Die Chronik des Klosters Lüne über die Jahre 1481-1530: Hs. Lüne 13 9783161565892, 9783161565908, 3161565894

Im Kloster Lüne bei Lüneburg führte die Annahme der Bursfelder Reform im Jahre 1481 nicht nur zu einer geistlichen und k

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German Pages 207 [217] Year 2019

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
A. Einleitung
1. Der Gegenstand der Klosterchronik
2. Handschriftenbeschreibung
3. Textgeschichte
4. Frühere Rezeptionsgeschichte
5. Zur Vorgeschichte des Klosters
6. Die Klosterreform
7. Zum Entstehungskontext der vorliegenden Redaktion der Klosterchronik
8. Die kalendarischen Angaben
9. Der liturgische Kontext
10. Der Klostereintritt
11. Die sprachliche Gestalt
12. Hinweise zur Edition
B. Text
C. Literaturverzeichnis
1. Gedruckte liturgische Bücher
2. Urkundenbücher
3. Studien und Quelleneditionen
4. Abgekürzt zitierte Quellensammlungen und Nachschlagewerke
5. Literaturergänzung zu den Heiltumsfahrten
D. Personenregister
1. Klosterpersonen in Lüne
2. Klosterpersonen in Ebstorf, Medingen und Wienhausen
3. Weltliche Personen
4. Fürsten und Prälaten
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Die Chronik des Klosters Lüne über die Jahre 1481-1530: Hs. Lüne 13
 9783161565892, 9783161565908, 3161565894

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Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism, and the Reformation herausgegeben von Volker Leppin (Tübingen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Matthias Pohlig (Münster), Eva Schlotheuber (Düsseldorf )

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Philipp Stenzig

Die Chronik des Klosters Lüne über die Jahre 1481–1530 Hs. Lüne 13

Mohr Siebeck

Philipp Stenzig, geboren 1976; Promotion in Geschichte; Koordinator des DFG-Graduier­ tenkollegs 581 Gesellschaftliche Symbolik im Mittelalter; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Mittellateinischen Seminar der Universität Münster; seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Universität Düsseldorf.

ISBN 978-3-16-156589-2 / eISBN 978-3-16-156590-8 DOI 10.1628/978-3-16-156590-8 ISSN 1865-2840 / eISSN 2569-4391 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer­ halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu­lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen aus der Garamond gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Otters­ weier gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Die vorliegende Edition ist Teil eines Projektes zur Erschließung des spätmittelalterlichen Schriftgutes aus dem Kloster Lüne (Lüneburg), das gegenwärtig an den Universitäten Düsseldorf und Oxford bearbeitet wird. Sie wurde angeregt und mit vielfachen wertvollen Hinweisen begleitet von Prof. Eva Schlotheuber (Düsseldorf ). Eine wichtige Hilfe war dem Verfasser auch der Austausch mit den Projektmitarbeitern, die sich gegenwärtig mit dem Briefkorpus des Klosters Lüne befassen: Dr. Philipp Trettin (Düsseldorf ), der namentlich die mittelniederdeutschen Begriffe und Passagen in Einleitung und Kommentar zu der hier vorliegenden Edition ergänzt und die Datensammlung angelegt hat, die dem Personenregister zugrundeliegt; Prof. Henrike Lähnemann (Oxford); und Lena Vosding (Düsseldorf ), die gegenwärtig ihre Dissertation zur Briefsammlung der Lüner Benediktinerinnen fertigstellt. Besonderer Dank gebührt dem evangelischen Damenstift Kloster Lüne, vertreten durch die Äbtissin, Freifrau Reinhild von der Goltz, und dessen Träger, der Klosterkammer Hannover, vertreten durch deren Archivar, Wolfgang Brandis, für die freundliche Erlaubnis, die historischen Archivalien des Klosters bearbeiten zu dürfen, für die Bereitstellung hochauflösender Farbbilder, und für die Förderung des Druckes.

