, 30, 113 Alexander III., P. 142 Alexander IV., P. 136 Alexander Nevskij, Fürst 122 Alexios I. Komnenos, byz. Ks. 4, 10, 36, 39, 40, 41, 82 Alexios III., byz. Ks. 50 Alexios IV., byz. Ks. 50 Alfons III., ast. Kg. 111 Alfons VI., kast. Kg. 10, 112, 113 Alfons VII., kast.-leon. Kg. 142 Alfons VIII., kast. Kg. 116 Ali (Alī ibn Abī Tālib), Cousin Muhammads, Kalif 5 ˙ ˙ Alī ibn Tāhir al-Sulami, Prediger 71 ˙ Aljubarrota, Schlacht von 152
Al-Mansūrah, Schlacht von 53 ˙ (al-Mansūr billāh), Wesir 113 Almanzor ˙ Almohaden (al-muwah hidūn), Reformbewegung 9, ˙˙ 72, 115 Almoraviden (al-murābit ūn), Reformbewegung 6, ˙ 11, 26, 113, 115 Altenesch, Schlacht von 136 Amalrich I., Kg. von Jerusalem 86 Ambrosius, Dichter 60 Ambrosius, hl. 41 Anastasius IV., P. 144 Andreas II., ungar. Kg. 51, 146, 147 Anjou, Geschlecht 56, 82, 84, 135 Apokalypse siehe Eschatologie Apostoliker 132 Armenier 94, 96, 105, 106, 107 Armutsgebot (Armutsbewegung) 28, 51, 147 Arnulf von Chocques, Patriarch 42, 101 Arpaden, Geschlecht 146 Arsuf, Schlacht von 48 Ärzte 59, 74, 76, 93, 149, 159 Askalon, Schlacht von 43, 68 al-Ašraf Halīl, Sultan 55, 73 ˘ 86 Assisen 86, Assises de la ligece 86 Atabeg, seldschukischer Machtträger 69 al-At īr, Chronist 152 ¯ tremendi 47 Audita Augustiner-Chorherren siehe Regularkanoniker Augustiner-Eremiten, Orden Augustinus, hl. 13, 27 Avís, Ritterorden von 142 Ayyubiden, Dynastie 52, 69, 70, 72, 73, 92 Azymenfrage 106 Badr al-G˘amālī, Wesir 6 Bahā ad-Dīn ibn Šaddād, Biograph 72 Bahr al-Favā d (Meer der wertvollen Tugenden) 72, ˙75, 129 Baibars, Sultan 54, 63, 70, 73 Bailli 84, 86 Balderich von Bourgueil (bzw. von Dol), Erzbi. und Chronist 18, 34, 36
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Personen- und Sachregister Balduin I., Kg. von Jerusalem (Balduin von Boulogne) 18, 38, 43, 79, 81, 101, 142 Balduin III., Kg. von Jerusalem 85 Balduin IV., Kg. von Jerusalem 80, 85 Balduin V., Kg. von Jerusalem 80 Balduin IX., Graf von Flandern 49, 50 Balleien siehe Ordensprovinzen Banken (Bankiers) 89, 94 Bar Hebraeus siehe Gregorius Barone 84, 85, 86, 87, 90, 147 Basileios II., byz. Ks. 3, 4, 10 Basler Kompaktaten 134 Batu, Enkel des Dschingis Khan 54 Bauern 30, 38, 89, 92, 93, 95, 96, 126, 136 Bayazid I., Sultan 57 Benedikt von Nursia, hl. 27 Benjamin von Tudela, Reisender 93, 94 Berber 110 Bernhard von Clairvaux, hl., Abt und Theologe 18, 27, 45, 46, 63, 139, 149 Bethlehemiten, Orden 104 Bettelorden 28, 63, 104, 131 Bogumilen 129 Bohemund I., Fürst von Antochia 18, 36, 38, 39, 40, 41, 43, 81 Bohemund IV., Fürst von Antochia 83 Böhmen 94 Bonifaz VIII., P. 56 Bonifaz I., Markgraf von Montferrat 49 Briefe 13, 14, 19, 21, 25, 29, 30, 35, 36, 61 Bruderschaften 90, 140, 140, 141, 142, 143 Bulgaren 3 Burgen 15, 58, 85, 124, 144, 151, 153, 159 Buße (Sühne) 14, 15, 22, 23, 29–32, 34, 42, 149 Byzantinische Herrscher bzw. Herrschaft 3, 4, 10, 20, 23, 27, 39, 41, 46, 48, 65, 82, 158 Calatrava, Ritterorden von 142, 145, 149, 