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German Pages 230 [261] Year 2019
Thomas Einwögerer Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Österreichische Akademie der Wissenschaften Philosophisch-historische Klasse
Mitteilungen der Prähistorischen Kommission Seit 1.1.2013 ist die Prähistorische Kommission in das Institut für Orientalische und Europäische Archäologie integriert.
Herausgegeben von Barbara Horejs
Band 88
Publikationskoordination: Ulrike Schuh
Thomas Einwögerer
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich Die Ausgrabungen von 1961 bis 1963
Mit Beiträgen von Martina Hinterwallner und Martina Pacher
Angenommen durch die Publikationskommission der philosophischhistorischen Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften: Michael Alram, Bert G. Fragner, Andre Gingrich, Hermann Hunger, Sigrid Jalkotzy-Deger, Renate Pillinger, Franz Rainer, Oliver Jens Schmitt, Danuta Shanzer, Peter Wiesinger, Waldemar Zacharasiewicz
Gefördert durch das Land Niederösterreich
Diese Publikation wurde einem anonymen, internationalen Begutachtungsverfahren unterzogen. This publication was subject to international and anonymous peer review. Peer review is an essential part of the Austrian Academy of Sciences Press evaluation process. Before any book can be accepted for publication, it is assessed by international specialists and ultimately must be approved by the Austrian Academy of Sciences Publication Committee.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie, detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlagbild: Geweihanhänger von der Fundstelle Langenlois A (Foto: P. Böttcher, Niederösterreichisches Landesmuseum)
Lektorat: Jörg Weilhartner
Die verwendete Papiersorte in dieser Publikation ist DIN EN ISO 9706 zertifiziert und erfüllt dieVoraussetzung für eine dauerhafte Archivierung von schriftlichem Kulturgut. The paper used in this publication is DIN EN ISO 9706 certified and meets the requirements for permanent archiving of written cultural property.
Alle Rechte vorbehalten. ISBN 978-3-7001-8183-5 ISSN 0065-5376 Copyright © Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien, 2019 Satz: María Antonia Negrete Martínez, OREA Druck: Prime Rate, Budapest https://epub.oeaw.ac.at/8183-5 https://verlag.oeaw.ac.at Made in Europe
Inhaltsverzeichnis
Vorwort der Reihenherausgeberin − 9 Vorwort – 11 Einleitung – 13 1. Der Fundort – 15 1.1 Lage des Fundortes – 15 1.2 Geologie – 15 1.2.1 Die Böhmische Masse – 15 1.2.2 Die Molasse – 17 1.2.3 Quartäre Sedimente – 17 1.2.4 Die Geologie der Fundstellen – 18 1.2.5 Das Donautal – 19 1.2.6 Das Kamptal – 19 2. Paläolithische Funde in der Stadtgemeinde Langenlois – 21 2.1 Paläolithische Funde im Gemeindegebiet von Langenlois außerhalb der Ziegelei Kargl – 21 2.1.1 Die Aufsammlungen von P. G. Schacherl und E. Glassner, Ziegelei Hammerer – 21 2.1.2 Die Bergung im Spiegelgraben – 22 2.1.3 Käferbergstraße – 23 2.1.4 Röhrbrunnstraße – 23 2.2 Die Fundstellen in der Ziegelei Kargl – 23 3. Langenlois Fundstelle A – 25 3.1 Fundgeschichte – 25 3.1.1 Allgemein – 25 3.1.2 Grabungsmethode – 25 3.1.3 Pläne und Vermessung – 26 3.2 Befunde – 28 3.2.1 Ausprägung und Verlauf der Kulturschicht – 30 3.2.2 Feuerstellen – 34 3.2.3 Vertiefungen – 41 3.2.4 Struktur „Mulde“ – 49 3.2.5 Struktur „Werkplatz“ – 49
6
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
3.2.6 Struktur „Arbeitsplatte“ – 50 3.2.7 Gesamtsituation der Befunde – 50 3.3 Funde – 50 3.3.1 Geschlagene Steinartefakte – 50 3.3.2 Artefaktmorphologie – 72 3.3.3 Gerölle – 115 3.3.4 Sonstige Steine – 123 3.3.5 Schmuckschnecken – 124 3.3.6 Farbstoffe – 125 3.3.7 Holzkohlen – 128 3.3.8 Knochen-, Geweih- und Elfenbeingeräte – 130 3.4 Räumliche Analysen – 130 3.4.1 Latente Strukturen – 130 3.4.2 Zone A, Zelt? – 142 3.4.3 Zone B, Werkplatz – 145 3.4.4 Zone C, Werkplatz – 145 3.4.5 Zone D, Werkplatz – 145 3.5 Das Zelt – 146 3.5.1 Archäologische Vergleiche – 146 3.5.2 Ethnographische Vergleiche – 147 3.5.3 Experiment – 149
4.
Langenlois Fundstelle B – 151 4.1 Fundgeschichte – 151 4.1.1 Allgemein – 151 4.1.2 Grabungsmethode – 151 4.1.3. Pläne und Vermessung – 151 4.2 Befunde – 151 4.2.1 Ausprägung und Verlauf der Kulturschicht – 152 4.2.2 Feuerstellen – 158 4.3 Funde – 158 4.3.1 Geschlagene Steinartefakte – 158 4.3.2 Artefaktmorphologie – 159 4.3.3 Kiesel, sonstige Steine und Farbstoffe – 173
5.
Langenlois Fundstelle C – 175 5.1 Fundgeschichte – 175 5.2 Befunde – 175 5.3 Funde – 177 5.4 Diskussion – 177
6. Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums – 179 14 6.1 C-Datierungen – 179 6.2 Mobilität (Fundstelle A) – 182 6.3 Chronologische Einordnung der Fundstellen A und B – 187 6.3.1 Fundstelle A – 187 6.3.2 Fundstelle B – 187 6.4 Das Mittlere Jungpaläolithikum (Gravettien) – 188 6.4.1 Der Terminus Gravettien – 188
Inhaltsverzeichnis
6.4.2 Zeitraum – 188 6.4.3 Klima – 189 6.5 Diskussion – 189 6.5.1 Fundstelle A – 189 6.5.2 Fundstelle B – 193
7.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B (Martina Hinterwallner) – 195 7.1 Die Elfenbeinindustrie der Fundstelle Langenlois A – 195 7.1.1 Die Elfenbeinartefakte – 195 7.1.2 Aufbau und Struktur von Elfenbein – 202 7.1.3 Elfenbeintechnologie (Befunde und Experimente) – 203 7.1.4 Elfenbeintechnologie in der Fundstelle Langenlois A – 206 7.1.5 Verwitterungs- und natürliche Abnutzungserscheinungen an Elfenbein – 208 7.2 Die Geweihindustrie der Fundstellen Langenlois A und B – 209 7.2.1 Geweihartefakte – 209 7.2.2 Struktur und Aufbau von Geweih – 212 7.2.3 Eigenschaften von Geweih – 212 7.2.4 Geweihtechnologie – 212 7.3 Die Knochenindustrie der Fundstelle Langenlois A – 212 7.3.1 Knochenpfriem – 212 7.3.2 Definition – 212 7.3.3 Funktion und Verwendung – 213 7.3.4 Chronologie und Verbreitung – 213
8. Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B (Martina Pacher) – 215 8.1 Einleitung – 215 8.2 Zeitliche Einordnung – 215 8.3 Methode – 215 8.4 Das Tierknochenmaterial – 216 8.5 Die nachgewiesenen Tierarten – 217 8.5.1 Lepus timidus Linnaeus, 1758 – Schneehase – 217 8.5.2 Alopex lagopus Linnaeus, 1758 – Eisfuchs – 217 8.5.3 Capra ibex Linnaeus, 1758 – Steinbock – 218 8.5.4 Equus sp. – Wildpferd – 221 8.5.5 Rangifer tarandus Linnaeus, 1758 – Ren – 223 8.5.6 Cervus elaphus Linnaeus, 1758 – Rothirsch – 224 8.5.7 Mammuthus primigenius Blumenbach, 1799 – Mammut – 224 8.6 Zusammenfassung – 226 8.7 Abstract – 226 9. Zusammenfassung – 227 9.1 Deutsche Zusammenfassung – 227 9.2 English Summary – 229 10. Literatur – 233 Tafeln – 245
7
Vorwort der Reihenherausgeberin
Der hier von Thomas Einwögerer vorgelegte Band Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich stellt einen wichtigen Beitrag zur traditionsreichen Quartärforschung im Rahmen der Mitteilungen der Prähistorischen Kommission an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften dar. Dieser Publikation geht eine längere Geschichte voraus, die deutlich demonstriert, dass auch aus Altmaterialien in der Archäologie wichtige neue Primärdaten generiert werden können, die unser Wissen erweitern. Schließlich ist es dem Autor Thomas Einwögerer gelungen, neue Erkenntnisse aus Grabungen zu gewinnen, die vor über 50 Jahren abgeschlossen wurden. Die hier behandelten paläolithischen Fundplätze wurden im Jahr 1961 im Rahmen von Lehmabbauarbeiten in einer Ziegelei in Langenlois zufällig entdeckt. In den Folgejahren bis 1963 wurden drei räumlich und zeitlich voneinander getrennte Fundstellen vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien und dem Fundbergedienst der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Urund Frühgeschichte unter der Leitung von Fritz Felgenhauer in Zusammenarbeit mit dem Land Niederösterreich in Rettungsgrabungen unter enormem Zeitdruck freigelegt. Das Fundmaterial wurde Christine Neugebauer-Maresch, der damaligen Leiterin der Quartärarchäologie an der Prähistorischen Kommission, übergeben, die ihrerseits Thomas Einwögerer mit der Bearbeitung der Fundkomplexe im Rahmen einer Dissertation betraute. In internationaler und interdisziplinärer Zusammenarbeit wurden diese drei in das mittlere Jungpaläolithikum datierenden Fundstellen aufgearbeitet und liefern nun bedeutende neue Erkenntnisse über das Gravettien in diesem für die österreichische Urgeschichtsforschung so bedeutenden Gebiet des Waldviertels.
Für die am besten dokumentierte Hauptfundstelle zeichnet der Autor auch auf Basis der interdisziplinären Analysen das Bild einer Jagdaufenthaltsstation mit vier unterschiedlichen Aktivitätszonen für einen kleinen Familienverband, der sich wohl nur kurze Zeit im Spätsommer oder Herbst am Kamp aufhielt. Die Fundstelle Langenlois zählt auch auf Grund der Auswertung der Faunenreste zu den typischen gravettienzeitlichen Lössfundstellen des mittleren Donautales, wobei Steinbock, Pferd und Ren zum wichtigsten Jagdwild zählen. Die Rohstoffe für die Steingeräte stammen hauptsächlich aus dem mittleren und nördlichen Waldviertel, einzelne Stücke jedoch auch aus dem südmährischen Bereich. Die verwendeten Farbstoffe kommen teilweise aus den nördlichen Kalkalpen oder auch aus dem Nordalpengebiet. Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte wurden dankenswerterweise von Martina Hinterwallner, die Tierknochenreste von Martina Pacher ausgewertet, wodurch hiermit auch neue Daten zur gravettienzeitlichen Umweltressourcennutzung in das Gesamtbild integriert werden konnten. Für die Finanzierung der Drucklegung sei dem Land Niederösterreich sehr herzlich gedankt sowie dem Urgeschichtemuseum MAMUZ in Asparn an der Zaya für die Archivierung des Inventars. Mein Dank gilt Ulrike Schuh für die gewissenhafte und gründliche redaktionelle Betreuung sowie María Antonia Negrete Martínez für das gewohnt professionelle Layout dieses Bandes. Und schließlich sei dem Verlag der ÖAW für die gute Zusammenarbeit und Unterstützung gedankt. Barbara Horejs Direktorin des Instituts für Orientalische und Europäische Archäologie Wien, im November 2019
Vorwort
Die Ausgrabungen in Langenlois – durchgeführt in den Jahren 1961–1963 – haben einen besonderen Stellenwert in der Forschung: Es handelte sich lange Zeit um die einzigen relativ großflächigen Rettungsgrabungen, die nach dem 2. Weltkrieg durchgeführt wurden und ausschließlich dem Paläolithikum gewidmet waren. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Fritz Felgenhauer, unterstützt durch ein Team des Fundbergungsdienstes der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte (heute: Österreichische Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte), bestehend aus Studenten als auch geschulten Laien, wurden in damals fortschrittlicher Weise Dokumentationen angefertigt, die auch heute noch Basis für weitgehende Interpretationen bieten können. Als Univ.-Prof. Dr. F. Felgenhauer nach seiner Pensionierung erkannte, dass er dieses Material nicht mehr in zufriedenstellender Form bearbeiten könne, übergab er das gesamte Fund- und Befundmaterial Dr. Christine Neugebauer-Maresch. In der Folge wurde alles gesichtet, sortiert und neu verpackt. Nachdem klar war, dass dieser Fundplatz einer eingehenden Untersuchung bedurfte, wurde mir die Bearbeitung im Rahmen dieser nun vorliegenden Dissertation vorgeschlagen. Den hier Genannten und auch ungenannt Gebliebenen (im Fundbergedienst arbeiteten zahlreiche heute bekannte Prähistoriker) sei für ihr Engagement aufrichtig gedankt. Bedanken möchte ich mich auch bei Dr. Martina Pacher (Institut für Paläontologie der Universität Wien) für die Bearbeitung der Tierknochen sowie bei Mag. Martina Hinterwallner (Archäologie Service, Krems), die die Knochen-, Geweih- und Elfenbeinartefakte bearbeitet hat. Für die Betreuung dieser Arbeit möchte ich mich herzlich bei ao. Univ.-Prof. Dr. Gerhard Trnka (Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien) bedanken.
Zu besonderem Dank bin ich meinen Kollegen Mag. Ulrich Simon und DI Marc Händel (beide: Forschungsgruppe Quartärarchäologie des Instituts für Orientalische und Europäische Archäologie (OREA), Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Wien) für anregende Diskussionen und die Durchsicht des Manuskriptes verpflichtet. Besonders möchte ich mich auch bei Dr. Christine Neugebauer-Maresch (ehemalige Leiterin der Forschungsgruppe Quartärarchäologie, OREA, ÖAW, Wien) bedanken, die mir nicht nur das Material vermittelt hat, sondern mir auch immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Bedanken möchte ich mich auch bei Dr. Luc Moreau (Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz, MONREPOS, Archäologisches Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution, Neuwied) für die Anfertigung der Artefaktzeichnungen sowie bei Dr. A. Verpoorte (Archäologie, Universität Leiden) für die Finanzierung von drei neuen 14C-Daten im Rahmen eines seiner Projekte. Danken möchte ich auch Univ.-Prof. Dr. Herwig Friesinger, dem damaligen Leiter der Prähistorischen Kommission, ÖAW, der mir durch sein Entgegenkommen in vielerlei Hinsicht geholfen hat. Mein Dank gilt auch Dr. Ernst Lauermann, wissenschaftlicher Leiter des Urgeschichtemuseums MAMUZ in Asparn an der Zaya, wo das Inventar letztendlich archiviert wird. Schließlich gilt mein besonderer Dank Prof. Dr. Barbara Horejs, Direktorin des Institutes für Orientalische und Europäische Archäologie (OREA) an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die durch persönliches Engagement und finanzielle Unterstützung seitens des Institutes die Drucklegung dieser Arbeit erst ermöglichte. Thomas Einwögerer Wien, im August 2018
Einleitung
In den Jahren 1961 bis 1963 wurden in der KG Haindorf, SG Langenlois, auf dem Gelände der Großziegelei Kargl im Zuge von Lehmabbauarbeiten mehrere räumlich und zeitlich voneinander getrennte Paläolithfundstellen entdeckt und als Langenlois A, B und C bezeichnet. Die Fundstelle Langenlois A wurde im Frühjahr 1961 durch einen aufmerksamen Baggerfahrer entdeckt und an A. Rothbauer vom Heimatmuseum Langenlois gemeldet. Dieser informierte schließlich das niederösterreichische Landesmuseum. Bis zum Herbst 1962 wurden hier in mehreren, mit dem Abbaubetrieb der Ziegelei abgestimmten, kurzen Kampagnen insgesamt etwa 80 Quadratmeter von F. Felgenhauer sowie E. Lucius untersucht und dokumentiert. Die Arbeiten wurden mit Mitarbeitern des Instituts für Ur- und Frühgeschichte (heute Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie) der Universität Wien sowie des Fundbergedienstes der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte durchgeführt. Von den drei bekannten Fundstellen in der Ziegelei ist die Stelle A die am besten dokumentierte. Neben detaillierten Verteilungsplänen im Maßstab 1:10 wurden auch Profile umfangreich zeichnerisch erfasst. Es liegt auch eine größere Anzahl an Grabungsfotos vor (Abb. 1). Neben einer stattlichen Anzahl an Silices und Faunaresten konnten auch Gerölle mit Gebrauchsspuren, Steinplatten, Farbstoffe und Holzkohle geborgen werden. Weiters gelang es mehrere evidente Siedlungsstrukturen wie etwa eine Feuerstelle mit 1 m Durchmesser in der Mitte der erfassten Fläche sowie zwei Nebenfeuerstellen und einige Vertiefungen nachzuweisen. Einige Vertiefungen können als Pfostenlöcher sowie Kochgruben interpretiert werden. Bei der Auswertung gelang es auch noch, latente Befunde wie verschiedene Aktivitätszonen und eine zeltartige Behausung darzulegen.
Sowohl die Steingeräteindustrie als auch die angefertigten 14C-Daten stellen diese Fundstelle in das mittlere Jungpaläolithikum (Gravettien). Die Steingeräte wurden zum überwiegenden Teil aus Rohmaterialvarianten hergestellt, die aus dem mittleren bis nördlichen Waldviertel stammen. In den Boden gekommen sind vor allem einfache kantenretuschierte Werkzeuge, aber auch Stichel, Kratzer und rückenretuschierte Geräte. Erstaunlich häufig kommen auch Schaber vor. Die Gerätschaften aus tierischen Rohstoffen sind großteils aus Mammutelfenbein gefertigt. Es handelt sich dabei meist um spitzenähnliche Werkzeuge sowie gelochte Lamellen. Nur ein Priem wurde aus einem Pferdeknochen herausgearbeitet und ein Anhänger aus einem Geweih geschnitzt. Erlegt wurden hauptsächlich Steinböcke, Rentiere und Pferde. Es kommen aber auch die Reste von Hasen, Füchsen und Vögeln im Fundmaterial vor. Mammutelfenbein wurde vermutlich wie Rothirschgeweih nur aufgesammelt. Die Herkunft einiger Farbrohstoffe (Hämatit) deutet einen Eintrag in die Kulturschicht aus größerer Entfernung an. Graphit dürfte aus der näheren Umgebung stammen. Als Brennmaterial wurden hauptsächlich verschiedene Augehölze sowie möglicherweise Fichte verwendet. Verschiedene Teilaspekte dieser Feldarbeiten wurden in den 1960er Jahren detailliert untersucht, blieben aber unpubliziert. Dazu zählt eine erste Analyse der Rohmaterialien der Steingeräteindustrie durch E. J. Zirkl und die Bestimmung der Holzkohlen durch A. Fietz. G. Draxler vom damaligen Paläontologischen Institut der Universität Wien erstellte auch eine erste Faunaliste. Die Fundstelle B liegt 4,8 m tiefer und ca. 18 m weiter nördlich der Fundstelle A und wurde im Frühjahr 1962 entdeckt. Sie konnte nur von einer kleinen Grabungs
14
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 1: a: Langenlois Fundstelle A, Beginn der Ausgrabungen im Frühjahr 1961; b: Fritz Felgenhauer zeigt Studenten des Fundbergedienstes der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte Steinartefakte (Foto: F. Felgenhauer 1961).
mannschaft in sehr kurzer Zeit ausgegraben werden. Dadurch ist auch die Dokumentation äußerst spärlich ausgefallen. Es gibt nur wenige kaum zuordenbare Pläne. Beschreibungen oder Fotos fehlen ganz. Aus den wenigen Profilplänen geht nicht eindeutig hervor, um wie viele Kulturschichten es sich handelt. Außerdem lässt sich eine beträchtliche Verlagerung Richtung Norden feststellen. An evidenten Befunden sind eine in situ Feuerstelle und eine stark verlagerte Feuerstelle zu nennen. In einer Profilzeichnung ist auch zumindest eine Grube zu sehen. Aufgrund des dürftigen Dokumentationsstandes ließen sich keine latenten Befunde nachweisen. Das Steingeräteinventar wird hier von lokalen Rohmaterialvarianten, vermutlich aus den Donauschottern, dominiert. Trotz der sehr geringen Menge an retuschierten Werkzeugen, darunter kaum Rückenretuschen, kann das
Inventar eindeutig ins Gravettien gestellt werden. Eine 14CDatierung zeigt ein Datum, dass gut 2000 Jahre älter ist als jene der Fundstelle A und damit mit den Paläolithfundstellen Krems-Wachtberg 1930, Krems-Hundssteig 2000–2002 und Krems-Wachtberg 2005–2015 zu vergleichen ist. Die Fundstelle C wurde im Winter 1963 von einem Bagger angegraben und dabei fast vollständig zerstört. Bei widrigstem Wetter führte A. Rothbauer eine hastige Bergung von noch nicht zerstörten Knochen und Stoßzahnfragmenten durch. Einige Mammutelemente waren derart ineinander verkeilt, dass für A. Rothbauer der Eindruck einer sinnvollen und zweckmäßigen Anordnung entstand. Andere Funde wie Silices oder Holzkohle konnten nicht gemacht werden. Die Beschreibung des Befundes erinnert stark an die jungpaläolithischen Behausungen aus Mammutknochen in der Ukraine.
1. Der Fundort
1.1 Lage des Fundortes Der Fundort der jungpaläolithischen Fundstellen Langenlois A–C befindet sich westlich der nach Gobelsburg führenden Straße etwa 500 m südöstlich des Ortsendes von Langenlois im Bereich der ehemaligen Ziegelei Kargl (Abb. 2). Der Bereich der heute aufgelassenen Ziegelei mit den Fundstellen A–C liegt auf einem nach Osten zum Kamp hin abfallenden Hang mit mächtiger, oft bis zu 10 m hoher Lössauflage1 (Abb. 3). Der Fluss fließt heute in etwa 1,1 km Entfernung von Norden nach Süden zur Donau hin (Abb. 4). Durch die intensive Bebauung bis in die Nähe der Flussufer im Bereich östlich von Langenlois ist er heute in seiner Bewegung stark eingeschränkt. Vor allem während der Eiszeiten muss aber im Bereich der Langenloiser Bucht zwischen Zöbing im Norden und der Donau im Süden mit einem stark verästelten Gewässer gerechnet werden, das jährlich seinen Lauf verändert hat. Nur unweit der Fundstelle mündet der Loisbach in den Kamp. Auch hier muss angenommen werden, dass der heutige Mündungsbereich nicht dem der Eiszeit entspricht. Die Fundstellen befanden sich demnach an einem Osthang innerhalb eines „Talkesselbereiches“, der im Norden durch eine Reihe von kleineren Hügelkuppen, unter anderem dem markanten Heiligenstein, und durch den Gobelsberg im Südwesten geschützt wird. Der Sauberg bildet die westliche Begrenzung. Nach Südosten hingegen lässt der „Wagramdurchbruch“ des Kamps eine freie Sicht bis weit in das Tullnerfeld hinein zu.
1.
Felgenhauer 1962–1963, 61.
1.2 Geologie Die Fundstellen von Langenlois liegen an der Grenze zwischen zwei unterschiedlichen geologischen Einheiten. Einerseits handelt es sich um die Grundgebirgsreste der Böhmischen Masse, die das gesamte Waldviertel und auch den Dunkelsteinerwald südlich der Donau aufbauen, und andererseits um die Molassezone im Süden und Südwesten.2 Als Besonderheit muss noch das Perm von Zöbing genannt werden, das nur knapp 4 km nordöstlich der Fundstelle die Reste einer ehemaligen Sedimentbedeckung der Böhmischen Masse darstellt, die in das Kristallin tektonisch eingebaut ist.3 Die wichtigsten Gesteine im Waldviertel sind: Weinsberger, Mauthausener, Gmünder, Eggenburger und Rastenberger Granit, Spitzer, Bittescher und Gföhler Gneis, Hornblendegestein, Granulit, Paragneise und Glimmerschiefer, Marmore, Kalksilikatgesteine, Serpentine, Diorite, Amphibolite und Schiefergesteine. Jüngere Sedimentgesteine finden sich auf dem Grundgebirge in Form von jungmesozoischen, tertiären und quartären Ablagerungen.4 1.2.1 Die Böhmische Masse Die Böhmische Masse nimmt nicht nur den nordwestlichen Teil von Niederösterreich ein, sondern erstreckt sich nach Westen über Oberösterreich bis nach Bayern. Im Norden reicht sie bis weit nach Tschechien. Gegenwärtig zeigt sie nur Mittelgebirgscharakter mit Gipfeln bis 1500 m Seehöhe im Böhmerwald.5 Sie stellt aber den östlichen Teil eines alten
2.
Thenius 1962, 5.
3.
Vasicek 1977, 16.
4.
Thenius 1962, 7–12.
5.
Thenius 1962, 7.
16
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
a 286/1
1164
286/3 92
44
48 1104
45
284/2
37/2
40
39
283
47/2
50/1 51/4 51/1 50/2
Fundstelle B
38/1
7 8
G
10
A
B
C
9
D
E
F
H
J
K
L
N
M
6
5
4
3
2
1
I
69/1
Fundstelle A
38/2
75
51/251/3
72 68
66
67
73 83
65 58/2
64
84 78
b
Abb. 2: a: Lage der Fundstellen Langenlois A−C (Kreis) sowie Krems-Wachtberg 1930 und KremsHundssteig 2000−2002 (Quadrat), ÖK 1:50.000 Bl. 38 Krems an der Donau; b: Langenlois, Parzellenplan mit den Fundstellen A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
Der Fundort
17
Abb. 3: Langenlois, Großziegelei Kargl, Blick von Norden auf die Fundstelle A. Im Hintergrund die mächtige Lössüberdeckung (Foto: F. Felgenhauer 1961).
variszischen Hochgebirges dar, der im Osten an die Molasse des Wiener Beckens grenzt.6 Tiefenbohrungen haben gezeigt, dass sich die Böhmische Masse unter der Molasse- und Flyschzone und im Süden auch noch unter den Alpen fortsetzt.7 Im Waldviertel bildet die Böhmische Masse eine Rumpffläche mit seichten, oft moorigen Mulden. Die Gipfel erreichen hier durchschnittlich Höhen zwischen 600 und 900 m. Ganz vereinzelt erreichen sie auch Höhen von 1000 m.8 Die Entwässerung dieses Gebietes erfolgt hauptsächlich durch die Krems, den Kamp und die Thaya, die zum Einzugsgebiet der Donau gehören.9 1.2.2 Die Molasse Als Molasse wird ein Teil des Meerestroges bezeichnet, der sich vom Rhônetal über die Schweiz bis Österreich und Polen erstreckt. In Niederösterreich wird die Molasse durch das Kristallin der Böhmischen Masse und die Sedimente des Alpen-Karpaten-Bogens begrenzt. Gebildet wird die Molasse durch verschieden mächtige, lockere Tertiärsedimente
wie Tone, Mergel, Sande, Schotter, Konglomerate, Kalke, Sandsteine, Schiefer und gelegentlich Kohle. Gegenwärtig ist der Bereich der Molasse als flachwelliges Hügelland ausgeprägt. Die Morphologie wird dabei durch die Sedimentbeschaffenheit bestimmt.10 1.2.3 Quartäre Sedimente Die Ablagerungen des Quartärs umfassen die Sedimente der geologisch jüngsten Zeit, nämlich der Eiszeit (Pleistozän), und der geologischen Gegenwart (Holozän) und sind im besprochenen Gebiet sehr häufig. Die Spuren des Pleistozäns sind trotz der geologisch kurzen Zeitspanne überaus markant und haben meist das heutige Erscheinungsbild der Landschaft geprägt.11 Eines der verbreitetsten quartären Sedimente ist der Löss. Im nördlichen Niederösterreich bedeckt er die ältesten Sedimente. Er ist ein typisches Windsediment und wurde aus den damals riesigen Überschwemmungsgebieten der Flüsse und aus den Moränen der Gletscher ausgeblasen und besonders an den Ost- und Südhängen angelagert. Die Akkumulation erfolgte dabei während der Kaltzeiten.12
6.
Höck 1996, 37–40.
7.
Thenius 1962, 8.
10. Thenius 1974, 19–23.
8.
Thenius 1962, 8.
11. Thenius 1962, 70.
9.
Thenius 1974, 15–18.
12. Thenius 1962, 71–72.
18
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 4: Langenlois, Blick von Norden über die aufgelassene Ziegelei. Im Hintergrund die Kampauen und der Turm des Schlosses Gobelsburg (Foto: Th. Einwögerer 2002).
Ein weiteres sehr häufiges Sediment des Quartärs sind die Schotter. Der Wechsel von Warm- und Kaltzeiten während des Pleistozäns führte zu Ausräumungen und Tieferlegungen der Flusssohlen mit anschließender Aufschotterung. Dadurch entstanden die charakteristischen Flussterrassen und ihre Schotterdecken.13 1.2.4 Die Geologie der Fundstellen Die Fundorte liegen geologisch gesehen auf der Kremsfeldplatte. Die Hänge fallen nach Osten zum Kamp hin ab. Auf dem Kristallin der Böhmischen Masse liegen tertiäre Sande, Tone, Schotter und Tegel. Darüber lagern Hollabrunner Schotter.14 Eine halbkreisförmig dem Kremsfeld von Norden nach Süden vorgelagerte tertiäre Terrasse, die
heute als Langenloiser Terrasse bezeichnet wird, wurde ursprünglich von L. Piffl15 als „Gobelsburger Terrasse“ in die Literatur eingeführt. Ein Aufschluss am Sauberg süd-südwestlich von Langenlois zeigt folgenden Aufbau: Über den Schottern des Gobelsburger Niveaus liegen Sande, kristalliner Kies und Grus sowie Aulehm. Darüber lagern mächtige Lösspakete. Dieser Aufbau ist im gesamten Spiegelgraben zwischen Langenlois und Gobelsburg zu beobachten.16 Aufschlüsse über die geologische Situation im Raum Langenlois gibt auch ein dokumentiertes Profil in der Ziegelei Hammerer westlich von Langenlois.17
15. Piffl 1959, 134–135. 13. Thenius 1962, 78.
16. Piffl 1959, 135.
14. Fink, Piffl 1976a, 91–92.
17.
Piffl 1976, 94 und Abb. 40.
Der Fundort 1.2.5 Das Donautal Nach einer etwa 40 km langen Engstelle, der Wachau, verlässt die Donau bei Krems endgültig die Böhmische Masse. Auf ihrem Weg durch die Wachau erhält die Donau nur geringe Zuflüsse von rechts und links. Erwähnenswert ist hier nur der Spitzerbach.18 Im Quartär ergoss sich die Donau nach dem Verlassen des engen Tales bei Krems in ein breit angelegtes Flussbett. Sobald sie der Enge entspringen konnte und sich in ein Gebiet mit geringem Gefälle begab, schlängelte sie sich mit vielen Windungen und in viele, sich ständig ändernde Arme aufgeteilt dahin. Durch die langsamere Strömung wurden die gröberen Schotterteile abgelagert. Hochwässer, die die Durchflussmenge in kürzester Zeit vervielfachen konnten, räumten die angehäuften Schottermengen rasch wieder aus. Verlagerungen von Schotter, Sand und Schlamm weit nach Osten waren die Folge.19 Das östlich von Krems liegende Tullnerfeld ist durch diese weiten Schwemmflächen gekennzeichnet. Im Norden wird das Tullnerfeld durch einen Hügelsaum aus Tertiärmergel, den sog. „Wagram“, begrenzt. Er ist zum überwiegenden Teil durch mächtige Lösspakete überlagert. Alle von Norden kommenden Flüsse, wie die Krems oder der Kamp, sind hier, auf ihrem Weg zur Donau, tief eingeschnitten.
dem derzeitigen Fluss. Während das ältere von Felsblöcken und groben Schottern mit einem darauf liegenden Boden gebildet wird, besteht das jüngere aus einem Felssockel mit einer dicken Schotterauflage und einer Abfolge von Lössen und Paläoböden. Nur im unteren Kamptal ist auch eine Niederterrasse erkennbar, die nur 2–3 m über dem heutigen Fluss liegt.22
1.2.6 Das Kamptal Die Kampquellen verteilen sich auf ein relativ großes Gebiet im nordwestlichen Waldviertel und auf Teile des angrenzenden Mühlviertels. Ab Zwettl fließt der Kamp nach Osten, bis er bei Rosenburg auf den Manhartsberg trifft. Von dort fließt er tief eingegraben nach Süden. Nach Zöbing, im Bereich von Langenlois, öffnet sich das Kamptal nach beiden Seiten. Bei Langenlois nimmt der Kamp den von Westen kommenden Loisbach auf. Nach 115 km Gesamtlänge erreicht der Kamp bei Altenwörth die Donau. Wie alle Flüsse dieser Region zeigt auch die Kampmündung eine starke Verschleppung donauabwärts. Der Kamp entwässert ein Gebiet von etwa 1753 km².20 Das Kamptal mit seinen typischen Flussterrassen-, Mäander- und Umlaufberglandschaften entstand vor etwa 2,5 Millionen Jahren. Sein Verlauf wurde dabei durch die Bruchtektonik bestimmt.21 Neben einem älteren Flusssystem ca. 30 m über dem heutigen Kamp liegt das jüngere System nur 10–15 m über 18. Blühberger 1996, 213. 19. Blühberger 1996, 39–40. 20. Blühberger 1996, 216. 21. Steininger, Rötzel 1996, 85.
19
22. Steininger 1977, 19–25.
2. Paläolithische Funde in der Stadtgemeinde Langenlois
Aus dem Bereich von Langenlois wurden im Laufe der Zeit mehrere paläolithische Fundstellen bekannt. Aufgrund ungenauer Ortsangaben, Eigentümerwechsel und daraus resultierender Umbenennungen von Ziegeleien kam es zu Verwechslungen und falschen Angaben, die sich in der Literatur festgesetzt haben. Ein Beispiel dazu ist die Ziegelei am „oberen Markt“ direkt in Langenlois: Schon 1908 erwähnte H. Obermaier23 aufgesammelte paläolithische Funde aus einer Ziegelei am „oberen Markt“, die früher Ziegelei Knapp und später fälschlicherweise auch als Ziegelei Kargl bezeichnet wurde. Die ehemalige Ziegelei Knapp wurde später Gemeindeziegelei. Eine zweite Ziegelei, die sich damals im Besitz der Familie Kargl befand, lag in unmittelbarer Nähe und ist heute nicht mehr erhalten. Es gibt also zwei Paläolithfundstellen, die in der älteren Literatur als Langenlois, Ziegelei Kargl, bezeichnet werden. Im Folgenden soll deshalb die paläolithische Fundgeschichte des Raumes Langenlois neu dargestellt werden. 2.1 Paläolithische Funde im Gemeindegebiet von Langenlois außerhalb der Ziegelei Kargl 2.1.1 Die Aufsammlungen von P. G. Schacherl und E. Glassner, Ziegelei Hammerer Die ersten paläolithischen Funde wurden von P. G. Schacherl und E. Glassner (vermutlich zwischen 1884 und 1900) in der ehemaligen Ziegelei Knapp am „oberen Markt“ aufgesammelt (Abb. 5/1). Als P. G. Schacherl auf das Vorkommen aufmerksam wurde, war der Bereich mit einer Kulturschicht bereits abgegraben. Das kleine Inventar, das die beiden Herren aufsammelten, stellte demnach nur noch den letzten Rest dieser Fundstelle dar. Es ließen sich aber noch deutliche Spuren einer Kulturschicht in den Profilen
verfolgen. Dabei zeichneten sich dunkle, leicht gewellte Bänder im sonst nicht gegliederten Löss ab. Oft liegen die beiden dunklen Streifen nahe beieinander. An der Südseite waren sie über 15 m deutlich verfolgbar. Im Westprofil sogar über 17 m. Die Schichten fielen ziemlich rasch nach Norden zum Kamptal hin ab. Bei der Entdeckung soll die Schicht 5 cm mächtig gewesen sein und viele Silexartefakte und faunistisches Material enthalten haben. Erhalten geblieben sind hiervon unbearbeitete Rentiergeweihfragmente sowie Rentier- und Pferdereste. Bei einem späteren Besuch von H. Obermaier maß die Kulturschicht in ihrer Dicke nur noch 5 mm, enthielt aber noch Aschereste, Kohlefragmente und verbrannte Steinchen. An Steinartefakten sind 25 Stück gesammelt worden. Darunter befanden sich einfache Klingen mit Gebrauchsretusche, aber auch kurze Klingenkratzer, eine Spitze und eine Doppelspitze (Abb. 6). H. Obermaier ordnete das Inventar dem Aurignacien zu.24 Leider sind die meisten Stücke nicht mehr vorhanden oder nicht mehr zu identifizieren. Laut F. Felgenhauer25 kamen etwa 20 Stück in die Sammlung Glassner. Sie gelten als verschollen.26 Einzelstücke kamen in das Museum Langenlois, wo sie mit anderen Silexfundstücken von KremsHundssteig und Kammern-Grubgraben vermengt wurden. Einige Stücke gelangten in die Sammlung Schacherl und Stummer.27 Der Verbleib der Artefakte, die in die Sammlung Stummer gelangten, ist unbekannt.28
24. Obermaier 1908, 75–76. 25. F. Felgenhauer, schriftliche Unterlagen Museum Langenlois. 26. Beninger 1936, 197. 27.
23. Obermaier 1908, 75–76.
F. Felgenhauer, schriftliche Unterlagen Museum Langenlois.
28. E. Benninger, schriftliche Mitteilung an F. Felgenhauer.
22
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 5: Langenlois, paläolithische Fundpunkte im Stadtgebiet: 1 Ziegelei Hammerer, 2 Spiegelgraben, 3 Käferbergstraße, 4 Röhrbrunnstraße (nach dem Stadtplan der Stadtgemeinde Langenlois).
R. Pittioni29 sah in den Inventaren von Langenlois (Ziegelei Knapp), Kammern-Grubgraben und Gobelsburg Ähnlichkeiten. Er schrieb sie dem Gravettien zu. Weiters brachte er diese Fundplätze in eine nähere Beziehung zu Willendorf II, Schicht 6 und 7. Die Angaben von H. Obermaier über die Ziegelei Knapp wurden später durch F. Felgenhauer berichtigt.30 H. Obermaier bezeichnete die Ziegelei als „ehemalig Knapp nun Kargl“,31 was dazu führte, dass die Fundstelle auch als Ziegelei Kargl in die Literatur eingeführt wurde. Die Ziegelei wurde später zur Gemeindeziegelei und ging danach wieder in Privatbesitz über und wurde von da an als Ziegelei Hammerer bezeichnet. In unmittelbarer Nähe befand sich noch eine weitere Ziegelei, die damals zum Besitz der
Familie Kargl gehörte.32 Diese Ziegelei ist NICHT ident mit der Ziegelei am Südwestende von Langenlois, in der die Fundstellen Langenlois A–C aufgedeckt wurden. 2.1.2 Die Bergung im Spiegelgraben Im Februar 1963 stieß Herr Ehn beim Kellerbau im Spiegelgraben „Innerer Spiegel“ auf der Parzelle 520 auf mehrere Kulturschichten (Abb. 5/2). Leider erfuhr der Museums vorstand A. Rothbauer von diesen Funden erst, als die Grabungsstelle bereits vermauert war. Laut Auskunft von Herrn Ehn jun. waren neben mehreren Kulturschichten auch eine oder zwei Feuerstellen zu erkennen. Neben einem verkieselten Röhrenknochen, zwei werkzeugähnlichen Steinen, zwei Kalkkonkretionen, div. Kohlespuren auf Löss
29. Pittioni 1954, 86–87, 94. 30. F. Felgenhauer, schriftliche Unterlagen Museum Langenlois. 31. Obermaier 1908, 75.
32. F. Felgenhauer, schriftliche Unterlagen Museum Langenlois.
Paläolithische Funde in der Stadtgemeinde Langenlois
23
in etwa 4 m Tiefe. Angaben zur Stratigraphie liegen keine vor.34 2.2 Die Fundstellen in der Ziegelei Kargl Zwischen 1961 und 1963 wurden auf dem Gelände der ehemaligen Großziegelei Kargl, etwas außerhalb des Ortsgebietes von Langenlois, an der Straße nach Gobelsburg, im Bereich der Katastralgemeinde Haindorf drei paläolithische Fundstellen aufgedeckt. Sie werden als Langenlois Fundstellen A–C bezeichnet. Um Verwechslungen vorzubeugen, hat bereits E. Beninger35 1962 vorgeschlagen, die Fundstellen in der Ziegelei Kargl als Langenlois II oder Langenlois/Haindorf zu bezeichnen. In der neueren Literatur36 hat sich aber keine dieser Bezeichnungen durchsetzen können. Daher soll die gebräuchliche Bezeichnung Langenlois, Ziegelei Kargl beibehalten werden.
Abb. 6: Sammlung Schacherl und Glassner, Steinartefakte (nach Obermaier 1908, Fig. 23).
sowie Steinen und gebranntem Löss kam auch ein löffeloder spatelartiges Knochenstück ins Museum Langenlois.33 Bei Sichtungsarbeiten im Museum Langenlois 1999 konnte ein verpackter Knochen mit der Aufschrift „Keller Ehn“ gefunden werden. Der Verbleib der restlichen Funde konnte nicht geklärt werden. 2.1.3 Käferbergstraße Beim Bau eines Kellers (Besitzer: Hubert und Andrea Draxler) in der Käferbergstraße wurden 1973 in etwa 9 m Tiefe ein Unterkiefer sowie zwei Backenzähne geborgen. Eine Bestimmung durch M. Pacher ergab, dass es sich um die Überreste eines Pferdes handelt. Das Fundmaterial wird im Museum Langenlois verwahrt. 2.1.4 Röhrbrunnstraße In einem Weinkeller in der Röhrbrunnstraße 17 konnte 1969 von G. Sperker ein ca. 2 m langer Rest eines Mammutstoßzahnes geborgen werden. Das Elfenbeinstück lag 34. Heinrich 1974–1975, 16–17. 35. E. Beninger, schriftliche Mitteilung an F. Felgenhauer, 1962. 33. Felgenhauer
1961–1965, 3. – Schriftliche Mitteilung durch A. Rothbauer an F. Felgenhauer und Bundesdenkmalamt.
36. Heinrich 1973, 37. – Otte 1981, 318. – Neugebauer-Maresch
1993b, 78. – uvm.
3. Langenlois Fundstelle A
Die zweite Etappe wurde in der Zeit zwischen dem 20. und dem 30. Oktober 1961 durchgeführt. Mit gleicher Anzahl an Mitarbeitern und der Unterstützung des Ziegeleibesitzers konnten etwa 50 m² aufgedeckt werden. Nach dem damaligen Stand der Abbauarbeiten des Ziegeleibetriebes war es nicht mehr möglich, die Grabungsfläche zu vergrößern. Es war aber zu erkennen, dass sich die Kulturschicht noch weiter ausdehnte.39 Aufgrund der fortgeschrittenen Abbauarbeiten in der Ziegelei konnte im Oktober 1962 die Kulturschicht wieder weiter verfolgt werden. Unter der Leitung von E. Lucius wurde mit Studenten des Instituts für Ur- und Frühgeschichte am 29. und 30. Oktober 1962 eine weitere kurze Kampagne durchgeführt. Die so in drei Etappen ergrabene Fläche wurde als Fundstelle A bezeichnet.
3.1 Fundgeschichte 3.1.1 Allgemein Am 25. 4. 1961 entdeckte der Baggerfahrer Wagner im Zuge von Abbauarbeiten in der Ziegelgrube Kargl in Langenlois dunkle Stellen im Löss. Sofort wurde der Leiter des Heimatmuseums A. Rothbauer in Langenlois verständigt. Ihm waren bereits einige Tage zuvor Mammutstoßzahnfragmente von dieser Stelle übergeben worden. Bei der Begutachtung der Fundsituation konnte R. Rothbauer eine paläolithische Kulturschicht feststellen. Nach der Meldung an das niederösterreichische Landesmuseum und einer Inspektion durch G. Spitzer wurde am 27. 4. 1961 auch noch F. Hampl hinzugezogen. Schließlich wurde am 28. 4. 1961 F. Felgenhauer ersucht, die Ausgrabungen in der Ziegelei (Fundstelle A) durchzuführen.37 Die Grabungen erfolgten, mit Rücksichtnahme auf den laufenden Ziegeleibetrieb, zunächst in zwei Etappen. Die erste vom 29. April bis zum 1. Mai 1961 und vom 5. bis zum 7. Mai 1961. Die Arbeiten wurden mit Mitarbeitern des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien sowie des Fundbergedienstes der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Ur- und Frühgeschichte durchgeführt. Es waren dabei jeweils etwa 15 Personen mit den Arbeiten beschäftigt. Im Beisein von G. Spitzer und F. Hampl konnten ungefähr 30 m² der Kulturschicht freigelegt und dokumentiert werden. Dem Entgegenkommen des Ziegeleibesitzers Ing. Kargl ist es zu verdanken, dass der gesamte Abbaubetrieb umgestellt und die mächtigen, sterilen Lössmassen im Hangenden der Fundstelle maschinell entfernt werden konnten.38
3.1.2 Grabungsmethode Die Freilegung der paläolithischen Schicht erfolgte innerhalb von Quadratmetern. Bei allen drei Grabungskampagnen wurden auch erstmals in der österreichischen Paläolithforschung Pläne einer Fundstreuung im Maßstab 1:10 angefertigt und nahezu alle Objekte, wie Steinartefakte, Knochen, Knochenartefakte, Stoßzahnfragmente, Elfenbeinlamellen und dgl., eingezeichnet und teilweise auch farbig unterschieden. Die Lage der Funde wurde somit in den meisten Fällen zweidimensional erfasst. Die Höhen der einzelnen Fundstücke wurden leider nicht gemessen. Viele Fundobjekte bekamen eine eigene, fortlaufende Nummer. Öfters wurden aber auch mehrere Fundobjekte unter einer Nummer zusammengefasst. Alle Stücke wurden sofort mit
37. F. Felgenhauer, unpubl. Grabungsbericht und A. Rothbauer, schriftliche Unterlagen
39. Felgenhauer
38. F. Felgenhauer und A. Rothbauer, schriftliche Unterlagen.
lagen.
1962, 104–105. – F. Felgenhauer, Grabungsunter-
26
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
der Nummer und dem entsprechenden Quadratmeter beschriftet. Das entnommene Sediment wurde weder geschlämmt noch gesiebt. Sedimentproben sind, bis auf geringe Mengen, keine erhalten geblieben. Die Abnahme von Lackprofilen wurde versucht. Die Abzüge sind aber misslungen. Besondere Profile und Profildetails wurden im Maßstab 1:10 gezeichnet. Arbeitssituationen, freigelegte Flächen und Details der ersten Grabungskampagne wurden auch fotografisch (SWFotos) dokumentiert. Die Abzüge sind noch vorhanden, die Negative dazu nicht mehr. 3.1.3 Pläne und Vermessung Im Zuge der Umzeichnung der einzelnen Pläne mittels AutoCAD wurde nicht nur die strukturelle Gliederung des Lagerplatzes deutlich, es konnten auch Messfehler bei der Anlage der Quadratmeter aufgedeckt und berichtigt werden. Die Einmessung der ersten Grabungskampagne im April und Mai 1961 erfolgte durch Peilungen zu verschiedenen „Fixpunkten“ wie der Kamptalwarte, einem Kilometerstein an der Straße, einem Lichtmast, einem Hüterhaus, dem Schornstein der Ziegelei und einigen weiteren Punkten. In den seltensten Fällen konnten Entfernungen mit dem Maßband gemessen werden (Abb. 7). Aus diesen Daten heraus wurde bereits 1961 eine Plangrundlage der Messpunkte im Maßstab 1:500 erstellt. Das Quadratmeternetz wurde aber nicht eingetragen. Alle angegebenen Fixpunkte sind heute nicht mehr erhalten. Ausgehend von der Plangrundlage 1961 und der Nordrichtung der einzelnen Quadratmeterzeichnungen war es mittels AutoCAD möglich, die Lage des Quadratmeternetzes der Grabungsstelle April–Mai 1961 in Bezug auf die heutigen Parzellengrenzen einigermaßen genau zu ermitteln (Abb. 8). In das so entstandene Netz wurden die einzelnen digitalisierten Quadratmeterpläne entsprechend der vorhandenen Bezeichnung eingehängt. Nach dem vollständigen Digitalisieren aller vorhandenen Pläne der Fundstelle A zeigte sich überraschenderweise eine 2×6 m große, nicht dokumentierte Zone zwischen den in der ersten und in der zweiten bzw. dritten Kampagne gegrabenen Quadratmetern. Zwei halbkreisförmige Feuerstellen, die genau um 2 m zueinander verschoben waren, verdeutlichten, dass es zwischen Mai 1961 (Kampagne 1) und Oktober 1961 (Kampagne 2) zu einer Verschiebung des Messnetzes um 2 m Richtung Nordosten gekommen war (Abb. 9). Nachdem die Quadratmeter der Kampagnen 2 und 3 um 2 m nach Südwesten verschoben worden waren, passten auch die zwei Hälften der zentralen Feuerstelle genau zueinander (Abb. 10). Die Fläche präsentierte sich nun als nahezu vollständig gegraben. Lediglich ein etwa 50 cm
Abb. 7: Langenlois A, Messprotokoll, April 1961, Original dokumentation 1961.
275/9
34/3
332 286/4
36
280/1 286/1
34/2 185 2
1164
286/3 279/1
92
44
48 1104
45
40
283
47/2
50/1
282/3
284/2
1
7 39
alter Schornstein
51/4 51/1
9
50/2
3
A
69/16
279/2
278
S 38/2 51/2 51/3
75
68 67 65
72 277 73
64 58/1
76
83
66 84
58/2
78 267/2
62
Abb. 8: Ausschnitt aus dem Parzellenplan mit den eingetragenen Messpunkten und Messlinien der Vermessung von 1961 (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
27
Langenlois Fundstelle A M L K
Kampagnen 2 und 3
J H G Mulde
F E D C B
Kampagne 1
A 9
8
7
6
5
4
3
2
1
I
II
III
Abb. 9: Langenlois A, Umzeichnung mit Verschiebungsfehler (Graphik: Th. Einwögerer).
breiter Streifen zwischen den Quadratmetern H und J/1–9 (der Buchstabe I wurde als Quadratmeterbezeichnung nicht verwendet) sowie ein schmalerer, etwa 20 cm breiter Streifen zwischen den Quadratmetern F und G/5–8 zeigten sich völlig fundleer. Hier handelt es sich um die natürliche Erosion an den Profilen in der Zeit zwischen den einzelnen Grabungskampagnen. Besonders die Profilverstürze in den Wintermonaten zwischen Kampagne 2 im Herbst 1961 und
Kampagne 3 im Frühjahr 1962 führten zu einem höheren Informationsverlust. Durch die Verschiebung der Quadratmeter aus den Kampagnen 2 und 3 kam es auch zu einer Neubezeichnung der einzelnen Quadratmeter. Diese betraf nicht nur die Bezeichnung der einzelnen Pläne, sondern auch die Beschriftung der Fundstücke, die neben der fortlaufenden Nummer auch den entsprechenden Quadratmeter (z. B. G3) trugen.
28
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Langenlois Fundstelle A M L K J H G Mulde
F E D C B A 9
8
7
6
5
4
3
2
1
Abb. 10: Langenlois A, Umzeichnung ohne Verschiebungsfehler: Grabungskampagnen 2 und 3 um 2 m berichtigt (Graphik: Th. Einwögerer).
3.2 Befunde Gesamtsituation Zur besseren Unterscheidung der einzelnen Befunde, aber auch Profilabschnitte, wurden diese neu benannt und, wenn nötig, auch mit fortlaufenden Nummern versehen. Aufgrund der Dokumentation kann bei der Fundstelle A von einem einzigen archäologischen Horizont ausgegangen werden, der allerdings unterschiedlich mächtig
ausgeprägt ist und eine stark schwankende Funddichte aufweist. Innerhalb dieser Kulturschicht konnten verschiedene Siedlungsstrukturen festgestellt und dokumentiert werden (Abb. 11). Etwa in der Mitte der Grabungsfläche befindet sich die auffälligste Struktur, eine nahezu kreisrunde Feuer stelle („Feuerstelle 1“) (F–G/3–4). Mit etwa 1 m Durchmesser stellt sie auch den größten Einzelbefund dar und darf als Hauptfeuerstelle angesehen werden. Nur knapp 2 m
Langenlois Fundstelle A
29
Langenlois Fundstelle A M L
Feuerstelle 3 Vertiefung 8
K J Werkplatz
H G
Vertiefung 7 Feuerstelle 1 Mulde
F
Vertiefung 6 Vertiefung 5 Vertiefung 4
E
Vertiefung 9 Brandflecken
Feuerstelle 2
D C Vertiefung 1 Vertiefung 2
B
Vertiefung 3
Arbeitsplatte
A 9
8
7
6
5
Abb. 11: Langenlois A, Siedlungsstrukturen (Graphik: Th. Einwögerer).
4
3
2
1
30
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
südöstlich befindet sich die „Feuerstelle 2“ (D–E/4). Mit knapp über 30 cm im Durchmesser und schwach ovaler Form ist sie deutlich kleiner als die „Feuerstelle 1“. Nicht ganz 4,5 m westlich der „Feuerstelle 1“ befindet sich die „Feuerstelle 3“ (L/4). Mit einem Durchmesser von 20 cm ist sie mit der „Feuerstelle 2“ zu vergleichen und ebenso wie diese als Nebenfeuerstelle anzusprechen. Von besonderem Interesse sind mehrere Vertiefungen in den Quadratmetern B/7, B/6, D/4, D/3, F/2, G/2 und K–L/4. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Ausprägung muss auch von verschiedenen Verwendungszwecken ausgegangen werden. Bekanntheit erlangte bereits eine der Vertiefungen, da sich in ihr eine Quarzitplatte befand, auf der ein Kratzer mit unmittelbar aufliegender Rippe lag. Eine organische Substanz zwischen Rippe und Kratzer führte zur Interpretation als geschäftetes Steingerät.40 Eine flache Mulde in den Quadratmetern F/7–8 kann ebenfalls als gesonderter Befund gelten. Ein Werkplatz zur Zerlegung eines Mammutstoßzahns konnte im Bereich um den Quadratmeter H/4 beobachtet werden. Von besonderem Interesse ist auch eine große Arbeitsplatte aus Stein (Quadratmeter B/6), auf der noch eine Vielzahl an Gerätschaften lag. 3.2.1 Ausprägung und Verlauf der Kulturschicht Die Kulturschicht ist nicht immer gleich ausgeprägt bzw. durchgehend vorhanden gewesen. Aus der spärlichen schriftlichen Dokumentation lassen sich einige Informationen über die Ausprägung und den Verlauf der Kulturschicht gewinnen. Aussagen zur Kulturschicht liegen nur für wenige Quadratmeter und nur für die erste Grabungskampagne vor. Im Quadratmeter B/6 ist sie im Bereich der Steinplatte mit 6–7 cm und vielen Funden (Silex, Holzkohle und Knochenfragmenten) besonders gut ausgeprägt. Nach Norden hin wird sie wieder dünner und ist schließlich nur noch als schmales Band vorhanden. In den Quadratmetern D/3–D/4 ist die Kulturschicht fast in der gesamten Westhälfte deutlich erkennbar und zeigt kaum ein Gefälle. Im Bereich der Quadratmeter E–F/7–8 zeigt sich die Kulturschicht wellig und nur gering ausgebildet. Sie fällt nach Westen schwach, aber gleichmäßig ein. Im Südwesteck des Quadratmeters F/8 liegt ein großer Mammutstoßzahn. Nördlich davon zeichnet sich eine nahezu 1 m2 große, etwa 3–4 cm tiefe „Mulde“ ab. Hier dominieren Silexabfälle und Knochenfragmente, während Holzkohlestücke seltener sind.
40. Felgenhauer 1962–1963, 61–69.
In den Quadratmetern E/5, F/6 und G/5 ist die Kulturschicht stellenweise nicht vorhanden. Profile Allgemein Neben kleineren Schnitten durch die Feuerstellen und die verschiedenen Vertiefungen (siehe dazu Strukturen) sind von der Fundstelle Langenlois A vier Profile dokumentiert. Leider sind die Planblätter nur unzureichend beschriftet, sodass die Lage der einzelnen Profile rekonstruiert werden musste. Bei den Profilen 1, 2 und 3 gelang dies sehr gut. Das Profil 4 konnte nicht eindeutig zugeordnet werden. Seine rekonstruierte Lage ist aber sehr wahrscheinlich. Auf den einzelnen Umzeichnungen wurden die Originalbezeichnungen zu den Schichten wiedergegeben. Himmelsrichtungen wurden soweit möglich ergänzt. Die einzelnen Farben wurden willkürlich gewählt, da die Originale nur mit Bleistift gezeichnet sind und Farbangaben nur selten vorkommen. Abb. 12 gibt die Lage der einzelnen Profile wieder. Weiters sind sieben Profilfotos überliefert. Leider fehlen aber auch hier die genauen Lagebezeichnungen und Vergleichsgrößen. Lediglich ein Foto kann dem Profil D/3–4 West mit der „Feuerstelle 2“ zugeordnet werden (Abb. 13). Hier ist auch ein Vergleichsmaßstab vorhanden. Bei einem weiteren Foto ist als Größenvergleich eine Hand mit abgebildet. Eine Zuordnung zu einem Profil ist aber auch hier nicht möglich (Abb. 14). Informationen zu den Profilen liegen nur aus der ersten Grabungskampagne vor. In einigen Fällen werden „gleyige Bänder“ oder „gleyige Schichten“ genannt, in anderen Fällen „graue Schichten“ oder „weiße Schichten“. Vermutlich handelt es sich hier um dieselben Erscheinungen. Ob damit aber wirkliche Bleichhorizonte gemeint sind, muss dahingestellt bleiben. In den Profilumzeichnungen werden sie der Einfachheit halber als „Gley“ oder „gleyig“ bezeichnet. Sedimentanalysen wurden leider keine vorgenommen. Auch Sedimentproben für nachfolgende Untersuchungen wurden nicht entnommen. In zwei Fällen wurde versucht ein Lackprofil zu entnehmen. Diese sind allerdings misslungen. Die genaue Lage der Lackprofile konnte nicht mehr ermittelt werden (Abb. 15–16).
Profil 1 Beim Profil 1 handelt es sich um ein Westprofil der Quadratmeter F/3–8. Die Originalzeichnung wies keine verwertbare Beschriftung auf. Lediglich dass es sich um ein Westprofil handelt, ist vermerkt. Durch die Lage der „Feuerstelle 1“ im Profil konnte jedoch eine eindeutige Zuordnung ins
Langenlois Fundstelle A
31
Langenlois Fundstelle A M L
Feuerstelle 3 Vertiefung 8
K J Werkplatz
H
Profil 2
G
Vertiefung 7
Profil1
Feuerstelle 1
Mulde
F
Vertiefung 6 Vertiefung 5
E
Profil 4
Vertiefung 4
Profil 3
Vertiefung 9 Brandflecken
Feuerstelle 2
D C Vertiefung 1 Vertiefung 2
B
Vertiefung 3
Arbeitsplatte
A 9
8
7
6
5
4
Abb. 12: Langenlois A, Lage der dokumentierten Profile (Graphik: Th. Einwögerer).
3
2
1
32
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 13: Langenlois A, D/3–4 Westprofil mit der „Feuerstelle 2“ (Foto: F. Felgenhauer 1961).
Abb. 16: Langenlois A, hohes Lackprofil (Foto: F. Felgenhauer 1961).
Abb. 14: Langenlois A, Profil mit unbekannter Lage (Foto: F. Felgenhauer 1961).
Abb. 15: Langenlois A, niedriges Lackprofil (Foto: F. Felgenhauer 1961).
vorhandene Grabungssystem erfolgen. Eine Oberkante des Profils ist nicht gezeichnet worden. Als Beschriftung sind lediglich die Begriffe „Kulturschicht“ sowie „gleyige Horizonte“ vermerkt. Über die Beschaffenheit des Sedimentes zwischen der Kulturschicht und den gleyartigen Bändern liegen keine Angaben vor. Erkennbar ist ein leichter Einfall aller Schichten Richtung Norden (genauer NNW) von etwa 12 cm auf 5 m. Im Bereich südlich der „Feuerstelle 1“ ist deutlich eine Unterbrechung der Kulturschicht zu erkennen. Demnach handelt es sich bei dem Kulturhorizont um keine durchgehende Schicht. Es muss also davon ausgegangen werden, dass es zu kleineren Umlagerungen oder Verschiebungen gekommen ist (Abb. 17). Profil 2 Das Profil 2 stellt die Südseite der Quadratmeter G–H/4 dar (Abb. 18). Die Lage dieses Profils ist durch eine kleine Skizze gesichert. Als Beschriftung fanden sich auch hier nur die Begriffe „Kulturschicht“ sowie „gleyige Schicht“. Die Oberkante des Profils ist angegeben.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 17: Langenlois A, Profil 1, F/3–8 Westprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 18: Langenlois A, Profil 2, G–H/4 Südprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
33
34
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Alle Schichten zeigen hier einen deutlichen Einfall Richtung Osten (genauer SSO). Das Absinken der einzelnen Schichten ist hier mit etwa 7 cm auf 2 m deutlich stärker als im Profil 1. Während die Kulturschicht (Oberkante) durchzulaufen scheint, sind die gleyigen Bänder immer wieder unterbrochen. Profil 3 Beim Profil 3 handelt es sich um ein Westprofil der Quadrat meter D/3–4 (Abb. 19). Die Profilbezeichnung D/4 und D/3 sowie die „Feuerstelle 2“ lassen über die Lage dieses Profils keine Zweifel. Beschrieben werden wieder die „Kulturschicht“ sowie „graue Schichten“, aber auch der „Herd“ sowie „Knochen in der Profilwand“. Bei den höher gelegenen grauen Bändern zeigt sich eine vielfache Aufspaltung im südlichen Bereich. Alle Schichten fallen mit etwa 8 cm auf 2 m Richtung Norden (genauer NNO) ein. Im Süden, nach der „Feuerstelle 2“, reißt die Kulturschicht ab. Auch hier ist wieder deutlich zu erkennen, dass die Kulturschicht nicht durchgehend vorhanden war. Profil 4 Profil 4 ist nur unter Vorbehalt den Quadratmetern D/5–6 zuzuordnen (Abb. 20). Ein Nordpfeil ist vorhanden, der angibt, dass es sich um ein Westprofil handelt. Neben der „Kulturschicht“ sind zwei „weiße Bänder“ bezeichnet. Deutlich ist wieder der Schichteinfall von etwa 5 cm auf 1 m Richtung Norden (genauer NNO). Zusammenfassung der Profile Trotz der wenigen dokumentierten Profile und deren unzureichender Beschriftung lassen sich einige wichtige Informationen über die Fundstelle gewinnen: Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich nur um eine einzige Kulturschicht gehandelt hat, die durch geringe Umlagerungen stellenweise auseinander gerissen und leicht überschoben wurde. Das Hanggefälle war zur Zeit der Kulturschichtbildung geringfügig und gleichmäßig nach Nordosten zur Kampniederung hin geneigt. Das durchschnittliche Gefälle betrug etwa 5 cm auf 1 m. Obwohl der archäologische Horizont in einem stark gegliederten Lösspaket mit immer wiederkehrenden helleren oder grauen Bändern liegt, gibt es keine eindeutigen Hinweise auf Permafrostboden zur Zeit der Kulturschichtbildung. Obwohl mikromorphologische Beobachtungen nicht vorhanden sind, kann angenommen werden, dass größere Eiskeile oder deutliche Kryoturbationserscheinungen erkannt und gezeichnet worden wären.
3.2.2 Feuerstellen Die Feuerstelle bildete schon seit jeher das Zentrum jeder Menschengruppe. Feuer sicherte Grundbedürfnisse. Es diente als Licht- und Wärmequelle, als Waffe und Schutzmittel. Mithilfe des Feuers konnte Nahrung zubereitet sowie Eis und Schnee zu Trinkwasser geschmolzen werden. Farbstoffe konnten vor dem Zerreiben geröstet und modellierte Tonfiguren gebrannt werden. Noch heute hat das Feuer bei vielen alten Stammeskulturen eine elementare Bedeutung. Feuerstellen zählen zu den wichtigsten und am häufigsten erhaltenen Siedlungsstrukturen. Sie werden gewöhnlich nicht nur in unmittelbarem Zusammenhang mit Behausungseinheiten gefunden, sondern sind oft auch Teil davon. Der direkte Nachweis einer Feuerstelle innerhalb einer Siedlung erfolgt meist durch das Auffinden von Holz- oder Knochenkohle und Asche oder durch verziegelte Sedimentreste in der vorhandenen Schicht. Ihr Erhaltungszustand kann je nach Funktion, Dauer und späterer Konservierung stark variieren. Meist sind sie rund oder oval mit einem Durchmesser von 50 bis 200 cm und einer Tiefe von bis zu 30 cm. Die Feuerstelle selbst weist eine bestimmte Form bzw. bestimmte Bauelemente auf, nach der sie klassifiziert und eingeordnet werden kann. Feuerstellen können ohne vorangegangene Baumaßnahmen direkt auf der Oberfläche angelegt, aber auch zuvor eingetieft worden sein. Vorhandene, aber auch nicht vorhandene Ein- oder Umbauten können Hinweise auf eine spezielle Funktion der einzelnen Feuerstellen liefern.41
Einteilung von Feuerstellen nach Bitiri 1961 Schon 1961 unterschied M. Bitiri42 fünf verschiedene Typen von Feuerstellen: 1) einfache oberflächliche Feuerstellen 2) von Löchern umrandete Feuerstellen 3) steinumstellte Feuerstellen 4) einfache eingetiefte Feuerstellen 5) eingetiefte Feuerstellen mit Steinumstellung Mit dieser zu groben Einteilung ist es aber nicht möglich, die große Variationsbreite paläolithischer Feuerstellen befriedigend zu unterscheiden und einzuordnen. Einteilung von Feuerstellen nach Sklenář 1975 Wesentlich bessere Möglichkeiten bietet das System, welches K. Sklenář 197543 vorstellte. Er unterteilt die Feuerstellen in drei Haupt- und sechs Untertypen. 41. Bitiri 1961. 42. Bitiri 1961. 43. Sklenář 1975, 280–304.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 19: Langenlois A, Profil 3, D/3–4 Westprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 20: Langenlois A, Profil 4, D/5–6 Westprofil, Lage unsicher (Graphik: Th. Einwögerer).
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Haupttypen A) Oberflächliche Feuerstellen Dieser Typ repräsentiert die einfachste Variante ohne spezielle Ein- bzw. Umbauten. Sie spricht für eine kurze Nutzung und ist am schwersten nachzuweisen. Nur selten ist das Untergrundmaterial gebrannt. Diese Feuerstellen finden sich meist in kurzfristigen Lagern und sind nicht an Behausungen gebunden. Sie finden sich aber auch in längerfristig genutzten Lagerplätzen, vor allem außerhalb von Behausungen. Hier muss aber bedacht werden, dass einfachere Behausungen möglicherweise nicht mehr nachweisbar sind. B) Eingetiefte Feuerstellen Dieser Typ entspricht Typ A, nur wurde der Untergrund vor der Benutzung leicht eingetieft (meist muldenförmig). Das liegende Sediment ist gebrannt und die Feuerstelle selbst mit Asche und Holzkohle gefüllt. Charakteristisch ist eine Kombination mit den Untertypen a, c und teilweise b. Diese Form der Feuerstelle ist durch ihre Eintiefung besser vor Erosion geschützt und kann deshalb öfter als Typ A in seiner „Originalform“ gefunden werden. Nachgewiesen sind eingetiefte Feuerstellen im freien Gelände meist längerfristiger Lager, in Behausungen und auch in Höhlen. Dieser Typ der Feuerstellen findet sich auch in kurzfristigen und temporären Lagern und den damit verbundenen Behausungen. C) Backofentyp Gefunden werden hier ganze Herde (oder auch nur Teile davon) mit Seitenwänden und Abdeckungen aus Lehm oder Steinen. Sie sind sehr selten und im Paläolithikum nur in saisonalen Lagern nachgewiesen (Dolní Věstonice, Pavlov). Untertypen a) Beabsichtigt ist eine Verstärkung und Abgrenzung der Feuerstelle nach unten und/oder nach außen. Zusätzlich zum Basistyp ist sie noch mit Steinen (Platten oder Gerölle) umgeben oder sogar unterlegt.
Feuerstelle angebracht. Diese Feuerstellen sind oft Teil von dauerhaften Siedlungen. b) Beabsichtigt ist hier der Schutz vor dem Wetter. Hier handelt es sich um Bauten außerhalb der aktuellen Feuerstelle, um das Feuer vor Wind oder Zugluft zu schützen. Meist wurden Bauelemente, wie aufrecht stehende Steinplatten oder Stein- bzw. Lehmwälle, an der Seite der Feuerstelle errichtet. c) Beabsichtigt ist eine Verbesserung des Brandes. Bauelemente, die Luft ins Feuer leiten, um den Brennvorgang zu optimieren, sind seltener und die Interpretation ist nicht immer schlüssig. Eingetiefte Kanäle sowie Löcher im Boden der Feuerstelle könnten aber auf die beabsichtigte Zuführung von Luft hindeuten. d) Beabsichtigt ist eine Erleichterung der Essenszubereitung. Bauelemente, wie Vertiefungen im Boden der Feuerstelle oder an deren Rand, deuten öfters auf die Zubereitung von Essen hin. Die Löcher sind meist mit Asche und in einigen Fällen auch mit Knochen gefüllt. Es ist aufgrund ethnographischer Parallelen anzunehmen, dass in ihnen Essen in der heißen Asche gekocht wurde. Oft sind diese Befunde aber nicht eindeutig. Eine große Rolle bei der Interpretation spielt dabei die relative Lage der Vertiefungen zur Feuerstelle sowie ihre Form und Füllung. Je weiter die Vertiefungen von der Feuerstelle entfernt sind, umso zweifelhafter wird ihre Funktion bei der Essenszubereitung. e) Beabsichtigt ist eine Entnahme von Asche aus der Feuerstelle. Ein sehr seltener Fall liegt hier aus einer Behausung aus Dobranichevka vor: Die Asche, welche Vertiefungen füllte, war durch einen Aschkanal bewegt worden. f) Feuerstelle mit Pfostenlöchern unbestimmter Funktion.
Typ Aa) Diese Feuerstelle wurde über einer Steinpflasterung angelegt. Dabei ist die Pflasterung mindestens so groß wie die Feuerstelle oder größer. Charakteristisch sind die Brandspuren der Steine sowie Asche und Holzkohle zwischen den Steinen. Diese Feuerstellenform kann in temporären und saisonalen Lagern, oft auch in Behausungen nachgewiesen werden. Typ Ba) Hier dient eine Feuerstelle des Typs B als Basis. Zusätzlich wurde eine Steinbefestigung an der Basis oder/und um die
Struktur „Feuerstelle 1“ Befund Im Schnittpunkt der Quadratmeter F–G/3–4 der Fundstelle Langenlois A konnte eine große Feuerstelle dokumentiert werden. Sie besaß eine nahezu kreisrunde Form mit einem mittleren Durchmesser von 85 cm und war gegen die umgebende Kulturschicht scharf abgegrenzt. In der Fläche waren mehrere, farblich unterschiedliche Zonen zu unterscheiden: Ein dünner, hellrot gebrannter Außenbereich umgab die gesamte Feuerstelle. Nach innen schloss eine ebenfalls sehr dünne, schwarze sowie eine etwas breitere,
Langenlois Fundstelle A
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Abb. 21: Langenlois A, a: Süd-Nord-Schnitt durch die „Feuerstelle 1“; b: West-Ost-Schnitt durch die „Feuerstelle 1“, Originaldokumentation 1961 (Graphik: Th. Einwögerer).
hellrote Zone an. Eine ringförmige massive Anlagerung von Holzkohle schloss einen „schokoladebraunen“ Innenbereich mit mäßiger Holzkohleanreicherung ab. Im Zentrum konnte noch ein schlingenförmiges, graues Band beobachtet werden. Im Nord-Süd-Profil zeigte die „Feuerstelle 1“ deutlich eine lang gestreckte, muldenförmige Eintiefung, die bis zu 12 cm unter die Kulturschicht reichte (Abb. 21a). Im Zentrum an der Basis erkennte man eine massive Holzkohleanreicherung, die selbst eine kleinere Mulde innerhalb des gebrannten Sedimentes zu bilden scheint. Eine deutliche Holzkohleanreicherung konnte auch im WestOst-Profil an der Basis beobachtet werden (Abb. 21b). Hier war die Muldenform der Holzkohleanhäufung nicht so eindeutig zu erkennen. Eine Eintiefung der gesamten Feuerstelle konnte aber auch hier eindeutig nachgewiesen werden. Über der Holzkohleschicht war eine „schokoladebraune“, gebrannte Lössschicht mit einzelnen Holzkohleflocken erkennbar, die nicht über die Holzkohleanreicherung hinausgegangen sein dürfte. Abgeschlossen wurde diese Abfolge im West-Ost-Profil durch eine weitere braune Schicht. Im Süd-Nord-Profil hingegen wurde zwischen der „schokoladebraunen“ Schicht mit Holzkohleflocken und der braunen noch eine zusätzliche graue, eingelagerte
linsenförmige Schicht dokumentiert. Sie schien weitgehend der Form der Holzkohleanreicherung zu folgen und erhärtet den Eindruck einer kleineren Mulde innerhalb der Feuerstelle. Alles in allem dürfte sich eine Mehrphasigkeit andeuten. Offenbar wurde die Feuerstelle nach dem vollständigen Abbrennen nach kurzer Zeit erneut in Betrieb genommen. Die zeitliche Tiefe ist dabei nicht mehr festzustellen. Die erneute Nutzung dürfte allerdings nach einer Ausräumungsphase relativ rasch erfolgt sein. Im Nordosten der Feuerstelle schloss außerhalb der dunkelrot gebrannten Zone ein Streifen von zehn kleineren Löchern an. Meist zeigten diese Löcher runden oder ovalen Querschnitt. Teilweise waren sie aber auch eckig. Bei einigen fand sich in der Mitte ein verkohlter Bereich. Die Tiefen dieser Einbuchtungen lagen zwischen 4 und 5 cm. Vereinzelt erreichten die Löcher auch Tiefen von bis zu 7 cm, wobei ihr Durchmesser in der Regel um die 3 cm betrug. Laut Interpretation der Ausgräber handelt es sich hierbei um „Stablöcher“. Zumindest bei einem glaubten sie eindeutig nachweisen zu können, dass es durch das senkrechte Eindrücken eines Holzes entstand. Über das genaue Verfüllmaterial der Löcher ist leider nichts bekannt. Hinweise auf eine ehemalige Steinumstellung konnten nicht gefunden werden. Weder im unmittelbaren Bereich der Feuerstelle noch in weiterer Entfernung konnten Reste
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Langenlois Fundstelle A M L
Feuerstelle 3
K J H G Feuerstelle 1
F E
Brandflecken Feuerstelle 2
D C B A 9
8
7
6
5
4
3
Abb. 22: Langenlois A, Holzkohleanreicherungen in der Kulturschicht (Graphik: Th. Einwögerer).
2
1
Langenlois Fundstelle A
von im Feuer zersprungenen Kieseln (Kochsteine) nachgewiesen werden. Interpretation Durch ihre Lage im Zentrum der Fundstreuung, ihre Form (Ausdehnung) und Ausprägung (Eintiefung), sowie ihre räumliche Lage zu zwei weiteren, wesentlich kleineren Feuerstellen („Feuerstelle 2“ und „Feuerstelle 3“) kann die „Feuerstelle 1“ als Hauptfeuerstelle angesprochen werden. Besonders das Nord-Süd-Profil zeigt eine deutliche Schichtung innerhalb der Feuerstelle. Vor allem die kleinere Mulde der massiven Holzkohleschicht an der Basis, die eine verziegelte Schicht sichtlich schneidet, deutet auf zumindest zwei unterschiedliche Phasen der Nutzung hin. Die einzelnen Phasen können dabei zeitlich knapp hintereinander liegen. Möglicherweise wurde eine längere Feuerungsphase nur durch einen oder auch mehrere Ausräumungsprozesse unterbrochen. Das wiederholte Entfernen von Holzkohle und Asche deuten mehrere Holzkohle- sowie Ascheansammlungen im Bereich um die Feuerstelle herum an (Abb. 22). Bei den zehn kleineren Vertiefungen am Nordrand der Feuerstelle liegt die Vermutung nahe, dass es sich um Löcher handelt, die beim Einstechen von 2–3 cm dicken Holzstöcken am Feuerstellenrand entstanden sind. Verkohlte Reste
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in den Vertiefungen zeigen an, dass die Enden der Stöcke intensiv mit dem Feuer in Berührung kamen. Solche Hölzer könnten wiederholt als „Bratspieße“ verwendet worden sein. Nach der Unterscheidung von K. Sklenář 1975 handelt es sich um eine Feuerstelle vom Typ Bf. Sie ist eingetieft und weist in ihrem näheren Umfeld verschiedenste Löcher auf, deren Funktion, möglicherweise Steckspuren von „Bratspießen“, aufgrund des Dokumentationsstandes nur vermutet, aber nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Feuerstellen dieses Typs sind charakteristisch für temporäre Lager, die oft über mehrere Tage bis zu einigen Wochen genützt wurden. Eingetiefte Feuerstellen kommen aber auch in saisonalen Lagerplätzen – auch innerhalb von Behausungen – vor, deren Benutzungsdauer mehrere Monate betragen kann. Struktur „Feuerstelle 2“ Befund Etwa 2 m südöstlich der „Feuerstelle 1“ befand sich eine weitere, kleinere Feuerstelle (Abb. 23). Ihr Zentrum lag im Quadratmeter D/4. Etwa ein Drittel ihrer Fläche reichte aber noch in den Quadratmeter E/4 hinein. Ihre Form war leicht oval und der mittlere Durchmesser lag bei 36 cm. Ihre Längsachse war Nord-Süd gerichtet. Die Feuerstelle war
Abb. 23: Langenlois A, „Feuerstelle 2“ (Foto: F. Felgenhauer 1961, bearbeitet: Th. Einwögerer).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
nicht eingetieft. Im Zentrum des Feuerplatzes zeigte die Verziegelung des liegenden Sedimentes eine Mächtigkeit von etwa 3 cm. Die Kulturschicht lief in diesem Bereich eindeutig über die Feuerstelle hinweg (Abb. 24).
Abb. 24: Langenlois A, Nord–Süd-Schnitt durch die „Feuerstelle 2“, Originaldokumentation 1961 (Graphik: Th. Einwögerer).
Interpretation Aufgrund ihrer geringen Größe und einer fehlenden Eintiefung muss die „Feuerstelle 2“ als Nebenfeuerstelle bezeichnet werden. Die geringe Mächtigkeit der Verziegelung sowie die gleichmäßige dunkle Verfüllung sprechen für die einmalige Benutzung dieser Feuerstelle. Die über der Feuer stelle liegende Kulturschicht deutet darauf hin, dass diese bereits zu Beginn der Besiedelung benutzt wurde. Erst später, als die Feuerstelle nicht mehr in Verwendung war, bildete sich die Kulturschicht über ihr aus. Struktur „Feuerstelle 3“ Befund Die kleine Feuerstelle befand sich im Quadratmeter L/4. Ihre Form war beinahe kreisrund und wies einen Durchmesser von etwa 20 cm auf. Ihr Querschnitt wurde leider nicht dokumentiert. Laut Signatur auf der Planumsdokumentation muss sie aber eingetieft gewesen sein. Auch die Bezeichnung am Plan mit „Grube“ und „Feuerstelle“ deutet auf eine ausgeprägte Eintiefung hin. Über die Art der Verfüllung liegen keine Angaben vor. Um die Feuerstelle herum konnte eine sehr intensiv gefärbte Kulturschicht festgestellt werden, deren dunkelste Bereiche in unmittelbarer Umgebung der Feuerstelle lagen und nach Süden bzw. Südwesten weiter zu verfolgen waren.
Interpretation Obwohl davon ausgegangen werden muss, dass die Feuer stelle deutlich eingetieft war, ist sie dennoch eher als Nebenfeuerstelle anzusprechen. Leider kann aufgrund der undeutlichen Dokumentationslage nicht unterschieden werden, ob es sich um eine eingetiefte Feuerstelle oder einen
„Brandherd“ in einer Grube handelt. Eingetiefte Feuerstellen werden gerne als längerfristig benutzte Strukturen angesehen.44 Dies kann im vorliegenden Fall aber mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Denkbar wäre ein kurzfristiges Feuer in einer Grube, die ursprünglich einem anderen Zweck gedient hat, oder eine Grube, in der mit glühender Kohle hantiert worden ist, ohne dass ein Feuer vor Ort gebrannt hat. Solche mit heißer Asche oder Kohle gefüllte Gruben müssen nicht nur zur Zubereitung von Essen gedient haben. Vorstellbar ist auch, dass die auf diese Weise gut dosierbare Hitze für verschiedene Arbeitsschritte zur Herstellung von Werkzeugen, wie etwa das Geradebiegen von Holz oder die Herstellung von Birkenpech, genutzt wurde. Die fehlende Dokumentation eines Querschnittes könnte daran liegen, dass keine Verziegelung des liegenden Sediments zu erkennen war. Dies würde eher für das Einfüllen von Asche und Holzkohle in eine Grube sprechen als für ein in situ Feuer. Ähnliches kann auch für die „Vertiefung 8“ gelten, die in unmittelbarer Nähe der Feuerstelle liegt und ebenfalls sehr dunkel mit Holzkohle verfüllt ist. Eine ähnliche Funktion wie die „Feuerstelle 3“ und die „Vertiefung 8“ könnte auch die Struktur Brandflecken gehabt haben. Struktur „Brandflecken“ Befund An der Grenze der Quadratmeter D/3 und E/3 konnten zwei Brandflecken dokumentiert werden. Der größere der beiden lag im Südosten (D/3) und wies eine ovale Form mit den Ausmaßen von 10 × 18 cm auf. Der kleinere lag weiter nordwestlich (D/3, E3) und maß nur etwa 8 × 11 cm. Querschnitte wurden nicht dokumentiert. Welche Faktoren zur Bezeichnung „Brandflecken“ in der zeichnerischen Dokumentation führten, ist nicht bekannt. Es liegen keine Informationen über Verziegelungen des Untergrundsediments oder Anhäufungen von Holzkohle bzw. Asche vor.
Interpretation Aufgrund der spärlichen Informationen zur Struktur Brandflecken kann über die Nutzung dieses Bereiches wenig ausgesagt werden. Denkbar ist aber, dass es sich hier um eine begrenzte Zone handelt, in der kein Feuer vor Ort brannte, aber ein noch heißes Substrat über einen bestimmten Zeitraum hinweg gelagert wurde. Es könnte sich dabei sowohl um Holzkohle oder Asche als auch um Sediment handeln. Solche außerhalb einer Feuerstelle gelagerten heißen Substrate könnten für verschiedene spezielle Tätigkeiten Verwendung gefunden haben. Neben 44. Sklenář 1975, 280–204.
Langenlois Fundstelle A
der Zubereitung (erwärmen, kochen, rösten) bestimmter Speisen kann unter anderem auch die Herstellung und/ oder Verarbeitung von Klebstoff, in welcher Form auch immer, in Betracht gezogen werden. Eine solche Wärmequelle könnte auch für das Biegen von Holz verwendet worden sein. Denkbar wäre auch, dass eine Feuerstelle gereinigt worden ist und das überschüssige, noch heiße, Holzkohlematerial hier gelagert wurde. 3.2.3 Vertiefungen Allgemein Vor allem in Freilandfundstellen, aber auch in Höhlenfundplätzen des Paläolithikums können immer wieder verschiedenste in das Untergrundsediment eingetiefte Strukturen mit unterschiedlicher Gestalt festgestellt werden.
Einteilung von eingetieften Elementen nach K. Sklenář 1975 1) kleine Vertiefungen und Löcher Normalerweise nicht breiter als 100 cm und tiefer als 50 cm. Diese Kategorie kann noch weiter durch das Verhältnis vom Durchmesser zur Tiefe unterschieden werden. 1a) Vertiefungen, bei denen der Durchmesser kleiner oder gleich der Tiefe ist. Meist bewegen sich die Abmessungen zwischen 5 und 20 cm. Diese Vertiefungen können als Pfostenlöcher bezeichnet werden. Vor allem, wenn mehrere vorhanden sind und ihre Lage zueinander einen glaubhaften Grundplan ergibt. Im Paläolithikum handelt es sich dabei eher um kleinere Löcher, die durch das Entfernen eines dünneren Pfahles oder dickeren Astes entstanden sind. 1aa) Die Vertiefungen bilden klare geschlossene oder partielle Umrisse in einem Grundplan. Meist ergeben die Anordnungen aber keine erkennbaren Muster. 1ab) Durch den Zusammenhang mit anderen Strukturen (Erdhügel oder Wälle) wird die Funktion der Löcher klar. 1ac) Löcher im Boden einer geschlossenen Einheit, möglicherweise Spuren einer Dachkonstruktion oder der Ausstattung einer Behausung. 1ad) Löcher in Verbindung mit einer Feuerstelle. 1ae) Löcher in einer Siedlungsschicht ohne ersichtliche Verbindung zu einer Siedlungseinheit. 1af) Löcher im Vor- oder im Eingangsbereich von Höhlen oder Abris. 1b) Vertiefungen oder Löcher, die genauso breit wie tief oder breiter sind. Oft haben sie einen kesselförmigen Querschnitt, mehr Volumen und eine vielfältigere
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Verfüllung als ein Pfostenloch. Dies betrifft kleinere Löcher im Boden von Behausungen, aber auch die wesentlich selteneren Löcher, die außerhalb von Behausungen liegen. Meist werden diese als Vorratsgruben angesprochen. 1c) Vertiefungen, bei denen der Durchmesser beträchtlich größer ist als ihre Tiefe. Ihr Querschnitt ist flach oder kugelförmig. Oft sind sie schwer von natürlichen Vertiefungen oder Mulden, die durch die Besiedelung entstehen, zu unterscheiden. Der wichtigste Aspekt ist hier die Verfüllung. Sie können als Herd gedient haben, mit bestimmten Tätigkeiten zusammenhängen oder als Entnahmestelle für Sediment verwendet worden sein. 2) größere Vertiefungen Bei variierender Tiefe beträgt ihr Durchmesser über 1 m. 2a) Gruben, die tiefer sind als ihre flächige Ausdehnung. Sie sind selten. 2b) Vertiefungen, die seichter sind und eine größere, flächige Ausdehnung aufweisen, werden häufig als Behausung interpretiert. Es besteht die Möglichkeit, sie nach Länge, Breite, Tiefe, Umfang oder Umriss zu klassifizieren. Ihre Verfüllung muss aber eindeutige Spuren des Bewohnens zeigen. Hilfe bei der Interpretation von Vertiefungen vom Typ 2 geben ethnographische und ethnoarchäologische Vergleiche. Besonders die Verfüllung gibt hier Auskunft: – Asche oder Holzkohle kann ein Hinweis auf eine ausgeräumte Feuerstelle, eine Struktur in Verbindung mit einer Feuerstelle oder einen abgebrannten Unterstand sein. – Steinindustrie deutet auf einen Werkplatz hin. Dieser muss nicht zwingend überdacht gewesen sein. – Tierknochen können eine Grube als Vorratsgrube ausweisen. Sie können aber auch auf die eingestürzten Reste einer Behausung, bei der auch Tierknochen in das Rahmenwerk eingebaut waren, hindeuten. – Menschliche Knochen deuten eine Bestattung an. Es kann sich dabei um eine spezielle Grabgrube oder eine Bestattung in einer sekundär genutzten Grube handeln. 3) Rinnen und Gräben Sie können isoliert oder in Verbindung mit Feuerstellen oder Behausungen auftreten. 3a) Rinnen, die ein bestimmtes Areal umgeben. Sie können das Fundament einer Behausung markieren. 3b) Tiefere und breitere Gräben, die eine Siedlung durchziehen, ohne ein Muster zu zeigen.
