Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche. Beiträge zur Erforschung der Anfänge des Epiphanie- und des Weihnachtsfests 3161472918, 9783161472916, 9783161586750


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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1: Berechnungen der Geburt Jesu
Einleitung
1. Biblische Zeugnisse für einige Zeitpunkte im Leben Jesu
1.1. Die Geburt Jesu
1.2. Die Taufe Jesu
1.3. Die Kreuzigung Jesu
2. Clemens von Alexandrien
2.1. Stromata I,XXI, 145,1–146,4
2.2. Übersetzung
2.3. Die historischen Angaben und das Leben Jesu nach Clemens
2.3.1. Kaiser Augustus
2.3.2. Kaiser Tiberius
2.3.3. Kaiser Commodus
2.3.4. Der Geburtstag Jesu
2.3.5. Taufe Jesu
2.3.6. Die Kreuzigung
2.3.7. Zusammenfassung der historischen Angaben des Clemens
2.4. Die Interpretation der Daten durch Bainton
2.5. Weitere Interpretationen der Clemens-Stelle
2.5.1. W. Hartke: Jahrespunktspekulation und frühchristliches Festjahr
2.5.2. Die sogenannte erste Bezeugung des Epiphaniefestes
2.5.2.1. Clemens, ein Zeuge des Epiphaniefestes?
2.5.2.2. Clemens, kein Zeuge des Epiphaniefestes?
2.6. Zusammenfassung der Interpretation von Strom. 1, XXI, 145–146
3. Zwei Quellen aus dem 3. Jahrhundert
3.1. De Pascha Computus
3.1.1. Einleitung
3.1.2. Der Text von Kapitel 19 im Zusammenhang des Traktates
3.1.3. Die Beurteilung in der Forschung
3.2. Die Angaben des Hippolyt von Rom
3.2.1. Einleitung
3.2.2. Der Danielkommentar des Hippolyt: IV, 23, 2–3
3.2.3. Übersetzung
3.2.4. Die Parallelen im Liber generationis I und II
3.2.5. Die Ostertafel des Hippolyt
3.2.6. Der Geburtstag Jesu nach Hippolyt
4. Die Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomus
4.1. Die kirchenpolitische Situation in Antiocheia in der Zeit des Johannes Chrysostomus
4.2. Die Gemeinde um Bischof Flavian und ihre liturgische Ordnung
4.3. Darlegung und Untersuchung der Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomus
4.3.1. Die Einleitung der Weihnachtspredigt
4.3.2. Der erste Hauptteil der Predigt
4.3.2.1. Der erste Beweis
4.3.2.2. Der zweite Beweis
4.3.2.3. Der dritte Beweis
4.3.3. Der zweite Hauptteil der Predigt des Johannes Chrysostomus
4.3.4. Der letzte Teil der Predigt
4.4. Ergebnisse aus der Untersuchung der Weihnachtspredigt
5. Der Traktat De solstitiis et aequinoctiis
5.1. Einleitung
5.2. Die Berechnung der Geburt Jesu nach dem Traktat
5.3. Die Entstehungszeit des Traktates und seine Bedeutung für die Entstehung des Weihnachtsfestes
Kapitel 2: Die geschichtliche Entwicklung des Epiphaniefestes und des Weihnachtsfestes
1. Die zeitliche Eingrenzung der Einführung von Epiphanie und Weihnachten
1.1. Die Bestimmung des Terminus post
1.1.1. Das Zeugnis des Origenes
1.1.2. Arnobius von Sicca
1.1.3. Die Predigten des Johannes Chrysostomus
1.2. Die Bestimmung des Terminus ante
1.2.1. Das Martyrium des Philipp von Heraklea
1.2.2. Der Kalender des Furius Dionysius Filocalus
1.2.3. Das Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus
1.2.4. Die Weihnachtspredigt des Optatus von Mileve
1.2.5. Die vierte Epiphaniepredigt des Augustinus von Hippo
1.2.6. Das Zeugnis des Ananias von Shirak
1.2.6.1. Der Traktat über die Epiphanie des Herrn
1.2.6.2. Die kritische Beurteilung der Angaben des Ananias
2. Die Entwicklung in Rom
2.1. Die Weihnachtspredigten Leos des Großen
2.2. Die Epiphaniepredigten Leos des Großen
2.3. Die beiden Sakramentare Gregorianum und Gelasianum
2.3.1. Die Orationen von Epiphanie: Text und Übersetzung
2.3.2. Das Epiphaniefest im liturgischen Kontext
2.3.3. Der Inhalt des römischen Epiphaniefestes nach den Orationen
2.3.3.1. Die Orationen der Vigil
2.3.3.2. Die Orationen vom 6. Januar
2.3.4. Die bisherige Diskussion der Orationen des Epiphaniefestes
2.4. Die Tagesevangelien von Weihnachten und Epiphanie
2.5. Das römische Epiphaniefest im Licht der Jerusalemer Liturgie
3. Die Entwicklung in Nordafrika
3.1. Weihnachtspredigten des Augustinus
3.2. Sonnenkult und Weihnachtsfest bei Augustinus
3.3. Epiphanie bei Augustinus
4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem
4.1. Der Pilgerbericht der Egeria
4.2. Die Liturgie des Epiphaniefestes in Jerusalem nach dem armenischen Lektionar
4.3. Hieronymus als Kämpfer gegen die Jerusalemer Tradition
4.4. Die weitere Entwicklung in Jerusalem
4.4.1. Die Einführung des Weihnachtsfestes
4.4.2. Das Verschwinden der Feier
4.4.3. Die Wiedereinführung der Feier
4.5. Zusammenfassung
5. Die Entwicklung der beiden Feste in Ägypten
5.1. P. Vindob. G. 2326
5.2. Johannes Cassian
5.3. Die Einführung des Weihnachtsfestes
6. Mailand
6.1. Einleitung
6.2. Ambrosius von Mailand als geschichtliche Quelle für Weihnachten und Epiphanie
6.2.1. Die Liberiuspredigt des Ambrosius
6.2.2. Der Lukaskommentar des Ambrosius
6.2.3. Die beiden Hymnen des Ambrosius
6.2.3.1. Der Hymnus Inluminans altissimus
6.2.3.2. Der Hymnus Intende qui regis Israel
6.2.4. Der Festinhalt des Epiphaniefestes nach dem Zeugnis dreier Mailänder Sakramentare
6.2.4.1. Text und Übersetzung
6.2.4.2. Der Inhalt des Mailänder Epiphaniefestes nach den Orationen der Mailänder Sakramentare
6.2.5. Der ursprüngliche Inhalt des Epiphaniefestes in Mailand
Ergebnis und Ausblick
Literaturverzeichnis
Hilfsmittel
Quellen
Monographien, Aufsätze, Lexikonartikel
Stellenregister
Personen- und Sachregister
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Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche. Beiträge zur Erforschung der Anfänge des Epiphanie- und des Weihnachtsfests
 3161472918, 9783161472916, 9783161586750

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Studien und Texte zu Antike und Christentum Studies and Texts in Antiquity and Christianity Herausgeber/Editor:

H U B E R T CANCIK SUSANNA E L M

CHRISTOPH MARKSCHIES

(Jena)

Beirat/Advisory Board (Tübingen) • GIOVANNI CASADIO (Salerno) (Berkeley) • JOHANNES H A H N (Münster) JÖRG R Ü P K E (Potsdam)

4

Hans Förster

Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche Beiträge zur Erforschung der Anfänge des Epiphanie- und des Weihnachtsfests

Mohr Siebeck

HANS FÖRSTER, g e b o r e n 1969; 1 9 8 9 - 1 9 9 5 S t u d i u m d e r T h e o l o g i e in W i e n , W a s h i n g t o n u n d

Salzburg; 1997 Promotion; seit 1998 FWF-Projekt in der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek.

Die Deutsche Förster,

Bibliothek

-

CIP-Einheitsaufnahme

Hans:

Die Feier der Geburt Christi in der Alten Kirche : Beiträge zur Erforschung der Anfänge des Epiphanie- und Weihnachtsfests / Hans Förster. - Tübingen : Mohr Siebeck, 2000 (Studien und Texte zu Antike und Christentum ; 4) ISBN 3-16-147291-8

978-3-16-158675-0 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019

© 2000 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern gedruckt und von der Großbuchbinderei Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 1436-3003

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist eine Dissertation, die im Fach Kirchengeschichte an der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien im Januar 1997 eingereicht wurde. Für die Veröffentlichung wurde seither erschienene Literatur eingearbeitet. Eine unverhoffte Begegnung mit Prof. Dr. Hengel an einem überaus warmen Sommertag gab den Anstoß für diese Arbeit. Ihm gilt der erste Dank, war er es doch, der mich überzeugte, daß dieses Thema ein vielversprechendes Arbeitsgebiet sei. Ein weiterer Dank gilt den Herren Professoren Dr. A. Raddatz, der die Arbeit betreute, und Dr. K. Niederwimmer und besonders Herrn Professor Dr. H. Harrauer, dem Leiter der Papyrussammlung an der Österreichischen Nationalbibliothek. Meinen Schwiegereltern wie auch Herrn Ing. E. Honischek danke ich für Hilfe und Kritik bei den Korrekturen. Vor allem aber danke ich meiner Frau, Dr. J. Henner, für ihre Kritik der Arbeit und ihre Diskussionsbereitschaft, die viel zur Klärung einzelner Fragen beigetragen hat. Herrn Professor Dr. Chr. Markschies danke ich für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe Studien und Texte zu Antike und Christentum. Wien, im September 1999

Hans Förster

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

Einleitung

1

Kapitel 1: Berechnungen der Geburt Jesu

4

Einleitung

4

1. Biblische Zeugnisse für einige Zeitpunkte im Leben Jesu 1.1. Die Geburt Jesu 1.2. Die Taufe Jesu 1.3. Die Kreuzigung Jesu

7 7 9 9

2. Clemens von Alexandrien 2.1. Stromata I,XXI, 145,1-146,4 2.2. Übersetzung 2.3. Die historischen Angaben und das Leben Jesu nach Clemens 2.3.1. Kaiser Augustus 2.3.2. Kaiser Tiberius 2.3.3. Kaiser Commodus 2.3.4. Der Geburtstag Jesu 2.3.5. Taufe Jesu 2.3.6. Die Kreuzigung 2.3.7. Zusammenfassung der historischen Angaben des Clemens 2.4. Die Interpretation der Daten durch Bainton 2.5. Weitere Interpretationen der Clemens-Stelle 2.5.1. W. Hartke: Jahrespunktspekulation und frühchristliches Festjahr 2.5.2. Die sogenannte erste Bezeugung des Epiphaniefestes . . 2.5.2.1. Clemens, ein Zeuge des Epiphaniefestes? 2.5.2.2. Clemens, kein Zeuge des Epiphaniefestes? 2.6. Zusammenfassung der Interpretation von Strom. 1, XXI, 145-146 3. Zwei Quellen aus dem 3. Jahrhundert

11 11 12 13 14 14 14 14 15 16 17 18 30 30 32 32 36 37 39

Vili

Inhaltsverzeichnis

3.1. De Pascha Computus 3.1.1. Einleitung 3.1.2. Der Text von Kapitel 19 im Zusammenhang des Traktates 3.1.3. Die Beurteilung in der Forschung 3.2. Die Angaben des Hippolyt von Rom 3.2.1. Einleitung 3.2.2. Der Danielkommentar des Hippolyt: IV, 23,2-3 3.2.3. Übersetzung 3.2.4. Die Parallelen im Liber generationis I und II 3.2.5. Die Ostertafel des Hippolyt 3.2.6. Der Geburtstag Jesu nach Hippolyt

39 39 40 43 44 44 45 46 46 47 49

4. Die Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomus 4.1. Die kirchenpolitische Situation in Antiocheia in der Zeit des Johannes Chrysostomus 4.2. Die Gemeinde um Bischof Flavian und ihre liturgische Ordnung 4.3. Darlegung und Untersuchung der Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomus 4.3.1. Die Einleitung der Weihnachtspredigt 4.3.2. Der erste Hauptteil der Predigt 4.3.2.1. Der erste Beweis 4.3.2.2. Der zweite Beweis 4.3.2.3. Der dritte Beweis 4.3.3. Der zweite Hauptteil der Predigt des Johannes Chrysostomus 4.3.4. Der letzte Teil der Predigt 4.4. Ergebnisse aus der Untersuchung der Weihnachtspredigt . . . .

54

5. Der Traktat De solstitiis et aequinoctiis 5.1. Einleitung 5.2. Die Berechnung der Geburt Jesu nach dem Traktat 5.3. Die Entstehungszeit des Traktates und seine Bedeutung für die Entstehung des Weihnachtsfestes

Kapitel 2: Die geschichtliche Entwicklung des Epiphaniefestes und des Weihnachtsfestes 1. Die zeitliche Eingrenzung der Einführung von Epiphanie und Weihnachten 1.1. Die Bestimmung des Terminus post 1.1.1. Das Zeugnis des Origenes

54 57 59 59 65 65 66 68 75 75 76 78 78 78 85

88 89 89 89

Inhaltsverzeichnis

IX

1.1.2. Arnobius von Sicca 1.1.3. Die Predigten des Johannes Chrysostomus 1.2. Die Bestimmung des Terminus ante 1.2.1. Das Martyrium des Philipp von Heraklea 1.2.2. Der Kalender des Furius Dionysius Filocalus 1.2.3. Das Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus 1.2.4. Die Weihnachtspredigt des Optatus von Mileve 1.2.5. Die vierte Epiphaniepredigt des Augustinus von Hippo 1.2.6. Das Zeugnis des Ananias von Shirak 1.2.6.1. Der Traktat über die Epiphanie des Herrn 1.2.6.2. Die kritische Beurteilung der Angaben des Ananias . .

92 94 94 94 95 103 105 107 109 109 113

2. Die 2.1. 2.2. 2.3.

Entwicklung in Rom Die Weihnachtspredigten Leos des Großen Die Epiphaniepredigten Leos des Großen Die beiden Sakramentare Gregorianum und Gelasianum . . . 2.3.1. Die Orationen von Epiphanie: Text und Übersetzung . . 2.3.2. Das Epiphaniefest im liturgischen Kontext 2.3.3. Der Inhalt des römischen Epiphaniefestes nach den Orationen 2.3.3.1. Die Orationen der Vigil 2.3.3.2. Die Orationen vom 6. Januar 2.3.4. Die bisherige Diskussion der Orationen des Epiphaniefestes 2.4. Die Tagesevangelien von Weihnachten und Epiphanie 2.5. Das römische Epiphaniefest im Licht der Jerusalemer Liturgie

3. Die 3.1. 3.2. 3.3.

Entwicklung in Nordafrika Weihnachtspredigten des Augustinus Sonnenkult und Weihnachtsfest bei Augustinus Epiphanie bei Augustinus

115 115 118 120 122 126 126 126 127 130 134 137 140 140 142 144

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem 146 4.1. Der Pilgerbericht der Egeria 146 4.2. Die Liturgie des Epiphaniefestes in Jerusalem nach dem armenischen Lektionar 149 4.3. Hieronymus als Kämpfer gegen die Jerusalemer Tradition . . . 155 4.4. Die weitere Entwicklung in Jerusalem 158 4.4.1. Die Einführung des Weihnachtsfestes 158 4.4.2. Das Verschwinden der Feier 161 4.4.3. Die Wiedereinführung der Feier 162 4.5. Zusammenfassung 164

X

Inhaltsverzeichnis

5. Die 5.1. 5.2. 5.3.

Entwicklung der beiden Feste in Ägypten P.Vindob.G. 2326 Johannes Cassian Die Einführung des Weihnachtsfestes

6. Mailand 6.1. Einleitung 6.2. Ambrosius von Mailand als geschichtliche Quelle für Weihnachten und Epiphanie 6.2.1. Die Liberiuspredigt des Ambrosius 6.2.2. Der Lukaskommentar des Ambrosius 6.2.3. Die beiden Hymnen des Ambrosius 6.2.3.1. Der Hymnus Inluminans altissimus 6.2.3.2. Der Hymnus Intende qui regis Israel 6.2.4. Der Festinhalt des Epiphaniefestes nach dem Zeugnis dreier Mailänder Sakramentare 6.2.4.1. Text und Übersetzung 6.2.4.2. Der Inhalt des Mailänder Epiphaniefestes nach den Orationen der Mailänder Sakramentare . . . 6.2.5. Der ursprüngliche Inhalt des Epiphaniefestes in Mailand

166 166 170 171 174 174 174 174 178 179 179 180 181 182 188 191

Ergebnis und Ausblick

193

Literaturverzeichnis Hilfsmittel Quellen Monographien, Aufsätze, Lexikonartikel

199 199 199 202

Stellenregister

208

Personen- und Sachregister

214

Einleitung Der Titel eines Aufsatzes von Fendt umreißt in sich schon die Problematik, mit der man konfrontiert ist, wenn man nach dem Weihnachts 1 - oder nach dem Epiphaniefest in der Alten Kirche fragt: „Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest am 25.XII. und über Epiphanias." 2 Es ist unmöglich, eines der beiden Feste isoliert vom anderen zu untersuchen. Zum Epiphaniefest gehörte über eine längere Zeit in manchen Gebieten, vor allem im Osten, auch die Geburt Jesu als Festinhalt, ja, die armenische Kirche feiert noch heute die Geburt Jesu an Epiphanie. Beide Feste sind kurz nacheinander entstanden, vielleicht sogar zur gleichen Zeit, und in ihrer Entwicklung haben sich die beiden Feste gegenseitig beeinflußt. „Die Frage (allerdings), wann und wie es zur Herausbildung der Feier der Geburt Jesu am 25. Dez. und am 6. Jan. in der frühen Kirche kam, gehört zu den dunkelsten — und daher zu den interessantesten — der kirchengeschichtlichen Forschung."3 Zu dieser Frage bemerkt Winkler treffend: „Bis heute hat sich nichts wirklich an der Feststellung Fendts von 1953 geändert, daß über den Ursprung des Epiphanie- und Weihnachtsfestes zwar mehrere wichtige Hypothesen vorliegen, die Frage insbesondere wie sie entstanden sind, jedoch noch nicht abschließend geklärt worden ist."4 Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, allen diesen Fragen nachzugehen. Die Vorarbeiten zeigten bald, daß das Thema in zwei grundsätzliche Fragestellungen zerfällt: in die historische, die an den genauen Zeitpunkten der ersten Feier der beiden Feste und ihrer Verbreitung interessiert ist, und die systematische Fragestellung, die eine Begründung für die Einführung der beiden Feste sucht. 'Der deutsche Name dieses Festes ist wahrscheinlich heidnischen Ursprungs; er ist im Mittelhochdeutschen bezeugt und bezeichnet die geweihten Nächte um die Wintersonnenwende; vgl. hierzu J. BECKMANN, Art. Weihnachten I., in: RGG Bd. 6, 3 1962, Sp. 15641566, dort Sp. 1564. Siehe auch Art. Weihnachten, in: MEL 9 1979, S. 125f; der Name stammt von ze wlhen nahten = in den heiligen Nächten; vgl. auch J. F. BALDOVIN, Art. Christmas, in: EncRel(E) Bd. 3, 1987, S. 460f, sowie F. KLUGE, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin 22 1989, S. 784. 2 Vgl. L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest am 25. XII. und über Epiphanias, ThLZ 78, 1953, Sp. 1-10. 3 Vgl. A. STROBEL, Jahrespunkt-Spekulation und frühchristliches Festjahr. Ein kritischer Bericht zur Frage des Ursprungs des Weihnachtsfestes, in: ThLZ 67, 1962, Sp. 183-194, hier besonders Sp. 183. 4 G. WINKLER, Die Licht-Erscheinung bei der Taufe Jesu und der Ursprung des Epiphaniefestes. Eine Untersuchung griechischer, syrischer, armenischer und lateinischer Quellen, in: OrChr 78, 1994, S. 177-227, hier S. 177.

2

Einleitung

Bisher werden drei Hypothesen für die Entstehung der Feste angeführt: Über die religionsgeschichtliche Hypothese bemerkt Fendt: „Diese Lieblingsthese des 19. und 20. Jahrhunderts dürfen wir die »religionsgeschichtliche Hypothese« nennen, weil sie das Geburtsfest Jesu auf einen heidnisch-religiösen Stamm aufokuliert (25. XII.: Natalis Solis Invicti — 6.1.: Geburtsfest des Aion)."5 Beide Feste sollen somit in Konkurrenz und Abhebung zu heidnischen Feiern entstanden sein in einer Zeit, als die Kirche dabei war, sich von einer verfolgten Gemeinschaft zur alleinigen Religionsgemeinschaft des römischen Imperiums zu entwickeln6. Die zweite, sogenannte apologetische Hypothese erklärt die Entstehung der beiden Feste durch die innerkirchlichen Spannungen und Spaltungen im 4. und am Anfang des 5. Jahrhunderts. Man habe durch die Einführung des Weihnachtsfestes einen antiarianischen Akzent setzen wollen, wobei man durch dieses Fest besonders die Wirklichkeit der Inkarnation betont habe7. Allein schon die Zusammenfassung dieser beiden Thesen durch Strobel zur „apologetisch-religionsgeschichtlichen" Hypothese 8 weist darauf hin, daß sich diese Theorie zur Entstehung des Weihnachts- und des Epiphaniefestes nie

5

L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung, Sp. 3. V g l . C. SMITH, Art. Christmas, in: NCE Bd. 3, 1967, S. 6 5 5 - 6 6 0 , dort S. 656: „Though the substitution of Christmas for the pagan festival cannot be proved with certainty, it remains the most plausible explanation for the dating of Christmas." 7 Vgl. hierzu A. STRITTMATTER, Christmas and Epiphany: Origins and Antecedents, in: Thought 17, 1942, S. 600-620, der hinsichtlich der Einführung des Weihnachtsfestes in Ägypten auf S. 605 bemerkt: „As at Constantinople some fifty-odd years before, the antiArian reaction stimulated the introduction of the feast in that city, so now at Alexandria this Western feast was finally accepted as a convenient means of stressing the dogmatic definitions of the Council of Ephesus from which Cyril had just returned victorious." Siehe auch A. A. MCARTHUR, The Evolution of the Christian Year, London 1953, S. 40: „The great struggle against Arianism, and against every version of Christianity which in the end denied the Divinity of our Lord, must have been of considerable significance in helping to set up a festival which commemorated the Incarnation alone, as distinct from a unitive festival which associated the Birth with the Baptism." Vgl. auch J. BECKMANN, Art. Weihnachten I., Sp. 1565: „Die Feier der W. am 25. 12. in der Kirche beginnt erst im 2. Drittel des 4. Jh.s. Bis ins 4. Jh. war der Widerstand dagegen zT stark ..., da man es für eine heidnische Sitte hielt, die Geburtstage der Könige festlich zu begehen. Trotzdem hat sich die Feier der Geburt Christi rasch durchgesetzt, und zwar offenbar aus dogmatischen Gründen. Denn W. als Menschwerdung des göttlichen Logos eignete sich gut zur Abwehr der arianischen und verwandter Häresien." Siehe auch M. MERRAS, The Origins of the Celebration of the Christian Feast of Epiphany. An Ideological, Cultural and Historical Study, Joensuu 1995, S. 192: „The obvious reason why in the fourth century the ecclesiastical authorities pushed for universal celebration of the Church the Feast of Epiphany is the case of Areios. He challenged the Divine Incarnation, but met with defeat at the Council of Nicea in 325. The victory of Catholicism was confirmed by the celebration of God's descent to earth and man's redemption accomplished through it." 6

8

Vgl. A. STROBEL, Jahrespunkt-Spekulation und frühchristliches Festjahr, Sp. 183.

Einleitung

3

ganz aus dem Schatten der religionsgeschichtlichen Hypothese lösen konnte, auch wenn ihr meistens eine Berechtigung als eigenständige Hypothese zuerkannt wurde. Schließlich ist es ein entscheidender Unterschied, ob die Einführung eines Festes in der Kirche durch einen innerchristlichen, dogmatischen Disput veranlaßt wird oder ob heidnische Feste den Anstoß geben, ihnen ein christliches Gegenüber entgegenzusetzen. Die dritte These für den Ursprung der beiden Feste wird mit Fendt „Berechnungshypothese"9 genannt; sie wird daneben aber auch als chronologische Theorie 10 oder spekulativ-kalendarische Hypothese 11 bezeichnet. Diese Theorie geht davon aus, daß kalendarische Spekulationen oder sogar Berechnungen aufgrund von vorhandenen Nachrichten über den Zeitpunkt der Geburt Jesu dazu geführt hätten, daß diese beiden Feste im Osten und im Westen eingeführt wurden12. Der erste Teil der vorliegenden Arbeit wird der Frage nachgehen, ob Nachrichten über den genauen Geburtstag Jesu oder Berechnungen, die auf der Grundlage der Evangelien angestellt wurden, zur Einführung eines der beiden Feste beigetragen haben. Diese Untersuchung wird gleichzeitig dazu beitragen, den angeblich ältesten Zeugen des Epiphaniefestes — eine Passage bei Clemens von Alexandrien — genauer zu untersuchen. An diese Untersuchungen wird sich die Ermittlung eines möglichst genauen Zeitpunktes anschließen, von dem ab die beiden Feste gefeiert wurden. Die Entwicklung der beiden Feiern kann dann nur noch in ausgewählten Teilen dargestellt werden. Rom wurde ausgewählt, da hier wahrscheinlich das Weihnachtsfest entstanden ist, und die Entwicklung in Nordafrika wurde an diese Untersuchung aufgrund der großen Nähe der beiden Gebiete, was ihre liturgische Entwicklung angeht, angefügt. Auch wenn aufgrund der Überlieferung bei Clemens von Alexandrien Ägypten oft als Ursprungsort des Epiphaniefestes angenommen wird, soll doch zuerst die Situation in Palästina dargestellt werden, bevor die Entwicklung in Ägypten genauer untersucht werden kann. Eine Darstellung der Situation in Mailand, wo die liturgische Entwicklung an diesem Punkt sehr wahrscheinlich von der Entwicklung in Ägypten abhängig war, bildet den Abschluß der Arbeit.

9

L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung, Sp. 3. Vgl. G. WINKLER, Die Licht-Erscheinung bei der Taufe Jesu und der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 178. 10

" V g l . A. STROBEL, Jahrespunkt-Spekulation und frühchristliches Festjahr, Sp. 183. 12 V g l . F. C. S E N N , Art. Weihnachten, in: EKL B d 4, 3 1 9 9 6 , Sp. 1 2 3 8 - 1 2 4 0 , dort Sp. 1238f: „Die Annahme, daß die Feier der Geburt Christi das Natale Solis lnvicti verdrängen sollte, ... ist weniger wahrscheinlich als die Herleitung aus der Tradition, am 25. März sowohl die Empfängnis (Verkündigung des Herrn) als auch den Tod Christi zu feiern." Vgl. auch J. BECKMANN, Art. Weihnachten I., Sp. 1564.

Kapitel 1

Berechnungen der Geburt Jesu Einleitung D i e sogenannte Berechnungshypothese 1 geht davon aus, daß das Datum des Weihnachtsfestes aufgrund vorhandener Informationen durch die Kirche in e i n e m späteren Jahrhundert errechnet worden sei. Damit ist bei e i n e m Teil dieser Hypothesen auch zum Ausdruck gebracht, daß es sich bei dem 25. D e zember u m den tatsächlichen Geburtstag Jesu handelt, der jährlich v o n der Kirche gefeiert wird. D i e Anzahl der Texte, die Anlaß für diese Hypothese gaben, ist zwar nicht sehr groß, es finden sich aber darunter Texte v o n z w e i herausragenden Kirchenvätern: Clemens von Alexandrien 2 erwähnt in e i n e m Abschnitt seiner Stromata 3 einige Datierungen der Geburt Christi, die w e g e n ihrer Nähe zu der von ihm erwähnten Feier der Basilidianer am 10./6. Januar, die der T a u f e Jesu g e d e n k t , auf g r o ß e s Interesse stießen. J o h a n n e s Chrysostomus 4 argumentiert in einer Weihnachtspredigt 5 , die er wohl 3 8 6 in

'Vgl. hierzu u. a. L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung, Sp. 1—10; G. WINKLER, Die Licht-Erscheinung bei der Taufe Jesu und der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 177-229, besonders S. 177f. Daneben gibt es auch die religionsgeschichtliche und die apologetische Hypothese, mit Hilfe derer die Entstehung von Weihnachten und Epiphaniefest zu erklären versucht wird. 2 Titus Flavius Clemens wurde wahrscheinlich in Athen oder in Alexandrien um 140/150 geboren, er machte als Christ weite Reisen nach Griechenland, Unteritalien, Syrien und Palästina; er genoß eine philosophische Ausbildung nach Art der damaligen Wanderphilosophen und ließ sich zwischen 180 und 190 in Alexandrien nieder. Während der Verfolgung durch Septimus Severus (202/203) wanderte er nach Kleinasien aus. Er starb vor 215/216. Zu diesen Angaben vgl. u.a. B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie. Leben, Schriften und Lehre der Kirchenväter, Freiburg 8 1978, S. 190-197; H. R. DROBNER, Lehrbuch der Patrologie, Freiburg 1994, S. 106-111, sowie H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche II. Ecclesia catholica, Berlin 21953, S. 284-305. 3 Vgl. Stromata 1, XXI, 145f; im Folgenden zitiert nach: O. STÄHLIN/L. FRÜCHTEL/ U. TREU (Hgg.), Clemens Alexandrinus, Bd. 2: Stromata Buch I-IV, Berlin 4 1985 (=GCS), S. 90f. 4 Johannes Chrysostomus lebte von etwa 344/354 bis 407; im Februar 386 wurde er in Antiochien zum Priester geweiht und wirkte dort bis 397. Vgl. dazu B. ALTANER/ A. STOIBER, Patrologie, S. 322-331; H. R. DROBNER, Patrologie, S. 274-285. Er wirkte also mehr als 150 Jahre nach Clemens.

Einleitung

5

Antiochien gehalten hat, mit Hilfe einer Berechnung für die Feier der Geburt Christi am 25. Dezember, dem historischen Datum der Geburt Jesu. Von einem dritten Text, der pseudocyprianischen Schrift De Pascha Computus aus dem Jahr 243 6 , ist der Autor nicht bekannt. Nichtsdestoweniger sind diese Berechnungen in ihrer Struktur und hinsichtlich ihrer Zielsetzung sehr unterschiedlich. Zum einen gibt es Berechnungen, die als „historisch" bezeichnet werden können. Sie beschäftigen sich in erster Linie mit der Frage, wann Jesus geboren wurde; das Geburtsjahr, nicht jedoch der Geburtstag, steht im Vordergrund ihres Interesses. Andere Berechnungen hingegen haben entweder einen symbolischen Charakter oder eine kultätiologische Funktion. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß sie zwar den Tag seiner Geburt berechnen, aber wenig oder sogar kein Interesse am Jahr seiner Geburt haben. Die Schrift De Pascha Computus setzt die Geburt Jesu, der „wahren Sonne der Gerechtigkeit" 7 , in Parallele zur Schöpfung der Sonne, die am 28. März ihren Jahrestag haben soll. Clemens von Alexandrien gibt die Zeitspanne zwischen dem Tod des Kaisers Commodus und Jesu Geburt genau an. Johannes Chrysostomus dagegen berechnet nur Monat und Tag der Geburt Jesu, zeigt aber am Jahr seiner Geburt kein Interesse. Es ist ein großer Unterschied, ob das Datum der Geburt Jesu auf ein bestimmtes Jahr und erst dann in diesem vielleicht noch auf einen bestimmten Tag fixiert wird oder ob das Jahr seiner Geburt so nebensächlich scheint, daß es nicht einmal erwähnt wird, solange es nur möglich ist, den genauen Tag im Ablauf eines Jahres nennen zu können, an dem Jesus geboren wurde, da dieser Tag für den Kult von entscheidender Bedeutung war und bis heute noch diese Bedeutung für die liturgische Feier der Geburt Jesu hat 8 . Die Untersuchung der einzelnen Datierungsversuche der Geburt Jesu hat von den Evangelien auszugehen, da vor allem die Geburtsgeschichte nach Lukas gewisse Datierungshilfen bietet. Diese ermöglichen eine Einschränkung des Zeitraumes, der für die Geburt Jesu in Frage kommt. Es läßt sich zwar kein bestimmter Tag ermitteln, eine Eingrenzung auf nur wenige Jahre ist aber möglich. Gleichzeitig sind die Evangelien bei weitem die ältesten Zeugnisse, die etwas über die Geburt Jesu aussagen. Auf dem Hintergrund der hier gewonnenen Ergebnisse sind dann von den ältesten zu den jüngeren Zeugen die ein-

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ES handelt sich um die Predigt In Diem Natalem Domini Nostri Jesu Christi, PG 49, Sp. 351-362. 6 Vgl. B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 177. 7 Vgl. Mal 4,2. 8 Auf diese unterschiedliche Zielsetzung der verschiedenen Versuche, den Geburtstermin Jesu zu berechnen, wurde bisher in der Literatur noch nicht hingewiesen. Vgl. hierzu u. a. L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. XII. und über Epiphanias, Sp. lf, sowie G. WINKLER, Die Licht-Erscheinung bei der Taufe Jesu und der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 177f.

