Die Fälschung technischer Aufzeichnungen [1 ed.] 9783428427475, 9783428027477


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German Pages 286 Year 1972

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Die Fälschung technischer Aufzeichnungen [1 ed.]
 9783428427475, 9783428027477

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Schriften zum Strafrecht Band 15

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen

Von

Ingeborg Puppe

Duncker & Humblot · Berlin

INGEBORG PUPPE

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen

Schriften zum Strafrecht Band 15

Die Fälschung technischer Aufzeichnungen

Von

Dr. Ingehorg Puppe

DUNCKER & HUMBLOT / BERLIN

Alle Rechte vorbehalten & Humblot, Berlln 41 Gedruckt 1972 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlln 65 Printed in Germany

© 1972 Duncker

ISBN 3 428 02747 7

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist aus einer Dissertation über § 306 E 62 hervorgegangen, die im April 1969 der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg eingereicht wurde. Zu dieser Zeit war der Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen noch nicht geltendes Recht. Inzwischen wurde der § 306 E 62 mit einer bloßen Erweiterung seines Anwendungsbereiches als § 268 in das StGB eingefügt. Das war eine der wenigen Änderungen des besonderen Teils, die schon durch das erste Strafrechtsreformgesetz erfolgt sind, während die Gesamtreform des besonderen Teils bis heute aussteht. Das ursprüngliche Anliegen dieser Untersuchung war eine kritische Analyse des § 306 E 62. Sie galt zunächst der Frage, ob und wie die Privilegierung des Beweises mit technischen Aufzeichnungen gegenüber allen anderen Erscheinungsformen des Augenscheinsbeweises zu rechtfertigen ist. Die Verfasser des § 306 E 62 sind davon ausgegangen, daß die technische Aufzeichnung eine maschinelle Quasiurkunde oder eine Art Urkundenersatz sei. Von der Richtigkeit dieser Auffassung hängt es auch ab, ob der Umfang des Schutzes der technischen Aufzeichnung durch § 268 StGB, der in enger Anlehnung an den spezifischen Echtheitsschutz der Urkunde bestimmt worden ist, dem Wesen der technischen Aufzeichnung und ihrer Rolle im Rechtsverkehr gerecht wird. Diese Fragen haben ihre Aktualität nicht dadurch verloren, daß der Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen geltendes Recht geworden ist. Denn auch der Gesetzgeber sah ihn, wie aus den Beratungen des Sonderausschusses des Bundestages für die Strafrechtsreform hervorgeht, noch nicht unbedingt als endgültig an, so daß eine Neufassung im Rahmen der Gesamtreform des besonderen Teils nicht ausgeschlossen ist, zumal gerade jene Parallele zum Tatbestand der Urkundenfälschung schon in der inzwischen erschienenen Literatur zu § 268 StGB vielfach auf Kritik gestoßen ist. Zu einer nochmaligen Überprüfung der vorläufigen Regelung dieser neuen Materie durch den Gesetzgeber soll diese Untersuchung einen Beitrag leisten. Deshalb wurde ihr gesetzeskritischer Ausgangspunkt trotz des Inkrafttretens des § 268 StGB nicht vollkommen aufgegeben. Abgesehen davon ergab die Auseinandersetzung mit den Vorstellungen von der Bedeutung der technischen Aufzeichnungen für den Rechts-

6

Vorwort

verkehr, die zur geltenden Regelung geführt haben, ein tieferes Eindringen in den dem Gesetzgeber vorgegebenen Tatsachenstoff. Eine rein interpretatorische Betrachtung des Tatbestandes hätte von der diesem zugrundeliegenden Einordnung der technischen Aufzeichnung in die Nachbarschaft der Urkunde ausgehen müssen. Sie hätte also, wie es in den inzwischen erschienenen Untersuchungen zu § 268 StGB auch großenteils geschehen ist, sich darauf beschränken müssen, das neue Sachgebiet vor allem nach Möglichkeiten zu durchsuchen, Parallelen zu Erscheinungen im Bereich der Urkunde zu ziehen und allenfalls noch Gegensätze zu ihr herauszuarbeiten. Dieser Ausgangspunkt hätte den Zugang zur Frage nach dem gerade für die technische Aufzeichnung Typischen, nach ihrer spezifischen Leistung im Beweis, deren Ursachen, ihrem Wert für den Rechtsverkehr und dessen Interesse an ihrem strafrechtlichen Schutz von vornherein verlegt oder doch erheblich erschwert. Gerade die Einsicht in die Eigengesetzlichkeit der technischen Aufzeichnung und ihre begriffliche Erfassung gibt die Mittel zur Lösung vieler der durch § 268 StGB aufgeworfenen neuen Probleme an die Hand. Dies gilt vor allem für die Entwicklung eines allgemeinen, von der Urkunde und der mit Mitteln der Technik verkörperten menschlichen Erklärung i. S. des § 304 E 62 einerseits und den übrigen Augenscheinsobjekten andererseits, klar und sinnvoll abgegrenzten Aufzeichnungsbegriffs. Allein aufgrund der Erkenntnis der Besonderheiten der technischen Aufzeichnungen lassen sich aber auch die mit dem Verbot der störenden Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang in § 268 Abs. 3 zusammenhängenden Einzelfragen beantworten, schon weil dieses Verbot im Urkundenstrafrecht keine genaue Entsprechung hat. Auch um der sichereren und zweckmäßigen Handhabung des geltenden Rechts willen ist es also nicht angezeigt, auf eine von der vom Gesetzgeber angenommenen Parallele zur Urkunde unabhängige Untersuchung dieser neuen Rechtsmaterie und auf jedes weitere Fragen nach ihrer sachgerechten Regelung zu verzichten. Auch deshalb wurde davon abgesehen, die vorliegende Arbeit zu einer reinen Auslegung des geltenden Gesetzes umzugestalten. Zu den drei gesetzeskritischen Kapiteln über § 306 E 62 wurde ein viertes hinzugefügt, das eine Interpretation des § 268 StGB aufgrund der zuvor gewonnenen Erkennntnisse und die Auseinandersetzung mit der inzwischen zu dieser Vorschrift erschienenen Literatur enthält. Zu Dank verpflichtet bin ich vor allem meinem verehrten Lehrer Herrn Professor Dr. Wilhelm Gallas für die Anregung zu dieser Arbeit und ihre kritische Förderung.

Vorwort

7

Dank schulde ich außerdem Herrn Professor Dr. Karl Lackner für seine Beratung und Unterstützung bei der Veröffentlichung. Dem Verlag Duncker & Humblot danke ich für die Aufnahme der Arbeit in seine strafrechtliche Schriftenreihe. Heidelberg im Juni 1972

Ingeborg Puppe

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Der Begriff der tedlDismen AufzeidlDung I. Die Stellung der technischen Aufzeichnung innerhalb der Beweismittel ............................................................

13

Einleitung ........................................................

13

1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

unabhängig vom Erklärungscharakter der Urkunde ............

16

a) Die Aussagenverkörperung als objektives Kriterium der Urkunde......................................................

16

b) Die Formel der herrschenden Lehre zur objektiven Unterscheidung von Urkunde und Augenscheinsobjekt ............ 22 c) Die Auswertung von Urkunden und Augenscheinsobjekten ..

25

d) Der Fälschungsschutz von Urkunde und Augenscheinsobjekt ..

30

2. Eine Gemeinsamkeit zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung

36

3. Die Leistungsfähigkeit der technischen Aufzeichnung als Beweismittel ........................................................ 40 a) Die Bedeutung des standardisierten Auswertungscodes für den konkreten Beweis ...................................... 40 b) Standardisierte Auswertungsverfahren bei "klassischen" Augenscheinsobjekten ...................................... 43 c) Die standardisierte Auswertungsmethode als Grund und Gegenstand eines Strafschutzes ................................ 45 d) Die besondere Leistungsmöglichkeit technischer Beweisverfahren im Vergleich zu anderen standardisierten Augenscheinsbeweisen und ihre Ursachen ................................ 50 4. Die Rechtfertigung eines Verbots des Mißbrauchs solcher Maschinencodes, die eine beweiserhebliche Tatsache als Bedeutung enthalten ........................................................

53

5. Zur Grenzziehung zwischen schutzwürdigen und nicht schutzwürdigen technischen Aufzeichnungen ..........................

56

6. Zum Vergleich der hiernach schutzwürdigen technischen Aufzeichnungen mit den Urkunden ................................

65

10

Inhaltsverzeichnis

H. Der Begriff der (schutzwürdigen) "technischen Aufzeichnung" in § 306 E62 ..............................................................

69

1. Der Begriff der Aufzeichnung ..................................

70

a) Aufzeichnung und Kopie ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

b) Aufzeichnung und Anzeige ..................................

79

2. Aufzeichnung eines Zustands, Meßwertes oder Geschehensablaufs

84

3. Technische und menschliche Aufzeichnung und ihre Abgrenzung durch § 306 E 62 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

a) Mit Hilfe von Menschen bewirkte technische Aufzeichnungen und mit Mitteln der Technik bewirkte menschliche Aufzeichnungen .................................................... 89 ot) Die bei einem Aufzeichnungsvorgang anfallenden Entscheidungs- bzw. Auswahlvorgänge im einzelnen .............. 91 b) Die Herrschaft des Menschen über Registriergeräte und die Kontrolle der Registriergeräte über Menschen .............. 95 ot) Die subjektive Abgrenzungsmethode der Praxis .......... 95 ß) Die objektive Abgrenzungsmethode oder die Lehre von der Erklärungsherrschaft .................................... 97 c) Das Merkmal "ganz oder zum Teil selbsttätig" .............. 100

4. Die Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung" als einschränkendes Tatbestandserfordernis des § 306 E 62 ............ 101

5. Zur Legaldefinition der "technischen Aufzeichnung" ............ 113

Zweiter Teil

Der Schutz der teclmischen Aufzeichnung I. Die Beweisbestimmung als Bedingung des Schutzes technischer Aufzeichnungen .................. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 115 1. Vorbemerkung ................................................ 115

2. Die Rolle der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht ...... 116 a) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen Urkundenentwurf und Urkunde ............................ 118 b) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen Urkunde und Abschrift. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 121 c) Die Beweisbestimmung als Grund der Gleichbehandlung der sog. Absichts- und Zufallsurkunde .......................... 125 d) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen Beweis- und Kennzeichen .................................. 126 e) Die Beweisbestimmung als Charakteristikum der Gesamturkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 139

Inhaltsverzeichnis

11

f) Ergebnis: Die Bedeutung der Beweisbestimmung als Bedingung des lJrkundenschutzes ................................ 142 3. Die Beweisbestimmung als Tatbestandsmerkmal des § 306 E 62 .. 144 11. Die Art des Schutzes technischer Aufzeichnungen . ................. 149

1. Die Parallelsetzung der technischen Aufzeichnung mit der lJrkunde in E 62 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 149

2. Die Auffassung des Echtheitsschutzes der lJrkunde als Sicherung eines besonders leistungsfähigen Beweismittels ................ 153 3. Die Lehre vom falschen Anschein als Erklärung des Echtheitsschutzes der lJrkunde und der technischen Aufzeichnung ........ 162 4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der lJrkunde .......... 167 5. Der lJnrechtsgehalt der Fälschung technischer Aufzeichnungen, verglichen mit dem der lJrkundenfälschung .................... 176 6. Die praktischen Probleme des im Entwurf vorgesehenen Echtheitsschutzes für technische Aufzeichnungen .................... 180 7. Das Problem der unechten aber wahren Aufzeichnung .......... 185 8. Die zufällig entstandene unwahre Aufzeichnung ................ 188 9. Ergebnis ...................................................... 189 10. Die Formulierung eines Tatbestandes zum Schutz vor Täuschung durch technische Aufzeichnungen .............................. 190

Dritter Teil

Das Grenzgebiet zwischen technischen Aufzeichnungen und menschlichen Äußerungen I. Der Schutz der Beweismittel, die in Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine entstehen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192

1. Die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Aufzeichnungsgerät . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 192

2. Die durch Bemerkungen von Menschenhand ergänzten technischen Aufzeichnungen .......................................... 195 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen 203 a) Die maschinellen Reproduktionen menschlicher Zeichen ...... 204 b) Zeichen, deren Auswahl sowohl von einer menschlichen Entscheidung als auch von einem automatischen Auswahlvorgang abhängt .................................................... 207 (1) Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine in der Nachrichtenverarbeitung ................................ 214

12

Inhaltsverzeichnis Vierter Teil

Zur Auslegung des § 268 StOB Einleitung

222

1. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB ... . ........ 223 1. Die Einfügung der Daten und Rechenwerte .................... 223

2. Zur Auslegung des § 268 StGB Abs.2 im übrigen, eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Literatur .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 228 11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung .. ... .. . ......... . .. . ....... 246 111. Das Verhältnis der Fälschung technischer Aufzeichnungen zur Urkundenfälschung .. . ......................... . ..................... 264

Anhang I Die in E 62 vorgesehenen Vorschriften zum Schutz des Rechtsverkehrs .. 267 Anhang D Zur Vorgeschichte des § 268 StGB Die innerhalb der Großen Strafrechtskommission erörterten Fassungen von Vorschriften zum Schutz von technischen Aufzeichnungen und "klassischen" Augenscheinsbeweismitteln außerhalb des Prozesses .......... 269

Literaturverzeichnis Sachregister

274

........ .. .............................................. .. 278

Erster Teil

Der Begriff der technischen Aufzeichnung I. Die Stellung der technischen Aufzeichnung innerhalb der Beweismittel Einleitung Während der Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde eine zeitlang der Plan erörtert, neben den Schutz menschlicher Erklärungen - seien sie nun schriftlich in Form von Urkunden oder auf Tonträgern festgehalten - vor Fälschung und Unterdrückung einen entsprechenden Strafschutz der übrigen sachlichen Beweismittel zu stellen. Dieser sollte alle Augenscheinsobjekte ergreifen, wenn und soweit sie von einer Person zum Beweis für eine rechtserhebliche Tatsache bestimmt sindl • Es sollte hierbei gleichgültig sein, ob dieser Beweis im Rahmen eines Prozesses, eines sonstigen geregelten Verfahrens oder im gewöhnlichen Rechtsverkehr geführt werden soll. Im Rahmen dieser Vorschrift sollte auch der Schutz technischer Aufzeichnungen erfolgen. Die Bestimmung wurde jedoch später als zu weitgehend abgelehnt. Auch von einem zunächst noch erwogenen Fälschungsschutz des Augenscheinsbeweises innerhalb des Gerichtsverfahrens wurde mangels Strafbedürfnisses abgesehen. Schließlich wurde die im Kommissionsentwurf enthaltene Vorschrift gegen Unterdrückung prozessualer Beweismittel in der Regierungsvorlage gestrichen. Nicht verzichten wollte man jedoch auf einen Schutz der technischen Aufzeichnungen sowohl vor Fälschung als auch vor Unterdrückung. Die Strafrechtskommission hat hierfür einen Tatbestand geschaffen, der dem Schutz der Urkunden nachgebildet ist. Diese Vorschrift wurde auch in der Regierungsvorlage beibehalten!. Nach der Begründung des Entwurfs war hierfür der Gedanke entscheidend, daß technische Aufzeichnungen heute teilweise die Funktion 1 Vorschlag der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums Umdruck J 64 § 266 in Niederschriften der Großen Strafredl.tskommission Bd. 8 Anhang Nr. 1

§478. Z Ein solcher Schutz, insbesondere für Kontrollgeräte, wurde schon von Weismann ZStW 31 S. 787 f. angeregt.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

von Urkunden übernommen haben3 • Als Beispiel wurde etwa das Prüfgerät zur Feststellung von Materialfehlern genannt, dessen mit Hilfe von Röntgenstrahlen vorgenommene Aufzeichnungen das Zeugnis eines Prüfingenieurs ersetzen können. Dabei ist allgemein anerkannt, daß die technische Aufzeichnung keine Urkunde ist. Sie ist nicht die Erklärung eines Menschen, sondern die "Aussage" einer Maschine'. Allerdings ist in der Großen Strafrechtskommission der Gedanke aufgetaucht, als Aussteller dieser Erklärung der Maschine diejenige Person anzusehen, die die Maschine aufgestellt hat oder betreibt, um mit ihrer Hilfe etwas zu beweisen oder zu kontrollieren°. Also etwa der Fuhrunternehmer, der Fahrtenschreiber in seine Lastkraftwagen einbaut, um das Fahrverhalten seiner Angestellten festzuhalten. Nun ist zwar derjenige, der solch ein Aufzeichnungsgerät betreibt, in gewisser Weise verantwortlich für dessen richtiges Funktionieren. Er mag sogar in bestimmten Fällen zivilrechtlich dafür haften, genau wie jeder andere, der eine Maschine für sich arbeiten läßt. Das hat jedoch mit der Garantiefunktion der Urkunde nichts zu tun. Wer eine Urkunde ausstellt, entscheidet über deren Inhalt. Darum ist es seine Erklärung. Als rechtsfähige und handlungsfähige Person beteiligt er sich mit dieser Erklärung am Rechtsverkehr und muß die Urkunde als sein Wort gegen sich gelten lassen. Will er dies nicht, so muß er, falls es eine Dispositivurkunde ist, die Willenserklärung anfechten, falls es eine Zeugnisurkunde ist, die Aussage widerrufen. Und selbst diese Möglichkeit, sich von dem "Einstehenmüssen" für seine Erklärung wieder zu befreien, gibt ihm die Rechtsordnung nur in bestimmten, genau abgegrenzten Fällen. (Rechtlich ausgeprägt ist dieses Einstehenmüssen freilich nur bei der sog. Absichtsurkunde, die vom Aussteller für den Rechtsverkehr bestimmt ist.) Dies ist die Garantiefunktion der Urkunde, ein Ausfluß des Grundsatzes, daß jeder seine Rechtshandlungen als seine Rechtshandlungen gegen sich gelten lassen muß und sich nicht jederzeit, sei es mit, sei es ohne eine stichhaltige Begründung, von ihnen zurückziehen kann, eines Grundsatzes, ohne den ein Rechtsverkehr überhaupt nicht möglich ist. Wer dagegen ein Aufzeichnungsgerät betreibt, hat auf dessen "Äußerungen" keinerlei Einfluß, oder soll ihn zumindest nicht haben. Er selbst ist in der Regel zur Abgabe einer Erklärung entsprechenden Inhalts technisch gar nicht in der Lage 6• Er haftet darum auch nicht für die Erklärung, sondern höchstens für das Gerät, genauer für eine ordnungsgemäße Bedienung und Wartung des Gerätes. Und er haftet hierfür auch nicht anders als bei jeder anderen Maschine, die keine Aufa Begründung zu E. 60 S. 447, vgl. auch Lackner Nied. Bd. 6 S. 169. 4

5 8

Vgl. OLG Hamm NJW 59, 1380 und OLG Stuttgart NJW 59, 1379. Lackner Nied. Bd. 6 S.I71 und Bd. 8 S. 24, Schwalm Bd. 6 S. 174. Vgl. GalZas Nied. Bd. 6 S. 174.

Einleitung

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zeichnungen herstellt. Der Inhalt der einzelnen Aufzeichnung aber ist ihm nicht als seine Äußerung zuzurechnen. Die Aufzeichnung enthält also keine menschliche Erklärung7 • Sie ist deshalb ein Augenscheinsobjekt, denn ein solches ist jedes sachliche Beweismittel, sofern es nicht die Erklärung einer Person enthälts. Von demjenigen, der das Aufzeichnungsgerät betreibt, erwartet man nur, wie von jedem Dritten, daß er nicht in den Apparat eingreift und ihn nicht falsch einstellt. Was bedeutet also die Behauptung, eine technische Aufzeichnung könne eine Urkunde ersetzen? Was rechtfertigt es, den technischen Aufzeichnungen einen Schutz zuzubilligen, den unter allen Beweismitteln bisher nur die Urkunde genießt, und diesen Schutz allen anderen sachlichen Beweismitteln zu verweigern? Die Klärung dieser Frage ist notwendig zur Feststellung der ratio legis des § 306 des Entwurfs, der bisher in der Rechtsgeschichte und den gegenwärtig gültigen Rechtsordnungen keine Parallele hat9, und ist daher auch entscheidend für die Bestimmung des Begriffes der technischen Aufzeichnung. Die Hervorhebung der technischen Aufzeichnungen innerhalb der Gruppe der Augenscheinsbeweismittel und ihre Gleichstellung mit den Urkunden, die durch § 306 E 62 verwirklicht werden soll, ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn sich die technischen Aufzeichnungen vor den übrigen Augenscheinsobjekten durch eine Qualität auszeichnen, die sie mit den Urkunden verbindet und die deren besondere Schutzwürdigkeit begründet. Es muß gleichzeitig eine Eigenschaft sein, die die übrigen Augenscheinsobjekte nicht besitzen, wenn ihre Zurücksetzung gegenüber den Urkunden und den technischen Aufzeichnungen auf sie gegründet sein soll. Nach den bisherigen Feststellungen kann diese Qualität nicht im Erklärungschrarkter der Urkunde, d. h. in dem Einstehenmüssen einer Person für deren Inhalt als für ihr Wort zu finden sein, denn diesen teilt sie nicht mit der technischen Aufzeichnung. Die gesuchte Gemeinsamkeit, die die Urkunde und die technischen Aufzeichnungen gegenüber den übrigen, ungeschützten sachlichen Beweismitteln herausheben soll, kann also nur existieren, wenn sich die Urkunden von diesen gewöhnlichen Augenscheinsobjekten noch durch etwas anderes unterscheiden als durch ihren Erklärungscharakter. Es ergibt sich danach für die weitere Untersuchung folgendes Vorgehen: Zunächst ist nach einem Unterscheidungskriterium zwischen 7 Zu diesem Ergebnis kam schließlich auch die Große Strafrechtskommission ; vgl. Begründung zum Entwurf 60 S. 446 u. zu E. 62, 481: "Der Beweisund Aussagegehalt selbsttätig arbeitender Aufzeichnungen kann auch nicht mittelbar auf eine menschliche Erklärung zurückgeführt werden." Zu demselben Resultat kam schon Weismann anhand des Beispiels eines selbstschreibenden Thermometers, vgl. ZStW 11 S. 21 Fußnote 50. s Vgl. Eb. Schmidt zu § 249 Ziff. 1, Alsberg - Nüse S. 372. 9 Vgl. Teuffel Materialien Bd. 2, II S. 379.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Urkunden und gewöhnlichen Augenscheinsobjekten, also Spuren, Proben usw. zu suchen, das unabhängig davon besteht, daß die ersteren einer Person als ihre Erklärung zuzurechnen sind und die letzteren nicht. Läßt sich eine solche Besonderheit der Urkunden feststellen, so ist zu prüfen, ob sie die technischen Aufzeichnungen mit ihr teilen. Wenn ja, so ist die Frage, welche Bedeutung diese Eigenschaft für den strafrechtlichen Schutz von Urkunden und technischen Aufzeichnungen hat. Wenn sich aus ihr auch die Schutzwürdigkeit beider Beweismittelgruppen erklärt, ist deren vom Entwurf vorgenommene Gleichstellung gerechtfertigt. Andernfalls wäre unabhängig vom Urkundenschutz nach einem Grund für einen Strafschutz für technische Aufzeichnungen zu suchen. Erst aus dem Grund ihrer Schutzwürdigkeit können die einzelnen Begriffsvoraussetzungen der technischen Aufzeichnungen i. S. des Gesetzes entwickelt werden, ebenso Art und Grenzen ihres Schutzes. 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt unabhängig vom Erklärungscharakter der Urkunde a) Die Aussagenverkörperung als objektives Kriterium der Urkunde

Ein objektiver Unterschied zwischen Urkunden und Augenscheinsobjekten wird von Rechtsprechung und Lehre vor allem zur Scheidung der sog. Beweiszeichen von den Augenscheinsobjekten von jeher dahingehend gemacht, daß Urkunden etwas außerhalb ihrer selbst aussagen, während Augenscheinsobjekte uns lediglich über ihre eigene Beschaffenheit Auskunft geben lO und uns allenfalls gestatten, aus dieser Schlüsse auf andere Tatsachen zu ziehen. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß die Urkunde die Aussage enthalte, eine Aussage, die man in diesen Gegenstand hineingelegt hat, indem man ihn mit bestimmten Eigenschaften versehen hat, die eine Bedeutung haben und die man deshalb "Zeichen" nenntl l , beispielsweise mit Buchstaben. Diese Eigenschaften "verkörpern", wie man sagt, die Erklärung. 10 Vor allem die für das gesamte spätere Urkundenstrafrecht maßgebende Entscheidung RG 17, 107, in der Literatur z. B. Maurach § 53 III B, der die Urkunde im Gegensatz zum Augenscheinsobjekt als "sprechendes Beweismittel" charakterisiert, ebenso schon Binding S.180. Ähnliches meint wohl auch Welzel mit der These, daß die Urkunde einen Gedanken enthalte und aus sich heraus erkennbar werden lasse, während andere sachliche Beweismittel nur Gedanken "anregen" können, vgl. a.a.O. § 59 II 1. 11 Besonders deutlich bringt dies Weismann zum Ausdruck, vgl. ZStW 11 S.19: "Dieser Begriff aber setzt bleibende Zeichen voraus, welche eine Erklärung in sich enthalten ... es muß ihnen also eine Bedeutung durch irgendwelche objektive Form verliehen sein."

I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

17

Ihre Qualität als Zeichen, d. h. als Erscheinungen mit einer Bedeutung, macht sie dazu geeignet, aber sie ist nicht identisch mit dem Erklärungscharakter der Urkunde, denn dieser ist ein mit der Verkörpe,;. rung verfolgter Zweck, während die Zeichenqualität als Eigenschaft von Objekten verstanden wird. Diese Qualität der Urkunden als Gegenständen mit Bedeutung wäre danach unabhängig von ihrem Erklärungscharakter. Es wäre jedoch voreilig, diese Vorstellungen von einem Gegenstand, der etwas verkörpert, der etwas aussagt, der etwas außerhalb seiner selbst aussagt, für unsere Zwecke ungeprüft zu übernehmen. Es ist zu bedenken, daß diese Begriffe von Zeichen und Bedeutung im Zusammenhang mit Urkunden entwickelt und bisher nur auf diese angewandt worden sind. Das Wesen einer Urkunde ist aber die Aussage eines Menschen. Urkundliche Zeichen verkörpern eine Aussage jedenfalls insofern, als ein Mensch etwas mit ihnen aussagen wollte t2 • Daß die Regeln, nach denen dies geschah, durch Gesetz oder Herkommen normiert oder zumindest durch Verabredung mit einer anderen Person dieser bekanntgemacht worden sein müssen, ist eine Forderung, die dann noch zusätzlich aufgestellt wird, weil sie die Mindestvoraussetzung dafür ist, daß die Aussage überhaupt nach außen dringt, d. h. von mindestens einer Person verstanden werden kann. "Aussagen", die sich nicht an andere Personen richten, und die in einer Schrift niedergelegt sind, die niemand außer dem Urheber versteht, sind nicht als Urkunden schutzwürdig. Man hatte also bisher wenig Anlaß, sich mit der objektiven Seite des Phänomens auseinanderzusetzen, das wir Verkörperung einer Aussage oder eines Gedankens zu nennen gewohnt sind. Ehe man also versuchen kann, die technischen Aufzeichnungen, die wie oben dargelegt, jedenfalls nicht dem Äußerungswillen eines Menschen zuzurechnen sind, unter diesen Aspekten innerhalb der Gruppe der Beweismittel einzuordnen, muß die Frage geklärt werden, ob es überhaupt möglich ist, die Beweismittel oder die Gegenstände unserer Umwelt insgesamt einzuteilen in solche, die eine Aussage verkörpern, und solche, die es nicht tun, ohne dabei auf die Absichten und Zweckbestimmungen derer zurückgehen zu müssen, die etwas mit Hilfe von Gegenständen aussagen oder übermitteln wollen. Die allgemeine Anschauung und, wie es scheint, auch die juristischen Lehren über Urkunden- und Augenscheinsbeweis und deren Abgrenzung gehen davon aus, daß eine Unterscheidung von Gegenständen, die eine Aussage verkörpern (Zeichen), und anderen ohne weiteres 12 Bezeichnende Entscheidung der Vereinigten 11. u. III. Senate des Reichsgerichts RG 17,103 (106); so offenbar auch John ZStW 6 S. 42.

2 Puppe

18

1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

möglich ist13. Denn es wird allgemein angenommen, daß man Laute oder geschriebene Linien mit einer Nachricht oder Aussage gewissermaßen befrachten und diese auf diese Weise konservieren oder transportieren könne. Ob ein Gegenstand eine Nachricht "enthält" also Zeichen ist, und was er "aussagt", würde hiernach ausschließlich und endgültig der Sender bestimmen, indem er den Gegenstand mit Eigenschaften versieht, die eine bestimmte Bedeutung, einen objektiven Sinn haben. Auf diese Weise kann er seinem Erklärungswillen "sachliche Existenz"14 verleihen. Er muß nur darauf bedacht sein, den Gegenstand, der seine Erklärung verkörpern wird, mit solchen Formen oder sonstigen Eigenschaften auszustatten, deren "objektiver Sinn" sich mit dem Inhalt deckt, den er erklären will. Die Bedeutung der Zeichen aber ist danach unabhängig von seinem Willen, sie ist eine Eigenschaft der Formen, deren er sich bedient. Daraus ergibt sich, daß die Gegenstände, die etwas aussagen, sich von den übrigen dadurch unterscheiden, daß sie Formen aufweisen, die einen objektiven Sinn haben. Aber woher kommt diesen Formen ihr objektiver Sinn und was ist er überhaupt? Wie läßt er sich in ihnen nachweisen? Wie kommt es überhaupt, daß wir aus Gegenständen Nachrichten gewinnen? Mit all diesen Fragen hat sich die Lehre von den Urkunden und ihrer Unterscheidung von den Augenscheinsobjekten noch kaum auseinander gesetzt. Der Begriff der Verkörperung von Gedanken in Gegenständen wurde aufgestellt und seit Jahrzehnten verwendet, ohne daß eine klare Vorstellung von den Beziehungen zwischen Gegenstand und Bedeutung und von Weseil und Entstehung von Zeichen dahinter gestanden hat. Die Richtigkeit der herrschenden Vorstellung von dem durch die Handlung des Erklärenden in einem Gegenstand zu einer selbständigen, von seinem Willen unabhängigen sachlichen Existenz gelangten Erklärungsinhalt und von der Unterscheidbarkeit von Gegenständen, die etwas aussagen (Zeichen), und solchen, aus denen man nur etwas schließen kann (Augenscheinsobjekte), läßt sich indessen nicht nachprüfen ohne eine Klärung der Frage, inwiefern Gegenstände oder deren Eigenschaften Träger von Bedeutung sein oder einen "Sinn" haben können. Gehen wir davon aus, daß ein Zeichen all das ist, was etwas bedeutet, so können wir zunächst noch nichts darüber sagen, ob Zeichen Gegenstände sind oder Eigenschaften von Gegenständen, For13 So schreibt Kern S. 6: "Die Ausdrucksmittel, speziell die Worte, haben einen objektiven Sinn. Sie sind keineswegs bloß konkludente Handlungen, die auf einen subjektiven Sinn schließen lassen." In diesem Sinne ist wohl auch die soeben (S.6 Fußnote 11) zitierte Passage von Weismann zu verstehen. 14 John ZStW 6, 42.

I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

t9

men, Vorstellungen oder vielleicht noch etwas anderes. Wir kennen nur ihre Funktion, und diese besteht darin, an Stelle von etwas anderem zu stehen, denn nichts anderes heißt ja bedeuten. Die Bedeutung des Zeichens ist also das, wofür es stellvertretend da ist. Aber an welcher Stelle vertritt es die Bedeutung, und wer setzt es an die Stelle der Bedeutung? Es fehlt offenbar zur Bestimmung von Zeichen und Bedeutung eine dritte Komponente, von der beide abhängen und durch die sie erst miteinander in Verbindung gebracht werden. Es ist der Interpret des Zeichens, sein Empfänger oder Sender, der diese Beziehung herstellt, indem er in einer konkreten Situation das Zeichen mit der Bedeutung assoziiert, es für die Bedeutung nimmt. Durch diesen Akt erst gewinnt das Zeichen seine Bedeutung, und zwar nur für den Interpreten. Es ist Zeichen von etwas für jemand15 • Etwas bedeuten bezeichnet also keine Eigenschaft eines Zeichens, sondern eine Beziehung zwischen dem Zeichen und dem, was es bedeutet. Diese Beziehung ist keine direkte, sie läuft vielmehr über den Interpreten. Deshalb kann von einem "objektiven Sinn" von Zeichen, Ausdrucksmitteln, Formen usw. nicht gesprochen werden. Das Phänomen Zeichen ist also nur zu erfassen als Aspekt eines Prozesses, der sogenannten Semiosis 16. Dieser Prozeß besteht darin, daß ein Interpret, d. h. eine Person (ob auch Maschinen Interpreten sein können, mag unerörtert bleiben) durch die Gegenwart eines Objektes, des Zeichenträgers, Notiz nimmt von einem anderen Objekt, das nicht gegenwärtig sein muß17, dem Designatum (das Wort Bedeutung wird in der Zeichentheorie wegen seiner Vieldeutigkeit bewußt gemieden). Das Zeichen existiert nicht unabhängig von Bedeutung und Interpreten, es gibt auch keine Bedeutung eines Zeichens an sich, sondern nur eine Bedeutung eines Zeichens für einen Interpreten18. Wer also von Zeichen an sich spricht oder von Bedeutungen von Zeichen, etwa von Wörtern oder Sätzen oder Buchstaben, der verselbständigt bereits einen Aspekt des gesamten Phänomens, der in Wirklichkeit nicht abgetrennt werden kann. Diese Abstraktion wird für verschiedene Zwecke vielfach angewendet. Sie ist aber nur solange zulässig, als man sich ihrer bewußt ist. Denn das Zeichen existiert nur als Teil des semiotischen Prozesses. In diesem Prozeß kann der Interpret ebensogut ein Empfänger sein wie ein Sender. Das bedeutet, daß ich einen Gegenstand zum Zeichenträger machen kann, indem ich ihn als Zeichen interpretiere 19 • Wennn jemand eine Nachricht senden will, so ordnet er zunächst einen Gegenstand einem anderen Gegenstand, 15

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Flechtner S. 53. Morris S. 3, Frank S.12. Morris S. 4. ders. S. 44, Flechtner S. 53 f. H. Frank S. 12 f, Flechtner S. 54 f.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

der Bedeutung, zu. Der erste Gegenstand wird dadurch ein Zeichen. Dieser Prozeß wiederholt sich später beim Empfänger, und zwar als dessen selbständige Entscheidung20 • In der Zwischenzeit trägt der "Zeichenträger" genau genommen ebensowenig ein Zeichen wie jeder andere Gegenstand. Um also einen Gegenstand als Zeichen betrachten zu können, bin ich nicht darauf angewiesen, daß er als Zeichen von einem anderen zeichenverarbeitenden System gesendet worden ist21 • Von diesem Standpunkt aus verliert der Unterschied zwischen Urkundenbeweis und Augenscheinsbeweis seine Grundsätzlichkeit und Schärfe. Das läßt sich am deutlichsten am Problem der Fälschung von Augenscheinsobjekten zeigen. Hierzu wird von Kaufmann22 , am ausgeprägtesten aber von Schilling23 , folgende Anschauung vertreten, die auch in den Diskussionen der Großen Strafrechtskommission eine Rolle gespielt hat24 • Eine Vorspiegelung mit Hilfe eines manipulierten Augenscheinsobjektes ist einer Täuschung durch eine Urkunde schon deshalb nicht gleichwertig, weil das Augenscheinsobjekt als solches nicht wahr oder falsch sein kann. Im Gegensatz zur Urkunde oder auch zum Zeugnis, die eine Aussage über eine Wirklichkeit enthalten, d. h. ein Abbild eines Teiles der Wirklichkeit darstellen und an dieser gemessen werden können25 , ist das Augenscheinsobjekt nach dieser Lehre einfach ein Teil der Wirklichkeit selbst. Es trägt die Spuren seiner Geschichte und seiner Entstehung, auch einer eventuellen Manipulation, und richtig oder falsch können nur die Schlüsse sein, die ein Betrachter aus diesen Spuren zieht. Es ist seine Sache, die richtigen Schlüsse zu ziehen, und er hat stets die Möglichkeit dazu 26 • Das, was man in der Lehre von der Fälschung den "falschen objektiven Anschein" nennt, gibt es nach Schilling gar nicht. Es gibt nur Irrtümer einzelner Personen bei der Auswertung von Augenscheinsobjekten. Schilling zieht daraus sogar die Konsequenz, daß die Täuschung mit Hilfe von Augenscheinsobjekten weniger strafwürdig ist als die bloße Lüge 27 • Es sei hier nur kurz an20

Frank S. 15.

Das bedeutet nicht, daß es keinen Unterschied zwischen den Zeichen gäbe, die von einem Sender als Zeichen von etwas für einen Empfänger gesendet werden, und solchen, die allein der Empfänger zu Zeichen macht. Flechtner (53) trifft eine solche Unterscheidung unter Hinweis auf die scholastische Unterscheidung zwischen signa naturalia und non naturalia. Er nennt die nicht von einem Sender, d. h. einem zeichenverarbeitenden System, herrührenden Zeichen "Anzeichen". 22 Kaufmann S. 419. 23 Schilling S. 150 und 155. !4 Tröndle Nied. Bd. 13, 415. 25 Vgl. hierzu Weilenböck S. 9. 26 Schilling S. 165. 27 ders. S. 157 ff., a.A. ausdrücklich Blei S. 146, Becker S. 9. 21

11. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

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gemerkt, daß Schilling damit nicht nur den Begriff der Fälschung von Augenscheinsobjekten, sondern den Fälschungsbegriff überhaupt negiert und damit auch den Tatbestand der Urkundenfälschung nicht mehr befriedigend erklären kann. Es ist Kaufmann und Schilling zuzugeben, daß ein Augenscheinsobjekt als Gegenstand in Zeit und Raum nicht wahr oder falsch sein kann. Das unterscheidet es aber nicht von einer Urkunde. Die Urkunde ist, solange sie nicht gelesen wird, auch nichts anderes als ein Stück der äußeren Wirklichkeit. Andererseits sind Augenscheinsobjekte für uns auch nicht mehr bloß Teile der gegenwärtigen Wirklichkeit, sobald wir es unternehmen, mit ihrer Hilfe von vergangenen oder entfernten Gegenständen Kenntnis zu gewinnen. Das aber ist nichts anderes als der semiotische Prozeß. Er findet bei der Lektüre einer Urkunde und bei der Auswertung eines Augenscheinsobjektes gleichermaßen statt28 , und er ist es allein, der die Zeichen und damit das Abbild oder die Aussage erst hervorbringt und den betrachteten Gegenstand zum Zeichenträger macht29 • Der prinzipielle Unterschied, den Schilling zwischen Urkunden und Augenscheinsobjekten macht, existiert also in Wirklichkeit nicht, er beruht auf der oben beschriebenen Fehlvorstellung, daß ein Zeichen ein Gegenstand sei, der vom Sender hergestellt, d. h. als wahrnehmbares Objekt produziert werde und dem seine Bedeutung als Eigenschaft zukomme. Daß es einen für den Beweis erheblichen Unterschied gibt, und worin er besteht, wird später noch gezeigt werden.

28 Morris bemerkt auf S.5: "As a last comment on the dp.finition of sign, it should be noted that the general theory of signs need not commit itself to any specific theory of what is involved in taking account of something through the use of a sign. Indeed, it may be possible to take "mediatedtaking-account-of" as the single primitive term for the axiomatic development of semiotic." !D Deshalb scheitert auch der Versuch Lampes, den ,,sinn" oder "Symbolgehalt" der Urkunde als ein mit dem Erklärungscharakter nicht identisches und daher auf nichtmenschliche Informationsträger übertragbares Spezifikum einer Urkunde i. w. S. darzustellen, die menschliche Äußerungen und technische Aufzeichnungen, nicht aber sonstige Augenscheinsobjekte umfaßt. Er sieht den "Sinn" des stofflichen Trägers z. B. einer Erklärung zwar nicht einfach als dessen Attribut, sondern als durch einen "bedeutunggebenden Willen" vermittelt. Vgl. NJW 70, 1099. Darüber, wann und wie ein Wille einem Gegenstand Bedeutung zu geben vermag, und für wen und welcher Art dieser Wille sein muß, sagt Lampe allerdings nichts. Zu entnehmen ist seinen Ausführungen nur, daß es kein allgemeiner Wille sein muß, denn Lampe führt als Beispiel einer solchen Bedeutungsverleihung auch die individuelle Vereinbarung an. Er muß sich also die Frage gefallen lassen, mit welchem Recht er allen "klassischen" Augenscheinsobjekten jeden Sinn abspricht, obwohl auch bei ihrer Auswertung ein Wille am Werk ist, der ihnen, zunächst für den Auswerter eine Bedeutung gibt.

1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

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b) Die Formel der herrschenden Lehre zur objektiven Unterscheidung von Urkunde und Augenscheinsobjekt Die herrschende Lehre über die Abgrenzung von Urkunden und Augenscheinsobjekten ist jedoch nicht darauf angewiesen, die Gegenstände unserer Umwelt oder auch nur die Beweismittel zu unterteilen in solche, die etwas aussagen, und solche, die es nicht tun. Sie kann es auch dahingestellt sein lassen, ob Augenscheinsobjekte etwas aussagen. Jedenfalls sagen sie, so heißt es, nur etwas über sich selbst aus, während Urkunden etwas außerhalb ihrer selbst, nämlich den Gedanken des Ausstellers, verkörpern. Das ist natürlich nicht in dem Sinne gemeint, daß Augenscheinsobjekte nur zum Beweis ihrer eigenen Beschaffenheit verwendet werden können. In den seltensten Fällen interessiert man sich für das Augenscheinsobjekt selbst, sondern man interessiert sich für ein bestimmtes Geschehen, das auf die augenblickliche Beschaffenheit des Augenscheinsobjektes Einfluß gehabt hat. Meines Erachtens gibt es nun zwei Möglichkeiten, den Satz zu interpretieren, daß Augenscheinsobjekte nur über sich selbst aussagen. (Es dürfte inzwischen deutlich geworden sein, wie irreführend der terminus ist, daß Gegenstände etwas aussagen. Er kann jedoch bei dieser Auseinandersetzung mit der herrschenden Theorie nicht ersetzt werden, ohne diese zu verfälschen.) Die eine geht dahin, daß die Geschichte eines Gegenstandes zum Gegenstand (zu dem "Selbst" des Gegenstandes) gehört, dann kommt man aber zu keinem Unterschied zwischen Urkunde und Augenscheinsobjekt. Denn wenn wir die Urkunde einfach als Gegenstand mit einer Geschichte betrachten, so wie wir das Augenscheinsobjekt zu betrachten gewohnt sind, so erweist sich auch die Schrift auf dem Blatt Papier nur als eine Spur dieser Geschichte, die nicht prinzipiell unterschieden ist von etwa einem Kratzer auf einer Tischplatte oder einem Fleck auf einem Kleidungsstück3o• Gewiß, die Urkunde ist nicht identisch mit dem Urkundenkörper. Aber ist das, was an einem Augenscheinsobjekt beweist, nämlich die Spur eines Geschehens, identisch mit dem Augenscheinsobjekt als Körper oder einem Teil davon? Wer den Einwand erhebt, eine solche Betrachtungsweise der Urkunde als äußerer Gegenstand, der seine Geschichte und durch seine Geschichte beweise, werde der Urkunde um ihres Inhalts willen nicht gerecht und ignoriere gerade das, was sie eigentlich ausmache; der faßt die Urkunde schon als Zeichen für etwas, als Zeichen an sich auf, und spricht dem Augenscheinsobjekt und seinen Eigenschaften das Prädikat Zeichen ebenso apodiktisch ab3!. Er setzt damit einen Unterschied zwischen Ähnlich Brodmann S. 14, Tröndle Nied. 13, 408. Am deutlichsten tut dies Weismann ZStW 11 S.21, auch Maurach § 53 III B, ausdrücklich anders schon 1884 Momsen S. 38: "überhaupt aber läßt sich 30

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I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

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beiden voraus, ohne ihn zu beweisen, einen Unterschied, der angesichts des neuen Verständnisses des Zeichens als Prozeß fragwürdig geworden ist und mindestens in der hergebrachten prinzipiellen Ausprägung nicht aufrechterhalten werden kann. Das, was zu beweisen ist, nämlich daß Urkunden etwas außerhalb ihrer selbst aussagen, in einem Sinne, in dem Augenscheinsobjekte dies nicht tun, ist lediglich eine Konsequenz dieses vorausgesetzten Unterschiedes3%. Die zweite Interpretation dürfte wohl zutreffender die Vorstellungen beschreiben, auf denen jene allgemein anerkannte Unterscheidung beruht: Man könnte von dem Augenscheinsobjekt ausgehen, so wie es zur Zeit des Beweises ist, ohne seine Geschichte einzubeziehen. Von hier aus erklärt sich die Formel der herrschenden Lehre wie folgt: Aufschluß gibt ein Augenscheinsobjekt nur über seine augenblickliche Beschaffenheit. Diese allein könnte man allenfalls als seine "Aussage" bezeichnen. Auf Gegebenheiten, die nicht Eigenschaften des Objektes sind, gestattet diese lediglich ein mehr oder weniger sicheres Schließen. Aus ei.ner Urkunde dagegen könne man unmittelbar .eine Tatsache entnehmen, die nicht eine Eigenschaft der Urkunde ist, nämlich die Tatsache, daß eine bestimmte Person eine bestimmte Erklärung abgegeben hat!3. Der Unterschied wird also gesehen in der Methode, wie durch das Beweismittel bewiesen wird, d. h., wie die Überzeugung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer bestimmten Tatsache gewonnen wird; beim Urkundenbeweis unmittelbar durch die Aussage des Beweismittels, beim Augenscheinsbeweis nur mittelbar durch Schlußfolgerungen aus dem, was man allenfalls als die Aussage des Beweismittels ansprechen kann, nämlich, daß es im Augenblick existiere und diese und jene Eigenschaften habe. Wie Urkunden und Augenscheinsobjekte beweisen, was sie für einen konkreten Beweis leisten, d. h. was bei der Auswertung von Urkunden einerseits und von Augenscheinsobjekten andererseits im einzelnen vor sich geht und wie sich die beiden Beweisarten vergleichen lassen, ist in der juristischen Lehre von den Beweismitteln bislang nicht genauer untersucht worden. Zu Anfang dieses Kapitels wurde dargetan, warum dies bisher auch nicht nötig war und nach wie vor nicht dazu nötig ist, Urkunden und Augenkein von Menschenhand gefertigter Gegenstand denken, welcher nicht unter irgendeinem Gesichtspunkt zu uns spräche. Es wäre bloß von dem Standpunkt des Wahrnehmenden abhängig ..." 3! Dies wird wiederum bei Weismann besonders deutlich; vgl. ZStW 11 S. 20: "Es gibt aber nur eine Art von Dingen, welche ihre Beweiskraft in sich selber tragen und doch etwas anderes beweisen als ihre Existenz und Beschaffenheit. Das sind bleibende Zeichen, welche eine beweiserhebliche Erklärung in sich enthalten," s. dazu auch seine darauf aufbauende Unterscheidung zwischen "Zeichen" und "Indizien" a.a.O. S. 21. 33 Vgl. John ZStW 4 S. 35.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

scheinsobjekte voneinander zu unterscheiden, da hierfür das eigentlich maßgebende und auch ausreichende Kriterium im Erklärungscharakter der Urkunde liegt. Bevor wir hierüber Untersuchungen anstellen, können wir jedoch bereits aus der oben dargelegten triadischen Natur des Zeichens erkennen, daß auch diese Erklärung der Formel der herrschenden Lehre diese nicht zu rechtfertigen vermag, weil sie das Problem unzulässig vereinfacht. Wenn man von Gegenständen spricht, die etwas außerhalb ihrer selbst aussagen oder die etwas über ihre Existenz und Beschaffenheit aussagen, so wird diesen Gegenständen bereits eine Bedeutung zugeordnet, ohne einen bestimmten Interpreten in den Blick zu nehmen, also mit einem Geltungsanspruch für jeden Interpreten. Erst dann werden daraus Konsequenzen für den Auswerter gezogen. Es gibt aber ebensowenig Bedeutung an sich, wie es Zeichen an sich gibt. Die Bedeutung eines Zeichens kann jeweils nur das sein, was ein bestimmter Interpret in einem bestimmten Fall mit einem Zeichenträger verbindet, und das kann auch bei einem Augenscheinsobjekt sehr wohl etwas anderes sein, als das Objekt selbst oder eine seiner Eigenschaften. Es dürfte nun deutlich geworden sein, daß der Satz, daß Urkunden im Gegensatz zu Augenscheinsobjekten etwas außerhalb ihrer selbst aussagen, einen Unterschied zwischen beiden nicht bestimmt, sondern voraussetzt. Im Zusammenhang mit den Beweiszeichen, mithin zur Entscheidung von Grenzfällen entwickelt, ist er nicht mehr als eine der in der Strafrechtsdogmatik häufigen heuristischen Formeln. Der Unterschied, den diese Formel im konkreten Fall auffinden helfen soll, wurde aus der hergebrachten Allgemeinvorstellung vom Wesen der Schrift einerseits und der Spur andererseits übernommen. Aber die Tatsache, daß jene Grenzfälle zwischen Urkunde und Augenscheinsobjekt seit den Anfängen des Reichsgerichts unter allgemeiner Billigung der Wissenschaft nach einer Formel entschieden werden, die nicht auf die Beziehung der Urkunde zu ihrem Aussteller abhebt, spricht doch dafür, daß es ein zweites Unterscheidungskriterium zwischen beiden Beweismittelarten gibt, das, weil unabhängig von dem nur der Urkunde eigenen Erklärungscharakter, die Rechtfertigung dafür liefern könnte, daß der Entwurf die technischen Aufzeichnungen, obwohl sie wie die übrigen Augenscheinsobjekte nicht auf einen Aussteller zurückzuführen sind, strafrechtlich den Urkunden an die Seite stellt und nicht den übrigen Augenscheinsobjekten. Da die Formel dieses Kriterium, wie wir gesehen haben, nicht richtig beschreibt, muß es in jenen Grundanschauungen gesucht werden, die hinter ihr stehen und denen sie ihre Plausibilität und ihre dauerhafte allgemeine Anerkennung verdankt.

I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

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Die Verbindung eines Zeichenträgers mit einer Bedeutung durch einen Interpreten wird bei Urkunden "lesen"34, bei Augenscheinsobjekten gewöhnlich "schließen" genannt, ohne daß diese Unterscheidung näher begründet wird. Sie wird als offenkundig hingenommen. Was aber ist lesen und was ist im Gegensatz dazu schließen? Eine Antwort auf diese Frage verspricht allein eine vergleichende Untersuchung über die Vorgänge, die sich bei der Auswertung menschlicher Zeichen einerseits und natürlicher andererseits abspielen. c) Die Auswertung von Urkunden

und Augenscheinsobjekten

Gemeinsam ist beiden Arten der Auswertung, daß ein bestimmter gegenwärtiger Gegenstand einem anderen meist nicht gegenwärtigen Gegenstand zugeordnet wird. Dies geschieht, wenn ich z. B. den Namen einer Person lese, es kann aber genau so durch den Anblick des Fingerabdruckes derselben Person geschehen. Unterschiedlich sind jedoch die Regeln begründet, nach denen es geschieht. Wir verstehen die Äußerung eines anderen aufgrund der Kenntnis seiner Sprache oder Schrift, d. h. wir haben mit ihm einen gemeinsamen Zeichenvorrat35 • Sprache und Schrift sind nichts anderes als Sätze von Zeichen, deren Bedeutungen durch Regeln festgelegt sind für eine bestimmte Gruppe von Benutzern36 • (Was als "Zeichen" fungiert, ob Gegenstände oder Eigenschaften oder noch etwas anderes, und was "Bedeutung" sein kann, ob ein realer Gegenstand der Wirklichkeit oder eine Idee, ist umstritten: hier kann diese Frage beiseite gelassen werden.) Für uns ist hier die Erkenntnis wesentlich, daß jede Information einen Satz von Zeichen voraussetzt, denen je eine bestimmte Bedeutung eindeutig zugeordnet ist37 • In der Kybernetik nennt man ein solches System von Zuordnungen einen Code38 • Neben Sprache und Schrift sind Beispiele für einen Code etwa das Morsealphabet, die auf Schiffen verwendeten Flaggensignale oder auch 34 Vgl. Binding Lehrbuch besonderer Teil Band 2 1. Abteilung S. 185: "Alles Lesbare und nur es kann Urkunde sein". Er zählt dabei allerdings die Beweiszeichen schon nicht mehr zum "Lesbaren", vgl. S.180, wohl aber Geheimschriften, vgl. S.185 fußnote 3. Von den Beweiszeichen und den Geheimschriften wird noch an späterer Stelle zu handeln sein. 85 Vgl. Steinbuch S. 31. 88 Vgl. die Definition der Sprache bei Morris S. 35. 87 Eine exakte Beschreibung dieser eindeutigen Zuordnung gibt Poletajew S.21. 38 Die Terminologie ist hier allerdings, wie häufig in der Kybernetik nicht einheitlich. Einige Autoren wie z. B. Poletajew bezeichnen als Code nur die Zuordnung eines Zeichensatzes zu einem anderen.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

die Verkehrszeichen mit ihren international, also von einer Sprache unabhängig festgelegten Bedeutungen. Die Information, das, was wir austauschen, wenn wir miteinander in Kommunikation treten, ist nun nichts anderes als eine Auswahl aus diesem gemeinsamen Zeichenvorrat30• Der Sender trifft eine bestimmte Auswahl aus dem Satz von Zeichen, bildet daraus das "Signal", und dieses Signal ermöglicht es dem Empfänger, genau die gleiche Auswahl zu treffen40 • Wenn der Empfänger bei der Deutung der Zeichen einen bestimmten Code verwendet, so tut er dies, weil er davon überzeugt ist, daß der Sender diesen verwendet hat. Die Entscheidung, welchen Code man auf ein so gesendetes Signal anwenden will, geschieht bei den alltäglichen Kommunikationsvorgängen zwischen Menschen meist unbewußt. Es ist vor allem auf Gewohnheit zurückzuführen, daß wir z. B. ein beschriebenes Papier von vorn herein als Schriftzeichen für Wörter interpretieren. Daß uns diese Entscheidung für die Sprache und die Schrift als Aus;. wertungscode so selbstverständlich ist, daß sie uns kaum noch bewußt wird, darf uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie bei jeder Kommunikation stattfindet. Daß es sich auch hier um eine echte Wahl handelt und nicht um eine Zwangsläufigkeit, zeigen deutlich jene Geheimcodes, mit deren Hilfe man die verschlüsselte Nachricht in einem für Uneingeweihte harmlos erscheinenden Klartext verstecken kann. Es liegt nun nahe, den Unterschied zwischen gewöhnlichen Augenscheinsobjekten und lesbaren Aufzeichnungen, wie den Urkunden, darin zu sehen, daß auf Augenscheinsobjekte gar kein Code anwendbar ist, da sie keine Auswahl aus einem vorgegebenen Zeichensystem darstellen. Das ist nicht schon deshalb richtig, weil vor Empfang des "Signals" noch gar keine Auwahl getroffen worden ist, weil ein Sender fehlt. Denn wir empfangen ja nicht schon die Auswahl aus einem bestimmten Zeichensystem, auch bei der Kommunikation mit Hilfe von Sprache oder Schrift nicht. Da ich einen Gegenstand erst für mich zum Zeichen mache, indem ich ihn als Zeichen für etwas interpretiere, kann und muß ich als Empfänger selbst den Satz von Zeichen festlegen, dem ich jenes Zeichen zuordne41 • (Diese Entscheidungen sind prinzipiell frei, sie werden natürlich nicht willkürlich getroffen, sondern durch das Interesse an der Wahrheit des Ergebnisses bestimmt.) Nun liegt die Information fest. Der Gegenstand, den ich gewissermaßen zum Zeichenträger erst gemacht habe, "wählt" jetzt erst das Zeichen aus dem vorher ebenfalls von mir festgelegten Zeichenvorrat aus. Der Gedanke, daß ein Augenscheinsobjekt ebenso wie eine Schrift in diesem Sinne als 30 40

41

Steinbuch S. 31. Poletajew S. 65, Flechtner S. 128. H. Frank S. 15.

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Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

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Informationsträger fungieren könnte, mag zunächst absurd und gekünstelt erscheinen. Es sei aber daran erinnert, daß wir bekanntlich mit keinem Gegenstand etwas anfangen können, den wir zum ersten Male sehen und mit nichts vergleichen können, was wir vorher gesehen haben. Wenn uns ein Gegenstand neu ist, so suchen wir in unserer Erinnerung auch nach ähnlichen Gegenständen oder nach Ähnlichkeiten .an anderen Gegenständen, aus denen wir ihn dann gewissermaßen zusammensetzen. Niemand könnte sich in der Umwelt zurechtfinden, wenn er nicht von allem, was ihm begegnet, eine Art Abbild42 besäße, mit Hilfe dessen er es einordnet. Wäre es nicht denkbar, all diese "Bilder" als Sätze von Zeichen zu betrachten, in die wir unsere Eindrücke einordnen? Danach mag es weniger abwegig erscheinen, zu versuchen, die Vorgänge bei der Auswertung eines Augenscheinsobjektes als Information, d. h. als Auswahlvorgänge und als Aufnahme einer Nachricht, zu interpretieren. Da hier ein Sender fehlt, kommt als Interpret der Zeichen nur der Empfänger in Betracht. Es muß also vom Empfänger ausgegangen werden und von dem, was dieser in einer konkreten Situation aus dem Augenscheinsobjekt entnehmen oder mit ihm beweisen will. Das tat übrigens auch die Große Strafrechtskommission bei ihrem Versuch, einen allgemeinen Fälschungstatbestand für Augenscheinsobjekte aufzustellen". Das, was ein Augenscheinsobjekt für einen bestimmten Beweis zu leisten vermag, läßt sich nun tatsächlich als eine Art Auswahl darstellen. Die Voraussetzungen, die bei der Führung eines jeden Augenscheinsbeweises zunächst gemacht werden müssen, lassen sich als die Bestimmung eines Codes auffassen, nach dem das Augenscheinobjekt dann "gelesen" wird. Hierfür zunächst ein Beispiel: Ich habe eine Blutprobe, mit deren Hilfe ich den Blutalkoholgehalt einer bestimmten Person zu einer bestimmten Zeit, beispielsweise während eines Unfalles, nachweisen will. Daß mir die vorliegende Blutprobe überhaupt darüber Auskunft zu geben vermag, d. h., daß sie von der betreffenden Person stammt und ihr nach dem Unfall entnommen worden ist, muß ich zunächst voraussetzen. Diese Voraussetzung geht ein in die Bestimmung meines Codes. Ich weiß nun weiter, daß eine .1 Natürlich besitzen wir kein Abbild von dem einzelnen Gegenstand selbst, sondern bilden uns Vorstellungen, die auf ganze Gruppen von Gegenständen zutreffen, d. h. wir bilden Klassen von Gegenständen oder Allgemeinbegriffe; vgl. CheTry S. 306 ff. ca Vgl. § 266 Umdruck: J 64. Nied. Bd.8 S.487. Derjenige, der mit einem Objekt etwas beweisen will, es zum Beweis bestimmt, ist Empfänger, nicht etwa Sender, auch dann nicht, wenn er das Objekt erst selbst herstellt, da nicht er die Auswahl der Zeichen bestimmt, sondern das Objekt und das Verfahren. Deshalb hat auch der Bestimmende nichts gemein mit dem Aussteller einer Urkunde.

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

begrenzte Anzahl von Blutalkoholgehalten jener Person möglich ist, und an welchen Erscheinungen die verschiedenen Alkoholgehalte an einer Blutprobe erkannt werden können. Diese Erscheinungen sind nun meine Zeichen. Ihre Bedeutungen für mich sind die verschiedenen möglichen Blutalkoholgehalte der untersuchten Person. Aufgrund von Naturgesetzen und Erfahrungssätzen vermag ich diese beiden Mengen einander eindeutig zuzuordnen. Ich gebe damit jeder dieser Erscheinungen ihren Sinn. Was mir die Blutprobe nun zu leisten vermag, ist die Auswahl eines dieser Zeichen und damit einer dieser Bedeutungen. Voraussetzung für diese Leistung ist, daß die zuvor aufgestellten Behauptungen über die Blutprobe richtig sind. Ob sie richtig sind, darüber vermag die Blutprobe selbst keinen Aufschluß zu geben. Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß man nun nicht von einem Code der Blutprobe sprechen darf. Ich kann dieselbe Blutprobe etwa auf Blutgruppen hin untersuchen oder auf Giftstoffe und erhalte jedesmal wieder einen ganz anderen Code. Nicht einmal eine Urkunde hat ja, als Gegenstand der äußeren Welt betrachtet, einen Code. Ich lege ein Zeichensystem zugrunde, wenn ich ihren Inhalt erfahren will, ein anderes, wenn ich mich etwa für die graphologischen Eigenschaften der Schrift interessiere, und wieder ein anderes, wenn es mir um die orthographischen Kenntnisse des Ausstellers geht. Ganz zu schweigen von Untersuchungen über die Eigenschaften des Urkundenkörpers, etwa das Alter des Papiers oder die Zusammensetzung der Tinte. Das Beispiel der Blutprobe wurde hier seiner Einfachheit und Geläufigkeit wegen gewählt, obwohl es den Einwand provoziert, daß es nicht den allgemeinsten Fall eines Augenscheinsbeweises darstellt. Denn die Blutprobe zeichnet sich vor anderen Beweismitteln dadurch aus, daß sie eigens für einen bestimmten Beweis hergestellt worden ist und dank der exakten Auswertungsmethoden ein besonders genaues Beweisergebnis liefert. Beide Besonderheiten sind jedoch hier nicht von Bedeutung. Auch ein "Zufallsbeweismittel" kann nur ausgewertet werden, indem man es unter einem bestimmten Aspekt betrachtet, d. h. klarlegt, über welche Ungewißheit man Aufschluß von ihm erwartet. Diese Ungewißheit läßt sich als eine Anzahl von Möglichkeiten darstellen, aus denen dann das Beweismittel eine auswählt44 • Nehmen wir etwa einen Fingerabdruck auf einer Fensterscheibe, der als Indiz für, einen Einbruch herangezogen werden soll. Hier findet der geschilderte Auswahlvorgang gleich zweimal statt: Zunächst muß ich meine Ungewißheit darüber beseitigen, ob dieser Fingerabdruck bei dem Einbruch entstanden ist oder nicht. Ich habe zwei Möglichkeiten. Ich suche nun eine Zuordnung dieser beiden Möglichkeiten zu irgendwelchen möglichen " Vgl. Cherry S. 286.

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Eigenschaften meines Augenscheinsobjektes, der Glasscherbe. Gestützt auf allgemeine Erfahrungen setze ich voraus: Befindet sich der Fingerabdruck auf der Innenseite der Scherbe, so entstand er nicht bei dem Einbruch, befindet er sich auf der Außenseite, so wurde er durch den Einbrecher verursacht. (Für die Richtigkeit dieser Prämisse spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Hundertprozentige Gewißheit hierüber wird beim rechtlichen Beweis selten zu erreichen sein.) Damit habe ich meinen Satz von Zeichen und meine Zuordnung, also den Code, und das Augenscheinsobjekt "wählt" nun aus. Komme ich auf diese Weise zu der überzeugung, daß der Fingerabdruck beim Einbruch entstanden ist, also zur Klärung der Frage geeignet ist, wer den Einbruch begangen hat, so wählt mir der sichergestellte Fingerabdruck aufgrund der Zuordnung zwischen den als Täter infragekommenden Personen und ihren Fingerbeermustern den Täter aus. Auch gegen dieses Beispiel liegt der Einwand zunächst nahe, daß sich der Beweis durch Fingerabdrücke, ebenso wie der durch Blutproben durch seine Exaktheit, d. h. durch die Bestimmtheit seines Ergebnisses auszeichnet und daß es eine solche eindeutige Zuordnung nicht bei allen Augenscheinsbeweisen geben wird. Tatsächlich ist aber eine solche Zuordnung immer möglich, nur sind die jeweils zuzuordnenden Ergebnisse in sich mehr oder weniger exakt. Beispielsweise kann man nicht genau feststellen, mit welchem Werkzeug eine Verletzung oder die Beschädigung eines Gegenstandes verursacht worden ist. Man kann nur bestimmen, ob dies mit einem stumpfen oder spitzen oder scharfen, mit einem schweren oder leichten Gegenstand geschehen ist, weil die verschiedenen spitzen bzw. stumpfen Werkzeuge gleiche Spuren hinterlassen. Dann kann man den verschiedenen Erscheinungsbildern der Verletzung oder Beschädigung nur die Möglichkeiten stumpfes oder spitzes Werkzeug zuordnen. Für die verschiedenen Arten stumpfer oder spitzer Werkzeuge habe ich dann eben keine Zeichen. Anders ausgedrückt: Wollte ich die Bedeutungen Messer, Schere, Hammer, Stein usw. in meinem Code unterbringen, so müßte ich mehrere von ihnen einer möglichen Eigenschaft der zu untersuchenden Beschädigung des Objektes zuordnen. Diese Zuordnung wäre nicht mehr eindeutig, es würde also eine Voraussetzung für das Zustandekommen der Information fehlen. Die Eindeutigkeit der Zuordnungen, die einen Code ausmachen, hat nichts zu tun mit der Ausschließlichkeit der Anwendung des Codes selbst. Daß es einen ausschließlichen Code für keinen Gegenstand gibt, ist ja der Grund, weshalb wir den Begriff der Aussagenverkörperung abgelehnt haben. Die Analyse der Auswertung von Urkunden und Augenscheinsobjekten zeigt also, daß zwischen beiden Vorgängen eine größere Ähnlichkeit besteht, als allgemein angenommen. Beide sind Verarbeitung

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von Zeichen, beide sind Aufnahme von Information, bei beiden ist die Auswahl des anzuwendenden Codes eine freie Entscheidung des Empfängers. Bezeichnet man als Lesen die Gewinnung von Nachrichten aus Zeichen, so sind Augenscheinsobjekte ebenso lesbar wie Urkunden. Der einzige Unterschied zwischen menschlichen und natürlichen Zeichen, der übrig bleibt, ist also der, daß die ersteren bereits als Zeichen gesendet sind. Diese Besonderheit ist nicht identisch mit dem Erklärungscharakter der Urkunde, sie besteht auch für solche menschlichen Zeichen, die nicht Erklärungen im Rechtssinne vermitteln. Es ist lediglich die Tatsache, daß sich unter allen auf diese Gegenstände anwendbaren Codes einer dadurch auszeichnet, daß ein zeichenverarbeitendes System - ein solches ist ja der Mensch - eine Auswahl aus diesem Code durch diesen Gegenstand fixiert hat. Das schließt noch nicht das Einstehen des Betreffenden für die damit übermittelte Nachricht ein. Es bedeutet lediglich, daß bei den menschlichen im Gegensatz zu den natürlichen Zeichen unter allen für den betreffenden Gegenstand (Zeichenträger) möglichen Auswertungscodes einer unabhängig von einem konkreten Auswertungsakt bestimmt werden kann. Obwohl das nichts an der prinzipiellen Freiheit des Auswerters bei der Wahl seines Codes ändert, ist dieser Unterschied dennoch von erheblicher Bedeutung für den strafrechtlichen Schutz der Auswertung von Urkunden und Augenscheinsobjekten. Das soll im folgenden gezeigt werden. d) Der Fälschungsschutz von Urkunde und Augenscheinsobjekt

Nach welchem Code ein Beweismittel ausgewertet wird, richtet sich danach, was im konkreten Fall mit ihm bewiesen werden soll, d. h. über welche Ungewißheit man Aufschluß von ihm erwartet. Die früheren Entwürfe haben dem für den Fälschungsschutz von Augenscheinsobjekten Rechnung getragen, indem sie diese auf ein bestimmtes Rechtsverfahren und damit auf eine konkrete Beweisführung bezogen haben45 • Der von der Großen Strafrechtskommission zeitweise erwogene § 266 Umdruck J 64 verzichtet zwar auf die Voraussetzung eines rechtlich geregelten Verfahrens, knüpft aber dafür an eine ausdrückliche Beweisbestimmung des zu schützenden Objekts an. Diese Beweisbestimmung ist nun nicht nur Voraussetzung für die Schutzwürdigkeit des AugensCheinsobjekts, sie bestimmt auch die Richtung dieses Schutzes. Jeder Fälschungstatbestand muß nicht nur festlegen, welche Gegenstände vor Fälschung geschützt werden, sondern auch welche Veränderungen dieser Gegenstände Fälschung sein sollen. Denn, und darin ist 45

Vgl. E 22 § 176, E 25, § 177, E 27, § 193, E 36 § 349.

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Schilling recht zu geben, die Veränderung eines Gegenstandes der objektiven Wirklichkeit als solche ist keine Fälschung. Für die Fälschung im engeren Sinne, d. h. die selbständige Herstellung eines unechten Beweismittels ohne Benutzung des echten, haben die Sachbearbeiter des Justizministeriums das Problem dadurch gelöst, daß sie jeden Gegenstand als unecht betrachteten, der den falschen Anschein erweckt, zum Beweis bestimmt zu sein 46 , (auch wenn er einem zum Beweis bestimmten genau gleicht). Diese Anschauung wurde nicht von allen Kommissionsmitgliedern geteilt 47 und ist auch außerhalb der Kommission auf Ablehnung gestoßen48 • Wir brauchen uns mit dieser Streitfrage hier nicht auseinanderzusetzen, denn mag dieser Echtheitsbegriff auch zur Lösung der Fälle der Fälschung im engeren Sinne praktisch ausreichen (da sich kaum je ein Fälscher der sinnlosen Mühe unterziehen wird, ein dem Original in allen Stücken gleiches Falsifikat an dessen Stelle zu setzen), für die Fälle der Verfälschung ist er jedenfalls unbrauchbar. Hier soll ja das zum Beweis bestimmte Objekt auch nach dem Plan des Fälschers zum Beweis benutzt werden, allerdings nach einer heimlichen Veränderung. Auch die Sachbearbeiter des Justizministeriums gehen nicht so weit, jede Veränderung eines zum Beweis bestimmten Objekts als Fälschung bestrafen zu wollen, mit der Begründung, daß das veränderte Objekt mit dem ursprünglich zum Beweis bestimmten nicht mehr identisch sei". Demzufolge muß zur Lösung der Frage, welche Veränderung eines zum Beweis bestimmten Augenscheinsobjekts Fälschung sei, der Inhalt der Beweisbestimmung herangezogen werden. Die Verfälschung eines Augenscheinsobjekts wird daher allgemein beschrieben als seine Veränderung in beweis-

erheblicher Richtung50 •

Wir können nun die Beweisbestimmung näher charakterisieren als Festlegung eines Auswertungscodes für das Augenscheinsobjekt. Denn 48 Tröndle Nied, Bd.8 S. 18, Erläuterungen der Sachbearbeiter des Justizministeriums Bd. 8 S. 492. 47 Vgl. u. a. Schafheutle Nied. Bd. 8 S. 25, Welzel S. 23 f. 48 Vgl. Schilling S.175, der mit Recht die Täuschung über die Beweisbestimmung bzw. den Bestimmenden für völlig unwesentlich für den Beweis hält und sich daher weigert, sie als Fälschung anzusehen . .. Wenigstens Tröndle zieht bei seiner Erläuterung des § 266 J 64 vor der Großen Kommission diese Konsequenz nicht, vgl. Nied. Bd.8 S.18; als Beispiel für eine Veränderung, die nicht Verfälschung ist, führt Tröndle an: das Auskippen eines Teiles einer Milchprobe, das Abschneiden eines Streifens von einer Fingerabdruckfolie oder einer Stoffprobe, Nied. 13, 408. 50 Vgl. Tröndle Nied.13, 408; Schafheutle Nied. Bd.8 S.25, der ein Augenscheinsobjekt dann als echt bezeichnet, wenn es aus dem beweiserheblichen Entstehungsvorgang stammt, und die Fälschung im engeren wie im weiteren Sinne als Verursachung eines falschen Entstehungsanscheins auffaßt. Zustimmend Bockelmann S. 26, Koffka S. 30, ebenso Hasselberg a.a.O. S. 102.

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wer behauptet, eine bestimmte Tatsache durch ein Augenscheinsobjekt beweisen zu können, muß gleichzeitig die Eigenschaften des Objekts angeben können, an denen die Richtigkeit seiner Beweisbehauptung erkannt werden soll. (Wenn im Laufe des Beweisverfahrens dann ein anderes Ergebnis herauskommt, etwa durch die Untersuchung eines Sachverständigen, als es der Beweisführer vertritt, so liegt das daran, daß der Sachverständige einen anderen Code benutzt. Denn je nachdem, wie sorgfältig untersucht wird, ändern sich die Zeichen, denen man "Bedeutung gibt".) Von diesem Ausgangspunkt aus ist es möglich, die Verfälschung i. S. des § 266 Umdruck J 64 genauer zu bestimmen als bisher: Wer ein zum Beweis bestimmtes Augenscheinsobjekt derart verändert, daß es nach dem durch die Beweisbestimmung festgelegten Code eine andere Auswahl trifft als zuvor, der verfälscht es. Die später vorgeschlagenen Fassungen für einen Tatbestand der Fälschung von Augenscheinsobjekten, die die Ausrichtung des Echtheitsbegriffes an einer vorgängigen Beweisbestimmung vermeiden, lösen das Problem ähnlich wie die früheren Entwürfe, so die Vorschläge von Bockelmann und Gallas 51 und die Fassungen der Unterkommissionen in Umdruck U 93 § 247 zweite Alternative und in Umdruck II U 26 § 457. Sie alle knüpfen an ein bestimmtes geregeltes Beweisverfahren an, in das das Falsifikat eingeführt werden soll. Sie unterscheiden sich von den früheren Entwürfen jedoch dadurch, daß sie ausdrücklich Täuschungsabsicht fordern. Das ist nicht nur deshalb wesentlich, weil es eine Einschränkung des Beweismittelschutzes auf Angriffe gegen die Richtigkeit des Beweisergebnisses bedeutet, sondern vor allem, weil sich von der Täuschungsabsicht her erst bestimmt, was an einem Augenscheinsobjekt falsch ist. Die FäLschung im engeren Sinne kann zwar unabhängig von der letztlich mit ihr angestrebten Täuschung definiert werden, nämlich von der in diesem Verfahren gestellten Beweisfrage her. Denn der Hersteller des falschen Beweisstückes muß ja zunächst stets darüber täuschen, daß das von ihm in das Verfahren eingeführte Objekt für diesen Beweis überhaupt von Bedeutung ist52 • Damit ist zunächst aber nur diese Täuschung über die Beweiseignung inhaltlich festgelegt, es fehlt noch ihre Beziehung zum (falschen) Beweismittel. Denn der Täter täuscht ja nicht über die Eignung des Falsifikats zur Beantwortung einer Beweisfrage in abstrakto, sondern stets zu ihrer Beantwortung in ganz bestimmtem Sinne, indem er den Destinatär zu einer bestimmten Nied. Bd. 13 S. 680 (Umdruck 11 J 22). So verfährt Gallas, indem er den Fälschungstatbestand vorschlägt: "Wer einer Sache den Anschein eines Beweismittels gibt ... ", vgl. Nied. Bd. 13 S.681 (Umdruck 11 J 22). 51

52

I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

33

Interpretation dieses Zeichens veranlaßt. Diese Beziehung kann also nur dadurch hergestellt werden, daß man den Eigenschaften, mit denen der Täter das Objekt zum Zwecke der Täuschung versehen hat, zunächst die Bedeutung unterlegt, die dieser durch sie vermitteln wollte. Man kann die Produktion eines Gegenstandes oder die Verursachung eines Sinneseindruckes nur dann als Herstellung eines "falschen Beweismittels" begreifen, wenn man vom Code des Täters ausgeht. Zu diesem Rückgriff auf den vom Täter "angebotenen" Code muß auch die Definition von Gallas führen, weil sie letztlich von der Handlung des Täters ausgeht und nicht, was die einzige Alternative wäre, von der eines Auswerters. Das Tatbestandsmerkmal Anschein, das scheinbar die Unabhängigkeit des Fälschungsbegriffes von den Vorstellungen und Absichten des Täters verbürgt, kann nur die einschränkende Funktion haben, innerhalb der Täuschungsversuche die ganz aussichtslosen und ungefährlichen auszusondern. Denn wir können dieser Kategorie nur eine negative Funktion in unseren Tatbeständen überlassen, da wir einige Klarheit und Einigkeit nur über das totale Fehlen eines Anscheins erreichen werden, solange es nicht gelingt, den Anschein oder seine Voraussetzungen objektiv zu bestimmen53 • Der Bezug auf den konkreten Beweis ermöglicht immerhin für die

Fälschung im engeren Sinne eine inhaltliche Bestimmung der Fälschungsrichtung, nicht aber für die Verfälschung. Welche Veränderung

ein für einen bestimmten Beweis taugliches Beweismittel zu einem falschen macht, das richtet sich ganz danach, welcher Gebrauch von diesem Beweismittel gemacht wird 54 • Denn ein Gegenstand als solcher kann weder falsch noch echt sein55 • Der Begriff "falsch", ursprünglich Gegensatz zu "richtig" bezieht sich auf eine Behauptung und bezeichnet deren Nichtübereinstimmen mit der Wirklichkeit58 • Ein Gegenstand kann also nur falsch sein, insofern eine Beziehung zwischen ihm und einer falschen Behauptung besteht. Die Begründungen zu E 27 und E 36 stellen diese Beziehung her, indem sie davon ausgehen, daß ein Beweismittel echt ist, wenn es zu richtigen, falsch, wenn es zu unrichtigen Schlußfolgerungen führt 57 • Damit ist die Echtheit abhängig gemacht von einem Auswertungsakt. Dieser ist aber, wie wir gesehen haben, nichts anderes als die Festlegung eines Auswertungscodes für das Augenscheinsobjekt. Dieser Code stellt die Beziehung zwischen dem Objekt und der (richtigen oder falschen) Behauptung her. 53

54 55 56

57

Ausführlich zu diesem Problem Hasselberg S. 122. Bockelmann Nied. Bd. 13 S. 412. Schilling S. 150, Kaufmann S. 419, Tröndle Nied. Bd. 13 S. 415. Weilenböck S. 10. Begründung E 27 S. 99 und E 36 S. 220.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Dies ist aber ein relativer Echtheitsbegriff. Ein Beweismittel kann für den einen Auswerter echt, für den anderen unecht sein, es kann sogar für einen Auswerter von einem unechten zu einem echten werden, wenn er seinen Code ändert. Die Begründungen zu E 27 und E 36 sagen nicht, von welchem Auswertungsakt sie die Echtheit abhängig machen. Es wird also wohl der gemeint sein, auf den es ankommt, also der des Beweisdestinatärs. Das hätte die praktische Konsequenz, daß die Strafbarkeit wegen Fälschung abhängig wäre vom Erfolg der angestrebten Täuschung. Will man dies vermeiden, so muß man den Code festlegen. Eine allgemein gültige Bestimmung eines Codes ist aber für die Augenscheinsobjekte nicht möglich. Es bleibt also nur übrig, die Echtheit oder Falschheit des Beweismittels auf den Code zu beziehen, den der Beweisführer (d. h. der Fälscher) anbietet, m. a. W. auf den, der für das Gelingen der vom Täter beabsichtigten Täuschung vorauszusetzen ist. Dazu führen die übrigen Fassungsvorschläge58 , indem sie die Fälschung von der Täuschungsabsicht abhängig machen. Danach wäre ein Beweismittel verfälscht, wenn es nach dem vom Täter angebotenen Code eine andere "Auswahl trifft" als vor der Veränderung. Ein allgemeiner Fälschungsschutz für Augenscheinsobjekte ist also unabhängig von einer konkreten Beweisführung nicht möglich, weil Augenscheinsobjekte nur echt oder falsch sein können in Bezug auf einen bestimmten Auswertungscode, und dieser wiederum erst festgelegt wird durch einen Beweis- oder Interpretationsakt, sei es nun der des Beweisbestimmenden, der des Beweisdestinatärs oder der des Fälschers. Die Definition der Verfälschung von Urkunden kommt dagegen ohne Bezug auf einen konkreten Beweis aus, nicht aber ohne einen festgelegten Code. Hier bestimmt der vom Aussteller verwendete Code, welche Veränderung Verfälschung ist (übrigens auch dann, wenn es nicht ein allgemein üblicher, sondern ein speziell verabredeter ist, was neben der Anerkennung der Beweiszeichen vor allem die der Geheimschriften als Urkunden deutlich macht). Die Verfälschung einer Urkunde ist also die Änderung der Auswahl, die das Objekt bei Auswertung nach dem vom Aussteller benutzten Code trifft, m. a. W. Veränderung der vom Aussteller gesendeten Information. Die übliche Definition der Verfälschung als Verursachung eines falschen Anscheins über den Inhalt der vom Aussteller in der Urkunde abgegebenen Erklärung ist nicht nur ungenauer sondern auch unrichtiger. Das zeigt folgender Fall: Der Täter fügt in einer fremden Schuldurkunde an die Bezeichnung 68 Umdruck U 93 S.247, 2. Alternative, Umdruck II U 26 § 457, der Vorschlag Bockelmanns in Umdruck II J 22 Nied. Bd. 13, S. 681, für die Verfälschung auch Gallas ebenda.

I 1. Die Unterscheidbarkeit von Urkunde und Augenscheinsobjekt

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DM 200 ein Komma und eine Null, um damit zu erreichen, daß ein anderer DM 2000 liest. Er erweckt zweifellos einen gewissen Anschein dafür, daß der Aussteller DM 2000 geschrieben hat, der sogar größer sein mag als bei mancher plumpen Fälschung. Eine Urkundenverfälschung begeht er jedoch nicht, weil nach dem vom Aussteller gebrauchten üblichen Zahlencode die Zeichen 200 und 200,0 identisch sind. Für die Zufallsurkunden gilt das gleiche. Sie bedürfen zwar nach der herrschenden Lehre wie nach kommendem Recht einer Beweisbestimmung. Diese macht sie nach der h. L. schutzwürdig, die Richtung des Fälschungsschutzes bestimmt sich dann aber allein nach dem Code des Ausstellers, ist also unabhängig von der konkreten Beweisbestimmung. Man kann hier eher sagen, daß sich die Beweisbestimmung nach dem Code des Ausstellers richten muß, wenn man überhaupt von einer Bestimmung "der Urkunde" zum Beweis spricht. Denn der Jurist versteht unter Urkunde nicht einen Gegenstand, sondern eine "Gedankenverkörperung" . Gemeint ist damit die vom Aussteller in ein dauerhaftes Zeichensystem codierte Nachricht. Für den Vergleich von Urkunde und Augenscheinsobjekt als Beweismittel darf dieser Urkundenbegriff allerdings nicht zugrundegelegt werden. Denn das Beweismittel ist bei beiden Beweisarten zunächst ein körperlicher Gegenstand. Von diesem Ausgangspunkt aus erweist sich der Code des Ausstellers auch nur als eine von vielen Auswertungsmöglichkeiten der Urkunde und der Urkundenschutz als Schutz eines von mehreren möglichen Codes. Auch die Fälschung im engeren Sinne kommt nicht ohne Bezugnahme auf einen Code aus, denn ein Gegenstand als solcher ist weder echt noch falsch. Diesen bestimmt allerdings der Fälscher mit, da er die Wahl hat, durch welche Zeichen er täuschen will. Das Gesetz kann hier nur die Bedeutungen festlegen, über die nicht getäuscht werden darf. Das geschieht aber nur für die Urkunde. Die geschützte Bedeutung ist die, daß eine bestimmte Person etwas Bestimmtes erklärt hat. Die Zuordnungen beliebiger von Personen ausgesandter dauerhafter Zeichen zu den so beschriebenen Bedeutungen bilden die Klasse der geschützten Codes. So ist die Bestimmung von Echtheit und Unechtheit jeder Urkunde unabhängig von ihrem konkreten Gebrauch, d. h. vom Code desjenigen, der etwas mit ihr beweisen will. Wir haben gesehen, daß eine ähnliche inhaltliche Bestimmung der verbotenen Täuschung für den allgemeinen Beweismittelschutz nicht möglich ist, da für Augenscheinsobjekte von einer konkreten Beweisführung unabhängige allgemeine Kriterien dafür nicht vorhanden sind58 • Die Schöpfer des § 266 U. J 64 haben das zwar versucht, indem sie 6t Von einer etwas anderen Fragestellung aus stellt dies Hasselberg dar, vgl. S. 105 f.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

als unechtes Augenscheinsobjekt ein solches bezeichneten, das den Anschein erweckt, als habe es ein erkennbar anderer, so wie es sich darbietet, zum Beweis bestimmt60 • Das aber ist nicht Schutz eines Augenscheinsobjekts, sondern einer an einem Augenscheinsobjekt niedergelegten Erklärung. Ihre Vortäuschung ist nichts als ein Sonderfall der Fälschung zusammengesetzter Urkunden. Der Schutz des Augenscheinsobjektes selbst kann nicht auf die bloße Tatsache der Beweisbestimmung bezogen werden, sondern nur auf deren Inhalt61 , der, wie festgestellt, die Festlegung eines Auswertungscodes ist. Dieser bestimmt sich nach der jeweils zu beweisenden Tatsache, ist also nicht im voraus bestimmbar62 • 2. Eine Gemeinsamkeit zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung

Wir haben einen vom Erklärungscharakter der Urkunde unabhängigen Unterschied zwischen Urkunde und Augenscheinsobjekt gesucht, indem wir beide in genau der gleichen Weise und mit dem gleichen Begriffsinstrumentarium analysiert haben. Wir haben dabei festgestellt, daß der allgemein angenommene prinzipielle Unterschied nur dadurch auftaucht, daß Urkunde und Augenscheinsobjekt von vornherein in verschiedener Weise betrachtet werden: die Urkunde als Träger einer Nachricht, d. h. als Auswahl von Zeichen mit bestimmter Bedeutung, das Augenscheinsobjekt als Gegenstand der äußeren Wirklichkeit. Dennoch ist bei unserem Vergleich ein Unterschied geblieben, der für den Fälschungsschutz von entscheidender Bedeutung ist: bei der Urkunde kann unter allen für sie möglichen Auswertungscodes einer nach allgemeinen Kriterien festgelegt werden, der, den der Aussteller verwendet hat. Nun kann man auch bei den technischen Aufzeichnungen von einem bestimmten Code sprechen, den die Maschine "gebrauche", und diesen dann zur Bestimmung der Fälschungsrichtung heranziehen. Denn jeder Meßvorgang ist nichts anderes als eine Codierung, d. h. die Übersetzung einer Nachricht aus einem Zeichensystem in ein anderes. Das "Ausgangsalphabet" sind die Eigenschaften des gemessenen Gegenstandes, 80 Erläuterungen der Sachbearbeiter zu § 266 J 64 in Nied. Bd. 8 S. 492, Tröndle Bd. 8 S. 18. 61 Schilling S. 174. 82 Tröndle selbst gibt das in seiner Erläuterung zu § 266 J 64 zu, vgl. Nied.

Bd. 8 S. 22, erkennt aber nicht den Widerspruch seines Echtheitsbegriffs zu dieser Erkenntnis. Dieser Erkenntnis angemessener ist der von Schafheutle vertretene Echtheitsbegriff, allerdings ohne seine Unterscheidung von Echtheit und Wahrheit, vgl. hierzu Schilling S. 153.

I 2. Eine Gemeinsamkeit von Urkunde und techno Aufzeichnung

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auf die das Meßgerät reagiert, die durch die Konstruktion und Verwendung des Meßgerätes vorherbestimmte andere Erscheinungen im Meßgerät auslösen, die für Menschen leichter erkennbar oder dauerhafter sind. Diese treten als Zeichen für die gemessenen Phänomene an deren Ste11e63 • Jedes Aufzeichnungsgerät ist zur Messung oder Registrierung einer ganz bestimmten Klasse von Erscheinungen konstruiert. Unter a11 den verschiedenen Einflüssen, denen es ausgesetzt ist, zeichnet es bestimmte dadurch aus, daß es auf diese, und normalerweise nur auf sie, durch Produktion von Erscheinungen einer bestimmten Art (Kurven, Striche, Ziffern usw.) reagiert. Es klassifiziert den betreffenden Einfluß dadurch als zu einer bestimmten Gruppe von Tatsachen gehörig. Dieser Klasse von Tatsachen kann die Gesamtheit der im Registriergerät möglichen Zeichen zugeordnet werden. Damit haben wir die erste Voraussetzung für einen Code: zwei bestimmte Mengen (s. O. I 1 c). Auch die Bestimmung der einzelnen Elemente dieser beiden Mengen und ihre Zuordnung zueinander ist durch die Konstruktion des Gerätes festgelegt und zwar so, daß sich die erstere aus der letzteren ergibt. Denn unterscheiden kann man die vom Gerät aufgezeichneten Einflüsse und ihre besonderen Eigenschaften an der Aufzeichnung nur insoweit, als das Gerät es tut, indem es durch verschiedene Zeichen auf sie reagiert. Nur diejenigen Eigenschaften der gemessenen Erscheinungen kommen also als Bedeutungen für die Zeichen des Gerätes in Betracht, die je einem Zeichen eindeutig zuzuordnen sind, weil keine andere Eigenschaft einer Erscheinung aus der betreffenden Klasse dieses Zeichen hätte hervorrufen können, zum mindesten nicht bei normaler Funktionsweise des Aufzeichnungsmechanismus. Reagiert das Gerät auf zwei Einflüsse mit den gleichen Zeichen, so sind diese für die Zuordnung als gleich zu behandeln. Die Nachrichten, die das Gerät über sie zu ermitteln vermag, sind identisch64 • Wollte man sie dennoch unterscheiden, weil sie irgendeine Eigenschaft, auf die das Gerät nicht durch besondere, für sie typische Zeichen anspricht, nicht gemeinsam haben, so müßte man zwei verschiedene Bedeutungen dem gleichen Zeichen zuordnen; man erhielte dann keinen Code und damit keine Information. Über die betreffende Eigenschaft ist aus der Aufzeichnung eben keine Nachricht zu gewinnen. Die Auswahl wie die Klassifikation wird genau genommen durch das gemessene Phänomen bewirkt65 • Vgl. Poletajew S.73. "Objektiv betrachtet sind die Nachrichten Klassenkennzeichen äquivalenter Signale, welche Empfänger (hier das Registriergerät) zu bestimmtem (gleichem) Verhalten veranlassen." Steinbuch S. 34. 63

64

85

Poletajew S. 25.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Die Auswahl eines der im Aufzeichnungsmechanismus möglichen Zeichen stellt nach alledem nichts als einen weiteren Klassifikationsvorgang dar: die Bestimmung des gemessenen Einflusses als zu einer Unterklasse der durch die Registrierung des Geräts überhaupt erfaßbaren Klasse von Erscheinungen. Dieser Unterklasse gehören alle Elemente der Oberklasse an, die eine bestimmte Eigenschaft gemeinsamhaben, mögen sie sich auch in anderer Hinsicht untereinander noch unterscheiden. Klassenkennzeichen dieser Unterklasse ist zunächst die Tatsache, daß das Gerät auf jedes Element der Klasse mit der Auswahl des gleichen Zeichens reagiert. Da nun eine Nachricht objektiv das ist, was einen Empfänger zu einem bestimmten Verhalten veranlaßt, kann man davon sprechen, daß das Gerät hier von der Umwelt Nachrichten empfängt. Die, die es von den Einflüssen einer Unterklasse empfängt, sind identisch. Die Unterscheidung dieser beiden Klassifikationen ergibt sich nicht aus dem tatsächlich im Mechanismus des Geräts ablaufenden technischen Arbeitsvorgang - sie können im Gerät auch uno actu stattfinden -, sondern aus der Auffassung der Produkte dieses Arbeitsvorganges als Zeichen. Sie wird aber durch die Konstruktion und Arbeitsweise des Geräts ermöglicht, die auch die Charakteristika der Oberklasse und der einzelnen Unterklassen und damit die Bedeutungen der einzelnen Zeichen bestimmen. Diese Betrachtungsweise der in einem Aufzeichnungsgerät ablaufenden Prozesse als Klassifikations- und Auswahl-vorgang hat uns eine Vorstellung davon vermittelt, worin eigentlich die Leistung einer solchen Maschine besteht, ohne die nicht geklärt werden kann, ob technische Aufzeichnungen einen Strafschutz verdienen, und wenn ja, welcher ihnen angemessen ist. Diese Leistung ist um so höher, je vielfältiger die Unterklassen untereinander differenziert sind. Sie hat aber auch gezeigt, daß es für jeden Typ von Aufzeichnungsgeräten einen Code gibt, der sich unabhängig von einem konkreten mit einer Aufzeichnung zu führenden Beweis aus der Konstruktion des Geräts bestimmen läßt. Man könnte ihn deshalb mit einem gewissen Recht als "den Code" oder die "Sprache dieses Gerätetyps" bezeichnen. Dieser Code wird der technischen Aufzeichnung meist stillschweigend und oft sogar unbewußt zugrundegelegt. Natürlich kann u. U. auf eine Aufzeichnung auch ein anderer Code angewandt werden, wenn nicht die gemessenen Daten von Interesse sind, sondern z. B. die Frage, ob der Mechanismus zu einer bestimmten Zeit richtig funktionierte. Es gilt hier dasselbe wie im Verhältnis von Urkunde und Code des Ausstellers. Es ist also insofern mißverständlich, vom "Code der Aufzeichnung" oder "der Urkunde" zu sprechen, als dies den Trugschluß hervorruft, es handele sich um das einzige zur Auswertung dieser Beweis-

I 2. Eine Gemeinsamkeit von Urkunde und techno Aufzeichnung

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mittel in Betracht kommende Zeichensystem. Wir sind aber in der Lage, auch für die technischen Aufzeichnungen wie für die Urkunde einen Code unabhängig von einer konkreten Beweisbestimmung festzulegen. Damit haben wir also eine Gemeinsamkeit zwischen Urkunden und technischen Aufzeichnungen gefunden, die immerhin verständlich macht, wie es zu der Gleichbehandlung beider im Entwurf kam. Man akzeptiert technische Aufzeichnungen, obwohl sie keinen Aussteller haben, im Gegensatz zu anderen Augenscheinsobjekten deshalb als Urkundenersatz, weil man ihnen von vornherein den Code des Gerätes im eben beschriebenen Sinne unterlegt, wie den Urkunden den Code des Ausstellers. So hat man bei beiden den Eindruck, als trügen sie einen objektiven Sinn, der bei der Urkunde vom Aussteller, bei der Aufzeichnung vom Aufzeichnungsgerät stammt und der allen anderen Augenscheinsobjekten fehlt. In Wahrheit handelt es sich in beiden Fällen nur um einen unter vielen möglichen Auswertungscodes, der sich von den anderen, d. h. im gewöhnlichen Augenscheinsbeweis angewandten Codes, nur dadurch auszeichnet, daß er unabhängig von einem konkreten Interpretationsvorgang nach allgemeinen Kriterien bestimmbar ist. Das ermöglicht für beide Beweismittel einen strafrechtlichen Schutz, unabhängig von einer vorgängigen Beweisbestimmung, rechtfertigt ihn aber nicht. Seine Rechtfertigung kann sich entweder aus einer besonderen Zuverlässigkeit oder Einfachheit dieser Beweisverfahren ergeben, oder aus einem besonderen Interesse an ihren Ergebnissen. Der Code eines Urkundenausstellers ist weder zuverlässiger als die Methoden des Augenscheinsbeweises, weil er, wenigstens bei Zeugnisurkunden, die besonderen Fehlerquellen des Irrtums und der Lüge aufweist, noch ist er stets leichter herauszufinden, weil er, wie bei Geheimschriften und manchen Beweiszeichen, durch besondere Verabredung neu entstanden sein kann 66 • Als Code des Ausstellers ist das geschützte Auswertungsverfahren auch dann allgemein bestimmt, es ist aber nicht standardisiert. Als Beweismittel ist also die Urkunde nicht in jeder Hinsicht dem ungeschützten Augenscheinsobjekt überlegen. Diese Schwächen des Urkundenbeweises legen den Gedanken nahe, daß sein Schutz nicht, oder doch nicht allein, einer Beweismethode gilt, sondern einem Beweisinhalt, nämlich der durch jede Urkunde beweis88 Nicht nur die Rechtsprechung, die jedes dauerhafte menschliche Zeichen, auch das individuell verabredete schützt, stellte keine besonderen Anforderungen an die Feststellbarkeit des Codes, auch die meisten Vertreter des Schrifterfordernisses verzichten darauf, indem sie Geheimschriften mit erfassen, so Binding S. 185, Brodmann S.12, Maurach § 53 111 C 2, Welzel noch in der 10. Aufl. § 59 11 1, anders 11. Aufl. § 59 11 1 bauch Samson S. 123 ff., Frank zu § 267 Anm. 111 3, Merkel S. 235.

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L Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

baren Erklärung als solcher. Für die technische Aufzeichnung als Augenscheinsobjekt kommt dieser Schutzgrund nicht in Betracht. Andererseits könnten für sie andere bei der Urkunde nicht gegebene Schutzgründe in Betracht kommen, wenn sie die aufgezeigten Schwächen der Urkunde als Beweismittel nicht teilt. Eine Untersuchung der Schutzwürdigkeit der technischen Aufzeichnung kann sich also nicht auf deren Gemeinsamkeiten mit der Urkunde beschränken, sondern muß auch prüfen, ob die technische Aufzeichnung unabhängig davon als Augenscheinsobjekt einen im Vergleich zu anderen Augenscheinsobjekten höheren Beweiswert hat, der ihre strafrechtliche Privilegierung diesen gegenüber zu rechtfertigen vermag. 3. Die Leistungsfähigkeit der technischen Aufzeichnung als Beweismittel

Gemeint ist hier die Leistungsfähigkeit der technischen Aufzeichnung für einen konkreten mit ihr zu führenden Beweis, nicht ihre Bedeutung für den Beweis im Rechtsverkehr im allgemeinen, die sich aus der Häufigkeit ihrer Anwendung als Beweismittel und aus der Bedeutung der durch sie beweisbaren Tatsachen für den Rechtsverkehr ergibt. Diese Faktoren sind zwar für die Bedeutung der technischen Aufzeichnung als Beweismittel wesentlich, zeichnen sie aber nicht vor den übrigen Augenscheinsobjekten aus. Denn die Anwendung von Registriergeräten ist zwar heute schon auf den verschiedensten Gebieten verbreitet, obwohl wir wahrscheinlich erst am Anfang ihrer Entwicklung stehen, und es liegt auf der Hand, daß man solchen Aufwand nicht zur Feststellung unwesentlicher Tatsachen betreibt und daß daher die meisten der so festgehaltenen Vorgänge und Meßergebnisse, wenn nicht von aktueller, so doch von potentieller rechtlicher Bedeutung sind; aber die übrigen Augenscheinsobjekte werden den technischen Aufzeichnungen hierin wohl nie nachstehen. Mit der Vervollkommnung und Erweiterung ihrer Anwendungsmöglichkeiten allein im Strafprozeß beschäftigt sich eine ganze wissenschaftliche Disziplin, die Kriminalistik, und es läßt sich kaum eine Tatsache von größerer rechtlicher Bedeutung vorstellen als die Schuld oder Unschuld eines des Mordes oder eines anderen schweren Verbrechens Angeklagten, zu deren Beweis solche "gewöhnlichen" Augenscheinsobjekte oft genug herangezogen werden.

a) Die Bedeutung des standardisierten Auswertungscodes für den konkreten Beweis Bei der Analyse der Auswertung von Augenscheinsobjekten im allgemeinen hatten wir festgestellt, welche Prämissen gemacht werden müs-

13. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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sen, wenn mit einem bestimmten Augenscheinsobjekt ein bestimmter Beweis geführt werden soll. Zunächst muß feststehen, daß das Augenscheinsobjekt für diesen Beweis überhaupt etwas ergibt, d. h., daß die zu beweisende Tatsache in einer Kausalbeziehung zu irgendeiner Eigenschaft oder Gruppe von Eigenschaften des Augenscheinsobjektes steht. Denn eine solche Kausalbeziehung ist die Grundlage jedes Augenscheinsbeweises 67 • Wir hatten gesehen, daß bei jedem Augenscheinsbeweis eine Klasse möglicher Beweisergebnisse einer Klasse möglicher Eigenschaften des Augenscheinsobjektes eindeutig zugeordnet wird (Codewahl). Die Behauptung, daß auf diese Weise aus den möglichen Beweisergebnissen tatsächlich das richtige, d. h. das der Wahrheit entsprechende, ausgewählt wird, und damit der Beweis beruhen auf der Annahme, daß den gewählten Zuordnungen in der Wirklichkeit ebenso eindeutige Kausalbeziehungen entsprechen. Der Idealfall eines Augenscheinsbeweises ist dann gegeben, wenn jedes Element der gewählten Klasse von Eigenschaften des Augenscheinsobjektes durch eines der möglichen Beweisergebnisse, und nur durch dieses, erklärt werden kann. Der Naturwissenschaftler beschränkt sich auf solche Ergebnisse, die derart eindeutig beweisbar sind. Für ihn ist demzufolge der Augenscheinsbeweis der sicherste und daher einzig zulässige. Er behauptet nur, was er so beweisen kann; darüber hinaus muß er auf jedes Ergebnis verzichten. Für den Richter dagegen steht die Behauptung vor dem Beweis und bestimmt den Auswertungscode. Daher kann sich der Richter nicht auf diejenigen Zuordnungen (Codes) beschränken, die den beschriebenen Idealanforderungen des Beweises genügen, sondern muß zunächst eine solche suchen, die die zu beweisende Tatsache (als Bedeutung) enthält. Die Beweistatsache ist in der Regel ein ganz bestimmtes Geschehen und viel zu detailliert, als daß sie eine nach den bekannten Umständen des Falles notwendige Kausalbeziehung zu einer Eigenschaft des Beweisstücks haben könnte. Man ist also auf Auswertungscodes angewiesen, für deren Richtigkeit (im dargelegten Sinne) nur eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht und denen andere ebenfalls möglicherweise richtige gegenüberstehen. Die Entscheidung zwischen mehreren mit gewisser Wahrscheinlichkeit richtigen Zuordnungen ist der Inhalt der Beweiswürdigung beim Augenscheinsbeweis. Bei der Auswertung technischer Aufzeichnungen wird dem Beweisführer bzw. dem Beweisdestinatär diese Entscheidung für einen Code zwar weder abgenommen noch gar unmöglich gemacht, nur weil man für sie einen Code nach allgemeinen, von den besonderen Umständen und Bedürfnissen des Einzelfalles unabhängigen Kriterien bestimmen 67

Vgl. Hassetberg S. 104 f.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

kann; eine gewisse Erleichterung und eine höhere Sicherheit für den Beweis ist aber schon dadurch gegeben, daß für alle möglichen Fälle zur Feststellung gewisser Tatsachen ein relativ zuverlässiger Code angeboten ist, so daß, wenn man die Zeichen als die für einen bestimmten Typ von Registriergeräten charakteristischen erkennt, - und die Zeichen sind so gewählt, daß dies mindestens für Fachleute keine Schwierigkeiten macht - wenigstens feststeht, daß sie über bestimmte Tatsachen eine mit hoher Wahrscheinlichkeit richtige Information geben. Den Idealfall des Augenscheinsbeweises stellt allerdings auch die Anwendung eines Maschinencodes nicht dar. Denn die typischen Zeichen, die den Beweisführer zur Anwendung dieses Codes veranlassen, können auch auf andere Weise, als durch den für die Zuordnung von Zeichen und Bedeutung vorausgesetzten Kausalverlauf entstehen. Sie können z. B. von Menschenhand nachgemacht sein; es kann zu einer Fehlleistung des Aufzeichnungsgeräts kommen, wenn es defekt ist, wenn der Aufzeichnungsvorgang gestört wird oder ein Objekt der Maschine gewissermaßen unterschoben wird, zu dessen Messung sie zwar weder bestimmt noch konstruiert ist, das aber eigens so eingerichtet ist, daß sie es falsch klassifiziert. Es ist aber recht schwierig, die "Handschrift" eines Aufzeichnungsgerätes zu imitieren; auch eine zufällige oder absichtlich herbeigeführte Fehlleistung eines solchen Gerätes tritt im Vergleich zu der Zahl der von Geräten eines bestimmten Typs insgesamt hergestellten Aufzeichnungen selten auf. Die weitaus meisten der für einen Typ von Aufzeichnungsapparaten charakteristischen Zeichen, die überhaupt vorkommen, sind also auf die für die Anwendbarkeit des "Maschinencodes" vorausgesetzte Weise, durch den mit der Konstruktion des Mechanismus festgelegten Vorgang entstanden und sind also auf die Ursachen zurückzuführen, die ihnen als ihre Bedeutung durch den standardisierten Code zugeordnet werden. Diese Zuordnung ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit richtig. Das ist der Grund dafür, daß diese Bedeutungen den Zeichen der Maschine meist unbewußt von vornherein zugeordnet werden. Die oben aus der Konstruktion des Aufzeichnungsmechanismus unabhängig von einem konkreten Anwendungsfall und damit von einem bestimmten Interpreten der Aufzeichnung abgeleiteten Auswertungsregeln werden also in den meisten Fällen tatsächlich angewandt. Die sich daraus ergebende Zuordnung von Zeichen und Bedeutung wird von den meisten Interpreten tatsächlich vorgenommen. Dies geschieht zunächst auch dann, wenn der Interpret aufgrund seiner Kenntnis der besonderen Umstände der Entstehung einer einzelnen Aufzeichnung detailliertere

I 3. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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Aufschlüsse über den aufgezeichneten Einfluß aus den Zeichen zu gewinnen vermag, also einen anderen Code anwendet. Denn dieser ist aus dem allgemein anwendbaren Code abgeleitet. Die Bedeutungen, die ein solcher Interpret den einzelnen Zeichen gibt, enthalten auch deren "allgemeine" Bedeutungen, gehen allerdings über sie hinaus, weil die von ihm vorgenommenen Klassifikationen der auf das Gerät während der Aufzeichnung einwirkenden Einflüsse aufgrund seiner speziellen Kenntnis des konkreten Aufzeichnungsvorgangs enger sind, als sie es bei Anwendung nur der für alle Aufzeichnungen dieser Art gültigen Auswertungsregeln sein können. Jeder Interpret, der die für ein Aufzeichnungsgerät typischen Zeichen wahrnimmt, wird sie zunächst entsprechend dem "Maschinencode" deuten68 • Es besteht bei ihm für diesen Code von vornherein die "subjektive Empfangsbereitschaft"69. Deshalb können wir hier vom Interpreten als von einer konstanten Größe absehen und allerdings etwas vereinfachend von einer "Bedeutung" des Maschinenzeichens bzw. der ganzen Aufzeichnung sprechen, ohne uns dadurch mit der Erkenntnis in Widerspruch zu setzen, daß die Entstehung eines Zeichens und einer Bedeutung den Interpreten voraussetzt. Der Code einer technischen Aufzeichnung ist eine Sprache im Sinne der Definition von Morris (s. o. Fußnote 36), eine Sprache, die dadurch entsteht, daß ein im voraus festgelegter Produktionsvorgang sich vielfach wiederholt und daß dessen Produkte in aller Regel unter Anwendung ein und desselben Zeichensystems ausgewertet werden, und dadurch legitimiert ist, daß sie in der überwiegenden Zahl ihrer Anwendungsfälle zu einem richtigen Ergebnis führt. Die Leistung technischer Aufzeichnungsgeräte ist Feststellung und Beschreibung gewisser Sachverhalte in dieser Sprache. b) Standardisierte Auswertungsverfahren

bei "klassischen" Augenscheinsobjekten

Die relative Zuverlässigkeit der Codes technischer Aufzeichnungen und die Häufigkeit ihrer Anwendung sind zwar geeignet, einen strafrechtlichen Schutz dieser Zeichensysteme vor Mißbrauch zu begründen, sie rechtfertigen aber allein noch nicht ihre besondere Schutzwürdig88 Das allerdings nur dann, wenn sich die Unterscheidungsfähigkeit des Meßgeräts voll in entsprechend unterscheidbaren Maschinenzeichen niederschlägt. Sonst fallen der Maschinencode und der vielleicht für die unvollständige Fixierung noch vorhandene standardisierte Auswertungscode auseinander. 89 Megla S. 18 f., Entschlüssungsvermögen. Als objektive Empfangsbereitschaft bezeichnet Megla die Fähigkeit, ein Signal überhaupt zu registrieren.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

keit im Vergleich zu allen anderen beim Augenscheinsbeweis angewandten Codes. Denn es gibt für bestimmte Augenscheinsobjekte ebenso eingeführte Auswertungsmethoden, die ihnen an Zuverlässigkeit noch überlegen sind. Auf die Zuverlässigkeit naturwissenschaftlicher Augenscheinsbeweise wurde schon hingewiesen. Interessanter für die Sicherung des Beweises im Rechtsverkehr und vor allem im Prozeß wäre der Schutz gewisser bei gerichtlichen Augenscheinsbeweisen häufig angewandter Auswertungsverfahren, wie der Codes der beiden gängigen Blutalkoholanalyseverfahren oder der Zuordnung der verschiedenen Fingerbeermuster zu den einzelnen Personen. Diese Methoden genügen den Anforderungen eines naturwissenschaftlichen Beweises. Da wir z. B. sicher sind, daß kein Mensch das gleiche Fingerbeermuster hat wie ein anderer, kann die Entstehung einer jeden Fingerspur nur durch die Berührung einer bestimmten Person erklärt werden. Ebenso treten bei einer Blutprobenuntersuchung z. B. nach der Fermentmethode gewisse Erscheinungen nur bei einem bestimmten Gehalt der Probe an Alkohol auf. Diese und andere in der Kriminalistik entwickelte Auswertungscodes für Augenscheinsobjekte sind also sogar sicherer als die der technischen Aufzeichnungen, schon wegen der in den Aufzeichnungsmechanismen selbst bestehenden Fehlerquellen. Das bedeutet aber nicht, daß der mit solchen Augenscheinsobjekten im Prozeß geführte Beweis ebenso überzeugend ist. Das wäre er nur, wenn der standardisierte Code den Anforderungen dieses Beweises genügte. Aber der Richter will z. B. aus dem Fingerabdruck ja nicht erfahren, ob der Angeklagte den Schreibtisch berührt hat, sondern ob er ihn erbrochen und das Geld daraus gestohlen hat. Diese Tatsache kommt im standardisierten Code als Bedeutung nicht vor, kann also durch ein Zeichen auch nicht ausgewählt werden. Der Richter bzw. der Beweisführer muß sich also für seine Zwecke einen Code selbst entwickeln. Dabei kann er zwar den standardisierten Code mitverwerten, muß sich aber zusätzlich vergewissern, daß derjenige, der den Fingerabdruck verursacht hat, auch den Einbruch begangen haben muß, um dem Fingerabdruck die Identität des Einbrechers als Bedeutung zuzuordnen. Dazu muß er die besonderen Umstände des Falles heranziehen und eigene Kombinationen anstellen, deren Richtigkeit er erst noch darzutun hat. Er wird dazu meistens weitere Beweise, etwa Zeugenaussagen, verwerten müssen. Dann kann er zwar den Fingerabdruck so interpretieren, daß der für ihn den Täter bezeichnet, aber auf die Zuverlässigkeit einer rein naturwissenschaftlichen Beweismethode muß er dabei verzichten. Auch eine "Beweiskette" ist nicht stärker als ihr schwächstes Glied.

13. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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Ein noch deutlicheres Beispiel für die Leistung und den Mangel eines standardisierten Auswertungscodes im "klassischen" Augenscheinsbeweis (wir wollen hier der Kürze halber jeden Augenscheinsbeweis ohne technische Aufzeichnungen einmal so nennen) liefert die Blutprobe. Die Nachricht, die aus einer Blutprobe nach dem standardisierten Code zu entnehmen ist, wäre etwa so in Worte zu fassen: "Irgendjemand hatte irgendwann X %0 Alkohol im Blut". Das genügt für den Beweis natürlich nicht. Die Information ist für den Richter nichts wert, solange er nicht auch erfährt, welche Person zu welcher Zeit diesen Blutalkoholgehalt hatte. Die Klassifikation, die er benötigt, ist eine engere als die, die der Code der Alkoholanalyse ermöglicht, denn dieser hat keine verschiedenen Zeichen für die verschiedenen Zeiten oder Personen. Für diese engere Klassifikation bestehen alle Schwierigkeiten und Fehlerquellen, die eine Entscheidung für einen speziellen Auswertungscode für ein Augenscheinsobjekt sonst mit sich bringt. Immerhin kann der Auswerter der Richtigkeit der in seiner Codewahl mitverwerteten weiteren Klassifikation nur nach den möglichen Alkoholgehalten sicher sein. Ein Glied seiner Beweiskette ist wenigstens zuverlässig. Das ist schon ein gewisser Vorteil im Vergleich zu anderen Augenscheinsbeweisen. Deshalb wäre es durchaus naheliegend und in sich konsequent gewesen, um dieses Vorteils willen alle im gerichtlichen und außergerichtlichen Beweis verwandten standardisierten d. h. als zuverlässig allgemein anerkannten Codes für Augenscheinsobjekte vor Mißbrauch zu Täuschungszwecken zu schützen. Damit wären alle Maschinencodes in den Schutz einbezogen, aber auch einige andere standardisierte Zeichensysteme. c) Die standardisierte Auswertungsmethode als Grund und Gegenstand eines Strafschutzes

Reicht aber die Leistung solcher Auswertungsverfahren zur Rechtfertigung ihres Strafschutzes aus, solange sie sich wie in den hier besprochenen Beispielen in einer teilweisen Sicherung des Beweisergebnisses erschöpft? Wer über das endgültige Beweisergebnis täuschen will, ist ja nicht darauf angewiesen, den standardisierten Code zu mißbrauchen. Es wird ihm in aller Regel sogar leichter sein, das Beweisergebnis zu beeinflussen, indem er über diejenigen Umstände des Einzelfalles täuscht, die der Richter oder Beweisführer zur Festlegung seines speziellen Auswertungscodes heranziehen muß, z. B. über die Person, der die Blutprobe entnommen wurde oder die Zeit der Entnahme. Es hat nun wenig Sinn, die Richtigkeit eines Teilergebnisses der Beweisführung wegen seiner Bedeutung für das Gesamtergebnis

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

zu garantieren, wenn sich dadurch die Sicherheit der Gesamtbeweisführung vor Täuschung kaum erhöhen kann, mehr noch, es verstößt gegen die Rechtsstaatlichkeit, wenn die Täuschung mittels einer bestimmten Methode um eines Erfolges willen pönalisiert würde, der mit einer anderen straflos erreicht werden kann. Und an dem TeiZergebnis für sich allein genommen, das allein mit dem Schutz des Codes total gesichert wäre, z. B. am Alkoholgehalt einer Blutprobe oder an der Identität einer Person, die einen Gegenstand berührt hat, besteht keinerlei Interesse. Der Falschbeweis allein kann also den typischen Unrechtsgehalt einer solchen Straftat nicht ausmachen. Es bleibt zur Rechtfertigung einer strafrechtlichen Absicherung solcher Teilergebnisse durch den Schutz aller anerkannten Auswertungsverfahren nur die Tatsache, daß diesen standardisierten Methoden im Rechtsverkehr wie bei Gericht von vornherein vertraut wird, während jede Deutung eines Augenscheinsobjektes, soweit sie nach den Umständen des Einzelfalles durch einen speziell für diesen entwickelten Code vorgenommen wird, einer sorgfältigen Prüfung des Gerichts oder des sonstigen Beweisdestinatärs standhalten muß. Normalerweise wird aber auch bei dieser Prüfung nicht damit gerechnet, daß ein Außenstehender das Augenscheinsobjekt manipuliert hat (die Möglichkeit, daß ein Beteiligter, insbesondere der möglicherweise durch diesen Augenscheinsbeweis Belastete, etwas derartiges versuchen könnte, wird auch bei der Auswertung nach einem standardisierten Verfahren in Rechnung gestellt). Wenn also schon Schutz eines bestimmten Grades von Vertrauen um seiner selbst willen, dann auch soweit, wie dieser Vertrauensgrad geht. Das Vertrauen im Beweisverfahren erstreckt sich aber normalerweise auf die Unverfälschtheit jeder Spur und jedes anderen Augenscheinsobjekts. Vor allem aber ist es nicht Sache des Strafrechts, dem Rechtsgenossen oder auch dem Richter das Risiko abzunehmen, das er mit seinem Vertrauen eingeht. In anderen Fällen tut es das ja auch nicht. Es gibt nicht einmal eine allgemeine Rechtsnorm des Inhalts: "Wenn jemand auf das Vorliegen einer Tatsache von vornherein vertraut, oder auch, wenn dies allgemein geschieht, so darfst du nicht über diese Tatsache täuschen." In der Täuschung über eine Tatsache, auf die vertraut wird, allein kann also der Unrechtsgehalt einer solchen Straftat auch nicht liegen70 , denn 70 Allerdings wird von einer seit über 100 Jahren verbreiteten Lehre der Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung als reiner Vertrauensbruch erklärt. Wir werden uns mit dieser Ansicht und ihren einzelnen Ausprägungen noch genau zu befassen haben. Hier sei nur angemerkt, daß, soweit Verfasser bekannt, keine ihrer zahlreichen Darstellungen die Frage auch nur aufwirft, ob das öffentliche Vertrauen, die "fides publica", überhaupt zum Rechtsgut taugt; vgl. die Kritik Bindings S. 125: "Was nun aber diese ,publica fides' sei, das klarzustellen hat fast niemand sich die Mühe gemacht ...

13. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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Vertrauen ist nicht schon um seiner selbst willen schutzwürdig. Ein Mißbrauch von Vertrauen kann also nur insofern unter Strafe gestellt werden, als er Mittel zum Angriff auf andere schutzwürdige rechtliche Interessen ist. Das bei jedem Falschbeweis verletzte Interesse ist das Interesse an der Feststellung der Wahrheit einer behaupteten rechtserheblichen Tatsache. Auch dieses wird nicht für sich allein geschützt. Denn grundsätzlich ist die Täuschung über rechtlich relevante Tatsachen ebenso erlaubt, wie jede andere Täuschung an deren Vermeidung kein rechtliches Interesse besteht. Deshalb ließe der typische Unrechtsgehalt einer solchen Straftat sich nur als Zusammentreffen dieser beiden Unrechtselemente als Mittel und Zweck der Handlung beschreiben. Jedes der beiden Elemente fur sich allein genügt zur Konstituierung eines Delikts nicht. Das Wesen dieses Delikts wäre also: Täuschung über eine rechtserhebliche Tatsache durch Mißbrauch des allgemeinen Vertrauens in einen anerkannten Auswertungscode. Aber auch mit dieser Kombination von Unrechtselementen ist noch nicht ein Unrechtsgehalt ausgedrückt, der nur bei Mißbrauch standardisierter Auswertungsverfahren vorkommen kann. Da, wie gesagt, ein gleiches Vertrauen von Verkehr und Gerichten im allgemeinen der Unverfälschtheit aller Augenscheinsbeweise entgegengebracht wird, stellt jede Fälschung von Beweisstücken einen Mißbrauch von Vertrauen zur Täuschung über eine rechtserhebliche Tatsache in einem Beweis dar. Der Unterschied zum allgemeinen Vertrauen in die Unverfälschtheit von Augenscheinsobjekten besteht nur darin, daß hier nicht nur auf eine von mehreren Voraussetzungen für eine bestimmte Deutung des Augenscheinsobjekts vertraut wird, sondern auf die Richtigkeit einer allgemein anerkannten Deutungsweise im ganzen. Nur wenn sich aus dem Mißbrauch gerade dieser standardisierten Auswertungsmethode ein über die Ausnutzung sonstigen Vertrauens zur Täuschung über rechtserhebliche Tatsachen hinausgehender Unrechtsgehalt ergibt, kann ein besonderer Strafschutz vor solchen Täuschungsmethoden im Rechtsverkehr gerechtfertigt sein. Tatsächlich wird durch den Mißbrauch eines Codes, von dem der Täter von vornherein weiß, daß das Opfer ihn anwenden wird, eine Art Herrschaft über die Vorstellungen des Opfers ausgeübt, wie sie der Mißbrauch von Vertrauen sonst nicht zu gewähren vermag. Der Täter braucht nicht, wie bei jeder anderen Fälschung, dem Opfer erst einen bestimmten Code zu suggerieren oder gar anzubieten, indem er ihm dann die unwahre Nachricht durch die trügerischen Zeichen vermittelt, die er an dem Objekt angebracht hat. Da auch er den standardisierten Auswertungscode kennt, weiß er, welche Zeichen er anbringen muß,

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

um das Opfer sicher zu täuschen. Er kann in diesen allgemein als zuverlässig anerkannten Code seine falsche Nachricht codieren und ist nun sicher, daß der Auswerter die Zeichen nicht anders deuten wird, es sei denn, er selbst errege durch Spuren seiner Tätigkeit Zweifel an der Anwendbarkeit des Codes in ihm. Existiert kein eingeführtes Auswertungsverfahren, so muß der Täter damit rechnen, daß seine Zeichen, ganz anders erklärt, überhaupt nicht mit der Beweisfrage in Verbindung gebracht oder gar gänzlich übersehen werden. Diese Herrschaft kann sich aber nur auf die Vorstellungen des Destinatärs über den Teil der Beweisfrage erstrecken, der im standardisierten Code als Bedeutung enthalten ist. Solange dies nicht die eigentliche Beweistatsache selbst ist, solange sich also der Beweis nicht in der Anwendung dieses Codes erschöpft, ist der Beweisdestinatär nicht wehrlos der heimlichen Beeinflussung durch den Täter ausgeliefert. Denn immerhin sieht er sich vor die Aufgabe gestellt, die Tauglichkeit gerade dieses Beweismittels speziell für den betreffenden Beweis zu prüfen. Allein das gibt ihm eine gewisse Chance, die Fälschung zu entdecken. Außerdem muß er, da der standardisierte Code ihm allein nicht genügt, zusätzliche eigene Deutungen selbständig vornehmen, die der Fälscher nicht mit der gleichen Bestimmtheit voraussehen kann wie die Anwendung des Codes. Schließlich braucht er in der Regel zu diesen Deutungen zusätzliche Beweismittel. Daraus entsteht für den Fälscher die Gefahr, daß eine Unstimmigkeit zwischen diesen Beweismitteln und seinem Falsifikat ihn verrät oder daß die zusätzlichen Beweise seinen Falschbeweis wenigstens entkräften. Gleichwohl resultiert aus dieser Anfälligkeit standardisierter Auswertungsmethoden gegen Mißbrauch zur Täuschung, aus dieser Vorgabe für den Fälscher, die ihre Anwendung darstellt, eine besondere Schutzbedürftigkeit, die ihren höchsten Grad allerdings erst da erreicht, wo sich ein Beweis in der Anwendung eines solchen Verfahrens erschöpft. Daß es sich hierbei grundsätzlich nur um eine teilweise Sicherung des einzelnen Beweises handelt, kompliziert aber nicht nur die dogmatische Rechtfertigung eines solchen allgemeinen Schutzes für standardisierte Auswertungsverfahren, sondern stellt auch das praktische Bedürfnis für eine derartige Strafvorschrift infrage. Praktisch kommen nämlich solche Täuschungsversuche mit Hilfe eines standardisierten Codes wesentlich seltener vor als Täuschungen über die speziellen Umstände des Einzelfalles. Denn diese Codes verdanken ihre allgemeine Anerkennung nicht zuletzt der Tatsache, daß sie sich nicht ohne weiteres mißbrauchen lassen. Es ist z. B. wesentlich einfacher, eine Blutprobe zu vertauschen oder über die Person, von der sie stammt, zu täuschen, oder ein Diagramm zu unterschieben, das von einer anderen Messung

I 3. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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stammt als der für den Rechtsfall entscheidenden, als einer Blutprobe eine hinreichend kleine Menge Alkohol hinzuzufügen oder gar zu entziehen, oder ein Diagramm von Hand nachzumachen oder unauffällig zu verändern. Außerdem nützt die Sicherung vor einer bestimmten Art von Täuschungsversuchen dem Beweisdestinatär wenig, solange er andere, viel wahrscheinlichere Irreführungen gewärtigen muß. Das Prinzip des Schutzes allgemein anerkannter Beweismethoden läßt sich zudem nur schwer konsequent durchführen. Denn wie sollte man die danach schutzwürdigen Beweismethoden von den nicht schutzwürdigen abgrenzen? Man könnte diejenigen von ihnen, die sich nicht auf technische Aufzeichnungen beziehen - denn die technischen Aufzeichnungen wären ja alle zu schützen - definitiv aufzählen, dann hätte man eine konsequente Lösung nur für den heutigen Stand der Kriminalistik. Eine weitere Möglichkeit wäre, durch eine allgemeine Formel die Entscheidung auf den Richter zu übertragen, welche Beweismethoden als allgemein anerkannt gelten sollen. Das brächte erhebliche Rechtsunsicherheit in einer Frage, bei der es letztlich um Freispruch oder Gefängnis bis zu 3 Jahren geht. Man könnte schließlich auch den Schutz auf die technischen Aufzeichnungen als die einzigen allgemein und eindeutig bestimmbaren Fälle von standardisierten Zeichen an Augenscheinsobjekten beschränken. Die durch die Einfachheit und Eindeutigkeit dieser Lösung erzielte Rechtssicherheit und Praktikabilität müßte aber durch eine gewisse Inkonsequenz und damit Unbilligkeit erkauft werden, die von nicht zu unterschätzender praktischer Bedeutung ist, solange ein so großer Teil der Anwendungsfälle von standardisierten Auswertungscodes auf "klassische" Augenscheinsbeweise, wie Blutproben, Fingerabdrücke, Geschoßspuren usw. entfällt, wie dies heute noch der Fall ist. Es ist zu beachten, daß hier mit Fingerabdruck und Blutprobe nur die gängigsten Objekte dieser Art herausgegriffen wurden. Jede von der Kriminalistik entwickelte Untersuchungsmethode gehört hierher, außerdem noch die Deutungen, die uns so selbstverständlich sind, daß sie uns kaum noch bewußt werden, wie beispielsweise die einer Fußspur, aus der wir ohne weiteres entnehmen, daß hier ein Mensch gegangen ist. Es ist kaum ein Augescheinsobjekt denkbar, aus dem sich nicht irgendetwas nach einer allgemein anerkannten Deutungsweise entnehmen läßt. Man könnte zur Rechtfertigung dieser Abgrenzung höchstens anführen, daß man damit die gefährdeteren unter den eingeführten Beweistechniken schütze, denn es ist immerhin noch leichter, ein Diagramm unbemerkt zu ändern, als eine Blutprobe oder gar einen Fingerabdruck. Aber dies kann sich in Zukunft durch die technische Entwicklung durchaus ändern, vor allem wenn die automatische Registrierung im Beweisverkehr größeren Raum einnehmen wird und deshalb vor Manipulationen noch 4 Puppe

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1. 'Feil:

Der Begriff der technischen Aufzeichnung

gründlicher gesichert wird, während andererseits sich mit dem technischen Fortschritt neue Methoden der Fälschung auch für "klassische" Augenscheinsobjekte entwickeln dürften. Außerdem sollte dies nicht das entscheidende Argument für diese Grenzziehung sein. Es wäre ein rein ordnungsstrafrechtlicher Gesichtspunkt. Das Unterscheidungskriterium zwischen einer mit Gefängnis bis zu 3 Jahren bedrohten Handlung und einem erlaubten Verhalten mit gleichem materiellen Unrechtsgehalt sollte nicht darin bestehen, daß die erste leichter durchführbar ist, es sei denn, das letztere wäre praktisch unmöglich. Es ist nach alledem bedenklich, die Beschränkung des Schutzes des Augenscheinsbeweises auf technische Aufzeichnungen allein darauf zu stützen, daß für diese ein standardisierter Auswertungscode existiert. Auch dem § 306 E 62 liegt eine solche Konzeption offenbar nicht zugrunde. Sonst hätte er wenigstens alle automatischen Aufzeichnungen erfaßt, denn für alle gibt es ja einen standardisierten Code. In dieser Vorschrift wird aber verlangt, daß die Aufzeichnung "ihren Gegenstand erkennen läßt"71. Die Verfasser des Entwurfs begnügen sich also nicht mit dem eingeführten Auswertungsverfahren allein, sondern stellen darüber hinaus Anforderungen an den Inhalt der Aufzeichnungen, also an die Bedeutungsseite des Codes. Da das Vorhandensein einer allgemein anerkannten Deutungsweise nach der hier vertretenen Meinung, die insoweit auch vom Entwurf geteilt wird, allein noch nicht ausreicht, einen besonderen Fälschungsschutz nur für technische Aufzeichnungen zu rechtfertigen, ist nach einer Eigenschaft wenigstens einiger dieser Aufzeichnungen zu suchen, durch die sie für einen konkreten Beweis mehr zu erbringen vermögen als eine dank einer anerkannt zuverlässigen Ermittlungsmethode gesicherte Auskunft auf irgendeine für die Feststellung einer rechtserheblichen Tatsache vielleicht bedeutsame Vorfrage. Diese Eigenschaft müßte den Beweiswert jener technischen Aufzeichnungen über den aller "klassischen" Augenscheinsobjekte hinausheben. d) Die besondere Leistungsmöglichkeit technischer Beweisverfahren im Vergleich zu anderen standardisierten Augenscheinsbeweisen und ihre Ursachen Da die Leistung aller Registriergeräte als eine Codierung zu beschreiben ist, müßte die gesuchte Eigenschaft im Maschinencode aller oder einiger Aufzeichnungsapparate zu finden sein. 71 Dabei ist unklar, was eigentlich der Gegenstand einer Aufzeichnung sein soll, wenn nicht das, was an ihren standardisierten Zeichen zu erkennen ist. Die Klärung dieser Frage gehört in das folgende Kapitel, das sich mit der

13. Die Leistungsfähigkeit der techno Aufz. als Beweismittel

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Auch die Entstehung einer Spur, eines "klassischen" Augenscheinsobjekts kann als eine Art natürlicher Aufzeichnungsvorgang betrachtet werden, dem ein Code zugrunde liegt, der sich aus den Naturgesetzen ableiten läßt, nach denen die Spur entsteht. Aber ihre Entstehungsgesetze decken sich in aller Regel nicht mit den für den Beweis im Rechtsverkehr vorzunehmenden Zuordnungen. Denn wir haben auf die Bestimmung der durch natürliche Spuren ermöglichten Klassifikation prinzipiell keinen Einfluß. Bei den technischen Aufzeichnungen dagegen, die ja eine Art künstlicher Spuren sind, können wir die Klassen, aus denen sich der Aufzeichnungscode zusammensetzt, u. U. bis zur Vollkommenheit unseren Bedürfnissen anpassen. Zwar ist das Aufzeichnungsgerät seinerseits auf natürliche Unterscheidungszeichen angewiesen; was sich von Natur aus ~cht unterscheidet, kann auch das Gerät nicht unterscheiden. Das bedeutet, daß gewisse Tatsachen dem technischen Beweis ebenso unzugänglich bleiben wie dem "klassischen" Augenscheinsbeweis. Aber wir können durch die Konstruktion des Geräts bestimmen, wieviele und welche der natürlichen Unterscheidungskriterien zur Klassifikation herangezogen werden, wobei uns übrigens auch diejenigen Merkmale zur Verfügung stehen, die dem "klassischen" Augenscheinsheweis ihrer Flüchtigkeit wegen nicht zugänglich sind. Es ist dann eine Frage unseres technischen Könnens und auch des Aufwandes, den wir für die Sicherheit eines künftig möglichen Beweises zu treiben bereit sind, ob wir einen zu beweisenden äußeren Sachverhalt mit der Bestimmtheit registrieren, die für einen vollständigen Beweis im Rechtsverkehr erforderlich ist. Mit der Fähigkeit zur Erzeugung künstlicher Spuren haben wir uns die grundsätzliche Möglichkeit dazu jedenfalls geschaffen, und diese Möglichkeit ist es, die das Prinzip des technischen Beweises vor der Ausnutzung natürlicher Erscheinungen als Anzeichen auch dann auszeichnet, wenn die letzteren standardisierbar sind. Der Idealfall eines solchen künstlichen Augenscheinsbeweises ist dann gegeben, wenn die Maschinenzeichen unmittelbar über das Vorliegen oder Fehlen der Tatsache Auskunft geben können, die bewiesen werden soll, wenn also der Maschinencode die Beweistatsache selbst als Bedeutung enthält. Die besondere Leistung derjenigen Aufzeichnungen, die die Beweistatsache selbst registrieren, die sie auch den Urkunden überlegen macht, besteht darin, daß sie jeweils für eine bestimmte, tatsächlich stattfindende oder wenigstens möglicherweise in Zukunft vor Gericht oder im Interpretation und Kritik der Begriffsbestimmung der technischen Aufzeichnung in § 306 E 62 befaßt. Hier geht es vorerst nur um die Feststellung, daß auch der E 62 nicht für einen Schutz von Auswertungsverfahren allein um ihrer anerkannten Zuverlässigkeit willen eintritt.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

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Privatverkehr erforderliche Beweisführung die denkbar größte Sicherheit und gleichzeitig die denkbar größte Vereinfachung ermöglichen. Bei der Analyse der Auswertung von Augenscheinsobjekten im allgemeinen hatten wir gesehen, daß die Leistung des Auswerters als Festlegung eines bestimmten Codes beschrieben werden kann, und diese Festlegung wiederum als ein Klassifikationsvorgang. Wir wissen weiter, daß die Leistung eines Registriergeräts ebenfalls als Klassifikation oder Codierung zu begreifen ist. Der Code, den der Beweisführer sucht, und den er in der Regel durch eine Kette tatsächlicher Feststellungen und logischer Operationen entwickeln und erhärten muß, muß die Beweistatsache als Bedeutung enthalten. Endet sein Beweis nicht damit, daß er ein bestimmtes gegenwärtiges Phänomen oder eine Gruppe zutreffender Erscheinungen zum Zeichen für diese Tatsache macht, und daß diese Zuordnung vom Destinatär als mit ausreichender Wahrscheinlichkeit richtig anerkannt wird, so ist er nicht gelungen. Deckt sich diese gesuchte Zuordnung aber mit dem Code eines Registriergeräts, so kann ihm dieses seine Aufgabe abnehmen. Er selbst braucht nur noch darzutun, daß die vorliegende Aufzeichnung für einen bestimmten Typ von Geräten charakteristisch ist. Die übrigen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des von ihm vorgeschlagenen Codes werden dann mindestens zunächst als gegeben angenommen72 • M. a. W.: der Beweisführer muß sich zwar, wie immer, für den Code entscheiden (er kann ja stets theoretisch auch einen anderen anwenden), aber er braucht ihn nicht selbst zu entwickeln. Die besondere Sicherheit dieser Beweismethode resultiert nicht nur daraus, daß dem Untersucher mit der Entwicklung eines geeigneten Auswertungscodes auch das Risiko eines Irrtums bei dieser Entwicklung abgenommen ist. Der Beweisdestinatär muß sich im Prozeß und erst recht im Verkehr nicht nur beim "klassischen" Augenscheinsbeweis, sondern auch bei Zeugen- oder Urkundenbeweis oft ganz bewußt auf eine Zuordnung verlassen, die mit wesentlich geringerer Wahrscheinlichkeit richtig ist als alle Maschinencodes. Denn in jeder menschlichen Sprache oder Schrift kann wesentlich leichter "gelogen" werden, als unter Verwendung eines Maschinencodes, und auch beim Augenscheinsbeweis muß man normalerweise einige zwar nicht sehr wahrscheinliche aber doch mögliche Entstehungsweisen des Beweisstückes von vornherein außer Betracht lassen, wenn man ihm eindeutig die zu beweisende Tatsache als Ursache zuordnen will. Das gilt auch für Augenscheinsobjekte, für die zwar ein anerkannter, aber für den Beweis nicht direkt anwendbarer Code existiert. Denn ihnen muß ja schließlich auch eine andere, präzisere Bedeutung gegeben werden, als sie der als sicher anerkannte Code vorsieht. 72

Vgl. Hasselberg S. 82.

I 4. Die Rechtfertigung eines Schutzes bestimmter Maschinencodes

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4. Die Rechtfertigung eines Verbots des Mißbrauchs solcher Maschinencodes, die eine beweiserhebliche Tatsache als Bedeutung enthalten

Der praktische Sinn einer Strafvorschrift gegen den Mißbrauch solcher Maschinencodes, die eine rechtserhebliche Tatsache als Bedeutung enthalten, zur Täuschung im Rechtsverkehr wäre der Schutz einer besonders einfachen und vor allem zuverlässigen Beweismethode, gleichzeitig aber auch die Sicherung eines Beweisergebnisses. Es könnte damit erreicht werden, daß der Beweisdestinatär, der diese Methode anwendet und sich auf sie verläßt, vor jeder Täuschung über die Beweistatsache sicher ist, daß eine straflose Irreführung für den gesamten Beweis ausgeschlossen ist. Davon hat der Beweisverkehr einen Vorteil, den ihm kein teilweiser Schutz einer Beweisführung auch nur teilweise verschafft: die Garantie für die Richtigkeit der rechtserheblichen Tatsache selbst. Der Unterschied zwischen Gesamtschutz und Teilschutz eines konkreten Beweisverfahrens ist also nicht bloß ein quantitativer, sondern ein qualitativer. Aber eine Beweisführung oder eine Beweismethode, mag sie für das Rechtsleben auch noch so wertvoll sein, kann für sich betrachtet nicht als Rechtsgut gelten. Denn an ihr selbst besteht kein unmittelbares Interesse, ihr Mißbrauch ist also als solcher auch nicht eine Interessenverletzung. Unmittelbares Interesse besteht nur an dem Ziel der Beweisführung: der Ermittlung der Wahrheit7 3 • Wir haben also mit dem praktischen Sinn einer Schutzvorschrift für die im Beweis anwendbaren Maschinencodes noch nicht deren typischen Unrechtsgehalt erfaßt. Das unmittelbare Interesse, das hier im Spiel ist, nämlich das Interesse des Einzelnen, über eine rechtserhebliche Tatsache nicht getäuscht zu werden, wird aber vom Strafrecht nicht geschützt und soll es auch nach der seit mehr als einem Jahrhundert von der gesamten Rechtslehre und Praxis vertretenen Ansicht niemals werden74 • 73 Dies gibt sogar Binding zu, vgl. S. 126. Gleichwohl hält er es für völlig unproblematisch, die "Reinheit der Beweisführung mit Urkunden" - was ist das eigentlich? - als Rechtsgut zu betrachten (vgl. S. 115). Im Prinzip ebenso u. a. P. Merkel, der klarer als Binding vom Schutz der "Sicherheit des Beweises mit Urkunden" also einem Schutz einer Beweismethode spricht (vgl. S. 201). Zum Teil mit Bindings Worten Nagler LK vor § 267 Anm. 11 1, Weilenböck S.47; nicht ganz eindeutig Welzel § 59 I, Maurach § 53 11, SchönkeSchröder Ziff.l zu § 267, treffend die Kritik Schillings S. 134. 74 Ortloff S.40, Lenz S.27, Binding S. 126 ff., Lampe Diss. S.6, Weilenböck S. 42. Den meisten neueren Autoren scheint dies so selbstverständlich, daß sie es nicht einmal mehr aussprechen, aber es wird noch heute als der denkbar schwerste Vorwurf gegen eine Theorie zur Urkundenfälschung ins Feld geführt, daß sie auf Wahrheitsschutz hinausläuft, vgl. z. B. Binding S. 126 ff. und gegen diesen Schilling S.137. Grundsätzlich für Wahrheitsschutz Cucumus S. 526 ff., der allerdings die bloße Lüge auch nicht unter Strafe stellen will (vgl. S. 514).

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Da es aber ebensowenig einen allgemeinen und umfassenden Strafschutz für das Vertrauen des Einzelnen oder der Allgemeinheit im Rechtsverkehr gibt, reicht auch die Tatsache zur Rechtfertigung einer solchen Strafvorschrift nicht aus, daß der Verkehr diesen besonders sicheren Beweismethoden zu recht Vertrauen entgegenbringt. Auch das Vertrauen in besonders zuverlässige, für den Rechtsverkehr bedeutsame Zeichen ist nicht um seiner selbst willen zu schützen, vielleicht aber um seiner schon besprochenen gefährlichen Folgeerscheinung willen. Denn dieses Vertrauen in die Anwendbarkeit eines bestimmten Codes auf Zeichen einer bestimmten äußeren Gestalt gibt die Vorstellungen des Vertrauenden über das Vorhandensein oder Nicht-vorhandensein der als Bedeutung in diesem Code enthaltenen Tatsache der unmittelbaren und heimlichen Herrschaft eines jeden preis, der diese Zeichen nachzumachen oder ihre anderweitige Entstehung zu beeinflussen vermag, ohne Spuren seiner Tätigkeit zu hinterlassen, die den Betrachter stutzig machen könnten. Es war schon davon die Rede, daß es für den Fälscher eine Vorgabe bedeutet, wenn er den Code des Auswerters im voraus kennt und sich zur Sendung seiner falschen Nachricht dieses Zeichensystems bedienen kann. Solange diese Zeichen, die dem Fälscher für seine Irreführung schon zur Verfügung stehen, für den Destinatär nicht die Unwahrheit selbst bedeuten, die jener ihm aufdrängen will, ist er dessen heimlicher Lenkung aber noch nicht völlig ausgeliefert. Denn auch wenn er das standardisierte vom Täter mißbrauchte Auswertungsverfahren akzeptiert, steht er noch vor der Aufgabe, sich an dem, was er vorfindet, selbst auf grund eigener Überlegungen zu orientieren und sich die Zeichen selbst zu wählen, an denen er schließlich das erkennen will, wonach er eigentlich fragt. Diese Aufmerksamkeit ist dem Täter noch gefährlich. Es besteht die Möglichkeit, daß die zusätzlichen Erkenntnismittel, nach denen notwendig noch gesucht werden muß, den Falschbeweis entkräften. Hat dagegen der Destinatär des Falschbeweises ein allgemein als zuverlässig anerkanntes Zeichen für die zu beweisende Tatsache selbst, so findet diese Orientierung überhaupt nicht mehr statt. Da der Ablauf des Beweises im vorhinein festliegt, kann der Täter den ganzen Erkenntnisvorgang unbemerkt gewissermaßen fernsteuern. Der Vereinfachung der Beweisführung entspricht eine vereinfachte Methode der Täuschung75 • 76 Von einer durch allgemeines Vertrauen auf "eine Form" eröffneten Möglichkeit zu indirektem Zwang spricht auch Lenz S.5. Man sollte das Wort Zwang hier besser durch den Begriff Herrschaft ersetzen, weil es stets mit der Vorstellung von Gewalt und Drohung verbunden wird, von der hier nicht die Rede sein kann.

14. Die Rechtfertigung eines Schutzes bestimmter Maschinencodes

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Die praktische Durchführung einer Irreführung nach diesem Prinzip stößt allerdings meistens auf erhebliche Schwierigkeiten. Es ist nicht so einfach, Maschinenzeichen unauffällig zu imitieren oder Aufzeichnungsgeräte nach Belieben zu steuern. Wäre das anders, so hätten sich die Maschinencodes gar nicht die Anerkennung und das Vertrauen erworben, die sie für den Beweis so wertvoll und ihren Mißbrauch so gefährlich machen. Die Möglichkeit zu einer solchen Herrschaft über eine ganze Beweisführung und zu einer unmittelbaren Bestimmung der Vorstellungen, die sich andere über eine rechtserhebliche Tatsache scheinbar unabhängig von menschlicher Beeinflussung und Glauben an die Wahrhaftigkeit eines Menschen machen, ist immerhin gerade bei diesem besonders sicheren Erkenntnismittel gegeben. Sie besteht in dieser Weise bei keiner anderen Beweisart. Eine ähnliche heimliche Herrschaft über einen Beweis und sein Ergebnis ließe sich höchstens noch durch eine perfekte Fälschung einer Urkunde eines besonders glaubwürdigen Ausstellers erreichen, die unmittelbar über eine rechtserhebliche Tatsache Aufschluß gibt, also z. B. einer öffentlichen Urkunde. Das also, was den Wert dieser technischen Aufzeichnungen für den Rechtsverkehr ausmacht, nämlich, daß sie ihm die eigentliche Beweis.,. aufgabe abnehmen und sie grundsätzlich mit größerer Sicherheit bewältigen, verursacht auch die besondere Gefährlichkeit jedes Täuschungsversuches mit Hilfe der ihnen eigenen Zeichensysteme. Es begründet aber auch die besondere Verwerflichkeit solcher Manipulationen und rechtfertigt ihre Bestrafung auch angesichts der Tatsache, daß grundsätzlich niemand vor Täuschungen strafrechtlich geschützt wird, auch nicht vor Täuschungen über rechtserhebliche Tatsachen. Denn der allgemein akzeptierte Rechtsgedanke, daß Lüge und Täuschung grundsätzlich erlaubtes Verhalten ist, der ebenso naturrechtlichen Ursprungs ist wie das so einmütig und energisch bekämpfte "Recht auf Wahrheit" und der seit je auch unabhängig von jeder positiven Rechtsordnung postuliert wurde76 , beruht letztlich auf der Überlegung, daß jeder selbst entscheiden kann, ob er glauben will, was ihm ein anderer erzählt oder verspricht77 • Nach dieser Vorstellung ist es jedem Rechtsgenossen selbst überlassen, sich mit seinen Erkenntnismitteln zu orientieren und sich die Kenntnis der Wahrheit mit der Sicherheit zu verschaffen, die ihm genügt. Er hat keinen Anspruch darauf, daß ihm andere dies erleichtern oder auch nur es ihm nicht erschweren. Jeder Möglichkeit zur Täuschung entspricht eine Möglichkeit, die Täuschung zu durchschauen, und angesichts dieser grundsätzlichen Waffengleichheit des Täuschers und des Getäuschten sieht sich 78 77

Kant Ders.

Metaphysik der Sitten S. 43 f. ebenda, ähnlich aber mit gewissen Einschränkungen Ortloff S. 40.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

das Recht nicht veranlaßt, allgemeine Verbote zum Schutz vor Täuschung zu erlassen. Weil sie nicht notwendig bestraft werden muß, wird also die Lüge zu recht erlaubt. Aber dieses "Recht auf Unwahrheit" könnte da seine Grenzen finden, wo die Freiheit des Getäuschten, zu glauben oder nicht zu glauben, aufhört7 8 , weil er praktisch vor dieser Entscheidung gar nicht mehr steht. Es mag zunächst zwar merkwürdig anmuten, daß hier der Versuch unternommen wird, aus der Perfektion eines Täuschungsmittels Strafwürdigkeit herzuleiten; aber wo eine Täuschungsmethode einen solchen Grad an Vollkommenheit erreicht, daß das Opfer gar nicht mehr die Chance hat, an die Möglichkeit der Täuschung zu denken und sich ihrer zu versehen, erhält die Täuschung eine Art "Zwangscharakter" . Darin besteht ihr besonderer Unwert. Der Unrechtsgehalt einer solchen Straftat, sein Verhältnis zu dem der bereits existierenden Fälschungs- und Täuschungsdelikte, insbesondere zu dem der Urkundenfälschung, und sein Verhältnis zu der nach geltendem wie kommendem Recht straflosen Fälschung anderer Augenscheinsobjekte und zur erlaubten Lüge ist mit diesen wenigen Andeutungen längst nicht erschöpft. All dies wird noch aufgrund einer Auseinandersetzung mit den bisher entwickelten Lehren zur Strafbarkeit von Fälschungen und Täuschungen zu untersuchen sein. An dieser Stelle war nur zu zeigen, daß sich der Mißbrauch derjenigen technischen Zeichensysteme, die eine rechtserhebliche Tatsache als Bedeutung enthalten, und mit deren Anwendung sich deshalb ein juristischer Beweis erschöpfen kann, nicht nur gefährlicher, sondern in gewisser Hinsicht auch verwerflicher ist als andere Täuschungsmanöver, und daß die hier gefundene Grenzziehung zwischen den im besonderen Maße schutzwürdigen und schutzbedürftigen technischen Aufzeichnungen und allen anderen Augenscheinsobjekten sich dogmatisch rechtfertigen läßt. Weder der hohe praktische Wert dieser Beweismethoden, den die Begründung zu § 306 E 62 allein anführt7 9, noch die Gefährlichkeit der damit unter Strafe gestellten Handlung für die im allgemeinen nicht als Schutzgut anerkannte Wahrheitsfindung hätte allein dazu genügt. 5. Zur Grenzziehung zwischen schutzwürdigen und nicht schutzwürdigen technischen Aufzeichnungen

Sollen also technische Aufzeichnungen als einzige Augenscheinsbeweismittel um ihrer besonderen Beweistüchtigkeit willen vor Fälschung 78 Auch Ortlott weist S. 40 darauf hin, wobei er nicht einmal verlangt, daß dem Opfer die Erkennung des Irrtums unmöglich wird, sie muß nur ein höheres Maß an Vorsicht erfordern, als von ihm zu erwarten wäre. 78 Vgl. Begründung zu E 62 S.481.

I 5. Zur Abgrenzung der schutzwürdigen techno Aufz.

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geschützt werden - und das ist laut Begründung das Konzept des Entwurfs 80 - , so müßte dieser Schutz auf diejenigen beschränkt werden, die nach dem Maschinencode unmittelbar über die Beweistatsache informieren. Es muß also eine Tatsache in den standardisierten Zeichen fixiert sein, die Ziel eines Beweises ist oder werden soll. Denn was oben über die Einfachheit und Zuverlässigkeit der registriertechnischen Beweismethode und über die besondere Gefährlichkeit und Verwerflichkeit ihres Mißbrauchs gesagt wurde, gilt nur für den Beweis der vom Gerät registrierten Tatsache. Es gilt nicht mehr in vollem Umfang, wo die im standardisierten Code enthaltenen Klassifikationen nicht für sich allein im Beweis ausgewertet werden können, sondern nur in Verbindung mit anderen, durch weitere Beweismittel gewonnenen zur Entwicklung eines neuen Codes dienen. Damit scheiden alle diejenigen Aufzeichnungen aus dem Schutzbereich aus, die nur eine Eigenschaft feststellen. Denn eine Eigenschaft ist nicht denkbar ohne einen Träger; sie kann also auch nicht für sich allein behauptet oder bewiesen werden. Daß irgendein beliebiger Träger diese Eigenschaft hat, ist nicht die Tatsache, die der Aufzeichnung entnommen wird, denn wenn es nicht eine äußerst ungewöhnliche Eigenschaft ist, weiß man das ohnehin. Es liegt nahe, die durch die Aufzeichnung fixierte Tatsache darin zu sehen, daß derjenige Gegenstand oder diejenige Erscheinung die festgestellten Eigenschaften hat, die bei dem betreffenden Aufzeichnungsvorgang untersucht worden sind. Diese Aussage ist rückbezüglich auf die individuelle Aufzeichnung selbst. Sie ist also nur dann aus dieser allein zu entnehmen, wenn die Aufzeichnung Zeichen für sich selbst enthält. Es scheint zwar zunächst, daß sich ein Zeichen für die Aufzeichnung selbst schon deshalb erübrige, weil die Aufzeichnung ja bei ihrer Deutung gegenwärtig ist, also nicht durch ein Zeichen vertreten zu werden braucht. Und - wenn man aus formalen Gründen schon auf einem Zeichen für die Aufzeichnung besteht, weil sie selbst als Bestandteil in der durch sie fixierten rückbezüglichen Aussage erscheint könnte man nicht die ganze Aufzeichnung einfach als Zeichen für sich selbst interpretieren? Es bedarf hier keiner Entscheidung der allgemeinen Frage, ob ein Gegenstand als Zeichen für sich selbst fungieren kann. Denn diese Interpretation scheitert bei einer Aufzeichnung, die nur eine Eigenschaft beschreibt, schon daran, daß sie als Zeichen für sich selbst nicht eindeutig wäre, weil sie für sich allein nicht von allen möglichen anderen Aufzeichnungen der gleichen Art zu unterscheiden ist. Hierzu können nämlich nicht die Meßergebnisse selbst dienen, denn die Aussage, zu der man auf diesem Wege gelangt, ist tautologisch. Sie 80

Vgl. Begründung zu E 62 S. 481.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

würde lauten: diejenige Aufzeichnung, die die Ergebnisse XYZ hatte, hatte die Ergebnisse XYZ. Das hat die praktische Konsequenz, daß es nicht möglich ist, eine solche Aufzeichnung allein aufgrund der in ihr selbst fixierten Information mit anderen Tatsachen in Beziehung zu bringen, die mit ihrer Entstehung zusammenhängen. Das ist aber bei jedem mit einer Aufzeichnung zu führenden Beweis erforderlich, es sei denn, sie enthielte schon für sich allein die Gesamtheit aller Tatsachen, auf die es für den Eintritt oder Nichteintritt der angestrebten Rechtsfolge ankommt, was bei einer bloßen Registrierung von Eigenschaften kaum vorstellbar ist. Darum kann aus dem Inhalt einer solchen Aufzeichnung allein nicht ein bestimmter, wenn auch noch so geringer und untergeordneter Beweisschritt abgeleitet werden. Bildlich gesprochen bildet sie kein selbständiges Glied der Beweiskette, dem in dieser ein fester Ort zugewiesen werden kann. Deshalb ist bei Verwendung gerade dieser Aufzeichnungen, die nur Eigenschaften angeben, im Beweis die Gefahr der Unterschiebung größer als bei allen anderen. Danach kann eine Aufzeichnung etwa von Eigenschaften nur dann als Aussage über sich selbst oder über den Aufzeichnungsvorgang interpretiert werden, wenn sie durch Maschinenzeichen individualisiert ist, d. h. von allen möglichen anderen Aufzeichnungen unterschieden werden kann. Dies könnte beispielsweise durch eine automatische Angabe von Ort und Zeit des Aufzeichnungsvorgangs oder durch eine laufende Nummer in Verbindung mit einem Kennzeichen des betreffenden Geräts geschehen. Normalerweise werden solche Aufzeichnungen aber nicht durch die Maschinenzeichen von anderen unterschieden, sondern entweder durch eine hinzugesetzte menschliche Erklärung etwa über das einzelne Aufzeichnungsobjekt und die Aufzeichnungszeit oder durch den Aufbewahrungsort, beispielsweise eines EKG im Krankenblatt des Patienten, oder gar durch ein zufällig entstandenes Kennzeichen wie einen Riß oder Fleck. Oft sind die Zeichen, an denen man die Aufzeichnung erkennt, wie z. B. der Aufbewahrungsort nicht einmal dauerhaft. Darauf beruht dann die Möglichkeit, sie zu vertauschen. Aber auch wenn eine Aufzeichnung für sich allein eine Tatsache zu beweisen vermag, ist doch nicht jeder Beweis zu schützen, der mit ihr geführt werden kann. Sie könnte ja auch ebenso wie eine Aufzeichnung, die keine Tatsache vollständig registriert, mit Hilfe eines neu entwickelten Codes zum Beweis einer anderen Tatsache herangezogen werden, wobei dann nur ein unselbständiger Teil der fixierten Information in Verbindung mit anderen Beweismitteln ausgewertet würde. Die registrierte Tatsache selbst muß also beweiserheblich sein. Das bedeutet weder, daß sie für sich allein einen angestrebten Rechtserfolg begründen noch auch nur in dem Sinne unmittelbar rechtserheblich sein muß, daß sich der Beweisführer zur Begründung der von ihm angestrebten

I 5. Zur Abgrenzung der schutzwürdigen techno Aufz.

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Rechtsfolge direkt auf sie stützt, daß sie also zu dem von ihm in Anspruch genommenen gesetzlichen Tatbestand im Subsumtionsverhältnis steht. Sie muß aber zu einer solchen unmittelbar rechtserheblichen Tatsache in Beziehung gesetzt werden können, sei es auch durch Vermittlung anderer anderweitig zu beweisender Behauptungen81 . Bereits dann besteht an ihrer Feststellung in der konkreten Situation ein rechtliches Interesse. Der Schutz kann aber nicht auf solche Aufzeichnungen eingeschränkt werden, deren Beweiserheblichkeit bereits bei ihrer Entstehung gegeben ist. Das wäre angezeigt, wenn es darum ginge, die Beweisvorkehrungen desjenigen zu schützen, der das Aufzeichnungsgerät betreibt. Da es aber um den allgemeinen Schutz einer Beweismethode geht, oder anders ausgedrückt, um das Verbot einer bestimmten Methode der Täuschung im Rechtsverkehr, läßt sich keine Differenzierung danach vornehmen, ob die Anwendung dieser Methode bereits mit der Entstehung der Aufzeichnung oder erst später durch das Hinzutreten neuer Umstände möglich geworden ist. Der Schutz der technischen Aufzeichnung wird damit von der konkreten Beweissituation abhängig gemacht, in der sie benutzt werden so1l82, 81 Diese Schutzvoraussetzung der Fixierung einer beweiserheblichen Tatsache in den standardisierten Zeichen des Maschinencodes ist keineswegs identisch mit dem früher in § 267 StGB enthaltenen Erfordernis, daß eine Privaturkunde für den Beweis von Reehten oder Rechtsverhältnissen von Erheblichkeit sein müsse, ein Tatbestandsmerkmal, das bezeichnenderweise, als neben den Voraussetzungen des Urkundenbegrüfs und der erforderlichen Absicht der Täuschung im Rechtsverkehr überflüssig, gestrichen wurde. Mit dieser Beweiserheblichkeit war im Gegensatz zu der hier vertretenen Anforderung an die Schutzwürdigkeit des technischen Augenscheinsbeweises nicht gemeint, daß die Urkunde für sich allein einen selbständigen Beitrag zum Beweis des Rechtes oder Rechtsverhältnisses liefern mußte. So hat das Reichsgericht Z. B. in RG 11, 183 (186) eine Urkunde als "zum Beweis eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses von Erheblichkeit" anerkannt, die für sich allein nach der normalen Schrift gedeutet, derer sich der Aussteller auch bedient hat, nur ein paar Zahlenangaben und unzusammenhängende Wörter enthält, und der nur unter Heranziehung der besonderen Umstände des Einzelfalls eine bestimmte Tatsache als Bedeutung zugeordnet werden kann. Denn die Urkunde müsse nicht für sich allein das Recht oder Rechtsverhältnis beweisen. Die Erheblichkeit liege schon dann vor, wenn die Urkunde in Verbindung mit außerhalb ihrer selbst liegenden Tatsachen den Beweis erbringt. Näheres hierzu bei Kienapfel ZStW 82 S. 358 f. 8t Wie bei der oben I 1 d beschriebenen Konstruktion eines allgemeinen, nicht auf standardisierte Auswertungsmethoden beschränkten Schutzes des Augenscheinsbeweises ist es also auch bei den Beweismitteln mit standardisierten Auswertungscodes nicht möglich, ihren Schutz völlig unabhängig von ihrer Verwendung im Einzelfall zu machen. Dennoch bleibt aber ein Vorteil für die Bestimmung des Strafschutzes bestehen: die Festlegung, ob das Augenscheinsobjekt wahr oder unwahr ist, und die Unterscheidung seiner Verfälschung von unerheblichen Veränderungen kann hier unabhängig von der jeweiligen Beweissituation aufgrund des standardisierten Codes getroffen werden, während sie allein aus der Anwendungssituation hergeleitet werden muß, wo ein solcher fehlt.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

letztlich, wie beim Verbot einer Täuschungsmethode im Grunde nicht anders zu erwarten, von den Täuschungsabsichten des Täters. Es kann danach der Strafbarkeit des Täters nicht entgegenstehen, daß die Situation, in der eine gefälschte Aufzeichnung beweiserheblich wird, erst nach ihrer Fälschung eintritt, wenn der Täter in Erwartung ihres Eintritts gehandelt hat. Es ist also auch möglich, daß der Täter selbst die Beweissituation erst herbeiführt, u. U. auch durch Fälschung weiterer Beweismittel, mit deren Hilfe er die (scheinbare) Beziehung der angeblich aufgezeichneten Tatsache zu einem gesetzlichen Tatbestand erst herstellt. Denn er kann nicht dadurch straflos werden, daß er neben der inkriminierten noch andere Täuschungsmethoden anwendet. Eine Tatsache wird in dem Moment beweiserheblich, in dem sie zur Begründung einer Rechtsfolge in Anspruch genommen wird, wenn nur ein logischer Zusammenhang mit der behaupteten unmittelbar rechtserheblichen Tatsache hergestellt werden kann. Denn dann ist ihr Vorliegen in dem betreffenden, gerichtlichen oder außergerichtlichen, Beweisverfahren zu prüfen. Es ist danach auch möglich, daß der erforderliche Zusammenhang der Aufzeichnung mit einem behaupteten Recht oder Rechtsverhältnis durch Zufall entsteht. Es besteht hier aber kein Analogon zur sog. Zufallsurkunde, so daß von einer "Zufallsaufzeichnung" gesprochen werden könnte. Denn was hier von einem Zufall abhängig ist, ist nicht ein Begriffsmerkmal der Aufzeichnung selbst, sondern eine zusätzliche Bedingung ihres Schutzes, der ja nicht an die Aufzeichnung als solche anknüpft, sondern an eine bestimmte Art ihrer Verwendung. Deshalb empfiehlt es sich, im Tatbestand dieses Erfordernis nicht als Eigenschaft der technischen Aufzeichnung zu formulieren, sondern in die Charakterisierung der Täuschungsabsicht des Täters aufzunehmen. So entgeht man der von der Zufallsurkunde her bekannten Schwierigkeit, die Strafbarkeit dessen zu begründen, der vor Eintritt der Beweissituation bzw. der Beweisbestimmung, aber in deren Erwartung handelt83 • Wäre die Beweiserheblichkeit wie die Beweisbestimmung der Zufallsurkunde ein Begriffselement der schutzwürdigen Aufzeichnung, so würde in diesen Fällen im Augenblick der Ausführung der Fälschungshandlung ein Erfordernis dafür fehlen, daß ihr Objekt Gegenstand einer strafbaren Fälschung sein kann. Das kann nicht später nahgeholt werden. Eine Formulierung der bisher festgestellten Bedingungen eines Schutzes des Beweises mit technischen Aufzeichnungen, der auch noch 83 Im Zusammenhang mit der Frage nach dem Schutz der Zufallsurkunde wurde dieses Problem in der großen Strafrechtskommission anhand des sog. "Syltkartenfalls" ausführlich erörtert, vgl. Nied. Bd.6 S.I71, 174 ff. Es wird auch bereits seit langem in der Literatur diskutiert, vgl. etwa Binding, S. 191, ohne daß bisher eine allgemein anerkannte Lösung gefunden wurde.

I 5. Zur Abgrenzung der schutzwürdigen techno Aufz.

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gerechtfertigt werden kann, nachdem der Schutz des Augenscheinsbeweises grundsätzlich abgelehnt ist, könnte also etwa folgendermaßen lauten: "Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr über eine beweiserhebliche Tatsache eine technische Aufzeichnung dieser Tatsache (verfälscht)84, ... ". Weil gewisse abstrakt beschreibbare Mindestanforderungen an den Inhalt der zu schützenden technischen Aufzeichnungen zu stellen sind, verläuft die hier gefundene Trennungslinie zwischen schutzwürdigen und nicht-schutzwürdigen Augenscheinsobjekten nicht zwischen technischen Aufzeichnungen und "klassischen" Augenscheinsbeweismitteln, sondern innerhalb der technischen Aufzeichnungen. Denn die Eigenschaft, die ihre strafrechtliche Sonderstellung zu rechtfertigen vermag, ist nicht in dem Sinne für die technischen Aufzeichnungen charakteristisch, daß sie für die meisten von ihnen zutrifft. Man kann sogar sagen, daß das Gros der heute gebräuchlichen Registrierungen sie nicht erfüllt. Weder die Karte einer automatischen Großwaage, die nur einen Gewichtsaufdruck enthält, noch der bekannte Fahrtenschreiber, dessen Nichtanerkennung als Urkunde durch die höchstrichterliche Rechtsprechug wohl der eigentliche Anlaß für die Entstehung des § 306 E 62 war, noch ein EKG beweist, nach dem Maschinencode ausgewertet, eine vollständige Tatsache. Typisch ist die unmittelbare Information über die Beweistatsache durch standardisierte Zeichen für den Beweis durch technische Aufzeichnungen aber insofern, als sie das bezeichnet, was automatische Registriergeräte ihrem Prinzip nach Besonderes für den Beweis zu leisten vermögen. Sie bezeichnet den Idealfall eines technischen Beweises. Daß die meisten von ihnen diese Leistung trotzdem nicht erbringen, liegt nicht so sehr am Fehlen der technischen Möglichkeiten, deren Entwicklung allerdings auch erst an ihrem Anfang steht, als vielmehr daran, daß die meisten Registriergeräte, wie Z. B. alle medizinischen Aufzeichnungsgeräte und alle, die technischen Kontrollen dienen, gar nicht für einen juristischen Beweis konstruiert worden sind oder daß man, wie beim Fahrtenschreiber, zwar einen auch rechtlich bedeutsamen Sachverhalt erfahren will, aber dessen vollständigen Beweis durch die Aufzeichnung gar nicht erstrebt, weil man sich mit ihrer Ergänzung durch andere unsicherere Beweismittel begnügt. Beim Fahrtenschreiber ist dies meist die Urkunde des kontrollierenden Angestellten, mit der 84 Das Wort "verfälscht" ist hier zunächst nur mit Vorbehalt aus grammatischen Gründen eingesetzt. Denn eine Beschreibung der tatbestandsmäßigen Handlung kann an dieser Stelle noch nicht gegeben werden. Das ist erst möglich, nachdem Richtung und Umfang eines angemessenen Schutzes des Beweises mit technischen Aufzeichnungen ermittelt sind, insbesondere festgestellt ist, ob ein Wahrheitsschutz in Betracht kommt oder ein Echtheitsschutz, und wie gegebenenfalls die Echtheit zu bestimmen wäre.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeidmung

dieser auf dem Schaublatt eine Erklärung über die Zeit, das Fahrzeug und die Person des Fahrers abgibt. Diese Einstellung des Verkehrs könnte sich vielleicht ändern, wenn der Gesetzgeber den besonderen Wert der technischen Beweismethode durch eine Schutzvorschrift anerkennt. Daß nach der hier vertretenen Ansicht das Strafrecht höhere Anforderungen an die Leistungsfähigkeit technischer Aufzeichnungen für den Beweis stellen muß als der Verkehr, hat seinen guten Grund. Der Verkehr schöpft die schon heute gegebenen Möglichkeiten der Registriertechnik nicht aus. Es wäre z. B. einfach genug, einen Fahrtenschreiber mit einem selbsttätigen Stempel zu versehen, der das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs trägt, oder gar zusätzlich noch mit einem stempelnden Uhrwerk. Der Verkehr aber rechnet nicht so sehr mit dem Ernstfall des Beweises und der zur Zeit der Entstehung einer Aufzeichnung meistens noch unwahrscheinlichen Notwendigkeit, einen Gegner oder gar ein Gericht im Rechtsstreit von einer Tatsache überzeugen zu müssen. Normalerweise will derjenige, der ein Registriergerät betreibt, eine Waage mit Druckwerk, ein Materialprüfgerät, einen Tachographen, in erster Linie sich selbst von einer Tatsache überzeugen und das mit dem Grad an Sicherheit, mit dem er sich in Anbetracht des dazu erforderlichen Aufwandes begnügen will. Für diese Zwecke aber ist der Strafschutz der technischen Aufzeichnungen nicht gedacht, sondern für den Beweis einer umstrittenen rechtserheblichen Tatsache, mag dieser Streit nun gerichtlich oder außergerichtlich ausgetragen werden. Deshalb muß der Gesetzgeber hier seine Anforderungen nach einer Situation richten, mit der der Betreiber des Gerätes meistens gar nicht so sehr rechnet. Es ist also gar nicht verwunderlich, wenn seine Anforderungen an den Beweis durch automatische Registrierung höher sind als die, die der Verkehr, d. h. die Käufer und Benutzer und deshalb auch die Konstrukteure an die technischen Aufzeichnungsgeräte stellen. Und für den Beweis einer streitigen Tatsache genügt die unvollständige Registrierung, wie sie all die aufgezählten und die meisten anderen Aufzeichnungsgeräte leisten, niemals. Ob sie zusammen mit anderen sie ergänzenden Beweismitteln genügen, wird in jedem Einzelfall neu und unabhängig entschieden und hängt ganz von der Zuverlässigkeit dieser in dem betreffenden Fall gerade zur Verfügung stehenden ergänzenden Beweismittel und von den Ansprüchen des betreffenden Beweisdestinatärs an die Beweissicherheit ab. Allgemeine Wertungsregeln über die Beweiseignung und Beweiserheblichkeit technischer Aufzeichungen, die für den Gesetzgeber Leitlinie sein könnten oder gar müßten, hat der Rechtsverkehr nicht entwickelt, indem er sich mit der Verwendung unvollkommener Geräte begnügt.

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Aber selbst wenn sich in Verkehrs anschauung und Gerichtsgebrauch Regeln für die Würdigung des Beweises mit technischen Aufzeichnungen herausbilden, wären diese für den Strafgesetzgeber nicht verbindlich. Denn sie beträfen nicht das, worüber er zu entscheiden hat. Der Beweisverkehr hat nur darüber zu befinden, welches Maß an Sicherheit der Beweisführung ihm genügt, um sich vom Vorliegen einer Tatsache überzeugen zu lassen80 • Der Gesetzgeber hat zu bestimmen, welchen Grad an Zuverlässigkeit einer Beweismethode er für erforderlich erachtet, um einen besonderen Fälschungsschutz für diese Beweismethode zu rechtfertigen86 • Natürlich hätte der Gesetzgeber jeden Beweis für schutzwürdig erklären können, den der Rechtsverkehr für ausreichend erachtet. Es wäre dann eine Strafvorschrift zustandegekommen gegen den Falschbeweis schlechthin oder, auf sachliche Beweismittel beschränkt, gegen die Verursachung eines falschen Augenscheins. Der Entwurf hat sich gegen dieses Prinzip entschieden, indem er einen allgemeinen Schutz des Augenscheinsbeweises ablehnte 87 • Eine andere Frage ist, ob angesichts der Tatsache, daß technische Aufzeichnungen, die die hier abgeleiteten Anforderungen erfüllen, aus welchen Gründen auch immer selten vorkommen, ein Schutz, der sich auf diese wenigen beschränkt, praktisch sinnvoll ist. Es ist jedoch vorauszusehen, daß die praktische Bedeutung einer solchen Vorschrift steigen wird. Wir stehen heute wahrscheinlich erst am Anfang der Registriertechnik, und selbst dann, wenn der Verkehr an vollständigen Registrierungen von Tatsachen kein größeres Interesse zeigt, wird die Automation sie ganz von selbst liefern. Will man einen praktisch bedeutungsvolleren Schutz, so kann man ihn nur damit begründen, daß prinzipiell jeder Mißbrauch eines standardisierten Codes und damit einer allgemein anerkannten Beweismethode zum Falschbeweis strafwürdig sei. Dann käme man zu einem Schutz aller technischen Aufzeichnungen, auch derjenigen, die nicht 85 Deshalb ist die wohl herrschende Formel der Urkundenlehre, daß Gesetz, Herkommen und Vereinbarung oder der Rechtsverkehr über die Beweiseignung entscheidet, vgl. Maurach § 53 111 D 1, ähnlich WeiZenböck S.34, Schönke - Schröder zu § 267 Ziff. 9 u. a., mindestens irreführend. 8a Deshalb ist die verbreitete Meinung vgl. Binding S. 188 f., Lampe S. 6 f. - irrig, daß sich das Beweismittelstrafrecht in seinen Anforderungen notwendig nach den Beweisregeln des Prozesses und der Verkehrsanschauung zu richten habe, mag auch die Sicherung jener Prozeßregeln einen Grund für den Strafgesetzgeber abgeben, sich ihnen anzupassen. 87 Hasselberg interpretiert allerdings schon den § 306 als Entscheidung des Gesetzgebers für die Strafbarkeit der Verursachung eines falschen Anscheins, vgl. S. 174 f. Er begründet die Schutzlosigkeit des "klassischen" Augenscheinsobjektes damit, daß es unmöglich sei, den von diesem verursachten Anschein zu messen. Er läßt aber außer acht, daß sich eine so lückenhafte Durchführung eines Prinzips trotz des fragmentarischen Charakters des Strafrechts verbietet, mag seine konsequentere Durchführung auch unmöglich sein.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

mehr leisten als alle nach naturwissenschaftlichen, also standardisierten Methoden auswertbaren Augenscheinsobjekte, von denen wir mit der Blutprobe und dem Fingerabdruck nur die geläufigsten aufgeführt haben. Denn es dürfte kaum möglich sein, eine Mindestanforderung für die Leistungsfähigkeit schutzwürdiger Aufzeichnungen mit hinreichender Bestimmtheit festzulegen, wenn man die oben vertretene der vollständigen Registrierung der Beweistatsache als zu weitgehend ablehnt. Man müßte dann also alle technischen Aufzeichnungen in den Tatbestand einbeziehen und käme so zu einer zuverlässigen und einfachen Abgrenzung zwischen geschützten und nichtgeschützten Augenscheinsobjekten. Das entscheidende Argument gegen diese praktikable Lösung ist nicht die Tatsache, daß auch "klassische" Augenscheinsobjekte durch standardisierte Zeichensysteme auswertbar sein können und dann nach dem dieser Lösung zugrundeliegenden Rechtsgedanken auch geschützt werden müßten. Diese Inkonsequenz wäre allenfalls damit zu rechtfertigen, daß diese Zeichen meist wesentlich schwerer nachzumachen sind als die eines Registriergerätes. Es besteht vielmehr darin, daß das bestehende Vertrauen in eine standardisierte Auswertungsmethode als solches zur Rechtfertigung ihres strafrechtlichen Schutzes nicht ausreicht, wenn an deren Ergebnis für sich allein kein selbständiges Interesse besteht, m. a. W., wenn der Vertrauende im Einzelfall von der Respektierung seines Vertrauens keinen konkret aufweisbaren Gewinn an Sicherheit hat. Erklärt man dagegen den Schutz der standardisierten Auswertungsmethode mit dem Interesse an dem Beweisergebnis, auch wo dieses nur in Verbindung mit anderen Beweismethoden zu erreichen ist, so muß man sich entgegenhalten lassen, daß jene Herrschaft über die Vorstellungen des Getäuschten, die das Verbot des Mißbrauchs standardisierter Zeichen zur Irreführung angesichts der grundsätzlichen Erlaubnis von Lüge und Täuschung rechtfertigen könnte, sich u. U. gerade nicht auf die Vorstellung über die Beweistatsache erstreckt. Nimmt man diese dogmatischen Schwierigkeiten um der Erhöhung der praktischen Bedeutung des Aufzeichnungsschutzes willen in Kauf, so ist zu erwägen, ob man, nachdem man auf das Erfordernis einer festen Beziehung der Aufzeichnung als automatische Leistung zu einer Beweisfrage verzichtet hat, nicht wenigstens eine solche Beziehung der Aufzeichnung als ein in ein Beweisverfahren eingeführtes Objekt, also als körperlicher Gegenstand verlangen sollte. Damit wäre der Schutz auf solche Aufzeichnungen beschränkt, deren Funktion in einem Beweis, wenn auch nicht mit der Sicherheit der Maschinenzeichen, so doch wenigstens überhaupt, in dauerhafter Form erkennbar ist, bei denen daher die Möglichkeiten der Unterschiebung und Vertauschung eingeschränkt sind.

I 6. Vergleich der schutzwürdigen techno Aufz. mit den Urkunden

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Ein strafrechtlicher Schutz vor Vertauschung und Unterschiebung wäre damit freilich nicht erreicht, da die zusätzlichen nichtmaschinellen Zeichen, mit deren Hilfe man die Beweisbeziehung herstellt, in den Aufzeichnungsschutz nicht einbezogen werden können. Denn sie sind entweder schon nicht standardisiert, so etwa zufällig entstandene Kennzeichen einer Aufzeichnung, oder es fehlt ihnen doch, wenn sie es sind - z. B. weil es sich um von Menschenhand hinzugefügte Erläuterungen der Aufzeichnungen handelt -, die Objektivität automatischer Registrierungen. Man könnte also straflos eine Aufzeichnung, deren Entstehung nicht mit der Beweistatsache zusammenhängt, unterschieben, indem man solche nichtmaschinellen Zeichen imitiert, hinzufügt oder bereits vorhandene verfälscht. Wenigstens die nachträgliche Vertauschung ist allerdings strafrechtlich erfaßt, wenn diese Zeichen ihrerseits eine Urkunde darstellen. Es wäre also auch sinnvoll, für diejenigen Aufzeichnungen, die für sich allein nicht über eine beweiserhebliche Tatsache vollständig Auskunft geben, zu fordern, daß sie dies wenigstens zusammen mit einer fest mit ihnen verbundenen urkundlichen Erklärung tun. Sinn einer solchen Regelung wäre neben dem Ausschluß der nachträglichen Vertauschung, die Einschränkung des Schutzes unvollständiger Aufzeichnungen auf diejenigen, bei denen nicht nur die zusätzlich für ihre Auswertung im Beweis benötigte Information selbst aus dauerhaften standardisierten Zeichen zu entnehmen ist, sondern dank der Erkennbarkeit des Urkundenausstellers auch deren Quelle. 6. Zum Vergleich der hiernach schutzwürdigen technischen Aufzeichnungen mit den Urkunden

Ausgangspunkt der bisherigen Erörterungen war die Behauptung der Begründung zu § 306 E 62, bestimmte technische Aufzeichnungen ersetzen im Rechtsverkehr Urkunden88 und müßten daher so weitgehend als möglich diesen strafrechtlich gleichgestellt werden. Da diese Gleichheit nicht in ihrem Zweck als Beweismittel liegen kann - denn diesen teilen sie mit jedem "klassischen" Augenscheinsobjekt - haben wir sie in der Methode ihrer Auswertung als Beweismittel gesucht, also in der Art, wie sie beweisen. Wir sind dabei auf zwei für die Möglichkeit und die Rechtfertigung eines Fälschungsschutzes bedeutsame Gemeinsamkeiten zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung gestoßen: 1. Für beide Beweismittel ist unabhängig von einer tatsächlichen Beweisbestimmung oder einem wirklich ablaufenden Beweisverfahren ein Auswertungscode nach allgemeinen Kriterien bestimm88

Begründung zu E. 62 S. 481.

5 Puppe

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

bar. Dieser Code ermöglicht die Bestimmung des Falschheitsbegriffes für jedes dieser Beweismittel unabhängig von einer konkreten Beweisaufgabe, zu der es herangezogen wird, und ermöglicht daher einen Fälschungsschutz für diese Beweismittel unabhängig von einer Beweisbestimmung und deren Träger. 2. Bei beiden Beweismitteln deckt sich dieser allgemein festlegbare Code - wenn auch nicht notwendig, so doch meistens - mit dem bei ihrer Auswertung angewandten. Das bietet dem Fälscher die sonst nicht gegebene Möglichkeit, durch Mißbrauch dieses Codes, den ja auch er im vorhinein feststellen kann, über das Ergebnis eines Beweises direkt zu bestimmen und die Vorstellungen des Destinatärs der Fälschung unmittelbar zu beherrschen, ohne selbst als deren Urheber in Erscheinung zu treten. Aus diesen Gemeinsamkeiten ergibt sich aber noch nicht die Berechtigung oder gar Notwendigkeit dazu, die technischen Aufzeichnungen strafrechtlich soweit als möglich so zu behandeln, wie man bisher und auch im kommenden Recht die Urkunden behandelt, ihnen also einen Schutz zukommen zu lassen, der der strafrechtlichen Sicherung der "Echtheit" einer Urkunde gleichkommt. Das Urkundenstrafrecht, insbesondere der Tatbestand der Urkundenfälschung, könnte ja auch gerade an die Besonderheiten der Urkunde anknüpfen, die sie auch von den technischen Aufzeichnungen unterscheidet. Es ist also zu klären, worin sich beide Beweismittel überhaupt unterscheiden und welche Bedeutung diese Unterschiede für ihre Beweismittelfunktion haben. Die Urkunde ist eine perpetuierte menschliche Erklärung, also eine menschliche Aufzeichnung, der Ausdruck "technische Aufzeichnung" markiert also einen Gegensatz zur Urkunde. Jede Aufzeichnung ist Träger von Information. Information ist definierbar als Auswahl von Zeichen. Eine menschliche Aufzeichnung liegt also immer dann vor, wenn die Auswahl der Zeichen von einem Menschen bestimmt ist, mag an ihrer Herstellung auch ein technisches Gerät beteiligt seinS'. Bei einer technischen Aufzeichnung ist die Auswahl - sieht man von der Funktionsweise des Gerätes als von einer Konstanten ab - von der registrierten Tatsache selbst abhängig. Es ist "der Vorgang, der sich selbst aufschreibt". "Es wirkt hier die Natur selbst in Verbindung mit der Technik dahin, daß man einen Sachverhalt feststellen kann90 ." 88 Daß mit Hilfe technischer Geräte, z. B. Schreibmaschinen, Druckerpressen, Registrierkassen usw., Urkunden hergestellt werden können, ist allgemein anerkannt, vgl. aus der Rechtsprechung RG 10, 304 (306); 13, 168; 21,183 (186); 29, 357 (360 f.); 55, 107. 80 Vgl. Gallas Nied. Bd. 6, 165.

16. Vergleich der schutzwürdigen techno Aufz. mit den Urkunden

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Wir können also mit Hilfe des Informationsbegriffs den Gegensatz zwischen menschlicher und technischer Aufzeichnung anhand der Phänomene bestimmen, die beiden gemeinsam sind, ohne von vornherein auf diejenigen zurückzugreifen, die nur die menschliche Aufzeichnung auszeichnen, wie dies die Rechtsprechung heute noch tut, indem sie gleich nach dem Erklärungswillen fragt91. Die für den Rechtsverkehr wesentlichsten Unterschiede zwischen beiden Beweismitteln, auch die, die der Rechtsprechung bisher als Unterscheidungskriterien gedient haben, lassen sich aus diesem objektiven Gegensatz in der Bestimmung der Zeichenauswahl herleiten.

1. Der Erklärungswille Der Erklärungswille im technischen Sinne setzt zunächst einen Äußerungswillen voraus. Eine Äußerung ist, wie auch immer sie sonst zustandekommt, nur dann von einem Äußerungswillen getragen, wenn dieser die Zeichenauswahl und damit ihren Inhalt bestimmt hat. Mag eine Person mit der Entstehung einer automatischen Aufzeichnung gewissen Inhalts auch noch so einverstanden sein, so ist das für den Rechtsverkehr völlig irrelevant, solange sie auf das Aufzeichnungsergebnis keinen Einfluß hatte. Ihr Wille wurde zwar verwirklicht, aber er wurde nicht wirksam. Nur wenn sie die fremde Information in eine weitere eigene Äußerung einbezieht, kann sie sie zum Bestandteil ihrer Erklärung machen (s. näheres hierzu u. 3. Teil I 2). Umgekehrt kann niemand, der die Auswahl der in einer Aufzeichnung fixierten Zeichen selbst willentlich festgelegt hat, sich darauf berufen, er habe sie nicht als seine eigene Äußerung gewollt, es sei denn, er vertrete einen anderen im Willen und es wird durch eine rechtliche Fiktion seine Entscheidung (Auswahl) als die eines anderen behandelt.

2. Die sogenannte Garantiefunktion der Urkunde: Sie ist eine von der Rechtsordnung aus dieser Willensherrschaft gezogene Konsequenz. Sie ist nichts als das Resultat der Subsumtion der Fälle schriftlicher Erklärungen im Rechtsverkehr unter jenen oben (1. Teil Einleitung) schon besprochenen allgemeinen Satz der Rechtsordnung von der Zurechnung der rechtlichen Handlungen eines jeden Rechtssubjekts zu diesem selbst. 11 So die allgemein anerkannte Entscheidung RG 64, 97, auf die die neueren Urteile zurückgreifen, wenn es um Abgrenzung zwischen Urkunden und technischen Aufzeichnungen geht, vgl. OLG Stuttgart NJW 59, 1379, OLG Hamm NJW 59, 1380.

1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

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3. Die Subjektivität der Urkunde Die Herrschaft des Ausstellers über den Informationsgehalt der Urkunde ist auch der Grund für deren Schwäche als Beweismittel: die Gefahr der Unwahrheit der aus ihr zu entnehmenden Nachricht. Allerdings läßt sich aus jeder Urkunde - die unechte Urkunde ist keine eine Tatsache mit Sicherheit beweisen, die, daß der Aussteller eine Erklärung bestimmten Inhalts abgegeben hat. Ist diese Tatsache rechtserheblich, wie vor allem bei den Dispositivurkunden, so leistet die Urkunde, wenn sie in einer allgemein verständlichen Schrift abgefaßt ist und die Erklärung vollständig enthält, für den Rechtsverkehr ebensoviel, wie eine technische Aufzeichnung leisten kann. Kommt es aber nicht auf die Tatsache der Erklärung, sondern auf die Wahrheit ihres Inhalts an, wie meistens beim Beweis mit Zeugnisurkunden, so hängt die Richtigkeit des Beweisergebnisses vom Erkenntnisvermögen des Ausstellers und vor allem von seiner Wahrhaftigkeit ab. Die Zeugnisurkunde ist insofern der objektiven automatischen Registrierung im Beweis unterlegen. Da der strafrechtliche Urkundenschutz aber Zeugnisurkunden wie Dispositivurkunden gleichermaßen zuteil wird, muß zu seiner Erklärung der geringere Beweiswert der Zeugnisurkunde genügen. 4. Der Mangel der Standardisierung

Die Urkunde ist jedenfalls nach ganz überwiegender Meinung nicht notwendig allgemein verständlich92 • Der Aussteller bestimmt nicht nur die Information, sondern auch den Code, der auch auf besonderer Verabredung beruhen kann, wie bei einzelnen Beweiszeichen und den Geheimschriften. Deshalb kann bei der Auswertung von Urkunden ganz ähnlich wie bei "klassischen" Augenscheinsobjekten die Ermittlung des Codes problematisch sein. Bei technischen Aufzeichnungen ist dagegen für die Erkennbarkeit des Codes, wenigstens für Fachleute, gesorgt. Zieht man aus diesen Unterschieden nun die Konsequenzen für den Beweiswert von Urkunden und technischen Aufzeichnungen, so ergibt sich, daß die letzteren den ersteren insofern überlegen sind, als sie objektive Beweismittel sind. Indem man sich auf sie verläßt, geht man nicht das Risiko ein, das mit dem Vertrauen auf die Glaubwürdigkeit eines Menschen verbunden ist. Allerdings steht für die aus ihnen gewonnenen Informationen auch niemand in dem Sinne ein, wie das jeder Aussteller kraft Rechtssatzes für seine Erklärung tut. Aber diese Garantiefunktion der Urkunde, die der technischen Aufzeichnung fehlt, ist eigentlich keine Beweisfunktion. Die Garantiefunk12

Anders nur Samson S. 123 ff. und neuerdings Welzet § 59 11 1 b.

I 6. Vergleich der schutzwürdigen techno Aufz. mit den Urkunden

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ti on, d. h. die Bindung des Ausstellers an das Papier hat mit der Fähigkeit dieses Papiers, seine Erklärung zu beweisen, nichts unmittelbar zu tun. Diese Fähigkeit ist lediglich eine Voraussetzung für jene Bindung, die eine der Urkunde als Rechtsinstitut zusätzlich zu ihrer Aufgabe im Beweis von der Rechtsordnung übertragene Funktion ist. Wenn es also darum geht, die Beweismittel ihrer Leistungsfähigkeit nach zu schützen, so verdient die technische Aufzeichnung den umfassendsten Schutz. Da auch die Urkunde unter ihr rangiert, ist es nicht notwendig, beide möglichst gleich oder ähnlich zu behandeln93 , auch wenn man den Tatbestand der Urkundenfälschung ebenso wie den der Aufzeichnungsfälschung als reinen Beweisschutz auffaßt. Ob aber die Vorschrift gegen Urkundenfälschung mit ihrem spezifischen Echtheitsschutz überhaupt in eine solche Reihe gehört, oder ob sie nicht (mindestens zusätzlich) noch eine andere Funktion hat als die Sicherung einer bestimmten Beweismethode, wird erst noch zu untersuchen sein. Doch dazu ist hier noch nicht der Ort. 11. Der Begriff der (schutzwürdigen) "technischen Aufzeichnung" in § 306 E. 62 Ehe die Beantwortung der Frage versucht werden kann, ob der den technischen Aufzeichnungen vom Entwurf zugedachte Echtheitsschutz ihnen angemessen ist, ob also der Sinn des Urkundenstrafrechts, insbesondere des Tatbestandes der Urkundenfälschung, wenigstens einem möglichen Sinn einer Schutzvorschrüt für technische Aufzeichnung entspricht, muß noch geklärt werden, ob die Begriffsdefinition der technischen Aufzeichnung, die der Entwurf entwickelt hat, und von der seine Schutzkonzeption ja ausgehen muß, nach den hier aufgezeigten Regeln und Mechanismen des Beweises dogmatisch begründbar und praktikabel ist. Die bisherigen Erörterungen über die Gründe der besonderen Schutzwürdigkeit bestimmter automatischer Registrierungen liefern eine Grundlage für die nähere Auseinandersetzung mit der Begriffsdefinition des Schutzobjekts des § 306 E 62. Sie lautet: "Technische Aufzeichnung ist eine Aufzeichnung eines Meßwerts, Zustands oder Geschehensablaufs, die durch ein technisches Gerät ganz oder zum Teil selbsttätig bewirkt wird, den Gegenstand der Aufzeichnung allgemein oder für Eingeweihte erkennen läßt ... " 93 In der Kommission ging man dagegen davon aus, daß die Urkunde nach wie vor das wertvollste und schutzwürdigste Beweismittel sei und lehnte es daher grundsätzlich ab, der technischen Aufzeichnung einen intensiveren Schutz angedeihen zu lassen. Vgl. Jescheck Nied. Bd.6, 173, auch Kaufmann

8.425.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Das noch folgende Merkmal der Beweisbestimmung ist eigentlich kein Begriffselement der technischen Aufzeichnung, sondern eine vom Entwurf zusätzlich aufgestellte Bedingung ihres Strafschutzes. 1. Der Begriff der Aufzeidtnung

Dieser Begriff wird in § 306 überhaupt nicht definiert, die Definition ist insofern kreisläufig. Die Begründung zu E 60 und zu E 62 sagt ebenfalls nichts dazu. Auch die Große Strafrechtskommission hielt ihn offenbar für völlig unproblematisch. Daß er dies aber durchaus nicht ist, zeigt schon das alltägliche Beispiel der gewöhnlichen Fotografie. In den Beratungen der Kommission taucht sie als Beispiel für ein "klassisches" Augenscheinsobjekt auf1 , Kaufmann und Hasselberg subsumieren sie ebenso selbstverständlich unter den Begriff der technischen Aufzeichnung i. S. des § 306 E 622 • a) Aufzeichnung und Kopie

Ratio legis des § 306 E 62 ist laut amtlicher Begründung der Schutz eines besonders leistungsfähigen Beweismittels. Als einzige Voraussetzung für das Vorhandensein dieses Beweiswerts ist in der Legaldefinition der technischen Aufzeichnung angeführt, daß die "Darstellung" von einem technischen Gerät produziert sein muß. Es fragt sich, ob damit die Bedingungen für die Anwendbarkeit einer dem normalen Augenscheinsbeweis überlegenen Beweismethode gesichert sind. Kaufmann kommt, von dieser Definition ausgehend, zu dem Ergebnis, daß hier nicht besonders wertvolle, sondern im Gegenteil gerade die weniger beweiskräftigen Augenscheinsobjekte erfaßt worden sind. Das begründet Kaufmann damit, daß die Gegenstände, deren Beschaffenheit in einer technischen Aufzeichnung dargestellt ist, selbst überzeugenderen Beweis für ihre Eigenschaften liefern als deren Wiedergabe durch ein Aufzeichnungsgerät. Kaufmann sieht also die Leistung des Aufzeichnungsgeräts nur in der Wiederholung eines Ausschnitts der Wirklichkeit. Eine solche Wiedergabe von Erscheinungen kann nur insofern für deren Beweis von eigenem Interesse sein, als sie leichter verfügbar und vielleicht dauerhafter ist als das Phänomen selbst. Für Kaufmann erschöpft sich damit die Funktion der technischen Aufzeichnung darin, ein anderes nicht verfügbares Augenscheinsobjekt zu ersetzen. Wenn Vgl. Jescheck Nied. Bd. 13 8. 813. Vgl. Kaufmann 8.427, Hasselberg 8.179 ff. In der Begründung zu E 62 8. 482 erscheint die medizinische Röntgenaufnahme als Beispiel für eine technische Aufzeichnung. 1

2

II

1. Der

Begriff der Aufzeichnung

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aber dieses nicht geschützt werden soll, so verdient auch sein Ersatz, die Aufzeichnung, keinen Schutz, denn "eine Kopie kann nicht schutzwürdiger sein als das Original"3. Diese Kritik Kaufmanns erscheint deshalb zunächst berechtigt, weil die Definition des § 306 Abs. 2 E 62 keinen Anhaltspunkt dafür liefert, daß der Gesetzgeber in den technischen Aufzeichnungen etwas anderes sieht als eben "Darstellungen", d. h. dauerhafte Kopien von Wirklichkeitsausschnitten, und als ihre besondere Leistung für den Beweis nicht bloß das betrachtet, was wir bei der Urkunde Perpetuierungsfunktion zu nennen gewohnt sind. Sie ist auch berechtigt, sofern man unter den Begriff der technischen Aufzeichnung, was die Legaldefinition durchaus ermöglicht, alle im Beweis verwendeten mit technischen Mitteln bewirkten Fixierungen von Gegenständen oder Vorgängen subsumiert, auch die, die nur als Abklatsch eines Wirklichkeitsausschnittes verwendet werden. Aber zu unrecht spricht Kaufmann allen technischen Aufzeichnungen eine über andere Augenscheinsobjekte hinausgehende Leistungsfähigkeit im Beweis ab. Denn wie wir gesehen haben, vermögen Aufzeichnungsgeräte die fixierten Erscheinungen nach bestimmten Kriterien zu unterscheiden und dadurch zu klassifizieren. Unterscheidung von Gegenständen und ihre Einordnung unter Gattungen, also Klassifikation ist aber ein wesentlicher Teil eines jeden Erkenntnisvorgangs, zumindest, soweit es sich um Gegenstände der Außenwelt und um unsere Orientierung in ihr handelt4. Sie ist das, was von dem Erkenntnis- oder Orientierungsvorgang übrig bleibt, wenn man von seiner subjektiven Seite, d. h. von seinem Charakter als Bewußtseinsakt abstrahiert. Ist ein technisches Gerät also in der Lage zu einer Klassifikation, so vermag es uns .Erkenntnis arbeit abzunehmen. Seine Produkte sind nicht nur Abklatsch von Wirklichkeit, sie sind in gewissem Sinne ihre Deutung als Zeichen für etwas. In diesem Sinne spricht die Kybernetik von maschineller Zeichenerkennung5 • Aber was berechtigt uns, einen automatischen Vorgang als Zeichenerkennung zu qualifizieren und von bloßer Zeichenreproduktion zu unterscheiden? Ist es nicht in jedem Falle letzlich der Auswerter, der einen Gegenstand zum Zeichen macht, indem er aus ihm die Beantwortung einer bestimmten Frage entnimmt? Ist nicht die automatische Reaktion des Aufzeichnungsgeräts auf bestimmte Einflüsse des Objekts stets nur Reproduktion von etwas in diesem schon Vorhandenem, 3 Vgl. Kaufmann S. 427. , Vgl. CherTy S. 708, H. Frank S. 15 ff. 6 Vgl. Steinbuch S. 100.

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

das als Eigenschaft der Aufzeichnung nicht mehr und nicht weniger Zeichenqualität haben kann, wie als Eigenschaft des Objekts selbst? Um diese für die Unterscheidung zwischen Aufzeichnung und Kopie wesentlichen Fragen zu beantworten, müssen wir nochmals auf das zurückgreifen, was wir von der Verwertung von Gegenständen als Zeichen im allgemeinen wissen. Wir hatten oben (I 1 c) gesehen, daß die Verwendung eines individuellen Gegenstandes als Zeichen darin besteht, daß man ihn unter einem bestimmten Aspekt, einer Fragestellung, betrachtet. Die möglichen Antworten auf diese Frage bilden die Bedeutungsseite, die diesen zugeordneten möglichen Beschaffenheiten des Objekts die Zeichenseite des Codes. Die Zeichenerkennung ist die Bestimmung des individuellen Objekts als eines, das diese oder jene nach dem Code relevante Beschaffenheit hat, daher Klassifikation. Nun kann ein automatischer Ablauf, also die geordnete Kette von Ursachen und Wirkungen in einer Maschine, als solcher nicht Unterscheidung oder Erkennung oder Betrachtung eines Gegenstandes unter besonderen Aspekten sein. Aber in der Ordnung dieser Ursachenkette und ihrer Zweckbestimmung durch den Menschen findet eine als allgemeine für die später vom Gerät zu behandelnden einzelnen Objekte vorweggenommene Interpretation dieser Objekte, ihre Betrachtung unter bestimmten Fragestellungen, ihren Ausdruck. Die Erkenntnis, daß bestimmte interessierende Eigenschaften dieser Art von Objekten in einem in bestimmter Weise angeordneten Apparat ihnen eindeutig zuzuordnende Erscheinungen verursachen müssen - und damit der Auswertungscode -, ist als Vorinformation in der dementsprechenden Konstruktion von Aufzeichnungsgeräten gespeichert. Das ist eine Art Programmierung. Die Entscheidung für eine bestimmte Interpretation solcher Maschinenzeichen ist dem Auswerter in der Regel deshalb abgenommen, weil das Gerät nur auf eine bestimmte Eigenschaft des Objekts überhaupt reagiert, also eine Beziehung zwischen Maschinenprodukt und Objekt nur über diese Eigenschaft herzustellen ist. Oder das Gerät gibt bestimmte Erscheinungen in anderer Form wieder als sie beim Original auftreten. Das unterscheidet die Aufzeichnung von der Reproduktion des Objekts, die wenn nicht alle, so doch einen großen Teil der Eigenschaften des Originals unterschiedslos wiedergibt. Die Spezialisierung auf bestimmte Erscheinungen ist es also, die die besondere Leistung des Aufzeichnungsgeräts ermöglicht. Für den Kopiervorgang ist demgegenüber charakteristisch, daß er nach anderen, meist einfacheren und universeller anwendbaren Prinzipien geordnet ist, als sie der späteren Deutung seiner Ergebnisse als Zeichen zugrundeliegen, beispielsweise nach der Unterscheidung von hell und dunkel.

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Der Begriff der Aufzeichnung

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Die bloße Zeichenreproduktion ist deshalb keine Erkennung des Zeichens. Es liegt zwar nahe, in der richtigen Wiedergabe eines Zeichens durch eine Maschine ebenfalls eine Klassifikationsleistung zu sehen, da ein korrekt arbeitendes Kopiergerät nur dieses Zeichen in dieser Gestalt abbildet und auf jedes andere hin auch ein anderes Bild produziert. Der Fehler dieser überlegung liegt darin, daß hier als Zeichen der abgebildete einzelne Gegenstand betrachtet wird und nicht die Klasse von Gegenständen, der die Bedeutung zugeordnet ist. Die Klassifikationsleistung besteht aber nicht nur darin, daß das Gerät auf verschiedene Klassen eines Systems verschieden reagiert, sondern auch darin, daß es die Elemente einer Klasse gleich behandelt. Erst dadurch nimmt es uns die Entscheidung ab, ob die registrierte Erscheinung zu einer bestimmten Klasse gehört. Das sei an einem Beispiel erläutert. Jedes Kopiergerät würde diese 2 genau so abbilden: 2, und jeder, der die Kopie sieht, könnte daraus erkennen, daß im Original die Bedeutung "zwei" signalisiert worden ist. Es gibt aber zahllose von dieser Figur abweichende Formen, die der Leser ebenfalls mit der Bedeutung "zwei" assoziieren würde; sie alle sind nach dem Code der arabischen Zahlenschrift in einer Klasse zusammengefaßt, also identisch. Deutet man aber die verschiedenen Abbildungen des Kopiergeräts als dessen klassifizierende Reaktionen, so wären sie für das Gerät nicht identisch. Das Gerät klassifiziert also durch die Abbildung diese Figur nicht als das Zeichen "zwei". Diese Subsumtion vollzieht erst der Leser. Um sie durch das Gerät zu erreichen, müßte man eine sehr viel kompliziertere Apparatur konstruieren, die auf all die verschiedenen Zweien, die in unserer Schrift vorkommen, gleich reagiert. Die Kybernetiker arbeiten seit Jahren und mit den verschiedensten technischen Methoden an der Entwicklung von Zeichenerkennern für unsere normale Schreib- oder Druckschrift6 • Als Beweismittel wäre allerdings das Produkt eines solchen Zeichenerkenners für menschliche Schrift auch nicht leistungsfähiger als eine Kopie. Er wäre ja gerade daraufhin konstruiert, eine vorhergegangene menschliche Klassifikation nur nachzuvollziehen, könnte uns also keine neue, von menschlicher Beeinflussung freie Information für den Beweis liefern, und zur Interpretation der menschlichen Zeichen haben wir bereits einen standardisierten Code und benötigen nicht die Klassifikationsleistung des Automaten. Im Rechtssinne sind solche Geräte, die nur von Menschen gesendete Zeichen "verstehen", d. h. in ein Zeichensystem einordnen, also keine Aufzeichnungsgeräte, auch wenn sie Zeichenerkenner im kybernetischen Sinn sind. Das gilt insbesondere für die Einlese- und Speichereinheiten von Datenverarbeitungsanlagen, 6

Vgl. Steinbuch S. 100 ff.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

deren Aufgabe allein darin besteht, von Menschen eingegebene Informationen in andere Zeichensysteme umzucodieren. Nur wo die Klassifikationsfähigkeit eines Automaten auf ein Objekt angesetzt wird, das nicht bereits von einem anderen Interpreten, etwa einem Menschen, eben dieser Klasse zugeordnet ist, erscheint die Klassifikation als eigenständige Leistung der Automatik. Wenn die Zeichenauswahl im Ausgangsalphabet des Maschinencodes dagegen bereits von einem anderen zeichenverarbeitenden System vorweggetroffen ist, so ist dieses, nicht das Gerät die Quelle der Information. Aus dem gleichen Grunde sind Reproduktionen von Objekten, die selbst nach einem standardisierten Verfahren auszuwerten sind, nicht als technische Aufzeichnungen zu schützen, obwohl auch für sie ein standardisierter Code, der des Objekts, existiert. Denn dieser beruht nicht auf einer Klassifikation durch das Gerät. Er erfüllt deshalb auch nicht ohne weiteres die durch die Beschränkung des Schutzes auf automatische Leistungen gestellten Anforderungen an die Sicherheit der Beweismethode. Das zeigt sich gerade bei der Kopie menschlicher Erklärungen, die zwar ebenso eindeutig und leicht auswertbar ist wie Maschinenzeichen, aber nicht deren Objektivität teilt. Das Gleiche gilt für Abbildungen von Augenscheinsobjekten, die allgemein in einer bestimmten Weise gedeutet werden, deren standardisierte Interpretation aber u. U. unsicherer sein kann als Maschinencodes. Wir würden, wenn wir die Abbildungen solcher Augenscheinsobjekte in den Aufzeichnungsschutz einbeziehen wollten, erneut mit allen Problemen konfrontiert, die sich für einen allgemeinen Schutz standardisierter Auswertungsverfahren ergeben, und hätten uns mit unserer Beschränkung auf Produkte technischer Geräte nur die Inkonsequenz eingehandelt, daß Auswertungsmethoden in ihrer Anwendung auf ein Abbild geschützt werden, nicht aber auf das Original. Nur bei den Kopien von technischen Aufzeichnungen ergäbe sich diese Friktion nicht. Es ist also eine Konsequenz der Einschränkung des § 306 auf automatisch erzeugte Beweismittel, daß nur solche erfaßt werden können, deren besonderer Beweiswert auf der Leistung des Automaten beruht. Es genügt also nicht, daß ein Maschinenprodukt nach einer standardisierten Methode ausgewertet wird, diese muß sich vielmehr aus der Leistung des Geräts, also aus dem Maschinencode, ergeben. Aus jedem automatisierten, also im voraus festgelegten Vorgang läßt sich ein Code ableiten, indem man die vorausberechneten Effekte der auf die Automatik einwirkenden Ursachen als Zeichen für diese Ursachen auffaßt. Dasselbe gilt für chemische Prozesse wie beispielsweise die Photographie. Eine automatische Aufzeichnung ist aber dieser Vorgang nur dann, wenn er als semiotischer Prozeß verstanden und genutzt wird.

