Die Frömmigkeit der deutschen Kriegslyrik
 9783111666204, 9783111281483

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Die Frömmigkeit der deutschen ttriegslqrik von

Otto Herpel

Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen 1917

Studien zur praktischen Theologie herausgegeben von D. Karl Cger o. Professor in Halle 7. B o n b

heft Z

v. Münchow'sche $of- und Universitütr-Vruckerei Otto Kinöt Wwe., Liehen

Meinen Litern

Vorwort.

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Vorwort. üb et die F r ö m m i g k e i t der Kriegsjahre sich zu orientieren, ist eine dringend« Notwendigkeit sowohl für jeden, der die treibenden Kräfte, die das deutsche Volk zu seinen erstaunlichen Kriegstaten befähigten, kennen lernen will, als auch für den, der von dem ernsthaften vor» satze erfüllt ist, nach dem Krieg« an dem Aufbau einer neuen besseren Zukunft tatkräftig mitzuarbeiten. Nus diesem doppelten Grunde ist keine jener Bestrebungen, die darauf ausgehen, die Kriegsftömmigkeit des deutschen Volkes in ihrem Wesen zu erfassen und darzustellen, überflüssig. Solch« Bestrebungen stnd seit längerer Zeit im Gang«. M an hat dabei verschiedene Wege eingeschlagen. Am häufigsten wandte man sich bisher an die Erfah­ rungen, di« von Männern mit besonderem religiösem Interesse, etwa den Feldgeistlichen, in oder hinter der Front gemacht worden find. Ferner untersuchte man den Feldpostbrief und unternahm es, auch aus dem Studium der deutschen Kriegspredigt wertvolle Einfichten zu ge­ winnen. Zu wünschen wären noch entsprechende Untersuchungen der mancherlei Bericht« über das Kriegserlebnis einzelner Dörfer, Städte, Land­ schaften, wie es sich im Buchhandel niedergeschlagen hat, ferner der Kriegs­ presse (Nachrichten der Lokalanzeiger usw.), des Kriegsbroschürenschristtums, des Kriegstheaters, des Kriegsromans, der Kriegsnovelle usw. Die folgende Untersuchung richtet die Frage nach der deutschen Kriegsftömmigkeit an die deutsche K r i e g s l q r i k . Vas hat sein volles Recht. Venn einmal haben wir schon lange gelernt» in der lyrischen Dichtung mehr als eine besondere Kunstgattung zu sehen: jeder Lyriker setzt sich in seinen Gedichten irgendwie mit der Welt auseinander, mutz also notwendig eine gewisse Art positiver oder negativer Frömmigkeit offenbaren. Ferner hängt keine Dichtung frei in der Lust: sie ist viel­ mehr zeitgeschichtlich bedingt und bedingend, mutz darum auch hinsicht­ lich ihrer Frömmigkeit dem unvoreingenommenen Betrachter sichere histo­ rische Schlüsse ermöglichen. Schlietzlich ist die Kriegslyrik im besonderen so sehr mit dem Kriegserlebnis des gesamten Volkes verwachsen, datz niemand diesem Kriegserlebnis psychologisch gerecht werden kann, wenn

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Vorwort

er nicht auch die Kriegslqrift ausdrücklich berücksichtigt. Damit ist das folgende Unternehmen genügend gerechtfertigt. Eine doppelte Schwierigkeit stellt sich der restlosen Lösung der Auf­ gabe entgegen. Einmal ist die Zahl der in Betracht kommenden Dich­ tungen Legion. M an hat sie allein für den M onat August 1914 auf einundeinehalbe Million berechnet. Seit dieser Zeit sind andere Milli­ onen hinzugekommen. Sie alle nach unserem Gesichtspunkte zu studieren, w ar unmöglich. Trotzdem wäre es nicht recht gewesen, den Dilettan­ tismus Unzähliger ganz außer acht zu lassen und sich nur auf dar ästhetisch wertvolle, wie es etwa die verschiedenen Sammlungen bieten, zu beschränken. Venn religiöse Kraft und ästhetische Feinheit braucht sich nicht notwendig zu decken. Doch hat das Studium einiger offen­ kundiger Dilettanten, trotzdem ihre Gedichte zum Teile mehrfach auf­ gelegt worden sind, ergeben, daß bei ihnen und ihresgleichen entweder die religiöse Phrase die rhetorische begleitet oder die ästhetische Schab­ lone der herkömmlich-religiösen entspricht, w ir haben darum auf ihre Heranziehung in weiterem Umfang verzichtet und sie uns nur da ge­ stattet, wo wirklich einmal ein eigener Ton erklingt, ein Fall, den auf­ zuspüren freilich dem Zufall überlaffen blieb. Eine zweite Schwierigkeit war weniger leicht zu überwinden; sie blieb die Schwierigkeit der ganzen Untersuchung. (Es durste dem Ver­ fasser nicht genügen, nur einen Querschnitt durch die religiöse Gesamt­ leistung der Kriegslyrik zu geben. Das hätte zur Schematisierung der lebendigen Träger dieser Gesamtleistung, zu einer unwahren Verwischung der vorhandenen, dem Bild erst die notwendigen Lichter verleihenden Unterschiede und zu einer unverzeihlichen Loslösung aus dem geschicht­ lichen Zusammenhange verführt. 3um Querschnitt mußte also der Längs­ schnitt gesellt und von den wurzeln bis zu den feinsten Zweigen neben der Ringbildung des Stammes auch seine Maserung zu zeigen versucht werden. Allein gerade hierin lag die Schwierigkeit, w a s nämlich für einzelne uns schon von früher her bekannte Dichter möglich schien, — für eine Masse anderer mußte es besonders schwer sein. w ir denken dabei an die große Anzahl starker Talente, von denen vor dem Kriege niemand etwas gewußt hat, die aber, vom Kriege erweckt, plötzlich mit großer und echter Gebärde durch die Zeit schreiten, w ir erinnern ferner an Menschen wie jenen Schöpfer des rasch berühmt gewordenen österreichischen Reiterliedes, der vor und nach dieser Schöpfung dichterisch nichts weiter als ein ernster Dilettant gewesen ist, aber ein einziges M al eine geniale Stunde erlebt hat. Wir denken schließlich an die Menge der Kleinen und viederen, deren Gefühl von dem Sturme der ersten Erregung so sehr aufgewühlt worden ist, daß auch sie sich einmal »lyrisch erlösen" mußten und dabei wirklich sonst glanzlosem Metall