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Kapitel 1: Berechnungen der Geburt Jesu

zelnen Texte der Kirchenväter und anonymen Traktate zu untersuchen und mit dem biblischen Zeugnis in Beziehung zu setzen. Die Hypothese, daß aufgrund von vorhandenen Informationen das genaue Datum — sei es des Jahres oder des Tages, an dem Jesus geboren wurde — berechnet wurde, setzt voraus, daß keine äußeren Anlässe, sondern eine reine Berechnung zur Einführung des Geburtsfestes Jesu führte. Die Untersuchung dieser Frage soll zeigen, ob das Fest der Geburt Jesu den historischen Geburtstag oder nur einen — aus welchen Gründen auch immer gerade so gewählten — Tag als den symbolischen Geburtstag Jesu feiert. Falls sich aber keine historischen Gründe als Ausgangspunkt der verschiedenen Berechnungsversuche der Geburt Jesu finden lassen, so wird der Frage nachzugehen sein, warum trotzdem solche Berechnungen durchgeführt wurden. Da aber nicht nur der Zeitpunkt der Geburt Jesu, sondern auch seine Taufe, die in manchen Kirchen noch heute am Epiphaniefest begangen wird, wie auch das Datum seiner Kreuzigung im Folgenden von Interesse sind, sollen hier kurz die biblischen Angaben zu diesen Punkten im Leben Jesu dargestellt werden.

1. Biblische Zeugnisse flir einige Zeitpunkte im Leben Jesu 1.1. Die Geburt Jesu Nach dem Zeugnis des Lukasevangeliums war es „in den Tagen des Kaisers Augustus, als eine Volkszählung der ganzen Welt stattfinden sollte"; und zwar zu der Zeit, „als Quirinius der Statthalter Syriens war", und „es wurde angeordnet, daß jeder sich in seiner Vaterstadt aufschreiben lassen mußte, so daß Joseph in seine Stadt zog, nach Bethlehem in Judäa, wo Jesus geboren wurde" 1 . Nach allgemeiner Übereinstimmung der Forschung hat dieser in den Evangelien erwähnte Publius Sulpicius Quirinius von 6-7 n. Chr. in Syrien als Statthalter gewirkt2. Gleichzeitig soll es aber zur Zeit der Herrschaft des Herodes des Großen gewesen sein, daß der Engel dem Zacharias erschien 3 . Der König Herodes ist jedoch im Jahr 4 v. Chr. gestorben. Die Annahme, daß zwei Volkszählungen durch Quirinius durchgeführt wurden, ist sehr beliebt4, sie läßt sich aber nicht rechtfertigen. Immerhin war P. Sulpicius Quirinius in der Zeit zwischen 6 und 7 n. Chr Statthalter von Syrien, während S. Sentius Saturninus von 9 bis 6 v. Chr. und P. Quintilius Varus von 6 bis 4 v. Chr. Statthalter von Syrien waren5. Man müßte also für einen Zensus zu dieser Zeit annehmen, daß Lukas sich in der Person des Statthalters geirrt hätte, was alle Überlegungen in den Bereich der reinen Hypothese verlegen würde6.

!

Vgl. Lk 2,1-6. Vgl. H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche I. Die Anfänge, Berlin 3 1953, S. 8; H. U. INSTINSKY, Das Jahr der Geburt Christi. Eine geschichtswissenschaftliche Studie, München 1957, S. 27, führt in seiner Argumentation ein weiteres Argument an, das gegen eine Volkszählung in Judäa vor dem Jahr 6 n. Chr. vorgebracht wurde: „Im Jahre 6 nach Christus, als Judäa zur römischen Provinz gemacht wurde, ist eine Schätzung durch die Römer durchaus zu erwarten. Ist aber Jesus, wie Lukas und Matthäus bezeugen, noch vor dem Tod des Herodes, also vor dem Jahre 4 vor Christus geboren, so glaubte eine staatsrechtlich exakte Interpretation bestreiten zu müssen, daß die Römer noch zu Lebzeiten des Königs in seinem Machtbereich eine Schätzung vornehmen durften." Dieses Argument ist weiterhin überzeugend. 3 Vgl. Lk 1,5. 4 Vgl. z.B. H. U. INSTINSKY, Das Jahr der Geburt Christi, S. 41. 5 Eine Liste der Statthalter von Syrien gibt J. A. FITZMYER, The Gospel According to LUKE (I-IX). Introduction, Translation, and Notes, New York 1981 (=AncB), S. 403. 6 R. L. FOLEY, Art. Nativity of Christ, S. 250, bemerkt: „The date of the birth of Jesus Christ can be calculated only approximately; the most probable date seems to be about the year 7 or 6 B.C.." 2

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Kapitel 1: Berechnungen

der Geburt Jesu

Im 15. Jahr des Kaisers Tiberius 7 begann das Wirken des Johannes, also im Jahr 28/29 n. Chr. Jesus war zu diesem Zeitpunkt etwa 30 Jahre alt8. Lukas würde sich hier also selbst widersprechen, wenn Jesus im Jahr 28/29 etwa 30 Jahre alt war, er aber andererseits erst im Jahr 6/7 n. Chr. geboren wurde, falls der Zensus unter Quirinius der entscheidende Anhaltspunkt einer Datierung der Geburt Jesu sein sollte 9 . Schon das biblische Zeugnis des Lukas für sich alleine weist derartige Widersprüche auf, daß eine Berechnung des Geburtsjahres Jesu, die in sich keine Widersprüche aufweist, unmöglich scheint. Das gilt natürlich in viel stärkerem Maß erst recht für den genauen Monat oder gar den Tag seiner Geburt. Gleichzeitig ist bezüglich der historischen Angaben des Lukas noch anzumerken, daß es sich keinesfalls bei dem Zensus unter Quirinius 10 um eine „Schätzung der ganzen Welt" gehandelt hat11. Insofern ist die Hypothese von Fitzmyer einleuchtend, daß es sich bei der Erwähnung des Zensus unter Quirinius um einen literarischen Kunstgriff handelt, der es ermöglichte, daß Jesus in Bethlehem geboren wurde, auch wenn seine Familie in Nazareth ansässig war 12 . 7 V g l . Lk 3 , l f : 1 ev exei 5e 7tEVXEKat5EKaxtp xfji; f|yE)j.oviai; TißEpiou K a i a a p o i ; , tiyenovEijovxo^ n o v x i o u IhA-axoti xfji; 'Iov>8aiavm8o

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( 4 ) v a l n ^ v x i v e q a ü x c o v < p a o i < i > a p ^ o D 0 l 7 £ 7 E v f j a 0 a i k 8 ' 11 k e ' . lOf. 7C£VT£K catö xf} nocxpog (xovoyevfi... yevvr|9evxa ov 7ioir|8evTa...64 ist nicht auf die Empfängnis Jesu ausgerichtet, sondern darauf, daß Jesus Christus, der ungeschaffene Sohn Gottes des Vaters, ihm wesensgleich ist. Deswegen lautet auch der lateinische Text natum ex Patre unigenitum65. Sehr fragwürdig wird die Argumentation Bainton's dadurch, daß er, um seine These zu belegen, daß Clemens hier von der Zeugung und nicht von der Geburt rede, Texte anführt 66 , die aus einer Zeit stammen, in der es in der Kirche schon ein Geburtsfest Jesu — sei es nun am 6. Januar oder am 25. Dezember — gab. Als Gewährsmann zitiert Bainton zuerst einen Hymnus von Ephraem dem Syrer, der die Empfängnis Jesu auf den Tag seiner Kreuzigung datiert67. Auch ein Text aus Augustinus' De Trinitate68 wird angeführt 69 . Ebenso die berühmte 62

Vgl. zum Bedeutungsgehalt dieser drei Begriffe auch W. GEMOLL, Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch, München 9 1985, S. 169, der yevvriaii; mit „Erzeugung, Geburt" übersetzt, während die Worte ct)XXa|ißavco/at>A.A.T]V|n KDpiou rmcbv f] evaapKoc;, ev ft yeyevvrixai ev Bt|0Ä,een, rcpö xeaoapcov arcpiAirov eyevexo rcpö Ö K X C O Ka^avScov iavouapicov, ri|iipa xexpaSi,

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ßacnXe'uovxoi; A\>yoii)axou x e o a a p a K o a x ö v Kai Sevxepov exoq, äno 8e 'A8a|i JievxaKic%iÄA0ox(ü K O t l 7tevxaK0Gi0axqj exei. ercocGev 8e xpiaKoaxco xpixra exei Jtpö O K X O J KaA,av8cov ¿7tpiA,itov, rinepa jtapaaKeDfi, ÖKXcoKaiSeKaxco exei Tißepiou Kaiaapoq, •unaxe'uovxo^ 'Potxpoi) Kai 'Pouße^A,icovo Kupiou finwv fi EvcapKot; ev BT|0Ä.EE|I EKI AijyoüaTOD y£y£VT]Tai 7TEVTAKIOX ^ °' 'P T TtEvxaKooiooTtti exei, ETIOCGE 8 E E T E I TpiaKooxw xpixa 8EV OVV ävayKT)0VT0, d. h. die Empfängnis, welche er wie fast alle Männer der alten Kirche als ersten Act der Menschwerdung Gottes peinlichst von der Geburt unterscheidet, verlegt er auf den 2. April." 60 Hartke interpretiert diese Stelle ebenso: „Wesentlich für Hippolytos ist also, daß die Genesis und die Passion Jesu auf dem 14. Nisan liegen. Nun ist aber die Geburt Jesu nie und nirgends auf den 14. Nisan gesetzt worden. Dann hat Hippolytos unter yevecnq die Inkarnation in der Empfängnis verstanden." 61 Darauf, daß eine Übersetzung des Wortes yeveaiq mit „Empfängnis" aus philologischen Gründen ausgeschlossen werden muß, wurde im Zusammenhang der Diskussion der Angaben des Clemens von Alexandrien hingewiesen. Die Schlußfolgerung, die Hartke daraus zieht, ist insofern unrichtig, als der oben ausführlich dargestellte Traktat De Pascha Computus, der ja von Hippolyt abhängig ist, die Geburt Jesu auf ein Pascha legt. Sowohl die Chronik des Hippolytus wie auch die Ostertafel rechneten also mit einer Lebenszeit Jesu von 30 Jahren und seiner Geburt am Paschafest. Für die Ostertafel des Hippolyt gilt weiter, daß sie den Tod Jesu in das Konsulat der Gemini legte, das in das Jahr 29 n. Chr. = 782 ab urbis conditione fiel. Von diesen Vorgaben her gibt es jetzt zwei Möglichkeiten, wie die Angaben des Danielkommentars interpretiert werden können. Entweder man nimmt eine innere Entwicklung des Hippolyt an, was sehr unwahrscheinlich ist, oder die Angaben des Danielkommentars sind mit Hilgenfeld folgendermaßen zu lesen: „Meines Erachtens hat Hippolytus die Geburt Jesu in das 42. Kaiserjahr des Augustus als das Weltjahr 5500, also 752 u.c., 2 ante aer. Dionys, am 2. April, einem Mittwoch, angesetzt, dagegen das Leiden Jesu volle 30 Jahre später, also da Jesus nach ihm a. u. 781, aer. Dionys. 29, im 15. Kaiserjahre des Tiberius (Luc. 3,1) das 30. Lebensjahr (vgl. Luc. 3,23) vollendete, übereinstimmend mit allen älteren Angaben, den Kreuzestod unter den Consuln Rufus und Rubellio 782 u.c., 29 aer. Dionys, am 25. März, einem Freitage angesetzt." 62 Usener erwägt also mit Recht die Möglichkeit, die verderbte Athos-

60 Vgl. E. BRATKE, Die Lebenszeit Christi im Daniel-Commentar des Hippolytus, S. 146. 61 Vgl. W. HARTKE, Über Jahrespunkte und Feste insbesondere das Weihnachtsfest, S. 64. Dieselbe Interpretation wie W. HARTKE vertritt auch E. SCHWARTZ, Christliche und jüdische Ostertafeln, S. 34: „Die biblische Chronologie Hippolyts auseinanderzuwickeln ist hier nicht der Ort; nur zwei von seinen Notaten müssen mit ein paar Worten besprochen werden. Er bemerkt zum 2. Jahr der ersten sedecennitas [223] YEVEGI^ Xptaxow, zum letzten Jahr der zweiten sedecennitas [253] itotöoi; Xpioxoij, setzte also zwischen Kreuzigung und Empfängniss einen Zwischenraum von genau 30 luni-solaren Jahren." 62 Vgl. A. HILGENFELD, Die Zeiten der Geburt, des Lebens und des Leidens Jesu nach Hippolytus, S. 259. Allerdings vollendete Jesus nach Hippolytus sein 30. Lebensjahr im Jahr 782 ab urbis conditione.

3. Zwei Quellen aus dem 3. Jahrhundert

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handschrift — für das Datum der Geburt — in jtpö xeaoapojv (vcovmv) ¿jtpiAicov zu ergänzen63. Für die Fragestellung, ob Hippolyt die Geburt Jesu auf einen Paschatermin gelegt hat und es damit als sicher zu gelten hat, daß er das Weihnachtsfest noch nicht kannte, ist heute noch die Schlußfolgerung von Usener zutreffend: „Aber was für unsere frage das wichtigste ist, seinen ansatz von Christi geburt auf den 2 april hat Hippolytos auch in der ostertafel und, wie wir hinzufügen dürfen, in der gleichzeitig abgefassten weltchronik festgehalten; er scheint niemals einen anderen anerkannt zu haben."64 Auch Hippolyt kann also nicht als Zeuge dafür angeführt werden, daß „es allgemein üblich war, im dritten Jahrhundert die Empfängnis Jesu auf seine Kreuzigung zu datieren."65 Es kann vielmehr als sicher gelten, daß nach der Auffassung einiger Theologen des dritten Jahrhunderts die Geburt Jesu auf einem Pascha lag, daß es also bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts eindeutige Zeugnisse für eine kalendarische Spekulation gibt, die zur Festlegung dieses Temins führen66.

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Vgl. H. USENER, Weihnachtsfest, S. 374. V g l . H. U S E N E R , Weihnachtsfest, S. 375. Vgl. hierzu auch H. F R A N K , Art. „Weihnachten I. Heortologie", LThK 2 1965, Sp. 984-988, dort Sp. 984: „Hippolytos kennt mit Sicherheit den 25. Dez. als Geburtstag Jesu nicht, das Zeugnis in einer Hs. v. Hippolytos' Danielkommentar (zu Dn. IV 23) hat als Interpolation zu gelten." R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and New Testament Interpretation, S. 9 9 f . 66 R . T. BECKWITH, Calendar and Chronology, Jewish and Christian. Biblical, Intertestamental and Patristic Studies, Leiden 1996 (=AGAJU 33), 76, hingegen vertritt die Auffassung: „It is evident from all this that a midwinter date for the nativity, though not at first the only opinion existing in either East or West, is perhaps the earliest attested opinion in both regions, and certainly proved the prevailing opinion in both. In the course of its acceptance in the West, it was evidently adjusted to December 25th, possibly to conform it with the solstice and with the western date for the crucifixion, March 25th, exactly three months later." 64

4. Die Weihnachtspredigt 4.1. Die kirchenpolitische Chrysostomus

des Johannes

Chrysostomus

Situation in Antiocheia in der Zeit des Johannes

Um die berühmte Weihnachtspredigt des Johannes Chrysostomus, die immer wieder als Paradebeispiel der Berechnungshypothese angeführt wurde, richtig interpretieren zu können, soll hier zuerst kurz auf die kirchliche Situation in Antiocheia zur Zeit des Johannes Chrysostomus eingegangen werden 1 . Allerdings soll hier nur die Berechnung des Johannes Chrysostomus diskutiert werden. Die weiteren Fragen, welche die Einführung von Epiphanie und Weihnachten in Antiocheia betreffen, werden in diesem Zusammenhang nur soweit dargestellt, wie sie für das Verständnis der Berechnung erforderlich sind. Eine genaue Diskussion dieser Fragen wird im Zusammenhang der Darstellung von Entstehung und Verbreitung der beiden Feste vorgenommen werden. Der Armenier Meletios 2 war 360 Nachfolger des Eudoxios auf dem Bischofstuhl von Antiocheia geworden. Er wurde aber — auch auf Betreiben des Kaisers Konstantius — schon kurze Zeit später durch die Synode von Antiocheia (361/62) des Amtes enthoben und verbannt 3 . Auf dieser Synode ' Z u m Folgenden vgl. u.a. O. BARDENHEWER, Geschichte der altkirchlichen Literatur. Bd. 3: Das vierte Jahrhundert mit Ausschluss der Schriftsteller syrischer Zunge, Darmstadt 1962, S. 237-239, H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche. Bd. 3: Die Reichskirche bis zum Tode Julians, Berlin 2 1953, S. 269-271; ders., Geschichte der Alten Kirche. Bd. 4: Die Zeit der Kirchenväter, Berlin 2 1953, S. 15-20; 2 6 - 2 7 und 5 5 - 5 8 , sowie auch H. R. DROBNER, Patrologie, S. 170-171; 274-278. 2 Vgl. auch: M. SIMONETTI, Art. Meletius of Antioch, in: EECh, S. 550. 3 Für die genauen Umstände, die dazu führten, daß Bischof Meletius so kurz nach seiner Ernennung verbannt wurde, wie auch für die ursprünglich homöische Ausrichtung seiner Theologie vgl. H. CH. BRENNECKE, Studien zur Geschichte der Homöer. Der Osten bis zum Ende der homöischen Reichskirche, Habil. Tübingen 1986, S. 89f: „Meletius, der durch seine schmerzlichen Erfahrungen mit den Anhängern des wahrscheinlich 358 abgesetzten Eustathius als dezidierter Gegner der Homöusianer kirchenpolitisch angesehen werden muß, gehörte 360 ganz und gar zur homöischen Partei um Akakios und Eudoxius, theologisch dabei sicher Akakios näherstehend. Wenn unsere weitgehend schon durch die früh einsetzende Meletiushagiographie geprägte Überlieferung meint, daß die Homöer um Eudoxius und Akakios in der theologischen Einschätzung des Meletius einem Irrtum unterlagen und Meletius selbst in Wirklichkeit schon damals ein Vertreter des Nizänum und des ônootxnouç war, so ist diese, von vielen Forschern bis in die Gegenwart vertretene Sicht auf das Konto der Hagiographie des Meletius zu schieben, der wegen seines nizänischen Glaubens unter Valens erneut verbannt wurde und während der zweiten ökumenischen Synode im Jahre 381 in Konstantinopel verstarb und schon früh liturgisch verehrt wurde." Dagegen meint R. DEVRESSE, Le Patriarcat d'Antioche. Depuis las paix de l'église jusqu'à la conquête Arabe, Paris 1945, S. 22: „Désormais Antioche avait deux évêques «orthodoxes», Paulin et Mélèce; à côté de leurs groupes respectifs, deux autres se constituèrent: celui-ci comprenait

4. Die Weihnachtspredigt

des Johannes

Chrysostomus

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wurde Euzoius 4 , ein Freund des Arius, zum Bischof eingesetzt. Er leitete von diesem Zeitpunkt an die arianische Gemeinde von Antiocheia. Nach seinem Tode im Jahr 375 wurde Dorotheus sein Nachfolger, der 381 aufgrund der antiarianischen Gesetze des Kaisers Theodosius abdanken mußte. Der Bischof Meletius war allerdings im Jahr 362 — nach dem Tod des Konstantius im Jahr 361 — aus der Verbannung zurückgekehrt und sammelte eine antiarianisch gesinnte Gemeinde um sich. Für diese Gesinnung, die zur Folge hatte, daß er unter dem arianischen Kaiser Valens zweimal ins Exil gehen mußte (365 und 369), erntete er große Anerkennung von Seiten der nizänischen Bischöfe des Ostens. Basilius der Große setzte sich gegenüber Rom und gegenüber dem Bischof von Alexandrien, Athanasius, dafür ein, daß Meletius als Bischof von Antiocheia anerkannt werden müsse, während diese einen anderen Bischof, den Paulinus, für den rechtmäßigen Bischof von Antiocheia hielten; auf Paulinus von Antiocheia wird im Folgenden noch eingegangen 5 . Meletius weihte Johannes Chrysostomus im Jahr 381 zum Diakon, sein Nachfolger Flavian (381—404) weihte ihn am 28. Februar 386 zum Priester. Neben diesen beiden Gruppen gab es, wie schon angedeutet, auch noch die Partei um den Presbyter Paulinus, die sich auf den Bischof Eustathius 6 berief. Dieser hatte am Konzil von Nizäa eine bedeutende Rolle gespielt, war aber, da er der Politik Konstantins im Wege stand, im Jahr 328 oder 329 durch die in Antiocheia unter dem Vorsitz des Eusebius von Caesarea tagende Synode abgesetzt worden7. Im Jahr 362 wurde dieser Presbyter Paulinus durch den Bischof

des «eustathiens» dissidents, navrés que Paulin, en acceptant les décisions du concile d'Alexandrie, se soit départi d ' u n e intransigeance totale; celui-là sous l ' i n f l u e n c e d'Apollinaire, continuait à disséquer l'âme du Christ. Le parti arien, avec Euzoïus, restait sur ses positions." 4 Vgl. M. SIMONETTI, Art. Euzoius of Antioch, in: EECh, S. 305: „In 360 he was elected bishop of Antioch to replace Meletius and from that moment he was, with Eudoxius, the leader of the moderate Arians. In 361 he baptized the emp. Constantius at the point of death ... He remained bishop of the Arian community of Antioch until his death (c. 375)." 5 Vgl. hierzu auch J. QUASTEN, Patrology. Bd. 3: The golden age of Greek Patristic Literature from the Council of Nicaea to the Council of Chalcedon, Westminster, 6 1992, S. 207. 6 Vgl. M. SIMONETTI, Art. Eustathius of Antioch, EECh, S. 303: „A native of Side in Pamphilia, he was bishop first of Beroea (Aleppo), then of Antioch (324). An intransigent opponent of the Arians, he played a prominent role in the council of Nicaea (325). He subseqently disputed with Eusebius of Caesarea. During the anti-Nicene reaction which began soon after the end of the council, he was accused by a council that met in 327 at Antioch under Eusebius's presidency, condemned and deposed for reasons that were not doctrinal, but presumably disciplinary (immorality? abuse of power?)." 7 Vgl. hierzu auch M. SIMONETTI, Art. Antioch III. Schism, in: EECh, S. 49f, dort S. 49: „When Eustathius of A(ntioch) was deposed and exiled, c. 327, during the anti-Nicene reaction, some of his partisans detached themselves from the rest of the community, which was headed by Eusebian bishops, and for some decades constituted a small schismatic

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Kapitel 1: Berechnungen der Geburt Jesu

Lucifer von Calaris zum Bischof geweiht. Eine Einigung mit der ebenfalls nizänisch gesinnten Gruppe um Bischof Meletius, der in diesem Jahr nach Antiocheia zurückkehrte, wurde damit unmöglich. Der Bischof von Rom, Felix II., und unter seiner Führung die meisten westlichen Bischöfe sowie Athanasius erkannten ausschließlich Paulinus als den rechtmäßigen Bischof von Antiocheia an8. Dieser starb im Jahr 383; kurz vor seinem Tod weihte er Evagrius zum Bischof, und erst nach dessen Tod um 394 vereinte sich die Gemeinde des Eustathianers Paulinus mit der Gemeinde des Meletius. Der enge Kontakt zwischen Rom und der Gemeinde um Paulinus wird auch durch den Umstand deutlich, daß Hieronymus, der während seiner Zeit in Palästina vehement den römischen Standpunkt bezüglich der beiden Feste Weihnachten und Epiphanie vertrat, im Jahre 378 durch Paulinus zum Presbyter ordiniert wurde. Seine Studienzeit hatte Hieronymus ja in Rom verbracht und war auch dort getauft worden9. Auf die Gruppe um Apollinaris von Laodicea, der in Antiocheia um 374/75 exegetische Vorträge hielt, ist hier nicht weiter einzugehen 10 , wie im Folgenden aus der Interpretation der Predigt des Johannes Chrysostomus hervorgehen wird. Allerdings ist es wichtig zu betonen, daß sich neben der arianischen Gemeinde zwei nizänische Gemeinden in Antiocheia befanden. Während die arianische Gemeinde zur Zeit des Johannes Chrysostomus schon im Schwinden war, da sie kein Haupt mehr hatte, gab es also zwei nizänische Gemeinden, die nebeneinander gediehen.

community. They maintained their attitude even when in 360 Meletius, recently elected in place of the pro-Arian Eudoxius, who had been transferred to Constantinople, took an antiArian position and was immediately deposed and exiled himself." 8 Vgl. M. SIMONETTI, Art. Antioch III. Schism, in: EECh, S. 49: „There were now three communities with three bishops: an Arian minority under Euzoius, an anti-Arian and Nicene minority under Paulinus and an anti-Arian but non-Nicene majority under Meletius. Meletius's subsequent exile under Valens (c. 365) did not alter the situation; when he finally returned to his see in 378, unsuccessful attempts were made to compose the schism, which had become a cause of division among the anti-Arians, the East supporting Meletius, Egypt and the West supporting Paulinus." 'Hierzu vgl. B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 394-396, sowie H. R. DROBNER, Patrologie, S. 285-290. 10 Vgl. hierzu H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche. Bd. 4, S. 16f, siehe auch CH. KANNENGIESSER, Art. Apollinaris of Laodicea, in: EECh, S. 58f, dort S. 59: „In 375 another disciple, Vitalis, a deserter from Meletius's party, obtained a certificate of orthodoxy from Damasus. But in 376 the pope tried to impose on Vitalis a form of union with Paulinus. Vitalis's election as bishop must have occurred in that year, and this risky undertaking turned A(pollinaris)'s friend Basil of Caesarea and Damasus himself against him. Prob, in 377, Timothy was censured at Rome. In that year Jerome was still following A(pollinaris)'s courses at Antioch. But the Roman censure, extended to Apollinarianism as such, was confirmed at Antioch in 379 and at Constantinople in 381 (can. 1)."

4. Die Weihnachtspredigt

des Johannes Chrysostomus

4.2. Die Gemeinde um Bischof Flavian und ihre liturgische

57

Ordnung

Nach einer trotz allem nicht gerade kurzen Zeit der Trennung, wie sie diese verschiedenen Gruppen in Antiocheia durchgemacht haben, in der gleichzeitig wichtige kirchengeschichtliche Ereignisse lagen, ist es als wahrscheinlich anzusehen, daß auch bei einigen liturgischen Fragen Differenzen zwischen diesen Gruppen bestanden. Allerdings ist die Quellenlage nur bezüglich der Gemeinde des Flavian günstig, und so sollen hier die Feste, von denen Johannes Chrysostomus in seinen Predigten berichtet, sowie deren Entwicklung kurz angeführt werden. Grundsätzlich haben damit die Aussagen des Johannes Chrysostomus allerdings nur für die Gemeinde des Bischofs Flavian Geltung. Die für diese Fragestellung zu berücksichtigenden Predigten des Johannes Chrysostomus gehören in die Zeit, als er Presbyter in Antiocheia war11, also in die Zeit zwischen dem 28. Februar 386, dem Tag seiner Priesterweihe, und dem Jahr 397. In einer Pfingstpredigt 12 zählt Johannes Chrysostomus als die drei (wichtigsten) christlichen Feste Epiphanie, Ostern und Pfingsten auf. Bezüglich des Epiphaniefestes sagt er, daß dieses das Geburtsfest Jesu sei 13 . Rahner weist darauf hin, daß Johannes Chrysostomus dieses Fest „ zu einer Zeit, da er das andere Weihnachtsfest noch nicht eingeführt hat, r ^ e p a yeveG^ioq" nenne 14 . Lietzmann nimmt an, daß diese Predigt im Jahr 386 gehalten worden sei 15 , und Talley behauptet, daß dieses Fest für Johannes Chrysostomus das liturgische Jahr eröffnet habe16. Eine weitere Predigt des Johannes Chrysostomus gibt Aufschluß über die Entwicklung der beiden Feste Weihnachten und Epiphanie in Antiocheia, auch wenn die Deutung dieser Predigt nicht unumstritten ist17. Die Predigt wurde an einem 20. Dezember gehalten, an dem das Fest des hl. Philogonius, eines

1

•Als Diakon hatte Johannes Chrysostomus nicht zu predigen; für die Aufgaben, die er als Diakon wahrzunehmen hatte, vgl. H. R. DROBNER, Patrologie, S. 275. 12 PG 50, Sp. 4 5 3 - 4 6 4 , dort Sp. 454. 13 Darauf weisen auch B. BOTTE, Origines, S. 22, TH. J. TALLEY, Origins, S. 135 und H. FRANK, Art. „Epiphanie III. In der Liturgie", LThK 2 1959, Sp. 9 4 1 - 9 4 4 , hier Sp. 942, hin. Botte betont, daß dieses Fest damit für Johannes Chrysostomus die Rolle des Weihnachtsfestes übernommen habe. 14 Vgl. H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, in: Griechische Mythen in christlicher Deutung. Gesammelte Aufsätze, Zürich 1945, S. 125-228, hier S. 187. 15 Vgl. H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche. Bd. 3, S. 322. 16 Vgl. TH. J. TALLEY, Origins, S. 135. 17 Zum Text vgl. PG 48, Sp. 7 4 7 - 7 5 6 , dort Sp. 752; vgl. zur Diskussion der Situation in Antiocheia B. BOTTE, Origines, S. 14f, H. U S E N E R , Weihnachtsfest, S. 2 4 8 , K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 97, sowie F. MANN, Art. Epiphanias, S. 764.

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Kapitel 1 : Berechnungen der Geburt Jesu

Patriarchen von Antiocheia 18 , gefeiert wurde. Die meisten Forscher sind der Überzeugung, daß Johannes Chrysostomus mit dieser Predigt die erste Feier des Weihnachtsfestes in seiner Gemeinde in Antiocheia einleitet und sie damit auf dieses Fest vorbereitet19. Auch eine Epiphaniepredigt des Johannes Chrysostomus ist überliefert, in der er die Taufe Jesu als Festinhalt bezeichnet 20 . Selbst wenn keine völlige Übereinstimmung bezüglich ihrer genauen Datierung herrscht, so kann zum mindesten nicht ausgeschlossen werden, daß wirklich zur Zeit des Johannes Chrysostomus eine Umdeutung des Epiphaniefestes vom Geburtsfest zum Tauffest, sowie in diesem Zusammenhang die Einführung des Weihnachtsfestes stattgefunden hat, auch wenn diese These, wie schon angedeutet, nicht unumstritten ist. Auf diesem Hintergrund soll nun die Predigt des Johannes Chrsostomus, die er an einem Weihnachtsfest gehalten hat, und die dort von ihm vorgenommene Berechnung der Geburt Jesu gedeutet werden.