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Werden die im Gerät wirksam gewordenen Erscheinungen aber anders klassifiziert und das Produkt, das sie im Zusammenwirken mit dem Gerät erzeugen, nach einem anderen Zeichensystem interpretiert, so wird nur die Fähigkeit der Automatik ausgenutzt, bestimmte Ausschnitte der Wirklichkeit unter bestimmten Aspekten richtig wiederzugeben, wozu immer eine gewisse Klassifikationsleistung erforderlich ist, nicht aber die Klassifikationsleistung, die der Deutung zugrunde liegt7. Ob eine maschinelle Herstellung von Zeichen also von Erscheinungen, denen eine Bedeutung gegeben wird, technische Aufzeichnung oder nur maschinelle Zeichenreproduktion ist, hängt also davon ab, wie sie verwendet wird, und wir können nur insofern von einer Aufzeichnung oder einer Kopie unabhängig vom konkreten Einsatz eines Zeichenträgers sprechen, als wir eine bestimmte Interpretation als die übliche, sich aus einer allgemeinen Zweckbestimmung des Produkts ergebende, voraussetzen können. So kann man beispielsweise eine Photographie als Registrierung von von Körpern ausgehenden, reflektierten oder durchgelassenen Lichtoder sonstigen Strahlungsmengen interpretieren. Das geschieht auch tatsächlich, z. B. mit den Filmplaketten, die zur Kontrolle der Strahlungsdosen von Personen getragen werden, die an ihrem Arbeitsplatz schädlichen Strahlen ausgesetzt sind. Hier haben wir es mit einer photographischen Aufzeichnung zu tun - ob sie vom Schutz nach § 306 E 62 deshalb ausgeschlossen sein sollte, weil die Auskunft, die sie nach dem standardisierten Code über die Strahleneinwirkung liefert, für die Kontrollen, zu denen sie verwendet wird, nicht ausreicht und durch zusätzliche Feststellungen über die Person des Trägers und die 7 Unsere Bestimmung der technischen Aufzeichnungen als maschinelle Zeichenfixierungen, die nach dem Maschinencode gelesen werden, könnte den Schluß nahelegen, daß unter diesem Begriff nicht diejenigen Speicherungen von Information fallen können, die in von unseren Sinnen nicht unmittelbar wahrnehmbaren Signalen geschehen, wie Speicherungen auf Magnetband, Magnetkernspeicher, Mikrofilm usw. Denn hier kann der Auswerter den Maschinencode gar nicht anwenden, jedenfalls nicht unmittelbar. Er muß sich die Maschinenzeichen erst nochmals durch ein Hilfsgerät, z. B. Tonbandgerät, in wahrnehmbare Signale übersetzen (codieren) lassen. Mittelbar wird aber auch hier der Maschinencode benutzt, denn der Auswerter gibt den wahrgenommenen Zeichen, etwa Tönen, die gleichen Bedeutungen, die das Registriergerät den nach dem Code des Hilfsgeräts jenen entsprechenden nicht wahrnehmbaren Signalen, etwa magnetischen Zuständen eines Tonbands, zuordnet. Auch hier werden also die registrierten Phänomene vom Auswerter nach den Kriterien unterschieden und bestimmt, nach denen sie das Aufzeichnungsgerät durch Zuordnung zu den nicht unmittelbar wahrgenommenen Speicherungssignalen klassifiziert. Es ist also für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals "Aufzeichnung" ohne Bedeutung, ob die Maschinenzeichen optisch oder auch akustisch, unmittelbar oder erst durch weitere Hilfsgeräte wahrnehmbar sind. Dies wurde ausdrücklich im Sonderausschuß des Bundestages nochmals klargestellt. Vgl. dessen Protokolle,

S. 2418 f.

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Dauer der Einwirkung ergänzt werden muß, steht auf einem anderen Blatt. Bei der Auswertung von Photographien geht es dagegen in der Regel um die Feststellung anderer Eigenschaften des aufgenommenen Objekts, als seines Verhaltens zu Lichtstrahlen. Es ist zwar auch deren Erkennbarkeit aus der Aufnahme davon abhängig, daß sie mit den optischen Gegebenheiten, die die Photographie allein registriert, in Zusammenhang gesetzt werden können. Aber dieser Zusammenhang muß dann erst unter Hinzuziehung weiterer allgemeiner Erfahrungssätze und oft auch besonderer Kenntnisse von Umständen des Einzelfalles hergestellt werden. So entsteht ein neuer Code zur Auswertung der hellen und dunklen Partien der Aufnahme als Zeichen für die interessierenden Eigenschaften des Objekts. Die Gerichte setzen für diese Aufgabe u. U. Sachverständige für "Photointerpretation" ein. Anschauliche Beispiele für die Unsicherheit der Auswertung photographischer Aufnahmen bietet auch die Röntgendiagnostik in der Medizin. Gewöhnliche Photographien und Röntgenaufnahmen scheiden schon deshalb aus dem Begriff der technischen Aufzeichnung aus, weil für sie gar kein standardisierter Auswertungscode existiert. Wie aber verhält es sich mit jenen spezialisierten Anwendungen des photographischen Prinzips, bei denen bestimmte Eigenschaften des Aufnahmeobjekts durch besondere Strahlungsarten, wie UV-, Infrarotoder Röntgenstrahlen oder durch sonstige automatisch stattfindende chemische oder physikalische Einwirkungen eindeutig erkennbar gemacht werden? Betrachtet man hier die Leistung der Kamera für sich allein, so stellt sie nur eine photographische Reproduktion dar, denn das Ergebnis wird nicht als Darstellung von relativen Lichtverteilungen gedeutet, sondern von anderen allerdings unmittelbar und eindeutig mit diesen zusammenhängenden Eigenschaften. Die Leistung der mit der Kamera verbundenen Spezialeinrichtung stellt für sich allein nur eine Beeinflussung des Objekts selbst dar, deren Qualifikation als technische Aufzeichnung meist schon am Mangel der Dauerhaftigkeit scheitert und im übrigen die heikle Frage aufwirft, ob die automatisch erfolgende Beeinflussung des Objekts als Herstellung von Maschinenzeichen gelten kann oder ob hierzu die Verkörperung der Information in einem vom Gerät selbst erzeugten Träger erforderlich ist. Angesichts der Rolle, die die Zweckbestimmung des Geräts und seiner Konstruktion für die Interpretation des Produkts und das Verständnis des maschinellen Vorgangs als Klassifikationsleistung spielt, ist die Bestimmung des Vorgangs als Aufzeichnung oder Reproduktion nicht dadurch zu treffen, daß man ihn in seine Phasen zerlegt und diese dann einzeln daraufhin untersucht, ob ihnen der später angewandte Auswertungscode zugrundeliegt. Es muß vielmehr festgestellt werden,

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Der Begriff der Aufzeichnung

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ob die Zweckbestimmung des Apparates und seine Organisation als Ganzes Ergebnis einer allgemein vorweggenommenen und so standardisierten Interpretation bestimmter Erscheinungen als Zeichen für bestimmte Tatsachen ist. Eine Spezialaufnahme eines Gegenstandes ermöglicht zwar u. U. ebenso wie eine gewöhnliche Photographie verschiedene Interpretationen, weil verschiedene Eigenschaften an ihr erkannt werden können. Aber im Gegensatz zum normalen Photoapparat ist eine mit besonderen Vorrichtungen zur Beeinflussung des Objekts oder besonderen Strahlungsquellen gekoppelte und nur für bestimmte Arten von Objekten eingerichtete Spezialkamera u. U. nur zur Erkennung einzelner Eigenschaften bestimmt. Ihre Konstruktion beruht auf einem Prinzip, nach dem sich gerade diese Eigenschaften in vorausberechneter Weise erkennbar machen lassen. Der sich daraus ergebende Auswertungscode beruht auf der Leistung des Geräts und der in seine Konstruktion eingegangenen Vorinformation, daher sind derart eindeutige Spezialphotographien im Gegensatz zur normalen Aufnahme technische Aufzeichnungen. Das Problem ihrer Einordnung als Aufzeichnung oder Kopie hat übrigens keine allzu große praktische Bedeutung, weil dort, wo mit phototechnischen Mitteln derart eindeutige Zeichen produziert werden können, das Gerät sie bezeichnenderweise meistens nicht durch eine Photographie wiedergibt, sondern in Meßwerte oder Kurven übersetzt. Aus der Bedeutung der Gesamtkonstruktion des Geräts für das Verständnis der von ihm produzierten Zeichen ergibt sich auch, daß feste Kombinationen gewöhnlicher Kameras mit Meßinstrumenten zur photographischen Ablesung der Meßergebnisse Aufzeichnungsgeräte sind, obwohl die Aufnahme einer Messung von Hand durch einen dem Gerät nicht fest zugeordneten Photo apparat nur die Kopie und Perpetuierung eines nach einem standardisierten Code auswertbaren Objekts ist. Problematisch sind die Fälle, in denen solche photographischen Ablesungen von Meßergebnissen mit Aufnahmen des gemessenen Gegenstandes automatisch gekoppelt werden, etwa durch Einspiegelung des Meßergebnisses. Das bekannteste Beispiel hierfür bilden die sog. Radaraufnahmen der Polizei zur Feststellung von Geschwindigkeitsübertretungen. Hier findet sich eine automatische Klassifikationsleistung mit einer maschinellen Zeichenreproduktion kombiniert. Der Meßwert wird durch eine Klassifikationsleistung des Geräts ermittelt, aber das individuelle Objekt, auf das er sich bezieht, wird an Kriterien erkannt, die die Automatik zwar wiedergibt, aber nicht unterscheidet. Diese Kopie kann als solche am Schutz der technischen Aufzeichnung nicht teilhaben. Aber die automatische Leistung des Geräts wird nicht voll erfaßt, wenn man sie in die Messung und eine davon unabhängige Reproduk-

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

tion des Meßobjekts zerlegt, denn auch die Beziehung zwischen beiden wird automatisch hergestellt. Diese Fälle sind denen ähnlich, in denen das Meßergebnis automatisch auf dem Objekt selbst niedergelegt ist, so daß diese Verbindung als maschinell produziertes Zeichen für den Zusammenhang zwischen dem Meßwert und dem Gegenstand fungiert. Die Frage, ob Veränderung des mit dem Meßergebnis automatisch verbundenen oder kopierten Objekts Verfälschung des durch die Verbindung hergestellten maschinellen Zeichens sein kann, ob also die Kopie bzw. das Objekt indirekt doch am Aufzeichnungsschutz teil hat, ist mit dem Problem der Fälschung zusammengesetzter Urkunden verwandt (s. dazu u. 3. Teil I 2). Anders ist die Lage, wenn das gesamte Verfahren auf eine bestimmte Art von Gegenständen spezialisiert ist, deren Erkennbarkeit an bestimmten wiedergegebenen Kriterien in seine Zweckbestimmung aufgenommen ist. Das ist bei den oben erwähnten Radaraufnahmen der. Fall, bei denen man auf eine maschinelle Vorrichtung zur Erkennung der einzelnen Fahrzeuge verzichtet, weil man ihre eindeutige Kennzeichnung durch die Zulassungsnummer in das Arbeitsprogramm des Geräts eingeplant hat. Deutet man das Arbeitsergebnis des Geräts als Ganzes, entsprechend seiner Zweckbestimmung als Feststellung des gesamten aus ihm erkennbaren Tatbestands, also beispielsweise der bestimmten Geschwindigkeit eines bestimmten Fahrzeugs, so erscheint der ganze maschinelle Vorgang als eine einheitliche Klassifikation und das Ergebnis als ein einziges Zeichen, dessen Bestandteil die wiedergegebene Nummer ist. Dieses ist nach einem standardisierten Code auswertbar, der sich aus der Konstruktion des Geräts ergibt und auf das dargestellte Objekt, den fahrenden Wagen allein, nicht anzuwenden ist, weil dessen Geschwindigkeit nicht in gleicher Weise erkennbar ist. Diese Maschinenleistungen, die neben der maschinellen Messung (Codierung) und in automatischer Verbindung mit ihr die Kopie von vornherein standardisierter Zeichen für das gemessene Objekt enthalten, sind danach als Ganzes technische Aufzeichnungen. Ähnliches gilt für solche sog. automatischen Kameras, die nicht mit einem Meßgerät gekoppelt sind, sondern mit einem Mechanismus, der unter bestimmten Bedingungen den Verschluß auslöst. Deren Arbeitsergebnisse erscheinen zwar zunächst als bloße Reproduktionen einer bestimmten Situation. Das ist aber nur ihre Deutung als reine Photographien. Als Erzeugnisse der automatischen Kamera sind sie dadurch zu interpretieren, daß man sie zum Zeichen dafür nimmt, daß in der aufgenommenen Situation die im Mechanismus festgelegten Bedingungen für die Auslösung des Verschlusses geherrscht haben. Hierfür ist irrelevant, ob diese Bedingungen bildlich dargestellt worden sind. Wie bei den Kombinationen von Messung und Photographie nimmt die Auf-

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nahme des Objekts hier insofern an der Klassifikationsleistung des Geräts teil, als sie eine in die Konstruktion und Zweckbestimmung des Geräts eingeplante standardisierte Bedeutung hat. Als Beispiel seien die Kontrollkameras an Ampelkreuzungen genannt, die automatisch Fahrzeuge photographieren, die bei Rotlicht eine Auslösungsschranke passieren. Mit Recht zählt also die Begründung zu E 62 diese Kombination zwischen maschineller Klassifikation und Reproduktion zu den technischen Aufzeichnungen8 • Die, wie Kaufmanns Bedenken gegen § 306 E 62 zeigen, für dessen Rechtfertigung notwendige Einschränkung auf maschinelle Zeichen, die mehr und anderes sind als bloße Kopien ihrer oft nicht strafrechtlich geschützten Vorlagen, ist nach den vorangegangenen Untersuchungen also durchführbar. Sie kann indessen nicht an die gesetzliche Definition des § 306, Abs. 2 anknüpfen, sondern nur an den Begriff der technischen Aufzeichnung selbst. Sie ergibt sich aber, wie gesagt, zwingend aus der ratio legis. Es ist daher bedenklich, daß die Definition an die Stelle des Terminus "Aufzeichnung", der immerhin den Vorgang als Herstellung von Zeichen charakterisiert und damit Anhaltspunkte dafür gibt, daß es sich um einen als Semiosis verstehbaren Prozeß handelt, offenbar aus stilistischen Gründen den allgemeinen und farblosen Begriff Darstellung gesetzt hat, der vor allem in Verbindung mit der Aufzählung von Zustand, Meßwert und Geschehensablauf die Vorstellung nahelegt, es gehe hier nur um die Perpetuierung irgendwelcher Vorgänge oder sonstiger flüchtiger Erscheinungen. Der Ausgangsbegriff ist insofern genauer und informativer als seine Definition. b) Aufzeichnung und Anzeige

Das einzige Erfordernis an die Beschaffenheit der Zeichen ist eine gewisse Dauerhaftigkeit. Bei bloßen Anzeigen9 durch ausschlagende Zeiger oder hinter Blickfenstern laufende Zahlen, bei akustischen Signalen und sonstigen flüchtigen Erscheinungen spricht man nicht von einer Aufzeichnung. Insoweit wurde dieser Ausdruck ganz bewußt gewählt. Es lag nicht in der Absicht der Strafrechtskommission oder der Redaktoren des E 62, auch Täuschungen mit Hilfe solcher Anzeigen unter Strafe zu stellen. Auch hiergegen richtet sich die Kritik Kaufmanns. Ausgehend von der These, daß der Schutz des allgemeinen Vertrauens, das den Messungen technischer Geräte im Rechtsverkehr entgegengebracht wird, der Grundgedanke des § 306 sei, findet er keine 8 Vgl. S. 481. • Diese Bezeichnung für nicht perpetuierte maschinell erzeugte Zeichen wurde von Kaufmann (S.42) übernommen.

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Rechtfertigung dafür, daß nur solche Messungen geschützt werden sollen, die sich irgendwie dauerhaft niederschlagen. Der Verkehr vertraue ja dem Gerät und nicht der Aufzeichnung, z. B. der Waage, aber nicht der Wiegekarte 1o . Sicherlich könnte der Gesetzgeber mit einem gewissen Recht auch die Anzeigen von Meßgeräten vor Verfälschung schützen (Fälschung im engeren Sinne ist bei ihnen sowieso nicht möglich). Für den eichpflichtigen Verkehr sieht das Maß- und Gewichtsgesetz einen solchen Schutz bereits vor ll . Ein gewisses Schutzbedürfnis tritt nicht so sehr bei den Waagen und sonstigen Geräten hervor, die einen Gegenstand messen und deren Messung daher jederzeit, auch mit einem anderen Gerät, nachgeprüft werden kann, wie etwa bei den Zählwerken - z. B. Gas- und Wasseruhren -, wo man auf das richtige Funktionieren eines bestimmten Gerätes angewiesen ist12 • Diese Fälle zeigen, daß sich gegen Kaufmann nicht der Einwand geltend machen läßt, daß bloße Anzeigen nicht wie die Aufzeichnungen als Beweismittel an die Stelle des gemessenen Objektes treten können. Dieser Satz gilt eben nur dann, wenn das gemessene Objekt selbst dauerhafter ist als die Anzeige. Gegen Kaufmanns Ausgangsthese, daß es eine Leistung des Geräts und nicht der Aufzeichnung ist, die den technischen Beweis vor dem gewöhnlichen Augenscheinsbeweis auszeichnet, wird sich kaum etwas einwenden lassen. Ob es allerdings richtig ist, allein vom Schutz eines Vertrauens des Rechtsverkehrs als dem Grundgedanken des § 306 auszugehen, dazu kann und braucht an dieser Stelle noch nicht Stellung genommen zu werden. Jedenfalls gelten die Gründe für die besondere Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit technischer Aufzeichnungen, die hier erarbeitet worden sind, auch für die Anzeigen. Ihre Flüchtigkeit macht aber die Anzeige als Beweismittel anderen, dauerhaften Augenscheinsobjekten in gewisser Hinsicht unterlegen und ihre Verfälschung weniger gefährlich. Denn der Wert des Beweises im Rechtsverkehr und im Prozeß und sogar in der naturwissenschaftlichen ForVgl. a.a.O. S.427. Nach § 60 Maß- und Gewichtsgesetz verwirkt eine Geldstrafe, wer ein beanstandetes oder nach Eichung versehentlich geändertes Gerät weiter im eichpflichtigen Verkehr verwendet oder bereithält. Zu den eichpflichtigen Meßgeräten gehören laut § 8 und § 9 des Gesetzes auch Waagen, Tachometer, Preiszähler, Gas-, Wasser- und Stromzähler. 12 In der schweizerischen Praxis und Wissenschaft wird zum Teil den Anzeigegeräten sogar direkt Urkundenschutz zugebilligt; so Urteil des Strafgerichts Basel Stadt vom 17.9.38 mit Zustimmung von Burkhardt Schw. ZStR 76 S. 81 (91) betrf. Anzeige einer Benzinuhr. B. hält den Zählerstand für eine Erklärung dessen, der bestimmt, wieviel Benzin gezapft wird. Außerdem hält er die Zählanzeigen für dauerhaft genug, wenn sie nur überhaupt einmal zum Beweis taugen. In beiden Punkten widerspricht ihm zu recht Haefliger S. 20 und S. 26. 10

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schung hängt nicht nur von seiner Zuverlässigkeit ab, sondern ebenso von seiner Wiederholbarkeit. Zwar hat eine Anzeige für den, der den Beweis durchführt, also die Anzeige abliest, die gleiche überzeugungskraft wie eine Aufzeichnung, aber damit hat sie noch nicht die volle Funktion eines Beweismittels im Rechtsverkehr erfüllt. Denn diese besteht gerade darin, nach Bedarf jeden, auf den es ankommt, den Gegner, den Richter, den potentiellen Rechtsnachfolger usw. neu von der Richtigkeit der betreffenden Tatsache zu überzeugen und im besten Falle den Streit über diese Tatsache von vornherein auszuschließen. Um die daraus resultierende Position zu erhalten oder zu gewähren, werden die meisten "Absichtsbeweismittel" geschaffen und13 nicht für einen schon notwendig gewordenen Beweis. Etwas überspitzt könnte man sagen: wenn Beweismittel künstlich geschaffen werden, dann nicht, um einen Beweis damit zu führen, sondern um ihn nicht führen zu müssen. Daran zeigt sich die Bedeutung der Wiederholbarkeit für den Wert eines Beweismittels im Rechtsverkehr. Aus diesen Gründen spielen die Anzeigen, so häufig sie im Rechtsleben auch vorkommen, als Beweismittel nicht die gleiche Rolle wie Aufzeichnungen und sind im Vergleich zu dauerhaften Augenscheinsobjekten für den Rechtsverkehr eher weniger wert als mehr. Anderes gilt jedoch für ihre Eignung als Täuschungsmittel. Es ist Kaufmann einzuräumen, daß die Täuschung durch eine falsche Anzeige nach demselben Prinzip erfolgt, das oben als die vereinfachte Methode der Täuschung durch Aufzeichnungen dargestellt wurde. Der Täter erlangt die gleiche Herrschaft über die Vorstellungen des Opfers und, wie Kaufmann sagen würde, mißbraucht das gleiche Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Automatik. Ein Erschwernis ergibt sich aber für den "Fälscher" der Anzeige trotzdem: der Ableser einer Anzeige sieht gleichzeitig den Apparat, deshalb muß der Täter den Eingriff in den Mechanismus so vornehmen, daß nicht nur die Anzeige, sondern auch das Äußere des Geräts ihn nicht verrät. Dem sollte aber keine wesentliche Bedeutung für unsere Frage beigemessen werden, denn erstens ist dafür die falsche Anzeige selbst leichter zustande zu bringen als etwa ein kompliziertes Diagramm, und zweitens kann aus einer besonderen Schwierigkeit der Ausführung einer Fälschung sowohl ein Argument gegen als auch für ihre Pönalisierung entnommen werden: das Erstere, weil eine schwierige Fälschung auch ohne Strafsanktion selten versucht wird, das Letztere, weil sie - wenn sie einmal gelingt gerade deshalb desto sicherer zur angestrebten Täuschung führen wird.

In Hinsicht auf die einzelne Täuschung zeigt sich zwischen der Manipulation einer Aufzeichnung und einer Anzeige also kein wesentlicher 13

Darauf weist merkwürdigerweise gerade Burkhardt hin; vgl. a.a.O. S.91.

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Unterschied l 4, wohl aber in Hinsicht auf die Gefährlichkeit der FälDieser Unterschied entspricht genau dem, den wir beim Vergleich der Bedeutung beider Beweisarten festgestellt haben. Dadurch, daß die Täuschung durch falsche Anzeige nicht wiederholbar ist, bleibt ihre volle überzeugungskraft auf eine Person oder Personengruppe und einen bestimmten Augenblick beschränkt. Fortwirken kann sie nur durch den Irrtum dieser Person oder Personengruppe. Deren späteren Aussagen über die Anzeige wird aber mehr Skepsis entgegengebracht als einer automatischen Aufzeichnung. Außerdem besteht bei der Manipulation einer Anzeige nicht die Gefahr, daß der Täter jene oben geschilderte Beweisposition unrechtmäßig erlangt, die ihm jedes dauerhafte Falsifikat gewährt. Und schließlich kann ein vergängliches Täuschungsmittel nicht wie ein dauerhaftes Falsifikat theoretisch unbegrenzt in die Zukunft fortwirken und vom Täter nicht mehr gewollte und kontrollierte weitere Irrtümer hervorrufen. schung.

Ginge es beim Strafschutz der technischen Aufzeichnungen tatsächlich nur darum, ein Vertrauen des Verkehrs in mechanische Messungen zu schützen oder eine besonders raffinierte und hinterhältige einzelne Täuschung zu pönalisieren, so müßte der Rüge Kaufmanns zugestimmt werden, daß es inkonsequent sei, die Anzeige nicht in den Schutz einzubeziehen. Aber die Wirkung eines dauerhaften Falsifikats geht über eine solche Täuschung hinaus, weil die Funktion dauerhafter Beweisstücke in Verkehr und Prozeß sich nicht darin erschöpft, daß sie irgendwann einmal irgend jemandem eine (mehr oder weniger zuverlässige) Information liefern. Daraus läßt sich die Begrenzung des § 306 auf dauerhafte technische Beweismittel rechtfertigen. Es geht dem Entwurf offenbar nicht nur um die Bestrafung einer Täuschung mit bestimmten besonders wirksamen Mitteln, sondern auch um die allgemeine Sicherung einer besonders leistungsfähigen Beweismethode, der Registrierung einer Tatsache durch ein technisches Gerät. Das, was die technischen Aufzeichnungen als Beweismittel vor anderen Augenscheinsobjekten auszeichnet, nämlich die Leichtigkeit und Sicherheit ihrer Auswertung, haben die Anzeigen mit ihnen gemeinsam, der Entwurf hätte also mit gutem Grund beide unter den gleichen Strafschutz stellen können, wie Kaufmann dies vorschlägt. Sie wurden dennoch verschieden behandelt, weil offenbar alle an der Ausarbeitung des § 306 Beteiligten der Ansicht waren, daß diese besondere Leistung 14 Darum ist das Anliegen Burkhardts, Kaufmanns und des Baseler Gerichts, auch die Täuschung mittels solcher Anzeigen zu pönalisieren, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, aber es ist nicht, wie Kaufmann meint, ein Erfordernis der Konsequenz, denn der Entwurf kann durchaus Gründe dafür vorweisen, daß er die Grenze der Strafbarkeit anders gezogen hat. Die Methode aber, mit der Burkhardt sein Ziel erreichen will, ist dogmatisch unhaltbar.

II

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der Anzeige im Beweis den Mangel ihrer Flüchtigkeit nicht aufwiege. Deshalb wurde ihr m. E. zu recht per saldo kein höherer Beweiswert zugesprochen als dauerhaften "gewöhnlichen" Augenscheinsobjekten. Diese Entscheidung entspricht übrigens auch einem Grundgedanken, der auch unser bisheriges Fälschungsstrafrecht beherrscht und wohl auf der Allgemeinvorstellung beruht, daß Fälschung eine Art dauerhaft in die Welt gesetzte Unwahrheit sei. Es ist der Gedanke, daß ein Falschbeweis nur dann allein um des Täuschungsmittels willen bestraft werden könne, wenn dieses Mittel dauerhaft ist, so daß es, sei es zur Festigung des bereits hervorgerufenen, sei es zur Erregung eines neuen Irrtums, mehrfach eingesetzt werden kann. Es gibt auch Meßgeräte, die ihre Meßergebnisse teilweise fixieren. Bei der Beurteilung solcher Zwittererscheinungen als Aufzeichnung oder Anzeige ist entscheidend, als was sie interpretiert werden, d. h. ob der Auswerter sich mit derjenigen Information begnügt, die in standardisierten Zeichen fixiert ist oder ob er das gesamte Unterscheidungsvermögen der Rezeptoren heranzieht, das nur in der flüchtigen Anzeige voll ausgenutzt ist. In der Regel wird das letztere der Fall .sein. Zu diesen Meßgeräten, deren Aufzeichnungseinrichtung die Klassifikation der Rezeptoren nicht vollständig wiedergibt, obwohl die Unterscheidungsfähigkeit der Meßeinrichtung für die Auswertung der fixierten Zeichen im vollen Umfang benötigt wird und daher teilweise durch menschliche Zeugnisse über flüchtige Zeichen des Apparates, also über Anzeigen erschlossen werden muß, gehören auch die vielzitierten Fahrtenschreiber und andere in eine Produktionsstraße oder sonstige Einrichtung fest eingebaute Registriergeräte. Ein Fahrtenschreiberdiagramm wird in der Regel dazu benötigt, die Fahrt eines bestimmten Wagens in ihren Einzelheiten festzustellen. (Kennt man den Wagen, so kann man leicht den Fahrer ermitteln, zumindest aber den Halter haftbar machen.) Tatsächlich mißt jeder Tachograph auch nur die technischen Vorgänge in einem bestimmten Wagen, nämlich dem, in den er fest eingebaut ist. Aber das von ihm produzierte Diagramm enthält keine Zeichen für den betreffenden Wagen, es unterscheidet sich in nichts von dem anderer Fahrzeuge gleicher Art. Nur solange sich das Schaublatt im Fahrtenschreiber befindet, erkennt man es als ein aus diesem Wagen stammendes, indem man ein vergängliches Zeichen interpretiert, nämlich das Diagramm in Verbindung mit dem eingebauten Tachographen, also eine Anzeige im Sinne Kaufmanns. In einem Beweis über die Fahrt eines bestimmten Wagens fungiert also der Fahrtenschreiber als Anzeigegerät; als solches vermag er sogar die einzelne Fahrt zu individualisieren, da das im Gerät befindliche beschriebene Blatt notwendig von der letzten mit dem Fahrzeug unternommenen Fahrt stammen muß. Seine Aufzeichnung aber vermag, nach

,.

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einem für sie allgemein gültigen und anerkannten Code gedeutet, nur über den Ablauf einer unbestimmten Fahrt eines unbestimmten Fahrzeuges zu informieren. Ihre Leistungsfähigkeit als Anzeiger erklärt erst die volle Bedeutung der Tachographen im Rechtsverkehr, der sich hier mit der vorübergehenden FeststeIlbarkeit des rechtserheblichen Sachverhalts begnügt und auf die Wiederholbarkeit des technischen Beweises zum Teil verzichtet, auch wo die Registriertechnik sie ermöglichen könnte 15 • Ähnliches gilt für andere fest eingebaute Meß- und Aufzeichnungsgeräte. Für die Frage ihrer Schutzwürdigkeit ist aber allein entscheidend, was ihre dauerhaften Aufzeichnungen für den Beweis leisten, solange der Strafschutz, wie dies in § 306 E 62 mit guten Gründen geschieht, an die Aufzeichnung anknüpft und nicht an das Meßgerät. 2. Aufzeichnung eines Zustandes, Meßwertes oder Geschehensablaufes

Ein Zustand oder Geschehensablauf ist jede Tatsache, die überhaupt von Maschinen registriert werden kann. Daraus geht hervor, daß die besondere Erwähnung des Meßwertes eigentlich überflüssig ist16 • Aus dem gleichen Grunde ist sie aber auch unschädlich. Obwohl mit dieser Aufzählung alle registrierbaren Inhalte erfaßt sind, also jedes Arbeitsergebnis eines Registriergerätes dieses Tatbestandserfordernis erfüllt, hat es doch innerhalb der Begriffsbestimmung des Schutzobjektes des § 306 eine Funktion. Es schließt nämlich von vornherein die Arbeitsergebnisse all der technischen Anlagen aus, die im eigentlichen Sinne als Rechenmaschinen oder als Datenverarbeitungsanlagen eingesetzt sind. Der Schutzbereich soll offenbar eingeschränkt werden auf Meß- und Registriergeräte, d. h. auf Apparate, die einen tatsächlich auftretenden konkreten Sachverhalt im Moment seines Auftretens feststellen und fixieren. Diese Einschränkung läßt sich aus dem erklären, was wir über die Leistung von Aufzeichnungsgeräten und deren Bedeutung für den Beweis ermittelt haben. Wir hatten die Leistung eines Registriergerätes darin gefunden, daß es die auf seinen Mechanismus einwirkenden Phänomene nach bestimmten Gesichtspunkten unterscheidet und klassifiziert (s. o. 1. Teil I 2 und II 1 a). Daß diese Klassifikation selbständig und unabhängig von einer etwa vorher durch einen Menschen getroffe15 Nichts wäre leichter, als jedes Tachogramm mit einem Zeichen für den betreffenden Fahrtenschreiber bzw. den Wagen zu versehen, z. B. durch einen mit dem Gerät verbundenen selbstätigen Stempel mit der Zulassungsnummer des Kfz. 18

Hasselberg S. 160.

II 2. Aufzeichnung eines Zustandes, Meßwertes oder Geschehensablaufes 85 nen erfolgt, macht die besondere Objektivität der so gewonnenen Beweismittel aus. Das Gerät selbst ist es, das den gemessenen Gegenstand zum Zeichenträger macht, indem es ihn einer Klasse innerhalb eines bestimmten Klassensystems zuordnet. Eine Rechenmaschine oder Datenverarbeitungsanlage hat es im Gegensatz dazu von vornherein mit Gegenständen zu tun, die von einem anderen zeichenverarbeitenden System, nämlich der Bedienungsperson, einer bestimmten Bedeutung zugeordnet, also als Zeichen dem Gerät eingegeben werden. Und es ist nun zunächst die Aufgabe der Empfangseinrichtung des Gerätes, diese Zeichen "einzulesen", d. h. die Erscheinungen in genau der gleichen Weise zu klassifizieren, wie die Bedienungsperson es vorher getan hat. Was auch immer weiter an komplizierten automatischen Prozessen in der Elektronik abläuft, das Gerät behandelt nie zwei Erscheinungen verschieden, die die Bedienungsperson als zu ein und derselben Klasse von Zeichen gehörige eingegeben hat, und nie zwei Einflüsse als gleich, mit denen die Bedienungsperson verschiedene Bedeutungen übermitteln, d. h. verschiedene Reaktionen auslösen wollte. Sie bleibt also immer von den Klassifikationsentscheidungen eines Menschen abhängig. Die Aufzeichnungen, die sie schließlich herstellt, können also keine rein objektiven Beweismittel sein, wie die automatischen Registrierungen17 , (näheres zu den einzelnen Leistungen nachrichtenverarbeitender Anlagen und ihrem Verhältnis zu der menschlichen Beteiligung am Zustandekommen ihrer Aufzeichnungen (s. u. 3. Teil I 3 b IX). Aber wahrscheinlich hat bei dem Ausschluß der elektronischen N achrichtenverarbeitung noch ein anderer Gedanke eine Rolle gespielt. Ihre eigentliche Leistung ist die Verknüpfung, nicht die Feststellung 17 Es gibt allerdings eine Tatsache, für die auch eine von Menschen gefütterte Nachrichtenverarbeitungsanlage einen objektiven Beweis liefert, die nämlich, daß der Verarbeitungsprozeß ein bestimmtes Ergebnis hatte, eine Tatsache, die wohl zu unterscheiden ist von dem Ergebnis selbst. Es können Beweissituationen auftreten, in denen es nur auf diese Tatsache ankommt und nicht auf das Ergebnis, d. h. dessen Richtigkeit. Das ist bei Ergebnissen der Nachrichtenverarbeitung der Fall, die Menschen zu bestimmtem Handeln veranlaßt haben, insbesondere auch bei denen, die selbst schon als Entscheidungen oder Befehle gedeutet werden. Wird jemand aufgrund einer solchen von der Computeraufzeichnung veranlaßten oder mitveranlaßten Handlung zur Verantwortung gezogen, so kann es u. U. allein darauf ankommen, welchen Inhalt sie hatte und nicht darauf, ob dieser richtig war. Aber die objektive Feststellbarkeit dieses Inhalts stellt keine besondere Beweisleistung der Aufzeichnung dar, denn jede Zeichenfixierung erbringt für die Beantwortung der Frage, welchen Inhalt sie selbst hat, objektiven und unumstößlichen Beweis, auch die strafrechtlich nicht geschützte Abschrift oder die schriftliche Lüge. Es ist allein die Perpetuierungsleistung der Aufzeichnung, die hier in Anspruch genommen wird und diese begründet, wie das Beispiel der Abschrift zeigt, jedenfalls in unserem System der Fälschungstatbestände, noch keinen Strafschutz.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

von Tatsachen. Diese ist jederzeit wiederholbar. Ihre Arbeitsergebnisse sind daher auch nicht unersetzbar, wie die Aufzeichnungen einmaliger Vorkommnisse. Auch bei einem Einsatz für einen Beweis kann der Beitrag solcher Automaten nur in der Einsparung von Gedankenarbeit bestehen. Das Anliegen des § 306 war offenbar nur der Schutz der Registriergeräte als einer Art "automatischer Zeuge", nicht die Sicherung der technischen Vorgänge um ihrer selbst und ihrer Zuverlässigkeit und um des Vertrauens willen, das sie schon als technische Vorgänge genießen. Es ist also gerechtfertigt, die Produkte von Anlagen zur Verarbeitung vorgegebener Nachrichten, insbesondere von Menschen beschickter Elektronenrechner, Datenverarbeitungsanlagen und Datenspeichergeräten, nicht unter den Begriff der technischen Aufzeichnungen im Sinne des § 306 zu subsumieren. Damit ist jedoch die Einschränkung des Aufzeichnungsschutzes auf die reinen Registriergeräte, die ihre Klassifikationen von Zuständen oder Geschehensabläufen unverändert aufzeichnen, noch nicht gerechtfertigt. Denn es werden vor allem für komplizierte Überwachungsaufgaben beispielsweise im Luft- oder Eisenbahnverkehr, in der Produktion und wohl am ausgeprägtesten in der militärischen Luftraumkontrolle und der Weltraumfahrt vollautomatische Anlagen verwendet, in denen Rechengeräte mit zu selbständigen Klassifikationsleistungen fähigen Rezeptoren zusammengeschaltet sind. Der Unterschied zwischen diesen Automaten und bloßen Registriergeräten besteht darin, daß sie die selbsttätig festgestellten Nachrichten über Zustände und Geschehensabläufe nicht nur einfach fixieren (obwohl sie vielfach das auch sozusagen nebenbei noch tun, also auch als reine Aufzeichnungsgeräte fungieren), sondern sofort verarbeiten, d. h. nach meistens schon durch den Aufbau des Gerätes bestimmten, unseren Denkgesetzen irgendwie entsprechenden Regeln verknüpfen (vgl. hierzu u. 3. Teil I 3 b (X), denn die meisten solcher überwachungsanlagen sind eigens für ihren besonderen Zweck gebaut und fest programmiert. Das, was diese Geräte schließlich aufzeichnen, sind nicht mehr die automatisch ermittelten Meßwerte, Zustände oder Geschehensabläufe, sondern Zusammenfassungen und Konsequenzen solcher Feststellungen. Da diese Aufzeichnungen aber ohne jeden menschlichen Einfluß zustande gekommen sind, sind sie als objektive Beweismittel ebenso wertvoll und schutzwürdig, wie bloße automatische Registrierungen. Sie wären also durch eine Ergänzung der bisher in § 306 E 62 aufgezählten möglichen Inhalte einer technischen Aufzeichnung mit zu erfassen. Eine allgemeine Beschreibung dieser Inhalte im Tatbestand des § 306 E 62 müßte zum Ausdruck bringen, daß es sich hier nicht um belie-

11 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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bige Nachrichtenverarbeitungen handelt, sondern um die Verknüpfung von Meß- und Registrierergebnissen. Allgemeine Begriffe wie "Rechenergebnisse" oder "Ausgabedaten" wären zu ungenau, weil sie die Resultate einer jeden maschinellen Datenverarbeitung mit umfassen. Aber auch mit einer inhaltlichen Einschränkung auf die Verknüpfung von Meßergebnissen wäre nichts gewonnen, denn den gleichen Inhalt können auch Aufzeichnungen haben, die von reinen Rechenanlagen aufgrund von durch Bedienungspersonal eingegebenen Ausgangswerten erstellt worden sind. Es zeigt sich, daß es nicht möglich ist, die Aufzeichnungen der reinen Nachrichtenverarbeitungsanlagen durch inhaltliche Kriterien von den automatisch entstandenen zu trennen. Das Unterscheidungskriterium muß aus dem Grund des Ausschlusses der Ergebnisse reiner maschineller Datenverknüpfung aus dem Aufzeichnungsschutz direkt entnommen werden: dem unmittelbaren Einfluß der "fütternden" Bedienungsperson auf den Arbeitsvorgang und sein Resultat, also der Unselbständigkeit der Aufzeichnung, aus der der Mangel dieses Verfahrens an Objektivität folgt. Die Aufzählung von Meßwert, Zustand und Geschehensablauf als möglichen Inhalten einer technischen Aufzeichnung hatte aber innerhalb der Begriffsdefinition des § 306 E 62 keine andere Funktion, als die Ausscheidung reiner maschineller Nachrichtenverarbeitungen aus dem Begriff der technischen Aufzeichnung. Diese Aufzählung erweist sich also einerseits als unvollständig, da sie die Resultate der mit Rechenwerken kombinierten Registriereinrichtungen nicht erfaßt, andererseits als überflüssig, da ihr Zweck durch das Erfordernis der Selbständigkeit des Aufzeichnungsvorganges besser erfüllt werden kann. Es empfiehlt sich daher, diese Aufzählung ganz zu streichen und, wenn nötig, durch einen Allgemeinbegriff, wie Nachrichten oder Informationen, zu ersetzen, der alle möglichen Inhalte umfaßt und dem die Gesetzesauslegung deshalb auch keine besondere Aufmerksamkeit widmen wird. Aufzählungen von möglichen Aufzeichnungsinhalten sind nur geeignet, den Gesetzesausleger von den wesentlichen Begriffsmerkmalen der technischen Aufzeichnung abzulenken. 3. Technische und menschliche Aufzeichnung und ihre Abgrenzung durch § 306 E. 62

Damit ist der Begriff "Aufzeichnung" umschrieben, wie aber ist das Attribut "technisch" in § 306 zu interpretieren? Es hat innerhalb des Tatbestandes die Funktion, das Schutzobjekt der Vorschrift gegenüber den menschlichen Aufzeichnungen abzugrenzen, die u. U. als Urkunden nach § 303 oder als den Urkunden gleichstehende Beweismittel nach § 304 geschützt werden, denn alle anderen in § 306 aufgeführten Merk-

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1. Teil:

Der Begriff der technischen Aufzeichnung

male des Schutzgegenstandes treffen ebenso auf dauerhafte Erklärungen von Personen, also auf Urkunden, Beweiszeichen und Tonaufnahmen zu. Vor allem aber sind es die "in einem anderen technischen Mittel verkörperten Erklärungen" des § 304, die den technischen Aufzeichnungen äußerlich sehr nahestehen, von denen die technischen Aufzeichnungen sorgfältig zu unterscheiden sind. Denn auch bei ihnen und bei den Tonaufnahmen wird das Zeichensystem, nach dem die Aufzeichnung ausgewertet wird, von den Eigenschaften und Möglichkeiten des Registriergeräts bestimmt. In der Begriffsbestimmung in Abs. 2 wird das Attribut technisch näher beschrieben als "von einem technischen Gerät ganz oder zum Teil selbsttätig hergestellt". Demnach ist es jedenfalls nicht erforderlich, daß das Gerät völlig ohne Bedienung arbeitet. Das bedeutet aber, daß bei der Anwendung des standardisierten Codes diese für das Funktionieren des Mechanismus notwendige menschliche Tätigkeit vorausgesetzt wird. Man hätte das Abgrenzungsproblem einfach dadurch lösen können, daß man den Strafschutz für technische Aufzeichnungen auf diejenigen beschränkt, die durch ein völlig selbsttätig arbeitendes Gerät entstanden sind, bei dem sowohl die Eingabe der Meßobjekte als auch die Einstellung des Mechanismus, soweit überhaupt erforderlich, automatisch erfolgt. Diese Beschränkung wäre durchaus zu rechtfertigen, denn die Arbeitsergebnisse solcher Automaten sind wegen ihrer besonderen Zuverlässigkeit als Beweismittel noch wertvoller und daher schutzwürdiger als die Registrierungen von Maschinen, deren richtiges Funktionieren von der Sachkunde, der Aufmerksamkeit und u. U. auch der Ehrlichkeit von Menschen abhängig sind, die sie bedienen. Damit wäre der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift allerdings sehr gering. Denn bei einem großen Teil der heute gebräuchlichen Aufzeichnungsvorrichtungen erfolgt wenigstens die Eingabe der Meßobjekte oder deren vorherige oder nachträgliche Kennzeichnung noch durch Bedienungspersonen; man denke etwa an Materialprüfgeräte, die nicht in einen Produktionsvorgang eingeschaltet sind, an Testgeräte, die von Bedienungspersonen angeschlossen, in Gang gesetzt und u. U. durch besondere Einstellung dem Objekt angepaßt werden müssen. Die Verfasser des Entwurfs haben sich nicht entschlossen, diese Beweismittel wie die sonstigen Augenscheinsobjekte zu behandeln, d. h. überhaupt nicht vor Fälschung zu schützen. Das ist damit zu rechtfertigen, daß auch diese Aufzeichnungen für den Beweis mehr wert sind als gewöhnliche Augenscheinsobjekte, weil sie nach einem standardisierten Code auswertbar sind, der allgemein anerkannt ist, weil er bei der überwiegenden Zahl der Aufzeichnungen dieser Gattung zu einem richtigen Ergebnis führt, trotz der hier gegebenen Möglichkeit einer Beeinflussung der Zeichenauswahl durch Bedienungsfehler.

11 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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Das zusätzliche Risiko, das man eingeht, wenn man bei der Wahl des Auswertungscodes außer dem einwandfreien Zustand der Maschine auch deren richtige Bedienung voraussetzt, sollte nicht überschätzt werden. Die meisten Bedienungsfehler werden ein Ergebnis hervorbringen, das entweder überhaupt nicht mehr die standardisierten Zeichen aufweist, oder bei der Auswertung nach dem standardisierten Code ein völlig unmögliches Resultat ergibt oder sonst deutlich erkennen läßt, daß es nicht ordnungsgemäß entstanden ist. Daher ist auch die Gefahr nicht allzu groß, daß durch absichtlich falsche Bedienung Einfluß auf die Zeichenauswahl des Geräts genommen wird. Außerdem läßt sich auch bei völlig selbständig arbeitenden Aufzeichnungsautomaten nicht ausschließen, daß eine sachkundige Person das Ergebnis eines laufenden Aufzeichnungsvorgangs bestimmt, indem sie in den Mechanismus eingreift; wenn auch zugegeben werden muß, daß bei einem Instrument, das ständig auf menschliche Bedienung angewiesen ist, an dem z. B. etwas eingestellt werden muß, die Möglichkeiten zur Beeinflussung vielfältiger und, da Armaturen zur Veränderung der Arbeitsweise des Geräts zur Verfügung stehen, auch technisch einfacher sein können.

a) Mit Hilfe von Menschen bewirkte technische Aufzeichnungen und mit Mitteln der Technik bewirkte menschliche Aufzeichnungen Mehr als diese negative Feststellung, daß der Schutz des § 306 nicht auf vollautomatische Registrierungen beschränkt ist, läßt sich durch reine Wortauslegung aus der Formulierung "ganz oder zum Teil selbständig durch ein technisches Gerät hergestellt" nicht entnehmen. Insbesondere für die Abgrenzung von technischen Aufzeichnungen einerseits und Urkunden, Tonaufnahmen und mit Mitteln der Technik aufgezeichneten Erklärungen andererseits gibt sie nichts her. Auch Urkunden werden gelegentlich mit Hilfe von Maschinen hergestellt, jede Tonaufnahme ist Produkt der "Zusammenarbeit" eines Menschen und einer Maschine, und wie soll man die mit Mitteln der Technik verkörperten menschlichen Erklärungen von den mit Hilfe von Menschen hergestellten technischen Aufzeichnungen unterscheiden? Da die Definition der Aufzeichnung das Kriterium dafür nicht enthält, muß es in der der Urkunde, des Beweiszeichens, der Tonaufnahme und der mit Mitteln der Technik bewirkten Erklärung gesucht werden. Demnach ist das Unterscheidungsmerkmal die Tatsache, daß die technische Aufzeichnung keine menschliche Äußerung ist. Das ist sie dann nicht, wenn der etwa an ihrer Entstehung beteiligte Mensch nicht die Informationsquelle ist. Die Auswahl der von der Maschine fixierten Zeichen darf

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

also nicht von Menschen unmittelbar bestimmt sein18 , auch wenn Menschen bei der Aufzeichnung mitwirken. Damit ist nicht gesagt, daß diejenigen, die das Gerät bedienen, keinerlei Entscheidungen treffen dürfen. Wenn ihr Verhalten durch die Bedienungsanweisungen derartig festgelegt ist, daß es immer gleich bleibt, dann haben sie zwar sicher normalerweise keinen Einfluß auf die verschiedenen Aufzeichnungsergebnisse, das gleiche gilt aber auch dann, wenn sich ihr Verhalten und ihre Entscheidungen nach Gesichtspunkten richten, die vom künftigen Ergebnis der Aufzeichnung unabhängig sind. Wenn dagegen die Maschine lediglich die Signale, die die Bedienungsperson aus einer bestimmten Klasse ausgewählt hat, in ein anderes Zeichensystem codiert, dessen Zeichen nach dem standardisierten Auswertungscode die gleichen Bedeutungen haben wie die in das Gerät eingegebenen, so ist das Gerät nur Hilfsmittel zur Herstellung einer menschlichen Erklärung. So hat schon das RG mit Recht den Streifen einer Registrierkasse als Urkunde der Kassiererin angesehen 19• Nicht anders sind aber auch die Aufzeichnungen komplizierter Buchungsmaschinen zu beurteilen, wie sie in Banken und Großbetrieben Verwendung finden. Es kommt nicht darauf an, wie kompliziert die Maschine ist, oder wieviel Arbeitsgänge sie bewältigt, sondern für welche Zwecke sie eingesetzt wird. Es wäre durchaus denkbar, daß ein- und dieselbe Großrechenanlage sowohl zur Herstellung von Urkunden als auch von technischen Aufzeichnungen dienen kann. Wird die Trennung von Urkunde und technischer Aufzeichnung nach diesem Gesichtspunkt vollzogen, so ist sichergestellt, daß durch den Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen - gleichgültig wie die Fälschungshandlung definiert wird - nicht die bloße Lüge pönalisiert wird, nur weil sie mit Hilfe irgendwelcher technischer Vorrichtungen perpetuiert worden ist. Wann aber stellt eigentlich das Verhalten eines Menschen bei der Bedienung eines Registriergerätes eine Entscheidung über den Inhalt der Aufzeichnung dar? Sicherlich nicht schon dann, wenn er das Aufzeichnungsergebnis, das er auslöst, vorher kennt, also weiß, welche Zeichenauswahl seine Handlung im Mechanismus bewirken wird. Es 18 Samson trifft nicht den Kern der Sache, wenn er S.38 ausführt, daß automatisch hergestellte Rechnungen, Quittungen und Wiegescheine deshalb keine menschlichen Erklärungen sind, weil sie nicht auf einen vom beteiligten Menschen (vorher) gedachten Inhalt hinweisen. Der Beteiligte kann sich im Voraus den Inhalt der Aufzeichnung durchaus vorstellen, weil er z. B. das Gewicht des zu wiegenden Gegenstandes schon kennt. Die Wiegekarte wird nicht dadurch zu seiner Erklärung, weil er keine Herrschaft über ihren Inhalt hat, solange er ordnungsgemäß verfährt. 19 RG 55, 107.

11 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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muß vielmehr überdies bei normalem Ablauf des Aufzeichnungsvorgangs in seiner Macht stehen, welche Zeichen fixiert werden. So hat das RG mit Recht die Aufzeichnung eines Schußzählers nicht als Urkunde angesehen20 , obwohl der Weber genau weiß, daß er mit jedem Schuß auch das Weiterrücken des Zählers um eine Stelle verursacht. Denn er kann nicht darüber bestimmen, wann der Zähler weiterläuft. Wir können nichts darüber sagen, wann und unter welchen Bedingungen ein Zustand das Ergebnis der Entschlüsse eines Menschen ist, denn den Entschluß können wir nicht objektivieren. Wir können aber davon ausgehen, daß eine Entscheidung einer Bedienungsperson über die Information immer dann stattfindet, wenn nicht andere Faktoren, vor allem die Konstruktion der Maschine, die Auswahl bestimmen. Denn dann ist eine menschliche Entscheidung für das Zustandekommen der Aufzeichnung notwendig. Ot) Die bei einem Aufzeichnungsvorgang anfallenden

Entscheidungs- bzw. Auswahlvorgänge im einzelnen

Es geht hierbei nicht nur um die Auswahl bestimmter Zeichen aus dem Zeichenrepertoir der Maschine, denn dies ist nicht die einzige Entscheidung, die während des Aufzeichnungsvorganges fällt und daher dem Auswerter erspart wird und auf deren Richtigkeit man sich deshalb bei der Auswertung verläßt. Es geht auch um die Klassifikation der auf das Gerät wirkenden Einflüsse, als zu jener Klasse von Erscheinungen gehörig, zu deren Registrierung das Gerät bestimmt ist. Diese Klassifikation berechtigt ja erst den Auswerter, die im Mechanismus möglichen Zeichen einer Klasse von Bedeutungen zuzuordnen (Superzeichen)21 und so den Auswertungscode festzustellen. Man muß sich also den Aufzeichnungsvorgang in die schon beschriebenen zwei Klassifikationen zerlegt vorstellen, die technisch allerdings oft in einem Prozeß vereinigt sind: Zunächst ist zu entscheiden, ob der auf das Gerät wirkende Einfluß überhaupt zu denen gehört, die registriert werden sollen; dann ist festzustellen, welcher von diesen es ist. Es ist zu prüfen, ob jede dieser beiden Klassifikationen vom Gerät selbst durchgeführt werden kann. Klassifizieren aber bedeutet unterscheiden. Ein Mechanismus klassifiziert also einen Einfluß nur insofern, als er anders auf ihn reagiert als auf Einflüsse anderer Art. Ein Elektrokardiograph zum Beispiel reagiert nur auf Stromstöße von der Stärke, wie sie das Herz erzeugt. Auf stärkere und schwächere 20 !1

RG 49, 261.

H. Frank S. 15.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

spricht er entweder gar nicht an, oder zeichnet eine Kurve, die ihrer Lage und Form nach keine Ähnlichkeit mit irgendeinem möglichen Herzstrombild hat. Der Apparat klassifiziert also die Ströme als Herzströme, er "erkennt", d. h. unterscheidet sie von anderen Strömen an ihrer Stärke und der Art ihrer Schwankungen. Der Arzt, der das Gerät anschließt und einschaltet, kann und braucht nicht darüber zu entscheiden, was hier als Herzstrom registriert wird. Er setzt die Elektroden einer Unzahl verschiedenster Einwirkungen aus: Erschütterungen, Temperaturschwankungen, Geräuschen usw. und überläßt es dem Mechanismus, die Herzströme herauszusuchen. Er kann allerdings durch einen Apparat ähnliche Ströme erzeugen und vom Elektrokardiographen als Herzströme aufzeichnen lassen. Daß es möglich ist, einem Registriergerät ein eigens auf seinen Erkennungsmechanismus zugeschnittenes Objekt zu unterschieben, sollte aber kein Grund sein, ihm die Fähigkeit zur Klassifikation überhaupt abzusprechen, solange sich diese bei den Einflüssen bewährt, denen es normalerweise ausgesetzt ist. Die bestimmte Person, auf die das EKG bei seiner Auswertung normalerweise bezogen wird, wird allerdings nicht klassifiziert. Denn die EKG's verschiedener Menschen sind am Bild der Kurve nicht zu unterscheiden. Es gibt also im Diagramm überhaupt keine Zeichen, die einzelnen Personen zugeordnet werden könnten. Nur durch ein vor oder nach der Aufzeichnung von einem Zeugen, etwa dem untersuchenden Arzt, angebrachtes Zeichen, einen Eintrag auf dem Kurvenblatt oder der Einordnung des Blattes in die Karte eines Patienten kann die untersuchte Person erkannt werden. Wem also ein EKG zugeordnet wird, das entscheidet ein Mensch und nicht der Elektrokardiograph. Aber diese Entscheidung fällt auch nicht während des Aufzeichnungsvorganges. Deshalb interessiert sie an dieser Stelle nicht, wo es nur um die Frage geht, ob und wieweit der Aufzeichnungsvorgang selbst von Menschen gesteuert und sein Ergebnis durch ihre Entschlüsse bestimmt wird. Ein Gegenbeispiel wäre etwa ein Testgerät, das alle Produkte einer Fabrikation auf die Erfüllung einer bestimmten Norm hin prüft, das aber nicht automatisch durch ein Fließband, sondern durch eine Bedienungsperson beschickt wird. Es könnte sich bei den Testobjekten etwa um Präzisionsgeräte, Meßinstrumente, Kameraobjektive, Mikroskope usw. handeln, deren Prüfung nicht vollautomatisch erfolgen kann. Dabei wird nicht das einzelne Objekt individualisiert; es soll nur gewährleistet werden, daß kein ungetestetes Produkt die Produktion verläßt. Nehmen wir etwa an, daß die Zahl der fixierten Testergebnisse regelmäßig mit der der abgehenden Produkte verglichen wird. Jedes aufgezeichnete Testergebnis wird also interpretiert als Eigenschaft eines

11 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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in einem bestimmten Zeitraum in dieser Fabrik hergestellten Produktes. Diese Klassifikation kann aber das Kontrollgerät nicht vornehmen. Es würde auf jedes andere Produkt gleichen Typs nicht anders reagieren als auf die Stücke, die zu jener Klasse gehören. Gleichwohl muß diese Klassifikation während des Aufzeichnungsvorganges stattfinden, denn allein aus der Tatsache, daß die Daten eines Testobjektes aufgenommen wurden, wird bei der Auswertung des Aufzeichnungsergebnisses entnommen, daß es sich um einen Gegenstand aus dieser Klasse handelt. Es ist also die am Aufzeichnungsvorgang beteiligte Bedienungsperson, die diese Klassifikation vornimmt. Sie entscheidet darüber, ob die Meßdaten etwa eines Mikroskopes als die eines der in der laufenden Kontrollperiode produzierten betrachtet werden, und zwar indem sie das Prüfgerät damit beschickt. Ihre Entscheidung fällt also innerhalb des Entstehungsvorgangs der maschinellen Aufzeichnung und nicht durch besondere von ihr allein herrührende Zeichen. Und doch ist die Aufzeichnung auch nicht allein die Erklärung der Bedienungsperson, denn diese bestimmt nicht den zweiten Klassifikationsvorgang, die Auswahl einzelner Zeichen aus dem Repertoir des Gerätes. Ist das Testobjekt einmal in das Gerät eingegeben, so hat sie keinen Einfluß mehr auf die fixierten Daten. Denn durch die Eigenschaften des Objekts und die Konstruktion des Gerätes ist bestimmt, welche Werte auf der Aufzeichnung erscheinen. Dafür kann also die Bedienungsperson auch nicht einstehen. Man kann allenfalls sagen, daß das Eingeben eines Objekts in die Testeinrichtung eine Erklärung der Bedienungsperson darüber darstellt, daß dieses Objekt zu denjenigen gehört, die durch das Gerät geprüft werden sollen. Für sie käme allenfalls Urkundenschutz in Frage. Natürlich könnte man ebenso aus dem gleichen Zeichen eine Nachricht gewinnen, die nur von dem Gerät und seiner Funktionsweise abhängt. Sie würde etwa lauten: "Irgendwann befand sich ein Mikroskop mit diesen und jenen Qualitäten in dieser Kontrollanlage. " Die Nachricht, die den so registrierten Zeichen tatsächlich entnommen wird, beruht auf einer Deutung des Zeichens als Ergebnis einer menschlichen Entscheidung und einer nachfolgenden mechanischen Klassifikation. Sie kann also weder den Urkunden noch den technischen Aufzeichnungen zugerechnet werden. Ähnliche Zwittererscheinungen werden uns noch später begegnen. Zu ihnen gehört auch jene Stichmarke der Kontrolluhr, die das RG22 als Urkunde bezeichnet hat, wodurch es Binding zu seinem vielzitierten !!

RG 34, 435.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Spott über das Loch als Urkunden veranlaßt hat23 , ebenso stempelnde Uhrwerke zur Kontrolle von Fabrikarbeitern24 und verschiedene sonstige Einrichtungen zur Kontrolle menschlichen Verhaltens. Derartige Beweismittel haben also wenigstens heute noch eine große praktische Bedeutung, wenn auch zu erwarten ist, daß sie mit zunehmender Automation zurückgedrängt werden. Welchen Platz sie in einem Fälschungsschutzsystem einnehmen können, das Urkunden und technische Aufzeichnungen trennt, wird sich endgültig erst feststellen lassen, wenn der Sinn dieser Unterscheidung geklärt ist, und welchen Schutz Beweismittel verdienen, die derart zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung stehen, kann erst ermittelt werden, wenn die Frage beantwortet ist, welcher Schutz Urkunden und welcher technischen Aufzeichnungen zukommt. Dann werden die verschiedenen Möglichkeiten der Kombination menschlicher Entscheidungen mit automatischen Auswahlvorgängen zur Erzeugung von Beweismitteln nochmals besonders zu erörtern sein. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß es auch Aufzeichnungen gibt, für deren Auswertung eine Klassifikation vorausgesetzt wird, die weder durch das Gerät erfolgen konnte, weil dieses kein entsprechendes Unterscheidungsvermögen besitzt, noch durch eine Bedienungsperson, weil der Aufzeichnungsvorgang vollkommen selbsttätig abläuft. In diesen Fällen ist anderweitig sichergestellt, daß kein Einfluß einer anderen Klasse das Registriergerät erreicht. Das wäre bei unserer Qualitätskontrollanlage etwa dann der Fall, wenn sie in den Produktionsprozeß eingeschaltet wäre und automatisch beschickt würde. Weitere Beispiele dafür sind die Energieleistungsmesser in E-Werken, überhaupt alle in einen Produktionsprozeß fest eingeschalteten Meßinstrumente. Wenn man will, kann man die ganze Produktions anlage als das Registriergerät betrachten und kommt dann zu dem Ergebnis, daß das Gerät auch hier die Klassifikation vornimmt, und zwar indem es einen Teil der es beeinflussenden Gegenstände zu Elementen jener Klasse macht. Jedenfalls sind die so entstandenen Beweismittel eindeutig als selbständige Aufzeichnungen eines technischen Geräts zu qualifizieren. 23 Lehrbuch S. 184. Was findet Binding zu einer Zeit, als die Lochkartenschrift bereits erfunden war, eigentlich so lächerlich daran, daß ein Loch als Zeichen für eine rechtserhebliche Erklärung dient und daß das RG auf den Gedanken verfiel, diese als Urkunde zu schützen? Warum sind eigentlich Bleistift- oder Tintenstriche soviel schutzwürdiger? Würde Binding der Urkunde eines Blinden den Schutz verweigern? Sie besteht ausschließlich aus den von ihm so verachteten Löchern. 24 Das RG hielt die Stempel solcher Uhren auf den Lohnkarten der Arbeiter für Urkunden, vgl. RG 75, 315.

II 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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Der umgekehrte Fall, nämlich der, daß das Gerät die erste der beiden Klassifikationen vornimmt, indem es nur auf ganz bestimmte Einflüsse durch Produktion der standardisierten Zeichen reagiert, daß aber die Auswahl bestimmter Zeichen innerhalb dieses Zeichenrepertoirs durch die Bedienungsperson erfolgt, ist weniger problematisch. Hier ist die Maschine Werkzeug einer menschlichen Erklärung, allerdings ein spezialisiertes Werkzeug. Der Erklärende ist nur insofern eingeschränkt, als er mit diesem Gerät nur bestimmte Zeichen und u. U. auch nur bestimmte Nachrichten senden kann. Da es aber in seiner Macht steht, welche dieser möglichen Zeichen fixiert werden und vor allem, ob überhaupt Zeichen fixiert werden, perpetuiert die Maschine lediglich seine Entscheidungen und damit seine Erklärung. Dies sind die Tonaufnahmen und "in einem technischen Mittel verkörperte Erklärungen" des § 304, E 62. Sie unterscheiden sich von der Urkunde nur durch die Art der Zeichen und ihre kompliziertere Entstehung und mußten nur deshalb durch eine besondere Vorschrift geschützt werden, weil der Entwurf wie schon zu einem erheblichen Teil das Schrifttum zum geltenden Strafrecht den Urkundenbegriff auf Schriften beschränkt hat. b) Die Herrschaft des Menschen über Registriergeräte undl idie KontroLle der Registriergeräte über Menschen Die Auswahl der Zeichen, die das Gerät erzeugt, ist aber nicht immer dann Erklärung eines Menschen, wenn sie vom Verhalten eines Menschen abhängig ist. Sonst wäre es ja nicht möglich, das Verhalten eines Menschen durch eine Maschine zu kontrollieren. Was beispielsweise ein Fahrtenschreiber (vgl. dazu auch die schon erwähnte Schußzählerentscheidung RG 40, 261) registriert, hängt ausschließlich vom Verhalten des Fahrzeugführers ab, und doch sind sich Rechtsprechung und Lehre darüber einig, daß es sich nicht um eine Urkunde des Fahrers handelt25 • cx) Die subjektive Abgrenzungsmethode der Praxis

In RG 64, 97 wird hierzu ausgeführt: "Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob der Hersteller durch die Zeichen den Betrachter zu bestimmten Gedanken, Rückschlüssen, Feststellungen und Folgerungen veranlaßt, oder ob er diese Gedanken als die seinen dem Beschauer mitteilt." 25 Vgl. OLG Stuttgart NJW 59, 1379; OLG Hamm NJW 59, 1380, Schönke Schröder zu § 267 Ziff.26; dort wird die Behauptung, daß jene Kontrollaufzeichnungen trotz der menschlichen Beeinflussung keine Urkunden seien, damit begründet, "daß deren (der Urkunden) gedanklicher Inhalt mit gleicher Beweiskraft auch mündlich muß übermittelt werden können". Aber wie kommt es eigentlich zu diesem Begriffserfordernis? Von keinem sog. öffentlichen Beglaubigungszeichen wird es erfüllt.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Demnach müßte es also innerhalb der von Menschen ausgesandten Zeichen einen Unterschied geben zwischen solchen, die zu einem Gedanken veranlassen bzw. veranlassen sollen, und solchen, die einen Gedanken mitteilen oder mitteilen sollen. Da es hier um die Charakterisierung von Zeichen geht, muß zunächst geklärt werden, für welchen Interpreten dieser Unterschied bestehen soll, für den Sender oder den Empfänger. Geht man davon aus, daß der zitierte Satz des RG einen Unterschied für den Empfänger bezeichnet, so läuft er auf die von der Rechtsprechung seit je vorgenommene Differenzierung zwischen Lesen und Schließen hinaus, die nach h. L. mit der Unterscheidung zwischen der Auswertung einer Urkunde und der eines Augenscheinsobjektes identisch ist. Dahinter steht jene Vorstellung, daß die Bedeutung eines Zeichens etwas sei, was der Sender in das Zeichen hineingelegt, ihm als eine Eigenschaft mitgegeben habe, so daß man Zeichen mit Bedeutung (lesbare Zeichen) und solche ohne Bedeutung (nicht lesbare, aus denen man nur selbständig Schlüsse ziehen kann) unterscheiden könne 26 • Daß diese Anschauung unrichtig ist, wurde oben (I 1 a) nachgewiesen. Ein Unterschied zwischen Lesen und Schließen als Arten der Auswertung von Signalen kann nur dahingehend gemacht werden, daß beim Lesen die Nachricht nach einem standardisierten Code ermittelt wird, während beim Schließen zunächst der Code selbst festgelegt werden muß. Demnach gehören die technischen Aufzeichnungen, also auch die Tachogramme, zu den lesbaren Zeichen, obwohl sie Augenscheinsobjekte sind. Diese Differenzierung ist also nicht brauchbar für die Unterscheidung von technischen Aufzeichnungen und in einem technischen Mittel verkörperten Erklärungen. Betrachtet man dagegen die vom OLG Stuttgart im Anschluß an das RG vorgenommene Differenzierung zwischen Zeichen, die Mitteilungen des Senders darstellen, und anderen, die - obwohl ebenfalls von einer Person zur Information des Empfängers hergestellt - doch nicht deren Äußerung sind, als eine für den Sender bestehende 27 , so kann sie, da ein objektiver Unterschied zwischen Mitteilung und Veranlassung zum Erschließen einer Nachricht nicht besteht, nur im subjektiven Verhältnis des Senders zu seinen Zeichen liegen. So interpretiert, wäre diese Differenzierung nur dann möglich, wenn es vom Willen oder der subjektiven Einstellung des Senders abhinge, ob die von ihm ausgesandten Zeichen als seine Äußerung gelten oder nicht. 26 Diese Auffassung liegt der Entscheidung des OLG Stuttgart zum Fahrtenschreiberdiagramm zugrunde, vgl. NJW 59, 1379, bezeichnenderweise auch den Bemerkungen Weismanns zu RG 34, 435 in ZStW 31, 786. 27 Auch diese Interpretation macht sich das OLG Stuttgart zu eigen (s. a.a.O. S. 1380), was von seinem Standpunkt aus nur konsequent ist, denn es hält mit der h. L. den Unterschied zwischen Gedankenerklärung und Augenscheinsobjekt und den zwischen lesbaren und nicht lesbaren Zeichen für identisch.

11 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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Als ihre Äußerung wird einer Person allerdings nur eine Handlung zugerechnet, die mit Äußerungswillen vorgenommen wird, d. h., um einen anderen zu veranlassen, von einer Tatsache Kenntnis zu nehmen; entnimmt jemand aus dem Verhalten eines anderen eine Tatsache, ohne daß der andere dies beabsichtigt, so wird dadurch dessen Verhalten nicht zu einer Äußerung über diese Tatsache. Dieser Informationswille ist aber auch da vorausgesetzt, wo die Zeichen den Empfänger (nur) zu "bestimmten Gedanken veranlassen" sollen, man müßte also ein weiteres Willensmoment fordern, um diese Zeichen von denen zu unterscheiden, mit denen der Sender "einen Gedanken als den seinen mitteilt" und die ihm deshalb als seine Äußerung zugerechnet werden. Gibt aber der Sender ein Zeichen mit Informationswillen, so ist, vorausgesetzt, daß es in seiner Macht liegt, die Tatsache zu bestimmen, die daraus gelesen oder geschlossen wird, die Information sein Werk, ihm also als seine Äußerung zuzurechnen. Es steht dann nicht mehr in seiner Willkür, sie als einen von ihm mitgeteilten Gedanken anzuerkennen oder es dem Empfänger zu überlassen, denselben Gedanken aus von ihm gesetzten Zeichen auf eigene Gefahr zu erschließen. Auch die Interpretation der von der Rechtsprechung getroffenen Unterscheidung als eine in der Person des Senders begründete erweist sich damit als unhaltbar.

ß) Die objektive Abgrenzungsmethode oder die Lehre von der Erklärungsherrschaft Und dennoch hat die Rechtsprechung darin recht, daß "von Menschen hergestellte Zeichen, die über eine Tatsache Aufschluß geben oder geben sollen, nicht notwendig Urkunden sind"28, selbst dann nicht, wenn sie, wie die Fahrtenschreiberdiagramme, vom Verursacher unterzeichnet und für den Rechtsverkehr bestimmt sind. In dem Fall, der der reichsgerichtlichen Entscheidung im 64. Band zugrunde lag, auf die sich das OLG Stuttgart in seinem Fahrtenschreiberurteil stützt, war der Grund ein relativ einfacher: es handelte sich um ein stempelndes Uhrwerk. Derjenige, der es auslöste, konnte also gar keinen Einfluß auf die Auswahl der Zeichen ausüben. Diese war vielmehr durch das Gerät bestimmt. Sein Verhalten entschied nur darüber, ob und wann eine Aufzeichnung stattfand. Beim Fahrtenschreiber dagegen ist die Zeichenauswahl unmittelbar von den willentlichen Aktionen des Fahrers abhängig. Aber der Fahrer kann nicht unmittelbar die fixierten Zeichen 28

RG 64, 98, zustimmend OLG Stuttgart a.a.O.

7 Puppe

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

wählen, er kann sich nur entscheiden für eine bestimmte Fahrweise, eine Geschwindigkeit, eine Haltezeit usw. Er kann einerseits nicht erreichen, daß das Gerät ein anderes Fahrverhalten registriert, als er tatsächlich gezeigt hat, andererseits sein Fahrverhalten nicht ausschließlich danach bestimmen, welche Zeichen nach seinem Willen auf dem Schaublatt des Tachographen erscheinen sollen, mag auch das Bewußtsein, daß seine Fahrweise festgehalten wird, seine Entscheidungen während der Fahrt mit beeinflussen. Weil für ihn an die Handlungen, mit denen er die Fixierung eines bestimmten Zeichens im Fahrtenschreiber auslöst, noch andere Folgen notwendig geknüpft sind, eben die Änderung des Fahrtverlaufs selbst, die er bei seinen Entschlüssen in erster Linie zu berücksichtigen hat, ist die Aufzeichnung also, obwohl allein durch sein willkürliches Verhalten bestimmt, nicht das Ergebnis seiner von ihm getroffenen Zeichenauswahl. Darum ist die daraus resultierende Information nicht seine Äußerung29 , und er hat nicht als Erklärender für sie einzustehen, wenn er sie in den Rechtsverkehr bringt30. Betrachtet man das Problem von der subjektiven Seite, so kann man auch sagen, es habe hier am Äußerungswillen gefehlt, aber nicht, weil der Urheber der Zeichen mit ihnen nicht eine Nachricht als seinen eigenen Gedanken geäußert hat, sondern weil er überhaupt nichts geäußert hat. Es steht der oben aufgestellten Behauptung, daß es hier nicht darauf ankommt, daß der Wille des Urhebers, sich zu der Aussage als zu der seinen zu bekennen, fehlt, nicht entgegen, daß jede technische Aufzeichnung zu einem Teil einer Urkunde gemacht wird, wenn eine Person, sei es der Urheber oder ein anderer, sie zum Inhalt ihrer Erklärung macht. Daß uns solche Zeichen, die wir mit Informationswillen produziert und deren Auswahl wir frei bestimmt haben, als unsere Äußerungen zugerechnet werden, ob wir dies wollen oder nicht, schließt nicht aus, daß wir Kraft unseres Willens die Inhalte der Aufzeichnungen eines anderen oder eines Automaten uns mit Wirkung für den Rechtsverkehr zu eigen machen können und demzufolge für sie ein-

29 Das ist auch Burkhardt und dem Strafgericht Basel-Stadt entgegenzuhalten, die die Anzeige auf Gas- und Benzinuhren einem Menschen zuschreiben, weil ja einer darüber entscheidet, wieviel Gas oder Benzin abgenommen wird (vgl. Schw. StR 76, S. 91 f.). 30 Der Leser wird bemerkt haben, daß sich die hier vertretene Auffassung von der Erklärungshandlung zum analysierten Satz des RG ähnlich verhält, wie die Lehre von der Tatherrschaft zur Formel der Rechtsprechung, daß Täter sei, "wer die Tat als eigene will". In beiden Fällen ist die Praxis vom subjektiven Reflex eines objektiven Sachverhalts ausgegangen und hat diesen als ein Willensphänomen interpretiert, anstatt seinen objektiven Ursachen nachzugehen.

II 3. Techn. und menschliche Aufzeichnung

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stehen müssen31 • Das geschieht u. U. sogar ohne genaue Kenntnis von deren Inhalt, etwa bei Massenversendung maschineller Quittungens2 • Diese Voraussetzung einer jeden menschlichen Äußerung, die man analog zum Begriff der Tatherrschaft als Aussageherrschaft bezeichnen könnte, entscheidet auch über die Subsumtion der Resultate der elektronischen Nachrichtenverarbeitung in ihren verschiedenen Anwendungsformen unter die Begriffe Urkunde bzw. in einem technischen Mittel verkörperte Erklärung oder technische Aufzeichnung. Bei den elektronischen Buchungsmaschinen findet lediglich eine Reproduktion menschlicher Information statt; mag der Vorgang auch höchst kompliziert sein und technisch gesehen eine hohe Leistung darstellen, mag es auch möglich sein, ihn als eine automatische Klassifikation zu deuten. Was hier klassifiziert wird, sind die von der Bedienungsperson gesendeten Zeichen, d. h. maßgebend ist das von der Bedienungsperson bereits angewandte Klassensystem. Die Ergebnisse sind also, wenn die Bedienungsperson erkennbar ist oder eine Bank bzw. eine Firma, in deren Vollmacht sie handelt, deren Urkunden. Ebenso verhält es sich mit den elektronisch etwa in sogenannten Datenbanken eingespeicherten Nachrichten. Sie können, wenn sie den Urheber angeben, in einem technischen Mittel verkörperte Erklärungen sein. Eine Anwendung der elektronischen Nachrichtenverarbeitung, bei der das Ergebnis nicht durch menschliche Äußerungen beeinflußt wird, sind die oben (Il 1 a) besprochenen Elektronenrechner, die ihre Ausgangswerte von automatisch arbeitenden Rezeptoren beziehen, und zwar auch dann, wenn diese menschliches Verhalten registrieren, wie etwa bei Verwendung zur Bahn- oder Luftverkehrsüberwachung. Es gilt insofern dasselbe wie beim Fahrtenschreiber. Die Ergebnisse reiner elektronischer Rechenanlagen sind, wie oben (Il 1 a) festgestellt, wegen des Einflusses einer menschlichen Äußerung auf die maschinelle Zeichen auswahl keine technischen Aufzeichnungen. 31 Ein Beispiel hierfür sind die maschinellen Verwaltungsakte, die die erlassende Behörde zu ihrer Erklärung macht, indem sie sie als ihren Befehl oder ihre Gewährung dem Betroffenen zugehen läßt. Wäre dieses Verhalten der Behörde nicht als ihr Bekenntnis zum Inhalt des Arbeitsergebnisses der Maschine auszulegen, so hätten solche Bescheide gar keine normative Kraft, denn diese kann ihnen nur aus der von der Behörde ausgeübten öffentlichen Gewalt zuwachsen. Hier fällt der Erklärungswille mit der Sanktionierung der Norm zusammen, mit der ihn Kohlrausch im Wörterbuch der Rechtswissenschaft S. 336 ganz allgemein verglichen hat. Den komplizierten wechselseitigen Beziehungen zwischen Aussage, Aussageherrschaft, Erklärungswillen, durch Rechtsnorm angeordnetes Einstehen und Urkunde wird später noch ausführlich nachzugehen sein. S! Vgl. hierzu Schilling "Aufzeichnungen" S. 77.



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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Sie können aber auch keine in einem technischen Mittel verkörperte Erklärungen oder Urkunden sein; denn was sie aufzeichnen, sind nicht mehr die eingegebenen Nachrichten, sondern eine aus deren automatischer Verknüpfung gewonnene neue Information. Wir haben es hier mit einer Zeichenauswahl zu tun, die sowohl von einer menschlichen Äußerung, als auch von einem automatischen Vorgang abhängt, die also in ein System nicht eingeordnet werden kann, das von einer Trennung von menschlichen und technischen Aufzeichnungen ausgeht (näheres hierzu u. 3. Teil I 3 b ~). c) Das Merkmal "ganz oder zum Teil selbsttätig"

Das Tatbestandsmerkmal "ganz oder zum Teil selbsttätig durch ein technisches Gerät hergestellt" ist also folgendermaßen auszulegen: das Gerät arbeitet dann im erforderlichen Maße selbsttätig, wenn weder über die Auswahl der Phänomene, auf die es mit der Produktion standardisierter Zeichen reagiert, noch über die Auswahl der einzelnen Zeichen eine Person entscheidet. Daß eine Person in den Aufzeichnungsvorgang eingeschaltet ist und daß ihr Verhalten sich auf einen dieser Auswahlvorgänge irgendwie auswirkt, tut der erforderlichen Objektivität der Registrierung keinen Abbruch, solange die Bedienungsperson bei normalem Ablauf des Aufzeichnungsvorganges ihr Verhalten nicht danach einrichten kann, welche Registrierung sie wünscht. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so liegt keine ganz oder teilweise selbsttätige Aufzeichnung i. S. des § 306 vor, sondern allenfalls eine Urkunde oder eine in einem technischen Mittel verkörperte menschliche Erklärung i. S. des § 304. Die Worte "ganz oder zum Teil selbsttätig" bringen allerdings nicht deutlich zum Ausdruck, welchem Zweck dieses Tatbestandsmerkmal dient, nämlich der Scheidung der nach § 306 geschützten technischen Aufzeichnung von den Urkunden, den Tonaufnahmen und den in einem anderen technischen Mittel verkörperten Erklärungen im Sinne des § 304. Formulierungen wie "unabhängig von einer menschlichen Entscheidung" oder "unabhängig von einer menschlichen Erklärung" würden zwar den Sinn dieser Einschränkung des Schutzbereichs des § 306 deutlicher machen, können aber leicht zu Mißverständnissen führen. Die erste der beiden Fassungen könnte die Schlußfolgerung provozieren, daß Aufzeichnungen, die menschliches Verhalten kontrollieren oder sonst durch menschliche Entscheidungen beeinflußt werden, die nicht im Hinblick auf ein bestimmtes Aufzeichnungsergebnis getroffen werden, niemals unter § 306 fallen können. Die zweite könnte die Subsumtion solcher Aufzeichnungen zur Folge haben, bei denen eine menschliche Erklärung nicht offen zutage tritt, weil nur einer der beiden Auswahlvorgänge, die die Auf-

II 4. Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung"

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zeichnung bestimmen, auf einem Entschluß der Bedienungsperson beruht. Die erste Formulierung birgt also die Gefahr einer zu weiten, die zweite die einer zu engen Interpretation. Die hier auftreten~ Abgrenzungsproblematik ist offenbar zu kompliziert, als daß. sie vom Gesetzgeber durch eine kurze Formel zu lösen wäre. Versucht er das trotzdem, und sei es auch nur, um Rechtsprechung und Wissenschaft eine ungefähre Leitlinie zu geben, so besteht sogar die Gefahr, daß Judikatur und Literatur durch die Aufgabe der wörtlichen Auslegung dieses das Problem anscheinend lösenden Tatbestandsmerkmals von dem Weg abgelenkt werden, der sicherer zum richtigen Resultat führt: der systematischen Gesetzesinterpretation. Denn diese, insbesondere die Gegenüberstellung von § 306 und § 304, der ja auch hier die Abgrenzungskriterien entnommen wurden, liefert die entscheidenden Gesichtspunkte von selbst ohne ein zusätzliches Wort des Gesetzgebers. 4. Die Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung" als einsmränkendes Tatbestandserfordernis des § 306 E 62

Die einzige ausdrückliche Anforderung, die § 306 E 62 an die Leistungsfähigkeit schutzwürdiger technischer Aufzeichnungen stellt, ist die, daß sie "ihren Gegenstand erkennen lassen" müssen. Was aber unter dem Gegenstand einer Aufzeichnung zu verstehen ist, wird aus der Begründung nicht ganz klar. Geht man von dem aus, was hier über das Prinzip der technischen Registrierung von Vorgängen oder Zuständen entwickelt worden ist, so müßte als Gegenstand einer Aufzeichnung das angesehen werden, was das Gerät durch eine bestimmte Reaktion, die in der Produktion eines bestimmten Zeichens besteht, von anderen Erscheinungen unterscheidet und damit klassifiziert, also die Bedeutung des Zeichens nach dem Maschinencode. Gegenstand beispielsweise eines EKG wäre danach der Verlauf von Herzströmen, Gegenstand einer Wiegekarte das Gewicht eines Körpers oder die Belastung einer Waage. Das Erfordernis der Erkennbarkeit des Aufzeichnungsgegenstandes wäre danach identisch mit dem der Erkennbarkeit des Maschinencodes33 • Nun ist es durchaus denkbar, daß ein Registriergerät Zeichen herstellt, aus denen der Maschinencode nicht nach einer standardisierten Methode zu erkennen ist, auch nicht für Eingeweihte. Das wäre etwa 33 Die Ausführungen in der amtlichen Begründung zu diesem Tatbestandsmerkmal sind nicht ganz eindeutig. Auf S. 482 unten wird diese hier zunächst untersuchte Deutung nahegelegt, gegen sie spricht jedoch das auf derselben Seite oben angeführte Beispiel einer schutzwürdigen Aufzeichnung einer automatischen Waage, die nicht nur das Ergebnis der Wägung, sondern auch deren Gegenstand erkennen lassen müsse.

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

bei einer Wiegekarte der Fall, die nichts als eine Zahl ohne Maßeinheit aufweist. Was die Apparatur mit dieser Zahl klassifiziert hat, ist nur für den erkennbar, der weiß, daß diese Karte Produkt eines Wiegevorgangs ist. Auch solche Zeichen können, wie di~s Beispiel zeigt, eine standardisierte Bedeutung haben. In unserem 13eispiel ist dies eine bestimmte Zahl. Nur ist diese Zuordnung von Zeichen 'und Bedeutung nicht identisch mit dem Maschinencode. Die Bedeutungen, die diesen Zeichen aufgrund einer standardisierten und auf jede Aufzeichnung dieser Art jederzeit anwendbaren Deutungsweise eindeutig zuzuordnen sind, sind allgemeiner, d. h. ungenauer als die von der Maschine beim Meßvorgang vorgenommenen Klassifikationen, m. a. W. nicht alle Klassifikationen, die das Gerät vornimmt, registriert es auch. In unserem Beispiel klassifiziert die Waage die Einwirkung des gewogenen Körpers zunächst als ein Gewicht und dann als eines von XKg, fixiert aber nur das X. Das Unterscheidungsvermögen der Maschinenrezeptoren wird also für die Aufzeichnung nicht voll ausgenutzt. Es erscheint fraglich, ob solche Produkte von Meßgeräten, in denen nur ein Teil der vom Gerät vorgenommenen Klassifikation in standardisierten Zeichen fixiert ist, überhaupt als Aufzeichnungen des gemessenen Zustands oder Geschehensablaufs anzuerkennen sind. Sie fungieren eher als Anzeigen, die das Gerät teilweise fixiert, denn solange die Zeichen in der allerdings nicht dauerhaften Verbindung mit dem Meßgerät stehen, ist aus dieser Verbindung der Maschinencode erkennbar, so daß die gesamte Klassifikationsleistung der Apparatur dem Auswerter noch zugänglich ist, und es entspricht ihrer allgemeinen Bestimmung, daß sie ausgewertet werden, ehe oder während sie vom Gerät endgültig getrennt werden. Gedeutet wird aber dabei nicht die dauerhafte Fixierung allein, sondern in Verbindung mit der Maschine, wie dies auch bei Anzeigegeräten geschieht; dieses aus Gerät und Fixierung zusammengesetzte Zeichen aber ist nicht dauerhaft, sondern flüchtig wie eine Anzeige (s. hierzu o. 11 1 b). Spricht man solchen unvollständigen Registrierungen maschineller Messungen nicht schon die Qualität von technischen Aufzeichnungen ab, so wäre es allerdings angebracht, sie durch ein besonderes Tatbestandserfordernis der Erkennbarkeit des Maschinencodes vom Fälschungsschutz auszuschließen. Denn was aus den von solchen Geräten fixierten Zeichen nach einer standardisierten, von zusätzlichen Ermittlungen im Einzelfall unabhängigen Auswertungsmethode festzustellen ist, ist oft nicht mehr als in Ziffern oder Kurven ausgedrückte Zahlenwerte ohne Maßeinheit; und damit allein ist für keinen Beweis im Rechtsverkehr mehr gewonnen als mit jeder natürlichen Spur eines Geschehens, durch die doch immerhin das verursachende Geschehen irgendwie seiner Qualität nach bestimmt werden kann, was für den

II 4. Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung"

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Rechtsverkehr immer noch wertvoller ist als eine noch so genaue reine Quantitätsangabe. Die Entstehungsgeschichte dieses Tatbestandsmerkmals des § 306 E 62 legt ·jedoch nahe, daß mit Gegenstand einer Aufzeichnung hier etwas anderes gemeint sein soll als die Klassifikation des Meßgerätes, nämlich das Objekt der Messung. "Der Gegenstand" ist der Körper im physikalischen Sinne, von dem die gemessene Wirkung ausgeht, also z. B. die individuelle Sache, bei deren Wägung eine Wiegekarte aufgezeichnet wurde, die Person, deren Herzströme in einem EKG festgehalten sind, das einzelne Werkstück, dessen Materialeigenschaften die vorliegende Aufzeichnung eines Prüfgeräts hervorgerufen haben, USW. 84 • Das kann, da es um den Schutz einer Beweismethode geht, nur damit begründet werden, daß diejenigen Aufzeichnungen, die ihren Gegenstand im eben beschriebenen Sinne nicht erkennen lassen, im Beweis stets weniger wert sind als andere. Nun fällt auf, daß dieses einschränkende Tatbestandserfordernis seiner Formulierung nach unabhängig ist vom jeweiligen Thema des mit einer Aufzeichnung geführten Beweises, bzw. von der Tatsache, über die durch gefälschte Aufzeichnungen getäuscht werden soll35. Es müßte also, wenn es gerechtfertigt sein soll, gültig sein für jeden möglichen Beweis. Nun sind aber durchaus Beweise mit technischen Aufzeichnungen zu führen, für die es auf das Objekt der Messung gar nicht ankommt. Das ist etwa der Fall, wenn die Wiegekarte einer automatischen Präzisionswaage von deren Verkäufer, der sich gegen eine Mängelrüge des Käufers verteidigt, zum Beweis dafür vorgelegt wird, daß das Versagen des Instruments nicht auf einen von ihm zu vertretenden Mangel zurückzuführen ist, sondern auf eine überbelastung durch den Käufer. Hierfür ist es völlig gleichgültig, welcher Gegenstand gewogen wurde, dafür kommt es hier auf die Individualität des Gerätes an. Mit der Erkennbarkeit des Gegenstandes der Messung in diesem Sinne ist also kein für jeden Beweis relevantes Mindesterfordernis der 34 Dieses Tatbestandsmerkmal war ursprünglich in den von der zuständigen Unterkommission formulierten Fassungen der Vorschrift zum Schutz technischer Aufzeichnungen in U 63 § 266 (Nied. Bd. 8 S. 494) gar nicht enthalten. Es wurde erst aufgenommen, nachdem Kaufmann in seinem Vortrag vor der Kommission die Erkennbarkeit des Objekts der Messung als Voraussetzung für die Schutzwürdigkeit der Aufzeichnung gefordert hatte, vgl. Kaufmann a.a.O. S.428. Für die übernahme dieser Auffassung in den Entwurf spricht auch das auf S. 482 oben in der Begründung zu E 62 angeführte Beispiel einer schutzwürdigen Aufzeichnung. 35 In dieser Absolutheit, wie sie der Entwurf anscheinend übernommen hat (vgl. amtliche Begründung S. 482 unten) wollte Kaufmann das Erfordernis der Erkennbarkeit des Messungsgegenstandes allerdings wohl nicht aufstellen. Er nennt es nur beispielhaft als Mindestanforderung für bestimmte Beweissituationen und spricht dann verallgemeinernd von der Erkennbarkeit der Beweisbeziehung, vgl. ZStW 71 S. 428.

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

Leistungsfähigkeit von maschinellen Registrierungen bezeichnet. Schwerwiegender ist, daß an diesem Erfordernis nicht einmal jede technische Aufzeichnung überhaupt gemessen werden kann, weil es nicht für jede eindeutig ist, genaugenommen ist es das sogar für keine. Auch die von Registriergeräten gemessenen Wirkungen haben mehrere nebeneinander oder hintereinander geschaltete Ursachen, die von verschiedenen Körpern ausgehen. Welcher von diesen soll nun der Gegenstand sein, dessen Wirkung auf das Gerät gemessen wird? Was ist beispielsweise der Gegenstand einer Aufzeichnung eines Energieleistungsmessers, eines Durchflußmessers oder eines Zählers beliebiger Art? Alle diese Meßgeräte können im Rechtsverkehr etwa für den Nachweis einer vom Zulieferer der festgestellten Mengen bestimmter Stoffe erbrachten Leistung relevant werden. Man könnte hier als Objekt der Aufzeichnung wohl die einzelnen "gezählten" Masseteilchen betrachten, aber mit demselben Recht auch die Quelle, von der sie ausgehen, wobei wiederum nicht eindeutig ist, was als ihre Quelle zu gelten hat. Die Individualität beider ist übrigens für die mit der Aufzeichnung verfolgten Zwecke, insbesondere auch für ihre Brauchbarkeit als Beweismittel im Rechtsverkehr, in aller Regel uninteressant. Was ist Gegenstand der Aufzeichnung eines Fahrtenschreibers, die Geschwindigkeit eines bestimmten Fahrzeuges oder das Verhalten des individuellen Fahrers, der sie verursacht? Das erstere ist von Interesse, wenn der Halter, das letztere, wenn der Fahrer in Anspruch genommen wird. Es zeigt sich also, daß der Gegenstand der Aufzeichnung i. S. des § 306 E 62 sich nicht nach objektiven, etwa physikalischen, technischen oder zeichentheoretischen Kriterien bestimmen läßt. Um dieses Tatbestandsmerkmal eindeutig zu interpretieren, bleibt also nichts anderes übrig, als auf eine bestimmte aktuelle oder potentielle Zweckbestimmung abzustellen, also aus der Kette von Ursachen, die auf die Aufzeichnung einwirken, diejenige als ihren Gegenstand zu betrachten, die festgestellt werden soll. Da dieses Tatbestandsmerkmal als Attribut der Aufzeichnung formuliert ist, also unabhängig von ihrer Verwertung im konkreten Fall, muß diese Zweckbestimmung schon bei Entstehung der Aufzeichnung festliegen. Nun haben Aufzeichnungsgeräte wie alle menschlichen Werkzeuge eine mehr oder weniger genau festgelegte allgemeine Zweckbestimmung, die sich aus der bei ihrer Konstruktion vorausgesetzten Verwendungsart, teils auch aus der Konstruktion selbst, ergibt, etwa aus der Beschaffenheit der vorgesehenen Anschlüsse oder der Rezeptoren. Aus dieser ließe sich ableiten, welche Faktoren des Aufzeichnungsvorgangs Gegenstand der Aufzeichnung sein sollen. Dies wäre etwa bei dem oben erwähnten

11 4. Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung"

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Energieleistungsmesser die Menge der in einem bestimmten Zeitraum an einen bestimmten Abnehmer oder eine bestimmte Gruppe von Abnehmern gelieferten Energie, bei einem Durchflußmesser die Menge der von einer Anlage produzierten oder verbrauchten Flüssigkeit bestimmter Art. Damit scheiden als Gegenstand der Aufzeichnung all die bei ihrer Entstehung wirksamen Phänomene aus, auf die es nach der allgemeinen Zweckbestimmung nicht ankommt, so in der Regel die verschiedenen Vorgänge im Gerät selbst, bei Messungen eines Verbrauchs die Eigenschaften der liefernden Quelle. Es gibt jedoch Aufzeichnungen, darunter solche, die von vornherein für einen potentiellen Beweis im Rechtsverkehr bestimmt sind, deren allgemeiner Zweck nicht auf die Feststellung einer bestimmten ihrer Ursachen festgelegt ist, die vielmehr je nach Beweislage zur Feststellung der einen oder der anderen dienen sollen. Diese Erscheinung ist uns bereits beim Fahrtenschreiber begegnet, der je nachdem, ob der Halter oder der Fahrer in Anspruch genommen werden soll, zum Beweis etwa der Geschwindigkeit eines individuellen Fahrzeugs herangezogen wird, oder zum Beweis des Verhaltens eines bestimmten Fahrers. Aber auch wo die allgemeine Zweckbestimmung auf eine bestimmte Einzelursache oder Gruppe von Ursachen gerichtet ist, ist noch die Frage, wie genau diese selbst bestimmt sein soll. Versucht man die Beantwortung dieser Frage aus der allgemeinen Zweckbestimmung, so kommt man zu der Tautologie, daß eine Aufzeichnung die festzustellenden Erscheinungen eben so genau beschreiben soll, wie sie sie tatsächlich beschreibt. Denn die allgemeine Zweckbestimmung selbst ergibt sich ja u. a. aus Konstruktion und Leistungsfähigkeit des Aufzeichnungsgerätes. Aus der Einsatzart wenigstens derjenigen Aufzeichnungsgeräte, die so weit spezialisiert sind, daß die Aufgaben, für die sie eingesetzt werden können, einigermaßen einheitlich sind, lassen sich wohl verschiedene Kriterien der zu messenden Erscheinung angeben, die im Zusammenhang mit dieser üblichen Verwendungsweise von Interesse sind, andere wieder lassen sich als irrelevant ausschließen. So kommt es bei Leistungs- und Verbrauchsmessern auf den Zeitraum der Messung an, nicht aber auf die Individualität der gelieferten oder verbrauchten Objekte, Substanzen oder Energieträger. In den meisten Fällen, wie etwa bei Materialprüfungen, interessiert die Individualität eines untersuchten Gegenstandes oder auch die einer Person, die ihn hergestellt oder verkauft hat, in anderen, wie etwa bei medizinischen Aufzeichnungen für einen Versicherungsabschluß oder Einstellungsvertrag, Zeit und Objekt. Schließlich sind Fälle denkbar, in denen der Ort der Aufzeichnung von Belang ist oder die Individualität des Gerätes. Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen. Indessen dürften

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

die genannten Beispiele genügen, um deutlich zu machen, daß mit Hilfe des Erfordernisses der Angabe der bei üblicher Einsatzweise des Geräts interessierenden Kriterien des zu messenden Phänomens die Anforderungen an die Bestimmtheit und Ausführlichkeit der Aufzeichnung auf alle möglichen Begleitumstände dieses Phänomens ausgedehnt werden könnten, auch auf dessen Ursachen oder Folgen. So würde der oben abgeleitete Begriff des Gegenstandes der Aufzeichnung als derjenigen ihrer verschiedenen Ursachen, die nach ihrer allgemeinen Zweckbestimmung gemessen werden soll, eher aufgelöst als präzisiert. Außerdem läßt sich nicht als inhaltliches Minimum von einer Aufzeichnung fordern, daß sie alle im Zusammenhang mit der aufgezeichneten Erscheinung normalerweise interessierenden Umstände angibt. Es ist kaum eine Aufzeichnung vorstellbar, die Derartiges leisten könnte. Abgesehen davon läßt sich nicht für alle Typen von Aufzeichnungsgeräten eine allgemein übliche Einsatzweise einigermaßen detailliert festlegen, weil sie in verschiedensten Situationen Verwendung finden. Dies gilt beispielsweise für einfache Strommeßgeräte mit Schreibstift, nicht spezialisierte Thermographen, Druckmesser oder Waagen. Nach den Intentionen Kaufmanns müßte die nach der allgemeinen Zweckbestimmung zu messende Ursache der Aufzeichnung so detailliert beschrieben sein, daß sie als eine bestimmte Einzelerscheinung individualisiert, d. h. von allen anderen Phänomenen gleicher Art unterschieden werden kann. Der Kaufmannschen Konzeption liegt der richtige Gedanke zugrunde, daß es in jedem Beweis um die Rekonstruktion konkreter Tatsachen geht und daß eine Aufzeichnung mit einer konkreten Tatsache nur dann in Verbindung gebracht werden kann, wenn ihr Entstehungsvorgang irgendwie individualisierbar ist36 • Ist aber der 3B Freilich können technische Aufzeichnungen auch zum "Beweis" abstrakter Erfahrungssätze herangezogen werden. Aber ein solcher Vorgang ist gen au genommen kein Beweis, sondern nur eine Demonstration. Denn eine allgemeine Regel muß bereits bewiesen sein, wenn sie als Erfahrungssatz oder gar als Naturgesetz gelten soll. Hier fungiert die Aufzeichnung also nicht als Beweismittel, sondern nur als Anschauungsmaterial, das zwar dazu dient, eine bestimmte Person vom Vorliegen eines an sich bekannten Factums zu überzeugen, nicht aber eine objektive Ungewißheit darüber zu beseitigen. Das ist nur in dem seltenen Fall anders, daß es einem Sachverständigen aus Anlaß eines konkreten Beweisverfahrens gelingt, durch eine technische Aufzeichnung ein neues Naturgesetz zu entdecken oder einen Expertenstreit um das Vorliegen eines Erfahrungssatzes zu klären. Dann wird allerdings durch die Aufzeichnung ein Erfahrungssatz bewiesen. Aber auch diese seltenen Fälle brauchen beim Schutz der Aufzeichnung vor Fälschung nicht besonders berücksichtigt zu werden, denn ein Beweis eines abstrakten Satzes ist jederzeit wiederholbar, die für ihn im konkreten Fall eingesetzte Aufzeichnung ist also nicht unersetzbar und kann jederzeit nachgeprüft werden. Die Gefahr einer Täuschung über einen abstrakten Erfahrungssatz durch Fälschung einer ihn demonstrierenden Aufzeichnung ist also wesentlich geringer als bei einer Aufzeichnung, die eine konkrete Tatsache beweisen soll.

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Aufzeichnungsvorgang als Ganzes irgendwie individualisiert, so ist es auch jede einzelne an ihm beteiligte Ursache. Ob es allerdings auf Grund einer bestimmten Art der Individualisierung des Aufzeichnungsvorgangs in einem konkreten Beweisverfahren tatsächlich möglich ist, einen Zusammenhang dieses Vorgangs mit der Beweistatsache herzustellen, hängt von den Gegebenheiten der einzelnen Situation ab. Zunächst ist hierfür maßgebend, wie eng der logische Zusammenhang zwischen der Beweistatsache und der gegebenen Bestimmung des Aufzeichnungsvorgangs ist. Decken sich beide, so ist die Beweisbeziehung gesichert. Decken sie sich nicht, so kommt es darauf an, wieviele und welche zusätzlichen Tatsachen zur Herstellung der Beziehung zwischen ihnen erforderlich sind und ob diese ihrerseits nachgewiesen werden können. Inhaltliche Anforderungen an die Art der Individualisierung können also unabhängig von einer konkreten Beweissituation nicht gestellt werden. Was "Gegenstand der Aufzeichnung" ist, kann aber nicht von der jeweiligen Beweissituation abhängig gemacht werden, in der eine Aufzeichnung gerade verwendet werden soll, es muß vielmehr von vornherein mit der Entstehung der Aufzeichnung festliegen. Aus einer konkreten Beweissituation könnte die Bestimmung dieses Gegenstandes nur dann abgeleitet werden, wenn schon bei der Entstehung der Aufzeichnung eine bestimmte aktuelle oder potentielle Beweislage präsumiert wird, die Aufzeichnung also für einen Beweis im Rechtsverkehr bestimmt ist. Um den Bezug der Aufzeichnung zu diesem Beweis zu sichern, müßte man dann allerdings die Registrierung der Beweistatsache selbst fordern, diese also als Gegenstand der Aufzeichnung ansehen. Denn darüber, welche Beweismittel sonst zur Verfügung stehen, um einen Zusammenhang zwischen der Beweistatsache und einer anderweitigen Kennzeichnung des Aufzeichnungsvorgangs herzustellen, bestehen bei der Bestimmung einer Aufzeichnung für einen konkreten in Zukunft erwarteten Beweis, oder bei der allgemeinen Bestimmung einer ganzen Gattung von Aufzeichnungen für eine Art von Beweisen noch keine klaren Vorstellungen. Hat die Beweisbestimmung mehrere Tatsachen gleichzeitig zum Ziel, so genügt es, wenn irgendeine davon registriert ist. Problematisch ist der Fall, daß mehrere in Alternativität stehen, für den wir oben im Fahrtenschreiber ein Beispiel gefunden hatten. Hier läßt sich aus der Beweisbestimmung keine Beweistatsache ableiten, es sei denn, man deutet die alternative Beweisbestimmung in eine kumulative um, indem man nicht die aktuelle Beweislage ins Auge faßt, in der die Aufzeichnung tatsächlich eingesetzt werden soll, sondern verallgemeinernd davon ausgeht, daß eine Aufzeichnung, von der nur feststeht, daß sie für den Beweis einer von mehreren Tatsachen hergestellt wird, grundsätzlich zum Beweis jeder dieser Tatsachen be-

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Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

stimmt ist. Daß man sich dann, wie bei der auch in concreto kumulativen Beweisbestimmung mit der Erkennbarkeit einer dieser Tatsachen begnügt, auch wo sich später in der konkreten Beweissituation herausstellt, daß es gerade auf eine andere ankommt, ließe sich damit rechtfertigen, daß diese Tatsachen untereinander in der Regel in einem so engen Zusammenhang stehen, daß es möglich ist, eine Beziehung der Aufzeichnung zu jeder von ihnen herzustellen, wenn sie zu einer von ihnen bereits besteht. Es kann also aus einer von vornherein gegebenen allgemeinen Beweisbestimmung einer Aufzeichnung - wenn auch nicht immer ganz ohne Schwierigkeiten - ein Aufzeichnungsgegenstand abgeleitet werden37 • Solange eine Aufzeichnung aber keine Beweisbestimmung hat, läßt sich ein Aufzeichnungsgegenstand in diesem Sinne nicht angeben. Nun fordert allerdings § 306, Abs. 2 letzter Halbsatz, für jede geschützte Aufzeichnung eine Beweisbestimmung. Versteht man dies als Begriffserfordernis der technischen Aufzeichnung, so könnte man für jede Aufzeichnung i. S. des § 306 E 62 einen Gegenstand aus ihrer Beweisbestimmung ableiten. Es kann an dieser Stelle nur angedeutet werden, daß diese Begriffsauffassung weitreichende und wenigstens zunächst merkwürdig anmutende Konsequenzen dafür hat, was unter einer falschen Aufzeichnung zu verstehen ist. Ist die Beweisbestimmung Begriffselement der Aufzeichnung, so ist eine Registrierung mit vorgetäuschter Beweisbestimmung eben eine falsche technische Aufzeichnung i. S. des § 306 E 62. Es erscheint außerdem einigermaßen gekünstelt, als technische Aufzeichnung nur eine zum Beweis bestimmte automatische Registrierung zu bezeichnen. Dem Entwurf ist ein solch neuartiger Sprachgebrauch auch nicht deshalb ohne weiteres zu unterstellen, weil dieses Erfordernis in einem Absatz erscheint, der grammatisch als Begriffsdefinition formuliert ist. § 306, Abs. 2 kann auch als Zusammenfassung der allgemeinen Schutzerfordernisse einer technischen Aufzeichnung verstanden werden38 • Dem Gesetzgeber steht es natürlich frei, eigene Begriffe für seine 37 Daß eine Ableitung eines Aufzeichnungsgegenstandes aus einer Beweisbestimmung möglich ist, während die allgemeine Zweckbestimmung und Verwendungsweise dazu nicht ausreicht, liegt daran, daß es aufgrund der besonderen Bedeutung der Individualisierbarkeit des Aufzeichnungsvorgangs gerade für den juristischen Beweis gerechtfertigt werden kann, sich mit der Feststellbarkeit eines der im Zusammenhang mit dem Aufzeichnungsvorgang unmittelbar interessierenden Umstände zu begnügen, wenn dieser die Individualisierung des Aufzeichnungsvorgangs ermöglicht. 38 Kaufmann meint allerdings angesichts der Aufnahme dieses Erfordernisses in den Abs. 2 der Bestimmung, es als Begriffsmerkmal der technischen Aufzeichnung, genauer als Element des Begriffs "technisch" i. S. des § 306 E 62 verstehen zu müssen, obwohl auch er darin einen "sehr gesetzestechnischen Gebrauch des Wortes ,technisch'" sieht und deshalb statt des Ausdrucks

II

4. Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung"

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Zwecke zu schaffen, also Gegenstände nach von ihm bestimmten Kriterien zu neuen Klassen zusammenzufassen, die im Klassennetz der allgemeinen Sprache nicht vorkommen. Dann hätte er aber auch einen neuen Ausdruck für diese Klasse prägen müssen. Verwendet er Begriffe aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, so hat er sich damit zunächst an dessen Klassenbildungen gebunden. Die Beweisbestimmung kann also nur als ein zusätzliches Erfordernis aufgefaßt werden, durch das aus der Klasse aller technischen Aufzeichnungen diejenigen herausgehoben werden, die geschützt werden sollen. Der Begriff "Gegenstand der Aufzeichnung" ist danach unabhängig von der Beweisbestimmung, kann also auch nicht durch sie definiert werden und muß auch auf solche Aufzeichnungen anwendbar sein, die keinerlei Beweisbestimmung haben. Im übrigen ist noch zu untersuchen, ob das Schutzerfordernis der Beweisbestimmung, so wie es in § 306 E 62 aufgestellt worden ist, überhaupt gerechtfertigt werden kann und ob es beibehalten werden sollte. Es bleibt also nur die Möglichkeit, als Gegenstand der Aufzeichnung den individuellen Aufzeichnungsvorgang als Ganzes zu betrachten. Zu rechtfertigen wäre dieses Erfordernis damit, daß nur, wenn der Aufzeichnungsvorgang irgendwie individualisiert ist, es grundsätzlich möglich ist, eine Beziehung der Aufzeichnung zu konkreten Tatsachen herzustellen, die Thema eines Beweises sein können, und damit der Aufzeichnung innerhalb einer Beweiskette einen festen Platz anzuweisen. Das Bedenken gegen diese Regelung besteht darin, daß damit noch nicht sichergestellt ist, daß diese Beziehung in der konkreten Beweissituation mit Hilfe der gegebenen Individualisierungskriterien des Aufzeichnungsvorgangs tatsächlich hergestellt werden kann, daß also dieses Erfordernis für den Beweisdestinatär, der im Einzelfall geschützt wird, und für die Täuschung des Täters überhaupt eine Rolle spielt. Das verträgt sich schlecht mit der Erkenntnis, daß es beim Schutz technischer Aufzeichnungen um das Verbot einer bestimmten Methode des Falschbeweises geht. Die Diskrepanz zwischen diesem Tatbestandserfordernis und der ratio legis ist aber unvermeidlich, da es als allgemeines Kriterium der Aufzeichnung gefaßt ist. Denn eine allgemeine, für jeden mit einer Aufzeichnung zu führenden Beweis relevante Mindestanforderung an ihren Inhalt läßt sich nicht stellen. Will man dennoch ein Minimum an "technische Aufzeichnung" in § 306 den Terminus "technische Beweisaufzeichnung" vorschlägt, vgl. ZStW 71 S. 423. Ob danach eine korrekte automatische Registrierung eine falsche Beweisaufzeichnung ist, wenn sie den Anschein erweckt, für einen Beweis bestimmt zu sein, während sie keine oder eine andere Beweisbestimmung hat, untersucht Kaufmann nicht.