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Kochgrübchen Grübchen in Verbindung mit einer Feuerstelle sind aus einer Vielzahl von Sand- und Lössfundstellen bekannt. Vielerorts stellen solche Vertiefungen einen festen Bestandteil von Innenräumen in Behausungen des mittleren und späten Jungpaläolithikums dar.45 A. N. Rogačev46 vermutet in Kostenki IV, dass einige Gruben in der Nähe von Feuerstellen zum Kochen gedient haben. Auch für G. Bosinski spricht viel dafür, dass solche Eintiefungen in unmittelbarer Nähe von Feuerstellen mit Leder ausgekleidete Kochgruben waren. Mit Hilfe von heißen Steinen, die wie Tauchsieder verwendet wurden, konnten Flüssigkeiten erwärmt werden. Gegenstände, die in den Gruben gefunden werden, sind erst nach dem Gebrauch der Kochgrube in die Vertiefung gelangt. Durch die Grube besser geschützt als die Gegenstände, die frei auf dem Siedlungshorizont lagen, haben sie sich meist wesentlich besser erhalten. So ist erklärbar, dass aus solchen Grübchen oft besondere Fundstücke stammen.47 In Gönnersdorf konnten im Bereich von drei Behausungen über 20 verschiedene Grübchen und Gruben festgestellt werden.48 Die Grübchen sind eher klein. Bei einem Durchmesser von 15 bis 20 cm erreichen sie Tiefen von 10 bis 30 cm. Zersprungene Quarzgerölle in der Umgebung von solchen Grübchen deuten darauf hin, dass Flüssigkeiten mithilfe von heißen Steinen erhitzt wurden.49 Auch in Stratzing konnten Grübchen in unmittelbarer Nähe einer umbauten Feuerstelle dokumentiert werden. Eines war sekundär mit Knochensplittern und Silex verfüllt.50 Struktur „Vertiefung 1“ Befund An der Grenze der Quadratmeter B/6 und B/7 in der Fundstelle Langenlois A fanden sich die „Vertiefung 1“ (Abb. 25– 26). Sie besaß eine runde Form mit 8 cm Durchmesser. Die Tiefe maß 10 cm. Eine Verjüngung nach unten konnte nicht festgestellt werden. Die Verfüllung bestand aus dem üblichen, hier allerdings sehr verdichteten, Kulturschichtmaterial (Knochenstücke, Holzkohle und Silex).
45. Bosinski 1987, 45. 46. Rogačev 1955. 47.
Bosinski 1979.
48. Bosinski 1981, 41. 49. Batchelor 1979. 50. Neugebauer-Maresch 1993a.
Abb. 25: Langenlois A, Vertiefungen 1 und 2 in der Fläche (Foto: F. Felgenhauer 1961, bearbeitet: Th. Einwögerer).
Struktur „Vertiefung 2“ Befund Die „Vertiefung 2“ fand sich im Quadratmeter B/6 und war nur 28 cm von der „Vertiefung 1“ entfernt, gemessen von Mitte zu Mitte (Abb. 25–26). Ihre Form war mit 13 × 14 cm annähernd rund. Die Tiefe betrug 29 cm. Nach unten hin verjüngte sich der Querschnitt und hatte an der Basis nur noch einen Durchmesser von 4 cm und eine leicht ovale Form. Auch hier bestand die Verfüllung der oberen Zonen (bis in eine Tiefe von etwa 14 cm) aus Knochen, Holzkohle und Silices aus dem üblichen Kulturschichtmaterial. An der Basis zeigten sich senkrecht stehende Stoßzahnsplitter, die nach innen stark verwittert und mit Holzkohle durchsetzt waren. Silices konnten im Bereich der Elfenbeinstücke nicht mehr festgestellt werden. Struktur „Vertiefung 3“ Befund Die „Vertiefung 3“ konnte im Quadratmeter B/7 dokumentiert werden (Abb. 27). Ihre runde Form wies einen Durchmesser von etwa 10 cm auf. Mit 27 cm reichte sie, wie „Vertiefung 2“, sehr tief unter die Kulturschicht. Die Verfüllung bestand wie bei den Vertiefungen 1 und 2 aus
Langenlois Fundstelle A
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Abb. 26: Langenlois A, Vertiefungen 1 und 2 Schrägansicht (Foto: F. Felgenhauer 1961, bearbeitet: Th. Einwögerer).
Holzkohle, Knochen und Silices. Die Anzahl der Stücke war jedoch geringer. Sowohl im Horizontalen als auch im Vertikalen grenzte sich diese Vertiefung wesentlich undeutlicher vom umgebenden Sediment ab. Die Form der Basis (spitz oder halbrund) konnte nicht eindeutig geklärt werden. Struktur „Vertiefung 4“ Befund Im Quadratmeter E/4 konnten zwei Vertiefungen („Vertiefung 4“ und „Vertiefung 5“) dokumentiert werden. „Vertiefung 4“ (Abb. 28) zeigte eine leicht ovale Form mit einem mittleren Durchmesser von 17 cm. Im Profil konnte eine halbrunde Form beobachtet werden. Eine exakte Tiefe wurde nicht festgehalten. Die Verfüllung beinhaltete neben hartem, grauem Löss wenige Holzkohleflocken und Knochen. Auffallend ist die geringe Distanz von nur 20 cm zwischen der „Feuerstelle 2“ und der „Vertiefung 4“. Vertiefungen in unmittelbarer Umgebung von Feuerstellen werden oft als Kochgruben interpretiert. Ausschlaggebend dabei sind immer der Abstand zur Feuerstelle, die Größe der Vertiefung, deren Verfüllung sowie das Vorhandensein von Quarz- oder Quarzittrümmern, die durch Abb. 27: Langenlois A, „Vertiefung 3“ (Foto: F. Felgenhauer 1961).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 28: Langenlois A, Verfärbung 4 (Foto: F. Felgenhauer 1961).
Hitzeeinwirkung und/oder rasche Temperaturwechsel zersprungen sind.51 Bei der „Vertiefung 4“ könnte es sich daher möglicherweise um eine Kochgrube handeln. Struktur „Vertiefung 5“ Befund „Vertiefung 5“ befand sich ebenfalls im Quadratmeter E/4 (Abb. 29). Mit einem Durchmesser von knapp unter 20 cm wies sie eine Tiefe von 14 cm auf. Ihre Form war annähernd rund mit unregelmäßigem Rand. Im Querschnitt zeigte sie sich halbrund (Abb. 30). Das Füllmaterial war einheitlich tiefbraun gefärbt, mit Holzkohle angereichert und enthielt neben größeren Knochen auch Elfenbeinlamellen. Auffallend war die gleichmäßige Form der Vertiefung. Struktur „Vertiefung 6“ Befund Im Quadratmeter F/2 (früher F/I) zeigte sich eine kleine, annähernd rechteckige Grube mit den Maßen 9 × 8 cm. Die 51. Sklenář 1975, 280–304.
Vertiefung reichte etwa 8 cm unter die Unterkante der in diesem Bereich mächtig ausgebildeten Kulturschicht. Der Querschnitt zeigte sich nach unten leicht verjüngt mit halbrundem Abschluss. An der Basis lagen einige kleinere Knochenfragmente. Darüber ein aufrecht stehender, bearbeiteter Quarzit. Struktur „Vertiefung 7“ Befund Die kleine Vertiefung mit einem Durchmesser von 10 cm wurde im Quadratmeter G/2 (früher G/I) dokumentiert. Ihr Querschnitt war halbrund und reicht 5 cm unter die Kulturschichtunterkante. Im Verfüllmaterial fanden sich neben Holzkohle auch Silices und schlecht erhaltene Knochen. Leider wurde die Vertiefung erst einen Tag nach der zeichnerischen Dokumentation des entsprechenden Quadratmeters gefunden und auf ein eigenes Blatt gezeichnet, aber nicht in die Gesamtdokumentation des Quadratmeters eingehängt. Die Rekonstruktion der Lage erfolgte über eingezeichnete, charakteristische Holzkohleanhäufungen. Die genaue Lage dieser Vertiefung muss daher als unsicher gewertet werden.
Langenlois Fundstelle A
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Abb. 29: Langenlois A, „Vertiefung 5“ in der Fläche (Foto: F. Felgenhauer 1961).
Struktur „Vertiefung 8“ Befund Die „Vertiefung 8“ befand sich im Quadratmeter K–L/4 nur 10 cm von der „Feuerstelle 3“ entfernt. Sie hatte eine leicht ovale Form und einen Durchmesser von 10 × 20 cm. Ihre Tiefe unter die Unterkante der Kulturschicht betrug etwa 7 cm. Der Querschnitt war halbrund. Über ihr Verfüllmaterial ist nichts bekannt. Aufgrund ihrer Maße sowie der unmittelbaren Nähe zur „Feuerstelle 3“ ist eine Verwendung als Kochgrübchen denkbar. Struktur „Vertiefung 9“ mit „geschäftetem Kratzer“ Bei der „Vertiefung 9“ handelt es sich um einen ganz besonderen Befund. An der Seitenwand der Vertiefung wurde möglicherweise ein auf einer Rippe geschäfteter Kratzer gefunden (Abb. 31).
Befund Bei der Profilkontrolle nach Abschluss der 2. Grabungskampagne am 7. Mai 1961 wurde im Nordprofil des Quadratmeters E/3 folgender Befund dokumentiert.52
Abb. 30: Langenlois A, „Vertiefung 5“ im Profil (Foto: F. Felgenhauer 1961).
52. Felgenhauer 1962–1963, 62–63.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Die an dieser Stelle nur 5–8 mm mächtige Kulturschicht war auf einer Länge von etwa 14 cm unterbrochen. Im westlichen Bereich kippte die Kulturschicht nach unten und endete etwa nach einer Länge von 4 cm. Im Osten wirkte die Kulturschicht scharf abgeschnitten. Dazwischen zeigte sich eine etwa 13 cm tiefe Grube mit konisch, beutelartiger Form und unwesentlich heller gefärbter Füllung. An der Basis der Grube stand eine aufgerichtete Steinplatte, an deren oberster Schmalseite noch einige Holzkohlen, Knochensplitter und ein Rötelbrocken lagen. Im Osten ragte ein mediales Rippenfragment (Rentierrippe, 8–11 links)53 vom Vertiefungsrand aus in einem Winkel von etwa 50° bis zur Steinplatte hinunter. Im unteren Teil lag auf dieser Rippe ein kantenretuschierter Silexkratzer mit seiner Ventralseite auf. Die Kratzerkappe überragt dabei das Rippenende und berührt gleichzeitig die Steinplatte. An der Berührungsfläche zum Rippenfragment konnte am Silex anhaftend ein sehr dünner, leicht abblätternder Belag von weißlich-grauer Farbe mit einzelnen punktförmigen schwarzen Flecken festgestellt werden. Die Kratzerkappe zeigt eine auffällige Verrundung der Kante, aber keine Aussplitterung. Zwei graue Bänder im überlagernden Löss folgen dem allgemeinen Verlauf der Kulturschicht. Im Bereich der Vertiefung senken sie sich jedoch um etwa 3 cm ein. Im Verfüllmaterial fanden sich noch ein weiterer Knochensplitter sowie ein Silex. Eine chemische Untersuchung gleich nach den Grabungen an dem Belag an der Ventralfläche des Kratzers ergab, dass es sich hierbei um überwiegend anorganisches Material handelte welches bis auf geringfügige Differenzen mit dem Löss der Umgebung übereinstimmte. Durch die Verwendung quantitativer mikroanalytischer Methoden konnte der Gesamtkohlenstoffgehalt mit dem aus dem Löss der unmittelbaren Umgebung verglichen werden. Dadurch gelang es, an der erwarteten Schäftungsstelle das Vorhandensein geringfügiger Mengen an organischen, verbrennbaren Substanzen nachzuweisen.54 Um welche Substanzen es sich dabei handelte, konnte nicht festgestellt werden. Interpretation Bereits 1962–1963 versuchte F. Felgenhauer die Ereignisse, die zu diesem Befund führten, zu rekonstruieren.55 Er erarbeitete dabei folgende Schritte: 1) Die hier einheitlich abgelagerte und ausgebildete Kulturschicht wurde an einer Stelle zur Anlage einer grubenartigen Eintiefung unterbrochen.
2) In diese Grube gelangte eine aufrecht stehende, schmale Steinplatte mit Holzkohle, Rötel- und Knochenfragmenten. 3) Erst danach kamen Rippenstück und Silexkratzer in die Grube, die später aufgefüllt worden ist. 4) Bei Bildung der beiden Gleyhorizonte war die Grube noch nicht völlig ausgefüllt, da sich beide Gleyhorizonte nur im Bereich der Grubenfüllung leicht einsenkten. Bei der Interpretation dieses Befundes ergaben sich für F. Felgenhauer folgende Fragen:56 1) Welchem Zweck diente die Grube? 2) Ist die in situ vorgefundene Lagerung von Rippe und auflagerndem Silex zufällig oder notwendig? 3) Stehen Rippe und Silex mit Anlage und Verwendung der Grube in einem ursächlichen Zusammenhang oder nicht? Auf den Zweck der Grube wollte F. Felgenhauer nicht näher eingehen, da er die Gesamtsituation aller aufgefundenen Vertiefungen mit berücksichtigen wollte. Er zieht jedoch eine unfertige oder nicht zur beabsichtigten Verwendung gelangte Pfostengrube in Erwägung. Er schloss aber auch eine „Opfergrube“ nicht aus.57 Ein geschäfteter Kratzer? Eine zufällige Positionierung von Rippe und Kratzer zueinander hielt F. Felgenhauer für ausgeschlossen. Dabei bezog er sich vor allem auf die steile Lage der Fundstücke in der Grube, die exakte Position des Silex über dem Knochen, das Vorstehen der Kratzerkappe über das Rippenstück hinaus, sowie die Berührung mit der Steinplatte unter Berücksichtigung der geringen Knochenbreite und deren Wölbung. Als einzige mögliche Erklärung dieses Ensembles sah er die Schäftung des Kratzers mittels Schnurbindung auf der Rippe, worauf seiner Meinung nach auch der chemische Befund zu deuten schien.58 So zur Handhabe fixiert, könnte der Kratzer, wie die Verrundung der Kante andeutet, als Werkzeug zur Bearbeitung weicher Materialien wie Leder, Haut oder Fell gedient haben. Dass eine Vielzahl von Silexgeräten im Jungpaläolithikum geschäftet war, wird allgemein angenommen. Lochschäftungen in Knochen- oder Hornfassungen sind von verschiedenen Fundstellen bekannt. Zu nennen sind hier etwa an einem Ende ausgehöhlte Geweihsprossen, wie sie auch in Willendorf II/4 vorkommen.59 56. Felgenhauer 1962–1963, 65.
Felgenhauer 1962–1963, 65.
53. Bestimmung: E. Thenius 1961.
57.
54. Sauter, Zak 1963, 4.
58. Sauter, Zak 1963, 4.
55. Felgenhauer 1962–1963, 64–65.
59. Felgenhauer 1956–1959, 127.
Langenlois Fundstelle A
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Abb. 31: Langenlois A, „Vertiefung 9“ (Umzeichnung nach Handskizze: Th. Einwögerer).
Auch Spaltschäftungen sind für das Jungpaläolithikum nachgewiesen. Sie sind sowohl aus Holz und Knochen, aber auch aus Elfenbein gefertigt. Als Beispiel ist hier etwa eine Spaltschäftung in Form eines Knochenstücks mit eingearbeiteter v-förmiger Rille aus Molodova V-Horizont 4 (Ukraine) zu nennen. Beide Schäftungsarten setzen aber eine doch sehr individuelle Anpassung an den Einsatz voraus, der mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden ist. Dieser überschreitet dabei, egal ob die Schäftung aus Geweih, Knochen oder „nur“ Holz gefertigt wird, die Herstellungszeit des Silexartefaktes um ein Vielfaches. Für F. Felgenhauer ist es daher nahe liegender, dass großteils einfachere Schäftungen, wie etwa eine „Schnürschäftung“ verwendet wurden. Diese sind einfach und schnell herzustellen und benötigen keine individuelle Anpassung der Schäftung an das Silexwerkzeug. Allerdings ist diese Schäftungsart nur sehr schwer nachzuweisen.60
Die Überlegungen von F. Felgenhauer über die Herstellungsdauer von Loch- und Schnürschäftungen sind nicht von der Hand zu weisen. Es sollte dabei aber auch bedacht werden, dass es möglich ist, eine Lochschäftung mit ausreichend großer Öffnung herzustellen, in welche man bei Bedarf ein Silexstück einsetzen kann. Eine Verklebung des Steinwerkzeuges mit der Schäftung ist, wie eigene Versuche deutlich zeigen, nicht notwendig.61 Der Vorteil einer nicht verklebten Schäftung ist das rasche und problemlose Auswechseln von stumpf oder unbrauchbar gewordenen Steingeräten. Der Schäftungsteil kann dabei beliebig oft weiterverwendet werden. Bei Schnürschäftungen hingegen muss das Steinwerkzeug mit einer festen und damit auch relativ aufwendigen Schnürung aus Sehnen, Leder oder Bastmaterial versehen werden. Außerdem hat der ein- oder aufgesetzte Silex 61. Eigene
60. Felgenhauer 1962–1963, 68.
Versuche dazu wurden im Jahr 2000 in Kapelln durchgeführt.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
ständig das Bestreben die Schnürung durchzuscheuern, was die Lebensdauer einer solchen Verbindung wesentlich beeinträchtigt. Ob eine Schnürschäftung gegenüber einer Lochschäftung Vorteile hat, bleibt somit dahingestellt. Zusammenfassende Interpretation der Vertiefungen Bei allen neun Vertiefungen handelt es sich um kleine Vertiefungen bzw. Löcher (Variante 1 nach Sklenář 1975).
Variante 1a Vertiefungen, deren Durchmesser kleiner oder gleich der Tiefe sind, sind drei vorhanden (Abb. 33). Es handelt sich um die Vertiefungen 1, 2 und 3. „Vertiefung 1“ ist mit einem Durchmesser von 8 cm und einer Tiefe von 10 cm nur unwesentlich tiefer als der Durchmesser. Bei den Vertiefungen 2 und 3 mit mittleren Durchmessern von 13,5 und 10 cm ist die Tiefe mit 28 bzw. 27 cm schon sehr beachtlich. Bei diesen drei Löchern könnte es sich nach K. Sklenář62 um Pfostenlöcher handeln. Dazu würde auch ihr Durchmesser zwischen 5 und 20 cm sehr gut passen. Senkrecht stehende Stoßzahnsplitter in der „Vertiefung 2“ erhärten die Interpretation als Pfostenloch noch weiter. Vor allem Knochen wurden oft zum Verkeilen von eingelassenen Stangen in den Löchern verwendet.63 Alle drei Löcher liegen mit 28 cm bzw. 56 cm Abstand sehr eng beieinander. Ihre Lage zueinander lässt keine glaubhafte Interpretation als Gesamt- oder Teilgrundriss einer geschlossenen Behausung, eines Daches oder eines Windschutzes zu. Auffallend ist die Nähe zur Struktur „Arbeitsplatte“. Leider befinden sich die drei Vertiefungen und die „Arbeitsplatte“ am Rand der Grabungsfläche, genau in jenem Bereich, wo die Fundlage durch den Bagger angeschnitten wurde. Es ist zu befürchten, dass wesentliche Befunde oder Befundteile, die zur Klärung der drei „Pfostenlöcher“ (Vertiefungen 1–3) beitragen könnten, undokumentiert zerstört wurden. Vergleichbare Befunde von Pfostenlöchern mit aufrecht stehenden Knochen stammen etwa aus der Station KremsWachtberg 193064 und aus Langmannersdorf Lagerplatz B.65 Aus der Station Krems-Wachtberg ist ein etwa 25 cm unter die Kulturschicht reichendes Pfostenloch mit einem Durchmesser von 20 cm dokumentiert (Abb. 32). Als Verkeilung dienten mehrere aufgeschlagene Mammutlangknochen. Hier macht die wesentlich größere Dimension der
Knochen, die vermutlich zum Verkeilen eines Stehers verwendet wurden, ein Pfostenloch noch wahrscheinlicher als bei der „Vertiefung 2“ von Langenlois, Fundstelle A, wo kleinere, senkrecht stehende Stoßzahnstücke vorgefunden wurden. In Langmannersdorf, Lagerplatz B, hingegen ist es die beachtliche Tiefe mehrerer Löcher von 60 cm bis zu 1 m, die auf ihre Verwendung als Pfostenlöcher hindeutet. Zusätzlich fanden sich in einem Loch noch Fragmente von Langknochen und Geweihsprossen sowie ein Stein, die als Verkeilung eines Stehers gedient haben könnten. Bei einem weiteren Loch war ebenfalls ein senkrechter Knochen nachweisbar. Mit einem Durchmesser von etwa 10 cm und einer Tiefe von bis zu 1 m muss man sich auch fragen, wie solche Vertiefungen angelegt wurden. Möglicherweise handelt es sich hier aber auch um nicht erkannte Tiergänge. Die Lage der drei Pfostenlöcher von Langmannersdorf zueinander ergibt ebenso wie in Langenlois kein erkennbares Muster.66 Bei Löchern mit derart geringen Durchmessern und so enormer Tiefe sollte auch die Möglichkeit von Eiskeilen nicht außer Acht gelassen werden. Ähnliche Befunde konnten auch in Kostenki I dokumentiert werden. In der „großen Behausung“ konnten mehrere Gruben beobachtet werden, die Durchmesser von etwa 30 cm und Tiefen von 40 cm aufweisen. In mehreren steckten ein bis drei Langknochen. Auch sie werden als Standspuren von Pfosten mit Verkeilungen gedeutet.67 Aus Mezin sind mehrere jungpaläolithische Behausungen bekannt. Standspuren mit Knochenverkeilungen im Inneren der Hütte dürften einer Stützkonstruktion Halt gegeben haben, die das Dach aus Mammutknochen und Stoßzähnen zusätzlich hielten.68 Variante 1b Bei den „Vertiefungen 4, 6, 7 und 8“ handelt es sich um Vertiefungen, deren Tiefe geringer ist als ihr Durchmesser (Abb. 33). Ihre Querschnitte sind meist sehr regelmäßig kesselförmig. Abgesehen von „Vertiefung 6“ ist der Durchmesser immer wesentlich größer als die Tiefe. Alle diese Vertiefungen liegen in unmittelbarer Nähe einer Feuerstelle. „Vertiefung 4“ besitzt mit etwa 1,4 m den größten Abstand zur „Feuerstelle 1“. Die „Vertiefungen 6 und 7“ liegen mit 1,2 und 0,9 m näher an der „Feuerstelle 1“. Mit nur 20 cm weist die „Vertiefung 8“ die mit Abstand geringste Entfernung zu einer Feuerstelle auf. Bei sämtlichen Strukturen
62. Sklenář 1975. 63. Angeli 1952–1953, 52. – Quitta 1957, 320. – Rust 1965, 312–314.
– Einwögerer 2000, 46–47.
66. Mayer 2002, 65–65.
64. Einwögerer 2000, 25, 46.
67.
65. Mayer 2002, 29–30.
68. Quitta 1957, 312.
Quitta 1957, 320.
Langenlois Fundstelle A
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Vertiefung 1
Vertiefung 5
Vertiefung 2
Vertiefung 6 Vertiefung 7
Vertiefung 3
Vertiefung 8 Vertiefung 9
Vertiefung 4
Abb. 32: Krems-Wachtberg 1930, Pfostenloch mit Knochen verkeilung (nach Bayer, Blaue Bücher, Graphik: Th. Einwögerer).
dürfte es sich um Grübchen zur Zubereitung von Speisen (Kochgruben) handeln. Mit etwa 4 m Entfernung von der Hauptfeuerstelle „Feuerstelle 1“ ist es denkbar, dass die „Feuerstelle 3“ keine eigenständige Feuerstelle war, sondern sekundär als „Hitzegrube“ diente. Gleiches könnte auch für die knapp danebenliegende „Vertiefung 8“ gelten. Eine ähnliche Interpretation ist auch für den Befund des „Brandplatzes“ zu überdenken, der nur 1 m von der „Feuer stelle 2“ und 2 m von der „Feuerstelle 1“ entfernt liegt. In Molodova V/3 zum Beispiel liegen mehrere Gruben in unmittelbarer Nähe zu einer größeren Feuerstelle. Sie besitzen meist einen annähernd halbrunden Querschnitt. Ihr Durchmesser ist dabei immer größer als ihre Tiefe (Abb. 34). 3.2.4 Struktur „Mulde“ Befund Die Struktur der „Mulde“ erstreckte sich über die Quadratmeter E–F/6–8 (Abb. 35). Hier konnte eine deutliche Häufung von Artefakten beobachtet werden. Sowohl Silices als auch Knochen konnten hier in größeren Mengen dokumentiert werden.
Interpretation Aufgrund der größeren, flächigen Ausdehnung und der geringen Tiefe muss die Interpretation als natürliche „Mulde“ einer intentionellen Vertiefung vorgezogen werden. Ob es nur durch das Vorhandensein einer leichten Geländesenke zu einer vermehrten Akkumulation von Fundstücken gekommen ist, oder ob es sich hierbei um eine echte Aktivitätszone handelt, kann aufgrund der Dokumentationslage nicht mehr eindeutig geklärt werden.
Abb. 33: Langenlois A, Querschnitte der verschiedenen Vertiefungen (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 34: Molodova V/3, Grundriss mit zentraler Feuerstelle und Vertiefungen (umgezeichnet nach Klein 1973, 105, Graphik: Th. Einwögerer).
3.2.5 Struktur „Werkplatz“ Befund Der sog. „Werkplatz“ lag im Bereich der Quadratmeter H/4–H/7 (Abb. 11). Nach Westen wurde er durch ein großes Bruchstück eines Mammutstoßzahnes (Inv.-Nr. 754) begrenzt. In einem nicht veröffentlichten Grabungsbericht vom 4. 9. 1961 spricht F. Felgenhauer von einem „Werkplatz“, an dem ein Mammutstoßzahn in lange Späne zerlegt worden war. Genauere Angaben dazu gibt es nicht.
Interpretation Da weder in den Plänen noch im vorhandenen Fundmaterial eine Anhäufung von Elfenbeinlamellen im Bereich der
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Quadratmeter H/5–H/7 festgestellt werden konnte, muss davon ausgegangen werden, dass ein spezieller „Werkplatz“ zur Stoßzahnzerlegung nicht existiert hat bzw. aufgrund der Dokumentationslage nicht nachgewiesen werden kann. 3.2.6 Struktur „Arbeitsplatte“ Befund Die „Arbeitsplatte“ (Inv.-Nr. 120) fand sich im Quadratmeter B/6 unweit der Vertiefungen 1, 2 und 3 (Abb. 36). Es handelt sich dabei um eine Granulitplatte in der Form eines an einem Ende gerundeten Rechteckes. Mit einer Länge von 38,2 cm, einer Breite von 20,5 cm und einer Dicke von 5,2 cm stellt es das größte und schwerste Steinartefakt der Grabungen dar. Sie lag mit ihrer weniger gerundeten Fläche nach oben und weist am Rand mehrere Aussplitterungen auf, von denen nur eine weit in die Fläche hineinreichte (Abb. 37). Im Bereich dieser Steinplatte war die Kulturschicht mit einer Mächtigkeit von 6–7 cm besonders gut ausgeprägt und mit einer Vielzahl an Funden, wie Holzkohlestücken und Silexartefakten, durchsetzt. Diese fanden sich aber nicht nur unter der Steinplatte. Eine Anzahl von Einzelfunden, darunter Silices, Knochenfragmente, Holzkohle und Farbstoffe, lag auch auf der Platte (Inv.-Nr. 59 bis 69).
Interpretation Bei der großen Granulitplatte könnte es sich um eine Unterlageplatte für verschiedene Arbeiten gehandelt haben. Da sich auf der Platte selbst, außer den Absplitterungen, keine deutlichen Gebrauchsspuren finden lassen, muss angenommen werden, dass sie weniger als Ambos, sondern eher als Auflage für die Bearbeitung von weicheren Materialien (Fleisch oder Pflanzenteile wie Knollen, Wurzeln, Früchte oder Ähnliches) benutzt worden ist. Die Dauer ihrer Nutzung dürfte vermutlich nur kurz gewesen sein. Denkbar ist auch, dass die Platte primär als Strukturelement (Beschwerung) oder auch als Sitzunterlage genutzt wurde und nur sehr kurz sekundär als Unterlage oder auch Ablage Verwendung fand. 3.2.7 Gesamtsituation der Befunde Der Mittelpunkt der Fundzone wird durch eine große, nahezu kreisrunde Feuerstelle mit etwa 1 m Durchmesser gebildet. Die Mächtigkeit dieser Herdstelle beträgt in der Mitte knapp über 10 cm und ist durch einen tiefrot verziegelten Bereich sowie durch eine große Menge an Holzkohle gekennzeichnet. Nur knapp 1,5 m südöstlich dieser großen Feuerstelle findet sich ein etwas kleinerer Feuerplatz. Die Fundstreuung um diese beiden Herdplätze verläuft in Nord-Süd-Richtung leicht oval und dünnt an drei Seiten
aus. Lediglich im Südbereich ist die Fundstreuung durch die Abbauarbeiten des Ziegeleibetriebes stark gestört. Besonders auffällig ist eine „Fundlücke“ etwas südlich bis südöstlich der Feuerstelle, die durch drei größere Mammutstoßzahnreste umschlossen wird. Es wurden auch mehrere Eintiefungen festgestellt, die aufgrund ihrer Ausprägung als Pfostenlöcher angesprochen werden können. Drei dieser Vertiefungen liegen in den Quadratmetern B/6 und B/7. Hier handelt es sich um nahezu kreisrunde Verfärbungen mit Durchmessern von 8 bis 14 cm. Die erhaltenen Tiefen liegen bei 10, 14 und 27 cm. Eines der Pfostenlöcher endete mit einer deutlichen Spitze, ein zweites weist senkrecht stehende Stoßzahnlamellen auf, die möglicherweise als Keilstücke dienten. Zwei weitere Vertiefungen befinden sich im Quadratmeter E/4 nur etwa 50 cm voneinander entfernt. Auch hier handelt es sich um nahezu kreisrunde Vertiefungen mit einem Durchmesser von ca. 15 bis 18 cm und einer Tiefe von 14 cm. Auch sie sind mit größeren Knochensplittern, Stoßzahnlamellen und Holzkohlestücken verfüllt und ähneln den anderen Vertiefungen. Anhäufungen von Knochen- und Stoßzahnresten südwestlich der Feuerstelle in den Quadratmetern E–F/6–8 und südöstlich der Feuerstelle deuten auf spezielle Aktivitätszonen hin. 3.3 Funde 3.3.1 Geschlagene Steinartefakte Die Untersuchungen an den geschlagenen Steinartefakten sollen, soweit möglich, Fragestellungen zu folgenden Themenbereichen beantworten: - Chronologische Einordnung beider Fundstellen (Langenlois A und B) in Bezug auf die bisher untersuchten gravettienzeitlichen Stationen im Kremser Bereich (Krems-Wachtberg 1930, Krems-Hundssteig 2000) - Mobilität der Jägergruppen - Untersuchung der Herstellungstechnik - Rückschlüsse auf ausgeübte Tätigkeiten - Funktion der Lagerplätze - Räumliche Organisation - Ökonomie
Untersuchungen zur Grundproduktion gehen davon aus, dass die technologische Herkunft einzelner Artefakte aus Kombinationen von verschiedenen Merkmalen erschlossen werden kann (Abb. 38). Dabei kommt Experimenten eine wichtige Rolle zu.69 69. Hahn 1993, 73.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 35: Langenlois A, „Mulde“ (Foto: F. Felgenhauer 1961, bearbeitet: Th. Einwögerer).
Abb. 36: Langenlois A, „Arbeitsplatte“ in Fundlage (Foto: F. Felgenhauer 1961, bearbeitet: Th. Einwögerer).
Abb. 37: Langenlois A, „Arbeitsplatte“ im gereinigten Zustand (Foto und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Ziel ist es, aus den gewonnenen Daten das dahinter stehende „technische System“ zu ermitteln. Weiters soll dadurch das soziale System erschlossen werden. Von primärer Bedeutung bei dieser Untersuchung ist die Trennung zwischen Kernen und Grundformen. Im Vergleich zu den Kernen, die bereits ein Endprodukt des Abbaus darstellen, lassen sich Abschläge einfacher beschreiben und in eine Abfolge einordnen. Vorgehensweise Alle geschlagenen Steinartefakte wurden mittels eines standardisierten Systems aufgenommen und digital in einer Datenbank gespeichert. Der verwendete Merkmalkatalog basiert auf einer Arbeit von B. Auffermann, W. Burkert, J. Hahn, C. Pasda und U. Simon.70 Da dieses Merkmalsystem für Magdalénien-Inventare konzipiert ist, wurde es im Arbeitskreis Paläolithikum der Österreichischen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte diskutiert, modifiziert und den Gegebenheiten jungpaläolithischer Inventare im Kremser Raum angepasst.71 1998 kam es bei der Bearbeitung des Inventares der Grabung von J. Bayer aus dem Jahr 1930 erstmals zum Einsatz.72 Die gesammelten Daten eines optimal abgestimmten Aufnahmesystems können nicht nur über die Herstellungstechnik der Steingeräte, sowie den Aktionsradius einer Jäger- und Sammlergruppe Auskunft geben, sondern im Idealfall auch über die sozialen Systeme. Mittlerweile wurde bzw. wird eine ganze Reihe von Industrien mittels dieses Katalogs bearbeitet (Krems-Wachtberg 1930, Krems-Hundssteig 2000–2002, Stratzing, Langmannersdorf B, Saladorf, Krems-Wachtberg 2005–2015, Senftenberg, Krems-Hundssteig Aufsammlung, Meidling im Thale-Anzingerberg). Die Verwendung ein und desselben Schlüssels vereinfacht auch den Vergleich verschiedener Fundinventare untereinander. Die merkmalanalytische Aufnahme der Steinartefakte erfolgte mit dem Datenbanksystem Microsoft Access 2000. Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Statistikprogramm SPSS 10.0 für Windows. Zur graphischen Darstellung wurde zudem auch Microsoft Excel 2000 verwendet. Für die Aufnahme der Kerne wurde ein eigener Merkmalkatalog entwickelt, der in leicht abgeänderter Form auch schon für andere Inventare angewandt wurde.73
70. Auffermann et al. 1990. 71. Neugebauer-Maresch 2008, 62. 72. Einwögerer 2000, 52–60. 73. Einwögerer
2000, 57–60. – Mayer 2002, 120–128. – Hinterwallner 2006, 59–62.
Abb. 38: Schritte der Artefaktbestimmung (nach Hahn 1993, 73).
Inventarumfang Aus den Ausgrabungen in Langenlois A und B (1961 bis 1963) liegen insgesamt 1772 zuordenbare geschlagene Steinartefakte vor. Davon entfallen 1447 (82%) auf die Fundstelle A und 325 (18%) auf die Fundstelle B (Abb. 40). Einige kleinere Stücke aus gelbem Chalcedon sind so stark verwittert, dass ihre Beschriftung nicht mehr gelesen werden konnte oder die Stücke sogar zerfielen. Eine Klinge trug eine völlig andere Beschriftung und ist nicht den Fundstellen Langenlois A oder B zuzuordnen. Vermutlich stammt sie aus der Sammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien und gehört zum Inventar von Willendorf. 3.3.1.1 Rohmaterial Vor der Verarbeitung von Metallen mussten die geschlagenen Steinartefakte nahezu alle Funktionen, die für die Subsistenz wichtig waren, erfüllen. Die Verwendung von verschiedenen Gesteinsarten wurde, vor allem im Paläolithikum, von der Verfügbarkeit bestimmt. Verwendung
Langenlois Fundstelle A
53
Abb. 39: Eingabemaske der Microsoft Access Datenbank.
fanden daher auch nur bedingt geeignete Materialien, deren Härte nur die Bearbeitung von sehr weichen Werkstoffen (z. B. Fleisch) gestattete. Auf Dauer gesehen sind diese Geräte aber nicht sehr effektiv.74 Zur spanabhebenden Bearbeitung wie Schneiden, Hobeln, Schaben usw. von widerstandsfähigeren Materialien sind aber harte Gesteine mit scharfen Kanten notwendig. Der Rohstoff musste auch einfach zu beschaffen sein und eine hohe Spaltbarkeit aufweisen. Am besten eignen sich hierfür kieselsäurehaltige Gesteine und Mineralien, die in verschiedensten Formen und Ausprägungen vorkommen. Problematik Ein großes Problem bei der Bearbeitung des Rohmaterials stellt nicht nur die Bestimmung selbst, sondern vor allem auch die Zuordnung des jeweiligen Materials zu den gebräuchlichen Begriffen wie Silex, Hornstein, Feuerstein, Flint, Chert, Jaspis usw. dar – Begriffe, die sich zum Teil bis in den althochdeutschen Wortschatz zurückverfolgen lassen.75 In der älteren, aber auch jüngeren archäologischen Literatur findet sich hier leider keine einheitliche Bezeichnung der verschiedenen Gesteine. Dies begründet sich aber nicht in einer mangelnden Zusammenarbeit zwischen der Archäologie und den Geowissenschaften, sondern ist darauf zurückzuführen, dass in der Petrographie selbst eine 74.
Hahn 1993, 11.
75. Slotta 1980, 4.
Langenlois A 82% Langenlois B 18%
Abb. 40: Langenlois, Verteilung der geschlagenen Steinartefakte auf die Fundstellen A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
einheitliche Begriffsbestimmung nicht vorhanden ist. Der Grund dafür liegt in dem Versuch, die einzelnen Bezeichnungen nur durch unterschiedliche chemische und mineralogische Zusammensetzungen voneinander abzugrenzen. Geologische sowie genetische Faktoren wurden dabei nicht ausreichend mit einbezogen.76 Dieser Missstand, das Fehlen eindeutiger Definitionskriterien für die einzelnen Materialien, erschwert auch die sehr wichtige Kommunikation zwischen den einzelnen Disziplinen, wie etwa der Archäologie, Geologie und Mineralogie, erheblich.77 Ein großes Problem bei der Bestimmung der Rohmaterialien aus Inventaren im Bereich um Krems an der Donau, und damit auch bei der Beantwortung wichtiger Fragen 76. Hauptmann 1980, 7. 77.
Pawlikowski 1989, 8.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
über die Herkunft, war bisher auch das Fehlen einer geeigneten Rohmaterialsammlung mit Kartierung am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien. Darauf hat schon I. Ott78 1996 in ihrer Arbeit über die jungpaläolithische Fundstelle Rosenburg deutlich hingewiesen. Ein Missstand, um dessen Beseitigung sich seit kurzem G. Trnka (Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Universität Wien) und M. Brandl79 (Institut für Orientalische und Europäische Archäologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften) intensiv bemühen. Da vor allem die Frage nach dem Aktionsradius einer Jäger- und Sammlergruppe eng mit der Problematik der Rohmaterialbeschaffung und somit mit den entsprechenden primären und sekundären Lagerstätten verbunden ist, ist es von außerordentlicher Wichtigkeit, auch über lokale, in unmittelbarer Nähe der Siedlungsspuren befindliche Lagerstätten Bescheid zu wissen. Aber auch für einen Experten ist es nicht immer leicht, die Herkunft eines bestimmten Rohmaterials zweifelsfrei festzustellen. Vor allem über die Zusammensetzung von sekundären Lagerstellen wie Flussschotter ist meist sehr wenig bis gar nichts bekannt. Die einzige Methode, um die Rohmaterialvorkommen in der Umgebung einer Fundstelle zu erfassen und somit der Materialauswertung eine räumliche und zeitliche Dimension zu geben, ist eine Geländebegehung.80 Nur sie gibt Auskunft über die sekundär auffindbaren Silikatgesteine. Ein Umstand, dem der Bearbeiter durch viele Begehungen der Kampschotter sowie der Donauschotter im Bereich zwischen Melk und Krems und einer daraus resultierenden privaten Rohmaterialsammlung Rechnung getragen hat. Diese Sammlung enthält nicht nur Belegstücke der einzelnen aufgefundenen Varianten, sondern auch verschiedene Schliffe. Von besonders wichtigen Rohmaterialvarianten wurden auch Versuche mit unterschiedlich hoher Hitzeeinwirkung vorgenommen und in die Sammlung integriert. Immer wieder wurden Proben aus dieser Kollektion von dem Geologen R. Sauer (OMV Laboratory for Exploration and Production, Wien), untersucht und bestimmt. Somit liegt der vorliegenden Arbeit ein gut dokumentiertes und weit gefächertes Vergleichsmaterial zugrunde (Abb. 41). Ein Teil des Silexmaterials von Langenlois wurde von E. Zirkl (damals Mineralogisch-Petrographisches Institut der Universität Wien) bald nach den Grabungen durchgesehen und bestimmt. In seinem unpublizierten Bericht gibt E. Zirkl81 an, er habe etwa 600 Artefakte aus Langenlois 78. Ott 1996.
Abb. 41: Private Rohmaterialvergleichssammlung (Foto: Th. Einwögerer 2006).
untersucht. Das Gesamtinventar beläuft sich aber auf 1772 Stück. E. Zirkl hat nur Silices beschrieben, die eine Inventarnummer unter 694 tragen. Ob er auch die Stücke mit höherer Inventarnummer gesehen hat, ist fraglich. 3.3.1.2 Bisherige Einteilungsversuche J. Hahn82 teilt Gesteine, die sich durch einen hohen Gehalt an Kieselsäure auszeichnen, einen mehr oder weniger muscheligen Bruch aufweisen und gut spaltbar sind, folgendermaßen ein (Tab. 1): - kristalline Ausbildung: Stücke dieser Art besitzen eine grobe Kristallstruktur mit sechs Flächen (z. B. Quarz, Bergkristall). - kryptokristalline Ausbildung: Stücke dieser Art zeichnen sich durch kleine Kristalle mit submikroskopischen Zwischenräumen aus. Sie weisen eine große Kapillarwirkung auf und wirken nicht mehr kristallin (z. B. Radiolarit, Hornstein). - amorphe Ausbildung: Hier fand keine Kristallbildung statt. Es handelt sich um eine Art erhärtetes Gel (z. B. Opal).
Minerale der Kieselgesteine A. Hauptmann unterscheidet drei Aufbaugruppen von SiO2-Gesteinen durch Quarz, Chalcedon und Opal mit unterschiedlichen Wassergehalten, wie im Folgenden zusammengefasst.83 Alle anderen Substanzen sind Verunreinigungen, die aber mögliche Rückschlüsse auf die Lagerstätte zulassen.
79. Brandl, Reiter 2008, 43–49. 80. Pasda 1990, 21–26.
82. Hahn 1993, 13.
81. Zirkl unpubliziert.
83. Hauptmann 1980.
Langenlois Fundstelle A
KIESELSÄUREGRUPPE kristalline Ausbildung
kryptokristalline Ausbildung
amorphe Ausbildung
Quarz SiO2
Chalcedon SiO2.aq
Opal SiO2.nH2O
Quarzit
Chalcedon, Achat
Kieselsinter
Gangquarz
Jaspis
quarzitischer Sandstein
Bergkristall
Karneol
Tertiärquarzit
Feuerstein Hornstein Radiolarit Tab. 1: Unterteilung der Kieselsäuregruppen nach Hahn 1993, 13.
Quarz Quarz ist ein hartes Material, das Glas ritzen kann. Auf seinen Kristallflächen weist es Glasglanz, auf seinen Bruchflächen Fettglanz auf. Es kann farblos oder gefärbt sein. Quarz gehört zu den häufigsten Mineralen und tritt gesteinsbildend in magmatischen, metamorphen und Sedimentgesteinen auf. Chalcedon Beim Chalcedon handelt es sich im weitesten Sinn um eine mikro- bis kryptokristalline Varietät des Quarzes. Der kristalline Charakter seiner dichten faserartigen Quarzaggregate ist nur unter dem Mikroskop sichtbar. Die kleinen Quarzkristalle sind senkrecht zur traubig-nierigen Oberfläche angeordnet. Die Farbvarianten des Chalcedon variieren je nach der Lichtbrechung der Mikroporen (gelb, braun) oder durch verschiedene Pigmentbeimengungen (rot, grün) sehr stark. Opal Als Opal wird Kieselsäure mit teils amorphem, teils kryptokristallinem Aufbau bezeichnet. Opal enthält 8–10% Wasser. Sein milchig-trübes Aussehen wird als Opaleszenz bezeichnet. Sowohl Diatomeen als auch Radiolarite bauen ihre Skelette aus Opal auf. Wichtige Kieselgesteine Hornstein Hornstein wird gerne als Sammelbegriff für harte, dichte, vorwiegend aus nicht dendritischer Kieselsäure aufgebaute
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Gesteine verwendet. Sie besitzen einen muscheligen Bruch und wachsartigen bis glasigen Glanz. Je nach Verunreinigungen können sie verschiedenste Farbtöne von weiß bis grau, rötlich, grün, braun, gelb aber auch schwarz aufweisen. Diese Definitionskriterien entsprechen der französischen Bezeichnung silex und der englischen Bezeichnung chert. Ist ein eisenhaltiger Hornstein intensiv rot gefärbt und weist ein undurchsichtiges, porzellanartiges Aussehen auf, wird er auch als Jaspis bezeichnet. Demnach umfasst der Hornstein alle organischen, aber auch alle anorganischen Kieselsäureverbindungen wie Radiolarit, Diatomit, Spiculit, Jaspis, Feuerstein, Achat und Chalcedon. Er müsste dadurch als übergeordneter Begriff angesehen werden. Radiolarit Auch unter Radiolarit versteht man dichte Gesteine, die scharfkantig-muschelig brechen und einen wachsartigen bis glasigen Glanz aufweisen. Ihr Aufbau besteht aber zum überwiegenden Teil aus Skelettresten von Radiolaren. Die ursprünglich aus Opal aufgebauten Radiolarienskelette haben sich aber im Laufe der Zeit bereits umgewandelt. Sie erscheinen als kreisförmige Querschnitte, die aus einem oder mehreren Sphärolithen bestehen und unterschiedlich dicht gepackt sein können. Diagenetische Vorgänge können das biogene Gefüge weitgehend zerstören. Ist diese Umwandlung soweit fortgeschritten, dass die Fossilien nicht mehr erkennbar sind, muss von einem Hornstein gesprochen werden. Meist sind Radiolarite rötlich bis bräunlich gefärbt. Es kommen aber auch grünliche oder schwarze Varianten vor. Seit dem Kambrium treten Radiolarite in allen geologischen Formationen auf. Obsidian Unter Obsidian versteht man ein sehr kieselsäurehaltiges Gesteinsglas mit muscheligem Bruch. Seine Farbe ist schwarz. Er ist ein vulkanisches Eruptivgestein (rasch erstarrter Quarzfluss) und dadurch auch an vulkanisch aktive Gebiete gebunden. Quarzit Die Bezeichnung Quarzit wird gerne für stark verfestigte, vornehmlich aus Quarz bestehende Sandsteine verwendet. Es kann sich dabei um eingekieselte Sandsteine (Quarzsand) handeln, aber auch um ehemalige Sandsteine, die so quarzreich waren, dass der Quarz nach ihrer Metamorphose der Hauptbestandteil blieb.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Sowohl der Obsidian als auch der Quarzit sollte streng vom Hornstein getrennt werden. 3.3.1.3 Definition der verwendeten Rohmaterialbegriffe Um die Rohmaterialanalyse mit anderen aufgearbeiteten Stationen ähnlicher Zeitstellung vergleichen zu können, wurden die Inventare der Fundstellen Langenlois A und B nach den gleichen Definitionskriterien aufgenommen, nach denen unter anderen auch die Inventare von KremsWachtberg 193084 und Krems-Hundssteig 2000–200285 aufgenommen wurden. Im Folgenden soll erklärt werden, welche Begriffe dazu verwendet wurden, und vor allem wie die einzelnen Rohmaterialgruppen definiert werden. In den Fundstelle Langenlois A und B vorhandene Rohmaterialgruppen:
Hornstein (MOHS-Härte 6–7) Unter Hornstein werden stark verfestigte Kieselgesteine mit charakteristischem muscheligen Bruch zusammengefasst. Seine Entstehung ist auf biogene Vorgänge im Jura zurückzuführen. Er besitzt einen hohen Anteil an organischen Bestandteilen, eine sehr fein- bis grobkörnige Struktur und matten Glanz. Teils zeigt er eine feine blättrige Schuppenstruktur auf den Bruchflächen. Oft lassen sich die Reste von umgewandelten Kieselsäureskelettresten (Radiolarite, Kieselnadeln usw.) erkennen. Seine farbige Palette reicht sehr weit. Meist aber ist er hell bis dunkelgrau, leicht bräunlich oder rötlich. Es kommen aber auch grünliche sowie bläuliche Varianten vor. Nicht selten treten verschiedene Farbvarianten auf ein und demselben Stück auf, wodurch eine Zuordnung zu einer bestimmten Rohmaterialvariante wesentlich erschwert wird. Patiniert ist er nur sehr selten. Stücke mit Matrixresten zeigen ausschließlich eine stark abgerollte Rinde. Ihre Herkunft ist daher in sekundären Lagerstätten der umliegenden Flüsse wie etwa dem Kamp oder der Donau zu suchen. Oft zeigt er Übergänge zum Radiolarit oder zum kieselreichen Kalkstein. Radiolarit (MOHS-Härte 6) Unter Radiolarit werden wie beim Hornstein stark verfestigte Kieselgesteine mit charakteristischem muscheligen Bruch zusammengefasst. Seine Struktur ist fein- bis grobkörnig, teilweise auch glasig. Spaltflächen wirken oft matt glänzend. Er besteht aus organischer Kieselsäure und unvollständig gelösten, aber deutlich erkennbaren Skelettteilen, deren Hohlräume oft mit kristallisiertem Quarz ausgefüllt sind. Die Radiolaren erscheinen unter dem Mikroskop als mehr
oder weniger dicht gepackte, kreisförmige Objekte. Gelegentlich hebt sich auch noch ihre kieselige Schale vom eingekieselten Inneren ab.86 Klüfte und Quarzgänge sind sehr häufig. Seine Farbe variiert großteils von blutrot bis braunrot oder braun. Gelegentlich treten auch gelbgrüne bis grüne oder blaue Radiolarite auf. Oft zeigen sie Übergänge zum Hornstein oder zum kieselreichen Kalkstein. Der alpine Radiolarit lässt sich aufgrund seiner Farbe und Struktur meist gut erkennen. Wie der Hornstein wurden die Radiolarite im Jura gebildet. Eine weitere Untergliederung, etwa in Lydia, wurde nicht vorgenommen. Chalcedon (MOHS-Härte 6-7) Chalcedon wird in diesem Zusammenhang als Sammelbegriff für Rohmaterialien verwendet, die nicht biogenen Ursprungs sind. Im weitesten Sinne ist diese Bezeichnung hier nicht korrekt, da sie aber bereits für mehrere Arbeiten87 im Großraum Krems in dieser Form verwendet wurde, soll sie hier beibehalten werden. Streng genommen sind Chalcedone SiO2-Verbindungen mit fasrigem Aufbau.88 Meist sind sie durchscheinend. Ihr Glanz ist stumpf und wirkt fettig. Ihr Bruch ist muschelig und glatt. Im vorliegenden Fall werden verschiedene Materialien zusammengefasst. Hauptkriterium ist dabei, dass bei der Bildung keine Organismen beteiligt waren. Die hier bestimmten Rohmaterialien stammen daher nicht aus den Kalkalpen, sondern zum Großteil aus dem Bereich des Waldviertels. Hier ist entlang der sog. „Bunten Serie“, die sich aus zahlreichen Gesteinen unterschiedlicher Mineralogie und Herkunft zusammensetzt89 (eine Gesteinsvergesellschaftung von Paragneisen, Quarziten, Amphiboliten, Kalksilikatfels, Marmore und Graphitschiefern),90 eine Vielzahl von Mineralfundstellen bekannt, an denen SiO2Verbindungen in großer Menge und unterschiedlicher Qualität aufgesammelt werden können (Oberthumeritz, Japons, Pingendorf).91 Aber auch außerhalb dieser Zone sind verschiedene SiO2-Fundstellen bekannt, die nicht biogenen Ursprungs sind (z. B. Fahnberg bei Schiltern unweit von Langenlois). Unter der Bezeichnung Chalcedon finden sich demnach auch Rohmaterialien, die von anderen Bearbeitern nicht als 86. Füchtbauer, Müller 1977, 490. 87.
Einwögerer 2000. – Einwögerer, Simon 2008.
88. Hauptmann 1980, 7–8. 89. Höck 1996, 46–47.
84. Einwögerer 2000, 50–120.
90. Huber, Huber 1977, 15.
85. Einwögerer, Simon 2008, 177–215.
91. Huber, Huber 1977, 91.
Langenlois Fundstelle A
Chalcedon angesprochen worden sind. Hervorzuheben sind hier zwei Varianten, die in der vorliegenden Arbeit als gelber bzw. beinfarbener Chalcedon bezeichnet werden (siehe dazu Kap. 3.3.1.4). Sie kommen auch sehr häufig in den verschiedenen Wachaustationen vor.92 Diese Materialien wurden etwa bei E. Zirkl93 als gelber Hornstein beschrieben, der vorwiegend aus Chalcedonsphärolithen mit feinen Limonitflocken besteht. Quarzit (Druckfestigkeit 32 kp/qmmDrD) Der Quarzit besitzt einen körnigen, konglomeratischen Aufbau. Die Körner sind dabei fest miteinander verwachsen. Er setzt sich unter anderem aus Quarzkörnern zusammen, die diagenetisch durch ein kieseliges Bindematerial zusammengefügt sind. Quarzit füllt Klüfte von Grundgebirgen und Eruptivgesteinen aus und bildet Schichten in den Gneisen und Glimmerschiefern der alten Gebirgsstöcke. Häufig ist er in sekundärer Lage in Fluss- und Bachschottern im Bereich der Alpen und in der Böhmischen Masse zu finden. Seine Farbe variiert von grau bis braun. Sein Bruch ist nur mäßig muschelig. Wegen der Verzahnung der Quarzkörner besitzt er aber eine hohe Festigkeit.94 Kieselreicher Kalk- bis Hornstein Unter der Bezeichnung kieselreicher Kalk- bis Hornstein wird ein Material verstanden, das einen muscheligen Bruch aufweist, aber deutlich unter der Härte des Hornsteins liegt. Die Bruchflächen sind nicht sehr glatt und ohne Glanz. Seine Textur ist mittel- bis grobkörnig. Feinkörnige Varianten sind eher selten, kommen aber vor. Manchmal sind Zonen mit locker gestreuten Radiolaren zu beobachten. Selten zeigt er einen Übergang zum Radiolarit, häufiger zum Hornstein. Das Gestein setzt sich zum Großteil aus Karbonat zusammen. Die Färbung kann von verschiedenen Graustufen bis hin zu einer leicht gelblichen Färbung reichen. Manchmal kann er auch rötlich oder grünlich sein. Seine Herkunft liegt in den Kalkalpen. Seine Bildung erfolgte im Jura. In der älteren Literatur wird dieses Material oft fälschlicherweise als „kieseliger Mergel“,95 „Mergelstein“96 oder „kieseliger Mergelkalk“97 bezeichnet. Ein besonderes Erkennungsmerkmal ist eine mehr oder minder stark ausgeprägte Patina. Sie ist immer heller als das Grundgestein, meist netzartig
ausgeprägt und erinnert dabei an Wurzelfraß bei Knochen. Öfters löst sich diese Netzstruktur auf und bildet ein fleckiges Muster. E. Zirkl hat dieses Rohmaterial mit seiner Patina anhand der Fundstelle Willendorf II98 sehr treffend beschrieben: Eine relativ große Zahl der Artefakte fällt durch eine eigenartige, aber für diese Gruppe charakteristische Sprenkelung auf. Ihre Farbe kann rot, grünlich grau, am häufigsten aber grau mit stets helleren Streifen sein. Auf der Oberfläche wird dadurch eine Zeichnung hervorgerufen. Auf frischen Flächen ist das Gestein homogen und immer so hell wie die Flecken gefärbt. Die Musterung reicht höchstens 1 mm ins Gestein hinein. Die Zeichnung ist daher erst nach der Bearbeitung durch den Verwitterungsprozess im Boden entstanden. Sie ist gleichsam als eine Art Patina zu werten. Mit verdünntem (3%igem) HCl braust das Gestein lebhaft auf. Die angeätzte Stelle wird ebenfalls so hell wie die Streifen und Flecken. Es ist klar, dass durch die Verwitterung nicht ein Ausbleichen der Streifen, sondern ein Dunklerwerden der Zwischenräume bewirkt wird. Das Rohmaterial ist in größeren Mengen in allen Wachaustationen99 wie Aggsbach, Willendorf, Spitz und Stein, aber auch in den Kremser Fundstellen wie Krems-Wachtberg 1930100 und Krems-Hundssteig 2000101 sehr häufig vertreten. Seine Matrix ist immer abgerollt und weist daher darauf hin, dass er aus den sekundären Lagerstätten der Donauschotter stammt. Kieselreicher Kalkstein Kieselreicher Kalkstein umschreibt graugefärbte verkieselte Kalke mit mittlerer bis grober Körnung. Ihr Bruch ist muschelig, ihre Härte ist jedoch sehr gering. Daher eignen sie sich nur bedingt zur Herstellung von Geräten. Ihre Kortex ist immer abgerollt. Ihre Herkunft ist demnach erneut in den Schotterkörpern der Donau zu suchen. Grünstein Hier handelt es sich wieder um einen Sammelbegriff, der Gesteine umschreibt, die keinen muscheligen Bruch aufweisen und bei denen SiO2 kein Hauptbestandteil ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich dabei nur um Granulit, der im frischen Zustand weiß ist. Er besteht aus einem QuarzFeldspatgemenge mit bis zu 2 mm großen rosa bis roten
92. Zirkl 1956–1959, 103. 93. Zirkl unpubliziert. 94. Hahn 1993, 21.
98. Zirkl 1956–1959, 106.
95. Hahn 1972, 86.
99. Kiessling 1934, 35–36.
96. Kiessling 1934, 35.
100. Einwögerer 2000, 61–75.
97.
Zirkl 1956–1959, 106.
57
101. Einwögerer, Simon 2008.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Granatkörnern und vereinzelten Glimmerschüppchen.102 Granulit ist sehr hart und zäh, weist aber keinen ausgeprägten muscheligen Bruch auf. Er eignet sich nur mäßig zum Zerlegen. Als Unterlags- oder Schlagstein ist er jedoch hervorragend zu verwenden. Ausgedehnte Vorkommen finden sich im Dunkelsteinerwald und an beiden Donauufern zwischen Melk und Persenbeug.103 Granulit kommt aber auch entlang des Kampes etwa zwischen Zöbing und Schönberg oder im Bereich von St. Leonhard am Hornerwald vor.104 Quarz (MOHS-Härte 7) Quarz ist kristallines SiO2. Durch seine kristalline Form besitzt es keinen ausgeprägten muscheligen Bruch und ist daher kaum spaltbar. Seine Farbe variiert zwischen weiß und rosa. Quarz ist weit verbreitet und nahezu überall zu finden. 3.3.1.4 Rohmaterialvarianten Insgesamt wurden 56 Rohmaterialvarianten unterschieden. In diesem Zusammenhang muss hervorgehoben werden, dass es sich bei den Varianten nicht zwingend um unterschiedliche Materialien oder gar Knollen handelt, sondern nur um erkennbare Unterschiede. Verbindungen bzw. Zusammengehörigkeit zwischen den einzelnen Varianten sind nicht unwahrscheinlich, sondern im Gegenteil zu erwarten.
Hornsteinvarianten Bei den Hornsteinen wurden 24 Varianten unterschieden und für die Aufnahme fortlaufend durchnummeriert (die Nummerierung wird jeweils in Klammern hinter der Rohmaterialvariante angeführt). Einige Varianten wurden später noch zusammengefasst und einige Nummern aufgelöst. Meist handelt es sich bei den Hornsteinvarianten um graue oder braune Varietäten. Es sind aber auch graugrüne oder graublaue Varianten vorhanden, die in der Farbe oft Radiolaritvarianten ähneln, aber keine Fossileinschlüsse zeigen. Meist ist die Zuordnung zu einer bestimmten Variante schwierig, da Stücke oft Merkmale verschiedener Varianten aufweisen. Übergänge sind die Regel und nicht die Ausnahme. Die Hornsteine neigen zu einer weißen Patina. Besonders im Inventar der Fundstelle Langenlois A stellen stark weiß patinierte Hornsteine mit 28% die häufigste Variante dar (Abb. 42). Im Inventar von Langenlois B sind weiß patinierte Stücke nicht vertreten (Abb. 43). E. Zirkl weist auf eine Ähnlichkeit der dichten Hornsteinvarianten zu westeuropäischen Feuersteinen hin. Er betont aber gleichzeitig, dass die Möglichkeit besteht, dass
sie aus Hornsteinablagerungen in den Kalken der Nordalpen stammen.105 An 32% der Hornsteine beider Fundstellen (A und B) konnten Matrixreste festgestellt werden. Sie zeigen ausnahmslos eine starke Abrollung der Kortex, was auf eine Rohmaterialbeschaffung aus sekundären Rohmateriallagerstätten hinweist. Bei Begehungen der Donauschotter in den Jahren 1998 bis 2005 zwischen Melk und Krems konnte eine Vielzahl an Hornsteinen festgestellt werden, die denen aus der Fundstelle Langenlois sehr ähnlich sind. Bisher war es nicht möglich, alle unterschiedenen Hornsteinvarianten aus den Fundstellen (A und B) in den Schotterbänken nachzuweisen. Wenn man aber bedenkt, dass nicht nur die Donau selbst, sondern auch alle ihre Nebenflüsse aus den Kalkalpen heute massiv durch Verbauungen, Staustufen und Wehren eingeengt sind, kann man annehmen, dass diese Flüsse früher wesentlich mehr Schotter und somit auch eine größere Menge brauchbares Rohmaterial mit sich führten. Vor allem während der Schneeschmelze bei Hochwasser führten diese Flüsse nicht nur quantitativ mehr Schotter mit sich, sondern auch größere Stücke, die heute die vielen Staustufen nicht mehr passieren können. Es muss daher angenommen werden, dass heute weit weniger brauchbare Rohstoffe in den Schottern zu finden sind als während der Eiszeiten. Weiterer Transport von Hornsteinen sollte aber dennoch nicht völlig außer Acht gelassen werden. Eine Variante, die als „dunkelgrauer Hornstein“ bezeichnet wurde, ähnelt den Hornsteinen vom Typ Krumlovský les aus Südmähren. Eine sichere Zuweisung zu diesen Vorkommen ist jedoch nicht möglich.106 Im Inventar von Langenlois A stellt diese Variante mit 6,6% die fünfthäufigste Hornsteinvariante dar (Abb. 42). Im Inventar von Langenlois B hingegen markiert der dunkelgraue Hornstein mit knapp über 39% die häufigste Hornsteinvariante (Abb. 43). Ähnlich wie mit dem „dunkelgrauen Hornstein“ verhält es sich mit der Variante „heller, grober Hornstein“. Hier muss eine Verbindung zum Hügel von Stránska Skála in Südmähren, wo ein ähnlicher Hornstein vorkommt, in Betracht gezogen werden. Diese Zuordnung ist aber noch unsicherer als beim Hornstein vom Typ Krumlovský les. Hellgrauer Hornstein (3) Bei dieser Variante handelt es sich um einen sehr dichten Hornstein mit glatten Bruchflächen und unterschiedlich hellgrauer Farbe. Die Färbung ist nicht gleichmäßig. Es sind Flecken in unterschiedlicher Schattierung und Größe zu erkennen. Meist handelt es sich um hellere Flecken
102. Zirkl unpubliziert. 103. Zirkl unpubliziert.
105. Zirkl unpubliziert.
104. Geologische Bundesanstalt 2002.
106. Oliva 1996, 49–50.
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Langenlois Fundstelle A
40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0
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Abb. 42: Langenlois A, Häufigkeit der Hornsteinvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 43: Langenlois B, Häufigkeit der Hornsteinvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
mit undeutlichem Rand. Sie sind großteils auf eine beginnende Patinierung zurückzuführen, die an den verschiedenen Stücken unterschiedlich ausgeprägt ist. Manchmal sind auch größere Einschlüsse in dunklerer Färbung zu erkennen. Farbe, Ausprägung und Einschlüsse erinnern an Kreidefeuersteine. Eine Herkunft aus den Kalken der Nordalpen ist aber nicht auszuschließen. Die Variante ist in Fundstelle A mit 88 (Abb. 42), in Fundstelle B nur mit einem Stück (Abb. 43) vertreten. Knapp 13,5% weisen Kortexreste mit deutlicher Abrollung auf. Demnach stammen sie aus sekundären Lagerstätten. Ein vergleichbares Material konnte bei Begehungen der Donauschotter nicht gefunden werden. Dunkelgraugrüner Hornstein (4) Auch hier handelt es sich um einen dichten Hornstein mit sehr glatten Bruchflächen. Seine Färbung ist gleichmäßiger als beim „hellgrauen Hornstein (3)“. Farbveränderungen sind großflächiger mit verlaufenden Übergängen. Stellenweise ist ein bräunlicher Schimmer zu erkennen. Einzelne Partien wirken auch bläulich. An manchen Stücken lassen sich vereinzelt umgewandelte Radiolaren erkennen. Ein Übergang zu den bläulichen Varianten sowie zum grünlichen Radiolarit ist anzunehmen. An Stücken dieser Rohmaterialvariante konnten keine Kortexreste nachgewiesen werden. Somit kann auch nicht entschieden werden, ob sie aus primären oder sekundären Lagerstätten stammt. In der Fundstelle A kommt sie zu 3,6%, in der Fundstelle B zu 1,9% vor. Dunkelgrauer Hornstein (5) Der dunkelgraue Hornstein stellt ebenfalls eine sehr dichte Variante dar. Obwohl hellere Partien an die Variante „hellgrauer Hornstein (3)“ erinnern, sind seine Bruchflächen deutlich rauer. Seine Färbung reicht von hellgrau über dunkelgrau bis nahezu schwarz. Die unterschiedlichen Färbungen sind deutlich voneinander abgegrenzt. Die Matrixreste, die an 60% aller Stücke vorhanden sind, zeigen eine deutliche Abrollung, die allerdings wesentlich verwitterter erscheint als bei den übrigen Hornsteinvarianten. Die Ausprägung des Materials, seine Farbschattierungen und auch die abgerollte und nachträglich korrodierte Matrix erinnern stark an den Hornstein vom Typ Krumlovský les.107 Ein Zusammenhang mit dem „hellgrauen Hornstein (3)“ kann dennoch nicht ausgeschlossen werden. Die Entfernung der Rohmateriallagerstätte im südmährischen Raum zur Fundstelle würde hier etwa 85 km Luftlinie betragen.
107.
Oliva 1996, 49–50.
Weiß patinierter Hornstein (6) Unter dieser Bezeichnung werden alle Hornsteine zusammengefasst, die auf ihrer ganzen Oberfläche eine deutliche weiße Patina aufweisen, sodass ihre Grundfarbe nicht mehr bestimmt werden kann. An frischen Brüchen ist erkennbar, dass die Patinierung unterschiedlich weit ins Gestein hineinreicht. Dünnere Grundformen sind oft zur Gänze durchpatiniert. Meist handelt es sich aber um sehr dichte Hornsteine mit einem ausgeprägten muscheligen Bruch und glatten Trennflächen. Weiß patinierte Hornsteine kommen nur in der Fundstelle A vor. Etwa 12% weisen eine abgerollte Matrix mit unterschiedlicher Beschaffenheit auf. Die weiß patinierten Stücke sind keine einheitliche Rohmaterialvariante, sondern setzen sich aus Stücken unterschiedlicher Materialien zusammen, die als gemeinsames Merkmal ihre charakteristische Patina aufweisen. Die Herkunft der einzelnen Stücke lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen, da meist weder die ursprüngliche Farbe noch die Ausprägung durch die Umwandlung erkennbar sind. Brauner Hornstein (7) Beim braunen Hornstein handelt es sich um eine sehr dichte, qualitätvolle Variante mit ausgeprägtem muscheligen Bruch und glatten Spaltflächen. Seine Färbung reicht von braun bis gräulich. Kleinere Partien zeigen auch eine etwas rötliche bzw. grünliche Färbung. Ein Übergang zum „hellblaugrauen Hornstein (20)“ sowie zu einigen farblich ähnlichen Radiolaritvarianten ist sehr wahrscheinlich. Insgesamt liegen von dieser Rohmaterialvariante nur drei Stück vor. Zwei stammen aus der Fundstelle A. Eines davon trägt geringe Kortexreste, die aber eine deutliche Abrollung der Rohknolle belegen. Vergleichbare Materialien sind in den Donauschottern heute noch zu finden, wenn auch in sehr kleinen Knollen. Grau gebänderter Hornstein (18) Der grau gebänderte Hornstein konnte nur in der Fundstelle A mit neun Stück nachgewiesen werden. Es handelt sich dabei um einen sehr dichten Hornstein mit muscheligem und glattem Bruch. Seine Grundfärbung ist hellgrau. Im gesamten Gesteinsmaterial zeigen sich aber deutliche Bänderungen in unterschiedlicher Färbung. Die Farbpalette reicht von mittelgrau über dunkelgrau bis zu verschiedenen Brauntönen. Partiell wird die Bänderung auch weißlich. Ein Stück zeigt Kortexreste mit deutlicher Abrollung. Verbindungen zum „hellgrauen Hornstein (3)“, aber auch zum „dunkelgrauen Hornstein“ sind anzunehmen. Die Rohmaterialverfügbarkeit ist ebenso mit diesen Varianten vergleichbar.
Langenlois Fundstelle A
Graublauer stark geklüfteter Hornstein (19) Auch hier handelt es sich um einen dichten Hornstein. Sein Bruch ist muschelig, aber nicht sehr glatt. Oft zeigen sich „schuppige“ Ausbrüche. Die gesamten Spaltflächen wirken unebener, beinahe profiliert. Häufig durchziehen feine Chalcitklüfte das Material. Meist liegt dieses Material nur in Trümmerform vor. Diese Variante kommt sowohl in der Fundstelle A als auch in der Fundstelle B vor. In A ist sie jedoch mit 105 Stück beinahe drei Mal so häufig. Bei neun Stück konnten Matrixreste festgestellt werden, die eine Abrollung der Rohknollen belegen. Sehr ähnliche Materialien mit Übergängen zu verschiedenfarbigen Radiolariten können in den Donauschottern aufgesammelt werden. Hellblaugrauer feiner Hornstein (20) Der hellblaugraue feine Hornstein ist sehr homogen und weist einen muschligen Bruch mit sehr glatten Trennflächen auf. Seine Farbe ist blaugrau mit Übergängen zu hellgrau, aber auch zu graugrün und blaugrün. Verbindungen zu farblich ähnlichen Hornstein- aber auch Radiolaritvarianten sind wahrscheinlich. Nur vier Stücke weisen Matrixspuren auf. Ein Stück zeigt eine weiße, dicke, poröse Matrix (kein Kalk, braust unter HCl 10% nicht auf) mit geringen Abrollungsspuren. Trümmerstücke kommen häufiger vor. Seine Verfügbarkeit dürfte ähnlich wie bei den entsprechenden Hornsteinvarianten gewesen sein. Blaugrüner Hornstein (21) Diese Rohmaterialvariante ist nur mit acht Stück in der Fundstelle A vertreten. Der blaugrüne Hornstein ist teilweise sehr dicht und weist einen glatten muscheligen Bruch auf. Partiell ist seine Ausprägung aber weniger dicht, wobei seine Trennflächen hier rauer, beinahe schuppig wirken. Seine Färbung ist blaugrau bis grüngrau. Häufig zeigt er sehr feine Klüfte. Eine Verbindung zum „graublauen stark geklüfteten Hornstein (19)“ ist sehr wahrscheinlich. Die spärlichen Matrixreste deuten auf eine Abrollung der Rohknollen hin. Hellbrauner Hornstein (24) Diese Rohmaterialvariante ist nur in der Fundstelle A mit vier Stück vertreten. Sie ist zum überwiegenden Teil sehr dicht und weist einen glatten muscheligen Bruch auf. In vereinzelten kleineren Zonen ist das Material grobkörniger und heller. Hier sind die Bruchflächen auch nicht mehr so glatt. Seine Farbe reicht von hellbraun bis zu einem zarten Rotbraun mit Übergängen zum Grau. Bei einigen helleren Zonen könnte es sich um eine beginnende Patinierung handeln. Matrixreste sind keine vorhanden. Vergleichbare
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Materialien kommen in den Donauschottern in geringerer Größe noch vor. Dunkelbrauner Hornstein (25) Von dieser Variante liegt nur ein einziges Stück aus der Fundstelle A vor. Es handelt sich hier um einen kleinen Kern. Das Material ist sehr dicht und weist einen guten muscheligen Bruch mit nur mäßig glatten Trennflächen auf. Seine Farbe ist sehr einheitlich dunkelbraun. Matrixreste sind keine vorhanden. Dieses Material ist bräunlichen Horn- und Radiolaritvarianten aus den Donauschottern nicht unähnlich. Grober grauer Hornstein (Matrix braun) (27) Der grobe graue Hornstein wird nur durch vier Stück repräsentiert. Drei stammen aus der Fundstelle A. Hierbei handelt es sich eigentlich um einen grauen Hornstein, der nach außen hin immer brauner wird. Er ist nicht sehr dicht und weist daher raue, schuppige Trennflächen auf. Seine Matrix ist braun und deutlich abgerollt. Hier ist nicht sicher, ob es sich bei der Braunfärbung um eine Art Patina handelt. Die Materialveränderung hätte demnach aber schon vor der Zerlegung stattgefunden. Ein Phänomen, das vor allem bei längerer Lagerung von Gesteinen in sekundären Lagerstellen zu beobachten ist (z. B. Urdonauschotter). Möglicherweise ist die Lagerstätte dieser Variante in den Resten der tertiären Donauablagerungen im Bereich des oberen Wachtberges zu suchen. Heller Hornstein (Matrix porös) (30) Dieser Variante können nur zwei Stücke aus der Fundstelle A zugeordnet werden. Es handelt sich um eine Hornsteinvariante, deren Farbe zwischen verschiedenen Grautönen wechselt. Die Übergänge sind dabei fließend. Innerhalb der dunkleren Zonen sind hellere kleine Punkte und Flecken zu beobachten. Im Bereich der dunkleren Zonen sind diese Verunreinigungen heller. Das Gestein ist sehr dicht und weist einen glatten muscheligen Bruch auf, der fettig glänzend wirkt. Auffallend ist eine hellbraune, bis zu 6 mm dicke Matrix, die sehr porös wirkt und einen kalkigen Charakter besitzt, jedoch unter 10%iger HCl nicht aufschäumt. Diese Variante ist sehr eng mit den Varianten „dunkelgrauer durchschimmernder Hornstein“ (34) und „hellbrauner Hornstein mit weißen Tupfen“ (35) verwandt. Dieses Material kommt auch sehr häufig in der Fundstelle Langmannersdorf B (dort als „RMV 1“ bezeichnet)108 vor, wo 60,73% aller Artefakte aus dieser Gesteinsvarietät gefertigt sind.
108. Mayer 2002, 134–140.
62
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Häufig tritt es auch in Ollersbach109 sowie in Saladorf110 auf. Sämtliche Fundstellen befinden sich in einem begrenzten Gebiet im Einzugsbereich des mittleren bis unteren Perschlingtals. Sie liegen von Langenlois etwa 25 bis 34 km Luftlinie entfernt. Heller gefleckter Hornstein (31) Von dem hellen gefleckten Hornstein sind nur drei Stück aus der Fundstelle A belegt. Es handelt sich um einen hellen grauen Hornstein mit verschieden großen und unregelmäßigen helleren und dunkleren Flecken. Seine weiße Patinierung ist schon weit fortgeschritten. Feine, gut verwachsene Klüfte durchziehen das Material. Der Bruch ist glatt und muschelig. Die wenigen Matrixreste sind porös und nur leicht abgerollt. Mit 10%iger HCL reagieren sie aber heftig. Eine Verbindung zum „hellgrauen Hornstein (3)“ kann nicht völlig ausgeschlossen werden. Ähnliche Materialvarianten lassen sich am Hügel von Stránska Skála in Südmähren oberflächlich aufsammeln. Grauer bis graubraun gebänderter Hornstein (32) Diese Rohmaterialvariante ist nur durch ein Stück aus der Fundstelle A belegt. Das Material ist sehr dicht und wird aus einer dunkelgrauen Zone und einer getupft wirkenden grauen Zone gebildet. Innerhalb des braunen Bereiches ist eine Bänderung in unterschiedlichen Brauntönen mit einigen gut verheilten dunkelgrauen Klüften erkennbar. Makroskopisch könnte man diese Variante leicht mit einem Radiolarit verwechseln. Erst unter dem Mikroskop wird deutlich, dass es sich bei den Punkten im braunen Abschnitt nicht um Radiolaren handelt. Der Bruch ist muschelig und glatt. Matrixreste sind keine vorhanden. Eine Ähnlichkeit zu gleichfarbigen Radiolaritvarianten aus der Donau ist nicht von der Hand zu weisen. Dunkelgrauer mittelgrober Hornstein (33) Diese Variante ist mit 14 Stück nur aus der Fundstelle A bekannt. Es handelt sich um ein sehr dunkles, mehr oder minder dichtes Gestein mit gutem muscheligen Bruch, aber teilweise sehr rauen Bruchflächen. E. Zirkl111 beschreibt dieses Material auch als Lydit. Es ist seiner Meinung nach durch winzige Einschlüsse von glitzernden Kalzitrhomboederchen charakterisiert und kommt auch heute noch in den Donauschottern vor.
109. Einwögerer, Hinterwallner 2003, 588. 110. Einwögerer, Simon 2005, 59. 111. Zirkl unpubliziert.
Dunkelgrauer durchschimmernder Hornstein (mit vielen Verunreinigungen) (34) Auch diese Rohmaterialvariante ist mit zehn Stück nicht sehr zahlreich vertreten. Nur zwei Stück stammen aus der Fundstelle B, alle anderen aus A. Es handelt sich dabei um einen dunkelgrauen dichten Hornstein mit unzähligen kleinsten weißen Pünktchen. Der Bruch ist muschelig und glänzend glatt. Nur an einem Stück sind Matrixreste vorhanden, die keine Abrollung zeigen. Es besteht eine sehr große Ähnlichkeit zu den Varianten „heller Hornstein mit poröser Matrix (30)“ und zum „hellbraunen Hornstein mit weißen Tupfen (35)“. Ein direkter Zusammenhang muss hier vermutet werden. Hellbrauner Hornstein mit weißen Tupfen (35) Diese Variante ist insgesamt 40-mal nachgewiesen, davon 39-mal in der Fundstelle B. Dieses Material hat eine sehr große Ähnlichkeit mit der Variante „dunkelgrau durchschimmernder Hornstein mit vielen Verunreinigungen“ (34). Lediglich seine Grundfarbe ist leicht ins Bräunliche verschoben. Es ist zu vermuten, dass es sich hier um die gleiche Variante handelt, die Anzeichen einer ersten Patinierung zeigt. Dunkelgrauer grober Hornstein (40) Es konnten nur zwei Stücke dieser Rohmaterialvariante in der Fundstelle B nachgewiesen werden. Es handelt sich um einen sehr groben unansehnlichen Hornstein mit mäßigem muscheligen Bruch und sehr rauen Trennflächen. Die Schlageigenschaften dieses Materials sind sehr beschränkt. Braungrauer Hornstein (stark zerklüftet) (48) Der braungraue Hornstein (stark zerklüftet) ist nur durch sechs Stück belegt. Fünf stammen aus der Fundstelle B. Das Material ist nicht sehr homogen und weist nur einen beschränkten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind sehr rau. Seine Farbe schwankt zwischen grau und graubraun. Viele kleine Klüfte durchziehen das Material. Vergleichbare Materialien lassen sich in großen Mengen in den Schotterablagerungen der Donau aufsammeln. Brauner Hornstein mit schwarzen Punkten (49) Diese Rohmaterialvariante ist durch fünf Stück aus der Fundstelle A belegt. Es gelang, alle vier Abschläge an einen Kern anzupassen. Es handelt sich um einen weniger dichten oder schon angelösten hell- bis mittelbraunen Hornstein, der unterschiedlich große dunkle Punkte aufweist. Sein Bruch ist muschelig, aber wenig glatt bis sehr rau. Die Matrix ist stark abgerollt. Material wie dieses kann in den Donauschottern leicht aufgefunden werden.
Langenlois Fundstelle A
Verschiedene Hornsteine (53) Unter dieser Variante werden verschiedene Hornsteinvarianten unterschiedlicher Färbung zusammengefasst, die für eine eigene zu uncharakteristisch sind oder in zu geringer Stückzahl auftreten. Insgesamt fallen 29 Stücke unter diese Sammelvariante. Dunkelgrauer Hornstein (56) Diese Variante ist mit 101 Stück nur in der Fundstelle B vertreten und setzt sich meist nur aus kleineren Stücken zusammen. Das Material ist dicht, besitzt einen muscheligen Bruch, aber eher raue Trennflächen. Zum größten Teil ist seine Farbe dunkelgrau. Stellenweise gibt es aber auch Übergänge zu graublau oder grüngrau. Matrixreste sind selten, aber immer abgerollt. Ein Zusammenhang zu den entsprechenden anderen gleichfarbigen Rohmaterialvarianten beim Hornstein und beim Radiolarit ist anzunehmen. Radiolarite Bei den Radiolariten konnten insgesamt 14 Varianten unterschieden werden. In den meisten Fällen handelt es sich um rote oder rotbraune Varianten. Es kommen aber auch graue und gelbbraune Radiolarite vor. Wie schon bei den Hornsteinen sind Übergänge zwischen den einzelnen Farbausprägungen sehr häufig. Mit wenigen Ausnahmen kommen in den Fundstellen A (Abb. 44) und B (Abb. 45) dieselben Varianten vor. Meist haben sie einen ausgeprägten muscheligen Bruch und glatte Trennflächen. Je höher der Kalkgehalt, umso schlechter ihre Eigenschaften. Es kommen aber auch Varianten vor, wo bereits ein Übergang zum fast kieselfreien Kalk zu beobachten ist. Über 55% aller Radiolarite weisen Matrixreste auf, die eine massive Abrollung zeigen. Für nahezu alle Radiolaritvarianten war es möglich, vergleichbares Material in den Donauschottern zu finden. Wie bereits bei den Hornsteinen beschrieben, war die Rohmaterialmitführung der Donau und ihrer Seitenflüsse vor und während der Eiszeit vor allem quantitativ wesentlich höher als heute, wo umfangreiche Regulierungen den Schottertransport enorm einschränken. E. Zirkl vermutet, dass Radiolarite wegen ihrer auffälligen Farbe leichter zu finden waren und daher häufiger Verwendung fanden.112 Ein weiterer Transport von Radiolariten, etwa aus dem Bereich der kleinen Karpaten, kann nicht ausgeschlossen werden, ist aber eher unwahrscheinlich.
112. Zirkl 1956–1959, 105.
63
Dunkelroter bis grüner Radiolarit (10) Der Rohmaterialvariante dunkelroter bis grüner Radiolarit können 30 Stück zugeordnet werden. Dreizehn stammen aus der Fundstelle A. Das Material ist sehr dicht und weist einen ausgeprägten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind sehr glatt und leicht glänzend. Seine Farbe ist dunkelrot bis dunkelrotbraun mit partiellen Übergängen zu grün. Makroskopisch sind die Radiolaren meist noch nicht zu erkennen. Unter dem Mikroskop sind jedoch die sehr kleinen Radiolarienreste, die dicht gepackt sind, deutlich zu erkennen. Vereinzelt sind die Fossilien auch etwas größer. Ihr Inneres ist mit durchschimmernder und daher oft dunkler wirkender Opalmasse ausgefüllt. Die Matrixreste zeigen eine massive Abrollung. Exponierte Kanten sind extrem ausgesplittert. Material dieser Qualität lässt sich im Donauschotter leicht finden, wenn auch heute nur noch in kleineren Knollen. Roter Radiolarit (11) Roter Radiolarit liegt nur in acht Fällen vor, wobei er mit sechs Stück in der Fundstelle A öfters vorkommt. Dieser Radiolarit ist von etwas minderer Qualität. Obwohl sein Bruch noch sehr muschelig ausgeprägt ist, sind die Trennflächen sehr rau. Viele kleine Klüfte durchziehen das Gestein. Seine Farbe reicht von rot über hellrot bis gelbrot. Wie beim „dunkelrot bis grünen Radiolarit (10)“ sind die Radiolaren nur unter dem Mikroskop zu erkennen. Meist sind sie sehr dicht, partiell aber auch sehr locker gestreut. Stellenweise gibt es auch einen Übergang zum kieseligen Kalk. Die Kortexreste zeigen erneut eine massive Abrollung. Vergleichbares Material ist auch in großen Mengen und in größeren Knollen in den Donauschottern zu finden. Hellroter Radiolarit (12) Dieser Rohmaterialvariante können 14 Stück zugeordnet werden. Sechs stammen aus der Fundstelle A. Diese Materialgruppe ist in ihrer Ausprägung sehr weit gefächert. Oft sitzen die Radiolaren sehr dicht, manchmal sind keine mehr vorhanden. Das Gestein enthält sehr viel Kalk und ist auch nicht sehr hart. Sein Bruch ist muschelig, aber rau. Trotz des schlechten Materials gelang es aber, daraus lange und schmale Klingen zu fertigen. Die Farbe kann zwischen hellrot, hellrotgrau und graurot schwanken. Die häufigen Kortexreste sind ausnahmslos stark abgerollt. Material dieser Qualität ist in den Donauschottern im großen Umfang vorhanden.