152 Chanson de Roland 114 Chansons de Geste 17, 115 f. Christian, Bi. 124, 143, Christiane fidei religio 144 Christozentrismus 28, 31 Christusorden 157 Crónica de Sampiro 112 Chronica Gothorum 112 Chwarismier (Hwārizmier) 53, 54, 81 ˘ Cid, el (Cid Campeador), kast. Heerführer 112, 112 Clemens III., P. 22 Clemens V., P. 132 Cluniazenser (Cluniazenserverband) 26, 103 Confratres, consorores 149 Corpus Iuris Canonici 61 Cour de la Fonde 94 Cour de Raïs 92
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Cour des bourgeois 91, 96 Cours des Suriens 95 Daimbert, Patriarch 101 Danischmendiden 10 Dār al-islām 5, 67, 70, 71 Decretum Gratiani 61 Deus vult 35, 114 Deutsche 10, 94 Deutscher Orden 120, 122–125, 139–157 Dichter (Dichtung, Literatur) 56, 59, 64, 66, 68, 72, 74, 160, 161 dimmī (Schutzbefohlene) 9, 91, 91 ¯Directorium ad passagium faciendum 55 Dispens 62 f. Disputationen 26, 77 Disziplin 58, 148, 152 Diyā ad-Dīn al Maqdisī, Autor 92 ˙ Dobrin, Ritterorden von 124, 143 Dominikaner (Dominikanerorden) 28, 66, 104 Donatisten 129 Doryläum, Schlachten von 40, 46 Drapier 150 Dschihad (gˇihād) 67, 71 f., 71, 75, 76, 77, 160 Dschingis Khan, Gründer des mongol. Weltreichs 54 Dualismus 129 Durben, Schlacht von 122 Eduard, engl. Prinz (später Eduard I., engl. Kg.) 54 Egeria, Pilgerin 20 Ehre 18, 28, 31, 117 Eid (Gelübde) 20, 21, 39, 40, 60, 62, 63, 64, 110, 149, 150 Eisenhower, Dwight 162 Eleonore, Hzgin. von Aquitanien, Kgn. von Frankreich, dann England 45, 46, 60 Elias, Prophet 105 Elisabeth von Thüringen, hl. 151 Emicho von Flonheim, Graf 37 Engländer 10, 94 Erlöserorden, Ritterorden 142 Eschatologie (Endzeiterwartung, Apokalypse) 6, 8, 51, 67, 83, 160 Esten 12, 120, 127 Eugen III., P. 45, 64 Exil (Avignonesisches) 136 Exkommunikation 4, 16, 24, 50, 52, 136 Expansion (europäische) 12, 95, 119 Expansion (islamische) 4–6, 11, 14 Fāt ima, Tochter Muhammads 5 ˙ ˙ 89 Fälscher, Fälschungen Familienbewusstsein 18, 31
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Personen- und Sachregister Fatimiden, Dynastie 5, 7, 20, 41, 42, 45, 68, 69, 79, 80 Feldheer 133, 134 Ferdinand II. der Katholische, arag. Kg. 117, 156 Ferdinand III. der Heilige, kast. Kg. 116 Feudalismus siehe Lehenswesen Fidenzio von Padua, Autor 55 Filiationen (Dependancen) 103, 145 Finanzierung (der Kreuzzüge) 17, 39, 50, 58, 60–62, 67 Finnen 12 Flagellanten 51 Flamen 10 Flotte (Schiffe) 11, 40, 45, 50, 56, 58, 79, 87, 88, 98, 128, 154, 156 Folkmar, Heerführer des „Volkskreuzzugs“ 36, 37 Fondaco (funduq) 88, 89, 159 Forbie (La), Schlacht von 49, 53, 71 Foulques de Villaret, Johannitergroßmeister 55 Fra Dolcino, Häretiker 132 Franco Bahamonde, Francisco 162 Franken (frangˇ ) 2, 76 Franziskaner (Franziskanerorden) 28, 56, 104 Fratres de Cáceres 142 Frauen (auch Ordensschwestern) 16, 28, 30, 38, 50, 55, 59, 60, 82, 97, 149 Fremdwahrnehmung 8, 9, 68, 74–77 Friedrich I. Barbarossa, Ks. 47, 83, 159 Friedrich I., Markgraf von Brandenburg 134 