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1. Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

inhaltlicher Ergiebigkeit der Aufzeichnung verlangen, so muß man zu seiner Bestimmung also (wie oben I 5 vorgeschlagen) an die Erfordernisse des konkreten Beweises anknüpfen, in dem sie bzw. ihr Falsifikat eingesetzt werden soll, und damit an die Täuschungsabsicht des Täters. Welche Anforderungen sind nun an die Erkennbarkeit dieses Gegenstandes zu stellen? Es erhebt sich zunächst die Frage, ob er sich aus den Maschinenzeichen allein nach deren standardisiertem Auswertungscode ergeben muß oder ob wenigstens verlangt wird, daß er aus der Aufzeichnung als körperlicher Gegenstand ersichtlich ist, oder ob es genügt, daß er irgendwie durch Hinzuziehung anderer Beweismittel festgestellt werden kann. Kaufmann, auf dessen Anregung wie schon erwähnt die Aufnahme dieses Erfordernisses in den Tatbestand des § 306 E 62 zurückgeht, ging von der ersten dieser Alternativen aus 39 • Es entspricht auch am ehesten dem Schutz einer standardisierten Beweismethode, inhaltliche Mindestanforderungen ausschließlich an das Ergebnis zu stellen, zu dem diese Methode selbst führt (Näheres hierzu s. o. I 5). Allerdings wäre dadurch, wie Kaufmann selbst a.a.O. ausführt, der größte Teil der heute gebräuchlichen Aufzeichnungsverfahren ausgeschlossen und damit die praktische Bedeutung der ganzen Schutzvorschrift sehr gering. Will man aus diesem Grund so hohe Anforderungen an die schutzwürdige Aufzeichnung nicht stellen, so wäre es, wie oben I 5 bereits dargelegt, angebracht, die Individualisierbarkeit des Aufzeichnungsvorgangs anhand des körperlichen Aufzeichnungsträgers oder eines fest mit ihm verbundenen Gegenstandes zu verlangen, um wenigstens diejenigen Aufzeichnungen auszuschließen, die ohne weiteres vertauscht werden können4o • So verstanden wäre die Bedingung der Erkennbarkeit des Gegenstandes allerdings nicht eine Anforderung an die Leistungsfähigkeit der technischen Aufzeichnung selbst, wohl aber an die Sicherheit und Leichtigkeit ihrer Verwendung im Beweis. Laut Begründung zu E 62 S. 480 sollen für die Erkennbarkeit des Gegenstandes der Aufzeichnung die Erfordernisse gelten, die die Rechtsprechung zur Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde entwickelt hat. Die Rechtsprechung aber verlangt lediglich, daß die Person des Ausstellers aus Umständen zu ermitteln ist, auf die der Inhalt der 39 Vgl. ZStW 71 S.428, wo darauf hingewiesen wird, daß eine technische Aufzeichnung, die zusätzlicher Erläuterungen bedarf, um in eine Beziehung zu einer beweisbedürftigen Tatsache gesetzt werden zu können, um nichts vertrauenswürdiger ist als andere Beweismittel, beispielsweise eine Blutprobe. 40 Das ist auch ein Anliegen Kaufmanns, vgl. ZStW 71 S. 425 u. 427.

II 4. Erkennbarkeit des "Gegenstandes der Aufzeichnung"

111

Urkunde hinweist und die nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung mit ihr in Verbindung stehen 41 • Welchen Sinn die Anforderungen der Rechtsprechung an die Erkennbarkeit im Bereich der Urkunde haben, kann hier nicht eingehender untersucht werden. Offenbar will man nicht verlangen, daß sich der Aussteller ausdrücklich in der Urkunde als solcher kundgibt, sondern ihm andere Möglichkeiten offen halten, sich zu erkennen zu geben. Den Wegen, die nach der Rechtsprechung zu seiner Feststellung führen sollen, also Hinweis in der Urkunde oder Verbindungen, die kraft Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung zu ihr gezogen werden, ist gemeinsam, daß der Aussteller selbst sie bei Errichtung der Urkunde kennt. Die Forderung der Rechtsprechung könnte also dahin gedeutet werden, daß es nicht genügt, wenn ohne Wissen des Ausstellers seine Person ermittelt werden kann, daß vielmehr der Aussteller sich in irgendeiner Weise selbst zu seiner Erklärung bekennen muß42. Ob diese Deutung für die Urkunde richtig ist, wie sie sich insbesondere zur Anerkennung der Zufallsurkunde verhält, braucht hier nicht entschieden zu werden, denn 41 Vgl. RG 11, 183 (186); 38, 248 (250f.); 46,103 (105); 53,237 (239); 55, 269; 59, 38 (40); BGH GA 63, 16 Bayrisches OLG NJW 66, 748. Im einzelnen stellen diese Entscheidungen allerdings teilweise recht unterschiedliche Ansprüche an die Erkennbarkeit des Ausstellers. Teilweise wird das Hauptgewicht darauf gelegt, daß die Umstände, durch die er identifiziert wird, nicht jedes Zusammenhangs mit dem Urkundeninhalt entbehren, so in RG 26, 270 (271); 40, 217 (218); 52, 312 (313). Teils wird nur auf die grundsätzliche Ermittlungs.!. möglichkeit durch nach Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung mit der Urkunde verbundene Umstände abgestellt und ausdrücklich nicht die tatsächliche Identifizierbarkeit des Ausstellers im konkreten Fall verlangt, so RG 46, 297 (300); 55, 269 (276), teils wird gerade darauf Wert gelegt, daß für die "Nächstbeteiligten", wenn auch nur dank ihrer speziellen Kenntnis besonderer Einzelumstände des Falles, nur eine bestimmte Person als Aussteller in Betracht kommt, so RG 11,283 (286); 46, 103 (105); 52, 312 (313); BGH GA 63, 16 (17) Bayr. OLG NJW 66, 748. In RG 11, 183 (186) wird es für ausreichend erachtet, wenn sich aus Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung ergibt, wer die Urkunde ausstellen soll. Nach RG 38, 248 (251) soll das allein gerade nicht genügen, wenn der Aussteller sonst keinen Hinweis auf seine Person gegeben hat, weil die Möglichkeit besteht, daß es entgegen der Norm ein anderer tut. So einheitliche und feste Regeln, wie es zunächst scheint, hat also die Rechtsprechung für die Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde gar nicht entwickelt. 42 Für diese Auffassung sprechen immerhin diejenigen höchstrichterlichen Entscheidungen, die besonderes Gewicht darauf legen, daß "die Beteiligten", also wohl insbesondere der oder die Destinatäre der Erklärung, in einem späteren Zeitpunkt nach RG 38, 248 (251) auch der Aussteller selbst, ohne Schwierigkeiten erkennen können, wer die Erklärung abgegeben hat, so RG 11, 183 (186), weniger deutlich RG 40, 217 (218), RG 46, 103 (l05); 52, 312 (313), Bayr. OLG NJW 66, 748 f., BGH GA 63, 16 (17). RG 46, 297 (300) stellt sogar ausdrücklich auf dieses Bekenntnis des Ausstellers innerhalb der Urkunde ab. Mit dieser Deutung des Erfordernisses der Erkennbarkeit des Ausstellers läßt sich auch am ehesten erklären, warum es das RG vor allem ablehnt, die Ausstelleridentität aus Umständen herzuleiten, die "gänzlich außerhalb des Inhalts" der Urkunde liegen, vgl. RG 26, 270 (271); 40, 217 (218); 46, 103 (105); 52, 312 (313).

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

sie läßt sich jedenfalls nicht auf die technische Aufzeichnung übertragen, die ja keinen Aussteller hat. Einige Entscheidungen begründen das Erfordernis der Erkennbarkeit des Ausstellers mit Hilfe von Gesetz, Herkommen oder besonderer Vereinbarung damit, daß auch der Sinn der Erklärung selbst, sofern sie nicht in der üblichen Schrift niedergelegt ist, sich aus durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung festgelegten Zeichen ergeben muß. Da bei einer technischen Aufzeichnung die Bestimmung des Codes durch individuelle Verabredung nicht in Betracht kommt, weil der Aussteller fehlt, der sie treffen könnte, könnte aus dieser Parallele zur Ermittlung des Inhalts einer nichtschriftlichen Urkunde abgeleitet werden, daß die Zeichen für den Aufzeichnungsgegenstand immerhin durch Gesetz oder Herkommen standardisiert und daß sie dauerhaft sein müssen. Dies könnte als Mindestanforderung an die Sicherheit, wenigstens aber an die Leichtigkeit des Beweises einer bestimmten Tatsache durch die technische Aufzeichnung verstanden und gerechtfertigt werden. Das setzt aber voraus, daß die von den oben zitierten Entscheidungen gezogene Parallele zwischen den Anforderungen an die Feststellbarkeit des Inhalts einer nichtschriftlichen Urkunde und an die Erkennbarkeit des Ausstellers einer nicht unterzeichneten Urkunde richtig ist. Zwischen beiden besteht aber ein entscheidender Unterschied: das Verständnis der nichtschriftlichen Urkunde muß allein aus ihren Zeichen nach deren durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung festgelegter Deutung möglich sein, für die Feststellung der Identität des Ausstellers aber brauchen die Urkundenzeichen nach der Rechtsprechung nur Hinweise auf außerhalb des Urkundeninhalts liegende Umstände zu liefern, die dann zwar kraft Gesetzes, Herkommens oder Vereinbarung mit diesem Inhalt in Verbindung stehen müssen, die aber ihrerseits noch festzustellen sind, und zwar auf beliebige Weise. Es wird nicht einmal immer verlangt, daß der Aussteller im konkreten Fall tatsächlich ermittelt werden kann43 • Hier zeigt sich, daß die Regeln, die die Rechtsprechung für die Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde aufstellt, nicht als Anforderungen an die Sicherheit und Leichtigkeit des Urkundenbeweises verstanden werden können44 • Vgl. RG 46, 297 (300); 55, 269 (270). Das ergibt sich auch aus der Tatsache, daß die Verbindung zu den Umständen, aus denen die Person des Ausstellers hervorgeht, nur kraft besonderer Vereinbarung zu bestehen braucht, die ja ebenfalls beweisbedürftig sein kann. Für den Urkundenbeweis ist der aufgezeigte Unterschied zwischen den Anforderungen an die Feststellbarkeit der Bedeutung nichtschriftlicher Urkundenzeichen einerseits und der Identität des Ausstellers andererseits gar nicht so einschneidend, wie er es für den Aufzeichnungsbeweis wäre, wo eine besondere Vereinbarung keine Rolle spielen kann. Denn auch zur Feststellung der Bedeutung von Urkundenzeichen, bedarf es u. U. zusätzlicher Beweismittel, wenn sie durch Vereinbarung festgelegt sind. 43

44

II 5. Zur Legaldefinition der "technischen Aufzeichnung"

113

Beim Verbot der Fälschung technischer Aufzeichnungen geht es aber nur um den Schutz eines besonders sicheren und leicht zu führenden Beweises. Damit steht fest, daß jene für die Urkunde entwickelten Regeln, seien sie für diese richtig oder falsch, auf die Erkennbarkeit des, wie auch immer definierten, Gegenstandes der Aufzeichnung nicht zu übertragen sind. Es bleibt also bei der oben aufgezeigten Alternative, die Erkennbarkeit des Gegenstandes der Aufzeichnung aus dieser selbst, also aus den standardisierten Maschinenzeichen zu fordern, oder um einer Erweiterung der praktischen Bedeutung der Vorschrift willen sich mit seiner Erkennbarkeit aus sonstigen standardisierten Zeichen zu begnügen. Diese zusätzlichen Zeichen müßten dann allerdings fest mit dem körperlichen Träger der Aufzeichnung verbunden sein. Denn wären sie von ihm getrennt, so müßte ihre Beziehung zu der Aufzeichnung wiederum auf standardisierte Weise zu ermitteln sein. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Aufzeichnung durch andere standardisierte Zeichen individualisiert ist, damit ist es aber auch ihr Gegenstand, der nach der hier vertretenen Auffassung der konkrete Aufzeichnungsvorgang selbst ist. (s. dazu auch oben I 5.) 5. Zur Legaldefinition der "technischen Aufzeichnung"

Die Analyse und Kritik der Begriffsbestimmung des Schutzgegenstandes in § 306 hat gezeigt, daß die einzelnen Begriffselemente der schutzwürdigen technischen Aufzeichnung in der Formulierung des Entwurfs oft nicht scharf genug hervortreten und daß die Anliegen, denen die einzelnen Tatbestandserfordernisse dienen, und die Funktionen, die sie innerhalb des ganzen Vorschriftenkomplexes erfüllen sollen, nicht immer deutlich zum Ausdruck kommen. Wenn ein Gesetzgeber eine Legaldefinition vornimmt, so kann er sich zweierlei zum Ziel setzen: entweder er will eine exakte Definition, die es jedem Gesetzesanwender ermöglicht, von jedem Gegenstand eindeutig und allgemeingültig zu sagen, ob er unter die Bestimmung fällt oder nicht, ohne damit eine wertende Entscheidung zu treffen - es müßte dann also jeder Anwender zu dem gleichen Ergebnis kommen -, oder er kann nur Richtlinien geben, nach denen der Gesetzesanwender seine Entscheidung treffen muß. Eine annähernd exakte Beschreibung der technischen Aufzeichnung sähe etwa so aus: Eine technische Aufzeichnung liegt vor, wenn ein Zustand oder Geschehensablauf durch eine technische Anlage derart registriert wird, daß dauerhafte Zeichen durch einen mit der Konstruktion der Anlage eindeutig und endgültig festgelegten Kausalverlauf 8 Puppe

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1.

Teil: Der Begriff der technischen Aufzeichnung

entstehen, die diesen Zustand oder Geschehensablauf bei normalem Funktionieren des Geräts zur Ursache haben müssen oder auch: Technische Aufzeichnung ist die automatische, d. h. von einer menschlichen Entscheidung nicht bestimmte Registrierung eines Zustands oder Geschehensablaufs in dauerhaften Zeichen, die nach einem allgemein anerkannten Code auswertbar sind. Beide Beschreibungen gehören nicht in einen Gesetzestext. Es bleibt also nichts übrig, als sich mit der Angabe der Richtlinien zufriedenzugeben, die dem Richter zeigen, worauf es bei einer technischen Aufzeichnung ankommt und um welcher Eigenschaften willen ihr Mißbrauch pönalisiert wird. Dabei könnte man sich auf die Beschreibung beschränken: "Technische Aufzeichnung ist eine dauerhafte automatische Registrierung eines Zustands oder Geschehensablaufs. " Mit dem Wort Registrierung wäre das zusammengefaßt, was nach unseren Untersuchungen die besondere Leistung dieser Beweismittel im Vergleich zum "klassischen" Augenscheinsobjekt ausmacht. Und mit dem Begriff "automatisch" verbindet sich die Vorstellung von Unabhängigkeit einer Maschine von menschlichen Entschlüssen, die die Überlegenheit ihrer Aufzeichnungen über die Urkunde als subjektives Beweismittel begründet. Das sind die beiden Besonderheiten, die den Charakter dieser Beweismittel bestimmen und aus denen sich die Art des Schutzes, der ihnen zukommt, ebenso ergeben muß wie der spezifische Unrechtsgehalt ihres Mißbrauchs; also sollte nach diesen Kriterien allein auch beurteilt werden, ob ein Beweismittel im Einzelfall als technische Aufzeichnung zu schützen und sein Mißbrauch zur Täuschung zu strafen ist. Die verhältnismäßig hohe Zahl von zum Teil sprachlich ebenso unscharf wie kompliziert ge faßten Begriffsmerkmalen in § 306 werden vielleicht Wissenschaft und Praxis von diesen beiden allein wesentlichen Gesichtspunkten eher ablenken als auf sie hinführen. Deshalb wäre es besser, falls man die hier vorgeschlagene Begriffsbestimmung als zu nichtssagend empfindet, ganz auf eine Legaldefinition des Schutzgegenstandes zu verzichten. Die Verfasser des Entwurfs, die offenbar eher eine exakte Begriffsdefinition anstrebten, die den Richter so weit als möglich binden sollte, anstatt nur eine Angabe von Gesichtspunkten für dessen Entscheidung, haben die Schwierigkeit und Vielschichtigkeit der Probleme des Begriffs der technischen Aufzeichnung unterschätzt, wenn sie glaubten, sie durch eine kurze Formel schon im Gesetz lösen zu können.

Zweiter Teil

Der Schutz der technischen Aufzeichnung I. Die Beweisbestimmung als Bedingung des Schutzes teclmischer Aufzeiclmungen 1. Vorbemerkung

§ 306, 3 E 62 fordert außer den bisher besprochenen Bedingungen, daß die technische Aufzeichnung "zum Beweis für eine rechtserhebliche Tatsache bestimmt ist, gleichviel, ob ihr diese Bestimmung bei ihrer Entstehung oder später gegeben worden ist". Dies ist eigentlich kein Charakteristikum der technischen Aufzeichnung im Sinne irgend eines allgemeinen Sprachgebrauchs mehr. In Technik und Verkehr, wird man es kaum unterlassen, eine automatische Registrierung als "technische Aufzeichnung" zu bezeichnen, weil sie niemand für einen Beweis im Rechtsverkehr bestimmt hat oder weil ihr diese Bestimmung wieder genommen wurde. Es handelt sich hier um eine zusätzliche Bedingung der Bestrafung des Mißbrauchs technischer Aufzeichnungenl • Mit ihr begeben wir uns aus dem Problemkreis um den Begriff der technischen Aufzeichnung schon hinaus und wenden uns der Frage zu, wie ihr Schutz im einzelnen auszugestalten sei. Das hier zu besprechende Tatbestandsmerkmal ist von denen, die uns bisher beschäftigten, auch das erste, das sich mit einem Merkmal des § 303 E 62 deckt. Laut Begründung zu E 62 2 wollte man die Bestimmung des Begriffes, wie die Ausgestaltung des Schutzes der technischen Aufzeichnung dem der Urkunde genau nachgestalten, soweit nicht die Besonderheiten der technischen Aufzeichnung dies unmöglich machen. Mit der Beweisbestimmung begegnet uns im Strafrecht der technischen Aufzeichnung zum erstenmal ein Begriff, der aus der Lehre von der Urkundenfälschung unmittelbar übernommen wurde und der in genau derselben Formulierung im Tatbestand der Urkundenfälschung (§ 303 E 62) auftaucht. Hier wird also mit der Parallelen zur Urkundenfälschung Ernst gemacht, und wir müssen uns zum ersten1

t I·

Entsprechend in bezug auf die Urkunde Merkel S. 381 f. Begründung S. 482.

116

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

mal im einzelnen mit ihr auseinandersetzen. Deshalb ist hier der Ort, näher zu untersuchen, welche Bedeutung das Erfordernis der Beweisbestimmung eigentlich für den Begriff der Urkunde im Strafrecht und für die Ausgestaltung ihres Strafschutzes hat. 2. Die Rolle der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht

Die Kategorie der Beweisbestimmung erfüllt im Urkundenstrafrecht die 'verschiedensten Funktionen: 1. scheidet man mit ihrer Hilfe die Urkunde vom bloßen Urkundenentwurf, von der Abschrift, von der ehemaligen Urkunde und sonstigen Schriften3 ,

2. liefert sie die Gemeinsamkeit, mit der man die Gleichsetzung von Absichts- und Zufallsurkunde begründet" 3. wird sie zur Unterscheidung von Beweis- und Kennzeichen herangezogen5 , 4. dient sie zur Aussonderung der Gesamturkunden aus den übrigen Urkundengesamtheiten6 • Diese häufige Verwendung des Kriteriums Beweisbestimmung zur Entscheidung fast aller im Urkundenstrafrecht auftretenden Abgrenzungsfragen läßt erwarten, daß wir es hier mit einem der wesentlichsten Begriffselemente der Urkunde zu tun haben. Sie läßt auf eine große Geschlossenheit des gedanklichen Systems schließen, das dem Urkundenstrafrecht zugrundeliegt. Schon seine vielseitige Verwendbarkeit würde für die Übernahme des Begriffes der Beweisbestimmung in weitere solche Strafschutzsysteme für sachliche Beweismittel spre3 Besonders deutlich Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 2 a; RG 20, 6 (7); BGH NJW 53, 1519. 4 Schönke - Schröder zu § 267 Ziff.14; Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a; Binding S. 188; Maurach § 53 III D 2; Wetzet § 59 II 2 c; RG vereinigte Strafsenate II und III Bd.17, 103 (105 ff.) und ihnen folgend die ganze spätere Judikatur. 5 So wird die Anerkennung von Nummern an Kraftfahrzeugen, die jedenfalls Kennzeichen sind, als Beweiszeichen vom RG und BGH mit ihrer Beweisbestimmung begründet: RG 40, 169 (170); 58, 16; 68, 94; BGH 9, 235; 16,94 (94 u. 97); anders nur RG 55,39 (40); wie BGH OLG Hamburg NJW 66, 1827. Nummernpfähle an Holzhaufen werden als Beweiszeichen anerkannt, wenn sie zum Beweis einer rechtserheblichen Tatsache bestimmt sind, vgl. RG 39, 147 u. a. Ebenso Plomben und Siegel, vgl. u. a. RG 67, 230 (230); 50, 192 (192) (Stromzählerplombe) und andererseits 64, 48 (Plombe an Branntweinmeßuhr). Instruktiv für die Rolle, die die Beweisbestimmung innerhalb der Beweiszeichenproblematik spielen kann BGH 13, 235 (238 f.). e RG 43, 52 (54); 48, 406 (407 f.); 60, 17 (20).

I 2. Die Rolle der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht

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chen, wenn nicht gerade sie die Möglichkeit eröffnen und damit den Verdacht erregen würde, daß unter dem Ausdruck Beweisbestimmung sich ganz verschiedene Begriffe und Anliegen im Urkundenstrafrecht zur Geltung gebracht haben. Wir dürfen an diese sicherlich wünschenswerte Geschlossenheit des Urkundenstrafrechts nicht ohne weiteres glauben, indem wir von vornherein voraussetzen, daß unter dem Begriff der Beweisbestimmung in jedem seiner Anwendungsfälle dasselbe verstanden wird. Der Ausdruck "Bestimmung eines Gegenstandes oder einer Urkunde zum Beweis" ist für sich selbst nicht präzise genug, um Begriffsverschiebungen und in ihrer Folge Begriffsvertauschungen zu verhindern. Dies zu belegen seien hier einige mögliche und untereinander sehr verschiedene Bedeutungen dieses Ausdrucks nebeneinander gestellt; Beweisbestimmung kann heißen: daß jemand einen Gegenstand herstellt, um ihn gegebenenfalls im Beweis gebrauchen zu können (Beweisvorkehrung, Beweisveranstaltung); daß jemand einen Gegenstand als Zeichenträger herstellt, um damit die in den Zeichen (nach einem Code) enthaltene Bedeutung im Rechtsverkehr als Beweismittel auch gegen sich selbst zur Verfügung zu stellen (Erklärungswille)1; daß jemand einen Gegenstand für einen bestimmten gerichtlichen oder außergerichtlichen Beweis in Anspruch nimmt (das Beweisenwollen8); weiterselten ohne das Zuletztgenannte tatsächlich auftretend, aber doch ohne dies möglich - die Erklärung, eine Tatsache mit einem Gegenstand zu beweisen oder beweisen zu können (Auswertung, CodewahI9); endlich die Anerkennung eines Gegenstandes als Beweismittel durch entweder den Gesetzgeber oder die Allgemeinheit (Herkommen) oder einzelne (Vereinbarung), und zwar als Zeichen für eine bestimmte Tatsache (Codierung). Es mag hier dahingestellt bleiben, ob sich die einen oder anderen dieser Bedeutungen des Begriffes Beweisbestimmung ineinander überführen lassen, wenn man von einigen für seine Rolle im Beweismittelstrafrecht belanglosen Besonderheiten absieht, jedenfalls handelt es sich hier wenigstens ursprünglich um einen sehr vieldeutigen Begriff. Was mit diesem Tatbestandsmerkmal in das Strafrecht der technischen Aufzeichnungen überhaupt übernommen wurde, ob und gegebenenfalls in welchem Sinne es im Tatbestand des § 306 erhalten bleiben sollte, 7 So RG 17, 103 (105 f.); ob damit der Erklärungswille richtig interpretiert ist, wird noch zu untersuchen sein. 8 Vgl. GaHas Nied. Bd. 6 S. 164. 9 In diesem Sinne muß sie um ihrer Funktion willen in § 266 Umdruck 64 verstanden werden, mögen auch die Verfasser dieses Vorschlages eher an Beweisbestimmung im zuvor genannten Sinne gedacht haben. Beide Bedeutungen des Wortes sind aber durchaus zu unterscheiden.

118

2.

Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

kann erst geprüft werden, wenn die Bedeutung dieses Wortes anhand von jeder einzelnen seiner Funktionen im Urkundenstrafrecht einzeln analysiert und verglichen ist. a) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen Urkundenentwurf und Urkunde

Das, was einem Urkundenentwurf zur Urkunde noch fehlt, auch wenn er bereits die endgültige Fassung hat, ist wie beim Gesetzesentwurf eine Art Rechtsgültigkeitl°. Die Einzelperson, die als Urkundenaussteller auftritt, ist einem Gesetzgeber immerhin insofern vergleichbar, als auch ihr von der Rechtsordnung eine Rechtsrnacht verliehen ist, d. h. eine Macht, durch ihr Handeln nach ihrem Willen Rechtswirkungen zu erzielen, mögen diese auch ihrem Inhalt und ihrer Tragweite nach wesentlich verschieden von denen sein, die ein Gesetzgeber zustande bringt. Die Ausstellung einer Urkunde, sei es einer Dispositivurkunde oder einer Zeugnisurkunde, ist ein Unterfall der Ausübung solcher Rechtsrnacht, für die die Zivilrechtswissenschaft den Begriff der Rechtshandlung geprägt hatl l • Die h. L. zur Unterscheidung von Urkunde und Entwurf ist also wenigstens insoweit richtig, als sie an den Ausstellerwillen anknüpft. Es geht hier aber nicht um irgendeinen Willen, den ein Urkundenaussteller zu verwirklichen trachtet, sondern um einen, den 1. jeder Urkundenaussteller mit der Umwandlung eines Entwurfs in eine Urkunde betätigt, und dem 2. die Rechtsordnung rechtsbegründende Kraft verleiht, und zwar ebenfalls bei der Umwandlung jedes Entwurfes in eine Urkunde. Dies kann der rechtsgeschäftliche Wille nicht sein, denn dieser hat zwar rechtsbegründende Kraft, fehlt aber bei den Zeugnisurkunden. Beiden Arten von Absichtsurkunden gemeinsam - bei Zufallsurkunden gibt es das Stadium des Entwurfes ja überhaupt nicht - ist der Wille, etwas als seine Erklärung in den Rechtsverkehr zu bringen. "Wie staatsrechtlich bei der Herstellung eines Gesetzes zu der Festlegung des Gesetzesinhalts die Sanktionserteilung, das ,ita jus esto', hinzukommen muß, so wird aus einer Gedankenäußerung eine ,Erklärung' im Rechtssinne erst, wenn in ihr außer der bloßen Entäußerung eines Gedankenprodukts auch die Willenskundgabe liegt: ,das soll mein Wort sein"'1!. Daß dieser Wille von der Rechtsordnung respektiert und geschützt 10

Dieser Vergleich stammt von Kohtrausch Wörterbuch S. 336.

Enneccerus S. 865. 1! Kohlrausch Wörterbuch S.174. 11

S. 336, zustimmend u. a. Bockelmann Nied. Bd. 6

12. Die Rolle der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht

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wird, ist eine Voraussetzung der für unsere Rechtsordnung grundlegenden Privatautonomie. Unser Recht zieht aber auch die Konsequenz daraus, daß der Aussteller nun seinerseits an seinem Wort festgehalten werden kann. Diese Bindungswirkung hängt nicht vom Willen des Ausstellers ab. Denn nach § 116 BGB ist es rechtlich irrelevant, ob der Erklärende an seine Erklärung gebunden sein will oder nicht. Die Mentalreservation ist nämlich nichts anderes als das Nicht-gebunden-sein-wollen; als sein Wort in den Verkehr bringen will ja die Erklärung auch der, der "sich insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen". Deshalb ist es auch unrichtig, die Formel von Kohlrausch dahin zu ergänzen: "Dies ist mein Wort, an dem ich gehalten sein WiU"13, denn das ist gar nicht Inhalt des zur Entstehung einer urkundlichen Erklärung erforderlichen oder auch nur in jedem Falle vorhandenen Willens. Wenn das Zivilrecht die Mentalreservation für unbeachtlich erklärt, so muß das Urkundenstrafrecht sich dem anpassen; denn zum Schutz einer ursprünglich zivilrechtlichen Institution, die die Urkunde von ihrem geschichtlichen wie dogmatischen Ausgangspunkt her ist, ist es ja eingerichtet. Noch unrichtiger ist die Annahme, jede Urkunde werde in der Absicht hergestellt, einem anderen oder dem Rechtsverkehr im allgemeinen ein Beweismittel für und gegen sich selbst zur Verfügung zu stellen, mit der man die Bezeichnung des zur Errichtung einer Urkunde erforderlichen Ausstellerwillens als Beweisbestimmung rechtfertigt14. Mit Recht wird vor allem von Frank15 darauf hingewiesen, daß bei der Herstellung der meisten Dispositivurkunden des täglichen Geschäftslebens - und man könnte gerade diese wohl mit einem gewissen Recht als die Urkunden mit der größten praktischen Bedeutung bezeichnen meist kein Gedanke an ihre Beweismitteleigenschaft verwendet wird. Wer denkt schon bei der Abfassung oder Niederschrift eines Geschäftsbriefes, der ein Angebot, eine Annahme, eine Ablehnung, eine Genehmigung usw. enthält, an Beweis oder gar Beweisbestimmung? Deshalb weigert sich Frank (a.a.O.) auch, die Beweisbestimmung als Erfordernis der Urkunden anzuerkennen, da sonst all dies keine Urkunden wären. Nun vertritt u. a. Schönke - Schröder18 die Ansicht, ein "zweckgerichtetes Handeln" sei für die Beweisbestimmung gar nicht erforderlich, es BockeZmann Nied. Bd. 6 S. 174. Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a; RG 17, 303 (306 ff.). 16 Frank zu § 267 Anm. 11 (S. 610), auch Ebermayer S. 420, HasseZberg S. 24. le Schänke - Schröder zu § 267 Ziff. 14.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

genüge, wenn der Aussteller wisse, daß die Urkunde zum Beweis verwendet werde. Aber kann man dieses Wissen Beweisbestimmung nennen? Das Wort Beweisbestimmung bezeichnet den Inhalt eines Willens, des Willens, daß etwas zum Beweis diene, nicht den eines Wissens 17 • Ein derartiger Wille, die verkörperte Erklärung zum Beweismittel zu bestimmen, ist also weder bei jeder Urkunde erforderlich noch vorhanden. Vorhanden ist nur eine Art juristischer (nicht mathematischer) "Logik", wonach man das, was man für die Anderen als sein Wort gelten lassen will, auch gegen sich selbst als sein Wort geIten lassen muß. Aus dieser Logik bezieht die Annahme der Existenz eines solchen Beweisbestimmungswillens ihre scheinbare überzeugungskraft. Aber in Wahrheit wird diese "juristische Logik" vom objektiven Recht an die Handlung des Ausstellers einer Urkunde herangetragen. Wenn es überhaupt eine Bestimmung der Urkunde zum Beweis gegen den Aussteller gibt, so geht sie von der Rechtsordnung aus und nicht von ihm selbst. Aber man sollte hier gar nicht von einer Beweisbestimmung sprechen, sondern von einer Bindung des Ausstellers an seine eigene Erklärung, um deren Beweis es bei ihrer Abgabe meist noch gar nicht geht. M. a. W. die Rechtsordnung gibt dem Willen des Einzelnen die Macht zu bestimmen, was für die Anderen als sein Wort gelten soll; daß es dann für ihn in gleicher Weise als sein Wort gilt, ist eine Konsequenz, die das objektive Recht selbst daraus zieht. Dieser von der Rechtsordnung mit Wirksamkeit ausgestattete Wille zu bestimmen, daß ein gewisser Inhalt für den Rechtsverkehr als das eigene Wort geIten soll, ist bei der Errichtung einer Dispositivurkunde wie bei der einer Zeugnisurkunde wirksam. (Er unterscheidet sich eindeutig von dem rechtsgeschäftlichen Willen, der auf die Rechtsveränderung selbst zielt.) Und dieser Wille, der allgemein als Erklärungswille bezeichnet wird18 , ist das, was dem fertigen Entwurf zur Urkunde noch fehlt1 9 • Die sog. Garantiefunktion der Urkunde ist eine seiner Rechtsfolgen, aber nicht sein Ziel. Bockelmann Nied. Bd. 6 S.174. Kohlrausch S. 336, Kohlrausch - Lange zu § 267 Anm. III 5. Manche Schriftsteller, wie Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a, beschreiben den Erklärungswillen als bloßen Kundgabewillen. Dann kann man diesen Begriff aber nicht, wie Jagusch es a.a.O. tut, zur Unterscheidung von Urkunde und Entwurf heranziehen, denn auch ein Entwurf kann zur Kenntnisnahme bestimmt sein, etwa für einen Ratgeber oder den künftigen Vertragspartner. Deshalb kann man die Beweisbestimmung als ein Spezifikum der Urkunde auch nicht als Bestimmung zur Kenntnisnahme deuten und rechtfertigen. 19 Frank zu § 267 Anm. III I, Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a, RG 63, 125; 64,136 u. a. 11 18

I 2. Die Rolle der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht

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Dieser Erklärungswille wird nun allgemein, oft ohne jede Begründung, als Beweisbestimmung bezeichnet20 oder behandelt2 !. Was aber hat er in Wirklichkeit mit ihr zu tun? Der einzige direkte Zusammenhang zwischen Erklärungswillen und Beweis besteht darin, daß der Erklärende, wenn er seine Erklärung dauerhaft fixiert, also eine Urkunde herstellt, damit rechnen muß, (ob er es wirklich tut, steht noch dahin) daß diese Fixierung irgendwann einmal als Beweismittel für seine Erklärung dienen kann. Daß das noch keine Bestimmung ist, wurde schon ausgeführt. Der Grund dafür, daß man gleichwohl den Erklärungswillen in Theorie und Praxis als Beweisbestimmung bezeichnet und behandelt, liegt in der Problematik der Zufallsurkunde22 • Er wird uns noch ausführlich beschäftigen. b) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungs-

kriterium zwischen Urkunde und Abschrift

Hier taucht zunächst einmal die Frage auf, was überhaupt der Unterschied zwischen Urkunde und Abschrift ihrem Zweck und ihrer Wirkung nach ist. Da ist zunächst festzustellen, daß vielfach im Beweisverkehr, vor allem aber vor Gericht die Urkundenabschrift als Beweismittel nicht anerkannt wird, sondern die Vorlage des oder eines Originals verlangt wird. Das gilt allerdings im Privatbeweis durchaus nicht als feste Regel, und auch im Prozeß kann mit Abschriften oder Ablichtungen bewiesen werden, etwa wenn das Original verloren ist. Nur wäre das dann eben kein Urkundenbeweis (i. S. der ZPO). Hier haben wir es nur mit den vom Aussteller selbst herrührenden Abschriften zu tun, die anderen unterscheiden sich so deutlich von den Originalurkunden, daß man das Kriterium der Beweisbestimmung überhaupt nicht braucht. Es zeigt sich als einzige allgemein anerkannte Verschiedenheit eben die, daß die Originale als Urkunden geschützt werden, die Abschriften dagegen nicht. Wenn wir nun die Bedeutung und Funktion des Begriffes Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen Urkunde und Abschrift klären wollen, stehen wir vor folgendem Dilemma: Wir sollen prüfen, wie etwas unterschieden wird oder unterschieden werden sollte, und wissen nicht einmal, was da unterschieden 20 Vor allem von der Rechtsprechung seit RG 17, 103 (106 ff.); nur ein Einzelfall ist die Sonderung beider Begriffe im BGH 3, 85. Wie das RG Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a, Schönke - Schröder zu § 267 Ziff. 14, Welzel § 5911 2 c, Maurach § 53 111 D 2. 21 Alle Anhänger der Zufallsurkunde, die den dieser fehlenden Erklärungswillen einfach durch eine spätere Bestimmung für einen konkreten Beweis (auch von einem Nichtaussteller) ersetzen wollen, müssen so verfahren. Unter dem Stichwort Beweisbestimmung behandelt wird der Erklärungswille sogar bei Kohlrausch - Lange zu § 267 Anm. 111 5, auch bei Binding S. 188, dagegen Bockelmann Nied. Bd. 6 S.174. 22 Bockelmann Nied. Bd. 6 S. 174.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

wird oder unterschieden werden soll. Wir wissen nur, daß an diesen Unterschied eine Rechtsfolge geknüpft wird. Diese ist die Gewährung oder die Versagung des Urkundenschutzes. Also muß von dieser Rechts~ folge ausgegangen werden und mithin vom Urkundenschutz. Dazu aber brauchte man eine allgemeine Theorie von Sinn und Rechtfertigung des Urkundenschutzes, und die haben wir noch nicht und können sie an dieser Stelle auch noch nicht entwickeln. Wir können aber diese Rechtsfolge noch weiter präzisieren. Denn wir wissen, daß diesen Schriftstücken unter dem gleichen Aspekt der Ur~ kundenschutz verweigert wird wie Abschriften von fremder Hand. Wir können also die eigenhändige Abschrift nach ihrer Rechtsfolge definie~ ren als eine Erklärungsniederschrift des Erklärenden, die so behandelt wird wie ein schriftliches unbeglaubigtes nicht urkundliches fremdes Zeugnis über die Erklärung, (das z. B. nicht unterschrieben ist und den Schreiber nicht erkennen läßt), das keine Garantiefunktion erfüllen kann. Das widerspricht keineswegs dem Grundsatz von der Zurechenbar~ keit der eigenen Erklärung, denn für die Erklärung, die die Abschrift wiedergibt, hat der Erklärende durchaus einzustehen, falls er sie wirk~ lich abgegeben hat. Ein Unterschied zwischen (echter) Urkunde und (richtiger) Abschrift hinsichtlich der rechtlichen Bedeutung ihres Inhalts für den Rechts~ verkehr wie für den Erklärenden läßt sich also nicht feststellen. Eben~ sowenig besteht ein Unterschied in der Beweisfunktion. Gelingt es, nachzuweisen, daß eine Abschrift den Erklärungsinhalt richtig wieder~ gibt - etwa durch das Zeugnis des Abschreibers oder Beglaubigungs~ vermerk - so kann man mit ihrer Hilfe den Beweisdestinatär ebenso von der Abgabe der Erklärung überzeugen wie durch Vorlage einer Urkunde des Erklärenden. Außerdem kann eine Abschrift ebenso wie ein Original vom Erklärenden zu Beweiszwecken an einen Interessen~ ten weitergegeben werden, wobei er bedenken und beabsichtigen kann, daß er mittels dieser Abschrift an seiner Erklärung gehalten wird. Auch in diesem Sinne können also beide Schriftstücke gleichermaßen zum Beweis bestimmt sein. Und doch herrscht Einigkeit darüber, daß der Beweis mit einer Ur~ kunde sich wesentlich von dem mit einer Abschrift unterscheidet und daß die Urkunde dem Aussteller in einer Weise zugerechnet wird, in der ihm eine Abschrift seiner Erklärung, zumal von fremder Hand, nicht zuzurechnen ist. Weiter ist allgemein anerkannt, daß eine eigen~ händige Niederschrift einer Erklärung dem Aussteller nicht automatisch als Urkunde zugerechnet wird, sondern daß es von seinem Willen abhängt, ob sie als Urkunde oder nur als Abschrift fungiert 23 • !S Vgl. Weismann ZStW 11, S. 32; Frank zu § 267 Anm. III 2; wohl auch Schönke - Schröder zu § 267 Ziff. 40, ausdrücklich auch BGH 2, 35.

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Die Urkunde ist also mehr als ein Beweismittel für die Abgabe einer Erklärung, und sie ist dies kraft eines rechtswirksamen Willens ihres Ausstellers, der nicht mit dem Erklärungswillen identisch ist. Denn der Erklärungswille bezieht sich auf den Erklärungsinhalt, nicht auf dessen Fixierung und ist bei einer mündlichen Erklärung ebenso vorhanden wie bei der Errichtung einer Urkunde. Die Errichtung einer Urkunde geht aber über die bloße Erklärung und die Herstellung eines Beweismittels für diese Erklärung insofern hinaus, als sie den Willen des Ausstellers zum Ausdruck bringt, daß das Dokument nicht nur Zeichen für seine Erklärung sein soll, sondern auch rechtlich die Erklärung im Rechtsverkehr vertreten soll, dergestalt, daß er an die Zeichenfixierung selbst wie an die Erklärung gebunden ist. Am deutlichsten tritt dies bei den Wertpapieren in Erscheinung, die der Rechtsverkehr als Sachen behandeln kann, obwohl sie nichts als urkundlich fixierte Erklärungen sind, weil die Sache, in der sie fixiert sind, d. h. der Zeichenträger, kraft des mit rechtsbildender Kraft ausgestatteten Willens des Ausstellers die rechtliche Position und Funktion der Erklärung selbst einnimmt. Dies ist das Wesen des Rechtsinstituts der Beurkundung, hierauf beruht die sog. Garantiefunktion der Urkunde. Sie ist weder identisch mit ihrer Funktion als Beweismittel, noch als vom Aussteller gesendetes dauerhaftes Zeichen, sie hat diese beiden Funktionen nur zur Voraussetzung. Aus dieser Garantiefunktion, die, wie gezeigt, der einzelnen Fixierung der Erklärung als eine rechtliche Qualität anhaftet, erklärt sich auch die Besonderheit des sog. Urkundenbeweises, d. h. der Vorlegung einer Urkunde im Rechtsverkehr oder Prozeß, die nichts anderes ist als dieses Festhalten des Ausstellers an der Erklärungsfixierung als an einem Zeichenträger, der kraft seines eigenen Willens rechtlich die gleiche Bindungswirkung für ihn hat wie die Erklärung selbst. Das Wesen des sog. Urkundenbeweises beruht also nicht auf den für den Beweiswert maßgeblichen äußeren Eigenschaften der Urkunde, sondern auf dem Rechtsinstitut der Beurkundung, es ist nicht faktischer sondern rechtlicher Natur. Der Wille des Ausstellers, der eine Erklärungsfixierung zur Urkunde macht und den man deshalb treffend als Beurkundungswillen bezeichnet, fehlt der Abschrift, und zwar der eigenhändigen des Ausstellers ebenso wie der von fremder Hand. Er fehlt notwendig auch dem Urkundenentwurf, denn der Beurkundungswille setzt den bei dem Ent~ wurf schon nicht vorhandenen Erklärungswillen voraus. So kommt es, daß Erklärungswille und Beurkundungswille vielfach gleichgesetzt werden. Beide werden als Beweisbestimmung bezeichnet oder doch als solche behandelt24 • Diese Bezeichnung liegt für den Beur24

Vgl. Jagusch vor § 267 Anm. 3 a, RG 59,13 (16).

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kundungswillen deshalb nahe, weil er eine Bestimmung des Ausstellers über den Zweck des Zeichenträgers ist, von der dessen Verwendbarkeit für den "Urkundenbeweis" abhängt. Versteht man unter Urkundenbeweis einfach einen Beweis mit Urkunden, so ist es nur natürlich, daß alles, was einen Gegenstand zur Urkunde macht, also auch der Beurkundungswille, Voraussetzung für die Möglichkeit eines Urkundenbeweises ist. Er braucht deshalb seinem Inhalt nach mit Beweis noch nichts zu tun zu haben. Tatsächlich wird, wie gesagt, bei den meisten Beurkundungen gar nicht an den Beweis gedacht, insbesondere nicht an einen Beweis gegen den Aussteller, da dieser normalerweise in dieser Situation gar nicht daran denkt, sich von seiner eigenen Erklärung zu distanzieren25 • Andererseits kann ein Wille, einem anderen ein Beweismittel für die Abgabe einer eigenen Erklärung zur Verfügung zu stellen, auch und gerade für die Herstellung einer Abschrift motivierend sein. Mag also der Wille, daß ein Schriftstück im Rechtsverkehr die Stellung der darauf niedergelegten Erklärung selbst einnehmen soll, auch implizieren, daß es gegebenenfalls auch als Beweismittel für die Erklärung dienen kann, so ist doch mit dem Ausdruck Beweisbestimmung nicht der wesentliche Inhalt dieses Willens bezeichnet, vor allem aber nicht das, was ihn von dem bei Herstellung einer Abschrift durch den Urkundenaussteller oder einen anderen wirksamen Willen unterscheidet. Brauchbar für die Unterscheidung von Urkunde und Abschrift ist der Begriff Beweisbestimmung nur dann, wenn er eingeschränkt wird auf die Bestimmung zum Urkundenbeweis und der Urkundenbeweis definiert wird als die Inanspruchnahme der Urkunde als Träger der ihr kraft des Ausstellerwillens verliehenen Garantiefunktion. Aber es wäre mindestens irreführend, dies als Urkundenbeweis zu bezeichnen, denn es handelt sich hier nicht um eine Beweisart, d. h. eine besondere Art, einen anderen von dem Vorliegen einer Tatsacheetwa der Abgabe einer Erklärung - zu überzeugen, sondern um etwas, was über den Beweis hinausgeht. Die Garantiefunktion ist eine der Urkunde von der Rechtsordnung verliehene und nicht identisch mit ihrer Beweismittelfunktion, die sie von Natur aus durch ihre faktischen Eigenschaften hat. Die Bezeichnung Beweisbestimmung für das, was die Urkunde vor der Abschrift auszeichnet, ist nach alledem unglücklich. Sie verwischt den wesentlichen Unterschied zwischen beiden eher, als daß sie ihn klärt. 25

Vgl. Frank zu § 267 Anm. H.

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c) Die Beweisbestimmung als Grund der Gleichbehandlung

der sogenannten Absichts- und Zufallsurkunde

Was unter der Beweisbestimmung der Zufallsurkunde zu verstehen ist, ist im wesentlichen unumstritten. Verschieden sind zwar die Anforderungen, die von den einzelnen Autoren hinsichtlich der Offenkundigkeit einer Beweisbestimmung gestellt werden, die ein nichturkundliches Schriftstück zur Zufallsurkunde macht, eine Frage, die uns hier nicht interessiert. Einig ist man sich aber darüber, was hier das Wort Beweisbestimmung bedeutet. Es soll hier den Willen einer Person bezeichnen, daß das betreffende Schriftstück für bevorstehende gerichtliche oder außergerichtliche Beweisführung als Beweismittel eingesetzt werde. Dieser Sachverhalt ist mit dem Wort Beweisbestimmung ebenso kurz wie treffend beschrieben. Bei den bisher besprochenen Anwendungen dieses Ausdrucks war dagegen festzustellen, daß er für das zu charakterisierende Faktum gar nicht zutraf, oder doch wenigstens an dem eigentlich für es Typischen vorbeiging. In der Tat wird der Ausdruck Beweisbestimmung auf die entscheidenden Kriterien der Absichtsurkunde, den Erklärungswillen und den Beurkundungswillen, nur deshalb angewandt, weil er für das entscheidende Kriterium der Zufallsurkunde treffend ist. Der Zweck dieser Gleichsetzung ist die Rechtfertigung der Zufallsurkunde 26 • Denn, da das, was ein gewöhnliches Schriftstück nachträglich zur Urkunde machen soll, nach h. L. eine Bestimmung zum Beweis sein soll, so muß das, was es zuvor von den von vornherein als Urkunden anerkannten Schriften unterschieden hat, eben das Fehlen einer Beweisbestimmung sein. Was es aber von ihnen unterscheidet, ist der Erklärungswille und der Beurkundungswille, also müssen diese eine Beweisbestimmung sein, wenn die Konstruktion der h. L. stimmen soll. In der Regel wird nämlich die Zufallsurkunde folgendermaßen erklärt: Ein Schriftstück (oder sonstige von Menschen hergestellte dauerhafte Zeichen), das von seinem Aussteller von vornherein zum Beweis im Rechtsverkehr bestimmt ist (Erklärungs- und Beurkundungswille), ist eine Urkunde, eine sog. Absichtsurkunde. Eine Bestimmung zum Beweis kann aber auch nachträglich, sie kann auch durch einen Nichtaussteller erfolgen. Dadurch entsteht also auch eine Urkunde, eine sog. Zufallsurkunde27 • So liefert die Kategorie der Beweisbestimmung scheinbar den Gesichtspunkt zur Zusammenfassung von Absichts- und Zufallsurkunde Bockelmann Nied. Bd. 6 S. 174. Vgl. statt vieler Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a; Schänke - Schröder zu § 267 Ziff.14; Welzel § 59 II 2 c; Maurach § 53 III D 2; RG 17, 103 (108). 26

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

zu einer Einheit. In Wirklichkeit aber liefert nur der Ausdruck Beweisbestimmung Gelegenheit oder besser die Gefahr einer Begriffsvertauschung. Denn die gleiche Bezeichnung ändert nichts daran, daß der Willensinhalt "dies soll für den Verkehr als mein Wort gelten" eben ein anderer ist, als der "mit diesem Wort (des Anderen) will ich beweisen, daß ... "28. Der wohl auffälligste und hier auch wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Willensinhalten ist der, daß der erste nur vom Aussteller, der zweite von jedem beliebigen realisiert werden kann. Die Vertreter dieser Konstruktion der Zufallsurkunde, also vor allem die höchstrichterliche Rechtsprechung, sind uns die Antwort auf die Frage bisher schuldig geblieben, inwiefern und warum diese beiden Willensinhalte gleich oder wenigstens gleich zu behandeln seien. Das rechtfertigt wohl den Vorwurf, daß hier mit der Anwendung des Ausdrucks Beweisbestimmung eine Begriffsvertauschung begangen wurde29 • Das einzige, was beiden Willensinhalten gemeinsam ist, liegt nicht in der Beziehung zum Beweis (der erstere hat ja, wie oben ausgeführt, gar keine), sondern in einer Beziehung zum Rechtsverkehr. Beide wen"" den sich an den Rechtsverkehr, um zwischen ihm und dem Schriftstück eine Beziehung herzustellen; es ist gewollt, daß das Papier für den Rechtsverkehr da sein soll. Deshalb will Frank das Erfordernis der Beweisbestimmung durch das der Bestimmung für den Rechtsverkehr ersetzen30 • Dadurch kommt er zu einer tatsächlich bestehenden Gemeinsamkeit von Absichts- und Zufallsurkunde. Ob diese aber auch die Gemeinsamkeit des Strafschutzes für beide rechtfertigt, hängt davon ab, ob der Urkundenschutz in der Bestimmung der Urkunde für den Rechtsverkehr seinen Grund hat, wie Frank meint30• Diese Frage aber ist an dieser Stelle nicht zu klären. Es geht uns hier ja nicht um die Berechtigung des Schutzes der Zufallsurkunde, sondern um die Bedeutung des Ausdrucks Beweisbestimmung und seine Funktionen bei der Begrenzung des Urkundenschutzes. d) Die Beweisbestimmung als Unterscheidungs-

kriterium zwischen Beweis- und Kennzeichen

Eine Untersuchung der Bedeutung, die dem Wort Beweisbestimmung in diesem Zusammenhang gegeben wird, und der Rolle, die es bei der Lösung dieser Abgrenzungsfrage spielt, setzt zunächst Klarheit darüber voraus, worin das mit Hilfe der Beweisbestimmung gelöste Problem selbst besteht und in welchem Zusammenhang es sich stellt. GaUas Nied. Bd. 6 S. 164; Bockelmann Nied. Bd. 6 S. 174. Völlig ineinander vermischt werden beide Willensrichtungen bei Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 3 a und d. 30 Frank zu § 267 Anm. H. 28

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Es werden im Rechtsverkehr Zeichen verwendet, die keinem zur Sendung verschiedenster Nachrichten allgemein anwendbaren Zeichensystem angehören, wie es z. B. unsere Lautschrift darstellt, sondern für sich allein schon die ganze Nachricht bedeuten31 , die oft den Gegenstand betrifft, auf dem sie angebracht sind. Die so gesendeten Nachrichten können Erklärungen sein, die sonst alle Erfordernisse einer urkundlichen Erklärung erfüllen32 , und die Rechtsprechung hat sich entschieden, sie dann auch, wenn sie in dauerhaften Zeichen der eben beschriebenen Art fixiert sind, als Urkunden zu behandeln. 31 Da die Sendung einer Nachricht Information ist und diese wiederum Auswahl, muß ein Zeichen, das eine Nachricht trägt, zwar einem Zeichensystem angehören, aber dies braucht aus nur zwei Elementen zu bestehen, um eine Auswahl zu ermöglichen, dem Zeichen und seiner Verneinung. Die Auswahl findet zwischen den zwei Möglichkeiten statt, daß das Zeichen da ist und daß es nicht da ist. Nur die zwei dem entsprechenden Bedeutungen können so übermittelt werden. 3! Samson will dieser Form der Nachrichtenfixierung durch, wie er sie nennt, .. globale" Zeichen den Urkundenschutz verweigern. Er stellt die These auf, daß bei übermittlung einer Aussage durch ein einziges Zeichen, dieses Zeichen nicht mehr selbst die Information enthält, sondern nur einen Hinweis auf einen Schlüssel, der die übersetzung des Zeichens in die normale Sprache enthält. Bei den .. globalen" Zeichen sei .. eine extreme Verlagerung des Informationsgehalts auf den Schlüssel eingetreten", die ..zu einer völligen Entleerung des Zeichens von inhaltlich relevanten Formen geführt habe". (Vgl. S. 88 f., ähnlich S. 100.) Zu diesem Ergebnis kommt Samson durch folgende überlegung: Wir können uns eine Aussage, aus welchen Gründen auch immer, nur vorstellen als die Setzung einer Relation zwischen mindestens zwei Aussageelementen. Werden nun alle Elemente einer Aussage durch ein und dasselbe Zeichen dargestellt, so können wir dieses Zeichen nicht direkt verarbeiten, sondern müssen es erst in einen anderen Code übersetzen, der uns die Aussage in gegliederter Form liefert, normalerweise in die Sprache, ,die die Klassifikationen der Gegenstände der realen Welt aufweist, in denen wir zu denken gewohnt sind. (Vgl. S.88.) Daraus will Samson herleiten, daß wir die Information, womit er anscheinend den übermittelten Sinngehalt, also die Nachricht meint und nicht den kybernetischen Informationsbegriff der Auswahl, nicht aus dem globalen Zeichen selbst entnehmen, sondern aus dem Schlüssel (Code), der es bestimmten anderen, sprachlichen Zeichen zuordnet. Dieser Code aber kann gar nicht Träger der so gesendeten Information sein. Geht man vom kybernetischen Informationsbegriff aus, so bedarf dies keiner weiteren Begründung, denn die Auswahl eines Zeichens aus allen zu einem bestimmten Code gehörigen, kann sich nicht aus dem Code ergeben. Aber auch, wenn man Information einfach als den Empfang neuer Nachrichten versteht, kommt man zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch dann ist Voraussetzung für die Information eine Ungewißheit, die durch das Auftauchen des Zeichens beseitigt wird. Also kann auch dann als Informationsquelle nicht der Code angesehen werden, der ja konstant bleibt, unabhängig davon, ob dieses oder ein anderes Zeichen erscheint. Wer nur den Code kennt und nicht das Zeichen, weiß von der Nachricht noch gar nichts. Der Beitrag, den der Schlüssel hier zur Aufnahme der Nachricht leistet, indem er es ermöglicht, sie in ein für uns brauchbareres Zeichensystem zu codieren, kann also nicht beschrieben werden als ein Teil der Information, wie Samson es versucht, wenn er (S. 88) von einer teilweisen oder gar völligen Verlagerung des Informationsgehalts vom Zeichen auf den Schlüssel spricht.

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Solche sog. Beweiszeichen haben rein äußerlich Ähnlichkeit mit Formen (Strichen, Nummern, Farben, Kerben usw.), mit denen man Gegenstände versieht, um sie später wiederzuerkennen. Auf dieses Wiedererkennen kann es auch für den Rechtsverkehr durchaus ankommen, es kann für den Beweis eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses entscheidend sein33 • Dennoch hat das RG die Anerkennung solcher Zeichen als Urkunden abgelehnt mit der Begründung, daß sie keine Erklärung enthalten34 • Diese Unterscheidung ist in der Lehre jedoch umstritten, bis in jüngste Zeit wird an ihr neben praktisch orientierter auch prinzipielle Kritik geübt35 • Genau wie man bei der Klärung des Verhältnisses zwischen Urkunde und vom Aussteller herrührender Abschrift es weniger für nötig hält, sich mit dem Wesen dieser Art von Abschriften zu beschäftigen, und sich meist fast ausschließlich auf Erörterungen über das Wesen der Urkunde beschränkt, fragt man auch hier fast nur nach dem Charakter des Beweiszeichens und nicht nach dem seines Gegenstückes. Dabei betrifft die These des Reichsgerichts, mit der es seine Abtrennung des Kennzeichens von den Beweiszeichen begründet, nicht in erster Linie die Eigenart der Beweiszeichen, sondern die der Kennzeichen. Interessant genug ist diese These des RG auch. Da heißt es, daß derjenige, der einen Gegenstand mit einem Kennzeichen versieht, damit keine Erklärung abgebe, und dennoch wird von einem Kennzeichen gesprochen, also müßte dieses Zeichen auch eine Bedeutung haben. Worin aber sollte die Bedeutung eines Zeichens bestehen, mit dem sein Sender nichts erklärt? Und wenn der Ausdruck Zeichen hier falsch wäre, weil ein Kennzeichen gar keine Bedeutung trägt, was wäre es sonst und was vermöchte es zu leisten? Oder enthält das Kennzeichen doch eine Erklärung, so daß diejenigen recht hätten, die meinen, daß es den vom RG gemachten grundsätzlichen Unterschied zwischen BeweisAuf S. 108 führt Samson gegen Schilling selbst das Argument ins Feld, daß es auch bei Erklärungen in globalen Zeichen allein das Zeichen ist, das die Erklärung enthält, und daß andererseits die gegliederten Zeichen ebenso wie jene einen Code voraussetzen. Er beruft sich schließlich (S. 158) für den Ausschluß der globalen Zeichen aus dem Urkundenbegriff nur noch auf einen vom Gesetzgeber angeblich vorausgesetzten Sprachgebrauch und damit auf das Analogieverbot, ohne zu bedenken, daß er selbst den Begriff der globalen Zeichen erst einführen mußte, daß also der allgemeine Sprachgebrauch eine solche besondere Klasse von Zeichen bisher gar nicht kennt. 33 Vgl. Schönke - Schröder zu § 267 Ziff. 22. S4 Als besonders charakteristisches Beispiel sei hier nur RG 39, 147 (zu Nummerpfählen an Holzhaufen) genannt. Hier wurde darauf abgestellt, ob die Nummerpfähle zum Zeichen eines Eigentumswechsels eingeschlagen wurden oder nur das Auffinden eines bestimmten Stapels erleichtern sollten. 35 Vgl. aus neuester Zeit Schönke - Schröder zu § 267 Ziff.22; Kienapfel S. 130; gegen dies Prinzip auch Kaufmann S. 429; Tröndle Nied. Bd. 6 S. 152 ff.

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und Kennzeichen überhaupt nicht gibt? Eine Antwort auf diese Fragen verspricht nur eine Analyse des Kennzeichnungsvorgangs selbst und seiner Funktion. Wenn jemand einen Gegenstand mit einem Merkmal, z. B. einer Nummer versieht, um ihn später wiederzuerkennen, so weiß er noch nicht, was er selbst mit dieser Nummer assoziieren wird, wenn er sie später an dem Gegenstand wiedersieht. Denn das hängt davon ab, was er dann von dem Gegenstand wissen wird, und worauf es ihm ankommen wird. Auch das, was er im Augenblick der Kennzeichnung über den Gegenstand weiß, kann nicht als die Bedeutung des Zeichens betrachtet werden, die er mit dem Signal, der Nummer, sendet, denn davon gibt er nichts preis. Teilt er mit der Nummer anderen etwas von seinem Wissen über den Gegenstand mit, so geht deren Funktion schon über die eines bloßen Kennzeichens hinaus. Das gilt auch für die Tatsache, daß er den Gegenstand gekennzeichnet hat. Kommt es ihm darauf an, diese Tatsache erkennbar zu machen, und ist diese auch die Bedeutung, die der Empfänger dem Zeichen gibt, so liegt ebensowenig ein Kennzeichen vor, wie wenn er etwas anderes mit der Nummer signalisiert hätte. Ob dies mit einem Zeichen erklärt ist, ist eine Tatfrage36 , zu deren Lösung als - wenn auch durchaus nicht zwingendes - Indiz das Faktum dienen kann, daß es zur Zeit der Anbringung des Zeichens darauf ankam, wer es anbrachte. Normalerweise aber gibt jemand, der an einem Gegenstand etwas anbringt, damit er oder andere ihn daran wiedererkennen, damit ebensowenig eine Erklärung über seine Urheberschaft ab, wie mit jeder anderen Handlung. Es fehlt in der Regel auf der Seite des Senders an einem entsprechenden Äußerungswillen und dementsprechend werden solche Zeichen vom Empfänger nicht als Äußerung des Senders über seine Urheberschaft aufgefaßt. Daß eine Kennzeichnung, wie jede andere Handlung, dem Urheber nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zugerechnet wird, steht auf einem anderen Blatt. Wer eine Kennzeichnung vornimmt, weiß auch nicht, was ein anderer, der dieses Zeichen später wahrnimmt, alles damit verbindet, denn natürlich kennt er auch dessen Wissen über den Gegenstand und das Interesse, das er an ihm nehmen wird, nicht, zumal nicht für den entscheidenden Zeitpunkt, denn dieser liegt ja in der Zukunft. Eines aber weiß er: jeder, der den von ihm bezeichneten Gegenstand künftig sieht und das Merkmal kennt, wie auch er selbst, wird eben diesen individuellen Gegenstand damit assoziieren. Und das ist es auch, was er erreichen will. Das Merkmal, zum Beispiel die vorhin erwähnte Nummer, hat also für alle die, die es als Kennzeichen benutzen, eine be38

RG 39,147

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stimmte Bedeutung: es bedeutet den gekennzeichneten individuellen Gegenstand selbst. In dieser Eigenschaft, als Zeichen für den gekennzeichneten Gegenstand, trägt es auf dem Gegenstand selbst keine Information. Denn gleichzeitig mit dem Zeichen für den Gegenstand ist ja der Eindruck vom Gegenstand selbst gegenwärtig, und deshalb sagt dem Betrachter das Zeichen, so gedeutet, nichts Neues. Darum ist die These des Reichsgerichts richtig, daß derjenige, der das Kennzeichen anbringt, damit noch nichts erklärt, denn er sagt nichts aus. Der Informationsgewinn für denjenigen, der den Gegenstand an dem Zeichen erkennt, besteht darin, daß er das Zeichen mit all dem verbindet, was er von dem so bezeichneten Gegenstand sonst weiß, und was man diesem selbst nicht ansieht. Es hat ja auch niemand einen Informationsgewinn von einem Kennzeichen, das er zum ersten Mal an einem Gegenstand erblickt, als eben den, daß er weiß, daß der Gegenstand, mit dem er es im Augenblick zu tun hat, dieses Zeichen trägt. Erst wenn er das Zeichen wiedererkennt, wird es für ihn eine Nachricht tragen, nämlich die: "dies ist jener Gegenstand, den du damals bei der und der Gelegenheit gesehen hast und von dem du dies und jenes weißt." Aber diese Nachricht stammt nicht von der Person, die das Kennzeichen angebracht hat37 • Dennoch wäre diese Information ohne deren Tätigkeit nicht möglich gewesen. Worin besteht also ihr Beitrag dazu, m. a. W., was ist die Leistung einer Kennzeichnung für die Information und also auch für den juristischen Beweis. Sie liefert - wie gezeigt - nicht die Nachricht, also nicht die Bedeutung, mit der der Betrachter das Zeichen jeweils verknüpft; sie liefert aber das Zeichen. Anders ausgedrückt, sie liefert die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Gegenständen einer Gattung zu unterscheiden, und wir wissen aus unseren Betrachtungen von Codewahl und Codierung (durch Menschen wie durch Maschinen), daß von der Vielfalt der Differenzierungsmöglichkeiten innerhalb der Gattung, der ein untersuchter Gegenstand angehört, die Anzahl der für einen zu wählenden Code zur Verfügung stehenden Zeichen und mit dieser die Genauigkeit der möglicherweise zu gewinnenden Nachrichten abhängig ist. Wir können über einen individuellen Gegenstand überhaupt nichts aussagen, so lange wir ihn nicht von allen anderen Gegenständen unterscheiden können. Daß wir jedenfalls im normalen Alltagsleben nicht in die Lage kommen, aus diesem Grunde eine Aussage über einen bestimmten Gegen37 Vgl. TrändIe (zur Fahrgestellnummer) Nied. Bd.6 S. 156. "Die Nummer strahlt nicht etwa auch noch einen Gedanken aus ... vielmehr kommen von außen her auf sie Erheblichkeit und die Beweisbedeutung. "

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stand nicht machen zu können, liegt daran, daß wir für alle Gegenstände unseres täglichen Umgangs ein eindeutiges Merkmal stets zur Verfügung haben, den Ort, an dem sie sich zu einer bestimmten Zeit befinden oder befunden haben, einfach weil sich nie zwei Körper gleichzeitig an einem Ort befinden. Daraus ergibt sich die häufigste Methode der Individualisierung, das Zeigen auf den Gegenstand. Es gibt aber durchaus Situationen, in denen man über ein Objekt eine Aussage nicht machen oder sich auch nur vorstellen kann, weil es keine Möglichkeit gibt, es von anderen, gleichartigen zu unterscheiden, so etwa bei unsichtbaren Objekten, wie etwa Elementarteilchen, Atomen oder Molekülen, deren Ort nicht oder nicht jederzeit feststellbar ist. Nur so lange das Merkmal, durch das ein Gegenstand einer konkreten Aussage individualisiert worden ist, als eine spezifische Eigenschaft eben dieses Gegenstandes zu ermitteln ist, ist die Aussage noch eindeutig. Ist eine solche für nur einen Gegenstand einer Gattung charakteristische Eigenschaft hinreichend konstant und einfach zu beschreiben, wie dies etwa bei einer auf dem Objekt fixierten Nummer der Fall ist, so besteht die Möglichkeit, durch Beschreibung dieser Eigenschaft eindeutig und auch für die Zukunft leicht erkennbar auf ihn hinzuweisen und die Vorstellung von diesem bestimmten Gegenstand zu erwecken, ohne daß der Gegenstand gegenwärtig zu sein braucht. Dann ist diese Eigenschaft nicht mehr nur ein Mittel zur Unterscheidung des Gegenstandes von anderen seiner Art, sie tritt vielmehr als Zeichen für den Gegenstand in einer Aussage an dessen Stelle, wird zum Namen des individuellen Gegenstandes. Wer nun künstlich einen Gegenstand mit einer solchen für ihn allein charakteristischen Eigenschaft versieht, einer Zahl, einer bestimmten Kerbe oder sonstigen Markierung, damit er durch diese Eigenschaft individualisiert, wiedererkannt und eindeutig bezeichnet werden kann, gibt damit keine Erklärung ab, aber er stellt ein Zeichen für den Gegenstand zur Verfügung38; er schafft also einen Code und legt ihn an dem Gegenstand nieder, so daß jeder, der sich dieses Codes dann zu einer Erklärung über diesen Gegenstand bedienen will, ihn an dem 88 Samson spricht derartigen Merkmalen, insbesondere Motornummern, die Zeichenqualität ab, weil "ihre einzige Aufgabe darin besteht, dem Betrachter zu zeigen, daß sie am Motor angebracht sind" (vgl. S. 44). Wer aber würde sich für diese Nummern interessieren, wenn aus ihnen nichts zu entnehmen wäre, als diese Tatsache? Was Samson hier als ausschließliche Funktion des Kennzeichens darstellt, ist nur die einheitliche Voraussetzung für die Erfüllung seiner Funktionen, die - wie gezeigt - gerade darin bestehen, entweder zusammen mit dem Gegenstand bei Verwendung zur Individualisierung oder Wiedererkennung, oder ohne ihn bei Verwendung als Name, Zeichen für den Gegenstand zu sein.

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Gegenstand selbst feststellen kann; ebenso der, der die Erklärung später empfängt, in der dieses Merkmal als Zeichen für den Gegenstand fungiert. Indem man nun das Kennzeichen, etwa die Nummer, an dem Gegenstande ändert oder einen anderen Gegenstand mit ihr versieht, der vorher ein anderes Kennzeichen oder überhaupt keines trug, kann man über den Inhalt all dieser Erklärungen täuschen, ohne in ihre Substanz einzugreifen. Man täuscht damit nämlich über den Code, in dem ein Bestandteil dieser Erklärungen abgefaßt ist und der an dem Gegenstand fixiert war. So kann derjenige, der die Fahrgestellnummer und andere im KFZ-Brief eingetragene und am Fahrzeug angebrachte Ziffern am Fahrzeug verändert, über den Inhalt eines KFZ-Briefes täuschen. Er täuscht aber nicht, wie die Rechtsprechung meint39 über den Inhalt einer in der Nummer fixierten Erklärung. Mit der Erkenntnis, daß es menschliche Zeichen gibt, die keine Äußerung ihres Urhebers darstellen und die doch für den Beweis im Rechtsverkehr erheblich sein und zur Täuschung im Rechtsverkehr mißbraucht werden können, stellte sich die Frage: gilt der Urkundenschutz den menschlichen Zeichen als solchen und ihrer Beweisbedeutung oder allein der menschlichen ErkZärung. Indem das RG die Einbeziehung der Kennzeichen in den Urkundenbegriff abgelehnt hat, hat es sich für den reinen Erklärungsschutz entschieden. Die Sachbearbeiter des Justizministeriums haben der Großen Strafrechtskommission den Vorschlag unterbreitet, dies von Gesetzes wegen zu ändern, d. h. das Erfordernis der Erklärung fallen zu lassen und den Schutz auf das menschliche Zeichen zu beziehen40 . Geschützt werden sollte "das Vertrauen in gewisse Zeichen"41. Das Beweiszeichen, das laut Gesetz der Urkunde gleichstehen sollte, sollte definiert sein als "ein Zeichen, das von vornherein dazu bestimmt ist, eine rechtserhebliche Tatsache zu beweisen, und als solches allgemein oder für Eingeweihte erkennbar ist"40. Damit sollten auch die Kennzeichen erfaßt sein41 . Es fällt an dieser Begriffsbestimmung auf, daß das Merkmal Beweisbestimmung hier gerade als dasjenige herangezogen wurde, was den urkundlichen Beweiszeichen i. S. des Reichsgerichts und den Kennzeichen gemeinsam ist, wir werden noch höchstrichterliche Entscheidungen kennenlernen, die eben die Beweisbestimmung als Unterscheidungskriterium zwischen beiden verwenden. Angesichts dieses Vorschlags tauchte in der Kommission die Frage auf, was ein solcher Zeichenschutz noch mit dem Rechtsgut der Urkun38

Am deutlichsten BGH 9, 235.

40 Vgl. Nied. Bd. 6 S. 349 f. § 263, 2 und § 270. 41 Tröndle Nied. Bd. 6 S. 152.

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denfälschung zu tun habe. Diese Gleichstellung von Urkunde und Kennzeichen wurde abgelehnt, weil dem Kennzeichen die Garantiefunktion fehle, die der Urkunde wesentlich sei42 •

An einer fixierten Erklärung kann man festgehalten werden, aber nicht an einem Zeichen als solchem. Diese Ablehnung geschah zu recht, denn der Echtheitsschutz der Urkunde, der seinen Sinn in der Bedeutung der Person des Ausstellers für jede Erklärung im Rechtsverkehr hat, ist dem Schutzbedürfnis der Kennzeichen wenig angemessen, deren Zuverlässigkeit vor allem davon abhängt, daß sie unverändert bleiben. Abgesehen davon ist es sehr fraglich, ob alle Kennzeichen schutzwürdig sind, nur weil man mit ihrer Hilfe im Rechtsverkehr täuschen kann. Das kann man auch mit den nichtgeschützten Augenscheinsobjekten. Die Verfasser jenes Vorschlages dachten dabei auch vor allem an jene wenigen Kennzeichen, die im Rechts- und Beweisverkehr eine so große Bedeutung haben, daß das RG sie deswegen sogar schon zu Urkunden ernannte43 , nämlich an die verschiedenen Kennummern von Kraftfahrzeugen44 • Das RG hat also recht mit seiner Auffassung von der Natur der Beweiszeichen und der Kennzeichen und damit, daß sie im Strafrecht verschieden zu behandeln seien (wenn man sie überhaupt zu Gegenständen des Strafrechts machen will, was die Vertreter der reinen Schrifturkunde ja ablehnen). Nur hat das RG sein Prinzip auf zweierlei Weise selbst diskreditiert und wahrscheinlich erst dadurch dessen vielfache Bekämpfung in der Literatur veranlaßt: Erstens hat es seine Begründungen öfters so gefaßt, als ließe sich der Satz "K€nnzeichen sind keine Urkunden" (keine Beweiszeichen) folgendermaßen umkehren: "nicht schriftliche menschliche Zeichen, die nicht Urkunde sind, sind Kennzeichen "45. Es ist so verfahren, als ließen sich alle Teilprobleme, die auftreten können, wenn es um die Urkundenqualität von nicht schriftlichen Zeichen geht, auf die Frage reduzieren: Beweiszeichen oder "bloßes" Kennzeichen, was in Wahrheit ebensowenig möglich ist, wie alle Probleme der Schrifturkunde auf die Frage Aussage oder keine Aussage zurückzuführen. Diese Frage, die über den Charakter eines Zeichens als Beweiszeichen oder KennLange Nied. Bd. 6 S. 158 u. S. 168; Gallas ebenda S. 165; Fränkel S. 169. Dazu wird sogleich genauer Stellung zu nehmen sein. 44 Vgl. die Begründung dieses Vorschlags durch Tröndle Nied. Bd. 6 S. 156. 45 RG 40, 169 (170), BGH 9, 235 (238), RG 58, 16. Die Begründungen dieser Entscheidungen kann man in den Satz zusammenfassen: Diese Zeichen (Fabriknummern an Kraftfahrzeugen) sind nicht bloße Kennzeichen, also sind sie Urkunden. 4!

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zeichen entscheidet, ist nämlich bei Schrifturkunden gänzlich unproblematisch, und dennoch gibt es auch bei ihnen begriffliche Zweifelsfragen noch genug. So kommt es, daß das RG Zeichen als "bloße Kennzeichen" qualifiziert, die sehr wohl eine Erklärung enthalten und denen aus ganz anderen Gründen die Urkundeneigenschaft aberkannt wird, als wegen des Fehlens jeglicher Aussage". Damit hat das Gericht der grundsätzlichen Kritik des von ihm entwickelten an sich richtigen Beweis-Kennzeichen-Regulativs selbst Vorschub geleistet. Zweitens hat es sein eigenes Prinzip nicht mit der möglichen Konsequenz angewandt und damit die Zweifel an seiner praktischen Brauchbarkeit genährt; dies sei an dem bekanntesten und praktisch wohl auch wichtigsten Beispiel demonstriert, den Fabriknummern an Kraftfahrzeugen, über deren Urkundenqualität sowohl das RG als auch der BGH mehrfach zu entscheiden hatte 47 • Obwohl schon das RG in allen seinen Entscheidungen mit einer Ausnahme48 die Fabriknummern an Kraftfahrzeugen als Urkunden behandelte, macht es an keiner Stelle den Versuch, ihnen eine Erklärung zu substituieren. In der Entscheidung RG 58, 15, auf die sich alle späteren, auch die des BGH berufen, wird lediglich darauf hingewiesen, daß diese Nummern laut Vorschrift in verschiedenen Kraftfahrzeugpapieren einzutragen sind, daß sie also dort mit zur Bezeichnung, also zur Kennzeichnung des Kraftfahrzeugs dienen. Daß ein Zeichen, das sich auf einem Gegenstand befindet, später als Name für diesen Gegenstand verwendet wird oder zur Beschreibung dieses Gegenstandes mit herangezogen wird, charakterisiert es, wie wir wissen, aber gerade als Kennzeichen. Das RG aber schreibt S. 16: "Durch diese Vorschriften (die die Eintragung der Nummern auf bestimmten Kraftfahrzeugpapieren vorschreiben) wird der Fabriknummer auf dem Fahrgestell in Verbindung mit der an dem Fahrzeug ebenfalls angebrachten Angabe der Fabrik eine Bedeutung 48 So RG 17, 282 (283 f.), Heringstonnenfall, wo nach Ansicht des RG wohl der Erklärungswille (audl hier verstanden als der Wille, sich zu binden) fehlt, nicht aber die Aussage. Das Geridlt spricht, eine contradictio in adjekto, von einer "leeren Angabe" (S. 284). Noch deutlicher RG 34, 15 (16), wo Brandzeichen auf Tieren als Kennzeichen behandelt werden, obwohl sie eine Nachricht, nämlich eine Angabe des Eigentümers übermitteln; ihnen fehlt höchstens die damals noch erforderliche besondere Beweiserheblichkeit. 47 RG 55, 39 zum Typenschild an Kraftwagen (vorausgegangen war nur eine Entscheidung über Nummernschilder an Fahrrädern in Bd.40, 169); 58, 16; 68, 94; BGH 9, 135 (alle zur Fahrgestellnummer) und BGH 16, 94 (zur Motornummer). 48 RG 55, 39.

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zugewiesen, die über die Zwecke gewöhnlicher Erkennungs- und Unterscheidungszeichen hinaus geht und sie als beweiserhebliche Urkunden i. S. des § 267 StGB erscheinen läßt." M. a. W.: Die Fahrgestellnummern sind Beweiszeichen, weil sie ganz besonders bedeutungsvolle Kennzeichen sind. Der BGH versucht allerdings in BGH 9, 235 (238) die Erklärung in Worte zu kleiden, die eine Fahrgestellnummer auf einem Rahmen eines Kraftfahrzeugs bedeutet. Diese Erklärung betrifft nun nicht etwa den Typ, die Serie, das Alter oder sonst eine Tatsache, die man aus dieser Nummer entnehmen mag, denn für alle diese Tatsachen ist nicht jede Ziffer der Nummer von Bedeutung. Man könnte also eine Ziffer ändern, ohne eine dieser Bedeutungen mit zu ändern. Deshalb behauptet das Gericht: "Die Fabriknummer des Fahrgestells verkörpert die beweiserhebliche Erklärung der Fabrik, daß der Rahmen und die übrigen Teile, die mit ihm zusammen das Fahrgestell bilden, von ihr angefertigt und unter dieser Nummer bei der Herstellung eines bestimmten KFZs verwendet worden sind." Das aber kann diese Nummer gar nicht bedeuten und zwar aus einem sehr einfachen Grunde: bei dieser Interpretation taucht nämlich das Zeichen (die Nummer) auf der Bedeutungsseite wieder auf, die Nummer XY soll bedeuten, daß der Wagen unter der Nummer XY läuft. Wenn man anerkennen will, daß ein Zeichen sich selbst bedeuten kann, daß jemand, der ein Zeichen gibt, eben dieses Zeichen erklärt, dann allerdings gibt es keinen Unterschied mehr zwischen Beweiszeichen, die eine Erklärung enthalten, und Kennzeichen, die keine enthalten; dann sind nämlich keine Zeichen mehr denkbar, die keine Erklärung enthalten. Es gibt keinen plastischeren Beweis dafür, daß die Funktion, die der BGH hier schützen will, eine Kennzeichenfunktion ist, als dieser Versuch des BGH darzulegen, daß es eine Beweiszeichenfunktion sei. Gleichzeitig ist dies Beispiel aber auch eine deutliche Demonstration dafür, daß das Beweis-Kennzeichenregulativ, konsequent angewandt, durchaus eindeutige Ergebnisse zu liefern vermag und der Willkür nicht annähernd so viel Raum läßt, wie seine Kritiker vielfach meinen. Es muß dem BGH allerdings zugute gehalten werden, daß er sich kaum mit der von ihm aus den Nummern herausinterpretierten Erklärung begnügt hätte, wenn es ihm auf den Erklärungsinhalt wirklich entscheidend angekommen wäre; die übrigen Entscheidungen zu dieser Frage verzichten ja gänzlich darauf, einen Erklärungsgehalt der Nummern aufzuzeigen. In ihnen ist vielmehr ausschließlich von der Beweisbestimmung der Nummern die Rede, einer Beweisbestimmung, die durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung zustande gekommen sein soll. Hier tritt also nicht etwa bloß wie bei der Zufallsurkunde eine Beweisbestimmung durch einen Dritten an die Stelle des Erklärungs-

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2.

Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

willens des Ausstellers; hier ersetzt eine Beweisbestimmung die Aussage, den Urkundeninhalt, selbst. Es zeigt sich schon jetzt, noch ehe wir in eine genaue Untersuchung dieser Anwendung des terminus Beweisbestimmung eingetreten sind, daß dieses Wort hier noch in einer anderen Bedeutung verwendet wird, die wir bisher nicht kennengelernt haben. Denn in den bisher untersuchten Anwendungen hatte der Ausdruck Beweisbestimmung noch immer den Sinn, daß ein Einzelner einen Zweck verfolgt, hier ist Subjekt der Beweisbestimmung Gesetz, Herkommen oder Vertrag. Auch wird in keiner dieser Entscheidungen verlangt, daß eine besondere Beweisbestimmung sich auf das konkrete Beweismittel beziehen muß, das der Täter zur Täuschung mißbrauchen wollte. Die Bestimmung betrifft vielmehr die Gattung, der dieses Beweismittel angehört, also z. B. alle Fahrgestellnummern an Kraftfahrzeugen im allgemeinen. Das kann ja auch nicht anders sein, wenn Gesetz und Herkommen Subjekte dieser Beweisbestimmung sein können, denn es ist nicht Aufgabe des Herkommens, des Gewohnheitsrechtes oder gar des Gesetzes Bestimmungen zu Einzelfällen zu treffen, sie befassen sich vielmehr mit der Regelung von ganzen Gattungen von Fällen. Aus diesem Grunde kann sich die Beweisbestimmung auch nicht auf ein konkretes Beweisverfahren beziehen, sondern nur auf die allgemeine Anwendbarkeit dieses Beweismittels oder dieser Gattung von Beweismitteln für die Beantwortung von Beweisfragen bestimmter Art. Bei der der Beweisbestimmung durch Gesetz und Herkommen gleichgestellten Beweisbestimmung durch Vereinbarung kann all das wieder anders sein. Ihre Subjekte sind immer bestimmte Menschen, mindestens zwei; ihr Bezugsobjekt kann ebenso ein einzelner Gegenstand sein wie eine ganze Gattung von Gegenständen, und schließlich kann sie ebensogut einen einzelnen bereits akuten Beweis betreffen wie eine ganze Klasse potentieller Beweisfragen. Ist die Gleichstellung dieser doch in vieler Hinsicht verschiedenen Arten von Beweisbestimmung berechtigt? Wie kommt es überhaupt zu dieser neuerlichen Metamorphose dieses Begriffs? Und wie vermag er, so verstanden, nicht bloß den Erklärungswillen, sondern die Aussage des Ausstellers in einer "Urkunde" zu ersetzen? Die Gleichstellung der Bestimmung einer Gattung von menschlichen Zeichen zum Beweis durch Gesetz oder Herkommen mit der Bestimmung eines einzelnen Zeichens für einen konkreten Beweis durch Einzelne wäre immerhin damit zu erklären, daß beide schließlich zu dem Ergebnis führen, daß dem Zeichen, das Gegenstand der Tat und nun Gegenstand der gerichtlichen Untersuchung ist, eine bestimmte Beweisaufgabe zugewiesen ist. Die Beantwortung der beiden anderen Fragen erfordert eine genauere Untersuchung der Aufgabe, zu deren Lösung

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das RG und der BGH diesen Begriff von der Beweisbestimmung eingesetzt haben. Da, wie wir wissen, das Charakteristikum des Kennzeichens darin besteht, daß es eben den individuellen Gegenstand, an dem es sich befindet, zur Bedeutung hat; da sich weiter das Beweiszeichen im Gegensatz dazu dadurch auszeichnet, daß es eine Erklärung seines Urhebers bedeutet, steht derjenige, der die Qualität eines bestimmten Zeichens als Beweiszeichen oder Kennzeichen festzustellen hat, vor der Aufgabe, seine Bedeutung herauszufinden. Es geht dabei um seine Bedeutung im Moment seiner Entstehung für seinen Urheber. Da aber eine Erklärung nur eine Aussage sein kann, die sich mindestens an eine andere Person richtet, interessiert nur eine solche Bedeutung, die mindestens ein anderer noch kennt, also eine solche, die entweder zwischen dem Urheber des Zeichens und einem andern vereinbart ist oder allgemein festliegt. Eine solche allgemeine Festlegung kann entweder durch den Verkehrsgebrauch also das Herkommen erfolgen oder von Gesetzes wegen. Gesetz, Herkommen und Vertrag haben also durchaus eine Funktion, die für den Charakter eines Zeichens als Beweiszeichen oder Kennzeichen von Bedeutung ist, und zwar alle drei die gleiche. Sie besteht darin, daß sie den Code dieses Zeichens festlegen, und es kommt darauf an, ob sie dem Zeichen den gekennzeichneten Gegenstand selbst als Bedeutung zuordnen (Kennzeichen) oder eine Aussage, die durch das Zeichen übermittelt werden kann (Beweiszeichen). Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat also mit gutem Grund hier Gesetz, Herkommen und Vertrag gleichgestellt. Aber die Rolle, die diese drei Faktoren hier spielen, hat weder das RG noch der BGH durchschaut. Berufen sie sich in ihren Entscheidungen auf eine Regel - mag diese nun einem Gesetz, einer Verkehrssitte oder einem Vertrag ihre Geltung verdanken -, so nicht auf eine solche, die die Bedeutung des betreffenden Zeichens festlegt, sondern auf eine solche, die seine Anbringung vorschreibt49 • Ein solches Gebot zur Anbringung eines Zeichens ist stets um des Beweises willen erlassen. Gelegentlich erwecken die Gerichte sogar den Eindruck, als genüge ihnen jede Beziehung zwischen dem Zeichen und 49 Z. B. die Entscheidungen über Plombenverschlüsse RG 67, 230; 50, 192; 64, 48. (Im ersten Fall existierte eine Dienstvorschrift, im zweiten eine Vertragsklausel, die die Anbringung der Plombe zu Beweiszwecken vorsah, im dritten keines von beiden; deshalb wurde im letzten Fall im Gegensatz zu den ersten beiden die Plombe nicht als Erklärung anerkannt.) Das gleiche gilt von den oben in Note 47 zitierten Entscheidungen über Kfz-Kennzeichen und Fabriknummern, die alle nach einer Vorschrift suchen, die dem Schutz dieser Nummer zu Beweiszwecken dient, oder wie die letzte Entscheidung des BGH in Bd. 16 sich auf die Sitte berufen, mit solchen Nummern zu beweisen.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Gesetz, Herkommen oder Vertrag50 • Jedenfalls aber genügt ihnen eine solche durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung aufgestellte Regel, die dieses Zeichen als Beweismittel für irgendeine Frage anerkennt 51 • So kommt es, daß nicht nach dem Satz entschieden wird: ein Beweiszeichen ist ein Zeichen, das nach einer durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung festgelegten Regel eine bestimmte rechtserhebliche Aussage seines Urhebers bedeutet, sondern nach der Definition: ein Beweiszeichen ist ein Zeichen, das durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung zum Beweis für eine rechtserhebliche Tatsache bestimmt ist52 • Auf diese Weise tritt die oben beschriebene Art von Beweisbestimmung an die Stelle der Aussage als Unterscheidungskriterium zwischen Beweiszeichen und Kennzeichen. Das aber ist durchaus nicht nur von theoretischer Bedeutung. Es verschiebt nämlich die Grenze zwischen beiden Arten von Zeichen wesentlich zugunsten der Beweiszeichen. Es werden also Gegenstände als Beweiszeichen klassifiziert, die eigentlich Kennzeichen sind. So kann z. B. niemand einen Umstand erklären oder aussagen, der noch in der Zukunft liegt, oder den er nicht weiß, man kann aber ein Zeichen anbringen, um daran später einen solchen Umstand zu erkennen, so z. B. ein Autokennzeichen, um später zu beweisen, daß ein Wagen, den man im Moment, also in dem zukünftigen Moment, vor sich hat, identisch ist mit einem anderen, den man früher bezeichnet oder dessen Kennzeichen man gesehen hat. Man kann auch beispielsweise ein Verschlußzeichen, eine Plombe, ein Siegel anbringen, um später festzustellen, ob in den so verschlossenen Gegenstand eingegriffen worden ist oder nicht. All das ist aber gerade für Zeichen typisch, die nicht der Übermittlung einer Erklärung dienen. Wir hatten bei unserer Untersuchung über Funktionsweise und Zweck des Kennzeichens ja gesehen, daß jedes Kennzeichen, das zur Zeit seiner Anbrin60 So RG 55, 39, die zwar als einzige höchstrichterliche Entscheidung über Fabriknummern an Fahrzeugen zum richtigen Ergebnis kommt, aber mit einer falschen und seit der Neufassung des § 267 auch nicht mehr aktuellen Begründung. Korrekt war die Heranziehung einer gesetzlichen Vorschrift durch das Bayrische OLG in NJW 66, 748. Hier wird genau auseinandergesetzt, wie die Vorschrift die Bedeutung der einzelnen Teile eines Beweiszeichens festlegt, um damit seinen Beweiszeichencharakter aufzuzeigen. 51 Vgl. alle in Note 47 und Note 49 zitierten Entscheidungen. 51 Diese Regel wird zwar so nirgends expressis verbis aufgestellt. In einigen Entscheidungen, so in RG 50, 192 und BGH 9, 235, ist sogar von Erklärung die Rede. Aber in allen in Note 51 zitierten Entscheidungen wird wahrscheinlich nicht nur unbewußt nach ihr verfahren. Schönke - Schröder würden wohl einen solchen Grundsatz ausdrücklich unterschreiben, denn bei ihnen heißt es in Ziff.22 zu § 267: " .. . die Unterscheidung zwischen Beweis- und Kennzeichen ist schon im Ausgangspunkt verfehlt. Nicht sie, sondern die Funktion der Zeichen im Beweis ist entscheidend."

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gung nichts bedeutet als den gekennzeichneten Gegenstand, später sehr wohl etwas anderes bedeuten kann, und zwar für die verschiedenen Betrachter je nach deren Wissen über diesen Gegenstand etwas verschiedenes. Deshalb wäre es für die Unterscheidung der Beweiszeichen, die eine Erklärung tragen, von den Kennzeichen, die keine tragen, von größter Bedeutung, einen sorgfältigen Unterschied zu machen zwischen der Bedeutung, die das Zeichen für seinen Urheber im Moment seiner Entstehung hat, also für den Sender, und derjenigen, die es für je einen bestimmten Empfänger hat. Indem man aber hier an die Stelle der Aussage die Beweisbestimmung setzte, hat man diese Unterscheidung unmöglich gemacht. Denn Träger der Beweisbestimmung kann sowohl der Sender als auch der Empfänger sein, meistens ist es ein Empfänger. Als für das weitere wesentliche Ergebnis unserer Untersuchung über die Rolle der Beweisbestimmung bei der Unterscheidung von Beweiszeichen und Kennzeichen können wir zweierlei festhalten: 1. Das Wort Beweisbestimmung bedeutet hier wieder etwas anderes als bei der Unterscheidung zwischen Urkunde und Urkundenentwurf, bei der Unterscheidung zwischen Urkunde und vom Aussteller herrührender Abschrift und bei der Rechtfertigung der Zufallsurkunde. 2. Die Anwendung des Tatbestandsmerkmals Beweisbestimmung führt leicht zur Verwischung des Gegensatzes zwischen Sender und Empfänger, da in Bezug auf die Beweisbestimmung ein Gegensatz zwischen ihnen nicht besteht. Dieses Merkmal ist also gefährlich in einem Tatbestand, dem es um den Schutz einer Nachricht eines bestimmten Senders geht. Es sei hier schon darauf hingewiesen, daß das auch dann gilt, wenn dieser Sender keine Person ist, sondern ein technisches Gerät. e) Die Beweisbestimmung als Charakteristikum der Gesamturkunde

Genau diese Gefahr der Verwechslung zwischen der vom Sender mit den Zeichen übermittelten und der vom Empfänger aus ihnen entnoIllmenen Bedeutung verwirklicht sich durch die Heranziehung eben dieses Begriffes von Beweisbestimmung zur Konstruktion und Begründung der Rechtsfigur der Gesamturkunde. Das hat zur Folge, daß mit der Gesamturkunde nicht eine Erklärung des Ausstellers geschützt wird, sondern eine über diese hinausgehende Deutung seiner Zeichen durch Empfänger. Dies soll im folgenden bewiesen werden. Die Rechtsprechung erkennt eine Urkundengesamtheit dann als Gesamturkunde an, wenn ihre Errichtung, Herstellung und Führung auf

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Gesetz, Geschäftsgebrauch oder Vereinbarung der Beteiligten beruht und wenn durch die Verbindung der einzelnen Schriften von den Beteiligten gerade bezweckt wird, "gewisse zwischen ihnen bestehende Geschäftsbeziehungen, die sich aus einer Reihe von Einzelgeschäften zusammensetzen, erschöpfend anzugeben und so ein einheitliches Bild der wechselseitigen Rechtsbeziehungen in bestimmter Hinsicht zu schaffen"53. Der BGH erklärt ein Trödlerbuch zur Gesamturkunde, "denn es ist dazu bestimmt und geeignet, einen über den Inhalt der in ihm enthaltenen Einzelvermerke hinausgehenden, für sich bestehenden Gedankeninhalt zu beweisen"54. Wer aber denkt diesen Inhalt, der Aussteller der Einzelurkunde, der Leser oder beide? Die Rechtsprechung geht davon aus, daß dieser Gedankeninhalt eine Erklärung des Ausstellers der Einzelurkunden sei, kundgegeben durch deren feste Verbindung zu einem Ganzen55 . Daß dies nicht richtig sein kann, dafür gibt es einen ebenso einfachen wie zwingenden Beweis: Wenn etwa der Kaufmann durch die Verbindung seiner Einträge in einem Buch etwas erklärt, so müßte er doch auch jederzeit in der Lage sein, diese Erklärung zu unterlassen, die offenbar etwa so lauten sollte: "Ich habe nur diese Geschäfte getätigt und keine darüber hinaus." Aber er kann gar nicht verhindern, daß aus seinem Handelsbuch entnommen wird, daß er keine anderen Geschäfte geführt hat als die eingetragenen, ganz einfach deshalb, weil er gesetzlich dazu verpflichtet ist, alle seine Geschäfte in sein Buch einzutragen. Oder sollte er, wenn er diese Erklärung nicht abgeben will, seine Eintragungen auf losen Blättern machen, die möglichst nicht einmal im gleichen Schnellhefter aufzubewahren sind56 ? Weiter fragt sich: Wenn ein Kaufmann mit seinem Handelsbuch erklärt, daß er nur die eingetragenen Geschäfte gemacht hat, erklärt er dann auch durch den Besitz eines noch leeren Buches oder dadurch, daß er noch gar keines hat, daß er noch keine Geschäfte getätigt hat? Kann der Kaufmann nicht verhindern, daß aus seinem Handelsbuch ein derartiger "Gedankeninhalt" entnommen wird, so kann es der Nichtkaufmann nach der Rechtsprechung nicht zustandebringen. Denn seinem Geschäftsbuch sind "solche Beweiserheblichkeit und Beweisbestimmung durch keine Rechtsnorm zugesprochen. Sie konnten ihm durch die einseitige ... Willensbestimmung des Angeklagten (Ausstel53 RG 60, 17 (20), vgl. auch RG 48, 406 (407); 50, 246 (248); 51, 36 (38); 67. 245 (245). 54 BGH MDR 54, 903. 55 Vgl. RG 49, 32 (35) dazu die treffende Kritik von Lampe Diss. S.23. 58 Vgl. Lampe Diss. S. 24, derselbe GA 64, 328 f.

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lers) nicht verliehen werden, der im Rechtsverkehr - von Ausnahmen abgesehen - rechtsbildende Wirkung nicht zukommt 57 ." Aber gerade diese Wirkung - mag man sie nun eine rechtsbildende nennen oder nicht - kommt doch dem Willen des Einzelnen und ihm allein in unserer Rechtsordnung zu: zu bestimmen, was im Rechtsverkehr als seine Erklärung gelten soll. Kein Gesetz und kein Gewohnheitsrecht oder Herkommen kann dem Rechtssubjekt diese Freiheit nehmen, indem es seinen Erklärungswillen durch etwas anderes ersetzt. Der "Gedankeninhalt" der Gesamturkunde kann schon deshalb nicht als Erklärung des Ausstellers der Einzelurkunden gelten, weil er weder in seinem Bestand noch in seiner Ausgestaltung im einzelnen von seinem Willen abhängt. Was er aber ist und damit, was mit der Gesamturkunde geschützt wird, das wird sich daran zeigen, wovon er abhängt. Die Rechtsprechung fordert für die Gesamturkunden wie gesagt, daß ihre Einrichtung durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung geregelt ist. Sie geht dann, wie die zitierte Entscheidung des BGH zeigt, davon aus, daß eine solche Regel, die nur die Einrichtung und Führung einer Gesamturkunde in bestimmter Weise gebietet, dieser "Beweiserheblichkeit und Beweisbestimmung" verleiht. So wird dem Handelsbuch diese Beweisbedeutung nach Auffassung der Rechtsprechung durch den § 38 HGB zuteil, der lediglich dem Kaufmann befiehlt, ein Buch zu führen und alle seine Geschäfte dort einzutragen. Aus diesem Gebot ergibt sich freilich, da die meisten Kaufleute doch wohl gesetzestreu sind, daß man aus einem solchen Handelsbuch mit einiger Wahrscheinlichkeit entnehmen kann, daß keine Geschäfte über die eingetragenen hinaus in diesem Betrieb getätigt wurden. Dies ist also ein Schluß, den der Leser des Buches, also der Empfänger, von sich aus auf Grund des Bestehens dieser Vorschrift des HGB zieht. So kommt also die Beweiseignung zustande, die Beweisbestimmung offenbar einfach dadurch, daß jene Vorschrift um des Beweises willen erlassen wurde. So tritt auch hier, wie bei der Anerkennung gewisser wichtiger Kennzeichen als Beweiszeichen, eine Deutung durch Empfänger an die Stelle der Nachricht des Senders und eine Beweisbestimmung durch die Allgemeinheit oder eine zwischen einzelnen vereinbarte Regel an die Stelle des Erklärungswillens. Diese Beweisbestimmung, verstanden in ganz ähnlichem Sinne, wie bei jenen zu Beweiszeichen erhobenen Kennzeichen - nämlich als eine von außen durch die Allgemeinheit oder ~inzelne an eine Gattung von Gegenständen oder einen individuellen Gegenstand herangetragene Zwecksetzung und Anerkennung als Beweismittel für eine bestimmte Frage - ist der eigentliche Schutzgegen51

RG 34, 52 (54).

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stand der Rechtsprechung zur Gesamturkunde58 • All dies geschieht, da im Rahmen des Urkundenstrafrechts, im Zeichen des Schutzes menschlicher Erklärungen. Aber von der Erklärung steht hier gewissermaßen nur noch die Fassade, es fehlt dem "Gedankeninhalt" der Gesamturkunde alles, was zum Wesen einer Erklärung gehört: der Aussteller wie der Erklärungswille. Ermöglicht wurde diese Aushöhlung det Erklärung durch die Beweisbestimmung, die, ursprünglich nur ein Akzidens der Erklärung, sich hinter jener Fassade verborgen unvermerkt an deren Stelle gesetzt hat. Grundvoraussetzung dieses Vorgangs und vor allem der Tatsache, daß er von seinen Akteuren, dem RG und dem BGH, offenbar völlig unbewußt und glatt vollzogen wurde, war die durch den Begriff der Beweisbestimmung ermöglichte Vertauschung von Sender und Empfänger; sein Hintergrund war die um der Zufallsurkunde willen vollzogene Gleichsetzung von Erklärungswillen und Beweisbestimmung. Will man aber die Wurzeln dieses Fehlers noch tiefer verfolgen, so wird man wieder auf die alte Fehlvorstellung der Juristen vom Zeichen stoßen. Denn diese Vorstellung, daß ein menschliches Zeichen - andere gibt es nach dieser Auffassung gar nicht51 - ein Ding sei, das die Eigenschaft habe, etwas bestimmtes zu bedeuten, hat den Blick für die Notwendigkeit verstellt, zu unterscheiden zwischen dem, was ein Sender mit einem Zeichen übermittelt oder fixiert und dem, was ein Empfänger aus eben diesem Zeichen herausdeutet.

f) Ergebnis: Die Bedeutung der Beweisbestimmung aZs Bedingung des Urkundenschutzes

Angesichts der Tatsache, daß der Entwurf den Begriff der Beweisbestimmung aus dem Urkundenstrafrecht in das Strafrecht der technischen Aufzeichnungen übernimmt, und zwar, da dies um der Urkundenähnlichkeit der technischen Aufzeichnungen willen geschehen soll, offenbar in genau dem Sinne, indem ihn die Dogmatik und vor allem die Rechtsprechung zur Urkunde entwickelt hat, war dieser Begriff der Beweisbestimmung hier zunächst anhand seiner einzelnen Anwendungen im Urkundenstrafrecht zu ermitteln, um die Berechtigung seiner übertragung auf die technischen Aufzeichnungen prüfen zu können. 58 Lampe deutet die Rechtsprechung zur Gesamturkunde anders, vgl. GA 64 S.323. Nach seiner Auffassung wollte die Rechtsprechung die durch Gesetz, Herkommen oder Vertrag statuierte Pflicht zur richtigen und vollständigen Beurkundung schützen. Das wäre aber, da ja auch die vertragliche Vereinbarung zur Begründung dieser Pflicht genügt, eine Pönalisierung des Vertragsbruchs, und diese wird von Rechtsprechung und Lehre grundsätzlich abgelehnt. 51 Vgl. Weismann ZStW 11 S. 20.