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Prozent
Prozent
64 Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
32 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Abb. 44: Langenlois A, Häufigkeit der Radiolaritvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
48 46 44 42 40 38 36 34 32 30 28 26 24 22 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0
Abb. 45: Langenlois B, Häufigkeit der Radiolaritvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
Rotgrauer Radiolarit (13) Hier liegen nur drei Stück aus der Fundstelle A vor. Das Material ist zwar sehr dicht, aber von einer Vielzahl an feinen Klüften durchzogen, die einen ausgeprägten muscheligen Bruch verhindern. Seine Farbvarianten reichen von dunkelrot über rotbraun bis zu grau, grün und grünblau. Alle Farben können an einem Stück vorkommen. Sind in den roten Partien noch Radiolaren zu erkennen, so fehlen diese in den grünen und braunen Partien völlig. Hier zeigt sich sehr deutlich, mit welchen Übergängen und Zugehörigkeiten bei den einzelnen Radiolarit-, aber auch Hornsteinvarianten zu rechnen ist. Die Kortex zeigt hier nicht nur eine starke Abrollung, sondern auch eine massive Aussplitterung an den exponierten Stellen. Rohknollen in vergleichbarer Qualität kommen in den Donauschottern häufig vor. Grauer Radiolarit (14) Der graue Radiolarit ist mit dreizehn Stück belegt. Fünf stammen aus der Fundstelle A. Das Material ist sehr dicht und weist einen muscheligen Bruch mit sehr glatten und glänzenden Trennflächen auf. Seine Farbe reicht von hellgrau bis mittelgrau. Nur noch vereinzelt sind größere Radiolaren als weiße kreisrunde Punkte zu erkennen. Meist sind sie aber schon umgewandelt und kaum noch zu identifizieren. Die häufigen Matrixreste sind stark abgerollt. Eine Zugehörigkeit zu anderen Radiolarit- oder Hornsteinvarianten mit ähnlicher roter Färbung muss angenommen werden. Die Verfügbarkeit ist ähnlich zu beurteilen wie beim „rotgrauen Radiolarit (13)“. Brauner stark zerklüfteter Radiolarit (22) Von den 24 vorhandenen Stücken stammen 23 aus der Fundstelle A. Dieses Material ist stellenweise sehr dicht. Durch seine vielen Klüfte bricht es aber nur bedingt muschelig. Seine Farbe reicht von hauptsächlich braun über graubraun bis grau. Stellenweise liegen die sehr kleinen Radiolaren dicht aneinander. Vereinzelt sind auch überraschend große Fossilreste zu beobachten. Partiell wurden sie aber auch schon so stark umgewandelt, dass sie kaum noch oder nicht mehr erkennbar sind. Matrixreste sind deutlich abgerollt. Vergleichbares Material kommt in den Donauschottern reichlich vor. Dunkelblaugrauer Radiolarit (23) Von dieser Variante sind nur sechs Stück vorhanden, fünf davon in der Fundstelle A. Das Gestein ist sehr dicht und besitzt einen ausgesprochenen muscheligen Bruch. Die Trennflächen sind sehr glatt und fettig glänzend. Die Farbe reicht von grau über graublau und blau bis zu braun. Manchmal führen die Farbunterschiede zu einer Bänderung. Oft
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sind die Radiolaren schon bis zur Unkenntlichkeit umgewandelt, aber in manchen Partien sind sie noch sehr gut als weiße kreisrunde Punkte zu erkennen. Die wenigen Matrixreste zeigen nur eine bedingte Abrollung. Eine Verwandtschaft zu den anderen Varianten mit bläulicher Färbung kann nur vermutet werden. Identes Material konnte bisher in den Donauschottern noch nicht gefunden werden. Gelbbrauner Radiolarit (28) Von dieser Variante liegen nur zwei Stück aus der Fundstelle A vor. Das Material ist partiell sehr dicht mit muscheligem Bruch und glatten Trennflächen. Stellenweise ist es aber auch sehr kalkig und entsprechend porös. Seine Farbe ist einheitlich gelbbraun. Oft sind die kleinen Radiolaren sehr dicht gepackt und nur unter dem Mikroskop zu sehen. Ein Matrixrest ist abgerollt. Bisher konnte noch kein gleiches Rohstück in den Donauschottern gefunden werden. Grüner Radiolarit (36) Hier liegen nur zwei Stück aus der Fundstelle B vor, die aufeinandergepasst werden konnten (Zusammensetzung 11). Hier handelt es sich um ein dichtes Material mit muscheligem Bruch. Die Trennflächen sind nicht sehr glatt, sondern leicht gewellt. Seine Farbgebung reicht von grau bis grün. Kortexreste konnten keine festgestellt werden. Klüfte sind vorhanden. Ein Übergang zu grauen, graublauen sowie roten Varianten ist anzunehmen. Vergleichbare Rohstücke sind im Donauschotter zu finden, aber eher selten. Gelbbrauner Radiolarit (46) Der gelbbraune Radiolarit ist mit drei Stücken aus der Fundstelle A belegt. Das Gestein ist sehr dicht und besitzt einen muscheligen Bruch. Die Trennflächen sind glatt und glänzend. Die Farbgebung reicht von gelbbraun bis graubraun. Die Radiolaren sind oft schon bis zur Unkenntlichkeit umgewandelt. An manchen Stellen sind sie aber auch als weiße, kreisrunde Punkte deutlich zu erkennen. Eine Verbindung zu anderen ähnlichen Varianten ist wahrscheinlich. Kortexreste konnten keine festgestellt werden. Grauroter Kalkstein bis Radiolarit (47) Hier liegt sowohl aus der Fundstelle A als auch aus B ein Stück vor. Das Gestein ist sehr porös und besitzt keinen ausgeprägten muscheligen Bruch. Seine Farbe ist graurot. Die größeren vorhandenen Radiolaren sind weiter gestreut. Die Kortexreste sind stark abgerollt. Das Material eignet sich kaum zur Herstellung von Werkzeugen und ist in den Donauschottern leicht zu finden.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Roter Radiolarit, schlechte Qualität, viele Klüfte (54) Diese Variante wird nur durch ein einziges Stück aus der Fundstelle B repräsentiert. Diese Variante besteht zum überwiegenden Teil aus rotem Kalk mit partiellen Einlagerungen von dichterem Radiolarit, der schichtweise aufgebaut ist. Die Farbe variiert zwischen hellrot und dunkelrot. Der Bruch ist nur bedingt muschelig. Die Trennflächen sind rau und uneben. Viele Klüfte durchziehen das Gestein. Zur Herstellung von Werkzeugen ist dieses Material ungeeignet. Es kommt in den Donauschottern aber in großen Mengen vor. Chalcedone Bei den Chalcedonen wurde zwischen sieben Varianten unterschieden (Abb. 46). Nur die Varianten „gelber Chalcedon“ (1) und „heller beinfarbener Chalcedon“ (2) sind durch größere Stückzahlen vertreten. Bei den übrigen Varianten sind nur verschwindend geringe Stückzahlen vorhanden. Insgesamt machen die Chalcedone aber 37,9% aller geschlagenen Steinartefakte der Fundstellen A und B aus, wobei aus der Fundstelle B nur zwei Stück zu vermerken sind. Abgesehen vom hellen beinfarbenen Chalcedon (2) weisen alle Varianten glatte Trennflächen auf. Bei 5% können Kortexreste nachgewiesen werden, die ausnahmslos keine Abrundung zeigen. Ihre Herkunft ist aller Wahrscheinlichkeit nach in primären Lagerstätten im Waldviertel zu suchen. Auch Vorkommen im Dunkelsteinerwald südlich der Donau können nicht ausgeschlossen werden. Gelber Chalcedon (Honigopal) (1) Hier handelt es sich um einen sehr dichten Opal mit ausgeprägtem muscheligen Bruch und teilweise sehr glatten, fett glänzenden, hin und wieder aber auch sehr rauen Trennflächen. Seine Farbe ist honiggelb bis braun. Oft ist eine Bänderung zu erkennen. Meist sind gut verwachsene Klüfte zu beobachten, die die Schlageigenschaften in keiner Weise beeinträchtigen. Diese Rohmaterialvariante ist nur in der Fundstelle A mit 589 Stück vertreten. Dies entspricht knapp 33,2% des Gesamtmaterials von Langenlois A. Diese Variante stellt gleichzeitig auch über 70% aller Chalcedonvarianten der Fundstelle A dar (Abb. 46). Knapp über 5,6% weisen Kortexspuren auf, die keinerlei Abrollungsspuren zeigen. Die Rindenreste sind meist weiß und durch die Lagerung im Boden stark angelöst und porös brüchig. Unter Einwirkung von 10%iger HCl reagieren sie nicht. Das Rohmaterial dürfte demnach aus einer primären Lagerstelle stammen. Ein identes Material zum gelben Chalcedon findet sich in einem natürlichen Aufschluss im sog. Höllengraben bei Primmersdorf in der Nähe von Drosendorf (Abb. 49). Dieses
Material wird auch als Opal bzw. Honigopal beschrieben113 (siehe dazu Kap. 3.3.1.5, Höllengraben bei Primmersdorf). Die Entfernung dieser Rohmateriallagerstätte zur Fundstelle Langenlois beträgt etwa 45 km Luftlinie. Heller beinfarbener Chalcedon (2) Diese Rohmaterialvariante ist mit 150 Stück (8,5%) nur in der Fundstelle A vertreten. Dieser beinfarbene bis hellbraune Chalcedon weist einen ausgeprägten muscheligen Bruch auf. Seine Trennflächen sind aber teilweise rau. Häufig treten Löcher mit Durchmessern von ein bis mehreren Millimetern auf. Nur an drei Stücken konnten Kortexreste nachgewiesen werden, die auf eine primäre Lagerstätte hindeuten. Ein ähnliches Rohmaterial kommt in Winkl (siehe dazu Kap. 3.3.1.5, Winkl), in der Nähe von Allensteig im Waldviertel vor. Es kann dort in größerer Menge oberflächlich aufgesammelt werden (Abb. 53). Die Entfernung dieser Rohmateriallagerstätte zur Fundstelle beträgt etwa 28 km Luftlinie. Grauer Chalcedon (15) Der graue Chalcedon ist nur durch vier Stück aus der Fundstelle A belegt. Hier werden verschiedene gräuliche Chalcedone zusammengefasst, die allesamt einen muscheligen Bruch und glatte glänzende Trennflächen aufweisen. Durch die geringe Stückzahl ist hier keine Zuweisung zu einer bekannten Rohmaterialfundstelle möglich. Weiß patinierter Chalcedon (16) Diese Variante ist durch 43 Stück vertreten, die mit 42 Stück zum überwiegenden Teil aus der Fundstelle A stammt. Es werden mehr oder minder vollständig weiß patinierte Chalcedone zusammengefasst. Sie besitzen alle einen ausgeprägten muscheligen Bruch und glatte Trennflächen. Aufgrund ihrer intensiven Patinierung ist oft nicht völlig auszuschließen, dass es sich um Hornsteine handelt. Seltene Matrixreste zeigen eine geringfügige Abrollung. Ähnlich weiß patinierte Chalcedone kommen in der Nähe von Ober- bzw. Unterthummeritz und Japons im Waldviertel vor. Roter Chalcedon (17) Hier liegen nur drei Stück aus der Fundstelle A vor. Da es sich um sehr kleine Stücke handelt, ist eine Beurteilung sehr schwierig. Das Material ist rot bis dunkelrot gefärbt und weist einen muscheligen Bruch mit teils glänzenden Trennflächen auf. Nur einmal ist ein geringer Matrixrest zu erkennen, der keine Abrollungsspuren zeigt. Auch diese 113. Stütz 1807, 299. – Huber, Huber 1977, 90.
Langenlois Fundstelle A
Prozent
67
gelber Chalcedon (Honigopal)
heller beinfarbener Chalcedon
grauer Chalcedon
weiß patinierter Chalcedon
roter Chalcedon
rot gebänderter Chalcedon
brauner Chalcedon
Abb. 46: Langenlois A, Häufigkeit der Chalcedonvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
Variante kann keiner bekannten Lagerstätte zugeordnet werden. Rot gebänderter Chalcedon (38) Nur drei Stück aus der Fundstelle A konnten dieser Rohmaterialvariante zugeordnet werden. Auch diese sind sehr klein und schwer zu bestimmen. Eine Ähnlichkeit zum „roten Chalcedon (17)“ ist vorhanden. Der Unterschied liegt hier lediglich in einer Bänderung des Materials, welche sich durch verschiedene Rotfärbungen, von hell bis dunkel, äußert. Brauner Chalcedon (44) Auch hier liegen nur drei Stück aus der Fundstelle A vor. Unter dieser Variante werden verschiedene Chalcedone mit unterschiedlicher Braunfärbung zusammengefasst. Die Größe der Stücke lässt erneut keine genauere Bestimmung oder Zuordnung zu einer Lagerstelle zu. Kieselreicher Kalk- bis Hornstein Bei den kieselreichen Kalk- bis Hornsteinen wurden drei Varianten nach ihrer Körnung bzw. Farbe unterschieden. Diese Rohmaterialgruppe ist nur mit 29 Stück etwa zu gleichen Teilen in den Fundstellen A und B vertreten (Abb. 47–
48). Über 50% davon weisen Kortexreste mit massiver Abrollung auf. Nur sehr selten sind einzelne Radiolaren erkennbar. Mit 10%iger HCl schäumt das Material heftig auf. Nicht bei allen Stücken ist die sonst so typische Netzstruktur (Patina) gleich gut ausgebildet. An einigen Stücken ist sie kaum zu erkennen. Diese Rohmaterialvarianten können in großen Mengen in den Donauschottern gefunden werden. Grauer kieselreicher Kalk bis Hornstein (mittelgrob) (8) Diese Rohmaterialvariante ist nur mit drei Stück aus der Fundstelle A vertreten. Das Material weist einen guten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind unterschiedlich rau, die Grundkörnung ist mittelgrob. Die Farben reichen von hellgrau über dunkelgrau bis zu leicht bräunlich. Vereinzelt ist auch eine gut ausgeprägte Bänderung zu erkennen. In dichteren Zonen kann eine größere Anzahl von Radiolaren in unterschiedlichen Größen beobachtet werden. In weniger dichteren Zonen kommen keine Fossilien mehr vor. Die Kortexreste sind ausnahmslos abgerollt. Ein Übergang zu den Radiolariten, aber auch zu verschiedenen Hornsteinvarianten muss hier angenommen werden. Die Netzpatina ist nur bedingt ausgebildet.
68
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
B zugeordnet werden. Hier werden verschiedene Stücke mit meist feinerer Körnung und unterschiedlichen Grautönen zusammengefasst. Sie weisen alle einen muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind aber eher rauer, die Härte wieder gering. Dennoch wurden häufig Klingen daraus hergestellt. Radiolaren sind schon umgewandelt oder kaum noch als solche zu erkennen. Die Netzpatina ist unterschiedlich deutlich ausgeprägt. Kortexreste sind immer abgerollt.
70 65 60 55 50 Prozent Prozent
45 40 35 30 25 20 15
10 5
verschiedene graue kieselreiche Kalke bis Hornstein
verschiedene graue kieselreiche Kalke bis Hornstein
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (grobkörnig)
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (grobkörnig)
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (mittelgrob)
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (mittelgrob)
0
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (grobkörnig)
verschiedene graue kieselreiche Kalke bis Hornstein
verschiedene graue kieselreiche Kalke bis Hornstein
95 90 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0
grauer, kieselreicher Kalk bis Hornstein (grobkörnig)
Prozent Prozent
Abb. 47: Langenlois A, Häufigkeit der kieselreichen Kalk- bis Hornsteine (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 48: Langenlois B, Häufigkeit der kieselreichen Kalk- bis Hornsteine (Graphik: Th. Einwögerer).
Grauer kieselreicher Kalk bis Hornstein (grobkörnig) (9) Hier ist je ein Stück aus der Fundstelle A und aus der Fundstelle B vorhanden. Trotz seiner Grobkörnigkeit weist auch diese Variante einen guten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind aber entsprechend rau, die Härte des Gesteins ist als eher gering zu bezeichnen. Radiolaren sind keine erkennbar. Die Farbe variiert zwischen grau und braun. Mit 10%iger HCl schäumt das Gestein heftig auf. Die Netzpatina ist deutlich ausgeprägt. Verschiedene graue kieselreiche Kalke bis Hornstein (29) Dieser Rohmaterialvariante können insgesamt 14 Stücke, neun davon aus der Fundstelle A und 15 aus der Fundstelle
Sonstige Nicht bestimmbar (0) Hier ist aufgrund starker Veränderungen, meist Feuereinwirkung, eine nähere Bestimmung nicht möglich. Grauer kieselreicher Kalk (26) Von dieser Variante liegt jeweils nur ein Stück aus der Fundstelle A und der Fundstelle B vor. Das Gestein ist grau bis graubraun und weist keinen ausgeprägten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind rau und stark strukturiert. Die Härte ist sehr gering. Das Material eignet sich zum Schlagen nur sehr bedingt. Mit 10%iger HCl braust es heftig auf. Matrixreste sind stark abgerollt. Vergleichbares Material ist in den Donauschottern in großen Mengen auffindbar. Hellgrauer, gepunkteter Quarzit (39) Von dieser Rohmaterialvariante liegen nur drei Stück aus der Fundstelle B und ein Stück aus der Fundstelle A vor. Das Material ist teilweise sehr dicht und weist einen mehr oder minder muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind meist rau. Seine Farbe ist hellgrau mit schwarzen oder rötlichen kleinen Punkten. Matrixreste sind deutlich abgerollt. Vergleichbares Rohmaterial kann in Donauschottern leicht aufgesammelt werden. Brauner Quarzit (grob) (43) Hier liegen nur zwei Stück aus der Fundstelle A vor. Das Gestein ist bräunlich mit bedingt muscheligem Bruch und rauen Trennflächen. Die Matrixreste zeigen eine Abrollung. Vergleichbare Stücke sind in den Donauschottern zu finden. Graubrauner grober Quarz (41) Hier sind nur zwei Stück aus der Fundstelle A nachgewiesen. Die Farbe ist graubraun. Das Material weist keinen ausgeprägten muscheligen Bruch auf. Die Trennflächen sind sehr rau. Matrixreste sind abgerollt. Material wie dieses ist sowohl in den Donau- als auch in den Kampschottern leicht aufzufinden. Weiters kommen Quarze in verschiedenen Ausprägungen in den tertiären Schotterablagerungen der Donau in großer Menge vor.
Langenlois Fundstelle A
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Rot weißer Quarz (42) Drei Stücke dieser Rohmaterialvariante stammen aus der Fundstelle A. Ihre Farbe ist weiß bis rötlich. Ihre Struktur ist sehr grob, wodurch die Trennflächen entsprechend rau sind. Es ist kein muscheliger Bruch vorhanden. Zur Verfügbarkeit siehe Rohmaterialvariante 41 („graubrauner grober Quarz“). Gelbbrauner Granulit (37) Hier liegen 19 Stück aus der Fundstelle A vor, von denen 15 zusammengepasst werden konnten. Das Material hat eine hellgraue bis gelbbraune Farbe mit dunkleren, leicht rötlichen Granateinschlüssen. Die Matrix ist abgerollt und dunkler. Das Gestein besitzt keinen muscheligen Bruch und ist zum Schlagen ungeeignet. Bei den vorliegenden Stücken dürfte es sich um die Abfälle einer Zurichtung zu einer Arbeits- oder Unterlagsplatte oder eines Schlagsteines handeln. Granulit (50) Diese Rohmaterialvariante beinhaltet grauere Granulite. Zu Ausprägung und Eigenschaften siehe „gelbbrauner Granulit (37)“. 3.3.1.5 Für das Inventar von Langenlois wichtige Rohmateriallagerstätten Höllengraben bei Primmersdorf Ein Rohmaterialaufschluss, der vor allem unter Mineraliensammlern bekannt ist und von diesen sehr gerne aufgesucht wird, befindet sich im sog. Höllengraben bei Primmersdorf in der Nähe von Drosendorf im nördlichen Niederösterreich (Abb. 49, vgl. Abb. 175 „gelber Chalcedon (1)“). Hier mündet etwa 500 m nordöstlich des Schlosses Primmersdorf ein kleiner Bach, der den Höllengraben durchfließt, in die Thaya. Weitere knapp 500 m bachaufwärts durchschneidet dieser eine markante Felsformation. Auf Glimmerschiefer114 liegt hier eine Abfolge von Urkalken (Marmor, Silikatmarmor),115 Glimmerschiefer und Hornblendenschiefer.116 Zusammengefasst beschreibt A. Stütz117 dieses Vorkommen folgendermaßen: Auf einem Urkalk aufliegend befindet sich hier ein Opalporphyr mit Feldspat. Darin kommen bereits wechselnde Lagen von schwärzlichen, gelben, grünen, grauen und weißen Opalen vor. Darauf befindet sich ein wachsgelber Opal 114. Geologische Bundesanstalt 2002, Niederösterreich Nord.
Abb. 49: Rohmaterialfundstelle Höllengraben. ÖK 1:50.000, Blatt 8 Geras.
oder Halbopal, der abwechselnd auch leberrot, braun, olivbraun, grünlichschwarz oder grünlichweiß sein kann. Seine Oberfläche ist fettglänzend, aber opak und nur an den Kanten etwas durchscheinend. In der Mitte dieses Opallagers fällt eine wachsgelbe, oft nahezu holzbraune Variante auf, die man in der Umgebung auch Feuerstein nennt, da sie mit Stahl einen starken Funken schlägt und zu diesem Zwecke auch verwendet wurde. Oft scheint er in Jaspis überzugehen, ist dann immer noch wachsgelb, aber ohne weiße Flecken. Er wirkt dichter und besitzt einen muscheligen Bruch (Abb. 52). Auch im 500 m weiter westlich gelegenen, früher Zieringsgraben, heute Kobergraben genannten Einschnitt zwischen Primmersdorf und Trabersdorf konnten Stücke des gelben Opals gefunden werden. Dies zeigt, dass sich die Opalschicht zumindest so weit noch fortsetzt.118 Bei einer Begehung der Lagerstätte 2002 mit Chr. Neugebauer-Maresch und G. Trnka gelang es, einen Abschnitt einer honiggelben Opalschicht mit einer Mächtigkeit von über ½ m am Ostrand des Höllengrabens freizulegen (Abb. 50–51). Winkl Bei Mineraliensuchern ebenfalls sehr bekannt ist ein Aufschluss in der Nähe von Winkl, etwa 11 km östlich von Allensteig in Niederösterreich (Abb. 53, vgl. Abb. 175 „heller beinfarbener Chalcedon (2)“). Hier können nördlich der
115. Scharbert 2002, 45. 116. Stütz 1807, 299–303. 117.
Stütz 1807, 299–303.
118. Stütz 1807, 298–303.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 50: Höllengraben, Freilegung der Opalschicht (Foto: Th. Einwögerer 2002).
Abb. 52: Höllengraben, „gelbe Chalcedone (1)“, angeschlagen (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Abb. 51: Höllengraben, Freigelegte Opalschicht (Foto: Th. Einwögerer 2002).
Abb. 53: Rohmaterialfundstelle Winkl. ÖK 1:50.000, Blatt 20 Gföhl.
Abb. 54: Winkl, „heller, beinfarbener Chalcedon (2)“, angeschlagen (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 55: Rohmaterialfundstelle Schiltern. ÖK 1:50.000, Blatt 38 Krems an der Donau.
kleinen Ortschaft Winkl im Bereich der Flur „Winterleiten“ helle beinfarbene Chalcedone aufgesammelt werden. Durch die intensive Bodenbearbeitung werden hier im Kristallinschutt liegende graphitführende Paragneise und Marmorlagen angeackert.119 Die Qualität der einzelnen Stücke schwankt ebenso wie deren Größe erheblich (Abb. 54).
71
Abb. 56: Schiltern, Rohmaterialvarianten, angeschliffen, a: gelber Chalcedon; b: blau-weißer Chalcedon; c: hellgelber Chalcedon; d: rotbrauner Chalcedon; e: roter Chalcedon (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Rohmaterialvariante 2 aus der Fundstelle Langenlois A entsprechen.
Schiltern Sehr beliebt bei Sammlern ist auch eine Fundstelle 1,8 km südöstlich von Schiltern an der Straße nach Langenlois in Niederösterreich (Abb. 55). Im Bereich einer s-förmigen Kurve können hier östlich der Straße verschiedenste Chalcedone aufgesammelt werden. Zwischen Paragneisen, Mischgneisen, Glimmerschiefer und Amphibolit eingelagerte Serpentinitgesteine120 werden hier durch das Pflügen der Weingärten aufgeschlossen. Vor allem im Frühjahr sind die Fundmöglichkeiten ausgezeichnet. Chalcedonstücke in unterschiedlichen Größen können hier aufgesammelt werden. Neben weniger qualitätvollen Stücken finden sich auch sehr reine Chalcedone mit verschiedenen Farbspektren. Neben milchig weißen kommen auch glasklare und ins Rot bzw. Gelb gehende Varianten vor (Abb. 56). Trotzdem lassen sich die gelblichen Varietäten nicht mit jenen charakteristischen Stücken aus Winkl vergleichen, die der
Kamp Mit 115 km Länge zählt der Kamp zu den längsten Nebenflüssen der Donau in Niederösterreich. Er entwässert ein Gebiet von 1753 km² und besitzt mit Großem Kamp, Kleinem Kamp, Purzelkamp und der Zwettl mehrere Quellflüsse. Zu Beginn fließt er nach Osten, bis sich ihm der Manhartsberg in den Weg stellt und ihn nach Süden zwingt, wo er an Langenlois vorbeifließt und bei Altenwörth in die Donau mündet.121 Das gesamte Einzugsgebiet des Kamps befindet sich im Kristallin der Böhmischen Masse. Dementsprechend sind auch seine Schotter zusammengesetzt. Von Interesse ist der Bereich westlich von Horn, wo neben dem Kamp auch die Taffa ausgedehnte Serpentinzüge durchschneidet und schließlich bei Rosenburg in den Kamp mündet. Begehungen in diesem Raum haben eine Reihe von Zersetzungsprodukten des Serpentinits wie Eisenkiesel, Jaspis, Chalcedon und Halbopal ergeben.122 Diese gelangen über die Taffa natürlich auch in den Kamp. Aber auch der Kamp selbst durchschneidet in der Nähe
119. Geologische Bundesanstalt 1984.
121. Blühberger 1996, 215–216.
120. Geologische Bundesanstalt 2002.
122. Mayerhofer 1954, 1.
72
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
von Etzmannsdorf, Wanzenau und Steinegg sowie weiter westlich bei Wegscheid am Kamp Serpentinitzüge. Dies bedeutet, dass sämtliche verschiedenen Chalcedonvarianten in abgerollter Form auch in den weiter südlich akkumulierten Kampschottern (auch um Langenlois) zu finden sein müssen. An mehreren Stellen, wie etwa bei St. Leonhard am Hornerwald oder zwischen Zöbing und Schönberg,123 durchschneidet der Kamp auch Granulitlagerstätten. Hier nimmt er große Mengen dieses Gesteins in seine Schotter mit auf, die durch den Transport im Geschiebe oft zu charakteristischen flachen Platten geschliffen werden. Einige dieser Platten wurden auch im Inventar der Fundstelle Langenlois A in Form von vermutlichen Unterlagsplatten aufgefunden. Donau Die Donau ist nach der Wolga der zweitlängste Strom in Europa. Sie weist eine Gesamtlänge von 2857 km auf. Ihr Einzugsgebiet beträgt dabei rund 801.463 km².124 Auf ihrem Weg nach Niederösterreich nimmt sie eine große Zahl an Nebenflüssen auf, die sie neben Wasser auch mit einer großen Menge Geschiebe versorgen. Alle Rohmateriallagerstellen, die von der Donau oder einer ihrer Nebenflüsse auf dem Weg bis ins Tullnerfeld in Niederösterreich durchschnitten werden, hier detailliert aufzuzählen, ist unmöglich. Es soll jedoch in erster Linie auf die Nebenflüsse hingewiesen werden, die sich von Süden her, aus den Kalkalpen kommend, in den Strom ergießen. Sie bringen neben Kalkgesteinen auch Unmengen an Radiolariten und Hornsteinen mit sich. Auf ober- und niederösterreichischem Gebiet sind dies vor allem die Steyr, die Enns, die Ybbs, die Erlauf, die Pielach und die Traisen. Dementsprechend viele zum Schlagen geeignete Rohmaterialvarianten in unterschiedlicher Qualität und Größe sind im Bereich der quartären und holozänen Donauschotter zu finden. Eine umfassende Darstellung dieser Materialien wurde bisher noch nicht vorgelegt. Eigene Begehungen der Donauschotter im Bereich der Wachau zwischen Melk und Krems ergaben jedoch eine ungeheure Menge an verschiedenen verwendbaren Materialien, die hier nicht alle aufgezählt werden können.125
123. Geologische Bundesanstalt 2002. 124. Mandl 2009. 125. Siehe dazu auch Einwögerer 2000, 61–73.
3.3.1.6 Rohmaterialverteilung der Fundstelle A Im Inventar der Fundstelle A dominieren die verschiedenen Chalcedonvarianten mit fast 55%. Mit 34,3% stellen die verschiedenen Hornsteinvarianten die zweitgrößte Rohmaterialgruppe vor den Radiolariten mit 5% dar. Quarze, Quarzite, kieselreiche Kalksteine sowie kieselreiche Kalkbis Hornsteine liegen nur in sehr geringen Mengen vor (Abb. 57). Vergleicht man das Gewicht der einzelnen Rohmaterialgruppen, so sind die Chalcedone mit 32% und die Hornsteine mit 33% des Gesamtgewichtes in fast gleich großen Mengen vorhanden. Die Radiolarite stellen mit 9% nur die viertschwerste Gruppe dar. Der hohe Wert von 22,4% des Gesamtgewichtes bei den Grünsteinen wird durch einige wenige, aber sehr große und schwere Stücke erreicht. Dasselbe gilt auch für den kieselreichen Kalk- bis Hornstein, der 3% des Gesamtgewichtes darstellt (Abb. 58). Abb. 59 zeigt noch einmal die Gewichtsverteilung der verschiedenen Rohmaterialgruppen. Die Varianten „gelber Chalcedon (1)“ und „heller beinfarbener Chalcedon (2)“ sind hier gesondert dargestellt. Zu erkennen ist, dass vom gelben Chalcedon nahezu doppelt so viel Material, nach dem Gewicht gerechnet, in die Fundstelle eingebracht wurde. Interessant ist, dass die Entfernung zur vermutlichen Rohmateriallagerstätte beim gelben Chalcedon mit 45 km Luftlinie beinahe doppelt so lange ist wie zur vermuteten Lagerstätte des hellen, beinfarbenen Chalcedons mit nur 28 km Luftlinie. Dieses ungleiche Verhältnis ist möglicherweise mit der unterschiedlichen Qualität der Rohmaterialien zu erklären. Im Vergleich mit dem hellen, beinfarbenen ist der gelbe Chalcedon nicht nur feiner und qualitativ hochwertiger, er ist auch wesentlich leichter zu bearbeiten. Im Experiment zeigte sich der gelbe Chalcedon bei weitem nicht so zäh wie der helle beinfarbene. Gleichmäßige Klingen waren wesentlich einfacher herzustellen. Die Schneidekanten erwiesen sich als gleichmäßiger und schärfer. 3.3.2 Artefaktmorphologie 3.3.2.1 Grundformanteile der Rohmaterialien Zur Definition der Grundformen siehe Kap. 3.3.2.4. Für diese Analyse konnten insgesamt 1447 Stück herangezogen werden.
Chalcedon Der überwiegende Teil der überlieferten Klingen wurde aus Chalcedon hergestellt (Tab. 2, Abb. 60). Hier liegen beinahe ebenso viele Klingen wie Abschläge vor. Für die sorgsame Präparation der Kerne spricht die relativ hohe Anzahl an Präparationsgrundformen (4,2%) und Absplissen (8,1%).
Langenlois Fundstelle A Radiolarit 5.0%
Chalcedon 54.9%
Hornstein 34.3%
Quarzit 0.2%
unbestimmbar 1.9% Quarz 0.3%
Grünstein 2.3%
kieselreicher Kalkstein 0.1%
kieselreicher Kalkstein bis Hornstein 0.9%
Abb. 57: Langenlois A, Rohmaterialverteilung nach der Stückzahl (Graphik: Th. Einwögerer).
Radiolarit 9%
Hornstein 32%
Quarz 0%
Chalcedon 32%
Quarzit 0%
Grünstein 22.4%
kieselreicher Kalkstein bis Hornstein kieselreicher Kalkstein 3% 1%
Abb. 58: Langenlois A, Rohmaterialverteilung nach dem Gewicht (Graphik: Th. Einwögerer).
Hornstein 32.4%
Radiolarit 9.4%
Quarz 0.1%
gelber Chalcedon 22.6% Grünstein 22.4% kieselreicher Kalkstein bis Hornstein 2.6% kieselreicher Kalkstein 1.1%
Quarzit 0.3%
beinfarbener Chalcedon 8.3% verschiedene Chalcedone 0.8%
Abb. 59: Langenlois A, Rohmaterialverteilung nach dem Gewicht mit hervorgehobenen Rohmaterialvarianten „gelber Chalcedon (1)“ und „heller beinfarbener Chalcedon (2)“ (Graphik: Th. Einwögerer).
73
Für die vielen Trümmerstücke (10,2%) dürfte nicht eine unausgereifte Schlagtechnik, sondern das häufige Vorkommen von Klüften im Ausgangsmaterial verantwortlich sein. Kerne sind mit 0,5% eher seltener, was einerseits daran liegen dürfte, dass das Rohmaterial aus primärer Lagerstätte stammt, wodurch Kerne schwerer zu erkennen sind, und andererseits das Material sehr gut genutzt wurde. Mit nur zwei Stück sind Stichelabfälle sehr selten. Hornstein Bei der qualitativ sehr hochwertigen Gruppe der Hornsteine wurden nur halb so viele Klingen wie Abschläge festgestellt (Tab. 2, Abb. 60). Verhältnismäßig viele Präparationsgrundformen (2,2%) und Absplisse (7,2%) zeigen aber auch bei dieser Rohmaterialgruppe eine bewusste Präparation der Kerne. Mit neun Stück (1,8%) liegen für die Gesamtanzahl der Hornsteinartefakte relativ viele Kerne vor. Insgesamt sieben Stichelabfälle zeigen die Bevorzugung der Hornsteine zur Stichelproduktion. Radiolarit Auch beim wesentlich selteneren Radiolarit wurden nur halb so viele Klingen wie Abschläge festgestellt (Tab.2, Abb. 60). Mit 4,1% ist der Anteil der Präparationsgrundformen ähnlich hoch wie bei den Chalcedonen. Mit 6,9% weisen sie aber den höchsten Anteil an Kernen auf. Bei allen Präparationsgrundformen dominieren die primären Kernkantenklingen und primären Kernkantenabschläge. Aufgrund der hohen Rohmaterialqualität der Hornsteine und Radiolarite, sowie der sorgsamen Präparation der Kerne muss davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Zielproduktion, in diesem Fall sicher Klingen, nicht mehr an der Fundstelle überliefert sind. Diese Stücke wurden vermutlich anderorts gebraucht und/oder verloren. Interessant ist der Vergleich zwischen den Rohmaterialvarianten „gelber Chalcedon (1)“ (Abb. 61) und „heller beinfarbener Chalcedon (2)“ (Abb. 62). Während bei den gelben Chalcedonen ebenso viele Klingen wie Abschläge überliefert sind, konnten bei den hellen beinfarbenen Chalcedonen wesentlich weniger Klingen als Abschläge festgestellt werden. Auch bei den Präparationsgrundformen gibt es Unterschiede. Vom gelben Chalcedon liegen wesentlich mehr Präparationsgrundformen vor als vom hellen beinfarbenen. Während beim gelben Chalcedon wenige Kerne nachgewiesen werden konnten, kommen beim hellen beinfarbenen keine Kerne vor. Tab. 3 fasst die Grundformanteile ausgewählter Rohmaterialgruppen und Varianten zusammen.
74
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich Grundformen
Klingen
Abschläge
Präparationsgrundformen
Kerne
Stichelabfälle
Trümmerstücke
Absplisse
gesamt
6
10
2
-
1
6
3
28
Hornstein
147
250
11
9
7
37
36
497
Radiolarit
18
36
3
5
-
9
1
72
Chalcedon
290
318
34
4
2
81
65
794
Quarzit
-
2
-
1
-
-
-
3
kieselreicher Kalkstein
-
-
-
-
-
1
-
1
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
4
7
-
1
-
1
-
13
Grünstein
2
29
-
2
-
1
-
34
1
-
-
-
4
-
5
653
22
22
10
140
105
1447
nicht bestimmbar
Quarz gesamt
467
Tab. 2: Langenlois A, Grundformanteile aller Rohmaterialien.
350
300
250
200
150
100 50 0
Absplisse Trümmerstücke Stichelabfälle Kerne Abschläge Klingen Präparationsgrundformen
Abb. 60: Langenlois A, graphische Darstellung der Grundformanteile aller Rohmaterialien (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A Abschläge 39%
Klingen 38%
Absplisse 8%
Trümmerstücke 12% Stichelabfälle Kerne 0% 1% Präparationsgrundformen 3%
Stichelabfälle
Trümmer
Absplisse
4
Kerne
1
Kernscheiben
3
sek. Kab.
prim. Kab.
Abb. 62: Langenlois A, Grundformanteile der „hellen beinfarbenen Chalcedone (2)“ (Graphik: Th. Einwögerer).
sek. Kkl.
Abschläge 222
Trümmerstücke 5% Präparationsgrundformen 9%
prim. Kkl.
Klingen
Abb. 61: Langenlois A, Grundformanteile der „gelben Chalcedone (1)“ (Graphik: Th. Einwögerer).
139
Abschläge 48%
Klingen 30%
Absplisse 7%
Hornstein
75
1
1
8
7
33
36
Radiolarit
18
36
2
-
1
-
-
5
-
9
1
gelber Chalcedon
222
229
8
1
5
-
4
4
1
71
44
heller beinfarbener Chalcedon
45
72
5
3
3
-
3
-
-
7
12
Hornstein Typ Krumlovský les
4
24
1
-
-
-
-
1
-
3
-
heller Hornstein
4
4
-
-
-
-
-
-
-
1
-
verschiedene Chalcedone
23
17
1
-
1
-
-
-
1
3
9
sonstige Rohmaterialien
8
45
2
-
-
-
-
4
1
12
3
Tab. 3: Langenlois A, Kreuztabelle von Grundformen und ausgewählten Rohmaterialgruppen und -varianten (Kkl: Kernkantenklingen, Kab: Kernkantenabschläge).
3.3.2.2 Kortexanteile Bei der Analyse der Kortexreste wurden die gesamten Grundformen ohne Trümmer und Absplisse miteinbezogen. Dies ergibt eine Gesamtzahl der ausgewerteten Stücke von 1181. Der Kortexanteil in einem Inventar kann von folgenden Faktoren abhängen:126 a) Rohmaterial und Verfügbarkeit b) Knollen- oder Kerngröße c) Intensität der Kernausnutzung d) Art der Rohmaterial-Ausnutzung und Abbautechniken e) stilistische und funktionale Faktoren
126. Hahn 1993, 74.
Die Abb. 63 zeigt die prozentuellen Anteile der Stücke mit Kortexresten innerhalb der Rohmaterialgruppen. Mit 100% Kortexbedeckung dominiert die Gruppe der Grünsteinvarianten. Mit 66,6% weisen auch die kieselreichen Kalk- bis Hornsteine noch sehr viele Kortexreste auf. Der sehr hohe Anteil von 50% bei den Quarziten ist darauf zurückzuführen, dass eins der zwei aufgefundenen Stücke einen Kortexrest aufweist. Ähnliches gilt auch für die Radiolarite, die von der Gesamtmenge von nur 60 Stück eher selten vertreten sind. Aussagekräftiger ist der Hornstein. Hier weisen von 420 Stück 72 (17,1%) Kortexreste auf. Bemerkenswert sind die 5,2% beim Chalcedon, von dem immerhin 644 Stück beurteilt wurden und nur 40 Kortexreste aufweisen.
76
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich Hornstein 79.4%
unbestimmbar 1.8% Chalcedon Grünstein 0.6% 0.9% Quarzit kieselreicher Kalkstein bis 0.9% Hornstein kieselreicher Kalkstein 4.9% 0.3%
Radiolarit 11.1%
Abb. 63: Langenlois A, Anteil der Kortexbedeckung innerhalb der Rohmaterialgruppen (Graphik: Th. Einwögerer).
Bei den Hornsteinen sind die Kortexreste mit 46% am häufigsten lateral zu verzeichnen, wobei eine bevorzugte Kante nicht festgestellt werden kann. Interessant ist auch das 15%ige Auftreten von proximalen Kortexresten. Dies deutet auf eine systematische Präparation der Kerne mit versuchtem umlaufenden Abbau hin, was auch durch die Anzahl der überlieferten Klingen und Präparationsgrundformen mit primären Kernkanten bestätigt werden kann. Bei den Radiolariten dominieren mit 37% die Stücke mit ganzer Kortexbedeckung. Dies ist ein Hinweis darauf, dass vor allem Rohknollen entrindet und vorbereitet wurden. Die wie bei den Chalcedonen ähnlich hohe Anzahl an Präparationsgrundformen weist darauf hin, dass die Knollen nicht nur sorgsam entrindet, sondern auch präpariert wurden. Die Zielproduktion dürfte aber zum größten Teil nicht mehr überliefert sein. Bei den Chalcedonvarianten treten noch deutlicher als bei den Hornsteinen die lateralen Kortexreste mit 67,5% in den Vordergrund. Wie bei den Hornsteinen kann dies als Nachweis für einen regelhaften Abbau gewertet werden. Von diesen Rohmaterialvarianten liegen auch die meisten Klingen sowie verschiedene Präparationsgrundformen vor, die durch primäre Kernkanten dominiert werden. Erwartungsgemäß zeigen die Grünsteine die Kortexreste vor allem basal, was auf ein regelloses Zerschlagen von Stücken ohne vorherige Präparation eines Kernes hindeutet. Hier handelt es sich vermutlich eher um Schlagsteine, die beim Gebrauch abgesprungen sind, oder um chopperartige Geräte für grobe Arbeiten (z. B. das Aufschlagen von Knochen), die nur grob und unsystematisch nachgeschärft wurden. Bei der Kortexbedeckung erscheint es sinnvoll, einzelne Rohmaterialvarianten genauer zu untersuchen (Abb. 64).
Im Vergleich zu den Hornsteinen, Radiolariten und sonstigen Chalcedonen werden die „gelben Chalcedone (1)“ und die „hellen beinfarbenen Chalcedone (2)“ herausgegriffen. Genauer betrachtet werden sollen auch die Hornsteine vom Typ Krumlovský les und die hellen Hornsteine der Rohmaterialvariante 30. Bei dem hellen Hornstein handelt es sich um einen sehr auffälligen Typ, der vor allem in den Fundstellen Langmannersdorf, Lagerplatz B, und an der Oberflächenfundstelle Ollersbach anzutreffen ist. Auffallend ist der mit 72% relativ hohe Anteil von Stücken mit Kortexresten bei den Hornsteinen vom Typ Krumlovský les. Für eine Rohmaterialquelle, die sich ca. 80 bis 90 km Luftlinie von der Fundstelle entfernt befindet, ist er außergewöhnlich hoch. Der Anteil von 63% bei den Stücken mit Kortexresten ist auch bei den verschiedenen zusammengefassten Rohmaterialien sehr hoch. Als außergewöhnlich hoch kann auch der Anteil von 46% bei den Radiolariten angesehen werden. Bemerkenswert sind die sehr geringen Anteile von Kortexstücken bei den gelben und hellen, beinfarbenen Chalcedonen mit 7% und 2,3%. Interessant ist der geringe Anteil von nur 12,5% bei den Stücken mit Kortexresten der Rohmaterialvariante 30, des hellen Hornsteins, der vor allem in Fundstellen südlich der Donau angetroffen wird. Es kann also angenommen werden, dass viele Rohmaterialien als Rohknollen, grob entrindete oder vorpräparierte Kerne in die Fundstelle eingebracht wurden. Nur bei Rohmaterialvarianten, die durch wenige Stücke nachgewiesen sind, fehlen auch Präparationsgrundformen und Stücke mit Kortexresten. 3.3.2.3 Temperatureinwirkung Die Anzahl der Stücke, bei denen eine Temperaturveränderung nachgewiesen werden konnte, ist mit 3,3% relativ gering und liegt in einem Bereich, der auch in anderen Inventaren nachgewiesen wurde: Im Gesamtinventar der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 (Gravettien Basislager) liegt der Anteil von Stücken mit Hitzeeinwirkung bei 3,6%.127 In Langmannersdorf, Lagerplatz B (Epigravettien Basislager), liegt der Anteil der Stücke mit Feuereinwirkung nur bei 1,4%.128 Für das Inventar aus der Fundstelle Langenlois A kann eine Verbesserung der Spalteigenschaften von Rohmaterialien durch Hitzeeinwirkung ausgeschlossen werden. Bei den Artefakten mit Hitzeeinwirkung handelt 127.
Einwögerer 2000, 78.
128. Mayer 2002, 154.
Langenlois Fundstelle A
80
77
72
70
63.2
60 45
50
%
%
40
30
20
13.1
12.5 9.3
10
7
2.3
0
Abb. 64: Langenlois A, Anteil der Stücke mit Kortexresten innerhalb der Rohmaterialgruppen und ausgewählter Rohmaterialvarianten (Graphik: Th. Einwögerer).
es sich um zufällig mit dem Feuer in Berührung gekommene Stücke. Dies ist auch daraus ersichtlich, dass der Großteil der gebrannten Artefakte in der Nähe einer Feuerstelle oder in einer Feuerstelle selbst gefunden wurde. Tab. 4 zeigt die erfassten Stücke mit Temperatureinwirkung in Beziehung zu den Rohmaterialgruppen. Auffallend ist, dass nur Hornsteine, Radiolarite und Chalcedone Spuren von Feuereinwirkung aufweisen. Dieser Umstand ist in erster Linie durch die hohen Artefaktzahlen innerhalb dieser Rohmaterialgruppen zu erklären. Eine Rolle spielt aber sicherlich auch die bessere Erkennbarkeit der verschiedenen Merkmale von Temperatureinwirkung auf das spezielle Rohmaterial. 3.3.2.4 Grundformen Unter Grundformen versteht man diejenigen Artefakte, die bei der Zerlegung eines Kernes entstehen. Die Gewinnung von Grundformen zur Weiterverarbeitung zu Werkzeugen gehört zu den primären Aufgaben der Steinartefaktproduktion. Oft wird sie aber im Vergleich mit den modifizierten Artefakten unterbewertet. Trotzdem sind Grundformen
bereits frühzeitig auch kulturbestimmend verwendet worden.129 Prinzipiell können die Grundformen nach folgenden Kriterien unterschieden werden:130 1) reines Abfallmaterial 2) gebrauchte Stücke 3) weiterverarbeitete Stücke Die ersten beiden Arten können mittels der Gebrauchsspurenanalyse unterschieden werden. Weiterverarbeitete Stücke sind an den vorgenommenen Modifikationen (sekundären Zurichtungen) zu erkennen. Klingen Klingen bilden die wichtigste Grundform in jungpaläolithischen Inventaren. Ihre Herstellung bildet auch das wichtigste Unterscheidungskriterium zu mittelpaläolithischen Inventaren.
129. Hahn 1993, 73. 130. Hahn 1977, 43.
craqueliert
abgeplatzt
gebrannt
craqueliert und abgeplatzt
gebrannt und abgeplatzt
gesamt
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
keine erkennbare Temperatureinwirkung
78
2
6
-
18
2
-
28
486
3
5
-
2
1
497
Radiolarit
70
1
-
-
1
-
72
Chalcedon
785
2
-
6
-
1
794
Quarzit
3
-
-
-
-
-
3
Kieselreicher Kalkstein
1
-
-
-
-
-
1
Kieselreicher Kalk- bis Hornstein
13
-
-
-
-
-
13
Grünstein
34
-
-
-
-
-
34
nicht bestimmbar Hornstein
Quarz
5
-
-
-
-
-
5
gesamt
1399
12
5
24
5
2
1447
Tab. 4: Langenlois A, Temperaturveränderungen.
Klingen werden durch folgende Kriterien definiert:131 1) durch ihr Längen-Breiten-Verhältnis. Dieses sollte bei vollständigen Klingen >2:1 sein. Die Unterteilung ist willkürlich und daher muss mit einem fließenden Übergang zu den Abschlägen gerechnet werden. 2) durch ihren Umriss. Er sollte regelmäßig sein, die Kanten eher parallel. 3) durch ihre dorsale Gestaltung. Meist weisen die Klingen einen dreieckigen oder trapezförmigen Querschnitt auf. Seltener besitzen sie einen unregelmäßigen Querschnitt. 4) durch ihre Herstellungstechnik. Sie lässt sich anhand der Schlagflächenreste rekonstruieren. Zum größten Teil handelt es sich um Schlagflächenreste, deren Form und Ausprägung auf einen weichen Schlag hindeuten, der mit hoher Wahrscheinlichkeit eine kontrollierbare und wiederholbare Produktion ermöglicht. Gut geformte Klingen kommen in Gravettien- häufiger als in Aurignacieninventaren vor. Die Klingenformen sind aber sehr ähnlich. Eine große Überschneidung mit regelmäßigen Abschlägen sollte im Gravettien aber noch vorhanden sein.132 Abb. 65 zeigt ein Längen-Breiten-Diagramm aller vollständigen Klingen und Abschläge. Eine deutliche Überschneidung der Klingen und Abschläge kann hier nicht
beobachtet werden. Im Gegenteil, die breiteren Abschläge scheinen sich von den langschmalen Klingen einigermaßen deutlich abzugrenzen.
131. Hahn 1977, 43.
133. Hahn 1977, 44.
132. Owen 1989, 107.
134. Brandtner 1955, 14–15.
Lamellen Eine Sonderform der Klinge bildet die Lamelle oder Mikroklinge. Sie wird meist mit einer willkürlich angenommenen Breite von 8 bis 12 mm von den Klingen abgetrennt.133 Dies bedeutet aber auch, dass Lamellen nicht in allen Inventaren gleich definiert sind und deshalb nicht ohne weiteres verglichen werden können. Eine statistische Trennung der Lamellen von den Klingen versuchte F. Brandtner am jungpaläolithischen Inventar der Fundstelle Kamegg.134 Abb. 66 zeigt ein Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen. Sollte es zu einer eigenständigen Lamellenproduktion gekommen sein, müssten sich hier zwei deutliche Punktwolken voneinander unterscheiden lassen. Folgt man der gängigen Literatur, sollte die Abgrenzung etwa bei 8 bis 12 mm Breite liegen. An der Graphik lässt sich eine Unterscheidung bei etwa 10 mm nicht erkennen. Eine, wenn auch nicht sehr deutliche Trennung würde sich bei etwa 20 mm ergeben. Da sich für eine solche Untersuchung nur die vollständigen Klingen heranziehen lassen, sind die Anzahl der auswertbaren Stücke von nur 61 und die daraus resultierende Qualität der Aussage begrenzt.
Langenlois Fundstelle A
79
100
80
60
LängeLänge
40
20
Grundform Grundform
Abschläge Abschläge Klingen Klingen
0 0
20
40
60
80
100
Breite Breite Abb. 65: Langenlois A, Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen und Abschläge (Graphik: Th. Einwögerer).
Um das durch das Streudiagramm (Abb. 66) gewonnene Ergebnis zu überprüfen, wurde zusätzlich ein Breitenhistogramm aller Klingen angefertigt (Abb. 67). Da hierzu 467 Stück untersucht werden konnten, ist die Qualität des Ergebnisses wesentlich besser. Trotzdem zeigt sich auch bei diesen Stücken, dass eine Abtrennung von Klingen mit einer Breite unter 10 mm von solchen mit einer Breite über 10 mm nicht möglich ist. Auch die im Streudiagramm festgestellte Unterscheidung bei etwa 20 mm kann hier nicht mehr nachvollzogen werden. Auch wenn man die verschiedenen Formen der Schlagflächenreste der Klingen unter 10 mm und über 10 mm Breite vergleicht, ergeben sich kaum Unterschiede. In beiden Fällen dominieren die ovalen Schlagflächenreste. Bei den Klingen mit einer Breite unter 10 mm ist auch die Anzahl der punktförmigen Schlagflächenreste sehr hoch. Bei den Klingen über 10 mm Breite treten hingegen die unregelmäßigen Schlagflächenreste deutlicher hervor. Ein Vergleich zwischen Klingen mit einer Breite unter 20 mm bzw. über 20 mm erbrachte ebenfalls keine signifikanten Unterschiede. Auch beim Vergleich der Schlagmerkmale sowie der Erhaltung der Grundform ergaben sich keine nennenswerten Unterschiede zwischen Klingen mit einer Breite unter 10 mm und Klingen mit einer Breite über 10 mm (Abb. 68). Modifikationen, vor allem Kantenretuschen, kommen an Klingen mit mehr als 10 mm Breite wesentlich öfters vor als bei schmäleren. Laut L. Owen135 sind in Gravettien135. Owen 1989, 112.
Abb. 66: Langenlois A, Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen, n=61 (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 67: Langenlois A, Breitenhistogramm aller Klingen (Graphik: Th. Einwögerer).
Inventaren die Klingen unter 10 mm Breite aber häufiger retuschiert als die breiteren (Abb. 69). Trotz der leichten Unterschiede bei den Formen der Schlagflächenreste und der Modifikationen muss davon ausgegangen werden, dass an der Fundstelle Langenlois A keine spezielle Lammellenproduktion stattgefunden hat. Die schmäleren und kürzeren Klingen stellen demnach nur einen fortgeschritteneren Zeitpunkt des Abbaus dar, wo der Kern bereits kleiner war und dadurch immer kürzere und schmälere Klingen erzeugt werden mussten.
80
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 68: Langenlois A, Vergleich der Form der Schlagflächenreste, links Klingen mit einer Breite unter 10 mm, rechts Klingen mit einer Breite über 10 mm (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 69: Langenlois A, Vergleich der Modifikationen: links Klingen mit einer Breite unter 10 mm, rechts Klingen mit einer Breite über 10 mm (Graphik: Th. Einwögerer).
Deshalb wird bei den folgenden Analysen auf eine Auftrennung in Lamellen und Klingen verzichtet. Klingenhäufigkeit Nach H. Löhr kann der Anteil von Klingen in jungpaläolithischen Inventaren bis zu 30% betragen.136 Insgesamt konnten im Inventar der Fundstelle A 467 Klingen bestimmt werden. Dies entspricht 32,3% des 136. Löhr 1988, 92.
Gesamtinventars. Damit würden in Langenlois A überdurchschnittlich viele Klingen vorliegen. Ein noch höherer Klingenanteil mit 45,4% konnte in der gravettienzeitlichen Station Krems-Wachtberg 1930 festgestellt werden.137 Hier handelt es sich allerdings um den Zentralbereich eines Basislagers. Im Inventar der Station Krems-Hundssteig hingegen konnten nur 21,9% Klingen
137.
Einwögerer 2000, 82.
Langenlois Fundstelle A
festgestellt werden.138 Hier dürfte es sich aber um den Randbereich eines gravettienzeitlichen Basislagers handeln. In diesem Material müssen jedoch verschiedene Schichten und Zonen unterschieden werden, wodurch sich die Anzahl an Klingen nicht problemlos vergleichen lässt. Im Inventar der Fundstelle Langmannersdorf B konnte 23,1% Klingenanteil festgestellt werden.139 Auch hier handelt es sich vermutlich um ein Basislager des Epigravettien. Eine erstaunliche Übereinstimmung ergibt sich mit den 31,1% Klingen aus der Fundstelle Saladorf.140 Hier handelt es sich ähnlich wie in Langenlois um ein kurzfristiges Jagdlager mit Spezialisierung auf wenige Tierarten (Rentier und Pferd). Klingenerhaltung Verschiedene Faktoren können zum Bruch einer Grundform führen. Neben Beschädigungen durch Begehung, Sedimentumlagerungen und unsachgemäße Lagerung nach der Auffindung können auch Schlagunfälle für eine Fragmentierung verantwortlich sein. Es kann aber auch eine absichtliche Zerlegung bestimmter Grundformen durchgeführt worden sein.141 Die Erhaltung gibt daher nicht nur Auskunft über die Lagerbedingungen im Sediment und im Depot, sondern lässt auch Rückschlüsse über eine absichtliche Zerlegung zu. Da vollständige Stücke meist nur einen geringen Prozentsatz eines Inventars ausmachen, sind Autoren wie etwa L. Owen142 der Ansicht, dass Klingen im Aurignacien und Gravettien auch intentionell gebrochen wurden. Am häufigsten sollen dabei Medial- (39%–51%), gefolgt von Proximal- (24%–31%) und Distalfragmenten (16%–22%) vorkommen (Tab. 5). Medialfragmente wurden dabei am häufigsten retuschiert. n
% der Klingen
% des Gesamtinventars
vollständig erhalten
61
13,1
4,3
proximal erhalten
135
28,9
9,5
medial erhalten
181
38,8
12,7
distal erhalten
90
19,3
6,3
gesamt
467
100,0
Tab. 5: Langenlois A, Erhaltung der Klingen.
81
Der hohe Prozentsatz wird darauf zurückgeführt, dass durch das Zerteilen der Grundform die Krümmung reduziert und eine Schäftung dadurch erleichtert wird.143 Im Gesamtmaterial des Inventars der Fundstelle Langenlois A sind die medialen Klingenbruchstücke mit 12,7% vertreten. Dies entspricht 38,8% der Klingen und Klingenfragmente. Proximale und distale Klingenfragmente sind mit 28,9% und 19,3% weniger häufig vertreten. Diese Werte entsprechen sehr gut denjenigen, die L. Owen für gravettienzeitliche Inventare ermittelt hat.144 Greift man die wesentlichen Rohmaterialvarianten heraus und vergleicht sie mit den Rohmaterialgruppen, so zeigt sich ein etwas differenzierteres Bild (Tab. 6). Meist dominieren noch immer die medialen Bruchstücke. Auffallend ist aber das generelle Fehlen von medialen und auch distalen Bruchstücken innerhalb der Rohmaterialvariante „heller Hornstein (30)“. Hier sind mit 22,2% ebenso viele vollständig erhaltene Klingen wie Proximalfragmente innerhalb der Rohmaterialvariante überliefert. Mit 44,4% ist der Klingenanteil an der Rohmaterialvariante hingegen sehr hoch. Beim Hornstein vom Typ Krumlovský les hingegen fehlen vollständige Klingen, wobei proximale und distale Fragmente nur halb so oft wie mediale Fragmente vorhanden sind. Bemerkenswert ist hier auch, dass bei einer Rohmaterialvariante, die über 80 km Luftlinie in die Fundstelle eingebracht wurde, generell nur 12% Klingen überliefert sind. Bei den zusammengefassten Radiolariten sind genauso viele vollständige Klingen vorhanden wie mediale Klingenfragmente. Nach L. Owen145 waren im Gravettien mediale Klingenfragmente als Grundformen bevorzugt. Diese Annahme basiert darauf, dass sie in Inventaren wesentlich häufiger vorkommen als proximale und distale Fragmente. Geht man aber davon aus, dass bei der Herstellung eines medialen Klingenfragmentes auch ein proximales und ein distales Bruchstück entstehen, stellen sich folgende Fragen: 1) Warum sind nicht ebenso viele Proximal- und Distalfragmente vorhanden wie Medialfragmente? 2) Sollten nicht bei einer bevorzugten Verwendung von Medialfragmenten in Kompositgeräten (Spitzen, Messer usw.) mehr Proximal- und Distalfragmente an der Fundstelle zurückbleiben als die bevorzugt verwendeten Medialfragmente?
138. Einwögerer, Simon 2008. 139. Mayer 2002, 157. 140. Einwögerer, Simon 2005, 60.
143. Owen, Pawlik 1993, 419.
141. Ott 1995, 61.
144. Owen 1988, 172.
142. Owen 1988, 172.
145. Owen 1989, 109.
82
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich % der Rohmaterialvariante/-gruppe
Hornstein
vollständig erhalten
proximal erhalten
medial erhalten
distal erhalten
gesamt
4,18
8,8
12,1
5,5
30,6
Radiolarit
8,4
5,6
8,4
2,8
25,2
gelber Chalcedon
4,4
10,9
14,1
8,3
37,7
heller beinfarbener Chalcedon
3,4
9,4
12,1
5,4
30,3
-
3
6
3
12
Hornstein, Typ Krumlovský les heller Hornstein (RMV 30) verschiedene Chalcedone verschiedene Rohmaterialvarianten
22,2
22,2
-
-
44,4
-
10,8
23,4
7,2
41,4
3,9
2,6
3,9
-
10,4
Tab. 6: Langenlois A, Erhaltung der Klingen ausgewählter Rohmaterialien.
ad 1) Bei einer regelmäßigen Klingenzerteilung in drei Teile, Proximal-, Medial- und Distalteil, müssen für alle Fragmentgruppen gleich viele Stücke anfallen. Bei einer Zerlegung in vier Stücke, Proximal-, ein Medial-, ein zweites Medial- und Distalfragment, müssen doppelt so viele Medialfragmente vorhanden sein wie proximale oder distale Fragmente. Eine Zerteilung in drei Medialfragmente setzt eine außergewöhnlich lange und schmale Klinge voraus. Nimmt man den Mittelwert aller medialen Klingenfragmente mit 26,4 mm als Grundlage, müsste eine Klinge mindestens 79,2 mm plus Proximal- und Distalfragment messen, um eine Ausbeute von drei Medialfragmenten zu ermöglichen. Die Hauptmasse der Medialfragmente liegt in einem Längenbereich von etwa 15 bis 40 mm (Abb. 70). Der Mittelwert aller vollständig überlieferten Klingen beträgt nur 39 mm. Die Masse liegt in einem Längenbereich zwischen 15 und 60 mm (Abb. 74). Selbst der Maximalwert von 85 mm würde nicht reichen, um drei durchschnittliche Medialfragmente herzustellen. Möglich wäre hier nur die Zerteilung der Klinge in Fragmente, die in ihrer Länge stark unterdurchschnittlich sind. Die Form (Kanten und Grate) der einzelnen Medialfragmente lässt darauf schließen, dass nur selten zwei Medialfragmente aus einer Klinge hergestellt wurden. Zerteilungen in mehr als zwei Medialfragmente sind eher nur vereinzelt anzunehmen. Ein Beispiel dafür ist die Zusammensetzung 13, wo drei mediale Klingenbruchstücke in brauchbaren Größen zusammengesetzt werden konnten. Versucht man nun die theoretische Anzahl der verschiedenen Fragmente zu ermitteln, liegt man sicherlich nicht allzu falsch, wenn man die Menge der Medialfragmente mit dem 1,5 fachen der Proximalfragmente annimmt. Distalfragmente sind hier weniger aussagekräftig, da sie naturgemäß wesentlich dünner sind als die Proximalteile
Abb. 70: Langenlois A, Längenhistogramm aller medialen Klingenfragmente (Graphik: Th. Einwögerer).
und daher bei der Begehung und später im Sediment wesentlich leichter zerstört werden können. Die so errechnete Anzahl passt sehr gut mit den tatsächlich aufgefundenen Stückzahlen im Gesamtinventar zusammen. ad 2) Die vorangegangene Berechnung der theoretischen Stückzahlen von proximalen, medialen und distalen Klingenbruchstücken hat gezeigt, dass zumindest bei den Proximal- und Medialfragmenten die zu erwartenden Mengen im Gesamtinventar vorhanden sind. Bei einer Bevorzugung von medialen Klingenfragmenten sollten jedoch wesentlich mehr Proximal-, aber auch Distalfragmente überliefert sein, da angenommen wird, dass die geraderen Medialfragmente
Langenlois Fundstelle A
83
Abb. 71: Langenlois A, Längenhistogramme der medialen Klingenfragmente, a: verschiedene Hornsteine; b: „gelber Chalcedon (1)“; c: „heller beinfarbener Chalcedon (2)“; d: verschiedene Chalcedone (Graphik: Th. Einwögerer).
in Kompositgeräten Verwendung fanden. Es ist aber anzunehmen, dass viele der geschäfteten Geräte, vor allem Einsätze bewehrter Geschoßspitzen, nicht oder nur selten im eigentlichen Lagerbereich verloren wurden. Finden sollte man in den Fundinventaren eigentlich nur: - nicht zur Weiterverarbeitung geeignete Stücke (ungeeignete Maße oder Form) - missglückte Stücke - bei der Herstellung verlorene Stücke - verbrauchte Stücke (ausgetauschte Einsätze) - zur Schäftung vorbereitete und verlorene Stücke Unter nicht geeigneten Stücken sind solche zu verstehen, die aufgrund ihrer Dimension (Länge, Breite, Dicke) nicht für eine bestimmte Verwendung oder Weiterverarbeitung herangezogen, sondern verworfen wurden. Hierzu zählen
Stücke, die eine zu geringe Länge aufweisen, um sinnvoll verwendet zu werden, und Stücke, die zu schmal sind oder deren Dicken-Breitenverhältnis bzw. deren Querschnitt als nicht passend empfunden wurde. In Abb. 71 werden ausgewählte Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten mit den Längen der medialen Klingenbruchstücke verglichen. Deutlich ist zu erkennen, dass bei allen Rohmaterialien neben den kürzeren und längeren Stücken vor allem solche vertreten sind, die die „Ideallänge“ zur Weiterverwendung aufweisen. Kanten- oder Rückenretuschen treten auf medialen Klingenfragmenten von 10 bis 50 mm Länge auf. Die Durchschnittslänge dabei beträgt 27,6 mm (Abb. 72). Die Hauptmasse der Stücke liegt jedoch in einem Längenbereich von 15 bis 40 mm.
84
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
sonstige sonstige
ein Grat ein Grat
zwei Grate Grate zwei Abb. 73: Langenlois A, vorhandene Grate an den medialen Klingenfragmenten (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 72: Langenlois A, Längenhistogramm aller kanten- und rückenretuschierten medialen Klingenbruchstücke (Graphik: Th. Einwögerer).
Dies entspricht sehr gut den Werten, wie sie an der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930146 auch für rückenretuschierte Mikroklingen und Rückenspitzen gemessen wurden. Sie weisen zum überwiegenden Teil Längen zwischen 15 und 33 mm auf. Von den insgesamt 181 medialen Klingenfragmenten wurden 63 (34,9%) einer Modifikation unterzogen (Tab. 7). Am häufigsten treten einfache Kantenretuschen auf. Sie wurden vor allem an Stücken aus gelbem Chalcedon angelegt. Verschiedene Stichel sind etwas weniger häufig. Seltener wurden Kratzerkappen an einem Ende angelegt. Knapp 90% aller medialen Klingenbruchstücke weisen einen dreieckigen oder trapezförmigen Querschnitt auf (Abb. 73). Klingenmaße Gravettienklingen sind im Allgemeinen bis zu 88,9 mm lang, 40,5 mm breit und 23,8 mm dick. Sie erscheinen im Durchschnitt etwas kleiner als Aurignacienklingen.147 Abb. 74 zeigt ein Längenhistogramm aller vollständigen Klingen. Die Längen reichen hier von etwa 10 mm bis etwa 85 mm. Der Durchschnitt liegt bei 39 mm. Allerdings findet sich unter den gebrochenen Klingen ein Stück mit der beachtlichen Länge von 136 mm.
Abb. 74: Langenlois A, Längenhistogramm aller vollständigen Klingen (Graphik: Th. Einwögerer).
Mit Abmaßen von bis zu 32,5 mm (Abb. 67) liegen die Breiten deutlich unter dem für Gravettieninventare möglichen Höchstmaß von 40,5 mm. Auch bei den Dicken bleiben die Klingen von Langenlois A mit etwa 20 mm unter den Höchstwerten von 23,8 mm148 für gravettienzeitliche Inventare. Der Mittelwert beträgt 4,9 mm (Abb. 75). Sowohl bei den Breiten als auch bei den Dicken kann wie erwartet eine unimodale Verteilung beobachtet werden, die abermals keine Unterscheidung zwischen Klingen und Mikroklingen (Lamellen) zulässt. Schlagmerkmale Bei insgesamt 194 Stück konnte das Proximalende beurteilt werden. Dabei weisen nur 24 Stück (12,4%) keine dorsale Reduktion auf. 61,9% der proximal erhaltenen
146. Einwögerer 2000, 108–109. 147.
Owen 1989, 108.
148. Owen 1989, 108.
Langenlois Fundstelle A
verschiedene Hornsteine
Radiolarite
gelber Chalcedon
heller beinfarbener Chalcedon
Hornstein, Typ Krumlovský les
verschiedene Chalcedone
Sonstige
gesamt
85
Kratzer
3
-
4
-
-
1
-
8
Endretusche
1
-
-
1
-
-
-
2
Mehrschlagstichel
2
1
1
-
-
1
1
6
Stichel an Endretusche
5
-
-
-
-
1
-
6
Stichel an Bruch
4
-
2
-
-
-
-
6
Spitze
-
-
1
-
-
-
-
1
Rückenmesser
2
-
1
1
-
-
-
4
Kantenretuschen
8
-
16
1
1
2
-
28
Gekerbte Stücke
-
-
1
-
-
-
-
1
Ausgesplitterte Stücke
1
-
-
-
-
-
-
1
gesamt
26
1
26
3
1
5
1
63
Tab. 7: Langenlois A, Modifikationen an medialen Klingenfragmenten der verschiedenen Rohmaterialgruppen und Varianten.
Klingenenden besitzen eine Reduktion in Form von Negativen mit einem Angelbruch. Eine Facettierung des Schlagflächenrestes (SFR) konnte in 33 Fällen festgestellt werden. Dies entspricht 17,0%. Eine Facettierung der Schlagfläche ohne dorsale Reduktion kommt in fünf Fällen (82,5%) vor. Eine facettierte Schlagfläche in Verbindung mit einer dorsalen Reduktion kommt mit 23,4% deutlich häufiger vor. Details dazu zeigt die Tab. 8.
Abb. 75: Langenlois A, Dickenhistogramm aller Klingen (Graphik: Th. Einwögerer).
Abschläge Insgesamt konnten im Inventar der Fundstelle Langenlois A 653 Abschläge bestimmt werden. Die meisten (318 Stück) sind den verschiedenen Chalcedonvarianten zuzurechnen. Einen Überblick über die Häufigkeit der Abschläge innerhalb ausgewählter Rohmaterialgruppen und Varianten gibt die Abb. 60. Abb. 76 zeigt, dass mit der Breite der Abschläge auch deren Dicke gleichmäßig zunimmt. Im Vergleich zur Breite kommen besonders dicke Abschläge nur sehr selten vor. Dies spricht für einen sehr kontrollierten Abbau der Kerne. Signifikante Unterschiede bei einzelnen Rohmaterialgruppen oder Rohmaterialvarianten konnten nicht festgestellt werden.
86
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich dorsale Reduktion
SFR.Art
nicht erhalten
nicht erhalten
nicht reduziert
reduziert
gesamt
271
5
19
295
Kortex
-
1
2
3
Kluft
-
-
1
1
glatt
-
11
124
135
primär facettiert
-
3
10
13
sekundär facettiert
-
2
14
16
unbestimmt facettiert
-
2
2
4
271
24
172
467
gesamt
Tab. 8: Langenlois A, Gegenüberstellung der Facettierung der Schlagflächenkante und der dorsalen Reduktion aller proximal erhaltener Klingen und Klingenbruchstücke.
100 90 80 70 60 50 40 30
Breite Breite
20 10 0 0
10
20
30
40
Dicke
Dicke Abb. 76: Langenlois A, Breiten-Dicken-Streudiagramm aller Abschläge, n=653 (Graphik: Th. Einwögerer).
Präparationsgrundformen Präparationsgrundformen geben Auskunft über die Qualität der Kernzurichtung und über die Abbautechnik. Mit insgesamt 42 Kernkantenklingen und Kernkantenabschlägen sind diese Arten der Grundproduktion mit 2,9% im Gesamtinventar vertreten. Unter den Kernkanten treten die primären Kern kantenklingen (Taf. 5/1) mit über 52% (22 Stück) vor den primären Kernkantenabschlägen mit 33,3% (14 Stück) am häufigsten auf. Sekundäre Kernkantenklingen sind mit 11,9% (5 Stück) wesentlich seltener. Sekundäre Kernkantenabschläge sind überhaupt nur mit einem Stück vertreten (2,4%).
Kernkanten sind am häufigsten bei der Rohmaterialvariante „gelber Chalcedon (1)“ mit 14 Stück (33,3%) anzutreffen. Mit zwölf Stück (21,4%) unter den Hornsteinen und elf Stück (26,2%) unter den hellen beinfarbenen Chalcedonen sind sie ebenfalls noch häufiger. Nur jeweils zwei bzw. drei Stücke entfallen auf die verschiedenen Radiolaritund Chalcedonvarianten. Der hohe Anteil bei den gelben Chalcedonen und den Hornsteinen ist auch auf die hohe Gesamtmenge der Stücke dieser Rohmaterialvariante bzw. Rohmaterialgruppe zurückzuführen. Signifikante Unterschiede in der Ausführung der einzelnen Kernkanten innerhalb einer Rohmaterialgruppe oder einer Rohmaterialvariante konnten nicht festgestellt werden. Offensichtlich wurden alle Rohmaterialien bei der Anlage von Leitgraten gleich behandelt. Dies veranschaulicht auch ein Breiten-Dicken-Streudiagramm aller Kernkanten innerhalb ausgewählter Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten (Abb. 77). Bei der Erhaltung zeigt sich mit 18 Stück eine deutliche Häufung bei den medialen Fragmenten. Distal sind zehn Stück erhalten, proximal fünf. Nur neun Stück sind vollständig erhalten (Tab. 9).
Erhaltung
Anzahl
%
vollständig
9
21,4
proximal
5
11,9
medial
18
42,9
distal
10
23,8
gesamt
42
100,0
Tab. 9: Langenlois A, Erhaltung der Kernkantenklingen und Kernkantenabschläge.
Langenlois Fundstelle A 50
87
100
45 40
80
35
RM bzw. RMV
25
verschiedene RM verschiedene Chalc.
verschiedene RM
20
verschiedene Chalc.
15
Typ Krumlovsky les
40
0
Hornstein 0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
Länge
Radiolarit
heller beinf. Chalc.
20
gelber Chalcedon
5
heller Hornstein Typ Krumlovsky les
heller beinf. Chalc.
10
Breite
RM bzw. RMV
60
30
gelber Chalcedon Radiolarit Hornstein
0 0
20
10
20
30
40
50
60
70
Breite
Dicke
Abb. 77: Langenlois A, Breiten-Dicken-Streudiagramm aller Kernkantenklingen und Kernkantenabschläge, Unterscheidung nach den wichtigsten Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten, n=42 (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 78: Langenlois A, Längen-Breiten-Streudiagramm aller Trümmer, Unterscheidung nach den wichtigsten Rohmaterial gruppen und Rohmaterialvarianten, n=139 (Graphik: Th. Einwögerer).
Interessant ist, dass insgesamt zehn Kernkanten weitermodifiziert wurden. Neben Sticheln und einfachen Kantenretuschen wurden auch Kratzer und ein gekerbtes Stück aus diesen Grundformen hergestellt. Bei der Modifikation spielte es offenbar keine Rolle, ob es sich bei der Grundform um eine Klinge oder Kernkantenklinge bzw. einen Abschlag oder einen Kernkantenabschlag handelte. Bevorzugt zur Weiterverarbeitung waren die Kernkantenklingen mit 60%.
Alle Trümmerstücke zeigen ein ausgewogenes LängenBreitenverhältnis unter 2:1. Trümmerstücke über 60 mm Länge oder Breite sind sehr selten (Abb. 78). Stücke über eine Größe von 40 mm sind nur bei den Hornsteinen, „gelben Chalcedonen (1)“ und „hellen beinfarbenen Chalcedonen (2)“ zu beobachten. Weitere signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten sind nicht zu erkennen.
Trümmer Trümmerstücke sind mit 139 Stück (9,6%) im Gesamtinventar vertreten. Am häufigsten sind sie unter den gelben Chalcedonen zu finden. Dies liegt sicherlich wieder an der hohen Stückzahl dieser Rohmaterialvariante. Ähnlich sieht es auch bei den Hornsteinen aus (Tab. 10).
Hornsteine
Absplisse Die Absplisse sind im Gesamtinventar mit 105 Stück (7,2%) deutlich unterrepräsentiert. Dies liegt mit Sicherheit an der Grabungsmethode sowie an der Tatsache, dass weder geschlämmt noch gesiebt wurde. Wie zu erwarten, zeigen auch hier die gelben Chalcedone und die Hornsteine die höchsten Absplissvorkommen (Tab. 11).
Anzahl
%
33
23,6
Hornsteine
Anzahl
%
36
34,3
Radiolarite
9
6,4
Radiolarite
1
1
gelber Chalcedon
71
50,7
gelber Chalcedon
44
41,9
heller, beinfarbener Chalcedon
7
5,0
heller, beinfarbener Chalcedon
12
11,4
Typ Krumlovský les
3
2,1
verschiedene Chalcedone
9
8,6
heller Hornstein
1
0,7
verschiedene Rohmaterialien
verschiedene Chalcedone
3
2,1
gesamt
verschiedene Rohmaterialien
12
8,6
gesamt
139
100
Tab. 10: Langenlois A, Häufigkeit der Trümmerstücke in ausgewählten Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten.
3
2,9
105
100
Tab. 11: Langenlois A, Häufigkeit der Absplisse in ausgewählten Rohmaterialgruppen und Rohmaterialvarianten.
88
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Kerne Die Kerne werden in einem gesonderten Kapitel (siehe dazu Kap. 3.3.2.10) dargestellt. 3.3.2.5 Schlagmerkmale Schlagmerkmale, wie Bulbus, Lippe, Schlagnarbe und Schlagkegel, sind Kennzeichen, die an der Grundform durch den Vorgang der Abtrennung entstehen. Verschiedene Autoren, wie etwa J. Hahn149 oder J. Weiner,150 waren der Meinung, dass bestimmte Schlagtechniken verschieden ausgeprägte Schlagmerkmale hervorrufen. Es wird dabei zwischen vier Grundtechniken unterschieden: - Direkter, harter Schlag. Dabei wird mittels eines harten Schlagmediums (Steines) direkt auf den Kern geschlagen. Als charakteristisch gelten ausgeprägte Bulben, oft in Verbindung mit einem Schlagkegel und einer Schlagnarbe. Häufig sind auch Schlagnarben am Schlagflächenrest zu erkennen. - Direkter, weicher Schlag. Dabei wird mittels eines elastischen und weicheren Schlagmediums (sehr weicher Schlagstein, Knochen-, Geweih- oder Holzschlägel) geschlagen. Kennzeichnend sind ein flacher bzw. diffuser Bulbus sowie kleine dreieckige bis ovale Schlagflächenreste und eine Lippe. Schlagflächenränder sind meist präpariert. - Indirekter, weicher Schlag (Punchtechnik). Mit einem Schlaginstrument wird auf ein Zwischenstück (Punch) aus Geweih oder Knochen geschlagen. Kennzeichnend sind ein diffuser Bulbus, ein kleiner und regelmäßiger Schlagflächenrest sowie eine Lippe. - Drucktechnik. Grundformen werden mit einem Stab kontrolliert abgedrückt. Es entsteht abermals ein diffuser Bulbus. Schlagnarben fehlen hingegen völlig. Diese Technik ist am besten für Retuschierarbeiten geeignet. Neuere Arbeiten haben gezeigt, dass Schlagmerkmale keinen eindeutigen Rückschluss auf eine bestimmte Schlagtechnik zulassen. Ausschlaggebend für die Ausprägung von Schlagmerkmalen ist neben dem verwendeten Schlaginstrument auch die technische Ausführung des Schlages.151 Schlagversuche haben auch gezeigt, dass die Schlagmerkmale neben der Technik vor allem vom Rohmaterial erheblich beeinflusst werden.152
149. Hahn 1977, 37–41. 150. Weiner 1980, 216–220. 151. Kieselbach 1993, 36. 152. Einwögerer 2000, 192.
Daher werden hier nur die verschiedenen Schlagmerkmale und deren Häufigkeit aufgeführt, eine Zuordnung zu einer Herstellungstechnik aber unterlassen. In 590 Fällen war es möglich, das proximale Ende der Grundformen zu beurteilen. Tab. 12 zeigt dabei die verschiedenen Häufigkeiten. Aussagekraft haben aber nur die Grundformen Klinge und Abschlag, da bei den restlichen Grundformen zu wenig Stücke vorliegen. Bulbus Ein Bulbus kommt nahezu an jeder Grundform vor. Nur zwei Abschläge weisen keinen erkennbaren Bulbus auf. Doppelte Bulben sind eher selten. Sie treten normalerweise bei sehr zähen Rohmaterialien auf, wo zum Teil mehrere Schläge notwendig sind, um eine Grundform abzulösen. Auffallend ist jedoch ein höheres Vorkommen von diffusen Bulben an den Abschlägen. Sie kommen hier mehr als doppelt so häufig vor wie bei den Klingen (Tab. 12). Diffuse Bulben werden oft als Indiz für einen weichen, indirekten Schlag gesehen, wie er für die Klingenherstellung typisch sein soll. Lippe Lippen kommen nicht an allen Grundformen vor (Tab. 12). Etwa 15% der beurteilbaren Klingen weisen keine Lippen auf. Bei den Abschlägen hingegen konnte bei knapp über 27% der Stücke eine Lippe festgestellt werden. Kegel Kegel sind als eher selten zu bezeichnen. Sie kommen an den Klingen nur drei Mal vor. Ein weiteres Mal konnte auch ein doppelter Kegel festgestellt werden. Bei den Abschlägen sind sie mit 20 etwas häufiger. Ein Kegel konnte auch an einem primären Kernkantenabschlag und einer Kernscheibe bestimmt werden. Außergewöhnlich ist ein Schlagkegel an einem Stichelabfall (Tab. 12). Ein ausgeprägter Schlagkegel deutet auf einen harten, direkten Schlag hin und ist meist an Stücken aus zäheren Rohmaterialien anzutreffen. Narbe Narben sind nur an 34,7% der beurteilbaren Klingen festzustellen. Einmal konnte eine doppelte und ein weiteres Mal eine mehrfache Narbe festgestellt werden. Auch bei den Abschlägen sind Narben nur in 36% der zu beurteilenden Fälle vorhanden. Zweimal konnte eine doppelte Narbe und einmal eine mehrfache festgestellt werden (Tab. 12).
Langenlois Fundstelle A
89
Bulbus nicht vorhanden n
vorhanden
doppelt
diffus
~%
n
~%
n
~%
n
gesamt
~%
n
~%
Klingen
-
-
160
27,2
1
0,2
35
6,0
196
33,3
Abschläge
2
0,3
289
49,1
2
0,3
75
12,8
368
62,6
prim. Kkl.
-
-
5
0,9
-
-
2
0,3
7
1,2
sek. Kkl.
-
-
1
0,2
-
-
2
0,3
3
0,5
prim Kab.
-
-
4
0,7
-
-
-
-
4
0,7
Kernscheibe
-
-
3
0,5
-
-
1
0,2
4
0,7
Stichelabfall
-
-
6
1,0
-
-
2
0,3
8
1,4
gesamt
2
0,3
468
79,6
3
0,5
117
20
590
100
Lippe nicht vorhanden
vorhanden
gesamt
n
~%
n
~%
n
~%
n
~%
n
~%
Klingen
30
5,1
166
28,2
-
-
-
-
196
33,3
Abschläge
100
17
268
45,6
-
-
-
-
368
62,6
prim. Kkl.
1
0,2
6
1,0
-
-
sek. Kkl.
-
-
3
0,5
-
prim Kab.
2
0,3
2
0,3
-
-
-
-
4
0,7
Kernscheibe
-
-
4
0,7
-
--
-
-
4
0,7
Stichelabfall
4
0,7
4
0,7
-
-
-
-
8
1,4
137
23,3
453
77,0
-
-
-
-
590
100
gesamt
-
-
7
1,2
-
-
3
0,5
Kegel nicht vorhanden n
~%
Klingen
192
Abschläge
345
prim. Kkl. sek. Kkl.
vorhanden
doppelt
gesamt
n
~%
n
~%
n
~%
n
~%
32,6
3
0,5
1
0,2
-
-
196
33,3
58,7
20
3,4
3
0,5
-
-
368
62,6
7
1,2
-
-
-
-
-
-
7
1,2
3
0,5
-
-
-
-
-
-
3
0,5
prim Kab.
3
0,5
1
0,2
-
-
-
-
4
0,7
Kernscheibe
3
0,5
1
0,2
-
-
-
-
4
0,7
Stichelabfall
7
1,2
1
0,2
-
-
-
-
8
1,4
560
95,2
26
4,4
4
0,7
-
-
590
100
gesamt
Narbe nicht vorhanden
doppelt
mehrfach
n
~%
n
~%
n
~%
n
~%
21,8
66
11,2
1
0,2
1
0,2
196
33,3
40,0
130
22,1
2
0,3
1
0,2
368
62,6
5
0,9
2
0,3
-
-
-
-
7
1,2
sek. Kkl.
3
0,5
-
-
-
-
-
-
3
0,5
prim Kab.
2
0,3
2
0,3
-
-
-
-
4
0,7
Kernscheibe
1
0,2
3
0,5
-
-
-
-
4
0,7
Stichelabfall
8
1,4
-
-
-
-
-
-
8
1,4
382
65,0
203
34,5
3
0,5
2
0,3
590
100
n
~%
Klingen
128
Abschläge
235
prim. Kkl.
gesamt
vorhanden
gesamt
Tab. 12: Langenlois A, Schlagmerkmale an den verschiedenen Grundformen (Kkl: Kernkantenklingen, Kab: Kernkantenabschläge).
90
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Für Gravettienklingen konnte L. Owen153 im süddeutschen Bereich häufiger Schlagnarben und seltener Lippen feststellen. Eine hohe Zahl von Lippen und eine geringere Zahl von Schlagnarben in Verbindung mit einem fehlenden Schlagpunkt hingegen konnte sie bei Aurignacienklingen feststellen. Sie führt diesen Umstand auf die Verwendung eines direkten Schlages zurück. Auch für das Aurignacieninventar von Senftenberg konnte eine höhere Anzahl von Lippen und eine geringere Anzahl von Schlagnarben bei den Klingen und Lamellen beobachtet werden.154 Im Inventar von Langenlois A zeigt sich keine Übereinstimmung mit den Merkmalen an Gravettienklingen des süddeutschen Raumes. Hier kommen bei den Klingen eher häufiger Lippen und seltener Narben vor. Dies entspricht aber den Ergebnissen, die aus der gravettienzeitlichen (Pavlovien) Station Krems-Wachtberg 1930 gewonnen werden konnten.155 Demnach würden beide niederösterreichischen Gravettieninventare (Krems-Wachtberg 1930 und Langenlois A) den Aurignacientechnologien näher stehen als den Gravettientechnologien. Dieser Umstand ist bei weiteren Gravettieninventaren noch zu überprüfen. 3.3.2.6 Schlagflächenrest Als Schlagflächen dienten bei den Klingen zu nahezu 70% Spaltflächen. Facettierte Schlagflächenreste stellen mit über 16% die zweithäufigste Art dar. Eher selten dienten Kluftflächen oder Kortexoberflächen als Ausgang für den Klingenabbau. Bei den Abschlägen dominieren zwar auch die Spaltflächen mit 44% als Schlagfläche, aber facettierte Schlagflächenreste sind hier immerhin auch mit 24% vertreten (Tab. 13). SFR Art
Klingen
Abschläge
n
%
n
%
nicht bestimmbar
24
12,3
66
17,8
Kortex
3
1,5
42
11,4
Kluft
1
0,5
10
2,8
facettiert
32
16,4
89
24
Spaltfläche
135
69,2
163
44
gesamt
195
100
370
100
Bei der Form der Schlagflächenreste dominieren bei den Klingen die ovalen bis spitzovalen Formen mit über 42% vor den unregelmäßigen mit fast 34%. Etwas häufiger kommen auch punktförmige und dreieckige Formen mit jeweils über 10% vor. Lineare und rechteckige Formen sind kaum nachweisbar. Bei den Abschlägen überwiegen die unregelmäßigen Formen mit über 60% vor den ovalen bis spitzovalen mit 17%. Punktförmige Reste sind mit 14,6% auch noch häufiger vertreten. Lineare Formen sind seltener, rechteckige fehlen überhaupt (Tab. 14). SFR Form
Abschläge %
n
%
oval/spitzoval
83
42,5
63
17
punktförmig
20
10,3
54
14,6
linear
5
2,6
12
3,3
dreieckig
20
10,3
17
4,6
rechteckig
1
0,5
-
-
unregelmäßig
66
33,8
224
60,5
gesamt
195
100
370
100
Tab. 14: Langenlois A, Häufigkeit der Schlagflächenrestformen der Klingen und Abschläge (SFR: Schlagflächenrest).
Im Gravettien Süddeutschlands konnte ein Ansteigen von spitzovalen Schlagflächenresten bei Klingen bis zu 50% beobachtet werden.156 Dies wird auf eine veränderte Präparation des Schlagflächenrandes zurückgeführt. Mit den 42% nachgewiesenen ovalen bis spitzovalen Resten liegt das Inventar von Langenlois A im erwarteten Bereich um 50%. Im Inventar von Krems-Wachtberg 1930157 weisen etwa 37% der Klingen und Lamellen einen solchen Schlagflächenrest auf. Einen wesentlich geringeren Anteil von nur etwa 16% an ovalen Schlagflächenresten belegen die Klingen von Langmannersdorf B.158 Hier handelt es sich aber auch um ein etwas jüngeres Inventar. Die über 60% unregelmäßigen Formen an den Abschlägen passen auch sehr gut zu denen der gravettienzeitlichen Fundstelle Krems-Wachtberg 1930159, wo über 66% unregelmäßige Schlagflächenreste festgestellt werden konnten. Etwa 60% der Abschläge aus Langmannersdorf B160 weisen ebenfalls eine unregelmäßige Form auf.
Tab. 13: Langenlois A, Häufigkeit der Schlagflächenrestarten der Klingen und Abschläge (SFR: Schlagflächenrest).
Klingen n
156. Owen 1989, 105–106. 157.
Einwögerer 2000, 103.
153. Owen 1989, 105–106.
158. Mayer 2002, 177.
154. Hinterwallner 2006, 103.
159. Einwögerer 2000, 103.
155. Einwögerer 2000, 103.
160. Mayer 2002, 177.
Langenlois Fundstelle A keine dorsale Reduktion
91
dorsale Reduktion
n
%
n
nicht bestimmbar
5
2,6
19
nicht facettiert
12
6,1
127
%
gesamt n
%
9,5
24
12,2
64,8
139
70,9
facettiert
7
3,6
26
13,3
33
16,8
gesamt
24
12,3
174
88,7
196
100
Tab. 15: Langenlois A, Klingen: Gegenüberstellung der Schlagflächenfacettierung und der dorsalen Reduktion.
keine dorsale Reduktion
dorsale Reduktion
gesamt
n
%
n
%
n
%
nicht bestimmbar
19
5,1
47
12,7
66
17,8
nicht facettiert
77
20,8
138
37,3
215
58,1
facettiert
37
10
52
14
89
24,1
gesamt
133
36
237
64
370
100
Tab. 16: Langenlois A, Abschläge: Gegenüberstellung der Schlagflächenfacettierung und der dorsalen Reduktion.
Die Silexartefakte von Langenlois A passen demnach sehr gut in die üblichen Muster anderer gravettienzeitlicher Inventare.
Diese Technik konnte in Langenlois A weder bei den Klingen noch bei den Abschlägen eindeutig nachgewiesen werden. In der gravettienzeitlichen Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 hingegen konnte bei 43,3% der Klingen, 47,2% der Lamellen und 16,8% der Abschläge ein zusätzliches Überreiben nachgewiesen werden.162
3.3.2.7 Präparation des Schlagflächenrestes und dorsale Reduktion Im Jungpaläolithikum wird oft durch das sog. „battering“ der Schlagflächenrand an der Dorsalseite überarbeitet und abgestumpft. Dies dient vor allem dazu, ein unkontrolliertes Ausbrechen des Randes beim Abschlagen zu verhindern. Im Inventar von Langenlois A weisen die meisten Klingen (88,7%) eine dorsale Reduktion auf. Nur in 26 Fällen (13,3%) steht diese Reduktion auch in Verbindung mit einer Facettierung des Schlagflächenrandes (Tab. 15). Bei den Abschlägen weisen nur 64% eine dorsale Reduktion auf. Davon haben 14% eine gleichzeitige Facettierung des Schlagflächenrandes (Tab. 16). Im Inventar der Station Krems-Wachtberg 1930 konnte an etwa 90% der Klingen und Lamellen eine dorsale Reduktion nachgewiesen werden. Bei den Abschlägen sinkt der Prozentsatz knapp unter 80%. Im Gravettien wurde mittels Überreiben oder Überschleifen des Schlagflächenrandes versucht, eine leicht verrundete Form herauszuarbeiten. Das Überschleifen ist eine gravettienzeitliche Technik und im Aurignacien noch nicht gebräuchlich.161
3.3.2.8 Richtung der dorsalen Negative Bei der Zielproduktion konnte eine Dominanz der gleichgerichteten Negative mit 80% festgestellt werden. Fügt man die Stücke mit gleichgerichteten und quer verlaufenden Negativen hinzu, sind es sogar 83,5%. Gegenläufige bzw. gegenläufig und quer gerichtete Negative sind mit insgesamt 0,6% nur sehr selten vertreten. Bipolare bzw. bipolar und quer verlaufende Negative sind mit 6,7% ebenfalls nur sehr spärlich vorhanden (Tab. 17). Dies bedeutet, dass der Abbau der Grundproduktion meist nur von einer Schlagfläche aus erfolgte. Der Abbau von zwei oder mehreren Schlagflächen aus ist nur in Ausnahmefällen nachzuweisen. Eine Dominanz von einseitig abgebauten Kernen konnte nicht nur für die süddeutschen Gravettieninventare nachgewiesen werden, sondern auch für die neu bearbeiteten jungpaläolithischen Inventare in Niederösterreich wie
161. Owen 1989, 108.
162. Einwögerer 2000, 104.
92
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Schlagrichtung
n
%
gleichgerichtet
930
80,0
Kratzer
n
%
25
11,7
gleichgerichtet und quer
41
3,5
Endretuschen
9
4,2
gegenläufig
5
0,4
Mehrschlagstichel
15
7,0
gegenläufig und quer
2
0,2
Stichel an Endretusche
11
5,1
bipolar
60
5,2
Stichel an Bruch
16
7,4
bipolar und quer
18
1,5
Spitzen
1
0,5
quer
13
1,2
Rückenmesser
11
5,1
konzentrisch
1
0,1
Rückenspitze
1
0,5
keine Negative
29
2,5
Kantenretuschen
105
49
unbestimmbar
63
5,4
gekerbte Stücke
4
1,9
1162
100,0
ausgesplitterte Stücke
8
3,7
Kombinationsgeräte
2
0,9
Schaber
6
2,8
gesamt
214
100,0
gesamt
Tab. 17: Langenlois A, Richtung der Negative.