Inhaltsverzeichnis A. Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1. Der Gegenstand der Klosterchronik  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Handschriftenbeschreibung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Textgeschichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Frühere Rezeptionsgeschichte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zur Vorgeschichte des Klosters  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Klosterreform  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zum Entstehungskontext der vorliegenden Redaktion der Klosterchronik  . 8. Die kalendarischen Angaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Der liturgische Kontext  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Der Klostereintritt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Die sprachliche Gestalt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Hinweise zur Edition  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 6 8 10 13 16 22 23 27 62 64 64

B. Text  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 C. Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 1. Gedruckte liturgische Bücher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Urkundenbücher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Studien und Quelleneditionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abgekürzt zitierte Quellensammlungen und Nachschlagewerke  . . . . . . . . 5. Literaturergänzung zu den Heiltumsfahrten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 191 192 196 196

D. Personenregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 1. 2. 3. 4.

Klosterpersonen in Lüne  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klosterpersonen in Ebstorf, Medingen und Wienhausen  . . . . . . . . . . . . . . Weltliche Personen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fürsten und Prälaten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

199 205 206 207

A. Einleitung Im 1172 gegründeten Benediktinerinnenkloster Lüne1 bei Lüneburg (Diözese Verden) war die Annahme der Bursfelder Reform im Jahre 1481 Anlaß zur Einführung einer umfassenden Verschriftlichung des alltäglichen Geschehens im Konvent, und namentlich auch der liturgischen Praxis. Zeugnisse dafür sind unter anderem das sogenannte ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23 – man müßte wohl eher vom ‚Amtsbuch der Cantrix‘ sprechen2) über die Jahre 1504–1512, eine Art Zeremonialtagebuch im weiteren Sinne, in dem neben den liturgischen Details auch noch andere wichtige Ereignisse aus dem Klosterleben, vor allem auch Klostereintritte und Sterbefälle festgehalten wurden, und besonders die hier vorliegende Klosterchronik (Lüne Hs. 13), die um 1530 unter anderem anhand der genannten, tagebuchartigen Vorlagen redigiert wurde, sowie ein Statutenbuch des Konventes (Hs. 143), zudem hat sich ein Einzelfaszikel (Hs. 24) mit Aufzeichnungen über die 1  Zum Gründungszeitpunkt war Lüne zunächst vielleicht ein Kanonissenstift, die Benediktinerregel wurde zu einem ungenannten Zeitpunkt vor 1284 eingeführt. Überblick über die Klostergeschichte und ausführliche Bibliographie in: Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 377–402; dies., Lüne (2012), in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 938–947. 2  Die Bezeichnung ‚Amtsbuch der Sakrista‘ stammt aus Nolte, Quellen und Studien (1932), S. 31–32, allerdings hatte schon Linneborn (Reformation der Benedictiner-Klöster, 1899) in seiner Darstellung der Bursfelder Statuten für Frauenklöster bemerkt: „Über das Amt der Sangmeisterin und ihrer Gehilfen handelt das Cap. 6 der Dist. II: ‚De cantrice et succentrice‘. Außer der Leitung des Chorgesanges liegt ihr die Sorge für die Bücher ob, welche beim Chordienste, der gemeinsamen Lesung oder beim Studium benützt wurden. Sie hat auch in das Martyrologium die Namen der verstorbenen Schwestern einzutragen, die Begräbnisfeierlichkeiten anzuordnen, und die Todtenbriefe zu schreiben“ (S. 97, dort aus der heute verlorenen Statuten-Hs. Hannover, Staatsarchiv, Z5, fol. 31–33: Pro omnibus libris, scilicet antiphonariis, gradualibus, lectionariis, collectario, et de quibus ad refectionem vel collationem legetur, potest cantrix ad quamlibet officinam, cellam aut locum, ubi eos esse crediderit, intrare et tollere … ipsa codices, quos singule sorores sibi elegerint pro studio, in capite quadragesime in capitulo ad nutum presidentis sororibus distribuendo debet portare … martirologio nomen eius (sc. mortuae) inscribere et ad commemorandum in capitulo lectricem admonere; brevia pro ipsis defunctis mittenda scribere et ab aliis ad non missa in capitulo recitare aut recitanda lectrici assignare. Sciendum autem, quod si ante finem completorii defuncta obierit, in brevibus pro ea mittendis presens, si vero post finem completorii, sequens designabitur dies). Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen erscheint es sehr wahrscheinlich, daß es sich bei der Lüner Hs. 23 eher um die Aufzeichnungen der cantrix als um diejenigen der Sakristanin handelt, doch hat sich für das Manuskript Noltes Bezeichnung ‚Amtsbuch der Sakrista‘ eingebürgert, und um Verwirrung zu vermeiden, soll diese Bezeichnung auch im Folgenden weiterverwendet werden. 3  Dieses Statutenbuch muß in den ersten Jahren der Amtszeit der Priorin Mechthild Wilde (1504–1535) redigiert worden sein – terminus ante quem non ist der Besuch des ‚Liebfrauenboten‘, der Spenden für eine fromme Stiftung in Verden sammelte, und von dem hier in der Kloster-