Friedrich II., Ks. 25, 52, 66, 70, 81, 83, 124, 135, 136 Friedrich V., Herzog von Schwaben 48 Fuero 118, 118, 119 Fulcher von Chartres, Chronist 34, 36, 97 Fulko, Kg. von Jerusalem 68 Fulko von Neuilly, Prediger 49 Funduq siehe Fondaco Gefangene (Gefangenschaft) 9, 56, 59 Geldlehen 85 Geniza-Dokumente 87, 93 Genuesen 82, 89, 90, 98 Georgier 94 Gerhard von Nazareth, Autor 102, 159 Gerhoh von Reichersberg, Theologe 65 Geschichtsschreibung (Chronistik) 14, 18, 21, 34, 36, 37, 49, 50, 52, 53, 64, 121, 121, 151, 161 Gesta Francorum 36 Gewohnheiten siehe Statuten Ghibellinen 136 Giuliano Cesarini, Kardinal 134 Gottesfriede 16, 19 Gottfried von Bouillon (Gottfried V., Herzog von Niederlothringen) 36, 38, 42, 43, 44, 46, 79, 81
Gottfried von Villehardouin, Marschall der Champagne, Chronist 49 Gottschalk, Heerführer des „Volkskreuzzugs“ 36 Grammontenser (Grammontenserorden) 27 Gratian, Kanonist 61, 65 Gregor VII., P. 23, 24 Gregor VIII., P. 47 Gregor IX., P. 52, 63, 135, 136 Gregor X., P. 66 Gregorius (Bar Hebraeus), Bi. und Chronist 107 Griechen (siehe auch Melkiten) 94, 106, 107 Guadalete, Schlacht von 110 Guelfen 136 Guibert von Nogent, Theologe und Chronist 35, 36 Guido von Lusignan, Kg. von Jerusalem 80, 83,84 Guilhem de Figueira, Dichter 66 Guillaume de Machaut, Dichter 56 Günther von Bamberg, Bi. 21 Habit 148, 150 Hakenzinsbauern 126 al-Hākim, Kalif 9 ˙ Handel 3, 5, 8, 79, 87–90, 125, 154, 158, 159 Handelsquartiere siehe Quartiere Handelswaren 88, 125 Händler siehe Kaufleute Handwerker 94, 96, 126 Hanse 125 Harald Hadrada, norw. Kg. 12 Häretiker (Schismatiker, Häresie) 61, 110, 129, 131, 132–137, 157 Hattin, Schlacht von 47, 69, 80, 81, 83, 152 Haute Cour 86, 146 Hedschra (Hig˘ ra) 4, 6 Heilige Lanze 41, 42 Heilige Liga 57 Heiliggraborden 103 f. Heiliggrabritter 56 Heinrich II., engl. Kg. 62, 83, 115 Heinrich II., Kg. von Zypern 55 Heinrich III., Ks. 24 Heinrich IV., Ks. 24 Heinrich VI., Ks. 48 f., 83 Heinrich II., Graf der Champagne 83 Hermann von Salza, Hochmeister 124, 143 Hethum, Kg. von Kleinarmenien 55 Hieronymus, hl. 20, 65 Himmelsleiter 7 Historia Roderici 112 Hitler, Adolf 162 Hofämter 84 Holocaust 161 Hufenzinsbauern 126 Hugo von Payens, Gründer des Templerordens 142 Hugo, Graf von Vermandois 38
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Personen- und Sachregister Hülägü, Enkel des Dschingis-Khan 54 Humbert von Romans, Generalmeister des Dominikanerordens 63, 66 Hume, David 161 Hussiten(-Kreuzzüge) 64, 132–134 Ibelin, Geschlecht 85 Ibn al-Arabī, spanischer Gelehrter und Reisender 7 Ibn G˘ubair, spanischer Gelehrter und Reisender 74, 75, 87, 93 al-Idrīsī, Geograph 74 Ikonion, Schlacht von 48 Īl Ghāzī, seldschukischer Atabeg 69 Imād ad-Dīn al-Isfahānī, Biograph 72, 74, 75, 76 ˙ (Zengi), seldschukischer Atabeg Imād ad-Dīn Zengī 44, 69, 71, 72, 79 Imam 5 Imitatio Christi (Nachfolge Christi) 27, 28, 51, 148 Inder 94 Innozenz III., P. 49, 50, 51, 60, 61, 116, 129, 130, 143 Innozenz IV., P. 