Krems-Wachtberg 1930163 (Gravettien), Krems-Hundssteig 2000–2002164 (Gravettien), Langmannersdorf B165 (Epigravettien) und Rosenburg166 (Epigravettien). 3.3.2.9 Modifikationen Insgesamt weisen 214 Silexartefakte Modifikationen auf. Dies entspricht 14,8% des Gesamtinventars. Mit 105 Stück (49%) wurden einfache Kantenretuschen am häufigsten angefertigt. An zweiter Stelle stehen die verschiedenen Stichel mit 42 Stück (19,5%). Kratzer sind mit 25 Stück oder 11,7% vertreten. Die für das Gravettien typischen rückenretuschierten Geräte sind mit elf Rückenmessern und einer Rückenspitze relativ selten. Ausgesplitterte Stücke und Endretuschen sind mit acht und neun Stück vertreten (Tab. 18). Die für das Jungpaläolithikum eher seltenen Schaber sind mit sechs Stück relativ häufig anzutreffen. Kombinationsgeräte kommen mit zwei Stück nur sehr selten vor. Modifiziert wurden mit über 50% in erster Linie verschiedene Hornsteinvarianten, gefolgt von verschiedenen Chalcedonvarianten mit knapp über 40%. Selten wurden Grundformen aus Radiolarit oder kieselreichem Kalk- bis Hornstein weiterverarbeitet. Bei zwei modifizierten Stücken war es aufgrund von Feuereinwirkung nicht mehr möglich, das Rohmaterial festzustellen (Tab. 19). Einen Überblick über die zur weiteren Modifikation verwendeten Rohmaterialvarianten gibt Tab. 20. 163. Einwögerer 2000, 105. 164. Einwögerer, Simon 2008. 165. Mayer 2002, 180. 166. Ott 1995, 85–90.
Tab. 18: Langenlois A, Modifikationen.
nicht bestimmbar Hornstein
n
%
2
0,9
113
52,8
Radiolarit
8
3,7
Chalcedon
90
42,1
kieselreicher Kalk- bis Hornstein gesamt
1
0,5
214
100,0
Tab. 19: Langenlois A, Rohmaterial der modifizierten Stücke.
Unter den Hornsteinen wurde für Modifikationen eine Variante bevorzugt, die später weiß patinierte. Aus ihr wurden 37 Stück gefertigt. Vor allem Kantenretuschen, aber auch verschiedene Stichel, Endretuschen und Kratzer. Ein Rückenmesser wurde ebenfalls aus dieser Variante hergestellt. Sehr viele Geräte (29 Stück) wurden auch aus einem hellgrauen Hornstein gefertigt. Hier liegen vor allem wieder kantenretuschierte Objekte, Stichel und auch Kratzer sowie zwei Schaber und ein Rückenmesser vor. Interessant ist der Hornstein vom Typ Krumlovský les. Aus diesem Material wurden fünf Grundformen kantenretuschiert sowie zwei Stichel und ein Schaber hergestellt. Bei den meisten Hornsteinvarianten liegen jedoch nur wenige modifizierte Stücke vor. Zu bedenken ist hier aber, dass diese Varianten nicht durch große Stückzahlen gekennzeichnet sind und daher meist einen hohen Prozentsatz an bearbeiteten Stücken aufweisen (Tab. 20).
Kombinationsgeräte
1
-
15
-
1
-
-
37
26,2
1
-
8
1
2
-
2
29
33,3
hellblaugrauer feiner Hornstein
1
1
2
-
-
-
1
-
3
-
1
-
-
9
25,0
Hornstein, Typ Krumlovský les
-
-
-
-
2
-
-
-
5
-
-
-
1
8
24,2
graublauer stark geklüfteter Hornstein
-
1
-
-
-
-
-
-
4
-
3
-
-
8
7,6
dunkelgraugrüner Hornstein
2
1
1
-
-
-
-
-
2
-
-
-
-
6
20,0
grau gebänderter Hornstein
1
1
-
1
-
-
-
-
2
-
-
1
-
6
66,6
heller Hornstein mit kalkig poröser Matrix
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
1
2
100,0
dunkelgrauer mittelgrober Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
1
2
14,3
verschiedene Hornsteine
-
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
2
13,3
brauner Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
50,0
grauer, kieselreicher Kalk- bis Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
33,3
heller grober Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
33,3
grauer bis graubraun gebänderter Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
100,0
hellbrauner Hornstein
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
1
25,0
dunkelroter bis grüner Radiolarit
-
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
2
15,1
hellroter Radiolarit
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
9,1
grauer Radiolarit
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
-
1
20,0
brauner stark zerklüfteter Radiolarit
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
3,4
dunkelblaugrauer Radiolarit
1
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
33,3
gelbbrauner Radiolarit
-
-
-
-
-
-
-
-
2
-
-
-
-
2
100,0
gelber Chalcedon
6
1
1
1
2
1
5
-
45
3
1
1
-
67
11,4
heller, beinfarbener Chalcedon
3
1
-
-
-
-
-
1
8
-
-
-
-
13
8,7
weiß patinierter Chalcedon
3
-
1
2
-
-
2
-
2
-
-
-
-
10
23,8 7,1
nicht bestimmbar gesamt
gesamt
ausgesplitterte Stücke
-
Schaber
gekerbte Stücke
7 5
Rückenmesser
4 3
Spitzen
4 3
Stichel an Bruch
2 1
Mehrschlagstichel
3 3
Endretuschen
weiß patinierter Hornstein hellgrauer Hornstein
Kratzer
Kantenretuschen
% innerhalb der RMV
93
Rückenspitze
Stichel an Endretusche
Langenlois Fundstelle A
-
-
1
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
2
27
9
15
11
15
1
11
1
104
4
8
2
6
214
Tab. 20: Langenlois A, Kreuztabelle: Werkzeuge / Rohmaterialvariante.
Ähnlich ist es bei den Radiolaritvarianten. Meist sind nur wenige Stücke dieser Varianten vorhanden, von denen wiederum ein hoher Prozentsatz retuschiert ist. Bei den gelben Chalcedonen sind insgesamt 67 Stück modifiziert. Dennoch machen sie nur 11,4% innerhalb der Rohmaterialvariante aus. Am häufigsten wurden Kantenretuschen an den Grundformen angebracht. Mit sechs Stück liegen hier die meisten Kratzer innerhalb einer Rohmaterialvariante vor. Neben drei gekerbten Stücken sind auch
verschiedene Stichel dokumentiert. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch fünf Rückenmesser. Bei den „hellen beinfarbenen Chalcedonen (2)“ wurden vor allem Kantenretuschen angebracht, aber auch Stichel und Kratzer gefertigt. Auch ein Rückenmesser ist hier belegt. Unter den weiß patinierten Chalcedonen ist der Prozentsatz der modifizierten Stücke mit 23,8% wieder etwas höher. Neben drei Kratzern sind hier zwei kantenretuschierte Stücke sowie zwei Rückenmesser zu nennen.
94
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 79: Langenlois A, Längenhistogramm aller Kratzer (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 80: Langenlois A, Längenhistogramm aller Endretuschen (Graphik: Th. Einwögerer).
Kratzer Kratzer zählen zu den charakteristischsten Werkzeugformen des Jungpaläolithikums. Sie sind aber nur mit 11,7% unter den modifizierten Stücken anzutreffen. Unter den Kombinationsgeräten sind ebenfalls noch zwei Kratzer in Verbindung mit Stichelschlägen vorhanden, die aber gesondert behandelt werden. Mit zwölf Stück wurden Kratzer nur geringfügig öfters an Klingen hergestellt als mit elf an Abschlägen. Je ein weiteres Mal wurde eine Kratzerkappe an einer primären Kernkantenklinge (Taf. 1/1) und an einem primären Kernkantenabschlag angebracht. Als Rohmaterial wurden Chalcedone bevorzugt. Insgesamt zehn Stück wurden daraus hergestellt. Sieben davon aus gelbem und drei aus hellem, beinfarbenem Chalcedon. Zum überwiegenden Teil (23 Stück) wurden die Kratzerkappen am distalen Ende der Grundform angelegt. In neun Fällen handelt es sich um lamellare Kratzerkappen. Die Mehrzahl der Kratzer (13 Stück) weist neben der Kratzerkappe auch noch eine Kantenretusche auf (Taf. 1/1, 2, 4, 5, 6; 2/2). Die Längen der Kratzer variieren stark. Es gibt Stücke von nur 9,5 mm Länge bis zu einem Stück von 136 mm Länge (Taf. 2/2). Einen Überblick über die verschiedenen Längen gibt die Abb. 79. Der Mittelwert liegt bei knapp 43 mm. Die meisten Stücke bewegen sich in einem Längenbereich zwischen 20 und 50 mm. Bis auf ein Stück weisen alle Kratzer starke Kantenbeschädigungen auf, sowohl an den Kanten (Taf. 1/3; 2/1) als auch an der Kratzerkappe.
Endretuschen Dieser Werkzeugtyp wird durch eine von zumeist ventral nach dorsal verlaufende Retusche an einem Schmalende der Grundform definiert. Ab dem Gravettien kann diese auch als Rückenretusche ausgeführt sein. Da kaum Gebrauchsspuren an diesem Werkzeugtyp auftreten, werden sie meist als Verkürzung der Grundform, Schäftungszurichtung oder Halbprodukt der Stichelherstellung gedeutet.167 Endretuschen sind durch neun Stück (4,2%) vertreten. In sieben Fällen wurde die Endretusche am distalen Ende angelegt, nur zwei Mal am Proximalende. Sechs Mal wurde sie als Rückenretusche ausgeführt. Endretuschen treten nie in Verbindung mit durchgehenden Kantenretuschen auf. Nur zwei Mal finden sich partielle Kantenretuschen und ein weiteres Mal eine durchgehende Gebrauchsretusche. Abb. 80 zeigt, wie schon bei den Kratzern, eine große Bandbreite der Längen, die von minimal 14 mm (Taf. 4/5) bis maximal 47 mm reichen. Der Mittelwert liegt bei knapp 35 mm. Die meisten Endretuschen liegen in einem Längenbereich von 35 bis 45 mm. Im Inventar der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 weisen viele Endretuschen einen gegenüberliegenden Bruch sowie auch retuschierte Kanten auf.168 Brüche an den gegenüberliegenden Enden sind in Langenlois A nur an einem Drittel der Stücke zu beobachten.
167.
Hahn 1993, 226–227.
168. Einwögerer 2000, 108.
Langenlois Fundstelle A
Mehrschlagstichel
Stichel an Endretusche
Stichel an Bruch oder natürlicher Fläche
gesamt
Stichel Neben den Kratzern zählen Stichel zu den wichtigsten Werkzeugtypen im Jungpaläolithikum. Charakterisiert werden sie durch den sog. Stichelschlag entlang einer Grundform. Oft liegt die entstandene Spaltfläche im rechten Winkel zur Ventralfläche der Grundform. Entscheidend bei Sticheln ist die Schlagfläche, von denen aus das Abtrennen des Stichelabfalls oder der Stichellamelle erfolgt. Stichel werden nicht nach ihrer Funktion, sondern nach ihrer Herstellungstechnik klassifiziert.169 Insgesamt liegen 42 Stichel und zehn Stichelabfälle bzw. Stichellamellen aus Langenlois A vor. Dies entspricht 19,5% der modifizierten Stücke. Sie wurden bevorzugt aus verschiedenen qualitätvollen Hornsteinvarianten, sowie aus gelbem Chalcedon hergestellt. Nur ein einziger Stichel wurde an einem Radiolarit angelegt. Meist (16 Stück) handelt es sich um Stichel an einem Bruch oder einer natürlichen Fläche. An einer Endretusche wurde elf Mal ein Stichelabfall bzw. eine Stichellamelle abgetrennt (Taf. 3/2, 5). 15 Stück sind als Mehrschlagstichel zu bezeichnen (Taf. 3/ 1, 3, 4). Sie ähneln oft stark prismatischen Sticheln. Die Stichelschläge wurden nahezu doppelt so häufig an der sinistrolateralen wie an der dextrolateralen Kante angebracht. Mehrschlagstichel wurden sowohl an Klingen als auch an Abschlägen angelegt. In einem Fall sogar an einer sekundären Kernkantenklinge. Stichel an Endretuschen befinden sich häufig an Klingen. Bei den Sticheln an einem Bruch oder an einer natürlichen Fläche wurden als Grundformen Klingen gegenüber den Abschlägen bevorzugt (Tab. 21).
Klingen
7
8
10
25
Abschläge
7
-
6
13
prim. Kkl
-
1
-
1
sek. Kkl
1
1
-
2
sek. Kab
-
1
-
1
15
11
16
42
gesamt
Tab. 21: Langenlois A, Stichel und ihre Grundform
Abb. 81: Langenlois A, Längenhistogramm aller Stichel (Graphik: Th. Einwögerer).
Die Längen der einzelnen Stichel bewegen sich zwischen 15 und 87 mm. Ein Stück mit einer Länge über 80 mm bildet eine Ausnahme. Der Mittelwert beträgt dabei 34 mm. Die Hauptmasse der Stichel bewegt sich in einem Längenbereich zwischen 20 und 45 mm. Sowohl der Mittelwert mit 34 mm als auch der Hauptlängenbereich der Stichel (Abb. 81) ist sehr gut mit dem Mittelwert und dem Hauptlängenbereich der Endretuschen zu vergleichen. Stellt man die Stichel der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930170, die eine mittlere Länge von etwa 53 mm aufweisen, den Sticheln der Fundstelle Langenlois A gegenüber, sind diese im Schnitt etwas kleiner. Rückenmesser Ein Rückenmesser ist ein kleines Werkzeug, das aus einer kleinen Klinge oder einem klingenförmigen Abschlag gefertigt wurde. Eine oder zwei Kanten sind durch Rücken- oder Steilretuschen modifiziert.171 Mit elf Stück (5,1%) sind die Rückenmesser für ein Gravettieninventar nicht sehr zahlreich. Am häufigsten (neun Stück) wurden sie aus Klingen hergestellt. Mit neun Mal wurde die durchgehende Rückenretusche wesentlich öfters an der sinistrolateralen Kante angebracht. In je einem Fall wurde die Gegenkante entweder fein retuschiert oder sie trägt eine Gebrauchsretusche.
170. Einwögerer 2000, 108. 169. Hahn 1993, 229–231.
95
171. Hahn 1993, 240.
96
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich n
%
dreieckiger Querschnitt
3
27,3
trapezförmiger Querschnitt
6
54,5
unregelmäßiger Querschnitt
2
18,2
gesamt
11
100,0
Tab. 22: Langenlois A, Grate der Rückenmesser.
Die Herstellung von rückengestumpften Geräten aus Klingen mit trapezförmigen oder unregelmäßigen Querschnitten wird mit den höheren Kantenwinkeln in Verbindung gebracht, die sich besser schäften lassen.175
Abb. 82: Langenlois A, Längenhistogramm aller Rückenmesser (Graphik: Th. Einwögerer).
Fünf Rückenmesser weisen an einer Schmalseite einen Bruch auf. Drei Stück zeigen an beiden Schmalseiten einen Bruch. Einmal liegt sowohl ein Bruch als auch eine Endretusche vor. Bei zwei Rückenmessern wurden die Proximalund Distalenden nicht verändert. Die Rückenmesser liegen in einem Längenbereich zwischen 9 und 44 mm (Abb. 82). Der Mittelwert liegt bei knapp über 21 mm. Eine Häufung ist im Längenbereich zwischen 13 und 17 mm zu beobachten. Drei Rückenmesser weisen ventral, proximal eine flächige Retusche auf, wie sie für Gravettespitzen üblich sind172 (Taf. 4/1, 3). Zwei davon sind auch distal gebrochen. Hier kann man vermuten, dass es sich um proximale Fragmente von Gravettespitzen handelt. Bei der Nummer 1141 (Taf. 4/2) kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich um das Bruchstück einer Fléchette handelt. Bei den Rückenmessern zeigen nur drei Stück einen dreieckigen Querschnitt mit einem Grat. Alle anderen Stücke besitzen mindestens zwei oder auch mehr Grate (Tab. 22). L. Owen konnte in Gravettieninventaren Süddeutschlands eine Bevorzugung von Klingen mit zwei oder mehr Graten für die Herstellung von Rückenmessern und Rückenspitzen beobachten.173 Auch im Inventar der gravettienzeitlichen Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 weisen neun der insgesamt zwölf retuschierten Mikroklingen zwei oder mehr Grate auf.174
Rückenspitzen Durch eine Rückenretusche wird eine Spitze geformt. Gravettespitzen wurden meist aus langen, schmalen Klingen mit geradem oder schwach konvexem Rücken gefertigt. Sowohl die Basis- als auch die Spitzenregion kann durch eine ventrale Retusche verdünnt sein. Auch die Gegenkante kann retuschiert sein. Rückenspitzen sind im Inventar nur durch ein einziges Stück belegt. Die Rückenspitze wurde aus einem „hellen beinfarbenen Chalcedon (2)“ gefertigt und ist 26,5 mm lang und 7 mm breit. Als Ausgangsform diente eine Klinge. Die Rückenretusche ist dextrolateral angebracht und zieht sich auch auf das Proximal- und Distalende. Die Gegenkante weist keine Retuschen auf (Nummer 607,08). An der Ventralseite trägt sie proximal die für Gravettespitzen typische Retusche. Solche Basisretuschen konnten auch bei zwei Rückenmessern festgestellt werden, die distal gebrochen sind und möglicherweise Fragmente von Rückenspitzen darstellen (siehe dazu Kap. 3.3.2.9, Rückenmesser). Kantenretuschen Die Retuschen werden meist an den Kanten oder Lateralflächen der Grundform, meist Klingen, angebracht. Die Unterscheidung kann hier aufgrund der Anzahl der retuschierten Kanten oder durch die Retuschenart vorgenommen werden. Oft handelt es sich dabei auch um zerbrochene Werkzeuge. Meist stellen die Kantenretuschen eine zweite Stufe eines Artefaktes dar. Während scharfe Kanten zur Bearbeitung von weichen Materialien (Leder, Fell, Fleisch) dienen, eignen sich retuschierte Stücke durch ihren stumpferen Schneidewinkel besser zur Bearbeitung von härteren Werkstoffen (Knochen, Geweih, Elfenbein).
172. Hahn 1993, 244. 173. Owen 1993, 417–419. 174.
Einwögerer 2000, 108–109.
175. Owen 1993, 417–419.
Langenlois Fundstelle A
97
90 80 70 60 50 40
Grundform 30
Stichellamellen sKkkl
20
Abb. 83: Langenlois A, Grundformen der Kantenretuschen (Graphik: Th. Einwögerer).
Länge
pKkkl 10
Abschläge Klingen
0 0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Breite
Kantenretuschierte Stücke sind aufgrund ihres verbreiteten Auftretens nicht chronologisch aussagekräftig.176 Kantenretuschen stellen die häufigste Modifikationsart dar. Sie sind durch 104 Stück belegt. Dies entspricht knapp der Hälfte aller Modifikationen. Bevorzugt wurden Kantenretuschen mit 56% an Klingen angebracht. 40% der Kantenretuschen finden sich auf Abschlägen. In Ausnahmefällen wurden auch Kernkanten retuschiert. Außerdem trägt auch eine Stichellamelle Reste einer Vorretuschierung (Abb. 83). Kantenretuschen sind vor allem an Grundformen oder Grundformfragmenten in einem Längenbereich zwischen 15 und 55 mm zu beobachten. Bei den Breiten sind vor allem Stücke zwischen 10 und 40 mm vorhanden. Nur in einigen wenigen Fällen übersteigen die Längen 89 mm und die Breiten 55 mm (Abb. 84). Es dominieren die dextrolateral (rechtsseitig) retuschierten Grundformen mit 41,3% nur geringfügig über die linksseitig retuschierten. Beidseitige Retuschen tragen nur 20,2% aller kantenretuschierten Grundformen (Tab. 23). Bei je drei Klingen und Abschlägen sind alternierende Kantenretuschen zu beobachten. Sie kommen vor allem bei medialen Bruchstücken (vier Stück) sowie bei einem proximalen und einem distalen Bruchstück vor. Es handelt sich dabei aber um keine typischen Dufourlamellen. Ein häufigeres Auftreten von Kantenretuschen ist im älteren Jungpaläolithikum zu erkennen. Grundsätzlich kommen sie aber das gesamte Jungpaläolithikum hindurch vor.177 Im Aurignacieninventar von Senftenberg liegen Kantenretuschen zu etwa 25% innerhalb der 59 modifizierten Stücke vor.178 Im Gravettieninventar der Fundstelle 176.
Hahn 1993, 251–252.
177.
Hahn 1993, 252.
178. Hinterwallner 2006, 120.
Abb. 84: Langenlois A, Streudiagramm aller kantenretuschierten Grundformen, n=105 (Graphik: Th. Einwögerer).
n
%
rechtsseitige Retuschen
43
41,3
linksseitige Retuschen
39
37,5
beidseitige Retuschen
21
20,2
gesamt
105
100
Tab. 23: Langenlois A, Lage der Kantenretuschen.
Krems-Wachtberg 1930 sind Kantenretuschen, Dufourlamellen mit eingeschlossen, unter den modifizierten Grundformen mit über 57% vertreten.179 Mit 49% liegt das Vorkommen von Kantenretuschen in dem Bereich, wie es auch für das Gravettieninventar Krems-Wachtberg 1930 festgestellt werden konnte. Ausgesplitterte Stücke Ausgesplitterte Stücke sind nicht durch direkte Modifikation, sondern durch den Gebrauch entstanden. Sie weisen in ihrer Längsachse, seltener in ihrer Querachse ventral und dorsal Aussplitterungen auf.180 Sie sind typisch für das Jungpaläolithikum. Im Inventar von Langenlois A sind ausgesplitterte Stücke acht Mal vertreten (Taf. 5/5). Nur in einem Fall konnte nachgewiesen werden, dass die Ausgangsform eine Klinge war. Bis auf ein Stück, das mit etwa 52 mm besonders lang ist, bewegen sich alle in einem Längenbereich zwischen 22,5 und 32,5 mm (Abb. 85). Der Mittelwert beträgt 29,6 mm. 179. Einwögerer 2000, 106. 180. Hahn 1993, 248.
98
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 85: Langenlois A, Längenhistogramm aller ausgesplitterten Stücke (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 86: Langenlois A, Längenhistogramm aller Schaber (Graphik: Th. Einwögerer).
Aufgrund ihrer charakteristischen Gebrauchsspuren kann den ausgesplitterten Stücken eine Verwendung als Meißel nicht abgesprochen werden.181 Dennoch gibt es verschiedene Ansätze, um deren eigentliche Entstehung zu erklären.182 1) Werkzeuge a posteriori. Die letzte Form hängt von der Benützung ab. 2) Werkzeuge, die durch Schlageinwirkung ein oder zwei Schneiden erhalten, also echte Werkzeuge. 3) Kerne oder Schlagunfälle. Im Fall von Langenlois A könnten die Meißel mit der Zerlegung von Mammutelfenbein in Verbindung stehen (siehe dazu auch Kap. 7). Ein räumlicher Zusammenhang zwischen der Lage der ausgesplitterten Stücke und Häufungen von Elfenbeinlamellen konnte nicht nachgewiesen werden.
sinistrolateral auf. Die Längen liegen bei 44 und 47,5 mm (Abb. 86).
Kombinationsgeräte Im Inventar von Langenlois A liegen nur zwei Kombinationsgeräte vor. Es handelt sich in beiden Fällen um Stichelkratzer. Einmal sitzt die Kratzerkappe am proximalen und einmal am distalen Ende. Beide Kappen sind nur konvex ausgeführt. Als Ausgangsformen dienten eine Klinge und ein Abschlag. Das Stück mit der distalen Kratzerkappe trägt proximal zwei Stichelschläge, einen dextrolateral und einen sinistrolateral. Das andere Stück weist distal nur einen Stichelschlag
Schaber Schaber zählen zu den einfachsten Werkzeugen. Sie besitzen mindestens eine retuschierte Kante oder ein retuschiertes Ende, wobei die Retusche meist sehr ausgedehnt ist und eine mehr oder weniger breite Arbeitskante bildet. Sie sind vor allem im Mittelpaläolithikum verbreitet, kommen aber auch noch im Neolithikum vor.183 Mit sechs Stück sind Schaber bzw. schaberähnliche Geräte im Inventar von Langenlois A relativ häufig (2,8%). Bis auf ein einziges Stück, welches aus einer Klinge gefertigt wurde (Taf. 5/2), sind alle aus Abschlägen hergestellt. Nur ein Schaber kann als vollständig bezeichnet werden. Meist ist ihre Länge unvollständig. Zweimal ist sowohl die Länge als auch die Breite unvollständig. Alle Schaber sind aus verschiedenen Hornsteinvarianten hergestellt; ein Stück aus einem Hornstein vom Typ Krumlovský les. Die Längen der verschiedenen Schaber und Schaberbruchstücke liegen zwischen 20 und 70 mm. Der Mittelwert beträgt 41,5 mm. Auffallend ist das mit 2,8% häufige Auftreten dieses für das Mittelpaläolithikum typischen Werkzeugtyps im Inventar der Fundstelle Langenlois A. Im Aurignacieninventar von Senftenberg etwa sind nur zwei Schaber belegt.184 Dies
181. Hahn 1993, 249.
183. Hahn 1993, 214.
182. Hahn 1989, 252.
184. Hinterwallner 2006, 121.
Langenlois Fundstelle A Zeitstellung
Fundstelle Saladorf
Epigravettien
% Kernanteil 5,8
1
Rosenburg
1,4
2
Langmannersdorf B
1,7
3
Langenlois A Gravettien
1,4
Langenlois B Krems-Wachtberg 1930
4,6
Senftenberg
0,7
4
Krems-Hundssteig 2000–2002 Aurignacien
99
5
6
2,7 3,6
Tab. 24: Kernanteile in verschiedenen Fundstellen Niederösterreichs.
entspricht etwa 3,4% der modifizierten Stücke. Im Gravettieninventar Krems-Wachtberg 1930185 ist nur ein Schaber vorhanden, im Gravettieninventar Krems-Hundssteig 2000 bis 2002186 hingegen ist kein einziger Schaber vorhanden. Ebenso wenig finden sich Schaber im Epigravettieninventar von Langmannersdorf A.
gedeutet188 und weist einen überaus hohen Kernanteil auf (Tab. 24). Vielmehr muss es in Verbindung mit der Rohmaterialversorgung und der Nutzung der einzelnen Rohmaterialvarianten gesehen werden.
3.3.2.10 Kerne Kerne zählen zu den aussagekräftigsten Artefakten eines Inventars. Es wurde daher versucht, die verschiedenen Kriterien ihrer Genese mittels eines eigenen Merkmalkataloges zu erfassen. Durch die meist größtmögliche Ausnützung, vor allem der qualitativ besseren Rohmaterialien, ist die Beurteilung von Kernen erschwert. Neben der Präparation der Schlag- bzw. Abbaufläche ist die Art der Negative eines der wichtigsten Klassifikationskriterien. Es wird davon ausgegangen, dass mit dem letzten Abbaustadium die größtmögliche Ausnutzung des Materials versucht wurde.187 Kerne liegen mit insgesamt 22 Stück (1,4%) im Inventar der Fundstelle Langenlois A vor. Außer bei den kieselreichen Kalksteinen und den Quarzen liegen aus allen Rohmaterialgruppen, nicht aber aus allen Rohmaterialvarianten, Kerne vor. Mit 1,4% weist das Inventar von Langenlois A nur einen geringen Kernanteil auf. Dieser Umstand kann aber nicht nur mit der speziellen Funktion der Fundstelle als kurzfristiges Jagdlager erklärt werden. Der Fundplatz Saladorf im Perschlingtal etwa wird ebenfalls als kurzfristiges Jagdlager
Rohmaterial und Kerntypen Die meisten Kerne, neun Stück, sind den „gelben Chalcedonen (1)“ zuzurechnen (Taf. 6/1). Diese Rohmaterialvariante stellt auch die meisten Einzelstücke. Bei den weiß patinierten Hornsteinen, den hellroten und rotgrauen Radiolariten sowie bei den gelbbraunen Granuliten sind je zwei Kerne vorhanden. Sonst ist jeweils nur ein einziger Kern pro Rohmaterialvariante vorhanden. Einen Überblick dazu gibt die Tab. 25. Abschlagkerne (Taf. 7/2) sind mit zehn Stück (45,5%) nur geringfügig häufiger als die Klingenkerne (Tab. 6/1, 2; 7/1) mit neun Stück (41%). Angeschlagene Rohknollen und Kerntrümmer liegen nur je einmal vor. Klingenkerne sind vor allem bei den gelben Chalcedonen (drei Stück) und bei den Hornsteinen (vier Stück) anzutreffen. Je ein weiterer Klingenkern gehört den Rohmaterialvarianten brauner, stark zerklüfteter Radiolarit und brauner Quarzit an. Im gravettienzeitlichen Inventar der Fundstelle KremsWachtberg 1930 sind die Klingenkerne mit 37% etwas häufiger als die Abschlagkerne mit 31%.189 Im Aurignacienmaterial von Senftenberg hingegen dominieren die Abschlagkerne mit über 65%.190
185. Einwögerer 2000, 104.
188. Einwögerer, Simon 2005, 60.
186. Einwögerer, Simon 2008.
189. Einwögerer 2000, 115.
187. Hahn 1989, 192–193.
190. Hinterwallner 2006, 112.
100
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
angeschlagene Knolle
Abschlagkern
Klingenkern
Kerntrümmer
n
%
hellgrauer Hornstein
-
-
1
-
1
4,5
Hornstein Typ Krumlovský les
-
1
-
-
1
4,5
hellblaugrauer Hornstein
-
-
1
-
1
4,5
dunkelbrauner Hornstein
-
1
-
-
1
4,5
blaugrüner Hornstein
-
-
1
-
1
4,5
grober grauer Hornstein mit brauner Matrix
-
-
1
-
1
4,5
brauner Hornstein mit schwarzen Punkten
-
1
-
-
1
4,5
weiß patinierter Hornstein
-
2
-
-
2
9,1
grauer kieselreicher Kalk- bis Hornstein (mittelgrob)
-
1
-
-
1
4,5
hellroter Radiolarit
-
2
-
-
2
9,1
rotgrauer Radiolarit
-
-
-
1
1
4,5
brauner stark zerklüfteter Radiolarit
-
-
1
-
1
4,5
gelber Chalcedon
-
1
3
-
4
18,2
gelbbrauner Granulit
1
1
-
-
2
9,1
brauner Quarzit
-
-
1
-
1
4,5
gesamt
1
10
9
1
21
100
Tab. 25: Langenlois A, Kerntypen und ihre Rohmaterialvarianten.
Ausgangsform Bis auf einen Kern aus gelbem Chalcedon, der aus einem Abschlag hergestellt wurde, haben alle anderen eine Knolle als Ausgangsform. Es handelt sich dabei ausschließlich um sekundär gelagerte Flussgeschiebe. Abschläge als Ausgangsform für die Herstellung von Klingen oder Lamellen, wie es im Aurignacien häufig vorkommt, wurden demnach in Langenlois nicht bevorzugt. Im Aurignacien wurden vor allem sehr dicke Abschläge benutzt, um Kiel- oder Nasenkratzer herzustellen191 und weitere Lamellen abzubauen.192 Maße und Erhaltung Über 77% der Kerne sind als vollständig zu bezeichnen. Nur drei Mal sind die Länge und einmal die Breite unvollständig. Die meisten Kernlängen liegen in einem Bereich zwischen 30 und 50 mm. Der Mittelwert beträgt 48,2 mm. Längen mit über 100 mm bilden die Ausnahme (Abb. 87). 191. Hahn 1988b, 160. 192. Chiotti 2000, 239–241. – Chiotti 2005, 227–229.
Bei den Klingenkernen bewegen sich die Längen am häufigsten zwischen 40 und 60 mm. Kürzere sowie längere Klingenkerne sind selten (Abb. 88). Diese Maße passen sehr gut zu den Längenbereichen der vollständigen Klingen, die gehäuft in einem Längenbereich zwischen 20 und 60 mm auftreten (Abb. 66). Das dreidimensionale Streudiagramm der Kernabmessungen zeigt ein in sich geschlossenes Feld mit nur wenigen Ausreißern (Abb. 89). Diese, ein Granulit und ein Hornstein, fallen vor allem durch ihre große Dicke auf. Lateralflächen, Rücken und Kernfuß Die Lateralflächen der Kerne werden am häufigsten durch Negative gebildet. Zählt man hier noch die Kategorie Kortex und Negative sowie Präparationen hinzu, so dominieren bearbeitete Lateralflächen mit über 77% gegenüber den unbearbeiteten Kortexflächen (Abb. 90). Ähnlich wie bei den Lateralflächen sieht es auch bei den Kernrücken aus (Abb. 91). Fasst man die Kategorie Kortex und Negative mit den Negativen und Präparationen zusammen, so ergibt sich ein Verhältnis von 54,5% bearbeiteten zu 36,4% nicht bearbeiteten Rücken.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 87: Langenlois A, Längenhistogramm der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 88: Langenlois A, Längenhistogramm aller Klingenkerne (Graphik: Th. Einwögerer).
140 120 100
D
Rohmaterial Rohmaterial
80 60 40 20 120
100
80
60
L
40
20
20
40 60
80
100 120
140
B
Abb. 90: Langenlois A, Lateralflächen der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
Granulit Granulit kieselr.Kalk.-Hornst kieselr.Kalk.-Hornst. Quarzit Quarzit Chalcedon Chalcedon Radiolarit Radiolarit Hornstein Hornstein
Abb. 89: Langenlois A, Streudiagramm der Längen, Breiten und Dicken der Kerne nach ihrem Rohmaterial (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 91: Langenlois A, Rücken der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
101
102
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Diese Bevorzugung von bearbeiteten Lateralflächen und Rücken bei den Kernen entspricht weitgehend den Ergebnissen, wie sie auch an der gravettienzeitlichen Fundstelle Krems-Wachtberg 1930193 festgestellt werden konnten. Eine Bevorzugung von zugerichteten Lateralflächen und Rücken konnte auch im Aurignacienmaterial der Fundstelle Senftenberg nachgewiesen werden.194 Einen präparierten Fuß weisen nur zwei Kerne auf. Bei zwei weiteren war eine Beurteilung nicht möglich.
nicht bestimmbar
1 Abbaufläche
2 Abbauflächen
3 Abbauflächen
gesamt
Schlag- und Abbauflächen Es dominieren die Kerne mit nur einer Schlagfläche und einer Abbaufläche (59%; Tab. 25). Man kann also davon ausgehen, dass vor allem ein einfacher, gleichgerichteter, unipolarer Abbau stattgefunden hat (Tab. 26). Dies belegt auch die Auswertung der Richtung der dorsalen Negative der Grundproduktion. Hier konnte zu 80% ein gleichgerichteter Abbau und zu 3,5% ein gleichgerichteter und quer angelegter Abbau festgestellt werden.
nicht bestimmbar
1
-
-
-
1
1 Schlagfläche
-
13
-
-
13
2 Schlagflächen
-
3
3
-
6
3 Schlagflächen
-
-
1
1
2
gesamt
1
16
4
1
22
Tab. 26: Langenlois A, Schlag- und Abbauflächen.
n
%
nicht bestimmbar
1
4,5
gleichgerichteter Abbau
13
59,1
bipolarer Abbau
2
9,1
gedrehter Abbau
6
27,3
gesamt
22
100,0
Tab. 27: Langenlois A, Abbaurichtungen.
Drei weitere Kerne (13,6%) weisen sowohl zwei Schlagflächen als auch zwei Abbauflächen auf. In diesen Fällen wurde der Kern während des Abbaus gedreht. Die Abbaurichtung blieb jedoch immer gleichgerichtet. Es gibt aber auch drei Kerne (13,6%), die zwei Schlagflächen und eine Abbaufläche aufweisen, was einem bipolaren Abbau gleichkommt. Bipolar verlaufende Negative bei den Grundformen sind nur zu insgesamt 6,7% nachgewiesen. Zweimal sind drei Schlagflächen nachgewiesen. Einmal in Verbindung mit zwei Abbauflächen und einmal in Verbindung mit drei Abbauflächen. Auch hier handelt es sich um Kerne, die während des Abbauprozesses mehrfach gedreht wurden. Unipolare Abbaustrategien sind sowohl im Aurignacien195 als auch im Gravettien196 zu beobachten. Im Epigravettieninventar von Langmannersdorf B überwiegen die Kerne mit je zwei Schlag- und Abbauflächen. Der Abbau selbst erfolgte aber zum größten Teil unipolar nach Drehen des Kerns.197 Präparation der Schlag- und Abbauflächen Bei den Schlagflächen überwiegen die facettierten Schlagflächen vor den glatten und facettierten Schlagflächen. Wesentlich weniger häufig kommen glatte Schlagflächen und Kombinationen aus Kortex und Kluft, sowie Kortex und facettiert vor (Tab. 28). n
%
nicht bestimmbar
2
9,1
glatt
2
9,1
facettiert
11
50,0
glatt und facettiert
4
18,2
Kortex
1
4,5
Kortex und Kluft
1
4,5
Kortex und facettiert
1
4,5
gesamt
22
100,0
Tab. 28: Langenlois A, Art der Schlagflächen.
Bei den Abbauflächen ist eine Reduktion an einer Abbaufläche bei zwölf Kernen zu beobachten. Viermal ist sie an drei Abbauflächen vorhanden und viermal ist keine Reduktion nachweisbar (Tab. 29).
195. Hahn 1988b, 144–145. – Hinterwallner 2006, 115. 193. Einwögerer 2000, 116–117.
196. Einwögerer 2000, 116.
194. Hinterwallner 2006, 117–118.
197.
Mayer 2002, 191.
Langenlois Fundstelle A n
%
nicht bestimmbar
2
9,1
nicht vorhanden
4
18,2
vorhanden an 1 Abbaufläche
12
54,5
vorhanden an 3 Abbauflächen
4
18,2
gesamt
22
100,0
103
Tab. 29: Langenlois A, Reduktion der Abbaufläche.
Verwerfung Es kann viele verschiedene Gründe geben, um einen Kern zu verwerfen. Neben der zu geringen Größe sind es meist Fehler im Material, die einen weiteren Abbau unverhältnismäßig erschweren oder unmöglich machen. Aber auch Schlagunfälle, wie etwa Angelbrüche, können zur Verwerfung eines Kerns führen. Oft ist nicht mehr ersichtlich, warum ein Kern nicht weiter abgebaut wurde. Im Fall des Inventars von Langenlois A ist es mit 36% die zu geringe Dimension gewesen, die zur Einstellung des weiteren Abbaus führte. Materialfehler dürften in 23% der Fälle der Grund für das Ausscheiden aus dem Produktionsprozess gewesen sein. Mit 9% sind es Schlagunfälle, wie Angelbrüche, die zur Verwerfung des Kerns geführt haben (Abb. 92). Eine noch höhere Anzahl von 59% an Kernen, deren Verwerfung auf die zu geringe Dimension zurückzuführen ist, ist aus der Fundstelle Langmannersdorf B bekannt.198 Abbaustrategie Als Ausgangsform diente in erster Linie die Knolle, nur ein einziges Mal ein Abschlag. Es sind beinahe so viele Klingenkerne wie Abschlagkerne überliefert. Die Kerne wurden meist von einer Schlagfläche auf eine Abbaufläche in einer Richtung abgebaut (unipolar). Hin und wieder wurde der Kern auch gedreht. Ein unipolarer Abbau wurde aber beibehalten. In seltenen Fällen erfolgte auch ein bipolarer Abbau. Lateralflächen und Rücken weisen meist Negative einer Zurichtung auf. Kernfüße wurden nur in Ausnahmefällen präpariert. Meist wurde sowohl der Schlagflächenrand als auch der Abbauflächenrand (dorsale Reduktion) präpariert. Die Verwerfung erfolgte in erster Linie aufgrund der zu geringen Dimension. Materialfehler oder Schlagunfälle kommen wesentlich weniger häufig vor.
Abb. 92: Langenlois A, Verwerfungsgründe der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 93: Zusammenpassungstypen und deren graphische Darstellung nach Cziesla 1986.
Alle Ergebnisse lassen sich durch die Auswertung der Abschlagindustrie bestätigen. Wie zu erwarten, lassen sich die vorliegenden Ergebnisse hervorragend mit anderen gravettienzeitlichen Inventaren vergleichen. 3.3.2.11 Zusammensetzungen Allgemeines Das Zusammenpassen von Steinartefakten gehört bei gut gegrabenen Inventaren zum Standard einer wissenschaftlichen Bearbeitung. Die Ergebnisse bleiben dabei aber meist auf den Fundort beschränkt. Seit den 1970er Jahren dient das Zusammenpassen nicht nur der Kontrolle von stratigraphischen Zusammenhängen, sondern auch der Untersuchung von technologischen und funktionellen Fragen.199 Die Rekonstruktion des Weges, der von einem Artefakt im Laufe seiner Nutzung, von der Rohknolle über die Grundproduktion bis hin zur Zurichtung als Werkzeug und letztendlich zu seiner Zerstörung und Verwerfung, durchschritten wird, gibt neben rein technologischen Informationen zur Produktionsweise auch Auskunft über fundplatzinterne Bewegungsabläufe.200
Methode Sinnvollerweise sollte der Vorgang des Zusammenpassens nach der merkmalanalytischen Aufnahme erfolgen, damit 199. Cziesla 1986, 251.
198. Mayer 2002, 192.
200. Cziesla 1986, 253.
104
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
eine quantitative Vergleichbarkeit von Artefaktspektren gewahrt bleibt. Das Zusammenpassen sollte eine „Chancengleichheit“ gewährleisten. Ein Arbeiten streng nach Grabungs- oder Museumseinheiten, innerhalb von Rohmaterialgruppen oder Flächeneinheiten, sollte vermieden werden. Ein wesentliches Element bildet die sinnvolle graphische Darstellung der einzelnen Schritte. Dabei ist eine genormte Symbolik von Vorteil. Einen kurzen Überblick über die von E. Cziesla verwendeten Darstellungselemente gibt die Abb. 93. Nomenklatur Das Zusammenfügen von intentionell zerlegten Objekten wird mit dem Oberbegriff „Zusammenpassen“ bezeichnet. Alle Stücke, die durch eine sichere Zusammenpassung verknüpft sind, bilden einen Komplex. Als „Aufeinanderpassung“ bezeichnet man die bei der Grundproduktion anfallenden Reihen von Abschlägen und Klingen auf einen Kern oder aufeinander. Unter einer „Aneinanderpassung“ versteht man die Rekonstruktion der Grundprodukte und Werkzeuge, die z. B. durch Bruch zerteilt wurden. Eine „Anpassung“ bezeichnet die Anfügung von Stücken an eine Grundform, die durch Nachschärfung oder Modifikation abgetrennt wurden (z. B. Anpassung einer Stichellamelle an den Stichel). Die „Einpassung“ bildet einen Sonderfall. Unter diesem Begriff werden alle Zusammenpassungen verstanden, die auf natürliche Weise (Hitze, Frost) entstanden oder auf rezente Prozesse zurückzuführen sind. Zusammenpassungen Für die Zusammensetzungen wurden etwa 100 Personenstunden aufgewendet. Davon entfallen etwa 80 Stunden auf ein Proseminar, geleitet von C. Neugebauer-Maresch am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien (WS 1997/1998), bei dem 20 meist unerfahrene Personen etwa vier Stunden lang an dem Inventar gearbeitet haben. Von den insgesamt 1447 Artefakten der Fundstelle A konnten 80 in 30 Komplexe zusammengeführt werden (Tab. 30). Dies entspricht etwa 5,2% des Gesamtinventars. Am häufigsten konnten Stücke der Rohmaterialvariante „gelber Chalcedon (1)“, der auch die häufigste Rohmaterialvariante in dieser Fundstelle darstellt, zusammengepasst werden. Es handelt sich dabei ausschließlich um Aneinanderpassungen von Klingenbruchstücken. Die 16 aneinandergepassten Stücke machen 18% aller zusammengesetzten Steinartefakte aus. Eine Sequenz konnte beim gelben Chalcedon nicht festgestellt werden.
Ähnlich sieht es bei den hellen, beinfarbenen Chalcedonen aus. Hier gelang es insgesamt elf Stücke zusammenzuführen. Neben den dominierenden Klingenbruchstücken konnte hier aber auch eine Sequenz von drei Abschlägen festgestellt werden. Die umfangreichste Sequenz aus Abschlägen liegt von der Rohmaterialvariante gelbbrauner Granulit vor. Hier konnten insgesamt acht Stücke aufeinandergepasst und zwei aneinandergepasst werden. Kleinere Sequenzen liegen auch von einem hellroten Radiolarit vor, wo an einem Kern drei Abschläge angepasst werden konnten. Zwei davon waren zerbrochen. Tab. 31 gibt einen Überblick über die einzelnen Zusammensetzungen und führt die Fundnummern der daran beteiligten Fundstücke auf. Komplex 1 Von einer im Schnitt 37 mm dicken „gelbbraunen Granulitplatte (37)“ wurde eine Serie von sieben Abschlägen von einer Schlagfläche aus abgetrennt. Einer der Abschläge ist dabei in zwei Stücke zerbrochen. Bei einer Sequenz von drei Abschlägen kann eine Grundtendenz für eine Abbaurichtung von links nach rechts festgestellt werden (Abb. 94). Komplex 2 Von einem Kern aus „braunem Hornstein mit schwarzen Punkten (49)“ wurden zwei Abschläge abgetrennt, die beide zerbrochen sind. Der Kern wurde beim vorherigen Abbau um 90° gedreht, ehe Angelbrüche auf der Abbaufläche und der zweiten Schlagfläche zu einer weiteren Drehung veranlassten. Dabei wurden nun die zwei angesprochenen Abschläge vom eigentlichen Kernrücken abgetrennt. Dabei wurde bipolar abgebaut (Abb. 95). Komplex 3 Hier handelt es sich um eine Sequenz von drei Abschlägen aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“. Zwei der drei Abschläge zeigen eine Tendenz zum Abbau von links nach rechts (Abb. 96). Komplex 4 An eine „hellrote Radiolaritknolle (12)“ konnten drei Abschläge aufeinander gepasst werden. Bei einem handelt es sich um den „Köpfungsabschlag“, der die dreieckige Knolle schräg gekappt hat. Von der so entstandenen Schlagfläche aus wurden mehrere, nicht aufgefundene Abschläge sowie ein vorhandener Abschlag abgetrennt. Eine laterale Präparation eines Leitgrates wurde begonnen, aber nicht zu Ende geführt. Der Kern wurde um 180° gedreht und erneut angeschlagen. Von dieser Schlagfläche aus wurde
Langenlois Fundstelle A
Komplex
Rohmaterial
105
aufeinander gepasst
aneinander gepasst
angepasst
gesamt
1
gelbbrauner Granulit (37)
8
2
0
10
2
brauner Hornstein mit schwarzen Punkten (49)
4
4
0
8
3
heller beinfarbener Chalcedon (2)
3
0
0
3
4
hellroter Radiolarit (12)
4
0
0
4
5
heller beinfarbener Chalcedon (2)
0
2
0
2
6
heller beinfarbener Chalcedon (2)
0
2
0
2
7
heller beinfarbener Chalcedon (2)
0
2
0
2
8
heller beinfarbener Chalcedon (2)
0
2
0
2
9
hellgrauer Hornstein (3)
0
2
0
2
10
graublauer stark geklüfteter Hornstein (19)
0
2
0
2
11
Siehe Fundstelle B, Kap. 4.3.2.11
---
---
---
---
12
Nummer nicht vergeben
---
---
---
---
13
graublauer stark geklüfteter Hornstein (19)
0
3
0
3
14
graublaue stark geklüfteter Hornstein (19)
0
0
2
2
15
Nummer nicht vergeben
---
---
---
---
16
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
17
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
18
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
19
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
20
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
21
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
22
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
23
gelber Chalcedon (1)
0
2
0
2
24
weiß patinierter Chalcedon (16)
0
2
0
2
25
weiß patinierter Chalcedon (16)
0
2
0
2
26
weiß patinierter Hornstein (6)
0
2
0
2
27
weiß patinierter Hornstein (6)
0
2
0
2
28
weiß patinierter Hornstein (6)
0
2
0
2
29
weiß patinierter Hornstein (6)
0
3
0
3
30
hellgrauer Hornstein (3)
0
2
0
2
31
weiß patinierter Chalcedon (16)
0
2
0
2
32
grober grauer Hornstein mit brauner Matrix (27)
2
0
1
3
33
grauer kieselreicher Kalk- bis Hornstein (8)
2
0
0
2
23
54
3
80
Ges. Tab. 30: Langenlois A, Komplexe.
ein Abschlag am ursprünglichen Kernrücken abgetrennt (Abb. 97).
eines der beiden Stücke ist in seiner Lage erfasst, wodurch eine graphische Darstellung keine Aussagekraft besitzt.
Komplex 5 Zwei Abschlagbruchstücke aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“ konnten aneinandergepasst werden. Nur
Komplex 6 Zwei Bruchstücke aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“ konnten zu einer Klinge zusammengepasst werden.
106
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Komplex 7 Auch hier konnten zwei Bruchstücke aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“ zu einer Klinge zusammengepasst werden. Der Abstand zwischen den Stücken ist sehr gering. Komplex 8 Zwei Abschlagbruchstücke aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“ konnten aneinandergepasst werden. Auch in diesem Fall ist der Abstand zwischen den Stücken äußerst gering. Komplex 9 Zwei Bruchstücke aus „hellgrauem Hornstein (3)“ wurden zu einer Klinge aneinandergepasst. Bemerkenswert ist der große Abstand von über 4 m zwischen den beiden Bruchstücken. Komplex 10 Zwei Stück aus „graublauem stark geklüftetem Hornstein (19)“ wurden zu einer Klinge aneinandergepasst. Der Abstand zwischen den Artefakten kann als sehr gering bezeichnet werden. Komplex 13 Aus drei Klingenbruchstücken aus „graublauem stark geklüftetem Hornstein (19)“ konnte ein proximales Klingenstück zusammengesetzt werden. Während zwei Stücke knapp nebeneinander lagen, fand sich das dritte Stück über 1 m entfernt. Komplex 14 Ein grober Abschlag aus „graublauem stark geklüftetem Hornstein (19)“ ist an einer Kluft in zwei Hälften gebrochen. Da beide Stücke aus einem Sammelfund stammen, kann nichts über ihre räumliche Lage ausgesagt werden. Komplex 16 Zwei Bruchstücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ konnten zu einer Klinge aneinandergepasst werden. Beide Stücke wurden in sehr geringem Abstand zueinander gefunden (Abb. 98). Komplex 17 Zwei Klingenbruchstücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ wurden zu einem medialen Klingenstück zusammengepasst. Ein Bruchstück wurde nach dem Zerbrechen noch weitermodifiziert (Abb. 98).
Komplex
Nummern der beteiligten Stücke
1
1103,02; 635,02; 358,02; 428,02; 992,02; 1011,02; 1550,01; 1542,06
2
1385,01; 1218; 1390,05; 1390,03; 1382,02
3
1021,01; 1354,08; 1017,02
4
76; 529,01; 572,01; 62,01
5
1134,02; 1354,01
6
1015,02; 1130,02
7
361,01; 762,01
8
541,01; 552,02
9
629,02; 464,02
10
724,01; 907,02
13
574,22; 720,01; 904,01
14
1351,14; 1351,15
16
895,02; 887,02
17
121,18; 46,02
18
858,01; 1344,01
19
134,02; 222,02
20
89,01; 3,02
21
236,02; 170,02
22
70,02; 1707,12
23
1535,07; 348,02
24
1646,01; 1642,01
25
390,02; 1614,02
26
802,02; 889,02
27
453,01; 411,01
28
194,01; 941,02
29
1351,21; 1152; 349,01
30
1335; 1045
31
634,02; 603,01
32
1219; 516,01; 1288
33
308,05; 492
Tab. 31: Langenlois A, Komplexe und Nummern der beteiligten Stücke.
Komplex 18 Eine retuschierte Klinge aus „gelbem Chalcedon (1)“ ist in mehrere Stücke zerbrochen, von denen zwei aneinandergepasst werden konnten (Abb. 98). Komplex 19 Eine in zwei Teile zerbrochene retuschierte Klinge aus „gelbem Chalcedon (1)“ konnte zusammengesetzt werden (Abb. 98).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 94: Langenlois A, Komplex 1, 1: Proximalansicht; 2: Distalansicht; 3: Seitenansicht (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 95: Langenlois A, Komplex 2, 1: Lateralseite; 2: letzte Abbaufläche (Graphik: Th. Einwögerer).
107
108
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 96: Langenlois A, Komplex 3, 1: Proximalansicht; 2: Seitenansicht (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 97: Langenlois A, Komplex 4, 1: Lateralseite; 2: letzte Abbaufläche; 3: Lateralansicht (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 98: Langenlois A, Komplexe 16–23, gelber Chalcedon (Graphik: Th. Einwögerer).
109
110
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Komplex 20 Zwei Bruchstücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ bilden ein distales Klingenbruchstück (Abb. 98). Komplex 21 Zwei retuschierte Bruchstücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ wurden zu einem proximalen Klingenteil aneinandergepasst. Vermutlich erfolgte der Bruch nach der Kantenretuschierung (Abb. 98). Komplex 22 Zwei Stücke bilden ein mediales Klingenbruchstück aus „gelbem Chalcedon (1)“. Die deutliche Gebrauchsretusche an beiden Objekten dürfte bereits vor dem Bruch entstanden sein. Eine Darstellung der räumlichen Verteilung ist nicht möglich, da eines der beiden Stücke ein Oberflächenfund ist (Abb. 98). Komplex 23 Zwei Stücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ bilden ein proximales Klingenfragment. Der Bruch dürfte intentionell erfolgt sein, um den sich stark verbreiterten Kernfuß zu entfernen. Die Stücke lagen etwa 3 m voneinander entfernt (Abb. 98). Komplex 24 Zwei Fragmente aus „weiß patiniertem Chalcedon (16)“ bilden ein mediales Klingenbruchstück. Der sicherlich intentionelle Bruch teilt die Klinge in einen breiteren und einen schmäleren Teil. Komplex 25 Zwei Stücke bilden ein mediales Klingenfragment aus „weiß patiniertem Chalcedon (16)“. Der ursprüngliche kantenretuschierte Kratzer wurde an einer tiefen Kerbe gebrochen. An der proximalen Bruchfläche ist die Hälfte einer weiteren Bruchkerbe zu beobachten (Abb. 99). Komplex 26 Ein distales und ein mediales Bruchstück aus „weiß patiniertem Hornstein (6)“ bilden eine unvollständige Klinge. Der proximale Bruch zeigt erneut sehr deutlich, dass ein sich verbreiternder Kernfuß abgetrennt wurde. Komplex 27 Zwei Bruchstücke bilden ein Klingenfragment mit Stichelschlägen aus „weiß patiniertem Hornstein (6)“. Bevor es zum Bruch kam, wurden beide Kanten retuschiert. Zu welchem Zeitpunkt die Stichelschläge erfolgten, kann nicht nachvollzogen werden.
Abb. 99: Langenlois A, Komplex 25 (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Komplex 28 Zwei Stücke aus „weiß patiniertem Hornstein (6)“ bilden ein Klingenfragment aus weiß patiniertem Hornstein mit Stichelschlag. Komplex 29 Drei Bruchstücke aus „weiß patiniertem Hornstein (6)“ bilden ein Klingenfragment aus weiß patiniertem Hornstein. Komplex 30 Ein Klingenfragment aus „hellgrauem Hornstein (3)“ wird von zwei Bruchstücken gebildet, von denen beide Stichelschläge tragen. Eine Kantenretusche wurde bereits vor dem Zerbrechen angebracht. Komplex 31 Zwei Bruchstücke aus „weiß patiniertem Chalcedon (16)“ bilden ein distales Klingenbruchstück. Eine Gebrauchretusche an einer Kante muss bereits vor dem Zerbrechen entstanden sein. Eine räumliche Darstellung kann nicht erfolgen, da ein Stück nicht im Plan verzeichnet wurde. Komplex 32 An einem Kern aus „grobem grauen Hornstein mit brauner Matrix (27)“ konnte ein Trümmerstück angepasst werden. Weiters gibt es eine Aufeinanderpassung eines Abschlages auf den Kern. Bei der Bearbeitung zerfiel der Kern noch weiter in zwei Stücke. Komplex 33 Zwei Abschläge aus „grauem kieselreichem Kalk- bis Hornstein (8)“ konnten aufeinandergepasst werden. Matrixreste an beiden Stücken deuten auf eine Entrindungssequenz an einem eher kleineren Kern hin. Aufgrund fehlender Angaben muss eine räumliche Darstellung unterbleiben. Abb. 100 gibt einen Überblick über die Lage aller Komplexe. Wesentliche Aussagen über einen Fundplatz lassen sich auch durch die Analyse der Längen der verschiedenen
Langenlois Fundstelle A
Abb. 100: Langenlois A, Komplexe 1–30 (Graphik: Th. Einwögerer).
111
112
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 101: Langenlois A, Längen der Verbindungslinien zusammengepasster Artefakte (Graphik: Th. Einwögerer).
Verbindungslinien machen.201 Aufgrund von Forschungen an nordafrikanischen Fundplätzen konnte E. Cziesla202 vier Distanzgruppen vorgeben. Für die Fundstelle A wurden alle nachvollziehbaren Zusammensetzungslängen gemessen und in einem Diagramm aufgetragen. Die Längen wurden dabei auf 5 cm gerundet. Bei einigen Komplexen fehlen leider Positionsangaben einzelner Stücke, sodass diese nicht in die Analyse miteinbezogen werden konnten. Stammen einzelne Stücke aus Sammelposten eines Quadratmeters, so wurde die Mitte des entsprechenden Quadratmeters oder die Mitte des Quadratmeterverbandes gemessen. Abb. 101 zeigt alle gemessenen Linien nach ihrer Länge geordnet. Eingetragen wurden die Längenkategorien, wie sie E. Cziesla203 erarbeitet hat. Eine eindeutige Häufung mit 22 Linien zeigt sich bei den mittleren Längen zwischen 0,5 und 2 m. Mit elf Linien sind auch die längeren Strecken zwischen 2 und 4 m noch relativ oft vorhanden. Die sechs sehr langen Abstände (über 4 m) sind genauso häufig wie die kurzen (unter 0,5 m).
Bei Analysen an dem jungpaläolithischen Fundplatz Sprendlingen in Rheinhessen deutete E. Cziesla204 eine Häufung von mittleren Zusammensetzungslängen dahingehend, dass sich im gegrabenen Areal kein Schlagplatz, aber auch keine Behausung befand. Bei Behausungen oder Schlagplätzen wären kurze Distanzen in einem weitaus größeren Ausmaß zu erwarten. Verbindungslinien von über 2,1 m werden als Indiz für eine weitere Verschleppung infolge einer längeren Besiedelungsdauer gedeutet.205 Die Dominanz der mittleren Zusammensetzungslängen in Langenlois Fundstelle A würde demnach andeuten, dass bei den Grabungen weder ein Schlagplatz noch eine Behausung erfasst wurde. Das relativ häufige Auftreten von langen bzw. sehr langen Linien würde auf eine längerfristige Benutzung des Lagerbereiches hindeuten. Interpretation der Zusammensetzungen Trotz der Tatsache, dass das Gesamtinventar der Fundstelle A zum Großteil aus zwei deutlich unterscheidbaren Rohmaterialvarianten, einem „gelben Chalcedon (1)“ und
201. Cziesla 1986, 262. 202. Cziesla 1996.
204. Cziesla 1985a. – Cziesla 1985b.
203. Cziesla 1996.
205. Reisch 1974.
Langenlois Fundstelle A
113
einem „hellen beinfarbenen Chalcedon (2)“, besteht, ist die Anzahl der zusammensetzbaren Stücke mit 5,2% unerwartet gering. Von der dominierenden Rohmaterialvariante, dem „gelben Chalcedon (1)“, konnten nur 2,4% der Stücke zusammengeführt werden. Dabei handelt es sich ausschließlich um gebrochene Klingen. Sequenzen, die auf einen systematischen Abbau hindeuten, konnten nicht festgestellt werden. Es muss daher angenommen werden, dass Stücke der Rohmaterialvariante „gelber Chalcedon (1)“ nicht in ganzen Knollen in die Fundstelle eingebracht wurden. Wenige Kerne bzw. Präparationsgrundformen deuten jedoch an, dass zumindest in Einzelfällen Kerne mitgebracht wurden. Die Hauptmasse der Artefakte dürfte allerdings bereits als Grundproduktion eingebracht worden sein. Die Mehrzahl der „gelben Chalcedone (1)“ muss demnach als Erstausstattung im Sinne von H. Floss206 angesehen werden. Wenn man die Entfernung von 45 km Luftlinie zur Rohmateriallagerstätte im oberen Waldviertel (Höllengraben) mit einbezieht, ist dies auch nicht vewunderlich. Bei der Rohmaterialvariante des „hellen beinfarbenen Chalcedons (2)“ gelang es 7,3% der Stücke zusammenzufügen. Neben Aneinanderpassungen konnte auch eine Aufeinanderpassung von drei Artefakten gefunden werden. Nachdem Kerne zur Gänze fehlen und Präparationsgrundformen nur unwesentlich häufiger auftreten als bei den gelben Chalcedonen, muss hier ebenfalls eine Einbringung der Stücke als Grundproduktion angenommen werden. Sie sind dann ebenso wie die Stücke aus „gelbem Chalcedon (1)“ als Teil einer Erstausstattung zu sehen. Die Entfernung zur Rohmateriallagerstätte im Waldviertel (Winkl bei Horn) ist hier mit nur 28 km Luftlinie wesentlich kürzer als bei den gelben Chalcedonen. Bei den lokalen Rohstoffen wie den verschiedenen Hornsteinen, Radiolariten und kieselreichen Kalk- bis Hornsteinen sind neben Aneinanderpassungen immer wieder auch Aufeinanderpassungen gelungen. Vor allem von weniger geeigneten Rohmaterialien wurden ganze Stücke in die Fundstelle eingebracht und zerlegt. Ihre Herkunft ist in den nur etwa 9 km entfernten Donauschottern zu suchen. Einen Sonderfall stellt der Komplex 1 aus „grauem Granulit (50)“ dar. Er ist nicht direkt in Verbindung mit der Herstellung einer Grundproduktion zu sehen. Vielmehr wurde hier vermutlich ein grobes Arbeitsgerät mehrmals nachgeschärft. Mit diesem Material konnte man auch „verschwenderisch“ umgehen, da es in den nur 1 km entfernten Kampschottern unbegrenzt verfügbar war.
Die Analyse der Längenkategorien deutet auf nicht unerhebliche Verschleppung einzelner Artefakte hin, wie sie bei längeren Aufenthalten zu erwarten wäre. Außerdem würde sie andeuten, dass weder ein Schlagplatz noch eine Behausung bei den Grabungen erfasst wurde. Betrachtet man jedoch die Gesamtheit der Verbindungslinien, so fallen mehrere Erscheinungen auf: 1) kurze Verbindungslinien Viele Aneinanderpassungen von Klingen oder Abschlagbruchstücken weisen eine kurze Distanz auf. Sie befinden sich vorzugsweise in den Randbereichen der gegrabenen Fläche und in den Bereichen um die Strukturen „Arbeitsplatte“, „Mulde“ und „Werkplatz“. Im Zentralbereich um die „Feuerstelle 1“ sind sie so gut wie nie anzutreffen. 2) mittlere und lange Verbindungslinien Mittlere und lange Verbindungslinien treten am häufigsten auf. Sie sind im Gegensatz zu den kurzen nicht in den Randbereichen zu finden, sondern konzentrieren sich um den Zentralbereich mit der „Feuerstelle 1“. Die Abb. 101 vermittelt den Eindruck, als würden diese Verbindungslinien konzentrisch von einem Bereich um die „Feuerstelle 1“ nach außen oder durch den imaginären Mittelpunkt laufen. Die Mehrzahl der Artefakte, die durch mittlere und lange Linien verbunden sind, befindet sich in einem Radius von 1 bis 3 m um die „Feuerstelle 1“ herum. Man gewinnt den Eindruck, dass kurz vor dem endgültigen Verlassen des Lagers eine intensive Begehung eines Bereiches von etwa 3 m um die „Feuerstelle 1“ herum stattgefunden hat. Dies würde passieren, wenn eine transportable Behausung nach Abschluss der Siedlungstätigkeit abgebaut werden müsste. Die Lage und die Länge der Verbindungslinien geben demnach Hinweise auf eine latente Siedlungsstruktur, vermutlich in Form eines leichten Stangenzeltes mit einem Durchmesser von etwa 4 bis maximal 5 m Durchmesser.
206. Floss 1994, 343.
207.
3.3.2.12 Bruchverhalten bei den Klingen Prinzipiell unterscheidet man intentionelle und nicht intentionelle Brüche. Beide sind nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden.207 Brüche treten bei Klingen relativ häufig auf. Nur 13,1% der aufgefundenen Klingen sind vollständig (Tab. 5). Die meisten Klingen dürften intentionell gebrochen worden sein, meist um gleichmäßige mediale Bruchstücke zu erhalten, die sich besser als Einsätze weiterverarbeiten lassen. Oft handelt es sich dabei um rechteckige oder schwach trapezförmige Formen. Škrdla 1997, 313.
114
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Vorhandene Stücke 2 Stück
unretuschiert
1 Stück
dextrolat. Stichelschlag
1 Stück
dextrolat. GSM-Retusche
3 Stück
sinistrol. feine Kantenretusche
fehlende Stücke vorhandene Stücke
Fehlende Stücke, durch Zusammensetzungen gelegt 1 Stück
sinistrol. feine Kantenretusche
1 Stück
dextrol. feine Kantenretusche
Abb. 104: Langenlois A, Längen-Breiten-Streudiagramm der vorhandenen Segmente und der durch die Zusammensetzungen belegten, aber fehlenden Segmente (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 102: Langenlois A, Häufigkeit der verschiedenen Segmente (Graphik: Th. Einwögerer).
In ihrer Form sind sie den neolithischen Querschneidern ähnlich. Länge in mm
Breite in mm
Dicke in mm
max.
25,5
23,8
9,5
min.
9
13,5
4
13,5
18,4
5,9
Durchschnitt Abb. 103: Langenlois A, Komplexe mit fehlenden Segmenten, 1: Komplex 18; 2: Komplex 21 (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Eine Ausnahme in ihrer Form bei den Klingenbruchstücken bilden die dreieckigen Segmente. Sie liegen aus der Fundstelle A mit insgesamt sieben Stück vor (Abb. 102). Meist weisen sie sowohl proximal als auch distal Bruchflächen auf. Nur ein Stück trägt distal einen Stichelschlag, der die dreieckige Form vorgibt. In 86% der vorliegenden Fälle wurde die dreieckige Form demnach durch Brüche erzeugt. Zwei Zusammensetzungen mit fehlenden Segmenten zeigen, dass auch hier Brüche zu der dreieckigen Form geführt haben (Komplexe 18 und 21) (Abb. 103). Ein dreieckiges Segment konnte mit einem weiteren Klingenbruchstück aneinandergepasst werden (Komplex 29). Bruchkerben konnten in keinem der sieben Fälle nachgewiesen werden.
Tab. 32: Langenlois A, Abmaße der einzelnen Segmente.
Bei zwei zusammengesetzten Klingen fehlen dreieckige Segmente zwischen den aneinander gepassten Fragmenten (Komplexe 18 und 21). Hier ist sehr deutlich zu erkennen, dass bereits retuschierte Klingen so gebrochen wurden, dass nahezu gleichschenkelige dreieckige Segmente entstanden, die an ihrer kürzeren Seite (Basis) eine Retusche tragen (Abb. 104). 3.3.2.13 Vergleich verschiedener Fundstellen anhand der Rohmaterialverteilung Eine Möglichkeit, die Rohmaterialbeschaffung und Nutzung im Gravettien abzuschätzen, ist die Einbeziehung weiterer Fundstellen desselben Regionalraumes. Hierfür können die Gravettienstationen von Krems-Wachtberg und Langenlois sowie in der Wachau Willendorf II, Schicht 5–9, und Aggsbach A und B herangezogen werden. Ein genauer Vergleich ist aber aufgrund unterschiedlicher
Langenlois Fundstelle A
115
800 700
600 500
400 300
200 100 0
Hundssteig (n=1380) Wachtberg (n=1581) Langenlois B (n=325) Langenlois A (n=1447)
Abb. 105: Vergleich verschiedener Fundstellen anhand der Rohmaterialverteilung (Graphik: Th. Einwögerer).
Rohmaterialansprache und des Dokumentationsstandes für die beiden letztgenannten Stationen nicht möglich. Im Vergleich zu der benachbarten Fundstelle KremsWachtberg 1930 ist das Verteilungsbild des Rohmaterials der Grabung Hundssteig 2000–2002 heterogener und stärker durch Hornsteinvarianten geprägt. Am Wachtberg hingegen dominieren die Radiolaritvarianten. Beiden Fundstellen sind aber die sehr hohen Anteile lokal vorkommender Rohmaterialien gemeinsam. Die Rohmaterialverteilung des Fundplatzes Langenlois B, der chronologisch mit Krems-Wachtberg 1930 und Krems-Wachtberg 2005–2015208 gleichzusetzen ist, ist ebenfalls durch einen hohen Hornsteinanteil geprägt. Ein gänzlich anderes Bild dagegen weist die nach den bisher vorliegenden 14C-Daten etwas jüngere Fundstelle Langenlois A auf. Hier dominieren die verschiedenen Chalcedone aus dem mittleren und nördlichen Waldviertel (Abb. 105). Als Ergebnis kann hervorgehoben werden, dass die Rohmaterialbeschaffung der Lagerplätze im Bereich von Krems eher lokal von den nahen Donauschottern geprägt
ist und damit der Versorgungsstrategie von Langenlois B sehr ähnlich ist. Die Dominanz nichtlokaler Rohmaterialien in der Station Langenlois A wird als Hinweis auf einen eher kurzfristigen Aufenthalt interpretiert, bei dem die Artefakte im Sinne einer Grundausstattung in die Fundschicht eingebracht wurden.
208. Simon et al. 2014, 4–13.
209. Schulte-Dornberg 2002, 487–499.
3.3.3 Gerölle Eine besonders wichtige Fundgruppe bilden die Gerölle. Insgesamt liegen 20 Stück aus der Fundstelle Langenlois A vor. Generell können sie in mehrere Kategorien unterteilt werden: natürlich in die Fundstelle eingebrachte Gerölle; vollständige, aber abgerollte Granulitplatten; Granulitplattenbruchstücke und Gerölle mit Spuren von gezieltem Gebrauch. Alle Gerölle, bis auf die natürlich in die Fundstelle eingebrachten Gerölle, wurden in eine Access Datenbank aufgenommen. Die Merkmale orientieren sich an den von G. Schulte-Dornberg209 ausgearbeiteten Kriterien.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Merkmalkatalog zur Auswertung der Gerölle ID / Fundnummer: Länge in mm: Breite in mm: Dicke in mm: Gewicht in g: Rohmaterial: 0 nicht bestimmbar 1 Hornstein 2 Radiolarit 3 Chalcedon 4 Quarzit 5 kieselreicher Kalkstein 6 kieselreicher Kalk- bis Hornstein 7 Spiculit 8 Spiculithornstein 9 Kreidefeuerstein 10 Grünstein 11 Quarz 12 Bergkristall 13 Obsidian Rohmaterialvariante: 0 nicht bestimmbar 1 graubrauner, schwach gebänderter kieselreicher Kalkstein 2 grauer Quarzit 3 heller Quarz 4 Serpentin / Serpentinit 5 grauer kieselreicher Kalk- bis Hornstein 6 grobkörniger Granit 7 Amphibolitschiefer 8 Schiefer Ausgangsform: 0 nicht bestimmbar 1 rundlich 2 länglich 3 linsenförmig 4 birnenförmig 5 plattig Erhaltung: 0 nicht bestimmbar 1 vollständig 2 Länge unvollständig 3 Breite unvollständig 4 Dicke unvollständig 5 Länge und Breite unvollständig 6 Länge, Breite und Dicke unvollständig
Gebrauchsspuren: 0 nicht bestimmbar 1 keine Gebrauchsspuren 2 Gebrauchsspuren 3 Feuereinwirkung 4 Kombinationen Veränderungen / Gebrauchsspuren: 0 nicht bestimmbar 1 nicht verändert 2 Formveränderungen (Bruch, Aussplitterung, Gratbildung, Schlagmarken) 3 Veränderungen der Oberfläche (Druckstellen, Narben, Löcher, Abflachungen, Anlagerungen, Aufrauungen) 4 Veränderungen des Feinreliefs (Politur, Abtrag, Riefen, Kantenverrundung, Farbveränderungen) 5 Veränderungen der Oberfläche und des Feinreliefs Funktion: 0 keine Aussage 1 Schlagstein 2 Schlagstein / Retuscheur 3 Schlagstein / Retuscheur und Schleifstein 4 Unterlage 5 nicht weiterverwendetes Rohmaterial 6 Kochstein Natürlich in die Fundschicht eingebrachte Gerölle Von den Geröllen sind acht kleinere Kiesel abzutrennen, die höchst wahrscheinlich auf natürliche Weise in die Fundschicht gekommen sind. Es handelt sich dabei um Stücke bis zu einer Größe von maximal 4 cm. Es sind zum größten Teil verschiedene Quarze bzw. Quarzite sowie ein Radiolarit (3 cm) und ein Hornstein (1,9 cm). Kiesschichten sind im Norden der noch vorhandenen Abbauwand der ehemaligen Ziegelgrube deutlich zu erkennen. Das Spektrum (Größe und Gesteinsmaterial) entspricht dabei den in der Fundschicht aufgefundenen Stücken (Abb. 106). Vollständige Granulitplatten Weiters fanden sich zwei große, stark abgerundete Platten aus Granulit. Die größere der vollständigen Platten (Inv.-Nr. 126) misst 38,2 × 20,5 × 5,2 cm und stammt aus dem Quadratmeter B/6 (Abb. 37). Sie zeigt an allen Kanten
Langenlois Fundstelle A
Abb. 106: Langenlois A, Gerölle (Graphik: Th. Einwögerer).
eindeutige Abrundungsspuren und stammt demnach aus sekundärer Lagerstätte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit können die nahen Kampschotter als Quelle angenommen werden. Im Spektrum dieser Schotteranlagerungen finden sich viele ähnliche Granulitplatten, die nur mäßig an den Kanten gerundet sind. Diese Platte bildet auch das Kernstück der Struktur „Arbeitsplatte“. Aufgrund ihrer flachen Form und ihrer Größe würde sie sich hervorragend als Unterlags- oder Arbeitsplatte eignen. Abgesehen von einigen kleineren und einem größeren Negativ auf den Flächen, die eine mögliche Zurichtung oder Angleichung darstellen könnten, weist sie jedoch keinerlei erkennbare Gebrauchsspuren auf. Im Befund war sie aber mit einer Vielzahl an Fundstücken, die auf ihr auflagen, vergesellschaftet (siehe dazu Kap. 3.2.6). Die zweite Granulitplatte (Inv.-Nr. 959) ist mit 26,1 × 17,7 × 6 cm wesentlich kleiner. Ihre Kanten sind ebenso verrundet, wodurch ihre Herkunft auch in den Kampschottern zu suchen ist. Sie weist keinerlei Beschädigungen auf. Sie wurde in der Grenze zwischen den Quadratmetern H/2 und I/2 aufgefunden. Auch sie hätte prinzipiell als Unterlagsplatte gedient haben können. Unterlags- oder Arbeitsplatten sind an nahezu allen jungpaläolithischen Fundstellen nachweisbar.210 Bei größeren Steinen muss aber immer auch in Betracht gezogen werden, dass sie als Bauelement gedient haben könnten. Plattige Steine sind öfters als Pflasterungen im Lagerbereich verwendet worden, um den schlammigen Untergrund begehbarer zu machen.211
210. Brandtner,
Klíma 1995, 45–50. – Einwögerer 2000, 48. – Einwögerer, Simon 2008.
211. Brandtner, Klíma 1995, 46 und Abb. 3. – Moseler 2006, 25–34.
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Ring- oder rechteckförmige Stein-, aber auch Knochenansammlungen werden immer wieder als Beschwerungsmaterialien von Zelträndern gedeutet.212 Aufgrund ihrer plattigen Form sind aber beide vollständigen Granulitplatten eher als Unterlags- oder Arbeitsplatten zu deuten. Eine Verwendung als Beschwerungsmaterial, in welcher Form auch immer, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Vor allem die Lage der kleineren Platte am Rande einer angenommenen Behausung könnte für eine Beschwerung sprechen. Ein weiteres Problem stellt sicherlich auch die sekundäre Benutzung von Materialien dar. So könnten die Steine ursprünglich als Beschwerung ins Lager eingebracht worden sein und später als Unterlagen für bestimmte Arbeiten gedient haben oder auch umgekehrt. Auch eine gleichzeitige Nutzung als Beschwermaterial und Arbeitsunterlage kann nicht vollständig ausgeschlossen werden. Granulitplattenbruchstücke Weiters liegen zwei Bruchstücke von Granulitplatten vor, die beide Gebrauchsspuren aufweisen. Wie bei den vollständigen Stücken weisen auch sie abgerundete Kanten auf und dürften somit aus den Kampschottern stammen. Ein Stück (Inv.-Nr. 1244) weist neben einer Bruchstelle mehrere Negative einer Zurichtung auf. Hierbei könnte es sich um die Anlage einer Arbeitskante handeln. Diese Kante könnte zum Bearbeiten von organischen Materialien, wie Holz oder Knochen, gedient haben. Aussplitterungen von dieser Arbeitskante weg unterstützen diese Vermutung. Mit den Maßen 12,6 × 9 × 37,5 cm und seiner leicht trapezförmigen Gestalt liegt der Stein auch sehr gut in der Hand. Einzelne Granulitabschläge werden bei der Abschlagindustrie behandelt. Anpassungen der einzelnen Abschläge an diesen Schlagstein konnten nicht gefunden werden. Es könnte sich hier aber um frühere Schärfungsphasen handeln (siehe dazu auch Kap. 3.3.2.11, Komplex 1). Das Stück wurde gemeinsam mit einem Kratzer und einer Rippe sowie mehreren anderen Objekten in einer Vertiefung im Quadratmeter E/3 gefunden. Ein weiteres Plattenfragment (Inv.-Nr. 694) weist auf seiner Schmalseite eine Bruchstelle auf. Mit 10,6 × 11,5 × 3,6 cm ist es nur unwesentlich kleiner als der Schlagstein. Seitlich ist ein weiteres, kleineres Stück abgebrochen. Auf seiner gewölbteren Fläche weist diese Platte jedoch ein ausgeprägtes Narbenfeld mit etwa 2 × 2,5 cm auf. Die einzelnen Impaktmarken sind dabei im Zentrum des Feldes bis über 1 mm ins Gestein eingedrungen. Zumindest in diesem Fall ist, durch die Lage des Narbenfeldes in der Mitte der Platte, eine Verwendung als Unterlage gesichert. Die Lage 212. Exemplarisch dazu: Rust 1965, 52–60. – Klíma 1995, 92 und Abb. 64. – Moseler 2006, 26–30.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
plattig 50%
rundlich 25%
birnenförmig 13%
linsenförmig 12%
Abb. 107: Langenlois A, Ausgangsform der Gerölle mit Spuren von gezieltem Gebrauch (Graphik: Th. Einwögerer).
der Gesteinsplatte im Bereich der Quadratmeter F/3–4 in unmittelbarer Nähe der „Feuerstelle 1“ stützt diese Vermutung weiter. Ob die Granulitplatte primär anderweitig Verwendung fand, muss dahingestellt bleiben. Gerölle mit Spuren von gezieltem Gebrauch Acht Gerölle zeigen Spuren von gezieltem Gebrauch. Über die Hälfte dieser Kiesel (62,5%) sind Quarzite. Zwei Mal (12,5%) bilden Quarze und einmal (12,5%) bildet ein Hornstein das Ausgangsmaterial. Alle verwendeten Rohmaterialien sind in den nahen Kampschottern in großer Zahl zu finden. Die Hälfte der Gerölle weist eine plattige Ausgangsform auf. Seltener sind rundliche, linsenförmige oder birnenförmige Ausgangsformen (Abb. 107). Am häufigsten kommen Veränderungen der Oberfläche (Narben) vor. Veränderungen des Feinreliefs (Riefen und Politur) sind etwas seltener. Es kommen auch Kombinationen von Veränderungen des Feinreliefs und der Oberfläche sowie der Oberfläche und der Form vor.
Veränderungen
n
%
Veränderungen der Oberfläche
3
37,5
Veränderungen des Feinreliefs
2
25
Veränderungen der Oberfläche und des Feinreliefs
1
12,5
Veränderungen der Oberfläche und der Form
2
25
gesamt
8
100
Abb. 108: Langenlois A, Schlagstein Inv.-Nr. 177, a: Gesamtansicht; b und c: Details der Narben (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer).
Tab. 33: Langenlois A, Veränderungen an den Geröllen.
Meist können die Gerölle aufgrund ihrer charakteristischen Narbenbildung und der Aussplitterungen als Schlagsteine bzw. Retuscheure bezeichnet werden. Kombinationen von Merkmalen deuten jedoch auch auf
Abb. 109: Langenlois A, Schlagstein Inv.-Nr. 153 (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Langenlois Fundstelle A
119
Abb. 110: Langenlois A, Schlagstein Inv.-Nr. 111, a: Vorderseite; b: Rückseite; c: Detail des Narbenfeldes auf der Vorderseite; d: Detail des Narbenfeldes auf der Rückseite (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
multifunktionale Verwendung einzelner Gerölle im Sinne von G. Schulte-Dornberg213 hin. Funktion
n
%
Schlagstein
3
37,5
Schlagstein/Retuscheur
3
37,5
Schlagstein/Retuscheur/Schleifstein
2
25
gesamt
8
100
Tab. 34: Langenlois A, Funktion der Gerölle.
Schlagstein (Inv.-Nr. 177) Handlicher, nahezu runder Kiesel aus braunem Quarzitsandstein mit rund 55 mm Durchmesser und 220 g Gewicht 213. Schulte-Dornberg 2002, 497.
(Abb. 108). Mit einer Breite von etwa 20 mm zieht sich ein Streifen von mehr oder minder dichten Narben um den gesamten Kiesel herum. Viele der Narben sind nicht rund, sondern linear ausgeprägt, wobei ihre mittlere Länge etwa 2 mm beträgt. Die Eindringtiefen sind sehr unterschiedlich. Im Extremfall erreichen sie etwa 1 mm. Selten sind sie mit größeren Aussplitterungen verbunden. Schlagstein (Inv.-Nr. 153) Dieser handliche Kiesel besteht aus dunkelgrauem, feinem Hornstein und ist 50 mm lang, 47 mm breit und 29 mm dick. Sein Gewicht beträgt 91 g (Abb. 109). Neben einer massiven Aussplitterung an seinem spitzen Ende weist er noch eine kleinere am gegenüberliegenden Ende auf. Mehrere bis zu 1 mm tiefe Impaktmarken mit umgebenden Aussplitterungen liegen auf einer Linie am stumpferen Rand entlang.
120
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 111: Langenlois A, Schlagstein/Retuscheur Inv.-Nr. 80, a: Vorderseite; b: Detail des Narbenfeldes links oben; c: Detail des Narbenfeldes rechts oben; d: Detail des Narbenfeldes rechts unten (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
Sie dürften von mehreren festeren Schlägen herrühren. Ob dadurch ein weiterer Stein bearbeitet wurde, oder ob versucht wurde, die Knolle zu kappen, kann nicht eindeutig entschieden werden. Die geringe Größe des Kiesels spricht aber eher für ein Werkzeug als für ein Rohstück. Schlagstein (Inv.-Nr. 111) Schwerer, birnenförmiger Kiesel aus Quarz. Länge 104 mm, Breite 77 mm, Länge 61 mm, Gewicht 630 g (Abb. 110). Neben zwei großflächigeren Absplitterungen (Negative?) weist das Geröll zwei Narbenfelder auf. Ein kleineres auf seiner flachsten Seite misst etwa 34 × 14 mm. Die einzelnen Narben sind unterschiedlich dicht verteilt, fast strichförmig und reichen nicht tief ins Material hinein. Sie erwecken den Eindruck, als wären sie weniger durch Schlagen, als vielmehr durch festes Reiben über kurze Strecken entstanden. Ein größeres Narbenfeld befindet sich auf der gewölbten Fläche. Es misst etwa 35 × 35 mm. Die Narben hier sind
punktförmig und reichen mit bis zu 1 mm auch wesentlich tiefer ins Gesteinsmaterial hinein. Öfters stehen sie in Verbindung mit kleinräumigen (max. 3 × 3 mm) Aussplitterungen. Durch die formbedingte Lage des Steins in der Hand würde sich diese Seite auch deutlich besser zum Schlagen eignen als jene mit dem kleineren Narbenfeld. Schlagstein/Retuscheur (Inv.-Nr. 80) Handlicher, flacher Kiesel mit nahezu dreieckiger, abgerundeter Form aus grauem Quarzit. Seine Maße betragen 87 × 82 × 32 mm. Sein Gewicht bewegt sich um die 340 g (Abb. 111). An jeder seiner gerundeten „Ecken“ befindet sich ein ausgeprägtes Narbenfeld. Jene Narben (25 × 13 mm), die am spitzeren Ende liegen, sind am wenigsten tief ins Material eingedrungen. Durch sie wurde kaum etwas von der Spitze abgearbeitet. Sie liegen dicht beieinander und sind nur selten mit Aussplitterungen verbunden.
Langenlois Fundstelle A
121
Jene Narbenfelder, die an den stumpferen „Ecken“ liegen, sind durch tief eindringende Narben gekennzeichnet (beide etwa 50 × 25 mm). Dadurch werden auch die Ecken deutlich verrundet. Meist gehen sie mit größeren Aussplitterungen einher. In einem Fall gehen die Narben auch etwas auf die Fläche über, wo sie aber wesentlich lockerer gestreut sind als an der Kante. Schlagstein/Retuscheur (Inv.-Nr. 860) Bruchstück eines plattigen Kiesels mit 75 × 71 × 28 mm und einem Gewicht von etwa 210 g aus grauem Quarzit (Abb. 112). Das Geröll ist sowohl in der Länge als auch in der Breite gebrochen. Die gesamte natürliche, verbleibende, bogenförmige Kante trägt locker gestreute Narben, die nur selten tiefer ins Material eingreifen. An einer etwa 15 mm langen Stelle reichen die Narben mit 15 mm weiter auf die Flachseite hinaus. Hier wirken sie mehr strichförmig und sind nur mäßig tief. Zumindest für kräftigere Schläge wurde dieses Geröll nicht verwendet.
Abb. 112: Langenlois A, Schlagstein Inv.-Nr. 860, a: Vorderseite; b: Detail Narben (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
Schlagstein/Retuscheur (Inv.-Nr. 476) Ovales Geröll aus hellem Quarz mit folgenden Maßen: Länge 41 mm, Breite 33 mm, Dicke 17 mm, Gewicht 35 g (Abb. 113). Dieser sehr kleine Kiesel weist an einer nasenförmigen Ausbuchtung wenige, unscheinbare Narben auf, die kaum ins Material eindringen. Sie sind locker gestreut und bedecken eine Fläche von etwa 18 × 10 mm. Aufgrund ihrer Ausprägung sind sie eher durch leichtes Schlagen oder Drücken entstanden.
Abb. 113: Langenlois A, Schlagstein/Retuscheur Inv.-Nr. 476, a: Vorderseite; b: Detail mit Narben (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 114: Langenlois A, Schlagstein/Retuscheur/Schleifstein Inv.-Nr. 1561, a: Vorderansicht, b: natürliche Schlagmarken, c: intentionelle (?) Schlagmarken (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
Abb. 115: Langenlois A, Schlagstein/Retuscheur/Schleifstein Inv.-Nr. 1362, a: Unterseite, b: Oberseite mit Kratzspuren (Fotos und Graphik: Th. Einwögerer 2006).