18

H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche. Bd. 3, S. 102, macht folgende Angaben zur Person des Bischofs Philogonios: „In Antiocheia starb am 20. Dezember 324 Bischof Philogonius, und an seine Stelle wurde Eustathios gesetzt." W. ENSSLIN, Art. Philogonios, in RE 19/2, Stuttgart 1938, Sp. 2483, verweist auf die antiarianische Haltung dieses Bischofs, der vom richterlichen Beamten zum Bischof erhoben worden war. Es ist auffällig, daß sowohl Philogonius wie auch sein Nachfolger Eustathius, auf den sich noch zur Zeit des Johannes Chrysostomus die Gemeinde um Paulinus und seinen Nachfolger Evagrius beruft, eine streng antiarianische Haltung verfolgt haben. Es stellt sich immerhin die Frage, ob Johannes Chryostomus nur die zeitliche Nähe zwischen dem 20. und dem 25. Dezember nutzte, um die Einführung des Weihnachtsfest gerade an diesem Tag anzukündigen, oder ob Johannes Chrysostomus mit der Wahl dieses Festtages für diese Ankündigung des Weihnachtsfestes eine Geste gegenüber den Anhängern des Paulinus setzen wollte. 19 So interpretieren diese Predigt u.a.: H. USENER, Weihnachtsfest, S. 2 2 2 - 2 2 5 ; A. MEYER, Weihnachtsfest, S. 45; B. BOTTE, Origines, S. 23; H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, S. 195, und F. MANN, Art. Epiphaniasfest. I. Kirchengeschichtlich, in: TRE IX, Berlin 1982, S. 762-769, dort S. 764; dagegen wendet sich E. THEODOROU, Saint Jean Chrysostom et la Fête de Noël, in: LO 40, S. 195-210, dort vor allem S. 196-198. 20 Zum Text vgl. PG 49,365-366, Auf diese Predigt verweisen u. a. B. BOTTE, Origines, S. 22; TH. J. TALLEY, Origins, S. 114f; CH. MOHRMANN, Epiphania. Études sur le latin des chrétiens, Rom 2 1961, S. 245-275, dort 261; J. MOSSAY, Les fêtes de Noël et d'Epiphanie d'après les sources littéraires cappadociennes au IV e siècle, Louvain 1965 (=TEL III), S. 27, und K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 125f.

4. Die Weihnachtspredigt des Johannes

4.3. Darlegung Chrysostomus

und Untersuchung

59

Chrysostomus

der Weihnachtspredigt

des

Johannes

Die Predigt, die von Johannes Chrysostomus an einem Weihnachtsfest in den Jahren 386, 387 oder 388 gehalten wurde21, besteht aus mehreren Teilen22: In seiner Einleitung geht Johannes Chrysostomus auf die Tatsache ein, daß um das Weihnachtsfest ein großer Streit herrscht. Die einen behaupten, daß es sich um ein neues Fest handelt, während es andere für bereits seit langer Zeit eingeführt halten (Sp. 351-352). Johannes Chrysostomus führt dann in einem großen ersten Teil drei Begründungen dafür an, warum dieses Fest zu feiern ist (Sp. 352-358). In einem weiteren, apologetischen Teil der Weihnachtspredigt bezieht er sich auf die Heiden, die darüber lachen, daß Gott im Fleisch geboren worden sein solle (Sp. 358-360). Im letzten Teil seiner Predigt ermahnt Johannes Chrysostomus die versammelte Gemeinde, dieses Fest mit aufrichtiger innerer Gesinnung zu feiern und an den Mysterien teilzunehmen (Sp. 360-362). 4.3.1. Die Einleitung der Weihnachtspredigt Bereits im ersten Satz seiner Predigt kommt Johannes Chrysostomus auf den Inhalt des Festes zu sprechen: Gott ist auf Erden im Fleisch erschienen und hat bei den Menschen gewohnt23. Es folgt eine Anspielung auf den Besuch Marias bei Elisabeth: wenn schon Johannes sich über den Besuch Marias so spürbar freute, wo doch der Erlöser noch nicht geboren war, um wieviel mehr hat dann die versammelte Gemeinde Grund, sich über die Geburt Jesu zu freuen, die am heutigen Tag stattfand24. Darauf folgt ein Motiv, das in der alten Kirche sehr stark die Texte des Weihnachtsfestes geprägt hat: Jesus, die Sonne der Gerechtigkeit, erscheint auf

2

'Vgl. hierzu u.a. H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 908. Die Predigt wird im Folgenden nach PG 49, Sp. 351-362 zitiert. 23 D i e Formulierung in Sp. 351: Kai Qeôç È7ti yfiç v |ièv aixiconévcov, öxt vÉa xiç è c m Kai jtpôoipaxoç, Kai vûv eia6vr|veKTai, xcôv 8è árcoX-oyoDUÉvcov, öxi itaXaià. Kai à p x a i a ècixi, xrâv 7tpoq>T|xS>v TÍÔT) 7tpO£l7tÓVX(OV 7lEpi xfjç yEVVT|0£(ûvaaÖ£ naÖEiv ek xwv EJti Flovxiou niÄ.dxov yEvopivcov aKXtov" „Und dieses, wie es geschehen ist, könnt ihr aus den Aufzeichnungen erfahren, die unter Pontius Pilatus geschrieben wurden." Für den Text vgl. A. WARTELLE, Saint Justin Apologies. Introduction, Texte critique, Traduction, Commentaire et Index, Paris 1987, S. 144. Eine weitere Berufung auf die Akten, die unter Pontius Pilatus geschrieben wurden, findet sich im Kap. 48,3, A. WARTELLE, Saint Justin Apologies, S. 162; dort geht es um Wunder, die zur Zeit Jesu geschehen sind.

Auch Tertullian beruft sich um 207 n. Chr. in seinem Werk Adversus Marcionem IV,7 auf die Zensusakten, wenn er sagt: et tarnen quomodo in synagogam potuit admitti tarn repentinus, tarn ignotus, cuius nemo adhuc certus de tribu, de populo, de domo, de censu denique Augusti, quem testem fidelissimum dominicae natiuitatis Romana archiua custodiunt? „Und dennoch, wie konnte er so plötzlich in die Synagoge vorgelassen werden, so unbekannt; seiner Abstammung nach Stamm, Volk und Haus und auch der Volkszählung, welche die römischen Archive als einen sehr zuverlässigen Zeugen der Geburt des Herrn aufbewahren, war keiner sicher?" Für den Text vgl. E. DEKKERS u.a., Quinti Septimi Florentis Tertulliani Opera Omnia. Pars I: Opera Catholica. Adversus Marcionem, Turnhout 1954 (CChr.SL 1/1), S. 556. Darauf, daß die Berufung auf die Zensusakten sehr alt sei, verweist auch E. THEODOROU, Saint Jean Chrysostom, S. 207. « V g l . Sp. 353: Ti ovv n p o ; i>|ian£xépav ayairnv- "Aita!; xov> èviavxoi) EÌcripxExo |ióvo: „über der Zeile"), index puerperii uirginalis Stella praecessit, quae natum in terra caeli dominum magis stupentibus nuntiaret, ut manifestandus mundo deus et caelesti denuntiaretur indicio et temporaliter procreatus signorum temporalium ministerio panderetur. Et ideo cum. ü> 93. 3. In Wahrheit ist... ewiger Gott und dich zu loben, der du wunderbar bist in allen deinen Werken, durch die du die heiligsten Mysterien deiner Herrschaft enthüllt hast. Dieser Feier nämlich [der Erscheinung des Herrn] geht als Anzeichen der jungfräulichen Geburt der Stern voraus, der den auf der Erde geborenen Herrn des Himmels den staunenden Magiern verkündet, damit der sich sichtbar machende Gott der Welt angekündigt würde durch ein himmlisches Zeichen und er, der in der Zeit geboren wird, durch den Dienst von vergänglichen Zeichen verkündigt würde. Und deshalb mit... 4. POST COMMUNIONEM. Inlumina quaesumus domine populum tuum, et splendore gratiae tuae cor eius Semper accende, ut saluatoris mundi Stella famulante manifestata natiuitas mentibus eorum et reueletur Semper et crescat: per eundem. p 57; ü> 94. 4. Erleuchte, Herr, so bitten wir, dein Volk, und erhelle durch den Glanz deiner Gnade immer sein Herz, damit durch den Dienst des Sterns die sichtbar gemachte Geburt des Erlösers der Welt seinem Verstand enthüllt wird und immer wächst...

2. Die Entwicklung

123

in Rom

VIIIIDUS IANUARIAS ID EST VI DIE MENSIS IANUARII EPIPHANIAS AD SANCTUM PETRUM

6. Januar: Epiphanie (St. Peter) 5. Deus qui hodierna die unigenitum tuum gentibus stella duce reuelasti: concede propitius ut qui iam te ex fide cognouimus, usque ad contemplandam speciem tuae celsitudinis perducamur: per. 95. 5. Gott, der du am heutigen Tage deinen eingeborenen den Völkern geoffenbart hast durch den anführenden Stern: gib gnädig, daß wir, die wir dich jetzt nur im Glauben erkennen, geführt werden zur Anschauung der Gestalt deiner Hoheit. Durch... 6. Omnipotens sempiterne deus, qui uerbi tui incarnationem praeclari testimonio sideris indicasti, quid uidentes magi oblatis maiestatem tuam muneribus adorauerunt, concede ut Semper in mentibus nostris tuae appareat stella iustitiae et noster in tua sit confessione thesaurus. §s> 96. 6. Allmächtiger ewiger Gott, der du die Inkarnation deines Wortes durch das leuchtende Zeichen des Gestirns angezeigt hast; als sie es sahen, haben die Magier deine Majestät mit herbeigetragenen Gaben angebetet; gib, daß immer in unserem Verstand erscheint dein Stern der Gerechtigkeit und daß wir immer berwahrt bleiben mögen in deinem Bekenntnis... 7. SUPER GELATA. Ecclesiae tuae quaesumus domine dona propitius intuere, quibus non iam aurum, thus et murra profertur, sed quod eisdem muneribus declaratur immolatur et sumitur: per. 97. 7. Blicke gnädig auf deine Kirche, Herr, so bitten wir, durch die dir nicht mehr Gold, Weihrauch und Myrrhe entgegengetragen wird, aber was durch diese Gaben erklärt, geopfert und hingegeben wird. Durch... 8. PRAEFATIO. Vere dignum et iustum est aequm et salutare [nos tibi Semper et ubique gratias agere, domine

sancte pater omnipotens

aeterne

deus]

quia cum unigenitus tuus in substantia nostrae mortalitatis apparuit, in noua nos inmortalitatis suae luce reparuit: et ideo cum angelis et archangelis, cum thronis et dominationibus cumque omni militia caelestis exercitus ymnum gloriae tuae canimus sine fine dicentes Sanctus sanctus sanctus. vM) 17,3; p 60; Ü> 109 (=Dominica I. post Epiphaniam). 8. In Wahrheit ist es würdig und recht... denn als dein eingeborener in der Substanz unserer Sterblichkeit erschien, hat er uns in dem neuen Licht seiner Unsterblichkeit wiederhergestellt: und deswegen singen wir mit allen Thronen... 9. UD. Per Christum, usque salutare. Nos te laudare omnipotens aeterne deus, qui notam fecisti in populis misericordiam tuam et salutare tuum cunctis gentibus declorasti, hodiernum eligens diem, in quo ad adorandam ueri regis infantiam, excitatos de remotis partibus magos, clarior caeteris sideribus stella perduceret, et caeli ac terrae dominum corporaliter natum radio suae lucis ostenderet. Et ideo cum angelis. §h 98.

124

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

9. In Wahrheit... daß wir dich loben allmächtiger ewiger Gott, der du unter den Völkern deine Barmherzigkeit bekannt gemacht hast und dein Heil allen Heiden verkündet hast, indem du den heutigen Tag erwähltest, an dem der Stern, der heller als alle anderen Gestirne ist, die Magier aus entfernten Gebieten herausgerufen hat zur Anbetung der Kindheit des wahren Königs, und an dem er dem Himmel und der Erde den körperlich geborenen Herrn durch den Strahl seines Lichtes zeigte. Und deswegen...

10. Communicantes et diem sacratissimum celebrantes, quo unigenitus tuus in tua tecum gloria coaeternus in ueritate carnis nostrae uisibiliter corporalis apparuit: sed et memoriam. 17,4; p 61; ü> 99: Communicantes et diem sacratissimum celebrantes, in quo unigenitus tuus in tua tecum gloria coaeternus in ueritate nostrae carnis natus magis de longinquo uenientibus uisibiliter corporalis apparuit: sed et memoriam. 10. Teilnehmend (Indem wir kommunizieren) und diesen heiligen Tag feiernd, an dem dein eingeborener , der mit dir in deiner Herrlichkeit gleichewig ist, in der Wahrheit unseres Fleisches sichtbar leiblich erschienen ist. ä§> Indem wir kommunizieren und diesen heiligen Tag feiern, an dem dein eingeborener , der mit dir in deiner Herrlichkeit gleichewig ist, in der Wahrheit unseres Fleisches geboren und den Magiern, die von Ferne kamen, sichtbar leiblich erschienen ist...

11 .AD COMPLETA. Praesta

quaesumus

domine

deus noster,

ut quae

sollemni celebramus officio, purificatae mentis intelligentia consequamur. 17,5; p 62; :§> 100. 11. Gewähre, Herr, unser Gott, daß wir, was wir durch feierliches L o b begehen, mit gereinigter Einsicht des Geistes verfolgen... rS? 18,1; p 63; ü> 102. 12. ANDERE GEBETE: Gott, Erleuchter aller Völker, gib deinen Völkern, daß sie sich andauernden Friedens erfreuen, und gieße jenes strahlende Licht in unsere Herzen, das du dem Verstand der drei Magier eingehaucht hast: durch...

13, AUA. Deus cuius unigenitus in substantia nostrae carnis apparuit: praesta quaesumus ut per eum quem similem nobis foras agnouimus, intus reformari mereamur: per. €>x7i) 18,2; p 64 = 112 {in octauis Theophaniae). 13. Gott, dessen eingeborener in der Substanz unseres Fleisches erschien: Gewähre, bitten wir, daß wir durch ihn, den wir als äußerlich uns ähnlich bekennen, gewürdigt werden, daß wir innerlich wiederhergestellt werden. Durch...

14. AUA. Omipotens sempiterne deus, fidelium splendor animarum, qui hanc sollemnitatem electionis gentium primitiis consecrasti: imple mundum

2. Die Entwicklung

in Rom

125

gloria tua et subditis tibi populis per luminis tui appare claritatem: per. 18,3; 103. 14. Allmächtiger, ewiger Gott, Zierde der Seelen der Gläubigen, der du dieses Fest gesegnet hast durch die Erstlinge der Erwählung der Heiden: Erfülle die Welt mit deinem Ruhm und, nachdem du dir die Heiden unterworfen hast, erscheine durch das Licht deiner Herrlichkeit. Durch... 15. AUA. Concede nobis omnipotens deus, ut salutare tuum noua caelorum luce mirabile, quod ad salutem mundi hodierna festiuitate processit, nostris Semper innouandis cordibus oriatur: per. ißrji? 18,4; H> 38 (=Aliae orationes de natale dominil) = 9 , 4 (=Aliae orationes de natale dominil) = p 23 (-Aliae orationes de natale dominil). 15. Gewähre uns, allmächtiger Gott, daß dein Heil, das wunderbar mit neuem Licht des Himmels zur Rettung der Welt am heutigen Festtag ausgegangen ist, zur Erneuerung unserer Herzen immer aufgehe. Durch. 16. AUA. Da nobis quaesumus domine digne celebrare mysterium, quod in nostri saluatoris infantia miraculis coruscantibus declaratur, et corporalibus incrementis manifesta designatur humanitas: per. ) von einer Weihnachtsoration des Leonianums (Da quaesumus domine...) abhängig56. Diese Oration wird auch im förji) und im ü> als Weihnachtsoration geführt. Die gegenüber £§> kürzere Fassung des Communicantes im 40): Epiphanie-Communicantes (ü>): Da quaesumus domine populo tuo Communicantes et diem inuiolabilem fidei firmitatem, ut sacratissimum celebrantes, qui unigenitum tuum in tua tecum quo unigenitus tuus in tua tecum gloria sempiternum in ueritate nostri gloria coaeternus in ueritate nostrae 5 corporis natum de matre uirgine carnis natus magis de longinquo confitentur, et a praesentibus uenientibus uisibilis et corporalis libenter aduersis et mansuris apparuit: sed et memoriam. gaudiis inserantur: per. Z. 4: Frank, der das Gelasianum nach Cod. Vat. Regl 316 zitiert: sempiternus; 6. Frank: uisibiliter.2

Völlig identisch sind nur die beiden Formulierungen in tua tecum gloria und in veritate. Daß Jesus in diesem Zusammenhang dem biblischen Sprachgebrauch folgend als fiovoyevrii; (unigenitus) bezeichnet wird, ist zu erwarten, und so ist es nicht weiter erstaunlich, daß dieses Wort auch tatsächlich in beiden Orationen vorkommt. Auffällig ist jedoch, daß gerade entscheidende theologische Begriffe variiert werden — und gerade bei diesen Begriffen wäre im Falle einer Abhängigkeit zweier Texte eine Identität zu erwarten: Von der Weihnachtsoration wird Jesus als sempiternus bezeichnet, während er nach der Epiphanieoration coaeternus ist. Dem corpus der Weihnachtsoration entspricht caro in der Epiphanieoration. Gleichzeitig wirkt die Epiphanieoration so, als ob sie letztlich mit dem natus (zu ergänzen wäre est) beendet wäre. Die Überleitung zu den Magiern, denen er „erscheint", wirkt wie eine Doppelung. Und so legt sich die Frage nahe, ob nicht eine griechische Epiphanieoration die Vorlage bildet. Immerhin wäre dann auch caro die theologische Entsprechung zu o d p ^ , das in diesem Zusammenhang der Menschwerdung sicher verwendet wurde (vgl. nur den Johannesprolog). Das würde bedeuten, daß hier einmal mehr der ursprüngliche Inhalt des

55 H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes im Lichte neuerer Forschung, S. 7. 56 V g l . H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes im Lichte neuerer Forschung, S. 8; er verweist hierfür auf S. MARSILI.

2. Die Entwicklung in Rom

133

Epiphaniefestes in einer Oration durchscheint, die aus dem Griechischen übersetzt wurde. Frank bemerkt ferner: „Eines aber können wir nicht leugnen: Die Epiphaniepraefation VD. Quia cum unigenitus tuus in substantia nostrae mortalitatis apparuit und jene Epiphanie-Oration Deus cuius unigenitus in substantia nostrae carnis apparuit, die beide die alte Idee Epiphanie als Erscheinung des Herrn im Fleische vertreten, sind vorgregorianischen Ursprungs und meines Erachtens durchaus römische Gebete, nicht etwa solche, welche die römische Liturgie von außen übernommen hätte." 57 Frank hält es für unmöglich, daß die römische Liturgie diese Formeln bereits im 4. Jahrhundert besessen haben könnte, und verweist dafür auf eine Predigt des Hieronymus. Frank hält es ferner für wahrscheinlich, wie bereits angedeutet wurde, daß die beiden Orationen ursprünglich Weihnachtsformeln waren. Sie wären dann, so Frank, zwischen 460 und 600 in die römische Liturgie des Epiphaniefestes gewandert. Für die komplizierten Schlußfolgerungen, die er aus diesen Überlegungen zieht, soll er selbst zu Wort kommen: „Wir stellen also fest: Ist Leo der Große der Redaktor der Epiphanie-Präfation und der Epiphanie-Oration Deus cuius unigenitus, so muß er sie als Weihnachtsformeln geschaffen haben. Sie müssen dann nach Leos Zeit wegen des in ihnen begegnenden apparuit-Motivs in die Liturgie des Epiphaniefestes abgewandert sein. Ist Leo aber nicht der Redaktor dieser Formeln, so sind sie, wenn sie wirklich ursprünglich in Rom für Epiphanie und nicht für Weihnachten geschaffen wurden, entweder vor oder nach Leos Zeit entstanden; wenn vor Leo, dann aber kaum schon zur Zeit des heiligen Hieronymus, der die in ihnen vertretene Epiphanieauffassung kategorisch ablehnte; wenn nach Leo, dann nicht nach der Mitte des 6. Jahrhunderts, wie Gregor der Große sie bereits einem vor ihm bestehenden römischen Sakramentar von der Art des Gelasianum oder Leonianum entlehnte." 58 Die von Frank angeführten Alternativen sind verwirrend. Auch wenn Frank selbst keine genauen Angaben über das Alter und den ursprünglichen Ort dieser Epiphanie-Orationen macht, so nimmt er doch an, daß das Epiphaniefest schon in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts nach Rom gekommen sei, daß aber das Weihnachtsfest das ältere Fest in Rom gewesen sei, das schon immer die Geburt Jesu gefeiert habe59. Bei so verwirrenden Hypothesen scheint es sinnvoll, noch einmal das Problem zu umreißen, bevor Lösungen gesucht werden: Es gilt als allgemein anerkannt, daß Weihnachten im Westen, Epiphanie im Osten entstanden ist; 57 H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes, S. 8f. Die Hervorhebungen stammen vom Autor. 58 H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes, S. 11. Die Hervorhebungen stammen vom Autor. 59 Vgl. H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes, S. 14.

134

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Epiphanie ist wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts nach Rom gekommen. Die Epiphanieorationen lassen zwei Schlüsse möglich erscheinen: Entweder wurde in der Vigil Mt 2,1-12 — die Magierperikope — und am Festtag selbst entweder Mt 1,18-24 oder Lk 2,1-7 — die Geburtsgeschichte — gelesen, oder es wurde sowohl in der Vigil wie auch am Tag selbst Mt 2,1-12 verlesen. Bevor hier eine Lösung vorgeschlagen wird, sollen die für dieses Fest vorgesehenen Tageslesungen untersucht werden. 2.4. Die Tagesevangelien von Weihnachten und Epiphanie Die Frage nach dem ursprünglichen Inhalt des Epiphaniefestes in Rom, wie auch nach den ursprünglichen Orationen diese Festes muß sich also zunächst dem römischen Capitulare evangeliorum zuwenden 60 . Auch wenn die ältesten Handschriften aus dem achten Jahrhundert stammen, so ist nicht auszuschließen, daß die dort festgelegten Lesungen in ihrer Festlegung bis ins fünfte, möglicherweise für bestimmte Feste wie Weihnachten, Epiphanie und Ostern sogar bis in das vierte Jahrhundert zurückreichen 61 . Klauser unterscheidet vier Typen: Während sowohl n eine rein römische (kompilierte) Quelle aus der Zeit um 645 darstellt62, als auch der Typus A aus der Zeit um 740 rein römisch ist63, wie auch X aus der Zeit um 755 64 , ist A ein römischfränkischer Zeuge aus der Zeit um 755 65 . Im Folgenden werden die Evangelientexte für Weihnachten, Epiphanie und die Tage nach Epiphanie für die einzelnen Capitulare aufgeführt:

6 0

m

KLAUSER, Das römische Capitulare Evangeliorum. Texte und Untersuchungen zu seiner ältesten Geschichte. Bd. I. Typen, Münster 2 1972 (=LQF 28) S. IX, schreibt zur Bedeutung dieser Listen: „Gebet, Schriftlesung und Gesang sind die drei Grundbestandteile der christlichen, insonderheit auch der römischen Messe... Ursprünglich waren die drei Elemente auch buchmäßig gesondert: die Gebete standen im Liber sacramentorum, die Gesangsteile im Liber antiphonarius, und für die Schriftlesung war man auf das Evangeliarium (das Vierevangelienbuch), den Apostolus (das Corpus der Apostelbriefe) und andere Sammlungen biblischer Texte angewiesen." 6I T H . KLAUSER, Das römische Capitulare Evangeliorum, S. Xllf: „Da es in der nordafrikanischen Kirche schon um 400 und in den südlichen Bezirken der gallischen Kirche schon um 450 wenigstens für die Festtage des Jahres Perikopenreihen gegeben hat und da die liturgische Entwicklung der abendländischen Kirchen im allgemeinen ungefähr parallel gelaufen ist, muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß auch das römische Perikopensystem lange vor 700 und vielleicht ebenfalls schon im 5. Jh. in den Hauptzügen ausgebildet war." Für die vier verschiedenen Aufzeichnungsformen, Randnoten, Capitularía, Perikopenbücher und Missalien vgl. KLAUSER, S. XXII. 62 Für die verwendeten Handschriften vgl. TH. KLAUSER, S. 3-9. 63 Für die verwendeten Handschriften vgl. TH. KLAUSER, S. 51-56. 64 Für die verwendeten Handschriften vgl. TH. KLAUSER, S. 97-100. 65 Für die verwendeten Handschriften vgl. TH. KLAUSER, S. 136-139.

2. Die Entwicklung

n

135

in Rom

A

Z

A

In uigilia natalis domini Item in uigilia natalis domini in nocte In natale Domini

6

6

Mt 1,18-21 Lk 2,1-14

ad scm Mariam Maiorem

Lk 2,1-14

Lk 2,1-14

ad scm Anastasiam

Lk 2,15-20

Lk 2,15-20

Lk 2,1-14 Lk 2,15-20

Lk 2,15-20

adscumPetrum

Joh 1,1-14

Joh 1,1-14

Joh 1,1-14

Joh 1,1-14

In uigilia de theophania in ecclesia sei Petri Mt 2,19-23 Mt 2,19-23 Mt 2,19-23 Mt 2,19-23 In theophania ad scum Petrum Mt 2,1-12 Mt 2,1-12 Mt 2,1-12 Mt 2,1-12 Die prima post theophania ad scum Petrum ad uineula Mk 1,4-11 Item alia post theophania Joh 1,29-34 Feria IUI post theophania Joh 1,29-34 Joh 1,29-34 Joh 1,29-34 Item ubi supra Mt 3,13-17 Item alia Mt 3,1-17 Ebdomada II post theophania diedominico Joh 2,1-11 Joh 2,1-11 Joh 2,1-11 Joh 2,1-11 Die Zusammenstellung der Evangelientexte für die einzelnen Tage ist aufschlußreich: Die Geburtsgeschichte nach Lukas prägt die ersten beiden Messen des Weihnachtstages (in A findet sich der Text von Lk 2,1-14 in einer zweiten Vigil; die erste Messe des Weihnachtstages ist nicht verzeichnet). In der ersten Messe wird das Evangelium vom Zensus unter Quirinius bis zum Lobgesang der Hirten verlesen (Lk 2,1-14); in der zweiten Messe wird das Evangelium verlesen, das von der Anbetung der Hirten erzählt (Lk 2,15-20). Nur in der Vigil, die A überliefert, wird auch ein Text aus dem Matthäusevangelium verlesen, der von den Zweifeln berichtet, die Joseph befielen, als er merkte, daß seine Frau schwanger war, und mit der Erscheinung des Engels endet (Mt 1.18-21). Für die dritte Messe des Weihnachtstages wird von allen Zeugen einstimmig der Prolog des Johannesevangeliums (Joh 1,1-14) genannt. In der Vigil des Epiphaniefestes wird der Bericht von der Flucht nach Ägypten bis zur Heimkehr nach Nazareth, als Herodes gestorben war (Mt 2.19-23), verlesen. In der Messe vom Epiphaniefest wird dann der Bericht von der Anbetung der Magier verlesen (Mt 2,1-12). Auffällig ist dabei, daß zuerst in der Vigil von der Flucht nach Ägypten berichtet wird, die zeitlich hinter der Anbetung der Magier liegt. Hinsichtlich der Evangelien für diese Tage waren die Orationen bereits untersucht worden. Das Ergebnis dieser Untersuchung unterscheidet sich doch relativ stark von den in den Evangeliaren gebotenen 66

Die Belege für diese Zusammenstellung finden sich bei: TH. KLAUSER, S. 13f; 58ff; 102f; 140f.

136

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Lesungen: Während als Evangelientext der Vigil von Epiphanie eigentlich Mt 2,1-12 zu erwarten war, war nach einem Teil der Orationen vom 6. Januar gerade dieser Text das Tagesevangelium, während andere Texte eher Mt 1,1824 oder Lk 2,1-7 als Evangelium des 6. Januar vermuten lassen. Die Lesung Mt 2,1-12 findet sich auch an Epiphanie, während sich bezüglich der Lesung in der Vigil keine Übereinstimmung herrscht. Weder von Mt 1,18-24 noch von Lk 2,1-14 finden sich Spuren an Epiphanie. Der Text von Mt 1,18-21 wird überhaupt nur von einer einzigen Handschriftengruppe (A) für die Vigil von Weihnachten bezeugt. Allerdings ist das Epiphaniefest in Rom aller Wahrscheinlichkeit nach erst nach der Einführung des Weihnachtsfestes übernommen worden. Insofern nimmt es nicht Wunder, daß alle Lesungen, die möglicherweise auf die Geburt Jesu anspielten, entfernt wurden. In den unter dem Sigel A zusammengefaßten Zeugen findet sich für den ersten Tag nach dem Epiphaniefest der Bericht von der Taufe Jesu nach dem Markusevangelium (Mk 1,4-11), der vom Auftreten des Johannes bis zu dessen Verhaftung reicht. Die drei anderen Zeugen haben diese Lesung, die von der Taufe Jesu berichtet, am vierten Tag nach dem Epiphaniefest, und zwar nach dem Johannesevangelium (Joh 1,29-34). A bringt diese Lesung mit dem Vermerk Item alia post theophania. Diese Zeugengruppe ist neben A die einzige, die für einen weiteren Tag noch den Taufbericht nach dem Matthäusevangelium (Mt 3,1-17) bietet, also an drei verschiedenen Tagen nach dem Epiphaniefest ein Evangelium von der Taufe Jesu bietet. Übereinstimmend bieten alle Zeugen für den zweiten Sonntag nach Epiphanie die Perikope von der Hochzeit zu Kana (Joh 2,1-11). Bei dieser Verteilung der Lesungen fällt zweierlei auf: Zum einen stimmen die Orationen des Epiphaniefestes nicht ganz mit den dort verwendeten Lesungen überein, zum anderen finden sich die Lesungen, die im Osten das Epiphaniefest prägen oder prägten 6 7 , zwar in sehr großer Nähe zum Epiphaniefest, werden aber in der römischen Liturgie nicht am Epiphaniefest selbst gelesen. Insofern soll jetzt ein Zeuge aus Jerusalem zu Wort kommen, der zwar das Epiphaniefest, aber noch kein Weihnachtsfest kennt, und einem späteren Zeugen gegenübergestellt werden, der diese beiden Feste überliefert.

67 ES sei hier nur auf Cassian, Coli X, 2 verwiesen, der Taufe und Geburt auf das Epiphaniefest legt, während Epiphanius, Pan. Haer. 51,16 und 51,22, 3 - 8 (vgl. K. HOLL/ J. DUMMER, Epiphanius II. Panarion haer. 34-64, Berlin 2 1980 [= GCS], S. 270-273 u. S. 284f.; vgl. zu dieser Diskussion u.a. B. BOTTE, Origines, S. 16 u. 69, CH. MOHRMANN, Epiphaneia, S. 260, H. USENER, Weihnachtsfest, S. 215, H. LECLERCQ, Art. Nativite, Sp. 918) nur die Geburt, die Anbetung der Magier und die Hochzeit zu Kana für das Epiphaniefest gelten läßt; nach Einführung des Weihnachtsfestes wurde die Taufe Jesu zentraler Inhalt des Epiphaniefestes in den östlichen Kirchen.