2

A. Einleitung

Wahl einer neuen Priorin, Mechthild Wilde, im Jahre 1504 erhalten – alle diese Dokumente werden auch heute noch an ihrem Entstehungsort aufbewahrt, im chronik (Lüne Hs. 13, fol. 43v–44r), in einem Eintrag zum 8. April 1507, gesagt wird, daß er an diesem Tag zum ersten Mal nach Lüne gekommen sei. Weil in dem Statutenbuch von ihm die Rede ist, muß es später verfaßt worden sein. Auf fol. 1r–47v finden sich die Regeln für den Klostereintritt, sowie die liturgischen Ordines für Einkleidung, Profeß und Nonnenkrönung; auf fol. 49r–59r die Bestimmungen für die Amtseinführung der Priorin und der Subpriorin, sowie zur zeitlichen Übertragung der übrigen Klosterämter (decana, sacrista, cantrix et succentrix, vestiaria, capellana priorisse, magistra, infirmaria, hospitalaria, celleraria, fenestraria), jährlich zu Beginn der Fastenzeit, mit einem Ablaß des Verdener Bischofs Otto II., vom 31. März 1390, zugunsten derer, die ein Klosteramt übernehmen, und Entwürfen für die Ansprachen des Propstes anläßlich der Übertragung der einzelnen Aufgaben; auf fol. 59v–62v verschiedene Texte zum Beichtvater der Nonnen und zur Beichtvollmacht (mit dem Privileg Martins V., wie UB Lüne n° 514); danach (fol. 63r–70r) schließlich Aufzeichnungen über den Bezug von Naturalien zur Verwendung durch die Kommunität – genannt werden im Einzelnen die Gaben des Propstes anläßlich bestimmter Feste (Messer oder Scheren, Trinkschalen, Filz und Gewürze), der seitens der Stadt Lüneburg jährlich zu beschaffende Wein, die verschiedenen Speisefische, um deren Beschaffung sich der Propst zu kümmern hat, der Bezug von Milch, Butter, Käse und Eiern aus der klösterlichen Eigenwirtschaft, die Produkte des Klostergartens, ferner Lampenöl und Flachs, mit dem Verzeichnis der Tage, an denen im Kloster Weißbrot serviert wird, und einer Notiz über die Dispens, die es der Kommunität gestattet, außerhalb von Fasten- und Adventszeit dreimal in der Woche Fleisch zu genießen. Ein Teil des Statutenbuches ist offenbar verloren, im Inhaltsverzeichnis (fol. 76r–78r) werden Kapitel genannt, die in der vorliegenden Handschrift nicht zu finden sind, darauf folgen noch ein Text über die kanonische Visitation und die Abschriften einiger Privilegien (Beschreibung in Nolte, Quellen und Studien, 1932, S. 20–23; zitiert in Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. S. 122; 131–132; 148; 169 und passim im ganzen Kap. 3.3). Es gab in Lüne noch ein zweites Statutenbuch, ein Exemplar der ‚Ceremoniae sanctimonialium Ordinis sancti Benedicti sub observantia Bursfeldensi, sponsi suo Christo summo regi famulantium‘, also aus den Statuten, die für die Frauenklöster, die der Bursfelder Reform angeschlossen waren, aufgrund eines Beschlusses des Generalkapitels der Kongregation zu Erfurt im Jahre 1463 in Analogie zu den vorhandenen ‚männlichen‘ Statuten formuliert worden waren: Placuit, ut monasteria monialium commissa hinc inde patribus nostre unionis Ordinis nostri participent indulgentiis, gratiis spiritualibus, et aliis privilegiis apostolicis, quantum ad ipsas extendi possunt. Et ob hoc ordinario et ceremoniis nostris, quantum ipsis possibile fuerint, sint constricte (Rec. cap. Erfurt, 24–27 April 1463, n° 7, in: Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, Bd. 1, S. 113). Entsprechend hatte Nikolaus von Siegen in seinem ‚Chronicon ecclesiasticum‘ berichtet: Anno 1463 celebratum fuit capitulum annuale patrum de observantia Bursfeldensi Erfordie, ubi acceptata et gratanter accepta fuerunt eiusdem Pii pape privilegia, quod moniales, in quantum fieri potest, iisdem privilegiis congaudeare deberent, et ideo in eedem moniales in quantum factibile foret, se nostro ordinario conformare (Nikolaus von Siegen, Chronicon ecclesiasticum, hg. von Franz Xaver von Wegele, Thüringische Geschichtsquellen 2, Jena 1855, S. 447, vgl. Linneborn, Reformation der Benediktiner-Klöster, 1899, S. 90). Diese Handschrift in 4° (die mithin nach 1463 und vor 1481 entstanden sein muß) wurde dem Kloster Lüne bei der Annahme der Reform im Jahre 1481 offenbar von den Ebstorfer Nonnen oder von den zur Reform entsandten Geistlichen übergeben. Ludwig Albrecht Gebhardi hatte die Handschrift noch in Lüne eingesehen (Ludwig Albrecht Gebhardi, Collectanea, Bd. 13 = Niedersächsische Landesbibliothek Hannover, ms. XXIII, Bd. 860, S. 257), 1883 gelangte sie in das Staatsarchiv zu Hannover, wo sie die Signatur Z5 bekam und 1943 vernichtet wurde. Ihr Text ist nicht überliefert, allerdings finden sich Auszüge bei Johannes Linneborn (wie oben, S. 90–104) und eine Handschriftenbeschreibung bei Ernst Nolte, der namentlich berichtet „daß die Seiten 8–76v die Satzungen für reformierte Frauenklöster überliefern. Diese sind den Konstitutionen der die Bursfelder Union ursprünglich bildenden Mönchsklöster in erstaunlicher Weise nachgebildet, wie dort auch hier in