136 Inquisition 131 Investiturstreit 24, 25, 31 Isabella I. die Katholische, kast. Kgn. 117, 156 Isabella II., Kgn. von Jerusalem 52, 82, 83 Itinerarium regis Ricardi 48, 60 Jacques de Molay, Templermeister 55, 157 Jaffa, Vertrag von 53 Jakob Baradaios, Bi. 105 Jakob I. der Eroberer, arag. Kg. 116 Jakob von Vitry, Bi. und Chronist 63, 100, 101, 104, 106, 155 Jakobus Zebedeus, hl. 19, 142 Jan Hus, Reformer und Theologe 132, 132 Jan Žižka von Trocnov, Hussitenheerführer 133 Jean de Joinville, Chronist 53 Jerusalemfrömmigkeit (Jerusalemsehnsucht) 6, 7, 19, 21, 30, 73, 75, 104, 151 Joachim von Fiore, Abt und Theologe 67 Johann von Brienne, Kg. von Jerusalem 83 Johann von Ibelin, Herr von Jaffa 86 Johannes I. Tzimiskes, byz. Ks. 10 Johannes II., bzy. Ks. 82 Johannes von Damaskus (Damaskenos), Kirchenlehrer 8 Johannes von Würzburg, Pilger 94 Johanniter (Johanniterorden) 55, 57, 139–157 John Wyclif, Reformer und Theologe 132 Joscelin I. von Courtenay, Graf von Edessa 81 Juden 9, 19, 26, 37, 42, 46, 90–95, 118, 162 Kaisergedanke 83
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Kalif (Kalifat) 5, 6, 11, 70, 110 al-Kāmil, Sultan 53, 69, 70, 104 Kanonistik (Kirchenrecht) 22, 25, 61, 135 Karl der Große, Ks. 2, 8, 83 Karl I. von Anjou, Kg. von Sizilien 54, 136 Karl II. von Anjou, Kg. von Sizilien 55 Karl V., Ks. 156 Karmeliter (Karmeliterorden) 28, 104, 105 Kartäuser (Kartäuserorden) 27 Katalanen 89 Katharer siehe Albigenser Katholische Könige siehe Ferdinand II., Isabella I. Kaufleute (Händler) 9, 45, 56, 93, 94, 96, 97, 98 f., 126 Kerbogha, seldschukischer Atabeg 40 Kinderkreuzzug 28, 51, 51 Kirchenstruktur (Kirchenorganisation) 4, 22–26, 99–102, 117 f., 123, 139 Kirchenunion 57 Kolonialismus 161, 162 Kommende (Komturei) 145, 150 Kommunen (italienische) 87 Kommunikation 34, 63, 124 Kommutation 62 f., 120 Komtur (Großkomtur, Kommandant) 124, 150 Komturei siehe Kommende Konrad I., Hzg. von Masowien 124, 143 Konrad III., Kg. 45, 46, 83 Konrad IV., Kg. 93 Konrad von Montferrat, Kg. von Jerusalem 83 Konstabler 84 Konstanze, Fürstin von Antiochia 82 Konzil 10, 25, 39, 51, 53, 66, 100, 130, 132, 148, 157 Kopten („Ägypter“) 94, 105 Koran 71 Krankendienst siehe Nächstenliebe Krankheiten (Epidemien, Kranke) 8, 40, 41, 52, 54, 99, 131, 143, 144 Kreuzeszeichen 22, 35, 114, 130, 148 Kreuzzug, Erster 12, 17, 18, 19, 21, 22, 25, 27, 28, 30, 34–44, 58, 59, 60, 64, 68, 79, 96, 113, 114, 130. 160, 161 Kreuzzug der Aragonesen 49 Kreuzzug des Odo von Nevers 49 Kreuzzug Friedrichs II. 49, 52 f., 81 Kreuzzug Heinrichs VI. 48 f., 81 Kreuzzug Ludwigs IX., Erster 49, 53 f. Kreuzzug Ludwigs IX., Zweiter 49, 54 Kreuzzug von 1101 43 Kreuzzug von 1107–1110 45 Kreuzzug von 1123/24 45 Kreuzzug von 1145–1148 (2. Kreuzzug) 45–47, 65, 70, 115, 119, 128 Kreuzzug von 1190–1192 (3. Kreuzzug) 47 f., 81