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Diese Untersuchung führte zu dem Ergebnis, daß bei dem Worte Beweisbestimmung nicht nur ein Begriff ist, sondern - je nach seiner Anwendung in verschiedenen Zusammenhängen - vier: Bei den Absichtsurkunden bezeichnet dieser Ausdruck den Willen des Ausstellers, daß ein bestimmter Text für den Rechtsverkehr, also für die anderen Rechtssubjekte, als seine Erklärung gelten soll; bei der Erklärung der vom Aussteller herrührenden Abschrift als Nichturkunde den Willen des Ausstellers, daß bestimmte dauerhafte Zeichen für die Erklärung auch rechtlich ihre Stelle vertreten sollen, bei der Zufallsurkunde den Willen eines Nichtausstellers, einen jedenfalls ursprünglich nicht urkundlichen Text in einer konkreten gerichtlichen oder außergerichtlichen Beweisführung als Beweismittel für eine bestimmte Tatsache zu verwenden; bei seiner Anwendung zur Begründung der Anerkennung gewisser Kennzeichen als Beweiszeichen, sowie in der Theorie der Gesamturkunde schließlich bedeutet er die Anerkennung einer Gattung von Gegenständen oder eines Einzelgegenstandes durch die Allgemeinheit (Gesetz und Herkommen) oder einzelne (Vereinbarung) als Beweismittel für eine Gattung von möglichen Beweisfragen oder für eine bestimmte Beweisfrage, die aber nicht akut zu sein braucht. Dieser Ausdruck verdankt seine vielseitige Anwendung im Urkundenstrafrecht nicht der besonderen Geschlossenheit der Theorie der Urkunde, sondern seiner eigenen Vieldeutigkeit. In jedem seiner Anwendungsfälle ließe er sich durch eine zutreffendere und genauere Formulierung ersetzen, denn wie alle Mehrzweckmöbel erfüllt er keinen seiner vielen Zwecke richtig. So verhindert dieser Terminus durch seine bequeme Unbestimmtheit die genauere Untersuchung der wirklichen Zusammenhänge und eine saubere, aus dem Wesen des Urkundenschutzes als Erklärungsschutz gerechtfertigte Lösung der Abgrenzungsprobleme. Statt dessen kommt es zu den aufgezeigten Begriffsvertauschungen und Begriffsvermengungen. Die verhängnisvollste Wirkung des Erfordernisses der Beweisbestimmung für den Urkundenschutz ist wohl die, daß es das Erfordernis der Erklärung in den Hintergrund drängt und stellenweise sogar völlig verdrängt, indem es Sender und Empfänger auf eine Stufe stellt und dadurch die Vertauschung von deren Interpretationen der Zeichen ermöglicht. Auf die sorgfältige Scheidung der Deutung des Empfängers von der Nachricht des Senders kommt es nämlich beim Urkundenschutz, dem es ja um die menschliche Erklärung als die Nachricht eines Senders geht, gerade an. Das Erfordernis der Beweisbestimmung erweist sich nach alledem schon für das Urkundenstrafrecht als verhängnisvoll. Wenn also die von den Verfassern des § 306 E 62 angenommene Parallele zwischen

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Urkunde und technischer Aufzeichnung besteht, so wäre gerade deshalb von einer übernahme dieses Tatbestandsmerkmals in die Schutzvorschrift für technische Aufzeichnungen dringend abzuraten. 3. Die Beweisbestimmung als Tatbestandsmerkmal des § 306 E 62

Es hat nur wenig Sinn, zu fragen, ob die von den Urhebern und Befürwortern des Konzepts des § 306 des Entwurfs angenommene Parallele zwischen Urkunden und technischen Aufzeichnungen besteht und ob diese beiden Gegenstände des Strafschutzes strafrechtlich gleich zu behandeln sind. In mancher Hinsicht werden sie einander entsprechen, daß sie in einigen Punkten Gegensätze sind, ist offenkundig. Es muß also zunächst klargestellt sein, inwiefern sie in Parallele gesetzt werden und in welcher Hinsicht sie gleich zu behandeln sind. Ob die Gleichsetzung von Urkundenschutz und Aufzeichnungsschutz in dem umfassenden Sinne richtig ist, wie die Autoren des § 306 meinen, kann erst eine Reihe von Einzeluntersuchungen unter den verschiedenen Aspekten der Ausgestaltung dieses Strafschutzes zeigen. Hier interessiert uns nur einer von ihnen, der der Beweisbestimmung. Wenn wir nun die Frage näher untersuchen, ob die Bedeutung der Beweisbestimmung als Schutzvoraussetzung für technische Aufzeichnungen ihrer Bedeutung als Tatbestandsmerkmal der Urkundendelikte entspricht, so tun wir dies nicht unter dem Vorzeichen, unter dem die Verfasser des § 306 diese Entsprechung behaupten, sondern genau unter dem entgegengesetzten. Sie wollten mit dieser Behauptung die Aufnahme des Erfordernisses der Beweisbestimmung in den Tatbestand des § 306 begründen. Da sich aber gezeigt hat, daß dieses Tatbestandsmerkmal in den Urkundendelikten nicht nur überflüssig sondern gefährlich ist, würde diese Behauptung, wenn sie sich als richtig erweist, gerade die Ablehnung des Erfordernisses der Beweisbestimmung rechtfertigen. Nun fällt sogleich auf, daß die beiden ersten hier beschriebenen Bedeutungen des Ausdrucks Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht, nämlich die, die zur Scheidung der Urkunde vom Entwurf dient, und die, die den Unterschied zwischen Urkunde und vom Aussteller herrührender Abschrift erklären soll, für die technischen Aufzeichnungen überhaupt nicht in Betracht kommen, denn die erste setzt per definitionem eine menschliche Äußerung voraus und die zweite hängt mit der Garantiefunktion zusammen, die den technischen Aufzeichnungen fehlt. Es bleiben die dritte und vierte Bedeutung: die Heranziehung des einzelnen Gegenstandes als Beweismittel für eine konkrete Beweisführung durch einen Einzelnen und die allgemeine Anerkennung des Ge-

13. Die Beweisbestimmung als Tatbestandsmerkmal des § 306 E 62

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genstandes oder seiner Gattung als Beweismittel für bestimmte Tatsachen durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung. Wir hatten gesehen, daß diese beiden Anwendungsarten des Ausdrucks der Beweisbestimmung im Urkundenstrafrecht deshalb gefährlich sind, weil sie die Deutung der Zeichen durch Empfänger an die Stelle der Aussage des Senders stellen und weil es beim Urkundenschutz gerade um die Aussage des Senders geht. Es fragt sich nun, ob dies für die technische Aufzeichnung in gleicher Weise gilt, oder ob es für sie nicht auf die Unterscheidung zwischen der Interpretation des Senders und der des Empfängers ankommt, oder ob es bei ihr sogar im Gegensatz zur Urkunde nicht um die Nachricht des Senders geht, sondern um den Schutz des Verständnisses und der Absichten der Empfänger. Ist das letztere der Fall, dann wäre das Erfordernis der Beweisbestimmung hier wirklich, im Gegensatz zum Urkundenstrafrecht, angebracht. Es müßte dann noch klargestellt werden, welche der beiden möglichen Bedeutungen § 306 nun meint oder meinen sollte. Vielleicht ließen sich auch beide auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Da es aber die besondere Leistungsfähigkeit technischer Aufzeichnungen im Beweis ist, die durch § 306 geschützt werden soll, und da diese, wie gezeigt, eine Leistung des Aufzeichnungsgerätes und seines ihm eigentümlichen Codes ist, muß es auch dieser Code und diese von der Maschine in ihrem Code fixierte Nachricht sein, an die der Schutz anknüpft. Es ist also hier, wie bei der Urkunde, die Nachricht des Senders, die geschützt werden soll, und nicht die Deutung eines Empfängers. Sobald beide auseinanderfallen, hat eine Verwechslung zwischen Sender und Empfänger hier ebenso verhängnisvolle Folgen wie im Urkundenstrafrecht; sie kann zum Schutz nicht schutzwürdiger Zeichen führen und damit zur Bestrafung nicht, oder wenigstens nicht nach diesem Gesichtspunkt strafwürdiger Taten. Diese Gefahr muß aber in Kauf genommen werden, wenn das Tatbestandsmerkmal der Beweisbestimmung in § 306 E 62 eine besondere, anders nicht zu erfüllende Funktion hat. Diese kann, da es sich um ein einschränkendes Tatbestandsmerkmal handelt, nur darin bestehen, gewisse nicht strafwürdige Fälle der Täuschung mit technischen Aufzeichnungen im Rechtsverkehr aus dem Strafschutz auszuschließen, die ohne das Erfordernis der Beweisbestimmung unter den § 306 fallen würden. Es ist also hier zunächst die Frage: Ist ein Fall von Täuschung mit Hilfe technischer Aufzeichnungen im Rechtsverkehr überhaupt denkbar, in dem die Bestrafung am Mangel der Beweisbestimmung scheitern würde? Finden wir einen solchen Fall, so ist zu prüfen, ob er auch tatsächlich nicht strafwürdig ist. Dabei müssen die beiden in Betracht kommenden Bedeutungen des Wortes Beweisbestimmung getrennt untersucht werden. Stellen wir uns also zunächst auf den Standpunkt, . 10 Puppe

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Beweisbestimmung bedeute allein die Inanspruchnahme eines einzelnen Gegenstandes als Beweismittel für eine bestimmte Tatsache durch einen Einzelnen. Die Konstellation, bei der das Fehlen einer Beweisbestimmung in diesem Sinne die Bestrafung vereiteln könnte, wäre die, daß jemand eine noch nicht zum Beweis bestimmte Aufzeichnung verändert oder ohne echtes zum Beweis bestimmtes Vorbild frei eine unechte Aufzeichnung herstellt60 • Die entsprechenden Fälle im Bereich der Urkundenfälschung sind die der freien Erfindung einer Zufallsurkunde. Bei der Absichtsurkunde tritt das Problem deshalb nicht auf, weil sie mit der falschen Ausstellerangabe auch eine (sog.) "Beweisbestimmung" durch eben diesen Aussteller vortäuscht und damit alle Urkundenerfordernisse scheinbar erfüllt. Aber gerade die Verfechter der Zufallsurkunde und damit der Beweisbestimmung als selbständiges Element des Urkundenbegriffs wollen hier die Strafbarkeit nicht am Fehlen einer Beweisbestimmung scheitern lassen. Sie versuchen, dieses Ergebnis entweder dadurch zu vermeiden, daß sie über die Figur des bedingten Verbrechens die später bei der Führung des Falschbeweises durch den Täter oder einen Dritten an das fertige Falsifikat herangetragene Beweisbestimmung in Anspruch nehmen61 , oder dadurch, daß sie die Absichten des Täters zur Täuschung im Rechtsverkehr, die er im Moment der Fälschung bereits hegt, als ausreichende Beweisbestimmung anerkennen62 • Beide Lösungsversuche kommen zu dem Resultat, daß jede Täuschung mit Hilfe falscher Erklärungsverkörperung im Rechtsverkehr und jede Absicht dazu, die wirksame, d. h. den Anforderungen des Urkundenbegriffs genügende Beweisbestimmung mit sich bringt. Entsprechendes müßte dann für das gleiche Erfordernis bei der technischen Aufzeichnung gelten. Man will offenbar vermeiden, daß durch das Erfordernis der Beweisbestimmung irgendwelche Fälle von Täuschung im Rechtsverkehr mit Urkunden bzw. technischen Aufzeichnungen aus dem Strafschutz ausgeschlossen werden. Ob die hierzu zur Verfügung stehenden Methoden dogmatisch einwandfrei sind, ist zweifelhaft. Es wird gegen sie eingewandt, daß die Täuschungsabsicht des Fälschers das Urkundenmerkmal der Beweisbestimmung deshalb nicht erfüllen kann, weil sein Erzeugnis nur dann eine falsche Urkunde sein kann, 60 Mit dem Hinweis darauf, daß dieser Fall der "freien Schöpfung" eines Falsüikats nicht weniger strafwürdig ist, als der, daß nach einem echten und schon zum Beweis bestimmten Vorbild gearbeitet wird, bekämpft Kaufmann S. 424 das Erfordernis der Beweisbestimmung. 61 Binding S. 188 ff. (191 f.). 6! Vgl. die Diskussion um den sog. Syltkartenfall in der Großen Strafrechtskommission Nied. Bd.6, z. B. Dreher S.l71, Baldus S. 171, Welzel S. 177; vgl. ferner Ebermayer S. 420, Maurach § 53 111 D 2.

I 3. Die Beweisbestimmung als Tatbestandsmerkmal des § 306 E 62

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wenn es den Begriffserfordernissen einer Urkunde unter der (unrichtigen) Annahme genügen würde, daß es i. S. des § 267 StGB echt wäre, d. h. nicht vom Fälscher, sondern vom scheinbaren Aussteller herrührte. M. a. W. eine unechte Urkunde muß den Anschein erwecken, als echte Erklärung des Scheinausstellers zum Beweis bestimmt zu sein63 • Jedenfalls ist aber die dieser Behandlung der Beweisbestimmung zugrundeliegende überzeugung richtig, daß derjenige, der mittels einer frei erfundenen unechten Urkunde oder Aufzeichnung täuscht, nicht minder strafwürdig ist, als der, der sein Falsifikat an die Stelle eines Beweismittels setzt, an das schon von anderer Seite eine Beweisbestimmung herangetragen wurde 64 • Denn es ist nicht die konkrete Bestimmung des Beweismittels Gegenstand des Strafschutzes, sondern sein besonderer Beweiswert, und der ist nicht von einer aktuellen Beweisbestimmung abhängig. Das Tatbestandsmerkmal der Beweisbestimmung, verstanden als die Bestimmung eines einzelnen Gegenstandes durch ein einzelnes Rechtssubjekt für einen konkreten Beweis, hat also im Tatbestand des § 306 keine Funktion. Neben dem Erfordernis der Absicht zur Täuschung im Rechtsverkehr hat es keinen Platz65 ; an seiner Stelle hätte es zur Ausschaltung der nicht für den Beweis im Rechtsverkehr gefertigten Falsifikate dienen können. Aber diese Aufgabe wird von dem Tatbestandsmerkmal "zur Täuschung im Rechtsverkehr" wesentlich besser erfüllt, weil es deutlicher ausspricht, worauf es ankommt, als der vieldeutige Ausdruck "zum Beweis bestimmt", nämlich auf die Ausscheidung solcher Fälle, in denen zwar auch für eine Art "Beweis" gefälscht wird, aber nicht um jemanden zu einem rechtlich erheblichen Verhalten zu veranlassen, sondern z. B. um ihn bloß zu verblüffen, ihm einen Bären aufzubinden oder ihm Bewunderung für etwas abzunötigen, kurz für einen Beweis außerhalb des Rechtsverkehrs. Verstanden als Anerkennung des einzelnen Gegenstandes oder einer ganzen Gattung von Gegenständen als Beweismittel für bestimmte Tatsachen oder Klassen von Tatsachen durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung, hat das Erfordernis der Beweisbestimmung in § 306 E 62 noch weniger Sinn. Sollte der Strafgesetzgeber seine Entscheidung darüber, was für Aufzeichnung er schützen will, an das Gewohnheitsrecht delegieren dürfen oder gar in die Willkür Einzelner stellen kön83 Vgl. Gallas Nied. Bd.6 S.I71 und S.176, Bockelmann ebenda S.I71 und 174 f. 84 Vgl. Kaufmann S. 424. 16 Fränkel Nied. Bd. 6 S. 169. Zu dem gleichen Ergebnis kommt Kienapfel schon für die Urkunde. Nicht zuletzt wegen der eben erwähnten Schwierigkeiten schlägt er vor, auf dieses Begriffserfordernis der Urkunde zu verzichten und diese einfach als verkörperte menschliche Äußerung zu definieren, vgl. Kienapfel GA 70 S. 193 ff. insbesondere S. 200 f.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

nen, indem er ihre Abmachungen sanktioniert? Bei den Urkunden hatte diese Spielart von Beweisbestimmung noch eine ganz bestimmte Funktion, wenn man sie in einem etwas anderen Sinne auffaßte, nämlich als Festlegung eines Codes, in dem sich Personen oder eine bestimmte Person rechtswirksam sollte äußern können (so o. 2. Teil I 2 d). Hier bestimmt der Rechtsverkehr oder der Vertrag nicht, was Schutzgegenstand einer Strafnorm ist, aber wenn dieser Schutzgegenstand laut Strafgesetzbuch die menschliche Erklärung ist, so kann der Verkehr festlegen, wie diese aussehen kann, denn er hat zu bestimmen, auf welche Weise man sich untereinander verständigt. Der Code der technischen Aufzeichnungen ist im Gegensatz zu den menschlichen Erklärungen nicht in die Willkür des Verkehrs gestellt, sondern durch die technischen Gegebenheiten und die Art der Anwendung des jeweiligen Aufzeichnungsgerätes bestimmt. Nur der Gesetzgeber hat hier noch etwas zu entscheiden: nämlich ob er die in diesem Code fixierten Nachrichten schützen will oder nicht. Insofern besteht also keine Parallele zur Urkunde. Aber diese Tatsache wirkt sich nur dahin aus, daß zu den für die Urkunde aufgeführten Gründen zur Ablehnung der Beweisbestimmung, nämlich der Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit dieses Ausdrucks, noch ein weiterer hinzu kommt: der, daß hier keinerlei Bedürfnis für ein derartiges Tatbestandsmerkmal ersichtlich ist. Unsere Untersuchungen über den Begriff der Beweisbestimmung und seine Eignung als Tatbestandsmerkmal in einer Vorschrift zum Schutz technischer Aufzeichnungen führen also zu folgendem Ergebnis: Das Merkmal der Bestimmung zum Beweis - einer der vieldeutigsten Ausdrücke, die im Strafrecht Verwendung gefunden haben - hat in keiner seiner Bedeutungen eine Funktion innerhalb einer solchen Vorschrift. Seine Verwendung wäre aber nicht nur überflüssig, sondern schädlich. Denn da es Sender und Empfänger auf eine Stufe stellt, verführt es zu deren Vertauschung oder Verwechslung. Es könnte also unter Anknüpfung an das Erfordernis der Beweisbestimmung bei der Prüfung der Schutzwürdigkeit einer bestimmten Aufzeichnung, also der Frage, ob sie eine beweiserhebliche Tatsache enthält, statt des wegen seiner besonderen Zuverlässigkeit allein in Betracht kommenden Codes der Maschine ein anderes Zeichensystem zugrundegelegt werden, das eine Person zu Beweiszwecken an die Aufzeichnung heranträgt. Deckt sich dieser Code des Beweisbestimmenden nicht mit dem des Aufzeichnungsgeräts, so kommt es zum Schutz eines nicht schutzwürdigen Beweismittels und damit zur Bestrafung einer nicht (jedenfalls nicht unter diesem Gesichtspunkt) strafwürdigen Tat. Nach alledem wäre es zu t:!mpfehlen, das Erfordernis der Beweisbestimmung aus dem Tatbestand der Fälschung technischer Aufzeichnungen ersatzlos zu streichen.

II

1.

Die .Parallelsetzung der technoAufz. mit der Urkunde in E 62

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11. Die Art des Schutzes technischer Aufzeichnungen 1. Die Parallelsetzung der technischen Aufzeichnung mit der Urkunde in E 62

Während man sich in den Beratungen der Großen Strafrechtskommission von Anfang an darüber einig war, daß gewisse technische Aufzeichnungen einen besonderen Strafschutz genießen sollten, und zwar auch dann, wenn Täuschungen mit anderen Augenscheinsobjekten ungestraft bleiben sollten, fand man die eigentliche Problematik des Tatbestandes in der Ausgestaltung dieses Schutzes, d. h., da es sich um ein Fälschungsdelikt handelte, in der Frage, was eigentlich eine i. S. des Gesetzes falsche Aufzeichnung sein solle. Man hat dabei von vornherein darauf verzichtet, Art und Umfang dieses Schutzes aus seinem Grunde herzuleiten, der in der besonderen Leistung der technischen Aufzeichnung für den Beweis besteht. Von dem Wesen dieser Leistung, ihren Ursachen und Voraussetzungen, überhaupt von der Natur der Aufzeichnungen und der Aufzeichnungsgeräte war während der Beratungen kaum die Rede. Denn man war sich schon angesichts der im Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt aufgeführten und der durch Gerichtsentscheidungen allgemein bekannten Beispiele von technischen Aufzeichnungen! darüber einig, daß diese für den Beweis wertvoller sein konnten als andere Augenscheinsobjekte, und daß es deshalb gerechtfertigt war, ihnen im Strafrecht den anderen Augenscheinsbeweismitteln gegenüber eine Sonderstellung einzuräumen. Und deshalb hielt man wohl eine nähere Untersuchung dieses Beweiswertes nicht für erforderlich. Dabei wurde der Tatsache nicht Rechnung getragen, daß sich Art und Ausmaß des Schutzes eines Wertes (hier eines Beweiswertes) von der Natur dieses Wertes her bestimmen lassen müssen, wenn dieser Schutz wirksam und konsequent sein soll, und daß das, was Strafbarkeit rechtfertigt, hier also wieder jener Beweiswert, auch ihre Grenzen rechtfertigen muß. Daß dem besonderen Charakter und der spezifischen Leistung der technischen Aufzeichnungen bei der Ausgestaltung ihres Schutzes so wenig Beachtung geschenkt wurde, obwohl sie doch allein der Grund dieses Schutzes sind, liegt daran, daß ein spezieller Schutz allein für diese Beweismittel ursprünglich gar nicht ins Auge gefaßt wurde. Man dachte vielmehr zunächst an eine Erweiterung des Urkundenschutzes auf gewisse zum Beweis bestimmte Augenscheinsobjekte, zu denen auch technische Aufzeichnungen aller Art gehören sollten!. Dann trennte Vgl. Schafheutle Nied. Bd. 8 S. 258 f. Vgl. Vorschlag der Sachbearbeiter § 263 und § 270, 2 Umdruck J 59 Nied. Bd. 6 S. 349 f. 1

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

man in Erkenntnis der Besonderheit der Urkunde den Tatbestand der Urkundenfälschung von der allgemeineren Beweismittelschutzvorschrift3 • Der schließlich in den Entwurf aufgenommene Tatbestand der Aufzeichnungsfälschung ist, geschichtlich gesehen, der Rest, der von jenem umfassenden Beweismittelschutz übrig blieb, nachdem man ein Verbot der Fälschung und des Falschbeweises mit "klassischen" Augenscheinsobjekten außerhalb des Gerichtsverfahrens abgelehnt hatte. Erweiterung des Urkundenstrafrechts war also das Gesetz, nach dem sich der Schutz besonders beweistüchtiger Augenscheinsobjekte entwickelt hat, den wir in § 306 E 62 vor uns haben. Und so suchte man, statt zunächst unabhängig von allen Vergleichen die Natur und die spezifische Leistungsfähigkeit technischer Aufzeichnungen für den Beweis und deren Bedingungen zu erforschen, um dann die sich eventuell ergebenden Parallelen zu anderen Beweismethoden und ihrem Strafschutz zu ziehen, nach den Entsprechungen der technischen Aufzeichnung zur Urkunde und ihren wesentlichen Eigenschaften. Man bemühte sich bei den technischen Aufzeichnungen, den Gegensatz von Echtheit und Wahrheit zu bestimmen, der im Urkundenstrafrecht so wesentlich ist'; man teilte die technischen Aufzeichnungen ein in solche, denen man die Beweiskraft öffentlicher Urkunden beimaß (weil die Geräte, die sie herstellten, behördlich geprüft sind) und solche, die man (wegen des Fehlens einer staatlichen Kontrolle der Aufzeichnungsgeräte) nur den Privaturkunden gleichstellen wollte5 , vor allem aber fragte man nach einem Aussteller der technischen Aufzeichnung. Man suchte ihn in demjenigen, der das Aufzeichnungsgerät betreibt und der durch die Aufzeichnung etwas kontrollieren oder feststellen will6 , auch in demjenigen, der die Aufzeichnung für einen Beweis bestimmF. Man erkannte jedoch, daß die Identität dieser Personen für den Beweis mit technischen Aufzeichnungen nicht die Bedeutung hat wie die des Ausstellers für den Urkundenbeweis, da derjenige, der eine technische Aufzeichnung für seine Beweiszwecke herstellt, nicht die Herrschaft über deren Inhalt hat, die der Aussteller über den seiner Urkunde besitzt8 • Da also ein Aussteller, d. h. eine Person als Aussteller für die technische Aufzeichnung nicht in Betracht kam, suchte man nach dem, was a Vorschläge der Sachbearbeiter § 263 und § 266 Umdruck J 64 Nied. Bd.8 S.487. , Schafheutze Nied. Bd. 8 S. 259. 6 Vorschlag Koffka § 266 und § 266 a 2. Alternative Umdruck U 63 Nied. Bd.8 S.495. 8 Lackner Nied. Bd. 6 S. 171; Schwalm Nied. Bd. 6 S. 174. 7 Begründung zu § 266 Umdruck J 64 Nied. Bd. 8 S. 492, Tröndle Nied. Bd. 8 S. 18 f., Lackner Nied. Bd. 8 S. 24. 8 Gallas Nied. Bd. 6 S. 171; Dünnebier Nied. Bd. 8 S. 26.

II 1. Die Parallelsetzung der techno Aufz. mit der Urkunde in E 62

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hier an seiner Stelle stand, ohne zunächst die Frage zu klären, ob es ein Äquivalent für den Urkundenaussteller bei technischen Aufzeichnungen überhaupt gibt. Man wollte den technischen Aufzeichnungen einen Strafschutz wohl überhaupt nur unter der Voraussetzung gewähren, daß ein solches Äquivalent zu finden sei, denn mit ihm stand und fiel die Möglichkeit, einen Echtheitsbegriff für diese Beweismittel zu konstruieren, und damit die Möglichkeit eines Echtheitsschutzes; und mehr, etwa eine strafrechtliche Sicherung der Richtigkeit, hätte man den technischen Aufzeichnungen nicht zugestanden, denn man wollte ihnen keinen besseren Schutz angedeihen lassen als den Urkunden9 , da man ihnen weder einen höheren Beweiswert noch aus sonstigen Gründen größere Schutzwürdigkeit beigemessen hat als diesen. In dem aufzeichnenden Gerät meinte man schließlich das gesuchte Äquivalent für den Aussteller gefunden zu haben9 • Dementsprechend ist nach der dem § 306 E 62 zugrundeliegenden Theorie eine unechte Aufzeichnung eine solche, die obwohl scheinbar das Produkt eines selbständig und ordnungsgemäß funktionierenden Registriergeräts, in Wahrheit durch einen Menschen oder unter dem Einfluß eines Menschen entstanden ist10 • Nur der Vorschlag des Richterbundes geht in der Gleichbehandlung von Urkundenaussteller und Registriergerät so weit, entsprechend der Erkennbarkeit der Person des Ausstellers für die geschützten technischen Aufzeichnungen die Erkennbarkeit des individuellen Apparates zu fordern, durch den sie hergestellt worden sind ll • Worin sich aber der Aussteller einer Urkunde und das eine Aufzeichnung produzierende Gerät eigentlich entsprechen, und inwiefern diese Entsprechung ihre Parallelsetzung im Strafrecht rechtfertigt, das ist aus der Begründung des Entwurfs nicht zu entnehmen. Worin die Verwandtschaft zwischen heiden erblickt wird, wurde dagegen in den Beratungen der Großen Strafrechtskommission deutlich: Die Beweiskraft der Urkunde hängt von der Person des Ausstellers ab, wie die der technischen Aufzeichnung von dem Gerät, das sie produziert hat. Man hat noch weiter verallgemeinert und ist dabei auf die Tatsache gestoßen, daß die Beweiskraft eines jeden Beweismittels davon abhängt, ob es aus dem für den Beweis erheblichen Vorgang stammt!!. Wenn also ein Beweismittel hinsichtlich seiner Entstehung einen falschen Anschein erweckt, so kann man damit einen Falschbeweis führen, es kann also ein falsches Beweismittel genannt werden. Unter diesem Oberbegriff der Echtheit, d. h. der Wahrheit des beweiserheblichen Vgl. Tröndle Nied. Bd. 8 S. 19. Begründung zu § 306 E 62 S. 482. 11 Nied. Bd. 13 S. 684. 12 Schafheutle Nied. Bd. 8 S. 24 f.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Entstehungsanscheins, meinte man den Begriff der Echtheit der Urkunde und den neu geschaffenen Begriff der Echtheit technischer Aufzeichnungen zusammenfassen zu können. Dieser Oberbegriff der Echtheit eines Beweismittels ist allerdings relativ zum jeweils damit geführten Beweis, denn der Entstehungsvorgang soll ja nur insoweit für die Frage der Echtheit oder Unechtheit des Beweismittels in Betracht kommen, als er für die betreffende Beweisfrage relevant ist. Die Echtheit von Urkunden wie von technischen Aufzeichnungen wird aber unabhängig von einem konkreten Beweis bestimmt. Die Aufhebung der Abhängigkeit der so verstandenen Echtheit vom konkreten Beweis wurde bei den technischen Aufzeichnungen dadurch erreicht, daß man hier als Echtheitskriterium einen Entstehungsfaktor wählte, der für fast jeden mit einer solchen Aufzeichnung zu führenden Beweis von Bedeutung ist: die Tatsache, daß die Aufzeichnung von einem Registriergerät bestimmten Typs stammt, in dessen Mechanismus nicht eingegriffen wurde18 • Man erreichte damit gleichzeitig eine Differenzierung zwischen Echtheit und Wahrheit, was bei dem allgemeinen Echtheitsbegriff des richtigen beweiserheblichen Entstehungsanscheins Schwierigkeiten gemacht hätte, weil ein Beweismittel, das seinen Entstehungsvorgang richtig erkennen läßt, "wahr" und nicht bloß "echt" ist, soweit es sich um den Beweis dieses Entstehungsvorgangs handelt. Eine technische Aufzeichnung kann i. S. des Entwurfs echt und trotzdem unwahr sein, denn es wurden unter den Voraussetzungen für die Wahrheit der Aufzeichnungen nur einige herausgegriffen und als Echtheitskriterium strafrechtlich garantiert. So ist z. B. eine Aufzeichnung echt, die durch eine zufällige Störung oder einen durch Verschleiß entstandenen Defekt des Geräts unrichtig geworden ist. Nun ist auch beim Urkundenbeweis die Tatsache, daß die Urkunde von einem bestimmten Aussteller stammt, stets relevant, während die übrigen Entstehungsumstände, z. B. besondere Qualifikationen des Ausstellers, sogar seine Vertrauenswürdigkeit, nur bei bestimmten Urkunden (Zeugnisurkunden) von Belang sind. Insofern besteht also eine Gemeinsamkeit zwischen dem Echtheitsbegriff des Urkundenstrafrechts und dem, was im Entwurf unter der Echtheit einer technischen Aufzeichnung verstanden wird. Damit allein ist aber die strafrechtliche Gleichstellung dieser beiden Echtheitsbegriffe, wie sie der Entwurf durchführt, noch nicht gerechtfertigt. Sie wäre es erst, wenn der Echtheitsschutz der Urkunde gerade mit dieser Relevanz der Urkundenechtheit zu begründen wäre und nicht etwa mit einer ganz anderen Eigenschaft, die sie von der "Echtheit" der technischen Aufzeichnungen unterscheidet. 13

Vgl. Koffka Nied. Bd. 8 S. 30 und S. 259.

II 2. Der Echtheitsschutz der Urkunde als Sicherung einer Beweisleistung 153 Von einer Reihe von Autoren wird die Erheblichkeit der Person des Ausstellers für jeden Urkundenbeweis auch als der Grund für die spezifische Ausgestaltung des Urkundenschutzes angeführt, vor allem von solchen Autoren, die den Urkundenschutz als den Schutz eines besonders leistungsfähigen Beweismittels auffassen14 • Wenn ihre Erklärung des Urkundenschutzes zutrifft und ausreicht, dann hat man die Entwicklung des Aufzeichnungsschutzes unter dem richtigen Vorzeichen begonnen, indem man sie als Erweiterung des Urkundenschutzes auf andere aus dem gleichen Grunde und in gleichem Maße schutzwürdige neue Beweismittel rechtfertigte, denn es steht fest, daß für die technische Aufzeichnung ein besonderer Strafschutz nur aus ihrer Leistungsfähigkeit als Beweismittel begründet werden kann. 2. Die Auffassung des Ecbtheitsscbutzes der Urkunde als Sicherung eines besonders leistungsfähigen Beweismittels

Aber was macht eigentlich die besondere Beweistüchtigkeit der Urkunden aus, aus der diese Autoren den Schutz ihrer Echtheit zu erklären versuchen? Besteht sie, wie bei den technischen Aufzeichnungen, darin, daß Urkunden einen besonders einfachen und sicheren Beweis ermöglichen? Dann müßte für sie ein allgemein bekannter oder ohne weiteres feststellbarer Code existieren, der diese Tatsache als Bedeutung enthält und dessen Anwendung mit höchster Wahrscheinlichkeit eine wahre Nachricht ergibt. Der Code aber, in dem Urkunden und die nach h. L. zu ihnen gehörigen und nach dem Entwurf ihnen gleichgestellten Beweiszeichen15 abgefaßt sind, und an den, wie gezeigt, auch der Fälschungsschutz der Urkunde anknüpft18, ist zwar meistens, aber doch nicht immer leicht herauszufinden. Handelt es sich um ein vertraglich vereinbartes Zeichen oder um eine Geheimschrift, so kann das sogar sehr schwierig sein. Eine besondere Zuverlässigkeit zeichnet den Code des Ausstellers einer Urkunde auch nicht aus. Im Gegenteil, die Möglichkeit der Lüge verursacht beim Urkundenbeweis eine Fehlerquelle, von der andere Beweismethoden, nämlich die zum großen Teil nicht als schutzwürdig anerkannten Augenscheinsbeweise, frei sind. Es ist keineswegs sicher, daß die beim "klassischen" Augenscheinsbeweis bestehende größere u Binding S.194; Weismann ZStW 11 S. 16; MauTach § 53 III E 1; Jagusch L. K. Anm. 3 c vor § 267. Die gleiche Konzeption steht hinter den Begriffserfordernissen, die MeTkel und BTodmann für die Urkunde aufstellen. Beide äußern sich nicht direkt über den Sinn des Echtheitsschutzes. 15

§ 304,2 E 62 .

Urkunde im strafrechtlichen Sinne ist ja genau genommen nicht ein Gegenstand, sondern die in dauerhafte Zeichen codierte Nachricht selbst. . 16

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Gefahr eines Irrtums bei der Deutung der Zeichen, d. h. der Feststellung des Auswertungscodes, diese Fehlerquelle des Urkundenbeweises auch nur aufwiegt. Überdies taucht neben dem Problem der Feststellung des Codes des Ausstellers beim Urkundenbeweis noch dadurch öfters eine zusätzliche Schwierigkeit auf, daß die Erklärung nicht aus sich heraus verständlich ist. So ist z. B. ein Geschäftsbrief des Inhalts "sehr geehrter Herr, ich nehme ihr letztes Angebot an. Hochachtungsvoll X." sicher eine Urkunde17 • Aber für den Inhalt der darin niedergelegten Erklärung beweist er aus sich heraus so gut wie gar nichts. Der Urkundenbeweis, d. h. der Beweis einer in einer Urkunde niedergelegten Nachricht durch die Urkunde, zeichnet sich also im Gegensatz zum Beweis mit technischen Aufzeichnungen vor anderen Methoden der Wahrheitsermittlung weder durch besondere Einfachheit noch durch besondere Zuverlässigkeit aus. Der besondere Beweiswert der Urkunden wird auch gar nicht so sehr in einer erhöhten Leichtigkeit oder Sicherheit des Urkundenbeweises erblickt, als vielmehr darin, daß Urkunden als menschliche Zeichen einen "objektiven Sinn"18 besitzen oder daß sie "etwas verkörpern" oder "aus sich heraus erkennbar werden lassen"19,20. Daß es einen objektiven Sinn oder eine Aussage eines Zeichens oder gar eines Gegenstandes nicht geben kann, weil ein Zeichen unabhängig von einem Interpreten gar nicht existiert, wurde schon ausführlich erörtert. Diese Fehlvorstellung kommt nur dadurch zustande, daß man einem menschlichen Zeichen ohne weiteres die Interpretation des Senders unterlegt, ohne sich dies bewußt zu machen, insbesondere wenn diese Interpretation allgemein in einem größeren Personenkreis anerkannten Anwendungsregeln für Zeichen entspricht. Bei derart geregelter Zeichenanwendung hätte es noch eine gewisse Berechtigung, von einem objektiven oder besser intersubjektiven Sinn des Zeichens zu sprechen, nicht mehr aber bei speziell verabredeten oder gar bewußt geheimgehaltenen Zeichensystemen, in denen nach h. L. auch Urkunden abgefaßt sein 17 Nur Merkel spricht solchen Schriftstücken die Urkundeneigenschaft ab; vgl. S. 238 f.

18 1U

II 1.

Kern S. 6; Mezger - Blei S. 211 f. Weismann ZStW 11 S. 19 f., RG 17, 103 (105), Merkel S.309; Welzel § 59

20 Momsen erkannte schon, daß Augenscheinsobjekte ebenso "zu uns sprechen" wie Urkunden (S.38). Er sah die Besonderheit der Urkunde darin, daß sie jedermann das gleiche sage und nicht wie das Augenscheinsobjekt je nach Standpunkt und Interesse etwas verschiedenes (S. 38 f.). Er übersah, daß auch eine Urkunde sehr verschiedene Informationen geben kann, je nachdem ob man sie auf ihren Inhalt oder auf etwas anderes, z. B. die Eigenarten der Handschrift hin befragt. Er betrachtete die Urkunde eben nicht wie das Augenscheinsobjekt als Gegenstand, sondern schon als Zeichen und Nachricht. So kam der Unterschied zustande, den er für eine Besonderheit der Urkunde hielt.

II 2. Der Echtheitsschutz der Urkunde als Sicherung einer Beweisleistung 155 können. Andererseits müßte man dann konsequenterweise auch dem Fingerabdruck, der Blutprobe, auch etwa Gewitterwolken und anderen allgemein als Zeichen für bestimmte Tatsachen genommenen Erscheinungen einen objektiven Sinn zusprechen und damit auch die daraus resultierende Schutzwürdigkeit. Die meisten Vertreter der hier untersuchten Auffassung vom Urkundenschutz und von dem Sinn seiner Beschränkung auf die Echtheit wollen diesen allerdings auch nicht allen menschlichen Zeichen zugutekommen lassen, sondern die sog. Beweiszeichen ausschließen. Sie sehen den besonderen Beweiswert der Urkunde in der Schriftlichkeit21 • Dabei wollen die Vertreter dieser Auffassung sich offenbar nicht darauf berufen, daß die Bedeutungen, die der Hersteller einer Schrifturkunde mit den von ihm fixierten Zeichen verbindet, allgemein bekannt seien und daß man deshalb Schriftzeichen ohne weiteres deuten kann, sonst hätten sie die Geheimeodes zuerst aus ihrem Schriftbegriff ausgeschlossen, was jedoch nur Merkel und neuerdings Welzel tun22 • Binding und Maurach erkennen sie sogar ausdrücklich als Schriften an23 • Außerdem hätte es dann nahe gelegen, diejenigen Beweiszeichen in den Schriftbegriff mit aufzunehmen, für die durch Gesetz oder Herkommen eine Bedeutung allgemein festgelegt ist, die in einem größeren Personenkreis bekannt und anerkannt ist, denn bei diesen Zeichen ist die Deutung ebenso unproblematisch wie bei einer gebräuchlichen Schrift. Das entspräche dem Schriftbegriff von Morris 24 • Es wäre ebenso dogmatisch befriedigend wie praktisch sinnvoll, auf diese Weise den Urkundenschutz auf diejenigen fixierten Erklärungen zu beschränken, die deshalb einen einfacheren und vor gewissen Irrtümern auch sichereren Beweis ermöglichen als die "natürlichen Zeichen" (die "klassischen" Augenscheinsobjekte) sowie die übrigen, vor allem die geheimen und speziell verabredeten menschlichen Zeichen, weil der Code, der bei diesem Beweis anzuwenden ist, von vornherein bekannt ist. Für eine solche Begrenzung des Fälschungsschutzes plädiert aber auch Merkel nur de lege ferenda 25 • Erst in jüngster Zeit wurde dieser Gedanke von Samson wieder aufgegriffen21 • 21 Binding S. 180 ff., Merket S. 42, Brodmann S. 13, Maurach § 53 III C 2, Wetzet § 59 II 1, anders nur Weismann ZStw 11 S.19. 22 Sie fordern Allgemeinverständlichkeit der Zeichen, vgl. Merket S.235, Wetzet § 59 II 1 b. 23 Binding S.185, Maurach § 53 III C 2, auch Wetzet noch in der 10. Aufl. § 59 II 1. 24 Morns bezeichnet ja als Sprache oder Schrift einen Satz von Zeichen,

deren Bedeutungen für eine Gruppe von Interpreten (Zeichenbenutzern) durch Regeln festgelegt sind, vgl. Morris S. 35. 25 Vgl. a.a.O. S. 464 i. V. mit S. 235 u. S.238. 28 Vgl. Samson S. 123 ff., vgl. auch Frank zu § 267 Anm. III 3.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Worin besteht dann aber der besondere Wert der Schrift im Vergleich zu anderen menschlichen Zeichen, wenn nicht in ihrer Allgemeinverständlichkeit? Er wird darin gesehen, daß "sie - wenn auch erst nach Entschlüsselung - aus sich heraus den Inhalt der Erklärung ergeben"!7, oder auch, daß die Schrift "zu jedem spricht"28. Es ist also wieder die Vorstellung vom Zeichen, das seine Bedeutung in sich trägt, im Gegensatz zu anderen Gegenständen, in die allenfalls der Betrachter eine Bedeutung hineintragen kann, die sich hier ebenso wie in der h. L. zur Geltung bringt. Die Eigenschaft, von sich aus eine Bedeutung zu haben, wird hier nur im Gegensatz zur Lehre des RG und des BGH nicht allen menschlichen Zeichen zuerkannt, sondern nur bestimmten von ihnen, eben den Schriftzeichen. Dabei bleibt gänzlich offen, woher gerade den Schriftzeichen und nur ihnen die Bedeutung zuwachsen soll. Aus allgemeiner Festlegung kann sie als Besonderheit der Schriftzeichen nicht hergeleitet werden, denn eine solche gibt es einerseits auch für nichtschriftliche Zeichen (Beweiszeichen), andererseits nicht für Geheimschriften. Erst recht kann hierfür nicht eine beliebige Bestimmung eines Codes genügen, also auch die besonderen Vereinbarungen, denen Geheimschriften ihre Bedeutung verdanken, weil irgendeine Verabredung über die Bedeutung auch für jedes Beweiszeichen bestehen muß. Ganz ähnlich verhält es sich mit einer anderen mehrfach vorkommenden Erklärung des Unterschiedes zwischen Schriften und anderen menschlichen Zeichen. Sie geht dahin, daß Schriften ausdrückliche Erklärungen seien, während die Beweiszeichen nur Erklärungen durch konkludentes Handeln darstellten!9. Es gibt nämlich keinen Gegensatz zwischen konkludenter und ausdrücklicher Erklärung, sondern nur zwischen konkludenter und wörtlicher. Die konkludenten Handlungen wie das berühmte Handheben bei der Weinversteigerung sind genauso Ausdruck eines bestimmten Erklärungsinhalts, wie Worte es sein können. Hier wird mit dem an sich ins Zivilrecht gehörenden Terminus konkludentes Handeln nur auf den angeblichen Gegensatz zwischen Schließen und Lesen angespielt. Wir haben aber gesehen, daß alles Schließen eine Art Lesen ist, nach einem von vornherein bekannten und dem Auswerter selbstverständlichen Code oder auch nach einem eigens für diese Auswertung u. U. mühsam entwickelten Zeichensystem. Eine Unterscheidung kann nur getroffen werden zwischen Auswertung nach dem Auswerter vertrauten Codes und solchen, die er erst herausfinden muß, und es wäre auch sinnvoll, wenn man nur die erstere Art der Auswertung als Lesen bezeichnete. Es ist aber für den Empfänger und 27

28 29

Vgl. Maurach § 53 III B. Binding S. 180, ähnlich auch Maurach § 53 111 B. Schilling S. 86, Brodmann S. 22.

II 2. Der Echtheitsschutz der Urkunde als Sicherung einer Beweisleistung 157 damit für den Rechtsverkehr und den Beweis gleichgültig, ob eine Kundgabe in Worten erfolgt oder in ebenso eindeutigen sonstigen Zeichen30 . Diese Feststellungen werden durch die Tatsache erhärtet, daß die Vertreter der Beschränkung des Echtheitsschutzes auf schriftliche Erklärungen aus ihrer Vorstellung vom besonderen Beweiswert der Schrift keine Unterscheidungskriterien zwischen schriftlichen und nicht schriftlichen Zeichen entwickelt haben31 . Soweit sie überhaupt ihren Schriftbegriff umreißen, halten sie sich an den prozessualen. Als Schrift wird bezeichnet alles "Lesbare"32 oder alle "wortvertretenden Zeichen"33. Es wird dabei außer acht gelassen, daß es für den prozessualen Urkundenbegriff gar nicht entscheidend ist, daß die von ihm erfaßten Beweismittel einen besonders hohen Beweiswert haben, sondern daß mit ihnen ein Beweis in der Form durchgeführt werden kann, wie sie das Prozeßrecht als Urkundenbeweis vorsieht, und diese Form ist das Verlesen, d. h. das übersetzen (codieren) der optischen Signale in ihnen eindeutig zugeordnete akustische 34 . Das ist allerdings nur bei solchen Zeichen möglich, die Worte oder Teile von Worten bedeuten sollen. Deshalb ist der Urkundenbeweis mit Beweiszeichen auch nicht durchführbar, nur weil ihnen nicht eindeutig bestimmte Worte unserer Sprache zugeordnet sind, sondern nur die Sinngehalte unmittelbar. Aber das ist nicht relevant für ihren Beweiswert und ihre Schutzwürdigkeit. Die Schrifturkunde hat also ebensowenig wie die Urkunde im weiteren Sinne einen besonderen Beweiswert insofern, als sie für die in ihr niedergelegte Tatsache, das Bestehen des erklärten Willens oder die Richtigkeit der behaupteten Wahrnehmungen des Ausstellers, einen besonders einfachen oder sicheren oder sonst prinzipiell vor anderen Methoden der Wahrheitsermittlung ausgezeichneten Beweis ermöglicht. Wenn sie einen besonderen Wert für den Rechts- und Beweisverkehr besitzt, so liegt er nicht wie bei den technischen Aufzeichnungen darin, wie sie beweist, sondern was sie beweist. Für. eine Tatsache liefert allerdings eine Urkunde eine mit großer Wahrscheinlichkeit richtige Information: dafür, daß eine bestimmte 30 Brodmann erkennt dies sogar (vgl. S. 12), tut es aber als bloße Psychologie mit dem Bemerken ab, er habe praktische Rechtswissenschaft zu betreiben. 31 Brodmann behauptet S.12 zwar, über einen "wissenschaftlich wohl begründeten" und "scharf umgrenzten" Schriftbegriff zu verfügen, dem Leser enthält er ihn jedoch vor. 3! Binding S. 185, Maurach § 53 III C 2, Merkel S. 232. 3S Hansen S. 46 f., Maurach § 53 III C 2, Merkel S. 121, Binding S. 185. S( Das ist die exakte Beschreibung dessen, was im alltäglichen Sprachgebrauch unter "Lesen" verstanden wird.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Person eine Erklärung bestimmten Inhalts abgegeben hat. Aber das kann nicht zur Begründung dafür herangezogen werden, daß der Beweis dieser Tatsache durch Urkunden geschützt wird, denn es ist erst eine Folge dieses Schutzes. Wäre es erlaubt, urkundliche Erklärungen unter falschem Namen in den Verkehr oder den Prozeß einzuführen, wie es erlaubt ist, schriftlich wie mündlich im Rechtsverkehr zu lügen, so wäre auf die Echtheit der Urkunden nicht mehr Verlaß als auf ihre Wahrheit oder sonst auf die Wahrhaftigkeit im Rechtsleben. Noch aus einem anderen Grunde muß bei unserer Untersuchung des Beweiswertes der Urkunde diese sogenannte formelle Beweiskraft außer Betracht bleiben. Soweit die Urkunde nämlich als Beweismittel dafür dient, daß eine bestimmte Person eine bestimmte Erklärung abgegeben hat, wird durch den Echtheitsschutz die Wahrheit des Beweisergebnisses gewährleistet. Versteht man also den Echtheitsschutz der Urkunde als Schutz dieses Beweiswertes, so kann eine Parallele zum Schutz des Beweises mit technischen Aufzeichnungen nur zu einem Wahrheitsschutz führen. Die im Entwurf gezogene Parallele zwischen dem Echtheitsschutz der Urkunde und einem Schutz einer VOn der Wahrheit der aufgezeichneten Information unterschiedenen Echtheit der technischen Aufzeichnungen kann nur richtig sein, wenn sich der Echtheitsschutz der Urkunde auch aus einer Leistung der Urkunde in einem Beweis rechtfertigen läßt, der sich nicht in der Feststellung der Identität des Ausstellers und des Inhalts seiner Erklärung erschöpft. Eine solche Leistung der Urkunde gibt es aber, wie wir gesehen haben, nicht, da sie abgesehen von der formellen Beweiskraft, die sie überdies erst ihrem Strafschutz verdankt, keinen höheren Beweiswert besitzt als "klassische" Augenscheinsobjekte, diesen wegen der Möglichkeit eines Irrtums und einer Lüge des Ausstellers in gewisser Hinsicht sogar unterlegen ist. Schon daran scheitert der Versuch, den Echtheitsschutz der Urkunde als Schutz eines in tatsächlichen, dem Strafrecht vorgegebenen Verhältnissen gegründeten Beweiswertes zu erklären, um einen ähnlichen Echtheitsschutz der technischen Aufzeichnung mit dem Hinweis auf deren wirklich gegebene besondere Beweisleistung zu rechtfertigen. Dennoch kann uns die Auffassung des Echtheitsschutzes der Urkunde als Schutz eines besonders leistungsfähigen Beweismittels für die Erklärung des Echtheitsschutzes der Aufzeichnungen weiterhelfen, wenn es gelingt, die Richtigkeit der Annahme jenes im Tatsächlichen begründeten Beweiswertes der Urkunde unterstellt, eine den Strafschutz rechtfertigende Bedeutung der Echtheit auch für diejenigen Beweise mit Urkunden zu entdecken, bei denen sich die Echtheit nicht mit der Wahrheit des Beweisergebnisses deckt, also in erster Linie für den Be-

II 2. Der Echtheitsschutz der Urkunde als Sicherung einer Beweisleistung 159 weis von Tatsachen durch sie bezeugende Urkunden. Denn die technische Aufzeichnung besitzt diesen für die Urkunde angenommenen im Tatsächlichen begründeten Beweiswert. Dann wäre der Grund des Echtheitsschutzes technischer Aufzeichnungen zwar nicht deren Verwandtschaft zur Urkunde, die die Verfasser und Befürworter des § 306 E 62 angenommen haben, die Parallele wäre vielmehr eher eine zufällige, aber das Ergebnis wäre gleichwohl richtig. Die meisten Vertreter dieser Auffassung erklären die besondere Stellung der Echtheit der Urkunde, d. h. der Richtigkeit der Ausstellerangabe gegenüber der Wahrheit aller anderen aus der Urkunde zu entnehmenden Nachrichten damit, daß von der Person des Ausstellers die Glaubwürdigkeit der gesamten in der Urkunde enthaltenen Erklärung abhänge und damit jeder mit der Urkunde zu führende Beweis35 • Der Beweisdestinatär entscheidet sich auf Grund seiner Kenntnisse über die Person des Ausstellers und seiner Beziehungen zum Beweisthema, ob er den in der Urkunde aufgestellten Behauptungen Glauben schenken will oder nicht. Aber in zahlreichen, wenn nicht gar den meisten Fällen reicht sein Wissen über den Charakter, gegebenenfalls die Sachkunde und die Situation des Ausstellers bei Errichtung der Urkunde gar nicht aus, um die Vertrauenswürdigkeit dieses Zeugnisses auch nur einigermaßen sicher zu beurteilen oder gar seine Wahrheit oder Unwahrheit zu ermitteln. Mit der strafrechtlichen Sicherung der Urkundenechtheit ist also dem Beweis ihrer Wahrheit oft wenig gedient, obwohl es richtig ist, daß von der Person des Ausstellers, wenn auch nicht immer von ihr allein, - man denke etwa an einen Irrtum, eine Täuschung des Ausstellers - die Richtigkeit der Aussage abhängt. über die faßbaren, d. h. äußerlichen Voraussetzungen der Zuverlässigkeit, also etwa die Qualifikation des Ausstellers und seine Beziehung zum Beweisthema darf der Beweisdestinatär überdies ungestraft getäuscht werden36 • Auch wenn man als richtig voraussetzt, daß die Zeugnisurkunden um einer besonderen Beweistüchtigkeit willen zu schützen sind, kann man also ihren spezifischen Echtheitsschutz nicht als Sicherung der mit ihnen geführten Beweise erklären, denn als solche 35 Binding S.194, Weismann ZStW 11 S.16, Maurach § 53 III E 1, Jagusch L. K. Anm. 3 c vor § 267. 38 Merkel hilft sich aus diesem Dilemma, indem er alle übrigen Voraussetzungen für die Glaubwürdigkeit eines Zeugnisses, als da sind Kompetenz (S.280), Sachkunde (S.281), Unabhängigkeit und Vertrauenswürdigkeit (S. 282 ff.) des Ausstellers, zu Begriffsmerkmalen der Urkunde macht, darüber hinaus noch die Wichtigkeit der beurkundeten Tatsache (S.284). Dann bleibt die Echtheit der Urkunde allerdings als einzige Voraussetzung ihrer Beweistüchtigkeit übrig.

160

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

wirkt er sich praktisch nicht aus. Mit der allerdings richtigen Behauptung, daß vom Aussteller in der Regel die Wahrheit der Aussage abhängig ist, ist das Verbot, über seine Identität zu täuschen, bei Erlaubnis jeder anderen Irreführung danach nicht zu rechtfertigen. Es ist nicht von ungefähr so, daß Binding, indem er diese Begründung des Echtheitsschutzes verwendet, im gleichen Atemzug noch auf die Garantiefunktion der Urkunde hinweist37 • Offenbar befriedigt auch ihn diese Begründung allein nicht. Bei den technischen Aufzeichnungen ist allerdings die Lage deshalb anders, weil Aufzeichnungsgeräte grundsätzlich glaubwürdig sind, im Gegensatz zu Menschen, die technische Aufzeichnungen heimlich nachmachen. Sie lügen nicht, sie können zwar auch versagen, etwa wegen eines Defektes oder einer Störung von außen, aber diese Fälle sind verhältnismäßig selten. Der Beweisdestinatär, der eine Aufzeichnung würdigt, kann also mit einiger Sicherheit davon ausgehen, daß sie richtig ist, wenn er sich darauf verlassen kann, daß sie aus einem technischen Gerät stammt und nicht etwa von einem Menschen. Es wäre also für den Beweis und seine Zuverlässigkeit ein Gewinn, wenn das Strafrecht mit seinen Mitteln dafür sorgte, daß solche Nachahmungen unterbleiben. Es wäre damit aber noch nicht die höchste Garantie erreicht, die das Strafrecht derartigen Beweisverfahren geben könnte, denn es wären immer noch Täuschungen durch unrichtige technische Aufzeichnungen möglich. Der Auswerter, der ein Beweisstück vor sich hat, das dem Anschein nach eine Aufzeichnung eines Geräts bestimmten Typs sein könnte, ist nicht unmittelbar daran interessiert, ob diese Aufzeichnung aus solch einem Gerät oder gar aus einem bestimmten individuellen Apparat stammt. Er will wissen, ob er zu einem richtigen Ergebnis kommt, wenn er den Code dieser Art von Geräten auf diese Aufzeichnung anwendet. Dafür ist die Tatsache, daß die Aufzeichnung aus einem derartigen Gerät stammt, zwar eine Voraussetzung, aber nicht die einzige. Andere sind die Tatsachen, daß das Gerät korrekt bedient wurde, daß niemand in seinen Mechanismus eingegriffen hat, daß man dem Gerät nicht ein falsches Objekt gewissermaßen unterschoben hat, daß kein zufälliger Defekt und keine sonstige Störung des normalen Ablaufs des Aufzeichnungsvorganges eingetreten ist. Eine dieser Voraussetzungen, nämlich, daß kein Eingriff in den Mechanismus zur Beeinflussung des Aufzeichnungsergebnisses stattfindet, ist durch § 306 E 62 noch garantiert. Es herrschte in der Kommission zeitweise darüber Streit, ob das noch ein Echtheitsschutz sei38• 37 38

Binding S. 194. Welzel Nied. Bd. 8 S. 261; Koffka ebenda S. 262; Kaufmann S. 425.

11 2. Der Echtheitsschutz der Urkunde als Sicherung einer Beweisleistung 161

Daß es noch weitere Bedingungen dafür gibt, darüber war man sich klar, denn man legte Wert auf eine Unterscheidung zwischen echten und wahren technischen Aufzeichnungen39 • Sind alle Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Beweismethode, d. h. des Codes der Maschine, erfüllt, so ist die aufgezeichnete Nachricht wahr und nicht bloß echt. In der Kommission war man bestrebt, den Echtheitsbegriff so zu gestalten, daß die Möglichkeit der Entstehung einer echten aber unwahren Aufzeichnung gegeben war, man hat also ganz bewußt nicht alle Voraussetzungen der Beweismethode garantiert. Der einzige Grund, der dafür angegeben wird, besteht eben in der Parallele zur Urkundenfälschung4°. Es spielte dabei wohl auch der Gedanke eine Rolle, daß den Aufzeichnungen höchstens der gleiche Schutz zuzubilligen sei wie den Urkunden, auf keinen Fall aber ein weitergehender. Unabhängig von dieser Parallele läßt sich ein Grund für diese Einschränkung des Schutzes technischer Aufzeichnungen auch nicht finden. Denn die Beweismethode, die hier ihrer besonderen Leistungsfähigkeit wegen gesichert werden soll, ist die Anwendung des Maschinencodes auf alle vorkommenden Signale einer bestimmten Klasse, d. h. auf alle Aufzeichnungen, die denen eines bestimmten Typs von Registriergeräten ähnlich sehen. Ist eine der Bedingungen für die Anwendbarkeit dieses Codes nicht gegeben, so wird das Beweisergebnis unrichtig. Alle diese Bedingungen sind also in ihrer Relevanz für den konkreten Beweis gleichwertig. Die absichtliche Benutzung eines defekten Geräts mit dem Ziel, die so erhaltenen unrichtigen Aufzeichnungen für einen Falschbeweis zu verwenden, die Unterschiebung eines eigens zur "Täuschung" des Registriergerätes präparierten Objektes, das normalerweise gar nicht mit einer solchen Maschine in Berührung kommt, mit dem gleichen Zweck, stellen genauso einen Mißbrauch des schutzwürdigen Codes dar, wie die Imitation der Maschinenzeichen von Hand oder ein Eingriff in den Mechanismus zur Herstellung einer fehlerhaften Aufzeichnung für eine Täuschung im Rechtsverkehr. Die vom Entwurf vorgenommene Abgrenzung des Schutzes technischer Aufzeichnungen ist also nur dann zu rechtfertigen, wenn eine Parallele zum Urkundenschutz möglich ist. Daß § 306 E 62 nicht einfach als Erweiterung des Urkundenschutzes auf neu aufgetauchte urkundenähnliche Objekte betrachtet werden kann, haben wir gesehen. Denn der Versuch, den Tatbestand der Urkundenfälschung ebenso wie den der Aufzeichnungsfälschung als Schutz einer besonders leistungsfähigen Beweisart zu erklären, ist gescheitert. Es bleibt die Möglichkeit, ein allgemeines Prinzip des Fälschungsschutzes zu finden, dem sich Urkun39 40

Kottka Nied. Bd. 8 S. 259 f.; Schatheutle ebenda S. 25.

Vgl. Begründung zu E 62 S. 482.

11 Puppe

162

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

denschutz und Aufzeichnungsschutz gleichermaßen unterordnen lassen. Diesen allgemeinen Grundgedanken der Fälschungsdelikte meint Hasselberg im Schutz vor Täuschung durch falschen objektiven Anschein gefunden zu haben. Jede Täuschung ist nach Hasselberg Verursachung eines mehr oder weniger starken falschen Anscheins; beruht dieser nicht auf dem Glauben an eine Person, so nennt ihn Hasselberg einen sachlichen oder objektiven Anschein. In der Verursachung eines falschen sachlich begründeten Anscheins sieht er den Gegensatz zwischen Fälschung und Lüge und in ihrem Verbot das gemeinsame Prinzip aller Fälschungstatbestände. Die Einführung des Echtheitsschutzes der Aufzeichnung ist nach seiner Ansicht eine Konsequenz dieses Prinzips und damit auch eine Bestätigung seiner auf diesem Grundgedanken beruhenden Erklärung des Echtheitsschutzes der Urkunde 4l • 3. Die Lehre vom falschen Anschein als Erklärung des Echtheitsschutzes der Urkunde und der technischen Aufzeichnung

Hasselberg beschreibt den Echtheitsschutz der Urkunde als den Schutz derjenigen aus ihr zu entnehmenden Tatsache, für die neben der bloßen Behauptung des Ausstellers ein objektiver sachlich begründeter Anschein spricht42 • Die Tatsache, daß eine Urkunde von einer bestimmten Person stammt, zeichnet sich danach vor allen anderen in der Urkunde aufgestellten Behauptungen dadurch aus, daß man ihre Richtigkeit anhand von sachlichen Kriterien, wie etwa der Handschrift des Ausstellers, überprüfen kann43 • Schilling erhob dagegen den grundsätzlichen Einwand, daß es einen solchen sachlich bedingten Anschein genau genommen gar nicht gebe. Es gebe nur falsche oder richtige Schlußfolgerungen, die einzelne Personen aus Erscheinungen der Umwelt ziehen44 • Nun gibt es den Anschein allerdings sicher nicht als Phänomen der äußeren Wirklichkeit, etwa als eine Eigenschaft eines Gegenstandes. Er ist eine Erscheinung innerhalb bestimmter Beziehungen zwischen Gegenständen und unserem in ihnen und durch sie erkennenden Bewußtsein. Diese erschöpfen sich nach Schilling darin, daß einzelne Personen unabhängig nach ihrem Belieben und Vermögen Schlußfolgerungen aus dem VorhandenHasselberg S. 174 f. Hasselberg S. 28 ff. 48 Hasselberg S. 29. 44 Schilling S. 155. Er sagt dies allerdings ausdrücklich nur in bezug auf Augenscheinsobjekte. Es muß aber auch für die Urkunde gelten, denn insoweit diese durch ihre äußere Beschaffenheit beweisen soll, fungiert sie ja als Augenscheinsobjekt; vgl. dazu auch Kaufmann S. 419. 41

42

II 3. Die Lehre vom falschen Anschein

163

sein und der Beschaffenheit von Gegenständen ziehen. Für ein allgemeines Phänomen wie Anschein ist da von vornherein kein Platz. Aber dann drängt sich die Frage auf, nach welchem Prinzip denn die Täuschungen mittels sog. falscher Spuren funktionieren und das selbst dann, wenn der Täter von den Fähigkeiten, persönlichen Erfahrungen und besonderen Schlußgewohnheiten seines Opfers nichts weiß. Es muß etwas geben, was es dem Täter ermöglicht, die Schlußfolgerungen des Opfers vorauszuberechnen, sonst könnte er sie nicht in dem nötigen Maße beherrschen und würde die Täuschung durch bloße Lüge vorziehen, die Schilling - von seinem Standpunkt aus durchaus konsequent - für gefährlicher und strafwürdiger hält als die Irreführung durch eine manipulierte Spur45 • Aber die Verbrecher teilen Schillings Meinung offenbar nicht, sonst würden sie sich nicht oft die größte Mühe geben, irreführende Spuren herzustellen, sondern sich mit dem viel einfacheren Mittel der Lüge begnügen. Schillings Fehler bestand darin, die einzelne Auswertung eines Beweismittels nur jeweils für sich zu betrachten. So erscheint sie als die unabhängige und prinzipiell nicht beherrschbare, je nach Vermögen falsche oder richtige Schlußfolgerung eines einzelnen Menschen aus einer sich ihm bietenden Erscheinung der äußeren Wirklichkeit. Was aber in Wahrheit hier geschieht, hat mit selbständigem Schließen nicht viel zu tun, und die Logik spielt dabei die geringste Rolle. Es ist vielmehr die Anwendung von teils selbst erkannten, zum größten Teil aber überlieferten Erfahrungssätzen, die uns lehren, daß eine bestimmte Erscheinung A mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit einer anderen Tatsache B zusammen auftritt, so daß man mit einem bestimmten Grad von Sicherheit davon ausgehen kann, daß eine Tatsache B vorliegt, wenn ein Eindruck A gegeben ist. Viele dieser Sätze mögen logisch erklärbar sein, etwa dadurch, daß A B verursacht oder umgekehrt, aber diese Erklärung braucht der Auswerter gar nicht zu vollziehen, ja nicht einmal zu erkennen. Archimedes brauchte nicht zu wissen, warum ein bestimmtes spezifisches Gewicht nur bei Gold auftritt, um einen Gegenstand an seinem spezifischen Gewicht zuverlässig als golden zu erkennen. Ohne solche Erfahrungssätze der oben beschriebenen Struktur wäre keine Orientierung in der äußeren Umwelt möglich und damit natürlich auch kein Beweis. Denken wir uns, soweit das überhaupt möglich ist, in eine Umwelt versetzt, in der nichts dem uns Gewohnten gleich oder ähnlich ist und in der wir unsere hier gewonnenen und überlieferten Erfahrungssätze vom Zusammentreffen bestimmter Sinneseindrücke mit äußeren Tatsachen nicht anwenden könnten. In einer sol46

11·

S.155.

164

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

chen Umgebung schiene uns nichts irgendwie zu sein trotz der von uns empfangenen Eindrücke. Wir wären deshalb gefeit gegen jegliche Täuschung durch Fälschung, aber auch unfähig, uns zurechtzufinden, bis wir entsprechende Erfahrungen gemacht hätten. Die Eindrücke wären dann tatsächlich für uns nur das, was Schilling in ihnen sieht: isolierte Erscheinungen, als solche notwendig wahr, aber ohne Beziehung zu irgendwelchen anderen Tatsachen. Das wäre eine Umwelt ohne Anschein, ohne logische oder auch nur zeitliche und örtliche Zusammenhänge und ohne Bedeutungen. Wir sind gar nicht fähig, uns derartiges vorzustellen. Es dürfte danach deutlich geworden sein, daß Schillings isolierte Betrachtungsweise des einzelnen Erkenntnisvorgangs einen wesentlichen Aspekt desselben außer acht läßt: seine Abhängigkeit von voraufgegangenen Erkenntnisvorgängen, ohne die er gar nicht möglich wäre. Jede Erkenntnis aus Eindrücken von unserer Umwelt ist eine Anwendung eines aus Erfahrungen verallgemeinerten Satzes von der Struktur: Wenn der Eindruck A ist, so ist auch die Tatsache B. Diese Struktur ermöglicht es, dem Eindruck A die Tatsache B als Bedeutung zuzuordnen und einen Code zu gewinnen, durch dessen Anwendung man aus dem Zeichen "A" oder dem Zeichen "nicht A" eine Information über das Vorliegen von B erhalten kann. Nun geben wir uns nicht mit der Anwendung derjenigen Erfahrungssätze dieser Struktur zufrieden, die notwendig richtig sind. Es sei hier dahingestellt, ob es solche überhaupt gibt. Wir müssen auch solche Verallgemeinerungen vornehmen, die nur in einem Teil der von ihnen umfaßten Fälle richtig sind. So kommt es für uns zu einem mit der Wahrheit nicht notwendig übereinstimmenden Anschein der Dinge. Wir können nicht mehr sagen, wenn A ist, so ist notwendig auch B, sondern nur, wenn A ist, so ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit B, oder anders ausgedrückt, so scheint B zu sein. Der Anschein knüpft also an den Code an, d. h. die Verallgemeinerung einer ganzen Reihe von Erkenntnisvorgängen und nicht an den einzelnen Erkenntnisvorgang oder gar an das ihn auslösende Objekt selbst. Ein Maß des Anscheins wäre die Wahrscheinlichkeit, mit der dieser Code oder diese Verallgemeinerung richtig ist. Je zuverlässiger der Code desto größer der Anschein, daß B vorliegt, wenn A gegeben ist, desto sicherer auch die Täuschung mit Hilfe dieses Codes. Es wäre also durchaus denkbar, ein System von Fälschungstatbeständen zum Schutz vor Täuschung durch falschen sachlich bedingten Anschein zu errichten. Läßt sich aber der Echtheitsschutz der Urkunde, wie wir ihn im geltenden Recht haben, und wie er laut Begründung zu § 303 E 62 in genau der gleichen Ausdehnung bestehen bleiben so1l46, als Durchführung 46

Begründung zu E 62 S. 477.

II 3. Die Lehre vom falschen Anschein

165

dieses Prinzips erklären und rechtfertigen, wie Hasselberg dies versucht? Dagegen spricht zunächst die Tatsache, daß das geltende wie das kommende Recht keinen Schutz des "klassischen" Augenscheinsbeweises vorsieht, bei dem der sachliche, von der Glaubwürdigkeit einer Person unabhängige Anschein eine noch entscheidendere Rolle spielt als beim Urkundenbeweis. Hasselberg begründet diese Lücke damit, daß für den Anschein bei Augenscheinsobjekten kein allgemeiner Maßstab gefunden werden könne 47 • Aber abgesehen davon, daß nach dem oben gesagten ein solches Maß doch wohl mit der einem strafrechtlichen Begriff genügenden Genauigkeit festlegbar wäre, hätte Hasselberg damit die Undurchführbarkeit seines Prinzips des Anscheinsschutzes überhaupt bewiesen. Denn das Strafgesetz kann sich nicht auf ein Prinzip berufen, das es nur so unvollkommen durchführen kann, daß ein bedeutender, wenn nicht gar der bedeutendere Teil seiner Anwendungsfälle nicht erfaßt wird, mögen für die Unmöglichkeit seiner Erfassung auch die triftigsten Gründe vorliegen. Aber selbst wenn man das Anscheinsprinzip nicht wie Hasselberg als Erklärung des Urkundenschutzes überhaupt heranzieht, sondern nur als Erklärung seiner Einschränkung auf die Echtheit, kommt man in Schwierigkeiten, und zwar angesichts der Urkunden, die keine objektiv deutbare Spur ihres Urhebers tragen, wie etwa eine urkundliche Druckschrift, oder gar die Spuren eines anderen, nämlich des Fälschers, weil dieser ungeschickt war. Hier stand Hasselberg vor dem Problem, ein Maß des objektiven Anscheins auch für die Urkunde festlegen zu müssen. Er hätte konsequenterweise den Falschheitsbegriff auf solche Objekte beschränken müssen, die einen gewissen Grad an falschem objektivem Anschein aufweisen und sich damit mit der allgemeinen Ansicht in Widerspruch setzen müssen, daß auch der ungeschickteste Imitationsversuch vollendete Fälschung ist. Er weicht dem aus, indem er sich auf einen allgemeinen Echtheitskredit der Urkunde beruft, der daraus resultiert, daß man im allgemeinen rechtstreues Verhalten von einem jeden erwartet48 • Daß es diesen Echtheitskredit gibt und daß sich aus ihm eine Art Anschein ergibt, soll nicht bestritten werden; aber dieser Anschein ist nicht mehr von dem Glauben an die Wahrhaftigkeit von Personen unabhängig und sachlich begründet. Er entspringt dem dem Aussteller als Person zunächst normalerweise entgegengebrachten Vertrauen in seine Rechtstreue, das man im Rechtsverkehr in der Regel auch dem Unbekannten gegenüber hegt. Aber es gibt noch einen anderen Grund dafür, daß dieser Echtheitskredit nicht zur Rechtfertigung der Begrenzung des Urkundenschutzes 47 48

S. 122 ff. Vgl. S. 37 f.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

herangezogen werden kann. Er wird nämlich seinerseits in seinen Grenzen durch den Umfang des Urkundenschutzes bestimmt. Erstreckte sich dieser noch auf andere Tatsachen als die Richtigkeit der Ausstellerangabe, so würden diese auch von dem auf dem Vertrauen in die allgemeine Rechtstreue basierenden Kredit erfaßt. Als eine unrichtige Interpretation der Urkundenfälschung erweist sich die Lehre von der Strafbarkeit der Verursachung eines falschen Anscheins auch angesichts der heute allgemein anerkannten sog. Geistigkeitstheorie. Das Problem das diese Theorie zu lösen hatte, war das des Zeichnens mit fremdem Namen, also der Fall, in dem die Person, die die Urkunde herstellte, und deren Spuren (z. B. Handschrift) sie deshalb trägt, nicht identisch ist mit dem, dessen Name unter der Erklärung steht, und der demzufolge für ihren Inhalt im Rechtsverkehr einzustehen hat. Rechtsprechung und Lehre war es überlassen, hier zu entscheiden, wer von beiden als der Aussteller gelten sollte. Hätte man den Urkundenschutz als Schutz des Anscheins aufgefaßt, so hätte man sich für den Hersteller der Urkunde entscheiden müssen. Man entschied sich aber, und zwar heute einhellig, für den Garanten und gestaltete den Echtheitsbegriff damit als einen rechtlichen und nicht als kausalen, wie es der Definition der Unechtheit als Falschheit des Entstehungsanscheins entsprochen hätte49 • Der Echtheitsschutz der Urkunde, wie er durch Gesetz und Rechtsprechung ausgestaltet ist und wie er auch im kommenden Recht beibehalten werden soll, ist also seinem Wesen nach kein Anscheinsschutz, sondern dient der Garantie des Bestehens einer rechtlichen Beziehung zwischen einer jeden urkundlichen Erklärung und der Person, die in ihr als Erklärender auftritt. Urkundenfälschung ist Täuschung über den Garanten. Es genügt die bloße schriftliche Lüge, die darin besteht, daß man einfach einen fremden Namen unter seine eigene Schrift setzt und damit also lediglich schriftlich behauptet, der Namensträger sei hier der Erklärende im Rechtssinne. Die Qualifikation dieser Gruppe von Lügen und Täuschungen gegenüber den sonstigen grundsätzlich straflosen Unwahrhaftigkeiten im Verkehr ist also in ihrem Inhalt zu suchen, nicht, wie es die Lehre vom falschen objektiven Anschein voraussetzt, in ihren Mitteln. Auch der Versuch, mit dem Prinzip des Anscheinsschutzes die Gleichbehandlung von Urkunde und technischer Aufzeichnung zu begründen, ist damit gescheitert. Denn es hat sich herausgestellt, daß dies nicht das Prinzip ist, das unserem Urkundenschutz zugrundeliegt. Überdies aber würde dieses Prinzip und der daraus resultierende Echtheitsbegriff, auf die technischen Aufzeichnungen angewandt, nicht zu einem so eingeschränkten Schutz führen, wie ihn § 306 E 62 vorsieht. Denn der 48

Weismann zStW 11 S.35.

11 4. Die,Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

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sachlich begründete, objektive Entstehungsanschein beschränkt sich bei den technischen Aufzeichnungen nicht auf ihre Herkunft aus einem Gerät bestimmten Typs, er erstreckt sich auf den gesamten Entstehungsvorgang jedes einzelnen Zeichens, also auf seine Verursachung durch die ihm als Bedeutung zugeordnete Tatsache und damit auf die Wahrheit der Aufzeichnung. Es gibt hier keine Grenze zwischen sachlich bedingtem und persönlich bedingtem Anschein, einfach weil es letzteren bei technischen Aufzeichnungen überhaupt nicht gibt, da jeder Einfluß von Personen bei den schutzwürdigen Aufzeichnungen normalerweise wegfällt. Schutz des objektiven Entstehungsanscheins wäre hier also Schutz der Wahrheit und nicht einer irgendwie von ihr unterschiedenen Echtheit. Es zeigt sich also, daß weder der Echtheitsschutz der Urkunde, wie er im geltenden Recht ausgeprägt ist und im kommenden beibehalten werden soll, noch der Echtheitsschutz der technischen Aufzeichnungen, wie er im Entwurf vorgesehen ist, aus dem Prinzip des Anscheinsschutzes zu erklären ist. Denn nicht jede Urkunde, die keinen falschen sachlich bedingten Entstehungsanschein aufweist, ist echt i. S. des Gesetzes (Fall der plumpen Fälschung, der abredewidrigen Blankettausfüllung, des unerlaubten Zeichnens mit fremdem Namen) und nicht jede technische Aufzeichnung, die einen falschen Entstehungsanschein hervorruft, ist unecht i. S. des Entwurfs (Fall der Unterschiebung eines falschen Objektes, der zufälligen Störung des Aufzeichnungsvorganges, eines ohne absichtliches Dazutun entstandenen Defektes im Aufzeichnungsgerät). Natürlich läßt sich deshalb auch die Parallele, die der Entwurf zwischen dem Urkundenschutz und dem Aufzeichnungsschutz zieht, nicht mit diesem Prinzip begründen. Nach unseren bisherigen Untersuchungen ist also die Rechtfertigung dieser Parallele weder dadurch möglich, daß man den Urkundenschutz ebenso wie den Aufzeichnungsschutz als Sicherung einer besonders einfachen und zuverlässigen Beweismethode erklärt, noch dadurch, daß man beide auf ein gemeinsames Prinzip des Verbots der Täuschung durch falschen objektiven Anschein zurückführt. Ein endgültiges Urteil über diese Parallele ist jedoch erst möglich, wenn der Echtheitsschutz der Urkunde selbst erklärt ist. Ihre Berechtigung hängt davon ab, ob er auf einer Eigenschaft der Urkunde beruht, die die technische Aufzeichnung mit ihr teilt oder die sie von ihr trennt. 4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

Die wohl herrschende Lehre erklärt den Echtheitsschutz der Urkunde damit, daß der Verkehr auf die Richtigkeit der Ausstellerangabe besonders vertraue und zwar in einem wesentlich höheren Maße als auf

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

die Wahrheit des Urkundentenors 5o • Nun würde aber ein Schutz des Vertrauens des Einzelnen auf das Vorliegen bestimmter Tatsachen ein Recht des Einzelnen konstituieren, über diese Tatsachen nicht getäuscht zu werden, es wäre also eine Anerkennung eines auf bestimmte Inhalte eingeschränkten Rechts auf Wahrheit. Ein solches Recht wird jedoch schon seit langem einhellig abgelehnt51 • Jede Theorie zur Urkundenfälschung stand damit vor der Aufgabe, ein Täuschungsverbot und ein Verbot der Produktion b"estimmter Gegenstände zu Täuschungszwekken - denn dies ist die Vorschrift gegen die Urkundenfälschung ja zunächst - zu rechtfertigen, ohne den Unrechtsgehalt des verbotenen Verhaltens in seiner Täuschungswirkung selbst, d. h. in der Irrtumserregung und damit in einer in gewisser Weise qualifizierten Unwahrhaftigkeit zu suchen. Diejenigen, die die Urkunde wegen ihrer angenommenen besonderen Leistungsfähigkeit als Beweismittel schützen wollen, lösen das Problem dadurch, daß sie statt der zu erweisenden Wahrheit den Beweis selbst als Angriffsobjekt und Rechtsgut des Urkundenschutzes betrachten62 • Damit sprechen sie die Schutzwürdigkeit, die sie der Wahrheit selbst unter allen Umständen verweigern, den Methoden bzw. den Handlungen zu, deren Sinn und Zweck allein darin besteht, eben diese Wahrheit zu gewinnen. Denn nichts anderes nennen wir ja einen Beweis, als ein Verfahren oder auch eine Veranstaltung zur Ermittlung einer Wahrheit. Als solche aber kann er nicht Rechtsgut sein, denn es gibt an ihm kein selbständiges von der Wahrheit seines Ergebnisses unabhängiges Interesse53 • Die Lehre vom Vertrauensschutz versucht, dieses Problem dadurch zu lösen, daß sie statt der Irrtumserregung durch Vertrauensmißbrauch selbst einen Nebeneffekt dieser Täuschung als das eigentliche Unrecht der Urkundenfälschung betrachtet. Diese Wirkung des Vertrauensmißbrauchs besteht in der Verringerung des mißbrauchten Vertrauens, die zunächst bei dem Getäuschten eintritt, aber durch ihn und in ihm die Allgemeinheit betrifft, da dieses Vertrauen ein allgemeines ist64 • Nun kann das Unrecht der Urkundenfälschung nicht darin bestehen, daß man den Getäuschten durch den ihm zugefügten Schaden bezüglich der Echtheit von Urkunden skeptischer gemacht hat. Man müßte sonst so etwas wie ein Recht auf Vertrauensseligkeit annehmen. Das einzige so Roß hirt S. 15 f., Lenz S. 34, Ortloff S. 28 u. S.343, Hanssen S. 27, SchönkeSchröder Ziff.l zu § 267. 51 Ortloff S.40, Lenz S. 27, Binding S.126 ff., Lampe Diss. S.6, Weilenböck S. 42, a. A. Cucumus S. 526 ff. SI SO am deutlichsten Binding S. 114 f., aber auch Merkel S. 464. 53 Vgl. die Kritik Schillings an Binding a.a.O. S. 134 ff. 54 Vgl. Lenz S. 142, Ortloff S. 240.

II 4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

169

dem Einzelnen zugefügte Unrecht besteht darin, daß er unter Ausnutzung seines Vertrauens auf die allgemein im Verkehr vorausgesetzte Echtheit einer Urkunde veranlaßt wurde, eine Unwahrheit für wahr zu halten. Wollte man dieses Unrecht unter Strafe stellen, so liefe das hinaus auf eine Pönalisierung der Unwahrhaftigkeit, sofern sie sich bestimmter Mittel bedient. Als solche wird der Tatbestand der Urkundenfälschung aber von niemandem aufgefaßt, sonst wäre es nicht allgemein anerkannt, daß die Ersetzung einer verlorenen Urkunde durch ein Falsifikat oder die sonstige Herstellung einer unechten aber wahren Urkunde als Urkundenfälschung strafbar ist. Das geschützte Vertrauen kann also nicht das des einzelnen Getäuschten sein. Als Rechtsgut der Urkundenfälschung wird demnach das Vertrauen der Allgemeinheit in die Echtheit der Urkunden angesehen, das sich rasch verlieren würde, wenn Urkundenfälschungen in größerer Zahl auftreten würden. Man kann sagen, daß dieses Vertrauen der Allgemeinheit, das meist als fides publica bezeichnet wird, durch jede Urkundenfälschung um ein weniges geschmälert wird, und darin soll der Unrechtsgehalt dieser Tat bestehen65 • Daß sich dieser Vertrauensschutz gerade auf die Richtigkeit der Ausstellerangabe auf einer Urkunde bezieht, wird damit erklärt, daß das allgemeine Vertrauen sich nur auf diese erstreckt und daß der Rechtsverkehr um einer leichten und sicheren Abwicklung der Geschäfte willen sich auf die Echtheit der Urkunden verlassen muß. Dies aber genügt nicht zur Begründung kriminellen Unrechts. Wäre damit wirklich der Unwert der Urkundenfälschung erschöpft, so wäre sie vielleicht eine Ordnungswidrigkeit, aber nicht ein schweres Vergehen. Die Urkundenfälschung kann nicht schon deshalb als Verletzung eines strafrechtlich schutzwürdigen Allgemeininteresses betrachtet werden, weil der Verkehr mit dem Auftreten unechter Urkunden normalerweise nicht rechnet, denn kein Vertrauen ist um seiner selbst willen schutzwürdig56 • Ein jedes Delikt enthält auch eine Täuschung eines allgemeinen Vertrauens, des Vertrauens z. B., daß man unbewaffnet auf die Straße gehen kann, ohne beraubt, verletzt, entführt, vergewaltigt oder ermordet zu werden. Dieses Vertrauen ist zweifellos wichtiger als das in die Echtheit der Urkunden, aber es wird nicht als Rechtsgut des Tatbestandes des Raubes, der Körperverletzung, der Freiheitsberaubung, der Notzucht oder des Mordes anerkannt56 • Die Tatsache, daß die Allgemeinheit wie der Einzelne dringend darauf angewiesen ist, daß sie sich auf das Unterbleiben solcher Taten grundsätzlich verlassen kann, mag wohl als Grund für die Bestrafung solchen Verhaltens ange65 58

Vgl. Lenz S. 142, Ortloff S. 240. Vgl. HasselbeTO S. 51 f.

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2. Teil : Der Schutz der technischen Aufzeichnung

führt werden57 : Zur Bestimmung des jeweils geschützten Rechtsguts, d. h. des typischen Unrechts gehalts eines Deliktstatbestandes, ist der Vertrauensgesichtspunkt gleichwohl nicht tauglich. Denn er setzt diese Bestimmung bereits voraus, weil dieses Vertrauen selbst eine Relevanz für das Recht erst dadurch gewinnt, daß es Vertrauen in das Nichtgeschehen von Unrecht ist. Auch das Vertrauen in die Echtheit der Urkunden kann für das Strafrecht erst von Interesse sein, wenn es gelingt, ein Unrecht im Vorhandensein oder in der Vorlegung einer unechten Urkunde nachzuweisen, aus dem die Verletzung des Vertrauens in die Urkundenechtheit ihren Unwertgehalt beziehen kann. Und dieses Unrecht darf wiederum nicht in der in der Fälschung enthaltenen Unwahrhaftigkeit bestehen. Diesen Nachweis aber bleibt die Lehre von der fides publica schuldig. Soweit hierzu überhaupt Ausführungen gemacht werden, lesen sie sich wie allgemeine Beschreibungen des Verbrechens überhaupt, sie bringen keine Charakterisierung eines spezifischen Unrechts. So schreibt der Begründer der Lehre von der fides publica, Roßhirt: "Offenbar muß in jedem Gesellschaftsleben, also auch im Staate ein gemeines Gefühl sein, welches man öffentliches Vertrauen nennen kann, indem jedermann weiß, daß, wer dieses Vertrauen entweiht, nicht bloß einen Vertrag oder sein Wort bricht, sondern den guten Glauben erschüttert, welcher eine Person mit der anderen insoweit verbindet, als immerhin eine gewisse Verlässigkeit präsumiert werden muß58." Auf eine Berufung auf das allgemeine Rechtsempfinden oder auf die Institutionen der Gesellschaft laufen also die Erklärungen des Unrechts der Urkundenfälschung nach dieser Lehre hinaus58 • Aber es reicht nicht aus, zur Erklärung der Strafbarkeit eines Verhaltens anzuführen, daß die allgemeine Anschauung dahin gehe, daß es Unrecht sei, wenn diese Anschauung nicht weiter begründet wird. Es ist bezeichnend, daß Roßhirt zugeben muß, daß sich aus dieser seiner Bestimmung des Unrechts der Fälschung, die sich auf alle Fälschungsdelikte beziehen soll, nichts über die Schwere des Unrechts der einzelnen Tatbestände ersehen läßt, nicht einmal darüber, ob es sich um kriminelles, disziplinarisches oder bloß "rügbares" Unrecht (Ordnungswidrigkeit) handelt60 • Vgl. E. A. Wolf! S. 41 f. Roß hirt S. 13. 58 Vgl. Ortlo!! S.47 und S.282, wo er sich auf einen "allgemeinen Willen" beruft, der dahin gehe, daß auf die "Wahrheit gewisser Formen" Verlaß sein solle. Lenz bezeichnet auf S. 34 die fides publica als einen "durch Gesetz und Verkehrssitte fest umschriebenen Begriff" und das allgemeine Vertrauen als "identisch mit der Verläßlichkeit einer sozialen Einrichtung". GO Roßhirt S. 14. 57

58

II

4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

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Die Lehre von Feuerbach und Liszt, die, wo sie heute überhaupt noch Erwähnung findet, als ungenügend verworfen wird61 , ist in der Erfassung des Unwerts dieser Delikte immerhin noch weiter vorgedrungen als die heute noch vielfach anerkannte Theorie von der fides publica. Sie vermag zwar auch kein Rechtsgut zu benennen, sondern betrachtet die Urkundenfälschung als zu einer Gruppe von Delikten gehörig, die durch das Mittel des Angriffs und nicht durch das angegriffene Rechtsgut bestimmt sind und so mittelbar dem Schutz der verschiedensten Rechtsgüter dienen62 • Gewiß haben die Kritiker dieser Lehre vom "vagen Verbrechen" darin recht, daß es eine solche Gruppe von Delikten nicht geben darf, weil solche Tatbestände ihre eigentliche Aufgabe, ein Unrecht zu vertypen, verfehlt hätten und keine Anhaltspunkte für die Festlegung des Strafrahmens liefern. Aber immerhin sucht diese Theorie das Unrecht gegen den Einzelnen noch auf, während die Vertreter der Lehre von der fides publica meinen, um dieses Problem herumkommen zu können, indem sie das Vertrauen der Allgemeinheit als Rechtsgut betrachten, und so unweigerlich zu einer Berufung auf das gesunde Rechtsempfinden und die allgemeine Verkehrsauffassung kommen müssen, die eine Täuschung über die Person des Ausstellers einer Urkunde im Gegensatz zu sonstigen Unwahrheiten nicht dulden. Daß die Gesellschaft ein solches Verhalten nicht dulden kann, ist zwar richtig, aber damit ist über das Wesen und den Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung nichts ausgesagt, solange nicht dargetan wird, warum sie es nicht dulden kann. Hier beschränken sich die Vertreter der Lehre vom Schutz der fides publica auf Hinweise auf das Bedürfnis der Leichtigkeit und Sicherheit des Rechtsverkehrs, des Beweisverkehrs oder gar des Beweises mit Urkunden63 und bleiben die Erklärung dafür schuldig, daß gerade der Beweis mit Urkunden und insbesondere der Beweis ihrer Echtheit für den Rechtsverkehr so wichtig ist, daß ihm Strafschutz gebührt, obwohl Täuschung und Falschbeweis grundsätzlich erlaubt sind. Da eine jede Urkundenfälschung auf die Täuschung einzelner ausgeht, läßt sich ein Unrecht gegen die Allgemeinheit für sie nur insoweit ableiten, als diese einzelnen als Vertreter der Allgemeinheit davon betroffen sind. Dann kann vielleicht die Frage auftauchen, ob das Unrecht gegen den einzelnen überwiegt oder die darin enthaltene Verletzung des Allgemeininteresses. Wenn aber nicht einmal das enttäuschte Vertrauen des einzelnen schutzwürdig ist, so kann es auch nicht das So bei Lenz S. 4 und WeUenböck S. 42. Feuerbach S. 670, Liszt - Schmidt S.457. 83 Ortloff S.47 und S. 241, Schönke - Schröder Ziff. 1 zu § 267, Kohlrausch Lange Anm. III vor § 267. 61

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

allein in dieser Verletzung des Einzelinteresses mitbetroffene Gemeininteresse sein64 • Das Vertrauen des einzelnen ist aber nicht um seiner selbst willen schutzwürdig, denn es ist nicht die Aufgabe des Strafrechts, dem einzelnen die Risiken abzunehmen, die er mit seinem Vertrauen eingeht. Und weil für das Vertrauen der Allgemeinheit grundsätzlich nichts anderes gelten kann, wenn man ein generelles Recht auf die im Verkehr erwartete Ehrlichkeit nicht anerkennen will, kann das des einzelnen auch nicht deshalb Anspruch auf strafrechtliche Sicherung erheben, weil es sich mit dem der Allgemeinheit deckt, sich also mit der im Verkehr erwarteten Vorsicht und Sorgfalt vereinbart. Dem setzt Ortloff den Gedanken entgegen, daß es in der Macht der Rechtsgemeinschaft stehe, gewisse Formen zu bestimmen, die zur Bekräftigung oder Beglaubigung der Wahrheit eines Inhalts dienen und deren Gebrauch zur Täuschung deshalb verboten sein müsse". Er kommt so zu einer Art Recht auf Wahrheit, auf eine "Wahrheit der Form"66. Zu diesem Ergebnis muß die Lehre von der fides publica auch schließlich notwendig führen, wenn sie nicht auf eine materielle Bestimmung des Unrechts der Urkundenfälschung überhaupt verzichten und damit vor ihrer eigentlichen Aufgabe kapitulieren will. Denn Schutz eines Vertrauens, sei es nun das des einzelnen oder der Allgemeinheit, ist nun einmal Schutz vor Unwahrhaftigkeit. Dies stellt auch Binding zu Recht fest 67 , aber zu Unrecht erklärt er die Lehre von der fides publica schon deshalb für disqualifiziert. Denn keine Theorie über das Rechtsgut der Urkundenfälschung kommt letztlich um die Tatsache herum, daß es hier um die Unterbindung einer bestimmten Art von Irrtumserregung geht, also um eine Art Recht, nicht getäuscht zu werden, mag dieses nun der Allgemeinheit oder dem einzelnen direkt zustehen. Die schließliche Berufung auf ein, allerdings sehr eingeschränktes Recht auf Wahrheit zu vermeiden, ist Binding ebensowenig gelungen wie der Lehre von der fides publica. Denn wenn man wie er die Wahrheitsverletzung unter keinen Umständen als schutzwürdig anerkennen will, kann man nicht statt dessen den Beweis zum Rechtsgut erheben, dessen Bedeutung sich darin erschöpft, der Wahrheitsfindung zu dienen. Muß es also, wenn die Urkundenfälschung strafbar sein soll, eine Art Recht auf Wahrheit geben, so stellt sich die Frage, wie sich dieses mit der grundsätzlichen Straffreiheit von Lüge und Täuschung vereinbart. Vgl. Hasselberg S. 51. Ortloff S. 47, S. 282 und S. 342. 86 Ders. S. 28. 67 Binding S. 126.

64 65

II 4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

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Die Täuschung über die Person des Ausstellers einer Urkunde muß einen Unwertgehalt besitzen, der über die bloße Unwahrhaftigkeit hinausgeht, wenn ihre Qualifizierung gegenüber sonstigen Irreführungen gerechtfertigt sein soll. Nach der Lehre von der fides publica besteht das besondere Unrecht, das die strafbaren Fälschungen auszeichnet, im Mißbrauch einer Form, die von Verkehr und Gesetz zu einer Gewährschaft der Treu und des Glaubens erhoben worden ist, so daß man sich im Rechtsverkehr auf die Richtigkeit der in diesen Formen mitgeteilten Nachrichten verlassen können soll und andererseits durch Benutzung dieser Formen seine Behauptungen glaubwürdig machen kann oder gar Anspruch auf Glauben für die so mitgeteilten Tatsachen erheben kann6s • Lassen wir es hier dahingestellt, ob es in der Macht der Verkehrssitte steht, dergestalt Strafbarkeit zu konstituieren. Die Urkunde und insbesondere die Echtheit der Urkunde läßt sich nicht als eine solche Beglaubigungsform beschreiben. Die urkundliche Erklärung kann jede Form annehmen, wenn sie nur dauerhaft ist. Noch mehr gilt das für die Erklärung über die Person des Ausstellers, deren Wahrheit doch die Echtheit der Urkunde ausmacht. Sie braucht nicht einmal ausdrücklich in der Urkunde niedergelegt zu sein. Es genügt, wenn die Person des Ausstellers irgendwie aus Umständen zu erkennen ist, die mit der Urkunde in Zusammenhang stehen. Es geht hier nicht um das Fehlen von Solennität; die Funktion eines Gewährschaftsträgers könnte der einfachsten Form zugesprochen werden. Aber es muß irgendeine gemeinsame äußere Gestaltung aller Gewährschaftsträger einer bestimmten Art da sein, an die die Bedeutung angeknüpft wird, daß der so dargebotene Inhalt wahr ist. Das allein wäre Beglaubigung durch eine Form. Das wohl eindeutigste Beispiel für so eine Beglaubigungsform ist der Eid. Die Täuschung durch Urkundenfälschung wird beschrieben als Täuschung über die Identität des Ausstellers einer Urkunde, durch Vorlage der Urkunde. Sie ist also in erster Linie inhaltlich bestimmt und wird dem Mittel nach insofern eingeschränkt, als die bloße Lüge über die Person des Ausstellers einer nicht vorliegenden Urkunde nicht genügen soll. Wir werden den Grund für diese Einschränkung noch feststellen müssen. Zunächst ist zu untersuchen, worin die besondere Wichtigkeit dieser Inhalte für den einzelnen und den Verkehr besteht, die es rechtfertigt, eine Täuschung über sie angesichts der grundsätzlichen Erlaubtheit von Unwahrhaftigkeit unter Strafe zu stellen. Die Bedeutung für den einzelnen besteht darin, daß er mit dem Aussteller der Urkunde denjeni88

So Ortloff S. 282 f.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

gen kennt, der für die in ihr enthaltene Erklärung rechtlich einzustehen hat. Denn so ist der Begriff des Ausstellers nach der heute wohl unangefochtenen Geistigkeitstheorie definiert. Dieses Einstehen müssen kann je nach dem Inhalt der urkundlichen Erklärung sehr verschieden ausgeprägt sein. Es kann bei Dispositivurkunden eine Verpflichtung oder auch eine Berechtigung oder direkt einen Rechtsverlust des Ausstellers zur Folge haben; es kann bei einer Zeugnisurkunde eine zivilrechtliche Haftung eintreten, etwa aus culpa in contrahendo, oder auch eine strafrechtliche, z. B. wegen falscher eidesstattlicher Versicherung oder Vortäuschung einer Straftat. Ein Zwischending zwischen beiden Urkundenarten ist die schriftliche Zusicherung einer Eigenschaft einer Kaufsache, die man sowohl als übernahme einer Haftung für das Vorliegen dieser Eigenschaft ansehen kann, als auch als ein Zeugnis über diese Eigenschaft, an das das Gesetz eine Haftung anknüpft. Die all diesen Rechtsfolgen gemeinsame Voraussetzung ist aber die Zurechnung der betreffenden Erklärung zu einem Rechtssubjekt, die bei den Zeugnisurkunden ebenso stattfindet wie bei den Dispositivurkunden69 • Die Errichtung einer Urkunde ist eine Rechtshandlung, und für diese ist wesentlich, daß sie die Handlung eines bestimmten Rechtssubjekts ist. Der Rechtsverkehr und die Rechtsordnung sind darauf angewiesen, sie diesem Subjekt zuzurechnen, um überhaupt eine Rechtsfolge daran knüpfen zu können. Die Erklärungshandlungen, zu denen ja die Urkundenerrichtungen gehören, zeichnen sich vor den übrigen Rechtshandlungen noch dadurch aus, daß der einzelne mit ihnen eine Rechtswirksamkeit für sein Wort selbst beansprucht. Die Rechtsordnung kann sie ihm nur gewähren unter der Bedingung, daß er seinerseits für sein Wort einsteht. Wer bei der Abgabe einer Erklärung über seine Identität täuscht, will rechtlich wirksam sein und Rechtsrnacht ausüben, ohne dafür verantwortlich zu sein. Das kann aber die Rechtsgemeinschaft nicht dulden, denn ihre Ordnung steht und fällt mit der Zurechenbarkeit der Handlungen zu den handelnden Rechtssubjekten70 • 69 John spricht davon, daß eine Person ebenso, wie sie rechtswirksam einen Willen erklärt, rechtswirksam eine Wahrnehmung machen könne, vgl. ZStW 6 S.45. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil eine Wahrnehmung überhaupt keine Handlung ist. Mag sie auch Rechtsfolgen für den Betroffenen haben, etwa die Pflicht, als Zeuge aufzutreten, so ist sie ihm doch nicht in demselben Sinne zuzurechnen wie die Abgabe einer Willenserklärung. Was dieser bei der Zeugnisurkunde entspricht, ist die Aufstelltlng einer Behauptung. Man kann zwar nichts rechtswirksam wahrnehmen, aber man kann etwas rechtswirksam bezeugen. 70 Zu Recht findet Kaufmann den spezifischen Unrechtsgehalt der Urkundenfälschung in der Identitätstäuschung, vgl. ZStW 71 S.410. Aber zu Unrecht meint er, den Unwert dieser Handlung von ihrem Objekt, der im Rechtsverkehr abgegebenen perpetuierten Erklärung, loslösen zu können, um sie auf alle dauerhaften menschlichen Äußerungen zu beziehen, also auch auf die sog. Zufallsurkunden. Er stellte dem Unwert der Identitätstäuschung, der

II 4. Die Rechtfertigung des Echtheitsschutzes der Urkunde

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Im mündlichen Verkehr ist eine solche Identitätstäuschung kaum möglich. Auch hier kann man zwar unter falschem Namen auftreten, aber damit nimmt man dem Partner nicht sämtliche Anhaltspunkte zur Feststellung seiner Person. Er hat bei persönlichem Umgang Gelegenheit, sich von der Richtigkeit der diesbezüglichen Angaben zu überzeugen, nicht so bei Vorlage einer schriftlichen Erklärung, bei der der Erklärende oft gar nicht persönlich in Erscheinung tritt. Die Funktion der Urkunde, auf die die Vertreter der Lehre von der fides publica anspielen, wenn sie vom Schutz der Institution der Urkunde sprechen, und die andere, nicht ganz richtig, als den besonderen Beweiswert der Urkunde auffassen, besteht in folgendem: Die Urkunde ist perpetuierte Erklärung, unmittelbares Produkt der Erklärungshandlung und dauerhafter Ausdruck des rechtswirksamen Willens oder der rechtswirksamen Behauptung des Subjekts. An diesen Ausdruck knüpft das Recht seine Folgen an; an den ungeäußerten Willen oder das Wissen direkt kann es ja nicht anknüpfen. Dieser Ausdruck ist nun dauerhaft in einem Objekt fixiert, das nun, und zwar kraft des Willens des Erklärenden, im Rechtsverkehr für die Erklärung steht. In diesem Sinne allein kann von Verkörperung der Erklärung die Rede sein. Die Rechtsordnung und der auf ihr beruhende Verkehr halten sich also an diesen Gegenstand wie an die Erklärungshandlung, die er aufgrund des Ausstellerwillens vertritt, mit der Folge, daß dieser für den Gegenstand ebenso einzustehen hat wie für die Erklärungshandlung, durch die er ihn hervorgebracht hat. Das ist die sog. Garantiefunktion der Urkunde. Sie haftet dem Objekt an, das der Aussteller zum Träger seiner rechtlichen Erklärung gemacht hat. Am deutlichsten zeigt sich dies bei den Wertpapieren. Hier werden Erklärungen als Sachen genach seiner Ansicht die Fälschung von Zufallsurkunden wie von Absichtsurkunden auszeichnet, einen anderen nur bei Fälschung von Absichtsurkunden gegebenen Unwert gegenüber, der aus der Bedeutung des Objekts resultiere, an dem sich der Täter vergreift; vgl. a.a.O. S.409, ohne zu erkennen, daß beide identisch sind - vgl. a.a.O. S. 414 - weil die Identitätstäuschung ihren spezifischen Unrechtsgehalt erst aus der Eigenschaft des schutzwürdigen Objekts, der sog. Absichtsurkunde, als Träger der Garantiefunktion bezieht. Kaufmanns Methode ist schon deshalb anfechtbar, weil eine Handlung nicht zu bewerten ist, unabhängig von ihrem Objekt, denn sie wird von diesem entscheidend mitbestimmt. Daraus erhellt, daß die Fälschung von Zufallsurkunden das besondere Unrecht der Fälschung von Absichtsurkunden nicht teilt, das allein die Strafbarkeit der Urkundenfälschung rechtfertigt, weil nur aus ihm der Echtheitsschutz erklärt werden kann. Die Identität des Urhebers einer Zufallsurkunde hat im Gegensatz zu der des Ausstellers einer Absichtsurkunde nur insofern Bedeutung, als aus seiner Person u. U. etwas über die Glaubwürdigkeit der Nachricht zu entnehmen ist. Es ist nicht ersichtlich, was die Täuschung darüber vor jeder anderen straflosen Irreführung über Herkunft und Zuverlässigkeit von Beweismitteln auszeichnen soll. Vgl. Gallas Nied. Bd. 6 S. 179. Der einzige besondere Unwert dieses Verhaltens ist der Mißbrauch eines fremden Namens, aber der Name ist nicht das Rechtsgut der Urkundenfälschung.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

handelt, was nur dadurch möglich ist, daß man sie durch Sachen vertreten läßt. Diese Garantiefunktion ist Schutzgegenstand der Vorschrift gegen Urkundenfälschung. Hieraus erklärt sich die Tatsache, daß eine Urkundenfälschung nur an Originalen begangen werden kann und an solchen Abschriften, die nach dem Willen des Ausstellers das Original vertreten sollen71 • Hieraus erklärt sich, daß die Ersetzung einer verlorenen Urkunde oder die sonstige Herstellung einer wahren aber unechten Urkunde als Fälschung strafbar ist, denn der scheinbare Aussteller hat nicht für eine Erklärungsverkörperung einzustehen, die er nicht hergestellt hat, auch wenn sie wahr ist. Hieraus erklärt sich weiter, daß Behörden und juristische Personen Aussteller von Urkunden sein können, und daß demzufolge die unbefugte Benutzung ihrer ·Kennzeichen selbst durch an sich für deren Gebrauch zuständige Personen Urkundenfälschung sein kann72 • Denn juristische Personen, mögen sie auch selbst zur Herstellung einer Urkunde unfähig sein, können doch für urkundliche Erklärungen haftbar gemacht werden. Hieraus erklärt sich die heute allgemein anerkannte Geistigkeitstheorie, die die Urkundenfälschung als Täuschung über die Identität des für die Erklärung rechtlich Verantwortlichen beschreibt. Hieraus erklärt sich vor allem der besondere Unwert und die besondere Gefährlichkeit der Täuschung über die Person des Ausstellers einer Urkunde durch Herstellung eines falschen Originals, also eines Zeichenträgers, für den der aus ihm erkennbare Aussteller scheinbar einzustehen hat, im Vergleich zu anderen, noch so raffinierten Irreführungen und auch im Vergleich zu sonstigen Täuschungen über die Identität eines Erklärenden durch bloße Lüge oder trügerische BeweismitteP3. Der spezifische Echtheitsschutz der Urkunde rechtfertigt sich also aus ihrer Garantiefunktion, mithin gerade aus einer Eigenheit, die sie von den technischen Aufzeichnungen scheidet. Damit erweist sich die Parallele zwischen Urkunden und technischen Aufzeichnungen bezüglich des Grundes und der Grenzen ihrer Schutzwürdigkeit, die der Entwurf ziehen wollte, als unhaltbar. 5. Der Unredltsgehalt der Fälschung technisdler Aufzeichnungen verglichen mit dem der Urkundenfälschung

Gemeinsam ist bei den Tatbeständen, daß sie dem Schutz vor Täuschungen dienen, also vor gewissen Verletzungen der Wahrheit. Da es aber eine allgemeine Rechtspflicht zur Wahrheit nicht gibt, kann der 11 72 78

RG 26, 270; 29, 357 (359); 35, 145; 40,179; 59, 16; BGH 2, 50 (51). BGH 7, 149 (152); 17, 11 (13). BGH 1, 117 (120); 2, 50 (52).