A. Einleitung

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Kloster Lüne, das nach der lutherischen Reformation in ein evangelisches Damenstift umgewandelt wurde und als solches fortbesteht4. Neben diesen in besonderer Weise von der identitätsstiftenden Klosterreform inspirierten Texten umfaßt der Quellenkomplex aus dem Kloster Lüne weiter auch drei Bände mit Abschriften der aus- und eingehenden Briefe aus der zweiten Hälfte des 15. und der ersten des 16. Jahrhunderts – oftmals wurden in der Kopie die Datierung und die Namen von Absendern und Adressaten ausgelassen (Handschriften Lüne 15; 30; 31). Die Gattungen der hier überlieferten Texte sind auf den ersten Blick recht verschieden – neben dem originär innerkonventualem, von vornherein für die eigene Gemeinschaft bestimmten Schrifttum nehmen die im Verkehr mit der ‚Außenwelt‘ entstandenen Gelegenheitsschriften, nämlich die Briefe, quantitativ den weitaus größeren Teil ein. Und doch gibt es eine Art roten Faden, der alle diese Dokumente vereint, nämlich das übergeordnete Interesse ihrer Sammlung, das ist der Wunsch, die Bezugspunkte und die Quellen der gemeinsamen Erinnerung für die Nachwelt zu bewahren. Dadurch daß diese Sammlung quasi als ‚Gesamtkunstwerk‘ auf die Einführung der Reformobservanz im Jahre 1481 als dem zentralen Gründungsereignis der in der Jetztzeit bestehenden Ordnung zurückgeführt wird, gewinnt sie insgesamt den Charakter einer Dokumentation der spezifischen Praxis, in der diese Ordnung ihren Ausdruck findet5. ‚Disctinctiones‘ gegliedert. Vorauf geht fol. 6v–8 eine Zusammenstellung der Kapitelüberschriften dieser vier Abschnitte. In einem kurzen ‚Prologus cerimoniarum, rituum et consuetudinum sanctimonialium Ordinis sancti Benedicti sub observantia Bursfeldensi, sponso suo Christo summo regi famulantium‘, fol. 5–6v heißt es, daß die Regula S. Benedicti doch nicht die Vollständigkeit klösterlicher Pflichten enthalte. Durch die Tradition seien manche Zusätze, die einander teilweise widersprächen, hinzugekommen. Umschlossen von dem vinculum pacis und geeint durch die una spes vocationis wollten sie auch diese gleiche äußere und innere Gesinnung vor aller Welt dokumentieren und erhöben daher die Forderung der uniformitas in cordibus und in moribus. Das Baseler Konzil, ja der Papst selbst habe ihnen, den patres congregationis Bursfeldensis, die Macht erteilt, diese Konstitutionen aufzusetzen. In einem ersten Hauptteile werden mehr die äußeren Satzungen abgehandelt, denen in einem zweiten (fol. 77–101) die Vorschriften für das kultische Leben in der Klostergemeinschaft folgen“ (Quellen und Studien, 1932, S. 19–20). 