Langenlois Fundstelle A
Schlagstein/Retuscheur/Schleifstein (Inv.-Nr. 1561) Annähernd rundes Geröll aus Quarz mit den Maßen 58 × 53 × 50 mm und einem Gewicht von etwa 250 g (Abb. 114). Das handliche Stück weist wenige, locker über die gesamte Oberfläche verstreute Narben auf. Sie sind sehr unscheinbar und dringen kaum ins Material ein. Oft sind sie von den natürlichen, im Fluss entstandenen Narben nicht zu unterscheiden. Partiell lassen sich leichte Polituren erkennen. Dieses Geröll muss als nur mäßig benutzt eingestuft werden. Das Stück kann keinem Quadratmeter zugeordnet werden. Schlagstein/Retuscheur/Schleifstein (Inv.-Nr. 1362) Dieses kleine flachovale Geröll besteht aus rötlichem Quarzit und misst 44 × 33 × 13 mm. Sein Gewicht beträgt 27 g (Abb. 115). An beiden Flachseiten weist es mehrere, verschieden lange Kratzer auf. Im Schnitt sind die Kratzer um die 6 mm lang. Einzelne erreichen aber Längen bis zu 15 mm. Sie sind sehr dünn und dringen kaum ins Material ein. Sie sind nicht nach einer Richtung ausgerichtet, sondern laufen kreuz und quer. Einige Sinterstellen, die deutlich über den Kratzern liegen, zeigen, dass sie nicht im Zuge der Ausgrabung oder beim nachfolgenden Reinigen entstanden sind. 3.3.4 Sonstige Steine Unter die sonstigen Steine fallen verschiedene Objekte, die keine ausgeprägte, abgerollte Oberfläche aufweisen. Zumeist sind es scharfkantig gebrochene Schieferstücke, Quarze oder Quarzite. Ihre Größen liegen zwischen 17 mm und 8 cm. Sie weisen, bis auf ein Stück mit Feuereinwirkung, keinerlei Spuren eines Gebrauchs auf. Es lassen sich drei grobe Rohmaterialgruppen unterscheiden: Schiefergesteine, Quarze/Quarzite und Granulite (Abb. 116). Ob die einzelnen Objekte natürlich oder intentionell in die Fundschicht eingebracht wurden, kann nicht zweifelsfrei geklärt werden. Bei den kleineren Stücken ist jedoch eine natürliche Einbringung anzunehmen. Bei den größeren Objekten ist menschliche Beteiligung wahrscheinlich. Vor allem ein größeres Stück Granatglimmerschiefer könnte wegen seiner glänzenden Oberfläche gesammelt worden sein (Abb. 117). Gefunden wurde das Stück im Quadratmeter B/6 in Verbindung mit der Struktur „Arbeitsplatte“, wo es auf der Granulitplatte gelegen hat. Granatglimmerschiefer steht etwa 6 km nördlich der Fundstelle im Bereich von Zöbing an. Prinzipiell kommt er auch in den Kampschottern vor. Das vorliegende Stück weist aber keine Abrollungsspuren auf. Zwei größere Stücke aus Amphibolitschiefer zeigen scharfe Bruchkanten. Bei ihnen ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie natürlich in die Fundschicht gekommen sind.
123 Granulite 21%
Quarze/Quarzite 50%
Schiefergesteine 29% Abb. 116: Langenlois A, Rohmaterialverteilung der sonstigen Steine (stark vereinfacht) (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 117: Langenlois A, Granatglimmerschieferbruchstück (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Gefunden wurden sie im Quadratmeter B/6. Hier befindet sich auch die Struktur „Arbeitsplatte“. Die Gesteinsbruchstücke lagen jedoch nicht auf der Arbeitsplatte aus Granulit auf. Die nächsten Vorkommen von Amphibolitschiefer liegen nördlich von Langenlois und im Oberlauf des Loisbaches jeweils etwa 2 bis 5 km von der Fundstelle entfernt.214 Amphibolitschiefer kommen auch in den Schottern von 214. Geologische Karte 1: 50000, Blatt 38 Krems.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 118: Langenlois A, Amphibolitbruchstücke (Foto: Th. Einwögerer 2006).
3.3.5 Schmuckschnecken In der Literatur215 werden öfters intentionell veränderte Schnecken aus der Fundstelle Langenlois A genannt. Hierzu zählen 20 Schneckenschalen (Cyclope neritea), die alle an derselben Stelle, im letzten Umgang, mit einer Lochung versehen wurden. Nur ein einziges Stück dieser Art wurde nicht gelocht. Die verschiedenen Löcher sind von unterschiedlicher Gestalt und weisen Durchmesser zwischen 3 und 6 mm auf. Das Alter der Schalen wurde von B. Simetsberger als präholozän bzw. rezent bezeichnet. Eine von sechs stärker beschädigten fossilen Schneckenschalen (Melanopsis vindobonensis vindobonensis) aus dem Pannonium weist ein dreieckiges Loch am letzten Umgang auf. Die Basislänge dieser Öffnung beträgt 4 mm, die Höhe 2 mm. Zwei fossile (Sarmatium) Schneckenschalen (Pseudamicola immutata) weisen im letzten Windungsgang ein quadratisches Loch auf. Alle Molusken wurden von F. Brandtner aus dem Landesmuseum entliehen und mit der Fundortangabe Langenlois an B. Simetsberger zur Bearbeitung weitergegeben. Nach der Bearbeitung und Rückgabe an das Museum verliert sich ihre Spur. Auffallend war, dass dieselben Schneckenarten auch von der Fundstelle Krems-Hundssteig beschrieben wurden und längere Zeit als verschollen galten. Bei genaueren Recherchen 2003 im Depot des Niederösterreichischen Landesmuseums in Asparn an der Zaya fand sich ein Entlehnschein vom 11. 12. 1992 über 8 einzelne und 22 aufgefädelte Schnecken aus Langenlois, unterzeichnet von F. Brandtner (Abb. 120).
Abb. 119: Langenlois A, gebrannter Quarzitsandstein (Foto: Th. Einwögerer 2006).
Loisbach und Kamp vor. Ihre mögliche Verwendung innerhalb des paläolithischen Lagers ist unklar (Abb. 118). Ein kleines Stück aus Quarzitsandstein weist deutliche Brandspuren auf (Abb. 119). Teilweise ist es sogar mit einer glasigen Schicht überzogen, die sich partiell über die ganze Oberfläche zieht. Ob das Stück ursprünglich als Kochstein gedient hat, ist nicht zu klären. Aufgefunden wurde es im Quadratmeter E/8, relativ weit von den Feuerstellen entfernt.
Abb. 120: Leihschein aus dem NÖ-Landesmuseum in Asparn/Zaya vom 11. 12. 1992.
215. Simetsberger 1993, 35–36. – Einwögerer 2004, 28.
Langenlois Fundstelle A
In den Beständen des Niederösterreichischen Landesmuseums befinden sich unter den Inventarnummern 8330 und 8331 verschiedene Mollusken wie 26 Cyclope neritea (Inv.-Nr. 8330) und einige Exemplare Melanopsis vindobonensis (Inv.-Nr. 8331). Sämtliche intentionell veränderten Schnecken sind eindeutig dem Fundort Krems-Hundssteig zugewiesen. Schneckenreste aus den Grabungen von 1961 bis 1963 aus Langenlois scheinen in keiner Fundkartei auf. Auch in den Grabungsberichten von F. Felgenhauer und E. Lucius sind Molluskenreste nicht erwähnt. Es kann somit als gesichert gelten, dass bei der Entlehnung durch F. Brandtner 1992 die Fundortangaben vertauscht wurden. B. Simetsberger hat also für ihre Bearbeitung die Schnecken mit falscher Fundortangabe übernommen und den Irrtum nicht bemerkt. Somit kann hier richtiggestellt werden, dass keine intentionell veränderten Schneckenreste aus der Fundstelle Langenlois vorliegen. 3.3.6 Farbstoffe Farbstoffe können in verschiedenen Bereichen Anwendung finden. Nach B. Klíma können sie zur Bemalung des Gesichtes, des Körpers, aber auch von Gegenständen – besonders wohl anlässlich ritueller Zeremonien – gedient haben.216 J. Bayer bezeichnete die vielen Farbstoffbrocken der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 als „Schminkmittel für die Urkremserinnen“.217 Noch heute nützen Menschen aller Völker die Haut als Fläche, auf der sie sich künstlerisch ausdrücken können. Mit Hilfe der Kunst wird dabei auf die Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft hingewiesen und zugleich das persönliche Selbstbewusstsein und die Kreativität eines Menschen gezeigt. Geschmückte Haut kann vielerlei Botschaften vermitteln: Phasen eines persönlichen Lebensrhythmus, soziale und politische Stellung, beruflichen oder wirtschaftlichen Erfolg, aber auch den Entwicklungszustand einer Gemeinschaft.218 Bei indigenen Völkern diente Körperbemalung als Schmuck oder zur Einschüchterung von Gegnern. Farben geben aber auch Auskunft über Rang, Status oder Herkunft ihres Trägers. Im Alltag kann die Körperbemalung als zweite „gesellschaftliche Haut“ bezeichnet werden.219 Verschiedene Farbstoffe wurden im Paläolithikum jedoch weit vielfältiger verwendet. Spuren von Farbstoff
wurden etwa an Statuetten220 genauso festgestellt wie an verschiedenen fossilen Schmuckschnecken221 oder fossilen Wurmröhren.222 Vielfach können größere gefärbte Flächen innerhalb von paläolithischen Siedlungsschichten festgestellt werden. Hier liegt eine Interpretation als Areal zur intensiven Fell- oder Lederbearbeitung nahe. Farbstoffe können sowohl zur Gerbung als auch zur Färbung der Häute gedient haben.223 Oft finden sich auch Werkzeuge mit deutlichen anhaftenden Farbstoffresten.224 Massive Farbstoffanreicherungen werden auch immer wieder in Verbindung mit Bestattungen angetroffen. Besonders bei gravettienzeitlichen Grablegungen wurde meist viel roter Farbstoff verwendet. Rote Farbstoffstreuungen in Form von feinem Pulver konnten um die Dreifachbestattung von Dolní Věstonice II herum dokumentiert werden. Dicke verkrustete Farbstoffreste konnten auch im Bereich der Stirnregion der drei Bestatteten beobachtet werden. Hier wird an eine Lehm-Farbstoff-Totenmaske gedacht.225 Farbstoffreste wurden aber auch in anderen Bestattungen in Dolní Věstonice beobachtet. So war etwa der Schädelbereich eines älteren Mannes (Grab DV XVI) dick mit Rötel bestrichen.226 Farbstoff im Kopfbereich konnte ebenfalls bei der gravettienzeitlichen Kinderbestattung aus dem Abri von Lagar Velho festgestellt werden.227 Mit sehr viel rotem Farbstoff wurden die gravettienzeitlichen Säuglinge vom Wachtberg in Krems beigesetzt. Sowohl bei der 2005 aufgefundenen Doppelbestattung neugeborener Kinder228 als auch bei der 2006 geborgenen Einfachbestattung229 eines Kindes im Alter von etwa drei Monaten230 waren die gesamten Körper dicht mit rotem Farbstoff umhüllt. In Langenlois A können drei verschiedene Farbstoffe nachgewiesen werden: weißer, grauer und roter Farbstoff. Weißer Farbstoff Weißer Farbstoff ist nur indirekt durch die Bearbeitung von E. Zirkl231 nachgewiesen. Er beschreibt in seinem 220. Angeli 1989, 45. 221. Simon 1996, 204. 222. Einwögerer 2000, 139–140. 223. Scheer 1995a, 57–58; mündliche Mitteilung G. Albrecht. 224. Einwögerer 2000, 140. 225. Klíma 1995, 99. 226. Klíma 1995, 104. 227.
216. Klíma 1991, 21. 217.
Bayer 1930, 18.
125
Trinkaus 2002, 256.
228. Einwögerer 2005, 403. – Simon et al. 2014, 7–13. 229. Einwögerer, Händel, Simon 2006, 431.
218. Reichel-Dolmatoff 2001, 12.
230. Einwögerer et al. 2006, 285.
219. Wolfe 1999, 21–25.
231. Zirkl unpubliziert.
126
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
unpublizierten Manuskript ein etwa taubeneigroßes Gesteinsstück mit weißer bis rosa Färbung. Es handelt sich dabei um einen körnigen Gips mit angelaugter Oberfläche und Spuren einer schwarzen Tonkruste. Zum Zeitpunkt meiner Bearbeitung war das betreffende Gesteinsstück nicht mehr vorhanden. Eine Zuordnung zu einem Quadratmeter konnte deshalb nicht mehr vorgenommen werden. Gips kommt in Niederösterreich in den zwei geologischen Großeinheiten vor, den Kalkalpen und im zentralalpinen Mesozoikum.232 Überwiegend findet sich Gips in den nördlichen Kalkalpen, in den Werfener Schichten (Perm); oft in Verbindung mit Salz.233 Alle bekannten Verbreitungsgebiete liegen demnach südlich der Donau. Anzuführen sind hier etwa Abbaugebiete wie Puchberg Pfenningbach (77 km von der Fundstelle entfernt), Preinsfeld (57 km entfernt), Hinterbrühl (60 km entfernt) oder Opponitz-Vorderleiten (90 km entfernt).234 Gips kommt aber auch in der Gegend um Lilienfeld-Türnitz, Ötscher, Göstling und Mariazell vor. Hier wäre eine denkbare Verbindungslinie über das Traisental und das untere Kamptal bis zur Fundstelle vorhanden.235 Die Entfernung beträgt hier etwa 60 km Luftlinie. Gips findet man möglicherweise auch im Raum Wieliczka in Polen in Verbindung mit den dortigen Salzvorkommen (Mittelmiozän).236 Dies würde aber einen Transportweg von über 500 km bedeuten, was als eher unwahrscheinlich angenommen werden kann. Aus der Fundstelle Krems-Wachtberg 1930 liegen ebenfalls mehrere Bröckchen weißen Farbstoffes vor. Hier handelt es sich aber um sehr feinkörnigen Kalzit (CaCO3), der mit Quarz, etwas Glimmer und Tonmineralen verunreinigt ist. Da der feinkörnige Kalzit zumindest teilweise aus Nanoplankton besteht, kann er auch als Kreide bezeichnet werden. Derartige Kreide kommt in verschiedenen Sedimenten vor.237 Da das betreffende Stück weißen Farbstoffes aus Langenlois leider nicht erhalten blieb, kann nicht mehr nachgeprüft werden, ob es sich möglicherweise nicht um Gips handelt. Grauer Farbstoff Grauer Farbstoff ist durch ein kleines Stück Graphit belegt. Der Graphitbrocken ist von reichlich Löss umgeben und
Abb. 121: Langenlois A, Auswahl von roten Farbstoffen (Foto: Th. Einwögerer 2006).
kann leider auch keinem Quadratmeter mehr zugeordnet werden. Seine Größe beträgt etwa 5 × 5 × 5 mm. Graphit kommt in paläolithischen Fundstellen häufig vor. Nachgewiesen ist er in fast allen Paläolithstationen am Nordufer der Donau (Krems-Wachtberg 2005–2015,238 Krems-Hundssteig 2000–2002,239 Stratzing240 oder Senftenberg241). Graphit kommt im Waldviertel relativ häufig vor. In einer Zone von Marmoren, Paragneisen, Quarziten und Amphiboliten, der sog. „Bunten Serie“, die von Ybbs/Persenbeug an der Donau bis nach Drosendorf an der tschechischen Grenze verläuft, können sie in größeren Mengen angetroffen werden. Über 100 Vorkommen sind hier bekannt.242 Durch kleinere und größere Wasserläufe sind sie immer wieder aufgeschlossen. Viele der Lagerstätten liegen in einem Bereich um die Fundstelle, die der lokalen bis regionalen Zone entsprechen. Roter Farbstoff Die roten Gesteinsbruchstücke bestehen aus einer dunkelroten dichten Masse, in die meist winzige glänzende Glimmerplättchen bzw. kleine Quarzkörnchen eingelagert sind (Abb. 121). Hier handelt es sich zweifellos um das Bindemittel eines klastischen Sediments. Obwohl es sehr reich an Hämatit ist, darf es exakterweise nicht als Rötel
232. Heinrich 2006, 297. 233. Mündliche Mitteilung R. Rötzel, Geologische Bundesanstalt.
238. Einwögerer 2005, 401.
234. Heinrich 2006, 293 Tab. 20.
239. Eigene Grabungserfahrung.
235. Mündliche Mitteilung R. Rötzel, Geologische Bundesanstalt.
240. Eigene Grabungserfahrung.
236. Mündliche Mitteilung R. Rötzel, Geologische Bundesanstalt.
241. Hinterwallner 2006, 141.
237.
Einwögerer 2000, 140.
242. Heinrich 2006, 298.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 122: Langenlois A, DTA-Kurven von Unterlaussa (A) und rotem Farbstoff aus Langenlois (B). Einwaage 0,5 g, Aufheizgeschwindigkeit 10°C/min (Graphik: E. Zirkl).
angesprochen werden. Vielmehr handelt es sich um einen roten Toneisenstein. Sehr ähnliche Gesteine sind aus den Gosauschichten der nördlichen Kalkalpen bekannt. Dennoch ist nicht anzunehmen, dass dieser Toneisenstein und letztendlich auch der Gips aus den Geröllmassen von Flüssen stammen. Aufgrund der Ausprägung muss von primären Lagerstätten ausgegangen werden. Eine aufgenommene Differentialthermoanalysekurve (Abb. 122) bestätigt die makroskopische Bestimmung. Die Kurve hat eine große endothermische Spitze bei 580°C und eine kleinere exotherme bei 940°C und zeigt damit ein Tonmineral der Kaolingruppe an. Aus der Größe der Zacken kann die Menge der Tonsubstanzen mit rund 40–50 Gewichtsprozent angegeben werden. Fast der ganze Rest besteht aus Hämatit. Limonit, Goethit oder ein anderes FeOxyd sind aus der Kurve nicht erkennbar. Zum Vergleich wurde in der Abb. 122 (A) eine DTA-Kurve von einem Bauxit des Bergbaues Unterlaussa wiedergegeben.243 Insgesamt liegen 45 Hämatitstücke aus Langenlois A vor. Das Gewicht variiert dabei von wenigen Zehntelgramm bis zu 67 g. Der Mittelwert liegt bei 5,8 g. Die meisten Stücke wiegen jedoch zwischen 0,1 und 5 g. Stücke mit über 50 g sind mit nur zwei sehr selten (Abb. 123). Wie das Gewicht variieren auch die Abmessungen sehr stark. Die Mehrheit der Stücke liegt in einem Bereich bis zu 30 mm Länge, 30 mm Breite und 10 mm Dicke. Wenige Stücke erreichen beachtliche Ausmaße (Abb. 124). 243. Zirkl unpubliziert.
127
Abb. 123: Langenlois A, Gewichtshistogramm aller Hämatite (Graphik: Th. Einwögerer).
80 60 40 20
Abb. 124: Langenlois A, Streudiagramm der Hämatitgrößen (Graphik: Th. Einwögerer).
Ein Brocken zeigt deutliche, ein zweiter mögliche Hitzeeinwirkung. An zwei Objekten konnten Abriebspuren festgestellt werden. Diese Beobachtung ist jedoch nur bedingt aussagefähig, da die Verpackung der Hämatitbrocken – oft mehrere Stücke in einem Plastiksack – zu nachträglicher Beschädigung der Oberfläche geführt haben kann. An zwei Stücken konnte die ursprüngliche Oberfläche nicht mehr festgestellt werden. Alle anderen wiesen keine Verrundungen auf. Die Art der Oberflächen lässt auf eine Herkunft aus primärer Lagerstätte schließen.
128
Nummer
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Objekt
Quadratmeter/Befund
Anmerkung
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Holzkohlestücke (D = 1–4 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Asche, Sediment und Holzkohle (D = 1 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Asche und kleinere Holzkohlestücke (D = 1–2 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Holzkohlestücke (D = 1–2 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Asche und Holzkohlebrocken (D = 1–2 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Holzkohlestücke (D = 1–2 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Asche und kleinere Holzkohlestücke (D = 1–2 cm)
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Holzkohlebrocken (D = 1–3 cm)
Sedimentbrocken mit Holzkohle
E/3–4
Sedimentbrocken mit anhaftender Holzkohle
Holzkohle
G/1, Feuerstelle 1
Asche und Holzkohlestücke (D = 1–3 cm)
29
Holzkohle
A/5
Holzkohlestücke
125
Holzkohle
B/6–7, Vertiefung 1
Holzkohlestücke
81
Holzkohle
B/5
Holzkohlestücke
Holzkohle
Feuerstelle 1
Holzkohlestücke
Sedimentbrocken mit Holzkohle
C/3
Mehrere größere Sedimentbrocken mit Holzkohle
Sedimentprobe mit Holzkohle
K/3, Vertiefung 2
Kompakter, ziegelförmiger Sedimentbrocken mit Holzkohle
651
140
Tab. 35: Langenlois A, Auflistung aller noch vorhandenen Holzkohlen.
Von E. Zirkl wurde in seinem Manuskript ein Vergleichsstück aus dem Bauxitbergbau von Unterlaussa angegeben. Diese Örtlichkeit liegt im Bezirk Steyr Land in der Region Pyhrn-Eisenwurzen im äußersten Südosten von Oberösterreich. Die Rohmateriallagerstelle liegt an die 115 km Luftlinie von der Fundstelle Langenlois entfernt. 3.3.7 Holzkohlen Aus der Fundstelle Langenlois A liegt eine Vielzahl an Holzkohlen vor. Ihr Erhaltungszustand ist sehr gut. Einige Stücke erreichen Größen bis über 4 cm. Tab. 35 gibt einen Überblick über die geborgenen Holzkohlen. Bereits kurz nach der Grabung erfolgte eine Bestimmung der Holzkohlen durch A. Fietz (Tab. 36). Den Aufzeichnungen zufolge wurden alle Holzkohlestücke bestimmt. Unter den bestimmten Holzkohlen finden sich nur wenige Nadelhölzer (Fichte (Picea)). Eine stammt aus der
„Vertiefung 1“ und eine weitere aus den Quadratmetern E/3–4. Eine genauere Lokalisierung ist hier leider nicht möglich, da die Holzkohlen nicht in die Pläne eingetragen wurden. Im Bereich dieser zwei Quadratmeter finden sich aber die Strukturen „Feuerstelle 2“, Brandflecken sowie die Vertiefungen 4 und 5. Alle anderen Holzkohlen wurden als Weide (Salix) oder Pappel (Populus) bestimmt. A. Fietz betont, dass diese beiden Holzarten vor allem als Holzkohlen und jüngere Zweige, wie sie hier vielfach vorliegen, nur sehr schwer zu unterscheiden sind. Es kann deshalb sein, dass einige oder auch alle als Weide (Salix) bestimmten Holzkohlen von Pappeln (Populus) stammen. In jedem Fall handelt es sich aber um Augehölz. A. Fietz zieht aus diesem Erscheinungsbild folgende Schlüsse:244 244. A. Fietz unpubliziertes Manuskript vom 12. August 1963.
Langenlois Fundstelle A
129
Nr. / Quadratmeter / Struktur
Bestimmung
Bemerkungen
140, C/3
Weide (Salix)?
In Löß eingebettete und stark verkalkte Kohlesplitter; zerfallen im Wasser. Bei der Mazeration liefern sie kleinste Stücke, die kaum Anhaltspunkte zur Bestimmung ergaben. Die Bestimmung als Salix erfolgte nur auf Grund der Beobachtung einiger Gefäßwände
651
Fichte (Picea)
In Erde eingeschlossene Holzkohlen. 1 Stück konnte bestimmt werden (mit Wachs getränkt)
29, A/5
Weide (Salix)
81, B/5
verschlackt, unbestimmbar
125, B/6–7 Vertiefung 1
Fichte (Picea)
1 Stück (bei der Untersuchung zerbrochen) ist Picea, Fichte; 1 Stück unbestimmbar (zu klein)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Nur 1 Stück, beim Tränken mit Wachs zerfallen
Feuerstelle 1
Weide (Salix) (2 Proben)
Feuerstelle 1, G1
Weide (Salix) oder Pappel (Populus)
Ein Teil der Kohlen ist unbestimmbar, da es sich um eine Art Knorren handelt
Feuerstelle 1
Laubholz
Nicht näher bestimmbar
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
unbestimmbar
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
Bestimmt mit Mazeration
Feuerstelle 1
Weide (Salix)
z.T. mit Wachs getränkt, wahrscheinlich alles Salix; Stücke zerfallen
z.T. mit Wachs getränkt
4 Proben
Wahrscheinlich gehören alle Kohlen zu Salix, Weide
Tab. 36: Langenlois A, Bestimmung der Holzkohlen durch A. Fietz 1963.
- Das Lager bestand lange Zeit und in der Nähe muss sich ein Auwald befunden haben, der fast nur aus Pappeln und Weiden bestand. Diese wurden bevorzugt als Brennmaterial benutzt. - Das Lager bestand nur kurze Zeit und die Menschen haben aus Bequemlichkeit nur das leicht zu bearbeitende Pappel- und Weidenholz verwendet. - Das wenige Nadelholz könnte von Werkzeugen oder Ähnlichem stammen. Durch die Lage der Fundstelle in der Kampniederung in unmittelbarer Nähe zum Fluss hatte der paläolithische Mensch einen bequemen Zugang zu den sicher vorhandenen Augehölzen. Sie stellten eine leicht verfügbare Rohmaterialquelle dar. Außerdem sollte man auch in Betracht ziehen, dass der Kamp vor allem nach den Hochwässern im Frühjahr größere Mengen Schwemmholz an seinen Ufern in der sich
weitenden Langenloiser Bucht und später im Tullnerfeld angelagert hat. Dieses Schwemmholz stellte sicher eine attraktive Brennholzquelle dar. Von den arktischen Nunamiut wissen wir, dass sie Lager meist in der Nähe ihrer am schwersten zu transportierenden Gebrauchsgüter anlegten. Unter arktischen Bedingungen konnten sie sich Flexibilität in Bezug auf die Ernährung leisten, da Fleisch sehr gut konserviert, gelagert und transportiert werden konnte. Wesentlich schwieriger war der Transport von Wasser und Brennmaterial. Deshalb legten sie ihre Lager so an, dass ein leichter Zugang zu den Grundversorgungsgütern sichergestellt war. Der unmittelbare Lagerbereich musste nur verlassen werden, um Nahrung zu beschaffen.245
245. Binford 1984, 135.
130
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Ähnlich kann man es sich im Paläolithikum vorstellen. Es ist anzunehmen, dass sich eine Jäger- und Sammlergruppe in der Kampniederung einen Lagerplatz suchte, um möglichst bequemen Zugang zu den wichtigsten Ressourcen zu haben. Darunter zählen mit Sicherheit Wasser, das schwierig zu transportieren war, und Brennholz, das in größeren Mengen benötigt wurde. 3.3.8 Knochen-, Geweih- und Elfenbeingeräte Siehe dazu den Beitrag von M. Hinterwallner (Kap. 7). 3.4 Räumliche Analysen Der Grundgedanke bei räumlichen Analysen von archäologischen Fundstellen ist der, dass hinter den vorgefundenen Mustern in irgendeiner Weise der Mensch steht. Dies gilt nicht nur für die Verteilung von Stratifikationseinheiten, sondern auch für Fundobjekte. Räumliche Verteilungsmuster sind das Produkt einer ganzen Reihe von komplexen Prozessen. Der Versuch, einzelne Prozesse zu erkennen und deren Entstehung zu beschreiben, ist ein grundlegendes Problem bei der räumlichen Analyse einer Fundstelle.246 Jedoch ist die Erkennung und Beschreibung der Muster im archäologischen Befund nicht das primäre Ziel der räumlichen Analyse, vielmehr ist es deren Interpretation. Erschlossen soll letztendlich die Bedeutung für die prähistorische Gesellschaft werden. Dabei sind vor allem Tätigkeiten archäologisch fassbar, die immer wieder regelhaft durchgeführt werden. Unterscheiden muss man hier zwischen kurzfristigen Lagerplätzen und längerfristigen Basislagern. Während bei kurzen Aufenthalten meist Spuren individueller Aktivitäten fassbar sind, können bei einer längerfristigen Lagernutzung meist nur wenige oder gar keine Spuren individueller Aktivitäten nachgewiesen werden. Dafür ist es oft möglich, Aktivitäts- oder Abfallzonen bis hin zu Schlag- oder Ruhezonen zu erkennen.247 Es können aber auch Feuerstellen ohne Umstellungen und ohne verziegeltes Sediment über die Verteilung von Silices mit Feuerspuren erschlossen werden.248 Die Erkennbarkeit latenter Behausungsfunde ist eng mit der Dauer und Intensität der zugrundeliegenden Siedlungsvorgänge verbunden.249 Um räumliche Analysen durchzuführen, stehen verschiedene „Werkzeuge“ zur Verfügung. Ausschlaggebend bei der Wahl der Methode oder Analyse ist in erster Linie das Dokumentationsniveau der Fundstelle bzw. des Inventars. 246. Nigst 2004, 29–30. 247.
Nigst 2004, 39.
Bei der Analyse der Fundstelle Langenlois A stößt man leider sehr bald an die Grenzen des Machbaren, da von den insgesamt 1447 Silices nur 1407 einem Quadratmeter oder einem Quadratmeterkomplex zugeordnet werden können. Lediglich 275 Stück können in den Plänen eindeutig identifiziert werden und sind demnach durch zweidimensionale Koordinaten bestimmt. Ähnlich sieht es bei den Knochen aus. 1068 Elfenbeinfragmente, Knochen und Knochenfragmente konnten anhand der Pläne Quadratmetern zugeordnet werden. Nur ganz wenige lassen sich aber eindeutig identifizieren. Für viele Analysen ist es jedoch notwendig, die genaue Position der einzubeziehenden Objekte zu kennen. Dies betrifft neben der Einzelkartierung und der Funddichtekartierung vor allem die Ring- und Sektor-Analysen,250 auf die im vorliegenden Fall leider verzichtet werden muss, obwohl die Umzeichnung der Grabungspläne viel versprochen hätte. 3.4.1 Latente Strukturen Eine Mengenkartierung aller Silices und Knochen, die einem Quadratmeter zugeordnet werden können (Abb. 125), zeigt, dass die Fundverteilung innerhalb der ergrabenen Fläche nicht einheitlich ist. Deutlich tritt eine markante Fundhäufung im Bereich der Quadratmeter E–F/6–8 auf. In diesem Bereich wurde auch die Struktur „Mulde“ dokumentiert, die in Verbindung mit einem großen Mammutstoßzahnfragment steht (siehe dazu Kap. 3.2.4). Hier konnten bis zu 152 Objekte pro Quadratmeter dokumentiert werden. Darüber hinaus kann eine erhöhte Funddichte von der Struktur „Mulde“ ausgehend über die „Feuerstelle 1“ (Hauptfeuerstelle) hinweg bis zu den Quadratmetern D–E/2–3 mit der „Feuerstelle 2“ (Nebenfeuerstelle) und der Struktur der „Brandflecken“ wahrgenommen werden. Hier beträgt die Anzahl der Objekte bis zu 89 pro Quadratmeter (G/4 und E/2–3). Eine weitere Häufung findet sich etwas isoliert im Bereich des Quadratmeters A/5. Sie ist auch anhand der großen Stückanzahl in Verbindung mit der Struktur „Arbeitsplatte“ zu sehen (siehe dazu Kap. 3.2.6). Auch im Bereich des Quadratmeters K/3 lässt sich eine schwache Zunahme der Funde erkennen. Sie liegt nur 1 m östlich der „Feuerstelle 3“. Die relativ geringe Anzahl an Objekten im Bereich der Quadratmeter J/1–7 kann auf eine massive Erosion der Profilwand zwischen zwei Grabungskampagnen zurückgeführt werden. Etwa 2–3 m südsüdöstlich der „Feuerstelle 1“ kann eine wesentlich fundärmere Zone beobachtet werden
248. Leesch et al. 2010. 249. Wenzel 2009, 130.
250. Stapert 1992.
Langenlois Fundstelle A
131
Abb. 125: Langenlois A, Mengenkartierung aller Silices und Knochen (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=2475 (Graphik: Th. Einwögerer).
(Quadratmeter F/4 und E/5). Diese Fundlücke kann eindeutig nicht auf Mängel bei der Grabungsmethode zurückgeführt werden. Aus der Mengenverteilung aller zuordenbaren Objekte ist demnach eine deutliche Fundhäufung mit anschließender „hufeisenförmiger“ Streuung in Verbindung mit der „Feuerstelle 1“, der „Feuerstelle 2“ sowie der Struktur
der „Brandflecken“ zu erkennen. Innerhalb dieser „Hufeisenform“ liegen auch zwei Vertiefungen (Vertiefungen 4 und 5), die aufgrund ihrer Form und ihrer Lage zu einer Feuerstelle als Grübchen zur Zubereitung von Speisen interpretiert werden können. Ein relativ plötzlicher Wechsel von fundreichen und fundärmeren Zonen wird immer wieder als Argument für eine Barriere angeführt. Solche Barrieren
132
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
werden als Zeltwände oder Ähnliches interpretiert. So auch beispielsweise in Niederbiber I, wo eine Behausung mit polygonem Grundriss angenommen wird.251 Noch deutlicher sind bei der Mengenkartierung aller zuordenbaren Silices zwei ausgeprägte Fundzonen zu erkennen (Abb. 126): eine südsüdwestlich (Quadratmeter G/3–5) an die „Feuerstelle 1“ (Hauptfeuerstelle) angrenzende und eine noch weiter südlich im Bereich der Struktur „Mulde“ (Quadratmeter E–F/7) liegende. Als fundreichster Quadratmeter ist F/7 mit 74 zuordenbaren Stücken zu nennen. Trotz der Verdichtung an zwei Stellen ist die „Hufeisenform“ in Verbindung mit der „Feuerstelle 1“ nach wie vor sehr deutlich zu erkennen. Im Bereich östlich der „Feuerstelle 3“ wird die Häufung noch deutlicher. Außerdem erscheint eine weitere Zone mit höherer Silexanzahl östlich der „Feuerstelle 3“. Auffallend ist erneut die fundleere Zone, etwa 2 m südlich der „Feuerstelle 1“. Sie wird von zumindest vier Bereichen mit erhöhter Silexanzahl umgeben (Quadratmeter E–G/7, G/3–5, E–F/2 und B/6). Im Südostbereich der Grabungsfläche konzentriert sich eine Silexhäufung direkt auf die Struktur „Arbeitsplatte“ mit ihren vielen aufliegenden Funden. Kartiert man die verschiedenen Hornsteinvarianten (Abb. 127), die bestimmten Quadratmetern zugeordnet werden können, ergeben sich mehrere deutliche Häufungen und eine weniger deutliche Zone mit erhöhter Funddichte. Im Bereich des Quadratmeters G/7 ist mit 35 Stücken die höchste Fundanzahl zu erkennen. Südwestlich der Feuerstelle im Quadratmeter G/4 ist mit 27 Stück pro Quadratmeter eine ähnlich hohe Stückzahl zu beobachten. Auffallend sind zwei Häufungen südwestlich und südöstlich der „Feuerstelle 3“ mit 27 und 29 Stück pro Quadratmeter. Eine weniger ausgeprägte Häufung findet sich im Quadratmeter E/3 mit 17 Stücken. In den Quadratmeterreihen A–C sind Hornsteine kaum vertreten. Die Kartierung der „gelben Chalcedone (1)“ ergibt eine relativ gleichmäßige Verteilung über die gesamte Grabungsfläche (Abb. 128). Zentren finden sich in den Quadratmetern F/7, B/7 und G/3. Im Bereich des Quadratmeters B/6 ist die „Vertiefung 3“ für die hohe Fundhäufung verantwortlich. Ein völlig anderes Bild ergibt die Kartierung der „hellen beinfarbenen Chalcedone (2)“ (Abb. 129). Sie konzentrieren sich vor allem auf einen kleinen Bereich östlich der „Feuerstelle 1“ (Quadratmeter F–G/1–2) sowie südwestlich davon. Bei der Mengenkartierung aller Klingen und Klingenbruchstücke (Abb. 130) zeigt sich eine deutliche Häufung 251. Gelhausen, Kegler, Wenzel 2005.
im Bereich der Quadratmeter F/7 und G/6. Mehr Klingen finden sich auch im Bereich nördlich und westlich der „Feuerstelle 1“ (Quadratmeter G/2–4) und nördlich der „Feuerstelle 2“ (Quadratmeter E/3). Modifizierte Silexartefakte (Abb. 131) finden sich am häufigsten im Bereich östlich der „Feuerstelle 3“ (Quadratmeter K/3, J/4), aber auch nördlich bis westlich um die „Feuerstelle 1“ (Quadratmeter G/2–3) sowie im Bereich der Struktur „Mulde“ (Quadratmeter E/6, F/7 und G/6). Kartiert man die Knochen (Abb. 132), so ergeben sich drei Häufungen: eine deutliche im Bereich der Struktur „Mulde“ (um den Quadratmeter F/7) und zwei weniger ausgeprägte nordwestlich der „Feuerstelle 2“ (Quadratmeter E/3 und A/5). Bei der Kartierung der roten Farbstoffe (Hämatit) nach ihrem Gewicht in Zehntelgramm musste auf eine äquivalente Gruppeneinteilung verzichtet werden, da ein einzelnes Stück im Quadratmeter H/6 im Vergleich zu den übrigen Stücken übermäßig schwer war und die graphische Darstellung verkompliziert hätte. Demnach wurden nur sieben Intervalle unterschieden (Abb. 133). Abgesehen von dem einen Stück mit einem Gewicht von 123,8 g, das die Graphik noch immer sehr stört, lassen sich weitere Häufungen um die Quadratmeter D/2 und K/2 erkennen. Kleinere Stücke streuen über die gesamte Fläche. Da roter Farbstoff oft auch mit der Bearbeitung von Häuten oder Leder in Verbindung gebracht wird, sind zusätzlich noch alle Werkzeuge (Kratzer und Schaber), die ebenfalls mit der Reinigung und Gerbung in Zusammenhang gesehen werden, mitkartiert. Leider lässt sich kein eindeutiger Zusammenhang der aufgefundenen Hämatitbrocken mit den Kratzern und Schabern feststellen. Auffallend ist lediglich eine kleinere Häufung von Kratzern und einem Schaber im Westen der „Feuerstelle 1“. Bei der Kartierung aller nicht natürlich in die Fundstelle eingebrachten Gerölle zeigt sich eine geringe Häufung im Bereich der Quadratmeter B–C/4–6, wo sich auch die Struktur der „Arbeitsplatte“ befindet (Abb. 134). Interpretation Eine deutlich erkennbare Akkumulation von Fundobjekten entlang einer Wand einer Behausung oder eines Windschirmes, wie sie in ethnoarchäologischen Kontexten vielfach bekannt ist,252 konnte im Bereich der Fundstelle Langenlois A nicht nachgewiesen werden. Trotzdem lassen sich vier Bereiche deutlich voneinander abgrenzen (Abb. 135).
252. Hayden, Cannon 1983. – Bartram, Kroll, Bunn 1991.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 126: Langenlois A, Mengenkartierung aller Silices (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n= 407 (Graphik: Th. Einwögerer).
133
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 127: Langenlois A, Mengenkartierung aller Hornsteine (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=496 (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 128: Langenlois A, Mengenkartierung aller gelben Chalcedone (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=572 (Graphik: Th. Einwögerer).
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136
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 129: Langenlois A, Mengenkartierung aller hellen, beinfarbenen Chalcedone (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=149 (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
137
Abb. 130: Langenlois A, Mengenkartierung aller Klingen und Klingenbruchstücke (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=448 (Graphik: Th. Einwögerer).
138
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 131: Langenlois A, Mengenkartierung aller retuschierten Stücke (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=207 (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 132: Langenlois A, Mengenkartierung aller Knochen (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=1068 (Graphik: Th. Einwögerer).
139
140
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 133: Langenlois A, Mengenkartierung aller roten Farbstoffe in Gramm pro Quadratmeter, Kartierung nicht nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=15, sowie alle zuordenbaren Kratzer und Schaber (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle A
Abb. 134: Langenlois A, Mengenkartierung aller nicht natürlich in die Fundschicht eingebrachten Gerölle, n=11, ein Stück konnte keinem Quadratmeter zugeordnet werden (Graphik: Th. Einwögerer).
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
3.4.2 Zone A, Zelt? C.-J. Kind hat sehr gut herausgearbeitet, wie jungpaläolithische Lagerplätze strukturiert sein sollten.253 Im Jungpaläolithikum lässt sich, ausgehend vom Mittelpaläolithikum, eine Tendenz zu massiven Häufungen der Artefakte erkennen. Alle Fundstellen, bei denen solifluidale oder kryoturbale Mechanismen ausgeschlossen werden können, zeigen eine mehr oder minder ovale Streuung der Fundstücke in der Fläche. Die meisten Funde konzentrieren sich in der Nähe einer Feuerstelle. Diese liegt immer am Rande der Fundstreuung. Bei Behausungen sollte hingegen angenommen werden, dass weder die größte Fundstreuung noch eine Feuerstelle am Rand liegen. Geht man von schrägen Seitenwänden aus, so würde eine Feuerstelle in einem Bereich liegen, der eine geringe lichte Höhe aufweist. Die Gefahr einer Beschädigung der Zeltplane wäre also sehr hoch. Interpretiert werden diese ovalen Zonen mit einer am Rand liegenden Feuerstelle folgendermaßen: Der eigentliche Behausungsbereich liegt in einer Zone, die sich archäologisch als fundleer erweist und hinter der Feuerstelle befindet. Der Feuerplatz selbst liegt im Eingangsbereich und ist als eigentliche Aktivitätszone anzusehen. Hier konzentrieren sich alle Tätigkeiten. Ausgehend von der Feuerstelle zieht sich ein Streukegel in den Bereich vor der Behausung. Vor allem im Magdalénien kann eine weitere Fundhäufung im der Feuerstelle gegenüberliegenden Bereich beobachtet werden. Sie wird mit immer wiederkehrenden Ausräumungen in Verbindung gebracht, die bei Aufenthalten von mehreren Wochen durchgeführt wurden.254 Der Siedlungsbereich von Langenlois A entspricht in seiner flächigen Strukturierung nicht dem für das Jungpaläolithikum und speziell für das Gravettien angenommenen Bereich. Bei der Zone A (Abb. 135) handelt es sich um eine latente, hufeisenförmige Struktur in einem Bereich um die „Feuerstellen 1 und 2“. Die Struktur umfasst etwas mehr als 20 m² (Quadratmeter D–H/1–5). Die „Feuerstelle 1“ befindet sich im Zentrum dieser Zone. Die „Feuerstelle 2“ liegt hingegen am südöstlichen Rand. Ähnliche Anordnungen können in Gönnersdorf (Fundkonzentration IV) beobachtet werden. Auch hier liegt eine Feuerstelle zentral innerhalb einer Fundanhäufung (Hauptkonzentration), die als runde bis trapezförmige Behausung gedeutet wird. Weitere Feuerstellenzonen befinden sich etwas isoliert nordöstlich
und nordwestlich der Hauptkonzentration255. Eine annähernd hufeisenförmige latente Struktur kann auch in der magdalénienzeitlichen Fundstelle Orp East (Belgien) beobachtet werden.256 Bei nahezu allen Mengenkartierungen (Abb. 125–135) zeichnet sich diese Struktur (Zone A) mehr oder weniger deutlich ab. Am anschaulichsten ist dies bei der Mengenkartierung aller Silices. Aber auch bei der Kartierung der Rohmaterialvariante „gelber Chalcedon (1)“, der Rohmaterialgruppe Hornsteine und bei den retuschierten Silices ist die Hufeisenform gut zu erkennen. Im Bereich der Zone A finden sich 65% aller zuordenbaren Funde, was etwa 65 Objekten pro Quadratmeter entspricht. Mehr als die Hälfte (51%) aller an der Fundstelle A dokumentierten Silices fanden sich hier. In diesem Bereich wurden hauptsächlich die „hellen beinfarbenen Chalcedone (2)“ verarbeitet und gebraucht. Auffallend ist der südliche Teil, der durch deutlich weniger Funde gekennzeichnet ist. Hier wurden im Quadratmeter E/5 nur acht Objekte, zum überwiegenden Teil Silices, dokumentiert. Während die „Vertiefungen 4 und 5“ im inneren Bereich der Struktur zwischen den „Feuerstellen 1 und 2“ liegen, finden sich die „Vertiefungen 6, 7 und 9“ auffallend nahe am Rand. Kann man bei den „Vertiefungen 4 und 5“ mit ihrer flachen kesselartigen Form eher an Grübchen in Verbindung mit der Zubereitung von Nahrung denken, ist für die „Vertiefungen 6, 7 und 9“ aufgrund ihrer Lage und ihrer Form eine Zugehörigkeit zu einer aufgehenden Struktur nicht von der Hand zu weisen. Auch aufgrund der geringen Tiefe der Grübchen muss hier eher an eine Behausung in Form eines Stangenzeltes gedacht werden. Das Fehlen einer deutlichen, in archäologischen Befunden öfters festellbaren Akkumulation an einer angenommenen Zeltwand könnte dadurch erklärt werden, dass die Funde in diesem Bereich durch eine intensive Begehung der Randzone im Zuge der Abbauarbeiten des Zeltes massiv verlagert wurden (Abb. 139). Auf ein Vertreten der Funde weist auch die Auswertung der Längenkategorien bei den Zusammensetzungen hin. Da der Aufbau des Lagers sowie die Funde und deren Verteilung nicht für einen längeren Aufenthalt sprechen, könnten die relativ langen Verbindungslinien zwischen den einzelnen refitteten Silexartefakten auf ein massives „Herumtrampeln“ im Lager vor dem Verlassen hindeuten, wie es bei einem Zeltabbau zu erwarten wäre. Auch die Richtungen der Verbindungslinien der aneinandergepassten Artefakte
253. Kind 1985, 106–118.
255. Terberger 1997. – Bosinski 1979. – Moseler 2006.
254. Löhr 1988.
256. Wenzel 2011.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 135: Langenlois A, Mengenkartierung aller Silices und Knochen (Quadratmeter zuordenbar) pro Quadratmeter, Kartierung nach äquidistanten Gruppenintervallen, n=2475 mit latenten Strukturen und Zonen (Graphik: Th. Einwögerer).
143
144
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
würden dieses Modell unterstützen. Von einigen wenigen Anpassungen abgesehen, die nur gering verlagerte gebrochene Klingen oder Abschläge darstellen, zeigen die meisten Verbindungslinien eine Richtung vom Zentrum des angenommenen Zeltes nach außen oder reichen über das Zentrum hinweg von einem „Zeltrand“ zum anderen. Auch C.-J. Kind rechnet mit einer intensiven Störung des Randbereiches eines Zeltes durch den Abbau. Darüber hinaus vermutet er, dass ein eventuell entstandener Randwall dabei teilweise beschädigt oder zerstört worden wäre.257 Die vorliegende Datenbasis erlaubt keine genauere Interpretation des Zeltgrundrisses. Die Behausung kann sowohl runden, leicht ovalen oder eckigen Grundriss besessen haben. Für eine Beschwerung der unteren Zeltplanenabschnitte könnten die vier großen Stoßzahnfragmente gedient haben (Quadratmeter B–C/4, D/7, F/8 und H–J/6), die sich um die Struktur A verteilt gefunden haben. Größere Knochen oder Stoßzahnteile in Zusammenhang mit evidenten oder latenten Siedlungsstrukturen können in jungpaläolithischen Lagern oft beobachtet werden. Nicht selten werden sie dabei als Beschwerungsmaterial für die „Plane“ einer Unterkunft oder Behausung gedeutet.258 Der fundleere Bereich im Süden könnte als Eingangsbereich des vermuteten Zeltes gedeutet werden. Seine Ausrichtung der Sonne entgegen würde ebenfalls dafür sprechen. Ein ähnlicher, nach Süden gerichteter Eingang konnte bei einer Behausung in der jungpaläolithischen Station Kammern-Grubgraben, Niederösterreich, festgestellt werden.259 Der Durchmesser dieser Behausung betrug etwa 5,5–6 m. Der Großteil der publizierten Befunde dieser Fundstelle wurde zwischen 1985 und 1994 gegraben und leider nur unzureichend dokumentiert.260 Ein direkter Vergleich zwischen den Behausungsresten ist deshalb schwierig. Die archäologischen Horizonte der Fundstelle Kammern-Grubgraben sind zudem wesentlich jünger als die der Fundstellen in Langenlois. Sie datieren in das letzte Kältemaximum vor etwa 20.000 Jahren.261 Der Innendurchmesser des angenommenen Zeltes in Langenlois A mit vermutlich ca. 4 m würde auch sehr gut zu einem Befund einer Hamburger Zeltanlage von PoggenwischAhrensburg mit knapp über 4 m Innendurchmesser passen.262 Eine Feuerstelle mit einer hufeisenförmigen Fundstreuung,
vor allem mit gebrannten Silices, konnte auch in der mittelsteinzeitlichen Fundstelle Hartmannsdorf in Brandenburg, Deutschland, festgestellt werden. Nachdem hier ein Baumwurf für die Entstehung dieser Struktur weitgehend ausgeschlossen werden konnte, geht der Ausgräber von einem runden Stangenzelt mit zentraler Feuerstelle und einem Durchmesser von 3 bis 4 m aus.263 Interpretationen von rundlichen Behausungen mit Durchmessern von 3 bis 5 m stammen aus verschiedenen magdalénienzeitlichen Fundstellen. Eine ausführliche Zusammenstellung geben hier etwa D. Leesch und J. Bullinger.264 Fundstreuungen um Feuerstellen Viele Fundkonzentrationen des mittleren Jungpaläolithikums, wie etwa in Dolní Věstonice (Tschechien),265 Pavlov (Tschechien)266 oder Krems-Wachtberg (Österreich),267 aber auch des späten Jungpaläolithikums bzw. Mesolithikums, wie etwa in Orp East (Belgien), La Pierre aux Fees (Frankreich), Rekem 10 (Belgien), Berlin-Tegel IX, Konzentration IX (Deutschland), Geldrop 3–2 Ost (Niederlande) oder Hartmannsdorf 26 (Deutschland) haben eine zentrale Feuerstelle, um die herum aufgrund von liegen gelassenen Werkzeugen und Herstellungsabfällen Arbeitsbereiche unterschieden werden können.268 In den magdalénienzeitlichen Fundstellen Champréveyres und Monruz (Schweiz) etwa scheinen technische Aktivitäten in mehr als 2 m Entfernung von einer Feuerstelle stattgefunden zu haben269. Zur Organisation des Raumes um eine Feuerstelle gibt es verschiedene Modelle. L. R. Binford hat nach seinen Untersuchungen bei den Nunamiut Eskimos im nördlichen Zentralalaska einen seating plan erstellt.270 Dabei unterscheidet er bei einer Feuerstelle im Freien zwei Zonen der Abfallakkumulation: eine sog. drop zone und eine sog. toss zone. Bei der drop zone handelt es sich um einen Bereich, in dem kleiner, meist nicht sehr störender Abfall an Ort und Stelle fallen gelassen wird. Diese Zone markiert den Bereich, in dem Menschen gesessen sind, und ist charakterisiert durch primäre Abfallprodukte.
263. Wenzel 2002. 264. Leesch, Bullinger 2012, Fig. 1. 265. Klíma 1995.
257.
Kind 1985, 43.
266. Novák 2005. – Svoboda 2011.
258. Quitta 1957, 317. – Einwögerer 2000, 47–48.
267. Händel
259. Brandtner, Klíma 1995, 45–56.
2014.
260. Neugebauer-Maresch et al. 2016.
268. Wenzel 2009, 133–134.
261. Haesaerts et al. 2016.
269. Leesch et al. 2010, 66.
262. Rust 1965.
270. Binford 1978.
et al. 2009. – Thomas, Ziehaus 2014. – Simon et al.
Langenlois Fundstelle A
Die toss zone befindet sich hinter den sitzenden Personen. Sie ist charakterisiert durch größere, störende Abfälle, die dorthin geworfen wurden. Hierbei handelt es sich um sekundäre Abfälle. Hierbei kommt es zu einer Art Größensortierung, die in Anlehnung an H. Löhr als Zentrifugaleffekt bezeichnet wird.271 Laut D. Stapert ist dieser Effekt sowohl bei Feuerstellen unter freiem Himmel als auch bei solchen in Behausungen erkennbar. Unter freiem Himmel ist dieser Effekt sogar stärker ausgeprägt, da keine Wände die Bewegung der Objekte von der Feuerstelle weg blockieren.272 Für die Verteilung der Funde um die „Feuerstelle 1“ in Langenlois A dürfte dieses Modell jedoch nicht in Frage kommen, da keine eindeutige drop zone festgestellt werden kann. Nimmt man an, dass es sich bei der hufeisenförmigen Fundakkumulationszone um eine toss zone handelt, so würde diese zu nahe an der Feuerstelle liegen. Eine Zeltinterpretation mit annähernd kreisrundem Grundriss und einer darin zentral gelegenen Feuerstelle legte Th. Terberger für die Fundstelle Gönnersdorf, Fundkonzentration IV vor.273 3.4.3 Zone B, Werkplatz Die Zone B (Abb. 135) liegt südwestlich der Zone A und umfasst im Wesentlichen die Quadratmeter E–H/6–8. Den Rand dieser Zone bildet ein Mammutstoßzahnfragment. In diesem Bereich konnten nicht nur die meisten Silices (81 Stück), sondern auch die meisten Knochen (90 Stück) innerhalb eines Quadratmeters festgestellt werden. Die höchste Fundanzahl beträgt hier 152 Stück pro Quadratmeter (F/7). An Rohmaterialien finden sich vor allem „gelbe Chalcedone (1)“ mit 41% und verschiedene Hornsteine mit 34%. „Helle beinfarbene Chalcedone (2)“ sind hier mit 6,6% eher selten. Mit 24 Stück (13,3%) ist der Anteil an weitermodifizierten Artefakten relativ hoch. Präparationsgrundformen und Kerne hingegen sind mit insgesamt 2,8% sehr selten vertreten. 33% der Silexartefakte aus dieser Zone stellen Klingen dar. Demnach dürfte die Zone B kein spezieller Bereich zur Herstellung von Grundproduktion gewesen sein. Möglicherweise wurde Grundproduktion weiterverarbeitet oder es wurde mit fertigen Geräten hantiert. Da hier auch die höchste Anzahl an Knochenresten gefunden wurde, muss hier an einen Platz für die Weiterzerlegung von eingebrachten Tierteilen gedacht werden.
271. Löhr 1988, 21. 272. Stapert 1990. 273. Terberger 1997.
145
3.4.4 Zone C, Werkplatz Die Zone C (Abb. 135) liegt im Nordwesten der freigelegten Fläche und betrifft im Wesentlichen die Quadratmeter K–L/3–5. Im zentralen Bereich dieser Zone befinden sich die „Feuerstelle 3“ sowie die „Vertiefung 8“. Die höchste Funddichte wird mit 55 Stück im K/3 erreicht. In diesem Bereich wurden vor allem Hornsteine zerlegt, darunter auch solche vom Typ Krumlovský les. Gearbeitet wurde hier auch mit gelben Chalcedonen, helle beinfarbene Chalcedone sind jedoch kaum zu finden. Auffallend ist der sehr hohe Anteil von modifizierten Grundformen im Quadratmeter K/3. Mit 37 Stück (17,3%) in den Quadratmetern J–L/2–5 findet sich hier 1/6 aller modifizierten Silices. Kerne hingegen fehlen völlig. Auch bei den Präparationsgrundformen ist nur eine einzige primäre Kernkantenklinge zu nennen. n Kratzer
4
Endretuschen
2
Stichel
10
Kantenretuschen
16
ausgesplitterte Stücke
3
Schaber
1
gesamt
37
Tab. 37: Langenlois A, modifizierte Stücke im Bereich der Zone C.
Vermutlich wurde in der Zone C im Bereich um die „Feuerstelle 3“ mit bereits fertigen Grundformen und Werkzeugen hantiert. Wirkliche Hinweise auf einen gezielten Kernabbau konnten nicht gefunden werden. 3.4.5 Zone D, Werkplatz Die Zone D (Abb. 135) befindet sich südöstlich der „Feuerstelle 1“ am Rand der ergrabenen Fläche. In diesem Bereich wurde die Kulturschicht auch zum ersten Mal durch den Bagger angefahren. Es ist daher anzunehmen, dass Teile dieser Zone unbeobachtet zerstört wurden. Die Zone D umfasst im Wesentlichen die Quadratmeter B/5–7 und A/5. In ihrem Bereich liegen die Vertiefungen 1, 2 und 3 sowie die Struktur „Arbeitsplatte“. Die Granulitplatte mit ihren vielen aufliegenden Funden ist auch verantwortlich für die hohe Fundanzahl im Quadratmeter B/6. Hier fanden sich mit insgesamt 20 Stück sehr viele modifizierte Grundformen. Kantenretuschen mit 15 Stück fallen besonders auf. Es kommen aber auch zwei Kratzer, zwei Stichel, eine Spitze und ein Schaber vor.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Aus dieser Zone stammen insgesamt 114 Silices, von denen über 10% den Präparationsgrundformen und Kernen angehören. An Rohmaterialien sind ausschließlich gelbe Chalcedone vertreten. Mit je 38% sind hier ebenso viele Klingen wie Abschläge zu finden. Vermutlich hat es sich hier um einen Schlagplatz gehandelt, an dem ausschließlich gelber Chalcedon verarbeitet wurde. Hergestellt wurden nicht nur Grundformen, sondern auch Werkzeuge. Nachdem alle Zonen eingehend betrachtet wurden, ergibt sich folgendes Gesamtbild (Abb. 135): Das Zentrum der Grabungsfläche wird durch einen latenten Zeltbefund mit rundem, leicht ovalem oder eckigem Grundriss gebildet (Zone A). Dieser weist einen Durchmesser von etwa 4 m auf und besitzt eine große, runde, zentral gelegene Feuerstelle, um die sich hufeisenförmig die meisten Funde befinden. Ein nahezu fundleerer Bereich im Süden dürfte den Eingangsbereich markieren. Funde in diesem Bereich könnten durch das oftmalige Begehen des Eingangsbereiches massiv vertreten worden sein. Im Südostbereich der Zeltstruktur finden sich eine weitere kleinere Feuerstelle sowie ein Brandplatz. Zwischen der zentralen und kleineren Feuerstelle konnten zwei Vertiefungen dokumentiert werden, die höchstwahrscheinlich zum Zubereiten von Speisen gedient haben. Drei kleinere Vertiefungen im Nordostbereich könnten zur Zeltkonstruktion gehört haben. Hier wurden neben verschiedensten Rohmaterialvarianten vor allem die hellen beinfarbenen Chalcedone verarbeitet und verwendet. Um diesen latenten Befund gruppieren sich drei abgrenzbare Aktivitätszonen. Die südöstliche Zone (Zone D) stellt einen Schlagplatz dar, an dem ausschließlich gelber Chalcedon zerlegt wurde. Zentrales Element bildet hier eine große Steinplatte, die sicherlich als Arbeitsunterlage zu deuten ist. Drei Vertiefungen könnten zu außenliegenden Strukturen wie Trockengestellen oder hochgelegten Fleischlagerplätzen gehört haben. Bei der südwestlichen Aktivitätszone handelt es sich um einen Werkplatz, an dem entweder Grundproduktion weiterverarbeitet wurde oder fertige Werkzeuge verwendet wurden (Zone B). Die hohe Anzahl an Knochenresten deutet auf die Weiterzerlegung von eingebrachten Tierteilen hin. Eine weitere Aktivitätszone findet sich im Westen des latenten Zeltbefundes (Zone C). Hier zeigt sich eine weitere, kleinere Feuerstelle mit einer dazugehörigen Vertiefung, die vermutlich auch der Nahrungszubereitung diente. Hier wurde keine Grundproduktion gefertigt. Der hohe Werkzeuganteil deutet darauf hin, dass hier entweder modifiziert oder mit fertigen Geräten hantiert wurde.
3.5 Das Zelt Ein Zelt ist eine transportable Behausung, deren einzelne Teile möglichst leicht sein müssen, um sie mit geeigneten Beförderungsmitteln mitführen zu können.274 Aufgrund seiner Bauweise hinterlässt es keine oder nur geringe Spuren im Boden. Es besteht aus einem Grundgerüst aus mehr oder weniger geraden Stangen und einer Zeltplane, die über die Stangen gezogen wird. Sie kann aus einem Teil oder mehreren Einzelteilen bestehen. Für die Stangenkonstruktion der leichten Zelte des Spätpaläolithikums werden sorgsam entästete und wegen der Haltbarkeit auch entrindete Birkenstämme angenommen. Als Zeltplanen werden gegerbte und gefettete Renhäute vermutet.275 Bei der Rekonstruktion eines Zeltes stellen sich viele Fragen, deren Antworten aus einem archäologischen Befund nur sehr schwer oder gar nicht abgelesen werden können. Während sich Standort, Durchmesser und ungefähre Form oft gut erkennen lassen, so ist die Frage nach der Fixierung der Zeltplane am Boden deutlich schwieriger zu beantworten. Über folgende Fragen geben archäologische Befunde keine Auskunft: - Aus welchem Material bestanden die Stangen und wie lange waren sie? - Aus welchem Material bestand die Zeltplane? - Wenn Tierhäute verwendet wurden, waren sie gegerbt, ungegerbt, enthaart, zusammengenäht oder einzeln aufgebunden? - Wurden als Nähmaterial Sehnen oder Lederstreifen verwendet? - War bei Fellbedeckung die Haarseite nach innen oder außen gedreht? - Wurden zur Zeltbedeckung auch andere Materialien, wie Rinde, Grasmatten, Gras oder Moos, verwendet? - Wie wurden die Zelte transportiert? Eine Klärung dieser Fragen wird wohl nie zur völligen Zufriedenheit möglich sein. Einige Denkanstöße können aber ethnographische Vergleiche oder Experimente geben. 3.5.1 Archäologische Vergleiche Unter den Behausungen sind Zelte am schwierigsten nachzuweisen, da für ihre Errichtung nur ein einfaches Stangengerüst notwendig ist, das keine Eingriffe in den Untergrund erfordert.276
274.
Hampl 1972, 66.
275. Hampl 1972, 79–80. 276. Rust 1965, 53.
Langenlois Fundstelle A
Sichere Nachweise von Zelten liegen zum Großteil aus dem Magdalénien, der Hamburger und der Ahrensburger Kultur vor.277 Entsprechende Hinweise gibt es aber auch schon früher.278 Ring- oder hufeisenförmig angeordnete Steine werden meist als Relikte zur Beschwerung der Zeltwände oder zur Abspannung von Halteleinen interpretiert, die nach dem Verlassen des Lagers an ihrer ursprünglichen Stelle zurückgeblieben sind. Wälle aus Sand werden häufig als Ersatz für Beschwerungssteine gedeutet.279 So hat beispielsweise G. Bosinski in Gönnersdorf, Konzentration IV, ein rundes Stangenzelt aufgrund eines sich abhebenden, nahezu fundleeren Raumes rekonstruiert.280 Inzwischen wird dieser Befund nach neueren Analysen als eine eher trapezförmige oder annähernd quadratische Behausung interpretiert.281 Größere Steinplatten kennzeichnen die Ecken dieses Befundes im Norden, Osten, Westen und Süden.282 Eine entsprechende Markierung der Behausungen durch größere Steine ist an magdalénienzeitlichen Fundstellen am Mittelrhein typisch. Auch wenn Aufbauten spekulativ bleiben, legten O. Jöris und Th. Terberger Argumente für ein Zelt mit Firstdachkonstruktion vor.283 In Lössgebieten, in denen naturgemäß größere Steine für eine Beschwerung und Abdichtung der Zeltwände gegen Lösseinwehung, Kälte oder Insekten fehlen, konnte der paläolithische Mensch nur Löss, Holz, Knochen von größeren Tieren oder Mammutstoßzähne verwenden. Ein sehr schönes Beispiel eines Zeltrestes bildet der Befund der Hamburger Zeltanlage von Poggenwisch-Ahrensburg (Abb. 136).284 Sehr deutlich ist hier der hufeisenförmige Zeltwall zu erkennen, der einen inneren Durchmesser von knapp über 4 m aufweist. Der Eingang ist nach Osten gerichtet. Die verschiedenen Gruben dienten vermutlich zur Materialentnahme für den Wall. Die großen Steine sind als Beschwersteine oder Haltepunkte für Spannleinen zu interpretieren. Für die Errichtung eines Zeltes sind weder ein kleiner Wall oder noch Beschwersteine unbedingt notwendig. Zur Fixierung der Zeltplane am Boden können auch Heringe
277. Hampl 1972, 67. – Bosinski 1979. – Bosinski 1981. – Terberger 1997. – Moseler 2006. – Sensburg, Moseler 2008. – Jöris, Terberger 2001. – Jöris, Street, Turner 2011. 278. Z. B. Gábori 1965. – Gábori-Csánk 1983. 279. Rust 1965, 53, 59. 280. Bosinski 1981, 53. 281. Sensburg, Moseler 2008, 66.
147
Steine Gruben Zeltwall
Abb. 136: Grundriss der Hamburger Zeltanlage von PoggenwischAhrensburg (Graphik Th. Einwögerer, umgezeichnet nach Rust 1965, Abb. 1).
verwendet werden. Dünnere hölzerne Pflöcke haben dabei im archäologischen Befund keine erkennbaren Spuren hinterlassen. Gut überliefert hingegen sind Zeltpflöcke aus Rengeweih, wie sie beispielweise in der jungpaläolithischen Station Kammern-Grubgraben in Niederösterreich erhalten sind.285 Trotzdem sind hier noch zusätzliche Beschwerungssteine nachvollziehbar. 3.5.2 Ethnographische Vergleiche Zeltformen und Bauweisen Stangenzelte stellen relativ einfache Behausungen dar. Als Bauelemente genügen einige gerade Stangen und ein geeignetes Material zur Bedeckung des Grundgerüstes. Beim klassischen Indianertipi entspricht der Durchmesser der Höhe des Zeltes. Ursprünglich waren sie mit Bisonleder oder Fellen bespannt.286 Die Fixierung des Zeltrandes erfolgte mit Holzpflöcken. Nach Kontakten mit Einwanderern setzten sich Baumwollbespannungen durch. Mit den Stangen, die als Schleppe
282. Sensburg, Moseler 2008, 109, Plan 3. 283. Jöris, Terberger 2001, 168–170.
285. Brandtner, Klíma 1995, 45–50. – Brandtner 1996, 124.
284. Rust 1965, 52–60.
286. Pearson 2002, 12.
148
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
benutzt wurden, konnten diese stoffbespannten Zelte relativ einfach transportiert werden, zunächst unter Verwendung der Zugkraft großer Hunde.287 Durch den Gebrauch von Pferden stieg nicht nur die Mobilität der Menschen stark an, sondern es nahm auch die Zeltgröße zu.288 In subarktischen Regionen stellten Stangenzelte, sog. Wigwams, die vorherrschende Behausung dar. In ihrer Form ähnelten sie den Tipis der Plans-Indianer. Während sie in der Tundra mit Elch- oder Rentierhäuten bespannt waren (Abb. 137), verwendete man in Waldregionen gerne Birkenrinde (Abb. 138). In der Mitte befand sich eine Feuerstelle, über der Schnüre gespannt wurden, um Gegenstände zu trocknen oder Fleisch zu räuchern.289 In Westsibirien wird das sog. „Tschum“ als Behausung verwendet. Hierbei handelt es sich um eine mobile Behausung in konischer Form. Es besteht aus einem Grundgerüst von 20 bis 50 Stangen. Als Bespannung werden im Winter zwei Lagen Rentierfell benutzt, wobei bei der inneren die Fellseite nach innen und bei der äußeren die Fellseite nach außen weist. Im Sommer wird das „Tschum“ in der Regel mit Birkenrinde oder Moos bedeckt. Weidengeflechte, Heu und Rentierfelle bilden den Bodenbelag. Über einer zentralen Feuerstelle wird gekocht.290 In Sibirien wird häufig Birkenrinde als Bedeckungsmaterial des Stangengerüstes verwendet (Abb. 138). Voraussetzung dazu sind aber ausreichend große Baumstämme zur effektiven Gewinnung der Rinde. Als Außenbeschwerung werden oft Baumstämme benutzt. Arktische Jäger verwenden vor allem im Sommer leichte transportable Lederzelte. Bei den Eskimos sind sie meist mit Seehundfellen bedeckt und weisen einen sehr kurzen First auf. Als Stangen werden Treibholz oder Walrippen verwendet. Der untere Rand der Zelte wird mit Steinen beschwert. Da die Eskimos sehr viel Zeit im Freien verbringen, legen sie nicht so viel Wert auf kunstvolle Behausungen.291 Beim Entfernen der Zeltplane ist es notwendig, den Bereich um die Stangen intensiv zu begehen, wodurch es zu einer Verlagerung der Abfälle am Boden kommt (Abb. 139). Abbrechen eines Zeltes F. Nansen beschreibt, wie die Samojeden ein Zelt, in dessen Inneren sich Unrat angesammelt hat, abbrechen, um es in unmittelbarer Nähe wieder neu aufzustellen: „Während wir
287.
Pearson 2002, 11.
Abb. 137: Lager der Montagnais-Naskapi, ca. 1883 (Taylor 1999, 199).
Abb. 138: Birkenzelte der Jenissei-Ostiaken (Nansen 1916, 144).
noch dastanden, begann eine der Frauen die nur aus Leinwandfetzen bestehende Decke des einen Zeltes abzunehmen und die Stangen aus der Erde loszumachen. Dies geschah, um das Zelt unmittelbar daneben wieder aufzuschlagen. Auf diese Weise halten sie Großreinmachen, wenn der Fußboden des Zeltes von weggeworfenem Unrat gar zu schmutzig ist; man rückt einfach mit dem Zelt ein Stück weiter. Ein schon benutzter Zeltgrund gilt als unrein, und dort wird nie wieder ein Zelt aufgeschlagen. Daher findet man auch so viele alte Zeltringe.“292
288. Miller 1998, 198. 289. Rowley 1999, 183–184. 290. Gorbatcheva, Federova 2000, 73. 291. Konitzky 1961, 32.
292. Nansen 1916, 80.
Langenlois Fundstelle A
Abb. 139: Großreinemachen bei den Samojeden (Nansen 1916, 48).
Abb. 140: Winterlager der Montagnais-Naskapi, ca. 1910 (Taylor 1999, 197).
Bauelemente neben den Zelten Besondere Sorgfalt wird bei den Eskimos auf den Bau von Vorratslagern verwendet. Wegen der Nässe im Sommer lassen sich keine Vorratsgruben in den Boden eintiefen oder auf der ebenen Erde unterbringen. Deshalb werden die Fleischlager, sog. cache, meist als Plattform auf einem Holzgerüst ausgeführt (Abb. 140). Dort sind die Vorräte vor Witterungseinflüssen geschützt und für Raubtiere unerreichbar.293
293. Konitzky 1961, 32.
149
3.5.3 Experiment294 Die Zeltkonstruktion 1969 wurde im Freilichtbereich des Niederösterreichischen Landesmuseums in Asparn an der Zaya der Versuch einer Zeltrekonstruktion unternommen. Als Grundlage dienten Befunde der Hamburger Kultur. Neben der Rekonstruktion wurden auch Versuche zum wiederholten Auf- und Abbau sowie zum Transport unternommen. Als Zeltdimension wurden ein Durchmesser von 4 m und eine Höhe von ebenfalls 4 m gewählt. Das Gerüst bestand aus zwölf geraden und entrindeten Birkenstämmchen mit einem unteren Durchmesser von 6 cm und einer Länge von 5 m. Um die Konstruktion stabiler zu machen, wurden zwischen sechs Stangen Spannbögen aus Birkenholz mit Lederriemen eingebunden. Als Bespannung wurde eine mit 7–8 mm breiten Lederriemen zusammengenähte Zeltplane aus weiß gegerbten Rentierhäuten verwendet. Die Haarseite wurde nach außen gedreht. Verwendung fanden dabei 40 Rentierdecken. Am obersten Ende wurde eine Öffnung als Rauchabzug gelassen. Als Eingang diente der Spalt, der durch das Umlegen der halbkreisförmigen Zeltplane entsteht. Es wurde dabei genügend Zeltplane belassen, um den Eingang zumindest 1 m weit zu überlappen. Im geschlossenen Zustand wurde dieser Teil mit hölzernen oder knöchernen Knebeln geschlossen. Der Zeltrand wurde mit Bruchsteinen beschwert.
Der Transportversuch Im Zuge dieses Experimentes wurde auch versucht, das abgebaute Zelt eine kurze Strecke zu transportieren. Da für das Paläolithikum Trag- oder Zugtiere (Pferd, Rentier, Hund) nicht angenommen werden können, erfolgte der Transport mittels einer „Schleife“ aus Zeltstangen durch Menschen. Der Versuch wurde bei geringer Schneelage und -15°C von drei Personen durchgeführt. Zunächst wurde die „Schleife“ durch die fächerförmig zusammengebundenen Stangen gefertigt. Auf dieses Gerüst wurde die mit den Haaren nach innen zusammengerollte Zeltplane gelegt und mit Stricken fixiert. Die Gesamtlast betrug etwa 170 kg. Trotz der geringen Schneelage konnten zwei Männer diese Last ohne Probleme auf ebener Strecke ziehen. Dieses Experiment zeigte, dass der Transport eines Zeltes für eine Jäger- und Sammlergruppe kein größeres Problem dargestellt haben dürfte. Abhängig von der Bodenbeschaffenheit ist es möglich, ein Stangenzelt im günstigsten Fall mit einer „Schleife“ und im ungünstigsten Fall als Tragelast zu bewegen. Das zu bewältigende Gewicht hängt 294. Hampl 1972, 80–89.
150
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
dabei sehr stark von der Größe und der Bauweise des Zeltes ab. Tab. 38 zeigt die Gewichtsunterschiede bei verschiedenen Bauweisen eines Stangenzeltes mit 4 m Durchmesser:
Geschätzter Maximalbau Durchmesser 4 m, Höhe 4 m, Neigungswinkel der Zeltbahn 68°
Fell
Leder
Konstruktionselement
kg
kg
12 Birkenstangen mit je 5 m Länge und 50 cm Überstand und 3 Spannbögen
55
55
Zeltbahn aus 40 Rendecken (luftfeuchter Zustand)
115
20
12 Rendecken als Schlafdecken für 6 Personen
28,8
28,8
10
10
Gesamtlast
208,8
113,8
Traglast pro Person einer Sechsergruppe
34,6
18,9
Traglast pro Person einer Achtergruppe
27,3
15,4
Geschätzter Minimalbau Durchmesser 4 m, Höhe 2,5 m, Neigungswinkel der Zeltbahn 55°
Fell
Leder
Konstruktionselement
kg
Kg
12 Birkenstangen mit je 3,5 m Länge und 30 cm Überstand und 3 Spannbögen
40
40
Zeltbahn aus 22 Rendecken (luftfeuchter Zustand)
63
11,5
28,8
28,8
10
10
Gesamtlast
141,8
90,3
Traglast pro Person einer Sechsergruppe
23,6
15,1
Traglast pro Person einer Achtergruppe
18,9
12,5
Proviant, Kleidung, Waffen u. a.
12 Rendecken als Schlafdecken für 6 Personen Proviant, Kleidung, Waffen u. a.
Tab. 38: Zeltrekonstruktion, Gegenüberstellung der Gewichte verschiedener Zeltbauweisen (nach Hampl 1972, 81).
4. Langenlois Fundstelle B
4.1 Fundgeschichte 4.1.1 Allgemein Am 29. Mai 1962 stellte E. Lucius anlässlich einer Begehung, im Zuge von Vorbereitungen für eine Tagung in Krems, eine neue Fundschicht 18 m nördlich von Fundstelle A fest, die jedoch 4,8 m tiefer lag. Diese Fundstelle wurde als Langenlois B bezeichnet. In den folgenden Tagen wurde diese Situation genauer untersucht und von E. Lucius selbst zwischen dem 29. Mai und dem 9. Juni 1962, soweit es die Umstände erlaubten, ausgegraben. Die Anzahl der Grabungsmitglieder betrug dabei nur drei Personen. Es handelte sich dabei um eine zeitlich sehr begrenzte Notbergung. Dies spiegelt sich auch in der Qualität der Dokumentation wider. 4.1.2 Grabungsmethode Grabungsleitung: E. Lucius. Die Freilegung der paläolithischen Kulturschicht erfolgte auch bei der Fundstelle B innerhalb von Quadratmetern. Es wurden aber nicht alle untersuchten Quadratmeter gezeichnet. Von einigen liegen jedoch Pläne im Maßstab von 1:10 vor. Oft wurden Objekte eingezeichnet, ohne die entsprechende Fundnummer zu notieren. Farbliche Unterscheidungen der Fundkategorien wie in der Fundstelle A wurden nicht vorgenommen. Mitunter fehlen Nordpfeile und die Lage der entsprechenden Quadratmeter musste mühsam rekonstruiert werden. Die Profile wurden nur durch wenige unzureichend beschriftete Zeichnungen festgehalten. Oft entsteht der Eindruck, als würde es sich um mehrere Schichten knapp übereinander oder um Überschiebungen handeln. Beschreibungen dazu liegen keine vor. Fotos sind keine vorhanden.
4.1.3. Pläne und Vermessung Trotz der wenigen Informationen, die die einzelnen Pläne enthalten, wurde versucht so viel wie möglich zu rekonstruieren und mittels AutoCAD in einem Gesamtplan zusammenzuführen. Dabei gelang es auch, einen räumlichen Zusammenhang zur Fundstelle A herzustellen. 4.2 Befunde Die im Mai 1962 durch E. Lucius festgestellte Kulturschicht befindet sich, vom Mittelpunkt der großen Feuerstelle in der Fundstelle A aus gemessen, ca. 18 m nördlich. Mit 4,8 m liegt sie zudem deutlich tiefer als die Fundstelle Langenlois A. Bei einer raschen Bergung am 7., 8. und 9. Juni 1963 konnte eine Fläche von ca. 7 m² freigelegt und ein Profilschnitt von 6 m Länge dokumentiert werden. Die Mächtigkeit dieser Kulturschicht betrug dabei etwa 5 cm. In Bezug auf die gesamte Länge des Profils wies sie ein beachtliches Gefälle von 115 cm auf. Im nordöstlichen Teil war die Kulturschicht deutlich ausgeprägt, im südwestlichen Teil war sie nur noch schwach vorhanden. Im Zentrum der Grabungsfläche konnte eine Feuerstelle festgestellt werden. Die intensivere schwarze Verfärbung zeigte eine ovale Ausdehnung von etwa 50 × 60 cm und eine deutliche Rotfärbung des darunter liegenden Sedimentes. Um diese intensivere Verfärbung konnte eine Streuung von ungefähr 1,1 m im Durchmesser dokumentiert werden. Neben 325 Silices konnten auch verschiedene Faunenreste geborgen werden (Abb. 141). Trotz mehrerer Suchgräben konnte der stratigraphische Zusammenhang mit der Fundstelle A nicht eindeutig geklärt werden. Obwohl die Fundstelle B nahezu 5 m tiefer liegt als die Fundstelle A, ist durch das deutliche Ansteigen der Schicht nach Südwesten eine Verbindung der beiden Fundstellen denkbar.
152
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 141: Langenlois B, rekonstruierbare Objekte (Graphik: Th. Einwögerer).
Typologisch hielt E. Lucius aber schon während der Grabung das Steinmaterial der Fundstelle B für älter als jenes der Fundstelle A. 4.2.1 Ausprägung und Verlauf der Kulturschicht Da eine schriftliche Dokumentation der Bergung im Bereich der Fundstelle Langenlois B weitgehend fehlt, kann über die Ausprägung der Schicht nicht sehr viel gesagt werden. Hinweise können lediglich die wenigen, unzureichend dokumentierten Profile geben. Aus dem Bereich der Fundstelle Langenlois B sind insgesamt sieben Profile überliefert. Leider sind die Plan-
blätter, ebenso wie bei der Fundstelle Langenlois A, nur unzureichend beschriftet. Meist fehlt der Nordpfeil. In einigen Fällen ist nicht einmal der Quadratmeter angegeben. Nach einer mühsamen Rekonstruktion der einzelnen Zeichenvorgänge und Blätter konnten die Profile mehr oder weniger gut einzelnen Positionen zugeordnet werden. Die Lagen können mit mittlerer Wahrscheinlichkeit als stimmig angenommen werden. Letztendlich bleibt jedoch eine beträchtliche Unsicherheit. Die Beschreibungen zu den einzelnen Schichten wurden weitestgehend übernommen. Himmelsrichtungen wurden, soweit möglich, ergänzt. Um die ursprünglichen
Langenlois Fundstelle B
153
Abb. 142: Langenlois B, Übersicht über die Grabungsschnitte und dokumentierten Profile (Graphik: Th. Einwögerer).
Bleistiftzeichnungen leichter verständlich zu machen, wurden die Umzeichnungen farbig ausgeführt. Die Farbauswahl erfolgte willkürlich. Fotos der einzelnen Profile existieren nicht. Eine Übersicht über die einzelnen Profillagen gibt Abb. 142. Profile Profil 1 Bei Profil 1 handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein Südprofil eines Suchgrabens im Bereich des Quadratmeters Bu. Die Kulturschicht wird hier als Gleyhorizont mit Knochen bezeichnet, von der aus eine beachtliche Grube mit Knochendurchmengung in die Tiefe reicht. Auch das Verfüllmaterial ist als Gley ausgewiesen. Das liegende Sediment wird als Lösslehm mit sandigen Zwischenschichten bezeichnet. Der Schichteinfall nach Osten ist beträchtlich. Bei einer Länge von 2 m beträgt er über 20 cm (Abb. 143).
Profil 2 Das Profil 2 ist dem Quadratmeter Au zugewiesen, stellt aber vermutlich das Südprofil des Quadratmeters Hu dar. Es ist wesentlich detaillierter dargestellt als das Profil 1. Es zeigt sehr deutlich, dass die Kulturschicht hier nicht durchgehend ausgeprägt ist. Die verschiedenen braun gefärbten Schichten stellen vermutlich einen Schnitt durch eine Feuerstelle dar. Sie ist möglicherweise mehrphasig gewesen. Das liegende Sediment wird als Mergel-Ton bezeichnet. Der Schichteinfall entspricht dem des Profils 1. Mit 13 cm auf 1 m ist er relativ stark (Abb. 144). Profil 3 Trotz der Beschriftung Quadratmeter Cu dürfte es sich hier um ein Südprofil des Quadratmeters Du handeln. Die Schichten weisen kein einheitliches Gefälle auf. Die Grundtendenz mit einem beträchtlichen Einfall von 20 cm auf 1 m nach Osten ist wieder sehr deutlich. Verschiedene braune Schichtbereiche unter einem ausgeprägten
154
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
1m
2m
Abb. 143: Langenlois B, Profil 1, Suchgraben im Bereich des Quadratmeters Bu, Südprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
Osten
Au
Westen
Abb. 144: Langenlois B, Profil 2, trotz Beschriftung Au vermutlich Hu Südprofil (L = 1 m) (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle B
Holzkohlehorizont deuten entweder eine Mehrphasigkeit oder eine mehrfache Überschiebung der Kulturschicht durch Bodenfließen an. Ein umgebendes Sediment wurde im Plan nicht ausgewiesen. Die Kulturschicht wird als gut ausgeprägt mit starker Holzkohlebeimengung beschrieben (Abb. 145). Profil 4 Obwohl das Profil als „Baggerschnitt“ bezeichnet ist, dürfte es sich um den nach Osten reichenden und im Übersichtsplan als „Suchgraben“ bezeichneten Schnitt (Südprofil) handeln. Hier ist lediglich der Verlauf der Kulturschicht wiedergegeben. Sie ist durchgehend dargestellt und weist ein sehr unterschiedliches Gefälle bis hin zu einer Muldenbildung auf. Das mittlere Gefälle beträgt hier etwa 20 cm auf 1 m. Das Hauptgefälle nach Osten wird hier erneut bestätigt. Über das umgebende Sediment ist nichts bekannt (Abb. 146). Profil 5 Das Profil 5 ist ein Nordprofil des Quadratmeters Du. Auch hier ist wieder das Ostgefälle deutlich erkennbar. Es variiert hier nicht nur die Steilheit des Gefälles stark, sondern auch die Kulturschichtmächtigkeit. Das Gefälle beträgt etwa 23 cm auf 1 m. Eine kurze Holzkohleschicht unter der eigentlichen Kulturschicht zeigt erneut die Mehrteilung des Kulturhorizontes. Der archäologische Horizont wird als lehmige, dunkelbraune, holzkohleführende Schicht bezeichnet. Im Mittelbereich ist eine Zone mit verbranntem Lösslehm ausgewiesen. Auf ihr liegen auch größere Holzkohlestücke auf (Abb. 147). Ob es sich hier um eine verlagerte Feuerstelle handelt, kann leider nicht mehr nachgeprüft werden. Profil 6 Hierbei handelt es sich vermutlich um das Südprofil des südlich gelegenen Baggerschnittes. Es ist hier nur schematisch die Lage der Kulturschicht verzeichnet. Das Liegende wird in der Beschreibung als Sand, das Hangende als Lösslehm bezeichnet. Unter dem Sand soll sich Schotter befunden haben. Deutlich wird wieder das starke Schichtgefälle mit 24 cm auf 1 m nach Osten (Abb. 148). Profil 7 Bei Profil 7 handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um ein Ostprofil der Quadratmeter Cu, Du und Eu. Gut zu erkennen ist hier auch das Einfallen der Schichten nach Osten. Das mittlere Gefälle beträgt hier wiederum etwa 20 cm auf 1 m. Die Kulturschicht wird als Mischung aus
155
Gley und Kulturschichtresten angesprochen, die teilweise in Löss übergeht. Sie beinhaltet reichlich Funde. Im Bereich der ausgewiesenen Kulturschicht sind deutlich verschiedene Holzkohlestraten zu erkennen, die auf eine Mehrteilung oder Überschiebung hindeuten. Im Liegenden soll sich unter einem Gley gelbroter Sand befunden haben. Unter dem Sand fand sich teilweise auch grober Schotter (Abb. 149). Zusammenfassung Obwohl nicht sicher ist, dass alle Profile ihrer ursprünglichen Lage richtig zugeordnet werden konnten, lassen sich doch einige Grundtendenzen festhalten: - Die Kulturschicht ist nicht durchgehend vorhanden gewesen. - Die Kulturschicht ist unterschiedlich stark ausgeprägt. - Alle beschriebenen Schichten weisen ein Gefälle nach Nordosten auf. - Das durchschnittliche Gefälle beträgt etwa 20 cm auf 1 m. - Es gibt deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von mehreren Kulturstraten. - Innerhalb der Kulturschicht gab es Strukturen wie Feuerstellen und Gruben. - Unter der Kulturschicht ist mit einem gleyartigen Sediment zu rechnen. - Nicht weit unter dem Gley befanden sich Sandschichten und grober Schotter. - Über der Kulturschicht befand sich vermutlich Löss. Es muss also davon ausgegangen werden, dass die unterschiedlich ausgeprägte Kulturschicht mehrphasig ist oder durch Bodenbewegungen überschoben wurde. Das relativ starke Gefälle nach Nordosten mit seinen zahlreichen Stufen legt die Vermutung nahe, dass es hier zu massiven Umlagerungen gekommen ist. Dennoch waren partiell noch deutliche Strukturen wie Feuerstellen oder Gruben erkennbar, die aus Zeitmangel leider nicht optimal dokumentiert wurden. Die im Liegenden immer wieder beschriebenen gleyartigen Sedimente, die auch in Verbindung mit der durchmischten Kulturschicht genannt werden, könnten als ein Indiz für das Vorhandensein eines Permafrostbodens angesehen werden. Im Zuge von oberflächlichen Auftauprozessen könnte es dann zum teilweisen Abfließen der Kulturschicht gekommen sein. Leider lassen sich diese Vermutungen durch den geringen Dokumentationsstand nicht mehr ausreichend untermauern.
156
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Cu
Abb. 145: Langenlois B, Profil 3, trotz Beschriftung Cu vermutlich Du Südprofil (L = 1 m) (Graphik: Th. Einwögerer).
Osten 0
Westen
Baggerschnitt 1m
Abb. 146: Langenlois B, Profil 4, Südprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
2m
Langenlois Fundstelle B
Süden
Du
157
Norden
Abb. 147: Langenlois B, Profil 5, Nordprofil (L = 1 m) (Graphik: Th. Einwögerer).
Osten
Baggersuchschnitt
Abb. 148: Langenlois B, Profil 6, Südprofil (L = 1 m) (Graphik: Th. Einwögerer).
Westen
158
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Norden
Süden 3m
2m
1m
0
Abb. 149: Langenlois B, Profil 7, Ostprofil (Graphik: Th. Einwögerer).