2. Die Entwicklung

137

in Rom

2.5. Das römische Epiphaniefest im Licht der Jerusalemer Liturgie Im Folgenden wird die Rekonstruktion des altarmenischen Lektionars, dessen erste Blätter ebenso fehlen wie die ersten Seiten des Berichts über die Liturgie in Jerusalem, den die Pilgerin Egeria bietet, mit dem georgischen Kanonar verglichen 68 . Altarmenisches Lektionar

Georgisches Kanonar Weihnachten 24.Dezember Hirtenkirche in Bethlehem (Vormittag) Lk 2,8-20 Krypta in Bethlehem

Epiphanie

M k 1,1-11

öJanuar

Mt 1,18-25 Vigil Lk 2 , 1 - 7 25.Dezember

Festmesse in Jerusalem Mt 1,18-25'69

Mt 2,1-23

Mt 2 , 1 - 2 3

Epiphanie

5Januar in der Hirtenkirche in Bethlehem (Vormittag) Lk 2 , 8 - 2 0 Aufstieg zur Krypta der Bethlehemkirche Mt 1,18-25 Aufstieg in die Basilika (Vigil) Mt 2 , 1 - 1 2

5Januar wahrsch. Jerusalem (Vormittag) Lk 3 , 1 - 1 8

Joh 1,18-28

6Januar

Die Erscheinung der Engel und die Anbetung der Hirten (Lk 2 , 8 - 2 0 ) eröffnen die Liturgie des Epiphaniefestes am Vormittag in Bethlehem zu der Zeit, als es noch kein Weihnachtsfest in Jerusalem und Umgebung gab. Es folgt in der Krypta der Kirche in Bethlehem die Lesung aus der Geburtsgeschichte nach dem Matthäusevangelium (Mt 1,18-25); in der Oberkirche folgt dann die Verlesung der Anbetung der Magier (Mt 2,1-12). In der Festmesse von Epiphanie, die in Jerusalem gefeiert wird, wird dann noch einmal die Geburtsgeschichte nach dem Matthäusevangelium (Mt 1,18-25) verlesen. Während nun das Weihnachtsfest nach den Lesungen des georgischen Kanonars von den Geburtsgeschichten geprägt ist und sowohl die Erzählungen nach dem Lukas- wie auch nach dem Matthäusevangelium verlesen werden,

68 Vgl. R. ZERFASS, Die Schriftlesung im Kathedraloffizium Jerusalems, Münster 1968 ( = L Q F 48), S. 1 0 0 - 1 0 2 ; die Rekonstruktion findet sich bei A. RENOUX, L ' E p i p h a n i e a J é r u s a l e m au I V e et au V e siècles, in: Noël - Epiphanie - Retour du Christ. Semaine Liturgique de l'Institut Saint-Serge, Paris 1967 ( = L O 40), S. 1 7 1 - 1 9 3 ; anders dagegen K. HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, in: Gesammelte Aufsätze zur Kirchengeschichte II, Tübingen 1928 (= Darmstadt 1968), S. 123-145. Für die detailierte Diskussion sei auf den entsprechenden Abschnitt dieser Arbeit verwiesen. 69 R . ZERFASS, Die Schriftlesung im Kathedraloffizium Jerusalems, S. 101, gibt f ü r diese Lesung nur Mt 1,18 an; im Lektionar findet sich jedoch die Schriftstelle Mt 1,18-25. Vgl. dafür: A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. Édition comparée du texte et de deux autres manuscrits. Introduction, textes, traduction et notes, Turnhout 1971 (PO X X X V I / 2 ) , S. 217.

138

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

finden sich in der Vigil von Epiphanie nur Texte, die auf die Taufe Jesu hinweisen. Mit Lk 3,1-18 wird die Person des Johannes des Täufers eingeführt; danach wird die Taufe Jesu nach dem Markusevangelium verlesen (Mk 1,-1-11). Die Perikope aus dem Johannesevangelium (Joh 1,18-28), die in der Vigil verlesen wird, führt wiederum Johannes als den Vorläufer Jesu ein. Hierzu will die in der Messe von Epiphanie verlesene Perikope von den Magiern, die diesmal bis zur Flucht nach Ägypten reicht (Mt 2,1-23), nicht ganz passen. Das Typikon aus dem zehnten Jahrhundert aus der Kreuzkirche in Jerusalem führt als Lesung in der Vigil die Lukasperikope von der Taufe Jesu (Lk 3,1-18) an. In der Messe vom 6. Januar findet sich folgerichtig die Perikope aus dem Matthäusevangelium, die von der Taufe Jesu berichtet (Mt 3,13—17)70. Wenn man nun diese Lesungen mit den in Rom vorgefundenen Lesungen vergleicht, ergibt sich für Epiphanie folgendes Bild: römische

römische

altarmenisches

georgisches

Ms. Sainte-

Orationen

Evangelien

Lektionar

Kanonar

Croix

Lk 2,8-20

Lk 3,1-18

Mt 1,18-25

Mk 1,1-11

Mt 2,19-23

Mt 2,1-12

Joh 1,18-28

Lk 3,1-18

Mt 2,1-12

Mt 1,18-25

Mt 2,1-23

Mt 3,13-17

Vorfeiern am 5. Januar

Vigil Mt 2,1-12 6. Januar Mt 1,18-24 Lk 2,1-8 Mt 2,1-12

Die Tabelle macht die Entwicklung sehr deutlich: 1. Die nach den römischen Orationen für die Vigil zu erwartende Lesung aus dem Matthäusevangelium findet sich in der Vigil des altarmenischen Lektionars. Die nach einem Teil der Orationen zu erwartende Geburtsgeschichte ist tatsächlich vom altarmenischen Lektionar als Lesung für die Festmesse des 6. Januar vorgesehen, und zwar als Lesung nach dem Matthäusevangelium (Mt 1,18-25). 2. Die Magierperikope, die nach einem Teil der Orationen sowie nach der römischen Leseordnung vorgesehen war, findet sich in erweiterter Form in der vom georgischen Kanonar vorgesehenen Lesung für die Messe vom Tag, während das altarmenische Lektionar diese Lesung für die Vigil vorsieht. Für die Lesung, die nach der römischen Leseordnung für die Vigil vorgesehen ist, könnte man noch in dieser erweiterten Lesung des georgischen Kanonars eine Parallele sehen. 70 Vgl. hierzu J. MATEOS, Le Typicon de la Grande Église. Ms. Sainte-Croix n° 40, X e siècle. Introduction, texte critique, traduction et notes. Tome I. Le cycle de douze mois, Rom 1962 (=OCA 165), S. 154-159 und 174-189.

2. Die Entwicklung

in Rom

139

3. Das Taufmotiv, das die Vorfeiern nach dem georgischen Kanonar ebenso prägt wie die Feier des 5. und 6. Januar nach der Jerusalemer Handschrift aus dem 10. Jahrhundert, findet sich nicht in der römischen Liturgie des 6. Januar. 4. Neben der Magierperikope in der Vigil findet sich als Lesung, die am 5. Januar am Vormittag zu lesen ist, die Hirtenszene im altarmenischen Lektionar. Insgesamt wird im altarmenischen Lektionar am 5. und 6. Januar zweimal die Geburtsgeschichte nach dem Matthäusevangelium gelesen, während die entsprechende Parallele aus dem Lukasevangelium (Lk 2,1-8) nicht gelesen wird 71 . Die Konsequenzen aus diesen Beobachtungen drängen sich fast von selbst auf: Dem armenischen Lektionar von Jerusalem (armenischer Kodex Jerusalem 121) lag nach den Erkenntnissen des Herausgebers dieser Handschrift ein griechischer Text zugrunde 72 . Es stellt sich die Frage, ob nicht ein ähnlicher griechischer Text den römischen Texten zugrundeliegt, der zu einem Zeitpunkt nach Rom kam, als das Epiphaniefest schon relativ weit verbreitet war, während aber gleichzeitig das Weihnachtsfest in Rom schon tief verwurzelt war. Da es somit unmöglich war, dieses Fest zu übergehen, wurden die Texte zuerst übersetzt, um sie dann auf den Festinhalt der „Magier" einzuengen. In einem weiteren Schritt wurden dann die Orationen, die zu sehr noch den ursprünglichen Inhalt des Epiphaniefestes ahnen ließen, aus den für diesen Tag festgelegten Orationen ausgegliedert.

71

H. FRANK, Hodie Caelesti Sponso Iuncta Est Ecclesia, S. 213ff, verweist darauf, daß im achten Jahrhundert die Feier der Taufe Jesu auf den Tag nach Epiphanie gelegt wird. 72 Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. I. Introduction aux origines de la liturgie hiérosolymitaine lumières nouvelles, Turnhout 1969 (=PO XXXV/1), S. 29.

3. Die Entwicklung

in

Nordafrika

Für Nordafrika liefert Augustinus eine große Menge an Material, aus dem sich Schlüsse für die Feier des Weihnachtsfestes und des Epiphaniefestes ziehen lassen. Die Grundzüge der beiden Feste stimmen mit der Situation in Rom überein, an Weihnachten offenbarte sich Jesus den Israeliten, an Epiphanie den Heiden 73 . Allerdings finden sich bei Augustinus noch klarere Hinweise auf das Sol-Invictus-Fest als in den römischen Texten. 3.1. Weihnachtspredigten

des

Augustinus

In einer Weihnachtspredigt formuliert Augustinus: „Halten wir also, Brüder, feierlich diesen Tag, nicht wie die Ungläubigen wegen der Sonne, sondern wegen dessen, der diese Sonne gemacht hat. Was nämlich das Wort war, ist Fleisch geworden, damit es um unseretwillen unter der Sonne sein konnte. Dem Fleische nach zwar unter der Sonne, steht er jedoch seiner Majestät nach über der gesamten Welt, in der er die Sonne schuf. Jetzt aber auch dem Fleische nach über dieser Sonne, die aber diejenigen an Stelle Gottes verehren, die in ihrer Geistesblindheit die wahre Sonne der Gerechtigkeit 7 4 nicht sehen." 75 Eindeutig wird hier von Augustinus die heidnische Sonnenverehrung abgelehnt 76 . Engberding verweist darauf, daß nach Augustinus drei Aspekte an

73 Vgl. F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 47f: „Pour saint Augustin, les deux fêtes du 25 décembre et du 6 janvier ont pour objet l'unique mystère de la manifestation du Christ. A Noël, Jésus se rélève à Israël; a l'Epiphanie, il se manifeste aux Gentils en la personne des Mages." F. LEMARIÉ verweist darauf, daß erst in späterer Zeit in Nordafrika die Hochzeit zu Kana und die Taufe Jesu zum Epiphaniefest hinzukamen; vgl. F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 48: „Le Baptême et les noces de Cana furent incorporés plus tardivement à la liturgie africaine de l'Epiphanie. Mais ici, comme à Rome, ces deux mystères demeurèrent objets secondaires." 74 Auch bei Augustinus findet sich also das Zitat aus dem Propheten Maleachi, wo von der Sonne der Gerechtigkeit die Rede ist (Mal. 3,20=4,2) auf Christus angewendet. 75 Vgl. Sermo 190,1 (PL 38,1007): Habeamus ergo, fratres, solemnem istum diem; non sicut infideles propter hunc solem, sed propter eum, quifecit hunc solem. Quod enim Verbum erat, caro factum est, ut propter nos posset esse sub sole. Carne quippe sub sole: maiestate autem super universum mundum, in quo condidit solem. Nunc vero et carne super istum solem, quem pro deo colunt, qui mente caeci verum iustitiae non vident solem. Für die Übersetzung vgl. auch F. DÖLGER, Das Sonnengleichnis in einer Weihnachtspredigt des Bischofs Zeno von Verona. Christus als wahre und ewige Sonne, in: AC 6, 1940, S. 1-56, dort S. 26; vgl. auch H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, S. 196 zu dieser Stelle. 76

J . LECLERCQ, Aux origines du cycle de Noël, S. 10, vermutet, daß damit auch die Manichäer gemeint sein könnten: „Le Christ est la lumière procédant de la lumière, lumen de lumine; c'est dire qu'il a une origine divine semblable et égale à lui-même, le Père, et que par

3. Die Entwicklung

in Nordafrika

141

diesem Tag eine Rolle spielen: Erstens sei der 25. Dezember der geschichtliche Tag der Geburt Christi, zweitens habe der Herr sich diesen Tag ausgewählt und drittens sei die Auswahl wegen der Lichtsymbolik auf gerade diesen Tag gefallen 77 . Allerdings sieht Engberding keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem heidnischen Fest und dem christlichen Fest: „Wenn Augustinus daneben auch erwähnt, daß die Heiden diesen Tag festlich begehen propter hunc solem, so darf nicht mehr daraus geschlossen werden, als die Worte wirklich besagen. Somit ist von einer ursächlichen Beziehung des christlichen Festes zum heidnischen überhaupt keine Rede."78 Auch in anderen Weihnachtspredigten vertritt Augustinus die Ansicht, daß man am 25. Dezember den historischen Geburtstag Jesu feiert, es wird jedoch in den Predigten des Augustinus immer wieder die Beziehung des Geburtstages Jesu zur Sonnensymbolik deutlich79.

conséquent, il est le Fils de Dieu et le Sauveur des hommes: ainsi le jour sort du jour précédent et le soleil dissipe les ténèbres. A ce propos, Saint Augustin fait allusion au culte que les païennes et les manichéens rendent au soleil: ce culte est une pratique idolâtrique, le vrai soleil, le seul qui soit digne d'être adoré, étant le Christ; pourtant la coïncidence de Noël avec le solstice d'hiver convient parfaitement à la réalité qui s'opère en ce jour pour le salut du monde." Auch F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 28, verweist auf den apologetischen Charakter dieser Predigt. Vgl. ebenfalls G. HUDON, Le mystère de Noël dans le temps de l'Église d'après saint Augustin, S. 59, und J. GAILLARD, Noël: memoria ou mystère, S. 42. 77 Vgl. H. ENGBERDING, Der 25. Dezember als Tag der Feier der Geburt des Herrn, S. 29; auch L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. XII. und über Epiphanias, Sp. 7, verweist darauf, daß nach dieser Predigt die Geburt Jesu für Augustinus ein geschichtliches Datum darstellt und daß sich der Herr dieses Datum wegen der Symbolik der Sonne gewählt habe. Vgl. zu dieser Stelle auch H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. II., S. 2. " V g l . H. ENGBERDING, Der 25. Dezember als Tag der Feier der Geburt des Herrn, S. 29, dort Anm. 18. 79 Vgl. dazu Sermo 190,2; 194,4, u. 196,1 u. 4; J. LECLERCQ, Aux origines du cycle de Noël, S. 9, bemerkt dazu: „Noël fut le jour, non de la naissance divine du Christ, mais de sa naissance humaine, laquelle eut lieu pendant la nuit; la fête de Noël se célèbre en l'anniversaire de cette date historique. Celle-ci se situe à la date où les jours commencent à grandir, c'est-à-dire au solstice d'hiver, exactement six mois après la date à partir de laquelle diminue la longueur des jours et qui fut celle de la naissance du Précurseur, Saint JeanBaptiste. Noël est donc le jour que nous appelons le 25 décembre." Vgl. auch H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, S. 196, F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 28, und G. HUDON, Le mystère de Noël dans le temps de l'Eglise d'après saint Augustin, S. 59; auf den Sermo 195 des Augustinus weist J. GAILLARD, Noël: memoria ou mystère, S. 43, hin; die Geburt Jesu heiligt diesen Tag. Der Sermo 192 betont den Aspekt der leiblichen Geburt, der Erscheinung des Herrn im Heisch; vgl. PL 38,1011: Propter vos in carne apparuit mundi conditor. „Um euretwegen erschien der Schöpfer der Welt im Fleische." Unter Verweis auf Sermo 187,1 bemerkt F. DÖLGER, Das Sonnengleichnis in einer Weihnachtspredigt des Bischofs Zeno von Verona, S. 26: „Augustinus steigt also vom Geburtstag der irdischen Sonne zu Christus, dem Schöpfer der Sonne, auf und sagt dann die

142

Kapitel 2: Geschichtliche

3.2. Sonnenkult und Weihnachtsfest

bei

Entwicklung

Augustinus

Auch wenn Augustinus in einem Brief an Ianuarius unter den althergebrachten Festen das Weihnachtsfest nicht erwähnt 80 , so betont er doch nicht nur in Weihnachtspredigten, sondern auch in anderen Predigten und Briefen, daß der 25. Dezember der wahre Geburtstag Jesu sei 81 . Daraus kann man entweder schließen, daß Augustinus davon überzeugt war, daß Jesus am 25. Dezember geboren wurde oder daß sich Augustinus in der Situation befand, den „wahren Geburtstag Jesu" gegen allfällige Vorwürfe verteidigen zu müssen. Auf alle Fälle war zur Zeit des Augustinus noch immer die Sonnenverehrung verbreitet, und Augustinus mußte sich immer wieder in Predigten und Briefen

Geburt dieses Sonnen-Schöpfers unter der irdischen Sonne aus — ein für den Hörer verblüffendes Wortspiel." Aus dem Sermo 194 läßt sich die enge Verbindung sehen, die für Augustinus zwischen der Geburt des Johannes und der Jesu bestand. Johannes wurde am Tag der Sommersonnenwende geboren; vgl. hierzu E. NORDEN, Die Geburt des Kindes. Geschichte einer religiösen Idee, Leipzig 1924 (=SBW 3), S. 101, und G. HUDON, Le mystère de Noël dans le temps de l'Église d'après saint Augustin, S. 78; siehe auch A. MEYER, Weihnachtsfest, S. 41. Auf S. 43 verweist A. MEYER darauf, daß auch zur Zeit des Augustinus Sonnwendfeuer am Johannistag brannten: „Die Johannisfeuer, die auch im Altertum schon brannten und die ganze Stadt mit Funken und Rauch erfüllten, sind einem Augustinus trotz des heidnischen Unwesens und der Belästigung dennoch ein Hinweis auf den, der ein brennend und scheinend Licht war und von dem ewigen Lichte zeugte." 80

V g l . die Epistula 54, PL 33,200; vgl. A. G O L D B A C H E R , S. Aureli Augustini Hipponiensis Episcopi Epistulae. Pars II. Ep. XXXI-CXXIII, Wien 1898 (=CSEL XXXIIII), S. 159f: lila autem, quae non scripta sed tradita custodimus, quae quidem toto terrarum orbe seruantur, datur intellegi uel ab ipsis apostolis uel plenariis conciliis, quorum est in ecclesia saluberrima auctoritas, commendata atque statuta retineri, sicuti quod domini passio et resurrectio et ascensio in caelum et aduentus de caelo spiritus sancti anniuersaria sollemnitate celebrantur et si quid aliud tale occurit, quod seruatur ab uniuersa, quacumque se dijfundit, ecclesia. H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 918, bemerkt: „Toutes célébraient la nativité au 25 décembre, et l'usage paraissait immémorial, bien que saint Augustin s'abstînt de la comparer pour l'antiquité et l'universalité aux fêtes de la Passion, de la Résurrection, de l'Ascension et de la Pentecôte." Diese Zurückhaltung ist nicht verwunderlich, feierte doch zur Zeit des Augustinus weder die Kirche in Ägypten noch in Jerusalem das Weihnachtsfest. Auch in Armenien wurde das Fest zu dieser Zeit wahrscheinlich nicht begangen. 8

' V g l . dazu auch die um 400 verfaßte Ep. 55,2, A. GOLDBACHER, S. Aureli Augustini Hipponiensis Episcopi Epistulae. Pars II., S. 170: Quaeris, quae causa sit, cur anniuersarius dies celebrandae dominicae passionis non ad eundem redeat anni diem sicut dies, qua traditur natus, et deinde subiungis, si hoc fit propter sabbatum et lunam... In diesem Brief antwortet Augustinus auf die Anfrage des Bischof Januarius, warum der Geburtstag Jesu immer am selben Tag, der Todestag Jesu jedoch in Abhängigkeit von Mond und Wochentag gefeiert werde, mit der Aussage, daß im Geburtsfest gefeiert werde, was geschehen ist. Vgl. hierzu H. ENGBERDING, Der 25. Dezember als Tag der Feier der Geburt des Herrn, S. 29, dort Anm. 18, und J. GAILLARD, Noël: memoria ou mystère, S. 39.

3. Die Entwicklung

in Nordafrika

143

zu diesem Thema äußern. Die Sonnenverehrung fand sowohl in heidnischen wie auch in manichäischen Kreisen statt82. In De Trinitate83 gibt Augustinus eine Berechnung des Geburtstages Jesu, die auf dem Johannesevangelium aufbaut 84 . Die Berechnung verknüpft Argumente aus der Überlieferung — sowohl 25. März als Tag der Empfängnis, wie auch 25. Dezember als Tag der Geburt Jesu beruhen nach Aussagen des Augustinus an dieser Stelle auf alter Tradition — mit Argumenten, die durch Berechnung vom 25. März auf den 25. Dezember gelangen sollen. Daraus darf man sicher schließen, daß der „wahre Geburtstag Jesu" noch zur Zeit des Augustinus nicht unumstritten war. Wenn sich Augustinus in Contra Faustum gegen den Vorwurf zur Wehr setzen muß, die Christen feierten die heidnischen Sonnwend- und Neujahrfeste85, und Augustinus darauf antwortet, die Christen feierten den, der mehr ist als die Sonne, so drängt sich doch der Verdacht auf, daß weder apologetische noch rechnerische Gründe dazu geführt haben, daß Weihnachten eingeführt wurde, sondern daß die religionsgeschichtliche 82

Vgl. F. J. DÖLGER, Sol Salutis, S. 5, der unter Verweis auf das von Augustinus verfaßte Werk Contra Faustum XX,6 bemerkt: „Die Zeremonie, die das Gebet zur aufgehenden Sonne begleitete, war eine Senkung des Hauptes und eine Verbeugung des Körpers; es war also kein Knien und Niederwerfen auf den Boden, sondern ein Stehen. Diese Form der Sonnenverehrung begegnete nach dem Zeugnis des heiligen Augustinus bei den Manichäern, die gegen die Sonne Rücken und Nacken beugten." In seiner Auslegung von Psalm 25, ennaratio 2,3 (PL 36,189), setzt Augustinus Christus, die „Sonne der Gerechtigkeit und Wahrheit", in Gegensatz zu der von Heiden und Manichäern angebeteten Sonne. Vgl. dazu F. DÖLGER, Das Sonnengleichnis in einer Weihnachtspredigt des Bischofs Zeno von Verona, S. 11; G. HALSBERGHE, The Cult of Sol Invictus, Leiden 1972 (=EPRO 23), S. 170, bemerkt zu dieser Stelle, daß sie sich vor allem gegen die Anhänger des Sol Invictus Kultes richte. In seiner Epistula 47,4 (A. GOLDBACHER, S. Aureli Augustini Hipponiensis Episcopi Epistulae. Pars II., S. 134, Z.12-14: ...non ideo utique solis huius luce non utimur, quia ei sacrilegi, ubi possunt, sacrificare non cessant. „Nur deswegen weil sie, wo sie nur können, nicht aufhören, ihr Opfer darzubringen, können wir doch nicht darauf verzichten, das Licht der Sonne zu gebrauchen.") setzt Augustinus voraus, daß der Sonne noch immer Opfer dargebracht werden und in Sermo 12 wendet er sich ebenfalls gegen die Anhänger des Sonnenkultes. 83 Vgl. Augustinus, De Trin. IV,5,9, vgl. W. J. MOUNTAIN/F. GLORIE, Sancti Aurelii Augustini De Trinitate Libri XV (Libri I-XII), Turnhout 1986 (=CChr.SL 75), S. 172f. 84 Ausgehend von Joh. 2,20 (xEcroepaKovia Kai ec, ectxiv oiKo8o|xr|0r| 6 vaöi; oiixoq) berechnet Augustinus, daß 46 mal 6 = 276 Tage ergebe. Der Aufbau des Tempels könne sich ja nur auf Jesus beziehen, in dem Gott wohnt, und nachdem es Tradition sei, daß er am 25. März empfangen sei, müsse er auch am 25. Dezember geboren sein. Gleichzeitig beruft er sich aber auch wieder darauf, daß der 25. Dezember durch die Tradition überliefert sei. Augustinus scheint sich also selbst nicht unbedingt sicher gewesen zu sein, daß hinter dieser Berechnung sehr viel Überzeugungskraft steckt. Vgl. zu dieser Stelle A. HILGENFELD, Die Zeiten der Geburt, des Lebens und des Leidens Jesu nach Hippolytus, S. 267 Anm. 1, R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and New Testament Interpretation, S. 129f, und R. H. BAINTON, The Origins of Epiphany, S.27. 85 V g l . Contra Faustum XX,4; auf diese Stelle verweist einzig A. MEYER, Weihnachtsfest, S. 36f.

144

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Hypothese für die Entstehung des Weihnachtsfestes zutrifft 8 6 . Prümm beschreibt die Konkurrenz des christlichen mit dem heidnischen Fest auf eindrucksvolle Weise: „Selten kann man bei einem Zusammentreffen von christlicher und heidnischer Einrichtung die bewußte Gegensätzlichkeit so deutlich greifen wie in dem hier vorliegenden Fall des gemeinsamen Festtermins von Geburtsfest Christi und natalis Solis invicti... Augustin sitzt in Hippo auf seiner bischöflichen Kathedra bei der Weihnachtshomilie. Draußen unruhiges Johlen und Rufen. Die Heiden feiern Wintersonnenwende. Der Bischof greift das auf und erinnert seine Gläubigen: Wir aber feiern die Geburt der Sonne der Gerechtigkeit."87 3.3. Epiphanie bei Augustinus Auf die vierte Epiphaniepredigt des Augustinus war bereits hingewiesen worden. Das Epiphaniefest ist in Nordafrika sicher jünger als das Weihnachtsfest, und in sechs Epiphaniepredigten erwähnt Augustinus die Ankunft der Magier als einzigen Festinhalt. Für Augustinus ist auch das Epiphaniefest ein Tag, der auf einem an diesem Tag stattgefundenen Ereignis beruht 88 . Vielleicht hat Augustinus sogar noch gespürt, daß das Weihnachtsfest, das bis in die Zeit des Optatus von Mileve in Nordafrika die Magier als Festinhalt einschloß, durch Epiphanie letztlich verdoppelt wurde 89 . Schließlich sieht er 86 Alleine schon der Name des Festes gibt Anlaß zur Überlegung, ob der Natalis Christi vom Natalis Solis Invicti abhängt. Vgl. CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 267, die zu dieser Frage bemerkt: „Le nom seul de la fête: natalis — jour de naissance suffit à montrer l'influence profane. Depuis longtemps déjà, natalis avait, chez les chrétiens, moyennant le sens neutre d'«anniversaire», pris celui de «jour de la mort», et seul un contact renouvelé avec l'usage courant du langage profane pouvait faire surgir un natalis — jour de naissance à côté du natalis chrétien — jour de la mort." CH. MOHRMANN verweist hierfür auf eine Predigt am Fest des Märtyrers Stephanus, in der Augustinus diesen doppelten Sinn des christlichen Wortes natalis aufzeigt (Sermo 314,1). 87 Vgl. K. PRÜMM, Zur Entstehung der Geburtsfeier des Herrn in Ost und West, in: StZ 69/135, 1939, S. 207-225, dort S. 219f. 88 Vgl. Sermo 199-204; vgl. hierzu auch K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 124; unter Verweis auf die Sermones 199-203 bemerkt J. LECLERCQ, Aux origines du cycle de Noël, S. 17f, bezüglich des Epiphaniefestes: „Elle se célèbre «peu de jours» et même «très peu de jours», exactement treize jours, après Noël, c'est-à-dire en notre 6 janvier: ce jour là, en effet, est l'anniversaire du jour historique où le Christ se manifesta aux Mages. Saint Augustin croît que cette date est un anniversaire réellement historique, au même titre que celle de Noël: c'est la fête d'un fait précis, d'un événement, et secondairement seulement du mystère qui s'y accomplit." 89 Das vermutet auch CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 266, die unter Verweis auf Sermo 204 ausführt: „Si, maintenant, après ce témoignage d'une très ancienne célébration africaine de Noël, nous relisons attentivement le Sermo 204 de S. Augustin, un sermon d'Epiphanie, nous voyons quel rapport étroit il y avait encore, même pour l'évêque d'Hippone, entre la célébration de Noël et l'Epiphanie: parlant des deux fêtes en même temps, Augustin dit que la Noël aussi bien que l'Epiphanie se rapportent à la manifestation du Christ... Je ne veux pas

3. Die Entwicklung

in Nordafrika

145

sich in verschiedenen Predigten genötigt, den Unterschied zwischen Weihnachten und Epiphanie zu erklären90. Lemarie erwähnt, daß in Nordafrika in späterer Zeit die Hochzeit zu Kana und die Taufe Jesu zum Epiphaniefest hinzukamen, ohne daß sie je wirklich in den Vordergrund des Festes traten91. Auch wenn es sicher ein weiter Sprung von der Kathedrale in Hippo nach Jerusalem ist und wenn es auch noch weitere Orte gibt, an denen die Liturgie in lateinischer Sprache gefeiert wird, so soll jetzt doch zuerst die Liturgie in Jerusalem dargestellt werden, da sich bei ihr am deutlichsten zeigen läßt, daß der ursprüngliche Inhalt des Epiphaniefestes mit dem Inhalt des Weihnachtsfestes konkurrierte. Diese Untersuchung wird dann auch eine Erklärung dafür liefern, warum sich Augustinus so bemühen muß, den Unterschied zwischen Weihnachten und Epiphanie zu erklären, wurde doch zu seiner Zeit in Jerusalem an Epiphanie die Geburt Jesu gefeiert, während am 25. Dezember das Fest des David und des Apostels Jakobus begangen wurde92.

trop appuyer sur ce texte, toutefois S. Augustin me semble faire ici une allusion à un dédoublement d'une seule fête: geminata solemnitate." Darauf weist in einem anderen Zusammenhang auch J. DANIÉLOU, Les Origines de l'Epiphanie et les Testimonia, in: LO 40, S. 65-84, dort S. 70, hin: „Par ailleurs, M , l e de La Bonnardière m ' a indiqué que dans les sermons de saint Augustin sur l'Epiphanie, qui est en Afrique au IV e siècle fête de l'adoration des mages, par dédoublement avec la fête du 25 décembre qui est fête de l'adoration des bergers, l'une et l'autre célébrant la Nativité, le Ps. 117 revient souvent." G. HUDON, Le mystère de Noël dans le temps de l'Eglise d'après saint Augustin, S. 80, bemerkt ebenfalls unter Berufung auf Sermo 204: „Les deux fêtes célèbrent donc objectivement l'apparition, la manifestation du Verbe dans notre chair, mais en deux moments que distingue l'attitude psychologique de l'homme devant son Dieu. D'autres éléments contribuent sans doute aussi à diversifier les deux fêtes, par exemple, la révélation à Israël dans l'une, à la Gentilité dans l'autre, mais ce ne sont pas, à notre avis, les plus profonds dans la perspective du prédicateur." Vgl. hierzu auch F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 47f. 90 Vgl. dazu J. LECLERCQ, AUX origines du cycle de Noël, S. 18: „De fait, répond Saint Augustin, ces deux fêtes jumelées célèbrent deux manifestations complémentaires ou, si l'on veut, deux phases successives d'une même manifestation: le Christ venait pour tous les hommes, mais d'abord pour le peuple élu, c'est-à-dire pour les juifs, et ensuite pour les gentils; ce dessein fut réalisé par l'ordre que suivit sa manifestation dans le temps: parce que les juifs étaient tout proches et que les gentils, étant loin de Palestine, durent y venir au prix d'un voyage de plusieurs jours, le Christ fut d'abord vu par les pasteurs et ensuite par les Mages. Les uns et les autres virent la même lumière et devinrent membres d'une seule Eglise. Et de même que les élus de ces deux races constituent un seul peuple chrétien et adorent le même Christ ainsi les deux fêtes de Noël et de l'Epiphanie «se rapportent à la manifestation du Christ»." 91

Vgl. F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 48: „Le Baptême et les noces de Cana furent incorporés plus tardivement à la liturgie africaine de l'Epiphanie. Mais ici, comme à Rome, ces deux mystères demeurèrent objets secondaires." 92 Vgl. hierzu u.a. K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 113.