4  Ausführliche Beschreibung der Quellen in: Nolte, Quellen und Studien (1932), darin speziell zu der hier vorgestellten Chronik S. 31–33. Eine zweite Redaktion der Chronik (olim HStA Hannover, J 37) ist bei einem Luftangriff auf das Haupt-Staatsarchiv Hannover im Jahre 1943 verbrannt, vgl. dazu den Abschnitt ‚Textgeschichte‘. Gegenwärtig ist der hier benannte Quellenkomplex Gegenstand eines Editionsprojektes als Kooperation der Universitäten Düsseldorf (Eva Schlotheuber), und Oxford (Henrike Lähnemann), sowie der HAB Braunschweig. In der jüngeren Forschung werden die hier behandelten Texte vor allem auch im Hinblick auf das geistliche Leben, die Bildung und die Ausbildung der Nonnen gewürdigt, siehe dazu Schlotheuber, Klostereintritt (2004); dies., Intellektuelle Ausbildung (2006), und die weiteren im Literaturverzeichnis genannten Schriften. 5  Das gilt letztlich auch für die zahllosen, vor allem mit den Nachbarkonventen Ebstorf (Bursfelder Benediktinerinnen) und Medingen (Zisterzienserinnen) ausgetauschten Briefe, in der die besondere geistliche Verbindung der Nonnen untereinander, die sich, der räumlichen Trennung zum Trotz, in dem gemeinsamen Anliegen der Klosterreform (und letztlich natürlich in ihrem

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A. Einleitung

Die hier erstmals edierte Chronik ist unter den genannten Texten derjenige, der dem Wunsch der klösterlichen Kommunität nach einer planmäßigen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit am unmittelbarsten Ausdruck verleiht. Aus dem Anliegen, die Namen und Lebensdaten der früheren Generationen, aber auch die denkwürdigen Ereignisse der gemeinsamen Geschichte sorgfältig zum ‚offiziellen‘ Gedächtnis zu fixieren, spricht die Wertschätzung für die eigene Institution und die dort gepflegte Kultur, gerade auch in einer Zeit der Krise und des Umbruches, als der Konvent seine Identität und die Sinnhaftigkeit seiner Existenz durch die lutherische Reformation in Frage gestellt sah6. Die Verfasserin der Chronik ist unbekannt. In seiner vorliegenden Gestalt ist der Text zu einem nicht unerheblichen Teil ohnehin nur eine Neuredaktion vorhandenen Materiales, etwa aus dem oben genannten ‚Amtsbuch der Sakrista‘, insofern düfte die Rolle der unbekannten Endredakteurin eher in der Sichtung und Ordnung des Vorhandenen als in der Textproduktion ‚ex nihilo‘ bestanden haben. In einem Chronikeintrag zum 18. Mai 1526 wird berichtet, die Priorin, Mechthild Wilde, habe sich, begleitet unter anderem von ihrer Schreiberin, E[lisabeth] G[arleghes], in die Stadt Lüneburg begeben, um eine Monstranz des Klosters für die bevorstehende Fronleichnamsprozession zurückzuverlangen – es liegt nahe, in dieser scriptrix auch die Verfasserin wenigstens des Anfanges einer ursprünglichen Redaktion der Klosterchronik zu vermuten. Die Endredakteurin der hier vorliegenden Fassung kann sie nicht sein, weil sie 1527 verstorben ist.