II 5..Der Unrechtsgehalt der Fäl!)chung ~echn. Aufz.

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Grund der Strafbarkeit beider Verhaltensweisen nicht allein darin liegen, daß sie zur Erregung von Irrtümern dienen sollen. Das bedeutet aber nicht, daß der Unwertgehalt dieser Taten völlig außerhalb der mit ihnen angestrebten Täuschung, also der in ihnen betätigten Unwahrhaftigkeit gesucht werden müsse, wie es Binding mit seiner Theorie vom Schutz der Reinheit der Beweisführung ebenso wie die Lehre der fides publica tun zu müssen glaubt, die die Fälschung als Verstoß gegen gewisse unverletzliche Formen erklären will. Unser Strafrecht kennt zahlreiche Delikte, die eine in bestimmter Weise qualifizierte Unwahrheit unter Strafe stellen. Diese Qualifikation kann bestehen im Inhalt der Unwahrheit, so etwa bei der Verleumdung und der falschen Anschuldigung, obwohl bei der letzteren daneben auch der Destinatär der Täuschung eine Rolle spielt. Sie kann zu finden sein in dem mit der Täuschung verfolgten weiteren Zweck. Das Hauptbeispiel hierfür ist der Betrug. Hier wird es unter Strafe gestellt, einen anderen im Vermögen zu schädigen, indem man ihn eine Unwahrheit glauben macht. Schließlich kann der Grund für die Strafbarkeit einer Irreführung auch in ihrer Methode liegen. Dies ist bei der Falschbeurkundung und der sog. mittelbaren Falschbeurkundung der Fall. Ihr Unrechtsgehalt liegt nicht darin, daß ein Beamter im Amt, also als Vertreter des Staates, lügt bzw. belogen wird, sondern in der damit angestrebten Täuschung desjenigen, dem die Urkunde vorgelegt werden soll, die deshalb besonders gefährlich ist, weil der Destinatär auf die Wahrheit solcher Urkunden vertraut und vertrauen können soll. Er hat also gegen diese Irreführung im Gegensatz zu anderen keine Abwehrmöglichkeiten. Hier haben wir also tatsächlich eine ·Art Vertrauensschutz vor uns, der anknüpft an eine bestimmte Form, denn für jede öffentliche Beurkundung sind bestimmte äußere Formen u. U. sehr detailliert vorgeschrieben. Aber es wird nicht die bloße Enttäuschung irgendeines allgemeinen Vertrauens bestraft, sondern seine Ausnutzung zur Glaubhaftmachung einer Unwahrheit, und der Mißbrauch der Form ·ist nicht um deren Unantastbarkeit willen oder auch der sich für sie verbürgenden Autorität des Staates wegen ein qualifizierendes Moment der Täuschung, sondern weil er wegen jenes Vertrauens in die Form eine be':' sonders gefährliche Methode der Irreführung ist. Trotz der allgemeinen Ablehnung eines Rechts auf Wahrheit ist man sich weitgehend darin einig, daß es bei der mittelbaren wie bei der unmittelbaren Falschbeurkundung um eine Art von Wahrheitsschutz geht7 4 • Das besondere Unrecht der Urkundenfälschung, das ihre Strafbarkeit auch angesichts der allgemeinen Erlaubnis von Lüge und Falschbeweis 74 Vgl. z. B. Maurach § 53 V D 2, Welzel § 59 12, Jagusch L. K. zu § 271 Anm.l, Schönke - Schröder zu § 271 Ziff.l, zu.§348 Ziff. 2.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

begründet, liegt - wie gezeigt - im Inhalt der Täuschung. Es ist die Täuschung über die Tatsache, daß eine bestimmte Person eine fixierte Erklärung als ihr Wort gegen sich gelten lassen muß, die der Rechtsverkehr und die Rechtsordnung nicht hinnehmen kann, weil sie ein Grundprinzip der Rechtsordnung gefährdet: das der Zurechenbarkeit der im Rechtsverkehr abgegebenen Erklärungen zu bestimmten Rechtssubjekten. Deshalb sind derartige Täuschungen sowie die besonders gefährlichen Vorbereitungshandlungen dazu vor anderen Unwahrhaftigkeiten qualifiziert und müssen unter Strafe gestellt werden. Die Täuschung mit Hilfe von technischen Aufzeichnungen ist dadurch ausgezeichnet, daß sie sich zum Beweis der Unwahrheit eines im allgemeinen besonders leistungsfähigen und zuverlässigen Beweismittels bedient. Ihre Gefährlichkeit liegt also nicht im Inhalt des erregten Irrtums, sondern in der Täuschungsmethode. Deshalb ist sie der Falschbeurkundung verwandter als der Urkundenfälschung. Es geht hierbei nicht so sehr darum, die Beweismethode als solche vor Diskreditierung zu bewahren, denn angesichts der bei jedem Verfahren zur Herstellung unrichtiger technischer Aufzeichnungen auftretenden Schwierigkeiten besteht kaum die Gefahr, daß derartige Produkte in solcher Menge auftauchen, daß die grundsätzliche Zuverlässigkeit und das allgemeine Vertrauen der Maschinencodes durch sie in Frage gestellt werden könnte. Verkehr und Gerichte verlassen sich ja auch heute schon auf diese Zeichen, obwohl sie nach geltendem Recht nicht gegen Mißbrauch geschützt sind. Das Schwergewicht des Unwertes muß also auf der einzelnen Täuschung liegen. Sie ist dadurch ausgezeichnet, daß das Opfer wegen seines grundsätzlich durch tatsächliche Gegebenheiten gerechtfertigten Vertrauens in diese Codes gegen diese Irreführung nicht gewappnet ist. (s. o. 1. Teil I 4) Die prinzipielle Waffengleichheit zwischen Lügner und Belogenem, die Freiheit des letzteren, die ihm angebotene Unwahrheit nicht zu glauben und sie, wenn möglich, anhand weiterer Erkenntnismittel zu überprüfen, fällt hier praktisch weg. Denn in Anbetracht der Wahrscheinlichkeit mit der die durch technische Beweisverfahren gewonnenen Ergebnisse richtig sind, und der Tatsache, daß die Maschinencodes meist selbstverständlich und fast unbewußt angewandt werden, steht der Auswerter gar nicht mehr vor der Frage, ob er diesen Zeichen glauben soll, oder nicht. Aber auf dieser Waffengleichheit und auf der Möglichkeit, sich vor Täuschungen selbst zu schützen, beruht die Erlaubnis der Unwahrhaftigkeit75 • Das "Recht auf Lüge" muß da seine Grenzen haben, wo der einzelne sich gegen die Irreführung nicht mehr selbst sichern kann, freilich nur insoweit, als die Irreführung rechtlich relevante Tatsachen betrifft, als 76

Vgl. Kant S. 43 f., Ortloff S. 40.

II 5. Der Unrechtsgehalt der Fälschung techno Aufz.

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also der Irrtum für den Getäuschten mindestens die Gefahr von Rechtsnachteilen mit sich bringt. Denn ein Recht auf die Wahrheit um ihrer selbst willen gibt es nicht76 , und die Verursachung eines Irrtums, der für den Irrenden ohne Folgen bleibt, ist kein Unrecht. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsordnung, um des rein sachlichen Interesses oder der Neugier des Betroffenen willen dafür zu sorgen, daß ihm keine falschen Vorstellungen über irgendwelche Tatsachen beigebracht werden. Sie kann es sich aber zur Aufgabe setzen, die Orientierung des einzelnen für sein Handeln im Rechtsverkehr zu sichern, wo er selbst dies nicht mehr vermag. Das ist der Sinn der Beschränkung der Strafbarkeit aller Fälschungen auf solche Taten, die eine Täuschung im Rechtsverkehr mindestens anstreben. Das Rechtsgut eines Aufzeichnungsschutzes kann nur die Wahrheit im Rechtsverkehr sein, denn ihre einzige Funktion besteht darin, die Wahrheit festzustellen bzw. jemanden von der Wahrheit zu überzeugen, und die Rechtfertigung ihres Schutzes kann nur ihre besondere Leistungsfähigkeit bei Erfüllung dieser Aufgabe liefern. Das ist bei der Urkunde anders. Diese erfüllt im Rechtsverkehr noch eine Aufgabe, die über ihre Funktion als Beweismittel hinausgeht, die sog. Garantiefunktion. Für diese ist zwar die Beweisfunktion der Urkunde Voraussetzung, aber sie ist nicht mit ihr identisch. Man könnte den Aussteller einer Urkunde nicht an dem Schriftstück festhalten, wenn dieses nicht seine Erklärung beweisen könnte, aber dieses Festhalten an dem Produkt der eigenen Erklärungshandlung ist mehr, als seine bloße Benutzung als Beweismittel. Der Sicherung dieser zusätzlichen Funktion dient der Echtheitsschutz der Urkunde. Er ist kein Beweismittelschutz, denn als solcher müßte er Wahrheitsschutz sein77 • Daß die technische Aufzeichnung im Gegensatz zur Urkunde Beweismittelschutz genießen soll, läßt sich damit erklären, daß sie von Natur aus ein leistungsfähigeres, weil zuverlässigeres Beweismittel ist. Sie steht insofern der öffentlichen Urkunde nicht nach, für die ja auch ein Wahrheitsschutz besteht. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Registriergerät versagt, ist wohl kaum größer als die, daß ein Beamter sich bei einer Beurkundung versieht, und vor allem produziert ein defekter Vgl. Cucumus S. 685, Hassetberg S. 50 a, Hanssen S. 23. Zu Unrecht hat deshalb die Rechtsprechung wie der größte Teil der Lehre die Urkunde als eine Gattung von Beweismitteln definiert und ihren Schutz aus dieser Eigenschaft erklären wollen. Vgl. dazu Kienapfet S. 68 f., Wetzet § 59 I, Maurach § 53 H, Jagusch L. K. vor § 267 Anm. 2. Sie ist das zwar auch, aber sie wird nicht um dessentwillen geschützt. Man wird dem Wesen der Urkunde als Objekt des Echtheitsschutzes nur gerecht, wenn man sie als einen Unterfall der Erklärung versteht (vgl. Brodmann S. 13 f. und S. 66 f.). Ihr Gattungsmerkmal ist allerdings nicht, wie Brodmann meint, die Schriftlichkeit, sondern die Dauerhaftigkeit der Zeichen, in denen die Erklärung ausgedrückt ist. 76

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2.

Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Aufzeichnungsmechanismus meist Fehler, die sofort als solche zu erkennen sind, wenn er überhaupt noch Zeichen des Maschinencodes hervorbringt, während die Versehen des Urkundsbeamten vielfach wesentlich schwerer auszumachen sind, sonst wären sie ihm selbst aufgefallen. Und was die Möglichkeit einer absichtlichen Herstellung eines falschen Beweismittels betrifft, so ist sie bei beiden Beweismittelarten gleichermaßen gegeben. Es dürfte kaum schwieriger sein, einen Beamten zu täuschen oder sonstwie . zu einer unwahren Beurkundung zu veranlassen, als ein Aufzeichnungsgerät so zu beeinflussen, daß es bestimmte gewünschte Zeichen produziert, oder die für ein solches Gerät typischen Zeichen von Hand nachzumachen. Daß es ein allgemeines Recht auf Wahrheit nicht gibt, hat nicht zur Folge, daß es keinerlei Strafvorschriften geben darf, deren Rechtsgut das Interesse an der Wahrheit ist. Durchaus nicht alle durch irgendeine Strafnorm gesicherten Interessen des einzelnen oder der Gemeinschaft werden gegen jede Art der Verletzung geschützt, vielmehr einige nur gegen bestimmte, besonders gefährliche oder verwerfliche Angriffsmethoden. So ist der Tatbestand des Betruges allgemein als Vermögensdelikt anerkannt, obwohl er nur die Beschädigung des Vermögens durch Täuschung betrifft, und noch niemand hat deshalb ein allgemeines Recht auf Vermögen postuliert oder gegen diese Erklärung des Unrechts des Betruges eingewandt, daß es kein allgemeines Recht auf Vermögen gäbe. Ähnlich wie etwa beim Betruge die Unwahrhaftigkeit zur Vermögensbeschädigung verhält sich bei der Aufzeichnungsfälschung der Mißbrauch des geschützten Codes zur dadurch bewerkstelligten Täuschung. Erst beide zusammen machen das Unrecht der Tat aus. 6. Die praktisdlen Probleme des im Entwurf vorgesehenen Edltheitsschutzes für technisdle Aufzeichnungen

Aus all dem ergibt sich, daß es keinen Sinn hat, den Schutz der technischen Aufzeichnungen auf sog. Echtheitskriterien zu beschränken, die äußerlich den Faktoren entsprechen, die die Echtheit der Urkunde ausmachen. Denn die Echtheit einer Urkunde hat für den Rechtsverkehr eine selbständige von ihrer Wahrheit durchaus unabhängige Bedeutung, während die als Echtheitskriterien vom Entwurf anerkannten Entstehungsbedingungen einer technischen Aufzeichnung nur als Voraussetzungen für deren Wahrheit und Beweiskraft von Interesse sind und als solche vor den übrigen, nach dem Entwurf vom Strafschutz ausgenommenen Bedingungen für die Entstehung einer wahren Aufzeichnung durch nichts ausgezeichnet sind. Es kommt daher auch nicht von ungefähr, daß bei der Abgrenzung zwischen unechten Aufzeich-

II 6. Die praktischen Probleme eines Echtheitsschutzes für techno Aufz. 181 nungen i. S. des Entwurfs und bloß unwahren die größten Schwierigkeiten auftauchen. Hätte man sich allerdings streng an die zunächst gezogene Parallele zwischen Urkundenaussteller und Aufzeichnungsgerät gehalten und demzufolge nur solche, den automatischen Registrierungen ähnliche Produkte menschlicher Tätigkeit als unechte technische Aufzeichnungen anerkannt, die ohne Benutzung eines Registriergeräts entstanden sind, bei denen also die Maschinenzeichen von Hand nachgemacht wurden, so hätte man ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal zwischen unechten und unwahren Aufzeichnungen erhalten. Man erkannte jedoch von Anfang an, daß ein so beschränkter Strafschutz unzureichend und im Grund inkonsequent gewesen wäre, weil mindestens ebenso gefährlich wie die Imitation technischer Aufzeichnungen für den Rechtsverkehr solche Registrierungen sind, die zwar durch ein technisches Gerät erfolgt sind, aber unter dem Einfluß eines menschlichen Willens, der die Auswahl der Zeichen bestimmte, die doch eine unmittelbare Folge der von den Rezeptoren der Maschine aufgenommenen äußeren Tatsachen selbst und ihrer vom Gerät selbständig vorzunehmenden Klassifikation hätte sein sollen78. Denn wer sich eines Aufzeichnungsmechanismus bedient, nur um die von ihm gewünschten Zeichen zu fixieren, degradiert ihn zu seinem Schreibgerät. Es ist völlig gleichgültig, ob jemand zur Herstellung von ihm bestimmter Maschinenzeichen ein Aufzeichnungsgerät benutzt oder sie von Hand anfertigt. Entscheidend ist, daß er die Auswahl der fixierten Zeichen bestimmt hat. Um dem Rechnung zu tragen, hat der Entwurf in § 306, 4 den nachgemachten technischen Aufzeichnungen diejenigen gleichgestellt, die unter dem Einfluß "störender Einwirkungen" auf den Aufzeichnungsmechanismus entstanden sind. Nachdem in der Großen Strafrechtskommission ein Streit darüber entstanden war, ob das noch Echtheitsschutz sept, stellt die Begründung ausdrücklich klar, daß diese unter menschlichem Einfluß entstandenen Registrierungen ebenso als unecht gelten sollen, wie die Aufzeichnungsimitationen, weil sie wie diese nicht dem durch die Konstruktion der Maschine festgelegten Entstehungsvorgang entstammen, der "die Zuverlässigkeit der Aufzeichnung verbürgt"80. Damit aber hatte man die Parallele zum Echtheitsschutz der Urkunden schon verlassen. Es sind ja auch störende Eingriffe in die Herstellung einer Urkunde durch eine andere Person möglich. Man kann den 78 Vgl. Begründung zu E 62 S.482, Schafheutle Nied. Bd.8 S.25 und S.259, Dünnebier Nied. Bd. 8 S. 26. 79 Vgl. Jescheck Nied. Bd.8 S.260, Welzel ebenda S.261, auch Kaufmann S. 426, dagegen Koffka Nied. Bd. 8 S. 262. 80

Begründung zu E 60 S. 447 und zu E 62 S. 482.

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2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

Inhalt einer fremden Urkunde bestimmen, indem man den Aussteller täuscht, ihm beispielsweise ein falsches Blatt zur Unterschrift unterschiebt, oder indem man ihn nötigt. Alle so entstandenen Urkunden sind echt81 . In der Begründung zu § 306 E 62 ist auch von einer Entsprechung zwischen Urkundenaussteller und Aufzeichnungsgerät nicht mehr die Rede. Es wird vielmehr als für die Echtheit der Aufzeichnung wesentlich bezeichnet, daß sie aus einem bestimmten Entstehungsvorgang stammt, der "ihre Zuverlässigkeit verbürgt"82. Sollen aber zu diesem die Echtheit ausmachenden Herstellungsprozeß alle Entstehungsfaktoren gehören, von denen die Zuverlässigkeit der Aufzeichnung abhängt, so könnte es keine echte Aufzeichnung geben, die nicht wahr ist. § 306, 4 E 62 stellt aber nur solche heimlichen Abänderungen des festgelegten Entstehungsvorgangs unter Strafe, die durch eine Einwirkung auf den Mechanismus des Geräts bewirkt werden. Außerhalb des Apparates darf nach Belieben manipuliert werden. Dabei ist es durchaus möglich, das Ergebnis einer Registrierung zu beeinflussen, ohne in den Aufzeichnungsmechanismus einzugreifen, nämlich indem man statt dessen das Objekt präpariert. So kann man auf eine Waage ein Zusatzgewicht legen, um einen höheren Gewichtsaufdruck zu erzielen. Während der Beratungen der Großen Strafrechtskommission wurde dieser Fall sowohl als Beispiel für eine unechte83 , als auch für eine echte und nur unwahre84 Aufzeichnung angeführt, ohne daß diese Differenzen näher erörtert worden wären. Hasselberg führt das Beispiel an, daß um einen Durchlaufmesser ein Teil der zu messenden Flüssigkeit herumgeleitet wird85 • Kaufmann bezeichnet es ohne weiteres als Herstellung einer unechten Aufzeichnung i. S. des § 306, 4, wenn jemand durch künstlich erzeugte Stromstöße ein EKG beeinflußt86 . Dabei hat in keinem dieser Fälle der Täter den Aufzeichnungsmechanismus angerührt, er müßte also nach dem Entwurf straffrei ausgehen, während derjenige, der den gleichen Effekt erreicht, indem er den Aufzeichnungsstift verbiegt, wegen Aufzeichnungsfälschung strafbar wäre. Die Begründung bleibt die Rechtfertigung für diese Unterscheidung schuldig. Die Parallele zur Urkundenechtheit kann sie nicht liefern. Denn hätte man sie eingehalten, so wären beide Methoden der Beeinflussung eines Aufzeichnungsvorgan81 Auf diese Unstimmigkeit in der vom Entwurf gezogenen Parallel~ zwischen der Urkundenfälschung und der Aufzeichnungsfälschung i. S. des § 306 E 62 weisen Welzel Nied. Bd. 8 S. 261 und Kaufmann S. 426 hin. 82 Begründung zu E 62 S. 482. 83 Dünnebier Nied. Bd. 8 S. 26. 84 Schafheutle ebenda S. 25. 85

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Hasselberg S.177. Kaufmann S. 425.

II 6. Die praktischen Probleme eines Echtheitsschutzes für techno Aufz. 183

ges als Herstellung einer höchstens unwahren aber niemals unechten Aufzeichnung unbestraft geblieben. Denn immerhin stammen die Aufzeichnungen von einem technischen Gerät, ebenso wie die Urkunde, zu deren Errichtung man den Aussteller durch Täuschung oder Zwang gebracht hat, also indem man ihn, so wie die beeinflußte Maschine, als Werkzeug benutzte, vom Aussteller herrührt. Auch sonst ist kein Grund ersichtlich, diese beiden Verhaltensweisen verschieden zu bewerten87 • Beide stellen einen Mißbrauch des Vertrauens dar, das der Verkehr den Maschinencodes zu Recht entgegenbringt, und beide sind gleichermaßen geeignet zur Täuschung und zur Herstellung eines trügerischen Beweismittels. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Täter unmittelbar auf den Aufzeichnungsmechanismus einwirkt oder mittelbar durch das manipulierte Objekt. Daraus erklärt es sich, daß zwischen der Manipulation des Aufzeichnungsobjekts und der des Aufzeichnungsgeräts in Grenzfällen keine vernünftigen und aus der Sache gerechtfertigten Unterscheidungskriterien zu finden sind. Um festzustellen, was ein Eingriff in den Mechanismus sei, muß man zunächst bestimmen, wo das Aufzeichnungsgerät aufhört. Bei den in eine Produktionsstraße fest eingegliederten Registriergeräten und bei allen anderen, bei denen die Eingabe automatisch erfolgt, muß diese Festlegung immer mehr oder weniger willkürlich erfolgen. Man denke etwa an den schon erwähnten Flüssigkeitsmesser, aber auch an das Standardbeispiel des Fahrtenschreibers. Greift man schon in den Mechanismus ein, wenn man den Tachographen von der Antriebswelle loskuppelt, um eine Pause vorzutäuschen88 ? Und was sind die künstlichen Stromimpulse im Elektrokardiographen oder das heimlich aufgelegte Zusatzgewicht auf der automatischen Waage, eine Einwirkung auf den Mechanismus oder ein untergeschobenes Objekt? Weiter erhebt sich die Frage, ob jede Manipulation an einem Registriergerät zur Beeinflussung der Aufzeichnung als Eingriff in den Mechanismus gelten solL Hasselberg will diejenigen Veränderungen des Aufzeichnungsvorgangs nicht dazu zählen, die mittels der Bedienungselemente des Apparates erfolgen. Er begründet dies damit, daß der Verkehr ja nicht auf den Menschen vertraue, der das Gerät bediene, sondern nur auf das Gerät89 • Tatsächlich aber kann das Vertrauen des Verkehrs nur an die Maschinenzeichen anknüpfen, denn nur die hat der Beweisdestinatär vor sich. Es besteht allerdings deshalb, weil solche Zeichen normalerweise durch die aufgezeichneten Phänomene selbst im Gerät hervorgerufen werden, unabhängig von menschlichem Willen 87 88

8.

Vgl. hierzu Hasselberg S. 177. Vgl. hierzu Hasselberg S. 177. Hasselberg S. 178 f.

184

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

auch von dem der die Maschine bedienenden Personen. Aber gerade darum ist es für den Verkehr gleichgültig, wie sich der Täter die Herrschaft über die Auswahl der Zeichen verschafft hat, ob er dazu die Konstruktion der Apparatur verändern mußte oder ob er dabei mit den Bedienungselementen auskam, die das Gerät zur Veränderung einzelner Faktoren seines Arbeitsprozesses zur Verfügung stellt. Ebensowenig kommt es darauf an, ob er zur Handhabung dieser Elemente befugt war oder nicht,denn zu einer falschen Bedienung zwecks Beeinflussung des Aufzeichnungsergebnisses ist niemand befugt. Entscheidend ist allein, daß der Täter sich die Herrschaft über die Zeichenauswahl überhaupt angemaßt hat und das von ihm bestimmte Ergebnis als selbständige Produktion der Maschine in den Rechtsverkehr gelangen ließ. Es sei noch darauf hingewiesen, daß es durchaus auch nur eine Frage des einzelnen Fabrikats sein kann, ob für eine bestimmte gelegentlich erforderliche Veränderung der Arbeitsweise ein Eingriff in den Mechanismus nötig ist oder ob dazu von außen erreichbare EinstellvQrrichtungen vorhanden sind; man denke etwa an die Umschaltungelektrisch betriebener Geräte auf verschiedene Netzspannungen. Ein drittes Problem, das die vorliegende Fassung des § 306 mit sich bringt, ist die Unterscheidung zwischen störenden und nicht störenden Einwirkungen. Eine kunstgerechte Reparatur ist sicher kein störender Eingriff. Aber wie steht es mit solchen im Notfall wohl vorkommenden unkonventionellen Reparaturen, die einen entstandenen Defekt durch einen künstlich herbeigeführten Fehler aufheben, etwa durch entsprechendes Verbiegen des Aufzeichnungsstifts, der sich auf irgendeine Weise verschoben hat? Genau genommen ist jede Tätigkeit an einem Aufzeichnungsgerät, die mit dem Aufzeichnungsergebnis in Zusammenhang steht, das Einschalten und Bedienen der Maschine, die Eingabe des Objekts usw. eine Einwirkung auf den Mechanismus. Wie kann man den störenden Eingriff definieren, wenn nicht als .einen solchen, der eine Fehlleistung des Geräts bewirkt, eine falsche Klassifikation der registrierten Phänomene, d. h. eine unrichtige Aufzeichnung. Bezeichnenderweise war in der ersten, der großen Strafrechtskommission von einer Unterkommission vorgeschlagenen Fassung einer Spezialvorschrift zum Schutz technischer Beweismittel nicht von störenden Einwirkungen die Rede, sondern von Herstellung unrichtiger Aufzeichnungen9o • Koffka griff diese Formulierung an, weil sie einen Richtigkeitsschutz beinhalte, während das in Ziffer 1 des gleichen Paragraphen verhängte Verbot der Imitation von technischen Aufzeichnungen wahren wie unwahren Inhalts reiner Echtheitsschutz sei91 • Diese 90 91

§ 266 1. Alternative Umdruck U. 63 in Nied. Bd. 8 S. 494. Vgl. Koffka Nied. Bd. 8 S. 259 f., ebenso Jescheck Nied. Bd. 8 S. 260.

11 7. Das ProblEim'der unechten aber wahren Aufzeichnung

185

Kritik ist völlig berechtigt. Aber ihr Gegenvorschlag, statt der Herstellung unrichtiger Aufzeichnungen mit Hilfe von Registriergeräten den störenden Eingriff in den Aufzeichnungsvorgang zu verbieten9!, der sich schließlich in der endgültigen Fassung des Tatbestandes in § 306 E 60 und E 62 durchgesetzt hat, beseitigt diese Vermengung von Echtheitsschutz und Wahrheitsschutz nicht, weil - wie gesagt - eine störende Einwirkung sich von einer nicht störenden durch nichts anderes unterscheiden kann,. als dadurch, daß sie ein unrichtiges Ergebnis verursacht. Der Echtheitsbegriff des § 306 E 62 läßt sich also nicht bestimmen, ohne auf den der Unrichtigkeit zurückzugreifen. Der Versuch der Kommission, einen von der Wahrheit der in einer Aufzeichnung fixierten Nachricht unabhängigen Begriff der Echtheit für die technischen Aufzeichnungen zu entwickeln, ist damit gescheitert. Er mußte scheitern, weil die einzelnen Entstehungsbedingungen der technischen Aufzeichnungen, von denen deren Richtigkeit abhängt, grundsätzlich gleichwertig sind und sich unter ihnen nicht einzelne Momente durch eine selbständige von ihrer Relevanz für die Wahrheit des Ergebnisses unabhängige Bedeutung auszeichnen. Deshalb gibt es bei den technischen Aufzeichnungen keine Eigenschaft, die mit der Echtheit der Urkunden vergleichbar ist. "Echtheitsschutz und Richtigkeitsschutz zu trennen, verliert hier seinen Sinn, nicht nur dogmatisch, sondern auch und gerade

Von den Ergebnissen her gesehen93 ."

7. Das Problem der unechten aber wahren Aufzeichnung

Während in § 306, 4 die Echtheit einer technischen Aufzeichnung wie gezeigt - letztlich von ihrer Richtigkeit abhängig gemacht wird, liegt dem Abs. 1 ein ganz anderer Echtheitsbegriff zugrunde, woraus die von Koffka aufgezeigte Unstimmigkeit resultiert. Er wird dadurch gewonnen, daß man eine der Entstehungstatsachen der technischen Aufzeichnung herausgreift und unabhängig von Wahrheit oder Unwahrheit des Aufzeichnungsinhalts strafrechtlich garantiert. Dies ist die Tatsache, daß ein bestimmtes technisches Gerät an der Herstellung der Aufzeichnung beteiligt war, und zwar an der jedes einzelnen Zeichens. Die Begründung dafür, daß gerade dieser Entstehungsumstand herausgegriffen wurde, bestand in der angenommenen Parallele zwischen Urkuildenaussteller und Aufzeichnungsgerät. Es war deshalb durchaus beabsichtigt, entsprechend dem Urkundenstrafrecht die Imitation einer 9!§ 83

2662. Alternative Umdruck U. 63 Nied. Bd. 8 S. 495.

Kaufmann S. 426. Zweifel an der übertragbarkeit des Echtheitsbegriffs

des Urkundenstrafrechts auf technische Aufzeichnungen oder sonstige Augenscheinsobjekte äußerten auch Welzel Nied. Bd.8 S. 23 f., Krille ebenda S.24 und J escheck ebenda S. 26.

186

2. Teil: Der Schutz der t.echnischen Aufzeichnung

automatischen Registrierung oder die Veränderung einer fertigen technischen Aufzeichnung von Hand auch dann unter Strafe zu stellen, wenn das so erzielte Ergebnis richtig ist". Die Parallele zur sog. formalen Urkundenfälschung, d. h. zu der Herstellung einer unechten, wahren Urkunde, trifft aber deshalb nicht zu, weil an der Echtheit von Urkunden ein von deren Wahrheit unabhängiges Interesse besteht, das aus ihrer Garantiefunktion resultiert, während die Herkunft einer Aufzeichnung aus einem selbständig arbeitenden Automaten nur insofern für den Verkehr von Bedeutung ist, als man im allgemeinen davon ausgeht, daß so entstandene Aufzeichnungen wahr sind. Der Empfänger einer solchen wahren Aufzeichnungsimitation wird zwar auch getäuscht. Er glaubt die aufgezeichnete wahre Tatsache aus einem Grunde, der nicht wahr ist. Aber das ist kein Irrtum über eine rechtserhebliche Tatsache. Eine Täuschung kann aber nur insofern Unrecht sein, als sie für den Getäuschten mindestens die Gefahr unrichtigen Verhaltens im Rechtsverkehr mit sich bringt. Es ist nicht Aufgabe der Rechtsordnung, den einzelnen vor falschen Vorstellungen zu bewahren, die ihm von anderen vermittelt werden könnten; wenn sie ihn vor Irreführung schützt, dann nur um der Sicherheit seiner Orientierung für sein rechtliches Handeln willen. Nicht umsonst hat Koffka zur Begründung der Strafbarkeit einer solchen formalen Aufzeichnungsfälschung nicht die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs herangezogen, sondern die des Prozesses95 • Hier ist die Interessenlage allerdings eine andere als im Rechtsverkehr, denn es handelt sich nicht mehr bloß um die Orientierung eines einzelnen für sein rechtliches Handeln, sondern um ein formalisiertes Verfahren der Wahrheitsfindung mit festgelegter Verteilung der Rollen der Beteiligten, bei dem es überdies darauf ankommt, daß die Tatsachen, die die schließlich vom Richter gefaßte Überzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit einer streitigen Tatsache begründen, offenliegen und daß sie richtig sind. Es ist in diesem Verfahren Aufgabe des Richters, aus den von ihm vorgefundenen wahren Tatsachen, den Behauptungen der Parteien, den Erinnerungen der Zeugen usw. unbeeinflußt eine Rekonstruktion vergangener Fakten vorzunehmen, die mit einer seinen Ansprüchen genügenden Wahrscheinlichkeit richtig ist. Wer also dem Richter eine von ihm für wahr gehaltene Tatsache mit einem imitierten Beweismittel belegt, um damit zu erreichen, daß er von dieser Tatsache aus einem Grunde überzeugt wird, der gar nicht zutrifft, so maßt er sich selbst die Rolle des Richters an, genau wie der Zeuge, der etwas, 94 95

Vgl. Koffka Nied. Bd. 8 S. 260. Vgl. Koffka Nied. Bd. 8 S. 260.

II 7. Das Problem der unechten aber wahren Aufzeichnung

187

was er z. B. aus Erzählungen erfahren hat, gesehen zu haben behauptet, um so das Gericht von dem zu überzeugen, was er für wahr hält98 • Nicht mehr die überzeugungsbildung des Richters, die öffentlich und nach geregeltem Verfahren vor sich geht, entscheidet dann den Ausgang des Prozesses, sondern die des meist nicht unbefangenen Täters, der die Ermittlungen des Gerichts, entsprechend auf beliebige Weise und völlig unkontrolliert gewonnenen Ansichten, manipuliert. Der Unwert solchen Verhaltens resultiert nicht so sehr aus der Verletzung der Würde des Richters, der vom Täter gewissermaßen zu seiner Marionette gemacht wird, als vielmehr in der Umgehung der Sicherungen der Wahrheitsfindung, die unser Prozeßrecht durch seine Formalisierung der Beweisführung und durch die strenge Rollenverteilung im Prozeß eingebaut hat. Unter dem Gesichtspunkt der abstrakten Gefährdung der gerichtlichen Wahrheitsfindung ließe sich also ein Schutz der "Reinheit der Beweisführung" i. S. Bindings rechtfertigen, aber eben nur für das gerichtliche Verfahren. Jedoch ein solcher Schutz existiert weder im geltenden Recht noch im kommenden. Es ist grundsätzlich nicht strafbar, ein Gericht durch falsche Beweismittel zu beeinflussen, z. B. durch imitierte Spuren; und nur im Rahmen eines allgemeinen Verbots, auch wahre Tatsachen vor Gericht mit manipulierten Beweismitteln zu beweisen, hätte die formale Aufzeichnungsfälschung eine Berechtigung. Denn da es sich bei einem solchen Delikt des Falschbeweises um ein Vergehen gegen die Ordnung des Prozesses, insbesondere die prozessuale Rollenverteilung und gegen die Freiheit richterlicher überzeugungsbildung handelt, da es also um den Schutz dieser der Sicherung der Wahrheitsfindung dienenden Institutionen geht, hätte es keinen Sinn, es auf gewisse Beweismittel zu beschränken, die ihrer besonderen Leistungsfähigkeit wegen schutzwürdig sind. Die Rolle des Richters, über Wahrheit und Unwahrheit der Parteibehauptungen zu entscheiden, maßt sich jeder an, der einen solchen Falschbeweis einer von ihm für wahr gehaltenen Tatsache im Prozeß führt. Ob er sich dabei einer im allgemeinen besonders zuverlässigen Beweismethode bedient, wie es die technische ist, oder nicht, macht keinen prinzipiellen Unterschied. Vor allem aber ist der Aufzeichnungsschutz des § 306 E 62 nicht auf gerichtliche Verfahren beschränkt. Eine Art abstrakter Gefährdungsschutz der Wahrheit außerhalb des Prozesses hat aber keinerlei Berechtigung. Es spricht also entgegen der Meinung von Koffka97 eher für den reinen Wahrheitsschutz der technischen Aufzeichnungen als gegen 98 97

Vgl. hierzu GaUas GA. 57, 315 ff. Koffka Nied. Bd. 8 S. 260.

188

2.

Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

ihn, daß er eine formelle Aufzeichnungsfälschung ausschließt. Nicht die Imitation der Maschinenzeichen für sich allein betrachtet ist strafwürdig, sondern nur ihr Mißbrauch zur Fixierung und übermittlung einer Unwahrheit. 8. Die zufällig entstandene unwahre Aufzeichnung

Ein weiteres Argument, das die Vertreter eines reinen Echtheitsschutzes für technische Aufzeichnungen anführen, ist der Hinweis auf die Möglichkeit der Entstehung unwahrer Aufzeichnungen durch eine ohne bewußte menschliche Einwirkung entstandene Störung im Gerät, die dann später von jemandem bewußt zur Täuschung eingesetzt werden. Es wird behauptet, daß der Wahrheitsschutz notwendig die Bestrafung des Gebrauchs solcher unrichtiger Registrierungen zur Folge hätte und daß die Unbilligkeit dieses Ergebnisses ein Grund für die Ablehnung eines Wahrheitsschutzes sei98 • Damit wurden zwei Probleme miteinander verquickt, die völlig unabhängig voneinander zu lösen sind. Die Frage, ob die Ausnutzung eines zufälligen Fehlers einer Aufzeichnung zur Irreführung ebenso zu ahnden ist, wie der Gebrauch einer eigens zu Täuschungszwecken (meist in Zusammenarbeit oder im Auftrag des Täters, wenn nicht von ihm selbst) hergestellten unrichtigen Aufzeichnung, stellt sich auch dann noch, wenn man sich grundsätzlich für Wahrheitsschutz entschieden hat. Die bewußte Ausnutzung eines zufälligen Fehlers einer Aufzeichnung zur Täuschung unterscheidet sich von der einer eigens zu diesem Zweck erst hervorgerufenen Unrichtigkeit durch die geringere verbrecherische Energie; aber ein wissentlicher Mißbrauch des geschützten Codes zur Irreführung ist beides. Beide Verhaltensweisen sind also in ihrem sozialen Unwert kaum unterschieden, wohl aber in ihrer Gefährlichkeit. Der Fall, daß jemand an einer Aufzeichnung einen zufällig entstandenen Fehler vorfindet, der sich genau mit der falschen Nachricht deckt, die er beweisen will, dürfte äußerst selten sein, selbst diesen Fehler hervorzurufen, ist dagegen jederzeit möglich. Es besteht daher eigentlich kein kriminalpolitisches Bedürfnis nach einem Schutz des Verkehrs vor absichtlichem Gebrauch solcher zufällig unrichtiger Registrierungen. Es ist eine Frage der gesetzgeberischen Entscheidung, ob man um eines möglichst vollständigen Schutzes der technischen Beweismethode vor Mißbrauch willen auch dieses Verhalten pönalisiert, obwohl es auch dann kaum vorkommen dürfte, wenn es nicht bei Strafe verboten wäre. Die wesentlich geringere verbrecherische Energie, die es im Vergleich 88

Koffka Nied. Bd. 8 S. 260.

11

~l.

Ergebnis

189

zur Herstellung einer unrichtigen Aufzeichnung erfordert, könnte seine Privilegierung gegenüber dieser Tat durchaus rechtfertigen. Die gleiche Frage taucht beim Gebrauch unwahrer öffentlicher Urkunden auf, der ja auch nach geltendem und kommendem Recht strafbar ist. Nach der h. L. ist hier nicht nur die bewußte Benutzung einer durch unmittelbare oder mittelbare Falschbeurkundung entstandenen unwahren Urkunde zu bestrafen, sondern ebenso die einer durch zufälligen Irrtum unrichtig gewordenen99 • Um der Gleichheit willen sollte bei den technischen Aufzeichnungen entsprechend verfahren werden. 9. Ergebnis

Die vorstehenden Untersuchungen haben gezeigt, daß das Schutzbedürfnis der technischen Aufzeichnungen aus ganz anderen Quellen stammt und sich nach ganz anderen Gesetzen richtet als das der perpetuierten menschlichen Erklärungen. Während es bei den Privaturkunden darum geht, Täuschungen bestimmten Inhalts zu unterbinden, nämlich Täuschungen darüber, wer für eine im Rechtsverkehr abgegebene Erklärung und für ihre Verkörperung einzustehen hat, handelt es sich bei der Irreführung durch nachgemachte oder manipulierte Aufzeichnungen um eine besonders gefährliche Methode der Täuschung. Eine Täuschung über bestimmte Tatsachen kann ihren besonderen Unwertgehalt aus ihrem Inhalt beziehen; eine Methode kann als solche nicht verwerflich sein, wenn es ihr Zweck nicht ist, sie kann nur den Unwert des Zweckes steigern. Der Gebrauch manipulierter oder imitierter Maschinenzeichen wird erst dadurch zum Mißbrauch des Codes, daß er der Verbreitung einer unwahren Tatsache dient, und damit einer Störung der Orientierung des Destinatärs für sein rechtliches Handeln. Der Grund dafür, daß der Verkehr dagegen geschützt wird, während es ihm grundsätzlich selbst überlassen ist, sich vor Täuschungen zu bewahren, besteht in der überlegenheit der Mittel, deren sich der Täter bedient. Das auf Grund ihrer Zuverlässigkeit bestehende Vertrauen in die Richtigkeit der Maschinencodes gibt den Verkehr solchen Täuschungsmanövern schutzlos preis. Deshalb ist hier eine strafrechtliche Sicherung des Verkehrs vor Irreführung ausnahmsweise angebracht. Eine Parallele zwischen Urkundenschutz und Aufzeichnungsschutz läßt sich danach nicht ziehen. Das Schutzbedürfnis der Aufzeichnungen entspricht eher dem der öffentlichen Urkunden. In beiden Fällen han81 Schönke - Schröder zu § 273 Anm. 1, Kohlrausch - Lange zu § 271 Anm. I, Jagusch zu § 273 Anm. 2, § 307 E 62, Maurach § 53 V 4 a.

190

2. Teil: Der Schutz der technischen Aufzeichnung

delt es sich um ein besonders leistungsfähiges Beweismittel, auf dessen Zuverlässigkeit der Verkehr zu Recht vertraut. In beiden Fällen ist es die Methode, die die Täuschung strafbar macht. 10. Die Formulierung eines Tatbestandes zum Schutz vor Täuschung durch teclmische Aufzeichnungen

Der Tatbestand einer Strafvorschrift zum Schutz technischer Aufzeichnungen, wie er sich aus diesen überlegungen ergibt, könnte etwa so lauten: Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr über eine beweis erhebliche Tatsache 1. eine unrichtige technische Aufzeichnung über diese Tatsache her-

stellt oder nachmacht,

2. eine unrichtige technische Aufzeichnung oder Aufzeichnungsimitation über diese Tatsache gebraucht. Technische Aufzeichnung ist die Codierung einer Nachricht in dauerhafte Zeichen durch einen nicht von einer Person beherrschten Klassifikationsmechanismus. Aufgezeichnet ist diejenige Nachricht, die die vom Mechanismus fixierten Zeichen nach dem allgemein für diese Gattung von Aufzeichnungen anerkannten Auswertungscode bedeuten. Dies muß eine vollständige Tatsache sein, d. h. eine Nachricht, die für sich allein behauptet und bewiesen werden kann. Denn sonst ist der Maschinencode im Beweis gar nicht anwendbar (s. o. 1. Teil I 5). Diese Tatsache muß sich mit der decken, über die im Rechtsverkehr getäuscht werden soll, denn nur dann ist die besonders gefährliche und verwerfliche Täuschungsmethode anwendbar, die die mit dieser Vorschrift unter Strafe gestellte Täuschung vor den straflosen Unwahrhaftigkeiten auszeichnet. Deshalb muß es sich um eine Tatsache handeln, die mit einer gesetzlichen Voraussetzung der erstrebten Rechtsfolge (Haupttatsache) als Indiz- oder Hilfstatsache in eine logische Beziehung gesetzt werden kann, wenn sie nicht selbst Haupttatsache ist. In diesem Sinne muß die aufgezeichnete Tatsache beweis erheblich sein. Herstellen einer unrichtigen Aufzeichnung ist die Verursachung einer Fehlleistung des Klassifikationsmechanismus eines Registriergeräts. Sie ist gleichermaßen möglich durch Unterschieben eines eigens auf die Rezeptoren und den Erkennungsmechanismus des Apparates hin präparierten Objekts, wie es ohne solche Absichten gar nicht entstehen könnte oder wenigstens nicht mit dem Gerät in Verbindung kommen könnte, wie durch einen Eingriff in die Apparatur selbst oder durch die bewußte Ausnutzung eines zufällig entstandenen Defekts.

II 10. Die Formulierung eines Tatbestandes zum Schutz techno Aufz.

191

Unter Nachmachen einer (unrichtigen) technischen Aufzeichnung ist die Imitation von Zeichen ihres standardisierten Codes von Hand oder sonst ohne Einsatz eines normalerweise Zeichen dieses Codes produzierenden Registriergeräts zu verstehen. Ebensowenig wie bei der Urkundenfälschung kommt es für die Vollendung dieser Tatmodalität darauf an, wie gut diese Imitation gelingt. Entscheidend ist hier die Absicht des Täters, sich des standardisierten Auswertungscodes zur Täuschung zu bedienen. Deshalb ist die Imitation von Maschinenzeichen dann nicht zu bestrafen, wenn die Nachricht, die sie bedeuten, richtig ist. Auch hier wird zwar getäuscht, aber nicht über eine im Aufzeichnungscode als Bedeutung enthaltene Tatsache 10o • Unter diese Alternative fällt auch das Einfügen unrichtiger Zeichen in eine fertige Aufzeichnung, also die Handlung, die dem Verfälschen einer Urkunde entspricht. Denn eine technische Aufzeichnung ist ja genau genommen nicht nur die zufällig auf einem Blatt oder abgerissenen Streifen zusammengefaßte Gruppe von Zeichen, sondern schon jedes einzelne Maschinenzeichen, das nach dem standardisierten Code eine Nachricht bedeutet. Es würde allerdings auch nichts als die dadurch verursachte größere Schwerfälligkeit des Tatbestandes dagegen sprechen, daß man der Deutlichkeit halber diese Ausführungshandlung noch in einer dritten Alternative beschreibt, die dann etwa so lauten würde: (Wer eine technische Aufzeichnung) nachträglich unrichtig macht.

100 Allerdings ist auch der in solchem Falle zur Täuschung über die Herkunft der Aufzeichnung mißbrauchte Code standardisiert, denn mindestens der Fachmann erkennt an bestimmten Zeichen, dem Verlauf der Kurven, der Farbe und Stärke der Striche, der Art des Papiers, von was für einem Gerät eine Aufzeichnung herrührt. Gleichwohl ist es weder der Code des Registriergeräts noch der der Aufzeichnun.:.

Dritter Teil

Das Grenzgebiet zwischen technischen Aufzeichnungen und menschlichen Äu&erungen I. Der Schutz der Beweismittel, die in Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine entstehen 1. Die verschiedenen Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwisdlen Mensch und Aufzeichnungsgerät

Nachdem gezeigt wurde, welchen Schutz technische Aufzeichnungen verdienen und warum sie ihn verdienen und wie sich dieser Schutz zu dem Schutz menschlicher Aufzeichnungen verhält, erhebt sich die Frage, ob und wie solche Aufzeichnungen zu schützen sind, die in Zusammenarbeit zwischen Mensch und Registriergerät entstehen. Diese Frage ist beim heutigen Stand der Technik praktisch vielleicht noch wichtiger als die nach dem Schutz der reinen maschinellen Registrierungen. Denn solche von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Aufzeichnungen spielen im heutigen Rechtsverkehr wohl noch eine größere Rolle als diese, sowohl nach der Häufigkeit ihres Auftretens, als auch nach der Bedeutung der durch sie bewiesenen Tatsachen. Es lassen sich grundsätzlich zwei Arten solcher Zusammenarbeit unterscheiden: Die eine besteht darin, daß eine selbsttätige technische Aufzeichnung und eine menschliche miteinander fest verbunden werden, um sich gegenseitig zu ergänzen, und zwar dadurch, daß die eine jeweils zur Interpretation der anderen herangezogen wird. Beispiele hierfür sind das Schaublatt des Fahrtenschreibers mit den Bemerkungen des kontrollierenden Angestellten über Fahrt und Person des Fahrers, das EKG, das mit einem Befundbericht des Arztes über den Patienten fest verbunden ist, oder die Aufzeichnung eines Materialprüfgeräts, auf der der Prüfingenieur seine Angaben über den geprüften Gegenstand niedergelegt hat. In all diesen und ähnlichen Fällen nimmt sowohl der Mensch als auch die Maschine eine Klassifikation des gemessenen Phänomens vor. Jede dieser beiden Klassifikationen für sich allein genügt dem angestrebten Zweck nicht, beide sind zu weit. Aber aus beiden zusammen wird bei der Interpretation eine dritte ~ebildet, die enger ist als die

11. Die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Aufzeichnungsgeräten

193

beiden Ausgangsklassen und den Anforderungen genügt. So klassifiziert der Elektrokardiograph die Herzströme nach ihrer Stärke, aber mit diesen Angaben allein ist nichts anzufangen, solange man nicht weiß, von wem die gemessenen Herzströme stammen. Der Arzt unterscheidet die gemessenen Personen, aber über die Beschaffenheit von deren Herzströmen kann er selbst nichts aussagen. Die Nachricht, die er selbst oder auch ein anderer Empfänger dann aus dem fertigen EKG entnimmt, nämlich, daß das Herz eines bestimmten Patienten Ströme eines bestimmten Verlaufs erzeugt, ergibt sich aus einer Kombination beider Bestimmungen. Sie wird durch einen Code gewonnen, den weder die Maschine noch der Arzt anwenden konnte. Sie ist also weder eine Nachricht der Maschine noch eine des Arztes. Die zweite Art der Zusammenarbeit besteht darin, daß Mensch und Maschine gemeinsam die Zeichen erzeugen. Hier sind wieder drei Unterarten zu unterscheiden: Die erste besteht darin, daß die Maschine Zeichen fixiert, die der Mensch auswählt, dies sind Fälle der technischen Schreibhilfe und der Erklärung im Sinne des § 304 E 62. Die zweite ist gewissermaßen der umgekehrte Fall, bei dem die Maschine unbeeinflußt von der Bedienungsperson die Zeichen wählt, während diese sich nach vorgegebenen, nicht vom späteren Ergebnis der Aufzeichnung abhängig gemachten Regeln zu richten hat. Hier haben wir es trotz der menschlichen Mitarbeit mit einer reinen technischen Aufzeichnung zu tun. Auf diese Weise kommt sogar ein groß Teil der heute gebräuchlichen maschinellen Registrierungen zustande. Man denke etwa an die nicht in einer Produktionsstraße fest eingebauten Testgeräte, Elektrokardiographen, Spektrographen usw., die von Hand beschickt, angeschlossen, eingestellt und in Gang gesetzt werden. Schließlich ist es auch möglich, daß aus den Maschinenzeichen eine Nachricht entnommen wird, deren Richtigkeit sowohl von einem automatischen Auswahlvorgang im Gerät abhängt, als auch von einer menschlichen Information. Derartige Zeichen kennen wir bereits von den durch menschliche Zusätze erläuterten technischen Aufzeichnungen, die nach einem Code ausgewertet werden können, der die menschliche und die maschinelle Klassifikationsleistung kombiniert. Auch hier muß der Mensch als Informationsquelle die Leistung des Gerätes ergänzen. Das kann durch eine in besonderen Signalen fixierte Information geschehen, aber auch durch Beeinflussung des Gerätes selbst, so daß die ergänzende menschliche Auswahlentscheidung unmittelbar in die maschinell produzierten Signale eingeht. Da ebenso wie bei den erläuterten Aufzeichnungen auch bei den vom Menschen beeinflußten die aus beiden Faktoren gemeinsam gewonnene Information weder Urkunden- noch Aufzeichnungsschutz genießen kann, hängt ein Strafschutz der Produkte einer solchen Zusammenarbeit davon ab, ob es möglich 13 Puppe

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

ist, durch Anwendung eines anderen Auswertungscodes die so entstandenen Signale allein als Verkörperung der menschlichen Entscheidung oder des maschinellen Vorganges zu interpretieren. Die so erhaltenen neuen Zeichen und Nachrichten wären dann gesondert nach den Regeln für Urkunden bzw. für technische Aufzeichnungen zu behandeln. Schon diese einleitende übersicht über die Formen der Zusammenarbeit zwischen Bedienungsperson und Registriergerät hat gezeigt, daß, solange Urkundenschutz und Aufzeichnungsschutz gesondert geregelt sind, gewisse aus solcher Zusammenarbeit gewonnene Informationen überhaupt nicht geschützt werden können. Sie wären nur zu erfassen, wenn man diese Scheidung aufgäbe und für die Fälschung aller standardisierten Aufzeichnungen, technischer wie menschlicher, einen einheitlichen Tatbestand schaffen könnte. Dem steht aber entgegen, daß die Unterscheidung ZWischen technischen und menschlichen Aufzeichnungen nicht etwa nur der Tatbestandsbestimmtheit dient, sondern ihre Wurzeln in sehr grundsätzlichen Differenzen der beiden Schutzobjekte hat, die sich auch in der Art des ihnen gewährten Schutzes deutlich niederschlagen. Der Urkundenschutz und der Aufzeichnungsschutz verfolgen völlig heterogene Anliegen und lassen sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Während es bei den technischen Aufzeichnungen um den Schutz des Vertrauens in eine besonders wertvolle und zuverlässige Beweismethode vor Mißbrauch zur Täuschung geht, hat die Urkundenfälschung mit Beweismittelschutz genau genommen nichts zu tun. Es ist also nicht unbedingt zu erwarten, geschweige denn zu fordern, daß Urkundenfälschung und Aufzeichnungsfälschung sich derart ergänzen, daß ihre Anwendungsgebiete nahtlos aneinandergrenzen und unter einem gemeinsamen höheren Gesichtspunkt zusammenzufassen wären, etwa unter dem des Schutzes von dauerhaften Fixierungen beweiserheblicher Tatsachen. Die Aufzeichnungsfälschung betrifft solche Zeichen, die ausschließlich Ergebnis maschineller Auswahlvorgänge sind, die Urkundenfälschung solche, die einem Menschen rechtlich zuzurechnen sind. Das sind zunächst all diejenigen, über deren Auswahl diese Person selbst entscheidet und die sie in den Rechtsverkehr bringt. Es steht aber auch dem nichts entgegen, daß jemand Zeichen als seine Erklärung in den Rechtsverkehr gibt, die aus einer anderen Quelle stammen, beispielsweise aus einem technischen Gerät. Warum soll sich eine Person nicht mit einer technischen Aufzeichnung derart identifizieren können, daß sie sie als ihre eigene Erklärung gegen sich gelten läßt? Dann würde dieses Objekt sowohl den Aufzeichnungsschutz genießen, weil es die Zuverlässigkeit technischer Beweismittel teilt, als auch den Urkundenschutz, weil sich eine Person zu dieser Nachricht als .zu ihrer Erklärung bekennt. Es können sich also die Anwendungsgebiete bei der Vorschriften sogar überlappen, so daß eine

I 2. Die durch Bemerkungen ergänzten techno Aufz.

195

Idealkonkurrenz zwischen Urkunden-fälschung und Aufzeichnungsfälschung möglich ist. Das beweist, daß beide Tatbestände nicht im Verhältnis der Alternativität zueinander stehen, deshalb ist nicht unbedingt zu erwarten, daß eine jede dauerhafte Fixierung einer beweiserheblichen Tatsache in einem standardisierten Code entweder als Urkunde oder als technische Aufzeichnung zu schützen ist. Eine in Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine fixierte Nachricht, die nicht die Zuverlässigkeit technischer Registrierungen besitzt, weil ein Mensch auf ihren Inhalt Einfluß hatte, und die der Mensch doch nicht als seine Erklärung gegen sich gelten lassen muß, weil er den Inhalt nicht allein bestimmen konnte, verdient weder unter dem Gesichtspunkt der Aufzeichnungsfälschung noch unter dem der Urkundenfälschung Schutz. Es wird also bei der nun folgenden Untersuchung der einzelnen Arten von Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine darauf ankommen, ob der Beitrag des Menschen und der der Maschine voneinander getrennt werden können, und zwar so, daß aus dem Arbeitsergebnis einmal eine menschliche Erklärung und zum anderen eine reine technische Aufzeichnung herausgelesen werden kann. Erweist sich dies als möglich, so ist zu prüfen, ob die so gewonnene menschliche Erklärung eine Urkunde und die erhaltene technische Aufzeichnung als solche schutzwürdig ist. 2. Die durch Bemerkungen von Menschenhand ergänzten technischen Aufzeichnungen

Hier scheint die Trennung zwischen menschlicher Äußerung und technischer Aufzeichnung zunächst unproblematisch. Die Maschinenzeichen als solche, d. h. die Nachricht, die man aus ihnen mit Hilfe des Maschinencodes entnehmen kann, können als technische Aufzeichnungen geschützt werden. Die auf einer solchen Aufzeichnung angebrachte oder mit ihr sonst verbundene menschliche Erklärung ist, sofern sie ihren Aussteller erkennen läßt und für den Rechtsverkehr bestimmt ist, eine Urkunde. Ihre Veränderung durch einen Nichtaussteller ist also als Urkundenfälschung strafbar. Die Aufzeichnung als solche dagegen kann nicht ohne weiteres als zu dieser Erklärung gehörig behandelt und damit deren Aussteller zugerechnet werden, weil er die Zeichenauswahl nicht bestimmen konnte. Nun beschränkt sich aber eine solche Erklärung nicht auf den schriftlich niedergelegten und mit der Aufzeichnung verbundenen Text. Die Verbindung zwischen Aufzeichnung und Erklärung, die der Erklärende vorgenommen hat, hat auch Zeichencharakter. Mit ihr will der Erklärende deutlich machen, auf welche Aufzeichnung sich 13·

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

seine Bemerkung beziehtl. Wenn also die Verbindung zwischen schriftlicher Erklärung und technischer Aufzeichnung die für Urkundenzeichen erforderliche Dauerhaftigkeit besitzt, so untersteht sie als Teil der Erklärung dem Urkundenschutz. Ihre Beseitigung ist Beschädigung einer Urkunde, die Ersetzung der vom Aussteller mit seiner Schrift verbundenen technischen Aufzeichnung durch eine andere eine Urkundenfälschung. Denn es wird nun der Anschein erweckt, als habe der Aussteller der schriftlichen Bemerkung diese mit einer anderen Auf1 Schilling spricht dieser Verbindung den Zeichencharakter ab, da es sich hier nur um die "Herrichtung einer gegenständlichen Situation" handelt (vgl. S. 116). Diese Begründung ist deshalb nicht stichhaltig, weil jedes menschliche Zeichen Herrichtung einer gegenständlichen Situation ist und jede Herrichtung einer gegenständlichen Situation Zeichen sein kann. Der Mensch kann sich einer jeden gegenständlichen Situation als Zeichen für seine Erklärungen bedienen. Schillings These ist nichts als eine Konsequenz seiner bereits als unrichtig nachgewiesenen prinzipiellen Unterscheidung zwischen lesbaren Zeichen und Gegenständen, aus denen nur Schlüsse gezogen werden können. Verwunderlich ist, daß Schilling bei Beweiszeichen, insbesondere bei Beglaubigungszeichen, die Verbindung zwischen Zeichen und Gegenstand als Teil der Erklärung anerkennt, um schon im nächsten Satz diese, seine Differenzierung zwischen Schrifturkunden und Beweiszeichen dadurch selbst zu diskreditieren, daß er auf die Unmöglichkeiten hinweist, eine klare Grenze zwischen beiden Urkundenarten zu ziehen (vgl. S. 121). Auch Samson behauptet (S. 139), "daß die Verbindung eines Zeichens mit einer Sache nie Teil der Erklärung, sondern immer nur ihr Gegenstand sein könne". Nach seiner Ansicht ist es das Zeichen selbst, das den Hinweis auf den Gegenstand leistet, an dem es angebracht ist. Als Beispiele solcher Zeichen führt er das Nummernschild an, von dem man, selbst wenn man es lose in der Hand hält, weiß, daß es etwas über das KFZ aussagen soll, an dem es angebracht war oder angebracht werden soll (vgl. S. 138). In der Tat ist dies allein aus dem verbundenen Zeichen zu entnehmen; handelt es sich um die Verbindung einer in normaler Schrift fixierten Erklärung mit einem anderen Gegenstand, einem "klassischen" Augenscheinsobjekt, einer technischen Aufzeichnung oder auch einer anderen Erklärung, so wird dieser Hinweis oft sogar expressis verbis gegeben. Damit ist aber die Verbindung selbst als Informationsträger nicht überflüssig. Denn aus ihr allein ist der Gegenstand der Erklärung selbst zu erkennen. Der nämlich ergibt sich aus dem im verbundenen Zeichen enthaltenden Hinweis nicht. Weiß ich, daß sich ein Zeichen auf den mit ihm verbundenen Gegenstand beziehen soll, so kenne ich noch nicht den vollen Inhalt, der durch verbundene Zeichen fixierten Nachricht, solange ich nicht weiß, auf welchem Gegenstand es angebracht ist. Ist die Verbindung des Nummernschildes mit dem Wagen noch gar nicht erfolgt, so ist auch die Erklärung der Zulassungsbehörde noch nicht vollständig fixiert. Samson meint (S. 138 f.), daß schon die Tatsache, daß es Fälle gibt, in denen die Verbindung zwischen Zeichen und Unterlage völlig belanglos ist, wie etwa bei einer Reklame auf einer Streichholzschachtel, beweist, daß eine Verbindung zwischen einem Zeichen und seiner Unterlage nie selbst ein vom Hersteller dieser Verbindung gesendetes Zeichen ist. Diese Beweisführung wäre aber nur dann schlüssig, wenn die Verbindung für sich allein das Zeichen bilden sollte, denn da es Verbindungen zwischen Zeichen und Sachen gibt, die nicht auf die Sache als Gegenstand der Aussage .des Zeichens hinweisen, besteht keine eindeutige Zuordnung zwischen der Verbindung als Zeichen und der Verweisung auf die verbundene Sache als Bedeutung. Das ändert sich aber, sobald man die Verbindung nicht für sich allein, sondern zusammen mit der Unterlage und dem mit ihr verbundenen Zeichen als das durch deren

I 2. Die durch Bemerkungen ergänzten techno Aufz.

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zeichnung verbunden, um zu dokumentieren, daß sich sein Vermerk auf diese beziehe. Die gleiche Erscheinung kennen wir vom "klassischen" Augenscheinsobjekt. Auch hier ist es möglich, daß die Verbindung zwischen einer menschlichen Erklärung und dem Augenscheinsobjekt ihrerseits Teil der Erklärung, menschliches Zeichen ist. Ein Beispiel hierfür ist der in RG 59, 38 ff. entschiedene Fall. Es handelte sich hier um Hefte mit eingeklebten Briefmarken, die in einem Philatelistenverein zu Austauschzwecken umliefen. Jede eingeklebte Marke war mit einem Preisvermerk versehen. Das Einkleben einer Marke in ein solches Heft neben eine Preisangabe bedeutete also ein Tauschangebot, das sich auf diese Marke bezog. Zu Recht bestrafte das RG das Austauschen solcher Marken als Urkundenfälschung. Die Marke für sich allein steht innerhalb der so fixierten Erklärung des Sammlers für nichts anderes als eben für sich selbst. Dennoch braucht es zur Begründung der Annahme, daß ihr Austausch Verfälschung der Erklärung ist, nicht der allerdings problematischen Annahme, daß ein Gegenstand als Zeichen für sich selbst fungieren kann. Denn jedenfalls die vom Sammler hergestellte Verbindung zwischen Marke und Preisangabe im Heft fungiert als Zeichen dafür, daß diese Marke zu dem angegebenen Preis zum Tausch angeboten wird. Gleichgültig, ob man nun schon den Gegenstand für sich allein als Zeichen für sich selbst anerkennt oder nur als Teil des Zeichens, das in seiner Verbindung mit der Preisangabe besteht, als Zeichen oder Zeichenteil erscheint stets nur der Gegenstand als Ganzes, nicht aber einzelne seiner Eigenschaften. Also bedeutet nur die Änderung der Identität des Gegenstandes auch eine Änderung der durch ihn fixierten Erklärung. Verfälscht werden kann eine so hergestellte Urkunde also ohne Eingriff in den schriftlich niedergelegten Teil der Erklärung, etwa durch Austausch des verbundenen Gegenstandes, nicht aber durch bloße Manipulationen an diesem, mögen sie auch eine Veränderung bewirken, die für die Funktion der Erklärung im Rechtsverkehr noch so einschneidende Folgen hat. Schneidet beispielsweise jemand von der eingeklebten Briefmarke eine Ecke ab, so verliert diese zwar jeden Sammlerwert und damit ihr Angebot zum Tausch jeden Zweck, am Inhalt des durch das Einkleben Bewirkung fixierte weitere Zeichen ansieht. Denn wie Samson (5. 138) selbst ausführt, ist aus dem verbundenen Zeichen selbst zu entnehmen, ob es (nach einem durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung mit dem Zeichenempfänger festgelegten Code) auf seine Unterlage hinweist und welcher Art die betreffende Unterlage sein muß. Am verbundenen Zeichen ist also diese Verbindung eindeutig von anderen Verbindungen zu unterscheiden, mit denen nichts ausgesagt werden soll. Erst durch die Verbindung mit einem Gegenstand aber gewinnt dann der zunächst abstrakte Hinweis auf die Unterlage seinen konkreten Inhalt.

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

der Marke ausgedrückten Tauschangebotes selbst wird dadurch nichts geändert. Problematisch wird der Fall erst dann, wenn die Veränderung so weit geht, daß der veränderte Gegenstand nicht mehr als mit dem ursprünglichen identisch angesehen werden kann, so etwa, wenn die Marke zerrissen und nur noch eine Hälfte davon im Heft gelassen wird. Hat der Gegenstand in seiner Verbindung mit den Zeichen, die etwas über ihn aussagen sollen, als solcher die Qualität eines Zeichens oder Zeichenbestandteils, nicht aber als Träger bestimmter Eigenschaften, denen eine Bedeutung gegeben wird, so werden, wenn der Gegenstand seinerseits Zeichen trägt, auch diese Zeichen nicht durch die Verbindung allein Teil der hierdurch fixierten Äußerung. Dies ist überhaupt nur dann möglich, wenn die mit dem Zeichenträger verbundene Aussagenfixierung inhaltlich nicht nur auf den Gegenstand als solchen bezogen werden kann, sondern auch auf die Nachricht, die er trägt, dergestalt, daß sich aus den beiden Nachrichten zusammen eine neue, genauere ergibt. Ein Beispiel hierfür ist das EKG-Blatt mit einem Vermerk über die Person des Patienten. Die maschinell ermittelte Nachricht über die Herzströme ergibt zusammen mit der über die gemessene Person eine neue Nachricht über die Herzströme eines bestimmten Menschen. M. a. W. der Patientenvermerk kann nicht nur verstanden werden als Aussage über eine Entstehungsursache des EKGs als bloßer Gegenstand, sondern auch als Aussage über die im EKG dargestellten Meßwerte. Die Zeichen des EKGs würden damit in ihrer durch den Maschinencode festgelegten Bedeutung in die aus dem Vermerk und seiner Verbindung mit dem EKG entnommene Nachricht als deren Bestandteil einbezogen. Jede Änderung des EKGs ist also auch eine Änderung des Inhalts dieser Nachricht und wäre damit, falls der Vermerk die Anforderungen an eine Urkunde erfüllt, Urkundenfälschung, wenn diese Nachricht als die vom Aussteller dllrch den Vermerk und seine Verbindung mit dem EKG-Blatt perpetuierte Erklärung anzusehen wäre. Diese Interpretation der durch den Vermerk errichteten Urkunde hätte aber zur Folge, daß der Aussteller für die Richtigkeit der Maschinenzeichen als für einen Teil seiner Erklärung einzustehen hätte, obwohl er ihre Auswahl nicht bestimmt hat. Nun kann sich eine Person zwar zu einer Erklärung auch solcher Zeichen bedienen, die nicht von ihr selbst stammen, indem sie ihren Willen kundgibt, daß sie im Rechtsverkehr als ihre Äußerungen gelten sollen. Dieser Wille muß jedoch, wenn auch nicht wörtlich, so doch eindeutig und bei Urkunden dauerhaft zum Ausdruck kommen. Nicht mit jedem erläuternden Vermerk geschieht dies, denn wie ausgeführt, können erläuternde Zusätze sowohl als Aussagen über den Zeichenträger als bloßen Gegenstand interpre-

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tiert werden, als auch als Aussagen über die mit den Zeichen fixierten Inhalte. Allein die zweite Interpretation führt aber zu einer Einbeziehung der Zeichen in den erläuternden Zusatz. Diese ist also durch die bloße Verbindung nicht eindeutig manifestiert. Eine mit einem Zeichenträger verbundene Erklärung ist danach im Zweifel so auszulegen, daß die auf dem Zeichenträger niedergelegte Information nicht ihr Bestandteil wird 2 • Nur wenn der Vermerk ohne Einbeziehung dieser Information keinen bestimmten Sinn ergibt, erübrigt sich eine ausdrückliche Erklärung des Ausstellers darüber, daß diese Information Bestandteil der von ihm fixierten Äußerung sein solL Anderenfalls muß der Vermerk selbst seinem Wortsinn nach oder aufgrund der ihm nach Gesetz, Herkommen oder Vertrag gegebenen Bedeutung eine Autorisierung der nicht vom Aussteller herrührenden Information enthalten. Beide Formen der Einbeziehung einer fremden Nachricht in die eigene Erklärung durch einen ihr angefügten Zusatz sind aus der Problematik der zusammengesetzten Urkunde bekannt. Beispielsweise ein Wechselakzept oder ein Indossament besteht als urkundliche Erklärung nicht allein aus den vom Akzeptanten oder Indossanten niedergeschriebenen Worten, sondern auch aus den in anderen Wechselerklärungen enthaltenen Angaben über die Forderung, die aus Platzmangel nicht wiederholt werden. Die Einbeziehung dieser fremden Angaben in die eigene Erklärung braucht, abgesehen von den gesetzlichen Bestimmungen über die Bedeutung von Annahmevermerk oder Indossament, schon deshalb nicht besonders zum Ausdruck gebracht zu werden, weil die Worte "angenommen X" oder "für mich an Y" ohne diese Einbeziehung keinen Sinn ergäben und davon ausgegangen werden muß, daß eine sinnvolle Äußerung abgegeben werden sollte. Ein Fall des autorisierenden Vermerks ist die bloße Unterschrift unter ein von einem anderen gefertigtes Schriftstück, etwa einen Entwurf der Sekretärin. Ein Beispiel für eine durch autorisierenden Ver2 Lampe meint dagegen, es genüge, um das verbundene Augenscheinsobjekt zum Bestandteil der urkundlichen Erklärung zu machen, der kundgegebene Wille des Ausstellers, daß es am Urkundenschutz teilhaben soll. (Vgl. Lampe NJW 65, S. 1747). Das kann aber aus zwei Gründen nicht richtig sein: Zunächst steht der Umfang eines Strafschutzes nicht unmittelbar zur Disposition des Einzelnen. Abgesehen davon ist die Frage nach dem Umfang des Urkundenschutzes kaum Gegenstand der überlegungen eines Ausstellers vgl. Samson GA 69 S. 359, geschweige denn, daß er, wie Lampe es für die zusammengesetzte Urkunde verlangt, mit der Verbindung zwischen Erklärung und Augenscheinsobjekt die Erstreckung des Urkundenschutzes auf dieses geradezu bezweckt. Deshalb muß Lampe diesen Willen des Ausstellers mehr oder weniger aus seinem Interesse herleiten, vgl. a.a.O. S. 1747. Aber das Interesse des Ausstellers ist gar nicht Schutzgegenstand der Urkundenfälschung, sondern das des Empfängers als Repräsentant der Allgemeinheit.

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merk zum Bestandteil einer Urkunde gemachte technische Aufzeichnung ist das Arbeitsergebnis eines selbstschreibenden Materialprüfgerätes, das von einer für technische Kontrollen zuständigen Stelle mit Ausfertigungsvermerk, Stempel und Unterschrift versehen als Zeugnis ausgegeben wird. Daß eine solche Aufzeichnung deshalb Teil der durch eine mit ihr verbundene Anmerkung errichteten Urkunde ist, weil die Erklärung des Ausstellers ohne ihre Einbeziehung keinen Sinn ergibt, ist etwa der Fall, wenn die Aufzeichnung eines Materialprüfgerätes vom Verkäufer des geprüften Materials dem Käufer mit der Bemerkung zugesandt wird, daß er diese Materialeigenschaften zusichere. Eine zu einer technischen Aufzeichnung gemachte menschliche Anmerkung, die weder ausdrücklich (nach ihrem Wortsinn oder der ihr durch Gesetz, Herkommen oder Vereinbarung gegebenen weiteren Bedeutung) die Aufzeichnung in die Erklärung einbezieht, noch dies stillschweigend tut, indem sie die durch das Gerät registrierten Tatsachen als notwendigen Bestandteil ihrer Aussage voraussetzt, ist so auszulegen, daß sie sich nur auf die Aufzeichnung als äußerer Gegenstand bezieht und nicht auf die Bedeutung der Maschinenzeichen. Das gilt insbesondere von den häufig mit einer technischen Aufzeichnung verbundenen schriftlichen Angaben über das gemessene Objekt. Daraus ergibt sich, daß die Verfälschung einer technischen Aufzeichnung nicht schon deshalb als Urkundenfälschung strafbar ist, weil sich auf dem gleichen oder einem fest mit ihr verbundenen Blatt ein die Aufzeichnung erläuternder Zusatz befindet, dessen Urheber erkennbar ist. Da aber Aufzeichnung und erläuternder Vermerk in ihrer Verbindung ein vom Urheber der Erläuterung gesetztes Zeichen für die Beziehung des Vermerkes auf gerade diese Aufzeichnung (als äußerer Gegenstand) ist, wird dessen Erklärung dadurch verfälscht, daß die verbundene Aufzeichnung durch eine andere ersetzt wird. Dies kann nicht nur dadurch geschehen, daß die ursprüngliche Aufzeichnung von dem den Vermerk tragenden Blatt getrennt, sondern auch dadurch, daß sie völlig beseitigt wird, damit an ihre Stelle eine neue Aufzeichnung oder eine Aufzeichnungsimitation treten kann. Damit stellt sich die Frage, ob und wann eine teilweise Beseitigung und Ersetzung der Aufzeichnung Verfälschung des durch ihre Verbindung mit einem erläuternden Text fixierten Zeichens ist. Da die Aufzeichnung als Gegenstand Teil dieses Zeichens ist, ist dies nur dann der Fall, wenn sie nach dem Eingriff nicht mehr als derselbe Gegenstand betrachtet werden kann. Nicht maßgebend ist, ob die im Vermerk aufgestellte Behauptung über den Gegenstand durch die Veränderung unrichtig wird. Darüber, wann

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ein Gegenstand durch Bearbeitung ein anderer wird, lassen sich allerdings keine genauen Kriterien aufstellen. Das Problem kann aber nicht dadurch aus der Welt geschafft werden, daß man die Maschinenzeichen als Teil der Erläuterung in die durch diese errichtete Urkunde mit einbezieht. Denn es taucht, wie am Beispiel der Briefmarkenhefte gezeigt, genau so auf, wenn der Gegenstand, über den etwas durch ein mit ihm verbundenes Zeichen ausgesagt werden soll, selbst nicht als Zeichenträger fungiert. Dies ist wohl der tiefere Grund dafür, daß Schilling und Samson eine Verbindung zwischen einem Gegenstand und einer Nachricht über ihn nicht als Teil der fixierten Äußerung anerkennen, sondern bloß als gegenständliche Zurichtung betrachten wollen, eine Zurichtung, die herbeigeführt wird, um die Voraussetzungen für die Verständlichkeit der eigentlichen Äußerung zu schaffen. Jede gegenständliche Situation fungiert aber als Zeichen, wenn sie hergestellt wird, um dem Empfänger einer Äußerung eine Information zu deren Verständnis zu liefern, und ist damit Teil dieser Äußerung (s. o. Fußnote 1). Es besteht also, vorausgesetzt daß die Verbindung zwischen perpetuierter Äußerung und deren Bezugsobjekt hinreichend dauerhaft ist, keine Möglichkeit, sie vom Urkundenschutz auszunehmen, wenn ihn die Äußerung im übrigen genießt. Die oben aufgezeigte Schwierigkeit, zu bestimmen, wie weit eine Veränderung des Bezugsobjekts gehen muß, um Fälschung der Erklärung zu sein, muß also in Kauf genommen werden. Sie hat ihre Ursache zunächst in einer Unbestimmtheit des Erklärungsinhalts selbst; denn der individuelle Bezugsgegenstand ist ja nicht nur Teil des mit der Verbindung gesetzten Zeichens, sondern kommt auch auf der Bedeutungsseite vor. Da eine Erklärung nur dann verfälscht ist, wenn ihr Sinngehalt geändert wurde, setzt eine genaue Unterscheidung der Verfälschung von irrelevanten Änderungen des Textes eine scharfe Umgrenzung der Bedeutung der Erklärung voraus. Enthält diese nun einen Hinweis auf den individuellen Gegenstand, so läßt sich ihr Inhalt eben nicht genauer bestimmen als dieser einzelne Gegenstand, - der aber entzieht sich der abstrakten Definition. Die Frage nach der Bestimmung der Identität des Gegenstandes taucht also schon bei der Auslegung der Erklärung auf. Wäre etwa der Hinweis auf den Bezugsgegenstand nicht durch Herstellung einer Verbindung mit diesem selbst, sondern durch Worte oder sonstige Kennzeichnung ausgedrückt und wird nachträglich der Bezugsgegenstand verändert, so kann es zweifelhaft sein, ob sich die Erklärung auf den geänderten Gegenstand noch bezieht, oder ob aus dem ursprünglichen Bezugsgegenstand ein anderer geworden ist, er also als solcher untergegangen ist. Dann hätte die Erklärung ihren Bezug verloren. Es könnte nun unter Umständen der Anschein erweckt

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werden, daß sie sich auf einen anderen, eben den durch die Veränderung entstandenen neuen Gegenstand bezieht. Eine Verfälschung der Erklärung kann darin nur deshalb nicht liegen, weil der Anschein, daß die Erklärung einen anderen Sinn hat, nicht durch einen Eingriff in deren Verkörperung erreicht wurde. Insofern hat dieser Fall Ähnlichkeit mit der oben 2. Teil I 2 d besprochenen Veränderung eines Kennzeichens an einem Gegenstand, das in einer Erklärung zu dessen Bezeichnung verwendet wurde. - Deshalb ergeben sich aus der aufgezeigten Auslegungsschwierigkeit keine Probleme für die Bestimmung der Verfälschung, solange Erklärungsverkörperung und Bezugsgegenstand voneinander getrennt sind. Das wird aber anders, sobald der Bezugsgegenstand selbst als Zeichen oder Teil eines Zeichens in die Verkörperung der Erklärung mit einbezogen ist, so daß seine Veränderung ein Eingriff in deren Substanz ist. Dann tritt überdies das Problem der Bestimmung der Identität des Gegenstandes nicht nur auf der Bedeutungsseite, sondern in gleicher Weise auf der Zeichenseite auf. Denn um die Verfälschungen eines Zeichens von seinen für seine Bedeutung irrelevanten Veränderungen zu unterscheiden, bedarf es nicht nur einer genauen Bestimmung der Bedeutung, sondern auch einer Abgrenzung des Zeichens selbst von allen möglichen anderen, d. h. einer Definition der Klasse von Erscheinungen, die jener Bedeutung zugeordnet ist (was nicht zu verwechseln ist mit der Eindeutigkeit der Zuordnung selbst, die lediglich besagt, daß nicht zu einem Zeichen mehrere Bedeutungen gehören). Die Problematik der Abgrenzung der Zeichenklassen voneinander und die daraus resultierende Schwierigkeit, gewisse Verfälschungen von irrelevanten Eingriffen in die Erklärungsverkörperung zu trennen, besteht aber nicht nur da, wo individuelle Gegenstände bzw. ihre Verbindung mit einem auf sie hinweisenden Text als Zeichen fungieren. Sie ist vielmehr allgemeiner Natur und, genau genommen, bei allen Arten von Zeichen prinzipiell vorhanden. Die meisten, wenn nicht alle realen Erscheinungen lassen sich nämlich nicht in derart scharf abgegrenzte Klassen einteilen, daß es möglich wird, von jeder einzelnen eindeutig zu sagen, ob sie einer bestimmten Klasse noch unterfällt oder nicht mehr. So entsteht um die einzelnen einer bestimmten Bedeutung eindeutig zugeordneten Klassen eine Zone mehrdeutiger Erscheinungen, deren Verwendung als Zeichen natürlich zweckmäßigerweise vermieden wird, ein Phänomen, das jedem von unserer gebräuchlichen Schreibschrift her vertraut ist, der je eine schlechte Handschrift zu lesen bekam. Daraus resultiert dann u. U. die Schwierigkeit, die Verfälschung von einer

I 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen 203 sonstigen Veränderung des Zeichens abzugrenzen. Denn eine Verfälschung ist nur die Veränderung der Bedeutung und diese setzt gerade voraus, daß das Zeichen aufhört, zu der Klasse von Erscheinungen zu gehören, der seine ursprüngliche Bedeutung zugeordnet ist. Das Problem ist also allgemeiner Natur und beschränkt sich nicht etwa auf die Zeichen, die aus einem individuellen Gegenstand und seiner Verbindung mit einer auf ihn bezogenen Aussagenverkörperung bestehen. Ein Beispiel hierfür aus dem Bereich allgemein als solcher anerkannter Zeichen ist etwa der Fall, daß jemand von einer 8 einen Teil wegradiert, damit sie als 3 erscheine. Hier könnte es durchaus streitig sein, ob das Ergebnis seines Versuchs nun eine 3 ist oder noch eine, wenn auch undeutliche 83 • Wo ein konkreter Gegenstand als solcher als Zeichen oder Teil eines Zeichens auftritt, ist allerdings die Schwierigkeit verhältnismäßig groß, die Klasse, der die Bedeutung zugeordnet ist, abzugrenzen und mit ihr diejenigen Veränderungen des Gegenstandes, die Verfälschung des Zeichens sind; denn die Klasse wird von dem individuellen Gegenstand selbst gebildet oder mitbestimmt. Ihre Bestimmung müßte also eine Definition dieses einzelnen Gegenstandes sein bzw. enthalten. Gerade der konkrete Gegenstand entzieht sich aber im Gegensatz zu anderen als Zeichen verwendeten Erscheinungen wie Formen, Farben und andere Eigenschaften eines Zeichenträgers, die ja abstrakt zu beschreiben sind, jeder Definition. Deshalb stehen für die Entscheidung der Frage, ob eine bestimmte Manipulation an dem verbundenen Bezugsobjekt einer Aussage dieses zu einem anderen Gegenstand macht, und damit also auch den Sinn der durch die Verbindung verkörperten Bezugnahme ändert, keine allgemeinen Kriterien zur Verfügung. Das führt aber in der Praxis nur zu einem graduellen Unterschied, denn für einzelne Eigenschaften lassen sich zwar abstrakte Unterscheidungskriterien aufstellen, sie versagen aber oft gerade in den Grenzfällen, für deren Entscheidung sie gebraucht werden, weil sie nicht exakt genug bestimmt sind . • 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen

Innerhalb dieser Gruppe hatten wir unterschieden zwischen solchen Zeichen, die von Menschen ausgewählt und von der Maschine nur fixiert oder transportiert werden (technische Schreibhilfe) und für die 3 Für die Entscheidung dieser Frage ist übrigens nichts aus dem Satz herzuleiten, daß eine plumpe Verfälschung eben doch eine Fälschung ist. Denn plump ist eine Verfälschung; die leicht als fremder EiIigriff zu erkennen ist. Nur ein Versuch liegt aber vor, wo es nicht gelungen ist, die Zeichen und damit die Bedeutung der Erklärung zu ändern.

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etwa die Aufzeichnungen einer Registrierkasse, einer Schreibmaschine, eines Fernschreibers, aber auch einer komplizierten Buchungsapparatur Beispiele sind, und solchen, über deren Auswahl die Maschine selbständig entscheidet, während der Mensch sich nur mit einer Hilfsfunktion begnügt4. Eine Zwitterstellung zwischen beiden Gruppen nehmen diejenigen Aufzeichnungen ein, bei denen sowohl eine menschliche als auch eine maschinelle Klassifikation stattfindet. Mit diesen problematischen Fällen werden wir uns noch ausführlich zu beschäftigen haben. Die Unterscheidungskriterien der beiden reinen Gruppen sind bereits bei der Erörterung der Begriffsbestimmung der technischen Aufzeichnung ausführlich besprochen worden. Nicht untersucht werden konnte dort eine Sondergruppe, deren Einordnung deshalb zunächst problematisch erscheint, weil das Registriergerät hier nicht als technische Schreibhilfe fungiert und doch menschliche Zeichen fixiert. Es sind die Fälle der maschinellen Reproduktion menschlicher Zeichen, die im Beweisverkehr eine bedeutende Rolle spielen. Mit ihrer Schutzwürdigkeit müssen wir uns an dieser Stelle besonders beschäftigen.

a) Die maschineLLen Reproduktionen menschlicher Zeichen Hasselberg zählt diese Beweismittel ohne weiteres zu den technischen Aufzeichnungen5 • Das liegt deshalb zunächst nahe, weil derjenige, der ein solches Reproduktionsgerät, etwa einen Fotokopierapparat, bedient, keinen Einfluß auf die Zeichenauswahl nimmt. Diese Argumentation setzt jedoch voraus, daß im Gerät überhaupt eine Zeichenauswahl stattfindet, und zwar eine Auswahl gerade derjenigen Zeichen, die später aus dem Produkt herausinterpretiert werden. Es genügt also nicht, wenn das Gerät je nach dem ihm eingegebenen Objekt verschiedene in der Apparatur mögliche Erscheinungen produziert, sondern es müssen den einzelnen so produzierten Phänomenen auf Grund der Konstruktion des Geräts Bedeutungen zugeordnet werden, d. h. das Gerät muß fähig sein, die eingegebenen Objekte durch seine Reaktion in bestimmter Weise zu klassifizieren. Erst dann kann von einer ma4 Von diesen Fällen sind sorgfältig diejenigen zu trennen, bei denen der Mensch durch sein Verhalten zwar die Zeichenauswahl beeinflußt, es aber nicht danach einrichten kann oder soll, welche Einwirkung er auf das Gerät ausüben will, also die Fälle der Kontrolle menschlichen Verhaltens durch Maschinen. Denn hier handelt es sich nicht um Zusammenarbeit zwischen Mensch und Automat. Der Mensch mit seinem Verhalten ist Objekt, nicht Subjekt der Aufzeichnung. Das Standardbeispiel hierfür ist der Fahrtenschreiber, es zählen dazu aber auch alle sonstigen automatischen Registrierungen menschlicher Leistung, wie Schußzähler an Webstühlen, und menschlichen Verbrauchs, wie schreibende Zähler für Strom, Gas, Wasser usw. (s. o. 1. Teil II 3b). 5 Hasselberg S. 168 ff.

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schinellen Zeichenauswahl die Rede sein. Klassifikation ist aber nur insoweit möglich, als ein Unterscheidungsvermögen vorhanden ist. Ein Fotokopiergerät unterscheidet nur zwischen verschiedenen Lichtintensitäten, d. h. für ein solches Gerät existieren nur die Klassen hell und dunkel. Bei der Lektüre einer Fotokopie aber interessiert man sich für diese Klassifikation nicht. Die Bedeutung, die man den einzelnen Zeichen als Buchstaben gibt, wird aus ganz anderen Klassifikationen abgeleitet, aus denen nämlich, die der Schreiber der fotokopierten Schrift vorgenommen hat. Den fotokopierten Linien werden Bedeutungen als Buchstaben, Worte und Sätze zugeordnet, und zwar nur deshalb, weil der Verfasser des Originals diese Bedeutungen durch sie übermitteln wollte. Die Reproduktion menschlicher Zeichen ist also als solche keine technische Aufzeichnung. Denn die typische Leistung des Aufzeichnungsgeräts, die in Zeichenerkennung und Klassifikation besteht, findet hierbei nicht statt6 • Dieses durch begriffliche Deduktionen gewonnene Ergebnis wird durch eine Betrachtung der praktischen Ergebnisse einer Subsumtion der technischen Reproduktion menschlicher Zeichen unter den Begriff der technischen Aufzeichnung bestätigt. Daß ein Wahrheitsschutz, wie er hier für die technischen Aufzeichnungen gefordert wird, nicht für sie in Frage kommt, liegt auf der Hand. Aber auch wenn man den vom Entwurf für die technischen Aufzeichnungen entwickelten, an der Herkunft aus einer bestimmten Maschine orientierten Echtheitsbegriff anwendet, kommt man bei den Kopien menschlicher Aufzeichnungen zu widersinnigen Ergebnissen. Es wäre dann nämlich die Herstellung einer scheinbar das Vorhandensein einer bestimmten Urkunde beweisenden Fotokopie zwar strafbar, wenn der Täter sie durch die Veränderung einer bereits fertigen Fotokopie hervorbrächte, nicht aber wenn er statt dessen den von ihm gewünschten Text aus zwei verschiedenen Urkunden zusammensetzte und das so entstandene Objekt anschließend fotokopierte, um auf diese Weise das gleiche Ergebnis zu erzielen. Auf diese Unstimmigkeit weist Hasselberg hin und begründet damit seinen Vorschlag, die mechanischen Kopien menschlicher Erklärungen den Tonaufnahmen und in einem anderen technischen Mittel verkörperten Erklärungen des § 304 E 62 gleichzustellen7 • Sie würden dann den gleichen Schutz genießen wie das Original. Dieses Ergebnis erscheint auf den ersten Blick angemessen und den Inter8 Die mechanischen Kopien menschlicher Zeichen stehen insofern der bereits bei der Bestimmung des Begriffs der Aufzeichnung besprochenen Fotografie gleich; vgl. hierzu die Unterscheidung zwischen Zeichenreproduktion und Zeichenerkennung bei Steinbuch S. 100. 7 HasseLberg S. 168 ff.

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essen des Rechtsverkehrs entsprechend. Aber bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß bei einer "Fälschung" einer Erklärungskopie nicht das Interesse angegriffen wird, um das es beim Urkundenschutz geht. Es geht - wie festgestellt - beim Urkundenschutz um das Interesse des Verkehrs, nicht darüber getäuscht zu werden, wer für eine vorliegende urkundliche Erklärung einzustehen hat. Das Einstehen, um das es sich hier handelt, die sogenannte Garantiefunktion, bezieht sich aber nicht nur auf den Inhalt der Erklärung, sondern auf die Erklärungsverkörperung, die der Aussteller sich deshalb zurechnen lassen muß, weil er sie .in den Verkehr gebracht hat oder bringen ließ. Eine Fotokopie kann jeder Nichtaussteller herstellen, sie ist ebensowenig Träger der Garantiefunktion wie eine Abschrift. Wenn die Rechtsprechung zur Begründung dafür, daß Abschriften und Fotokopien als solche nicht Urkunden sind, darauf hinweist, daß sie nicht fähig sind, Urkundenbeweis zu erbringen8 , so ist damit nicht der eigentliche Grund hierfür angegeben, sondern nur eine Folge dieses Grundes. Solche Vervielfältigimgen werden eben deshalb, beispielsweise im Wechsel- und Urkundenprozeß, nicht als Beweismittel anerkannt und im Verkehr auch nicht den Originalen gleichgestellt, was das Beispiel der Wertpapiere am deutlichsten zeigt, weil sie nicht die Träger der Garantiefunktion sind. Der Grund dafür besteht darin, daß sie nicht durch eine Erklärungshandlung des Ausstellers in den Verkehr gebracht wurden9• Deshalb können mechanische Erklärungskopien ebensowenig wie Abschriften strafrechtlich den Originalurkunden gleichgestellt werden. Auch die Rechtsprechung bestreitet dies nicht, aber sie macht einen Unterschied zwischen dem Gebrauch einer Abschrift zur Täuschung über den Aussteller der Originalurkunde und dem Gebrauch einer angeblichen Fotokopie der Originalurkunde zu diesem Zweck. Anstatt die Fotokopie der Originalurkunde, stellt sie das Gebrauchmachen von der Fotokopie dem Gebrauchmachen von der Originalurkunde gleich 1o • Sie spricht bei der Vorlage einer Fotokopie von einer mittelbaren Wahrnehmung des Originals und vergleicht sie mit der Betrachtung des Originals durch ein technisches Gerät, beispielsweise durch einen Projektionsapparatl l . Dabei wird außer acht gelassen, daß bei der Betrachtung eines Originals durch eine technische Apparatur hindurch noch BGH 2, 50 (51). Deswegen ist es auch bedenklich, wenn laut Begründung zu § 304 E 62 S.480 eine Tonaufnahme auch dann als echt gelten soll, wenn dem Erklärenden der Verkörperungswille fehlte, weil er gar nicht wußte, daß seine Worte auf Tonträger festgehalten werden. 10 RG 69, 230, BGH 5, 291. (1. Senat) BGH NJW 65, 542; gegen diese Auslegung des Gebrauchmachens in § 281 4. Senat BGH 20, 17 ff. u RG 69, 230 f. 8 9

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immer das Original Objekt der Wahrnehmung ist, während es bei der Betrachtung einer Fotokopie gar nicht mehr gegenwärtig ist. Der Ausdruck mittelbare Wahrnehmung soll hier offensichtlich über die Tatsache hinwegtäuschen, daß tatsächlich ein anderer Gegenstand wahrgenommen wird als das Original. Das wird augenfällig in den Fällen, in denen der Täuschende gar kein Original benutzt, sondern die Fotokopie direkt fälscht oder aus zwei Originalen zusammensetzt. Hier muß die Theorie von der mittelbaren Wahrnehmung des Originals durch die Fotokopie scheitern12 • Der Gedanke, der hinter dieser Theorie von der mittelbaren Wahrnehmung steht, ist offensichtlich der, daß die Täuschung über den Aussteller einer Urkunde mittels Fotokopie der mittels Abschrift deshalb nicht gleichgeachtet werden kann, weil es bei der Abschrift in die Willkür des Abschreibers gestellt ist, ob sie mit einem Original übereinstimmt, während bei der mechanischen Kopie die übereinstimmung mit einem (falschen oder echten) Original durch das technische Prinzip garantiert scheint. Diese überlegung ist aber nicht richtig, da es möglich ist, durch Zusammensetzen zweier Schriftstücke eine Fotokopie herzustellen, zu der nie ein Original existiert hat. Auch bei den technischen Kopierverfahren ist es also letztlich in die Willkür des Kopierers gestellt, ob die Kopie mit einem Original übereinstimmt. Auch der Weg, den die Rechtsprechung eingeschlagen hat, um technische Reproduktionen von Erklärungen am Urkundenschutz teilnehmen zu lassen, ist demnach nicht gangbar. Bei genauer Betrachtung erweist sich, daß diese Vervielfältigungen in jeder Hinsicht den Abschriften gleichstehen und ebensowenig zu schützen sind wie diese l3 . b) Zeichen, deren Auswahl sowohl von einer menschlichen Entscheidung als auch von einem automatischen Auswahlvorgang abhängt

In den bisher behandelten Fällen der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine bei der Erzeugung von Zeichenträgern war unsere Aufgabe, die Beiträge der Bedienungsperson und des Gerätes zu der Information voneinander zu sondern, noch relativ leicht. Denn entweder erwies es sich, daß einer der beiden Beiträge gar keine Auswahlentschei12 Von einem Original, das nicht existiert, kann man nämlich nicht Gebrauch machen, auch nicht mittelbar durch Vorlage einer Fotokopie. Der BGH bedenkt in seiner Entscheidung Bd. 5, 291 auch diese Fälschungsmöglichkeit und erklärt sie auf S. 293 ausdrücklich für nicht strafbar. Er erkennt aber nicht, daß diese Möglichkeit der Herstellung einer Fotokopie, zu der es kein Original gibt, seine Theorie vom mittelbaren Gebrauch des Originals durch die Kopie ad absurdum führt. 13 So auch Jescheck GA 55 S. 97; 105; Kienapfel JZ 71 S. lii6.

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dung darstellte, bzw. als Auswahlentscheidung bei der Auswertung des Ergebnisses nicht mit verwertet wurde (so die Auswahl verschieden großer Schwarz-weiß-kontraste durch das Fotokopiergerät, entsprechend den Farbintensitäten der vorgelegten Schrift), oder beide Beiträge stellten zwar Auswahlentscheidungen dar, die bei der Auswertung berücksichtigt wurden, schlugen sich aber in verschiedenen Signalen nieder und wurden erst vom Auswerter kombiniert. Nun ist es aber auch möglich, daß die Bedienungsperson die unzureichende Leistungsfähigkeit des Gerätes für den angestrebten Informationszweck nicht durch die Auswahl zusätzlicher Zeichen ergänzt, sondern dadurch, daß sie auf die Zeichenfixierung durch das Gerät selbst Einfluß nimmt, während gleichzeitig in diesem noch ein automatischer Auswahlvorgang stattfindet, so daß das schließlich fixierte Signal von beiden Faktoren bestimmt wird. Da jedoch ein und dasselbe Signal nach verschiedenen Codes ausgewertet werden kann, ist es nicht ausgeschlossen, daß auch aus solchen Produkten einer unmittelbaren Zusammenwirkung von menschlicher und automatischer Auswahl eine reine technische Aufzeichnung oder eine menschliche Äußerung herausinterpretiert werden kann, indem man verschiedene Codes anwendet. Da nun jeder Code nichts anderes darstellt, als eine Einteilung einer Klasse von Signalen in Unterklassen, denen andere Klassen, die ebenfalls Elemente einer Oberklasse sind, eindeutig zugeordnet sind, ist das Signal nur dann als Zeichen für eine nur durch die Bedienungsperson bzw. nur durch den Automaten ermittelte Nachricht zu deuten, wenn der Beitrag des Menschen bzw. der Maschine als ein selbständiger von den jeweils anderen die Zeichenauswahl mit beeinflussenden Faktoren unabhängiger Klassifikationsvorgang verstanden werden kann. Wir werden noch Auswahlvorgänge innerhalb von Zeichensystemen kennenlernen, denen überhaupt keine Klassifikationsleistung zugrundeliegt, allerdings nicht bei Meß- oder Registriergeräten. Denn wie schon in der allgemeinen Untersuchung der Leistung von Registriergeräten erläutert (s. o. 1. Teil I 2), ist jede Messung und jede Registrierung von Tatsachen als Codierung und damit als Klassifikation zu verstehen. Demnach ist bei reinen Registriervorgängen, die von Mensch und Gerät gemeinsam bestimmt sind, eine Interpretation der Ergebnisse als menschliche oder maschinelle Zeichen durch verschiedene Codes grundsätzlich stets möglich. Sie kann aber für die zuerst stattfindende Auswahlentscheidung daran scheitern, daß sie durch die nachfolgende geändert werden kann. Das geschieht dann, wenn sich die Klassen von Signalen, denen nach dem von der Bedienungsperson und dem vom Gerät verwendeten Code je eine bestimmte Bedeutung zugeordnet ist,

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überschneiden oder gar decken, so daß eine Veränderung eines Zeichens nach dem einen Code auch eine Änderung nach dem anderen bedeutet. Dann kann der erste Klassifikationsvorgang nur dann richtig fixiert werden, wenn auch der zweite korrekt erfolgt. Unabhängig voneinander werden die beiden Auswahlvorgänge nur dann in ein und demselben Signal perpetuiert, wenn die zweite Auswahl, meist wohl die des Gerätes, innerhalb nur einer Unterklasse des Codes der ersten erfolgt, so daß alle Zeichen, die sich aus der zweiten Auswahl ergeben können, für die erste äquivalent sind. Ein Beispiel hierfür liefert das oben (1. Teil II 3 a (X) beschriebene Testgerät für optische Apparate, das zur Kontrolle der gesamten Produktion einer bestimmten Fabrik eingesetzt wurde und dem die einzelnen Testobjekte von einer Bedienungsperson eingegeben werden. Die so entstandenen Zeichen werden dahin interpretiert, daß sie bestimmte Angaben über die Eigenschaften eines der Geräte enthalten, die in dieser Fabrik produziert wurden. Aber die Maschine ist nicht in der Lage, Geräte aus dieser Produktion von anderen zu unterscheiden. Diese Klassifikation übernimmt also die Bedienungsperson. Die Bedienungsperson ihrerseits vermag nicht die Testeigenschaften des Objektes festzustellen. Diese "erkennt" das Gerät und wählt danach die Zeichen. Die Nachricht, daß ein Gerät aus dieser Produktion diese und jene Gebrauchseigenschaften hat, um derentwillen der ganze Aufzeichnungsvorgang stattfindet und die normalerweise diesen Zeichen als Bedeutung zugeordnet wird, kann also weder der Bedienungsperson als ihre Erklärung zugerechnet werden, noch als automatische Klassifikation dem Schutz technischer Aufzeichnungen unterfallen. Und doch ist hier sowohl eine menschliche Entscheidung perpetuiert worden als auch ein maschineller Auswahlvorgang. Es ist möglich, jedes so entstandene Zeichen sowohl als Ergebnis einer menschlichen als auch als Ergebnis einer technischen Klassifikationsleistung zu interpretieren. Entsprechend dem Unterscheidungsvermögen des Gerätes haben die Signale nach dem Maschinencode die Bedeutung der verschiedenen Testwerte. Was im übrigen über das gemessene Objekt aus ihnen entnommen wird, muß sich aus einem von der Bedienungsperson angewandten Code ergeben. Die in einer solchen Aufzeichnung enthaltene menschliche Äußerung hätte danach die Bedeutung: "Das Gerät, das in der Maschine diese Zeichen verursacht hat, ist eines aus einer bestimmten Produktion." Verkörpert wäre diese Erklärung in den Signalen, die die Bedienungsperson durch die Eingabe des betreffenden Testobjektes in dem Gerät verursacht hat. Auch eine solche menschliche Äußerung ist nach Urkundenstrafrecht zu beurteilen. Denn das Aufzeichnungsgerät fungiert in Bezug auf diese in ihrem Inhalt von der Bedienungsperson bestimmte 14 Puppe

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

Nachricht lediglich als Schreibhilfe. Daß diese menschlichen Zeichen, obwohl aus den gleichen Signalen bestehend, in denen auch die selbständigen Klassifikationen der Testvorrichtung fixiert sind, nicht identisch sind mit den Maschinenzeichen, zeigt sich in den Fällen der nachträglichen Veränderung der Aufzeichnung. Wer die vom Testgerät fixierten Meßwerte verändert, verfälscht die technische Aufzeichnung, denn nach dem Maschinencode gelesen, ergeben nun die Signale einen anderen Sinn. An ihrer Bedeutung als Äußerung der Bedienungsperson wird aber nichts geändert. Denn diese gibt ihre Äußerung über die gemessenen Objekte dadurch ab, daß sie überhaupt eine Aufzeichnung im Gerät auslöst, ohne die Auswahl der Zeichen für die einzelnen Meßwerte mitzubestimmen. In dem dieser Äußerung zugrundeliegenden Code haben also alle im Registriergerät möglichen Reaktionen ein und dieselbe Bedeutung. Die Erscheinungen, in denen die menschliche und die maschinelle Information fixiert sind, sind zwar identisch, nicht aber die Klassen, in denen sie zusammengefaßt werden, um ihnen Bedeutungen zuzuordnen. Die menschliche Äußerung wird also durch eine nachträgliche Veränderung der Meßwerte nicht notwendig verfälscht. Sie wird allerdings als Aussage über die Ursache der fixierten Meßergebnisse teilweise unrichtig, da die von Hand veränderten Maschinenzeichen nicht durch ein Testobjekt aus der betreffenden Produktion entstanden sind. Da die in den maschinell erzeugten Signalen verkörperte menschliche Äußerung sich auf die aus den gleichen Signalen bestehende technische Aufzeichnung bezieht, tauchen hier dieselben Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen irrelevanter Veränderung des Bezugsgegenstandes und Verfälschung durch dessen Verwandlung in einen anderen auf, die wir von der durch gesondert fixierten Vermerk erläuterten Aufzeichnung kennen. Im übrigen hat diese Äußerung, wenn ihr Urheber nicht etwa deshalb eindeutig feststeht, weil nur eine Person im Werk für die Produktionskontrolle mit Hilfe des Testgerätes zuständig ist, nur dann Urkundenqualität, wenn sie durch einen zusätzlichen Vermerk ergänzt ist, aus dem der Aussteller ersichtlich ist. Die Probleme der Verfälschung einer aus einer fixierten Aussage und ihrer Verbindung mit ihrem Bezugsobjekt bestehenden Urkunde tauchen damit ohnehin auf. Das Herausinterpretieren der menschlichen Erklärung und der technischen Aufzeichnung aus ein und demselben Zeichenträger und ihre Scheidung voneinander, auf die es nach dem eben Gesagten entscheidend ankommt, kann Schwierigkeiten machen, wenn ein solches Verfahren der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine zur Kontrolle des Verhaltens des Menschen eingesetzt wird. So unvollkommen ein solches Kontrollverfahren erscheint, es wird doch noch häufig in der

13. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen

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Praxis angewandt. Stechuhren und stempelnde Uhrwerke zur Kontrolle der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber sind hierfür die bekanntesten Beispiele. Hier ergibt sich das scheinbar unlösbare Problem, innerhalb des Verhaltens des die Maschine betätigenden Menschen zwischen denjenigen Handlungen zu unterscheiden, durch die er eine eigene Entscheidung in den Maschinenzeichen perpetuiert, und denjenigen, die durch die selbständigen Klassifikationsvorgänge in der Maschine kontrolliert werden. Es ist nicht verwunderlich, daß das Reichsgericht in solchen Fällen die gesamte aus den Maschinenzeichen zu entnehmende Nachricht dem Kontrollierten als seine Erklärung zugerechnet hat14, zumal ihm eine Strafvorschrift zum Schutz technischer Aufzeichnungen nicht zur Verfügung stand. Diese Auffassung ist aber unhaltbar, denn sie bürdet dem Kontrollierten die Verantwortung für eine Nachricht auf, über deren Abgabe er nicht zu entscheiden hatte. Das wird deutlich, wenn solch ein Uhrwerk versagt, so daß die Stempel oder Stichmarken falsche Zeiten angeben. Soll nun der Arbeitnehmer, der nach den Betriebsanweisungen weder das Recht hat, eine solche Angabe zu beseitigen, noch sie zu korrigieren, noch auch das Gerät entsprechend zu verstellen oder die so entstandenen falschen Zeichen aus dem Verkehr zu nehmen, für die durch das Gerät verursachte Unrichtigkeit als für eine von ihm abgegebene unwahre Erklärung einstehen müssen? Mit Recht bemerkt Tröndle 15 , daß es ja der Sinn solcher Kontrolluhren sei, einen sichereren und von der Glaubwürdigkeit des Arbeitnehmers unabhängigen Beweis für seine Anwesenheit im Betrieb zu gewinnen, als es seine bloße Erklärung ist, indem man zur Aufzeichnung seines Verhaltens ein Gerät einsetzt, das nicht einfach die von der Bedienungsperson gegebenen Zeichen perpetuiert, sondern deren Verhalten selbsttätig kontrolliert. Selbsttätig kontrollieren kann aber die Maschine das Verhalten der Bedienungsperson nur insoweit, als sie es klassifizieren, d. h. von anderen Verhalten unterscheiden kann. Das entscheidende Kriterium für die Trennung der menschlichen von der technischen Aufzeichnung ist also auch und gerade in solchen Fällen das Unterscheidungsvermögen des Geräts. Durch das Uhrwerk werden selbsttätig die verschiedenen Stech- oder Stempelzeichen bestimmt. Die Änderung oder Imitation der Zeitangaben unterfällt also den Bestimmungen des Aufzeichnungsschutzes. Eine Stempel- oder Stechuhr vermag aber nicht die Personen zu unterscheiden, die sie betätigen. Dennoch wird mit ihrer Hilfe stets eine Nachricht über einen bestimmten Arbeitnehmer gewonnen, bei Stempeluhren, in die die Arbeiter ihre Lohnkarten einstecken, alleru 15

U*

RG 34, 435; 52, 65; 75,315. TröndLe, Nied. Bd. 6 S.I&7.