4. Weihnachten

und Epiphanie

in

Jerusalem

Für die Erforschung der Entwicklung und Verbreitung der beiden Feste Weihnachten und Epiphanie bietet Jerusalem im weiteren Sinn, das heißt das Gebiet von Palästina, ein weites Feld. Ein sehr altes Zeugnis, der Pilgerbericht der Egeria, weist gerade an der Vigil des Epiphaniefestes eine Lacuna auf, die man auf verschiedene Weise zu schließen versucht hat1. Die geschichtliche Entwicklung der beiden Feste in diesem Gebiet ist verschlungen, Weihnachten wurde wohl erst um 450 in Jerusalem eingeführt2, um kurze Zeit später wieder abgeschafft zu werden3. Einige Zeit später wurde das Weihnachtsfest dann wieder — und diesmal endgültig — eingeführt. Es ist allerdings sogar vermutet worden, daß dort ursprünglich die Geburt Jesu in Mai begangen wurde4. So sollen jetzt die verschiedenen Zeugnisse, welche die Entwicklung der beiden Feste in Jerusalem und Palästina dokumentieren, ihrem Alter nach dargestellt und untersucht werden, um die Entwicklung klar darstellen zu können. 4.1. Der Pilgerbericht der Egeria Das älteste Zeugnis einer Feier des Epiphaniefestes findet sich im Pilgerbericht der Egeria 5 , die sich in den Jahren 381 bis 384 für drei Jahre in Palästina,

'Vgl. dazu auch nur die Kontroverse zwischen K. HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 126, der die Lacuna durch eine Predigt, die Chrysostomus zugeschrieben wurde, ergänzt, und Entgegnung von B. BOTTE, Origines, S. 14. K. HOLL vermutet eine Synaxis am Jordan, während der getauft wurde. Zu einer Synaxis am Jordan bemerkt O. HEIMING, Die Entwicklung der Feier des 6. Januar zu Jerusalem im 5. und 6. Jh., in: JLW 9, 1929, S. 144-148, dort S. 144 (er wendet sich allerdings gegen GOUSSEN): „Mir scheint es unmöglich, an dieser Dreiheit eucharistischer Feiern für die alte Epiphaniefeier zu Jerusalem festzuhalten. Der Bericht der Pilgerin Ätheria schließt die Synaxis am Jordan schlechthin aus. Des Nachts ist eine solche in Bethlehem. Im Morgengrauen kommt man nach Jerusalem zurück." Siehe hierzu auch A. RENOUX, L'Epiphanie a Jérusalem au IV e et au V e siècles, S. 178, der ebenfalls die Hypothese von HOLL ablehnt. 2

Vgl. dazu u.a. A. MEYER, Weihnachtsfest, S. 48. wird unter dem Vgl. hierzu F. M A N N , Art. Epiphanias, S. 764: „In Jerusalem Patriarchen Juvenal (424-458) Weihnachten eingeführt und nach seinem Tode wieder abgeschafft und man feiert bis zur Regierung Justins II. (565-578) den 6. Januar als Geburtsfest. Unter seiner Regierung setzt sich Weihnachten endgültig durch, und so wird auch hier der 6. Januar zum Tauffest." 4 Vgl. TH. KLUGE, Der Geburtstag Christi, in: R Q 37, 1927, S. 436f, dort S. 437: „Unter Berücksichtigung aller Fehlerquellen kann man also sagen, daß die älteste nachweisbare Feier der Geburt Christi am 16. und 17. Mai stattfand. Der Tag der Geburt ist dagegen zweifelhafter, sie fand frühestens am 2. April statt, der späteste Termin ist der 29. Mai." SA. MEYER, Weihnachtsfest, S. 27, bemerkt zur Person der Egeria und ihrer Erzählung: „Der Reisebericht einer spanischen Nonne, die ums Jahr 380 sich 3 Jahre in Palästina 3

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

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Mesopotamien, Ägypten und Kleinasien aufgehalten hat6. Sie gibt sowohl eine genaue Ortsbeschreibung wie auch einen detaillierten Bericht über den Ablauf des liturgischen Jahres. Allerdings fehlt an der Stelle, wo die Pilgerin den Bericht über das liturgische Jahr beginnt, ein Blatt. Die Beschreibung der Vigilfeier des Jerusalemer Epiphaniefestes, die in Bethlehem begangen wurde, ist dadurch leider nicht erhalten, so daß ihr Bericht erst mit dem Fußmarsch nach Jerusalem einsetzt 7 . Bevor die verschiedenen Versuche, die unternommen wurden, um diese Lücke zu füllen, diskutiert werden können, soll zuerst anhand des Berichtes der Pilgerin der restliche Ablauf des Epiphaniefestes dargestellt werden. Mit einem Zitat aus dem Matthäusevangelium setzt der Bericht der Pilgerin wieder ein, und zwar mit dem Ruf des Volkes beim Einzug Jesu nach Jerusalem: „Gesegnet sei, der kommt im Namen des Herrn."8 Wegen der Mönche, die zu Fuß gehen und die Geschwindigkeit der Prozession nach Jerusalem bestimmen, kommt man nur sehr langsam voran und erreicht beim ersten Morgengrauen Jerusalem 9 . Sofort begibt man sich in die Auferstehungskirche, die hell erleuchtet ist. Dort wird ein Psalm und ein Gebet

aufhielt, gibt eine lebhafte Beschreibung der Umständlichkeit und Pracht jener Feier, die zur Nacht in Bethlehem in der Geburtshöhle anhob und dann bei Tage in Jerusalem fortgesetzt wurde." 6 Die Pilgerin wird auch Eucheria und Aetheria genannt. K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 112f, bezeichnet sie als Silvia. Auch wenn das Datum der Reise lange Zeit umstritten war, so haben die Untersuchungen von P. DEVOS hier Klarheit geschaffen. Vgl. hierzu, B. ALTANER/A. STUIBER, Patrologie, S. 245, H. R. DROBNER, Patrologie, S. 321f, sowie A. DI BERNARDINO, (Hg.), Patrology. Bd. 4: The golden age of Latin Patristic Literature from the Council of Nicaea to the Council of Chalcedon, Westminster 4 1 9 9 2 , S. 558-560. Die von F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 24, aufgestellte Behauptung, daß der Pilgerbericht der Egeria die Jerusalemer Liturgie am Ende des dritten (!) Jahrhunderts wiedergebe, ist abwegig. W. HARTKE, Über Jahrespunkte und Feste insbesondere das Weihnachtsfest, S. 59, verlegt die Reise der Egeria in das sechste Jahrhundert, was ebenfalls unzutreffend ist. 7 Vgl. hierzu: H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage. Texte Latin, Introduction et Tradiction, Paris 1971 (=SC 21), S. 203 Anm. 1: „La lacune que présente ici le manuscrit nous prive du récit de ce qui concerne le début de l'année liturgique et les premières cérémonies de la fête de l'Epiphanie." 8 Vgl. Mt 21,9; der Herausgeber des Pilgerberichtes bemerkt zu dieser Stelle: „II s'agit du refrain chanté pendant la procession qui ramenait de nuit l'évêque, le clergé et les fidèles, de Bethléem où l'on avait célébré des vigiles solennelles, suivies sans doute du sacrifice eucharistique, à Jérusalem où avait lieu, à l'église majeure, une seconde messe, celle de l'aurore." Vgl. H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage, S.203, dort Anm. 2. 9 Itinerarium Egeriae XXV,6; vgl. H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage, S. 202, sowie A. FRANCESCHINI/R. WEBER, Itinerarium Egeriae, in: Itineraria et alia Geographica, Turnhout 1958 (=CChr.SL CLXXV), S. 27-103, dort S. 71: Et quoniam pro monazontes, qui pedibus uadent, necesse est lenius iri: ac sic peruenitur in Ierusolima ea hora, qua incipit homo hominem posse cognoscere, id est prope luce, ante tarnen quam lux fiat.

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

gesprochen, und der Bischof segnet zuerst die Katechumenen und dann die Getauften. Hierauf ziehen sich alle bis auf die Mönche zurück, um sich auszuruhen. Die Mönche singen bis zum Tagesanbruch Hymnen10. Zur zweiten Stunde (d.h. um 8 Uhr) versammelt man sich in der großen Kirche auf dem Hügel Golgotha 11 . Die Kirche ist festlich geschmückt. Nach der Messe zieht man unter Gesang zur Auferstehungskirche. Egeria schildert die Feier der Oktav von Epiphanie, ohne dabei etwas Wichtiges über den liturgischen Inhalt dieser Tage zu sagen. Wobei darauf hinzuweisen ist, daß es erstaunlich ist, daß in Jerusalem schon am Ende des vierten Jahrhunderts das Epiphaniefest eine Oktav erhalten hat. Sie erwähnt ferner, daß der vierzigste Tag nach Epiphanie mit großer Feierlichkeit die Darstellung des Herrn im Tempel beging 12 . An diesem Tag wurde die entsprechende Stelle aus dem Lukasevangelium (Lk 2,21-39) verlesen13. Allein schon die Tatsache, daß die Darstellung des Herrn am vierzigsten Tag nach Epiphanie begangen wird, weist darauf hin, daß das Epiphaniefest in Jerusalem zur Zeit der Pilgerin Egeria als einen, wenn nicht sogar als den zentralen Inhalt die Geburt des Herrn feierte14. So sollen jetzt als

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Itinerarium Egeriae XXV,7; vgl. H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage, S. 202, sowie A. FRANCESCHINI/R. WEBER, Itinerarium Egeriae, S. 71: Ubi cum peruentum fuerit, statim sie in Anastase ingreditur episcopus et omnes cum eo, ubi luminaria iam supra modo lucent. Dicitur ergo ibi unus psalmus, fit oratio, benedicuntur ab episcopo primum cathecumini, item fideles. Recipit se episcopus et uadent se unusquisque ad hospitium suum, ut se resumant. Monazontes autem usque ad lucem ibi sunt et ymnos dicunt. 11 Itinerarium Egeriae XXV,8; vgl. H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage, S. 202, sowie A. FRANCESCHINI/R. WEBER, Itinerarium Egeriae, S. 71: At ubi autem resumpserit se populus hora incipiente secunda, colligent se omnes in ecclesia maiore, quae est in Golgotha. 12 H. USENER, Weihnachtsfest, S. 212f, bemerkt dazu: „Wir sind überrascht von der pilgerin zu vernehmen, dass schon vor dem ende des IV jahrh. zu Jerusalem die quadragesima der epiphanie mit grosser festlichkeit begangen wurde, dh. die nach dem mosaischen gesetze am vierzigsten tag nach der geburt erfolgte reinigung der Maria mit allem was das evangelium des Lucas von diesem tage erzählt... Nach kirchlicher Zählung ist der vierzigste tag der epiphanie der 14 februar." 13 Itinerarium Egeriae XXVI; vgl. H. PÉTRÉ, Éthérie. Journal de Voyage, S. 206, sowie A. FRANCESCHINI/R. WEBER, Itinerarium Egeriae, S. 72: Sane quadragesimae de epiphania ualde cum summo honore hic celebrantur. Nam eadem die processio est in Anastase et omnes procedunt et ordine suo aguntur omnia cum summa laetitia ac si per pascha. Praedicant etiam omnes presbyteri et sie episcopus Semper de eo loco tractantes euangelii ubi quadragesima die tulerunt Dominum in tempio loseph et Maria et uiderunt eum Symeon uel Anna prophetissa filia Fanuhel et de uerbis eorum, quae dixerunt uiso Domino, uel de oblatione ipsa, quam obtulerunt parentes. Et postmodum celebratis omnibus per ordinem, quae cosuetudinis sunt, aguntur sacramenta et sie fit missa. 14 Vgl. dazu auch: K. PRÜMM, Zur Entstehung der Geburtsfeier des Herrn in Ost und West, S. 209f: „Für die Kirche Palästinas tun die Zeugnisse einwandfrei dar, daß der Epiphanietag als Geburtsfest des Herrn angesehen wurde. Hier herrscht über eine Beziehung des Festes zur Taufe des Herrn vollkommenes Schweigen bis etwa zum Ende des 6. Jahrhunderts."

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

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nächstes die armenischen Lektionare zu Wort kommen, die helfen können, diese Vermutungen weiter zu präzisieren. 4.2. Die Liturgie des Epiphanie/estes Lektionar

in Jerusalem nach dem

armenischen

Die Bezeichnung „das armenische Lektionar von Jerusalem" ist so nicht ganz richtig, wie der Herausgeber der Handschriften feststellt. Renoux hat mit Hilfe dreier Handschriften, des Kodex Jerusalem 121, der im Jakobus-Kloster von Jerusalem aufbewahrt wird, der Handschrift Paris 44 der Bibliothèque Nationale in Paris (n° 20 der alten Zählung der armenischen Handschriften) und der Handschrift Erévan 985, versucht, die ursprüngliche Gestalt der Liturgie von Jerusalem, wie sie im ausgehenden vierten und beginnenden fünften Jahrhundert bestand, wiederzugewinnen 15 . Allerdings stammen die drei Handschriften aus einer späteren Zeit — der Kodex ist eine Abschrift eines in sehr alte Zeit reichenden Textes; seine erste Hälfte wurde im Jahr 1192 abgeschrieben; 1318 wurde die zweite Hälfte kopiert; die Handschrift aus Paris ist in der Zeit zwischen dem achten und dem neunten Jahrhundert, sicher jedoch vor dem zehnten Jahrhundert abgeschrieben worden, während die Handschrift Erévan 985 ebenfalls in die Zeit um das zehnte Jahrhundert datiert werden muß. Es gibt jedoch innere Gründe für die Annahme, daß die Texte einen bei weitem früheren Zustand der Jerusalemer Liturgie wiederspiegeln; die Zeit, in der diese Texte entstanden sind, läßt sich ziemlich genau auf die erste Hälfte des fünften Jahrhunderts eingrenzen 16 . Ferner kann es aufgrund der Formulierungen als sicher gelten, daß die ursprüngliche Sprache, in der diese liturgischen Bücher verfaßt waren, Griechisch war. Auch die liturgische Sprache Jerusalems im ausgehenden vierten und beginnenden fünften Jahrhundert war Griechisch17. In seiner Textedition bemerkt Renoux sehr kurz, " A . RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. Edition comparée du texte et de deux autres manuscrits. Introduction, textes, traduction et notes, Turnhout 1971 (PO XXXVI/2), übernommen. Für das Folgende vgl. RENOUX, S. 151-161 (=[13]-[23]). 16 A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 154f [16f] schreibt: „Seuls ces trois lectionnaires conservent, presque intégralement et sans transformations notables, l'ordo hagiopolite, et se font l'echo de l'évolution qu'il subit dans les années 417-439." Für die genauen Günde dieser Datierung vgl. RENOUX, S. 166-181 [28]-[43], wo RENOUX die einzelnen in diesen Handschriften noch nicht erwähnten Feste diskutiert, die in diesem Zeitrahmen eingeführt wurden. Unter Verweis auf A. BAUMSTARK nimmt H. LIETZMANN, Petrus und Paulus, S. 128, an, daß der Jerusalemer Ritus der Zeit um 460 in den Lektionaren wiedergegeben wird. BOTTE, Origins, S. 15, hingegen geht davon aus, daß die Lektionare bis ins vierte Jahrhundert zurückgehen. Vgl. zur Datierung auch F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 42, dort Anm. 3. 17a. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 162 [24] schreibt bezüglich der drei von ihm edierten Lektionare: „La langue liturgique officielle de la ville sainte était, au I V e - V e s., le grec; les Catéchèses de Cyrille de Jérusalem, les indications de Yltinerarium

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

daß die Geburt Jesu der einzige Festinhalt des Epiphaniefestes nach den altarmenischen Lektionaren sei 18 . Das soll jetzt anhand der Texte, die für die einzelnen Tage des Epiphaniefestes und seiner Oktav vorgesehen sind, dargelegt werden. Die Liturgie des 5. Januar beginnt am Nachmittag auf dem Feld der Hirten, wo der Verehrung des geborenen Heilandes durch die Hirten gedacht wird19.

Egeriae, les homélies et panégyriques d'Hésychius de Jérusalem, le prouvent clairement. C'est du grec qu'ont été traduits les trois documents conservés en arménien." 18 Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. S. 215 [77], Anm. 2: „La naissance du Christ fait encore l'objet uniqe de la fête du 6 janvier, à Jérusalem, comme le montrent les psaumes et les lectures de ce canon." 19 Im Folgenden sollen nun die Lesungen und einzelnen rubrikarischen Anweisungen, die sich in den Lektionaren für das Epiphaniefest finden, dargestellt werden, um die im Haupttext gegebene Zusammenfassung des Festinhaltes zu belegen: Am Vortag (also am 5. Januar) zur zehnten Stunde versammelt man sich auf dem Feld in Bethlehem, wo den Hirten der Engel erschienen ist. (A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 202f [64f|: „Ce terme, traduit ici par lieu des Pasteurs, paraît rendre les mots grecs IIoi|xviov, n o i n a v e î o v ou n o i ^ é v i o v , avec lesquels les témoins littéraires désignent le lieu où les bergers entendirent le message des anges leur annonçant la naissance du Christ." Für die Übersetzungen der Bibel vgl. im Folgenden: Die Bibel nach der Übersetzung Martin Luthers. Bibeltext in der revidierten Fassung von 1984, Stuttgart 1985.) Ps 22 (M 23) mit der Antiphon: V. 1 : „Der Herr ist mein Hirte " (Die Zählung der Psalmen im armenischen Lektionar entspricht der Zählung der Septuaginta. Die mit „M" in Klammern angegebenen Zahlen entsprechen der Zählung des Masoretentextes. R. ZERFASS, Die Schriftlesung im Kathedraloffizium Jerusalems, Münster 1968 (=LQF 48), S. 100, macht allerdings nur folgende Angabe: Ps 22,1.) Halleluja; Ps 79 (M 80): „Du Hirte Israels, höre, der du Josef hütest wie Schafe! " Evangelium: Lk 2,8-20: (Verehrung des Kindes durch die Hirten) (Es folgt eine Lücke im Text; dort hat gestanden, daß man vom Hirtenfeld zur Krypta der Geburtsbasilika in Bethlehem ging. Nach dem Gottesdienst dort begab man sich in die Basilika selbst; hier setzt der Text der Lektionare mit der zweiten Lesung der Vigil wieder ein. Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 211 [73] Anm. 10: „Des lectionnaires plus tardifs permettent de suivre le déroulement des rites après cette station au Poimnion: l'assemble vient à la crypte de la basilique de la Nativité à Bethléem, puis remonte dans la basilique elle-même pour les vigiles dont le ms. J donne les lectures.") Für den dazwischenliegenden Teil rekonstruiert A. RENOUX folgende Liturgie (Vgl. A. RENOUX, L'Epiphanie a Jérusalem au IV e et au V e siècles, in: A. M. DUBARLE/ B. BOTTE/K. HRUBY, u.a. (Hg.), Noël - Epiphanie - Retour du Christ. Semaine liturgique de l'Institute Saint-Serge, Paris 1967 (=Lex Orandi 40), S. 171-193; vgl. hier S. 174f.): Ps 2 mit Antiphon: V.7: „Kundtun will ich den Ratschluß des Herrn. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.« " (R. ZERFASS: Ps 2,7; R. ZERFASS geht allerdings in seiner Rekonstruktion der Jerusalemer Liturgie nach dem armenischen Lektionar nicht darauf ein, daß dieser Teil der Liturgie durch Lakunen im Text nicht überliefert ist.) Halleluja; Ps 109 (M 110): „Der Herr sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« " R. ZERFASS: Allel. Ps 109,3

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

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Die Geburtsthematik steht eindeutig im Mittelpunkt des Festes. Auch in der Vigil dreht sich alles um die Geburt Jesu, das Schema der erfüllten Verheißung des kommenden Gottessohnes steht im Vordergrund der Liturgie, und so wird die Immanuel-Weissagung ebenso zitiert, wie die Lesung aus dem Buch Micha, in der Bethlehem eine große Rolle zugesprochen wird. Auch Psalm 2 fügt sich gut in die Geburtsthematik ein. Die Erzählung vom Durchzug durch das Rote Meer könnte von der Vigil des Osterfestes in die Vigil des Epiphaniefestes gelangt sein20. Die Magierperikope aus dem Matthäusevangelium wird in der Vigil verlesen 21 , während am 6. Januar in Jerusalem die Geburtsgeschichte Evangelium: Mt 1,18-25: Geburtsgeschichte nach Matthäus (mit Zweifel des Josef). Aufstieg in die Basilika. Inwieweit dort vor der Vigil noch ein Abendoffizium gehalten wurde, ist nicht ganz sicher. R. ZERFASS behauptet das allerdings unter Berufung auf A. RENOUX; A. RENOUX, L'Épiphanie a Jérusalem au IV e et au V e siècles, S. 175, Anm. 15 bemerkt: „»Après la lecture de l'évangile on monte de là à l'église où on accomplit l'office du soir. On y joint la vigile, et à la on lit 12 lectures« (Ms. Jérusalem 454); »Après la lecture de l'évangile, on commonce la vigile, et on lit 12 lectures« (Ms. Jérusalem 5). Le commentaire de Grégoire Arsaruni ne fait pas allusion à un office du soir, ni aux lectures qu'il pourrait posséder; il ne porte que sur les 11 lectures de la vigile des deux manuscrits anciens du lectionnaire arménien (BN 44 et Jérus. 121)." 20 F ü r die Lesungen der Vigil des Osterfestes vgl. A. RENOUX, Un Manuscrit du Lectionnaire Arménien de Jérusalem (cod. Jérus. arm. 121), in: Muséon 74, 1961, S. 361— 385, dort S. 376f. A. RENOUX, L'Épiphanie a Jérusalem au IV e et au V e siècles, S. 182, weist darauf hin, daß möglicherweise drei Lesungen aus der Vigil des Osterfestes in die Vigil des Epiphaniefestes gewandert seien. 21 Für die Vigilfeier führen die Lektionare folgende Lesungen an (R. ZERFASS gibt an einigen Stellen eine etwas andere Verszählung an. Im Folgenden wird kurz der Inhalt der Lesung paraphrasiert oder ein entscheidender Vers zitiert, um die angegebenen Stellen besser einordnen zu können.): (1. Lesung: Gen. 1,28-3,20: Vom Schöpfungssegen bis zum Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies.) 2. Lesung: Jes.7,10-17: (Immanuel-Weissagung an König Ahas.) (Von ihr wird der Vers 14 in Mt 1,23 zitiert; diese Stelle wird im Zusammenhang des Epiphaniefestes zweimal verlesen.) 3. Lesung: Ex 14,24—15,21: (Durchzug durchs Schilfmeer; Lobgesang des Mose) 4. Lesung: Mi 5,1-6: „ Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda. " 5. Lesung: Spr 1,2-19: „Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis. Die Toren verachten Weisheit und Zucht. " 6. Lesung: Jes 9,4b-6: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. " 7. Lesung: Jes 11,1-9: „ Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen." (Der Messias und sein Friedensreich) 8. Lesung: Jes 35,3-8: „Dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden. " (messianische Heilsverheißung) 9. Lesung: Jes 40, 10-17: „Siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. "

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

nach diesem Evangelium verlesen wird22. In der Oktav lassen sich annähernd alle Tage in die Geburtsthematik des Epiphaniefestes einfügen 23 , einzig der 6. 10. Lesung: Jes 4 2 , l - 8 a : „Sieh, das ist mein Knecht — ich halte ihn." (erstes Lied vom Gottesknecht). 11. Lesung: Dan 3,1-90 (Drei Männer im Feuerofen); (Auch wenn die Lesung aus dem Buch Daniel durch Einschübe unterbrochen wird, wird sie vom Lektionar als eine einzige Lesung angesehen. Anders R. ZERFASS, S. 101.). Ps 2 mit Antiphon V. 7: „Kundtun will ich den Ratschluß des Herrn. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.« " Epistel: Tit 2,11-15: (Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen) (Es wurde oft vermutet, daß der Wortlaut des ersten Verses dieser Stelle damit zusammenhängt, daß sie gerade an diesem Fest Verwendung fand: 11. ÈTteqxxvr) fi x â p i ç xoî> 9eoï> oanripioç jtâovv àvGp&moiç...). Halleluja; Ps 109 (M 110): „Der Herr sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« " Evangelium: Mt 2,1-12: (Magier-Perikope) 22 A m 6. Januar in Jerusalem (Martyrium): Ps 2 mit Antiphon V. 7: „Kundtun will ich den Ratschluß des Herrn. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.« " Epistel: Tit 2,11-15: (Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen) Halleluja; Ps 109 (M 110): „Der Herr sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« " Evangelium: Mt 1,18-25 Geburtsgeschichte nach Matthäus (mit dem Zweifel des Joseph) (Wie R. ZERFASS zu der Behauptung kommt, daß nur Mt 1,18 verlesen würde, ist unklar.) Nur nach den späteren liturgischen Büchern ist anschließend die Segnung des Taufwassers vorgesehen. (Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. S. 217 [79], Anm. 5: „Les lectionnaires plus tardifs — Jérus. 12, 22, 95, 122 — témoins du rite arménien en voi de formation, ajoutent ici le canon de la bénédiction des eaux.") B. BOTTE, Origines, S. 15f, rekonstruiert die Texte, die an Epiphanie gelesen wurden, etwas anders: „Nous pouvons donc reconstituer avec probabilité, sinon avec certitude, le contenu du feuillet manquant de la Peregrinatio: la veille, à la sixième heure, on se rendait au 7toi|iviov ou église des Pasteurs, où l'on chantait le Gloria, divers morceaux des Psaumes et d'Isaïe, l'évangile de Le 2,8-20. Puis on revenait à Bethléem et l'on se rendait à la Grotte de la Nativité où l'on faisait l'office du soir, avec l'évangile de Mt. 1,18-25. A minuit commençaient les tropaires et les leçons que clôturait l'évangile de Le 2,1-17. Il y avait là de quoi passer la nuit sans ajouter une promenade au Jourdain. A la liturgie eucharistique du matin on lisait l'évangile de Mt. 2,1-23 (1-12 d'après le lectionnaire arménien)." Diese Rekonstruktion widerspricht dem Zeugnis der Ixktionare. 23

In der Oktav: 2. Tag (Stephanus-Martyrium): Ps 5 mit Antiphon: „Du deckest sie mit Gnade wie mit einem Schilde. " (V.13b) Lesung: Apg 6,8-8,2 (Martyrium des Stephanus) Epistel: Tit 2,11-15: (Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen) Halleluja; Ps 20 (M 21): „Herr, der König freut sich in deiner Kraft. " Evangelium: Joh 12,24—26: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt. 3. Tag (Martyrium):

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Tag, an dem der Erweckung des Lazarus gedacht wird, scheint den Rahmen zu sprengen. Renoux vermutet sicher zurecht, daß hier eine lokale Feier den

Ps 2 mit Antiphon V. 7: „Kundtun will ich den Ratschluß des Herrn. Er hat zu mir gesagt: »Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.« " Epistel: Hebr 1,1-12: Gott hat in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn. Halleluja; Ps 109 (M 110): „Der Herr sprach zu meinem Herrn: »Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache.« " Evangelium: Mt 2,13-23: Flucht nach Ägypten; Kindermord; Rückkehr 4. Tag (Zion) Ps 109 (M 110); Antiphon V 3b: „Im Glänze deiner Heiligen, vor dem Morgenstern habe ich dich gezeugt. " (Dies entspricht der französischen Übersetzung, die RENOUX bietet: „Dans la splendeur de tes saint, avant l'étoile du matin, je t'ai engendré", wie auch der Septuaginta: év xoàç Âa.|i7tpôxr|aiv xœv à y i w v ètc yaaxpôç npo éoíocpópou é^eyávvriaá ae. Die Lutherbibel (1985) übersetzt aufgrund des hebräischen Textes: „Deine Söhne werden dir geboren wie der Tau aus der Morgenröte.") Epistel: Gal 4,1-7: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn. " Halleluja; Ps 131 (M 132): „Gedenke Herr an David und an all seine Mühsal." Evangelium: Lk 1,26-38 (Verkündigungsszene) 5. Tag (Ölberg) Ps 98 (M 99); Antiphon V 9: „Erhebet den Herrn, unsern Gott, und betet an auf seinem heiligen Berge; denn der Herr, unser Gott, ist heilig. " Epistel: Hebr 12,18-27: (Jesus, der Mittler der neuen Bundes) Halleluja; Ps 14 (M 15): „Herr, wer darf weilen in deinem Zelt?" Evangelium: Lk 1,39-56: Besuch Marias bei Elisabeth. 6. Tag (Lazarium) Ps 29 (M 30); Antiphon V. 4: „Herr, du hast mich von den Toten heraufgeholt; du hast mich am Leben erhalten, aber sie mußten in die Grube fahren. " Epistel: 1 Thess 4,13-18: „ Wenn wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die, die entschlafen sind, durch Jesus mit ihm einherfuhren. " Halleluja; Ps 39 (M 40): „Ich harrte des Herrn, und er neigte sich zu mir und hörte mein Schreien. " Evangelium: Joh 11,1-46: Erweckung des Lazarus. 7. Tag (Golgota) (Die Handschrift Erévan 985 fügt hier an, daß es sich um den siebten Tag des Geburtsfestes handele. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 221 [83], Anm. 1: „Même si le ms. E semble contenir, nous le verrons, quelques traces d ' u n e adaptation à une liturgie célébrée en Arménie, il confirme par cette précision, inconnue de tous les lectionnaires plus tardifs, ce que le contenu des canons de J laisse entendre: les célébrations de l'Epiphanie et des jour suivants ont pour objet la Nativité du Christ.") Ps 95 (M 96); Antiphon V. 2b: „ Verkündet von Tag zu Tag sein Heil. " Epistel: Rom 1,1-7: Paulus, der Prediger des Evangeliums Gottes, „von seinem Sohn Jesus Christus, unserm Herrn, der geboren ist aus dem Geschlecht Davids nach dem Fleisch. " (V. 3) Halleluja; Ps 71 (72): „Gott, gib dein Gericht dem König und deine Gerechtigkeit dem Königssohn. " Evangelium: Lk 2,1-7: Schätzung durch Quirinius; Geburt in Bethlehem.