Haupt und Bräutigam, Christus) vereint wissen, nicht nur thematisiert, sondern zugleich im Kommunikationsakt real vollzogen wird. 6  Dieser Aspekt findet sich weiter entwickelt in der Dissertation von Lena Vosding (Düsseldorf, in Druckvorbereitung). Zur Lüner Chronik siehe auch Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. 122–127. Auch in anderen Nonnenklöstern war die Einführung einer Reformobservanz Anlaß zu einer schriftlichen Reflektion der Insassen, ein in jüngerer Zeit besonders beachteter Fall ist derjenige der ‚Chronik der Magdalena Kremerin‘ aus dem Dominikanerinnenkloster Kirchheim unter Teck, die die ereignisreichen Jahre um 1478 zum Gegenstand hat, als die Reform des Konventes gegen den Widerstand des Landesherren, Eberhards des Jüngeren von Württemberg, durchgesetzt wurde, vgl. dazu den Sammelband Hirbodian; Kurz (Hg.), Chronik der Magdalena Kremerin (2016). Die Klarissen von Nürnberg, die sich im Jahre 1452 der Straßburger Observantenprovinz angeschlossen hatten, verfaßten darüber ihrerseits um 1500 eine Chronik, deren Anliegen sie damals so formulierten: Aber nun wern für das ander theil geseczt die geschicht die sich in der heiligen observancz verloffen hab, und allein die ding die allermaist not sind, das das selb hab die andacht der schwester zu gedechtnus der vergangenen ding, auff das sie sich mügen regirn auch in den dingen die kunftiglich noch zu thun wern – also „zum Gedächtnis der vergangenen Dinge, damit wir uns selbst regieren können auch für die Dinge, die zukünftig zu tun sein werden“. Später sollte die 1503 zur Äbtissin gewählte Caritas Pirckheimer das Klarakloster energisch gegen die Protestantisierungsversuche des Stadtrates verteidigen. Zitat aus Vosding, Schreib die Reformation von Munchen gancz daher (2012), S. 169, vgl. S. 74–75 (Hinweise von Eva Schlot­ heuber, Düsseldorf ).



1.  Der Gegenstand der Klosterchronik

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1.  Der Gegenstand der Klosterchronik Die in der Chronik aufgezeichneten Nachrichten lassen sich knapp in drei Kategorien einteilen – erstens sind da die Mitteilungen über die Zu- und Abgänge der Gemeinschaft, also die Klostereintritte, die Einkleidung, Profeß und Krönung der Nonnen und über ihr Ableben, zweitens die liturgischen Aufzeichnungen zu den verschiedenen Festlichkeiten des Kirchenjahres, und drittens weitere, vermischte Nachrichten aus dem Leben der Kommunität – zu letzterer Kategorie gehören namentlich auch die häufigeren Nachrichten über Baumaßnahmen, die zum Teil mit der Einführung der Klosterreform im Jahre 1481 in Verbindung standen, wie etwa die Errichtung eines separaten Beichtzimmers und einer großen Küche – vorher hatten sich die Nonnen wenigstens teilweise selbst versorgt (darüber liegen allerdings keine genauen Quellen vor), nun erforderte die Einführung einer festen Klausur und des Gemeinschaftslebens mit gemeinsamen Mahlzeiten eine neue Wirtschaftsorganisation zur ganzjährigen Verpflegung. Die Vergrößerung des Nonnenchores im Jahre 1497 zeugt vom Anwachsen der Gemeinschaft in den Jahren nach der Reform (in den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts gab es zudem eine Kirchenorgel und mehrere neue Schnitzaltäre, aber davon ist hier in der Chronik nicht eigens die Rede). In diesem Zusammenhang sind auch die berühmten Lüner Teppiche zu erwähnen, die als großformatige Wandbehänge für die Klosterkirche angefertigt wurden und sich überwiegend bis auf unsere Tage erhalten haben – die hier vorliegende Chronik berichtet zu vier Gelegenheiten von den Arbeiten an diesen monumentalen Stickereien: Im Jahre 1502 vom Sybillen-Prophetenteppich, im Jahre 1504 vom Wurzel-Jesse-Teppich und im Jahre 1507 von der Fertigstellung des Oster- und des Auferstehungsteppiches, zum Teil mit interessanten Details über die letzten Vorbereitungen, die der Präsentation der Kunstwerke vorausgegangen waren. Im September 1500 hatten die Nonnen eine virgo (wohl eine Kammerfrau) aus der Umgebung der Herzogin von Lüneburg, Anna von NassauDillenburg, bei sich zu Gast, von der sie die Anfertigung von ‚Brettchengeweben‘ als Kantenbesatz für liturgische Paramente lernen konnten. Im Jahre 1524 ist dann zum ersten Mal von der protestantischen Reform die Rede, und das ganze letzte hier dargestellte Jahr, 1529 hat die Auseinandersetzungen mit dem Lüneburger Herzog Ernst I. zum Gegenstand, der im Juli dieses Jahres nach Lüne gekommen war, um die Güter des Klosters einzuziehen, den Propst abzusetzen und der Kommunität einen lutherischen Prediger aufzuzwingen.