4.2.2 Feuerstellen Im Quadratmeter Au wurde eine leicht ovale Struktur mit den Abmessungen 60 × 50 cm dokumentiert und mit der Bezeichnung „Herd?“ versehen. Im Profilschnitt durch diesen Bereich ist eine deutliche Verdickung der Kulturschicht zu erkennen, die sich in drei übereinander liegende Bereiche gliedert. Zuoberst eine dunkle Schicht (vermutlich Holzkohle), in der Mitte eine dunkelbraune Schicht und zu unterst eine hellbraune Zone (Abb. 144). Hierbei könnte es sich um eine geringfügig nach Nordosten verlagerte Feuerstelle handeln. Eine weiterführende Interpretation dieses Befundes ist aufgrund der unzureichenden Dokumentation leider nicht möglich. Im Quadratmeter Du ist in einer Profilzeichnung eine Stelle mit etwa 20 cm Länge als verbrannter Lösslehm ausgewiesen. Massive Holzkohle am Oberrand dieses Sedimentes lassen vermuten, dass es sich auch hier um die Reste einer kleineren verlagerten Feuerstelle handeln könnte (Abb. 147). Leider lässt auch hier die vorhandene Dokumentation keine genauere Interpretation zu. 4.3 Funde 4.3.1 Geschlagene Steinartefakte Zu Fragestellung und Methodik siehe Kap. 3.3.1
Inventarumfang Aus der Fundstelle B liegen insgesamt 325 geschlagene Steinartefakte vor. Dies sind 18% der Gesamtanzahl der geschlagenen Stücke aus den Fundstellen Langenlois A und B (Abb. 40). 4.3.1.1 Rohmaterialverteilung der Fundstelle B Im Inventar der Fundstelle B dominieren mit über 79% die Hornsteine. Radiolarite, die zweithäufigste Rohmaterialgruppe, sind nur mit 11% vertreten. Mit 4,9% stellen die kieselreichen Kalk- bis Hornsteine die drittgrößte Gruppe dar. Kieselreicher Kalkstein und Quarzit sind nur in sehr geringen Mengen vorhanden. Die Gruppe der Chalcedone, die das Inventar der Fundstelle A dominiert, ist in der Fundstelle B nur mit 0,6% vertreten. Rohmaterialvarianten wie der „gelbe Chalcedon (1)“ oder der „helle beinfarbene Chalcedon (2)“ fehlen zur Gänze (Abb. 150). Beim Vergleich der Gewichtsanteile der einzelnen Rohmaterialgruppen (Abb. 151) wird die Dominanz der Hornsteinvarianten auf 71,8% leicht abgeschwächt. Im Gegensatz dazu kann der Radiolarit mit 14,3% leicht zulegen. Wesentlich häufiger vertreten ist auch der kieselreiche Kalk, was auf wenige große und schwere Stücke zurückzuführen ist. Im Gegensatz zur Fundstelle A bleibt die Gruppe der
Langenlois Fundstelle B
159
100 100 90
80 70 66.6
60 %
50 50 45
40 30 20 17.1 10 0
0
6.2
0
nicht bestimmbar
Hornstein
Radiolarit
Chalcedon
Quarzit
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
Grünstein
Quarz
Abb. 150: Langenlois B, Rohmaterialverteilung nach der Stückzahl (Graphik: Th. Einwögerer).
Hornstein 71.8%
Grünsteine auch nach ihrem Gewicht gerechnet mit 1,9% unbedeutend. 4.3.2 Artefaktmorphologie 4.3.2.1 Grundformanteile der Rohmaterialien Hornstein Die Hornsteinvarianten stellen mit 258 Stück (Tab. 39) die größte Artefaktgruppe dar. Die meisten Abschläge wurden aus Hornstein hergestellt. Von dieser Rohmaterialgruppe liegen auch die meisten Klingen vor. Sie sind aber nur halb so häufig wie die Abschläge überliefert. Innerhalb der Hornsteine sind die Klingen mit 16,8% und die Abschläge mit 35,5% vertreten. Erwartungsgemäß sind bei den Hornsteinen auch die meisten Präparationsgrundformen (3,1%) vorhanden. Sie sprechen für eine regelhafte Präparation der Kerne und einen nachfolgenden, gezielten Abbau. Es liegen aber auch viele Kerne (3,9%) und Trümmer (8,6%) dieser Rohmaterialgruppe vor. Noch höher als die Anzahl der Abschläge ist die Anzahl der Absplisse (32%).
nur einer einzigen Präparationsgrundform (2,8%), einer primären Kernkantenklinge, ist zumindest der Nachweis einer versuchten gezielten Kernzurichtung erbracht. Mit 14% ist der Anteil der Kerne dieser Rohmaterialgruppe relativ hoch. Trümmer sind mit 4% wesentlich seltener.
Radiolarit Radiolarite sind mit 36 Stück wesentlich seltener als die Hornsteingruppe. Bei den Radiolariten sind Klingen mit 36,4% nur knapp häufiger als die Abschläge mit 33,6%. Mit
Kieselreicher Kalk- bis Hornstein Die drittgrößte Rohmaterialgruppe ist nur mit 16 Stück vertreten. Aus ihr sind vor allem Abschläge (43,7%), aber auch Klingen (31,3%) überliefert. Wie bei den Radiolariten
Grünstein 1.9% kieselreicher Kalkstein bis Hornstein kieselreicher Kalkstein 6.1% 5.1%
Quarzit 0.2%
Chalcedon 0.7%
Radiolarit 14.3%
Abb. 151: Langenlois B, Rohmaterialverteilung nach dem Gewicht (Graphik: Th. Einwögerer).
160
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Grundformen
Klingen nicht bestimmbar
Abschläge
Präparationsgrundformen
Kerne
Stichelabfälle
Trümmerstücke
Absplisse
gesamt
-
1
-
-
-
5
-
6
Hornstein
43
91
8
10
2
22
82
258
Radiolarit
13
12
1
5
1
2
2
36
Chalcedon
1
-
-
-
-
1
-
2
Quarzit
1
1
-
-
-
1
-
3
kieselreicher Kalkstein
-
-
-
-
-
1
-
1
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
5
7
1
-
-
3
-
16
Grünstein
-
2
-
-
-
1
-
3
63
114
10
15
3
36
84
325
gesamt
Tab. 39: Langenlois B, Grundformanteile aller Rohmaterialien.
deutet auch hier eine einzige Präparationsgrundform (6,25%), eine primäre Kernkantenklinge, auf eine gezielte Kernzurichtung hin. Kerne sind ebenso wie Absplisse keine überliefert. Drei Trümmerstücke (18,8%) weisen auf die mindere Rohmaterialqualität hin. Bei den Präparationsgrundformen dominieren die primären Kernkantenklingen vor den sekundären Kernkantenklingen. Auch ein primärer Kernkantenabschlag ist vorhanden. Die meisten Präparationsgrundformen finden sich bei den Hornsteinvarianten. 4.3.2.2 Kortexanteile Wie bereits in der Fundstelle A festgestellt werden konnte (Abb. 63), dominiert auch in der Fundstelle B die Gruppe der Grünsteine mit 100% (Abb. 153). Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass einerseits nur sehr wenige Stücke dieser Gruppe aufgefunden wurden und andererseits hier vor allem plattige Stücke zerschlagen oder chopperartige Schlagsteine nachgeschärft wurden. Bei den nicht bestimmbaren Stücken konnten ebenso wie bei den kieselreichen Kalk- bis Hornsteinen an 50% der Stücke Kortexreste beobachtet werden. Die Quarzite weisen an 33,3% aller Stücke Kortexreste auf. Auch für dieses Ergebnis ist die geringe Stückzahl von nur drei ausschlaggebend. Die Radiolarite, die mit 34 Stück auch nicht wesentlich zahlreicher vorhanden sind, weisen nur an 14,7% Kortexreste auf. Auffallend sind wie bereits in der Fundstelle A die verschiedenen Hornsteine, die hier die größte Rohmaterial-
gruppe verkörpern und nur an 9,7% aller Stücke Kortexreste aufweisen. Kieselreicher Kalkstein und Chalcedon weisen an keinem Stück Kortexreste auf. Sie sind aber auch nur sehr selten nachgewiesen. Die Lagen der Kortexreste aller Rohmaterialgruppen sind sehr gleichmäßig verteilt. Eine Häufung konnte nirgends festgestellt werden. Dies ist vermutlich auf die sehr geringe Stückzahl zurückzuführen, die aus der sehr kleinen Ausgrabungsfläche resultiert. Es muss daher angenommen werden, dass ein Großteil des an der Fundstelle hinterlassenen Materials nicht aufgefunden wurde. 4.3.2.3 Temperatureinwirkung Die Anzahl der Stücke mit nachgewiesener Temperaturveränderung (Tab. 40) ist mit 3% ähnlich niedrig wie in der Fundstelle A (Kap. 3.3.2.3). Über die Position der Stücke gegenüber der dokumentierten Feuerstelle kann nichts ausgesagt werden, da die genaue Lage der meisten Artefakte bei der Bergung nicht festgehalten wurde. Nur bei drei Stücken kann ausgesagt werden, dass sie in einem Nachbarquadratmeter zur Feuerstelle lagen. 4.3.2.4 Grundformen Zur Definition siehe Kap. 3.3.2.4.
Klingen Zur Einteilung der Klingen siehe Kap. 3.3.2.4, Klingen.
Langenlois Fundstelle B
161
100 90 80 70 60 50
%
40 30 20
Absplisse Trümmerstücke Stichelabfälle Kerne Abschläge Klingen
10 0
Präparationsgrundformen
Abb. 152: Langenlois B, graphische Darstellung der Grundformanteile aller Rohmaterialien (Graphik: Th. Einwögerer).
100
100
90 80 70 60 % 50
50
50
40 33.3
30 20 10 0
9.7 nicht bestimmbar
Hornstein
14.7 0 Radiolarit
Chalcedon
0 Quarzit
kieselreicher Kalkstein
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
Grünstein
Abb. 153: Langenlois B, Anteil der Kortexbedeckung innerhalb der Rohmaterialgruppen (Graphik: Th. Einwögerer).
162
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
keine erkennbare Temperatureinwirkung
craqueliert
gebrannt
gesamt
70
-
-
6
6
Hornstein
254
2
2
258
Radiolarit
36
-
-
36
Chalcedon
2
-
-
2
Quarzit
3
-
-
3
Kieselreicher Kalkstein
1
-
-
1
Kieselreicher Kalk- bis Hornstein
16
-
-
16
Grünstein
3
-
-
3
315
2
8
325
gesamt
50
Tab. 40: Langenlois B, Temperaturveränderungen.
Eine große Überschneidung der Klingen mit regelmäßigen Abschlägen, wie sie für das Gravettien meist feststellbar ist,295 kann im Inventar der Fundstelle B nicht beobachtet werden. Ähnlich wie in der Fundstelle A grenzen sich die Abschläge im Längen-Breiten-Histogramm einigermaßen deutlich von den Klingen ab (Abb. 154). Lamellen Wie bereits im Kap. 3.3.2.4, Lamellen ausgeführt, bilden die Lamellen oder Mikroklingen eine Sonderform der Klingen, die oft willkürlich nach ihrer Breite definiert werden. Sinnvoller ist hier aber eine statistische Trennung. Abb. 155 zeigt ein Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen. Trotz der geringen Anzahl an Fällen (26) kann eindeutig festgestellt werden, dass in einem Breitenbereich zwischen 8 und 12 mm keine Gruppentrennung stattfindet. Eine deutliche Unterscheidung ist, wie bereits im Inventar der Fundstelle A (Abb. 66) nachgewiesen werden konnte, in einem Breitenbereich von etwa 20 mm gegeben (Abb. 67). Auch bei einem Breitenhistogramm (Abb. 155) aller Klingen kann keine Bimodalität mit einer Trennung im Bereich zwischen 8 und 12 mm festgestellt werden. Deutlich erkennbar hingegen ist die Teilung bei 19 mm, wie es auch das Streudiagramm (Abb. 156) zeigt. 295. Owen 1989, 107.
40 30 20
Grundform Länge
nicht bestimmbar
60
10 0
0
10
20
30
40
50
60
70
Abschläge Klingen
Breite
Abb. 154: Langenlois B, Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen und Abschläge (Graphik: Th. Einwögerer).
Vergleicht man die Formen der Schlagflächenreste der Klingen unter 10 mm und der Klingen über 10 mm Breite, so ergibt sich auch hier kein wesentlicher Unterschied (Abb. 157). Bei den Klingen über 10 mm Breite sind die ovalen Schlagflächenreste ebenso wie die unregelmäßigen etwas häufiger vertreten. Lineare Schlagflächenreste kommen nicht vor. Ein Vergleich zwischen Klingen unter 20 mm Breite mit Klingen über 20 mm Breite kann aufgrund der geringen Stückzahlen der beiden Kategorien nicht erfolgen. Während die drei Rückenmesser nach ihrer Fertigung Breiten unter 10 mm aufwiesen, zeigt eine Kantenretusche eine Breite über 10 mm (Abb. 158). Leider sind auch hier die Aussagen aufgrund der geringen Stückzahl nicht aussagekräftig. Da generell die Anzahl der beurteilbaren Stücke zu gering ist und weder beim Streudiagramm noch beim Breitenhistogramm eine Bimodalität im relevanten Breitenbereich zwischen 8 und 12 mm festgestellt werden konnte und auch sonst keine nennenswerten Unterschiede bei den Schlagmerkmalen und der Modifikation auftreten, wird im Folgenden auf eine weitere Unterteilung in Klingen und Mikroklingen bzw. Lamellen verzichtet. Klingenhäufigkeit Im Inventar der Fundstelle B konnten insgesamt 63 Klingen bzw. Klingenbruchstücke festgestellt werden. Dies entspricht 19,4% der geschlagenen Steinartefakte. Dieser Wert liegt deutlich unter dem der Fundstelle A (32,3%) und dem
Langenlois Fundstelle B
163
70
Klingen ? 60
50
40
Länge in mm
30
Lamellen ?
20
10
25
,5
,5
21
,5
17
,5
Breite in Breite in mm mm
13
30
5 9,
20
5 5,
10
5 1,
0
Breite
Abb. 155: Langenlois B, Längen-Breiten-Streudiagramm aller vollständigen Klingen, n=26 (Graphik: Th. Einwögerer).
Abb. 156: Langenlois B, Breitenhistogramm aller Klingen (Graphik: Th. Einwögerer).
%
%
ig äß
lm ge
re
un g
ki
ec
ei
dr ig rm tfö
nk
al
pu
ov n
de an
ig äß
h or
lm ge
tv
re
ch
ni
un g
ki
ec
r
ea
ei
dr
lin ig rm tfö
nk
n
de an
h or
tv
al
pu
ov
ch
ni
Schlagflächenrest
Schlagflächenrest
Abb. 157: Langenlois B, Vergleich der Form der Schlagflächenreste, links Klingen mit einer Breite unter 10 mm, rechts Klingen mit einer Breite über 10 mm (Graphik: Th. Einwögerer).
Rückenmesser
kantenretuschiert
nicht retuschiert
nicht retuschiert
Abb. 158: Langenlois B, Vergleich der Modifikationen: links Klingen mit einer Breite unter 10 mm, rechts Klingen mit einer Breite über 10 mm (Graphik: Th. Einwögerer).
164
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
von H. Löhr festgestellten Höchstwerten in jungpaläolithischen Inventaren mit 30%.296 Klingenerhaltung Am häufigsten sind vollständig erhaltene Klingen mit 41% überliefert (Tab. 41). Sie treten nahezu doppelt so oft auf wie proximale Fragmente. Mediale und distale Fragmente sind zu gleichen Teilen deutlich geringer als proximale vorhanden. Vollständige Klingen sollten nach L. Owen297 aber nur einen geringen Prozentsatz eines Inventars ausmachen. Im Inventar der Fundstelle A konnte mit 13,1% des Gesamtinventars ein relativ geringer Wert ermittelt werden. n
% der Klingen
% des Gesamtinventars
vollständig erhalten
26
41,3
8,1
proximal erhalten
15
23,8
4,7
medial erhalten
11
17,5
3,4
distal erhalten
11
17,5
3,4
gesamt
63
100,0
Bei den restlichen Rohmaterialgruppen ist die Gesamtmenge zu gering, um aussagekräftige Ergebnisse zu ermitteln. Klingenmaße Schlagmerkmale Das Proximalende konnte bei 135 Stück beurteilt werden. 32,6% der proximal untersuchten Stücke weisen keine dorsale Reduktion auf. Dies ist deutlich mehr als in der Fundstelle A.
Tab. 41: Langenlois B, Erhaltung der Klingen.
Abb. 159: Langenlois B, Längenhistogramm aller vollständigen Klingen (Graphik: Th. Einwögerer).
70 60 50 40 30 20
Breite
Mediale Fragmente hingegen sollten mit 39% bis 51% am häufigsten vorkommen. Mit 17,5% stellen sie gemeinsam mit den distalen Fragmenten die geringste Gruppe dar. Im Gegensatz dazu konnte in der Fundstelle A mit 38,8% der höchste Wert der Klingenerhaltung ermittelt werden. Beleuchtet man die verschiedenen Rohmaterialgruppen, so ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild. Bei den Hornsteinvarianten, der mit insgesamt 258 Stück größten Gruppe, sind vollständige Klingen mit 6,5% am häufigsten vorhanden. Proximale Fragmente sind mit 4,7% am zweithäufigsten. Mit 3,5% sind mediale Fragmente nur halb so oft überliefert wie die vollständigen Stücke. Distale Stücke sind erwartungsgemäß am seltensten anzutreffen. Ähnlich sieht es bei den Radiolariten aus. Ihre Gesamtzahl ist mit 36 Stück jedoch wesentlich geringer als die der Hornsteine. Dennoch sind 19,6% vollständig erhalten. Die distalen Fragmente sind bei dieser Rohmaterialgruppe mit 11,2% am zweithäufigsten. Mediale Klingenfragmente erscheinen mit 2,8% unterrepräsentiert.
Grundform
10 0
Abschlag Klinge 0
10
20
30
Dicke 296. Löhr 1988, 92. 297.
Owen 1988, 172.
Abb. 160: Langenlois B, Breiten-Dicken-Streudiagramm aller Klingen und Abschläge (Graphik: Th. Einwögerer).
Langenlois Fundstelle B
165
% der Rohmaterialvariante / -gruppe vollständig erhalten
proximal erhalten
medial erhalten
distal erhalten
gesamt
Hornstein
6,5
4,7
3,5
2,3
16,8
Radiolarit
19,6
2,8
2,8
11,2
36,4
Chalcedon
50
-
-
-
50
Quarzit
33,3
-
-
-
33,3
Kieselreicher Kalk- bis Hornstein
6,3
12,6
6,3
6,3
31,5
Tab. 42: Langenlois B, Erhaltung der Klingen nach den Rohmaterialgruppen.
dorsale Reduktion nicht erhalten
nicht reduziert
reduziert
gesamt
42
6
26
74
Kortex
-
1
1
2
Kluft
-
3
3
6
glatt
-
4
3
7
primär facettiert
-
3
6
9
sekundär facettiert
-
25
50
75
SFR. Art
nicht erhalten
unbestimmt facettiert gesamt
-
2
2
4
42
44
91
177
Tab. 43: Langenlois B, Gegenüberstellung der Facettierung der Schlagflächenkante und der dorsalen Reduktion aller proximal erhaltener Klingen und Klingenbruchstücke.
Im Gegensatz zur Fundstelle A, wo nur 17% der Schlagflächenreste eine Facettierung aufweisen, kann in der Fundstelle B an 65,2% der Schlagflächenreste eine solche festgestellt werden. Eine Facettierung ohne dorsale Reduktion ist mit 22,2% nahezu zehn Mal so häufig wie in der Fundstelle A. Eine Facettierung in Verbindung mit einer dorsalen Reduktion ist in 42,9% der Fälle nachweisbar. Auch diese Variante ist deutlich häufiger als in der Fundstelle A mit 13,4% (Tab. 8 und Tab. 43).
Abb. 161: Langenlois B, Längenhistogramm aller medialen Klingenfragmente (Graphik: Th. Einwögerer).
Abschläge Im Inventar der Fundstelle B konnten insgesamt 114 Abschläge bestimmt werden. Die meisten Abschläge sind mit beinahe 80% aus Hornstein hergestellt. Nur 10,5% sind aus Radiolarit gefertigt. Über die vollständige Rohmaterialverteilung gibt Tab. 45 Auskunft. Das Breiten-Dicken-Streudiagramm (Abb. 162) der Abschläge verdeutlicht, dass mit der Breite der Grundform
166
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
dorsale Reduktion
Radiolarit
SFR. Art
Hornstein
SFR. Art
nicht erhalten
Chalcedon
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
sonstige Rohmaterialien
gesamt
SFR. Art
Quarzit
nicht erhalten
nicht reduziert
reduziert
gesamt
31
6
23
60
Kluft
-
3
1
4
glatt
-
20
35
55
primär facettiert
-
3
2
5
sekundär facettiert
-
2
5
7
unbestimmt facettiert
-
1
2
3
gesamt
31
35
68
134
nicht erhalten
7
-
3
10
glatt
-
2
9
11
prim. facettiert
-
1
-
1
sek. facettiert
-
1
1
2
unbestimmt facettiert
0
1
0
1
gesamt
7
5
13
25
glatt
0
0
1
1
gesamt
0
0
1
1
glatt
0
0
2
2
gesamt
0
0
2
2
nicht erhalten
3
0
0
3
Kluft
0
0
2
2
glatt
0
0
1
1
sek. facettiert
0
3
3
6
gesamt
3
3
6
12
nicht erhalten
1
0
0
1
Kortex
0
1
1
2
gesamt
1
1
1
3
177
Tab. 44: Langenlois B, Facettierung der Schlagflächenkante aller proximal erhaltener Klingen und Klingenbruchstücke nach den Rohmaterialgruppen.
Langenlois Fundstelle B
167
100
Häufigkeit
Prozent
nicht bestimmbar
1
0,9
Hornstein
91
79,8
Radiolarit
12
10,5
Quarzit
1
0,9
kieselreicher Kalk- bis Hornstein
7
6,1
Grünstein
2
1,8
114
100,0
Rohmaterial
60
Grünstein kieselr. Kalk-Horns. 40
kieselr. Kalk Quarzit Chalcedon
20
Länge
gesamt
80
Tab. 45: Langenlois B, Rohmaterialverteilung der Abschläge.
Radiolarit Hornsein nicht bestimmbar
0 0
10
20
30
40
50
Breite 70
Abb. 163: Langenlois B, Längen-Breiten-Streudiagramm aller Trümmer, Unterscheidung nach Rohmaterialgruppen, n=36 (Graphik: Th. Einwögerer).
60
50
40
sekundären Kernkanten mit zwei Stück (0,6%). Ein primärer Kernkantenabschlag rundet das Bild ab. Wie zu erwarten sind 80% der Präparationsgrundformen aus Hornstein hergestellt. Je ein Stück wurde aus Radiolarit und aus kieselreichem Kalk- bis Hornstein gefertigt.
30
Breite
20
10 0 0
10
20
30
Dicke
Abb. 162: Langenlois B, Breiten-Dicken-Streudiagramm aller Abschläge, n=114 (Graphik: Th. Einwögerer).
auch deren Dicke gleichmäßig ansteigt. Besonders breite und dicke Abschläge kommen eher selten vor. Dies spricht ebenso wie die Abschläge der Fundstelle A (Abb. 76) für einen sehr kontrollierten Kernabbau. Unterschiede zwischen den einzelnen Rohmaterialgruppen sind aufgrund der geringen Stückzahl und der Dominanz der Hornsteine nicht erkennbar. Präparationsgrundformen Auskunft über die Kernabbautechnik und die Zurichtung geben im Allgemeinen die Präparationsgrundformen. Sie sind mit insgesamt zehn Stück (3,1%) vertreten. Damit kommen sie im Verhältnis zur Gesamtanzahl des Inventars geringfügig häufiger vor als im Inventar der Fundstelle A (Abb. 77). Unter den Präparationsgrundformen dominieren die primären Kernkanten mit sieben Stück (2,2%) vor den
Trümmer Im Inventar sind die Trümmerstücke mit insgesamt 36 Stück mit 11,1% (Abb. 163) vertreten. Mit 61,1% sind sie am häufigsten unter den Hornsteinen zu finden. In geringen Stückzahlen kommen sie aber in allen Rohmaterialgruppen vor. Fast alle Trümmerstücke zeigen ein ausgewogenes Längen-Breiten-Verhältnis unter 2:1. Längen über 60 mm sind sehr selten und kommen nur bei schlechteren Rohmaterialien wie kieselreichem Kalkstein und kieselreichem Kalk- bis Hornstein vor. Absplisse Absplisse sind mit insgesamt 84 Stück (25,8%) vertreten. Für ein vollständiges Inventar wären sie stark unterrepräsentiert. Es ist daher anzunehmen, dass es sich um kein vollständig erfasstes Inventar handelt. Dies ist nicht nur auf die Grabungsmethode zurückzuführen, sondern auch auf die sehr geringe Grabungsfläche. Auffallend ist, dass 97% aller Absplisse den Hornsteinvarianten zugeordnet werden können. Nur zwei Absplisse gehören den Radiolariten an. Kerne Siehe dazu Kap. 4.3.2.10.
168
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
4.3.2.5 Schlagmerkmale Zur Definition siehe Kap. 3.3.2.5. Bei insgesamt 140 Stücken war es möglich, das proximale Ende zu beurteilen.
Krems-Wachtberg 1930300 ist Langenlois B das erste merkmalanalytisch aufgenommene Gravettieninventar, das im Bezug auf Narben und Lippen bei Klingen jenen von Süddeutschland ähnelt.
Bulbus Alle proximal erhaltenen Grundformen weisen einen Bulbus auf. In 19 Fällen (13,6%) ist er sogar doppelt erkennbar. Normalerweise sind doppelte Bulben eher bei zäheren oder schlechteren Rohmaterialien anzutreffen. Umso überraschender ist es, dass in 89% der Fälle doppelte Bulben bei verschiedenen Hornsteinvarianten vorhanden sind.
4.3.2.6 Schlagflächenreste Bei den Klingen dienten mit 68,3% am häufigsten Spaltflächen als Schlagfläche. Facettierte Schlagflächen sind mit 7,3% sehr selten. Eine Kluft wurde nur in einem Fall verwendet (Tab. 46). Bei den Abschlägen dominieren ebenso die Spaltflächen. Im Gegensatz zu den Klingen wurde jedoch die Schlagfläche mit 18,4% wesentlich häufiger facettiert. Kortex oder Kluftflächen wurden nur selten als Schlagfläche verwendet (Tab. 46).
Lippe Lippen sind nicht an allen proximal erhaltenen Grundformen vorhanden. Nur in 105 Fällen (75%) sind sie nachweisbar. Lippen kommen sowohl bei den Klingen als auch bei den Abschlägen vor. Kegel Kegel sind mit sieben Stück eher selten und kommen nur bei den Abschlägen vor. Am häufigsten sind sie mit über 71% wider Erwarten bei den Hornsteinen zu finden. Nur zwei finden sich bei den schlechteren Rohmaterialien wie kieselreichem Kalk- bis Hornstein und dem Grünstein. Narbe Nur bei einem Viertel der proximal erhaltenen Grundformen konnten Schlagnarben festgestellt werden. Mit 79,4% finden sie sich am häufigsten bei den Hornsteinen. Seltener sind sie bei den Radiolariten (14,7%) und den kieselreichen Kalk- bis Hornsteinen (5,9%) anzutreffen. Mit 73,5% treten sie mehr als dreimal so oft bei Abschlägen als bei Klingen auf. L. Owen298 konnte für Gravettienklingen im süddeutschen Bereich häufiger Schlagnarben und seltener Lippen feststellen. Ähnliche Werte konnten auch für das Inventar der Fundstelle Langenlois B festgestellt werden. Während bei den Klingen Narben 36 Mal auftreten, sind Lippen nur neun Mal nachzuweisen. Im Inventar der Fundstelle Langenlois A hingegen sind bei den Klingen häufiger Lippen als Narben nachzuweisen (Kap. 3.3.2.5). Dies würde laut L. Owen299 eher zu Aurignacientechniken und einem direkten Schlag passen. Im Gegensatz zu Gravettieninventaren wie Langenlois A und
SFR Art
nicht bestimmbar
Klingen
Abschläge
n
%
n
%
9
22
21
22,8
Kortex
-
-
2
2,2
Kluft
1
2,4
5
5,4
facettiert
3
7,3
17
18,4
Spaltfläche
28
68,3
47
51,2
gesamt
41
100
92
100
Tab. 46: Langenlois B, Häufigkeit der Schlagflächenrestarten der Klingen und Abschläge.
Klingen weisen mit 48,8% am häufigsten ovale bis spitzovale Schlagflächenreste auf. Unregelmäßige Schlagflächenreste sind mit 22% nur geringfügig stärker vertreten als punktförmige mit 19,5%. Lineare sind ebenso wie dreieckige nur sehr selten vertreten (Tab. 47). Bei den Abschlägen kommen unregelmäßige Formen mit 46,8% am häufigsten vor. Wesentlich seltener sind ovale oder spitzovale sowie punktförmige Reste mit etwa 22%. Andere Formen sind nur durch sehr geringe Stückzahlen vertreten (Tab. 47). Im Gravettien konnte ein Ansteigen von spitzovalen Schlagflächenresten bei Klingen bis zu 50% beobachtet werden.301 Dies wird auf eine veränderte Präparation des Schlagflächenrandes zurückgeführt. Mit über 48% nachgewiesener ovaler bis spitzovaler Reste liegt das Inventar von Langenlois B im erwarteten Bereich. Die Inventare Langenlois A (Tab. 14) mit 42% und Krems-Wachtberg
298. Owen 1989, 105–106.
300. Einwögerer 2000, 103.
299. Owen 1989, 105–106.
301. Owen 1989, 105–106.
Langenlois Fundstelle B
1930302 mit etwa 37% weisen einen etwas geringeren Anteil an ovalen Schlagflächenresten bei Klingen (und Lamellen) auf. Einen deutlich geringeren Anteil von nur etwa 16% an ovalen Schlagflächenresten weisen die Klingen der etwas jüngeren Station Langmannersdorf B auf.303 Mit knapp 47% unregelmäßigen Formen bei den Abschlägen liegt die Anzahl doch deutlich unter der der gravettienzeitlichen Fundstelle Krems-Wachtberg 1930,304 wo über 66% unregelmäßige Schlagflächenreste festgestellt werden konnten. Die Silexartefakte von Langenlois B passen im Bezug auf die Ausführung und Form der Schlagflächenreste sehr gut in die üblichen Muster anderer gravettienzeitlicher Inventare.
SFR Form
Klingen n
Abschläge
%
n
%
oval/spitzoval
20
48,8
21
22,8
punktförmig
8
19,5
20
21,7
linear
1
2,4
1
1,1
dreieckig
3
7,3
6
6,5
rechteckig
-
-
1
1,1
unregelmäßig
9
22
43
46,8
gesamt
41
100
92
100
Tab. 47: Langenlois B, Häufigkeit der Schlagflächenrestformen der Klingen und Abschläge.
4.3.2.7 Präparation des Schlagflächenrestes und dorsale Reduktion Über 85% aller beurteilbarer Klingen des Inventars Langenlois B weisen eine dorsale Reduktion auf. Meist (63,4%) wurde sie in Form von kurzen Angelbrüchen ausgeführt. In 56% aller Fälle steht die dorsale Reduktion auch in Verbindung mit einer Facettierung des Schlagflächenrestes (Tab. 48). Bei den Abschlägen hingegen weisen nur 58,7% eine dorsale Reduktion auf. Hier stehen aber nur 9,7% in Verbindung mit einer Facettierung des Schlagflächenrestes (Tab. 49). Ein Überreiben des Schlagflächenrandes konnte ebenso wie im Inventar von Langenlois A nicht eindeutig nachgewiesen werden.
302. Einwögerer 2000, 103. 303. Mayer 2002, 177. 304. Einwögerer 2000, 103.
169
4.3.2.8 Richtung der dorsalen Negative Bei den Grundformen, die dorsal Negative aufwiesen, konnten in knapp 90% aller Fälle gleichgerichtete Negative beobachtet werden. Gegenläufige Negative konnten keine festgestellt werden. Mit nur knapp über 3% sind auch bipolar verlaufende Negative sehr selten. Kombinationen von gleich, gegen und bipolar verlaufenden Negativen mit quergerichteten kommen nur vereinzelt vor. Dies bedeutet, dass der Abbau von nur einer Schlagfläche aus favorisiert wurde, und entspricht weitestgehend den bisher vorliegenden Daten aus dem Jungpaläolithikum Süddeutschlands und Österreichs. 4.3.2.9 Modifikationen Nur 2,2% der Grundformen im Inventar der Fundstelle B weisen Modifikationen auf. Mit drei Stück sind die Rückenmesser am häufigsten. Einen Überblick über die Verteilung gibt die Tab. 50.
Rückenmesser Mit drei Stück kommen die Rückenmesser (Taf. 9/3–5) für ein Gravettieninventar selten vor. Alle drei wurden aus Klingen gefertigt und weisen dorsal zwei Grate auf. Zwei sind medial und eines ist distal erhalten. Alle tragen die Rückenretusche dextrolateral. Bis auf ein Ende sind alle entweder gebrochen oder weisen eine Retusche auf. Ihre Längen betragen 10,5 mm, 10,8 mm und 27,5 mm. Zwei Rückenmesser wurden aus Hornstein gefertigt. Stichel Aus Langenlois B liegt nur ein Stichel vor (Taf. 9/1). Hierbei wurden proximal drei Stichelschläge sinistrolateral und einer dextrolateral angebracht. Distal findet sich ein weiterer Stichelschlag sinistrolateral. Als Ausgangsform diente ein mediales Klingenfragment mit 35 mm Länge und 10 mm Breite. Als Rohmaterial wurde ein „hellblaugrauer feiner Hornstein (20)“ verwendet. Den vier Stichelschlägen gegenüber sind deutliche Gebrauchsspuren zu erkennen. Kantenretuschen Auch von den in Fundstelle A sehr häufigen Kantenretuschen (Abb. 83) liegt in der Fundstelle B nur ein einziges Stück vor. Als Ausgangsform diente ein proximales Klingenfragment mit den Maßen 37 × 11,5 mm. Während die Retuschen sinistrolateral ventral angebracht wurden, zeigen beide Kanten an der Dorsalseite deutliche Gebrauchsspuren. Als Rohmaterial diente ein „dunkelgrauer durchschimmernder
170
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
keine dorsale Reduktion
dorsale Reduktion
gesamt
n
%
n
%
n
%
nicht bestimmbar
-
-
9
22
9
22
nicht facettiert
5
12,2
3
7,3
8
19,5
facettiert
1
2,4
23
56
24
58,4
gesamt
6
14,6
35
85,4
41
100
Tab. 48: Langenlois B, Klingen: Gegenüberstellung der Schlagflächenfacettierung und der dorsalen Reduktion.
keine dorsale Reduktion
dorsale Reduktion
gesamt
n
%
n
%
n
%
nicht bestimmbar
6
6,5
15
16,4
21
22,9
nicht facettiert
24
26,2
30
32,6
54
58,8
facettiert
8
8,6
9
9,7
17
18,3
gesamt
38
41,3
54
58,7
92
100
Tab. 49: Langenlois B, Abschläge: Gegenüberstellung der Schlagflächenfacettierung und der dorsalen Reduktion.
n
%
Rückenmesser
3
42,9
Stichel an Bruch od. natürlicher Fläche
1
14,3
Kantenretuschen
1
14,3
ausgesplitterte Stücke
1
14,3
Kombinationsgeräte
1
14,3
gesamt
7
100,0
Tab. 50: Langenlois B, Modifikationen.
Hornstein (34)“ mit vielen Verunreinigungen, wie er auch in Langmannersdorf häufig zu finden ist.305 Ausgesplitterte Stücke Ausgesplitterte Stücke sind typisch für das Jungpaläolithikum und nicht durch direkte Modifikation, sondern durch den Gebrauch entstanden. Sie weisen in ihrer Längsachse, seltener in ihrer Querachse, ventral und dorsal Aussplitterungen auf.306 Im Inventar der Fundstelle Langenlois B ist nur ein ausgesplittertes Stück vorhanden. Es ist aus einem Abschlag aus 305. Mayer 2000, 145–155. 306. Hahn 1993, 248.
„dunkelgrauem Hornstein (56)“ entstanden und weist eine Länge von 26 mm und eine Breite von 20 mm auf. Neben dextrolateralen Gebrauchsspuren zeigt es an beiden Enden massive Aussplitterungen. Kombinationsgeräte Als Kombinationsgerät liegt nur ein Stichelkratzer vor (Taf. 9/2). Er wurde an einem Abschlag aus „hellblaugrauem feinem Hornstein (20)“ angelegt. Vom distalen Ende aus laufen sinistrolateral zwei Stichelschläge über die gesamte Kante und dextrolateral ein Stichelschlag bis über die Mitte der erhaltenen Grundform. Proximal ist eine konvexe Kratzerkappe angebracht. Die Länge beträgt 28 mm, die Breite 21 mm. 4.3.2.10 Kerne Insgesamt sind 15 Kerne (4,6%) im Inventar von Langenlois B vorhanden. Dieser Anteil ist im Vergleich mit anderen Gravettienfundstellen Niederösterreichs relativ hoch (Tab. 24).
Rohmaterial und Kerntypen 66,7% der Kerne entfallen auf die verschiedenen Hornsteinvarianten und nur 33,3% auf die Radiolarite. Von einem „graublauen stark geklüfteten Hornstein (19)“ sind insgesamt vier Kerne vorhanden. Von einem „hellblaugrauen
Langenlois Fundstelle B
dunkelgrauer Hornstein, Typ Krumlovský les
171
angeschlagene Knolle
Abschlagkern
Klingenkern
Kerntrümmer
n
%
-
-
1
-
1
6,7
brauner Hornstein
-
-
1
-
1
6,7
graublauer stark geklüfteter Hornstein
1
3
-
-
4
26,6
hellblaugrauer feiner Hornstein
-
-
2
-
2
13,3
hellbrauner Hornstein mit weißen Tupfen
1
-
-
-
1
6,7
dunkelgrauer Hornstein
-
-
1
-
1
6,7
dunkelroter bis grüner Radiolarit
-
-
2
-
2
13,3
roter Radiolarit
-
1
-
-
1
6,7
dunkelblaugrauer Radiolarit
-
-
1
-
1
6,7
roter Radiolarit, schlechte Qualität, viele Klüfte
-
1
-
-
1
6,7
gesamt
2
5
8
-
15
100
Tab. 51: Langenlois B, Kerntypen und ihre Rohmaterialvarianten.
feinen Hornstein (20)“ und einem „dunkelroten bis grünen Radiolarit (10)“ sind je zwei Kerne vorhanden. Von den anderen Rohmaterialvarianten liegt jeweils nur ein Kern vor. Einen Überblick dazu gibt die Tab. 51. Am häufigsten liegen Klingenkerne mit insgesamt acht Stück vor. Abschlagkerne sind mit fünf Stück seltener. Angeschlagene Rohknollen kommen nur zwei vor (Tab. 51). Interessant ist der relativ hohe Anteil an Klingenkernen. Im Inventar von Langenlois A hingegen kommen geringfügig mehr Abschlagkerne als Klingenkerne vor. Ausgangsform Bis auf einen Kern, dessen Ausgangsform nicht mehr erkennbar ist, wurden alle aus Knollen hergestellt. Es handelt sich dabei ausnahmslos um Flussgerölle aus sekundärer Lagerstätte. Maße und Erhaltung Bis auf einen Kern, dessen Länge unvollständig ist, können alle anderen als vollständig bezeichnet werden. Die meisten Kerne bewegen sich in einem Längenbereich zwischen 15 und 40 mm. Nur drei sind länger als 60 mm (Abb. 164). Auffallend ist, dass die Klingenkerne die kleinsten darstellen. Ihre Längen liegen zwischen 25 und 40 mm. Dies hängt vor allem mit dem besseren Rohmaterial und der daraus resultierenden besseren Ausnutzung zusammen. Die Ausnutzung der Kerne, und dabei vor allem der Klingenkerne, ist im Inventar von Langenlois B als
Abb. 164: Langenlois B, Längenhistogramm der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
weitaus besser zu bezeichnen als im Inventar von Langenlois A (Abb. 87). Das dreidimensionale Streudiagramm der Kernabmessungen zeigt ein an sich geschlossenes Feld mit nur zwei Ausreißern bei der Dicke (Abb. 165). Lateralflächen, Rücken und Kernfuß Die Lateralflächen werden zumeist von Negativen oder Negativen in Verbindung mit Kortexresten gebildet. Zwei Mal weist eine Lateralfläche Präparationen in Form einer Kernkante auf.
172
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Vergleicht man die Abschlagindustrie, so dominiert hier eindeutig der gleichgerichtete Abbau. Vermutlich handelt es sich bei den bipolaren Negativen an den Kernen um Korrekturschläge zum Angleichen der Abbaufläche, etwa bei stecken gebliebenen Schlägen oder Angelbrüchen.
60 50 40 30
Dicke
20 10 100
80
60
Länge
40
70 80 50 60 Rohmaterial 40 20 30
20
Breite
Radiolarit Hornstein
Abb. 165: Langenlois B, Streudiagramm der Längen, Breiten und Dicken der Kerne nach ihrem Rohmaterial (Graphik: Th. Einwögerer).
Anders sieht es bei den Kernrücken aus. Hier dominieren Kortex, Klüfte oder Kombinationen daraus vor den Negativen. Der Kernfuß ist nur einmal präpariert.
Präparation der Schlag- und Abbauflächen Über 86% der Kerne weisen eine Facettierung zumindest einer Schlagfläche auf (Tab. 53). Gleichzeitig zeigen aber auch über 86% der Kerne eine Reduktion zumindest auf einer der Abbauflächen (Tab. 54). Auch in der Fundstelle Langenlois A (Tab. 28) dominieren bei den Kernen die facettierten Schlagflächen. Allerdings sind es hier mit knapp über 68% deutlich weniger. n
%
facettiert
12
80
glatt und facettiert
1
6,7
glatt und Kluft
1
6,7
Kluft
1
6,7
gesamt
15
100
Tab. 53: Langenlois B, Art der Schlagflächen.
nicht bestimmbar
1 Abbaufläche
2 Abbauflächen
3 Abbauflächen
gesamt
Schlag- und Abbauflächen Am häufigsten (neun Stück) kommen Kerne mit nur einer Schlagfläche vor. In fünf Fällen weist ein Kern zwei Schlagflächen und in einem Fall sogar drei Schlagflächen auf. In neun Fällen konnte ein gleichgerichteter Abbau festgestellt werden. In drei Fällen fand je ein bipolarer Abbau oder ein gedrehter Abbau statt. Meist (acht Stück) kommen Kerne mit nur einer Schlagund einer Abbaufläche vor. In drei Fällen besitzen Kerne eine Schlag- und zwei Abbauflächen. Einen Überblick darüber vermittelt die Tab. 52.
nicht bestimmbar
-
-
-
-
-
1 Schlagfläche
-
8
3
-
11
2 Schlagflächen
-
1
1
-
2
3 Schlagflächen
-
-
1
1
2
gesamt
-
9
5
1
15
Tab. 52: Langenlois B, Schlag- und Abbauflächen.
n
%
nicht vorhanden
2
13,3
vorhanden an 1 Abbaufläche
10
66,6
vorhanden an 2 Abbauflächen
2
13,3
vorhanden an 3 Abbauflächen
1
6,7
gesamt
15
100
Tab. 54: Langenlois B, Reduktion der Abbaufläche.
Verwerfung Verschiedenste Gründe wie zu geringe Größe, Fehler im Material oder Schlagunfälle können zur Verwerfung eines Kerns führen. Im Inventar von Langenlois B hat vermutlich die zu geringe Dimension in 41% der Fälle zu einer Verwerfung geführt. Mit 33% können auch Materialfehler zur Einstellung der Abbautätigkeit geführt haben. Mit jeweils 13% dürften Kombinationen aus Dimension und Angelbrüchen sowie Materialfehler und Angelbrüchen zur Aufgabe des Kerns geführt haben (Abb. 166). Ähnliche Gründe haben auch im Inventar von Langenlois A zur Verwerfung geführt und eine ähnliche Verteilung ergeben (Abb. 92).
Langenlois Fundstelle B
Abb. 166: Langenlois B, Verwerfungsgründe der Kerne (Graphik: Th. Einwögerer).
4.3.2.11 Zusammensetzungen Zu Allgemeines, Methode und Nomenklatur siehe Kap. 3.3.2.11.
2
gesamt
aufeinander gepasst
grüner Radiolarit
angepasst
Rohmaterial
11
aneinander gepasst
Komplex
Zusammenpassungen Vom Inventar der Fundstelle Langenlois B konnten nur zwei Stück aufeinander gepasst werden. Dies entspricht 0,6% des Gesamtmaterials.
2
Tab. 55: Langenlois B, Komplexe.
Langenlois B, Zusammensetzung 11 Bei dieser Zusammensetzung handelt es sich um eine Aufeinanderpassung von zwei Klingen aus grünem Radiolarit. Da keine Angaben zur Lage der Stücke vorliegen, kann über den räumlichen Zusammenhang nichts ausgesagt werden. 4.3.3 Kiesel, sonstige Steine und Farbstoffe Aus der Fundstelle Langenlois B liegen keine Kiesel, sonstigen Steine oder Farbstoffe vor.
173
5. Langenlois Fundstelle C
5.1 Fundgeschichte Am 12. Februar 1963 wurden, etwa 14 m südlich der Fundstelle A, bei Baggerarbeiten in der Zigelei Knochen und Mammutstoßzähne angetroffen. Da bei einem Bagger die Drahtseile gerissen waren, ergab sich für A. Rothbauer, dem Leiter des Heimatmuseums in Langenlois, die Möglichkeit einer Untersuchung und Bergung einiger Fundstücke (Abb. 167–171). Die Arbeiten erfolgten in der Zeit vom 12. bis 20. Februar 1963 unter extremen Temperaturbedingungen bei -16° C. Die Stelle erbrachte auf einer Länge von 4,5 m eine Ansammlung bzw. eine Aufschichtung von Knochen und Mammutstoßzähnen. Steinartefakte wurden im Bereich der untersuchten Fläche nicht aufgefunden.307 Diese Stelle wird als Langenlois C bezeichnet. 5.2 Befunde Bemerkenswert ist die folgende Situationsbeschreibung von A. Rothbauer:308 „In ca. 4,5 m Länge fand sich eine Ansammlung von Zähnen und Knochen, die ersten 2,5 m etwa 50 cm hoch, während die anschließenden 2 m anscheinend – dort konnte nimmer gegraben werden – nur aus Knochenplatten (Schulterblättern?) bestand und höchstens 5–6 cm stark war. Zuoberst lag, Richtung NW–SO, ein 45 cm langer Unterschenkelknochen (Mammut), darunter, in der gleichen Richtung, zwei Stoßzähne, ebenfalls untereinander; der obere Zahn, sichtlich seinerzeit bearbeitet, lagerte mit seinem dickeren, etwa 15 cm starken Ende in einer Knochengabel. Die Länge jedes Stoßzahnes betrug 1,20 m, und
nach Aussage des Baggerführers hatte der Bagger von jedem Zahn ein ebensolches Stück abgebrochen und zerstört (diese Stücke waren nicht mehr eruierbar). Unter einer Knochengabel und mit der Längsachse quer zu den Zähnen gelagert, fanden sich zwei große Röhrenknochen (je etwa 80 cm lang und 15 cm stark), daneben ein aus drei Rückenwirbeln (jeder 7 cm dick und 13 cm im Dm) mit ihren Dornfortsätzen bestehendes Stück; die Bandscheiben zwischen den Wirbeln sind noch deutlich sichtbar. Darunter wieder Knochen und anschließend an das Wirbelstück die vorerwähnte Lage von Knochenplatten, von denen – das neue Drahtseil war gekommen – nur die ersten ausgegraben werden konnten. Links vom Knochenpfeiler, unter den Zähnen, lagen ebenfalls Knochen, die ebenfalls nicht mehr geborgen werden konnten; soviel festgehalten werden konnte, waren großporige Stücke wie von Schädelknochen, darunter. Werkzeuge oder Kohle wurden nicht gefunden.“
307. Felgenhauer 1961–1965, 3. – Schriftliche Mitteilung durch A. Rothbauer an F. Felgenhauer und Bundesdenkmalamt. 308. A. Rothbauer, Unterlagen des Stadtmuseums Langenlois, 2. März 1963.
Abb. 167: Langenlois C, Freilegung der Knochen und Stoßzahnanhäufung (Foto: A. Rothbauer 1963).
176
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 168: Langenlois C, Freilegung der Knochen und Stoßzahn anhäufung (Foto: A. Rothbauer 1963).
Abb. 169: Langenlois C, Freilegung der Knochen und Stoßzahn anhäufung (Foto: A. Rothbauer 1963).
Abb. 170: Langenlois C, Freilegung der Knochen und Stoßzahn
Abb. 171: Langenlois C, Freilegung der Knochen und Stoßzahn anhäufung (Foto: A. Rothbauer 1963).
anhäufung (Foto: A. Rothbauer 1963).
Die ganze Anordnung der Knochen und Zähne – Lagerung der Zähne in einer Knochengabel, jede Ausbuchtung eines Knochens tunlichst in die Höhlung des darunter oder daneben liegenden geschmiegt – lässt die Vermutung an eine sinnvolle, zweckbedingte Anordnung, einen architektonischen Aufbau auftauchen. Wenn tatsächlich, wie der Baggerführer sagt, die Zähne noch mehr als 1 m über die vorgefundene Länge hinausgeragt haben, müssten auch an ihrem anderen Ende ein Stützpfeiler, ein Aufleger gewesen sein, den vermutlich der Bagger zerstört hat; auch wissen wir nicht, ob wir es mit einer isoliert stehenden Knochenwand zu tun haben oder ob sich das gefundene Teilstück zu einem Hüttengrund schloss, worauf die in den Bau einbezogene Rundung der Stoßzähne deuten könnte; auch dieser vielleicht vorhanden gewesener, nordöstlicher Teil der „Hütte“ (?) ist vom Bagger vernichtet worden.
Die Stoßzahnlänge betrug 1,2 m, wobei der Baggerfahrer angab, ebenso viel vom Zahn abgebrochen und zerstört zu haben. Neben weiteren Röhrenknochen konnten auch einige Schulterblätter sowie Schädelteile identifiziert, aber nicht mehr geborgen werden. Nachdem der Bagger wieder repariert war, musste A. Rothbauer die Grabungen einstellen. Steingeräte oder Feuerstellen konnten nicht nachgewiesen werden. Schon bei den Grabungen vermutete A. Rothbauer hinter der Knochenanhäufung eine sinnvolle, zweckmäßige Anordnung, einen architektonischen Aufbau.309
309. A. Rothbauer, Unterlagen des Stadtmuseums Langenlois, 2. März 1963.
Langenlois Fundstelle C
Leider können die Befunde von A. Rothbauer nicht mehr genau nachvollzogen werden. Aber bei der geschilderten Knochen- und Stoßzahnanhäufung könnte es sich um einen, durch den Bagger schwer gestörten Hüttenbefund gehandelt haben.
Neben einem natürlich verendeten Mammut muss aber auch ein Abfallbereich, etwa in einer Mulde oder Rinne, in Betracht gezogen werden, wie er etwa in Dolní Věstonice314 belegt ist.
5.3 Funde Größere Knochen, vor allem jene, die Bearbeitungsspuren zeigen, als auch die Stoßzahnstücke kamen ins Museum in Langenlois. Nach dem Auftauen zerfiel das Elfenbein jedoch in kleine Stücke. Eine genaue Zuordnung von Fundobjekten im Museum zu der Fundstelle Langenlois C ist nicht möglich. Die Funde müssen daher als verschollen gelten. 5.4 Diskussion Da die Fundsituation der Fundstelle Langenlois C durch den Bagger schwer gestört wurde und die Dokumentation nur aus einigen wenigen Fotos sowie der Beschreibung von A. Rothbauer besteht, ist eine Interpretation der Befunde nur schwer bis gar nicht möglich. Tatsache ist jedoch, dass im sterilen Löss eine beachtliche Ansammlung an großen Knochen, großteils Mammut, vom Bagger angeschnitten wurde. Die Bergung der Funde bei extremem Winterwetter erschwerte die Beobachtung und vor allem die Konservierung der Funde ungemein. Trotzdem sollte man den Ausführungen von A. Rothbauer Glauben schenken, wenn er von einer Lagerung der Zähne in Knochengabeln und einer vermutlich sinnvollen, zweckbestimmten Anordnung der Knochenelemente spricht. Interessant sind auch die großen Ausmaße der nicht vom Bagger zerstörten Knochen und Zahnansammlung mit 4,5 m Länge und bis zu 50 cm Höhe. Die teilweise sehr detaillierte Schilderung von A. Rothbauer legt die Vermutung nahe, dass es sich hier um den Befund einer Hütte, gebaut aus Mammutknochen und Mammutzähnen, gehandelt hat. Verschiedenste Vergleichsbefunde existieren dazu in der Ukraine, wo etwa in Mezin,310 Mežiriž,311 Kostenki312 oder Dobraničevka313 stabile Behausungen aus Mammutknochen errichtet wurden. Diese Befunde sind aber meist wesentlich jünger als die datierten Fundstellen Langenlois A und B. Eine genaue chronologische Einordnung der Fundstelle C ist leider nicht möglich, da Steingeräte fehlen und kein geeignetes Knochenmaterial für eine 14C-Datierung vorlag.
310. Quitta 1957, 312–322. 311. Narr 1982, 3–19. 312. Narr 1982, 3–19. 313. Quitta 1957, 312–322.
177
314. Klíma 1969, 1–52.
6. Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
6.1 14C-Datierungen Altdaten Seit den Grabungen 1961 bis 1963 wurden verschiedene 14 C-Daten angefertigt. Am 23. April 1964 benachrichtigte H. Schwabedissen vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Köln F. Felgenhauer brieflich über ein erstes Datum für Langenlois. Diese als „Sch 181“ bezeichnete Messung ergab ein Ergebnis von 23.520 ± 880.315 Eine zweite Messung sollte in den nächsten Tagen fertig gestellt werden. Am maschinschriftlichen Brief war handschriftlich noch vermerkt: „P.S. Unser eigenes Messresultat lautet: 24.500 ± 2.000 v. Chr. Geb.“. Woher die Probe genau stammte, konnte nicht mehr nachvollzogen werden. Es ist aber anzunehmen, dass sie der Fundstelle A entnommen wurde. 1966 wurden an der Universität Köln zwei weitere Daten gewonnen. Das Probenmaterial, Holzkohle, stammte dabei aus der großen Feuerstelle der Fundstelle A. Beide Proben ergaben ein relativ hohes Alter von 26.560 ± 1.600 BP (KN10b) und 26.960 ± 1.200 BP (KN-10c). Eine weitere Datierung im Radiokohlenstofflabor Heidelberg, ebenfalls an Holzkohle der großen Feuerstelle der Fundstelle A, erbrachte ein etwas jüngeres Datum mit 25.480 ± 880 BP (H-2218/1537). Bei allen anderen in der Literatur (ohne Labornummer) angeführten Daten handelt es sich vermutlich um Abwandlungen bzw. Umrechnungen in BC-Daten der drei angeführten Datierungen. Die entsprechenden Primärzitate bzw. Angaben zu den aufgelisteten BC-Daten konnten nicht gefunden und überprüft werden (Tab. 56).
315. Im Brief keine genaueren Angaben zum Datierungsbezug (BP oder v. Chr.).
Publizierte Altdaten Probenummer
Datum
KN-10b
26.560 ± 1.600 BP1
KN-10c
26.960 ± 1.200 BP2
H-2218/1537
25.480 ± 880 BP3
KN-10
24.950 ± 800 BC4
KN-10/236
25.090 ± 245 BC5
H.
23.530 ± 880 BC6
Sch 181
23.520 ± 880 BC7
Tab. 56: Langenlois A, 14C-Datierungen vor dem Jahr 2000.
Neue Daten Um die Fundstellen A und B besser vergleichen zu können, wurden im Jahr 2000 in Zusammenarbeit mit A. Verpoorte (Universität Leiden, NL) mehrere 14C-Daten im Labor der Universität von Groningen erstellt.316 Zwei davon stammten aus der Fundstelle A, eine aus der Fundstelle B (Tab. 57). Aus der Fundstelle A wurde eine Holzkohle aus der „Feuerstelle 1“ konventionell datiert. Das Ergebnis betrug 25.700 ± 400 BP (GrN-25603). Zugleich wurde auch noch ein Knochen (Steinbock, metatarsus) mittels AMS datiert. Diese Messung erbrachte 25.340 ± 170 BP (GrA-16564). Beide Messergebnisse liegen knapp beieinander und lassen sich gut mit dem Ergebnis aus Heidelberg in Verbindung bringen. Im Vergleich mit den Messungen aus Köln sind sie aber deutlich jünger. Aus der Fundstelle B wurde ebenfalls ein Knochen (Rentier, caput femoris) mittels AMS datiert. Diese Messung ergab ein Alter von 27.250 ± 200 BP (GrA-16565). 316. Verpoorte, Einwögerer 2002, 31–32.
180
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
28500 28000 27500 27000 26500 26000 25500 25000 24500 24000
Abb. 172: Langenlois, publizierte 14C-Daten BP (unkalibriert). Angegeben sind der Messwert als Punkt und die 1 Sigma Abweichung als Strich. Die Kreismarkierung bezeichnet die Neudaten von Langenlois A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
Daten 2000317 Fundstelle
Probennummer / Material
Datum
Langenlois A
GrN-25603 / HK
25.700 ± 400 BP
Langenlois A
GrA-16564 / KN
25.340 ± 170 BP
Langenlois B
GrA-16565 / KN
27.250 ± 200 BP
Tab. 57: Langenlois A, 14C-Datierungen aus dem Jahr 2000.
Kalibration Hatte man früher angenommen, dass das 14C/12C-Verhältnis konstant ist, weiß man heute, dass es immer wieder Abweichungen gab. Es ist also notwendig, diese Verhältnisschwankungen zu korrigieren. Möglich ist dies etwa durch die Korrelation vorhandener Daten mit unabhängigen Datierungsmethoden, wie etwa der Dendrochronologie, die sich auf Jahresringe stützt. Diese Überprüfungsmethode stößt bei etwa 12.000 Jahren vor heute an ihre Grenzen. Bei älteren Daten muss mit anderen Methoden gearbeitet werden. Zur Verfügung stehen hier verschiedene Methoden:318 317.
- Gekoppelte 230Th und 14C Bestimmung von marinen und terrestrischen Kohlenstoffen - Abfolgen von See- und Meeresablagerungen; Foraminiferen aus marinen Sedimenten werden mit Daten aus Eisbohrkernen kalibriert - Indirekte Vergleiche, abgeleitet von 10B oder 36C1 Konzentrationen in polaren Eiskernen oder Sedimenten - Bestimmung atmosphärischer 14C-Konzentrationen in gut erhaltenen Tropfsteinen einer Höhle auf den Bahamas und deren Datierung mittels der Thermoionisation-Massenspektrometrie Studien an nordatlantischen Plankton-Foraminiferen haben gezeigt, dass während des Sauerstoffisotopen-Stadiums 3 (OIS3) mit sehr großen Schwankungen im 14C-Aufkommen zu rechnen ist. Im Bereich zwischen 27 und 54 ka cal BP ist daher möglicherweise mit Abweichungen von über 6000 Jahren zu rechnen, um die die ermittelten Daten zu jung sind.319 Um dieser Problematik Rechnung zu tragen, wurden alle 14C-Daten der Fundstelle Langenlois, sowohl die
Verpoorte, Einwögerer 2002, 31–32.
318. Bard 2001, 2443–2444. – Beck et al. 2001, 2453–2455.
319. Voelker et al. 2000, 437–439.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
Abb. 173: Langenlois, Kalibrierungsprotokoll (nach CalPal online am 22.03.2007).
181
182
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
34000
33000
32000
31000
30000
29000
28000
27000
Abb. 174: Langenlois, publizierte 14C-Daten calBP (kalibriert mit CalPal online am 22.03.2007). Angegeben sind der Messwert als Punkt und die 1 Sigma Abweichung als Strich. Die Kreismarkierung bezeichnet die Neudaten von Langenlois A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
Altdaten als auch die neuen Daten, mittels CalPal320 online kalibriert (Abb. 173–174). 6.2 Mobilität (Fundstelle A) Die Frage der Mobilität einer Jäger- und Sammlergruppe steht im Vordergrund jeder Aufarbeitung von paläolithischen Hinterlassenschaften. Antworten darauf gibt ein Aktivitätsradius, der anzeigt, in welchem Gebiet lebenswichtige Rohstoffe gesammelt wurden. Dazu zählen in erster Linie Nahrung und Wasser, aber auch Brennmaterial, Kleidung, Rohstoffe zur Herstellung lebenswichtiger Waffen und Geräte wie Holz, Silex, Knochen, Geweih oder Elfenbein. Nicht zu vergessen sind Material zum Bau von Unterständen oder Zelten oder auch „Luxusartikel“ wie verschiedene Schmuckgegenstände oder bewegliche Kleinkunst; letztendlich aber auch verschiedene Farbstoffe. All diese Stoffe muss der paläolithische Mensch in ausreichender Menge zur Verfügung haben. Sind diese Stoffe nicht in der unmittelbaren Nähe des Lagers aufzufinden, müssen sie oft über weitere Strecken beschafft werden.
320. http://www.calpal-online.de (letzter Zugriff 15.11.2016).
Eine Möglichkeit den Aktionsradius einer Menschengruppe zu erfassen, bilden die Silexrohmaterialien, die innerhalb eines Lagerplatzes aufgefunden werden. Verschiedene Möglichkeiten, wie einzelne ortsfremde Silexmaterialien in eine Fundstelle gelangt sein können, hat bereits H. Floss321 folgendermaßen herausgearbeitet: - Beschaffung und Mitnahme von Rohmaterialkontigenten, Grundformen und Werkzeugen, eingebunden in Wanderbewegungen beim Lagerplatzwechsel - Beschaffung von Rohmaterialien während alltäglicher Aktivitäten im Umfeld eines Lagerplatzes - Eigens zur Beschaffung von Rohmaterialien durchgeführte „Expeditionen“, innerhalb oder über den gewöhnlichen Aktivitätsradius hinaus - Unsystematischer Tausch von Rohmaterialien und einzelnen Geräten beim Treffen verschiedener Gruppen oder Einzelpersonen - Systematischer Handel mit Rohmaterialien Im Paläolithikum gehen die eingebrachten Rohmaterialien vermutlich auf die Mobilität der Wildbeutergruppen innerhalb ihres jährlichen Territoriums zurück, ausgehend von den jeweiligen Lagerplätzen. Die Materialien wurden 321. Floss 1994, 321.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
großteils im Zuge normaler Aktivitäten und Siedlungsweisen von Jäger- und Sammlergruppen beschafft und dabei auch über große Distanzen transportiert. Tauschkontakte oder spezielle Beschaffungsaktionen außerhalb des normalen Aktionsradius werden nur in Ausnahmefällen in Betracht gezogen. Systematischer Handel wird für das Paläolithikum gänzlich ausgeschlossen.322 Um Beschaffungsstrategien und die Behandlung von Silices im Paläolithikum besser zu begreifen, ist das Verständnis der Lebensweise von Jägern und Sammlern sehr wichtig. Hier wird meist auf Daten subarktischer Jäger zurückgegriffen, deren Lebensräume noch am ehesten mit jenen der paläolithischen Wildbeuter in Zentraleuropa zu vergleichen sind. Der Ausgangspunkt der Aktivitäten ist ein zentraler Lagerplatz, auch „residental camp“323 oder „home base“324 genannt. Von hier gehen verschiedenste Aktivitäten aus, die innerhalb eines bestimmten Radius, des sog. „foraging radius“325 liegen. Als „site territory“326 wird ein Gebiet bezeichnet, das von einem Lager aus während alltäglicher Aktivitäten begangen wird. Gezielte Beschaffungsaktionen über den alltäglichen Rahmen hinaus, die von speziellen Personen unternommen werden, bezeichnet man als „task groups“.327 Sie können auch mehrere Tage dauern. Für die Nacht werden dann sog. „occasional sites“,328 kurzfristige Jagd- oder Beschaffungslager, bezogen. Das Gebiet, das zwischen dem Zentrallager und den Jagd- oder Beschaffungslagern begangen wird, bezeichnet man als „extended range“, „logistical range“329 oder „site catchment“.330 Als „logistical radius“331 wird jener Radius bezeichnet, den man von einem Zentrallager aus zu einem Jagd- oder Beschaffungslager zurücklegt. Begibt sich eine Gruppe auf die Reise von einem zentralen Lagerplatz zu einem neuen zentralen Lagerplatz, wird dies als „residential mobility“332 bezeichnet. Erfolgt diese Wanderung über Zwischenlager, so wird sie als „residential move“333 bezeichnet. Über den Zeitraum eines Jahres hinweg wird so ein größeres Territorium, die
sog. „annual range“,334 begangen. „Logistical mobility“335 nennt man die Mobilität um einen Lagerplatz. Der maximale Radius, der von einem Lagerplatz aus während eines Tages begangen werden kann, das sog. „site territory“, kann unterschiedlich groß sein. Völkerkundliche Beispiele gibt es hierzu mit 10 km,336 12 km337 oder 20 km.338 Radien täglicher Aktivitätszonen über 15 km sind bei Wildbeutern eher selten, obwohl bei rezenten Wildbeutern auch bis zu 25 km nachgewiesen sind.339 Aus den vorliegenden völkerkundlichen Daten erscheint es sinnvoll, für das Paläolithikum einen maximalen Radius der Tagesaktivitäten von ca. 20 km anzunehmen.340 Silices, aber auch andere Rohmaterialien (Farbstoffe, fossile Schnecken usw.), die aus diesem Bereich um das Lager stammen, können sowohl auf dem Weg der Erstbegehung als auch durch Tagesaktivitäten eingebracht worden sein. Sie werden im Allgemeinen als „örtliche Rohmaterialien“ bezeichnet.341 Materialien, die aus 1 km Entfernung stammen, können „Allerweltsmaterialien“ genannt werden.342 Materialien, die aus mehr als 20 km Entfernung stammen, sind mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Erstbegehung in die Fundstelle eingebracht worden.343 Meistens werden Lager so angelegt, dass die am wichtigsten und mengenmäßig am häufigsten benötigten Grundgüter leicht erreichbar sind. Die Nunamiut etwa errichten ihre Lager meist in der Nähe jener Gebrauchsgüter, die am schwersten zu transportieren sind. Das Fleisch zählt dazu nicht. Unter arktischen Bedingungen kann man sich Flexibilität leisten, da Fleisch sehr gut konserviert, gelagert und transportiert werden kann. Wesentlich schwieriger jedoch ist der Transport von Wasser und Brennmaterial. Deshalb legt man sein Lager so an, dass die Grundversorgungsgüter sichergestellt sind. Der unmittelbare Lagerbereich muss nur verlassen werden, um Nahrung zu beschaffen. Einzelne Plätze können auch wegen unterschiedlicher Quellen zu verschiedenen Zeiten aufgesucht werden.344 Bei der Fundstelle Langenlois standen mit Sicherheit die Nähe zum Wasser (Kamp und Loisbach) sowie die Verfügbarkeit von Brennmaterial (Holz aus dem Auwald)
322. Floss 1994, 321. 323. Binford 1982.
334. Binford 1982.
324. Higgs, Vita-Finzi 1972.
335. Binford 1980. – Kuhn 1989.
325. Binford 1980.
336. Higgs, Vita-Finzi 1972, 30–31. – Binford 1982, 7.
326. Higgs, Vita-Finzi 1972.
337.
327.
Higgs, Vita-Finzi 1972.
183
Montet-White 1991.
338. Weninger 1990.
328. Higgs, Vita-Finzi 1972.
339. Lee 1969.
329. Binford 1982.
340. Floss 1994, 323.
330. Higgs, Vita-Finzi 1972.
341. Floss 1994, 323.
331. Binford 1982.
342. Floss 1994, 323.
332. Binford 1980. – Kuhn 1989.
343. Floss 1994, 323.
333. Binford 1980.
344. Binford 1984, 135.
184
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
im Vordergrund. Einen weiteren Grund für die Errichtung eines Lagers an dieser Stelle haben sicherlich auch die Steinbockbestände in den Schroffen des Kamptales und der Wachau sowie verschiedene andere Tiere wie Rentier und Pferd gespielt. Wieweit Fische als Nahrungslieferanten eine Rolle gespielt haben, kann aus den archäologischen Hinterlassenschaften nicht mehr geklärt werden. Eine Nutzung dieser Ressource ist jedoch anzunehmen. Im Falle des Fundinventars der Fundstelle Langenlois A ergibt sich vor allem bei den Silexrohmaterialien ein sehr interessantes Bild: Vermutlich stammen viele Hornstein- und Radiolaritvarianten, aber auch die kieselreichen Kalksteine und die kieselreichen Kalk- bis Hornsteine (insgesamt etwa 33% des Silexrohmaterials) aus den etwa 10 km entfernten Donauschottern, die entlang des Kamps leicht zu erreichen waren. Nahezu alle Quarz- und Quarzitvarianten sowie die zusammengefasste Gruppe der Grünsteine (vor allem Granulite) dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den nahen Kampschottern stammen. Sie sind maximal 1 km von der Fundstelle entfernt. Einzelne Chalcedonvarianten könnten aus dem Bereich von Schiltern nur etwa 5 km nördlich von der Fundstelle entfernt stammen. Von besonderem Interesse sind zwei Chalcedonvarianten. Der „helle beinfarbene Chalcedon (2)“ stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Gebiet von Winkl bei Horn, das etwa 28 km weit entfernt ist und damit deutlich außerhalb eines alltäglichen Aktivitätsradius liegt. Von dieser Variante liegen immerhin über 10% im Gesamtinventar vor. Noch deutlich wird das Überschreiten des täglichen Aktivitätsradius bei den „gelben Chalcedonen (1)“, die nahezu sicher aus dem Bereich von Drosendorf im nördlichen Waldviertel stammen. Dies bedeutet einen Transportweg von etwa 45 km Luftlinie. Das zu überbrückende Gelände ist dabei als schwierig gangbar, mit tief eingeschnittenen, schmalen Tälern und steilen Hängen, zu bezeichnen. Der Anteil dieser Variante beträgt aber über 40% des Gesamtinventars. Noch weiter wurden vermutlich einige wenige Hornsteine (2,3% des Gesamtinventars) vom Typ Krumlovský les transportiert. Ihr Weg führte über 80 km Luftlinie über nicht wesentlich leichteres Gelände. Dies bedeutet, dass alle Silices, die nicht aus den Kampoder Donauschottern in mehr oder minder unmittelbarer Nähe stammen (immerhin weit mehr als die Hälfte des Gesamtinventars), über größere Distanzen aus dem Norden in die Fundstelle eingebracht wurden. Da alle derzeit bekannten Rohmateriallagerstätten, die dafür in Frage kommen,
mehr als 20 km von der Fundstelle entfernt liegen, muss davon ausgegangen werden, dass diese Materialien nicht bei alltäglichen Aktivitäten aufgesammelt wurden. Da es sich bei der Fundstelle Langenlois A vermutlich um einen kürzerfristigen Aufenthalt, vermutlich ein Jagdlager, handelt, können „task groups“ zur Beschaffung des Rohmaterials ausgeschlossen werden. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Materialien im Zuge der Wanderschaft zwischen einem vorhergegangenen Lagerplatz und der Fundstelle Langenlois A mitgebracht wurden. Ob es sich dabei um den unmittelbar vorher benützten Platz gehandelt hat, oder ob zwischendurch noch andere Zentral- oder Jagdlager benutzt wurden, kann nicht nachvollzogen werden. Jedenfalls geschah der Eintrag höchstwahrscheinlich im Zuge einer „residential mobility“. Erstausstattungen Von Interesse ist nun, ob es sich bei diesen Artefakten um Teile einer Erst- oder Grundausstattung handelt. Über den von A. Leroi-Gourhan und M. Brézillon345 definierten und von H. Löhr346 aufgegriffenen Terminus der „Erst- oder Grundausstattungen“ herrscht jedoch eine gewisse Unklarheit. Es soll daher zuvor definiert werden, was unter diesen beiden Begriffen zu verstehen ist. Es steht nicht genau fest, ob unter dem Begriff „Erstoder Grundausstattung“ Einzelstücke retuschierter Formen aus ortsfremden Materialien verstanden werden, oder ob sich darunter auch unretuschierte, außerhalb des Platzes hergestellte Grundformen oder Einzelstücke aus örtlichem Rohmaterial befinden dürfen. Auch ist nicht klar, ob alle Stücke, die bei der Erstbegehung eines Lagerplatzes eingebracht wurden, zu einer Erstausstattung zählen.347 Allgemein werden sowohl unretuschierte Grundformen als auch Werkzeuge zu einer Grundausstattung gezählt, deren Grundformproduktion außerhalb der Fundstelle stattgefunden hat. Sie wurden bei der Erstbegehung in die Fundstelle eingebracht. Eine quantitative Limitierung besteht dabei nicht.348 H. Floss349 schlägt vor, den neutraleren Begriff der „Grundausstattung“ zu verwenden, da meist ausgedehnte, oft ortsfremde und lokale Herkunftsgebiete, vor allem von Schottermaterial, eine Erweiterung des Begriffes notwendig machen. Berücksichtigt man lokale Rohstoffe von Erstausstattungen, so schließt man auch Stücke mit ein, die 345. Leroi-Gourhan, Brézillion 1966. 346. Löhr 1988. 347.
Floss 1994, 343.
348. Leroi-Gourhan, Brézillion 1966. 349. Floss 1994, 344.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
185
Abb. 175: Langenlois A, Rohmaterialversorgung (Graphik: Th. Einwögerer, aus BEV Austrian Map).
im Verlauf von Tagesaktivitäten hergestellt und als Grundformen ins Lager eingebracht wurden. Hinter den Artefakten einer so definierten Erstausstattung können mehrere unterschiedliche Verhaltensweisen stehen:350 - Ein Werkzeug wurde transportiert, das zwangsläufig aus einem bestimmten Rohmaterial besteht. - Ein Rohmaterial wurde in einer bestimmten Form transportiert.
Dadurch ergibt sich auch die Frage, wie die Artefakte transportiert wurden: - Einsatzfähig - Halbfertig, zur Weiterverarbeitung im Lager gedacht Bei zahlreichen Ethnien ist beschrieben, dass sie Werkzeuge immer wieder instand setzen und weiter mit sich führen, um sie bei gegebener Zeit wieder zu verwenden. L. R. Binford351 bezeichnet dieses Verhalten als „curation“ oder „curated technology“. Auf paläolithische Verhältnisse übertragen ist
350. Floss 1994, 343.
351. Binford 1973, 242.
186
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
dieses Verhalten für die Existenz von Grundausstattungen verantwortlich.352 Bei den „hellen beinfarbenen Chalcedonen (2)“ handelt es sich um ein ortsfremdes Rohmaterial (Abb. 175). Es liegen keine Kerne, aber doch 9% Präparationsgrundformen vor. Da diese Präparationsgrundformen aber sehr regelmäßig und auch teilweise sehr groß sind, kann angenommen werden, dass sie ebenso wie die Klingen und Abschläge nicht vor Ort gefertigt, sondern als Grundformen in die Fundstelle eingebracht worden sind. Eine sekundäre Kernkantenklinge wurde auch weitermodifiziert. Außerdem weisen nur 2,3% der Artefakte Kortexreste auf. Auch die hohe Anzahl an Klingen und Abschlägen von zusammen 78% könnte ein Hinweis dafür sein, dass vor allem fertige Grundformen mitgebracht wurden. Interessant ist auch, dass diese Rohmaterialvariante nahezu nur in einer sehr begrenzten Zone, im Innenbereich einer latenten Struktur gefunden wurde. Demnach würde es sich bei den Artefakten aus „hellem beinfarbenem Chalcedon (2)“ um Stücke einer Erstausstattung handeln. Man könnte in diesem Fall daran denken, dass ein Rohmaterial in einer bestimmten Form (Grundform), halbfertig und zur Weiterverarbeitung im Lager gedacht, transportiert wurde. Bei dem gelben Chalcedon handelt es sich ebenfalls um ein ortsfremdes Rohmaterial. Im Gegensatz zu den „hellen beinfarbenen Chalcedonen (2)“ liegen hier aber 1% Kerne vor. Dafür ist der Anteil an Präparationsgrundformen mit 3% wesentlich niedriger. Auch bei dieser Chalcedonvariante sind die Präparationsgrundformen sehr gleichmäßig und dadurch zur Weiterverarbeitung brauchbar. Zwei primäre Kernkantenklingen wurden auch weitermodifiziert. Kortexreste kommen mit 7% eher selten vor. Die Artefakte dieser Rohmaterialvariante finden sich verstärkt im Südostbereich der Grabungsfläche vor und sind dort kaum mit anderen Rohmaterialien vergesellschaftet. Bei dieser Variante kann man nicht so eindeutig von einer Grundausstattung sprechen wie bei den „hellen beinfarbenen Chalcedonen (2)“. Dennoch ist anzunehmen, dass sie im Zuge der Erstbegehung des Lagerplatzes wahrscheinlich überwiegend in Form von Grundformen und einigen wenigen präparierten Kernen eingebracht wurden. Ähnlich sieht es bei den Artefakten aus Hornstein vom Typ Krumlovský les (Abb. 175) aus. Hier sind nur 33 Stück vorhanden. Neben überwiegend Abschlägen und Klingen kommen hier auch ein Kern und eine primäre Kernkantenklinge vor. Bei dem Kern handelt es sich um einen eher kleinen Klingenrestkern, der vermutlich aufgrund seiner zu kleinen Dimension verworfen wurde.
Typisch ist, dass beinahe ⅔ der Artefakte Kortexreste aufweisen, was für ein Material, das über eine so weite Strecke transportiert wurde, sehr viel erscheint. Andererseits ist ¼ der Stücke weitermodifiziert worden. Auch hier kann man nicht von einer eindeutigen Grundausstattung sprechen, obwohl klar ist, dass die Artefakte sicherlich bei der Erstbegehung des Lagers als Grundformen bzw. als grob präparierte Kerne mitgebracht wurden. Die hohe Zahl an Stücken mit Kortexrest ist vermutlich auf die geringe Größe der Rohknollen zurückzuführen. Um das Material möglichst gut zu nutzen, wurden auch schon Grundformen mit größeren Kortexresten verwendet. Die weitere Modifikation von sechs Grundformen mit Kortexresten untermauert diese Vermutung. Interessant ist auch ein „heller Hornstein (30)“. Obwohl die eigentliche Rohmateriallagerstätte noch nicht geklärt ist, ist sie doch südlich der Donau anzunehmen. Meist findet sich diese Variante nur in süddanubischen Paläolithfundstellen. Verstärkt kommt sie im Material der Fundstellen Langmannersdorf B sowie in den Aufsammlungen von Ollersbach vor. Diese beiden Fundstellen liegen etwa 24 bzw. 34 km Luftlinie von Langenlois entfernt. Im Inventar von Langenlois A ist diese Variante nur durch vier Klingen sowie vier Abschläge und ein Trümmerstück vertreten. Bei diesen Artefakten kann also von einer Grundausstattung gesprochen werden. Neben den Farbstoffen ist diese Variante der einzige Anhaltspunkt einer Versorgung mit süddanubischem Rohmaterial. Für den Nachweis einer speziellen Beschaffungsaktion ist dieses Material jedoch nicht häufig genug im Inventar vertreten. Möglicherweise sind diese wenigen Stücke in Form eines Austausches in die Hände der Gruppe in Langenlois gekommen. Noch bemerkenswerter als die Herkunft der einzelnen Silexrohmaterialien ist die der aufgefundenen Farbstoffe. Sowohl der Hämatit als auch der Gips kommen nur alpin vor und sind sicherlich nicht durch Flüsse transportiert worden. Eine vergleichbare Hämatitfundstelle, deren Material eine nahezu idente Zusammensetzung wie das in der Fundschicht geborgene aufweist, liegt bei Unterlaussa und ist an die 115 km Luftlinie in südwestlicher Richtung von der Fundstelle entfernt. Etwas näher liegen verschiedene Gipsfundstellen, aus denen ein Brocken weißen Farbstoffes stammen könnte:353 - Lilienfeld-Türnitz-Ötscher (60 km) - Göstling, Mariazell (60 km) - Preinsfeld (60 km) - Hinterbrühl (60 km)
352. Floss 1994, 349.
353. Heinrich 2006, 293 Tab. 20.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
- Puchberg Pfenningbach (77 km) - Opponitz-Vorderleiten (90 km) Am wahrscheinlichsten stammt der Gips aus der Umgebung von Lilienfeld-Türnitz-Ötscher. Dieses Gebiet war sicherlich über das Tullnerfeld, wo die Überquerung der Donau sicherlich keine besonderen Schwierigkeiten bereitet hatte, und über das Traisental relativ bequem zu erreichen. Bei den Farbstoffen ist noch schwieriger zu entscheiden, wie sie in die Fundstelle eingebracht wurden. Hier ist auch an eine Beschaffung in Form von gezielten Aktionen („task groups“) zu denken. Auch Tauschhandel kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Sicher ist jedoch, dass die Farbstoffe nicht in jenem Gebiet vorkommen, das aufgrund der in die Fundschicht eingebrachten Steinrohmaterialien als das zuletzt begangene Territorium angenommen werden muss. 6.3 Chronologische Einordnung der Fundstellen A und B 6.3.1 Fundstelle A Die rückenretuschierten Steinartefakte, auch wenn sie insgesamt nur durch elf Rückenmesser und eine Rückenspitze repräsentiert sind, stellen das Inventar der Fundstelle Langenlois A zweifelsfrei in das Mittlere Jungpaläolithikum, das Gravettien. Ein weiteres Indiz ist das Vorhandensein von Sticheln, die in verschiedensten Formen vorkommen. Oft ähneln sie prismatischen Sticheln, die vielfach kaum von Kernen zu unterscheiden sind.354 Als charakteristisch für das Gravettien können auch die systematische Herstellung von Klingen sowie deren intentionelles Zerbrechen gelten. Typisch ist ebenso das häufige Auftreten von ovalen bis spitzovalen Schlagflächenresten bei den Klingen.355 Untypisch für das Gravettien sind das häufige Auftreten von Lippen sowie das seltenere Vorhandensein von Schlagnarben, vor allem bei den Klingen. Diese Ausprägungen der Merkmale gelten in Verbindung mit Schlagaugen als Hinweis auf einen direkten Schlag im Aurignacien.356 Allerdings konnten auch im Inventar der Fundstelle KremsWachtberg 1930 häufiger Lippen als Schlagnarben festgestellt werden.357 Trotzdem kann dieses Kremser Inventar eindeutig ins Gravettien bzw. noch präziser ins Pavlovien gestellt werden.358
Weiters stellen alle alten und neu angefertigten 14C-Daten die Fundstelle in einen Zeitraum von etwa 26.000 Jahren vor heute (unkalibriert). Betrachtet man nur die neu angefertigten Daten, die aufgrund ihrer geringeren Abweichungen aussagekräftiger sind, so ergeben sich Alter von 25.700 ± 400 BP (GrN-25603 / Holzkohle) und 25.340 ± 170 BP (GrA-16564 / Knochen), die eindeutig ins Gravettien weisen. Werden die Daten mittels CalPal kalibriert, ergeben sich folgende Alter: 30.332 ± 264 calBP (GrA-16564 / Knochen) und 30.574 ± 320 calBP (GrN-25603 / Holzkohle). Damit ist die Fundstelle Langenlois A gut um etwa 1000 Jahre jünger als die Fundstellen Krems-Wachtberg 1930359 und Krems-Wachtberg 2005–2015360 und nur unwesentlich älter als die Fundstelle Grub/Kranawetberg361 (Abb. 176). 6.3.2 Fundstelle B Obwohl aus dem Inventar von Langenlois B keine rückenretuschierten Artefakte vorliegen, kann diese Fundstelle dennoch dem Mittleren Jungpaläolithikum zugeordnet werden. Typisch für das Gravettien sind auch wie im Inventar der Fundstelle Langenlois A die systematische Herstellung von Klingen sowie deren intentionelles Zerbrechen. Als charakteristisch für das Gravettien kann auch das häufige Auftreten von ovalen bis spitzovalen Schlagflächenresten bei den Klingen gelten.362 Im Gegensatz zu den Gravettieninventaren von Langenlois A und Krems-Wachtberg 1930363 konnten im Inventar von Langenlois B bei den Klingen häufiger Schlagnarben und seltener Lippen festgestellt werden. Dies entspricht sehr gut den Daten, wie sie für gravettienzeitliche Klingen in Südwestdeutschland festgestellt wurden.364 Weiters stellt ein neu angefertigtes 14C-Datum (27.250 ± 200 BP (GrA-16565) die Fundstelle in einen Zeitraum von etwas mehr als 27.000 Jahren vor heute (unkalibriert). Mit CalPal kalibriert ergibt sich hier folgendes Datum: 31568 ± 271 calBP (GrN-16565). Nach kalibrierten Daten (CalPal) ist die Fundstelle Langenlois B etwa so alt wie die Fundstellen Krems-Wachtberg 1930365 und Krems-Wachtberg 2005–2015366 und um etwa
359. Einwögerer 2000, 156. 360. Einwögerer 2005, 401. – Einwögerer et al. 2014. – Händel et al. 2014. – Simon et al. 2014, Tab. 1. 361. Nigst 2004, 42.
354. Hahn 1993, 233.
362. Owen 1989, 108.
355. Owen 1988, 108.
363. Einwögerer 2000, 103.
356. Owen 1988, 170.
364. Owen 1988, 170.
357.
Einwögerer 2000, 103.
358. Einwögerer 2000, 156–157.
187
365. Einwögerer 2000, 156. 366. Einwögerer 2005, 401. – Simon et al. 2014, Tab. 1.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
34000 33500 33000 32500 32000
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Abb. 176: 14C-Daten calBP (kalibriert mit CalPal online, 28.08.2008) ausgewählter Gravettienfundstellen in Niederösterreich. Angegeben sind der Messwert als Punkt und die 1 Sigma Abweichung als Strich. Die Kreismarkierung bezeichnet die glaubwürdigeren Neudaten von Langenlois A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
1000 Jahre älter als die Fundstellen Langenlois A und Grub/ Kranawetberg367 (Abb. 176). 6.4 Das mittlere Jungpaläolithikum (Gravettien) 6.4.1 Der Terminus Gravettien Namengebend für das mittlere Jungpaläolithikum ist die französische Abrifundstelle La Gravette, Com. Bayac, Dép. Dordogne. Durch eine sterile Zwischenlage von zwei Aurignacienschichten getrennt, fand man hier drei Gravettienstraten. Neben den für diese Industrie typischen Steingeräten fanden sich auch gelochte Schnecken und Tierzähne, Elfenbeinanhänger und zwei Kalkplatten mit eingravierten figürlichen Darstellungen sowie ein gerundeter Klumpen Kaolinton, der vom Ausgräber als Rohmaterial für zu knetende (und zu brennende?) Gegenstände angesprochen wurde.368 Der Terminus Gravettien muss als umfassende Bezeichnung gesehen werden, die in einem bestimmten Rahmen verschiedene Ströme, Einflüsse und fremde Eingriffe zusammenfasst. Lokale Verhältnisse führen dabei oft zu
unterschiedlichen, abgeschlossenen Entwicklungen. Aufgrund von einzelnen Details, die auf verschiedene äußere Einflüsse zurückzuführen sind, ist eine immer feiner werdende Gliederung in einzelne Entwicklungsstufen, Zeitstadien, regionale Gruppen, besondere Typen, aber auch lokale charakteristische Eigenschaften möglich. Jede Station weist neben bestimmten Hauptzügen auch sehr spezielle Eigenheiten auf.369 6.4.2 Zeitraum J. K. Kozłowski370 setzt das mittlere Jungpaläolithikum in Zentral- und Osteuropa mit dem Ende des Interpleniglazials und der Maximalausdehnung des nördlichen Eisschildes gleich. Gekennzeichnet ist der Beginn des mittleren Jungpaläolithikums durch technische Neuerungen, die sich in kürzester Zeit über ganz Europa und das östliche Mittelmeergebiet verbreiten. Diese führen zu einer deutlichen Zäsur und Änderung im Fundmaterial.371 369. Klíma 1959, 41.
367. Nigst 2004, 42.
370. Kozłowski 1986, 131–133.
368. Müller-Karpe 1966, 268.
371. Bosinski 1987, 33.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
Schlanke, zierliche Klingen lösen die massiven Abschläge und Klingen des vorausgehenden Aurignaciens ab. Es bildet sich eine neue Kultureinheit, deren einzelne Gruppen sich nicht wesentlich voneinander unterscheiden.372 Ein Hauptmerkmal des Gravettiens ist die statistisch gute Belegung von Rückenspitzen und Rückenmessern sowie das Vorhandensein von Medialfragmenten mit einem hohen Anteil an reflektierenden Rückenretuschen. Bei diesen Typen dürfte es sich um Einsätze in Schäftungen aus Holz, Knochen, Geweih oder Elfenbein handeln.373 Die Belege für die Herstellung von Geweihspitzen mittels der sog. Spantechnik nehmen zu.374 Diese Verbesserungen der Bewaffnung macht es nun möglich, die wildreichen Kältesteppen besser zu nutzen. Die Folge sind neue Siedlungsmuster mit größeren, länger und wiederholt bewohnten Siedlungen, die einer größeren Menschengruppe als Aufenthalt dienten, und kleineren saisongebundenen Jagdlagern.375 Die Bestattungen im Mittleren Jungpaläolithikum unterscheiden sich kaum von denen des Älteren Jungpaläolithikums. Die Toten wurden in festlicher Kleidung mit Beigaben und reichlich roter Farbschicht bestattet. Neben Einzel- und Doppelbestattungen376 sind auch Massenbestattungen377 bekannt. Gräber von Neugeborenen und wenige Monate alten Säuglingen mit aufwendigen Grabkonstruktionen, üppigen Farbstreuungen und Beigaben deuten an, dass auch schon die Jüngsten als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet wurden.378 6.4.3 Klima Durch die Analyse von Grönland-Eisbohrkernen (GRIP und GISP 2) ist es möglich, die Klimaveränderungen der letzten 100.000 Jahre sehr genau zu erfassen. Hierbei spiegelt der Sauerstoffisotopenwert (d18O) aus den einzelnen Schichten eines Eiskernes die lokale Lufttemperatur längst vergangener Zeitabschnitte wider. Nach einer Korrektur mittels einer konstanten Differenz zwischen dem kontinentalen und dem ozeanischen d18O sowie dem Vergleich mit anderen Klimaarchiven wie Tiefseebohrkernen oder terrestrischen Sedimenten ist es möglich, die stark schwankenden Lufttemperaturunterschiede darzustellen.