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Ausschlag gegeben haben könnte24. Was auch immer die Gründe gewesen sein mögen, die zu dieser Festthematik am 6. Tag nach Epiphanie geführt haben, auch an diesem Tag findet sich weder die Hochzeit zu Kana noch die Taufe Jesu. Am achten Tag nach Epiphanie wird der Beschneidung Jesu gedacht, und am vierzigsten Tag nach Epiphanie feiert man die Darstellung des Herrn im Tempel 25 . Man sieht, wie sehr die Feier der Geburt Jesu das Epiphaniefest in Jerusalem und die Zeit nach dem Epiphaniefest geprägt hat. Auffällig ist, daß ein Teil der Handschriften am 25. Dezember, am Fest des David und des Jakobus, die Bemerkung einfügt 26 , daß in den anderen Städten an diesem Tag der Geburt Jesu gedacht werde 27 . Bemerkenswert ist weiter, daß sich weder

8. Tag (Anastasis) (Die Handschriften der Lektionare verzeichnen für diesen Tag, daß es sich um das Fest der Beschneidung Jesu handelt. Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. S. 223 [85]: „Le huitième jour, on s'assemble à la Sainte-Anastasis au jour de la circoncision de notre Seigneur Jésus Christ.") Ps 97 (M 98); Antiphon V. 2: „Der Herr läßt sein Heil kundwerden; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar. " Epistel: Kol 2,8-15: In Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig. Halleluja; Ps 84 (M 85): „Herr, du bist vormals gnädig gewesen deinem Lande, und hast erlöst die Gefangenen Jakobs. " Evangelium: Lk 2,21: Beschneidung und Namengebung 14. Februar (Das Fest wird, wie auch im Pilgerbericht der Egeria, als Quadragesimae bezeichnet. Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II. S. 229 [91] Anm. 1.) Ps 97 (M 98); Antiphon V 3b: „ Aller Welt Enden sehen das Heil unseres Herrn. " Epistel: Gal 3,24—29: „Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus." Halleluja; Ps 95 (M 96): „Singet dem Herrn ein neues Lied; singet dem Herrn, alle Welt." Evangelium: Lk 2,22-40: Jesu Darstellung im Tempel; Simeon und Hanna. 24 Vgl. A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. II, S. 221 [83], Anm. 1: „Le sanctuaire élevé au IV e siècle sur le tombeau de Lazare est mis au nombre des lieux de culte importants, utilisés durant la semaine de l'Épiphanie, dè la fin du IV e siècle... La raison du choix de cette église, comme lieu de station, pur les jours après l'Epiphanie, n'apparaît pas clairement. L'ordo hagiopolite a-t-il été composé dans les années où fut élevé le sanctuaire du tombeau de Lazare?" 25 H. USENER, Weihnachtsfest, S. 310, bemerkt zur Feier der Darstellung des Herrn am 14. Februar, der die Pilgerin Egeria in Jerusalem begegnete: „Ihr war die feier der tempelbegegnung völlig neu, gegen ende des vierten jahrhunderts war dieselbe also dem westen noch fremd." 26 Diese Bemerkung fehlt in der Handschrift aus Paris. Auf diese Einfügung verweist auch TH. J. TALLEY, Origins, S. 139: „However, a principal manuscript of that Jerusalem ordo (Jerusalem, arm. 121) adds to the title of that feast the rubrical note, «in other cities the birth of Christ is celebrated.» The editor shows conclusively that this note belonged to the Jerusalem ordo itself prior to the introduction of the festival by Juvenal." 27 V g l . dazu: A. RENOUX, Un Manuscrit du Lectionnaire Arménien de Jérusalem, S. 384f.

4. Weihnachten

und Epiphanie in

Jerusalem

155

eine Lesung von der Taufe Jesu noch die Lesung von der Hochzeit zu Kana in den Jerusalemer Lektionaren aus dieser Zeit findet28. Sowohl die Lektionare wie auch der Pilgerbericht der Egeria lassen den Schluß zu, daß an Epiphanie nur der Geburt Jesu gedacht wurde 29 . Bainton folgert daraus, daß die Taufe nicht erwähnt wurde, weil die Tauffeier adoptianistischen Charakter gehabt hätte30. Kellner vermutet, daß das Fest des David und des Jakobus, das am 25. Dezember gefeiert wurde, die Einführung des Weihnachtsfestes verhinderte31. Bevor dieser Frage nachgegangen werden kann, sollen zuerst noch weitere Zeugen den Jerusalemer Liturgie angeführt werden. 4.3. Hieronymus

als Kämpfer gegen die Jerusalemer

Tradition

Hieronymus, der von Paulinus von Antiochien zum Presbyter ordiniert worden war 32 , hielt sich ab etwa 386 in Bethlehem auf, wo er drei Frauenklöster und ein Männerkloster errichtete. Er starb am 30. September des Jahres 419 oder 420 33 . Auch wenn Hieronymus lange Zeit in Bethlehem lebte, so übernahm er

28 V g l . dazu den Index der Lesungen, den A. RENOUX, Un Manuscrit du Lectionnaire Arménien de Jérusalem (cod. Jérus. arm. 121). Addenda et Corrigenda, in: Muséon 75, 1962, S. 3 8 5 - 3 9 8 , erstellt hat. Die entsprechenden Evangelientexte finden sich S. 397f. Hierauf verweist auch F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 42f; er vermutet, daß diese K o n k u r r e n z der Inhalte zwischen d e m römischen W e i h n a c h t s f e s t und d e m Jerusalemer Epiphaniefest zu der zögerlichen Einführung des Weihnachtsfestes in Jerusalem beigetragen hat: „Le lectionnaire arménien par exemple, qui connaît l'octave festive avec stations aux différentes églises et sanctuaires de la ville sainte, indique deux leçons évangéliques pour le 6 janvier (cf. les deux synaxes d'Ethérie) Luc, 2,8-20 et Matthieu, 2,1-12. Nous ne trouvons par ailleurs aucune mention du Baptême ou des noces de Cana. Il y a tout lieu de croire que nous possédons là une base sûre qui nous permet d ' a f f i r m e r que l'Eglise de Jérusalem ne fêtait, le 6 janvier, que l'unique mystère de la Nativité, comprenant l'épisode des Mages. Peutêtre est-ce là une des raisons de la tardive introduction de la fête occidentale du 25 décembre en Palestine." A. RENOUX, L'Epiphanie a Jérusalem au IV e et au V e siècles, S. 190, bemerkt: „Les plus anciens textes liturgiques connus décrivant la fête du 6 janvier dans le Ville sainte, à la fin du IV e siècle et au début du V e , révèlent donc une organisation tout orientée vers la célébration de la naissance temporelle du Sauveur; c'est l'événement liturgique que les lectures évangéliques mettent au cœur de la solennité le 5 et le 6 janvier à Bethléem et à Jérusalem." 29

V g l . dazu auch F. MANN, Art. Epiphanias, S. 763, J. DANIÉLOU, Les Origines de l ' E p i p h a n i e et les T e s t i m o n i a , S. 81, W . H A R T K E , Ü b e r J a h r e s p u n k t e und F e s t e insbesondere das W e i h n a c h t s f e s t , S. 60, K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 95, sowie F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 42. 30 V g l . R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and N e w T e s t a m e n t Interpretation, S. 9 8 . 31 V g l . K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 113. 32 W i e bereits dargelegt, war H i e r o n y m u s m ö g l i c h e r w e i s e an der E i n f ü h r u n g des Weihnachtsfestes in der Gemeinde des Paulinus von Antiocheia beteiligt. 33 Für die weiteren Daten aus dem Leben des Hieronymus vgl. B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 3 9 4 - 4 0 4 , sowie H. R. DROBNER, Patrologie, S. 2 8 5 - 2 9 5 .

156

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

doch nie die Jerusalemer Tradition, an Epiphanie der Geburt Jesu zu gedenken. Im Gegenteil, er wendet sich gegen diese Sitte und hält an der westlichen Tradition fest, die Feier der Geburt Jesu am 25. zu begehen. Eine dieser Gelegenheiten ist eine Weihnachtspredigt, die er wahrscheinlich in den Jahren zwischen 401 und 410 gehalten hat34. In seiner Predigt spricht er davon, daß am heutigen Tage, d.h. am 25. Dezember, Christus geboren wurde, nicht jedoch an Epiphanie, wie einige glauben. Auch wenn er die Meinung dieser anderen nicht verdammt, so möchte er doch weiter seiner eigenen Auffassung folgen 35 . Schließlich ist die ganze Kirche gegen die Meinung dieser einen Provinz eingestellt36. Auch das Argument, daß Jesus in Judäa geboren sei, läßt er nicht gelten. Zum einen seien die Apostel, die in die ganze Welt hinausgezogen sind, Juden gewesen, und zum anderen seien die Juden durch die Verfolgungen in die ganze Welt zerstreut worden37. „Wir sagen also, weil Christus heute geboren wurde, wurde er später, am Epiphanientag, wiedergeboren. Ihr habt uns die Geburt und die Wiedergeburt zusammengefügt, ihr, die ihr sagt, daß er am Epiphanientag geboren wurde: Wann empfing er also die Taufe, außer ihr nennt nicht die wahre Begebenheit, daß er an demselben Tag geboren und wiedergeboren wurde? Auch die Schöpfung stimmt unserer Verkündigung zu, die Welt selbst ist Zeuge unserer Stimme. Bis zu jenem Tag nehmen die Schatten zu, ab jenem Tag aber schwinden die Schatten. Das Licht wächst, und die Schatten schrumpfen. Es wächst der Tag, und der Irrtum schwindet, die Wahrheit steigt empor. Heute

34

V g l . Homilia de Nativitate Domini, in: G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera. Pars II, Opera Homiletica, Turnhout 1958 (=CChr.SL LXXVIII), S. 5 2 4 - 5 2 9 . Für die Datierung der Predigt vgl. H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 922: „A propos de l'usage d'Antioche, nous rappelions, il n'y a qu'un instant, le sermon prononcé par saint Jérôme, un 25 décembre, entre 401 et 410, pour défendre la légitimité de l'usage occidental et soutenir sa supériorité sur la prétendue tradition dont se réclamait l'Eglise de Jérusalem." F. MANN, Art. Epiphanias, S. 763, datiert die Predigt in das Jahr 410. 35 illa V g l . G. M O R I N , S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 5 2 7 Z 1 1 2 - 1 1 5 : Quia conferebat in corde suo, et nos tractemus in corde nostro, quod hodierna die Xpistus (sic!) nascitur. Alii putant quod in Epiphaniis nascitur: non damnamus aliorum opinionem, nostram sequimur doctrinam. 36

V g l . G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 527 Z 1 2 0 - 1 2 2 : Non sunt nostra quae loquimur, maiorem sententia est: uniuersus mundus contra huius prouinciae opinionem loquitur. 37 V g l . G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 527 Z 1 2 2 - 1 3 1 ; 135f: Dicat aliquis: Hie Xpistus natus est: ergo magis Uli sciunt, qui longe, quam isti qui prope sunt? Vobis qui dixerunt? Qui sunt in ista prouincia, utique apostoli, Petrus, Paulus, et ceteri apostoli. Vos eiecistis, non suseepimus. Petrus, qui hic fiiit cum lohanne, qui hic fiiit cum Iacobo, et nos in occidente doeuit. Et uestri igitur et nostri apostoli magistri sunt. Dico et et aliud. Iudaei eo tempore regnabant in Iudaea. Denique scriptum est in Actibus apostolorum: 'Et facta est, inquit, persecutio magna in ilio tempore, et dissipati sunt credentes. '... Magis itaque potuit traditio ibi seruari, quam hic, ubi discordia.

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

157

wurde uns die Sonne der Gerechtigkeit geboren. Zur selben Zeit gedenkt auch einer anderen Sache. Zwischen dem Herrn und Johannes dem Täufer liegen sechs Monate. Wenn ihr also die Geburt des Johannes bedenkt und diesen Tag, so werdet ihr sehen, daß nur sechs Monate zwischen ihnen liegen."38 Zu dieser Predigt bemerkt Rahner: „Wenn Hieronymus hier vom Weichen des nächtlichen Irrtums spricht, dann denkt er an den heidnischen Kult, dessen Sonnenmysterien immer noch lebendig waren — Kaiser Julians Versuch, Helios wieder zum Dominus Imperii zu machen, hatte das ja deutlich gezeigt."39 Hieronymus verwendet auf jeden Fall die Sonnensymbolik, wenn er von Jesus als der „Sonne der Gerechtigkeit" spricht40. Offensichtlich ist auch, wie vehement er sich gegen die Feier der Geburt Jesu am 6. Januar ausspricht 41 , auch wenn er selber behauptet, der Jerusalemer Gemeinde diese Tradition lassen zu wollen 42 . Wichtig ist jedoch auch, daß nach seiner Auffassung Jesus an Epiphanie getauft wurde, daß also der 6. Januar den Jahrestag seiner Taufe bildete. Hier folgt Hieronymus eindeutig nicht der römischen Tradition. Das wird auch aus einer von ihm an Epiphanie gehaltenen Predigt deutlich, in der er den griechischen Begriff in die lateinische Sprache übersetzt und dann erläutert, daß Christus die ersten dreißig Jahre in Verborgenheit lebte und erst durch die Stimme des Vaters, die bei seiner Taufe durch Johannes ihn als seinen Sohn erklärte, offenbart wurde43. 38 V g l . G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 528 Z 148-160: Nos ergo dicimus quia hodie Xpistus natus est, post in Epiphaniis renatus est. Vos adstruite nobis generationem et regenerationem, uos qui dicitis in Epiphaniis natum: quando ergo accepit baptismum, nisi uerum euentum dicitis, ut in eadem die et natus sit et renatus? Praedicationi nostrae etiam creatura consentit, mundus ipse testis est uoci nostrae. Usque ad hanc diem tenebrae crescunt, ab hac die decrescunt tenebrae: lux crescit, decrescunt tenebrae: crescit dies, decrescit error, ueritas subit. Hodie nobis sol iustitiae nascitur. Simulque et aliud considerate. Inter Dominum et Iohannem Baptistam sex menses sunt: si consideretis natiuitatem Iohannis et hanc diem, uidebitis sex menses tantum habuisse. 39

Vgl. H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, S. 193. Auch an anderer Stelle spricht Hieronymus von der Sonne der Gerechtigkeit; vgl. In Amos Lib. III c. VI, 14; siehe zu dieser Stelle F. J. DÖLGER, Die Sonne der Gerechtigkeit und der Schwarze. Eine religionsgeschichtliche Studie zum Taufgelöbnis, Münster 2 1971 (= LQF 14), S. 2. 41 V g l . hierzu auch H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes im Lichte neuerer Forschung, S. 7, H. ENGBERDING, Der 25. Dezember als Tag der Feier der Geburt des Herrn, S. 29, sowie F. LEMARIE, La manifestation du Seigneur, S. 32. 42 V g l . G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 527 Z 112-115: Quia ilia conferebat in corde suo, et nos tractemus in corde nostro, quod hodierna die Xpistus nascitur. Alii putant quod in Epiphaniis nascitur: non damnamus aliorum opinionem, nostram sequimur doctrinam. 43 Vgl. De Die Epiphaniorum, de Evangelio ubi Dominus baptizatus est et de Psalmo XXVIIII, in: G. MORIN, S. Hieronymi Presbyteri Opera, S. 530-532; vgl. S. 530 Z 1-8: Dies Epiphaniorum graeco nomine sie uocatur; quod enim nos adparitionem aut ostensionem 40

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Auch in seinem Ezechielkommentar wendet sich Hieronymus gegen die Jerusalemer Auffassung, daß Jesus am 6. Januar geboren wurde, und vertritt hier ebenfalls die Meinung, daß der 6. Januar der historische Tag seiner Taufe sei44. Hieronymus hat also mit großer Wahrscheinlichkeit nie das römische Epiphaniefest, das ja die Anbetung durch die Magier zum Inhalt hatte, kennengelernt. Sonst würde er nicht der östlichen Liturgie nach der Einführung des Weihnachtsfestes folgen und an diesem Tag die Taufe Jesu feiern. Auch über die Grotte in Bethlehem, in der Jesus geboren wurde, überliefert Hieronymus noch ein interessantes Detail: „Bethlehem, das jetzt unser ist und der ehrwürdigste Ort der ganzen Welt, war einst beschattet von dem Hain des Thamuz, das ist des Adonis. Und in der Höhle, wo einst Christus als Kindlein wimmerte, ertönten die Klagelieder auf den Geliebten der Venus."45 Es darf also als sicher gelten, daß zur Zeit des Hieronymus das Weihnachtsfest in Jerusalem noch nicht gefeiert wurde, während er selbst in Bethlehem das Weihnachtsfest am 25. Dezember beging und am 6. Januar die Taufe Jesu feierte. 4.4. Die weitere Entwicklung in Jerusalem 4.4.1. Die Einflihrung des Weihnachtsfestes Für einen Zeitpunkt etwa zwanzig Jahre nach dem Tod des Hieronymus findet sich das nächste Zeugnis für eine Feier des Weihnachtsfestes in Bethlehem, und zwar in der Lebensbeschreibung der Melanie. Melanie die Jüngere war eine reiche Römerin, die, in der Welt weit herumgekommen, am 31. Dezember 438 oder 439 in Jerusalem starb. Am 25. Dezember, wenige Tage vor ihrem Tod,

dicimus, hoc graeci Exicpaveiav uocant. Hoc autem ideo quia Dominus noster et saluator adparuit in terris. Licet enim olim natus esset ex Maria et XXX iam annorum explesset aetatem, tarnen ignorabatur a mundo. Eo tempore cognitus est quo ad Iohannem Baptistam, ut in Iordane baptizaretur, aduenit et uox de caelo Patris intonantis audita est. 44 Vgl. In Ezechielem 1,3; vgl. F. GLORIE, S. Hieronymi Presbyteri Opera Pars I. Opera Exegetica 4: Commentariorum in Hiezechielem Libri XIV, Turnhout 1964 (CChr.SL 75), S. 6f; siehe hierzu auch B. BOTTE, Origines, S. 16, der unter Verweis auf diese Stelle bemerkt: „Pour lui, le Christ est né le 25 décembre et a été baptisé le 6 janvier, mais il est en conflit sur ce point avec l'Église de Jérusalem." Vgl. auch H. USENER, Weihnachtsfest, S. 277; F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 33, R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and New Testament Interpretation, S. 98, Anm. 13, R. H. BAINTON, The Origins of Epiphany, S. 24, sowie H. L E C L E R C Q , Art. Nativité, Sp. 919. Sowohl H. USENER, Weihnachtsfest, S. 332, Anm. 9, wie auch K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 113, nehmen an, daß diese Stelle um 411 geschrieben wurde. 45 Vgl. Epistola 58,3, (CSEL 54, S. 532); für die Übersetzung vgl. H. RAHNER, Das christliche Mysterium von Sonne und Mond, S. 194. Vgl. zu dieser Stelle bei Hieronymus auch H. GREßMANN, Das Weihnachts-Evangelium auf Ursprung und Geschichte untersucht, Göttingen 1914, S. 26.

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

159

feierte sie Weihnachten in der Geburtsgrotte zu Bethlehem 46 . Es stellt sich die Frage, ob es sich hier um eine Gemeinde handelt, die in Bethlehem der Tradition des Hieronymus folgt, oder ob zu diesem Zeitpunkt das Weihnachtsfest in Jerusalem bereits allgemein eingeführt war. In einer Predigt auf den heiligen Stephanus, die in Jerusalem47 in der Zeit zwischen den Jahren 455 und 45 8 48 gehalten wurde, lobt Basilius von Seleukia 49 den Bischof Juvenal von Jerusalem50 dafür, daß er Weihnachten in Jerusalem eingeführt habe51. Während nun Usener vermutet, daß Juvenal die Unabhängigkeit seines Bistums vom Metropoliten von Caesarea und damit den Patriarchentitel durch die Übernahme des Weihnachtsfestes erhalten hat52 — falls diese Hypotheses zutrifft, wäre das Konzil von Chalkedon der Zeitpunkt der Übernahme des Weihnachtsfestes — vertritt Leclercq die These, daß schon früher die Einführung des Weihnachtsfestes durch Juvenal erfolgte und bereits

46

Vgl. H. LECLERCQ, Art. Mélanie la Jeune (Sainte), in: DACL 11, 1933, Sp. 2 0 9 230. Während H. LECLERCQ, Art. Mélanie la Jeune, Sp 228-230, die letzten Tage der Melanie in das Jahr 438 legt, bemerkt ders., Art. Nativité, Sp. 923: „Cette biographie a été écrite, selon toute probabilité, par le fameux Gerontius, prêtre et supérieur des monastères de sainte Mélanie sur le mont des Oliviers. Elle nous apprend que la sainte mourut le 31 décembre 439, un dimance, d'une maladie contractée cinq jours auparavant, pour la fête de saint Étienne, au 26 décembre. Or, la veille de cette fête, le 25 décembre par conséquent, la sainte était allée à Bethléem avec sa nièce fêter la naissance du Sauveur: K a i Kaxa^.aßövxa>v xrâv âyicov yeveöXicov x o î aioxripoç et, sur le point de quitter le sanctuaire, elle avait contristé sa compagne en lui annonçant que, désormais, elle célébrait seule la fête de Noël: à n o xö vûv |j.ôvri èopxcxÇeiç xà yevé0X,va xoû Kupiou." Siehe auch A. POLLASTRI, Art. Melania junior, EECh, S. 550, sowie O. BARDENHEWER, Geschichte der altkirchlichen Literatur. Bd. 4: Das fünfte Jahrhundert mit Einschluss der syrischen Literatur des vierten Jahrhunderts, Darmstadt 1962, S. 157-160. 47 Vgl. B. BOTTE, Origines, S. 19. 48 Vgl. H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 923. 49 Basilius von Seleukia, der Metropolit von Isaurien, starb im Jahr 468; vgl. hierzu B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 355. 50 Bischof Juvenal, Patriarch von Jerusalem, hatte dieses Amt von 424 bis 458 inne; vgl. B. BOTTE, Origines, S. 19, sowie H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 923. 51 Vgl. PG 85, Sp. 461-474; siehe hierzu auch H. USENER, Weihnachtsfest, S. 333, dort Anm. 11, sowie K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 113. H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 923, bemerkt hierzu: „Le texte est trop clair pour souffrir aucune discussion. C'est le patriarche Juvénal qui a introduit dans l'Eglise palestinienne la fête de Noël au 25 décembre: c'est lui qui a opéré la distinction entre la nativité de Notre-Seigneur et l'adoration des mages, placées dorénavant au 25 décembre, et le baptême de Notre-Seigneur laissé au 6 Janvier, alors que ces trois souvenirs évangeliques se commémoraient à Jérusalem le même jour, c'est-à-dire le 6 janvier." Es ist allerdings gerade die Frage, ob die Taufe Jesu zu dieser Zeit in Jerusalem schon Teil des Epiphaniefestes war, die armenischen Lektionare, wie auch die Predigten des Hieronymus widerlegen diese Hypothese. 52 Vgl. H. USENER, Weihnachtsfest, S. 332f.

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Kapitel 2: Geschichtliche

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Melanie in Einklang mit der Jerusalemer Liturgie das Weihnachtsfest beging 53 . Danach, so führt Leclercq weiter aus, sei das Weihnachtsfest immer in Jerusalem gefeiert worden54. Die Tatsache, daß zwei Weihnachtspredigten des Hesychios von Jerusalem erhalten sind55, der von 412 bis zu seinem Tod um oder nach 450 Presbyter in Jerusalem war 56 , spricht eher für die Einführung des Weihnachtsfestes kurz vor dem Konzil von Chalkedon. Die von Usener angeführten kirchenpolitischen Gründe für eine Einführung des Weihnachtsfestes in Jerusalem könnten auch die Begründung dafür liefern, warum einige Zeit später das Weihnachtsfest in Jerusalem wieder abgeschafft wurde 57 .

53 Vgl. hierzu H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 923f: „Si nous n'avions le passage de Basile de Séleucie, qui attribue à Juvénal l'introduction en Palestine de la fête de Noël, nous pourrions croire que sainte Mélanie, en qualité d'Occidentale, suivait la coutume de son pays, comme saint Jérôme une trentaine d'années auparavant, et que l'Église palestinienne fêtait toujours au 6 janvier la naissance de Notre-Seigneur. Mais, dans ce cas sans doute, le biographe aurait noté la divergence existant sur ce point entre la communauté du mont des Oliviers et l'Eglise de Jérusalem. Comme il n'y a sous sa plume aucune trace du moinder étonnement; comme, de plus, le fait se passe sous le pontificat de Juvénal, on est autorisé à en conclure que cette solennité existait déjà à Jérusalem en 439. Il est fort possible qu'elle soit même un peu antérieure et qu'elle remonte soit à l'année 430, soit à l'année 431, de même que dans l'Eglise d'Alexandrie." Diese Meinung vertritt auch A. STRITTMATTER, Christmas and Epiphany, S. 605f. A. A. MCARTHUR, The Evolution of the Christian Year, S. 48, nimmt ebenfalls an, daß Weihnachten um 430 in Jerusalem eingeführt wurde. 54 V g l . H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 926: „En conséquence, les liturgies et les historiens, trop confiants jusqu'ici à ce que dit Cosmas Indicopleustes, doivent se tenir en garde désormais contre son témoignage. Il leur faudra plutôt ajouter foi à l'affirmation de Basile de Séleucie et croire avec lui que Juvénal a réellement introduit dans l'Église de Jérusalem la fête de 25 décembre et que, à partir de son pontificat, cette fête s'y est célébrée sans interruption." 55 V g l . P G 93, Sp. 1449; vgl. zu den W e i h n a c h t s p r e d i g t e n des H e s y c h i o s TH. J. TALLEY, Origins, S. 139, sowie A. RENOUX, Le codex arménien Jérusalem 121. I., S. 173: „On ne peut oublier également qu'Hésychius de Jérusalem, mort aux environs de 451, connaît la fête, quisque nous avons de lui deux discours pour cette solennité." Es sei auch auf die Predigten des Hesychios zum Fest Hypapante verwiesen, das nach ihm auf den 2. Februar fiel; vgl. G. GARITTE, L'Homélie Géorgienne d'Hésychius de Jérusalem sur 1' Hypapante, in: Muséon 89, 1971, 353-372, dort S.361. 56 Vgl. hierzu B. ALTANER/A. STUIBER, Patrologie, S. 333-334. ^Möglicherweise geschah dies zu derselben Zeit wie in Armenien, wo das Weihnachtsfest unter dem Katholikos Johannes Mandakuni, der nach 480 starb, abgeschafft wurde. Vgl. F. C. CONYBEARE, Ananias of Shirak upon Christmas, S. 334.

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

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4.4.2. Das Verschwinden der Feier In einer Predigt am Fest Maria Verkündigung bemerkt Abraham von Ephesus 58 , daß einzig die Araber und die Kirche in Palästina das Weihnachtsfest nicht feiern 59 . Auch wenn er nur bemerkt, daß diese beiden Regionen das Weihnachtsfest nicht feiern, so ist dieser Information nicht zu entnehmen, daß Weihnachten noch nie in Jerusalem gefeiert wurde. Vielmehr haben wir in seiner Predigt einen sicheren Terminus ante für das Verschwinden des Festes 60 . Kosmas Indicopleustes, der um 550 seine christliche Topographie schrieb 61 , behauptet dort, daß man nur in Jerusalem am Epiphaniefest die Geburt und die Taufe Jesu gefeiert habe, während man am 25. Dezember das Fest des David und des Jakobus beging 62 . Auch macht er sich die Mühe, die Berechnung, die bereits von Johannes Chrysostomus verwendet worden war, in aller Genauigkeit noch einmal durchzuführen 63 . Auch zu diesem Zeugnis gehen die Meinungen auseinander, während Usener die Auffassung vertritt, daß Kosmas Indicopleustes die Situation in Jerusalem nicht aus eigener Auffassung kenne, sondern nur aufgrund einer Quelle aus dem fünften Jahrhundert diese Angaben mache, die den Zustand nach der Einführung des Weihnachtsfestes in Ägypten

58

Er wurde in der Zeit zwischen 542 und 553 Bischof von Jerusalem und war davor Mönch und Gründer von zwei Klöstern in Konstantinopel und Jerusalem. Vgl. hierzu O. VOLK, Art. Abraham von Ephesos, in: LThK 2 Bd. 1, Sp. 62. 59 V g l . PO 16,443; zu dieser Predigt siehe auch F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 32, dort Anm. 2. Vgl. auch A. STRITTMATTER, Christmas and Epiphany, S. 606: „Abraham of Ephesus... in his sermon on the Annunciation mentions it as a curious fact that the people of Palestine and the neighboring Arabs alone still ignore the feast of December 25 as that of the Nativity of Christ." 60 V g l . hierzu B. BOTTE, Origines, S. 20, sowie TH. J. TALLEY, Origins, S. 139: „That it was no longer observed in the sixth century is testified to not only by Cosmas Indicopleustes but also by Abraham of Ephesus (530-553) who, in a sermon on the Annunciation, indicated (as did Cosmas) that the Palestinians were alone in rejecting the feast of the birth of the Savior on December 25." 61 V g l . B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 517, sowie H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 925. 62 V g l . PG 88, Sp. 196f; siehe auch W. WOLSKA-CONUS, Cosmas Indicopleustès. Topographie Chrétienne. Tome II. (Livre 5), Paris 1970 (=SC 159), S. 20-25; vgl. hierzu K. HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, 142, sowie B. BOTTE, Origines, S. 19f. 63 Vgl. zu dieser Berechnung R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and New Testament Interpretation, S. 131, R. H. BAINTON, The Origins of Epiphany, S. 29, wie auch H. ENGBERDING, Der 25. Dezember als Tag der Feier der Geburt des Herrn, S. 30, A n m . 22.

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Kapitel 2: Geschichtliche

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und vor der Einführung in Jerusalem kennzeichne 64 , nimmt Talley an, daß der Bericht des Kosmas auf die Jerasalemer Situation zutrifft65. 4.4.3. Die Wiedereinfiihrung

der Feier

In georgischen Handschriften existiert ein Brief des Kaisers Justinian II aus dem Jahr 561 66 an die Einwohner Jerusalems und ihre kirchlichen Würdenträger, der die Feier von Weihnachten, Darstellung des Herrn und Mariä Verkündigung regelt67. Der Brief richtet sich an jene, welche die Geburt Jesu am 6. Januar anstelle am 25. Dezember feiern und entsprechend die Darstellung des Herrn am 14. Februar und nicht am 2. Februar begehen 68 . Nach der lateinischen Übersetzung, die vanEsbroeck bietet, drängt sich die Vermutung auf, daß es nur ein Teil der in Jerusalem und Palästina ansässigen Christen war, die Epiphanie als Fest der Geburt Jesu und gleichzeitig seiner Taufe feierten 69 . Man könnte vermuten, daß hier die Problematik aus der Zeit des Hieronymus weiterlebt, daß also mit der Abschaffung des Weihnachtsfestes im 5. Jahrhundert ein Teil der Kirche in Palästina, möglicherweise die von Hieronymus in Bethlehem geformte Gemeinde, weiterhin das Weihnachtsfest feierte. Auch der Brief des Kaisers Justinian II geht von der Geburt des Johannes des Täufers am 24. Juni aus und gelangt,

64 Vgl. H. USENER, Weihnachtsfest, S. 336, siehe auch H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 926. 65 V g l . TH. J. TALLEY, Origins, S. 139: „Nonetheless, that institution of the feast proved to be only temporary, since around the middle of the following century Cosmas Indicopleustes (PG 88.197) comments that the church of Jerusalem is unique in celebrating the birth of the Savior on the Epiphany, commemorating David and St. James on December 25."

66ygl

zu diesem Brief auch die Überlegungen von H. BRAKMANNN, Ein unbeachtetes Echo des Hypapante-Briefes Kaiser Justinians, JAC 34, 1991, S. 104-106, der gegen A. DE HALLEUX, Un discours héortologique de Justinien? AnBoll 110, 1992, S. 311-328, die Echtheit dieses Briefes verteidigt. 67 Vgl. hierzu M. vanESBROECK, La lettre de l'empereur Justinien sur l'Annonciation et La Noël en 561, in: AnBoll 86, 1968, S. 351-371. 68 V g l . M. vanESBROECK, La lettre de l'empereur Justinien, S. 351: „Comme la Présentation a lieu quarante jours après la Nativité du Seigneur, la lettre s'adresse à ceux qui placent celle-ci le 6 janvier au lieu du 25 décembre, et celle-là le 14 février plutôt que le 2." Vgl. hierzu auch TH. J. TALLEY, Origins, S. 139f. « V g l . M. vanESBROECK, La lettre de l'empereur Justinien, S. 357: Nobis auditum est quoniam Hierosolymis deerrantes quidam non sequuntur sanctas scripturas et patres magistros, et non faciunt hanc sanctam in corpore Nativitatem Domini vicesima quinta mensis decembris, in nativitate Domini (festum) David et lacobi faciunt, et in sexta die mensis ianuarii Baptismus est, et Nativitatem et Baptismum simul faciunt.