Vorwort.

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einen vorübergehenden Silberblick zu entlocken vermochten, von den wenigsten dieser Dichter wissen wir etwas persönliches; wir besitzen nichts von ihnen, an dessen Hand man sie mit sich selbst vergleichen Könnte. Trotzdem müssen alle diese Dichter berücksichtigt werden, ohne jedoch andererseits überschätzt werden zu dürfen. Ich habe schließlich die ganze Frage der Darstellung auf folgendem Wege zu lösen versucht, ausgehend von einer möglichst scharfen Be­ stimmung dessen, was ich unter Frömmigkeit verstehe, habe ich die Untersuchung so geführt, daß ich den Frömmigkeitsgehalt der Kriegs­ lyrik von seiner allgemeinsten Form bis hin zur besonderen christlichen Ausprägung systematisch darlegte und zugleich innerhalb dieser systema­ tischen Darstellung die einzelnen Frömmigkeitstypen vornehmlich, aber nicht allein, an ihren dichterisch und religiös interessantesten Vertretern als individuell-historische Besonderungen zur Darstellung brachte. I n ­ wieweit mir dieser versuch geglückt ist, muß der Leser beurteilen. Eine besondere Frage ist die, ob zur Zeit schon eine abschließende Untersuchung über das vorliegende Thema möglich ist. Allein die Hoch­ flut der Kriegsdichtung ist vorüber; am Strand der Tage brechen sich nur noch einige wenige Wellen; sie können das Gesamtbild nicht mehr wesentlich verändern. Und selbst, wenn noch einer oder der andere von denen, die bisher merkwürdig stille gewesen sind, etwa Gerhart Hauptmann, durch nachträgliche Veröffentlichung größerer Sammlungen überraschen sollte — der religiöse Gehalt der deutschen Kriegsdichtung wird auch dadurch nicht mehr viel anders gestaltet werden. Diese Dichter würden höchstwahrscheinlich nur noch einige reichere Belege liefern für die Gesinnung, die schon aus dem Wenigen spricht, das wir bisher von ihnen besitzen. Aus allen diesen Gründen glaube ich nicht, der Entwicklung vorgegriffen zu haben. Die Ausführlichkeit des beigegebenen (Quellennachweises und Re­ gisters soll dem Leser eine weitgehende Orientierung so leicht wie mög­ lich machen und wird von ihm hoffentlich als eine angenehme Zugabe empfunden. 3um Schluß möchte ich noch Herrn Buchhändler (Dsroin SchneiderGießen für seine wertvolle Unterstützung, die die Ausführung der Arbeit so wesentlich gefördert hat, besonderen Dank aussprechen. Gtto Herpel.

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Inhalt.

Inhalt. € ittle ita tg ................................................................................................. 1 I. vre Zeige «ich de« $hi*e btt Geschehe«»............................... 3—5 II. Die algemeinen stnngebenden w e rte .......................................... 6- 2$ 1. H e im a t...................................................................................... 6 2. D eutsch-sittlicher I d e a l i s m u s ....................................... 11 3. Die neue W e l t ...................................................................... 17 4. Die D ichter au s sittlichem U n g estü m ............................ 25 III. „Gott im Starrn“ ......................................................................... 29-67 1. D er K r i e g s g o t t .................................................................. 29 2. Die A rt seines E rle b n is s e s ............................................... 30 L. Moderne Romantik.............................................................. 31 b. In den Spuren G e o r g e s .................................................. 35 c. Richard v e h m e l.................................................................. 36