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Personen- und Sachregister Kreuzzug von 1202–1204 (4. Kreuzzug) 49 f., 59, 66 Kreuzzug von 1217–1221 (5. Kreuzzug) 49, 51 f., 104, 128 Kreuzzüge von 1239–1241 49, 53, 81 Kreuzzüge von 1288/1290 49 Kreuzzugsbullen 45, 47, 51, 61, 63 f., 114 Kreuzzugssteuer siehe Finanzierung Kreuzzugswerbung siehe Predigt Krieg von Sankt Sabas 87, 89, 90, 152 Krieg (gerechter) 3, 14–15, 25, 26, 31, 129 Krieg (heiliger) 14 f., 26, 31, 38, 73, 112 Kritik (an den Kreuzzügen, Ritterorden) 45, 63, 64–67, 129, 135, 140, 151, 154–157 Krondomäne 84, 85, 86 Kulmer Handfeste 127 Kulturkontakte (Kulturtransfer) 158–160 Kumanen 10, 146 Kunst (Kunstwerke) 3, 50, 159, 160 Kurden 47, 69, 72, 80, 92 Kuren 120, 127 Laienkelch 133, 134 Lampert von Hersfeld, Chronist 21 Landesherrschaft 122, 123, 124, 128, 135, 156 Landmeister 124 Las Navas de Tolosa, Schlacht von 115, 116, 131, 152 Lazariten (Lazariterorden) 139, 141, 143, 149, 156 Lehenswesen 2, 18, 31, 84, 152 Leo IX., P. 23 Leopold VI., Hzg. von Österreich 51 Lessing, Gotthold Ephraim 161 Lipany, Schlacht bei 134 Litauer 12, 120, 121, 122, 127, 156 Literatur siehe Dichter Liturgie 4, 19, 23, 56, 101, 104, 106, 112, 150, 151, 160 Liven 12, 120, 127 Livländische Reimchronik 121 Livre des Assises de la Cour de bourgeois 91, 95 Lokator 126, 127 Ludwig der Fromme, Ks. 2 Ludwig VII., frz. Kg. 45, 46, 61, 115 Ludwig VIII., frz. Kg. 131 Ludwig IX., frz. Kg. 49, 53 f. Ludwig, Graf von Blois 49 Lusignan, Geschlecht 55, 84, 85 Luther, Martin 65 Lutizen 120 Magyaren 12 Makedonische Dynastie 3, 10 al-Malik al-Ādil, Sultan 69 Malikšāh, Sultan 6, 10, 68, 69
Mamluken, Dynastie 47, 54, 55, 56, 63, 66, 70, 73, 75, 81, 92, 153, 155 Manfred, Kg. von Sizilien 136 Manichäer 13 al-Mansūr billāh siehe Almanzor ˙ Mantzikert, Schlacht von 4, 6, 10, 23 Manuel I. Komnenos, byz. Ks. 82 Mappae mundi 1, 2 Maria von Oignies, Einsiedlerin 100 Maria, Kgn. von Jerusalem 83 Marienfrömmigkeit 151 Mariniden, Dynastie 116 Marino Sanudo der Ältere, Reisender und Verf. von Kreuzzugsplänen 55 Markward von Annweiler, staufischer Reichsministeriale 135 Maro, hl. 105 Maroniten 94, 105, 106, 107 Marschall 150 Martin IV., P. 136 Märtyrer (Martyrium) 10, 11, 18, 19 Massaker (siehe auch Pogrome) 46, 54, 91 Matthäus Paris, Chronist 155 Mehmed II., Sultan 57 Meister (Landmeister, Großmeister, Hochmeister) 124, 145, 146, 150 Melisendis, Kgn. von Jerusalem 82 Melkiten (Surianen, siehe auch Griechen) 94, 106 Miaphysiten 105, 106 Michael der Große, Bi. und Chronist 107 Miles Christi, militia Christi 18, 19, 71, 139 Milicia, militia 114, 118, 140, 144 Milites ad terminum 148 Mission (Missionare) 3, 25, 29, 38, 119, 127, 128, 155, 157 Mohammed siehe Muhammad Mongolen 53, 54, 57, ˙70, 73, 81, 132 Monophysiten siehe Miaphysiten Monotheletismus 105 Montesa, Ritterorden von 142, 157 Montjoie, Ritterorden von 142 Muhammad (Mohammed), Prophet 4, 5, 7, 8, 9, ˙ 73 68, Mudéjares 118, 119 Muret, Schlacht von 131 al-Mustansir, Kalif 6 ˙ Myriokephalon, Schlacht von 82 Nächstenliebe (Liebesgebot, Krankendienst) 13, 15, 31, 139, 141 Nachtreise (des Muhammad) 7 Nasriden, Dynastie ˙116 Nationalgefühl siehe Selbstverständnis Navarreser 94 Neogotizismus 111