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

163

ebenso wie die älteren Berechnungen, von hier zum 25. Dezember als dem Geburtstag Jesu 70 . Auch ein späterer Zeuge erwähnt diesen Brief 71 . Dieser Brief des Kaisers Justinian II scheint zur endgültigen Einführung des Weihnachtsfestes in Jerusalem geführt zu haben. Aus dem Itinerarium Anonymi Piacentini72 geht hervor, daß nur kurze Zeit nach diesem Schreiben am 6. Januar einzig der Taufe Jesu gedacht wurde. Die Feier fand am Jordan statt73. Die Predigten des Sophronius von Jerusalem 74 zeigen keine Spur mehr von einer Feier der Geburt Jesu am 6. Januar75. 70

Vgl. M. vanESBROECK, La lettre de l'empereur Justinien, S. 358. Vgl. dazu Nicephorus Kallistus, PG 147,292; siehe zu seinem Zeugnis: B. BOTTE, Origines, S. 20: „Nicéphore Callist mentionne un édit de l'empereur Justin II rendant obligatoire la fête de Noël... C'est peut-être à la suite de cet édit que la fête fut reçu d'une manière définitive à Jérusalem." Vgl. auch TH. J. TALLEY, Origins, S. 139. 72 Das Itinerarium Anonymi Piacentini (fälschlich Itinerarium Antonini genannt) berichtet von der Palästinawallfahrt mehrerer Bürger aus Piacenza in der Zeit um 560/570; vgl. hierzu B. A L T A N E R / A . STUIBER, Patrologie, S. 245, sowie H. R. DROBNER, Patrologie, S. 320. 73 V g l . Kap. 11 des Pilgerberichtes: P . G E Y E R , Antonini Piacentini Itinerarium, in: Itineraria et alia Geographica, Turnhout 1958 (=CChr.SL CLXXV), S. 127-174, dort S.135: Tenui autem theophaniam in lordane, ubi talia fiunt mirabilia in illa nocte in loco, ubi baptizatus est Dominus... Completo baptismo omnes descendunt in fluuio... Die Recensio altera ist noch ausführlicher, vgl. S. 161. Vgl. zu dieser Stelle: K. HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 126, dort Anm. 4, TH. J. TALLEY, Origins, S. 113, O. HEIMING, Die Entwicklung der Feier des 6. Januar zu Jerusalem im 5. und 6. Jh., S. 147, sowie F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 32; er legt ebenso wie TH. J. TALLEY die Pilgerreise in die Zeit um 570. In dem von M. TARCHNISCHVILI, Le grand lectionnaire de l'Eglise de Jérusalem (V e VIII e siècle), 4 Bände, Louvain 1959 (=CSCO 188 u. 189) u. 1960 (=CSCO 204 u. 205), veröffentlichten Lektionar findet sich kein Hinweis auf die Feier am Jordan. Auch wenn die Handschriften in manchen Teilen in sehr alte Zeit zurückreichen mögen, so scheinen sie bezüglich des Weihnachtsfestes die Zeit nach dem Edikt des Justinian II wiederzugeben. Für die Weihnachtsliturgie vgl. CSCO Bd. 189, S. 9 - 1 4 ; am Tag nach Weihnachten gedachte man des David und des Jakobus, und erst am zweiten Tag nach Weihnachten des Stephanus, vgl. CSCO Bd. 189, S. 14f. Für das Epiphaniefest vgl. CSCO Bd. 189, 19-25; die Perikope der Hochzeit zu Kana ist nach diesem Lektionar für den zweiten Sonntag nach Ostern vorgesehen. 71

74

Aus Damaskus stammend war Sophronius von Jerusalem Mönch im Theodosiuskloster bei Jerusalem und wurde 634 Patriarch von Jerusalem. Er starb 638; vgl. hierzu B. ALTANER/A. STUIBER, Patrologie, S. 520f, sowie H. R. DROBNER, Patrologie, S. 4 3 8 f . 75 V g l . hierzu H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 924, B. BOTTE, Origines, S. 21, G. GIAMBERARDINI, Il „Sub tuum praesidium" e il titolo „Theotokos" nella tradizione egiziana, S. 247, sowie H. USENER, Weihnachtsfest, S. 335-340. H. USENER, S. 340, schließt aus einer Predigt des Sophronius, daß die gesamte Weihnachtsliturgie nicht in Jerusalem, sondern in Bethlehem gefeiert wurde (was zur Zeit des Sophronius wegen einer Belagerung Jerusalems nicht möglich war). Diese Vermutung wird durch das georgische Lektionar gestützt. Vgl. M. TARCHNISCHVILI, CSCO Bd. 189, S. 9-14.

164 4.5.

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Zusammenfassung

An der geschichtlichen Entwicklung des Epiphaniefestes und des Weihnachtsfestes in Jerusalem sind mehrere Aspekte auffällig. Zum einen ist es erstaunlich, daß bereits am Ende des vierten Jahrhunderts eine Vigil und eine Oktave mit dem Epiphaniefest verbunden waren. Zum anderen verlangt das beharrliche Festhalten der Jerusalemer Kirche am Epiphaniefest, die ja mit Unterbrechung bis ins sechste Jahrhundert hinein die Geburt Jesu an diesem Tag feierte, nach einer Erklärung. Die Hypothese, daß bereits ein anderes Fest, das des David und des Jakobus, am 25. Dezember gefeiert wurde und deswegen das Weihnachtsfest nicht eingeführt werden konnte 7 6 , wurde geäußert. Ebenso wurden theologische Gründe angeführt, die angeblich gegen eine Trennung der Feier der Geburt Jesu von der Feier der Taufe Jesu sprechen77. Beiden Argumenten ist zwar eine gewisse Plausibilität nicht abzusprechen, völlig befriedigen können sie jedoch nicht. Beide Hypothesen lassen einen sehr wichtigen Aspekt außer Acht: Bis ins fünfte Jahrhundert hinein wurde an Epiphanie einzig der Geburt Jesu gedacht. Damit hätte, wenn das Weihnachtsfestes im vierten Jahrhundert in Jerusalem eingeführt worden wäre, wie es in Antiochien unter Johannes Chrysostomus geschehen ist, das Epiphaniefest seinen eigentlichen Inhalt verloren. Doktrinale Argumente, die gegen eine Trennung der Feier der Geburt Jesu von der Feier der Taufe sprechen, können zu dieser Zeit keine Rolle gespielt haben. Und aus den Predigten des Hieronymus kann man zwar Vorwürfe gegen die Feier der Geburt Jesu am 6. Januar entnehmen, gegen die Feier des David und des Jakobus am 25. Dezember wendet er jedoch nichts ein. Auch das spricht für die Konkurrenz der beiden Geburtsfeste, die zur Weigerung der Jerusalemer Kirche führt, und gegen die Annahme, daß der 25. Dezember bereits „belegt" war. Um es noch einmal zu betonen, die Feier des Epiphaniefestes in Jerusalem war zu einem Zeitpunkt, als das Epiphaniefest gerade dabei war, sich in Rom und Nordafrika überhaupt erst durchzusetzen, von der Vigil über die Oktave bis zur Feier des vierzigsten Tages nach der Geburt liturgisch ausgestaltet und geregelt. Das legt zusammen mit der hartnäckigen Weigerung der Jerusalemer

76

V g l . K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 113. V g l . M. vanESBROECK, La lettre de l'empereur Justinien, S. 368: „La fête de Noël a été l'objet d'une âpre doctrinale depuis la naissance du monophysisme. Il suffirait, pour s'en rendre compte, de lire la lettre de Grégoire Arzruni, louant Macaire II et Eustochios de leur résistance à l'hérésie. La raison doctrinale de cette opposition est assez évidente, si l'on considère que la Noël célèbre la naissance du Christ comme homme, alors que l'Epiphanie révèle la naissance divine: «Celui-ci est mon Fils bien-aimé», engendré dans l'aujourd'hui de l'éternité. Séparer les deux naissances, c'est admettre deux natures après l'union, après l'Incarnation, c'est-à-dire, aux yeux des monophysites de cette époque, faire profession de nestorianisme." 77

4. Weihnachten und Epiphanie in Jerusalem

165

Kirche, das Weihnachtsfest einzuführen, die Vermutung nahe, daß das Epiphaniefest in Jerusalem seine Heimat haben könnte. Der Hintergrund der Einführung des Epiphaniefestes könnten die von Hieronymus erwähnten Kultfeiern in der Höhle in Bethlehem gewesen sein — ist es doch auffällig, daß mit der Einführung des Weihnachtsfestes die Feier der Geburt weiterhin an Bethlehem gebunden bleibt (und das noch enger, als es beim Epiphaniefest der Fall war), während das Epiphaniefest seine Bindung an Bethlehem verliert. Die Tatsache, daß allein die Feier der Geburt Jesu Gegenstand des Jerusalemer Epiphaniefestes war, schließt gleichzeitig einen engen Zusammenhang mit der bereits ausführlich diskutierten Feier der Taufe Jesu durch die Basilidianer 78 aus räumlichen 79 , aus zeitlichen 80 und vor allem aus inhaltlichen Gründen aus.

78

Vgl. die Nachricht des Clemens von Alexandrien, Strom. 1,XXI,145,6. W i e s o sollte eine gnostische Feier in Ägypten einen tiefen Einfluß auf die Liturgie in Jerusalem haben? 80 Immerhin muß die Zeit zwischen dem zweiten und dem vierten Jahrhundert überbrückt werden. Der Versuch, eine Abhängigkeit des Epiphaniefestes von der Feier des Basilidianer zu postulieren, würde wohl allein an dieser zeitlichen Differenz scheitern. 79

5. Die Entwicklung

der beiden Feste in

Ägypten

Nach der Betrachtung der geschichtlichen Abläufe in Jerusalem und Palästina soll nun eine Untersuchung der Entwicklung und Entfaltung der beiden Feste, Weihnachten und Epiphanie, in Ägypten folgen. Zum einen gilt Ägypten aufgrund der Notiz bei Clemens von Alexandrien über die Feier der Basilidianer als Ursprungsort des Epiphaniefestes, zum anderen wurde dort das Weihnachtsfest nur wenig früher als in Jerusalem, um 430, eingeführt. Über das genaue Datum der Einführung des Epiphaniefestes ist nichts bekannt, da die Quellenlage, gerade was die frühe Zeit angeht, sehr spärlich ist. Aus der Zeit vor der Einführung des Weihnachtsfestes berichten zwei Quellen, zum einen ein Wiener Papyrus, P. Vindob. G. 2326 1 , sowie zum anderen eine Bemerkung bei Johannes Cassian, der von seinem Aufenthalt in Ägypten erzählt2. 5.1. P. Vindob. G. 2326 Das Wiener Papyrusfragment gibt viele Rätsel auf. Dem Schriftstil nach gehört der Text in den Herakleopolites3. Das von Bickell vermutete Alter dürfte nicht ganz zutreffen, eine Datierung in die zweite Hälfte des vierten oder sogar in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts scheint sinnvoll4. Auf dem Rekto findet sich ein Text, der wahrscheinlich zum Epiphaniefest gehörte. Das Verso gibt einen Tag an: Den 5. Tybi. Danach folgt ein Lob auf Johannes den Täufer. Die Texte lauten in der von Bickell vorgeschlagenen Lesart:

'Vgl. G. BICKELL, Das älteste liturgische Schriftstück, in: MPER 2/3, Wien 1887, S. 83-86, sowie J. van HAELST, Catalogue des papyrus littéraires juifs et chrétiens, Paris, 1976, Nr. 1004, und H. FÖRSTER, Das angeblich älteste liturgische Schriftstück. Neuedition von P. Vindob. G. 2326, ZAC 1, 1997, 169-177. 2 Vgl. Coli. X,2. 3 H . USENER, Weihnachtsfest, S. 196, erwähnt, daß das Fragment aus dem Arsinoites stamme. Vgl. hierzu auch W. HARTKE, Über Jahrespunkte und Feste insbesondere das Weihnachtsfest, S. 58. Aus paläographischen Gründen gehört das Fragment jedoch in den Herakleopolites, vgl. hierzu H. FÖRSTER, Das angeblich älteste liturgische Schriftstück, 170. 4 Vgl. G. BICKELL, Das älteste liturgische Schriftstück, S. 83, datiert die Schrift auf Anfang des vierten Jahrhunderts. Er untermauert seine Feststellungen mit dogmatischen Überlegungen (vgl. S. 86): „Dies paläographisch feststehende hohe Alter wird auch durch die eigenthümliche Fassung der Doxologie bestätigt, welche der vorarianischen Zeit angehören muß, da später die Katholiken an der abgesonderten Erwähnung des Vaters, die Arianer aber an der Gleichstellung der göttlichen Personen Anstoß genommen hätten."

167

5. Die Entwicklung der beiden Feste in Ägypten

P. Vindob. G. 23265 Rekto: ' 0 yevvriöeit; ev 6 BT|0^££(I Kai ocvocTpacpeiq ev Na^apex, KaToiKT|aai; 7 ev xrj TaXvXaia, eiSopev 8 ar||xeiov oijpavoij- (xq>9) aoTepoq (pavevxoq, rcoinevei; CIYPOCD^oijvTei; e8aii>naaav ( O I J 1 0 ) yovurceoovxec;11 eXeyov12- 8O^a xra üa-cpi, a?iA.riXo-6'ia• So^a TCO Yico Kai Tß) äyicp IIveiL)|xaxi, a ^ T ^ o i n a , aXkr\kov>m, 6XXr\kov)W..li Verso: T"ußi e- 'EKJIEKTCX; ö äyroq 'Icoavvrn; o ß A N X I A T R I Q , o (xexdvoiav ev öXcp xw KOOP-to eiq a können nur die Anfangsworte derjenigen Psalmverse sein, mit welchen ein neuer Refrain begann. Der Festpsalm für Epiphanie muß der 32. (hebr. 33) gewesen sein." Vgl. hierzu auch: TH. SCHERMANN, Ägyptische Abendmahlsliturgien des ersten Jahrtausends in ihrer Überlieferung dargestellt, Paderborn 1912 (=SGKA 6), 198f; zur Struktur des Textes siehe auch L. KUNZ, Die Struktur der drei ältesten Epiphanie-Troparien, ByZ 41, 1941, 40^14. 19 Vgl. hierzu O. CULLMANN, Der Ursprung des Weihnachtsfestes, Zürich 1960, S. 18f: „Auf die biblische Lektüre der Erzählung von Christi Geburt zu Bethlehem, der Flucht nach Ägypten und der Rückkehr nach Nazareth antwortete der Sängerchor mit dem griechischen Hymnus, der auf dem Papyrus erhalten ist und den ich in Übersetzung wiedergebe: Geboren zu Bethlehem Erzogen zu Nazareth Gewohnt in Galiläa. Dann las wohl der Priester aus dem Matthäusevangelium die Geschichte von den Magiern. Der Chor antwortete: Wir haben gesehen ein Zeichen vom Himmel, des leuchtenden Sterns. Darauf folgte Verlesung der Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 und die Antwort des Chores: Hirten auf dem Felde weidend erstaunten, fielen auf die Knie und sangen Ehre dem Vater Halleluja. Ehre dem Sohn und dem Heiligen Geist. Halleluja. Halleluja. Halleluja. So feierte man im Osten die Geburt Christi zu Beginn des vierten Jahrhunderts in der Nacht vom 5. auf den 6. Januar."

5. Die Entwicklung der beiden Feste in Ägypten

169

werden20. Bainton verweist darauf, daß nach dem Text auf diesem Papyrus nur die Geburt Christi am 6. Januar gefeiert werde21. Dieser Meinung schließt sich Lemarié an22, während Hartke aufgrund dieses Fragmentes zu der Erkenntnis kommt, daß es sich um Geburt und Taufe handele, die an diesem Fest gefeiert werden. Die Taufe steht nach seiner Ansicht im Mittelpunkt der Feier 23 . Botte glaubt hingegen, aufgrund dieses Fragmentes drei Feste benennen zu können: eine Feier der Geburt, die Feier des Täufers und die Feier des E p i p h a n i e f e s t e s 2 4 . Einzig Usener warnt davor, daß die von Bickell angenommene Verwendung mit dem auf dem Papyrusfragment überlieferten Text nicht zu rechtfertigen sei25. Dem Einwand von Usener ist zuzustimmen. Neben der Tatsache, daß der auf dem Papyrus überlieferte Text schwere orthographische Mängel 26 aufweist, ist auch die Frage zu stellen, ob ein einziger Artikel (TCO) wirklich darüber Aufschluß zu geben vermag, welcher Psalm gemeint war. Hätte man hier nicht, wie es sonst in liturgischen Texten aus ähnlich früher Zeit der Fall ist, wenigstens den ersten Halbvers genommen, um den Psalm zu kennzeichnen? Gleichzeitig ist auch die Kalenderhypothese, die Bickell vorbringt, in Zweifel zu ziehen. Es gibt keinen Grund, warum gerade hier ausnahmsweise der 5.

20Vgl. 21

A . M E Y E R , Weihnachtsfest, S. 26f.

V g l . R. H. B A I N T O N , The Origins o f Epiphany, S. 24, sowie R. H. B A I N T O N ,

Basilidian Chronology and N e w Testament Interpretation, S. 98 und S. 125. 22Vgl.

F. L E M A R I É , La manifestation du Seigneur, S. 41: „ U n papyrus égyptien du

début du I V e siècle fournit également des précisions qui coïncident avec le témoignage du Cassien, du moins en ce qui concerne le premier mystère commémoré. C'est dans la nuit du 5 au 6 janvier qu'était célébrée la Nativité du Seigneur. On lisait alors les deux récits de saint Luc et de saint Matthieu." 23Vgl.

W . H A R T K E , Über Jahrespunkte und Feste insbesondere das Weihnachtsfest,

S. 59. Zur Auffassung, daß die Taufe im Mittelpunkt der Feier gestanden habe, kommt er aufgrund folgender Überlegungen (vgl. S. 5): Der Text auf dem Papyrus „enthält auf der Vorderseite einen Teil einer Liturgie, drei Antiphone eines Sängerchors auf Bibelstellen, die der Geistliche vortrug. Die erste: » D e r geboren war in Bethlehem und aufgezogen war in Nazaret und gewohnt hatte in Galiläa«, kann m. E. nur die Einleitung zur Taufgeschichte darstellen... Die Jordantaufe ist das Erste und Wichtigste, die Geburtsgeschichte ist angehängt, weil sie nicht mehr zu übergehen war." 24Vgl.

B. BOTTE, Origines, S. 12, bemerkt hinsichtlich des Wiener Fragmentes: „ U n

seul pourrait nous servir: sur les fibres horizontales se trouve une sorte d'antienne sur la naissance de Jésus; sur les fibres verticales, un texte sur saint Jean-Baptiste, avec l'indication 5 T y b i (31 décembre). Cela fait supposer l'ordre suivant: fête de la Nativité, puis fête du précurseur, précédant sans doute la fête de l'Epiphanie. Ce document, daté par les paléographes du I V e - V e siècle, nous reporte vraisemblablement à l'époque de saint Cyrille." 25Vgl.

H. USENER, Weihnachtsfest, S. 196, Anm. 1; H. USENER verweist mit Recht

darauf, daß es sich bei den angenommenen Psalmenanfängen um alltägliche Schreibfehler handle. * 26

Für die Diskussion der einzelnen Verschreibungen vgl. H. FÖRSTER, Das angeblich

älteste liturgische Schriftstück, 17 l f .

170

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

Tybi dem 5. Januar entsprechen soll und nicht dem 31. Dezember, wie es zu dieser Zeit üblich war. Ein genauer Zeitpunkt, wann der Papyrus geschrieben wurde, läßt sich nicht feststellen. Somit stellt sich die Frage, warum die zeitliche Abfolge zwischen der Vorder- und der Rückseite, die Bickell vermutet, nicht umgekehrt werden kann. Falls der Text kurz nach der Einführung des Weihnachtsfestes geschrieben sein sollte, so wäre der Text des Rekto dem 25. Dezember, der Text des Verso dem 31. Dezember zuzuordnen. Man darf weiter vermuten, daß es sich um eine private Notiz handelt, zum einen ist die Qualität des Papyrusmaterials sehr schlecht, und zum anderen hat der Schreiber die Kursive verwendet, was für liturgische Texte unüblich ist. Insgesamt kann also der Wiener Papyrus nicht viel dazu beitragen, die geschichtliche Entwicklung in Ägypten aufzuklären. So soll jetzt wieder ein Reisender zu Wort kommen, der von den ägyptischen Bräuchen berichtet. 5.2. Johannes Cassian Gegen Ende des vierten Jahrhunderts bereiste Johannes Cassian, der in der Zeit zwischen 378 und 380 in Bethlehem in ein Kloster eingetreten war, zehn Jahre lang Ägypten, um sich von den Mönchen dort ausbilden zu lassen 27 . In seinen Collationes, die in Marseille zwischen 418 und 428 entstanden sind 28 , berichtet er von seinem Aufenthalt in Ägypten. Dabei erwähnt er in einer der Collationes, daß am Epiphaniefest der Geburt und der Taufe gedacht wird im Gegensatz zu den westlichen Provinzen, wo die Festinhalte auf zwei verschiedene Tage verteilt sind 29 . Johannes Cassian kann somit als der erste sichere Zeuge für die Feier des Epiphaniefestes angesehen werden 30 . Da er berichtet, daß das Epi-

27

V g l . zum Leben und Wirken des Johannes Cassian B. ALTANER/A. STUIBER, Patrologie, S. 4 5 2 ^ 5 4 , sowie H. R. DROBNER, Patrologie, S. 312-315. 28 Vgl. hierzu TH. J. TALLEY, Origins, S. 140, H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 922, sowie R. H. BAINTON, Basilidian Chronology and New Testament Interpretation, S. 98. 29 Vgl. Collatio X,2, vgl. M. PETSCHENIG, Iohannis Cassiani Conlationes XXIII, Wien 1886 (=CSEL 13/2), S. 286-287: Intra Mgypti regionem mos iste antiqua traditione servatur, ut peracto Epiphaniorum die, quem provinicae illius sacerdotes vel domini baptismi vel secundum carnem nativitatis esse definiunt, et idcirco utriusque sacramenti non bifarie ut in occiduis provinciis, sed sub una diei hujus festivitate concélébrant. Johannes Cassian macht diese Bemerkung im Zusammenhang seines Berichtes über die Sitte, den Osterfestbrief am 6. Januar von Alexandrien aus an alle Kirchen Ägyptens zu schicken. Vgl. zur Übersetzung auch E. PICHERY, Jean Cassien. Conférences CIII-XVII, Paris 1958 (= SC 54), S. 75. 30 Vgl. hierzu TH. J. TALLEY, Origins, S. 140: „His testimony is the first secure notice we have of a liturgical observance of the nativity of Christ in Egypt." Allerdings sind die Schlüsse, die TH. J. TALLEY aus dieser Beobachtung zieht, nicht unumstritten: „We can only say that the identification of the date as that of the nativity reaches back as far as Clement, as does its association with the baptism, but that earlier in the fourth century the feast was focused on the baptism to such an extent that the Canons of Athanasius make no reference at all to any festival of the nativity." Ist es nicht ebenso möglich, wenn nicht sogar

5. Die Entwicklung

der beiden Feste in Ägypten

171

phaniefest nach alter Tradition in Ägypten gefeiert wird, darf man annehmen, daß das Fest spätesten in der Mitte des vierten Jahrhunderts in Ägypten eingeführt wurde 31 . Falls das Epiphaniefest aus Jerusalem kommend, wo es ja schon sehr früh fest verwurzelt war, in Alexandrien eingeführt wurde, ist wahrscheinlich zuerst nur das Geburtsfest in Ägypten aufgenommen worden und später, als die anderen östlichen Kirchen nach und nach an Epiphanie die Taufe Jesu begingen, dürfte dann dieser Festinhalt in Ägypten hinzugewachsen sein. Ein solcher Verlauf der Entwicklung würde ebenfalls gegen einen Zusammenhang zwischen der Feier der Basilidianer, von der Clemens von Alexandrien berichtet, und dem Epiphaniefest sprechen. 5.3. Die Einführung des

Weihnachtsfestes

Im Jahr nach dem Konzil von Ephesus wurde Bischof Paul von Emesa 3 2 in Syrien von Johannes, dem Bischof von Antiochien 33 , im Namen der orientalischen Bischöfe, die sich geweigert hatten, der Verurteilung des Nestorius auf

wahrscheinlich, daß Epiphanie erst in der Mitte des vierten Jahrhunderts nach Ägypten kam und keine direkte Abhängigkeit zwischen dem Geburtsfest Jesu am 6. Januar und dem von den Basilidianern im zweiten Jahrhundert berichteten Tauffest Jesu am 10. Januar (nur einige feierten es am 6. Januar) besteht? Immerhin hat auch der Wechsel der Festthematik des Epiphaniefestes im Osten vom Geburtsfest zum Tauffest im Zusammenhang der Einführung des Weihnachtsfestes stattgefunden. Und dieser Wechsel ist sicher nicht von Ägypten ausgegangen. So stellt sich die Frage, ob nicht sowohl dem Fest der Basilidianer wie auch dem Fest der Kirche ein heidnisches Fest als Anlaß zur Einführung dieses Festes gedient hat. Vgl. zu dieser Stelle bei Johannes Cassian u. a. auch H. USENER, Weihnachtsfest, S. 329f, L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. XII. und über Epiphanias, Sp. 2, H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. II., S. 4, B. BOTTE, Origines, S. 11, CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 258f, F. LEMARIE, La manifestation du Seigneur, S. 41, R.-G. COQUIN, Les origines de l'Epiphanie en Egypte, S. 139, und I. H. D A L M A I S , Liturgie und V o l k s f r ö m m i g k e i t . Die Feier des Weihnachtszyklus in den Kirchen des Orients, in: Conc(D) 13, 1977, S. 78-84, dort S. 81. 31 F . MANN, Art. Epiphanias, S. 763, bemerkt hierzu mit Recht: „Cassianus kommt dann auch auf den Brauch zu sprechen, im Zusammenhang mit dem Epiphaniasfest (als dem ersten festen Punkt des Jahres) die (beweglichen) Feste des Osterfestkreises im jeweils laufenden Jahr anzukündigen. Dieser Brauch findet, wie er sagt, nach antiqua traditio statt, was voraussetzt, daß das Epiphaniasfest in Ägypten zu dieser Zeit als ein altes Fest der Kirche empfunden wird. Auch die anderen Zeugnisse des Epiphaniefestes im Osten... berechtigen... nicht, das Datum der Entstehung des Epiphaniasfestes über das erste Viertel des 4. Jh. hinaus zu verlegen." 32 Für die von Paul von Emesa erhaltenen Schriften vgl. M. GEERARD, Clavis Patrum Graecorum. Vol. III. A Cyrillo Alexandrino ad Iohannem Damascenum, Turnhout 1979 (=CChrClavis Patrum Graecorum), S. 232f. 33 Nestorius hielt sich ab September 431 für vier Jahre in einem Kloster bei Antiocheia auf. Im Jahr 435 wurde er nach Oberägypten in die Verbannung geschickt. Vgl. H. R. DROBNER, Patrologie, S. 371f, sowie J. QUASTEN, Patrology III, S. 414.

172

Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

dem Konzil von Ephesus zuzustimmen, zu Bischof Kyrill von Alexandrien 34 geschickt, um den kirchlichen Frieden zu vermitteln35. Bischof Paul von Emesa hielt am 29. Chojak (dem 25. Dezember) 432 3 6 eine Predigt auf die Geburt Jesu, und predigte ein weiteres Mal am 6. Tybi (1. Januar)37 433. Diese Predigt hielt er ebenfalls in der großen Kirche in Alexandrien vor Bischof Kyrill. Damit haben wir den 25. Dezember 432 als den ersten sicheren Zeitpunkt einer Feier des Weihnachtsfestes in Alexandrien. Während nun einige Forscher die Auffassung vertreten, daß erst nach dem Konzil von Ephesus das Weihnachtsfest eingeführt wurde 38 , weisen andere nur darauf hin, daß es sich um die erste

34 K y r i l l w a r von 4 1 2 bis 4 4 4 Bischof von A l e x a n d r i e n . Vgl. f ü r sein L e b e n H. R . D R O B N E R , Patrologie, S. 3 6 9 - 3 7 9 . Er charakterisiert die Person des Kyrill folgendermaßen (vgl. S. 369f): „Er ererbte von ihm (d. i. von seinem Onkel Theophilus; d. Verf.) nicht nur seine M a c h t und A m b i t i o n e n , sondern auch die Energie, politische Befähigung, Härte gegenüber seinen Gegnern und das Fehlen von Skrupeln." 35 Vgl. hierzu H. USENER, Weihnachtsfest, S. 330f. Siehe zu der Mission des Bischofs Paul von Emesa auch D. STIERNON, Art. Paul of Emesa, in: EECh, S. 663; „At the council of Ephesus (431) he was one of the synod headed by John of Antioch which excommunicated Cyril of Alexandria and M e m n o n of Ephesus. In 432, John made him a m b a s s a d o r in Alexandria in charge of peace talks with Cyril, giving him what would later be the Creed of Union. At Alexandria, having agreed to excommunicate Nestorius and recognize Maximian as bishop of Constantinople, P(aul) was received into communion by Cyril and several times invited to preach in the cathedral." 36 V g l . A C O I, I, 4, S. 9 - 1 1 , dort S. 9: ,,'OpiA.ia riorétan) ÈTUCTKÔTCOU 'Eixéariç A.ex0eîaa X o i à K ic9 év xr|i |IEY(XXT|I ÈKKÀT|ciat ' A X e ^ a v S p E Î a ç , KaOrmévou toî> H a r a p i o u KupiAAou, eiç r p v yévvav TOB Xpiaxoîi Kai o n GEOTÔKOÇ F| â y i a rcapôévoç M a p i a Kai o n où 5ii>o v i a ù ç XÉyo|IEV, àXX' ë v a uiov KÛpiov TÔV Xpioxôv, Kai eiç xôv àpxiE7tioK07t0v éyKœnia." 37 ES sei nur darauf hingewiesen, daß auch zu dieser Zeit die ägyptischen Monate in der Liturgie noch nicht den julianischen M o n a t e n angeglichen waren, e n t g e g e n der von G. BICKELL für P. Vindob. G. 2326 geäußerten These. 38 V g l . hierfür u.a. H. R A H N E R , Das christliche M y s t e r i u m von Sonne und M o n d , S. 195: „Und in Alexandrien... zieht Weihnachten ein nach d e m Konzil von Ephesus von 4 3 1 . . . In der lichterfüllten Basilika hält Paulus aus Emesa, der uralten Sonnenstadt, die erste Weihnachtspredigt." Vgl. auch H. LECLERCQ, Art. Nativité, Sp. 922, der eine vermittelnde Position einnimmt: „ C o m m e l'évêque d ' E m è s e , Paul, prêcha, le 25 décembre 432, dans la grande église d'Alexandrie, un sermon retentissant en l'honneur de la naissance de JésusChrist, on est autorisé à croire que la fête de Noël avait été introduite en Egypte avant le départ de Cassien et le discours de l'évêque Paul. Elle a pu être adoptée vers 430, peut-être après le concile œcuménique d ' E p h è s e , en 431, qui amena des rapports plus directs entre R o m e et les diverses Eglises orientales." K. PRÜMM, Zur Entstehung der Geburtsfeier des Herrn in Ost und West, S. 217, ist sich hinsichtlich der Gründe für die Einführung des Weihnachtsfestes sehr sicher: „Die A u f n a h m e des Weihnachtstages in den Festkreis von Alexandrien steht weiterhin nachweislich im Zusammenhang mit den nestorianischen Wirren und ist in d e m Jahre nach dem Ephesinum, das die Gottesmutterschaft der Jungfrau feierlich als Glaubenssatz verkündet hat, erfolgt (432 n. Chr.)"