6

A. Einleitung

2. Handschriftenbeschreibung Die erhaltene, hier edierte Redaktion der Chronik (Lüne, Hs. 13) liegt vor in Gestalt von 13 Papierfaszikeln in-12° (etwa 105 × 154 mm), in ihrer heutigen Gestalt ohne Einband. Der Umfang der einzelnen Lagen variiert zwischen 8 und 16 Blättern, die beiden größten (14 und 16), aber auch die kleinste (8) finden sich gegen Ende der Handschrift: Lage

Zählung Nolte

Anzahl Blätter

 1  2  3  4  5  6  7  8  9 10 11 12 13

fol. 1–10 fol. 11–19 fol. 20–28 fol. 29–39 fol. 40–51 fol. 52–61 fol. 62–71 fol. 72–83 fol. 84–93 fol. 94–106 fol. 107–117 fol. 118–133 fol. 134–141

10  9 11 11 10 10 10 12 10 14 11 16  8

In den Lagen mit ungerader Blattzahl finden sich entsprechend Stege, die den Einzelblättern der jeweiligen Lage gegenüberstehen und sozusagen an der Stelle der ‚fehlenden‘ Blätter liegen, zum Teil sind im Falz auch Papierstreifen aufgeklebt, die der Verstärkung der Bindung dienen. Jede Lage ist in sich mit einem groben Faden gebunden, untereinander sind die in ihrem jetzigen Zustand Lagen unverbunden. Ernst Nolte hat die Blätter der Handschrift mit Bleistift über alle Lagen hinweg durchnumeriert, allerdings hat er zwischen fol. 97 und fol. 98 ein leeres Blatt ausgelassen, eigentlich müßten die Blätter 98–141 also als Blätter 99–142 bezeichnet werden. Um keine Unstimmigkeiten gegenüber früheren Zitaten aufkommen zu lassen, wurde in der hier vorliegenden Edition die Zählung von Nolte beibehalten. Ein Wasserzeichen ist auf fol. 98 gut erkennbar, es handelt sich um einen gehörnten Ochsenkopf mit zweikonturiger Stange. Was die Stange trägt (etwa eine Schlange, ein Kreuz, eine Blume, oder eine Krone …) kann man nicht erkennen, da das Wasserzeichen am oberen Blattrand beschnitten ist7. Die Chronik ist von einer einzigen Hand unter Verwendung einer gleichbleibenden Tinte in einer klaren gotischen Textura geschrieben. Wenn man überhaupt irgendeinen besonderen Zug benennen kann, dann am ehesten die Verdoppelung des Anstriches bzw. der linken Haste der Großbuchstaben, die freilich kein Allein7 

Ein ähnliches Wasserzeichen findet sich in Hs. 15, Lage 31, fol. 12.