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Personen- und Sachregister Nestorianer 94, 105 Nestorius, Erzbi. 106 Nikephoros II. Phokas, byz. Ks. 10 Niketas, Bogumile 129 Niketas Choniates, Chronist 50 Nikolaus II., P. 23 Nikolaus IV., P. 155 Nikolaus von Köln, Prediger 51 Nikopolis, Schlacht von 57 Nomaden 89, 92 Norbert von Xanten, Wanderprediger, Erzbi. und Ordensgründer 28 Normannen 3, 14, 82, 96, 135 „Nubier“ 94 Nūr ad-Dīn, seldschukischer Atabeg 69, 72, 80 Odo, Graf von Nevers 49 Oliver von Paderborn, Domscholaster und Chronist 52, 63 Omayyaden, Dynastie 8 Omne datum optimum 143 Ordensprovinzen (Balleien) 145 Ordensregel 27, 141, 142, 143, 147, 148, 148, 149, 150 Ordensschwestern siehe Frauen Ordenswesen 26–29, 102–108, 131, 138–140 Orebiten 133 Osmanen (Osmanisches Reich) 70, 73, 156, 158, 161 Ostsiedlung 126–129 Otto I. der Große, Ks. 8 Otto von Freising, Bi. und Chronist 45, 46 Ottonen, Geschlecht 3, 8 Outremer 44 Pactum Warmundi 89 Paría 113 Passagium 49 Pastorellen 51 Patriarchen von Jerusalem 87, 97, 99–102, 105, 106 f., 107, 142, 144, 146 Patrozinien 151 Paulinus 65 Paulus, hl. 19 Pax Dei 16 Peipussee, Schlacht am 122 Peter de Castelnau, Legat 130 Peter der Einsiedler (bzw. von Amiens), Wanderprediger 35–37, 46 Peter I., arag. Kg. 114 Peter II., arag. Kg. 131 Peter von Dusburg, Chronist 121 Peter I., Kg. von Zypern 56 Petrus, hl. 19 Petrus Bartholomäus, Kreuzzugsteilnehmer 40
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Petrus des Vaux-de-Cernay, Zisterzienser und Chronist 130 Pferde 15 f., 88, 145, 148, 150 Philipp I., frz. Kg. 24, 38 Philipp II. Augustus, frz. Kg. 47, 51, 62, 130 Philipp IV., frz. Kg. 56, 67, 156, 157 Philipp VI., frz. Kg. 56 Philipp von Elsaß, Graf von Flandern 46 Philippe de Mézières, Chronist 56, 155 Piae postulatio voluntatis 144 Pierre Dubois, Höfling und Autor 55, 155 Pikarden 133 Pilger (Pilgerwesen) 7, 8, 9, 19–22, 31, 48, 56, 58, 65, 88, 93, 94, 98 f., 112, 117, 139 Pisaner 82, 90, 98 Plünderung 4, 36, 38, 49, 50, 58, 81 Poema del mío Cid 112 Pogrom (Verfolgung) 7, 9, 37 f., 42 Pomoranen 12, 120 Prämonstratenser (Prämonstratenserorden) 28, 103 Predigt (Prediger) 27, 29, 35, 45, 49, 60, 63, 63, 66, 71, 73, 100, 133, 161 Presura 117 Preußenreisen (Preußenfahrten) 121, 122, 128 Preußischer Bund 125 Priester Johannes 54 Prokop der Große, Hussitenheerführer 133, 134 Provenzalen 89, 96 Prozessionen 42, 64 Prußen 12, 120, 121, 122, 126, 127, 143 Pseudo-Turpin (Historia Karoli Magni et Rotolandi) 114 Ptolemäus, antiker Gelehrter 9 al-Qādī al-Fādil, Höfling und Autor 72 ˙ ˙ 70, 73 Qalāwūn, Sultan al-Qazwīnī, Geograph 74 Qilig˘ Arslān, Sultan 6, 10, 40 Quantum praedecessores 45, 61, 63, 64 Quartiere (Handelsquartiere) 90, 97 Quia maior 51, 116 Rache 15, 19, 38 Radulf, Zisterzienser 46 Radulf von Caen, Ritter und Chronist 36 Raimund Berengar IV., Graf von Barcelona 115 Raimund IV., Graf von Toulouse 38, 39, 40, 41, 42, 44, 81, 113 Raimund VII., Graf von Toulouse 131 Raimund von Aguilers, Chronist 36 Raimund von Poitiers, Fürst von Antiochia 46, 82 Raimund von Puy, Johannitergroßmeister 148 Raimundus Lullus (Ramón Llull), Theologe 55, 155