5. Die Entwicklung der beiden Feste in Ägypten

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erhaltene Predigt zum Weihnachtsfest in Ägypten handelt 39 . In den Predigten selbst findet sich kein Hinweis darauf, daß es sich um die erste Feier des Weihnachtsfestes in Alexandrien handelt 40 . So darf man vermuten, daß Kyrill aus kluger Überlegung schon vor dem Konzil von Ephesus das Weihnachtsfest in Alexandrien eingeführt hat, um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, daß er nicht in Einheit mit der Kirche stehe. Eine solche Abweichung von der liturgischen Tradition sowohl der römischen Kirche wie auch aller östlichen Kirchen mit Ausnahme von Jerusalem 41 hätte dem Gewicht seiner Auffassungen sehr geschadet42. An der Entwicklung in Ägypten sind zwei Aspekte auffällig: einerseits wurde das Weihnachtsfest zwar erst sehr spät eingeführt, es sind aber andererseits überhaupt keine Probleme im Zusammenhang mit der Einführung des Weihnachtsfestes überliefert. Johannes Cassian berichtet noch, daß man am Epiphaniefest in Alexandrien auch die Geburt Christi feiert. Die in zeitlicher Abfolge nächste Nachricht über Epiphanie und Weihnachten in Ägypten ist eine Weihnachtspredigt aus der großen Kirche in Alexandria43. Von einem Streit um die Berechtigung, das Weihnachtsfest zu feiern, wie er zwischen Hieronymus und der Gemeinde in Jerusalem stattgefunden hat, ist nichts überliefert. Auch das scheint darauf hinzuweisen, daß das Epiphaniefest in Jerusalem und nicht in Ägypten entstanden ist44. Im nächsten Abschnitt soll nun die Situation in Mailand zur Zeit des Ambrosius dargestellt werden. Die engen Beziehungen, die zwischen Ambrosius und den östlichen Kirchen bestanden, allen voran Alexandrien, sind allgemein bekannt, so daß der geographische Schritt von Ägypten nach Mailand gerechtfertigt scheint. 39 Vgl. u.a. TH. J. TALLEY, Origins, S. 141: „It was only in the fifth century, in any case, that the festival of December 25 was adopted at Alexandria. There, following the Council of Ephesus, Paul of Emesa preached before St. Cyril on December 25, 432... This marks the first celebration of the nativity on December 25 at Alexandria of which we have record." Vgl. auch F. NIKOLASCH, Art. Epiphanie. III., Sp. 721, sowie A . M E Y E R , Weihnachtsfest, S. 48. ^ B e i d e Predigten kreisen um dogmatische Fragen, die sich im Zusammenhang des Streites um die Lehre des Nestorius ergeben haben. 41 Ob in Armenien in dieser Zeit das Weihnachtsfest begangen wurde, ist nicht bekannt, abgeschafft wurde es unter dem Katholikos Johannes Mandakuni, der um 480 starb. 42 Die von TH. J. TALLEY, Origins, S. 141, geäußerte Vermutung, daß dogmatische Überlegungen zur Einführung des Epiphaniefestes geführt hätten, läßt sich anhand der ältesten erhaltenen Weihnachtspredigt sicher nicht belegen, sie spiegelt nur die Differenzen zwischen Nestorius und Kyrill wieder, zwischen denen Paulus von Emesa zu vermitteln sucht. 43 Vgl. hierzu auch B. BOTTE, Origines, S. 11, sowie L. DUCHESNE, Origines du culte chrétien, S. 273. 44 F . MANN, Art. Epiphanias, S. 767, beurteilt die Quellen allerdings anders: „Nach allem bleibt Ägypten, das die Inhalte der Geburt und der Taufe Jesu bis ins 5. Jh. beibehielt, das wahrscheinlichste Ursprungsland des Epiphaniasfestes."

6. Mailand 6.1. Einleitung Die Geschichte des Epiphaniefestes und des Weihnachtsfestes in Mailand historisch richtig zu erfassen, gehört sicher zu den schwierigsten Aufgaben dieser Arbeit. Die Quellenlage ist eigentlich gut, die Interpretation dieser Quellen ist jedoch nicht einfach. Als wichtigste Quelle ist Ambrosius von Mailand anzuführen. Die Stellen in seinen Werke, welche Aussagen über die Geschichte der beiden Feste zulassen, geben jedoch zu unterschiedlichsten Interpretationen Anlaß. So soll zuerst die Ausgangslage bestimmt und die Forschungsgeschichte dargestellt werden, bevor eine neue Hypothese gewagt wird. Als Quellen bei Ambrosius sind im einzelnen anzuführen und zu diskutieren: die Predigt des Liberius, die Ambrosius in De Virg. III, 1 überliefert, eine Bemerkung im Lukaskommentar des Ambrosius und die Hymnen Inluminans altissimus und Intende qui regis Israel. Neben Ambrosius, dem die Forschung eine große Aufmerksamkeit gewidmet hat, sind dann jedoch noch die mailändischen Sakramentare hinzuzuziehen, die bisher nicht weiter für die Geschichte des Epiphaniefestes in Mailand ausgewertet wurden. Mit ihrer Hilfe wird es möglich sein, die Andeutungen, die sich in den Werken des Ambrosius finden, genauer einzuordnen. 6.2. Ambrosius von Mailand als geschichtliche Quelle für Weihnachten und Epiphanie 6.2.1. Die Liberiuspredigt des Ambrosius Ambrosius 1 komponierte im Jahr 376 oder 377 einen Brief an seine Schwester Marcellina, in dem er auf ihre Nonnenweihe zu sprechen kommt 2 . In diesem Brief zitiert er eine Predigt, die Papst Liberius anläßlich der Nonnenweihe der Schwester des Ambrosius in Rom gehalten haben soll. Auch wenn dieser Text in der literarischen Form eines Briefes überliefert ist, scheint doch eine Predigt die eigentliche Grundlage der Ausführungen des Ambrosius dargestellt zu

'Bischof Ambrosius von Mailand wurde um 333/334 oder 339/340 in Trier geboren und kam nach dem Tod des Vaters nach Rom; er wirkte als Statthalter der Provinz AemiliaLiguria mit Amtssitz in Mailand, bevor er am 7.12.373 oder 374 zum Bischof geweiht wurde. Am 4. April 397 starb er. Zu diesen Angaben vgl. B. ALTANER/A. STOIBER, Patrologie, S. 3 7 8 - 3 8 9 ; H. R. D R O B N E R , Patrologie, S. 2 5 7 - 2 6 7 , sowie auch J. Q U A S T E N , Patrology. Bd. 4, S. 144-180. 2 Vgl. De. Virg. III, 1 - 3 ; PL 16, Sp. 219-221.

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haben3. Diese Nonnenweihe hat an einem Fest stattgefunden, dessen Festinhalt die Geburt Jesu, die Hochzeit zu Kana und die Speisung der 4000 umfaßte. Bevor das Fest, auf das sich Ambrosius hier bezieht, bestimmt werden kann, muß zuerst noch die Frage gestellt werden, ob Ambrosius hier ein Zeugnis der römischen Liturgie darbietet oder ob seine Aussagen nur für die Mailänder Liturgie Geltung besitzen. Auch wenn einige Forscher annahmen, daß diese Predigt, die von Ambrosius dem römischen Bischof Liberius in den Mund gelegt wird, auf eine tatsächlich in Rom gehaltene Predigt zurückgehe 4 , darf man doch als sicher annehmen, daß es sich bei dieser Predigt um eine Komposition des Ambrosius handelt, die er nur dem Bischof Liberius in den Mund legt5. Nach der Einleitung in die Liberiuspredigt, die Ambrosius in Virg. 111,1 gibt, hatte die Jungfrauenweihe seiner Schwester am Tag der Geburt Jesu in der Kirche des heiligen Petrus in Rom stattgefunden. In der fiktiven Ansprache des Liberius wird dann noch einmal das Geburtsfest Jesu erwähnt: „Eine gute Hochzeit, sprach er, Tochter, hast du ersehnt. Du siehst, wie zahlreich am Geburtsfest deines Bräutigams das Volk zusammengeströmt ist, und niemand kehrte hungrig zurück. Dieser ist es, der, als er zur Hochzeit eingeladen war, Wasser in Wein verwandelte. Auch dir wird er die aufrichtige Weihe der Jungfräulichkeit zukommen lassen, die du früher ausgesetzt warst den unedlen Elementen der stofflichen Natur. Dieser ist es, der mit fünf Broten und zwei Fischen viertausend Menschen in der Wüste speiste. Und er hätte noch mehr speisen können, wenn damals noch mehr zu speisen gewesen wären. Schließlich hat er zu deiner Hochzeit noch mehr geladen: aber jetzt wird kein Brot aus Gerste gereicht, sondern ein Leib aus dem Himmel. Heute ist er zwar gemäß seiner menschlichen Natur als Mensch aus der Jungfrau geboren 3

Vg. J. QUASTEN, Patrology. Bd. 4, S. 167: „Ambrose composed this work for his sister, Marcellina, in the form of a letter. However, the prevailing thesis — admittedly not unanimous — tends to a homiletic origin. It was definitely completed by December 377." 4 V g l . hierzu: F. C. CONYBEARE, The History of Christmas, S. 2; H. USENER, Weihnachtsfest, S. 275; K. A. H. KELLNER, Heortologie, S. 109f; W. HARTKE, Über Jahrespunkte und Feste insbesondere das Weihnachtsfest, S. 60; H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche III, S. 326, sowie auch H. LIETZMANN, Petrus und Paulus in Rom, S. 107. 5 Vgl. dazu: L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. XII. und über Epiphanias, Sp. 6; H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I. Die Feier der Feste natalis Salvatoris und epiphania in Mailand zur Zeit des Bischofs Ambrosius, in: JLW 12, 1933, S. 145-155, dort S. 145f; H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes im Lichte neuerer Forschung, S. 12; E. CASPAR, Kleine Beiträge zur älteren Papstgeschichte, in: ZKG 46. Bd. / NF 9, 1928, S. 321-355, dort S. 353-355; vgl. auch B. BOTTE, Origines, S. 36, der eher vorsichtig die Problematik dieser Ansprache des Liberius zusammenfaßt: „On a émis l'hypothèse que le disours de Libère, au moins dans sa forme actuelle, est de S.Ambroise et non de Libère et qu'il représente non la tradition romaine de 354, mais celle de Milan vers 377."

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worden, aber vor aller Zeit wurde er gezeugt aus dem Vater; ein Abbild der Mutter in der körperlichen Gestalt, ein Abbild des Vaters in seiner Macht."6 Die verschiedenen Festinhalte kommen klar zur Geltung: Die Geburt Jesu Christi, die Hochzeit zu Kana und die Speisung der Viertausend. Allerdings stellt sich die Frage, um welches Fest es sich hier handelt, ob Weihnachten oder Epiphanie von Ambrosius als „Fest der Geburt Jesu" angesehen wird. Falls man der wahrscheinlichen Hypothese folgt, daß dieser Text nur etwas über die Liturgie Mailands zur Zeit des Ambrosius aussagt, so steht auf jeden Fall fest, daß die Mailänder Liturgie gegenüber der römischen Liturgie eine sehr große Eigenständigkeit bewahrt hat und daß gerade durch Ambrosius starke östliche Einflüsse nach Mailand gekommen sind 7 . Berger löst diese Problematik mit einer sehr einfachen Argumentation: „Es wäre Überlegens wert, ob die Erwähnung der Hochzeit von Kana und der wunderbaren Brotvermehrung in der Liberiuspredigt nicht einfach von der Tatsache der Meßfeier, des eucharistischen Mahles herzuleiten ist. Dann entfielen alle Spekulationen über den Inhalt des natale Salvatoris, an dem diese Predigt gehalten wurde." 8 Auch wenn diese Argumentation eher gewagt ist, so neigt doch ein großer Teil der Forscher dazu, aus diesem Text die Hypothese abzuleiten, daß es sich um eine für das Mailänder Weihnachtsfest geschriebene Predigt handelt 9 . Allerdings finden sich auch Stimmen, die mit guten 6 Bonas, inquit, filia, nuptias desiderasti. Vides quantus ad natalem sponsi tui populus convenerit, et nemo impastus recedit. Hic est qui rogatus ad nuptias aquam in vina convertit. In te quoque sincerum sacramentum conferet virginitatis, quae prius eras obnoxia vilibus naturae materialis elementis. Hic est qui quinque panibus et duobus piscibus quatuor milia populi in deserto pavit. Plures potuit, si plures iam tune qui pascerentur fuissent. Denique ad tuas nuptias plures vocavit: sed iam non panis ex hordeo, sed corpus ministratur e caelo. Hodie quidem secundum hominem homo natus ex virgine, sed ante omnia generatus ex patre, qui matrem corpore, virtute referai patrem. 7 Z u r liturgischen Eigenständigkeit Mailands vgl. TH. MICHELS, Noch einmal die Ansprache des Papstes Liberius bei Ambrosius, de uirg. III l , l f f , S. 106f. 8 Vgl. R. BERGER, Ostern und Weihnachten. Zum Grundgefüge des Kirchenjahres, Anm. 66. Ähnlich F. MANN, Art. Epiphaniasfest, S. 765: „Unvoreingenommen betrachtet, beschreibt der Text nur einen Festgegenstand, die Geburt Jesu, wobei in Rom nur das seit 336 gefeierte Weihnachten in Frage kommen kann. Die Erwähnung der Hochzeit zu Kana und das Wunder der Brotvermehrung stehen nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem geschilderten Fest. Grund f ü r ihre Erwähnung sind die äußeren Umstände dieses Weihnachtsfestes: die Profeß der Marcellina und die große Menge der Mitfeiernden." 9 Vgl. dazu CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 271: „Je considère avec Dom Frank le soidisant sermon du Pape Libère, De virg 3, 1-14, dont j'ai déjà parlé, comme un sermon fait à Noël pour la consécration des vierges, qui, par conséquent, ne peut rien nous apprendre au sujet de l'Epiphanie." Siehe auch H. FRANK, Frühgeschichte und Ursprung des römischen Weihnachtsfestes im Lichte neuerer Forschung, S. 12: „Man muß sie als Zeugnis für römischen Festbrauch fallen lassen, man darf sie nur noch als Zeugnis für die mailändische Liturgie heranziehen, wie es verschiedentlich auch geschehen ist, allerdings mit entgegengesetztem Ergebnis, indem die einen den Text als eine von Ambrosius verfaßte und

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Argumenten dafür plädieren, daß die Predigt für das Epiphaniefest geschrieben wurde, daß also die alte Mailänder Liturgie noch zur Zeit des Ambrosius der Geburt Jesu am 6. Januar gedachte10. Michels führt ein wichtiges Argument an: „Geburt Christi und Hochzeit von Kana mit Weinwunder bilden neben dem feiernden Gedenken an die Taufe Jesu im Jordan im Morgen- und Abendland den Festinhalt des 6. Januar, wenn auch nicht alle drei Mysterien in allen Jahrhunderten und in allen Liturgien gleichmäßig erwähnt und gefeiert werden. Das Speisewunder läßt sich nur für das mailändisch-spanisch-gallischfränkische Liturgiegebiet nachweisen." 11 Auch wenn er den Festinhalt der Magier nicht erwähnt, die im römisch dominierten Westen den Inhalt des Epiphaniefestes bildeten, so ist doch die Verbindung von Geburt Jesu, Hochzeit zu Kana 12 und Speisewunder als mögliche Kombination der Festinhalte am Epiphaniefest alleine schon ein wichtiger Hinweis dafür, daß Ambrosius vielleicht doch das Epiphanie- und nicht das Weihnachtsfest meint. Weiter wird von Usener ein wichtiges Argument angeführt: Das Epiphaniefest war seit alter Zeit einer der Tage, an denen eine Jungfrauenweihe stattfinden durfte 13 . Aus der Liberiuspredigt alleine kann man also nur mit sehr großer Sicherheit ableiten, daß es sich um eine Komposition des Ambrosius gehandelt

dem Papst Liberius in den Mund gelegte Epiphaniepredigt betrachten, ich hingegen in ihm eine ambrosianische Weihnachtspredigt sehe." Vgl. auch H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. V. Das Speisewunder an Epiphanie bei Pseudo-Alkuin, De divinis officiis und im Ordo Romanus antiquus, in: JLW 13, 1935, S. 30-38, dort S. 37: „Aus all diesen Beobachtungen ergibt sich mit größter Wahrscheinlichkeit, daß Ambrosius bereits im J. 377 mit natalis salvatoris das Weihnachtsfest des 25. Dezember gemeint hat." Siehe auch H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I. Die Feier der Feste natalis Salvatoris und epiphania in Mailand zur Zeit des Bischofs Ambrosius, S. 147. B. BOTTE, Origines, S. 41, lehnt die Möglichkeit, daß es sich um eine Epiphaniepredigt handeln könne, ab: „Est-il vraisemblable, d'après cela, que S. Ambroise quelques années auparavant, vers 377, ait fêté le 6 janvier la Nativité et le miracle de Cana, à l'exclusion du 25 décembre, comme le supposent ceux qui lui attribuent la rédaction du discours de Libère? On peut répondre hardiment non." Vgl. auch R. BERGER, Ostern und Weihnachten, S. 13. 10 Zur These, daß es sich um eine Predigt für den 6. Januar handelt, vgl. K. HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 141. Siehe auch E. CASPAR, Papstgeschichte, S. 352. Auf S. 355 faßt CASPAR seine Ergebnisse so zusammen: „Aber die Liberiuspredigt ist nicht ein „wunderliches" Zeugnis für eine noch nach Jahrzehnten amtlich vom römischen Bischof selbst festgehaltene Herrengeburtsfeier am alten Termin des 6. Januar, sondern vielmehr ein Zeugnis dafür, daß der neue römische Weihnachtstermin zu Ambrosius' Zeit in Mailand und Oberitalien (wo sogar im 5. Jh. der alte Termin des 6. Januar noch bekannt gewesen ist) noch nicht durchgedrungen war." " V g l . TH. MICHELS, Noch einmal die Ansprache des Papstes Liberius bei Ambrosius, de uirg. III 1,1 ff, S. 106f. 12 Epiphanius von Salamis erwähnt als Festinhalte des Epiphaniefestes die Geburt und die Hochzeit zu Kana; eine Feier der Taufe Jesu findet nach ihm im November statt. 13 Vgl. H. USENER, Weihnachtsfest, S. 278f; darauf weist auch H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche III, S. 326, hin.

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hat, daß sie also nur für die Mailänder Liturgie Geltung besitzt. Die weiteren Festinhalte, die neben der Geburt Jesu erwähnt werden, deuten darauf hin, daß es sich um das Epiphaniefest handelt, auf das Ambrosius in diesem Text Bezug nimmt. An diesem Punkt herrscht jedoch keine Einigkeit in der Forschung14. 6.2.2. Der Lukaskommentar des Ambrosius In seinem Lukaskommentar (IV 76) erwähnt Ambrosius im Rahmen der Auslegung der Perikope vom reichen Fischfang (Lk 5,4ff), daß man sich ab dem Epiphaniefest zur Taufe eintragen solle (die dann an Ostern stattfindet), und beklagt sich darüber, daß sich noch niemand zur Taufe eingetragen hat15. Hinter dieser Stelle steht wohl eine Anfang des Jahres 382 oder 383 gehaltene Predigt16. Aus dieser Bemerkung wird häufig gefolgert, daß die Taufe Jesu der alleinige Festinhalt des Epiphaniefestes in Mailand zur Zeit des Ambrosius gewesen sei 1 7 : „Aus dem Lukas-Kommentar geht hervor, daß er die Katechumenen an diesem Tag aufforderte, sich für die Taufe einzutragen. Dieser Brauch, dem wir ja auch bei Maximus begegnet sind, macht es

FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I., S. 152, wirft noch ein weiteres Argument in die Diskussion: „Und noch eines: Wir stehen 377 in einer Zeit, wo das Fest des 25. D e z e m b e r sich sogar schon im Orient einbürgerte, und es findet sich im Abendland kein Beispiel, welches zeigen könnte, daß das gleiche Fest im letzten Viertel des 4. Jh. noch nicht eingeführt war." Hierzu ist allerdings zu bemerken, daß im Jahr 377 weder in Jerusalem, noch in Antiocheia, weder in Konstantinopel, noch in Alexandrien Weihnachten gefeiert wurde. Es mag sein, daß das Weihnachtsfest im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts dabei war, seinen Eroberungszug durchzuführen, vollbracht war er jedoch noch bei weitem nicht. 15

Vgl. Expositio evangelii secundum Lucam IV 76, vgl. G. TISSOT, Ambroise de Milan. Traité sur l'Évangile de S. Luc. I. Livres I - I V . Texte Latin, Introduction, Traduction et Notes, Paris 1971 (=SC 45bis), S. 180: »Praeceptor«, inquit (Petrus), »per totam noctem nihil cepimus; sed in verbo tuo laxabo retia.« et ego, domine, scio quia nox mihi est, quando non imperas. nemo adhuc dedit nomen suum, adhuc noctem habeo; misi iaculum vocis per epifania et adhuc nihil cepi, misi per diem. „Lehrer, sprach Petrus, die ganze Nacht hindurch haben wir nichts gefangen, aber auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen. Und ich weiß, Herr, daß es für mich Nacht ist, wenn du nicht befiehlst. Bisher hat noch keiner seinen Namen eingetragen, bis jetzt habe ich noch Nacht. Ich werfe den Speer meiner Stimme aus durch Epiphanias und habe bis jetzt nichts gefangen, und so werfe ich auch am Tage." 16 Vgl. dazu H. FRANK, Die Vorrangstellung der T a u f e Jesu in der altmailändischen Epiphanieliturgie und die F r a g e nach d e m Dichter des E p i p h a n i e h y m n u s I n l u m i n a n s altissimus, in: A L W 13, 1971, S. 115-132, dort S. 115. H. LIETZMANN, Geschichte der Alten Kirche. Bd. III), S. 323, datiert vorsichtiger auf die Zeit um 385. 17 Vgl. F. LEMARIÉ, La manifestation du Seigneur, S. 48: „A Milan, saint Ambroise ( t 397) connaît les deux solennités et nous dit q u ' a u jour de l'Epiphanie les aspirants au baptême se faisaient inscrire, — détail qui nous incite à conclure q u ' u n e place était réservée dans la liturgie milanaise au mystère du B a p t ê m e dans le Jourdain le 6 j a n v i e r . " Vgl. auch H. FRANK, Die Vorrangstellung der Taufe Jesu in der altmailändischen Epiphanieliturgie, S. 115, sowie H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I., S. 148.

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wahrscheinlich, daß die Taufe Christi auch für Ambrosius der Festinhalt von Epiphanie war." 18 Mohrmann weist darauf hin, daß sich aus dieser Stelle nur ableiten lasse, daß es üblich war, sich zu Epiphanie zur Taufe an Ostern einzutragen 19 . Auch wenn Frank sich sehr bemüht, aufgrund gerade dieser Stelle bei Ambrosius die Taufe als ursprünglichen Festinhalt von Epiphanie in Mailand aufzuweisen 20 , so sind doch Schlußfolgerungen, welche über die von Mohrmann gewonnenen Erkenntnisse hinausgehen, nicht durch den Text gerechtfertigt. Ja, falls die Taufe Jesu im Jordan wirklich der einzige Festinhalt von Epiphanie in Mailand gewesen wäre, warum wurde dann in Mailand an Epiphanie nicht getauft, wie es doch schon zur Zeit des Ambrosius in Tarragona Sitte war 21 ? Auch der Lukaskommentar des Ambrosius kann also keine eindeutigen Informationen über den Festinhalt des Epiphaniefestes in Mailand liefern. 6.2.3. Die beiden Hymnen des Ambrosius Zwei Hymnen, als deren Autor Ambrosius gilt, der Hymnus Inluminans altissimus und der Hymnus Intende qui regis Israel, werden gerne als Beweis dafür angeführt, daß zur Zeit des Ambrosius Weihnachten und Epiphanie als getrennte Feste gefeiert wurden. 6.2.3.1. Der Hymnus Inluminans

altissimus

Auch wenn der Hymnus Inluminans altissimus, der für das Epiphaniefest gedichtet wurde, neben der Taufe, den Magiern und der Hochzeit zu Kana auch noch die Speisung der Fünftausend (im Gegensatz zur Liberiuspredigt, die die Speisung der Viertausend erwähnt) anführt, so sind doch die meisten Forscher der Meinung, daß nur die ersten drei erwähnten Gegenstände Inhalt des Epiphaniefestes waren, auf das sich dieser Hymnus bezieht 22 . Allerdings ist das größere Problem, das dieser Hymnus aufgibt, nicht die Frage der Festinhalte, 18 Vgl. A. MUTZENBECHER, Der Festinhalt von Weihnachten und Epiphanie in den echten Sermones des Maximus Taurinensis, in: StPatr V, 1962, S. 109-116, dort S. 115. 19 V g l . CH. M O H R M A N N , Epiphania, S. 271: „Pour l'Epiphanie nous avons un témoignage dans Comm. in Luc. 4,76, d'où nous devons conclure qu'à Milan on se faisait inscrire à l'Epiphanie pour être baptisé à Pâques." 20 V g l . v.a. H. FRANK, Die Vorrangstellung der Taufe Jesu in der altmailändischen Epiphanieliturgie, S. 115-132. 21 Unter Berufung auf den Comm. in Luc. II 83-95 weist H. FRANK, Art. Epiphanie, Sp 943, glaubwürdig nach, daß zur Zeit des Ambrosius das Taufsakrament an Epiphanie nicht gespendet wurde. 22 K . HOLL, Der Ursprung des Epiphaniefestes, S. 139 f, versucht nachzuweisen, daß auch die Speisung der Fünftausend Teil des Festinhaltes war, während L. FENDT, Der heutige Stand der Forschung über das Geburtsfest Jesu am 25. XII. und über Epiphanias, Sp. 5, H. F R A N K , Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I., S. 146, und CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 259, nur von drei Festinhalten sprechen. Den philologisch überzeugenden Nachweis für diese Auffassung liefert B. BOTTE, Origines, S. 41^14.

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Kapitel 2: Geschichtliche

Entwicklung

sondern die Frage seiner Echtheit. Auch wenn Frank sich bemüht, gegen gewichtige Argumente den Hymnus als einen echten Hymnus des Ambrosius zu erweisen, so sind seine Argumente doch nicht überzeugend23. So wird die Echtheit des Hymnus von vielen Forschern bestritten24. Falls es je gelingen sollte, die Echtheit dieses Hymnus nachzuweisen, mag er als Beweis für den Inhalt des mailändischen Epiphaniefestes zur Zeit des Ambrosius hinzugezogen werden. Da seine Echtheit jedoch mehr als zweifelhaft ist, kann er nur als Zeugnis einer späteren Zeit gelten. 6.2.3.2. Der Hymnus Intende qui regis Israel Die Echtheit dieses Hymnus des Ambrosius gilt als sicher 25 . „Daß er Weihnachten gefeiert hat, bezeugt uns sein Hymnus »Intende qui regis Israel.« Seine Hauptanliegen sind die jungfräuliche Geburt Christi und Aussagen über seine Natur. Christus ist Gott und Mensch zugleich. Die Betonung liegt dabei auf der Gottnatur, auf welche viermal angespielt wird. Dazu kommen Hinweise auf die Niederfahrt zur Hölle und die Rückkehr zu Gott, auf das neue Licht und auf die Heilsbedeutung." 26 Unter Hinweis auf die Lichtsymbolik bemerkt Frank: „Daß er sich bei den Worten des Hymnus praesepe iam fulget tuum / lumenque nox spirat novum des religionsgeschichtlichen Zusammenhanges 23

Vgl. H. FRANK, Zur Geschichte von Weihnachten und Epiphanie. I., S. 145 u. 147; ausführlich legt er seine Auffassung in einem späteren Artikel dar: vgl. H. FRANK, Die Vorrangstellung der Taufe Jesu in der altmailändischen Epiphanieliturgie, S. 118-132. Die Echtheit des Hymnus behauptet auch TH. MICHELS, Noch einmal die Ansprache des Papstes Liberius bei Ambrosius, de uirg. III 1,1 ff, S. 107; F. MANN, Art. Epiphanie, S. 765, behauptet: „An der Autorschaft des Ambrosius muß festgehalten werden... Berücksichtigt man die oben erwähnte Aufforderung zur Taufeinschreibung für Ostern, so wird hier als Festgegenstand die Taufe Jesu im Vordergrund gestanden haben." 24 ES sei hier nur auf CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 272, verwiesen, wo sie bemerkt: „Je dois cependant indiquer que cette pièce présente quelques particularités de style qui permettent difficilement de continuer à considérer S. Ambroise comme son auteur. Ces particularités ont récemment été mises en évidence par Manlio Simonetti dans une étude sur les hymnes chrétiennes les plus anciennes... La question d'auteur de cette hymne devrait être étudiée à nouveau, mais pour le moment il me semble dangereux de tirer de cette pièce des conclusions sur la célébration de l'Epiphanie par Ambroise." Auch A. MUTZENBECHER, Der Festinhalt von Weihnachten und Epiphanie in den echten Sermones des Maximus Taurinensis, S. 115, schließt sich dieser Meinung an. Auch die warnenden Worte von B. BOTTE, Origines, S. 42f, sind nicht zu vernachlässigen: „L'authenticité reste au moins douteuse. S'il fallait cependant attribuer cette hymne à S. Ambroise, elle représenterait un stade de la fête de l'Epiphanie plus avancé que celui décrit par Filastrius." 25 Vgl. u.a. CH. MOHRMANN, Epiphania, S. 271: „L'hymne de Noël Intende qui regis Israel dont la première strophe est peut-être inauthentique mais dont la reste est d'une authenticité certaine, nous est un garant pour la célébration de Noël." Vgl. H. R. DROBNER, Patrologie, S. 266, und J. QUASTEN, Patrology Bd. 4, S. 178. 26 Vgl. A. MUTZENBECHER, Der Festinhalt von Weihnachten und Epiphanie in den echten Sermones des Maximus Taurinensis, S. 113.

6. Mailand

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des Natalis Christi mit dem Natalis Solis Invicti im Sinne der Überwindung des heidnischen Sonnenfestes vom 25. Dezember durch Christi Geburtstag bewußt war, möchte ich noch stärker vermuten, als ich es beim Redaktor der Weihnachtsorationen der römischen Sakramentare anzunehmen geneigt bin." 27 Allerdings wäre, falls das Fest, auf das sich die Liberiuspredigt bezieht, das Epiphaniefest sein sollte, eine Argumentation fatal, die sich einzig auf den Festinhalt bezieht, wie es bei dem Hymnus Intende qui regis Israel der Fall ist. Falls also das Mailänder Epiphaniefest zur Zeit des Ambrosius als wichtigsten Festinhalt die Geburt Jesu feierte, wie das ja auch zu dieser Zeit noch in einem großen Teil der Kirchen des Ostens der Fall war, so hätte Ambrosius diesen Hymnus für das Epiphaniefest gedichtet, auch wenn sein Inhalt „weihnachtlich" klingen mag. 6.2.4. Der Festinhalt des Epiphaniefestes nach dem Zeugnis dreier Mailänder Sakramentare Die Handschrift C 43 der Zentralbibliothek in Zürich (C), ein ambrosianisches Sakramentar, das die Mailänder Liturgie wiederspiegelt, gibt die folgenden Orationen für das Epiphaniefest. Hinter die Orationen sind die entsprechenden Sigla für zwei andere ambrosianische Sakramentare, das Sakramentar von Biasca ( P ) und das Sakramentar D 3-3 aus dem mailändischen Metropolitankapitel (30), ebenso angeführt wie die Sigla der römischen Sakramentare, wenn diese dieselben Orationen bieten, unter Angabe der jeweiligen Nummer dieser Oration (