372. Klíma 1987a, 34. 373. Bosinski 1987, 33. 374.
Bosinski 1987, 36–37.
375. Bosinski 1987, 38. 376. Einwögerer et al. 2006b, 285. 377.
Nach dem Riss-Würm-Interglazial dürfte es dabei zu einer lange andauernden Periode langsamer Abkühlung gekommen sein. Erst ab etwa 59.000 BP herrschten wieder stabilere, wärmere Verhältnisse. Hier beginnt auch die Sauerstoff-Isotopenstufe (OIS) 3. Ab etwa 45.000 BP beginnt eine Übergangsphase, in der sich das Klima wieder verschlechtert hat. Hier wiederholen sich Kältephasen in kürzeren Abständen. In einen Zeitraum von 27.000 bis 16.000 BP fällt das Gletschermaximum. Für den Zeitraum von 60.000 bis 20.000 BP wurden im Rahmen eines „Stage 3“ Projektes einzelne Klimaphasen erstellt: Stabile, warme Verhältnisse (59.000–45.000 BP) Übergangsphase (44.000–37.000 BP) Erste Kältephase (37.000–27.000 BP) Gletschermaximum (27.000–16.000 BP) Der mittlere Donauraum ist Teil der kontinentalen Klimazone und gekennzeichnet durch lokale Klimaten, die aufgrund eines komplexen Oberflächenreliefs aus Bergen und weiten Ebenen entstehen. Während des Übergangsbereiches ist im Donauraum mit Wintertemperaturen von etwa -2°C im November und etwa -5°C von Dezember bis April zu rechnen. Im Mai liegt der Mittelwert knapp unter 0°C. Der Frühling begann vermutlich später, der Sommer kam aber sehr rasch und erreichte einen Höhepunkt mit 17°C im August. Nach einem warmen September kühlte es rasch ab. Während des Gletschermaximums, aber auch schon in den Kältephasen davor, darf nur noch mit einer Sommerhöchsttemperatur von etwa 11°C gerechnet werden (Abb. 177). Der Winter beginnt früh und die Temperaturen erreichen im November nur noch -5°C im Mittel. Im Jänner und Februar sinken die Temperaturen auf -12°C (Abb. 178). Die kalten Temperaturen halten bis in den April an. Die ersten Schneefälle setzen meist bereits im Oktober ein. Mit ca. 35 cm erreicht die Schneedecke im Zeitraum zwischen Februar und März ihren Höchststand. Vor Juni ist nicht mit einer schneefreien Landschaft zu rechnen.379 Die Besiedelung der Freilandstationen Langenlois A und B fallen in die Sauerstoff-Isotopenstufe (OIS) 3 (Abb. 179), einen Zeitraum, in dem sich das Klima wieder langsam verschlechterte. 6.5 Diskussion 6.5.1 Fundstelle A Der gravettienzeitliche Fundplatz Langenlois A wird durch eine unterschiedlich ausgeprägte Artefaktstreuung und mehrere deutliche Siedlungsstrukturen wie Feuerstellen
Svoboda 2008, 15–33.
378. Einwögerer 2005. – Einwögerer et al. 2006b.
189
379. Davies et al. 2003, 201–220.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 177: Durchschnittstemperatur (°C) im Sommer während der kalten Phase von OIS 3 (Oxygen Isotope Stage Three Project, https://www.esc.cam.ac.uk/research/research-groups/research-projects/stage-three-project).
Abb. 178: Durchschnittstemperatur (°C) im Winter während der kalten Phase von OIS 3 (Oxygen Isotope Stage Three Project, https://www.esc.cam.ac.uk/research/research-groups/research-projects/stage-three-project).
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
191
Abb. 179: 18O-Werte des GISP2 Grönland-Eisbohrkerns (vereinfacht nach Musil 2003) mit den eingetragenen Fundstellen Langenlois A und B (Graphik: Th. Einwögerer).
und Vertiefungen geprägt. Obwohl keine deutlichen Akkumulationen von Fundobjekten vorhanden sind, lassen sich dennoch verschiedene Aktivitätszonen im Sinne von U. Sommer380 sowie eine latente Behausungsstruktur herausarbeiten. Um die verschiedenen Aktivitätszonen und latenten Strukturen besser kenntlich zu machen, wurden sie in insgesamt vier Zonen unterteilt (Zonen A–D). Zone A ist dabei die wichtigste. Es dürfte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Überreste einer einfachen Behausung in Form eines kegelförmigen Stangenzeltes handeln. Der Durchmesser dürfte um die 4 m betragen haben. Obwohl sich in der Fundverteilung keine deutlichen Grenzen finden, die eine Zeltplane anzeigen, kann doch mittels Mengenkartierung verschiedener Fundtypen sowie verschiedener Silexrohmaterialien der latente Befund sichtbar gemacht werden. Im Zentrum dieses Zeltes befindet sich eine Feuerstelle mit etwa 1 m Durchmesser. Es handelt sich dabei um eine einfache, eingetiefte Herdstelle ohne Umstellung. Im Südostteil der Behausung befindet sich eine weitere, jedoch kleinere Feuerstelle. Sie wurde oberflächlich ohne Umstellung angelegt. Eine als Brandfleck ausgewiesene 380. Sommer 1991, 130.
Struktur liegt nur knapp daneben. Zwei Vertiefungen zwischen den Feuerstellen sind als „Kochgruben“ zu interpretieren. Ethnographische Vergleiche lassen vermuten, dass das Zelt bei einem Durchmesser von etwa 4 m eine Höhe von ebenfalls 4 m nicht überschritt. Es dürfte eher mit einer geringeren Höhe von 2,5 bis 3 m zu rechnen sein. Da bei den Holzkohlen überwiegend Weide bestimmt wurde, was einen nahe gelegenen Auwald andeutet, ist damit zu rechnen, dass auch die vermuteten 12 bis 20 Stangen aus sorgsam zugerichteten und entrindeten Weidenstämmchen bestanden. Ein vermutlich sehr weit zu öffnender Eingang dürfte sich in Richtung Süden, der Sonne zu, befunden haben. Da sich weder Spuren von Holzpflöcken noch von Geweihhaken fanden, ist damit zu rechnen, dass der untere Zeltrand nur beschwert wurde. Einige größere Steine, aber auch die großen Stoßzahnfragmente könnten hierfür primär oder sekundär verwendet worden sein. Wie die Zeltplane beschaffen war, ist naturgemäß nicht mehr zu erschließen. Vermutlich wurden aber Tierfelle oder Leder verwendet. Da man bei einem Zelt dieser Größe von etwa sechs erwachsenen Personen und den dazugehörigen Kindern ausgehen kann und das Zelt sowie alle anderen beweglichen Güter des
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
täglichen Lebens auch transportiert werden müssen, wird an eine möglichst leichte Konstruktion gedacht. Dabei ist in erster Linie an eine sorgsam aus enthaarten Tierhäuten zusammengenähte Plane zu denken, die möglicherweise in mehrere Segmente teilbar war. Diese bietet vor allem in der Nacht ausreichend Schutz gegen Wind und Wetter und kann zum Weitertransport zerlegt und als Tragelast auf mehrere Personen aufgeteilt werden. Es kann angenommen werden, dass auch die paläolithischen Menschen, ebenso wie die Jäger- und Sammlergruppen der arktischen und subarktischen Regionen, die meiste Zeit des Tages im Freien verbrachten, um das Tageslicht zu nutzen und nur in der Nacht oder bei besonders schlechtem Wetter eine schützende Unterkunft aufsuchten. Die zentrale Feuerstelle diente dabei vermutlich in erster Linie als Wärmequelle und der Zubereitung von Speisen. Ethnographische Vergleiche zeigen, dass Feuerstellen in Zelten oft auch gleichzeitig zum Räuchern von Fleisch genutzt wurden. Bei hirngegerbtem Leder sorgt der Rauch des Feuers auch gleichzeitig für die Wasserdichtheit der Häute, aus der die Plane besteht. Die kleinere Feuerstelle im Zelt könnte für speziellere Tätigkeiten verwendet worden sein, bei denen eine kleinere, leichter zu handhabende Wärmequelle notwendig war. Hier ist etwa an die Neu- oder Wiederschäftung von Kompositgeräten in Birkenpech oder Baumharz zu denken. Die große Menge an Silex und Knochenmaterial innerhalb der Behausung zeigt, dass aber auch im Zelt verschiedene Tätigkeiten durchgeführt wurden. Vor allem ein heller, beinfarbener Chalcedon wurde hier zerlegt und weiterverarbeitet bzw. benutzt. Möglicherweise wurde dazu der Eingangsbereich weit aufgeschlagen, um möglichst viel Licht ins Innere zu lassen. Dies könnte auch der Grund dafür sein, dass der Eingang nach Süden gerichtet war. Die verbliebene Zeltplane im Norden hätte dann vorübergehend als Windschirm fungiert. Bei Einbruch der Nacht konnte das Zelt rasch wieder geschlossen werden. Auffallend ist auch, dass sich die meisten roten Farbstoffe innerhalb des Zeltes befanden. Verschiedene spezielle Tätigkeiten wurden jedoch außerhalb der Behausung durchgeführt. Südöstlich des Zeltes etwa wurden im Bereich einer großen Steinplatte ausschließlich gelbe Chalcedone zerlegt und weiterverarbeitet. Drei Vertiefungen in diesem Bereich können als Pfostenlöcher interpretiert werden. Sie gehörten womöglich zu einem erhöhten Vorratslager. Auf Plattformen erhöhte Fleischlager sind in arktischen und subarktischen Gebieten häufig neben den Zelten anzutreffen. Sie haben den Vorteil, dass die Fleischstücke vom nassen, aufgeweichten Boden ferngehalten und ausreichend durchlüftet werden. Weiters sind sie so vor kleineren Räubern gut geschützt. Es ist möglich, dass die Pfosten auch zu Gestellen zum Trockenen von Fleisch
oder Fisch, aber auch zum Spannen von frisch gegerbten Fellen gedient haben. Auszuschließen ist auch nicht, dass alle drei Vertiefungen zu einer Struktur gehörten, die bei der Auffindung der Fundstelle durch den Bagger weitgehend zerstört wurde. Südwestlich des Zelteinganges dürften vor allem Tierreste, die in Form von vorportionierten Teilen ins Lager eingebracht wurden, weiterzerlegt worden sein. Es handelte sich dabei zum Großteil um Steinbock-, Rentier- und Pferdeteile. Aber auch ein großer, vermutlich nur aufgesammelter Mammutstoßzahn wurde hier bearbeitet. Ein weiterer Aktivitätsbereich findet sich nordwestlich des Zeltes. Hier wurde im Bereich einer weiteren kleinen Feuerstelle mit danebenliegender Kochgrube vor allem Hornstein zerlegt. Darunter finden sich auch Varianten, die über sehr weite Strecken hierher gebracht worden waren. Ein hoher Anteil an modifizierten Silexartefakten zeigt, dass hier mit den Werkzeugen gearbeitet wurde. Während das Zelt schließlich nach nicht allzu langer Zeit abgebrochen wurde, dürfte es zu einer Verlagerung durch die massive Begehung des Zeltrandes beim Abrollen der Plane und dem Entfernen der Stangen gekommen sein. Ob der Lagerbereich vollständig verlassen wurde, oder ob das Zelt lediglich wenige Meter umgesetzt wurde, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Bei den sibirischen Samojeden war es üblich, das Zelt abzubauen, wenn der Innenraum bereits zu verschmutzt war, um es nur wenig entfernt erneut aufzustellen. Die Gesamtsituation vermittelt ein Bild eines kurzfristigen Jagdaufenthalts eines kleineren Familienverbandes, der den Lagerplatz vor allem wegen seiner Nähe zum Kamp und dem Loisbach als Wasserversorgung und zu den nahen Auwäldern als Brennmaterialvorrat aufsuchte. In der Umgebung wurden vor allem Steinbock, Rentier und Pferd sowie verschiedenes Kleinwild gejagt. Sicherlich, aber nicht nachgewiesen, wurden auch Fische gefangen. Die vorhandenen Mammutstoßzähne dürften aufgesammelt worden sein. Als Silexrohmaterialien wurden bis auf sehr wenige Ausnahmen vor allem Varianten verwendet, die man aus dem nördlichen Waldviertel mitbrachte. Lokal versorgte man sich aus den nahen Kamp- und Donauschottern. Einzelne Rohmaterialien stammen auch aus dem süddanubischen Bereich. Vor allem die Farbstoffe wurden aus sehr weit entfernten Gegenden der nördlichen Kalkalpen herantransportiert. Ob dies von „task groups“ oder in Form eines Tauschhandels geschah, ist nicht mehr zu klären. Auch eine Hornsteinvariante dürfte aus dem Gebiet südlich der Donau stammen. Die geringe Stückzahl lässt hier nicht an eine gezielte Beschaffungsaktion denken. Möglicherweise wurden auch diese Stücke eingetauscht.
Die Stellung der Fundstellen Langenlois A–C innerhalb des Jungpaläolithikums
Es kann also angenommen werden, dass die Gruppe von Norden her das Gebiet um den unteren Kamp aufsuchte, um hier ein Jagdlager zu errichten. Sowohl die Selektion der Knochenelemente als auch die Anzahl und Mengenverteilung der einzelnen Grundformen und Werkzeuge lassen den Schluss zu, dass die Tiere am „killsite“ bereits zerlegt wurden und nur selektierte, fleischreiche Teile in den Bereich des Jagdlagers eingebracht wurden. Als Transportbehälter wurden dabei vermutlich die Felle der erlegten Tiere benutzt. Dies wird vor allem durch die Überrepräsentation von distalen Extremitätsknochen untermauert. Für eine Interpretation als kurzfristiges Jagdlager spricht auch das völlige Fehlen von Schmuckstücken, wie sie in Hauptlagern (Krems-Hundssteig, Krems-Wachtberg 2005–2015, Krems-Wachtberg 1930, Kammern-Grubgraben usw.) häufig vorkommen. Die artefaktmorphologische Untersuchung der Steingeräteindustrie erbrachte ein mehr oder weniger typisches Gravettieninventar. Kerne wurden meist sorgsam präpariert und zum größten Teil unipolar abgebaut. Bipolarer Abbau ist ebenso selten wie das Drehen von Kernen während der Zerlegung. Vor Ort wurden vor allem lokale Rohmaterialien als Kerne präpariert und abgebaut. Die häufigen Chalcedone aus dem Waldviertel dürften als Grundausstattung ins Lager eingebracht, weiterzerlegt und modifiziert worden sein. Hergestellt wurden bevorzugt Klingen, die auch intentionell gebrochen wurden. Eine spezielle Lamellenproduktion konnte nicht festgestellt werden. Die Beurteilung der Schlagmerkmale bei Klingen lässt auf eine Aurignacientradition schließen und steht im Gegensatz zu den bestimmbaren Schlagmerkmalen von Gravetteklingen in Süddeutschland. Bei den modifizierten Geräten sind typische Gravettienformen wie Rückenmesser oder Rückenspitzen eher selten. Dominiert werden die Werkzeuge von einfachen Kantenretuschen. Aber auch Stichel und Kratzer sind häufig vorhanden. Interessant ist das – für das Jungpaläolithikum – häufige Auftreten von Schabern. Modifiziert wurden vor allem verschiedene Hornstein- und Chalcedonvarianten. 6.5.2 Fundstelle B Aufgrund von Zeitmangel bei der Rettungsgrabung im Frühjahr 1962 muss die überlieferte Befund- und Fundlage als unzureichend für eine Interpretation des Fundplatzes bezeichnet werden. Vermutlich hat es sich entweder um mehrere knapp beieinander liegende Kulturschichten gehandelt oder ein einziger archäologischer Horizont hat sich aufgrund der starken Hangneigung massiv verlagert
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und teilweise überschoben. Die spärliche Beschreibung der Profile lässt an das Vorhandensein eines Permafrostbodens während der Kulturschichtbildung denken. Trotz der Verlagerung waren noch verschiedene Siedlungsstrukturen wie eine deutliche, größere Feuerstelle und eine undeutlichere, kleinere Feuerstelle sowie eine Vertiefung erkennbar. Der Dokumentationszustand lässt aber leider keinerlei Interpretationen dazu zu. An Funden sind neben wenigen Knochen nur Silices überliefert, deren genaue Lage nicht bekannt ist. Insgesamt handelt es sich um 325 Steinartefakte, die von verschiedenen Hornsteinvarianten dominiert werden. Nahezu alle Rohmaterialien können aus den nahen Donauschottern aufgesammelt werden. Im Inventar der Fundstelle B sind die dominierenden Abschläge fast doppelt so häufig wie die Klingen. Neben Absplissen, Trümmerstücken und Stichelabfällen kommen auch verschiedene Präparationsgrundformen sowie Kerne vor, die zeigen, dass die verschiedenen Rohmaterialvarianten vor Ort zerlegt wurden. Vor allem bei den Hornsteinen kommen Kernkantenklingen häufiger vor. Nur zehn Stück der Grundproduktion weisen Temperatureinwirkung auf. Eine größenmäßige Überschneidung von Klingen und regelmäßigen Abschlägen, wie sie für das Gravettien typisch ist, konnte nicht festgestellt werden. Lamellen konnten von den Klingen statistisch nicht abgetrennt werden. Auffallend ist, dass relativ viele vollständige Klingen erhalten sind, deren Längen sich im Bereich von 30 bis 45 mm finden. Einzelstücke mit Längen über 60 mm sind selten. Vor allem bei den Klingen wurde der Schlagflächenrest häufig facettiert. Im Gegensatz zur Fundstelle A konnten in der Fundstelle B bei den Klingen häufiger Schlagnarben und seltener Lippen festgestellt werden, wie es im Gravettien Süddeutschlands nachgewiesen wurde. Dies könnte auf einen indirekten Schlag bei der Gewinnung der Grundformen hindeuten. Sowohl bei den Klingen als auch bei den Abschlägen dominieren glatte Schlagflächenreste. Während bei den Klingen ovale bis spitzovale Schlagflächenformen bevorzugt wurden, dominieren bei den Abschlägen unregelmäßige. Zum überwiegenden Teil wurde die Grundproduktion von nur einer Schlagfläche aus abgebaut. Gegenläufiger oder bipolarer Abbau ist selten. Nur sieben Grundformen wurden weitermodifiziert. Neben drei kleinen Rückenmessern kommen ein Stichel, eine Kantenretusche, ein ausgesplittertes Stück sowie ein Kombinationsgerät in Form eines Stichelkratzers vor. Für die Werkzeugherstellung wurde bevorzugt Hornstein verwendet.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Im gesamten Inventar konnten nur zwei Klingen aufeinander gepasst werden. Da sie nicht verortet waren, kann über die Zusammensetzung nichts weiter ausgesagt werden. Kiesel, sonstige Steine oder Farbstoffe sind keine überliefert. Eine 14C-Datierung an einem Knochen ergab ein Alter von 27.250 ± 200 BP (GrN-16565). Damit ist Langenlois B gut 2000 Jahre älter als die Fundstelle Langenlois A und ist mit den Paläolithfundstellen Krems-Wachtberg 1930, Krems-Hundssteig 2000–2002 und Krems-Wachtberg 2005–2015 zu vergleichen.
7. Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B Martina Hinterwallner381
7.1. Die Elfenbeinindustrie der Fundstelle Langenlois A 7.1.1 Die Elfenbeinartefakte 7.1.1.1 Elfenbein(geschoß)spitzen382
Elfenbeinspitzen mit rundem Querschnitt Elfenbeinspitze, Inv.-Nr. 582 (Taf. 10/2): leicht gebrochen (sieben frisch gebrochene Teilen – sechs wieder zusammengefügt), Oberfläche glättend überarbeitet, Umriss parallelkantig, Querschnitt rund bis oval, massive Basis in spitzer Form vollständig erhalten, Spitze minimal gebrochen, Maße: L: 105,8 mm (großer Teil), L: 22,6 mm (kleiner Teil), B: 2,2–4,4 mm. Elfenbeinspitzenfragment, Inv.-Nr. 1125 (Taf. 10/4): fragmentarisch erhalten, Oberfläche glättend überarbeitet, Umriss parallelkantig, Querschnitt dreieckig, distales Ende alt gebrochen, proximal neuer Bruch, Maße: L: 41,5 mm, B: 4,2 mm. Elfenbeinspitze, Inv.-Nr. 1629 (Abb. 180, Taf. 10/3): vollständig erhalten (zusammengesetzt aus vier frisch gebrochenen Teilen), Oberfläche gut überarbeitet, schmale Abplatzung im unteren Drittel, Umriss geradlinig konvergierend distal und proximal, Querschnitt rund bis spitzoval, sechs parallele, quer zur Längsachse verlaufende Kerben an der Kante des oberen Drittels, massive Basis in spitzer Form
381. Der vorliegende Beitrag stellt eine gekürzte Version meiner Proseminararbeit am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien aus dem Jahr 2000 dar (Betreuung Univ.-Prof. Dr. Johannes-Wolfgang Neugebauer). Für Unterstützungen und Hilfeleistungen danke ich Priv.-Doz. Dr. Christine NeugebauerMaresch, Dr. Thomas Einwögerer, Dr. Ernst Lauermann und Dr. Martina Pacher. 382. Beschreibung nach Albrecht, Hahn, Torke 1972, 32–37.
frisch ausgesplittert, distale Spitze alte Abnützungsspuren, Maße: L: 90,6 mm, B: 7 mm. Elfenbeinspitze, Inv.-Nr. 1631 (Taf. 10/1): leicht gebrochen (vier frisch gebrochene Teile – drei zusammengesetzt), Oberfläche gut überarbeitet, Umriss parallelkantig, Querschnitt rund, massive Basis in spitzer Form leicht ausgebrochen, distales Ende rezent beschädigt, Maße: L: 88,7 mm (großes Stück), L: 44,5 mm (kleines Stück), B: 5,2–6,6 mm. Elfenbeinspitzen mit flachem Querschnitt Elfenbeinspitzenfragment, Inv.-Nr. 910 und 955 (Taf. 11/1): fragmentarisch erhalten (zusammengesetzt aus drei frisch gebrochenen Teilen), Oberfläche grob überarbeitet, Umriss parallelkantig, Querschnitt flachoval mit rundlicher und zugespitzter Kante, proximal und distal frische Bruchstellen, Maße: L: 78,8 mm, B: 14,5 mm, D: 5,3 mm. Elfenbeinspitzenfragment, Inv.-Nr. 910 und 910 (Taf. 11/3): fragmentarisch erhalten, Oberfläche grob überarbeitet, Umriss parallelkantig, Querschnitt konvex gerade mit spitzer und gerundeter Kante, proximal und distal frische Bruchstellen, Maße: L: 41,3 mm, B: 12,6 mm, D: 5,1 mm.383
383. Die beiden angeführten Elfenbeinspitzenfragmente mit flachem Querschnitt gehören mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem ganzen Stück. Bei der Durchsicht der Pläne lässt sich das Fundstück mit der Inv.-Nr. 910 als ein komplettes erkennen. Bei der Bergung kam es vermutlich zum Bruch und dabei konnte die Elfenbeinspitze nicht mehr zur Gänze zusammengesetzt werden. Problematisch ist aber die Tatsache, dass ein weiteres zusammengesetztes Elfenbeinfragment zwei unterschiedliche Inventarnummern trägt, darunter auch die Inv.-Nr. 910. Es stellt sich nun die Frage, welche der beiden Nummern als die richtige zu werten ist; zumal beide Stücke in der Inventarliste als Knochen geführt werden, aber in unterschiedlichen Quadranten (H5 und HI) gefunden wurden.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Elfenbeinspitzenfragment, Inv.-Nr. 1239 (Taf. 11/2): fragmentarisch erhalten (drei zusammengesetzte Teile), Oberfläche grob überarbeitet, Umriss parallelkantig – leicht konvergierend distal, Querschnitt konvex-konkav, Basis neuer Bruch, Spitze alt gebrochen, Maße: L: 58,4 mm, B: 14,4 mm, D: 3,5 mm. Definition Nach G. Albrecht, J. Hahn und W. G. Torke384 werden Geschoßspitzen wie folgt definiert: „Geschoßspitzen unterscheiden sich durch die meist allseitige Bearbeitung, die den ursprünglichen Zustand des Materialstücks stark verändert, durch die Gestrecktheit der Form und das Vorliegen einer eindeutigen Spitze von anderen Klassen der Werkzeuge aus Knochen, Geweih und Elfenbein, wie Glätter und Pfriemen. Zu den Geschoßspitzen werden nicht nur die vollständigen bzw. leicht gebrochenen Stücke sowie Proximalfragmente zugerechnet, sondern ebenso Medialbruchstücke, die eine größere Breite als Dicke besitzen und eine allseitige Bearbeitung aufweisen. Sehr kurze Distalfragmente können nicht berücksichtigt werden, da sie sich nicht von Pfriemenspitzenfragmenten abgrenzen lassen.“ Für alle Elfenbein-, Geweih- und Knochenwerkzeuge wurde von der „Commission de nomenclature sur l’industrie de l’os prehistorique“ eine systematische Typenliste erstellt. Dort findet sich folgende Definition: Die Knochenspitze/Geschoßspitze besteht aus einem auf der gesamten Länge bearbeiteten Stäbchen mit zumindest einer Symmetrieebene. Das distale Ende ist „durchstoßend“ („la partie distale est pénétrante“), der Schaft glatt, ohne Unterbrechung der Kante vom distalen Ende bis zur Basis. Diese ist oft zugerichtet und steht in Verbindung mit einer eventuellen Verlängerung.385 Eine weitere Definition stammt von J. Hahn:386 „Geschoßspitzen sind gekennzeichnet durch eine weitgehend allseitige Bearbeitung, die den ursprünglichen Zustand des Rohstückes stark verändert. Durch die gestreckte Form ohne Kantenvorsprünge und das Vorliegen einer eindeutigen Spitze unterscheiden sie sich von anderen Werkzeugklassen.“ Als wichtigste Merkmale sind die Ausformung der Basis, der allgemeine Umriss und der Querschnitt zu unterscheiden. Zur genauen Analyse von Geschoßspitzen erstellten G. Albrecht, J. Hahn und W. G. Torke387 ein
Merkmalsystem nach weiteren qualitativen und quantitativen Merkmalen. Chronologische Einordnung und Verbreitung Untersuchungen zeigten, dass Geschoßspitzen mit einfacher Basis zwischen 33.000 und 29.000 BP vermehrt auftreten. Allgemein kann gesagt werden, dass dieser Geschoßspitzentyp ab dem späten Mittelpaläolithikum auftritt. Im Jungpaläolithikum finden wir ihn vor allem im Aurignacien, aber auch im Gravettien, Solutréen und eventuell auch im frühen Magdalénien. Vertreten sind sie sowohl in Freilandstationen als auch in Höhlen und Abris in den meisten Teilen Europas. Im Unterschied zu Fundstellen des Aurignaciens wurden in gravettienzeitlichen Fundstellen eher zylindrische und schmälere Formen festgestellt.388 In Österreich wurden Elfenbeinstäbe im Jahr 1906 im nahegelegenen Gobelsburg (Keller Pasch) entdeckt. In drei übereinander liegenden Kulturstraten kamen in der zweiten und dritten Schicht Rundstabbruchstücke und ein Stab mit Abschrägung zu Tage. Besonders interessant ist auch eine Elfenbeinmatrize mit dem Negativ eines entnommenen Stabes.389 Eine große Menge an Elfenbeinstabbruchstücken stammt aus Willendorf II, Schicht 4. Es handelt sich dabei um 20 Fragmente, von denen aber mehrere zu einem Stück gehören dürften.390 Obwohl F. Felgenhauer391 erst in Schicht 7 das erste Auftreten von Elfenbeinrundstäben beschreibt, finden sie sich beim Vergleichen der Inventarliste392 bereits ab Schicht 5. Sie sind im Gravettienmaterial von Willendorf II keine Seltenheit. Auch in der mährischen Fundstelle Pavlov gehören zu den typischen Elfenbeingegenständen zylindrische Spitzen in verschiedenen Dimensionen. Sehr selten kommen aber flache Elfenbeinspitzen vor.393 In Langenlois sind beide Varianten an Spitzen vertreten, wobei Stücke mit rundem Querschnitt leicht überwiegen. Funktion und Verwendung Genaue Gebrauchsspurenanalysen können Aufschlüsse zur Funktion von Geschoßspitzen geben, wurden jedoch an den Elfenbeinspitzen von Langenlois nicht durchgeführt. Folgende Verwendungszwecke von Knochen- bzw.
388. Hahn 1988a, 1–2. – Hahn 1993, 335. 389. Obermaier 1908, 66–70. 384. Albrecht, Hahn, Torke 1972, 9.
390. Hahn 1976, 105.
385. Delporte, Mons 1988, 1.
391. Felgenhauer 1956–1959, Teil 1, 127.
386. Hahn 1993, 331.
392. Felgenhauer 1956–1959, Teil 2, 47.
387.
Albrecht, Hahn, Torke 1972, 32–37.
393. Klíma 1994, 106.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
197
Abb. 180: Elfenbeinspitze mit Kerben aus Langenlois A (Inv.-Nr. 1629) (Foto: P. Böttcher).
Elfenbeinspitzen zeigen mögliche Einsatzbereiche und liefern neue Anstöße zur Interpretation. Spricht man von Knochenspitzen, so werden diese zumeist mit der Verwendung als Projektil in Verbindung gebracht. Die Tatsache, dass Knochenspitzen in Höhlensedimenten überwiegen, führte zur Hypothese, dass es sich um Waffen jener paläolithischen Einwohner handelt, die sich auf die Höhlenbärenjagd spezialisierten. Diese Gegebenheit ist aber zum Teil nur auf die besseren Erhaltungsbedingungen in manchen Höhlensedimenten als in Freilandstationen zurückzuführen.394 Obwohl G. Albrecht et al.395 betonen, dass der Terminus „Geschossspitze“ eine Verwendung als Projektil nicht voraussetzt, wird dieser Begriff in der Archäologie immer wieder mit Jagd verknüpft; andere Funktionen werden somit oft ausgeschlossen. A. Kehoe396 zeigt eine Reihe von ethnologischen Analogien auf, die auch andere Verwendungsgebiete dieses Gerätes nahelegen: Die Herstellung von Taschen und Matten (als Transportbehältnis und zum Einwickeln), von Bodenmatten für die Behausung oder von Netzen für die Jagd auf Kleintiere. Die Politur auf vielen Knochenspitzen könnte so durch die Reibung von Fasern entstanden sein. L. Owen397 interpretiert die paläolithischen Geschossspitzen auch als Teile von Grabstöcken, die jenen der Eskimos in Form und Material ähnlich sind. Beschädigungen, wie Aussplitterungen, die beim Auftreffen auf hartes Material entstehen, könnten so entstanden sein.398 Ch. Miles führt als weiteren möglichen Anwendungsbereich die Verwendung als Haarnadel an, zur Fixierung von Kopfschmuck.399 394. Albrecht, Hahn, Torke 1972, 12–13. 395. Albrecht, Hahn, Torke 1972, 9. 396. Kehoe 1990. – Kehoe 1999, 34–38. 397.
J. Hahn400 beschreibt, dass Pfriemen oft mit Kerbreihen in Längsrichtung versehen sind. Er bringt diese Beobachtung mit einer Nutzung über längere Zeit in Verbindung. Bei den Plains-Indianern brachten die Frauen auf ihren Pfriemen Zeichen an, die zeigen sollten, wie viele Fellmäntel und Tipis sie hergestellt hatten. Mit diesen Aufzeichnungen konnten sie ihre Tätigkeiten mit Stolz vorweisen.401 Als Analogie hierzu könnten auch die sechs fast parallelen Kerben auf der Elfenbeinspitze mit der Inv.-Nr. 1629 (Abb. 180, Taf. 10/3) interpretiert werden. Die Regelmäßigkeit lässt auf eine bewusste Anbringung schließen. Im Gravettien Süddeutschlands lässt sich erkennen, dass mit wenigen Ausnahmen als Rohmaterial für Anhänger immer Mammutelfenbein verwendet wurde. Sie haben im Großen und Ganzen eine einheitliche Form. Besonders das Aussehen des Querschnittes ist in Bezug auf die Elfenbeinstäbe aus Langenlois interessant. Obwohl die Querschnitte im Gravettien nicht einheitlich sind, lässt sich doch größtenteils eine D-Form erkennen. Dabei ist eine Seite stärker gewölbt, die andere ist gerade oder in seltenen Fällen konkav. Eine symmetrische Gestaltung ist selten. Die meisten Elfenbeinstücke wurden aus der Peripherie, meistens aus dem mittleren Bereich entnommen, nur wenige stammen aus dem Zentrum des Stoßzahnes. Dabei wurde ein Span in der Längsachse, parallel zu den Wachstumslinien entnommen. Es wird zwischen Einzel- und Serienproduktion unterschieden. Die erste Methode beruht auf dem Abtrennen eines Abschlages, meist quer zur Längsachse verlaufend. Sie wurde aber kaum angewendet. Die Serienproduktion beruht auf der Ablösung dicker Späne, die in Form gebracht, poliert, geglättet und schließlich mit Kerben versehen werden. Dieser Produktionsvorgang ist aber nicht immer einheitlich. Polierung kann auch oft durch den Gebrauch
Owen 1996, 30–31.
398. Hahn 1993, 336.
400. Hahn 1993, 355.
399. Miles 1963, 130.
401. Spector 1993, 36–38.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
entstanden sein.402 Gekerbte Späne, die vermutlich zur Herstellung von Anhängern dienten, sind auch aus der mährischen Fundstelle Pavlov I bekannt.403 In Österreich konnten gekerbte Stäbe, die auf eine Serienproduktion von Anhängern schließen lassen würden, noch nicht nachgewiesen werden. Lediglich die Endprodukte, sprich Perlen und Anhänger, wurden vereinzelt geborgen. So existiert ein 1,7 cm langer, kleiner Anhänger aus Elfenbein aus Willendorf II, Schicht 5.404 Weiters erwähnt M. Otte405 zwei Halbfabrikate aus Elfenbein mit konvexem Durchmesser. Ein sehr reiches Knochenschmuckensemble bestehend aus 49 Knochenperlen, weiteren Bruchstücken und verschiedenen Anhängern stammt aus der gravettien zeitlichen Station Grub/Kranawetberg in Niederösterreich.406 7.1.1.2 Die Elfenbeinlamellen407 Gelochte Elfenbeinlamelle, Inv.-Nr. 374 (Abb. 181, Taf. 12/1): Lamelle aus äußerem Bereich eines Stoßzahnes, Oberfläche verwittert, in einer Linie verlaufend an der rechten und linken Kante Reste zweier Lochungen, Abstand: 36,6 mm. Loch I (rechts): halbkreisförmig, von der Außenseite der Lamelle eingetieft, an der Innenseite der Lochung keine Rillen erkennbar, Durchmesser: 10,9 mm. Loch II (links): halbkreisförmig, von der Unterseite der Lamelle eingetieft, an der Innenseite der Öffnung feine, umlaufende Rillen, Schnittspuren rund um das Loch, Durchmesser: 7,6 mm. Von der linken oberen Ecke der Lamelle zieht sich leicht schräg zur linken Lochung eine Schnittspur. Quer zur Längsachse befindet sich in der Mitte der Lamelle außerdem eine weitere durchlaufende Schnittspur. Die linke Kante zeigt im Mikroskop eine deutliche Abschrägung, die auf keine natürliche Entstehung hinweist. Maße: L: 53,4 mm, B: 41,3 mm, D: 3,9 mm. Gelochte Elfenbeinlamelle, Inv.-Nr. 1209 (Abb. 181, Taf. 13/1): Lamelle aus äußerem Bereich eines Stoßzahnes, Oberfläche mit dünner Lößschicht überzogen,408 großes Loch im rechten oberen Viertel, Rest einer Lochung im
402. Scheer 1985, 269–273. – Scheer 1995b, 144–151. 403. Klíma 1997, Taf. 19, 42–46. 404. Kromer 1950, 64, 70. – Felgenhauer 1956–1959, Teil 3, 129. 405. Otte 1981, 295–296. 406. Antl-Weiser 1999, 23–34.
unteren Bereich der linken Kante, an der Unterseite einige Schnittspuren. Loch I (groß): unregelmäßige Kreisform, von der Unterseite der Lamelle gearbeitet, an der Unterseite zahlreiche Schnittspuren rund um das Loch – besonders ausgeprägt an der rechten Seite, an der Innenseite der Öffnung einige zarte Rillen. Loch II: von der Ober- und Unterseite der Lamelle gearbeitet – doppelkonischer Querschnitt, an der Unterseite – in Verlängerung der Kante – oberhalb der Öffnung Schnittspur. Maße: max. L: 97 mm, B: 62 mm, D: 4 mm. Durchlochung Verschiedene Techniken zur Durchlochung können angewendet werden: Drehbewegung, Aufrauung, Schlitzen (langer tiefer Schnitt) und Schlagen. Meist wurde eine Vorpräparierung beobachtet, deren Ziel es war, die Stelle für die Lochung zu verdünnen. Durchgeführt wurde dabei eine einfache Rauung, Abhebung eines Spans, Anlegung einer Rille oder eine Abschrägung. Besonders die Herstellung eines Loches durch eine drehende Bewegung eines Werkzeuges erfordert diese Vorbehandlungen.409 Die Anlegung der Löcher in den Elfenbeinlamellen aus Langenlois erfolgte mit großer Wahrscheinlichkeit durch Schneiden von der Ober- oder Unterseite (oder beiden). Dies hatte zur Folge, dass die Lochungen eine teils unregelmäßige, leicht eckige Form aufweisen. Manche Öffnungen wurden danach zusätzlich durch ein in drehender Bewegung geführtes Werkzeug begradigt. Von der Schwierigkeit des Anlegens des Loches zeugen zahlreiche Schnittspuren, die sich rund um die Löcher befinden. Die Vorpräparierung einer Stelle zwecks Durchlochung kann vermutlich an einer Elfenbeinlamelle (Inv.-Nr. 317) aus dem Quadratmeter F/3 beschrieben werden. An der Unterseite der Lamelle befindet sich eine 3 mm breite, kaum eingetiefte kleine Mulde. Außerdem ist rund um diese Stelle eine große Anzahl an Schnittspuren zu erkennen. An der Vorderseite der Lamelle wurde außerdem versucht, an der fast gleichen Stelle eine weitere kleine Eintiefung anzulegen. Interpretationsversuche Da es sich bei den beiden gelochten Elfenbeinlamellen eindeutig um Rohformen oder Halbfabrikate handelt, werden im Folgenden eventuell beabsichtigte Endprodukte aufgelistet.
407. Beschreibungsangaben wie links, rechts, oben und unten beziehen sich auf die Taf. 12/1 und 13/1. 408. Die Lößschicht wurde bei der Präparation nicht entfernt, um die Elfenbeinlamelle nicht zu beschädigen.
409. Scheer 1995b, 144–148.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
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Abb. 181: Gelochte Elfenbeinlamellen aus Langenlois A (Foto: P. Böttcher).
Anhänger Auf Basis einer anhand von in Westeuropa gefundenen Objekten erstellten Nomenklatur, die nicht ohne Schwierigkeiten für Osteuropa übernommen werden kann, wird diese Schmuckkategorie wie folgt definiert: Es handelt sich um Gegenstände, die eine klare Aufhängevorrichtung zeigen – in Form einer Lochung oder einer Kerbe. Eine große Variabilität zeigt sich aber in Bezug auf die Dimension, Auswahl des Materials, Qualität der Bearbeitung, Form und eventuell auftretende Verzierung. Hauptsächlich wurden Anhänger aus Geweih des Rentieres, langen und platten Knochen und Mammutelfenbein hergestellt. Die Abmessungen umfassen 20 bis 120 mm. Es handelt sich auf der einen Seite um Perlen sowie um Objekte, die man aufhängen kann, aber deren wirkliche Funktion unbekannt ist. Unterschieden wird auch zwischen neun verschiedenen Formen, die sich aus dem Grad der Bearbeitung ergeben.410 Interessant sind Fundstücke, die in Pavlov und Dolní Věstonice als „echte“ Anhänger angesprochen werden. Es sind Gegenstände aus flachen, total abgeglätteten Plättchen
in Schildform. Ihre untere Kante ist tief und breit eingekerbt. Es entsteht so ein mondsichelförmiges Gebilde, das den wahren Anhängern ähnelt. Jene zeigen ein volles Loch, das aber oft abgebrochen ist. Völlig erhaltene Anhänger werden auch als anthropomorphe Darstellung oder zoomorphe Wiedergabe (Abb. 182) geführt.411 Da an den Elfenbeinlamellen aus Langenlois nur die Lochungen durchgeführt wurden, können diese nicht eindeutig als Anhänger identifiziert werden. Besonders die Tatsache, dass eine Lamelle (Taf. 12/1) zwei Lochungen aufweist, lässt auf den ersten Blick die Funktion eines Anhängers nicht eindeutig erkennen. Es sollte aber darauf hingewiesen werden, dass zwei Lochungen die Funktion als Anhänger nicht ausschließen. Auch ein von Y. Taborin412 behandeltes Stück weist zwei Löcher auf. Die Elfenbeinlamelle mit zentraler großer Lochung (Taf. 13/1) zeigt eine Ähnlichkeit mit den „echten“ Anhängern aus Pavlov (Abb. 182).
411. Klíma 1994, 106 und Abb. 33/24–27. 410. Taborin 1992, 1–3.
412. Taborin 1992, Abb. 3/2.
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Abb. 182: Gebrochene Anhänger und stilisierte Eule in Form eines Anhängers aus Pavlov (nach Klíma 1994, Abb. 33/24–27, 33–34).
Abb. 183: Haarspangen und -bruchstücke aus Pavlov (nach Klíma 1997, Abb. 20/1–4, 10).
Diademe und Haarspangen Z. A. Abramova413 erarbeitete eine Zusammenstellung der „art figuratif symbolique“ in Osteuropa und Sibirien und spricht jene Stücke mit zwei Lochungen als Diadem an. Es handelt sich dabei um Elfenbeinlamellen, welche oft schmäler als länger, sorgfältig poliert und an den Enden mit Löchern versehen sind. Oftmals findet man sie zerbrochen und die Durchlochungen können auch fehlen. Jene Schmuckgattung ist besonders in den Fundstellen Mezine, Yudinovo, Timonovka und Suponevo vertreten. Man konnte aber auch beobachten, dass manche Elfenbeinlamellenfragmente gut bearbeitet und verziert waren, und die charakteristischen Merkmale von Diademen nicht besaßen. Auch in den südmährischen Fundstellen entdeckte man diese Schmuckgegenstände in Form von flachen Elfenbeinplättchen.414 Dort sind sie oval, elliptisch oder länglich, die Enden abgerundet und zeigen je eine Lochung. Oft sind sie mit gravierten geometrischen Mustern verziert und zum großen Teil nur in Bruchstücken erhalten. Auch B. Klíma interpretierte diese Stücke als Diademe oder Haarspangen (Abb. 183).415 Dieser Schmucktyp wurde das erste Mal bei der paläolithischen Bestattung eines Kindes in Malta entdeckt. Die Lage des Stückes auf dem Schädel des Verstorbenen ließ mit großer Sicherheit auf dessen Funktion schließen. Es handelte sich um Fragmente eines Kreises aus einer dünnen Lamelle aus gekrümmtem Elfenbein. Auf beiden Enden des Kreises beobachtete man eine Lochung, die offensichtlich dem Anbringen einer Schnur diente. Die Oberfläche war poliert,
das Objekt deformiert und durch den Druck der Platten, die sich im Grab befanden, teilweise zerstört.416 G. Riek417 führt in seiner Beschreibung der durchlochten Elfenbeinplatten vom Vogelherd ein Stück auf, das er als Brustschmuck betitelt. Es handelt sich dabei um eine längliche, leicht gebogene Elfenbeinlamelle mit elliptischem Breitenquerschnitt. Die einstmals geglättete und verzierte Oberfläche ist nur in Resten erhalten. Das Stück besitzt zwei gewindeähnlich zugeschnittene Löcher. Auffällig ist, dass ein Drittel der Lochwand, jeweils rechts unten, geglättet ist. Dies könnte durch Scheuerung entstanden sein. Das Schmuckstück entspricht in Form und Aussehen, den bereits erwähnten Diademen oder Haarspangen aus Pavlov. Nach der Nomenklatur von Y. Taborin418 wären diese Stücke auch der Kategorie der Anhänger zuzuweisen. Die Funktion der Diademe als Anhänger wäre auch durch das Aufhängen an einer Schnur und somit mögliches horizontales Tragen am Hals vorstellbar.419 Die geborgene Elfenbeinlamelle aus Langenlois mit zwei Lochungen (Taf. 12/1) kann mit den beschriebenen Haarspangen bzw. Diademen verglichen werden. Schmuckplatten Eine interessante Gruppe bilden auch die von Z. A. Abra mova420 beschriebenen Schmuckplatten („Plaquettesparures“). Dabei handelt es sich um breite, dünne, im Allgemeinen viereckige Elfenbeinlamellen oder Knochenplatten (Abb. 184). Sie wurden in großen Mengen in Malta geborgen. 416. Nach Abramova 1995, 263.
Riek 1934, 159–160.
413. Abramova 1995, 56.
417.
414. Klíma
1987a, 40–41. – Klíma 1994, 105–106 und Abb. 32/1, 10–13. – Klíma 1997, 236–237 und Abb. 20/1–10.
418. Taborin 1992, 1.
415. Klíma 1994, 107.
420. Abramova 1995, 57.
419. Klíma 1994, 107.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
201
Abb. 184: Schmuckplatten (Plaquettes-parures) (nach Abramova 1995, Abb. 93/1, 3; 113/3-6).
Durch die Befundsituation eines Kindergrabes kann eine Funktion als Schnalle angenommen werden. Eine verzierte Schmuckplatte mit einem kleinen Loch im Zentrum lag auf der rechten Seite der Lendenwirbelsäule des Kindes. Man nimmt an, dass dieses Stück mit Hilfe eines Riemens, der einen Knoten aufwies, an der Kleidung fixiert war. Schnallen (Spangen) Auch ein Vergleich mit der Schmuckgattung der Schnallen bzw. Spangen („boucles en ivoire“) könnte hergestellt werden. Es handelt sich dabei um Stücke in Form einer flachen Scheibe, die im Zentrum durchlocht ist. Diese Öffnung in der Mitte kann in verschiedenen Dimensionen ausgeführt sein. Im Fundgut der sibirischen Fundstelle Kurtak 4 finden sich diese Schmuckstücke in unvollendeter Form. Dabei ist unklar, ob es sich um unfertige Schnallen oder nur Abfallprodukte der Scheibenfabrikation handelt (Abb. 185).421 Der Aspekt der Scheibenproduktion sollte demnach auch für die Langenloiser Elfenbeinlamelle mit zentraler großer Lochung (Taf. 13/1) in Betracht gezogen werden. Ethnologische Vergleichsstücke Wie aus der Ethnologie bekannt ist, verwendeten die Eskimos zur Erzeugung von Tönen sog. Bruzzer. Dies sind flache Objekte aus den Fußknochen der Robbe, Holz oder auch Elfenbein (rezent Metall) mit zwei Löchern in der Mitte. Durch diese wird ein Sehnenfaden gezogen und verknotet. Durch Anziehen und Loslassen der Enden wird
Abb. 185: Unfertige Schnallen bzw. Spangen aus Kurtak 4 (nach Abramova 1995, Abb. 98/11–16).
der Bruzzer bewegt. So rotiert er und erzeugt einen surrenden Ton (Abb. 186). Der Brummer, auch unter Schwirrholz bekannt, ist auf Grund seiner Form nicht mit den Stücken aus Langenlois vergleichbar. Hergestellt werden sie nicht nur aus Elfenbein, sondern auch aus Holz oder Walbarte, da das Gewicht für die Erzielung eines Tones wichtig ist. Dabei handelt es sich um ein flaches messerförmiges Stück mit Einkerbungen, welches an einer Schnur im Kreis geschwungen wird. Löcher in der Mitte des Brummers verändern den Ton.422 Als Nachweis der Verwendung dieses Musikinstrumentes im Paläolithikum kann vielleicht ein Stück vom Vogelherd im Lonetal genannt werden.423 422. Grahammer 1994, 92–93.
421. Abramova 1995, 57.
423. Riek 1934, 159.
202
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Abb. 186: Bruzzer (University of Alaska, Museum in Fairbanks # 70-53-124) (nach Grahammer 1994).
Ein anderes durchlöchertes Objekt diente den westlichen Indianern Amerikas als Loch- oder Fadenspiel. Dabei wird ein flacher Knochen mit natürlichen Öffnungen oder ein gelochtes Elfenbein an einem kurzen Lederband befestigt, am anderen Ende ein Stab. Man hält den Stab und wirft das Objekt in die Luft. Danach versucht man mit dem Stab in eines der Löcher zu treffen. Die Löcher zeigen verschiedene Schwierigkeitsstufen an.424 7.1.2 Aufbau und Struktur von Elfenbein Die Zahnsubstanz von modernen Elefanten und ausgestorbenen Mammuts wird als Elfenbein bezeichnet. Obwohl die Zähne von Flusspferd, Walross und Narwal einen anderen Aufbau zeigen, werden sie ebenfalls als Elfenbein geführt.425 Grundsätzlich besteht ein Stoßzahn aus drei Bereichen (Abb. 187). Der Äußere wird als Zement bezeichnet. Dentin bildet den mittleren Teil, hat eine fasrige Struktur und ist von Dentinkanälchen durchsetzt. Im Inneren befindet sich die Pulpa, welche die Nerven und Blutgefäße enthält.426 Email, das härteste tierische Gewebe, bedeckt die Oberfläche des Zahnes, wo die stärkste Beanspruchung stattfindet, wie in diesem Fall an der Spitze des Stoßzahnes. Ameloblasten sind für den Aufbau verantwortlich. Email zeigt eine prismatische Struktur, in der die Prismen senkrecht zur Spitze verlaufen. Man findet diese Schutzschicht jedoch nur bei jungen Elefanten, da sie sich abnützt und nicht mehr ersetzt wird. Die sehr komplexe Struktur von Elfenbein ist auf jene Zellen zurückzuführen, die als Odontoblasten bezeichnet werden. Sie sind für die Produktion von Dentin verantwortlich, welches die Hauptmasse eines Stoßzahnes bildet. Entlang der konischen Pulpa produzieren diese Zellen
neues Dentin. Nach Abschluss dieses Prozesses wandern die Odontoblasten zur neuen Oberfläche der Pulpa zurück. Durch diesen Prozess entstehen Dentinkanäle („Schreger lines“). Es handelt sich dabei um Mikrokanäle, die von der Pulpa nach außen bis zur Zementgrenze strahlen und sich schräg zur Stoßzahnspitze neigen. Ihre Länge wird durch den Radius des Zahnes bestimmt. Im Querschnitt kann man so eine komplexe dreidimensionale Struktur erkennen. Sie hat die Form von Bögen, die gegenläufig zueinander, über die Breite des Stoßzahnes, verlaufen. Produziert wird dabei an den Kreuzungspunkten das, was üblicherweise als „engine turnings“ oder Schreger Muster bezeichnet wird. Im transversalen Schnitt werden konzentrische Linien von diesem Schreger Muster geschnitten. Es handelt sich dabei um Wachstumsgrenzen zwischen den einzelnen übereinander liegenden Kegeln des Elfenbeins.427 Besonders im Längsschnitt sind diese ineinandergeschobenen Tüten, welche die einzelnen Wachstumsschübe zeigen, gut zu erkennen. Es ist jedoch unklar, ob es sich um jährliche oder saisonale Schübe handelt.428 Man unterscheidet zwischen äußeren (nahe der Zementschicht) und inneren „Schreger lines“ (nahe der Pulpa). Kreuzen sich diese, ergibt sich ein bestimmter Winkel („Schreger angles“). Dabei können konkave und konvexe Winkel differenziert werden. Misst man diese, so kann zwischen Mammut- und Elefantenelfenbein unterschieden werden. Ergibt die Messung im Querschnitt einen Winkel 115°, stammt der Stoßzahn von einem Elefanten.429 Diese Tatsache ist besonders für die experimentelle Archäologie von Bedeutung. Auf Grund der unterschiedlichen Winkel der Kreuzungspunkte der „Schreger lines“ ergeben sich auch verschiedene Bruchmuster.430 Auch einen Unterschied in der Dichte der Dentinkanälchen wurden festgestellt. Die größere Dichte bei Stoßzähnen des Mammuts macht ihr Elfenbein elastischer im Gegensatz zu jenem von modernen Elefanten.431 Die besonderen Eigenschaften des Elfenbeins sind auf dessen chemische Zusammensetzung zurückzuführen. Nicht nur das Mammutelfenbein, sondern auch jenes der noch heute lebenden Elefanten besteht aus kleinen Carbonat-Hydroxyl-Apatit-Kristallen, die mit Kollagenfasern in einem Verbund orientiert verwachsen sind. Die Ausrichtung dieser Kristalle ist für die Härte, jene der Kollagene für
427.
Nach White 1995, 33.
428. Hahn 1986, 54. 424. Grahammer 1994, 82.
429. Espinoza, Mann 2000, 7.
425. Hahn 1986, 53. – Kokabi 1994, 15–18.
430. White 1995, 36.
426. Banerjee 1994, 40.
431. Haynes 1995, 41.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
203
7.1.3 Elfenbeintechnologie (Befunde und Experimente) 7.1.3.1 Vorbehandlung von Elfenbein Einweichmethoden an rezentem Elfenbein testete A. Pawlik.434 Ein zweiwöchiges Einweichen in Wasser brachte aber keine Vorteile. Das Kochen von Elfenbein in Wasser bewirkte aber, dass das Werkstück an Festigkeit verlor und zerkrümelte. Auch M. Christensen435 kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Das Einweichen in kaltem Wasser wirkte nur sehr oberflächlich, wobei die Dauer des Untertauchens keine Rolle spielte. Einweichen in warmes Wasser brachte auch keine bemerkenswerte Verbesserung. Auch das etwa einstündige
Kochen eines Elfenbeinstückes in Wasser erbrachte kein besseres Resultat. Erst nach sechs Stunden im kochenden Wasser konnte das Werkstück tiefer bearbeitet werden. Diese Verbesserung war aber nur von kurzer Dauer, denn ist die Flüssigkeit verdampft, wird das Elfenbein sofort hart und muss erneut eingeweicht werden. Im Gegensatz zu frischem Elfenbein hat Wasser auf fossiles Elfenbein eine überwältigende Wirkung. Nach kurzer Zeit absorbiert es die Flüssigkeit und kann leicht bearbeitet werden, ähnlich wie Holz. Es ist auch möglich, Späne mit der Hand abzuziehen. Versuche von J. Hahn, A. Scheer und O. Waibel 436 mit Elefantenstoßzähnen zeigten, dass bei frischem Elfenbein mit den aus der Ethnologie bekannten Methoden zur Weichmachung (mit Wasser und Urin) es nur möglich war, die obersten Schichten des Stoßzahnes aufzuweichen. So konnte dieser Bereich leicht entfernt werden. Kam es erneut zur Trocknung, wurde es sofort wieder hart. Auch A. Pawlik437 stellt fest, dass man mit dem Einlegen in Urin eine Arbeitserleichterung erreichte. Je nach Größe musste der Gegenstand aber immer wieder in Urin getränkt werden, so dass es zu einem großen Zeitaufwand bei der Bearbeitung kam. M. Christensen438 führte Experimente mit Dampf durch. Dabei wickelte sie frisches Elfenbein in ein Schaffell und legte das Bündel ins Feuer. Nach dem Herausnehmen des Bündels war das Elfenbein aber noch immer hart. Es zeigten sich aber Risse im Querschnitt. Danach führte sie einen zweiten abgeänderten Versuch durch. Ein in Fell gewickeltes Elfenbeinstück wurde unter einer Feuerstelle vergraben. Nach der Bergung war das Fell noch immer feucht, der Stoßzahn kochend heiß. Allerdings war nur eine dünne Schicht aufgeweicht und es konnten auch keine Risse beobachtet werden. Ein kontrollierter Brennversuch bewirkte eine Zerstörung der inneren Struktur des Stoßzahnes.439 Das Erhitzen von Elfenbein in einem Keramikbrennofen bei 300°C (20 Minuten lang) erbrachte die vollständige Verkohlung von frischen und subfossilen Stücken. Sie konnten danach mit der Hand zerbröckelt werden. Ein zweites Experiment wurde in einem Trockenofen bei 135°C durchgeführt. Nach 24 Stunden war keine Veränderung zu bemerken, diese trat erst nach zweieinhalb Tagen auf. Beide Elfenbeinfragmente waren zerklüftet. Das frische Stoßzahnstück zeigte Sprünge und Risse im Dentinbereich, die Oberfläche hatte sich aber
432. Banerjee 1994, 40.
436. Hahn, Scheer, Waibel 1995, 32–33.
433. Albrecht 1977, 120–123.
437.
434. Pawlik 1992, 55–57.
438. Christensen 1999, 71.
435. Christensen 1999, 70–71.
439. Hahn, Scheer, Waibel 1995, 31–32.
Abb. 187: Aufbau eines Proboscidian Stoßzahnes (nach White 1995, Abb. 1).
die Elastizität des Elfenbeins verantwortlich.432 In Druckversuchen und Biegetests prüfte man Elfenbein auf seine Beanspruchbarkeit. Dabei kam man zum Ergebnis, dass Elfenbein weniger Elastizität als Knochen oder Geweih aufweist, aber die größte Druckfestigkeit besitzt.433
Pawlik 1992, 56.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
kaum verändert. Beim subfossilen Elfenbein konnten feine Schichten entfernt werden. Danach wurden die Stücke in Wasser getaucht. Nach der Trocknung zersplittern die Stücke, gemäß der durch die Hitze entstandenen Risse. Es handelt sich dabei um eine sehr unkontrollierbare Methode. Alle entstandenen Fragmente – kleine Stäbchen (Elefantenelfenbein) und feine Plättchen (Mammutelfenbein) – waren sehr fragil und brüchig. Eine Kontrolle dieses Vorganges ist vielleicht durch eine Sediment- oder Tonhülle möglich, gemäß der Konservierung von Mammutstoßzähnen durch Frost und Wiederauftauen im Permafrost von Sibirien.440 Bei der Behandlung durch thermischen Schock füllte man die Pulpa des Stoßzahnes mit Wasser und verschloss die Öffnung mit einem Bündel Holz. Danach brachte man das Elfenbein zum Gefrieren. Dieser Vorgang sollte zu einer Ausdehnung des Wassers und somit auch zum Bersten des Stoßzahnes führen, jedoch war das Ergebnis negativ. Der Grund dafür dürfte das Volumen der Zahnhöhle gewesen sein, das bei diesem Experiment eine sehr große Rolle spielt. Der Stoßzahn ist so massiv, dass ohne eine vorliegende Schwachstelle kein positives Ergebnis erlangt werden kann.441 Die Lagerung von Elfenbein im Boden ist ein Mittel zur Erleichterung seiner Bearbeitung. Herbeigeführt wird dies durch eine partielle Verwitterung des organischen Materials.442 7.1.3.2 Zerlegung des Stoßzahnes Die Zerlegung eines Stoßzahnes beginnt mit dem Herausschlagen aus den Alveolen mittels eines geeigneten Werkzeuges. Dies kann mit Hilfe eines schweren Steinwerkzeuges oder eines anderen geeigneten Geräts geschehen. Nach dem Entfernen aus den Alveolen wird die Wurzel des Stoßzahnes, welche ungeeignet für die weitere Verarbeitung ist, ebenfalls abgeschlagen.443 Die Fragmentierung des Stoßzahnes hat das Ziel, den Stoßzahn in handliche Stücke zu zerlegen und so zur weiteren Verarbeitung vorzubereiten. Bei einem Stoßzahndurchmesser von 10 bis 15 cm kann dieser durch den direkten Schlag mit einem großen Stein durchtrennt werden. Ein derartiger Vorgang konnte an einem Mammutstoßzahn aus Kostenki I untersucht werden. Hier fand man Spuren in Form von Sprüngen und Aussplitterungen, die von einem schweren Schlag herrührten und die äußere Schicht
zerstörten.444 Auch G. Riek445 beobachtete diese Zerlegungsmethode am Vogelherd. Unter dem Südeingang, also der Witterung ausgesetzt, wurden zugeschlagene Teile von mindestens fünf Stoßzähnen geborgen. Dieser Rohstücke maßen zwischen 30 und 50 cm und trugen eindeutige Schlagnarben. Die Mammutstoßzähne wurden vermutlich auf einen scharfkantigen Amboss gelegt und mit einem großen Schlagstein durchhauen. Eine Längsspaltung des Stoßzahnes wurde am Fundplatz Yudinovo nachgewiesen. Dafür wurden zwei gegenüberliegende Kerben mit einer Tiefe von 0,5 bis 0,6 cm Tiefe angelegt. Danach erfolgte eine Spaltung in zwei Stücke.446 M. Christensen447 führte zu diesem Befund ein Experiment durch. Verwendet wurde ein Teil eines ausgetrockneten Elefantenstoßzahnes. Ungefähr über ein Drittel erstreckte sich ein Riss, der ausgenutzt werden sollte. Man brachte hier zwei Keile aus Silex (große Abschläge) an und trieb diese in den Stoßzahn. Der Riss erweiterte sich sehr schnell und man konnte nach der Trennung der beiden Hälften eindeutige Zerlegungsspuren erkennen. Die Risslinien zogen sich vom proximalen zum distalen Ende. Beim Auftreffpunkt des ersten Schlages formten sich diese Linien zu einem (Schlag-) Kegel, der sich nach außen erweiterte. Bei der Zerteilung durch Hämmern (direkter und indirekter Schlag) wird an einer Seite eine tiefe Kerbe mittels eines Gerätes ähnlich einem Beil erarbeitet. Die andere Seite wird nicht weiters vorbereitet. Der Bruch erfolgt durch einen gezielten Schlag. Diese Arbeitsweise ist eindeutig durch einen klar gearbeiteten Stumpf und einen darauffolgenden zerschmetterten Bereich zu erkennen.448 Zum gleichen Ergebnis kam auch M. Christensen. Bei ihrem Experiment verwendete sie zusätzlich einen Amboss. Die Stelle des Bruches beschreibt sich als charakteristische Griffzunge.449 Ein aktueller Versuch der Zerstückelungsmethode mit indirektem Schlag an frischem und subfossilem Elfenbein (beides zuvor in Wasser eingeweicht) zeigte, dass je nach Werkstoff der Wirkungsgrad sehr unterschiedlich ist. Als Werkzeug wurde ein Schlaginstrument aus Holz und ein Zwischenstück aus Silex verwendet. Wird diese Technik an einem frischen Stoßzahn durchgeführt, ist es schwierig eine Kerbe anzulegen. Der dazu verwendete Silex zeigt sehr starke Abnutzungserscheinungen. Als Abfallprodukte konnten winzigste Späne und Pulver festgestellt werden. Im 444. Semenov 1964, 147–148. 445. Riek 1934, 53.
440. Christensen 1999, 71–72.
446. Abramova, Grigorieva 1995, 222–223.
441. Christensen 1999, 72–73.
447.
442. Christensen 1999, 72.
448. Semenov 1964, 149.
443. Semenov 1964, 147.
449. Christensen 1999, 75.
Christensen 1999, 77.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
Gegensatz dazu ist die Anlegung einer sauberen Kerbe bei Mammutelfenbein schnell durchführbar. Die verwendeten Werkzeuge waren kaum abgenützt. Als Abfall beobachtete man hier kleine, dicke Späne.450 Diese Technik des Abschabens wurde in der Fundstelle Blackwater locality No. 1 in New Mexico nachgewiesen. Mit einem Schlagstein wurde eine Richtlinie in den frischen Stoßzahn gepickt. Diese Vorgabe wurde mit einem Gravierstichel erweitert und vertieft. Der dadurch entstandene Leitkanal wurde daraufhin mit einem unifaciellen Messer um den ganzen Umfang ausgedehnt. Mit einem indirekten Schlag wurde zuletzt der innere Bereich des Stoßzahnes durchstoßen.451 Eine materialschonende Zerlegungsart war die Anbringung einer etwa 4–5 cm tiefen Kerbe mittels eines schmalen meißelartigen Gerätes. Danach konnte der Stoßzahn mit einem kräftigen Schlag zerteilt werden. Funde zeigen, dass eine Ringkerbe mit einer Tiefe von 1 cm bei einem Durchmesser von 4–5 cm bereits ausreichte, um den Stoßzahn an der gewünschten Stelle zu brechen. Die Zerteilung ist hauptsächlich abhängig vom Zustand des Elfenbeins. Frisches Elfenbein lässt sich leichter schlagen und splittert nicht so sehr wie bereits ausgetrocknetes.452 Diese Zerteilung des Stoßzahnes in handliche Stücke wurde auch in der spät-aurignacienzeitlichen Station Alberndorf im Pulkautal, NÖ nachgewiesen. Beachtenswert sind vier Stoßzähne von juvenilen Mammuts, die diese Zerlegungstechnik bezeugen. Beobachtet wurden Ringkerben und gegenständige, seitliche Kerben die den Stoßzahn so zurichteten, dass durch einen Schlag auf oder an eine Unterlage die Trennung erfolgte. Interessant ist aber die Tatsache, dass neben diesen Halbfabrikaten keine bezweckten Endprodukte gefunden wurden. Nur bei einem Stück wurden Hinweise auf die Verwendung als Stampfer, Hammer oder dergleichen gefunden.453 Die einfachste Methode nach S. A. Semenov454 war die Herstellung von unregelmäßigen Elfenbeinsplittern durch Schläge mit einem spitzen Steinwerkzeug auf dem ganzen Stoßzahnumfang. Die laminare Struktur erlaubt eine Abspaltung länglicher Splitter ohne eine vorhergehende Zurichtung, zum Beispiel in Form von Kerben. Der direkte Schlag ist bei subfossilem Mammutelfenbein leichter zu kontrollieren, da bereits Schwachstellen
bestehen. Verwendet wurde für dieses Experiment ein Schlaginstrument aus Glattholz. Bei dieser Technik entstanden gebogene Platten, die dem natürlichen konzentrischen Zerfall glichen. Die Dicke variierte je nach der Breite der zerfallenen Schicht. Diese Stücke sind zur Fertigung von Anhängern, Perlen und anderen kleinen länglichen Geräten durchaus ausreichend.455 J. Hahn, A. Scheer und O. Waibel456 beschreiben die Zerlegung durch Abschläge in Quer- und Längsrichtung in kurze, breite Teile. Mit Hilfe eines steinernen Zwischenstückes ließen sich außerdem Späne in Längsrichtung lösen. Mit aneinandergereihten Schlägen konnte vorher eine Schwächelinie angelegt werden, die dann als Leitlinie für den Span diente. Bei den Varianten des direkten oder indirekten Schlages mit Präparation wird durch eine Kerbe die Form des beabsichtigten Abschlages kontrolliert.457 Diese Abbauweise konnte anhand des Fundgutes von Pavlov rekonstruiert werden. Mit Hilfe eines Meißels wurde zuerst eine Kerbe angebracht. In diese steckte man dann einen Keil, mit dem vorsichtig lange Späne abgesprengt wurden.458 Bei der Herstellung von Spänen (Stäbchen) legte man mit einem Stichel zwei parallele Rillen auf dem Stoßzahn an. In Malta wurde die Anbringung von mehreren parallelen Rillen in einem Abstand von 15–20 mm nachgewiesen. Nach diesem Arbeitsschritt ging man dazu über, die einzelnen Späne herauszubrechen. Dies geschah nach S. A. Semenov mit Hilfe eines Meißels aus Knochen.459 Aktuelle Untersuchungen von M. Christensen460 zeigten erneut, dass das Anlegen von Rillen bzw. Kerben in subfossilem, in Wasser eingeweichtem Elfenbein leichter und schneller durchgeführt werden kann als in frischem. Dabei lässt sich der subfossile Stoßzahn ähnlich wie Holz bearbeiten. Während die Gewinnung eines Stäbchens aus frischem Elfenbein eine Stunde und 20 Minuten erforderte, dauerte dasselbe Experiment an subfossilem Elfenbein nur zehn Minuten. Bei der Hin- und Herbewegung des Stichels entstanden dabei kleine gekrümmte, schmale und dicke Späne. Diese beschriebenen Kerben können auf unterschiedliche Weise angelegt werden. Versucht man breite, flache Elfenbeinplatten zu gewinnen, werden sie tangential angelegt.
450. Christensen 1999, 75–77.
455. Christensen 1999, 79–80.
451. Saunders et al. 1990, 112–118. – Bradley 1995, 266–267.
456. Hahn, Scheer, Waibel 1995, 29–30.
452. Semenov 1964, 151.
457.
453. Bachner,
458. Hahn 1988b, 204.
Mateiciucová, Trnka 1996, 115–116 und Abb.
205
Christensen 1999, 64.
17–19.
459. Semenov 1964, 155–158.
454. Semenov 1964, 153–154.
460. Christensen 1999, 82–84.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Führt man eine radiale Kerbung durch, erhält man stabförmige Rohstücke (Abb. 188).461 Die Anlegung von doppelten Rillen ist ab dem Gravettien zu beobachten und erlaubte so, eine gewünschte Form eher zu erhalten. Dies verringerte den Zeitaufwand des Formens zu einem länglichen Objekt oder Schmuckstück.462 In der niederösterreichischen Paläolith-Station Gobelsburg – Keller Pasch entdeckte man eine 0,32 m lange Elfenbeinmatrize, die das Negativ eines entnommenen Stabes in Form einer tiefen Rille zeigte. Die gleiche Fundschicht enthielt neben einer großen Menge an weiterem Elfenbein auch eine Anzahl größerer und kleinerer Fragmente von Rundstäben.463
Die Bestimmung des faunistischen Materials durch M. Pacher465 zeigte, dass nur ein sehr geringer Anteil der Knochen dem Mammut zugeschrieben werden kann. Es stellt sich nun die Frage, warum diese Fundstelle eine so große Menge an Elfenbein erbrachte. Der Grund dafür könnte im Aufsammeln von Stoßzähnen natürlich verendeter Tiere liegen. Auch das natürliche Abbrechen von Stoßzähnen stellt keine Seltenheit dar. Der paläolithische Mensch konnte so ohne große Aufwendungen, wie sie bei der Erlegung eines Mammuts notwendig waren, an den begehrten Rohstoff kommen.
Das Sammeln könnte in die Wanderbewegungen beim Lagerplatzwechsel eingebunden worden sein. Auch eine Beschaffung während der alltäglichen Aktivitäten im Umfeld des Lagers ist möglich. Eigens durchgeführte „Expeditionen“ innerhalb und außerhalb des Aktivitätsradius, unsystematischer Tausch oder ein systematischer Handel sollten ebenfalls bedacht werden.466 Gesammeltes Elfenbein, also wahrscheinlich meist älteres, bereits ausgetrocknetes Material, war somit nicht nur auf einfachere Weise zu erlangen, sondern brachte auch eine Reihe anderer Vorteile.467 Direkte Hinweise auf die Stoßzahnzerlegung liegen nicht vor. Das Stück aus dem Quadratmeter F/6 wurde bereits vom Bagger beschädigt und ist nur mehr in kleinen Bruchstücken erhalten. Der Stoßzahn aus dem Quadrant BC2 ist nicht mehr vorhanden. Ebenfalls trifft dies auf die Elfenbeinstücke aus den Quadranten HJ4 und D5 zu. Nur ein intakter Stoßzahn mit einer Länge von ca. 45 cm ist erhalten, besitzt jedoch die Aufschrift „ohne Nr.“. Es könnte sich dabei um einen Teil aus dem Quadranten HJ4 oder BC2 handeln. Unklar ist weiters die Lage eines Mammutstoßzahnstückes mit einer Länge von ca. 40 cm und der Inv.-Nr. 1347468 im Quadratmeter K/1. Auf dem Grabungsplan kann dieses Stück nicht identifiziert werden. Nur aus den geborgenen Abfallprodukten kann eventuell auf die angewendete Technik geschlossen werden. Dazu wurden Informationen aus anderen Fundstellen und der experimentellen Archäologie herangezogen. Die Extraktion von Stoßzähnen aus Alveolen wurde in der Fundstelle Langenlois nicht beobachtet. Für eine Zerstückelung durch Längsspaltung könnte es ein Indiz geben. So existiert ein ca. 34 cm langer innerster Elfenbeinkegel, der eine in Längsrichtung verlaufende ebene Bruchfläche aufweist. Leider konnte weder seine Inventarnummer eruiert noch die Lage im Plan rekonstruiert werden. Auf eine Teilung in handliche Stücke könnte durch das Vorhandensein einer Stoßzahnspitze (Inv.-Nr. 194) aus dem Quadratmeter D/5 mit ca. 60 cm Länge geschlossen werden. Dieses Elfenbeinstück konnte aber nicht mehr aufgefunden werden. Kein eindeutiger Hinweis findet sich für die Anfertigung von Spänen von Kernen oder Abschlägen im vorhandenen Elfenbeinmaterial. F. Felgenhauer beschreibt in seinen Grabungsunterlagen einen bearbeiteten Stoßzahn mit eindeutigen Spanabspaltungsspuren. Dieses Fundstück mit der Inv. Nr. 755 im Quadratmeter H–J/4 konnte aber
461. Poplin 1995, 20.
466. Floss 1990, 459.
462. Christensen 1999, 65.
467. Siehe dazu Christensen 1999, 69–84.
463. Obermaier 1908, 70–71.
468. Im Inventarheft findet sich bei Inv. Nr. 1347 der Vermerk „Doppelnummer“. Es gibt aber keinen Hinweis auf eine zweite Nummer, die diese Stück erhalten haben könnte.
7.1.3.3 Formen Je nach Endprodukt werden hier verschiedene Techniken angewendet: Zurichtung durch direkt gesetzten Schlag, Abschaben bzw. Abkratzen, Segmentierung, Lochungen, Polierung und Färbung.464 7.1.4 Elfenbeintechnologie in der Fundstelle Langenlois A Obwohl in der Fundstelle Langenlois A eine große Menge an Elfenbeinresten geborgen wurde, ergeben sich bei der Bewertung des Materials folgende Probleme: a) Nach einem Vergleich der Pläne und Inventarblätter mit den tatsächlich vorhandenen Stücken musste ein eindeutiger Fehlbestand unter den Elfenbeinresten registriert werden. b) Durch Grabung, Bergung und Lagerung entstanden weitere Brüche. Viele Elfenbeinspäne zerbrachen in kleinste Teile und konnten daher meist nicht mehr zusammengesetzt werden.
464. Christensen 1999, 65–66. 465. Siehe Beitrag M. Pacher in diesem Band.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
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Abb. 188: a: natürliche Zerfallserscheinung; b: tangentiale Kerbung; c: radiale Kerbung (nach Poplin 1995, Abb. 2).
nicht aufgefunden werden. Auch eine Durchsicht des Bestandes des Museums Langenlois brachte keine Klärung. Leider konnte auch kein Grabungsfoto sichergestellt werden, auf welchem die Auffindung dokumentiert wurde. Der Stoßzahn dürfte bereits kurz nach seiner Auffindung verschwunden sein, da sich in den schriftlichen Aufzeichnungen (Inventarheft) bereits der handschriftliche Vermerk „fehlt“ findet. Späne werden nach J. Hahn469 als längliche Elfenbeinsplitter mit mindestens einer eindeutigen Spaltfläche beschrieben. Diese ist eine raue Fläche mit in der Faser, d. h. der Längsrichtung, verlaufenden Rippen und Rillen. Sie stellen die Grundform für jene im Fundmaterial vertretenen Elfenbeinspitzen dar. Der paläolithische Mensch führte, um jene längliche Rohformen zu erhalten, eine radiale Kerbung am Stoßzahn aus (Abb. 188).470 Abschläge, die nach J. Hahn471 eine eindeutige Ventralseite aufweisen, die durch einen rudimentären Bulbus und radial verlaufende Lanzettsprünge gekennzeichnet wird, scheinen nicht vorzuliegen. Obwohl die Form einiger Elfenbeinfragmente kaum durch eine andere Zerlegungstechnik erzeugt werden konnte, weisen diese aber die erwähnten Merkmale nicht auf. Das Vorkommen einer großen Menge an Elfenbeinlamellen, die auf der Dorsal- und Ventralseite immer wieder Schnittspuren aufweisen, gibt einen Hinweis auf eine gezielte Abtrennung dieser bis zu 23 cm langen und bis zu 7 cm breiten Lamellen. Die Dicke ist abhängig von der Entnahmestelle des Stoßzahnes, denn sie nimmt in Richtung der Pulpa zu. Die Produktion von breiten, flachen Elfenbeinplatten erfolgte nach F. Poplin472 durch eine tangential angelegte Kerbe (Abb. 188).
469. Hahn 1988b, 204. 470. Poplin 1995, 20.
Besonders die Länge einer Lamelle kann Aufschluss über ihre Entstehung geben. Beobachtungen am Elfenbeinmaterial der Ziegelei Kargl, geborgen im Jahr 1963 durch A. Rothbauer bei extremer Kälte, zeigten jene Zerfallserscheinungen. Eindeutig war aber zu verfolgen, dass der natürliche Zerfall der Lamellen, vorgegeben durch die Struktur des Stoßzahnes, eine maximale Länge von ca. 15 cm nicht überschritt. Es ist also durchaus anzunehmen, dass die Gewinnung von Lamellen, durch die Verfallserscheinungen beim Austrocknen von Stoßzähnen genützt wurden. Interessant ist diese Annahme auch in Bezug auf die geborgenen gelochten Elfenbeinlamellen. Beide Stücke stammen nämlich aus dem äußeren Bereich des Stoßzahnes, der sehr anfällig für Verwitterungserscheinungen ist. Ein Großteil des Fundgutes setzt sich aus winzigen bis kleinen Lamellen zusammen, welche durch die Bearbeitung von Elfenbein, aber auch auf natürliche Weise durch Verwitterung der verbliebenen Stoßzähne und Stoßzahnfragmente entstanden sein könnten. Das beim Verlassen des Lagers verbliebene Elfenbein war extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt. Die dadurch entstandenen kleinen Elfenbeinstücke konnten in der Folge durch den Wind über die gesamte Fläche verteilt werden. Auf eine gezielte und intensive Elfenbeinnutzung lässt der innerste Teil eines Stoßzahnes schließen. Im Quadratmeter J/2 fand sich der innere Kegel eines Mammutstoßzahnes (Inv.-Nr. 1622). Es handelt sich dabei um jenen Teil, der sehr homogen und schwer mit Steinartefakten zu bearbeiten ist. So beschreibt F. Poplin,473 dass diese Elfenbeinteile in Fundstellen SW-Frankreichs oft als Abfallprodukt der Stoßzahnzerlegung vorliegen. Es muss jedoch auch erwähnt werden, dass genau jener Stoßzahnteil besonders widerstandsfähig gegen Verwitterung ist, und deswegen die Zeit überdauerte.
471. Hahn 1988b, 204. 472. Poplin 1995, 20.
473. White 1995, 33.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
7.1.5 Verwitterungs- und natürliche Abnutzungs erscheinungen an Elfenbein Untersuchungen am Elfenbeinmaterial (Elefant) von York zeigten, dass dieser Werkstoff zu einem organisierten physikalischen Brechen neigt. Die trockenen Elfenbeinproben brachen und zerfielen konzentrisch zwischen den aufeinander liegenden Kegeln. Diese konzentrischen Brüche hatten ein welliges Aussehen. Bemerkenswert war aber auch, dass einige parallel zur Längsachse des Elfenbeins brachen. Ein longitudinal-radiales Brechen ist ebenfalls zu beobachten. Gemeinsam mit der konzentrischen Aufspaltung werden Gegenstände aus Elfenbein in gekrümmte, rechteckige Blöcke zerlegt. Außerdem läuft ein Riss schräg zu den bereits erwähnten Bruchsystemen und den gekrümmten, ausstrahlenden Linien, geformt von den abwechselnden Blöcken der Dentinkanälchen. Diese Risse können eventuell durch eine Kombination der beiden Bruchsysteme gebildet werden, wobei der Riss an der Schnittstelle der Kegel seine Richtung ändert und so ein abgestufter Riss entsteht, der eine schräge Linie zu bilden scheint.474 Auch die Untersuchung von R. White zeigte, dass die aufeinander liegenden Schichten bei „lebendem“ Elfenbein keine strukturellen Schwächen aufweisen. Gebunden werden diese durch die Dentinkanälchen („Schreger lines“) und Kollagenfasern. Bei Austrocknung und anderen Verfallserscheinungen des dentalen Kollagens tendiert der Stoßzahn aber entlang dieser konzentrischen Grenze, besonders in den äußeren Zonen des Querschnittes, sich zu spalten und zu splittern. Der innere Bereich des Stoßzahnes, rund um den zentralen Nervenkanal, ist kompakter und zeigt weniger Zerfallserscheinungen.475 Auch F. Poplin476stellte fest, dass der innerste Bereich eines Stoßzahnes, auch noch nach längerem Herumliegen an der Oberfläche, sehr gut erhalten bleibt. Der innerste Kegel des Stoßzahnes, rund um den zentralen Nervenkanal, ist sehr kompakt, homogen und gegen diesen Verwitterungsprozess immun. Auch ist die Bearbeitung dieses Bereiches mit Steinwerkzeugen sehr schwierig. In sehr elfenbeinreichen, aurignacienzeitlichen Fundstellen in SW-Frankreich sind diese innersten Elfenbeinstücke häufig als Abfallprodukte der Stoßzahnzerlegung zu beobachten.477 F. Poplin478 beschäftigte sich mit dem natürlichen Zerfall von Elfenbein auf Grund der Ansicht, dass der
474.
prähistorische Mensch sich diesen Verwitterungsprozess zu Nutzen machte. Ist ein Stoßzahn längerer Zeit der Witterung ausgesetzt, so zerfällt die äußere Schicht in leicht gewölbte Stücke mit einer gleichmäßigen Dicke von 5 mm und mehr. Versucht man Lamellen von frischem Elfenbein zu lösen, kommt es zu keiner einheitlichen Abtrennung, da sich ein oder mehrere Schichten ablösen. Die Verwitterung bewirkt auch radiale Risse, die mit jenen eines alten Baumstammes verglichen werden können. Auch Längsspalten finden sich immer wieder und können zur Zerteilung mittels Keile verwendet werden. Obwohl Elfenbein sehr hart und strapazierfähig ist, lassen sich immer wieder Abnutzungsspuren bis hin zu Brüchen erkennen. Die unteren Seiten der Stoßzähne sind oft zerkratzt, geglättet bis hin zu poliert. Diese Spuren sind auf die Nahrungsaufnahme der Tiere zurückzuführen und weisen nicht immer auf ein menschliches Zutun hin.479 Eine Studie zeigt am Beispiel von modernen Elefanten in Afrika, dass das Abbrechen von Stoßzähnen keine Seltenheit darstellt. So wurden zwischen 1981 und 1988 geschätzte 100 kg Elfenbein in Form von Klötzen, Spitzen und Splittern aufgesammelt. Gefunden wurden diese Fragmente in einem Areal von 50 bis 150 m um eine Wasserstelle. Elefanten verwenden ihre Stoßzähne aber nicht um Quellen an den Sickerstellen auszugraben, sondern vorwiegend um mineralhaltige Erde aufzulockern und zu fressen. Nie wurden gebrochene Stoßzähne bei Ausgrabungen von verendeten Elefanten an der Wasserstelle gefunden, sondern nur an der Oberfläche zwischen den Quellen, wo es zu aggressiven Zusammenstößen kommen konnte.480 Die Zusammenpassung zweier großer Elfenbeinstücke zeigt auch, dass es bei Kämpfen zu mehreren Splitterungen kommen konnte.481 Diese Untersuchung zeigt, dass es vermutlich auch für den paläolithischen Menschen nicht schwierig war, an bestimmten Stellen oder bei der normalen Sammeltätigkeit auf einfache Weise an Elfenbein zu kommen. Diese Vermutung wurde auch bei der Auswertung des archäozoologischen Materials vom Schwalbenberg bei Remangen in Betracht gezogen. Dort ist das Mammut nur in Form eines einzigen Stoßzahnsplitters vertreten. V. App et al. bewerteten dies als das Ergebnis einer Sammeltätigkeit, da – wie bereits erwähnt – diese Stücke auch auf natürliche Weise entstehen können.482
S. O’Connor 1987, 13. – T. O’Connor 1987, 7.
475. White 1995, 33.
479. Lister, Bahn 1997, 81.
476.
Poplin 1999, 22.
480. Haynes 1995, 127.
477.
White 1995, 33.
481. Haynes 1995, 131 und Abb. 4/7.
478. Poplin 1995, 20–24.
482. App et al. 1995, 37.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B 7. 2 Die Geweihindustrie der Fundstellen Langenlois A und B 7.2.1 Geweihartefakte483 7.2.1.1 Geweihglätter Geweihglätter, Inv.-Nr. 1562 (Taf. 15/1): stark beschädigt (in drei Teile zerbrochen), Herstellung aus längsgespaltener Hauptstange von Cervus elaphus, Rückseite deutliche Geweihstruktur – distaler Bereich stark geglättet, Spongiosa über die gesamte Länge teilweise entfernt – Sedimentreste erkennbar, Bruchkanten verlaufen spiralförmig, distales Ende ist abgeschrägt, geglättet und abgerundet, Maße: L: 120,3 mm, B: 21,3–23,1 mm. Geweihglätterfragment, Inv.-Nr. Eu:6 (Taf. 15/2): fragmentarisch erhalten, hergestellt aus längsgespaltenem Geweihteil von Cervus elaphus, Rückseite im distalen Bereich geglättet, Spongiosa zum Teil entfernt – bildet so eine Rinne, distal abgeschrägt und gut geglättet, die Kante abgerundet, das proximale Ende zeigt zwei von der Längsachse schräg nach distal laufende Bruchflächen, Maße: L: 35,5 mm, B: 23,4 mm. Definition In diesem Kapitel soll nicht nur die Gerätegruppe der Glätter definiert und beschrieben werden, sondern auch jene Objekte, die in Form und Gestalt diesen Geräten sehr ähnlich sind; eine Abgrenzung ist nicht immer eindeutig. Es zeigt sich immer wieder, dass je nach Autor und Fundstelle die Benennungen von gleichartigen Geräten variieren können.
Glätter Glätter sind längliche Objekte aus Knochen oder Geweih mit einem konvexen zugeschnittenen Ende. Sie besitzen geschnitzte parallele Kanten, sind aber in der Regel nicht gleichmäßig bearbeitet. Das Ausgangsmaterial bilden überwiegend längsgespaltene Rippen; lange, breite Geweihspäne oder -bruchstücke sind selten. Die Oberseite ist bei beiden Materialien meist nicht bearbeitet, die Unterseite überglättet, nur die Kanten sind genau zugeschnitten und die Enden abgerundet. Durch die starke Abnutzung ist vor allem die Länge betroffen, Dicke und Breite des Glätters verändern sich kaum.484 D. de Sonneville-Bordes485 definiert einen Glätter sehr allgemein als ein langes, flaches Knochenfragment, an einem Ende verdünnt und manchmal durch Abnutzung mit einer Politur versehen.
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Auch Ch. Leroy-Prost486 bringt in seiner Arbeit über die Knochenindustrie des Aurignaciens als Konsequenz der von ihm gesammelten Begriffserklärungen folgende Definition: Man benennt als Glätter jedes längliche Stück aus Knochen, Elfenbein und Geweih, das einen flachen Schaft mit parallelen Kanten besitzt. Die Spitze (das distale Ende) ist abgenützt und schmaler als der Schaft. Das Ende kann abgerundet, spitzbogig, schief oder quer zur Längsachse sein. Spateln Im Gegensatz zu J. Hahn unterscheidet J.-L. Piel-Desruisseaux487 zwischen den Begriffen Glätter („lissior“) und Spatel („spatula“). Als Spatel (oder auch Palette) bezeichnet A. LeroiGourhan488 längliche Knochenstücke, oft mit einer kurzen, schmalen Handhabe versehen, welche die Form eines Fischschwanzes haben kann. Diese Geräte sind sehr sorgfältig geglättet und oft dekoriert. Auch Ch. Leroy-Prost beschäftigte sich mit der Abgrenzung zwischen den Begriffen Glätter und Spatel. Im Gegensatz zu Glättern besitzen Spateln eine Spitze (distales Ende), die notwendigerweise gegenüber dem Schaft verbreitert ist. Beide Gerätetypen können aber die gleiche Grundform besitzen oder kombiniert sein mit anderen Geräten. Auch eine Mischung beider Geräte kommt vor.489 Spateln kennt man im westlichen Europa aus dem mittleren Magdalénien, wo sie sehr häufig und reich dekoriert vorkommen. Ihr Gebrauch setzt sich bis an das Ende des jüngeren Magdalénien fort. Die frühesten Stücke kann man bis in das Gravettien und Solutréen zurückverfolgen.490 G. P. Grigor’ev491 beschreibt als Merkmal der Fundstellen Kostenki und Avdeevo das reichliche Vorhandensein von Spateln (oder Löffeln). Diese Geräte haben wie der Glätter ähnlich geformte Enden. Es handelt sich dabei um eine leicht konvexe Basis, völlig flach und glatt. Die Seiten werden zur Spitze hin schmäler, während jene der Werkzeuggruppe der Glätter parallel sind. Der Unterschied zwischen jenen Geräten liegt auch darin, dass Glätter selten, Spateln aber häufig mit Verzierungen versehen sind.