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Personen- und Sachregister Rainald von Châtillon, Fürst von Antiochia 80, 85 Recht (Rechtsprechung, Rechtsstellung) 15, 22, 61, 84, 85–87, 89–95, 96, 118, 119, 126, 127, 131, 146, 154 Reconquista 110–119 Recuperatio Terrae Sanctae 55, 56, 155 Reform (gregorianische, Reformpapsttum, Kirchenreform) 4, 22–26, 31, 139 Regel siehe Ordensregel Regularkanoniker 27, 101, 103, 140 Reiseberichte 7, 9, 74, 93, 99 Reliquien (Reliquiare) 16, 19, 20, 35, 39, 41, 42, 47, 50, 75, 97, 101, 159 Remissio peccatorum (siehe auch Ablass) 30, 63, 114, 119, 130 Repartimiento 118 Repoblación (siehe auch Siedler) 118 Responsio 145, 145, 154 Retraits siehe Statuten Ribāt (Ribat) 71, 140 ˙ I. Löwenherz, engl. Kg. 47, 48, 52, 58, 81, Richard 83 Richard, Graf von Cornwall 49, 53, 81 Rimini, Goldbulle von 124 Ritterorden 53, 56, 58, 77, 87, 89, 104, 114, 129, 138–157 Rittertum (Ritter) 2, 15–19, 140 Robert Guiscard, Hzg. von Apulien 3, 38 Robert II., Hzg. der Normandie 38, 42, 101 Robert II., Graf von Flandern 38 Robert von Arbrissel, Wanderprediger 28 Robert von Molesme, Ordensgründer 27 Robert von Reims, Mönch und Chronist 34, 36 Rodrigo Díaz de Vivar siehe Cid Roger Bacon, Philosoph und Theologe 155 Roger II., Kg. von Sizilien 135 Rolandslied 114 Romanos IV., byz. Ks. 4 Rorgo Fretellus, Autor 102, 159 Russen 3, 92, 122 Safaviden, Dynastie 73 Sagrajas, Schlacht von 11, 113 Saint Ruf, Kongregation 103 Saladin (Salāh ad-Dīn ibn Ayyūb), Sultan 47, 48, 52, 69,˙ 72,˙ 73, 74, 75, 77, 80, 81, 162 Salado, Schlacht am 116 Salier, Geschlecht 3 as-Sālih, Sultan 69, 70 ˙ ˙ ˙ Salimbene de Adam (Salimbene von Parma), Franziskaner, Chronist 66 Salomon Bar Simson, Chronist 37 San Germano, Vertrag von 52 Sancho II., kast. Kg. 112 Santiagoorden 140, 141, 145, 149, 152
Sariantbrüder siehe servientes Sassaniden, Dynastie 5 Saule, Schlacht von 122 Saxo Grammaticus, Chronist 45 Schäffer 124 Schatzmeister 150 Schiffe siehe Flotte Schiiten 5, 41, 68, 72, 73 Schisma 4, 24, 107, 137 Schismatiker siehe Häretiker Schlachten 4, 6, 10, 11, 23, 40, 43, 46, 48, 49, 50, 53, 54, 57, 68, 69, 70, 71, 80, 81, 82, 110, 113, 115, 116, 122, 125, 131, 134, 136, 152 Schotten 94 Schultheiß (Schulze) 127 Schutz (siehe auch dimmī) 60, 143 Schwertbrüderorden¯ 121, 122, 123, 124, 143 Scott, Sir Walter 161 Seigneurs 84 Selbstverständnis (Nationalgefühl) 97 f., 132 f. Seldschuken, Dynastie 5, 6, 7, 10, 11, 20, 36, 43, 57, 68, 69, 79, 92 Semgaller 120, 127 Seneschall 84, 150 Servientes (sergeants, Sariantbrüder) 148, 149 Siedler (Siedlung, siehe auch Ostsiedlung, Repoblación) 18, 95–98, 118 f., 126–128, 154, 160 