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

dings nicht aus dem Stempel allein, sondern nur in Verbindung mit der Karte. Genau betrachtet gehören also diese Fälle nicht hierher, weil die Nachricht, die sich aus der Klassifikationsleistung des Gerätes ergibt und die, die darüber hinaus aus der Aufzeichnung gewonnen wird, nicht ein und demselben Signal entnommen werden. Wie in den oben (3. Teil I 2) besprochenen Fällen der erläuterten Aufzeichnung wird hier eine Beziehung zwischen zwei Angaben, der Zeitangabe auf dem Stempel und der Personenangabe auf der Arbeitskarte, durch die Verbindung der beiden Gegenstände ausgedrückt, auf denen sie fixiert sind. Der Unterschied zu jenen Fällen besteht darin, daß hier an der Herstellung der Verbindung das Gerät beteiligt ist, das die verbundene Aufzeichnung produziert. Deshalb taucht die Frage auf, ob dieses Zeichen Teil der technischen Aufzeichnung oder menschliche Äußerung ist. Die Antwort ergibt sich aus dem oben Gesagten; da die Uhr nicht in der Lage ist, zwischen den einzelnen Karten zu unterscheiden, sondern auf jedes beliebige eingesteckte Blatt einen Zeitstempel drückt, kann die Bedienungsperson frei entscheiden, welche Karte gestempelt wird und damit auf welchen Arbeiter die Zeitangabe bezogen wird. Hierüber gibt sie also durch das Einstecken der Karte eine Erklärung ab, die dem Urkundenschutz unterfällt. Der Fall liegt genauso wie der der Arzthelferin, die ein EKG-Blatt, das bereits mit einem Patientenvermerk versehen wurde, in den Kardiographen einlegt. Da aus der Karte auch der Aussteller dieser Erklärung entnommen wird, liegt eine Urkundenfälschung vor, wenn ein Arbeiter heimlich die Karte eines anderen einschiebt, nicht aber dann, wenn er dies mit Einverständnis des Karteninhabers in dessen Stellvertretung tut. Denn der bevollmächtigte Stellvertreter, der den Namen des Vertretenen als Aussteller angibt, stellt eine echte Urkunde her. Dies gilt auch dann, wenn der Karteninhaber die Stempeluhr gar nicht mit passiert, die aus der Zeitangabe des Stempels in Verbindung mit der Karte zu entnehmende Nachricht also unwahr ist!6. Die nachträgliche Veränderung des Zeitstempels ist nur Verfälschung der technischen Aufzeichnung, nicht der Urkunde. Das gilt allerdings auch hier nur mit der Einschränkung, die sich daraus ergibt, daß die 18 Läßt also ein Arbeiter seine Karte in seiner Abwesenheit von einem Kollegen einstecken, so entsteht eine unwahre Urkunde, nicht aber, wie das RG in Bd. 75, 315 ausführt, auch eine unechte, weil die Vertretung hier nur in Anwesenheit, nicht aber in Abwesenheit des vertretenen Arbeiters nach den Betriebsanweisungen zulässig sei. Unerlaubt ist die Vertretung in Abwesenheit nur deshalb, weil die so entstehende Erklärung die Anwesenheit des Vertretenen behauptet, also unwahr ist. Demnach wird hier die Unechtheit der Urkunde begründet mit ihrer Unwahrheit. Die Echtheit einer Erklärung kann aber nicht von ihrer Wahrheit abhängig gemacht werden, indem man für die Echtheit Zulässigkeit der Stellvertretung und für diese die Wahrheit der Erklärung fordert.

13. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen

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Verbindung von Stempel und Karte innerhalb der Erklärung des Arbeiters als Zeichen fungiert (siehe hierzu o. 3. Teil I 2). Danach ist die Imitation eines Uhrenstempels auf einer fremden Karte ohne Ermächtigung des Inhabers auch Urkundenfälschung. In dem bekannten Stechuhrenfall17 , in dem das RG die Stichmarken auf den Zifferblättern von Kontrolluhren, die von umschichtig patrouillierenden Nachtwächtern der Reihe nach zu stechen waren, als Urkunden der Wächter über deren Anwesenheit am Ort der Uhr zu den angegebenen Zeiten qualifiziert hat, wurde die Nachricht über die Person dagegen allein aus den Stichmarken entnommen. Das ist deshalb möglich, weil für die Rundgänge der einzelnen Wächter ein Zeitplan aufgestellt wurde. Man kann also, vorausgesetzt daß sie sich an diesen Zeitplan halten, an dem durch die Uhr festgestellten Zeitpunkt jedes Stiches dessen Urheber identifizieren. Diese Identifizierung wäre eine Klassifikationsleistung des Gerätes, wenn die Stechzeiten, die allein der Mechanismus unterscheidet, brauchbare Unterscheidungskriterien auch für die einzelnen Wächter wären. Das sind sie aber nicht, da diese sich nicht notwendigerweise an den Zeitplan halten müssen. Da aus der Tatsache, daß sie sich an den Zeitplan halten, auf die Identität der einzelnen Wächter geschlossen werden kann, liegt die Annahme nahe, daß diese selbst Erklärungen über ihre Person abgeben, indem sie die Uhr zu den jeweils für sie vorgesehenen Zeiten stechen. Auf diese Weise können aber deshalb keine Erklärungen der Wächter zustandekommen, weil die Auswahl des Ortes der Stichmarken auf dem Zifferblatt durch den Lauf des Uhrwerks erfolgt. Ihnen fehlt also die Aussageherrschaft. Es sind eben gerade die Klassen, die aufgrund des Unterscheidungsvermögens des Gerätes entstehen, denen auch die Identität der einzelnen Wächter als Bedeutungen zugeordnet sind. Für eine selbständige Klassifikationsleistung der Wächter ist hier also gar kein Raum. Indem sie sich an den Zeitplan halten, schaffen sie lediglich eine Voraussetzung dafür, daß diese Zuordnung richtig ist, wozu das richtige Funktionieren des Gerätes allein nicht genügen würde. Die aus den Stichmarken in Verbindung mit dem Zeitplan entnommene Nachricht über die Person des Wächters, der die Uhr gestochen hat, unterfällt also weder dem Urkunden- noch dem Aufzeichnungsschutz. Das ist zunächst nichts Besonderes. Auch bei den bisher untersuchten Formen der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Aufzeichnungsgerät sind Codes aus der Kombination zwischen dem mensch17

RG 34, 435.

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

lichen und dem maschinellen Arbeitsergebnis zustande gekommen, und die durch Anwendung dieser Codes gewonnenen Nachrichten konnten nicht ·geschützt werden. Die Beiträge der Bedienungspersonen und des Gerätes zu dieser Information ließen sich aber ihrerseits als selbständige Klassifikationen deuten, so daß es möglich war, durch Anwendung anderer, diesen Klassifikationsleistungen entsprechender Codes auf die fixierten Signale diese Nachricht in Teilnachrichten zu zerlegen, die entweder technische Aufzeichnung oder menschliche Äußerung waren. Hier stoßen wir erstmalig auf einen Fall, in dem das nicht möglich ist. Der Grund dafür ist hier, daß die Nachricht, die vom Verhalten der Bedienungsperson abhängig ist, nicht nur wie etwa in dem oben besprochenen Fall des von Hand beschickten Testgerätes aus den vom Registriergerät hergestellten Signalen entnommen wird, sondern auch aus den von ihm vorgenommenen Klassifikationen. IX) Zusammenarbeit von Mensch und Maschine

in der Nachrichtenverarbeitung

Auch bei der elektronischen Verarbeitung von Daten, die durch eine Bedienungsperson in die Anlage "eingefüttert" werden, findet eine Fixierung von Signalen statt, deren Bestimmung sowohl von Entscheidungen eines Menschen abhängt (dessen, der die Daten eingibt oder die einzugebenden Daten vorbereitet) als auch von oft sehr verwickelten automatischen Auswahlvorgängen. Datenverarbeitungsanlagen werden im wesentlichen für zweierlei Zwecke eingesetzt: zur Verknüpfung von Informationen nach bestimmten, jeweils mitgelieferten oder durch den Aufbau der Anlage bestimmten Regeln (Instruktionen, Programmen) und zur Speicherung von Informationen in abfragbarer Form. Meist sind diese beiden Möglichkeiten in einer Anlage kombiniert und werden auch gleichzeitig zur Erfüllung einer Aufgabe in Anspruch genommen. Um aber festzustellen, ob es grundsätzlich möglich ist, die Arbeitsergebnisse von durch Menschen "gefütterten" Komputern auch als reine menschliche Äußerung oder reines Produkt der automatischen Leistung zu interpretieren, müssen wir diese beiden Einsatzweisen der Elektronik zunächst getrennt betrachten. Bei der Verknüpfung von Informationen durch Computer sprechen wir von elektronischem Rechnen, selbst dann, wenn sich die Aufgabe für uns gar nicht als Zahlenoperation darstellt, wie beispielsweise ein Brettspiel. Im Prinzip geht dabei auch in einem Computer nichts anderes vor, als in der primitivsten Addiermaschine. Für unsere Zwecke können wir also eine so eingesetzte elektronische Anlage einfach als Rechenmaschine betrachten. Die zweite Einsatzart haben wir in reiner Form in der sog. Datenbank vor uns.

I 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen

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Daß der menschliche Beitrag zur Entstehung der Aufzeichnungen einer Rechenmaschine, also die AufgabensteIlung, eine Äußerung ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Wird diese zunächst ohne weitere Verarbeitung von der Maschine fixiert, wie dies etwa bei einer Registrierkasse oder bei einem zur Erstellung von Rechnungen und Buchungen eingesetzten Computer der Fall ist, so kann dadurch eine Urkunde entstehen, wenn deren übrige Voraussetzungen, insbesondere die Erkennbarkeit des Ausstellers und die Bestimmung für den Rechtsverkehr gegeben sind. Wie aber verhält es sich mit den Signalen, die dann als Resultat der maschinellen Verarbeitung entstehen; lassen sie sich, zumindest dann, wenn der menschliche Beitrag dank seiner vorhergegangenen Fixierung durch das Schreibwerk von vornherein bekannt ist, als selbständige Leistung des Gerätes interpretieren? Eine gesonderte Feststellung der Leistung des Computers ist in diesen Fällen, in denen man weiß, welche Aufgabe ihm gestellt wurde, ohne weiteres möglich. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Arbeitsergebnisse eines Rechengeräts als automatisch erzeugte Beweismittel geschützt werden können, führt aber nicht schon die Feststellung irgend einer selbständigen maschinellen Leistung weiter. Die selbständige Leistung muß vielmehr in der Erzeugung eines Beweismittels bestehen, also eines Objektes, das als Zeichen für eine bestimmte, für einen tatsächlich oder doch möglicherweise zu führenden Beweis irgendwie relevante Tatsache interpretiert werden kann. Die Leistungen des Rechenautomaten können also nur dann Beweismittelschutz genießen, wenn ihnen eine von der menschlichen Information unabhängige Bedeutung zugeordnet werden kann. Aus der Leistungsfähigkeit des Automaten allein muß also ein Code für die Auswertung der von ihm produzierten Zeichen abzuleiten sein. Also auch hier, wo die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine nicht mehr allein der Registrierung eines gegebenen Faktums dient, ihr wesentlichster Teil also nicht mehr eine Klassifikation eines konkreten Sachverhalts nach einem bestimmten Klassensystem ist, ist für den Schutz des maschinellen Beitrages als Beweismittel Bedingung, daß ihm eine eigene von der menschlichen Vorentscheidung unabhängige Klassifikationsleistung zugrunde liegt. Denn nur dann ist er, unabhängig von der menschlichen Beteiligung, für den Beweis auswertbar. Zu einer Zeichenerkennung und damit zu einer Klassifikation muß eine Rechenmaschine allerdings fähig sein. Im Unterschied zu einem Kopiergerät muß sie die eingegebenen Signale nicht nur reproduzieren, sondern in bestimmter Weise unterscheiden können. Man spricht davon, daß der Computer das eingefütterte Arbeitsmaterial "einliest". Es kann hier offen gelassen werden, ob eine Rechenanlage den einzelnen eingegebenen Signalen genau die gleiche Bedeutung zuordnet,

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

wie derjenige, der sie festgelegt hat, und was sie überhaupt für eine Rechenmaschine "bedeuten", ob abstrakte mathematische Kategorien oder auch nur bestimmte Operationsbefehle. Denn jedenfalls behandelt die Elektronik, vorausgesetzt, daß sie richtig funktioniert, niemals zwei Signale als verschiedene, die nach dem von der Bedienungsperson angewandten Klassensystem der gleichen Klasse angehören, und niemals zwei als äquivalent, die für die Bedienungsperson nicht gleichbedeutend sind. Die Klassifikation, die in der Maschine stattfindet, ist also die gleiche, die die beteiligte Person vorgenommen hat. Selbst dann, wenn die eingegebenen Zeichen zur Verarbeitung in der Elektronik noch in ein anderes Zeichensystem umcodiert werden, beispielsweise in einen Binärcode, bleibt also die Maschine an die menschlichen Klassifikationsentscheidungen gebunden, obwohl ein solcher "Lesevorgang" - mit oder ohne übersetzung in ein anderes Zeichensystem - etwas ganz anderes ist, als eine bloße Zeichenkopie, bei der ja überhaupt keine Unterscheidung der Zeichen erfolgt, läuft er doch wie diese auf eine bloße Reproduktion der vorgegebenen Information hinaus. Dies ist aber auch nicht die eigentliche Leistung der Maschine, um derentwillen sie eingesetzt wird. Diese besteht ja erst in dem Rechenvorgang, der nun ohne weitere Beeinflussung durch die Bedienungsperson abläuft. Auch dieser automatische Prozeß führt schließlich zu einer weiteren Zeichenauswahl, ist also Produktion neuer Information. Die Objekte dieser Verarbeitungsprozesse sind ausschließlich in der Rechenmaschine als Zeichen fungierende physikalische Erscheinungen, die durch die oben beschriebene maschinelle Reproduktion der eingegebenen Information ausgewählt worden sind, also beispielsweise Drehbewegungen von Getrieberädern bei einfachen mechanischen Addiermaschinen oder das Eintreten und Ausbleiben von Stromstößen bei elektronischen Anlagen. Dieser Vorgang findet also ausschließlich auf der Ebene der Maschinenzeichen statt. Ihre Bedeutungen und die Beziehungen zwischen den Zeichen und den Bedeutungen spielen dabei keine Rolle. Daß die Ergebnisse schließlich dennoch als Kombination und Zusammenfassung der Bedeutungen interpretiert werden können, beruht darauf, daß jedem möglichen Zusammenwirken der als Zeichen fungierenden physikalischen Zustände in der Maschine die Zusammenfassung von deren Bedeutungen entspricht, die ihrerseits Operationsbefehle und Operanden sind. Es muß also nicht nur eine eindeutige Zuordnung bestehen zwischen den einzelnen Klassen von Signalen und Bedeutungen, sondern auch zwischen den innerhalb der Klassensysteme möglichen Operationen, dergestalt, daß einer Kombination der Bedeutung des Zeichens X mit der Bedeutung des Zeichens Y, deren Ergebnis die Bedeu-

13.

Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen 217

tung des Zeichens Z ist, eine Einwirkung des Signals X' auf das Signal Y' in der Maschine entspricht, die das Signal Z' erzeugt18 • Da dieser automatisch ablaufende Vorgang im Rechenwerk sich nur auf der Zeichenebene mit den vorgegebenen Zeichen abspielt, stellt er keine Klassifikation des eingegebenen Materials dar. Deshalb läßt sich aus dem maschinellen Prozeß allein, ohne Einbeziehung der menschlichen Vorinformation, keine Nachricht ableiten, obwohl sein Ergebnis eine weitere Zeichenauswahl und damit Produktion von Information ist. Schließlich findet eine weitere Codierung der durch das Rechenwerk ermittelten Ergebnisse bei deren Ausgabe statt. Denn das Rechenwerk liefert sie in einem auf seine technischen Gegebenheiten zugeschnittenen Zeichensystem, etwa in einem Binärcode, den der Benutzer nicht immer zu lesen versteht, und in nicht dauerhaften Signalen, wie Stromstöße und Bewegungen von Schalt- oder Getriebeelementen. Es fragt sich also, ob es möglich ist, den vom Ausgabewerk produzierten dauerhaften Signalen eine Bedeutung zu geben, die nur aus dessen Arbeitsweise abgeleitet ist, in die ja die Bedienungsperson nicht mehr eingreift, die also nicht die vorherige vom menschlichen Informationsbeitrag mitbestimmte Leistung des Rechenwerkes mit enthält. Diese Bedeutung kann also nicht das Ergebnis der Nachrichtenverarbeitung selbst sein, das normalerweise aus den ausgegebenen Zeichen entnommen wird. Könnte man aber die Leistung des Ausgabewerkes nicht darin sehen, daß es selbständig feststellt, zu welchem Ergebnis die Rechenanlage gekommen ist? Diese Tatsache, die wohl zu unterscheiden ist von dem Ergebnis selbst, kann für einen Rechtsstreit eine von der Richtigkeit des Rechenresultats unabhängige Relevanz haben, wenn dieses eine Person zu bestimmten Handlungen veranlaßt hat oder veranlassen sollte und diese Person nun zur Verantwortung gezogen wird. Ergebnissen der Nachrichtenverarbeitung kann die Bedeutung von Entscheidungen und Befehlen beigemessen werden, und es kann interessant sein, zu wissen, welchen Befehl oder welche Entscheidung der Computer errechnet hat, unabhängig davon, ob sie richtig waren. Diese Leistung des Ausgabewerkes beruht aber gerade darauf, daß es, wie die Empfangseinrichtung, eine vorhergegangene Klassifikation reproduziert, indem es die vom Rechenwerk ermittelten Zeichen unterscheidet und in ein System dauerhafter Signale übersetzt. Diesen Signalen wird zwar in der hier zugrunde gelegten Interpretation eine neue Bedeutung gegeben, diese knüpft aber an die gleichen Klassifikationen an, die bei der Zusammenarbeit zwischen Bedienungsperson und Re18

Poletajew S. 21.

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3. Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

chenwerk herausgekommen sind. Auch den Zeichen, die das Rechenwerk an das Ausgabewerk weitergegeben hat, kann statt des Ergebnisses selber die Tatsache entnommen werden, daß dieser Rechenvorgang zu dem betreffenden Ergebnis geführt hat. Das vermögen sie nur deshalb nicht mehr zu beweisen, weil die Signale des Rechenwerkes nicht dauerhaft sind. Es ist also allein die Perpetuierungsleistung des Ausgabewerkes, die für einen solchen Beweis in Anspruch genommen wird; darauf, daß dabei die Zeichen des Rechenwerkes auch unterschieden und klassifiziert werden, kommt es dabei nicht an. Wollte man diese Perpetuierung ursprünglich flüchtiger Zeichen schon als selbständige technische Aufzeichnung anerkennen, so hätte nicht nur jede Photokopie und jede Tonbandaufnahme Anspruch auf Aufzeichnungsschutz, sondern jedes dauerhafte Zeichen. Denn irgendein Werkzeug benötigen wir stets zur Perpetuierung von Zeichen. Jede Schreibmaschine, jeder Bleistift wandelt flüchtige Handbewegungen zuverlässig in dauerhafte Signale um und dafür, daß der Schreiber bestimmte Bewegungen ausgeführt und damit bestimmte Signale verursacht hat, erbringt jedes Schriftstück einen Beweis von hundertprozentiger Objektivität. Das, was technische Aufzeichnungen auszeichnet, ist (wie schon o. 1. Teil II 1 a festgestellt) nicht, daß sie irgendwelche Erscheinungen festhalten, und auch nicht allein, daß sie für diese einen objektiven Beweis liefern. Diesen liefern auch die Erscheinungen selbst. Ihre besondere Leistung besteht darin, daß sie außerdem es uns abnehmen, Erscheinungen zu deuten, indem sie sie selbsttätig klassifizieren. Das aber leistet ein Ausgabewerk nicht, das nur eine vorgegebene Klassifikation nachvollzieht und in dauerhaften Zeichen ausdrückt. Aus dem gleichen Grunde, aus dem die Arbeitsergebnisse des Rechners nicht unabhängig von der menschlichen Vorinformation als selbständige Zeichenproduktion des Gerätes ausgewertet werden können, läßt sich aus den Endresultaten der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine auch nicht der menschliche Beitrag herausinterpretieren. Sind die Maschinen-zeichen nur nach demselben Klassensystem zu deuten, das auch der menschlichen Äußerung zugrunde liegt, so erscheinen sie als eine Veränderung der zuvor durch den Menschen innerhalb desselben Zeichensystems getroffenen Auswahl. Es wäre nur dann trotzdem möglich, die vom Menschen stammende Nachricht aus den Maschinenzeichen zu entnehmen, diese also als Verkörperung der menschlichen Äußerung zu interpretieren, wenn sich aus jedem Rechenergebnis eindeutig auf die gestellte Rechenaufgabe schließen ließe. Die Arbeitsergebnisse einer automatischen Rechenanlage, deren Ausgangswerte nicht durch angeschlossene selbsttätig arbeitende Rezep-

I 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen

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toren und Codiereinrichtungen ermittelt, sondern von Menschen eingegeben werden, können also weder dem Urkunden- noch dem Aufzeichnungsschutz unterfallen. Bei der zweiten Einsatzweise der Elektronik zur Herstellung perpetuierter Informationen, der Verwendung zur Speicherung und Ausgabe von Nachrichten, findet bei der Dateneingabe zunächst der gleiche "Lesevorgang" statt, wie bei der "Fütterung" eines Elektronenrechners. Um die Information auf möglichst kleinem Raum in einer Form speichern zu können, in der das Gerät sie auf Anfrage wieder aufsuchen kann, wird jede Nachricht in ein anderes Zeichensystem, z. B. in magnetische Zustände eines Bandes oder einer Platte umcodiert. Es findet also eine Klassifikation in der Maschine statt, aber in der durch die vorherige menschliche Klassifikationsentscheidung bestimmten Weise. Dabei ist es durchaus die Regel, daß ein menschliches Zeichen, etwa ein Buchstabe oder eine Ziffer in mehreren Maschinenzeichen ausgedrückt werden muß, daß also der Speichercode nicht dasselbe "Klassennetz" besitzt, wie der Ausgangscode. Der in der Elektronik verwendete Binärcode besteht nur aus zwei Signalen: Strom oder kein Strom, = 1 oder 0, = ja oder nein. Aber ebenso wie die Klassen, in denen wir denken, die Begriffe, in der Schrift nicht durch die kleinsten Zeicheneinheiten vertreten werden, nämlich die 26 Buchstaben des Alphabets, sondern durch Tausende von Buchstabenkombinationen, die Worte, kann auch im Binärcode ein beliebig dichtes Klassennetz dargestellt werden. Entscheidendes Kriterium dafür, ob das Gerät eine selbständige Klassifikation vornimmt oder eine vorgegebene nur erkennt und reproduziert, ist wiederum sein Unterscheidungsvermögen. Ein Speicherwerk behandelt alle Signale, die für den menschlichen Sender äquivalent sind, gleich und alle, die für ihn etwas verschiedenes bedeuten, verschieden. Die eingespeicherten Zeichen sind aber "in einem technischen Mittel verkörperte" menschliche Äußerungen im Sinne des § 304 Ziff. 1 E 62 und können auch Erklärungen im Rechtsverkehr beinhalten, wie etwa die Bestellungen von Flugpassagen in den Buchungscomputern der Fluggesellschaften. Ihr Schutz nach § 304 E 62 wird aber in der Regel daran scheitern, daß der Erklärende, also in unserem Beispiel der Flugpassagier, nicht identisch ist mit der Person, die den Erklärungsinhalt im elektronischen Speicher verkörpert hat, und die Bedienungsperson, die es getan hat, nicht erkennbar ist. Derartige elektronische Speicherungen von Erklärungen entsprechen also rechtlich den unbeglaubigten Abschriften. Eine selbständige Klassifikationsleistung des Gerätes kann dagegen das Heraussuchen der eingespeicherten Nachricht auf Anfrage hin darstellen. Hierbei muß nämlich die Nachricht von anderen ebenfalls eingespeicherten unterschieden werden. Dies kann auf zweierlei Weise

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3.

Teil: Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine

geschehen. Die Nachricht kann mit einer sogenannten Adresse zu ihrer Wiederauffindung im Speicher versehen sein, die der Abfragende eingeben muß. Dann ergibt sich die Klassifikation schon aus dieser Adresse, die mit der Nachricht von der Bedienungsperson eingespeichert wurde. Die Anlage hat also hier wiederum nur eine fremde Unterscheidung nachzuvollziehen. Es ist aber auch möglich, daß von der Maschine eine Klassifikation nach neuen vom Abfragenden gegebenen Unterscheidungskriterien verlangt wird. Es gibt beispielsweise bereits "elektronische Bibliotheken" mit "automatischem Bibliothekar", die in der Lage sind, die eingespeicherte Literatur zu einem vom Benutzer angegebenen Sachgebiet und sogar zu einer Einzelfrage nach besonderen statistischen Methoden zu erkennen, anzugeben und herauszusuchen. Bei dieser Anwendung der Elektronik, die ihre Vorläufer schon in den Hollerithmaschinen hat, haben wir es mit einer selbständigen Klassifikationsleistung des Gerätes zu tun, die grundsätzlich auch selbständig geschützt werden könnte. Das Signal aber, mit dem diese Klassifikation an den Empfänger übermittelt wird, ist in aller Regel nicht dauerhaft, denn das Gerät drückt sie meist einfach dadurch aus, daß es die nach den angegebenen Gesichtspunkten zu einer Klasse gehörigen Nachrichten selbst in sichtbare oder hörbare Zeichen umcodiert, durch seine Schreibvorrichtung ausgibt oder auf einem Bildschirm erscheinen läßt. Diesen Ausgabevorgang selbst nimmt der Benutzer dann zum Zeichen dafür, daß die ausgegebenen Informationen aus dem Speicher zu der geforderten Klasse gehören. Der Schutz dieser selbständigen Klassifikationsleistung des Gerätes scheitert also am Mangel der Perpetuierung. Nur wenn gleichzeitig in der Anlage dauerhafte Zeichen für diese Klassen produziert und fest mit den als zu ihnen gehörig ausgeworfenen Nachrichten aus dem Speicher verbunden werden, kann diese unabhängige Auswahlentscheidung des Automaten als technische Aufzeichnung geschützt werden. Die ausgeworfenen Nachrichten selbst sind wiederum nur Reproduktionen der eingespeicherten menschlichen Information, die nur aus dem Speichercode wieder in wahrnehmbare Zeichen übersetzt wurden. Sie sind keine technischen Aufzeichnungen, aber auch keine Urkunden, wenn nicht eine Person sie nachträglich zu ihrer Erklärung macht, denn es fehlt ihnen der Aussteller, selbst wenn sie eine ihrem Inhalt nach für den Rechtsverkehr bestimmte Erklärung wiedergeben und auf die Person des Erklärenden hinweisen. Denn zum Wesen der Urkunde gehört, daß der Aussteller nicht nur für den Erklärungsinhalt einzustehen hat, sondern auch für dessen Verkörperung in einem bestimmten Zeichenträger. Diese neue Verkörperung der menschlichen Erklärung erfolgt aber hier allein durch die Maschine, ohne weiteren menschlichen Einfluß. Die aus dem Urkundenstrafrecht bereits bekannte Er-

I 3. Die von Mensch und Maschine gemeinsam hergestellten Zeichen 221 scheinung, der eine maschinelle Ausgabe elektronisch gespeicherter menschlicher Äußerungen in den für den strafrechtlichen Schutz maßgebenden Gesichtspunkten entspricht, ist also die Photokopie. Die Datenverarbeitungsanlagen im engeren Sinne sind Kombinationen zwischen Rechengeräten und Speicherwerken. Auch ihre Arbeitsergebnisse können also, wenn sie durch Menschen gefüttert werden, nicht als selbsttätige technische Aufzeichnungen interpretiert werden. Das Ergebnis, zu dem unsere Untersuchung der Schutzwürdigkeit der elektronischen Datenverarbeitung gekommen ist, mag auf den ersten Blick verblüffend sein: im Gegensatz zu den Produkten vergleichsweise oft einfach konstruierter Registriergeräte fallen die imponierenden Leistungen hochkomplizierter Rechenautomaten und Speicheranlagen, die in mancher Hinsicht unsere eigene Denkleistung weit hinter sich lassen, mangels Selbständigkeit nicht unter den Aufzeichnungsschutz. Das wird jedoch verständlich, wenn man die Tatsache nicht aus dem Auge verliert, daß es sich um den Schutz einer besonders zuverlässigen Beweismethode und des in diese gesetzten Vertrauens handelt, und nicht um den einer besonders hohen technischen Leistung als solcher und des allgemeinen Vertrauens in die Technik und ihr richtiges Funktionieren. Unleugbar kann durch die Störung der Funktionen eines Computers der größte Schaden angerichtet werden, eine Gefahr, die durch das gerade in solch komplizierte, oft nicht vollständig kontrollierte Automaten gesetzte Vertrauen noch erhöht wird. Aber das gilt nicht nur und nicht einmal in erster Linie für aufzeichnende Anlagen, sondern noch mehr für elektronische Steuerungen, die ihre Ergebnisse nicht bloß niederschreiben, sondern danach "handeln". Hier zeigt sich, daß das besondere Interesse am Schutz der elektronischen Datenverarbeitung von allgemeinerer Art ist, als das am Beweismittelschutz. Es ist das Interesse am richtigen Funktionieren aller komplizierten und schwer kontrollierbaren Anlagen für jeden möglichen Verwendungszweck, das sich eben auch bei den Aufzeichnungen herstellenden Datenverarbeitungsgeräten geltend macht. Das aber gehört in den Bereich der Sachbeschädigung, nicht der Fälschungsdelikte. In der Sicherheit des gelieferten Beweises aber ist tatsächlich das einfachste selbsttätig arbeitende Registriergerät den größten von Menschen gefütterten "Elektronengehirnen" überle~en.

Vierter Teil

Zur Auslegung des § 268 StGB Einleitung Da der § 306 E 62 mit nur einer, allerdings bedeutsamen Änderung, auf die noch besonders einzugehen sein wird, durch das 1. StrRG als § 268 StGB Gesetz geworden ist, ist zu untersuchen, wieweit die hier gewonnenen Erkenntnisse zu einer Interpretation dieser Vorschrift nutzbar gemacht werden können. Da sie die dogmatische Unhaltbarkeit und praktische Unbrauchbarkeit der vom historischen Gesetzgeber angestrebten Entsprechung zum Urkundenschutz zutage gefördert haben., hängt dies, weniger was den Begriff der technischen Aufzeichnung, wohl aber was den Schutz, also den Begriff der Fälschung anbelangt, davon ab, wieweit jene Konzeption der Parallele zur Urkunde und zur Urkundenechtheit im Gesetzestext selbst zwingenden Ausdruck gefunden hat, und ob es möglich ist, einen anderen, dem Wesen und der 1 Bereits in den Beratungen des Sonderausschusses des Bundestages ist die Richtigkeit dieses Konzepts angezweifelt worden. Dreher faßte bereits den § 306 E 62 als Wahrheitsschutz auf, vgl. BT Drs. V/4094 S.2413. Müller - Emmert forderte ihn wenigstens de lege ferenda, da "angesichts der technischen Entwicklung auf die Dauer die Parallele zur Urkundenfälschung verlassen werden müsse."; zustimmend Arnd S. 2414 f., vgl. auch Schlee S. 2413. Dieses Ansinnen wurde von Güde mit dem Bemerken zurückgewiesen, daß man ein Gesetz für die Gegenwart zu machen habe und nicht für die Zukunft, vgl. a.a.O. S. 1414. Auf wenig Gegenliebe stieß dieses Echtheitskonzept des § 268 dann auch in der Literatur. Teils wurde seine Durchführung als inkonsequent getadelt, weil mit der Erfassung des störenden Eingriffs in § 268, Abs. 3 das Prinzip des reinen Echtheitsschutzes und die Parallele zur Urkundenfälschung bereits verlassen sei, so Lampe NJW 70, 1103, Schönke - Schröder zu § 268, Ziff. 46. Teils wird aber auch gerade diese Parallele als dogmatisch und praktisch verfehlt kritisiert, so Kienapfel NJW 71, S.166: "Der Gesetzgeber hat Notwendigkeit und Richtung einer dogmatischen Differenzierung verkannt, indem er Begriff und Schutz der technischen Aufzeichnung in das Prokrustesbett der Urkundenfälschung gespannt hat." Auch Schilling, technische Aufzeichnungen, S. 47 f. Schließlich wird schon de lege lata, vor allem über § 268, IH, versucht, sich von dieser Parallele zu lösen und zu einem Wahrheitsschutz zu kommen, vgl. Dreher zu § 268, Anm. 3, Schneider JurA 70, 246 u. S. 252. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß diese Frage im Zuge der noch ausstehenden Gesamtreform des Urkundenstrafrechts nochmals aufgeworfen wird, vgl. dazu Diemer - Nikolaus Ausschußprotokoll, a.a.O. S. 2415.

1. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in§ 268 StGB

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Funktion der technischen Aufzeichnung angemesseneren Fälschungsbegriff zu entwickeln, der mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar ist. Dagegen lassen sich die im ersten Teil I aus den Grundbegriffen der Zeichentheorie und den Prinzipien der automatischen Registrierung entwickelten Wesensmerkmale der technischen Aufzeichnung und ihrer sich daraus ergebenden spezifischen Leistung für den Beweis zu einem Aufzeichnungsbegriff zusammenfassen, der mit dem Wortlaut des § 306 E 62 durchaus vereinbar ist. Das ist im einzelnen im 1. Teil 11 dargelegt worden. Hier steht also nur noch die Frage aus, ob die Einfügung der Daten und Rechenwerte in § 268 StGB hieran etwas ändert. Im übrigen wird eine kritische übersicht über die Interpretationen des § 268 StGB in der Literatur zu geben sein. I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB 1. Die Einfügung der Daten und Rechenwerte

Diese letzte Änderung des Tatbestandes erfolgte erst durch den Sonderausschuß des Bundestages für die Strafrechtsreform in der Absicht, die Rechenmaschinen und Datenverarbeitungsanlagen in den Strafschutz einzubeziehen, und zwar ohne jede Einschränkung. Aber es ist im Sonderausschuß nie zu einer Diskussion der Frage gekommen, ob und warum die Produkte der maschinellen Datenverarbeitung im weitesten Sinne überhaupt als Beweismittel schutzwürdig sind. Man ging davon aus, daß die Einbeziehung der Arbeitsergebnisse von Rechenanlagen lediglich eine Anpassung des § 306 E 62 an die inzwischen fortgeschrittene technische Entwicklung sei2 , obwohl diese damals sog. "Elektronengehirne" bereits in den frühen fünfziger Jahren allgemein bekannt waren, im militärischen Bereich, in Wissenschaft und Technik vielfach Verwendung fanden und mit ihren gegenwärtigen und künftigen Möglichkeiten von Presse, Rundfunk und Science-fiction-Literatur in der breitesten Öffentlichkeit diskutiert wurden, lange bevor die große Strafrechtskommission begann, sich mit technischen Aufzeichnungen zu befassen. Die in den Beratungen des Sonderausschusses anklingende Annahme, die Strafrechtskommission habe die Arbeitsergebnisse von Elektronenrechnern nur deshalb nicht ausdrücklich in der Definition der technischen Aufzeichnung berücksichtigt, weil man nichts davon gewußt habe, ist also nicht sehr wahrscheinlich. Zugenommen hatte allerdings in der Zwischenzeit mit der Verbreitung der elektronischen Rechen- und Speichertechnik in . Wirtschaft 2

Vgl. BT Drs. V/4094 S. 2618 f.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

und Verwaltung deren praktische Bedeutung im täglichen Rechtsleben. Der Sonderausschuß hatte also mehr Anlaß, die Schutzwürdigkeit ihrer Produkte zu prüfen, als seinerzeit die Kommission, die diese Frage nie besonders erörtert hat, geschweige denn zu einer ausdrücklichen Einigung darüber gekommen ist3 • Es hätte also festgestellt werden müssen, ob die Kommission den Produkten der Rechentechnik im Vergleich zu denen der reinen Registriertechnik nur deshalb so wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, weil man damals ihre praktische Bedeutung im Rechtsverkehr noch gering einschätzte oder auch, weil sie gar nicht in der "Stoßrichtung" des erstrebten Schutzes vor Falschbeweis lagen. Natürlich hätte sich der Sonderausschuß auch von den Vorarbeiten der Kommission mehr oder weniger freimachen und eine eigene Konzeption des Schutzes von mit technischen Hilfsmitteln hergestellten Informationsträgern entwickeln können. All dies ist unterblieben, weil der Ausschuß davon ausging, daß es sich hier nur um redaktionelle Klarstellung handle. Das zeigt die Art seines Vorgehens in dieser Frage. Der Präsident der Physikalisch-technischen Bundesanstalt wurde beauftragt, zu prüfen, ob der Begriff der "technischen Aufzeichnung" in § 306 E 62, also ein von Juristen geschaffener, neuer Begriff der Rechtssprache, die Produkte von Computern miterfasse 4 • Dieser erklärte vor dem Ausschuß: "Der Begriff der technischen Aufzeichnung sollte sämtliche Aufzeichnungen enthalten, die mit Hilfe technischer Vorrichtungen direkt oder indirekt durch den Menschen erzeugt werden" - (also auch Telegramme, Druckerzeugnisse, maschinengeschriebene Texte?). Deshalb sei die Aufzählung der Meßwerte, Zustände und Geschehensabläufe lückenhaft, weil sie nicht auch Zahl- und Rechenwerte erfasse5 • Daraufhin wurde dann diese Aufzählung entsprechend ergänzt6 • So kam es, daß in den Materialien zu § 268 StGB zwar eindeutig der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck kommt, die Ergebnisse der Datenverarbeitung grundsätzlich vor störenden Einwirkungen auf das Gerät, nachträglichen Veränderungen und Imitationen zu schützen, aber eine spezielle Begründung dafür ebenso fehlt wie eine Antwort auf die Frage, welchen Sinn dieser Schutz angesichts der Tatsache noch 3 COTves ging allerdings in seinem zusammenfassenden Bericht über die Vorgeschichte des § 306 E 62 vor dem Sonderausschuß davon aus, daß die Ergebnisse der EDV von vornherein miterfaßt werden sollten, beruft sich hierfür aber nicht auf die veröffentlichten Sitzungsprotokolle der Strafrechtskommission, sondern auf die Auffassung des Justizministeriums; vgl. a.a.O. S.2410. 4 Vgl. Corves a.a.O. S. 2415. 5 Vgl. a.a.O. S. 2418. 8 Vgl. a.a.O. S. 2618 f. u. 8161 f.

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

225

hat, daß die "Fütterung" einer solchen Anlage mit falschen Ausgangsdaten stets straflos bleibt7 • Unsere Untersuchungen über die Leistung von reinen Rechen- und Speicheranlagen und ihre Auswertung im Beweis einerseits und über die Gründe für ein spezielles Verbot des Falschbeweises mit Maschinenzeichen andererseits haben gezeigt, daß die Einbeziehung der Produkte der menschliche Informationen nur verarbeitenden Geräte das Konzept eines Schutzes einer besonders einfachen und vor allem sicheren Beweismethode sprengt, das dem § 306 E 62 zugrundelag. (s. o. 3. Teil I 3 b a..) Denn ihre selbständige, von menschlichem Einfluß freie Leistung kann im Beweis nicht für sich allein ausgewertet werden, und das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine, das ausgewertet wird, teilt nicht die Objektivität und damit die Zuverlässigkeit technischer Beweisverfahren. Wir hatten gesehen, daß das Interesse am ungestörten Funktionieren solcher hochkomplizierten und daher schwer kontrollierbaren Anlagen kein spezielles Beweisinteresse ist und nicht auf Anlagen beschränkt ist, die Aufzeichnungen herstellen. Es handelt sich dabei vielmehr um das Interesse an der hohen technischen Leistung als solcher und um das Bedürfnis nach Sicherung der Funktionen solcher Mechanismen vor störenden Eingriffen, die uns geistige Arbeit abnehmen und die wir nur dadurch vollständig kontrollieren können, daß wir ihre Leistung selbst nachvollziehen. Wir können sie also nur dann nutzen, wenn wir uns auf sie verlassen, sind aber dadurch nicht nur in besonderer Weise auf die Zuverlässigkeit der Apparatur selbst angewiesen, sondern auch gegen Beeinflussungen durch eine Person, die bewußt und heimlich ihre Funktionen stört, schlechter geschützt als sonst. Dies könnte einen speziellen Schutz des Vertrauens auf das richtige Funktionieren elektronischer Geräte rechtfertigen, der sich aber nicht nur auf aufzeichnende Geräte erstrecken dürfte, sondern ebenso auf solche, die ihre Ergebnisse nur anzeigen, "Befehle" erteilen oder gar Vorgänge selbst steuern. Eine Beschränkung eines solchen Vertrauensschutzes auf aufzeichnende Geräte und ihren Einsatz im Beweis könnte allerdings damit erklärt werden, daß jeder Vertrauensmißbrauch dadurch eine zusätzliche Unwertkomponente erhält, daß er zur Täuschung im Rechtsverkehr, insbesondere in einem Beweisverfahren, geschieht. Aber auch damit kann die Berücksichtigung dieses Interesses im Rahmen des Fälschungstatbestandes des § 268 StGB nicht gerechtfertigt werden. Denn dieser erfaßt nicht nur und nicht einmal in erster Linie den störenden 7 Darüber, daß diese Methode der Herstellung eines unrichtigen Arbeitsergebnisses nicht durch § 268 StGB erfaßt wird und auch nicht erfaßt werden soll, bestand Einigkeit; vgl. Dreher und Güde a.a.O. S. 2415.

15 Puppe

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

Eingriff in das Gerät, sondern auch die nachträgliche Veränderung des Produkts und dessen Imitation. Was jedoch außerhalb der Maschine mit ihren Erzeugnissen geschieht, können wir kontrollieren und sind insoweit nicht auf Vertrauen angewiesen; vor allem aber vertrauen wir, wenn wir uns auf das Unterbleiben nachträglicher Machinationen und Imitationen verlassen, nicht mehr auf die Funktionstüchtigkeit der Maschine, sondern allein auf die Korrektheit der mit dem Maschinenprodukt umgehenden Personen. Daß die Verfälschung oder Imitation der Zeichen eines unabhängig von menschlicher Beeinflussung arbeitenden Aufzeichnungsgeräts gleichwohl Mißbrauch eines besonderen Vertrauens in technische Verfahren ist, liegt daran, daß sich hier aus dem Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Maschine ein Vertrauen auf die Richtigkeit des Maschinencodes ergibt, das durch dessen wie auch immer bewerkstelligten Mißbrauch zur Täuschung verletzt wird. Computerzeichen aber verdienen und genießen kein gleiches Vertrauen, wenn die Richtigkeit der aus ihnen entnommenen Information von der Wahrhaftigkeit eines Menschen abhängt, weil sie ohne die Einbeziehung von dessen Äußerungen gar nicht gedeutet werden können. Zwar hat sich auch das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit von Rechenanlagen dergestalt auf ihre Produkte und deren äußeres Erscheinungsbild erweitert, daß man zunächst von der rechnerischen Richtigkeit einer jeden Berechnung ausgeht, die den Eindruck erweckt, von einem Computer erstellt zu sein. Aber für einen besonderen Schutz dieses Vertrauens im Beweisverkehr sprechen weder die oben 1. Teil I 4 dargelegten Gründe für ein Verbot des Mißbrauchs des Vertrauens in einen anerkannten Code, noch die besondere Angewiesenheit des einzelnen und der Allgemeinheit auf Vertrauen in die Funktionstüchtigkeit des schwer kontrollierbaren Geräts. Das Vertrauen in die Richtigkeit einer Berechnung, die von einem Computer zu stammen scheint, verdient, sofern es schon an das äußere Bild des Produkts anknüpft und nicht unmittelbar an die als solche bekannte Computerleistung selbst, keinen weitergehenden Schutz als jedes andere Vertrauen in die Richtigkeit eines Augenscheins. Auch unter dem Gesichtspunkt eines Schutzes des Vertrauens in das richtige Funktionieren schwer kontrollierbarer Apparaturen vor Mißbrauch zur Täuschung im Beweis läßt sich ein Verbot der Verfälschung und Imitation der Aufzeichnungen reiner Informationsverarbeitungsanlagen nicht rechtfertigen. Im übrigen wäre in der Praxis damit auch nicht viel zu erreichen. Denn wer ein bestimmtes falsches Resultat erzielen will, wird dies ohnehin am ehesten durch falsche Ausgangsdaten zu erreichen suchen und nicht über den viel schwierigeren Weg nachträglicher Machinationen oder Imitationen, von Eingriffen in den Mechanismus ganz zu schweigen, die äußerst kompliziert sein müßten, um

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

227

eine unauffällige Änderung des Ergebnisses in ganz bestimmter Richtung zu bewirken. Daß der Gedanke des Schutzes der Funktionsfähigkeit komplizierter Anlagen nicht ohne weiteres dem § 268 StGB substituiert werden kann, ergibt sich aber nicht nur aus der Ausgestaltung der tatbestandsmäßigen Handlung, sondern auch aus der Bestimmung der von der Vorschrift erfaßten Tatobjekte, unter die auch verhältnismäßig einfach konstruierte und leicht zu überwachende Geräte fallen. Dem Bedürfnis nach Schutz des allgemeinen Vertrauens in die Zuverlässigkeit der maschinellen Datenverarbeitung kann also nicht, wie dies der Sonderausschuß offensichtlich beabsichtigt hat, im Rahmen des § 268 StGB Rechnung getragen werden. Dieser Versuch führt nicht nur zu dogmatischen Friktionen, sondern vor allem zur Erfassung von Fällen, die weder unter dem Gesichtspunkt dieses Vertrauensschutzes strafwürdig sind, noch unter dem des Mißbrauchs eines anerkannten Codes, der die Strafbarkeit der Fälschung technischer Aufzeichnungen sonst rechtfertigt. Das müßte aber nur dann in Kauf genommen werden, wenn die neue Fassung des § 268 StGB ihrem objektiven Wortsinn nach eindeutig eine Erstreckung des Tatbestands auf alle, auch die von Bedienungspersonen mit Daten versorgten, Nachrichtenverarbeitungsanlagen enthält. Das ist indessen nicht der Fall, obwohl eine derart weite Auslegung der Vorschrift, wohl im Anschluß an die Motive, heute allgemein ohne weiteres angenommen wird 8 • Die Einfügung der Worte, Daten und Rechenwerte in die Definition der geschützten technischen Aufzeichnungen besagt nur, daß Arbeitsergebnisse von Computern überhaupt Schutzobjekte des § 268 StGB sein können. Da es Anlagen gibt, die Daten verarbeiten und speichern, und Berechnungen vornehmen und aufzeichnen, und doch nicht auf menschliche "Fütterung" angewiesen sind - weil sie ihre Ausgangsdaten durch eigene Rezeptoren und Meßvorrichtungen erhalten, die ihrerseits selbständig arbeitende Registriergeräte sind - steht die Erwähnung der Daten und Rechenwerte in § 268 StGB dem hier vertretenen Anliegen nicht notwendig entgegen, von Menschen "gefütterte" Rechen- und Speichergeräte und deren Arbeitsergebnisse aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift auszuschließen. Sedes materiae ist nicht die Bestimmung der möglichen Inhalte technischer Aufzeichnungen, sondern das Erfordernis der Selbständigkeit, das streng zu nehmen ist, weil es allein den Grund enthält, aus dem die Aufzeichnungen bestimmter Maschinen als solche überhaupt einen Vgl. Schilling, techno Aufzeichnungen S. 16 S. 248. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 16.

8 U.

16·

U.

17, S. 22 f., Schneider S. 246

228

4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

Schutz verdienen. Es ist dabei davon auszugehen, daß es sich um Maschinen zur Gewinnung von Information, also von Zeichenauswahl, handelt. Dann ergibt sich, daß Anlagen, die ständig auf menschliche Vorauswahl von Zeichen angewiesen sind, das was sie produzieren sollen, die Information, nicht selbständig produzieren können, mögen sie - technisch gesehen - auch noch so "automatisch" arbeitenD. In dieser engen Auslegung läßt sich die Erstreckung der Vorschrift auf Aufzeichnungen von Daten und Rechenwerten in die hier schon für § 306 E 62 vertretene Konzeption eines Schutzes besonders vertrauenswürdiger Codes nicht nur ohne Bruch einfügen, sondern enthält für sie auch einen Fortschritt. Denn sie ermöglicht es, die Kombinationen von Registrier- und Rechengerät zu erfassen, die aus den gleichen Gründen zu schützen sind wie reine Registriergeräte und deren Einbeziehung in den Tatbestand des § 306 E 62 nur deshalb Schwierigkeiten gemacht hätte, weil sie nicht Meßwerte nur aufnehmen ("erkennen") und festhalten, sondern zunächst Zusammenfassungen davon oder Verknüpfungen mit anderen Daten herstellen und nur diese, also Rechenwerte, aufzeichnen. 2. Zur Auslegung des § 268 Abs. 2 StGB im übrigen, eine Auseinandersetzung mit der bisherigen Literatur

Die bisherige Literatur zu § 268 StGB hat weitgehend darauf verzichtet, die Interpretation der Vorschrift auf Untersuchungen über Grund und Grenzen der Schutzwürdigkeit technischer Aufzeichnungen zu stützen. Zur Erklärung der ratio legis begnügt man sich mit zwei Feststellungen: 1. wird ausgeführt, daß im Rechtsverkehr verschiedentlich technische Aufzeichnungen an die Stelle von Urkunden getreten sind und daß deshalb in einem Bereich, der früher durch den Tatbestand der Urkundenfälschung erfaßt wurde, eine Lücke in der Strafbarkeit entstanden ist, die durch eine Vorschrift zum Schutz technischer Auf» In der Literatur zu § 268 StGB wird dagegen meist angenommen, daß die Fixierung der eingefütterten Daten zwar nicht selbständig erfolgt, da sie, ebenso wie z. B. eine Schreibmaschinenschrift, allein von der Bedienungsperson bestimmt ist - was nach Schilling aber merkwürdigerweise schon dann anders sein soll, wenn die Daten nicht durch Eintasten, sondern über ein "Lesegerät" durch vorgefertigte Nachrichtenträger (LQch- oder Magnetkarten) eingegeben werden, vgl. "techn. Aufzeichnungen" S.22 -, daß aber die Ermittlung des Rechenergebnisses eine völlig selbständige Leistung des Geräts ist - vgl. Schilling a.a.O. S. 16, Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 16. Dabei wird anscheinend die Feststellung des Rechenergebnisses mit dem Rechenvorgang gleichgesetzt, der allerdings allein die Leistung der Maschine ist, wobei die Tatsache keine Berücksichtigung findet, daß gerade dieses Ergebnis unmittelbar von den vorgegebenen Ausgangswerten bestimmt ist.

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

229

zeichnungen ausgefüllt werden mußte. Dabei wird nicht bedacht, daß ein Mittel, das zur Erfüllung irgendeines zunächst nicht näher bestimmten Zweckes im Rechtsleben an die Stelle eines anderen tritt, nicht notwendig in allen seinen Eigenschaften und Funktionen und damit auch in den strafrechtlich relevanten jenem gleich sein muß. 2. wird auf die "Beweiskraft" und das, oft inhaltlich nicht präzisierte, Vertrauen hingewiesen, das technische Aufzeichnungen im Rechtsverkehr genießen10 , wobei sich ebenso wie im Sonderausschuß jedoch mehr und mehr die Erkenntnis durchzusetzen scheint, daß sich dieses Vertrauen auf die Wahrheit der aufgezeichneten Tatsachen selbst richtet und nicht auf eine von dieser prinzipiell verschiedene, der Authentizität der Urkunde in Funktion und Reichweite entsprechende Echtheitl l • Demzufolge basieren die Ergebnisse, zu denen die Prüfung der Einzelfragen kommt, meistens auf reiner Wortinterpretation oder auf zur Urkunde und den für diese bisher entwickelten Lehren gezogenen Parallelen12 • Dementsprechend hielt man es angesichts der ausführlichen Legaldefinition des § 268, Abs. 2, für nicht mehr erforderlich und vielleicht auch unstatthaft, die automatische Registrierung selbst als ein neues Phänomen für sich allein, zunächst unabhängig von Urkundenlehre und Urkundenbegriff, auf seine Leistungsfähigkeit im Beweis und deren theoretische Grundlagen und auf seine eigenständige Bedeutung im Rechtsverkehr hin zu untersuchen. Deshalb kam es nicht zur Entwicklung eines einheitlichen allgemeinen Begriffs der technischen Aufzeichnung, aufgrund dessen eine prinzipielle Scheidung von ihr ähnlichen Erscheinungen, wie der mit technischen Hilfsmitteln verkörperten menschlichen Erklärung oder der maschinellen Kopie möglich gewesen wäre; daher erschienen die damit verbundenen Abgrenzungsfragen erst bei der Prüfung des Merkmals "ganz oder zum Teil selbsttätig" oder des Konkurrenzverhältnisses zu § 267 StGB. Welche Beweismittel im einzelnen technische Aufzeichnungen sind, wurde zunächst allein anhand der Aufzählung möglicher Aufzeich10 Vgl. Schneider S. 245, Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 1, Dreher zu § 268, Anm.1. 11 Vgl. Schneider S. 245, Lackner - Maassen, Anm.2, Dreher zu § 268, Anm. 1. 11 Am konsequentesten führt Lampe die Parallele durch, indem er auf Grund der Vorstellung, daß Urkunden und technische Aufzeichnungen im Gegensatz zu "klassischen" Augenscheinsobjekten "einen Sinn oder Symbolgehalt haben", beide unter einem Begriff der "Urkunde im weiteren Sinne" zusammenfaßt; vgl. NJW 70, S. 1098. Der grundsätzliche Fehler dieser Betrachtungsweise ist bereits o. 1. Teil I a aufgezeigt. Dagegen auch Kienapfel s. JZ 71 S. 163.

230

4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

nungsinhalte in § 268, Abs. 2, geprüft1 3 , obwohl diese Aufzählung gerade das Anliegen verfolgte, alle möglichen Inhalte zu erfassen, die mit Hilfe von Augenscheinsobjekten überhaupt festgestellt werden können, und nur der Anschaulichkeit halber vom Sonderausschuß beibehalten und nicht durch einen allgemeinen Sammelbegriff ersetzt wurde, weil man den Juristen den Umgang mit einem so abstrakten Begriff wie Information oder Nachricht nicht recht zutraute14 • Darüber hinaus wurde von einigen Interpreten der Vorschrift versucht, mit Hilfe der Aufzählung von Zustand und Geschehensablauf auch Beweismittel für menschliche Erklärungen zu erfassen, obwohl diese nicht der Feststellung eines Zustands oder Geschehensablaufs als solchen dienen15 • So wurde eine Photokopie zur Wiedergabe des Zustandes des Originalschriftstücks, ein besprochenes Tonband zur Wiedergabe des Sprechvorgangs18• Damit wird der Aufzählung der Aufzeichnungsinhalte jede Funktion im Tatbestand des § 268 StGB genommen,denn jede Aufzeichnung, wie jeder Gegenstand überhaupt, hält einen Vorgang fest, den seiner eigenen Entstehung. Dagegen versucht Kienapfel den Ausschluß nicht nur der Photokopie, sondern auch der gewöhnlichen Photographien, Röntgenaufnahmen, Fernsehaufnahmen und Tonaufnahmen menschlicher Sprache mit der Annahme zu begründen, daß Zustände und Geschehensabläufe i. S. des § 268 StGB nur solche sind, die auf Daten, Meß- oder Rechenwerten "basieren"17, eine Annahme, für die der Gesetzestext, der all diese möglichen Aufzeichnungsinhalte als gleichberechtigte aneinanderreiht, keine Grundlage liefert. Lackner fordert im Anschluß an die hier vertretenen Thesen eine eigene Klassifikationsleistung des Aufzeichnungsgeräts, was zum Ausschluß der bloßen maschinellen Kopie führt, als deren einfachstes BeispielFilm und Tonaufnahme genannt werden18 • Die Bestimmung des Aufzeichnungsbegriffs ist der systematische Ort, an dem die Ausscheidung der maschinellen Kopie erfolgen kann und muß, zur Begründung 11 Vgl. Schilling "Aufzeichnungen", S. 11 ff., Schönke - Schröder Ziff. 4 ff., Dreher zu § 268, Anm. 2. 14 Protokolle des Sonderausschusses S. 2618 f. 1. Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 19, vgl. dazu auch Schneider S. 248, Schänke - Schröder zu § 268, Ziff. 4 ff., dagegen sieht Dreher die Tonaufnah-

men menschlicher Sprache nicht als technische Aufzeichnungen an, vgl. zu § 268, Anm. 2, ebenso Comes a.a.O. S. 2412. 11 Schilling a.a.O. S. 13. 17 Vgl. Kienapfel JZ 71 S. 164. Die Subsumtion der Fotokopie unter § 268 Abs.2 lehnt auch der BGH ab, allerdings ohne Begründung, vgl. NJW 71 S.1812. 18 Lackner - Maassen zu § 268, Anm. 3 a.

1.

Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

231

dieser Ausscheidung und zur Abgrenzung der Aufzeichnung von der Kopie s. o. 1. Teil 11 1 a. Meist wird jedoch grundsätzlich ein Produkt, das mit Hilfe irgendeines Apparates hergestellt wurde, schon um dessen willen als technische Aufzeichnung angesehen, daß es zum Beweis von Daten, Meßoder Rechenwerten, Zuständen oder Geschehensabläufen dient19 • Dies wird dadurch nahegelegt, daß die "technische Aufzeichnung" in § 268, Abs. 2, allgemein als Darstellung definiert ist. So bleibt als einziges Charakteristikum der technischen Aufzeichnung, insbesondere im Vergleich zu anderen Augenscheinsobjekten, die Tatsache übrig, daß bei ihrer Erzeugung ein gewisser technischer Aufwand getrieben wurde, wobei gleichgültig ist, weshalb er erforderlich war und was für eine Leistung durch ihn erbracht wurde. Das kommt besonders deutlich bei Schilling zum Ausdruck, der die Frage erörtert, warum ein chemischer Indikator, wie beispielsweise Lakmuspapier keine technische Aufzeichnung sein könne, obwohl er einen Vorgang, nämlich die Einwirkung einer sauren oder basischen Substanz wiedergebe. Er führt hierzu aus, daß es nicht genüge, daß ein "Medium" vorhanden sei, das durch die Vorgänge oder Zustände beeinflußt werde, es müssen vielmehr, sei es zur Zuleitung dieser Einflüsse zum "Medium", sei es zur weiteren Verarbeitung von dessen Reaktionen, gewisse zusätzliche "Vorkehrungen" getroffen sein. Diese zusätzlichen Vorkehrungen kennzeichnen das technische Gerät. Zur Erklärung des Sinns dieses Erfordernisses wird lediglich ausgeführt, daß diese Vorkehrungen eine "gewisse Ordnung" in den angestrebten Wirkungszusammenhang bringen und ihn von störenden Einwirkungen freihalten 20 • Die Frage, ob eine jede vor oder hinter das Medium geschaltete "Vorkehrung" das tatsächlich tut und in welchem Ausmaß sie es tun muß, bleibt aber unerörtert. Der Respekt vor einer in ihren theoretischen Grundlagen und allgemeinen Funktionsprinzipien nicht analysierten und daher auch in ihrer Leistung und deren praktischer Bedeutung nicht durchschauten Technik, der die Interpretationen des § 268 StGB ebenso durchzieht wie seine Entstehungsgeschichte, kommt in dieser nach dem rein äußerlichen Herstellungsaufwand getroffenen Abgrenzung der technischen Aufzeichnung von anderen Augenscheinsobjekten deutlich zum Ausdruck. Es ist Schilling zwar nicht zum Vorwurf zu machen, daß er das Erfordernis eines gewissen technischen Aufwands aufstellt, denn dies ist in dem vom Gesetz gebrauchten Ausdruck "technisches Gerät" ent11 Dreher zu § 268, Anm. 2, Schönke - Schröder zu JR 71 S. 4168, Schilling "Aufzeichnungen", S. 11 ff. 10 Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 20 f.

§ 268,

Anm. 5, Schröder

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

halten, wohl aber, daß er sich mit jeder Art technischen Aufwands begnügt. Das einzige Erfordernis, das aus dem Begriff Aufzeichnung selbst, ohne Heranziehung der Legaldefinition abgeleitet wird, ist das der Dauerhaftigkeit, das in gleicher Weise für die Urkunde besteht. Es herrscht Einigkeit darüber, daß Anzeigen, die mit dem Ende der gemessenen Einwirkung automatisch aufhören, nicht unter § 268 StGB fallen21 • Dasselbe wird von allen Autoren außer Schilling für Zählwerke angenommen, die den jeweiligen Stand eines Verbrauchs anzeigen, wie Gas- und Wasseruhren und Elektrizitätszähler, oder die nach Gebrauch sofort auf den Nullstand zurücklaufen wie Benzinuhren an Zapfsäulen22 • Bei den erstgenannten Zählwerken begründet Schilling die Dauerhaftigkeit damit, daß 1. die Wirkung der gemessenen Erscheinung auf das Gerät anhält und mit den späteren summiert wird, 2. ständig der jeweilige Stand, der sich seinerseits jederzeit ändern kann, erkennbar ist23 • Zum ersten Argument ist zu sagen, daß die Fortdauer einer Einwirkung im Gerät nicht als deren Aufzeichnung angesehen werden kann, wenn es nicht mehr möglich ist, sie als einzelne an den vom Gerät produzierten Zeichen festzustellen. Dem zweiten steht entgegen, daß Ziel eines Beweises nicht der jeweilige, sich ständig ändernde Stand des Verbrauchs ist, sondern die zu einem bestimmten Zeitpunkt verbrauchte Menge. Für die Einbeziehung der zweiten Art von Zählwerken, für die als Beispiel der Zähler an der Benzinzapfsäule angeführt ist, führt Schilling an, daß es genügen müsse, wenn die Zeichen so lange bestehen wie der Beweisvorgang andauert, dem sie dienen sollen, also etwa der Kauf von Benzin. Das läßt sich jedoch nicht mit der Ablehnung des Schutzes von Zeigergeräten vereinbaren, denn auch bei diesen wird dafür gesorgt, daß der Beweisvorgang, für den sie bestimmt sind, abgeschlossen werden kann, ehe durch Beendigung der Einwirkung auf das Gerät die Anzeige gelöscht wird. Erhebliche Unsicherheit besteht bei der Auslegung des Merkmals "ganz oder zum Teil selbsttätig". Man hält sich entweder sofort an die verschiedenen Arten von maschinellen Vorgängen, die als Aufzeichnungsvorgänge in Betracht kommen, also Datenverarbeitungen, Messungen, Film- oder Tonaufnahmen, und stellt, da man ihre verschiedenen Leistungen nicht unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammenfaßt, für jede gesondert Voraussetzungen der Selbständigkeit auf, 21 Vgl. Dreher zu § 268, Anm.2, Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 5, Lackner Maassen zu § 268, Anm. 3a, Schilling "Aufzeichnungen" S. 11, Schneider S. 247. 22 23

Vgl. die Nachweise in vorstehender Fußnote. Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S.l1.

1.

Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

233

je nachdem, was man als typische Leistung gerade von dieser Art Maschinenprodukten erwartet24 . Oder man knüpft an den äußeren Vorgang als ganzen an und kommt so zu einer Formel wie: "selbständig arbeitet ein Gerät, das den Aufzeichnungsvorgang selbst steuert"25 oder: "das Gerät muß aufgrund seiner Vorprogrammierung die Aufzeichnung ohne oder mit nur unterstützender menschlicher Mitwirkung vorgenommen haben"26. Versucht man dann diese Formeln auf den Einzelfall anzuwenden, so zeigt sich, daß sie leer sind, weil man versäumt hat, erst einmal festzustellen, was ein Aufzeichnungsvorgang oder eine Aufzeichnung i. S. dieser Formel sein soll. Und so muß man in problematischen Fällen nach anderen Kriterien der Selbsttätigkeit suchen. Das wird deutlich bei Schröder, der, nachdem er zunächst die als zweite genannte Formel aufgestellt hat, zur Unterscheidung zwischen technischer Aufzeichnung und technischer Schreibhilfe ausführt, daß auch teilweise Selbsttätigkeit genüge, die zu bejahen sei, wenn "die den konkreten Aufzeichnungsvorgang steuernden menschlichen Einflüsse von der Maschine in erheblicher Weise umgewandelt oder verarbeitet werden". Diese Voraussetzung soll bei einem Tonbanddiktat erfüllt sein, nicht aber bei einer Schreibmaschinenschrift, da "das Tippen der einzelnen Tasten durch das Gerät keine wesentliche Umwandlung erfährt"27. Dabei erfahren die menschlichen Einflüsse in einer Schreibmaschine eine starke Veränderung; der Anschlag einer an einer bestimmten Stelle einer Tastatur befindlichen Taste ist etwas ganz anderes als eine schwarze Linienfigur auf einem Blatt Papier. Schröder bleibt die Begründung dafür schuldig, daß diese Umwandlung im Gegensatz zu anderen, insbesondere zu den in einem Tonbandgerät stattfindenden Umsetzungen von Schallwellen in magnetische Zustände des Bandes, nicht wesentlich ist. Dazu hätte er untersuchen müssen, was eine Umwandlung eines menschlichen Einflusses in seinem Sinne zu 24 So verfährt Schilling, indem er für Aufzeichnungen von Meß- und Rechenwerten verlangt, daß das Gerät den Inhalt der Aufzeichnung bestimmt, vgl. S. 16, wobei er bei der Behandlung der von Menschen gefütterten Rechengeräte nicht bedenkt, daß ihre Ergebnisse von der eingegebenen Information mitbestimmt werden, vgl. S. 15 f., bei Aufzeichnungen von Zuständen und Geschehensabläufen aber genügen läßt, daß das Gerät selbst die Vorlage perpetuiert und so für die übereinstimmung der Darstellung mit dieser eine gewisse Garantie gibt, vgl. S. 18. Aber auch hierin ist Schilling nicht konsequent, indem er die von Menschen in ein Gerät, sei dies nun ein Computer oder eine Schreibmaschine über eine Tastatur eingegebenen Nachrichten nicht als selbsttätig aufgezeichnet ansieht, vgl. S. 22, obwohl auch hier die Maschine die übereinstimmung der fixierten Zeichen mit den eingegebenen garantiert. Eine Dateneingabe durch vorbereitete Informationsquellen, z. B. Magnetkarten, soll dagegen wiederum zu einer selbsttätigen Aufzeichnung führen, vgl. S.22f. 25 Vgl. Corves a.a.O., S. 2412. 28 Vgl. Schönke - Schröder zu § 268, Anm.15. 27 Schönke - Schröder zu § 268, Anm. 16.

234

4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

einer wesentlichen macht. Betrachtet man die Ergebnisse, drängt sich auch hier der Verdacht auf, daß nur auf den technischen Aufwand und die Kompliziertheit des Mechanismus abgestellt wird, der, solange er in seinen Funktionen nicht verstanden wird, stets den Eindruck erweckt, daß hier durch irgendwelche nicht näher bekannten automatisch ablaufenden Vorgänge eine selbständige Leistung des Apparates von besonderer Bedeutung und Qualität zustandekommt. Eine genauere Bestimmung der Selbsttätigkeit gibt Schneider, indem er ausführt, entscheidend sei, ob eine Person "Einfluß auf das Erfassen des Aufzeichnungsgegenstandes, die Umsetzung der Information in einen speicherfähigen Zustand und die Zeichenfixierung habe"28. Die Erforderlichkeit der Auslösung des Vorgang durch eine Person schließe die Selbsttätigkeit nicht aus. Er fährt fort: "Nach dem Gesagten kann es keinerlei Zweifel daran geben, daß Photographien, Film- und Tonaufnahmen, auch solche menschlicher Erklärungen, selbsttätig aufgezeichnet sind, da sie von Menschen nur ausgelöst werden"29. Das ist konsequent, wenn man im Aufzeichnungsvorgang nur die Wiedergabe von Information in dauerhafter Form sieht. Denn dann liegt die Herstellung der Information selbst, also die Zeichenauswahl, völlig außerhalb des Aufzeichnungsvorgangs und hat für diesen nur insofern Bedeutung, als sie mit seiner Auslösung zusammenfallen kann. Es kann aber doch noch Zweifel an der Zugehörigkeit von Photographien, Ton- und Filmaufnahmen zu den selbsttätigen Aufzeichnungen geben, solange nicht klargestellt ist, was "Erfassung des Aufzeichnungsgegenstandes" ist, und nicht bewiesen ist, daß das Wesen des Aufzeichnungsvorgangs die "Umsetzung der Information in einen speicherfähigen Zustand und Zeichenfixierung" ist. Es erweist sich hier, daß die Frage, ob maschinelle Kopien technische Aufzeichnungen sind, nicht anhand des Tatbestandsmerkmals "selbsttätig" zu entscheiden ist. Hat man erst einmal als die einzigen Charakteristika der technischen Aufzeichnung festgestellt, daß ein Apparat die Zeichen produziert und daß sie dauerhaft sein müssen, so bleibt als typische Leistung der Aufzeichnung nur die PerpetuierungS°. Diese Leistung erbringt der Photoapparat, das Diktiergerät, aber auch die Schreibmaschine, und daß ein Bleistift keine technischen Aufzeichnungen herstellt, läßt sich dann nur damit begründen, daß er kein Gerät 28 H

Vgl. Schneider a.a.O., S. 248. Vgl. Schneider S. 248, ähnlich Schönke - Schröder zu § 268, Ziff.17.

30 Die Perpetuierung und deren Selbsttätigkeit wird auch bezeichnenderweise als das wesentliche Element der technischen Aufzeichnung dargestellt. Vgl. Schilling S. 14, Schänke - Schröder zu § 268 Ziff.6 u. 17, Schneider S.245 und 248, Dreher zu § 268, Anm. 2.

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

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ist, also nicht das erforderliche Maß an technischem Aufwand und Kompliziertheit darstellt. Das Merkmal "selbsttätig" aber verliert damit jede· Funktion, denn wie könnte dann ein menschlicher Einfluß auf das Gerät überhaupt die Selbsttätigkeit ausschließen? Das wäre allenfalls bei einem Gerät denkbar, das je nach der Bedienungsweise entweder dauerhafte oder vergängliche Erscheinungen hervorbringt. Am Erfordernis der Selbsttätigkeit läßt sich also nachweisen, daß die Leistung der technischen Aufzeichnung i. S. des § 268 StGB nicht allein die Perpetuierung von Zeichen sein kann. Die Schwierigkeiten, die für die bisherigen Interpretationen des § 268 StGB bei der Auffindung brauchbarer allgemeiner Kriterien für die Selbsttätigkeit bestehen, wurzeln darin, daß man nicht beurteilen kann, ob eine Leistung selbsttätig von einem Apparat erbracht wird, solange nicht ermittelt ist, worin sie überhaupt besteht. Die bisherigen Interpretationen des § 268 StGB haben darauf verzichtet, die spezifischen Leistungen der in Betracht kommenden Geräte zu analysieren, und sich von vornherein auf eine Teilleistung beschränkt, die jede Maschine erbringt, die dauerhafte Beweismittel herstellt: die Perpetuierungl'l. Das kann aber nicht die für technische Aufzeichnungen typische Leistung sein, die ihren Schutz rechtfertigt, denn die Dauerhaftigkeit hat sie mit den meisten "klassischen" Augenscheinsobjekten gemeinsam. Streitig ist die Auslegung des Erfordernisses der Erkennbarkeit des Gegenstandes der Aufzeichnung, weil keine Einigkeit darüber besteht, was unter diesem Gegenstand selbst zu verstehen ist. Dreher umschreibt ihn als das, "was als Information festgehalten werden soll"32. Wer aber bestimmt dieses Sollen und wonach bestimmt es sich? Wird es aus der allgemeinen Zweckbestimmung jeder Art von Aufzeichnungen hergeleitet, d. h. aus den Zweckbestimmungen der einzelnen Typen von Aufzeichnungsgeräten, die sie als menschliche Werkzeuge von vornherein haben, so deckt sich die Erkennbarkeit des Gegenstandes mit der des Maschinencodes, denn auch der ergibt sich ja aus dem Zweck des Geräts, dem seine Konstruktion angepaßt ist, und der Konstruktion, die ihrerseits die an das Gerät gestellten Erwartungen und damit seinen Verwendungszweck bestimmt. 31 Hierbei mag die Ansicht Samsons eine Rolle gespielt haben, daß die Perpetuierung auch die wesentliche Leistung der Urkunde sei, vgl. Samson S. 111 ff.; das ist jedenfalls offenbar bei Schneider der Fall, vgl. a.a.O. S. 244 f. Das ist jedoch nur im Verhältnis der Urkunde zur mündlichen Erklärung richtig, nicht aber allgemein. Die Bedeutung der Urkunde im Rechtsverkehr besteht darin, daß sie gerade eine menschliche Erklärung perpetuiert. Ebenso wie bei ihr kann es auch bei der technischen Aufzeichnung nicht allein darauf ankommen, daß irgendetwas perpetuiert wird. It Dreher zu § 268 Anm. 2E.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 5tGB

Für Geräte, deren Produkte nicht nach einem standardisierten Code ausgewertet werden, also alle Kopiergeräte, insbesondere normale Tonbandgeräte, Photo- und Filmapparate, gibt es allerdings auch keine allgemeine Bestimmung darüber, welche Nachrichten aus ihnen entnommen werden sollen. Dieser Begriff des Gegenstands der Aufzeichnung ist also nur dann anwendbar, wenn die maschinellen Kopien nicht zu den technischen Aufzeichnungen gezählt werden; Dreher selbst äußert sich hierzu nicht allgemein, sondern nur zu dem speziellen Fall der Tonaufnahmen menschlicher Sprache. Für die eigentlichen technischen Aufzeichnungen aber erübrigt sich die besondere Aufstellung des Erfordernisses der Erkennbarkeit des Maschinencodes, denn dieses ist identisch mit der Eindeutigkeit der fixierten Zeichen. Fixiert ein Gerät die durch seine eigene Klassifikations- und Unterscheidungsfähigkeit ermittelte Information so unvollkommen, daß die dauerhaften Zeichen nicht für sich allein, sondern nur in Zusammenhang mit dem sie produzierenden Gerät zu deuten sind, so stellt es nur eine teilweise perpetuierte Anzeige und keine Aufzeichnung her, denn als Maschinenzeichen sind dann nicht die dauerhaften Zeichen für sich allein, sondern nur in Verbindung mit dem Gerät selbst anzusehen (so 0.1. Teil II 1 b). Soll dieses Tatbestandsmerkmal also überhaupt eine selbständige Funktion haben, so kann der Aufzeichnungsgegenstand nicht aus dem Maschinencode und damit aus der allgemeinen Zweckbestimmung der Aufzeichnung entnommen werden33 (so o. 1. Teil II 4). Es muß vielmehr verstanden werden als ein zusätzliches Erfordernis hinsichtlich der Ausführlichkeit der aufzuzeichnenden Nachricht selbst34 • Nach welcher an die Aufzeichnung herangetragenen Erwartung aber soll er sich dann bestimmen? Einige Interpreten der Vorschrift gehen ebenso wie die Begründung zu E 62 davon aus, daß der Gesetzgeber selbst diese allgemeingültige inhaltliche Erwartung formuliert habe, da der Gegenstand der Aufzeichnung eindeutig als das "Bezugsobjekt" zu bestimmen sei86 • Da sie aber nicht versuchen, allgemein zu bestimmen, was das Bezugsobjekt einer Aufzeichnung ist - sie müßten dafür, da sie auch Kopien und reine Datenverarbeitungen zu den technischen Aufzeichnungen zählen, eine Umschreibung finden, die auch für diese und nicht nur für Meßgeräte gilt - oder es auch nur an verschiedenen Beispielen zu erläutern, haben sie nicht erkannt, daß nur die wenigsten und einfachsten Aufzeichnungen ein eindeutig bestimmbares Bezugsobjekt haben. Sehen wir von den reinen Nachrichtenverarbeitungen Vgl. Lackner - Maassen zu § 268, Anm. 3d. Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 20, Schneider 5. 248; Lampe NJW 70, 1102, wohl auch Lackner - Maassen zu § 268, Anm. 3d. 35 50 Schönke - Schröder zu § 268 Zlff. 20, Schneider 5. 248, Lampe NJW 70, 1102. 33

34

1.

Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

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und den Kopien ab, die hier nicht zu den technischen Aufzeichnungen gezählt werden, so verbleiben die scheinbar eindeutig auf ein Objekt bezogenen Messungen und sonstigen Registrierungen (mit und ohne Informationsverarbeitung), deren Bezugsobjekt scheinbar so einfach zu bestimmen ist. Bei näherem Zusehen stellt sich aber heraus, daß mindestens die komplizierteren Meßvorgänge nicht die Klassifikation einer einzigen Ursache, sondern einer ganzen Ursachenkette darstellen und daß nicht allgemein festliegt, auf welche dieser Ursachen die Messung bei ihrer Auswertung bezogen wird (s. näher o. 1. Teil II 4). Nur Schilling versucht, eine genauere Bestimmung dessen zu geben, was Gegenstand der Aufzeichnung i. S. des Gesetzes ist, und kommt dabei bezeichnenderweise nicht zu irgend einer Einzelursache, sondern umschreibt diesen Gegenstand als "die Gesamtheit der von der Aufzeichnung betroffenen Umstände"36. Versteht man dieses Betroffensein rein naturwissenschaftlich kausal, so ist die Gesamtheit dieser Umstände gleich der ganzen Kette der bei einer Aufzeichnung wirksamen Ursachen, die praktisch unendlich ist. Die Forderung der Erkennbarkeit all dieser Ursachen wäre ebenso utopisch wie sinnlos. Eine derart naturalistische Interpretation seiner Beschreibung erwägt Schilling auch erst gar nicht. Es bedürfte also einer Norm, die festlegt, auf welche Umstände es ankommen soll. Die hat aber der Gesetzgeber nicht aufgestellt und hätte sie wohl kaum in der erforderlichen Allgemeingültigkeit aufstellen können. So muß Schilling seinen Versuch, den Gegenstand der Aufzeichnung zu bestimmen, letztlich selbst für gescheitert erklären, weil "der Kreis der betroffenen Umstände und damit der Grad der Ausführlichkeit vom Gesetzgeber nicht festgelegt ist"31. Es bleibt also nichts anderes übrig, als jene Norm oder Erwartung, die den Gegenstand der Aufzeichnung bestimmt, aus der Beweissituation abzuleiten, in der eine Aufzeichnung bzw. ihr Falsifikat verwendet wird. Diejenigen Autoren, die ihn durch den Ausdruck "Bezugsobjekt" festgelegt zu haben glauben, setzen dieses auch mit dem Beweisbezug gleich38 • Aber auch diese Beweissituation liegt nicht immer im voraus fest, nicht einmal bei all den Aufzeichnungen, die von vornherein zu Beweiszwecken gemacht werden. Dies haben wir am Beispiel des Fahrtenschreiberdiagramms aufgezeigt, das, je nachdem, ob der Halter des Fahrzeugs oder der Fahrer in Anspruch genommen werden soll, entweder auf das individuelle Fahrzeug oder die Person des Fahrers bezoSchilling "Aufzeichnungen" S.28. Vgl. Schilling "Aufzeichnungen", S. 28. as Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 70, 1102. Vgl. auch Kaufmann S. 428. 38 37

20, Schneider S. 248, Lampe NJW

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

gen wird. Will man der Tatsache gerecht werden, daß es in § 268 StGB um den Schutz einer Beweismethode und damit um das Verbot einer Täuschungsmethode geht, so kann diese Beweissituation nur diejenige sein, in der die Aufzeichnung in concreto verwendet werden soll. Der Beweisbezug ist jeweils die Beziehung der Aufzeichnung zu der beweiserheblichen Tatsache, die durch sie festgestellt werden soll, bei einem Falschbeweis also zu derjenigen, über die der Täter täuschen wills9 • Die Bestimmung des Gegenstandes der Aufzeichnung als Beweisbezug führt also zu dem gleichen Ergebnis, das o. (1. Teil I 5) de lege ferenda vorgeschlagen wurde. Leider läßt sie sich nicht ohne weiteres mit dem Gesetzeswortlaut vereinbaren, der von einem Gegenstand der Aufzeichnung und nicht des Beweises spricht, also einen Gegenstand fordert, der für jede Aufzeichnung unabhängig von ihrer konkreten Verwendung ein für allemal festliegt und gleichzeitig für jeden mit ihr zu führenden Beweis von Bedeutung ist. Hier wurde versucht, der Anknüpfung des Bestimmtheitserfordernisses an die Aufzeichnung als solche und nicht an das jeweilige Beweisthema dadurch Rechnung zu tragen, daß als Gegenstand der Aufzeichnung der individuelle Aufzeichnungsvorgang selbst verstanden wurde, dessen Erkennbarkeit die Möglichkeit erst eröffnet, die aufgezeichnete Nachricht überhaupt in eine Beziehung zu einer konkreten Beweisfrage zu bringen. Damit ist ein Bestimmtheitserfordernis für die Aufzeichnung aufgestellt, das für jeden mit ihr zu führenden Beweis relevant ist, weil es ein formales und kein inhaltliches ist (s. näher hierzu o. 1. Teil II 4). Was die Anforderungen an die Erkennbarkeit des - wie immer zu definierenden - Gegenstandes der Aufzeichnung betrifft, so sind sich die bisherigen Interpretationen darüber einig, daß nicht dessen Erkennbarkeit durch die Maschinenzeichen allein verlangt werden S01l4O. Streit besteht lediglich darüber, ob das Aufzeichnungsobjekt aus der Aufzeichnung als körperlicher Gegenstand zu identifizieren sein muß, also durch fest mit dem Maschinenprodukt verbundene dauerhafte Zeichen41 , oder ob jede beliebige Ermittlungsmöglichkeit genügt42 • 39 Schilling hält es für kaum möglich, daß eine Aufzeichnung eine bestimmte Beziehung zu einem beweisbedürftigen Sachverhalt hat, weil sie diesen schwerlich allem - ohne Hinzuziehung weiterer Informationsquellen -- beweisen kann. Das ist aber für das Bestehen einer solchen Beziehung auch nicht nötig. Es genügt, daß sie eine Einzeltatsache beweist, die zu diesem Sachverhalt gehört oder in logischer Beziehung zu ihm steht (s. o. 1. Teil I 5). 40 Vgl. Schilling S. 30, Schneider S. 248, Lackner - Maassen zu § 268, Anm. 3c, Dreher Anm. 2E. 41 Schilling S. 30 und Dreher zu § 268 Anm. 2C stellen lediglich fest, daß Erkennbarkeit durch zugesetzte menschliche Vermerke ausreicht, nach Lackner - Maassen genügt Erkennbarkeit nur durch räumliche Beziehung nicht. Schneider fordert eine dauerhafte Form für die Zeichen, an denen man den

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

239

Gegen die zuletzt genannte Auffassung sprechen sowohl dogmatische als auch praktische Erwägungen: Setzt man voraus, daß der Gegenstand der Aufzeichnung so definiert ist, daß seine Kenntnis Voraussetzung für die Verwendung der Aufzeichnung im geschützten Beweisverfahren ist - und das ist die Bedingung dafür, daß dieses Tatbestandsmerkmal überhaupt einen Sinn hat -, so kann die durch § 268 StGB verbotene Täuschung überhaupt nicht mit einer Aufzeichnung durchgeführt werden, deren Gegenstand nicht irgendwie festgestellt wird. Der einzige Fall, in dem das so interpretierte Tatbestandsmerkmal neben dem Erfordernis der Täuschung im Rechtsverkehr noch relevant werden könnte, wäre der, daß diese Feststellungsmöglichkeit nur scheinbar vorhanden ist, die tatsächlich im Beweisverfahren getroffene Feststellung über den Aufzeichnungsgegenstand also falsch ist. Nimmt man nun an, daß nicht die Erkennbarkeit irgendeines, sondern die des richtigen Gegenstandes verlangt ist, so wäre damit dieser Fall aus dem Schutzbereich des § 268 StGB ausgenommen. Ein Unterfall wäre der, daß der Täter selbst nicht nur die Aufzeichnung manipuliert, sondern darüber hinaus auch noch über ihren Gegenstand täuscht. Fordert man also die Erkennbarkeit des richtigen Gegenstandes, so gibt man dem Täter die Möglichkeit, sich der Strafe des § 268 StGB dadurch zu entziehen, daß er neben der inkriminierten noch eine weitere Täuschung begeht. Es muß also die Erkennbarkeit irgendeines Gegenstandes genügen. Stellt man an diese dann keine weiteren Anforderungen, so erübrigt sich das Tatbestandsmerkmal ganz. Darüber hinaus spricht gegen eine derartige Ausdehnung des Schutzbereichs des § 268 StGB, daß damit auch die Fälle der Fälschung miterfaßt würden, in denen der Täter sein Ziel leichter und sicherer durch Unterschiebung hätte erreichen können. Beispiel: Austauschen eines unerläuterten EKG in einer Krankenakte. In solchen Fällen ist der mit der Aufzeichnung zu führende Beweis u. U. sehr unsicher, denn abgesehen von der Möglichkeit der Unterschiebung kommt auch noch eine versehentliche Vertauschung in Betracht. Gegenstand erkennt. meint aber. daß es dazu nicht erforderlich sei. daß sie mit der Aufzeichnung fest verbunden sind. vgl. S. 252 f. Ein Beispiel für Dauerhaftigkeit der Zeichen ohne Verbindung gibt er allerdings nicht. Es ist denkbar. daß ein Teil der Zeichen für den Gegenstand nicht mit der Aufzeichnung verbunden ist. ein anderer aber muß es sein. nämlich diejenigen. die die Beziehung zwischen gerade dieser Aufzeichnung und dem Gegenstand herstellen oder die Aufzeichnung selbst bezeichnen. Befindet sich an dieser überhaupt kein dauerhaftes Zeichen. durch das sie mit den Feststellungen über den Gegenstand in Verbindung gebracht werden kann - woran soll man erkennen. daß jene sich gerade auf diese Aufzeichnung beziehen? 42 SehTödeT hält das Einlegen des EKG in eine Krankenakte für eine ausreichende Kenntlichmachung des betreffenden Patienten als Aufzeichnungsgegenstand. vgl. Schönke - SehTödeT zu § 26B. Ziff. 21.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

Wird dagegen eine feste Verbindung des Maschinenprodukts mit den Zeichen verlangt, aus denen der Aufzeichnungsgegenstand zu entnehmen ist, so hat dieses Tatbestandsmerkmal wenigstens die Funktion, solche Maschinenprodukte auszuschließen, bei denen eine Unterschiebung leichter und sicherer zur Täuschung dienen könnte als die verbotene Fälschung. Es fragt sich jedoch, ob nicht auch diese Auslegung noch zu weit ist, da sie nicht die Erkennbarkeit des Gegenstandes aus den nach allgemeiner Auffassung besonders beweiskräftigen und daher schutzwürdigen Maschinenzeichen selbst fordert. Es wurde oben (1. Teil 14) dargelegt, daß die Erkennbarkeit der ganzen mit Hilfe der Maschinenzeichen zu beweisenden Tatsache aus diesen selbst Voraussetzung dafür ist, daß die automatisch hergestellten Aufzeichnungen eine höhere Leistung im Beweis erbringen und damit einen besseren Schutz verdienen als alle anderen Augenscheinsobjekte, auch diejenigen, die nach einem standardisierten Code auszuwerten sind, und auch diejenigen, die durch eine fest mit ihnen verbundene menschliche Erklärung oder sonstige zusätzliche Zeichen erläutert sind. Da aber kaum eines der heute gebräuchlichen Aufzeichnungsverfahren diese Leistung erbringt, hat die bisherige Auslegung des § 268 StGB um einer Erhöhung der praktischen Bedeutung der Vorschrift willen hier auf Konsequenz verzichtet, und sie kann sich dabei auf den Willen des historischen Gesetzgebers berufen43 , nicht jedoch auf den Gesetzestext. Denn dort ist die Rede davon, daß die Aufzeichnung ihren Gegenstand erkennen lassen muß; die Aufzeichnung wird aber gerade als das Maschinenprodukt im Gesetz selbst definiert, nicht als der körperliche Träger der Maschinenzeichen, also nicht als der äußere Gegenstand, der in das Beweisverfahren eingeführt wird. Das mag man angesichts des eindeutig geäußerten gesetzgeberischen Willens als eine, übrigens schwer korrigierbare, sprachliche Unzulänglichkeit der Legaldefinition abtun. Ein gesetzgeberischer Wille, der weder im Gesetzestext selbst zum Ausdruck kommt noch in den Motiven mit der nötigen Klarheit konzipiert ist - es wurde schon oben (1. Teil II 4) dargetan, daß mit dem Hinweis in der Begründung zu § 306 E 62 auf die von der Rechtsprechung zur Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde entwickelten Regeln nicht viel anzufangen ist, weil sich diese Regeln nicht auf die technische Aufzeichnung und die Erkennbarkeit ihres Gegenstandes übertragen lassen -vermag jedoch die Auslegung nicht zu binden. Vor allem aber müssen sich diejenigen, die auf die Erkennbarkeit des Gegenstandes aus der Aufzeichnung, d. h. aus den maschinell herge43 Laut Begründung zu E 62 S. 480 sollen für die Erkennbarkeit des Aufzeichnungsgegenstandes die Anforderungen gelten, die die Rechtsprechung zur Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde stellt; und die Rechtsprechung hat nie verlangt, daß sich die Identität des Ausstellers aus der Urkunde allein ergeben muß; Nachweis hierzu o. Fußnote 41 im 1. Teil II 4.

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

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stellten Zeichen verzichten, über diese sprachliche Unstimmigkeit im klaren sein, wenn sie nicht zu dogmatisch unhaltbaren und daher praktisch verhängnisvollen Ergebnissen kommen wollen. Das zeigt sich deutlich bei Schröder, der zunächst ausführt, daß ein automatisch hergestelltes Beweismittel erst dann technische Aufzeichnung i. S. des § 268 StGB ist, wenn ihr Gegenstand irgendwie erkennbar ist, und dann daraus die Konsequenz zieht, daß derjenige eine unechte technische Aufzeichnung herstellt, der ein solches Maschinenprodukt mit einem falschen Beweisbezug versieht44 • So kommt Schröder dazu, den Aufzeichnungsschutz, dessen Grund nach seiner eigenen Ansicht das besondere Vertrauen in die automatisch hergestellten Beweismittel ist, auf Informationsquellen zu erstrecken, die dieses Vertrauen weder genießen noch verdienen45 • Hätte Schröder erkannt, daß er sich mit seiner Annahme, eine technische Aufzeichnung lasse ihren Gegenstand schon dann erkennen, wenn dieser aus irgendwelchen Zeichen zu ermitteln ist, die mit ihr in Zusammenhang stehen, bereits darüber hinweggesetzt hat, daß das Gesetz die technische Aufzeichnung als Erzeugnis eines technischen Geräts definiert, so hätte er nicht die Tatsache, daß das Erkennbarkeitserfordernis in der Definition der technischen Aufzeichnung erscheint, gleich darauf als Begründung dafür angeführt, daß jene außerhalb des technischen Geräts entstandenen Zeichen für den Gegenstand auch noch am Aufzeichnungsschutz teilhaben, weil sie 44 Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 20 f., 24, 38, 42. Allerdings soll eine Aufzeichnungsfälschung nur dann durch Täuschung über den Beweisbezug möglich sein, wenn dieser aus mit der Aufzeichnung fest verbundenen, maschinellen oder nicht maschinellen, Zeichen hervorgeht. Diese Einschränkung erreicht Schröder, indem er zusätzlich zu der Begründung aus der Begriffsdefinition der technischen Aufzeichnung seine Auffassung auf eine Parallele zur zusammengesetzten Urkunde stützt. Zunächst führen beide Begründungen zu verschiedenen Ergebnissen. Nimmt man - gestützt auf die Legaldefinition der technischen Aufzeichnung - an, daß derjenige, der einen falschen Beweisbezug herstellt, deshalb auch eine falsche Aufzeichnung herstellt, weil er aus einem Gegenstand, der die Voraussetzungen des § 268 Abs.2 mangels irgendwie feststellbaren Beweisbezuges nicht erfüllt, einen macht, der sie scheinbar erfüllt, so muß man sich für diese scheinbare Erfüllung mit jeder Art der Erkennbarkeit des Beweisbezuges begnügen, wenn man es für die wirkliche getan hat. Die Parallele zur zusammengesetzten Urkunde kommt dagegen rein äußerlich nur bei einer festen Verbindung in Betracht. Abgesehen davon läßt sich eine Parallele zur zusammengesetzten Urkunde hier gar nicht ziehen, denn diese entsteht dadurch, daß der Aussteller bereits vorhandene Zeichen in den Kontext seiner Erklärung einbezieht und damit kraft seines Erklärungswillens zu deren Bestandteil macht. Bei der Aufzeichnung fehlt aber der dazu nötige Erklärungswille. Durch mit einer Aufzeichnung verbundene, auf ihren Inhalt bezogene Erklärungen kann also nur eine zusammengesetzte Urkunde entstehen, niemals eine zusammengesetzte Aufzeichnung. Vgl. Kienapfel JZ 71 S. 166. 45 Dagegen Schilling "Aufzeichnungen", S. 55 und Schneider, S. 253, der nicht selbsttätig vom Gerät hergestellte Zeichen nicht in den Schutz einbezieht, auch wenn sie eine feste Verbindung mit der Aufzeichnung bilden und zusammen mit ihr ausgewertet werden.

16 Puppe

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

Essentiale der technischen Aufzeichnung i. S. des § 268 StGB sind. Bildlicher ausgedrückt: Will man die u. a. von Schröder um der Praktikabilität willen angestrebte Erweiterung des Schutzes auf Aufzeichnungen erreichen, deren Gegenstand nur mit Hilfe zusätzlicher Informationsquellen zu ermitteln ist, so muß man zunächst das Erfordernis der Erkennbarkeit des Gegenstandes aus der Begriffsbestimmung der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB herausnehmen, da in ihr keine nichtmaschinellen Zeichen Platz finden. Man lasse diese Schutzvoraussetzung aber dann nicht gleich wieder heimlich wie ein geschickter Taschenspieler in der Definition der technischen Aufzeichnung verschwinden, mitsamt den nichtmaschinellen Zeichen. Man muß das Erkennbarkeitserfordernis, soll es auch durch nichtmaschinelle Zeichen erfüllbar sein, als zusätzliche Bedingung des Schutzes der technischen Aufzeichnung erklären, nicht als deren Begriffsbestandteil. Zur Interpretation des Erfordernisses der Beweisbestimmung wird meist auf das Urkundenstrafrecht verwiesen48 • Soweit es überhaupt auf seine Funktion im Tatbestand hin untersucht wird, wird diese darin gesehen, daß es diejenigen automatischen Registrierungen ausschließt, die innerbetrieblichen, technischen oder wissenschaftlichen Zwecken dienen47 • Dies ist aber bereits dadurch erreicht, daß die Fälschung technischer Aufzeichnungen wie die Urkundenfälschung nur strafbar ist, wenn sie zur Täuschung im Rechtsverkehr erfolgt (s. o. 2. Teil I 3). Eine Ausschlußfunktion hat dieses Tatbestandsmerkmal überhaupt nur dann, wenn man nicht die Beweisbestimmung durch den Fälscher selbst genügen läßt. Man wird sie aber genügen lassen müssen, will man nicht gerade die Fälle straflos lassen, in denen der Täter die größte Täuschungsaktivität entfaltet, indem er die ganze falsche Aufzeichnung frei erfindet, von Hand oder mit maschinellen Mitteln selbst herstellt und womöglich darüber hinaus noch den ganzen Falschbeweis inszeniert, so daß der Scheinaufzeichnung nicht nur keine wirkliche, sondern 48 Dreher zu § 268 Anm. 2 D, Schönke - Schröder Ziff.24, Lackner - Maassen Anm.3d. C7 Vgl. Fußnote 1. Schröder meint, der Gesetzgeber wolle darüber hinaus durch dieses Tatbestandserfordemis sicherstellen, daß die Aufzeichnung auch zum Beweis geeignet sei, indem er aufgrund der Bestimmung die Eignung vermute. Schröder selbst hält diesen Schluß jedoch für bedenklich, vgl. Ziff.23. Lampe sieht die Funktion der Beweisbestimmung darin, daß die Aufzeichnung ..Beweiskraft nur dadurch erlangen kann, daß sie von jemandem zum Beweis bestimmt wird". Vgl. NJW 70 S. 1102. Abgesehen davon, daß Lampe nicht erklärt, was denn diese Beweiskraft sei, die jeder beliebige .. jemand" einer technischen Aufzeichnung nach Gutdünken verleihen kann, und wozu sie taugt, überzeugt dieser Satz gerade innerhalb seiner Darstellung wenig, da er selbst vorher die Beweiskraft der technischen Aufzeichnung als .. faktische" in tatsächlichen Verhältnissen begründet, vgl. S. 1101, und darüber hinaus als .. gesetzliche" aus analoger Anwendung der Vorschriften der ZPO über den Urkundenbeweis herleitet, vgl. S. 1100 f.

1. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

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auch keine scheinbare fremde Beweisbestimmung substituiert werden kann. Dementsprechend wird bisher von keinem der Interpreten des § 268 StGB eine Beweisbestimmung durch einen anderen, als den Fälscher ausdrücklich verlangt, was nur dann sinnvoll wäre, wenn die Vorschrift als Schutz aufwendiger Beweisveranstaltungen vor fremdem, störendem Eingriff und nicht als Schutz einer Beweismethode zu verstehen wäre. Dreher, der als einziger ausdrücklich zu dem Problem Stellung nimmt, hält es für möglich, daß das Erfordernis der Beweisbestimmung durch den Täter selbst erfüllt wird48 • Schilling erkannte bereits die Überflüssigkeit dieses Tatbestandsmerkmals für den Fälschungstatbestand, billigt ihm aber noch eine Bedeutung für den Unterdrückungstatbestand ZU 49 • Dies jedoch zu Unrecht, denn dort erfüllt das Erfordernis, daß die Unterdrückung geschehen muß, um einem anderen Rechtsnachteile zuzufügen, die gleiche Funktion wie das Erfordernis der Absicht der Täuschung im Rechtsverkehr im Fälschungstatbestand, nämlich all die Fälle auszuschließen, in denen es nicht um den Beweis im Rechtsverkehr geht. Aufgrund der angenommenen Parallele zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung werden im Bereich der technischen Aufzeichnungen Entsprechungen zu der Gesamturkunde und der zusammengesetzten Urkunde gesucht und nach rein äußerlichen Kriterien auch gefunden. Wie schon erwähnt, sieht Schröder in jeder dauerhaften Verbindung zwischen einer technischen Aufzeichnung und deren Bezugsobjekt eine zusammengesetzte Aufzeichnung, außerdem nimmt er eine Gesamtaufzeichnung immer dann an, wenn mehrere Einzelaufzeichnungen zu einer Gesamtheit zusammengefaßt sind, die ihrerseits einen zusätzlichen Aussagewert besitzt5o • Woher diese zusätzliche Information kommt, die in beiden Fällen aus der Verbindung mehrerer Gegenstände gewonnen wird, ist für Schröder dabei offenbar ohne Belang, denn er untersucht es nicht. Auch hierin erweist sich die Parallele zur Urkunde als verhängnisvoll, indem sie dazu verführt, über Ähnlichkeiten der äußeren Erscheinung elementare sachliche Unterschiede zu vernachlässigen. Wesentlich für die technische Aufzeichnung ist, daß ihre Information von der Maschine selbsttätig erzeugt ist, d. h., daß die Zeichenauswahl allein auf der automatischen Leistung des Geräts beruht. Für die Frage, ob eine Information urkundlichen Charakter hat, ist dagegen nicht entscheidend, daß sie vom Aussteller herrührt, sondern daß sie zum Inhalt des Äußerungswillens des Ausstellers geworden ist. Das kann auch 48 48 50

16·

Vgl. DTeheT zu § 268, Anm. 2 D. Vgl. Schilling S. 31 f. Schönke - SchTödeT S. 26 f.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

dadurch geschehen, daß dieser bereits vorhandene Zeichen in seine Äußerung einbezieht, indem er sich ihrer nachträglich bedient. So kann es dazu kommen, daß Zeichen, die nicht vom Aussteller stammen, U rkundenschutz genießen. Für die technische Aufzeichnung kommt eine derartige Ausdehnung auf nicht vom Gerät verursachte Zeichen nicht in Betracht. Eine Verbindung zwischen der Aufzeichnung und einer anderen Informationsquelle kann zwar, wie eine zusammengesetzte Urkunde, zur Gewinnung einer weiteren, genaueren Nachricht über die interessierende Tatsache dienen. Diese neue Nachricht als Ganzes oder der Bestandteil dieser Nachricht, den die verbundene Informationsquelle enthält, kann aber niemals am Schutz der Aufzeichnung, d. h. der Maschinenzeichen, partizipieren. Dies kann nur die Verbindung selbst, wenn sie selbsttätig vom Gerät hergestellt ist, da sie bei dieser Auswertung als Zeichen für die Beziehung zwischen der registrierten Erscheinung und jenem Gegenstand fungiert, der als zusätzliche Informationsquelle ausgewertet wird51 • Die Auswechselung dieses Gegenstandes und eine sonstige Änderung von dessen Identität verfälscht also ein Maschinenzeichen; Näheres zu den damit auftauchenden Abgrenzungsproblemen zwischen bloßer Änderung einer Eigenschaft des Gegenstandes, die als solche nicht Maschinenzeichen sein kann, und Änderung von dessen Identität s. o. 3. Teil I 2. Die Konstruktion eines Begriffs der Gesamtaufzeichnung aufgrund einer Parallele zur Gesamturkunde ist schon deshalb bedenklich, weil das Institut der Gesamturkunde selbst fragwürdig ist, s. dazu o. 2. Teil I 2 e. Auf die Probleme der Gesamturkunde braucht hier aber nicht nochmals eingegangen zu werden, weil sich die Behandlung der Aufzeichnung auch insoweit nach eigenen Gesetzen richten muß. Wenn ein Aufzeichnungsgerät ein Register völlig selbständig führt, so garantiert der Mechanismus, der ja daraufhin konstruiert ist, zunächst alle festzuhaltenden Erscheinungen von allen möglichen anderen Einflüssen zu unterscheiden und als zu der aufzuzeichnenden Klasse gehörige zu bestimmen, auch die Vollständigkeit des Registers. Sind die einzelnen Aufzeichnungen miteinander zu einer Gesamtheit verbunden, so kann man aus dieser schließen, daß keine anderen Vorgänge dieser Art stattgefunden haben, und dies aufgrund der Klassifikationsleistung des Geräts. Eine Gesamtaufzeichnung ist also möglich. Zu denken ist an laufende automatische überwachungen technischer Vorgänge, sofern diese im Rechtsverkehr Bedeutung erlangen. Nicht hierher gehören die von Schröder als Beispiel genannten maschinellen Buchungen, weil ~1 Auf die selbsttätige Herstellung der Verbindung durch das Gerät stellt auch Schneider ab, vgl. S. 253.

I. Der Begriff der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB

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sie mangels Selbständigkeit der Informationserzeugung im Gerät überhaupt keine technischen Aufzeichnungen sind, sondern Urkunden oder in einem technischen Mittel verkörperte Erklärungen i. S. des § 304 E 62. Grundsätzliche Kritik an der Begriffsdefinition der technischen Aufzeichnung in § 268 StGB wird kaum geübt. Kienapfel rügt zu Recht ihre sprachliche Schwerfälligkeit52 • Schröder und vor allem Lampe greifen den in der großen Strafrechtskommission diskutierten und schließlich verworfenen Gedanken einer besonderen Berücksichtigung der sog. öffentlichen Aufzeichnungen auf, d. h. der Aufzeichnungen von Geräten, die von Behörden entweder verwendet oder kontrolliert werden53 • Schröder will den Aufzeichnungsschutz auf sie beschränken, weil sie allein nach seiner Ansicht besonderes Vertrauen verdienen54 , Lampe will ihnen im Gegensatz zu sog. Privataufzeichnungen einen Wahrheitsschutz zubilligen, den er mit der Analogie zur öffentlichen Urkunde begründet55 • Mit Recht weist Schneider darauf hin, daß sich durch behördliche Kontrollen die Sicherheit der automatischen Registrierung nicht mehr wesentlich erhöht, weil an den Geräten, die serienmäßig hergestellt und vom Produzenten überprüft werden, zufällige Fehler ohnehin unwahrscheinlich sind56 • Abgesehen davon wird jedes, nicht nur das behördlich benutzte Gerät von einem Halter betrieben, der jedenfalls grundsätzlich an richtigen Resultaten interessiert und zur überwachung des Geräts je nach den Umständen ebenso gut oder schlecht in der Lage ist wie eine Behörde. Vor allem aber wird die Gefahr, die von zufälligen Gerätefehlern für den Beweis ausgeht, und die gelegentliche behördliche Kontrolle bannen soll, anscheinend überschätzt. Denn es wird nicht bedacht, daß die meisten der möglichen zufälligen Fehler an Meßund Registriergeräten entweder dazu führen, daß überhaupt keine Aufzeichnung zustandekommt, oder eine mit einem unmöglichen Inhalt, die von vornherein nicht für bare Münze genommen wird. Anderes gilt vielleicht für Computer, deren Rechenvorgänge nicht, auch nicht überschlägig, nachgeprüft werden, wobei es allerdings auch keinen Unterschied macht, ob sie für eine private Großbank rechnen oder fürs Finanzamt. Es besteht also gar kein Anlaß, die ohnehin schon schiefe "Parallele" zur Urkunde in diese Richtung auch noch weiter zu ziehen, als es der Gesetzgeber selbst schon getan hat. 5!

Kienapfel J. Z. 71 S. 163.

Vgl. Niederschriften der großen Strafrechtskommission Bd.8 S.494 u. U. 63 § 266, abgedruckt in Anhang IU. 54 Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 14. 53

55

58

Lampe NJW 70, S. 1102.

Vgl. Schneider S. 245 f.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung Unsere oben im 2. Teil 11 6 angestellten Untersuchungen der von der Strafrechtskommission entwickelten und vom Gesetzgeber trotz der erwähnten Bedenken im Sonderausschuß übernommenen Konzeption eines Schutzes der "Echtheit" der Aufzeichnungen entsprechend dem Echtheitsschutz der Urkunde hatten zu dem Ergebnis geführt, daß dieses Konzept schon in Abs. 3 der Vorschrift durchbrochen wurde, letztlich, weil es dogmatisch unhaltbar und daher praktisch undurchführbar ist. Es kann danach nicht verwundern, daß über die Frage, was Herstellung einer unechten Aufzeichnung oder Verfälschung einer Aufzeichnung i. S. des § 268 StGB ist, auch die bisherigen Auslegungen des § 268 StGB keine Klarheit bringen konnten. (Daß jener Bruch in der Konzeption des § 268 StGB in der Literatur oft gerügt und daß verschiedentlich versucht wird, ihn dadurch zu heilen, daß man die Vorschrift als Wahrheitsschutz erklärt, wurde bereits oben (4. Teil Einleitung) ausgeführt). Einigkeit besteht nur darüber, daß eine von Hand imitierte Aufzeichnung eine unechte und eine von Hand veränderte eine verfälschte istt • Schon bei den Aufzeichnungen, die mit Hilfe eines Geräts produziert wurden, das für die Registrierung anderer Phänomene bestimmt ist, Beispiel: Herzaktionsströme werden durch einen Elektroenzephalographen aufgezeichnet - beginnt der Streit: sie werden von Schilling für echt gehalten, weil sie aus irgendeinem technischen Gerät stammen2 , von anderen ohne weiteres als unecht behandelt'. Auch die Frage, wann eine störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang vorliegt, ist im einzelnen sehr streitig. Im allgemeinen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß störend nur eine Einwirkung sein kann, die eine unrichtige Aufzeichnung herbeiführt. Insofern wird also bereits de lege lata eine Konzession an den Gedanken des Wahrheitsschutzes gemacht, wobei vielfach erkannt wird, daß dies sich nicht 1 Vgl. Lackner - Maassen zu § 268 Anm. 4 a, Dreher Anm.3, SchönkeSchröder Ziff.32, Schneider S.250, Schilling "Aufzeichnungen", S.57. Nur Lampe lehnt es ab, die Imitation einer Aufzeichnung von Hand unter § 268

Abs. 1 zu subsumieren. Weil, so meint er, eine solche Imitation nicht die Voraussetzungen einer technischen Aufzeichnung erfülle, könne sie keine unechte Aufzeichnung sein. Vgl. Lampe NJW 70, 1101. Danach müßten unechte Aufzeichnungen, Banknoten, Urkunden, Perlen, Goldmünzen, Edelsteine usw. eine Unterart von Aufzeichnungen, Urkunden, Perlen usw. sein. Das Wort "unecht" vor einer Bezeichnung bedeutet aber gerade, daß der betreffende Gegenstand diese Bezeichnung nicht verdient, sondern nur zu verdienen scheint. Unechte Aufzeichnung kann also ein Gegenstand dann, und nur dann, genannt werden, wenn er nicht die Begriffserfordernisse der technischen Aufzeichnung erfüllt. Vgl. Widmaier NJW 70, S. 1358 f. ! Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 56 f. 3 Vgl. Lackner - Maassen zu § 268 Anm. 3 a, Dreher Anm. 3 B, Schneider S.250.

11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

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mit dem Konzept einer Parallele zum Urkundenschutz vereinbaren läßt, das den Verfassern der Vorschrift vorgeschwebt hat'. Wie oben 2. Teil II 6 aufgezeigt, ist es aber der Gesetzestext selbst, der zu dieser Konzession zwingt. Bei der Behandlung der Einzelfragen, die § 268 Abs. 3 StGB betreffen, wird vielfach gar nicht vom Wortlaut des Gesetzes ausgegangen, also vom Aufzeichnungsvorgang und seiner Störung, sondern von dem in der amtlichen Begründung aufgestellten Satz, daß jedenfalls die Unterschiebung eines falschen Objekts, von Schilling sog. "täuschende Beschickung", keine störende Einwirkung sei5 • Es scheint zunächst, daß man durch ein solches indirektes Vorgehen bei der Subsumtion vieler Fälle unter das Merkmal "Störung des Aufzeichnungsvorgangs" oder vielmehr bei der Ablehnung ihrer Subsumtion auch an dieser Stelle die Auseinandersetzung mit dem Wesen des Aufzeichnungsvorgangs und der Leistung der Aufzeichnungsgeräte umgehen könnte. Zunächst läßt sich die Straffreiheit der Unterschiebung eines falschen Objekts aus dem Wortlaut des § 268 Abs. 3 nicht so ohne weiteres herleiten wie offenbar allgemein angenommen, denn, da das, wie auch immer zu bestimmende Objekt, auf den Aufzeichnungsvorgang Einfluß hat, ist seine Vertauschung oder Manipulation stets auch Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang, wie übrigens jede menschliche Beteiligung an diesem. Führt eine solche Manipulation zu einer unrichtigen Aufzeichnung, so könnte man sie nach dem eben über die Bestimmung der Störung als Verursachung eines unrichtigen Ergebnisses Gesagten auch als störende Einwirkung bezeichnen. Das würde allerdings voraussetzen, daß die gesamte theoretisch unendliche Ursachenkette, die schließlich zur Aufzeichnung führt, als der Aufzeichnungsvorgang verstanden werden könnte. Schließt man also nicht von vornherein gewisse Möglichkeiten der Einflußnahme ihrer Methode nach aus, so steht man vor der Notwendigkeit, den Aufzeichnungsvorgang selbst von anderen Ursachen der Aufzeichnung abzugrenzen, um den Tatbestand nicht ins Uferlose auszudehnen. Bisher ist man bei der Auslegung des § 268 Abs. 3 anders verfahren. Man sieht in der störenden Einwirkung weniger eine Beeinträchtigung des Entstehungsprozesses der Aufzeichnung und seines Ergebnisses, als vielmehr einen Eingriff in den Mechanismus des Aufzeichnungsgeräts', , Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 46, Dreher Anm. 3 C, LacknerMaassen Anm. 4 b, Schneider S. 251. 5 Vgl. Schilling S. 50, Schneider S. 151, Lackner - Maassen zu § 268 Anm. 4b, Dreher Anm. 3 C, Schönke - Schröder Ziff. 48. 6 So deutlich Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 48; dasselbe meint wohl aber auch Dreher, wenn er eine Beeinflussung des "maschinellen Vorgangs als solchen" verlangt, vgl. Anm. 3 C.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

wobei die Vorstellung eine Rolle spielen mag, daß das Gerät eben doch in irgendeiner Weise dem Aussteller einer Urkunde oder dem Urheber einer Aussage entspricht. Möglicherweise steckt auch der Gedanke dahinter, nur die Handlungen zu erfassen, die nicht ohne weiteres durchführbar sind und deshalb eine höhere verbrecherische Energie erfordern. Auch wird an dieser Stelle wieder ein gewisses Element der Sachbeschädigung in den Tatbestand der Aufzeichnungsfälschung hineingetragen'. Aber abgesehen davon, daß nach dem oben Festgestellten die Auffassung noch einer Begründung bedürfte, daß Beeinflussungen der Aufzeichnung durch Manipulationen am Aufzeichnungsobjekt niemals unter § 268 Abs. 3 StGB fallen können, taucht, die Richtigkeit dieses Satzes unterstellt, das Problem der Bestimmung des Aufzeichnungsobjekts und der Abgrenzung seiner Einflüsse von den Maschinenvorgängen wieder auf, das uns schon bei der Untersuchung des Begriffs des Gegenstandes der Aufzeichnung begegnet ist. Wir hatten dort gesehen, daß diese Abgrenzung besondere Schwierigkeiten bei den Geräten macht, die fest installiert, also in einen größeren technischen Vorgang einbezogen sind und so mit Vorrichtungen, die anderen Zwekken dienen, eine technische Einheit bilden. Es ist zwar für diesen Zweck keine so genaue Festlegung des Objekts erforderlich wie an jener Stelle, an der es um das Erfordernis der Erkennbarkeit dieses Objekts als des Aufzeichnungsgegenstandes ging, es genügt vielmehr, alles als Aufzeichnungsobjekt anzusehen, was nicht zum Aufzeichnungsmechanismus selbst gehört. Der ist aber nur nach seiner Funktion von der übrigen technischen Anlage zu trennen, und das wiederum setzt eine genaue Bestimmung dessen voraus, was zum Aufzeichnungsvorgang gehört. Praktische Beispiele für diese Problematik bieten die Beeinträchtigungen der Zuleitung zu Meßgeräten, etwa das Abhängen des Fahrtenschreibers von der Kurbelwelle, die Umleitung eines Teils der zu messenden Elektrizität oder Flüssigkeitsmenge um den Verbrauchsmesser oder die künstliche Abschirmung des Geräts gegen die zu registrierenden Einflüsse, z. B. das Wegfiltern von Lichtstrahlen oder die Kühlung eines Wärmemessers von außen. Zählt man bereits die Zuleitung zum Gerät, so wäre dadurch in dieses eingegriffen. Betrachtet man aber nur denjenigen Teil der technischen Einheit als das Aufzeichnungsgerät, der unmittelbar die Zeichen hervorbringt, so kommt man zu dem Ergebnis, daß durch all diese Manipulationen nur das Aufzeichnungsobjekt verändert werden kann. Zu diesem Ergebnis kommt Schilling, weil er als Leistung des Geräts nur die Perpetuierung der Zeichen anerkennt und dementsprechend als Aufzeichnungsgerät nur den Mecha, So von Schilling, vgl. "Aufzeichnungen" S.61.

11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

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nismus betrachtet, der die dauerhaften Zeichen hervorbringt8 . Dagegen sieht Schneider, der auch die "Erfassung des Objekts" zu den Leistungen des Aufzeichnungsgeräts zählt, in solchen Eingriffen in die Zuleitung Störungen des Aufzeichnungsvorgangs. Gerade für ihn stellt sich dann aber die Frage, wo eigentlich das Gerät beginnt und das Objekt aufhört. Das entscheidende Kriterium dafür ist für ihn die Selbständigkeit des Aufzeichnungsvorgangs. Dieser und damit der geschützte Mechanismus beginnt also da, wo bei ordnungsgemäßem Ablauf des Entstehungsprozesses der Aufzeichnung keine menschliche Mitwirkung mehr stattfindet. Eine Einwirkung auf die Erfassung des aufzuzeichnenden Phänomens ist danach nur dann tatbestandsmäßig, wenn sie in dem Teil des Gesamtvorgangs erfolgt, der automatisch abläuft, also wohl das Abhängen des Fahrtenschreibers und das Legen einer Zweigleitung um das automatisch beschickte Gerät, nicht aber das Auflegen eines zusätzlichen Gewichts auf eine von Hand beschickte Waage 9 • Nicht nur die Frage, wo der Schutzbereich des § 268 Abs. 3 StGB, also der Aufzeichnungsvorgang oder das Aufzeichnungsgerät, beginnt, kann problematisch werden, sondern auch die Bestimmung seines zeitlichen bzw. räumlichen Endes. Von ihr hängt die Entscheidung darüber ab, ob etwa das falsche Einlegen eines Schaublattes oder das Einlegen eines falschen Schaublattes Aufzeichnungsfälschung i. S. des § 268 Abs. 3 ist. Schilling verneint diese Frage mit der Begründung, daß das Schaublatt nur die Unterlage darstelle, auf der sich das Ergebnis des technischen Prozesses abzeichnet. Ihre Verwechslung beeinträchtige nicht den technischen Ablauf als solchen, d. h. die gleichförmige Reaktion der Konstruktionseinheit1o • Damit hat Schilling stillschweigend vorausgesetzt, daß das Schaublatt selbst nicht zur Konstruktionseinheit gehört; dies, obwohl die Diagrammscheibe für das Zustandekommen der Zeichen durch ihre Einteilungen einen entscheidenden Beitrag liefert, denn die Zeichen bestehen nicht nur aus den Formen der Kurve, sondern auch aus deren Lage auf dem Diagrammblatt und den relativen Positionen der einzelnen Abschnitte zu dessen Voreinteilung, aus denen sich erst die Meßwerte ergeben. Gerade für Schilling, der die geschützte Leistung allein in der Perpetuierung und die strafbare Handlung nur in deren Störung sieht, der demzufolge eine mit Spezialfiltern versehene Strahlenschutzplakette oder eine Photographie als technische Aufzeichnung schützen will, weil die strahlungsempfindliche Schicht eine Lichtverteilung oder Strahlendosis zuverlässig festhält, müßte es 8

Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 62 ff. ebenso Schönke - Schröder zu

§ 268 Ziff. 48.

Vgl. a.a.O. S. 251. Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 65, ebenso im Ergebnis SchönkeSchröder zu § 268 Ziff. 37; a. A. Dreher Anm. 3 C. g

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

problematisch sein, ausgerechnet das Schau blatt, das erst die Perpetuierungsleistung erbringt, als nicht zur Funktionseinheit des Aufzeichnungs geräts gehörig zu betrachten. Dies Ergebnis läßt sich von seinem Ausgangspunkt aus wohl nur damit erklären, daß er den Unwertgehalt der Aufzeichnungsstörung nicht allein in der Herstellung der falschen Aufzeichnung sieht, sondern auch in einer möglicherweise sich auf weitere Aufzeichnungen auswirkenden dauernden Schädigung des Apparats. Wie aber die geschützte Funktionseinheit zu bestimmen ist, wenn nicht durch die Aufzeichnungsfunktion selbst, läßt Schilling offen. So führt die Untersuchung über die Strafbarkeit der Manipulation des Trägers der Aufzeichnung wie die über die Beeinflussung des Aufzeichnungsobjekts notwendig zur Frage nach dem Wesen des Aufzeichnungsvorgangs zurück, von der sie hätte ausgehen sollen. Gleiches gilt für jede andere Betrachtung einzelner Möglichkeiten der Beeinflussung eines Aufzeichnungsergebnisses. Wie soll man beispielsweise feststellen, ob falsche Bedienung oder unbefugte Änderung der zuvor richtigen Einstellung eines Aufzeichnungsgeräts störende Beeinflussung des Aufzeichnungsvorgangs ist, ehe klargestellt ist, ob die Bedienung schon zum Aufzeichnungsvorgang gehört. Lehnt man dies von vornherein ab, so steht man vor der Aufgabe, diese Bedienungsfehler und unbefugten Einstellungsveränderungen von Einwirkungen auf den Aufzeichnungsvorgang selbst abzugrenzen. Auch hier wird allerdings öfters die Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang mit dem Eingriff in den Aufzeichnungsmechanismus gleichgesetzt mit der Folge, daß auch hier wieder Kriterien entscheidend sind, die eher zu einem Tatbestand der Sachbeschädigung als zu einer Vorschrift gegen Beweismittelfälschung passen. So hat schon Hasselberg und später Schilling eine Änderung der Funktionen des Geräts zur Herbeiführung eines unrichtigen Ergebnisses dann nicht für tatbestandsmäßig gehalten, wenn sie mit Hilfe von Bedienungselementen des Geräts möglich war, etwa durch Einstellung eines elektrisch betriebenen Geräts auf eine andere Netzspannung als die, mit der es tatsächlich betrieben wurde, oder Wahl einer falschen Tourenzahl, eine Störung des Aufzeichnungsvorgangs dagegen angenommen, wenn mangels solcher Bedienungselemente der innere Mechanismus direkt verändert werden mußl1. Das hat zur Folge, daß die Tragweite des Schutzes der Funktion eines Geräts letztlich davon abhängig gemacht wird, wieweit das Gerät spezialisiert ist. Ist es von vornherein nur auf solche Aufzeichnungen eingerichtet, für die nur eine Einstellung in Frage kommt, und nur für den Anschluß an bestimmte Energiequellen und sonstige Hilfsvorrichtungen verwendbar, so hat 11

Vgl. Hasselberg S. 178 f., Schilling "Aufzeicllnungen" S.65.

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es entsprechend weniger Bedienungselemente und demzufolge wird der gesamte Funktionsablauf geschützt, weil er ohne direkten Eingriff in den inneren Mechanismus nicht zu beeinflussen ist. Je universeller ein Gerät einsetzbar, d. h. je anpassungsfähiger es ist, desto geringer wird der Schutz, denn er erstreckt sich nur auf diejenigen Funktionen, die bei jeder Verwendung konstant bleiben12 (s. hierzu auch 2. Teil II 6). Das kann aber nur dann richtig sein, wenn der Aufzeichnungsvorgang nur aus diesen konstanten Funktionen besteht, was erst durch eine Analyse und Definition dieses Vorgangs festgestellt werden kann. Zu dieser Frage kommt man allerdings nicht, wenn man von vornherein für die Störung des Aufzeichnungsvorgangs einen Eingriff in das Gerät verlangt, d. h. eine, dauernde oder vorübergehende, Schädigung des inneren Mechanismus, der nach räumlichen, also äußerlichen Kriterien abgegrenzt wird. Letztlich führt das dazu, daß das Gehäuse des Geräts die Grenzen des Schutzes des Aufzeichnungsvorgangs bestimmt. Das unbefugte Lösen von Schrauben oder Öffnen von Schlössern, das Überwinden von Sicherungen und sonstigen mechanischen Widerständen, Kriterien also, die sonst zur Erschwerung des Diebstahls herangezogen werden, entscheiden über das Vorliegen einer störenden Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang und damit über Echtheit oder Unechtheit eines Beweismittels. Der tiefere Grund dafür liegt darin, daß das durch § 268 Abs. 3 StGB geschützte Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Leistung des Aufzeichnungsgeräts ohne die Erkenntnis dieser Leistung nicht inhaltlich zu bestimmen und abzugrenzen war, so konnte es mit dem Vertrauen in die mechanischen Vorkehrungen zur Sicherung dieser Leistung vor Störungen verwechselt werden. Solche Sicherungen steigern zwar das Vertrauen in jede Leistung, sind aber nicht sein eigentlicher Grund und können es daher auch nicht begrenzen. Es hat also wenig Sinn, zunächst die einzelnen technischen Möglichkeiten der Beeinflussung des Aufzeichnungsvorgangs herauszuarbeiten und zu Gruppen zusammenzustellen, - worauf vor allem Schilling viel Mühe und Scharfsinn verwendet hat 13 und worin ihm die meisten Autoren mehr oder weniger gefolgt sind - , um dann für jede dieser Gruppen gesondert herauszuarbeiten, ob bzw. wann sie unter das Tatbestandsmerkmal "störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang" fallen. Gewiß kann man ohne eine solche systematische Vorarbeit dieses vielfältigen Tatsachenstoffes nicht Herr werden. Man kommt aber zu unzureichend begründeten und daher im einzelnen unsicheren und möglicherweise auch widersprüchlichen Entscheidungen über diese 12

13

Darauf weist Schilling selbst hin, vgl. "Aufzeichnungen" S. 67. Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 50 ff.

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

verschiedenen Fallgruppen, wenn man darüber die Entwicklung allgemeiner Grundsätze vernachlässigt, die für alle diese Fallgruppen gleichermaßen gelten und aus denen sich die speziellen für jede einzelne Gruppe ableiten lassen. Stattdessen versucht Schilling die erforderliche Einheitlichkeit dadurch herzustellen, daß er zwischen den einzelnen von ihm gefundenen Fallgruppen oft nicht weiter begründete wertende Parallelen zieht, etwa, indem er ausführt, da die Unterschiebung eines falschen Objekts nach seinen bisherigen Untersuchungen nicht strafbar sein kann, könne es auch die Verwendung eines falschen Geräts nicht sein, da sie keinen höheren Unwert aufweise 14 • Vergleicht man die Anforderungen der einzelnen Interpretatoren an das Tatbestandsmerkmal "störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang" mit denen, die sie an den Begriff der technischen Aufzeichnung und damit an den Aufzeichnungsvorgang selbst stellen, so zeigt sich deutlich die Abhängigkeit zwischen beiden: eine Art umgekehrter Proportionalität, die sich notwendig ergibt. Je weiter der Begriff der technischen Aufzeichnung desto geringer die Ansprüche an die geschützte Maschinenleistung, desto geringer also der Bestandteil innerhalb der einzelnen Leistung, den man schützt. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf einen größeren Kreis von Tatobjekten wird mit einer Einschränkung der verbotenen Handlungen erkauft, die im Extremfall den Schutz des § 268 Abs. 3 StGB praktisch paralysiert. Auch dies ist zu beachten, wenn man jene Erweiterung gerade um der Erhöhung der praktischen Bedeutung der Vorschrift willen fordert. Aber gerade in § 268 Abs. 3 StGB hat sich die Eigengesetzlichkeit der technischen Aufzeichnung gegen die ihr zuwiderlaufende ursprüngliche Konzeption der Vorschrift als Erweiterung des Urkundenschutzes schließlich doch durchgesetzt. Deswegen liegt hier, nachdem die für diese Beweismittel optimale Konzeption eines Wahrheitsschutzes abgelehnt ist, der Ansatzpunkt zur Entwicklung eines den technischen Aufzeichnungen angemessenen Echtheitsbegriffes. Aus dem bereits Gesagten ergibt sich, daß die Untersuchung der Frage, was störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang ist, vom Wesen des Aufzeichnungsvorgangs auszugehen hat und daß sie, da hier an die Leistung des Aufzeichnungsgeräts hohe Anforderungen gestellt werden, wo diese erfüllt sind, zu einer wesentlichen Erweiterung des Begriffs der Störung führen wird. Das Ergebnis ist statt eines breiten Anwendungsbereichs eines eng ausgelegten und daher praktisch wenig effektiven Verbots ein gründlicherer Schutz der wenigen 14

Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S. 56.

II. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

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technischen Beweisverfahren, deren wirksame Sicherung ohne eine Durchbrechung des Grundsatzes der allgemeinen Erlaubtheit der Lüge möglich ist und die eine strafrechtliche Garantie ihres Beweiswertes verdienen, auch wenn im allgemeinen der Falschbeweis, insbesondere der mit Augenscheinsobjekten, als solcher nicht strafbar ist. Das Wesen des Aufzeichnungsvorgangs und der Grund seiner Schutzwürdigkeit besteht nicht allein in der maschinellen Zeichenfixierung, also der Perpetuierungsleistung, sondern in der maschinellen Zeichenauswahl, also der Information. Deren Selbsttätigkeit ist nicht notwendig dadurch ausgeschlossen, daß ein Mensch bei der Entstehung der Aufzeichnung beteiligt ist. Wann menschliche Mitwirkung die Selbsttätigkeit ausschließt, ist schon oben 1. Teil II 3. dargelegt. Entscheidend dafür ist, ob die Bedienungsperson bei normalem Ablauf des Aufzeichnungsvorgangs die Zeichenauswahl zu bestimmen oder mitzubestimmen hat. Ist dies nicht der Fall, und maßt sie sich durch falsche Bedienung die Entscheidung an, so stört sie den Aufzeichnungsvorgang ebenso wie derjenige, der unbefugt in den inneren Mechanismus des Geräts eingreift. Denn zum Aufzeichnungsvorgang, also zu dem festgelegten Entstehungsprozeß der Zeichen, der nach der Begründung zu E 62 geschützt werden sollte, weil er die Zuverlässigkeit des Beweismittels garantiert15 , gehört dann auch der eingeplante Beitrag der Bedienungsperson, wenn er so genormt ist, daß ihr überhaupt keine eigenen Entscheidungen bleiben, oder doch nur solche, die nach anderen Gesichtspunkten zu treffen sind als dem der Auswahl der entstehenden Zeichen (Näheres dazu s. o. 1. Teil II 3 b). Der Angestellte, dessen Aufgabe darin besteht, in bestimmte Meßgeräte immer die gleiche Art von Diagrammblättern in immer der gleichen Weise einzulegen, stört den festgelegten Aufzeichnungsvorgang, wenn er statt dessen falsche Blätter oder die richtigen Blätter falsch einlegt1 6 • Das gleiche gilt, wenn die Bedienungsperson das Gerät an bestimmte Arbeitsbedingungen nur durch vorgesehene Bedienungselemente anzupassen hat, z. B. an verschiedene. Energiequellen, Anschlußweisen oder auch Aufzeichnungsobjekte. Der Arbeiter, der je nach der Netzspannung einen Schalter an einem elektrisch betriebenen Aufzeichnungsgerät entweder auf die Stellung 120 oder 210 Volt einzustellen hat, wirkt störend auf den Aufzeichnungsvorgang ein, wenn er die falsche Einstellung vornimmt und damit ein unrichtiges Ergebnis erzielt. Das bedeutet nicht eine Verpflichtung der Bedienungsperson zur Wahrhaftigkeit; als solche kann das Verbot falscher Bedienung schon deshalb nicht angesehen werden, weil jedenfalls die Vgl. Begründung zu E 62 S.482. Ebenso Schneider S.250, Dreher zu § 268, Anm. 3 C, Lackner - Maassen Anm. 4 b; a. A. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff.37, Schilling "Aufzeichnungen" S. 65. 15

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

richtige Bedienung keine Äußerung der Bedienungsperson darstellt anderenfalls fehlt es schon an der 8elbsttätigkeit der Aufzeichnung. Die durch absichtlich falsche Bedienung hervorgerufene unwahre Nachricht ist dagegen Äußerung der Bedienungsperson, soweit diese anstelle des Geräts die Zeichenauswahl bestimmt hat. Aber sie ist mehr als eine schriftliche Lüge, weil sie unter Mißbrauch des Aufzeichnungsgeräts und des Maschinencodes vorgenommen worden ist und deshalb den Anschein erweckt, eine selbsttätige Zeichenauswahl des Aufzeichnungsgeräts zu sein. Hier besteht, da § 268 8tGB nun einmal als Echtheitsund nicht als Wahrheitsschutz konzipiert ist, auch eine gewisse Entsprechung zur Verfälschung einer Urkunde. Zu beachten ist jedoch ein entscheidender Unterschied: Bei der Fälschung der Aufzeichnung geht es allein um die Täuschung über die "Urheberschaft" des Automaten, d. h. über die Ursachen der Entstehung der Nachricht. Bei der Urkundenfälschung kommt es aber nicht darauf an, daß ein anderer die Information hergestellt hat, als es den Anschein hat, sondern daß ein anderer hätte für sie einstehen müssen (Geistigkeitstheorie). Die Benutzung des Urkundenausstellers als Werkzeug zur Abgabe einer Äußerung, die der Hintermann bestimmt, indem er das Verhalten des Ausstellers durch Täuschung beeinflußt, ist deshalb keine Urkundenfälschung, weil der Aussteller dennoch für diese Äußerung als für seine Erklärung einzustehen hat und sie allenfalls anfechten kann. Die Frage, ob die Beeinflussung eines Aufzeichnungsvorgangs als Täuschung des Geräts betrachtet werden könnte, stellt sich also nicht, denn selbst wenn das möglich wäre, ergäbe sich daraus noch keine Analogie zur Täuschung einer Person bei Ausstellung einer Urkunde17 • Was für die Bedienungsfehler gilt, die einen anderen als den für die betreffende Aufzeichnungssituation festgelegten Ablauf des Registriervorgangs verursachen, muß erst recht für Maßnahmen gelten, die zu einem überhaupt nicht vorgesehenen Entstehungsprozeß der Maschinenzeichen führen. Hierunter fallen ebenso, wie die unmittelbaren Be17 Lampe zieht diese Parallele zwischen Täuschung eines Urkundenausstellers und Beeinflussung der maschinellen Zeichenauswahl und rügt, daß die Maschine durch § 268 Abs.3 StGB einen weitergehenden Schutz genieße als der Mensch durch § 267 StGB, vgl. NJW 70, S. 1103. Dabei läßt er außer acht, daß weder § 268 StGB die Maschine als solche schützt noch § 267 StGB den Urkundenaussteller, dessen Existenz für die Urkundenfälschung ja nicht Voraussetzung ist, weil sie auch mittels eines erfundenen Ausstellernamens begangen werden kann. Beide Vorschriften schützen vielmehr allein den Adressaten, und zwar gegen grundlegend verschiedene Arten von Beeinträchtigungen seiner Orientierung für sein rechtliches Handeln. § 267 StGB schützt das Interesse, über bestimmte Tatsachen (Identität des Erklärenden), § 268 StGB das Interesse, mit bestimmten Methoden (Mißbrauch eines Maschinencodes) nicht getäuscht zu werden. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Schutzumfang einer der beiden Vorschriften in irgenqeiner Hinsicht von dem der anderen abhängig gemacht werden müßte.

1I. Die nach §

268

StGB strafbare Handlung

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einträchtigungen des inneren Mechanismus des Geräts, Beeinflussungen des normalerweise automatisch ablaufenden Gesamtvorgangs durch Einwirkung auf das Gerät von außen, z. B. die Kühlung eines Wärmemessers, die Abschirmung eines Strahlungsmessers, das Legen einer Zweigleitung um einen Verbrauchsmesser oder die zeitweilige Unterbrechung der automatischen Zuleitung (Abhängen des Fahrtenschreibers von der Kurbelwelle)18. Auch hier fällt die Grenze des Schutzbereichs zusammen mit der der Selbsttätigkeit des Geräts, auch hier charakterisiert sich die Tathandlung als heimliche Anmaßung einer Entscheidung über die Zeichenauswahl an einer Stelle, an der gar keine menschliche Entscheidung stattfinden soll. Eine Parallele zur Täuschung eines Urkundenausstellers, insbesondere des Ausstellers einer Zeugnisurkunde mag hier äußerlich noch näher liegen als bei den Bedienungsfehlern, kommt aber aus den oben dargelegten Gründen auch hier nicht in Betracht. Der automatische Aufzeichnungsvorgang ist nur der Bestandteil des Entstehungsprozesses der Aufzeichnung, der nicht einer Entscheidung der Bedienungsperson unterliegt, sondern der allgemeinen Normierung, aus der sich der Maschinencode ergibt. Da Inhalt der maschinellen Registrierung die Bedeutung ist, die die Zeichen nach dem Maschinencode haben, und nur der Eingriff ein. störender ist, der zu einem unrichtigen Ergebnis führt, ist zwar jede nach § 268 Abs. 3 StGB unechte Aufzeichnung auch inhaltlich unwahr und jede durch menschliche Beeinflussung unwahre auch unecht. Dennoch ist nicht jedes täuschende Verhalten bei der Herstellung einer technischen Aufzeichnung Störung des Aufzeichnungsvorgangs. Denn es werden in die Interpretation einer Aufzeichnung häufig Verhaltensweisen der Bedienungsperson einbezogen, die jenseits des genormten Aufzeichnungsvorgangs liegen. Damit werden Informationen zur Deutung der Maschinenzeichen herangezogen, die nicht durch den automatischen Aufzeichnungsvorgang erzeugt sind, deren Quelle also nur die Bedienungsperson sein kann. Die Richtigkeit dieser Informationen kann aber nicht durch § 268 StGB garantiert sein, wenn diese Vorschrift mit dem Grundsatz der Straflosigkeit der einfachen Lüge vereinbar sein soll. Unsere Untersuchungen über die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Registriergerät haben gezeigt, daß die maschinell ermittelten Nachrichten von den durch die am Aufzeichnungsvorgang beteiligten Personen gegebenen durch einen Rückgriff auf die Klassifikationsleistung des Mechanismus zu trennen sind, deren Resultat sie sind. Da Aufzeichnungsgeräte in aller Regel nicht einzelne Gegenstände von allen anderen gleicher Art unterscheiden können, weil dafür geeignete äußerliche 18

In allen diesen Fällen a. A. SchiHing S. 62 f.

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4. Teil : Zur Auslegung des § 268 StGB

Kriterien nicht vorhanden sind, stammt z. B. die Information über die Individualität des Objekts meist auch dann nicht von der Maschine, wenn die Maschinenzeichen als Aussagen über ein bestimmtes Objekt gedeutet werden. Diese Interpretation der Maschinenzeichen beruht in solchen Fällen nicht nur auf der Klassifikationsleistung des Geräts und der Kenntnis des Interpreten von dessen Arbeitsprogramm, sondern auch auf zusätzlichem Wissen über den konkreten Aufzeichnungsvorgang. Daraus ergibt sich die Richtigkeit des allgemein anerkannten Satzes, daß die Ersetzung des für die jeweilige Aufzeichnung vorgesehenen Gegenstandes durch einen anderen gleicher Art nicht unter § 268 Abs. 3 StGB fällt. Da die Aufzeichnung nach dem Maschinencode allein gar keine Aussage über das individuelle Objekt als solches enthält, sondern nur als Objekt der Gattung, zu deren Untersuchung das Gerät bestimmt und eingerichtet ist, ist die Unterschiebung eines anderen Objekts dieser Gattung auch keine Täuschung durch die Aufzeichnung, sondern nur über die Aufzeichnung. Diese Erkenntnis wird nun von Schröder ohne weiteres dahin verallgemeinert, daß die "Schaffung unrichtiger Arbeitsvoraussetzungen" für das Gerät keine Störung des Aufzeichnungsvorgangs sein könne 19 • Angesichts der Tatsache, daß sich der Aufzeichnungsvorgang nicht allgemein nach zeitlichen und räumlichen Kriterien abgrenzen läßt, sondern nur danach, wieweit die Entstehung der Zeichen durch die Konstruktion und die Zweckbestimmung des Gerätetyps allgemein festgelegt ist, erscheint dieser Schluß von der Straflosigkeit der Täuschung über die Individualität des einzelnen Objekts auf die aller anderen Manipulationen innerhalb des gleichen räumlichen bzw. zeitlichen Bereichs des Entstehungsvorgangs fragwürdig. Ein wesentlicher Unterschied besteht schon zwischen der Eingabe eines anderen als des in concreto interessierenden Objekts - statt der Herzströme des Versicherungsanwärters A werden die des B gemessen - und der Eingabe eines Objekts einer anderen Gattung als der für das betreffende Gerät allgemein bestimmten - statt der Herzströme werden die Hirnströme gemessen20 - oder, was auf dasselbe hinauskommt, der Benutzung eines falschen Geräts, - Kardiograph statt Enzephalograph -. Denn im ersten Fall handelt der Täter nicht den allgemein für Aufzeichnungsvorgänge dieser Art geltenden Bedienungsregeln zuwider, sondern nur dem konkreten Beweisinteresse oder 18 Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 48. In ähnlicher Weise schließt auch Schilling von der Straflosigkeit der Unterschiebung eines in concreto nicht

interessierenden Objekts auf alle möglichen anderen Manipulationen bei der Beschickung des Geräts, sogar auf den Eingriff in eine automatische Beschikkung, vgl. "Aufzeichnungen" S. 62 ff. 20 Das Beispiel erhebt keinen Anspruch auf Praktikabilität.

II. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

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einer ihm für den konkreten Fall gegebenen Anweisung. Im zweiten aber kommt ein Aufzeichnungsvorgang zustande, der weder die für das tatsächlich benutzte Gerät geltenden allgemeinen Normen erfüllt, noch die für das Gerät geltenden, das zur Untersuchung des eingegebenen Objekts hätte benutzt werden sollen. Die so hergestellten Zeichen müssen aber einem der beiden Maschinencodes angehören, wenn die Manipulation überhaupt einen Sinn haben soll. Ein Unterfall der Unterschiebung eines nach den allgemein für den betreffenden Aufzeichnungsvorgang geltenden Regeln falschen Objekts ist die Beeinflussung des Meßergebnisses durch ein Zusatzobjekt. Denn gemessen werden hier beide Objekte zusammen, und beide zusammen sind nicht ein Element der nach der Zweckbestimmung des Geräts zu untersuchenden Klasse von Objekten. Da der Aufzeichnungsvorgang definiert ist als die Gesamtheit derjenigen allgemein festgelegten Entstehungsursachen der Aufzeichnung, aus denen sich der Maschinencode ergibt, hängt die Frage, ob ein solcher Verstoß gegen die für die Herstellung der Aufzeichnung geltenden Regeln Störung des Aufzeichnungsvorgangs ist, davon ab, ob der Maschinencode die Information über die Gattung des gemessenen Einflusses als Bedeutung enthält. Das würde bedeuten, daß die Bestimmung des gemessenen Einflusses als eines zu dieser Gattung gehörigen als Leistung des Geräts angesehen werden müßte. Gegen diese Annahme könnte eingewandt werden, daß die Fälle, in denen es gelingt, durch andere, statt oder neben den durch den betreffenden Gerätetyp zu messenden eingesetzte, Einflüsse Maschinenzeichen zu erzeugen, gerade beweisen, daß das Gerät nicht fähig ist, die Einflüsse als solche von jener Gattung zu klassifizieren, zu deren Messung es bestimmt ist. Danach würde der Interpret, der die Zeichen gleichwohl als von einem bestimmungsgemäßen Objekt stammende deutet, nicht mehr allein den aus der Unterscheidungsfähigkeit des Geräts abgeleiteten Maschinencode verwenden, sondern einen genaueren, der sich durch die zusätzliche Annahme ergibt, daß die Bedienungsperson sich wenigstens an die allgemein für die betreffende Art von Aufzeichnungen geltenden Regeln gehalten hat. Nach dem so bestimmten Maschinencode dagegen müßte die Klasse, in die das aufgezeichnete Phänomen eingeordnet wird, alle Erscheinungen umfassen, durch die die Zeichen in der Maschine irgendwie hervorgerufen werden können. Damit taucht die Schwierigkeit auf, alle diese Erscheinungen unter irgendeinem Gesichtspunkt zu einer Klasse zusammenzufassen, die um so größer wird, je einfacher die zu messenden Phänomene strukturiert und je vielfältiger daher die Möglichkeiten sind, sie für das Gerät zu imitieren. Es wird nicht selten kein anderes gemeinsames Klassenkenn17 Puppe

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

zeichen übrig bleiben als eben die Tatsache, daß alle diese Einflüsse die Maschinenzeichen erzeugen können. Damit aber würde sich die Aussage der Aufzeichnung in eine Tautologie auflösen. Anders ausgedrückt: Nimmt man eine Klassifikationsleistung nur in so weit an, als das Gerät die Erscheinungen einer Klasse von allen anderen überhaupt vorhandenen oder herstellbaren Phänomenen zu unterscheiden vermag;so kommt man zu dem Ergebnis, daß kein Automat und übrigens auch kein Mensch zu einer Klassifikation imstande ist, da nie ausgeschlossen ist, daß irgendeine nicht zur Klasse gehörige Erscheinung aufgrund einer bestimmten Ähnlichkeit mit einer dazugehörigen "verwechselt" werden kann. Es muß also zur Annahme einer Klassifikationsleistung genügen, daß das Gerät innerhalb der Einflüsse, denen es normalerweise ausgesetzt ist, richtig unterscheidet. Daraus ergibt sich, daß bestimmte Arbeitsvoraussetzungen, die der allgemeinen Zweckbestimmung und der Konstruktion des Geräts zugrundeliegen, in den Maschinencode einbezogen werden können und müssen. Es muß sich dabei aber um solche handeln, die allgemein festgelegt sind und vor allem nicht in einer vorwegzutreffenden menschlichen Auswahlentscheidung bestehen. Denn sonst würde eine menschliche Klassifikationsleistung der Maschine zugerechnet. Wird also auf eine Klasse, in die ein registrierter Einfluß eingeordnet wird, allein aus der Zweckbestimmung des Geräts geschlossen, ohne daß das Meßergebnis gerade für diese Klasse typisch ist, so beruht diese Information allein auf einer Klassifikation der Bedienungsperson, die diese dadurch ausgedrückt hat, daß sie das betreffende Phänomen von einem Gerät mit entsprechender Zweckbestimmung hat aufzeichnen lassen (s. o. 1. Teil II 3 a IX). Ist beispielsweise eine von Hand beschickte Waage zwar ihrem Typ nach für Wägungen nur einer Gattung von Gegenständen bestimmt, etwa für Pakete, aber nicht besonders auf diese Gattung eingerichtet, so daß es ohne weiteres möglich ist, auch andere Gegenstände aufzulegen, so ergibt sich aus ihrer Gewichtsangabe nicht, daß der gewogene Gegenstand der bestimmungsgemäßen Gattung angehört. Denn ein bestimmtes Gewicht, das allein die Waage zu "erkennen" vermag, ist in der Regel kein geeignetes Klassifikationskriterium für eine bestimmte Art von Gegenständen. Es ist zwar möglich, aufgrund einer Gewichtsangabe eine Unzahl von Gattungen auszuschließen, denen der gewogene Gegenstand nicht angehören kann, es bleiben aber noch zu viele andere Möglichkeiten übrig, als daß ein Schluß von der Gewichtsangabe auf die eine, bestimmungsgemäße Gattung möglich wäre. Das ist aber anders, wenn es sich um selten vorkommende, also extrem niedrige oder hohe Gewichte handelt, wie etwa die von Lastkraftwagen. Hier ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine solche Gewichtsangabe von einem LKW herrührt und nicht von einem anderen - vielleicht mit Hilfe eines

H. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

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Krans auf die Waage gebrachten - Gegenstand hinreichend groß, daß ein Schluß von der Gewichtsangabe auf die Gattung möglich ist. Ist die Charakterisierung des gemessenen Einflusses so ausführlich, daß aus ihr ein Schluß auf eine bestimmte Gattung von Objekten möglich ist, so klassifiziert das Gerät durch dessen Messung auch den Gegenstand als einen dieser Gattung zugehörigen. Deshalb kann als Quelle der Information über die Gattung des Objekts das Gerät angesehen werden. Es kann zwar auch in diesen Fällen eine Information der Bedienungsperson über die Gattung des Gegenstandes darin gesehen werden, daß sie ihn in das zur Untersuchung dieser Gattung bestimmte Gerät eingegeben hat, man ist aber zur Feststellung der Gattung auf diese Information nicht angewiesen, weil sie sich schon aus den für sie typischen Maschinenzeichen ergibt. So kann beispielsweise aus dem Verlauf eines EKG entnommen werden, daß es durch Herzströme erzeugt ist, weil Ströme dieser Stärke und dieses Verlaufs sonst von Natur aus nicht vorkommen und auch künstlich nicht ohne weiteres herzustellen sind. Dasselbe gilt, wenn zwar ähnliche Erscheinungen, beispielsweise Strahlen, Druckschwankungen, elektrische Ströme auch anderweitig auftreten, aber nicht an Objekten, die für den Anschluß an das betreffende Gerät geeignet sind oder sonst normalerweise auf seine Rezeptoren einwirken, sondern nur an solchen, die erst durch spezifische Veränderungen des Objekts oder des Geräts mit diesem in Verbindung gebracht werden können. Soweit aber die Bestimmung der Gattung des Objekts oder Einflusses Leistung des Geräts ist, gehört sie zum Aufzeichnungsvorgang; die Verursachung einer falschen Bestimmung ist dann, auch wenn sie durch Manipulationen am Objekt, Einsatz eines zusätzlichen Einflusses auf das Gerät oder künstliche Erzeugung eines dem bestimmungsgemäßen ähnlichen Einflusses geschieht, störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang. Nachdem wir das Wesen der nach § 268 Abs. 3 StGB verbotenen Handlung in der Beeinträchtigung der maschinellen Klassifikationsleistung und der heimlichen Anmaßung einer Herrschaft über die scheinbar automatische Zeichenauswahl erkannt haben, stellt sich die Frage, wie sich diese Vorschrift zu dem in § 268 Abs. 1 aufgestellten Verbot der Imitation und Verfälschung technischer Aufzeichnungen verhält und ob sich beide unter dem gemeinsamen Gesichtspunkt eines irgendwie definierten Echtheitsschutzes zusammenfassen lassen. Der Beantwortung dieser Frage sind wir nicht dadurch enthoben, daß der Gesetzestext nicht festlegt, daß eine gestörte technische Aufzeichnung unecht sei, sondern nur, daß die Störung der Herstellung einer unechten gleichstehe. Denn gerade diese Gleichsetzung muß durch die Auffindung der zwischen einer imitierten und einer gestörten Aufzeichnung bestehenden Gemeinsamkeit erklärt werden. Ob man diese Gemein17°

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4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

samkeit dann Unechtheit nennt, ist eine Bezeichnungsfrage. Von einer einheitlichen Konzeption des Tatbestandes, und zwar einem Echtheitsschutz, sind auch die Verfasser des E 62 ausgegangen. In der amtlichen Begründung ist ausgeführt, daß die in Abs. 3 beschriebenen Handlungen auch in Abs. 1 enthalten sind und nur zur Klarstellung besonders aufgeführt wurden21 • Das Adjektiv "unecht" bezeichnet nicht eine Eigenschaft eines Gegenstandes als solchen, sondern eine Beziehung dieses Gegenstandes zu einer Gattung, der er nicht angehört. Diese Beziehung besteht in der Möglichkeit, daß er fälschlich unter diese Gattung subsumiert wird, bzw. in der Bestimmung, daß er darunter subsumiert werden solL Wie mit Bezug auf die Urkunde Binding ausführt22 , ergeben sich die Kriterien für das Vorliegen eines unechten Gegenstandes der jeweiligen Gattung aus den Anforderungen an den echten, also aus der Definition der Gattung. Eine technische Aufzeichnung ist eine in dauerhaften Signalen gespeicherte maschinelle Information (Zeichenauswahl). Eine Zeichenfixierung, die diese Bedingungen nur scheinbar erfüllt, also aus Zeichen eines Maschinencodes oder diesen ähnlichen Signalen besteht und nicht durch einen automatischen Auswahlvorgang in der betreffenden Maschine entstanden ist, ist also eine unechte Aufzeichnung. Diese Bedingungen werden von der vollständig und der teilweise imitierten (verfälschten) Aufzeichnung erfüllt, (d. h. von einer Aufzeichnung, die nicht aus dem Gerät stammt, dessen Code die Zeichen angehören) und, da die Selbsttätigkeit der Zeichenauswahl Begriffsmerkmal der (echten) technischen Aufzeichnung ist, auch von der zwar durch das Gerät aber unter menschlicher Beeinflussung fixierten Zeichenauswahl2s• Aus dem Begriff der technischen Aufzeichnung selbst ergibt sich also Art und Umfang des für diese spezifischen Echtheitsschutzes. Dieser hat mit dem Urkundenschutz nur das gemeinsam, was alle Vorschriften gegen Fälschungen miteinander verbindet: das Verbot, den falschen Anschein zu erwecken, daß ein Gegenstand der geschützten Gattung angehöre. Von diesem Echtheitsbegriff aus bleiben noch zwei Streitfragen zu beantworten: 1. Fällt die bewußte Benutzung eines ohne Zutun des Täters defekt gewordenen Geräts zur Täuschung im Rechtsverkehr unter § 268 Abs. 3? 2. Ist die Herstellung einer imitierten aber inhaltlich wahren Aufzeichnung nach § 268 Abs. 1 strafbar? 21 Vgl. Begründung zu E 62 S. 482, Dreher sieht dagegen in § 268 Abs. 3 einen gesondert neben dem Echtheitsschutz des Abs. 1 stehenden Wahrheitsschutz, vgl. zu § 268 Anm. 3 C, ähnlich Schönke - Schröder, Ziff. 46. 22 23

Binding S. 175 ff. Vgl. Lackner - Maassen zu § 268 Anm. 4 a und b.

11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

261

Mit der störenden Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang hat die bewußte Benutzung eines schon fehlerhaften Geräts gemeinsam, daß über die Ordnungsmäßigkeit des Aufzeichnungsvorgangs getäuscht wird. Es fehlt aber die für die störende Einwirkung wesentliche Anmaßung eigener Herrschaft über die Zeichenauswahl. Da die technische Aufzeichnung als selbsttätige maschinelle Zeichenauswahl definiert ist, ist auch die eines defekten Geräts echt, ihre Herstellung oder ihr Gebrauch also nicht tatbestandsmäßig24. Schröder versucht, wenigstens für die Fälle zu einer Strafbarkeit zu kommen, in denen eine Person das defekte Gerät benutzt, die für seine Wartung oder Überwachung verantwortlich ist oder es zuvor unvorsätzlich oder nicht zur Herstellung dieser Aufzeichnung gestört hat. Er nimmt hier Tatbestandserfüllung durch pflichtwidrige Unterlassung der Entstörung des Geräts an25 • Das Unterlassen einer Entstörung könnte nur dann tatbestandsmäßig sein, wenn § 268 Abs. 3 die Ordnungsmäßigkeit des Aufzeichnungsvorgangs schützt und nicht nur seine Freiheit von menschlicher Beeinflussung; denn Beeinflussung ist nur durch positives Tun denkbar. Ist aber jede nicht ordnungsgemäß zustandegekommene Aufzeichnung eine unechte bzw. der unechten wenigstens gleichstehende gestörte, so ist ihre wissentliche Herstellung durch jedermann tatbestandsmäßig, und einer Garantenstellung bedürfte es nur da, wo der Täter überhaupt nicht positiv bei der Entstehung der Aufzeichnung mitwirkt, etwa wenn sie vollautomatisch erfolgt. Gerade diese Konsequenz aber will Schröder nicht ziehen, sondern die Strafbarkeit der Benutzung eines fehlerhaften Geräts auf Garanten beschränken, d. h. auf Personen, die zur Wartung und Überwachung des Geräts verpflichtet sind26 • Auch Schröder steht also auf dem Standpunkt, daß grundsätzlich mit dem Tatbestandsmerkmal der störenden Einwirkung eine Beeinflussung des Aufzeichnungsvorgangs durch den Täter gefordert wird, also nicht jede Herstellung einer nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnung tatbestandsmäßig ist. Er meint nur, dieses Handlungserfordernis, wie auch sonst bei unechten Unterlassungsdelikten, durch das Unterlassen eines Garanten ersetzen zu können. Garant ist derjenige, der zur Abwendung des Erfolges verpflichtet ist. Der strafbare Erfolg ist aber auch nach 24 Die Frage war im Sonderausschuß lebhaft umstritten, Dreher und Schlee sprachen sich tür Strafbarkeit aus, dagegen Müller - Emmert, Corves und Horstkotte. Der Vorschlag Schlees, die Frage dadurch in positivem Sinne

zu entscheiden, daß man das Wort "unecht" in Abs. 1 durch "fehlerhaft" ersetzt, wurde mit 6 zu 2 Stimmen abgelehnt, vgl. Protokolle S. 2412 ff., S.2415. De lege lata hält auch Dreher die Benutzung des defekten Geräts für nicht tatbestandsmäßig, vgl. zu § 268 Anm. 3 C, ebenso Lackner - Maassen, Anm. 4 e mit Einschränkungen auch Schönke - Schröder Ziff. 55 aA Schneider S. 252. !5 Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 53 ff. 28 Vgl. Schönke - Schröder zu § 268 Ziff. 55.

262

4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

Schröder nicht die Entstehung einer nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnung oder gar die Funktionsuntüchtigkeit des Geräts als solche, sondern die Entstehung einer gestörten, d. h. von einem Menschen in bestimmter Richtung beeinflußten Aufzeichnung. Durch Unterlassen kann § 268 Abs. 3 also nur dann begangen werden, wenn die Störung des Geräts durch einen anderen pflichtwidrig nicht verhindert wird, nicht aber durch Unterlassung der Entstörung oder Ausschaltung des fehlerhaften Geräts. Bei seiner Annahme einer Störung des Aufzeichnungsvorgangs durch Unterlassen hat Schröder der Tatsache nicht Rechnung getragen, daß das Merkmal "störende Einwirkung" nicht nur die tatbestandsmäßige Handlung charakterisiert, sondern auch und gerade den tatbestandsmäßigen Erfolg. Aus § 268 Abs. 3 StGB läßt sich also die Strafbarkeit der wissentlichen Benutzung eines defekten Geräts nicht begründen, sie könnte allenfalls Herstellung einer unechten Aufzeichnung nach Abs. 1 sein. Diese Auffassung vertritt Schneider mit der Begründung, daß das Vertrauen des Rechtsverkehrs in selbsttätige maschinelle Registrierungen sich auf deren Wahrheit erstrecke, also durch bewußte Benutzung eines fehlerhaften Geräts stets mißbraucht werde, gleichgültig, wie der Fehler zustandegekommen ist27 • Es fragt sich aber, ob dieses Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Wahrheit der Aufzeichnung durch § 268 StGB geschützt wird. Daß der Gesetzgeber keinen Richtigkeitsschutz für technische Aufzeichnungen wollte, schließt seine Annahme noch nicht unbedingt aus, wenn sie sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzestextes begründen läßt. Aus dem Gesetzeswortlaut wäre das von Schneider vertretene Ergebnis aber nur dann herzuleiten, wenn die Aufzeichnung eines defekten Geräts als unechte bezeichnet werden kann, wie dies Schneider auch tut. Das bedeutet nach dem über das Wesen der Unechtheit Gesagten zunächst, daß sie keine technische Aufzeichnung ist. Es wäre zwar ohne weiteres möglich, einen Begriff der technischen Aufzeichnung zu bilden, unter den die eines defekten Geräts nicht fällt, indem man die Ordnungsmäßigkeit ihrer Entstehung und damit ihre Richtigkeit in ihre Definition einbezieht. Dieser Begriff deckt sich aber nicht mit dem des allgemeinen Sprachgebrauchs. nach dem auch Arbeitsergebnisse eines fehlerhaften Geräts als technische Aufzeichnungen bezeichnet werden. Eine Abweichung vom allgemeinen Sprachgebrauch bei der Auslegung eines Gesetzes ist aber nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber selbst einen von diesem abweichenden gesetzestechnischen Begriff gebildet hat. Das hat er aber hier gerade nicht getan, jedenfalls nicht in dem von Schneider vertretenen Sinne. Daran scheitert Schneiders Versuch, den Wahrheitsschutz in den vom Gesetz vorgesehenen Echtheitsschutz hineinzutragen. Die Bestrafung 27

Vgl. Schneider S. 252 und S. 245.

11. Die nach § 268 StGB strafbare Handlung

263

der bewußten Ausnutzung eines Fehlers des Geräts zur Täuschung, die, wie die Ausführungen Schröders und Schneiders und auch die Diskussion im Sonder ausschuß zeigen, vielfach als wünschenswert empfunden wird, ist also nach dem geltenden Recht nicht zu erreichen. Auch die Frage nach der Strafbarkeit der Imitation einer sachlich richtigen Aufzeichnung ist eindeutig dadurch beantwortet, daß das Gesetz einen Echtheitsschutz vorsieht, und zwar positiv. Denn auch eine solche Imitation erweckt den Anschein, eine selbsttätige maschinelle Zeichenauswahl zu sein, obwohl sie es nicht ist. Ihre Produktion ist also Herstellung einer unechten technischen Aufzeichnung nach § 268 Abs. 1 StGB. Dreher versucht, die Bestrafung solchen Verhaltens dadurch zu vermeiden, daß er das Unrechtsbewußtsein des Täters in Zweifel zieht und die Täuschungsabsicht ablehnt28 • Ersteres könnte nur bei Annahme der Vorsatztheorie gelingen und nur bei einem Täter, der den § 268 StGB nicht kennt. Der Grund dieser Argumentation dürfte darin zu suchen sein, daß Dreher selbst Bedenken dagegen trägt, diese Handlung als strafbares Unrecht anzusehen. Auch das Erfordernis der Täuschungsabsicht bietet hier keinen Ausweg, denn in diesen Fällen soll zwar nicht über die aufgezeichnete Tatsache getäuscht werden die ist ja wahr - wohl aber über die Entstehungsweise der Aufzeichnung selbst. Hier gelten die zur formalen Urkundenfälschung entwikkelten Grundsätze entsprechend. Dieses Ergebnis wird ebenso als unbefriedigend empfunden wie die Straflosigkeit der bewußten Benutzung eines fehlerhaften Geräts zur Täuschung über die aufgezeichnete Tatsache. Der Grund dafür besteht darin, daß an der Echtheit der technischen Aufzeichnung im Gegensatz zu der der Urkunde kein selbständiges, von ihrer Wahrheit unabhängiges Interesse besteht, m. a. W., daß das zu schützende Vertrauen des Verkehrs zwar der Maschine gilt, aber nicht an sie anknüpft, sondern an die Zeichen. Es ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Maschinencodes, auf dessen Anwendbarkeit schon allein aus der Gestalt der Zeichen geschlossen wird und nicht erst aus dem Wissen darum, daß die Aufzeichnung aus dem betreffenden Gerät stammt. Dieses Vertrauen wird durch jede Herstellung einer unwahren Aufzeichnung und nur durch diese mißbraucht, denn der Code stellt ja die direkte Beziehung zwischen Zeichen und Bedeutung, also zur aufgezeichneten Tatsache her. Schutz des Vertrauens in den Code bedeutet dementsprechend Wahrheitsschutz. Solange aber der Gesetzgeber an der Analogie zur Urkundenfälschung festhält und den Schutz an das Gerät und seine "Urheberschaft" anknüpft statt an den Code, läßt sich diese Diskrepanz zwischen dem tatsächlich im Rechtsverkehr bestehenden Vertrauen in die Zeichen und der Vorschrift, die es schützen soll, nicht vermeiden. 28

Vgl. Dreher zu § 268 Anm. 3 C.

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4. Teil : Zur Auslegung des § 268 StGB

III. Das Verhältnis der Fälschung technischer Aufzeichnungen zur Urkundenfälschung

Es besteht in der Literatur vielfach eine Tendenz, § 268 StGB hinter § 267 StGB zurücktreten zu lassen. Dies mag damit zusammenhängen, daß diese neue Vorschrift ursprünglich gar nicht als selbständiger Tatbestand mit eigenem Rechtsgut, sondern als Erweiterung der Urkundenfälschung geplant war. Dieses Ergebnis versucht man auf verschiedenen Wegen zu erreichen. So nimmt Kienapfel schon ein begriffliches Ausschlußverhältnis zwischen Urkunde und technischer Aufzeichnung an, dergestalt, daß zunächst zu prüfen ist, "ob das Substrat, auf welche Weise es auch immer entsteht, seinem Gesamtcharakter nach als einheitliche ausstellerbezogene Erklärung zu werten ist". Wenn dies der Fall ist, kann nach Kienapfel keine technische Aufzeichnung vorliegen, weil das Gerät dann nur als "Schreib- oder Rechenhilfe" des Ausstellers fungiere. Das Merkmal der Selbsttätigkeit lehnt Kienapfel als Unterscheidungskriterium zwischen menschlicher und technischer Aufzeichnung ausdrücklich abt. So kommt er zu dem Ergebnis, daß das Gerät auch dann bloß verlängerter Schreib arm des Menschen sein kann, wenn er die Zeichenauswahl gar nicht bestimmen kann. Damit hat er aber das wesentlichste Charakteristikum der technischen Aufzeichnung außer Acht gelassen, das der Grund ihres Schutzes ist. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als die Abgrenzung allein nach dem Umfang des Urkundenschutzes zu bestimmen. Die Möglichkeit einer überschneidung beider Schutzbereiche war damit schon durch seine Methode ausgeschlossen, ihre Unmöglichkeit aber nicht bewiesen. Kienapfel selbst hält jedoch seinen Standpunkt nicht durch, denn er nimmt Idealkonkurrenz zwischen § 267 StGB und § 268 StGB an, wenn eine Aufzeichnung nachträglich verändert wird, die ein anderer zur Errichtung einer zusammengesetzten Urkunde verwendet hat2 • Vor allem aber kann ihm deshalb nicht gefolgt werden, weil er § 268 grundsätzlich nur eine Auffang- und Ergänzungsfunktion im Verhältnis zu § 267 zuspricht und das eigene und selbständige Anliegen dieser Vorschrift, den Schutz der automatisch hergestellten Information, schon dadurch verkennt, daß er das Kriterium der Selbsttätigkeit ablehnt. Geht man vom Wesen der Aufzeichnung als selbsttätige maschinelle Zeichenauswahl einerseits und von der Definition der Urkunde als menschlicher Erklärung andererseits aus, so zeigt sich, daß beide Begriffe sich nicht ausschließen. Denn für die Aufzeichnung ist charak1 2

Vgl. Kienapfel JZ 71, S. 165. Vgl. Kienapfel JZ 71, S. 166.

III. Das Verhältnis zur Urkundenfälschung

265

teristisch, daß sie von einem selbsttätig arbeitenden Gerät herrührt, für die menschliche Erklärung, daß eine Person sie abgegeben hat, was jedenfalls nach der herrschenden Geistigkeitstheorie nicht voraussetzt, daß sie sie selbst hervorgebracht oder wenigstens ihren Inhalt von vornherein bestimmt hat. Es genügt vielmehr, daß sie sich nachträglich ausdrücklich mit dem bereits vorhandenen Inhalt identifiziert. Ein solcher Inhalt kann auch das Ergebnis einer maschinellen Informationsgewinnung sein, worauf Schilling mit Recht hinweist3 • Obwohl Schilling Idealkonkurrenz zwischen § 267 StGB und § 268 StGB annimmt, wenn eine technische Aufzeichnung verfälscht wird, die eine Person als ihre Erklärung in den Rechtsverkehr gebracht hat, lehnt er die Anwendung des § 268 für mechanisch hergestellte Kopien, die der Aussteller des Originals gegen sich gelten lassen will (Ausfertigungen), ab, weil es dann auf die technische Herstellungsweise nicht mehr ankomme4 • In der Tat besteht kein Interesse mehr an einer die Übereinstimmung mit dem Original gewährleistenden Herstellungsweise der Kopie, wenn sich der Aussteller schon zur Kopie selbst bekennt. Abgesehen davon, daß ein Interesse an der allein vom Kopiergerät garantierten Übereinstimmung zwischen Kopie und Original - und damit am Schutz der Kopie - nie besteht, weil das Original selbst ein Falsifikat oder gar eine bloße Montage sein kann5 , ist nicht ersichtlich, inwiefern der Wegfall des geschützten Interesses im konkreten Fall die Anwendung einer Strafvorschrift ausschließen soll, sei es nun unter Tatbestands- oder Konkurrenzgesichtspunkten. Nirgends sonst wird die Strafbarkeit davon abhängig gemacht, daß im konkreten Fall ein Interesse am Strafschutz besteht, z. B. Diebstahl oder Sachbeschädigung bleiben nicht deshalb straflos, weil die Sache wertlos ist oder der Eigentümer kein Interesse an ihr hat. Dreher nimmt ohne weitere Begründung Alternativität zwischen beiden Tatbeständen an 6 • In der Tat besteht kein Grund, die Idealkonkurrenz von § 267 und § 268 StGB auszuschließen. Beide Tatbestände verbieten zwar eine Täuschung und schützen ein Vertrauen im Rechtsverkehr, dennoch sind die Rechtsgüter verschiedene und können durchaus nebeneinander verletzt werden. Der Urkundenschutz gewährleistet die Möglichkeit, im Rechtsverkehr denjenigen, der als Aussteller einer Erklärung erscheint, auch für ihren Inhalt verantwortlich zu machen und an sie zu binden. Garantiert wird hier, wie schon mehrfach Vgl. Schilling "Aufzeichnungen" S.76. Vgl. Schilling a.a.O. S. 73, im Ergebnis ebenso SchneideT S. 255. 5 So jedenfalls nach Schilling, der die Vorlage einer Montage nicht als Störung des Kopiervorgangs ansieht, vgl. "Aufzeichnungen" S. 69. e Vgl. DTeheT zu § 268 Anm. 7. 3

4

266

4. Teil: Zur Auslegung des § 268 StGB

ausgeführt, das Interesse des Verkehrs, über bestimmte Inhalte nicht getäuscht zu werden. Bei der Aufzeichnungsfälschung aber handelt es sich um die Pönalisierung des Mißbrauchs einer besonders vertrauenswürdigen Beweismethode zur Täuschung über einen beliebigen Inhalt. Ist eine technische Aufzeichnung gleichzeitig Urkunde, weil sich eine Person ihren Inhalt als ihre Erklärung zu eigen gemacht hat, so besteht zunächst ein Interesse des Verkehrs, nicht über diese Person irregeführt zu werden, weil diese für den Erklärungsinhalt einstehen soll; gleichzeitig besteht ein Interesse, über die Selbsttätigkeit der Zeichenauswahl durch das Gerät nicht getäuscht zu werden, weil sich auf diese ein Vertrauen in die Richtigkeit der Aufzeichnung gründet, das mit dem in die Bindung des Ausstellers an den Aufzeichnungsinhalt als seine Erklärung nichts zu tun hat. § 267 und § 268 StBG stehen dann in Idealkonkurrenz7 •

7 Vgl. Lackner - Maassen zu § 268 Anm. 7, Schönke - Schröder Ziff. 73, Schneider S. 255, der allerdings bei Kopien und Tonaufnahmen ähnlich wie Schilling Subsidiarität des § 268 StGB annimmt.

Anhang I

Die in E 62 vorgesehenen Vorschriften zum Schutz des Rechtsverkehrs Entwurf 1962 § 303

Fälschung und Unterdrückung von Urkunden (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr 1. eine unechte Urkunde herstellt oder eine Urkunde verfälscht, oder

2. eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine Urkunde, über die er nicht allein verfügen darf, vernichtet, beschädigt, unbrauchbar macht, beiseite schafft oder unterdrückt, um ihren Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern oder zu erschweren. (3) Urkunde ist eine in einer Schrift verkörperte Erklärung, die allgemein oder für Eingeweihte verständlich ist und den Aussteller erkennen läßt und die zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt ist, gleichviel, ob ihr die Bestimmung schon bei der Ausstellung oder erst später gegeben wird. (4) Der Versuch ist strafbar. § 304

Erweiterung des Urkundenschutzes Der Urkunde im Sinne des § 303 stehen gleich 1. eine in einem Tonträger oder in einem anderen technischen Mittel verkörperte Erklärung, die allgemein oder für Eingeweihte verständlich ist und den Erklärenden erkennen läßt, und die zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt ist, gleichviel, ob ihr die Bestimmung schon bei der Erklärung oder erst später gegeben wird, und

2. ein verkörpertes Zeichen, das zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt und dazu hergestellt, ausgegeben oder an einer Sache angebracht ist und das die Beweisbestimmung sowie den, von dem es herrührt, allgemein oder für Eingeweihte erkennen läßt (Beweiszeichen).

Anhang

268

§ 306

Fälschung und Unterdrückung technischer Aufzeichnungen (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr 1. eine unechte technische Aufzeichnung herstellt oder eine technische

Aufzeichnung verfälscht oder

2. eine unechte oder verfälschte technische Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine technische Aufzeichnung, über die er nicht allein verfügen darf, vernichtet, beschädigt, unbrauchbar macht, beiseite schafft oder unterdrückt, um ihren Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern oder zu erschweren. (3) Technische Aufzeichnung ist eine Aufzeichnung eines Meßwertes, Zustandes oder Geschehnisablaufs, die durch ein technisches Gerät ganz oder zum Teil selbsttätig bewirkt wird, den Gegenstand der Aufzeichnung allgemein oder für Eingeweihte erkennen läßt und zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt ist, gleichviel ob ihr die Bestimmung schon bei der Herstellung oder erst später gegeben wird. (4) Der Herstellung einer unechten technischen Aufzeichnung steht es gleich, wenn der Täter durch störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang das Ergebnis der Aufzeichnung beeinflußt. (5) Der Versuch ist strafbar.

Anhang II

Zur Vorgeschichte des § 268 SIGB Die innerhalb der Großen Strafrechtskommission erörterten Fassungen von Vorschriften zum Schutz von technischen Aufzeichnungen und "klassischen" Augenscheinsbeweismitteln außerhalb des Prozesses.

Zusammenstellung der der Kommission vorgelegten Lösungsversuche 1. Niederschriften Bd. 6, 349

Anhang Nr. 18 Umdruck J 59 Vorschläge der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums zu den Themen "Urkundenfälschung und Tonaufnahmenmißbrauch" Straftaten gegen die Sicherheit des Rechtsverkehrs § 263

Urkundenfälschung (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde her-

stellt, eine Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren oder mit Strafhaft bestraft.

(2) Im Sinne des Abs. 1 steht der Urkunde das Beweiszeichen gleich. (3) Der Versuch ist strafbar. § 265

Urkundenunterdrückung § 270

Begriffsbestimmung (1) Urkunde ist eine in einer Schrift verkörperte, allgemein oder für

Eingeweihte verständliche Erklärung, die den Aussteller erkennen läßt und zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt ist, gleichviel, ob ihr diese Bestimmung von vornherein oder erst später gegeben worden ist.

Anhang

270

(3) Beweiszeichen ist ein Zeichen, das von vornherein dazu bestimmt ist, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen und als solches allgemein oder für Eingeweihte erkennbar ist. (Anm.: dazu sollen auch die technischen Aufzeichnungen gerechnet werden.) 11. Niederschriften Band 8, 487 Anhang Nr. 1 Umdruck J 64 Vorschläge der Sachbearbeiter des Bundesjustizministeriums (zweite Fassung des Umdrucks J 59) zum Thema "Urkunden- und Beweismittelfälschung" Zweiter Teil Straftaten gegen die Sicherheit des Rechtsverkehrs, Schutz von Urkunden und Beweismitteln. § 263

Fälschung und Unterdrückung von Urkunden (1) .••••••

(2) ...... . (3) .••••••

(4) Urkunde ist eine in einer Schrift verkörperte Erklärung, die allgemein oder für Eingeweihte verständlich ist und den Aussteller erkennen läßt und die zum Beweis einer rechtlich erheblichen Tatsache bestimmt ist, gleichviel ob ihr die Bestimmung schon bei der Ausstellung oder erst später gegeben worden ist. § 266

Fälschung und Unterdrückung von Beweismitteln (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr ein unechtes Beweismittel herstellt, ein Beweismittel verfälscht oder ein unechtes oder verfälschtes Beweismittel gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu 3 Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer ein Beweismittel, über das er nicht allein verfügen darf oder dessen Vorlegung ein anderer nach bürgerlichem Recht verlangen kann, vernichtet, beschädigt, unbrauchbar macht, beseitigt oder unterdrückt, um dessen Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Beweismittel im Sinne dieser Vorschrift sind verkörperte Zeichen, mit Mitteln der Technik bewirkte Darstellungen eines Zustands oder Geschehnisablaufs oder Sachen, die l. jemand dazu bestimmt hat, eine rechtlich erhebliche Tatsache

zu beweisen und die er oder für ihn ein anderer zu diesem Zweck angefertigt, zugerichtet oder mit anderen Sachen in Zusammenhang gebracht hat,

Anhang

271

2. die Beweisbestimmung und den, von dem sie herrührt, allgemein oder für Eingeweihte erkennen lassen und 3. weder Urkunden (§ 263, 4) noch Schallaufnahmen (§ 265) sind. IH. Niederschrüten Band 8, 494 Anhang Nr. 2 Umdruck U 63 Vorschläge der Unterkommission zum Thema "Urkunden- und Beweismittelfälschung" § 266 (neu)

Fälschung und Unterdrückung technischer Beweismittel 1. Alternative:

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr 1. die Aufzeichnung eines Meßwertes, Zustandes oder Gesche-

hensablaufs, die durch ein technisches Gerät ganz oder teilweise selbsttätig bewirkt wird und die jemand bei ihrer Anfertigung oder später dazu bestimmt, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen, fälscht oder verfälscht,

2. eine Aufzeichnung der in Nr. 1 bezeichneten Art derart herstellt oder verändert, daß das Ergebnis unrichtig wird, oder 3. eine im Sinne der Nrn. 1 oder 2 gefälschte, verfälschte oder unrichtige Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufzeichnung der in Absatz 1 Nr.l bezeichneten Art, über die er nicht allein verfügen darf oder deren Vorlegung ein anderer nach bürgerlichem Recht verlangen kann, vernichtet, beschädigt, unbrauchbar macht, beiseite schafft oder unterdrückt, um deren Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern. (3) Der Versuch ist strafbar. 2. Alternative (Bundesrichterin Dr. Koffka): (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr 1. eine Aufzeichnung eines Meßwertes, Zustandes oder Geschehensablaufs, die durch ein technisches Gerät ganz oder teilweise selbsttätig bewirkt wird und die jemand bei ihrer Anfertigung oder später dazu bestimmt, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen, durch störende Einwirkung auf den Herstellungsvorgang oder Vortäuschung eines bestimmten technischen Herstellungsvorgangs herstellt (unechte Aufzeichnung) oder eine echte Aufzeichnung verfälscht,

2. eine unechte oder verfälschte Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft.

Anhang

272 (2) (wie 1. Alternative). (3) (wie 1. Alternative).

Im Falle der Annahme der 2. Alternative zu § 266 ist folgender

§ 266 a einzufügen:

§ 266 a

Herstellung unrichtiger technischer Beweismittel (1) Wer außer im Falle des § 266 zur Täuschung im Rechtsverkehr die Aufzeichnung eines Meßwertes, Zustandes oder Geschehensablaufs, die durch ein behördlich geprüftes technisches Gerät ganz oder teilweise selbsttätig bewirkt wird und die dazu bestimmt ist, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen, derart herstellt, daß die Aufzeichnung unrichtig ist, oder eine solche unrichtige Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. IV. Entwurf 1959 § 312

Fälschung und Unterdrückung technischer Aufzeichnungen (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr die Aufzeichnung eines Meßwerts, Zustandes oder Geschehensablaufs, die durch ein technisches Gerät ganz oder teilweise selbsttätig bewirkt wird und die jemand bei ihrer Anfertigung oder später dazu bestimmt, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen (technische Aufzeichnung), fälscht oder verfälscht oder eine gefälschte oder verfälschte technische Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Der Fälschung steht gleich, wenn durch störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang ein unrichtiges Aufzeichnungsergebnis herbeigeführt wird. (3) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer eine technische Aufzeichnung, über die er nicht allein verfügen darf oder deren Vorlegung ein anderer nach sachlichem Recht verlangen kann, vernichtet, beschädigt, unbrauchbar macht, beiseiteschafft oder unterdrückt, um ihren Gebrauch im Rechtsverkehr zu verhindern. (4) Der Versuch ist strafbar. § 313

Anfertigung unrichtiger technischer Aufzeichnungen (1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr durch Verwendung eines Geräts, das geeicht oder sonst auf seine Verwendbarkeit behördlich geprüft ist, aber nicht einwandfrei arbeitet, eine unrichtige technische

Anhang

273

Aufzeichnung (§ 312) herbeiführt oder eine unrichtige technische Aufzeichnung eines solchen Geräts gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. V. Nied. Bd.13, 687 Vorschläge des Strafrechtsausschusses des Deutschen Richterbundes § 312

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine technische Aufzeichnung fälscht oder verfälscht oder eine gefälschte oder verfälschte technische Aufzeichnung gebraucht, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren oder mit Strafhaft bestraft. (2) Fälschen im Sinne von Abs. 1 ist das Herstellen in der Weise, daß der

Schein entsteht, die Aufzeichnung sei in einem bestimmten Gerät oder in der dem Gerät eigenen Arbeitsweise zustandegekommen.

(3) Wie E 59 (4) Wie E 59 § 313

(Wird abgelehnt wegen Wahrheitsschutzes) § 317

(1) Urkunde ist ..... . (2) Beweiszeichen ist ....... . (3) Technische Aufzeichnung ist die Aufzeichnung eines Meßwerts oder eines Geschehensablaufs, die 1. durch ein technisches Gerät ganz oder teilweise selbsttätig be-

wirkt wird,

2. ihre Herkunft aus diesem Gerät anzeigt und 3. bei ihrer Anfertigung oder später dazu bestimmt worden ist, eine rechtlich erhebliche Tatsache zu beweisen.

Literaturverzeichnis Alsberg - Nüse: Der Beweisantrag im Strafprozeß, 2. Auflage, Köln-Berlin 1956. Becker, Walter Gustav: Der Tatbestand der Lüge, ein Beitrag zur Abstimmung von Recht und Ethik, in Recht und Staat, Heft 134-135. Beting: Deutsches Reichsstrafprozeßrecht mit Einschluß des Strafgerichtsverfassungsrechts, Berlin-Leipzig 1928. Binding: Lehrbuch des Gemeinen Deutschen Strafrechts, besonderer Teil, 2. Band, erster Abschnitt, 2. Auflage, Leipzig 1904. Blei: Falschverdächtigung durch Beweismittelfiktion, Goldammers Archiv für Strafrecht, Jahrgang 1957, S. 139 ff. Brodmann: Die Urkunde, besonders im Strafrecht, Berlin 1904. BuH: Verwaltung durch Maschinen, Rechtsprobleme der Technisierung der Verwaltung (2. Auflage), Köln-Berlin 1964. Burckhardt, Lukas H. : Probleme des Urkundenstrafrechts im Lichte der Rechtsprechung, Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Jahrgang 76, S. 81 ff. Cherry, Collin: Kommunikationsforschung, eine neue Wissenschaft naltitel: on human comunication, Frankfurt 1963.

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Cucumus: Von dem Unterschiede zwischen Fälschung und Betrug, Neues Archiv für Criminalrecht, Band 10, S. 513 ff., 681 ff. Dreher: Strafgesetzbuch, 32. Auflage, München und Berlin 1970.

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Aufzeichnungsobjekt 103 ff., 247 ff.; falsches - s. unter Unterschiebung eines falschen Aufzeichnungsobjekts Aufzeichnungsvorgang Wesen des - s. unter Aufzeichnung, Prinzip der technischen -; Definition 190; Begrenzung des - 247 ff., 255 Augenscheinsbeweis Grundlagen des - 25 ff., 40 ff.; standardisierter - 40 ff.; Schutz des - 13 f., 30 ff. Augenscheinsobjekt als Träger einer Aussage 16 ff., 26 ff.; Auswertung eines - 25 ff., 40 ff., 162 ff.; Unterschied zur Urkunde 16 ff., 25 ff., 30, 36, 39; Echtheit des - 30 ff.; Verfälschung des - 31 ff., 33 Wahrheit und Falschheit des - 20, 32 f.; standardisiertes - 43 ff. Aussage eines Menschen 17, s. auch unter Erklärung und Äußerung; - eines Gegenstandes 16 ff., 171., 21, 24; - eines Augenscheinsobjekts 16 ff., 20 f., 22 ff., 24; - einer Urkunde 16 ff., 17, 20 f., 22 ff.; - einer technischen Aufzeichnung s. aufgezeichnete Tatsache; - eines Kennzeichens 128 ff. Aussteller einer Urkunde 14, 152, 159 f., 166 f., 173 ff.; Äquivalent des - bei einer technischen Aufzeichnung 14 f., 150 ff. automatisch beschicktes Aufzeichnungsgerät s. Beschickung automatische

Sachregister Autonummer als Urkunde s. Kennzeichen an Kraftfahrzeugen Autorisierung des Inhalts einer technischen Aufzeichnung durch mit ihr verbundene Willenserklärung 98 f., 194, 199 f.

Bedeutung eines Zeichens 18 ff. Bedienung eines Aufzeichnungsgeräts 87 ff.; falsche - als störender Eingriff 183 f., 253 ff. Beeinflussung eines Aufzeichnungsvorgangs s. unter störender Eingriff und Bedienung; notwendige - 207 ff., s. auch unter Selbsttätigkeit Beglaubigungsform die Privaturkunde als -172 f.; die öffentliche Urkunde als -177 Begriffsbestimmung der technischen Aufzeichnung 113 f., 190, s. auch unter Legaldefinition Beschickung von Aufzeichnungsgeräten automatische - 94; - durch Bedienungspersonen 88, 92 ff., 209 ff., s. auch unter Fütterung von Datenverarbeitungsanlagen; falsche - 183, 247 ff., 256 ff. Beteiligung einer Person am Aufzeichnungsvorgang s. unter Bedienung eines Aufzeichnungsgeräts, Beschickung, Selbsttätigkeit Beurkundung als Rechtsinstitut 123 Beurkundungswille 123 Beweisbestimmung Begriff der - 116 ff., 125 f. - von Augenscbeinsobjekten 30 ff., 31 f., 36; - von Beweiszeichen im Unterschied zu Kennzeichen 132, 135 ff.; - von Urkunden 34 f., 116 ff.; - von Absichtsurkunden 119 ff., 123 f.; - von Zufallsurkunden 35, 125 f., 146 f.;

279

- als Begriffsmerkmal der Gesamturkunde 139 ff.; - als Begriffsmerkmal der technischen Aufzeichnung 108, 115, 144, 242 f.

Beweisbezug einer technischen Aufzeichnung 58 ff., 64 f., 109 f., 237 f. Beweiserheblichkeit einer Tatsache 58 f., Fußnote 81 zu S. 59,120;

- einer

technischen

58 f., 190

Aufzeichnung

Beweisführung Prinzipien der - 41, 52; mit Augenscheinsobjekten 26 ff., 40 ff.; Reinheit der - als Rechtsgut Fußnote 73 zu S. 53, 163, 186 f. Beweis - Kennzeichenregulativ 126 ff. Beweiskraft formelle der Urkunde 157 f. Beweisverfahren s. unter Beweisführung; prozessuales - als Schutzgegenstand von Fälschungstatbeständen 186 f. Beweiszeichen Gegensatz zu Kennzeichen 126 ff.; mit dem Bezugsobjekt verbundenes -195 ff., Fußnote 1 zu S.196 Bezugsobjekt einer technischen Aufzeichnung s. unter Beweisbezug und Gegenstand der Aufzeichnung 236 f.; - einer Messung 103 f., 237 Buchung maschinelle - 99, 204 Code passim; Begriffserklärung 25; - eines Aufzeichnungsgeräts passim, 36 ff., 43; Bestimmung des - einer technischen Aufzeichnung 78, 208, 256 ff. Codierung Begriffserklärung 36 Computer 84 ff., 99 f., 214 ff., 222 ff. Daten als Gegenstände einer technischen

280

Sachregister

Aufzeichnung s. unter elektronische Datenverarbeitung Datenbank 219 f. Dateneingabe s. Fütterung Datenverarbeitung s. unter elektronische Datenverarbeitung Datenverarbeitungsanlagen s. unter elektronische Datenverarbeitung; - 1. e. S. 221 Darstellung 70 f., 79 defektes Aufzeichnungsgerät Benutzung eines - zur Täuschung 161, 188 f., 260 ff. Dispositivurkunde Beweisbestimmung der - 119 ff. Echtheit eines Gegenstandes im allgemeinen Fußnote 1 zu S. 246, 260; - eines Beweismittels im allgemeinen 31, 33 f., 151 f.; - eines Augenscheinsobjekts 30 ff.; - einer Urkunde 34 f., 151 ff., 166; - einer technischen Aufzeichnung 150 ff., 160 f., 166 f., 180 ff., 241 f ., 246, 252 ff., 255, 260 ff. Echtheitsschutz der Urkunde 166, 167 ff., s. auch unter Urkundenschutz; - der technischen Aufzeichnung 149 ff., 160 f., 166 f., 180 ff., 222, 246, 259 H. Eingabe von Daten in Datenverarbeitungsanlagen s. unter Fütterung Eingriff störender - in einen Aufzeichnungsvorgang s. störende Einwirkung einlesen einer Information durch eine Datenverarbeitungsanlage 73 f., 85, 215f. EKG 61, 91, 193 Elektronenrechner s. unter Computer elektronische Datenspeicherung 73 f., 215, s. auch unter Datenbank

elektronische Datenverarbeitung 73 f., 84 f., 98 ff., 214 ff., 222 ff. Energieleistungsmesser 94, 104 Entwurf einer Urkunde s. Urkunden entwurf Erfahrungssätze Anwendung von - bei der Auswertung von Beweismitteln 27 f., 163 f. Erkennbarkeit des Gegenstandes einer technischen Aufzeichnung 110 ff., 238 ff.; - des Ausstellers einer Urkunde 110 ff. Erklärung, menschliche 13 f., 66 f., 95 ff., 175, s. auch unter Äußerung, Erklärungscharakter der Urkunde und Erklärungswille; in einem technischen Mittel verkörperte - s. unter Tonaufnahme; - als Unterscheidungskriterium zwischen Beweis- und Kennzeichen 128 f., 131 Erklärungscharakter der Urkunde 13 f., 17, 24, 30, 118 ff., 175, s. auch unter Äußerung Erklärungsinhalt einer Gesamturkunde 140 ff.; - eines Kennzeichens 129, 131; - einer Fabriknummer 135; - eines Verschlußzeichens 138 Erklärungswille 24, 118 ff., 123 erläuterte technische Aufzeichnungen 192 f., 195 ff. Fahrtenschreiberdiagramm 61, 62, 83 f., 95, 97 f., 104 f., 183, 192, 248 H. Falschbeurkundung 177 Falschbeweis s. unter Beweis; - mit technischen Aufzeichnungen 54 ff., 178; - mit standardisierten Beweismethoden 47 f.; - mit Urkunden 174, 177 f.; - im Prozeß 186 f. falsche Bedienung eines Aufzeichnungsgeräts s. Bedienung falsche, auch unter Selbsttätigkeit

Sachregister fides publica Fußnote 70 zu S.46, 169 ff., s. auch unter Vertrauensschutz formelle Aufzeichnungsfälschung (Herstellung einer unechten aber wahren Aufzeichnung) 185 ff., 263 formelle Urkundenfälschung 179 Fotografie 70, 75 ff., 230, 234, s. auch unter Reproduktion; automatische - 78 f. Fotokopie als technische Aufzeichnung 73, 204 ff., 230, 234, s. auch unter Reproduktion; Gebrauch der - als mittelbarer Gebrauch einer Urkunde 206 f.; - als in einem technischen Mittel verkörperte Erklärung 205 f. Fotomontage 205,206 f. Fütterung von Datenverarbeitungsanlagen 85, 215 f., 228; - mit unrichtigen Daten 224 f. Garantiefunktion der Urkunde 14,67,123,175 f., 206 Gebrauchmachen von einer zufällig unrichtigen Aufzeichnung s. unter defektes Aufzeichnungsgerät ; - von der Kopie einer Urkunde 206 f. Gedankenerklärung s. Erklärung gegenständliche Zurichtung s. unter Verbindung von Erklärung und Bezugsobjekt Gegenstand einer technischen Aufzeichnung 101 ff., 109, 235 ff. Geheimschrift 153 ff. Geistigkeitstheorie 166, 174, 176 Gesamtaufzeichnung 243 f. Gesamturkunde 139 ff. Geschehensablauf als Gegenstand einer technischen Aufzeichnung 230, s. auch unter "Meßwert, Zustand und Geschehensablauf"

281

Gesetzesgeschichte des § 268 StGB 13 f., 149 ff., 222 ff., 267 ff. Gesetz, Herkommen und Vereinbarung Bedeutung von - für Beweiszeichen 135 ff.; Bedeutung von - für die Gesamturkunde 139 ff.; Bedeutung von - für die Erkennbarkeit des Ausstellers einer Urkunde 110f. Gewährschaftsträger Privaturkunden als - 173 ff.; öffentliche Urkunde als - 177 globale Zeichen Fußnote 31 und 32 zu S. 127 Information Begriffserläuterung 26 Informationsquelle 73 f., 84 f., 89 ff., 193, 208 f., 215 ff. Juristische Personen als Urkundenaussteller 176 Kennzeichen Wesen des - 128 ff.; Funktion des -130 f.; Fälschung eines - 131; Gegensatz zum Beweiszeichen 129 ff.; - an Kraftfahrzeugen 134 f., 138 Klassifikation 71; maschinelle - 37, 71 ff., 257 ff. konkludentes Handeln 156 Konkurrenzverhältnis zwischen § 267 StGB und § 268 StGB, 264 ff. Kontrolle von menschlichem Verhalten durch Aufzeichnungsgeräte 94, 95, 97 f., Fußnote 4 zu S. 204, 210 ff. Kopie maschinelle - s. Reproduktion Legaldefinition der technischen Aufzeichnung 60, 79, 86 f., 100 f., 113 f., 115, 224, 227 f., 240 ff. Leistung eines Aufzeichnungsgeräts 36 ff.,

282

Sachregister

50 ff., 61,73 f; - eines Augenscheinsobjekts 25 ff., 40ff.; - eines standardisierten Augenscheinsbeweises 40 ff.; - einer technischen Aufzeichnung 42 f., 50 ff., 73 ff., 218; - einer Urkunde als Beweismittel 68, 153 ff. Lesbarkeit als Unterscheidungskriterium zwischen Urkunden und Augenscheinsobjekten 30, 96, 157 Lesen 25 f., 30, 96, 156 f. Lüge 20,55 f.; Abgrenzung der - von der Aufzeichnungsfälschung durch Bedienungspersonen 90, 253, 255 ff.; - bei Eingabe von Daten s. unter Fütterung Manipulation des Aufzeichnungsvorgangs s. störende Einwirkung; - des Aufzeichnungsobjekts 182 f., s. auch unter Unterschiebung eines Aufzeichnungsobjekts maschinelle Verwaltungs akte , Rechnungen, Quittungen usw. 98 f., Fußnote 31 zu S. 99, 194 Maschinencode s. Code eines Aufzeichnungsgeräts "Meßwert, Zustand oder Geschehensablauf" Funktion der Aufzählung in der Legaldefinition der technischen Aufzeichnung 84, 229 f. Mißbrauch eines standardisierten Codes zur Täuschung 47 f.; - technischer Beweisverfahren als ratio legis des Verbots der Aufzeichnungsfälschung 53 ff., 55 f., 180, 183· - ein~s allgemeinen Vertrauens als Unrecht 46, 54, 168 ff., 169 ff., s. auch unter Vertrauen und Vertrauensschutz öffentliche technische Aufzeichnung 150, 245

öffentliche Urkunde Schutz der - 177 Parallele zwischen Aufzeichnungsund Urkundenfälschung 13 f., 36 ff., 65 ff., 115, 144 ff., 149 ff., 176 tf., 189, Fußnote 1 zu S. 222, 229, 243 f., 246 f., Fußnote 17 zu S. 254 Perpetuierungsfunktion als Schutzgrund der technischen Aufzeichnung, 70 f., 79 f., Fußnote 17 zu S. 85, 213, 234 f., 253 Photographie s. Fotografie Photokopie s. Fotokopie Photomontage s. Fotomontage Plomben s. unter Verschlußzeichen Programmierung eines Aufzeichnungsgeräts (Vorinformation) 72 Radaraufnahme zur Geschwindigkeitskontrolle 77 f. Rechenwert als Gegenstand einer technischen Aufzeichnung s. unter Computer Recht auf Wahrheit 55 f., 168, 172, 176 ff. Rechtsgut des Tatbestandes der Fälschung technischer Aufzeichnungen 178 f. - des Tatbestandes der Urkundenfälschung 167 ff., 179, s. auch unter Beweisführung, fides publica, Vertrauensschutz und Urkundenschutz Registrierkasse 90,203 f. Reinheit der Beweisführung als Rechtsgut s. unter Beweisführung Reproduktion durch technische Geräte 71 ff., 204 ff., 220 f., 230, 234 f. Schaublatt Benutzung eines falschen - und falsche Anbringung des - zu Täuschungszwecken 249 f., 253 f.

Sachregister Schließen aus der Beschaffenheit eines Augenscheinsobjekts im Gegensatz zum Lesen einer Urkunde 16, 20, 23 ff., 95 f., 156 Schreibhilfe technische 89, 193, 203 f., 233 Schrift 25 f., 155 ff. Schriftlichkeit der Urkunde 155 ff. Schußzähler als Aufzeichnungsgerät 91 Schutzwürdigkeit technischer Aufzeichnungen 16, 53 ff.; - standardisierter Augenscheinsbeweisverfahren 45 ff., 48; - eines allgemeinen Vertrauens s. Vertrauensschutz; - eines Anzeigegeräts 79 ff. Selbsttätigkeit eines Aufzeichnungsvorgangs 87 ff., 100 f., 232 ff., 264 Semiosis = semiotischer Prozeß Begriffserklärung 18 ff. Sinn objektiver einer Form 18 ff., 154 f., s. auch unter Bedeutung; - einer Urkunde 18 f., 39, 154 f.; - einer technischen Aufzeichnung 39 Sprache 25 f. Stechuhr 93,211,213 Stempeluhr 94, 97, 211 ff. störende Einwirkung auf einen Aufzeichnungsvorgang 160 f., 180 ff., 246 ff.; - durch Unterlassen 261 f. Tachogramm s. Fahrtenschreiberdiagramm Täuschung Erlaubtheit der - 55 f., 168; Verbot der - 55 f., 177 ff.; - durch Augenscheinsobjekte 16, 163; durch standardisierte Augenscheinsobjekte 48, 54; - durch technische Aufzeichnungen 54,81 f., 178;

283

- über den Aussteller (die Echtheit) einer Urkunde 174 ff., 177 f., 189 Täuschungsabsicht bei Fälschung von Augenscheinsobjekten 32; - bei Fälschung technischer Aufzeichnungen 60, 91 Täuschungsdelikte 179 ff. Tatsache durch ein technisches Gerät aufgezeichnete - 56 ff., 190; beweiserhebliche - s. unter Beweiserheblichkeit einer Tatsache technische Aufzeichnung passim; Prinzip der - s. unter Aufzeichnung; Begriff der - 56 ff., 69 ff., 115, 190, 224, 228 ff.; Legaldefinition der - s. unter Legaldefinition; Auswertung der - 41 ff.; Gegensatz der - zur menschlichen 66 f., 87 ff.; Leistung der - als Beweismittel s. unter Leistung; begriffliches Verhältnis der - zur Urkunde 194, 264; Schutz der - 149 ff., 180 ff., 246 ff., 252 f.

technische Schreibhilfe s. unter Schreibhilfe Tonaufnahmen und in einem anderen technischen Mittel verkörperte Erklärungen 88,89,95,219,230 Unrechtsgehalt der Fälschung technischer Aufzeichnungen 54 ff., 82 f., 178 ff., 189; - der Urkundenfälschung s. unter Urkundenfälschung Unterschiebung einer nicht beweisgeeigneten Aufzeichnung 64 f., 239; - eines falschen Aufzeichnungsobjekts zur Herstellung einer unrichtigen Aufzeichnung 182 f., 247 ff., 256 ff. Urkunde passim, 116 ff.; Gegensatz zum Augenscheinsobjekt

284

Sachregister

13 f., 16 ff., 20 I., 22 ff., 36; Gegensatz zur technischen Aufzeichnung 16 f., 67 ff., 89 ff.; Leistung der - als Beweismittel s. unter Leistung; - als Rechtsinstitut s. unter Beurkundung; - im prozessualen Sinne 157; Schutz der - s. Urkundenschutz Urkundenbeweis 122 ff., 153 ff., 206; - im prozessualen Sinne 157; - als Rechtsgut der § 267 ff. StGB 168 Urkundenentwurf U8 ff. Urkundenfälschung s. unter Urkundenschutz; Begriff der - 34 f., 165 f. Urkundenschutz Umfang des - 132, 165 f.; Wesen des -153 ff., 162 ff., 167 If. Vages Verbrechen Lehre vom - 171 Verbindung von Erklärung und Bezugsobjekt als Zeichen (verbundene Zeichen) Fußnote 1 zu S. 196, Fußnote 2 zu S.199 Verfälschung von Augenscheinsobjekten 31 ff.; - von Urkunden 34 f.; - von Urkunden durch Veränderung einer Verbindung 197, 200 ff., s. auch unter Verbindung Verkörperung einer Aussage in einem Gegenstand 16ff.; - einer Erklärung in einer Urkunde 16 ff., 1'15 Verschlußzeichen Fußnote 49 zu S.137, 138 Vertauschung einer technischen Aufzeichnung zu Täuschungszwecken s. unter Unterschiebung Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Echtheit von Urkunden 165 f., 167 f.; - in standardisierte Augenscheinsbeweisverfahren 45 ff.; - in einen Code 47 f., 54 f.;

- in ein Aufzeichnungsgerät 79 f., 251, 262; - in das Funktionieren von Datenverarbeitungsanlagen 221, 225 Vertrauensschutz 54,169 f., 170,172; - als Grund der Strafbarkeit der Urkundenfälschung 167 ff.; - als Grund der Strafbarkeit der Falschbeurkundung 177; - als Grund der Strafbarkeit der Fälschung technischer Aufzeichnungen 54, 79 f., 262 f. ; - für die elektronische Datenverarbeitung 221, 225 f. Wahrheitsschutz Problem des - s. Recht auf Wahrheit; - der öffentlichen Urkunde 177; - der technischen Aufzeichnung 179 f. Wiegekarte 61 Zählwerke 79 ff., 232 Zeichen passim, 161/.; Begriffserläuterung 18 f.; Verfälschung eines - 203 f.; verbundene - s. unter Verbindung; sog. globale - s. globale Zeichen; maschinelle - s. Code eines Aufzeichnungsgeräts Zeichenerkennung maschinelle 71 Zeichenreproduktion s. unter Reproduktion Zeichnen mit fremdem Namen 166,212 Zeugnisurkunde U8, 120, 159, Fußnote 69 zu S. 174 Zufallsaufzeichnung als Entsprechung zur Zufallsurkunde 59f. Zufallsurkunde 35,1251/., Fußnote 70 zu 5.174 zusammengesetzte technische Aufzeichnungen fußnote 44 zu S. 241, 243, s. auch unter erläuterte technische Aufzeichnung

Sachregister zusammengesetzte Urkunde 195 ff., 199; - mit technischen Aufzeichnungen als Bestandteil 198 ff., 200

285

Zustand als Inhalt einer technischen Aufzeichnung 230, s. auch unter "Meßwert, Zustand oder Geschehensablauf"