486. Leroy-Prost 1975, 90–92. 487.
Piel-Desruisseaux 1990, 240–241.
483. Bestimmung durch Dr. Martina Pacher, Institut für Paläontologie,
488. Leroi-Gourhan 1965, 51–52.
Universität Wien.
489. Leroy-Prost 1975, 90–93.
484. Hahn 1993, 364.
490. Leroi-Gourhan 1965, 51–52.
485. Sonneville-Bordes 1960, 23.
491. Grigor’ev 1993, 55.
210
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Löffelartige Geräte Auch spaten- oder schaufelförmige Geräte werden immer wieder in der Literatur erwähnt. Hergestellt werden sie aus massiven Langknochenspänen, wobei ein Epiphysenrest als Griff erhalten bleibt. Das Gerät ist meist schmal mit einem ovalen Querschnitt, verbreitert sich aber symmetrisch gegen das distale Ende und ist abgeflacht. Eine Nutzung als Gerät für Erdarbeiten wird angenommen.492 Für die Fundstelle Pavlov beschreibt Klíma493 diesen Typ als löffelartige Geräte. Kleine Stücke bezeichnet er als Löffelchen, Löffel oder Schaufel, größere als Keulen. Dafür wurden oft Teile von breiten, massiven Rippen verwendet, die in der Regel länglich gespalten wurden. Das distale Ende richtete man in Form einer Schaufel zu.494 Vergleichsstücke Die vorne abgerundeten Geweihstücke aus Pavlov nehmen nach B. Klíma495 die Form von Glättern an. Sie sind den zugespitzten Mammutrippen, die im ganzen Kulturbereich des Pavlovien anzutreffen sind, sehr ähnlich. Hauptsächlich wurden die Rippen nahe dem distalen Ende quer gebrochen und abgerundet; so entstand eine flach ausklingende Kante.496 In der gravettienzeitlichen Fundstelle Pavlov bilden länglich geteilte Stangen, deren Basis als Griff diente, den zweitgrößten Posten innerhalb der Geweihindustrie. Sie sind am anderen Ende meist zugespitzt oder abgerundet, wobei die erste Möglichkeit überwiegt. Die Spongiosa wurde oft absichtlich entfernt. Dadurch entstand eine (Blut)rille oder eine schmale Schaufel. Die Oberfläche ist besonders im Bereich der Spitze gut geglättet.497 Chronologische Einordnung und Verbreitung von Glättern Glätter sind relativ häufig in aurignacienzeitlichen Fundstellen vertreten. Im Gravettien und Magdalénien sind sie seltener anzutreffen, jedoch findet man sie bis ins Neolithikum. Diese Werkzeuggruppe ist in Fundstellen West- und Osteuropas verbreitet.498 Funktion und Verwendung von Glättern Zumeist wird der Gebrauch als Gerät zum Ablösen eines Fells von einem Tierkadaver angenommen. S. A. Semenov499
492. Klíma 1994, 103. 493. Klíma 1997, 234. 494. Klíma 1994, 103.
gibt auch das Geschmeidig machen von Fell, um es elastisch und undurchlässig zu machen, als Funktion an. Dabei wird Fett in die Poren der Haut gerieben. B. Klíma500 beschreibt eine Betätigung im weichen Milieu, wie Fleisch oder Fell. Treten breite Exemplare mit eingeritzten Rillen in Längsrichtung auf, dürften sie als Wühlstöcke gedient haben. Die als Schaber bekannten Werkzeuge aus der kanadischen Arktis könnten eine ähnliche Funktion wie Glätter besessen haben. Je nach Art der Schaberklinge hatte diese unterschiedliche Aufgaben bei der Fellpräparation. Ab dem 19. Jahrhundert wurde häufig Metall zur Herstellung verwendet, historische Schaber wurden aber unter anderem auch aus Knochen hergestellt. Stumpfe, abgerundete Formen werden zum Weichmachen von trockenen Häuten verwendet, scharfe, abgerundete um das Gewebe und die Unterhautschicht von einem getrockneten Fell zu entfernen. Gerade, breite, stumpfe Schaber verwendete man zum Entfernen der Oberhaut, der Flüssigkeit oder des Trans aus einem Robbenfell.501 7.2.1.2 „Hammerartiges“ Geweihgerät „Hammerartiges“ Geweihartefakt, Inv.-Nr. 1566 (Taf. 16/1 und 17): längs gespaltene Hauptstange von Ranifer tarandus bildet eine v-förmige längliche Öffnung, in der die Spongiosa entfernt wurde, die Spaltflächen sind geglättet und zeigen Bearbeitungsspuren und einen Ausbruch an der rechten Spaltfläche, Augensprosse ist abgetrennt, rund um die Rose starke Bearbeitungsspuren in Form von Pick- und Schlagspuren, distales Ende alt gebrochen, an der Außenseite starke Abnutzung, Schnittspuren über das ganze Stück verteilt, Maße: L: 128,3 mm. Bei diesem Geweihartefakt wurde wie bei den bereits beschriebenen Glättern eine Längsspaltung durchgeführt. Ein Ausbruch an der rechten Spaltfläche könnte auf das Einsetzen eines Keils hinweisen. Da an der gegenüberliegenden Seite dieses Bruchmuster nicht zu erkennen ist, scheint sich diese Zerlegungstechnik von jener in Pavlov beschriebenen zu unterscheiden.502 Hackenartige Hiebgeräte, bei denen die Basissprosse nicht abgetrennt wurde, sondern zum Teil erhalten blieb, sind in Pavlov als „Lyngby-Beile“ bekannt. Aussplitterungen an der Spitze der Sprosse lassen auf ein Gerät für Erdarbeiten schließen. Wurde die Sprosse bis zur Basis abgehauen, entstanden Schlägel, keulen- oder hammerartige Hiebwerkzeuge. Sie unterscheiden sich aber von
495. Klíma 1987b, 367. 496. Klíma 1994, 102. 497.
Klíma 1987b, 367. – Klíma 1994, 105.
500. Klíma 1994, 102–103.
498. Hahn 1993, 365.
501. Oakes, Riewe 1997, 27 und Abb. 8.
499. Semenov 1964, 175–177.
502. Klíma 1987b, 366. – Klíma 1994, 104.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
211
Abb. 189: Geweihanhänger aus Langenlois A (Foto: P. Böttcher, Niederösterreichisches Landesmuseum).
echten Hämmern durch das Vorhandensein der Sprosse, die als Handhabe diente.503 Auch eine Doppelfunktion als Glätter oder Stecher könnte diesem Gerät zugesprochen werden. Da das distale Ende gebrochen ist, kann dies nicht erhärtet werden. 7.2.1.3 Geweihanhänger Geweihanhänger, Inv.-Nr. 578 (Abb. 189, Taf. 14/1): Geweihsprosse vom Cervus elaphus, Oberfläche geglättet,504 Sprosse – in einem Winkel von ca. 25° – von der Hauptstange abgetrennt, elliptische Trennfläche mit sehr vielen Schnittspuren und teilweiser Glättung, quer zur Längsachse – durch den Mittelpunkt der Trennfläche – spitzovales, unregelmäßiges Loch, von beiden Seiten eingeschnitten mit sanduhrförmigem Querschnitt, rund um die Lochung zahlreiche strahlenförmig nach außen laufende Schnittspuren, auf der Rückseite zusätzliche Entfernung der Spongiosa vom Loch Richtung distal. Maße: L: 87 mm, B: max. 18,2 mm; Lochung: L: 8,2 mm, B: 5,2 mm. Es handelt sich um das einzige Geweihartefakt der Fundstelle A. Alle anderen Geweihfunde wurden in der Fundstelle B geborgen und sind im Gegensatz zum Geweihanhänger als Werkzeug zu interpretieren. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit stellt der Geweihanhänger aus Langenlois ein Schmuckobjekt dar. Ein Schmuckstück kann als ein Gegenstand beschrieben
werden, der keine praktische Verwendung wie ein Werkzeug aufweist. Durch ein natürliches oder künstliches Loch lässt sich das Stück mit einem Faden befestigen oder auffädeln. Diese Tragweise der Gegenstände ist aber umstritten. Durch die Funktion der Befestigung unterscheidet sich Schmuck von anderen verzierten Knochen oder Werkzeugen. Allerdings können auch diese durchlocht sein, um so besser befestigt zu werden. Die Verwendung von gelochten Zähnen und anderen ähnlichen Dingen zu diesem Zweck ist unwahrscheinlich, wie ihre Vergesellschaftung in Gräbern in Form von Beigaben zeigt. Besonders Gegenstände mit auffallenden Formen und Farben (Schnecken, Muscheln), deren Vorkommen vor Ort nicht natürlich ist, zählen zu beliebten aufgesammelten Stücken und gehören zu den ästhetischen Objekten.505 Es lässt sich beobachten, dass im Aurignacien, Gravettien und Magdalénien jeweils eigene Schmuckformen auftreten. Die einzige Ausnahme bilden durchlochte Tierzähne, die im gesamten Jungpaläolithikum (und nahezu der gesamten Urgeschichte) vorkommen. Dabei sind besonders die durchbohrten Eckzähne des Fuchses zu nennen.506 Ein jungpaläolithisches Vergleichsstück konnte bislang nicht gefunden werden. In Bezug auf die Geweihzerlegungstechnik, die in der mährischen Fundstelle Pavlov nachgewiesen wurde, könnte man die Vermutung anstellen, dass es sich um ein zufällig entstandenes Schmuckobjekt handelt. Wie in Kap. 7.2.4 genau beschrieben wird, wurde zur Herstellung diverser Geweihgeräte nur die Hauptstange
503. Klíma 1987b, 367. 504. Die Glättung der Sprosse muss nicht artifiziell sein, da sie auch auf natürliche Weise durch das Tier selbst entstanden sein kann.
505. Hahn 1992, 6–9. 506. Hahn 1992, 18.
212
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
verwendet. Dies hatte zur Folge, dass die unnützen Sprossen abgetrennt wurden. Eines dieser verworfenen Stücke könnte danach zu einem Anhänger zugerichtet worden sein. Die Form der Geweihsprosse lässt auf den ersten Blick die Ähnlichkeit zu einem großen Zahn – etwa eines Höhlenbären – erkennen. Es wäre durchaus möglich, dass es sich um eine bewusste Nachahmung eines solchen handelt. 7.2.2 Struktur und Aufbau von Geweih Ein Geweih ist bei den meisten Mitgliedern der Familie der Cerviden ausgebildet. Mit der Ausnahme von Rentieren oder Karibus tragen nur die männlichen Tiere Geweih. Während der Mineralgehalt von Knochen und Geweih fast ähnlich ist, unterscheiden sich diese beiden Rohstoffe im Muster der Entwicklung und des Wachstums grundsätzlich. Der größte Unterschied ist, dass jeder Knochen sich während der gesamten Lebensdauer des Tieres entwickelt, Geweih hingegen jährlich abgeworfen wird und sich wieder regeneriert. Eine Verwendung als Rohmaterial ist erst nach dem Fegen des Bastes möglich.507 Geweih ist aus zwei Hauptbestandteilen aufgebaut. Es handelt sich dabei um die äußere harte Kompakta und die innere schwammartige Spongiosa. Dieser Aufbau ist über den gesamten Geweihkörper betrachtet sehr unterschiedlich. Im Bereich der Rose ist die Kompakta am massivsten, dort ist sie auch der größten Belastung ausgesetzt. In Richtung des distalen Endes wird die Kompakta dann weniger massiv. Auch innerhalb der einzelnen Sprossen verändert sie sich. Dabei ist sie an den flachen Seiten dünner als an den Kanten. Der Querschnitt der Geweihstange bleibt bis zur Rücksprosse gleich, ab diesem Abschnitt verringert er sich kontinuierlich. Es lassen sich auch Unterschiede in seiner Form erkennen. Er reicht im Rosenbereich von rund bis mandelförmig und im oberen Teil von spitz- bis flachoval.508 7.2.3 Eigenschaften von Geweih Besonders die mechanischen Eigenheiten werden beim Rohstoff Geweih sehr geschätzt. Es handelt sich dabei um Biegefestigkeit, Brucharbeit und Elastizitätsmodul. Diese Konditionen erlauben die Bestimmung und den Vergleich hinsichtlich Schlagfestigkeit, Statik und Steifheit dieses Materials.509 Die Untersuchungen von G. Albrecht510 erbrachten, dass Geweih eine besondere Elastizität aufweist, aber eine geringere Druckfestigkeit als Elfenbein besitzt. 507. Dazu ausführlich Mac Gregor 1983, 9–11. – S. O’Connor 1987, 9–13. 508. Berke 1987, 96.
Unterschiede ergaben sich auch zwischen den Geweihen von Rentieren und Hirschen. In Bezug auf den Biegetest waren beide Geweiharten fast identisch, im Drucktest zeigte Rengeweih eine größere Spannweite auf. Der Grund für diesen Unterschied konnte nicht festgestellt werden. Es kann aber grundsätzlich gesagt werden, dass Geweihe den Hölzern in Bezug auf deren physikalischen Eigenschaften überlegen sind. 7.2.4 Geweihtechnologie In der gravettienzeitlichen mährischen Fundstelle Pavlov stellte man fest, dass mit Vorliebe Rentiergeweih verwendet wurde. Zur Herstellung der meisten in dieser Fundstelle vorkommenden Gerätetypen diente die Hauptstange, nachdem alle Sprossen entfernt worden waren. Zur weiteren Bearbeitung verwendete man folgende nachgewiesenen Techniken: gezieltes Hacken, Anschleifen, Zerschlagen und Spaltung. Besonders charakteristisch für diese Zeit ist letztere Technik, erkennbar durch seichte Einkerbungen am Rand der Bruchflächen, die durch das Einschlagen von Meißeln oder Keilen entstanden.511 7.3 Die Knochenindustrie der Fundstelle Langenlois A 7.3.1 Knochenpfriem Pfriem, Inv.-Nr. 1297 (Taf. 14/2): Griffelbein eines Pferdes (Equus sp.),512 vollständig erhalten, Glättung im Bereich der Spitze, Maße: L: 98,4 mm. Der Rohstoff Knochen spielte bei der Herstellung von Geräten in Langenlois A eine sehr untergeordnete Rolle. Das von Natur aus spitz zulaufende Griffelbein eines Pferdes wurde ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand als Pfriem verwendet. 7.3.2 Definition Pfrieme – sie werden auch Ahlen genannt – haben am distalen Ende eine Spitze. Das proximale Ende bleibt oft unbearbeitet, kann aber auch mit einem abgesetzten Ende zugeschnitten sein.513 Meist erfolgt die Herstellung von Pfriemen aus Knochen, etwas seltener aus anderen Materialien wie Geweih und Elfenbein. Bei den Knochen kommen vorwiegend Metapodien zur Anwendung. Allgemein kann gesagt werden, dass Röhrenknochen das bevorzugte Ausgangsmaterial darstellen, bei denen ein Gelenksende entfernt und der Schaft spitz zugearbeitet wurde. Das andere Ende bleibt meist unbearbeitet und dient als Handhabe. Gerne 511. Klíma 1987b, 366. – Klíma 1994, 104.
509. Dazu ausführlich Knecht 1993, 141–142.
512. Bestimmung durch Dr. Martina Pacher, Institut für Paläontologie, Universität Wien.
510. Albrecht 1977, 119–124.
513. Owen 1997, 497.
Die Elfenbein-, Geweih- und Knochenartefakte der Fundstellen Langenlois A und B
verwendet wurden auch von Natur aus spitz zulaufende Knochen, wie das Griffelbein von Pferden. Die Herstellung einer Ahle kann so ohne großen Zeitaufwand geschehen.514 7.3.3 Funktion und Verwendung Der Funktionsbereich einer Ahle ist eindeutig auf die Spitze ausgelegt. Man bringt dieses Gerät meist mit dem Nähen von Leder und Häuten in Verbindung. Mittels Druck lassen sich diese Materialien einfach perforieren. Mit der Spitze werden anschließend durch diese Löcher Lederstreifen und Sehnen gedrückt.515 Ethnohistorisch werden diesem Gerät aber zahlreiche andere Einsatzgebiete zugeschrieben. Zu nennen wären das Weben von Korbwaren, Herstellen von Schneeschuhen, Öffnen von Muscheln, Durchbohren von Ohren und das Tätowieren.516 Auch das Abschälen von Rinde und Bast der Bäume und das Spalten von Aalen und Fischen wird von Ch. Miles517 beschrieben. R. Feustel518 zeigt, dass die Herstellung von Birkenrindengeflechten auch heute noch mit knöchernen oder hölzernen Flechtpfriemen stattfindet. 7.3.4 Chronologie und Verbreitung Mögliche Einzelstücke sind bereits aus dem Altpaläolithikum bekannt. Ein vermehrtes Auftreten ist ab dem Jungpaläolithikum bis in die Neuzeit belegt. Vertreten sind sie fast in der gesamten Alten Welt bis Sibirien. Sie kommen sowohl in Höhlen als auch in Freilandfundplätzen vor.519
514. Hahn 1993, 353. 515. Hahn 1993, 355. 516. Nach Owen 1997, 498. 517.
Miles 1963, 91.
518. Feustel 1973, 174. 519. Hahn 1993, 355.
213
8. Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B Martina Pacher
8.1 Einleitung Die gravettienzeitliche Station Langenlois, Ziegelei Kargl umfasst die Fundstellen A und B. Der Hauptteil des umfangreichen Tierknochenmaterials der Grabungen 1961 bis 1963 entfällt auf die Fundstelle A, in der Steinbock, Pferd und Ren zum Hauptjagdwild zählten. Wenige Reste vom Schneehasen und Eisfuchs sind ebenfalls belegt. Die Geweihreste vom Rothirsch dürften aufgesammelt worden sein. Das Mammut ist vor allem durch kleinste Elfenbeinreste und vier Rippen vertreten. Nach den Grabungsberichten dürften ursprünglich größere Stoßzähne und Knochen vorhanden gewesen sein. Das noch erhaltene Material der Grabungen erlaubt keine sichere Aussage, ob das Mammut gejagt oder ob Rohmaterial aufgesammelt wurde. Vom Steinbock, Pferd und Ren wurden vordere und hintere Extremitäten ins Lager gebracht. Vor allem die Metapodien und Langknochen der Steinböcke wurden intensiv zur Markgewinnung zerschlagen, während die bestimmbaren Knochen vom Ren stärkere Einwirkung durch Feuer zeigen. Eine sichere jahreszeitliche Einordnung der Fundstelle ist aufgrund der vorhandenen Reste nicht möglich. Neben einem Beleg für den Eisfuchs ist nur das Ren in der Fundstelle B vertreten. Die Verteilung der Reste vom Ren ist in beiden Fundstellen sehr ähnlich. Die Fundstelle Langenlois reiht sich in die typischen Lössfundstellen des mittleren Donautales ein, wobei der Jagd auf den Steinbock, neben Pferd und Ren, eine besondere Bedeutung zukam. 8.2 Zeitliche Einordnung Für die genauere zeitliche Einordnung der Fundstelle Langenlois lagen vor der Revision der Funde drei 14C-Daten von Holzkohleresten aus der Fundstelle A vor, die ein Alter von 26.960 ± 1.200 BP (KN-10c) bzw. 26.560 ± 1.600 BP
(KN-10b) und 25.480 ± 880 BP (H-2218/1537) ergaben.520 Die Proben stammen aus der großen Feuerstelle der Fundstelle A. Im Zuge der Aufarbeitung des Fundmateriales sind auch radiometrische Messungen an Tierknochen vorgenommen worden, die die Fundstellen A und B in den Zeitbereich von 25.000 BP (A) und etwa 27.000 BP (B) stellen. Für die Fundstelle A stimmen ein neues Holzkohledatum und das Alter des Steinbockknochens sehr gut überein (siehe Kap. 6.1). Beide Fundstellen fallen auch aufgrund des archäologischen Inventars eindeutig in das Gravettien (siehe Kap. 6.3). 8.3 Methode Die Tierknochen wurden soweit wie möglich nach Tierart, Skelettelement und Körperseite bestimmt. Nicht näher bestimmbare Reste sind in Größenklassen oder generell als Knochenfragmente geführt. Ein Schneckengehäuse, ein Vogelknochen und drei Kleinsäugerknochen sind ebenfalls nicht näher bestimmt worden. Knochen und Elfenbeinreste vom Mammut (Mammuthus primigenius) sind gesondert gezählt. Vor allem die kleinteilig zerbrochenen Elfenbeinreste sind im Zuge der langen Lagerung entstanden. Größe und Anzahl der Lamellenfragmente entspricht daher nicht der ursprünglichen Erhaltung. Im Museum Langenlois konnten nur wenige, stark beschädigte Fragmente von ehemals größeren Stoßzähnen, die möglicherweise aus dieser Fundstelle stammen, angetroffen werden. Diese Zahnreste sind in den vorliegenden Zahlen nicht berücksichtigt. So weit wie möglich wurden Messstrecken nach den Vorgaben von A. von den Driesch521 an den Knochen abgenommen. 520. Neugebauer-Maresch 1993b. 521. Von den Driesch 1976.
216
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Fundstelle A
Fundstelle B
A oder B
KNZ
MIZ
KNZ
MIZ
Lepus timidus
2
1
1
1
Alopex lagopus
2
1
65 [50]
8
Rangifer tarandus
23 (+7 fraglich)
2
Cervus elaphus
7 (+2 fraglich)
1
Capra ibex
Cervus / Rangifer
3
Equus sp.
35
5
Mammuthus primigenius
5
1+
Summe
4 30 (+8 fraglich)
2
3
1
142 (+7 fraglich)
31 (+8 fraglich)
Rangifer / Ibex
157
8 (+2 fraglich)
1
Equus
10
nicht näher bestimmbare Reste (KNZ):
Knochenfragmente
207
224 (+24 fraglich)
5
Elfenbeinfragmente
669 (+1 fraglich)
(1 fraglich)
9
Mollusca
1
Kleinsäuger
3
Aves
1
Tab. 58: Verteilung der Tierknochen gemäß den Fundstellen (KNZ=Knochenzahl, MIZ=Mindestindividuenzahl, Knochenzahl nach Zusammensetzungen in eckiger Klammer [ ]).
Um eine Annäherung an die damals tatsächlich vorgefundene Mindestindividuenzahl (= MIZ) der Tiere zu erreichen, wurden Knochenfragmente wieder zusammengesetzt. Der Zustand des Epiphysenspaltes wurde zusätzlich für die Berechnung der MIZ herangezogen und gibt über das individuelle Todesalter der Individuen Auskunft. Modifikationen an den Knochen, wie Schnitt- und Schlagspuren, Verbiss und Brandspuren wurden erfasst. Bei den Brandspuren wird zwischen kalzinierten Resten mit grauweißer Färbung, intensiv verfärbten Knochen grauschwarzer Färbung und leicht verfärbten Knochen von rötlichbrauner Färbung mit vereinzelten schwarzen Flecken am Knochen unterschieden. Die beiden ersten Gruppen müssen im Feuer oder in dessen unmittelbaren Nähe gelegen haben, während die Reste der dritten Gruppe wohl nicht direkt mit der Feuerstelle in Kontakt kamen. Die vorgenommenen Bestimmungen und die beobachteten Modifikationen erlauben Jagdauswahl, Nutzung und Zerlegungstechnik am Jagdwild der Fundstelle Langenlois zu rekonstruieren.
8.4 Das Tierknochenmaterial Der größte Teil des Tierknochenmateriales von Langenlois, Grube Kargl, konnte anhand der Fundnummern den Fundstellen A und B zugeordnet werden, wobei sich unterschiedliche Schwerpunkte ergaben (Tab. 58). In Fundstelle B ist abgesehen vom distalen Humerusfragment eines Schneehasen (Lepus timidus) nur das Ren (Rangifer tarandus) sicher nachgewiesen. Zahlreiche Knochenfragmente in der Größe mittelgroßer Huftiere waren nicht näher bestimmbar. Ein Elfenbeinrest konnte aufgrund einer unklaren Fundnummer nicht mit Sicherheit der Fundstelle B zugewiesen werden. Die Fundstelle A zeigt ein viel reicheres Bild an Tierarten. Hier überwiegen Reste vom Steinbock (Capra ibex), gefolgt vom Pferd (Equus sp.) und dem Ren (Rangifer tarandus). Der Rothirsch (Cervus elaphus) ist ausschließlich durch sieben Geweihreste vertreten, während vom Mammut (Mammuthus primigenius) fünf Rippen bestimmbar waren. Zusätzlich zählen viele kleine fragmentierte Elfenbeinstücke von Mammutstoßzähnen zum Fundgut.
Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B
Capra ibex
Equus sp.
Geweih
217
Cervus elaphus
Rangifer tarandus (Fundstelle A)
Rangifer tarandus (Fundstelle B)
7 (+2?)
5
3 (+4?)
Geweih+Cranium
1
Os petrosum
1
3
Canini
1
1
4
Costas Humerus
4 6 [5]
8
Radius/Ulna
15 [12]
4
2
Metacarpalia
18 [10]
2
(2?)
Carpalia
6
1
Sacrum
1 (+1?) 1
Femur
3
Patella
1
Tibia
1
Os maleolare
1
Metatarsalia
14 [11]
9
1 (+1?)
3 (+1?)
5
1
1
(3?)
(1?)
2
Metapodien Calcaneus
1
Tarsalia
(1?)
Phal.1
4
3 (+1?)
Phal.2
2
5
Phal.3
3
5
Sesamoide
1
Summe
65 [50]
35
7 (+?)
23 (7?)
30 (8?)
Tab. 59: Elementverteilung der wichtigsten Tierarten, außer Mammut (Knochenzahl nach Zusammensetzungen in eckiger Klammer [ ]).
Die Anzahl der bestimmbaren Skelettelemente (Knochenzahl) der häufigsten Tierarten wird mit Ausnahme der Reste vom Mammut in Tab. 59 verglichen. 8.5 Die nachgewiesenen Tierarten 8.5.1 Lepus timidus Linnaeus, 1758 – Schneehase Material (Fundstelle A): Scapula und Mandibula; Material (Fundstelle B): Humerus. Der Schneehase ist im Fundmaterial nur mit drei Knochen vertreten. Zwei Fragmente stammen aus der Fundstelle A, ein Knochenfragment aus der Fundstelle B. An der Scapula waren folgende Masse abnehmbar: größte Länge des Processus articularis (GLP) 14,7 mm, kleinste Länge am Collum (KLC) 7,4 mm und Breite der Gelenkfläche (BG) 9,2 mm.
Langmannersdorf B 10,8 mm und 11,8 mm, KLC 7,5 mm und 6,9 mm. 8.5.2 Alopex lagopus Linnaeus, 1758 – Eisfuchs Material (Fundstelle A): D/4 Humerus dist. sin., G/1-788 Cinf. dext. Zwei Reste aus der Fundstelle A können dem Eisfuchs zugewiesen werden. Der rechte Unterkiefereckzahn weist eine Breite an der Kronenbasis von 3,96 mm auf und ist somit vergleichbar mit Messwerten aus der Fundstelle Mladeč, die eine Breite von 4,2 mm und 3,8 mm ergaben.522 Die distale Breite am Humerusfragment liegt bei 15,76 mm. Das Stück ist somit etwas kleiner als die Nachweise vom Krems522. Pacher 2006, 122.
218
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Wachtberg 1930 mit 16,6 mm523 und Pod hradem mit 16,4 mm524 und fällt in den Größenbereich eines subadulten Tieres aus Langmannersdorf B 15,9 mm.525 8.5.3 Capra ibex Linnaeus, 1758 – Steinbock Material (Fundstelle A): A/3, Inv.-Nr. 268 femur prox. sin., B/3, Inv.-Nr. 156 metatarsus, B/4, Inv.-Nr. 16 humerus dist. sin., C/3, Inv.-Nr. 150 metatarsus dist. sin., C/5, Inv.Nr. 202 femur caput dext., D/2, Inv.-Nr. 369+D3, Inv.-Nr. 369 metacarpus dext., D/3, Inv.-Nr. 340 metatarsus prox. sin., D/3, Inv.-Nr. 368 metacarpus prox. dext., D/3, Inv.Nr. 372 radius/ulna dist. dext., D/4, Inv.-Nr. 385+F/1, Inv.Nr. 1065 radius/ulna prox. dext., D/4, Inv.-Nr. 409 metacarpus dist. dext., D/1, Inv.-Nr. 1212 metatarsus prox. dext., D/1, Inv.-Nr. 1221+E/3, Inv.-Nr. 647 metatarsus prox. sin., D/1, Inv.-Nr. 1223 metacarpus prox. dext., D/1, Inv.-Nr. 1223+J/5, Inv.-Nr. 1609 metacarpus dist. dext., E/1, Inv.Nr. 1155+F/3-4, Inv.-Nr. 693 metacarpus prox sin., E/1, Inv.-Nr. 1161 metatarsus fragment sin., E/3, Inv.-Nr. 611 metacarpus prox. dext., E/3, Inv.-Nr. 613 ulna dext., E/4, Inv.-Nr. 598 humerus prox. sin., E/1, Inv.-Nr. 1162+E/1, Inv.-Nr. 1165 radius/ulna prox. dext., E/2, Inv.-Nr. 1361 humerus prox. dext., F/3, Inv.-Nr. 687+F/3, Inv.-Nr. 690 metatarsus prox. sin., F/3-4, Inv.-Nr. 694 radius prox. sin., F/5, Inv.-Nr. 561 metatarsus prox dext., F/7, Inv.-Nr. 455 radius/ulna prox. dext., F/1, Inv.-Nr. 1074+H/1, Inv.-Nr. 951 metatarsus dist. sin., F/2-1, Inv.-Nr. 129+F/2, Inv.-Nr. 1132 metacarpus prox. sin., G/1, Inv.-Nr. 799 radius prox. sin., G/1, Inv.-Nr. 799+H/4, Inv.-Nr. 883 radius/ulna dist. und carpalia sin., G/1, Inv.-Nr. 1537 radius fragment, G/6, Inv.-Nr. 1529 radius/ulna dist. sin., G/2, Inv.-Nr. 1013 metatarsus fragment dext., G/2, Inv.-Nr. 1028 radius/ulna dist. sin., H/1, Inv.-Nr. 1544 metacarpus dist. sin., H/1949+(G/1?)H/1-1049 humerus dist. sin., H/1-949 radius/ ulna dist. sin., H/1-951+H/1-952 fragment sin., H/1-949 humerus fragment sin., H/2-973 radius/ulna dist. sin., J/21617 metacarpus dist. dext., J-K/2-1625 tibia dist.+os maleolare sin., K/4-1640 femur dist. sin., M/2-1267 radius/ ulna prox. sin., 572 metacarpus sin., 1244 patella sin.; ohne Nummer humerus dist. dext., metacarpus prox., metacarpus prox. sin., ulna prox. sin. Nach der Zusammensetzung passender Knochenteile verblieben insgesamt 50 differenzierbare Reste vom Steinbock im Fundmaterial, die von mindestens fünf adulten und drei jüngeren Tieren stammen (Tab. 60).
Element
KNZ
nach Reart
MIZ ad/juv
Humerus
6
5
2/1
Radius/Ulna
15
12
3/3
Metacarpalia
18
10
5/-
Carpalia
6
6
-/1
Femur
3
3
1/1
Patella
1
1
1/-
Tibia
1
1
-/1
Os maleolare
1
1
-/1
Metatarsalia
14
11
4/1
gesamt
65
50
Tab. 60: Knochenzahl (KNZ) und Mindestindividuenzahl (MIZ) der Steinbockreste vor und nach den Zusammensetzungen (Reart=Reartikulation) passender Fragmente (ad=adult, juv=juvenil).
Die Steinbockknochen zeigen verschiedene Verwachsungsstadien der Epiphysenfugen an den Langknochen und Metapodien. An vier Stücken ist die distale Epiphyse von Radius/Ulna noch nicht mit dem Schaft verwachsen. Ebenso ist eine Ulna nachgewiesen, deren proximale Epiphyse noch nicht verwachsen war. An einem Radius war die proximale Gelenksfläche noch nicht verwachsen. An zwei Exemplaren war die proximale Epiphyse an Radius/Ulna fest verwachsen. In zwei Fällen ist die Verwachsungsfuge der distalen Humerusepiphyse noch deutlich sichtbar, während die Knochenfuge an einem distalen Humerus vollständig verwachsen war. Vom Femur liegt ein loses Caput femoris, sowie zwei Caput femori vor, die bereits fest mit dem Collum verwachsen waren. Die distalen Gelenksenden der Metapodien sind durchwegs verwachsen. Anhand des Verwachsungszustandes von Epiphyse und Diaphyse der Langknochen geben Coutourier526 und Habermehl527 ungefähre Lebensalter einzelner Individuen an, doch erscheinen die Altersangaben im Vergleich mit vorhandenen altersbestimmten Steinbockskeletten viel zu spät.528 Generell liegen in Langenlois wohl Reste älterer Jungtiere und junger erwachsener Exemplare vor. Vom Steinbock sind ausschließlich Reste der Extremitäten im Fundmaterial vertreten (Abb. 190). Von den Vorderläufen liegen zwei reartikulierbare Verbände von distalen
523. Fladerer 2001, 30.
526. Coutourier 1962.
524. Musil 1965, 29.
527.
525. Salcher-Jedrasiak, Umgeher-Mayer 2010, 153–161.
528. Persönliche Mitteilung A. Galik.
Habermehl 1985.
Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B
Abb. 190: Vorhandene Skelettelemente vom Steinbock, Capra ibex, L. aus Langenlois (Graphik: M. Pacher).
Humeri mit proximalen Radii/Ulnae vor. Die distalen Humeri weisen über dem distalen Gelenk deutliche Spiralsbrüche auf, die auf Markgewinnung durch Zertrümmerung der Knochenschäfte hindeuten. Die Radii weisen unterhalb des proximalen Gelenks ebenfalls Spiralbrüche auf. An einem Stück entstand zusätzlich ein Riss im Knochen aufgrund der Druckausübung, der sich vom Spiralbruch nach proximal fortsetzt. Zusätzlich konnten jeweils zwei Radii und Ulnae von Jungtieren an ihrer gelenkigen Verbindung (Circumferentia articularis) zusammengesetzt werden. Bei erwachsenen Tieren sind Radius und Ulna verwachsen. Schnittspuren sind ausschließlich an Steinbockknochen, an nicht näher bestimmbaren Knochenfragmenten, die auf eine Individuengröße von Rangifer / Ibex schließen lassen, und an unbestimmbaren Knochenfragmenten nachweisbar (Tab. 61).
Ibex Humerus
2
Radius/Ulna
2
Metacarpus
8
Metatarsus
5
Fragment
Rangifer / Ibex
unbestimmt
14
2
Tab. 61: Häufigkeit von Schnittspuren am Tierknochenmaterial von Langenlois.
219
An den reartikulierbaren Ellbogengelenken vom Steinbock sind zahlreiche Schnittspuren erkennbar, die bei der Disartikulation entstanden sein müssen. Die Schnittspuren sind distal an der Trochlea und am Condylus medialis des Humerus, sowie anterior und medial am distalen Schaft zu erkennen. Am Radius finden sich Schnittspuren anterior knapp unter dem proximalen Gelenk lateral, medial und in der Schaftmitte. Die Ulnae weisen lateral und medial am Olecranon Schnittspuren auf. Ein Verbandfund von Carpalia konnte mit dem distalen Radius/Ulna Gelenk reartikuliert werden. Die distale Epiphyse der Ulna war noch nicht verwachsen und die Knochenoberfläche der Carpalia wirkt porös, weshalb auf ein Jungtier geschlossen werden kann. Die Hinterextremität ist durch drei Reste des Caput femoris mit dazugehörigem Collum, eine Patella, ein distales Tibiafragment mit dazugehörigem Os maleolare und zahlreiche Metatarsalfragmente belegt. Spiralförmige Brüche über dem distalen Tibiafragment deuten möglicherweise auf das Aufschlagen des Knochens. Reste von Metapodien waren im Steinbockmaterial von Langenlois am häufigsten vertreten. Zahlreiche Bruchstücke der Mittelhand- und -fußknochen konnten wieder zusammengesetzt werden. Diese Reartikulationen belegen die Zerlegung der Metapodien vor Ort. Die Bruchstücke weisen deutliche Spiralbrüche und vereinzelt muschelförmige Absplitterungen der Kompakta (flakes) auf. Zusätzlich sind Schnittspuren an den Metapodien zu erkennen. Von den vorhandenen Resten der Hinterextremität weisen nur die Metatarsalia Schnittspuren auf. Die Spuren verteilen sich auf drei Bereiche am Knochen. Sie befinden sich dorsal unterhalb der proximalen Gelenksfläche, sowie oberhalb der distalen Gelenksrolle an medialer und periphärer Seite. Zusätzlich weist die distale Gelenksrolle distal im Bereich der Gelenksverbindung zur proximalen Phalange Schnittspuren auf. Der dritte Bereich mit Schnittspuren befindet sich entweder einzeln oder in unregelmäßigen Reihen am Schaft, vor allem im proximalen Bereich an der cranialen Seite. Derartige Schnittspuren entstehen bei dem Abhäuten und dem Absetzen des Fußbereichs in Höhe der Hand-/ Fußwurzelknochen. Im Gegensatz zur intensiven Nutzung der Steinböcke durch den Menschen war die Einwirkung von Raubtieren auf die Knochenreste gering. Nur eine Ulna weist proximal Spuren von Raubtierverbiss auf. Die Elementverteilungen, die artifiziellen Spuren an den Knochen und die Zusammensetzungen von distalen Humeri mit proximalen Radii/Ulnae, sowie zahlreiche
220
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Inv.-Nr.
gL
Bp
Tp
Bd
kD
TD
Td
17,1
24,5
mcIII 611 1544
dext.
34,2
24
sin.
39,2
J17
dext.
35,4
21,1
16,3
409
dext.
42,9
25
16,3
572
sin.
141,4
35,1
23,8
41,2
369+
dext.
147
34,9
24,9
40,1
17,1
23,4
1129+
sin.
145,1
38,3
25,6
42,6
16,2
25,1
693
sin.
35
23,8
25
mtIII 1013
sin.
25
1212
dext.
29,4
561
dext.
25,5
647+
sin.
26,6
687+
sin.
32,6
+ aus mehreren Fundnummern zusammengesetzt Tab. 62: Messstrecken an Metapodien von Capra ibex von Langenlois (gL=größte Länge, Bp=Breite proximal, Tp=Tiefe proximal, Bd=Breite distal, kD=kleinste Diaphysenbreite, TD=kleinste Tiefe der Diaphyse, Td=größte Tiefe distal).
Inv.-Nr. 268
kTO
BpG
LO
TPa
Bp
BFp
Femur
BT
40,6
39,3
53,6
48,9
BFd
28,5 Humerus
598 455
Bd
34,3
202 949
TC
Ra/Ul
39,6
28,6
52,6
36,3
694
40,9
43,2
40,5
47,5
38,6
37,8
385 949
Tab. 63: Maße an Langknochen von Capra ibex aus Langenlois (kTO=kleinste Tiefe des Olecranon, BpG=größte Breite der proximalen Gelenksfläche, LO=Länge des Olecranon, TPa=Tiefe über den Processus anconaeus, Bp=Breite proximal, BFp=Breite der Facies articularis proximal, TC=Tiefe des Caput femoris, Bd=Breite distal, BT=Breite der Trochlea, BFd=Breite der Facies articularis distal).
Metapodien belegen ein Einbringen von Teilen der Vorderund Hinterläufe in das Lager und die intensive Verwertung bis hin zur Markgewinnung. Obwohl entsprechende Schulterblattfunde fehlen dürfte das Einbringen gesamter vorderer Extremitäten wahrscheinlich sein. Die Vorderextremität ist nur lose mit dem Rumpf verbunden und kann daher leicht von der Karkasse
getrennt werden. Außerdem trägt der Schulter- und Oberarmbereich qualitativ hochwertiges Fleisch.529 Die wenigen Reste der Hinterextremität belegen den gesamten Bereich von Femur bis Metatarsus. Auffällig ist das Fehlen der vorderen und hinteren Phalangen, die vermutlich 529. Binford 1981.
Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B
an anderer Stelle abgetrennt wurden. Das Abtrennen und Aufschlagen der Metapodien deutet auf intensive Markgewinnung, da an diesen Skelettpartien kein Fleisch vorhanden ist. Die Messwerte von Metacarpus und Metatarsus (Tab. 62) fallen in die Variationsbreite der Angaben für jungpleistozäne Steinböcke.530 Aus den vorhandenen Vergleichsdaten kann der kleinste vollständig erhaltene Metacarpus einem weiblichen Tier zugewiesen werden, während für die anderen Stücke keine geschlechtsspezifische Zuordnung möglich ist. Vom Humerus sind zwei distale Fragmente vorhanden, wobei ein Stück einem männlichen Tier zugewiesen werden kann. Die distale Breite (Tab. 63) übertrifft die Angaben des Tieres aus Krems-Wachtberg 1930: Bd 51,4 mm, BT 48,4 mm,531 liegt aber leicht unter dem Wert eines männlichen Tieres aus Istállóskö: Bd 53 mm.532 Ebenso liegt die Breite der proximalen Epiphyse am Radius aus Langenlois weit unter den Angaben aus Istállóskö: Bp 48–50 mm, womit der Radius und der kleinere Humerus wohl von einem weiblichen Tier stammen dürften. 8.5.4 Equus sp. – Wildpferd Material (Fundstelle A): A5-22 radius fragment, A5/B5-43 radius dist. dext., B5-77 humerus fragment dext., B6/7-127 humerus fragment, C3-144 tibia fragment, C3-155 femur troch. majus juv. dext., C4-184 femur troch. majus dext., C5-195 tibia prox. sin., C6-108 humerus prox. juv. sin., E3-633 humerus dist. sin., E3-649 Rippenfragment, E6-269 femur dist. dext., EI-1161 humerus prox., EII-1183 femur dist. dext., F3-675 tibia fragment, F3-679 femur dist. sin., F4-666 femur dist. sin., F4-666 humerus prox. juv. dext., FI-1087 Rippenfragment, G4-706 humerus prox. sin., G4940 mc2 dext., G6-1528 humerus prox. juv., H4-896 metatarsus fragment, K1-1397 mc5 dext., K2-1309 Rippenfragment, K3-1653 humerus dist. dext., L1-70 calcaneus dext., L1-704 femur (drei Fragmente), L1-704 metatarsus dext., L1-704 tibia (zwei Fragmente), 157 radius fragment, 1720b Rippenfragment; Material (Fundstelle A oder B): ohne Nummer Radius dext. Das Fundmaterial der Pferde aus Langenlois umfasst 35 Reste, die alle der Fundstelle A zugeordnet werden können. Nur die Herkunft eines vollständig erhaltenen Radius ist nicht eindeutig zu klären. Am gesamten Schaft sind Wurzelspuren zu erkennen. Das Stück muss im Wurzelbereich des Bodens gelegen haben. 530. Z. B. Thenius 1956–1959, 156. – Mottl 1940, 329. – Patou 1984. 531. Fladerer 2001, 45. 532. Jánossy 1955, 161.
221
Abb. 191: Vorhandene Skelettelemente vom Pferd, Equus sp. aus Langenlois (Graphik: M. Pacher).
Vier Reste von Tieren mit noch nicht verwachsenen proximalen Epiphysen am Humerus und dem Trochanter major am Femur stammen von mindestens zwei Individuen. Unter den erwachsenen Tieren lassen sich mindestens drei Individuen unterscheiden. Vom Pferd liegen mehrere unterschiedlich erhaltene Reste vor. Mit der Fundnummer L1-704 ist möglicherweise ein Verbandfund aus Femur, Tibia, Metatarsus und Calcaneus der rechten Körperseite belegt. Die Knochen sind leicht und von hellgrauer Farbe. Der Femur weist proximal und distal deutliche Bissspuren auf. Aufgrund der zum Teil rezenten Fragmentierung sind die Reste nicht mehr zusammensetzbar. Ursprünglich dürften jedoch ganze Knochen vorhanden gewesen sein, die an derselben Stelle in das Sediment eingebettet waren. Abgesehen von vier mittleren Rippenbruchstücken liegen vom Pferd ebenfalls nur Extremitätenknochen vor (Abb. 191), die großteils fragmentiert sind. An sechs bestimmbaren Fragmenten sind deutliche Spiralbrüche erkennbar. Zusätzlich sind zehn Knochenfragmente vorhanden, die in die Größenklasse von Pferden passen und deutliche Spiralbrüche aufweisen. Zwei Reste weisen Verfärbungen durch leichte Hitzeeinwirkung auf. Die Extremitäten vom Pferd sind im Gegensatz zu Steinbock und Rentier vollständiger erhalten. Aufgrund der unterschiedlichen Erhaltung der Knochen wirkt das Pferdematerial heterogener. Die meisten Reste bestehen aus kleinen Schaftfragmenten, proximalen oder distalen Gelenksenden, die ebenfalls auf stärkere Zerlegung der Knochen hindeuten. Schnittspuren waren keine erkennbar. Einige Langknochenfragmente mit deutlichen Spiralbrüchen passen aufgrund der Größe und Kompakta der Bruchstücke in
222
Fundort Langenlois
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Inv.-Nr.
gL
Bp
Tp
704
269,9
54,7
39,31
Willendorf 1
kD
Bd 54,6
~265
34,5
Alberndorf 2
Al 1838
269
54,3
35,5
57,6
Předmostì 3
(n=2)
250,7
56,5
38,9
47,2–58,2
Mladeč 4
72.194
303,2
53.7
45
56.1
Mladeč
3008
~263
34.8
52
Mladeč
3059
263,3
54.4
39
46.6
~280
~52,3
43.2
44
Mladeč
3009
Mladeč
2901+2899
52
47.3
37
Mladeč
2912
56
45.3
~55 53.2
Tab. 64: Maße am Metatarsus III von Equus sp. aus Langenlois im Vergleich (gL=größte Länge, Bp=Breite proximal, Tp=Tiefe proximal, kD=kleinste Breite der Diaphyse, Bd=Breite distal).
Fundort Langenlois
Inv.-Nr.
gL
704
Langenlois
195
Alberndorf 1
1058
Mladeč 2
3081
PL
Bp
BFp
Bd
Td
tibia
kD
UD
47 101,4 365
107,4
48,3 ~76
51,3
87,5
55
Großweikersdorf
85
52,5
Großweikersdorf
~69
45
Großweikersdorf 3
Langenlois
43
Langenlois
Ohne Nummer
Mladeč 2
BFd
radius 327,6
84,9
74,9
2886
Großweikersdorf 3 Großweikersdorf Pavlov 4
n=2
~85
79
~88,5
80,5
49,8
78,3
65,6
77,4
65,7
86,35
72
13,9
76.5–79
Tab. 65: Maße an Langknochen von Equus sp. aus Langenlois im Vergleich (gL=größte Länge, PL=physiologische Länge, Bp=Breite proximal, BFp=Breite der Facies articularis proximal, Bd=Breite distal, Td=Tiefe distal, BFd=Breite der Facies articularis distal, kD=kleinste Breite der Diaphyse, UD=kleinster Umfang der Diaphyse).
Fundort Langenlois Großweikersdorf1
Inv.-Nr.
gL
gB
kB
704
113,7
50,6
22,2
118
Willendorf2
50
Willendorf
57
Predmostì3
95
61
17,9
Tab. 66: Maße am Calcaneus von Equus sp. von Langenlois im Vergleich (gL=größte Länge, gB=größte Breite, kB=kleinste Breite).
Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B
223
den Größenbereich vom Pferd (Tab. 58), waren aber nicht näher bestimmbar. Die Pferdereste aus Langenlois liegen im Größenbereich mittelgroßer kräftiger Tiere, die bereits aus anderen zeitlich vergleichbaren Fundstellen in Niederösterreich und Mähren belegt sind (Tab. 64–66). Anhand des vollständig erhaltenen Metatarsus aus Langenlois konnte eine Widerristhöhe von etwas über 140 cm nach May533 berechnet werden. 8.5.5 Rangifer tarandus Linnaeus, 1758 – Ren Material (Fundstelle A): C6-108 Geweihfragment, D5-255 Geweih+schädelechtes Stück, E3-625 Incisivus dext., E4585 radius/ulna fragment dext., FI-1100 radius fragment dext., G1-788 phal.2, H1-1545 Geweihfragment, H1-1548 Geweihfragment, K1-180 tibia fragment dext., LII-1561 femur caput dext., 2x phal.1 fragment, phal.3 fragment, pisiforme sin., sesamoid, LII-1562 2x phal.1 fragment, L.IV-1571 Geweihabwurfstange, 1560 os petrosum, phal.2 fragment, phal.3, phal.3 fragment; Material (Fundstelle A?): II-1565 centrotarsale sin., femur dist. sin., metacarpus prox. sin., metapodium dist., II-1566 metapodium prox. sin.; Material (Fundstelle B): a femur dist. sin., radius prox., dext., tibia prox. sin., ulna fragment sin., ulna fragment dext., B-n phal.2 fragment, Du(o?)-d m3inf., phal.2 fragment, phal.3, Du-b radius prox. dext., Du-c phal.3, Du-d phal.2 fragment, Eu-b os petrosum sin., Ha-Eu 2x Geweihfragment, U phal.2 fragment, Un-d femur caput sin., os petrosum dext., phal.1 fragment, phal.3, Uu-d Geweihfragment, os petrosum dext., phal.1 fragment, phal.3, pisiforme dext., x femur caput, phal.1 fragment, y sacrum fragment, phal.2 fragment, phal.3; Material (Fundstelle B?): A phal.1 fragment, E metapodium prox., femur caput, G 4x Geweihfragmente Einzig vom Ren sind aus beiden Fundstellen zahlreiche Reste vorhanden. Aus der Fundstelle A liegen 23 Stücke vor, aus der Fundstelle B stammen 30 Reste. Die Herkunft von drei Renknochen war nicht genau lokalisierbar. Bei insgesamt 15 Resten ist die Bestimmung als Ren wahrscheinlich, aber nicht sicher (Tab. 58). Jeweils mindestens zwei Individuen sind in den beiden Fundstellen nachgewiesen. Die Verteilung der Skelettelemente sowie die Erhaltung der Funde sind in Fundstelle A und B sehr ähnlich (Tab. 59). Im Vergleich zum Steinbock sind die Reste generell stärker fragmentiert. Nur kleine Skelettelemente, wie Carpalia/ Tarsalia, Os petrosii und zwei Zähne sind ganz erhalten geblieben. Größere Stücke sind in Form von Geweihresten vorhanden. Der größte erhaltene Rest einer Abwurfstange besitzt eine Länge von 25 cm.
Abb. 192: Vorhandene Skelettelemente vom Ren, Rangifer tarandus, L. aus Langenlois (Graphik: M. Pacher).
An Skelettelementen überwiegen wieder Extremitätenreste (Abb. 192). Der Rumpf ist nur durch ein kleines Fragment vom Sacrum nachgewiesen. Neben Langknochen und Metapodien sind, im Gegensatz zum Steinbock, beim Ren auch Phalangen vorhanden. Auch der Bereich des Schädels ist beim Ren durch drei Zähne und vier Os petrosii repräsentiert. Abgesehen von den Geweihresten sind somit nur die härtesten Teile des Schädels erhalten geblieben. Neben nicht näher zuordenbaren kleineren Geweihstücken liegt eine 25 cm lange Abwurfstange eines starken Geweihes vor, das wohl von einem männlichen Tier stammt. Ausgewachsene männliche Tiere werfen die Geweihe im Zeitraum Oktober bis Dezember ab.534 Jedoch können Abwurfstangen jederzeit gesammelt werden und dürfen nicht für die jahreszeitliche Einordnung der Fundstelle herangezogen werden.535 Eine Abwurfstange besitzt Aug- und Eisspross und entspricht einem mittelstarken Tier. Ein Fragment eines schädelechten Geweihes weist nur die Augsprosse auf und entspricht entweder einem Jungtier oder einem weiblichen Tier von zwei Jahren. Der Zeitraum der Jagd kann daher nur grob auf Oktober bis Mai eingeschränkt werden.536 Die wenigen abnehmbaren Maße an Renknochen passen ins Bild jungpleistozäner Nachweise in Niederösterreich und Mähren (Tab. 67–68). Auch die Werte der proximalen Phalangen fallen in die Variationsbreite der Angaben aus
534. Berke 1987. 535. Berke 1987. – Spiess 1979. 533. May 1985.
536. Berke 1987.
224
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Fundort
Inv.-Nr.
gL
gLC
Langenlois
Ohne Nummer
28,7
Langenlois
Ohne Nummer
31,5
Mladeč*
72.208
Mladeč
2971
268.9
Bp
Tp
Bd
kBD
259
66.3
57.6
33.4
257
62.8
57.5
21
kUD
7.5
Tc
29.6 29.7
* Pacher 2006, 133. Tab. 67: Maße am Femur von Rangifer tarandus aus Langenlois im Vergleich (gL=größte Länge, gLC=größte Länge vom Caput aus, Bp=Breite proximal, Tp=Tiefe proximal, Bd=Breite distal, kBD=kleinste Breite der Diaphyse, kUD=kleinster Umfang der Diaphyse, TC=Tiefe des Caput femoris).
Fundort
Inv.-Nr.
Bp
kD
Langenlois
Ohne Nummer
21,5
15,6
Langenlois
Ohne Nummer
21,6
Langenlois
1561
20,9
Langenlois
1562
22,1
Langenlois
Ohne Nummer
21,9
Tab. 68: Maße an proximalen Phalangen von Rangifer tarandus aus Langenlois (Bp=Breite proximal, kD=kleinste Breite der Diaphyse).
Willendorf: n=? Bp 21,8–22,6 mm537 und Langmannersdorf: n=6, Bp 17,8–21,2 mm.538 Zusätzlich sind aus der Fundstelle A 157 Reste vorhanden, die in die Größenklasse von Ren oder Steinbock passen. Auf die Fundstelle B entfallen acht Reste. Drei Reste sind nicht eindeutig einer der beiden Fundstellen zuordenbar (Tab. 57). Fast alle Reste zeigen deutliche Spiralbrüche, manchmal auch muschelförmige Absplitterungen der Kompakta (flakes). Ein Stück aus der Fundstelle weist einen Impakt hervorgerufen durch Druckausübung auf. An 14 Stücken der Fundstelle A sind Schnittspuren erkennbar, und acht Reste zeigen leichte dunkelrotbraune bis schwärzliche Verfärbungen durch Hitzeeinwirkung. Nur ein Rest aus der Fundstelle B weist leichte Verfärbungen durch Hitzeeinwirkung auf. 8.5.6 Cervus elaphus Linnaeus, 1758 – Rothirsch Material (Fundstelle A): 1552 – fünf Geweihreste vermutlich zusammengehörig, 1562 L III – Geweihfragment, 1566
537.
Thenius 1956–1959, 151.
538. Salcher-Jedrasiak, Umgeher-Mayer 2010.
– Geweihfragment, 1551 – zwei Geweihfragmente nicht artlich bestimmbar. Der Rothirsch ist in Langenlois mit sieben Geweihresten und zwei fraglichen Stücken vertreten. Die Fundnummer 1552 umfasst fünf Reste, die aus dem Gleyhorizont 1,92 m unter dem Herd (H/1–2) stammen. Das Fundgut besteht aus drei größeren Stangenfragmenten, die teilweise rezente Brüche aufweisen. Möglicherweise war ursprünglich eine vollständigere Geweihstange vorhanden. Die beiden anderen Reste sind ebenfalls kleinere Stangenfragmente von 18 mm und 14 mm erhaltener Länge. Zwei weitere Fragmente können aufgrund ihrer Erhaltung nicht eindeutig bestimmt werden. Ebenso sind die zwei Geweihspitzen mit Vorbehalt zum Rothirsch zu zählen, da eine Unterscheidung von Ren und Rothirsch nicht immer eindeutig möglich ist. An den vorhandenen Stücken ist nicht ersichtlich, ob die Reste von abgeworfenen oder schädelechten Geweihen stammen. Da der Rothirsch jedoch nur durch Geweihfragmente im Fundmaterial vertreten ist, kann er nicht zum Jagdwild in Langenlois gezählt werden. Möglicherweise wurden abgeworfene Geweihstangen gesammelt und als Rohmaterial ins Lager gebracht. 8.5.7 Mammuthus primigenius Blumenbach, 1799 – Mammut Material (Fundstelle A): A5-43 Rippenfragment, F3-679 Rippenfragment, F8-314 Rippenfragment, FII-114 Rippenfragment, G3-1513 Rippenfragment, sowie zahlreiche Elfenbeinfragmente; Material (Fundstelle unklar): neun Elfenbeinfragmente. Das Mammut ist im Fundmaterial Langenlois durch zahlreiche Stoßzahnreste vertreten. Insgesamt sind 669 Stücke aus der Fundstelle A vorhanden. Aus B stammt nur ein fragliches Stück, während von neun Resten die Herkunft nicht lokalisierbar ist. Die Größe der Stücke reicht von unter zehn Millimeter bis zu einem Nachweis eines
Die Tierknochenreste der Fundstellen Langenlois A und B
225
Abb. 193: Größenverteilung der Elfenbeinfragmente aus Langenlois (in mm) (Graphik: M. Pacher).
20 cm langen Spans. Fragmente, die kleiner sind als 5 cm überwiegen deutlich. Einige Fragmente sind sicherlich erst nach der Bergung der Funde entstanden. Diese Bruchstücke wurden soweit erkennbar nicht in die Größenauswertung einbezogen. Die Elfenbeinreste stammen aus verschiedenen Bereichen des Stoßzahns. Auf Lamellen entfallen 272 Fragmente. Lamellen mit anhaftenden Resten des inneren Stoßzahns sind 106-mal nachgewiesen. Stücke vom inneren Stoßzahn sind 147-mal, innere Stoßzahnspitzen 3-mal und kleine Späne 141-mal nachgewiesen. F. Felgenhauer539 beschreibt Pfostenlöcher mit zum Teil senkrecht stehenden Mammutstoßzähnen, sowie Großknochen. An einem „Werkplatz“ soll ein Mammutstoßzahn in lange Späne zerlegt worden sein. Im noch vorhandenen Fundmaterial finden sich jedoch nur oftmals kleinst-fragmentierte Stoßzahnreste (Abb. 193), die wohl als Abfall bei der Zerteilung und Bearbeitung angefallen sind, sowie zahlreiche Artefakte (siehe Kap. 7). Bei drei Fundnummern war der Hinweis auf insgesamt drei Pfostenlöcher vermerkt. Die erhaltenen Elfenbeinreste sind jedoch ebenfalls nur kleinteilige Fragmente der Nummern B/7-131,?-133 und B/6–7-121. Einige Stücke zeigen deutliche Spuren von Feuereinwirkung. Ein Stück ist kalziniert. Weitere zwölf Stücke wurden durch intensivere
Hitzeeinwirkung grauschwarz verfärbt, während 23 Stücke leichte Brandspuren aufweisen. Abgesehen von den Elfenbeinresten sind fünf Rippenfragmente als Mammut bestimmt, wovon ein Stück eindeutige Bearbeitungsspuren zeigt. Inwieweit die bei F. Felgenhauer540 erwähnten Großknochen auf das Mammut zu beziehen sind, bleibt unklar. Im Fundmaterial sind keine Knochen vom Mammut vorhanden. Anhand des vorliegenden Befundes und Materiales kann nicht geklärt werden, ob das Mammut zum Jagdwild zu zählen ist oder ob Stoßzähne und einige Knochen als Rohmaterial gesammelt und ins Lager gebracht wurden. Aus der Fundstelle A liegen 207 und aus der Fundstelle B 224 nicht näher bestimmbare Knochen vor. Einige Reste waren nicht eindeutig einer der beiden Fundstellen zuzuordnen (Tab. 57). Diese Reste weisen ebenfalls zahlreiche Spuren auf, die den Eindruck einer intensiven Nutzung der Jagdbeutereste verstärken. Neben häufigen Spiralbrüchen zeigen zwei Langknochenreste der Fundstelle A einen deutlichen Impact hervorgerufen durch Druckausübung. An zwei Resten sind Schnittspuren erkennbar. Fundstelle A und B weisen Fragmente mit Brandspuren unterschiedlicher Intensität auf. Das Spektrum reicht von kalzinierten Knochen zu grauschwarz verfärbten Resten und Stücken, die eine leichte, unregelmäßig am Stück verteilte
539. Felgenhauer 1974.
540. Felgenhauer 1974.
226
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Hitzeeinwirkung in Form von rötlich braunen bis schwarzen Flecken aufweisen. In der Fundstelle A weisen 61,4% der nicht bestimmbaren Knochenfragmente Brandspuren auf, wobei ein großer Teil der kalzinierten Knochen aus dem Bereich NW-Längsprofil (Fundnummer L.III 1562) stammt. Von den nicht näher bestimmbaren Knochen der Fundstelle B zeigen nur 0,7% der Reste leichte Brandspuren. 8.6 Zusammenfassung Die Fundstellen A und B von Langenlois stellen zwei unterschiedliche Bereiche eines Jagdlagers dar. Fundstelle B beinhaltet das kleinere Tierknocheninventar, das fast ausschließlich aus Resten vom Ren besteht. Die Funderhaltung und Skelettelementverteilung entspricht jener der Renknochen aus der Fundstelle A, doch finden sich hier zahlreichere Spuren von Feuereinwirkung. Zahlreiche Reste vom Ren der Fundstelle A müssen aufgrund der starken Kalzinierung direkt im Feuer gelegen sein. Sie sind durch direkten Feuerkontakt weiß durchgeglüht. Der Bereich der Fundstelle A weist eine größere Vielfalt an vorhandenen Arten auf. Steinbock, Pferd und Ren zählten sicher zum Jagdwild. Im Gegensatz zum Ren sind für Pferd und Steinbock Phalangen und Schädel nicht belegt. Das Fehlen dieser Skelettbereiche deutet auf eine unterschiedliche Nutzung und Zerlegung der Tiere hin. Die Geweihreste vom Rothirsch dürften aufgesammelt worden sein. Auch für das Mammut bleibt unklar, ob die Tiere gejagt wurden oder Aufsammlungen von Stoßzähnen und Knochen vorliegen. Ein Teil des ursprünglichen Fundmateriales vom Mammut war nicht mehr auffindbar. An den wenigen Knochen von Schneehase und Eisfuchs finden sich keine Spuren menschlicher Einwirkung. Sie zählen jedoch zum regelmäßigen Fundinventar der jungpaläolithischen Lössstationen. Das Hauptjagdwild in Langenlois war wohl der Steinbock, wie die zahlreichen Schlag- und Schnittspuren an den Knochen belegen. Zusammensetzbare Fragmente und Skelettelemente belegen das Einbringen ganzer Verbände der vorderen und hinteren Extremitäten. Für den Vorderlauf liegen zwar keine Belege für den Abschnitt Schulter und Oberarm vor, doch ist der Transport der Schlachteinheit „Schulter-Vorderlauf“ auch aufgrund ethnographischer Beobachtungen sehr wahrscheinlich.541 Schulter und Oberarm tragen einen hohen Anteil hochqualitativen Fleisches. Zahlreiche Spiralbrüche und Schlagmarken an Metapodien wie auch Schäften der Laufknochen belegen eine intensive Nutzung von Knochenmark. Der Fettgehalt ist bei adulten
Huftieren im Herbst am höchsten542, doch lassen sowohl der Markknochenabfall als auch die vorhandenen Geweihreste vom Ren keine sichere jahreszeitliche Einordnung der Fundstelle zu.543 Eine ähnliche Erhaltung der Steinbockreste wie in Langenlois ist aus verschiedenen Fundstellen des Donautals nachgewiesen,544 die eine gleichartige Nutzung und ähnliche Bedeutung der Steinböcke als Jagdwild belegen. Somit zählt die Fundstelle Langenlois zu typischen gravettienzeitlichen Lössfundstellen des mittleren Donautales, wobei Steinbock, Pferd und Ren zum wichtigsten Jagdwild zählten. 8.7 Abstract The Gravettian camp-site Langenlois consists of site A and B. The sites were excavated from 1961 until 1963. The majority of animal bone remains comes from site A. Ibex, horse and reindeer were the most important human hunting game species. A few remains of arctic fox and snow hare are also present. Red deer is confirmed by antler remains only. They were probably collected as raw material. A large amount of small ivory fragments and four ribs represent the mammoth. Following the excavation reports, originally large tusk remains and more bone material have been found. The present material of mammoth allows no clear decision if mammoth was a human prey species or if raw material has been exploited. Fore and hind quarters of ibex, horse and reindeer were transported into the camp. Especially ibex metapodials and longbones were intensively used for marrow extraction, while reindeer bones show more evidence of fire. The animal material of the sites allows no clear determination of the hunting season. Only reindeer and one bone from arctic fox are represented in site B. The reindeer remains show a similar preservation pattern as in site A. The camp-site Langenlois is a typical site of the loess area along the middle Danube, in which ibex hunting, next to horse and reindeer was especially important.
542. Stiner 1994. 543. Siehe Fladerer 2001.
541. Binford 1981, 92.
544. Thenius 1956–1959. – Logan 1990. – Fladerer 2001.
9. Zusammenfassung
9.1 Deutsche Zusammenfassung In den Jahren 1961 bis 1963 wurden in der KG Haindorf, SG Langenlois auf dem Gelände der Großziegelei Kargl mehrere räumlich und zeitlich voneinander getrennte Paläolithfundstellen entdeckt und von F. Felgenhauer, E. Lucius und A. Rothbauer ausgegraben. Die Fundstellen werden als Langenlois A–C bezeichnet. Alle drei Fundstellen liegen an einem ostgeneigten Hang in unmittelbarer Nähe zum Kampfluss. Die Kulturstraten sind allesamt in Löss gebettet. Am besten wurde die Fundstelle A gegraben und dokumentiert. Unter enormem Zeitdruck erfolgte die Bergung der Fundobjekte von Langenlois B. In Langenlois C kam es nur zu einer hastigen Bergung von wenigen Fundobjekten bei extremen Wintertemperaturen, nachdem ein Bagger bereits den überwiegenden Teil des Befundes zerstört hatte.
Fundstelle A Im April 1961 entdeckte ein Baggerfahrer die Fundstelle A. In insgesamt drei kurzen Kampagnen konnten bis Oktober 1962 insgesamt etwa 80 m² untersucht werden. Bei der Dokumentation wurden nicht nur Pläne der verschiedenen Plana und Profile angefertigt, sondern auch Fotos gemacht. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine einzige, unterschiedlich stark ausgeprägte Kulturschicht gehandelt hat. Sowohl die Steingeräteindustrie als auch die angefertigten 14C-Daten stellen diese Fundstelle in das Mittlere Jungpaläolithikum, das Gravettien. Neben 1447 Silices konnten über 500 Faunenreste sowie verschiedene bearbeitete Gerölle, Steinplatten, Farbstoffe und Holzkohlen geborgen werden. Weiters konnten verschiedene Siedlungsstrukturen dokumentiert werden. Darunter im Zentrum der Grabungsfläche eine eingetiefte Feuerstelle mit 1 m Durchmesser sowie
zwei weitere Nebenfeuerstellen im Bereich der Randzonen. Verschiedene Vertiefungen können teils als Pfostenlöcher und teils als Kochgruben interpretiert werden. Eine große Granulitplatte diente als Arbeitsunterlage. Mengenkartierungen verschiedener Fundgattungen wie Rohmaterialien, Rohmaterialvarianten, Klingen, Werkzeuge, Farbstoffe oder Knochen zeigen deutlich vier unterschiedliche Aktivitätszonen. Zone A kann als Zelt mit zentraler Feuerstelle und hufeisenförmigen Fundstreuungen interpretiert werden. Bei den Zonen B–D handelt es sich um verschiedene Werkplätze, an denen unterschiedliche Arbeiten durchgeführt wurden. Die Steingeräteindustrie wird von Rohmaterialvarianten dominiert, die im Bereich des mittleren und nördlichen Waldviertels vorkommen. Einzelne Stücke weisen auch auf den südmährischen Bereich. Es wurden aber auch lokale Rohmaterialien, wie sie in den Donau- und Kampschottern vorkommen, verwendet. Während die verschiedenen Chalcedone vermutlich in Form einer Grundausstattung in die Fundstelle eingebracht wurden, zerlegte man lokale Materialien vor Ort. Dabei wurden die Kerne sorgsam präpariert. Der Abbau erfolgte zumeist unipolar. Bipolarer und gedrehter Abbau ist selten. Hergestellt wurden vermehrt Klingen, die auch intentionell gebrochen wurden. Die Schlagmerkmale bei den Klingen stehen nicht in der Gravettientradition, wie sie in Süddeutschland festgestellt werden konnte, sondern scheinen an die Techniken des Aurignaciens angelehnt. Eine spezielle Lamellenproduktion konnte nicht festgestellt werden. Bei den Werkzeugen handelt es sich zumeist um einfache Kantenretuschen, aber auch Stichel und Kratzer. Rückenretuschierte Geräte sind für ein Gravettieninventar relativ selten. Erstaunlich ist das häufigere Auftreten von Schabern.
228
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
Unter den Geröllen finden sich viele mit Arbeitsspuren. Meist handelt es sich um Schlagsteine oder Retuscheure, aber auch um einfache Arbeitsunterlagen. Auffallend ist die wahrscheinliche Herkunft der verschiedenen Farbstoffe. Während Graphit lokal vorkommt, dürfte der Hämatit aus über 115 km Entfernung aus den nördlichen Kalkalpen stammen. Ebenso kommt der Gips in über 60 km Entfernung in den Nordalpen vor. Bis auf einen Geweihanhänger und einen Pfriem aus einem Pferdeknochen sind alle Geräte aus Mammutelfenbein gefertigt. Es handelt sich dabei um gelochte Stoßzahnlamellen und verschiedene Spitzen. Bei den gelochten Objekten dürfte es sich um Rohformen oder Halbfabrikate handeln. Bei den unterschiedlich großen Spitzen können solche mit rundem und solche mit ovalem Querschnitt unterschieden werden. Eine Vielzahl an Elfenbeinlamellen gibt Hinweise auf die regelhafte Zerlegung von Mammutstoßzähnen. In Bezug auf die Mobilität ergeben sich zwei Hauptrichtungen. Während die Mehrzahl der Steinrohstoffe aus dem Waldviertel und Südmähren stammt, scheinen die Farbstoffe eher aus dem Süden zu kommen. Man kann annehmen, dass die Silexrohstoffe im Zuge der Wanderbewegung mitgebracht wurden, während die Farbstoffe im Zuge von speziellen Beschaffungsaktionen oder durch Tausch ins Lager gekommen sind. Als Brennmaterial wurden hauptsächlich Augehölze wie Weiden oder Pappeln verwendet. Vereinzelt kommen auch Fichten vor. Als Jagdwild diente neben dem Steinbock Rentier und Pferd. Nachgewiesen sind aber auch Hase, Fuchs und Vögel. Mammutstoßzähne und Rippenstücke wurden vermutlich ebenso wie Rothirschgeweihe aufgesammelt. In seiner Gesamtheit ergibt sich das Bild eines Jagdaufenthaltes eines kleinen Familienverbandes, der ein leichtes Stangenzelt mit sich führte und nur kurze Zeit im Spätsommer oder Herbst am Kamp verweilte. Fundstelle B Die Fundstelle B wurde im Mai 1962 entdeckt. Sie liegt 4,8 m tiefer als Fundstelle A und ca. 18 m weiter nördlich davon. Die Fundschicht wurde in nicht einmal zwei Wochen von nur drei Leuten gegraben. Entsprechend spärlich ist dabei die Dokumentation ausgefallen. Unter der zeitlichen Begrenzung hat auch die Qualität der Bergung stark gelitten. Es wurden zwar immer wieder Pläne im Maßstab 1:10 angelegt, aber oft nur mangelhaft beschriftet und ausgeführt. Auch bei den gezeichneten Profilen fehlen sehr oft wichtige Angaben. Fotos oder Beschreibungen sind keine bekannt.
Die Auswertung der einzelnen Profile hat eine teilweise stark aufgefächerte Kulturschicht ergeben, die ein extrem unregelmäßiges, aber starkes Hanggefälle nach Nordosten zur Kampniederung hin aufweist. Vor allem im Nordteil war die Kulturschicht gut ausgeprägt. Im Südwesten waren nur noch schwache Spuren vorhanden. Viele Profile vermitteln den Eindruck als handle es sich um mehrere Schichten. Einzelne Überschiebungen lassen aber eine stellenweise beträchtliche Verlagerung Richtung Nordosten vermuten. Immer wieder beschriebene gleyartige Erscheinungen im Bereich der Kulturschicht und darunter lassen an Permafrostbedingungen während der Kulturschichtbildung denken. Trotz der massiven Verlagerung waren noch verschiedene Strukturen erkennbar. Neben einer etwa 60 × 50 cm großen Feuerstelle mit deutlicher Rotfärbung könnte auch noch eine wesentlich kleinere Feuerstelle abgeflossen sein. Zumindest eine große und deutlich abgesetzte Grube wurde in einem Profil dokumentiert. Leider lässt der unzureichende Dokumentationsstand keinerlei weiter reichende Interpretationen zu den Siedlungsstrukturen zu. Die Hauptfundmasse machen 325 Silices aus. Sie werden von verschiedenen Hornsteinvarianten dominiert. Das Rohmaterialspektrum wird nahezu ausschließlich von Varianten abgedeckt, die sich in den nahen Donauschottern leicht finden lassen. Obwohl kaum rückenretuschierte Geräte vorliegen, lässt sich das Inventar eindeutig ins Gravettien stellen. Im Gegensatz zur Fundstelle A konnten in der Fundstelle B bei den Klingen häufiger Schlagnarben und seltener Lippen festgestellt werden, wie es im Gravettien Süddeutschlands nachgewiesen wurde. Zum überwiegenden Teil wurde die Grundproduktion von nur einer Schlagfläche aus abgebaut. Gegenläufiger oder bipolarer Abbau ist selten. Nur sieben Grundformen wurden weitermodifiziert. Neben drei kleinen Rückenmessern kommen ein Stichel, eine Kantenretusche, ein ausgesplittertes Stück sowie ein Kombinationsgerät in Form eines Stichelkratzers vor. Im gesamten Inventar konnten nur zwei Klingen aufeinandergepasst werden. Da sie nicht verortet waren, kann über die Zusammensetzung nichts weiter ausgesagt werden. Kiesel, sonstige Steine oder Farbstoffe sind keine überliefert. Es liegen auch einige Tierknochen vor, ausschließlich von Ren und Schneehasen. Im Gegensatz zur Fundstelle A gibt es keine Elfenbeinartefakte. Als Rohstoff zur Werkzeugherstellung ist ausschließlich Geweih nachgewiesen. Gefunden wurde neben zwei Glättern auch ein hammerartiges Gerät aus Rentiergeweih.
Zusammenfassung
Eine 14C-Datierung ergab ein Alter von 27.250 ± 200 BP (GrN-16565). Damit ist Langenlois B gut 2000 Jahre älter als die Fundstelle Langenlois A und mit den Paläolithfundstellen Krems-Wachtberg 1930, Krems-Hundssteig 2000– 2002 und Krems-Wachtberg 2005–2015545 zu vergleichen. Fundstelle C Im Februar 1963 wurde etwa 14 m südlich der Fundstelle A eine weitere Fundstelle von einem Bagger angefahren. Bei widrigen Wetterbedingungen führte A. Rothbauer eine Bergung der letzten, nicht vom Bagger zerstörten Befunde und Funde durch. Dabei konnte eine etwa 4,5 m lange und bis zu 50 cm mächtige Knochen- und Stoßzahnlage festgestellt werden. Einige Mammutelemente waren so ineinander verkeilt, dass der Eindruck einer sinnvollen, zweckmäßigen Anordnung entstand. Leider war ein Großteil der Knochen durch den Bagger zerstört worden. Andere Funde, wie Holzkohle oder Silices wurden keine getätigt. Der Befund erinnert stark an die jungpaläolithischen Behausungen aus Mammutknochen in der Ukraine. Es kann aber aufgrund der schlechten Dokumentationslage auch ein natürlicher Sterbeplatz oder ein Abfallplatz in der Nähe eines Lagers nicht ausgeschlossen werden. 9.2 English Summary In the years 1961 to 1963 several distinct Palaeolithic sites were discovered on the ground of the Kargl brickyard in Langenlois (Lower Austria). Since then the brickworks has closed down. The excavation campaigns were initially headed by F. Felgenhauer and later by E. Lucius and A. Rothbauer. Today the sites are referred to as Langenlois A–C. The Palaeolithic camp sites are situated on the eastern slope of an extensive “basin”. Today the Kamp River flows at a distance of about 1.1 km from the sites. Nearby the Loisbach stream flows into the Kamp River.
Langenlois Site A In the course of clay mining, the driver of a mechanical excavator at the brickyard discovered dark spots in the loess on April 25th 1961. Several days prior to this, the remains of mammoth tusks had been noticed here. The director of the local museum (Heimatmuseum Langenlois), A. Rothbauer, informed the State Museum of Lower Austria (Landesmuseum Niederösterreich). On April 28th 1961 F. Felgenhauer was commissioned to undertake archaeological excavations in the brickyard. Approximately 80 m² of the cultural layer were uncovered in two steps. Even though the archaeological layer extended further, it was not possible to enlarge the 545. Simon et al. 2014, Tab. 1.
229
excavation trench due to the continuing clay mining. The cultural layer could not be excavated further until October 1962, this time under the directorship of E. Lucius. For site A it can be assumed that a single archaeological horizon prevails. All documented geological and archaeological layers are inclined to the northwest towards the valley of the Kamp River, on average descending by 5 cm per metre. Interruptions and thrust faults of the cultural stratum hint at small-scale disturbances and re-depositions. In the centre of the excavated area a large, almost round hearth (Hearth 1) with a diameter of 1 m was uncovered. Hearth 1 was established in a shallow pit and was used repeatedly. Only two metres to the southeast there was a smaller, slightly oval shaped hearth (Hearth 2) on even ground with a diameter of a little over 30 cm. Less than 4.5 m to the west of the larger hearth, a third hearth (Hearth 3) was uncovered. Just like Hearth 2, this hearth is interpreted as a peripheral hearth. Several depressions of varying sizes and forms are also noticeable. Various functions are implied by differing morphologies and locations. While some can be interpreted as cooking pits, others could be postholes. Of special interest is a pit containing a stone plate of quartzite and an endscraper, which was situated on top of a rib. An organic substance which was detected between the two led to its interpretation as a hafted stone tool. There are a total of 1447 stone artefacts. The lithic industry is dominated by variants of chalcedony, originating from the central and northern Waldviertel (55%). A few pieces of chert hint at southern Bohemia as their source. Additionally, local raw materials from the gravels of the Danube and the Kamp River were used. While the different chalcedonies were brought into the site as a tool kit, local raw materials were reduced on site. The cores were prepared carefully. The reduction was mostly unipolar. The production mostly aimed at blades, which were also intentionally broken. The blade technology does not resemble the Gravettian tradition as determined for southern Germany, but seems to follow Aurignacian techniques. There is no evidence for a specialized production of bladelets. The lithic inventory includes 214 modified stone artefacts (14.8%). Almost half of these are simple laterally retouched pieces. Burins and end scrapers are much rarer. For a Gravettian inventory backed pieces are relatively scarce. While truncations and splintered pieces are under-represented, scrapers, which do normally not occur often in Upper Palaeolithic inventories, are represented with six pieces. The presence of combination tools is scarce. More than 50% of the modifications were applied on chert, followed by a little more than 40% on chalcedonies.
230
Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
More rarely blanks of radiolarite or siliceous limestone-tochert were processed. At only 1.4%, the inventory of Langenlois A only has a low percentage of cores. This is to be seen in relation to the supply and the exploitation of the different raw materials. In most cases the reduction is based on nodules, only in a single case was a flake used. A simple unipolar reduction was favoured. Only rarely were the cores turned. Bipolar reduction is scarcely evident. Almost as many blade cores as flake cores are present. In most cases its small size or knapping accidents led to rejection of a core. Of a total of 1447 artefacts, 75 could be refitted in 30 complexes. Pieces of the variant yellow chalcedony were refitted most frequently. These were exclusively refittings of broken blades. Eleven artefacts of light-coloured chalcedonies were refitted. Besides broken blades, a sequence of three flakes was accounted for. The most extensive sequence for eight flakes is evident for the raw material variant yellowish-brown granulite. Furthermore, two broken pieces were refitted. Among the pebbles are many with traces of working. Approximately half of them show a flatter morphology; round forms are less common. Alterations of the surface (scars) are most common. Modifications of the fine relief (grooves and polish) occur less frequently. Combinations of modifications of the fine relief and the surface, or the surface and the form occur. In most cases, the pebbles can be interpreted as hammer stones or retouchers due to their distinct scars and splintered surfaces. The probable source of the colouring materials is astonishing. While graphite occurs locally, the hematite comes from a distance of 115 km from the northern limestone Alps. The plaster was also transported over long distances, with the nearest source being more than 60 km away, also in the northern Alps. Regarding mobility, there are two main directions. While the majority of the lithic raw material originates from the Waldviertel and southern Bohemia, the colouring materials seem to come from the south. Given that the lithic raw material was brought into the site with the migration, it can be assumed that the colouring materials came into the site as a result of a specific action of acquisition or barter. Most of the wood used for fuel originates from meadows, like willow and poplar. Some spruce is also present. Besides ibex, the game includes reindeer, horse and deer. There are also remains of hare, fox and mammoth. Presumably only the mammoth remains (tusks and several ribs) were collected. Quantitative mapping of finds shows four distinct areas A–D. The centre of the excavated area shows a latent tent
feature (structure latente) with a round outline and a diameter of about 4 m. The main hearth (Hearth 1) is located in the centre. An area with very little find material in the south probably marks the entrance. Another hearth and a fire area are located in the southeast of the tent-like structure. Two depressions, which were most probably used as cooking pits, are located between the two hearths. Three smaller depressions in the northeast could have been part of the tent construction. Besides other raw material variants, the light bone-coloured chalcedonies in particular were reduced and used here. Three activity zones are arranged around this latent feature. The zone in the southeast is a knapping place, where exclusively yellow chalcedony was reduced. The central element is a large stone plate, which is interpreted as a support. The activity zone in the southwest represents a workshop where primary production was further reduced and finished tools were used. The large amount of faunal remains points at the butchering of introduced parts of game. Another activity zone is located in the west of the latent tent structure. Here there is another smaller hearth with a pit, which was probably used for cooking. No production of blanks took place here. The high percentage of tools suggests the modification of blanks or just the use of tools. Following the excavations in 1961–1963, several 14C dates were processed and published. To check the old radiocarbon dates of site A and to establish a connection to site B, two more samples were dated in 2000 (25,700 ± 400 BP (GrN-25603); 25,340 ± 170 BP (GrA-16564). Altogether we can assume a hunting camp of a small family group, which carried their light pole tent (tepee) with them. Presumably they came from the north and stayed for several days or weeks in late summer or early autumn on the lower Kamp River to hunt ibex, reindeer and horse. Langenlois Site B Site B was discovered in May 1962, located 4.8 m deeper and about 18 m north of site A. The archaeological deposits were excavated in less than two weeks by only three people under the directorship of E. Lucius. Accordingly, the documentation is rather poor. The evaluation of the section drawings showed that the cultural layer partly fans out extensively. This horizon slopes unevenly but strongly towards the northeast to the valley of the Kamp River. The cultural layer was well-developed in the north; in the southwest only faint traces of it were left. In some areas thrust faults within the stratum led to the assumption that there were considerable displacements towards the northeast. In spite of these displacements, various structures are still identifiable. Besides
Zusammenfassung
a 60 × 50 cm-large hearth with a clearly burned reddish base, a much smaller displaced hearth was observed. At least one large and distinct pit was documented in a section drawing. Unfortunately the insufficient documentation does not allow extensive interpretations of the settlement structures. The majority of the recovered finds is represented by the 325 stone artefacts. The dominant raw materials are different variants of chert. Most raw materials can be found in the nearby gravels of the Danube. Even though scarcely any backed tools occur, the inventory can be assigned to the Gravettian. In contrast to site A, the blades of site B are more often characterized by bulbar scars and less by lips. In the majority the primary production was reduced from only one platform. Bipolar reduction does not occur often. Only seven blanks were modified. Besides three small backed bladelets, there is one burin, one laterally retouched piece, one splintered piece and one combination tool of a burin and an endscraper. Of the complete inventory, only one sequence of two blades could be refitted. Since their position was not recorded, no further statement is possible. No pebbles, other stones or colouring materials were recovered. Only very few remains of reindeer and red deer exist. A new 14C date produced an age of 27,250 ± 200 BP (GrN-16565). Langenlois Site C In February 1963 yet another site was hit by the mechanical excavator approximately 14 m south of site A. Under unfavourable weather conditions A. Rothbauer recovered the much destroyed findings. A layer of bones and tusks about 4.5 m long and 0.5 m thick was observed (Fig. 8). Some of the mammoth remains were wedged inside each other, giving the impression of a meaningful and useful order. Unfortunately most of the bones had been destroyed by the mechanical excavator. Other finds like charcoal or stone artefacts were not recovered. The finding is reminiscent of the Upper Palaeolithic mammoth bone dwellings of the Ukraine. Due to the poor documentation other interpretations remain possible, e.g. the remains of naturally perished animals or a rubbish dump near a campsite.
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Die jungpaläolithischen Stationen in der Ziegelei Kargl in Langenlois, Niederösterreich
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Tafel 1: Langenlois A: 1 Kratzer (Inv.-Nr. 712), 2 Kratzer (Inv.-Nr. 39), 3 Kratzer (Inv.-Nr. 1055), 4 Kratzer (Inv.-Nr. 1353), 5 Kratzer (Inv.-Nr. 858 und 1344), 6 Kratzer (Inv.-Nr. 1369), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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3 Tafel 2: Langenlois A: 1 Kratzer (Inv.-Nr. 44), 2 Kratzer (Inv.-Nr. 1703), 3 zusammengesetzte Klinge mit partieller Kantenretusche (Inv.-Nr. 1015 und 1130), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 3: Langenlois A: 1 Mehrschlagstichel (Inv.-Nr. 411,03), 2 Stichel (Inv.-Nr. 573,05), 3 Mehrschlagstichel (Inv.-Nr. 504), 4 Mehrschlagstichel (Inv.-Nr. 573,09), 5 Stichel (Inv.-Nr. 1642 und 1646), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 4: Langenlois A: Rückenmesser: 1 (Inv.-Nr. 1236), 2 (Inv.-Nr. 1248), 3 (Inv.-Nr. 1141), 4 (Inv.-Nr. 1389,06), 5 Endretusche (Inv.-Nr. 373), 6 mediales Segment (Inv.-Nr. 485), 7 Segment (Inv.-Nr. 594), 8 Segment (Inv.-Nr. 1730,01), 9 mediales Segment (Inv.-Nr. 809), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 5: Langenlois A: 1 primäre Kernkantenklinge (Inv.-Nr. 168), 2 Schaber (Inv.-Nr. 109), 3 Klinge (Inv.-Nr. 64), 4 Endretusche (Inv.-Nr. 979), 5 ausgesplittertes Stück (Inv.-Nr. 1541,04), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 6: Langenlois A: 1 Kern (Inv.-Nr. 1704), 2 Kern (Inv.-Nr. 1224), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 7: Langenlois A: 1 Kern (Inv.-Nr. 1705), 2 Kern (Inv.-Nr. 1036), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 8: Langenlois A: zusammengesetzter Kern (Inv.-Nr. 1219, 1288 und 516,01), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 9: Langenlois B: 1 Stichel (Inv.-Nr. 2044), 2 Stichel (Inv.-Nr. 2051), 3 Rückenmesser (Inv.-Nr. 1848), 4 Rückenmesser (Inv.-Nr. 1943), 5 Rückenmesser (Inv.-Nr. 1828), 6 ausgesplittertes Stück (Inv.-Nr. 1847), M 1:1 (Zeichnung: L. Moreau, Graphik: Th. Einwögerer)
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Tafel 10: 1–4 Elfenbeinspitzen und -fragmente mit rundem Querschnitt, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 11: 1–3 Elfenbeinspitzenfragmente mit flachem Querschnitt, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 12: 1 gelochte Elfenbeinlamelle, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 13: 1 gelochte Elfenbeinlamelle, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 14: 1 Geweihanhänger, 2 Knochenpfriem, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 15: 1 Geweihglätter, 2 Geweihglätterfragment, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)
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Tafel 16: 1 „hammerartiges“ Geweihgerät, M 1:1 (Zeichnung: M. Hinterwallner)