Siedleridentität 97, 98 Sigismund I., Ks. 57, 133, 134 Signorien 85 Sigurd, norw. Kg. 45 Simon IV. de Montfort, Graf von Toulouse 130, 131 Simonie 24, 25 Šīrkūh, kurdischer General 69, 80 Sklaven (Sklaverei) 47, 51, 55, 59, 88, 92 Slawen 12, 14, 119 Söldner (siehe auch Turcopoles) 4, 10, 47, 125, 135, 136, 149, 153 Spitäler 8, 99, 139, 143, 144 Spitalmeister (Spittler) 150 Stabilitas loci 50, 65 Statuten (Gewohnheiten, retraits) 147, 150, 152 Staufer, Geschlecht 45, 54, 63, 82, 83, 84, 87, 135, 136, 146 Stedinger Bauern 136, 136 Stephan, Anführer des Kinderkreuzzugs 51 Stephan, Graf von Blois 38, 40 Steuern 7, 88, 91 Sunniten 5, 69, 70, 72, 115 Surianen siehe Melkiten Sybille, Kgn. von Jerusalem 82 Symbole (Zeichen, siehe auch Kreuzeszeichen) 97, 98, 132 Syrisch-Orthodoxe Christen 94, 95, 105, 107
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Personen- und Sachregister Taboriten 133 Taktik 47, 151 Tankred, Regent von Antiochia und Edessa 18, 36, 38, 44 Tannenberg/Grunwald, Schlacht bei 125 Tāriq ibn Ziyād, Heerführer 110 ˙ Tatikios, byz. General 40 Templer (Templerorden) 45, 55, 65, 67, 139–157 Theobald III., Graf der Champagne 49, 53, 81 Thomas von Kempen, Theologe 65 Thomasorden 141, 143 Thorner Friede 125 Timur Leng (Tamerlan), mongolischer Eroberer 57 Treue 28 Treuga Dei 16 Troubadoure 66, 66 Trujillo, Ritterorden von 142 Turcopoli (siehe auch Söldner) 47, 152 Türken (Turkomanen) 5, 10, 47, 69, 70, 92, 156
Vizegrafen 86, 89, 96 Volk Gottes (Volk Israel) 14, 25, 26, 42 Volkskreuzzüge 28, 35, 36, 38 Voltaire 161
Ubaldesca, hl. 151 Übersetzungen 159 Ukrainer 94 Ungarn 14, 94 Urban II., P. 11, 14, 16, 17, 18, 21, 22, 30, 31, 34, 39, 114 Urban V., P. 137 Urkunden 13, 14, 19, 21, 25, 29, 30, 31, 36, 39, 87, 102, 161 Usāma ibn Munqid, Herr von Šaizar, Autor 68, 68, 69, 75, 76, 93
Waffen (Bewaffnung) 16, 47, 87, 88, 145, 152, 158 Wagenburg 133, 133 Waldemar II., dän. Kg. 122 Waldmeister 124 Walter Map, engl. Höfling und Autor 155 Walter Sans-Avoir, Heerführer des „Volkskreuzzugs“ 35, 36 Walther von der Vogelweide, Dichter 66 Wanderprediger 27, 28, 35, 46 Warmund von Picquigny, Patriarch 101 al-Wāsit ī, Prediger 73 Welf I., ˙Hzg. von Bayern 43 Welf II., Hzg. von Bayern 38 Weltbild (geographisches) 1, 9, 74 Wenden 12, 121, 128 Wendenkreuzzug 128 Wenzel I., Kg. 133 Westgoten 110, 117 Wikinger 12, 14 Wilhelm I., engl. Kg. 25 Wilhelm II. Rufus, engl. Kg. 24 Wilhelm von Messines, Patriarch 101 Wilhelm von Puylaurens, Chronist 130 Wilhelm von Tudela, Dichter 130 Wilhelm von Tyrus, Erzbi., Kanzler und Chronist 76, 80, 80, 85, 100, 101, 102, 155, 159 Wirtschaft 17, 18
Varna, Schlacht von 57 Venezianer 49, 50, 55, 89, 90, 98 Vexillum sancti Petri (Petersfahne) 25, 135 Visconti, Geschlecht 137 Visionen 40, 41, 42
Zählung (der Kreuzzüge) 44 f. Zengi siehe Imād ad-Dīn Zengī Zisterzienser (Zisterzienserorden) 27, 45, 46, 63, 103, 130, 140, 143 Zölibat 24
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