2. Handschriftenbeschreibung

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stellungsmerkmal dieser Handschrift ist, aber insofern ins Auge fällt, als daß sie groß geschriebenen Wörtern zuweilen das Aussehen verleiht, als würden sie alle mit einem großen ‚H‘ oder einem kleinen ‚ll‘ beginnen. Auf den beschriebenen, und in geringem Umfang auch auf einigen der leeren Seiten ist der Schriftspiegel angerissen – zumeist mit drei Begrenzungslinien, links, rechts und oben. Die Seiten 4r, 7r, 10r, 14r, 15v, 16v, 18r–19r, 20v, 23r, 24v, 26r, 28v, 29r, 30r, 31v, 33v–34r, 49v, 53r, 56r–56v, 63r–65r, 66v–68v, 69v–71r, 73r– 74r, 76v–77v, 79v–81r, 84v, 86v–88r, 90r–91v, 93r–95r, 96r–98v (mit dem Blatt 97bis), 106v–108v, 110v–112r, 114r–114v, 116r–116v, 117v–119r, 130r–132r, 133r–135v, 136v–140r, und 141r–141v sind unbeschriftet. Auf den ganz beschriebenen Seiten stehen zunächst meist 17 oder 18 Zeilen, ab fol. 42v (20 Zeilen) dann zuweilen etwas mehr, die letzten Lagen haben dann regelmäßig 19–21 Zeilen – allerdings kann von ganz beschriebenen Seiten kaum die Rede sein, insofern der Text durch Absätze mit Leerzeilen großzügig gegliedert ist, vor allem im ersten Teil, bis 1504, in dem die einzelnen Nachrichten sehr kurz sind. Eine Streichung mit roter Tinte findet sich auf fol. 47v, die Redakteurin hatte eine etwas unklare Notiz aus dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ übernommen, war sich dann aber wohl bewußt geworden, daß ihr der Inhalt unverständlich erschien, und hatte auf die Wiedergabe verzichtet (siehe dort). Die Lüner Handschriften waren zum Teil in passend gefaltete Blätter aus makulierten liturgischen Büchern eingebunden, überwiegend aus Antiphonaren und Gradualien des 13. bis 16. Jahrhunderts (also aus Handschriften mit gotischer Choralnotation), zum Teil auch aus einfach gestalteten Brevieren. Teilweise wurden diese Koperteinbände zu Studienzwecke abgelöst, jetzt werden sie separat im Archiv des Klosters Lüne aufbewahrt. Bei dem heute mit der Signatur Lüne Hs. 10 bezeichneten Doppelblatt handelt es sich nach Auskunft des Archivars, Hrn. Wolfgang Brandis, um den ehemaligen Umschlag der hier edierten KlosterchronikHandschrift (heute Lüne, Hs. 13). Eine Beschreibung des fraglichen Fragmentes findet sich schon bei Ulrike Hascher-Burger, die ein ‚Inventar der handschriftlich überlieferten Musik aus den Lüneburger Frauenklöstern bis ca. 1550‘ erstellt hat8. Es handelt sich um ein Doppelblatt aus einem Graduale des 15./16. Jahrhunderts (Pergament 296 × 225 mm, Schriftspiegel 225 × 150 mm, einspaltig, gotische Textura mit gotischer Choralnotation auf 5 Linien, Dekoration: rote und blaue Lom8 Allerdings berichtet Hascher-Burger, Verborgene Klänge, 2008, S. 51, das Fragment habe nicht etwa der Klosterchronik, sondern einem Abrechnungsbuch zwischen dem Kloster Lüne und der Abts- und Lüner Mühle in Lüneburg als Einband gedient. Vom Format her würde es allerdings, wie Lena Vosding (Universität Düsseldorf ) bestätigt, besser zur Klosterchronik-Handschrift passen. Ferner bietet Hascher-Burger auch die Beschreibung der übrigen Lüner Musikhandschriften, das heißt überwiegend: der als Einband wiederverwendeten Fragmente daraus (S. 47– 62): Hs. 5, 7, 8, 9b, 10, 11, 14, 17 (Umschlag des Kopialbuches), 19, 20, 28.7, 30 (Umschlag eines der Briefbücher), 31 (Umschlag eines der Briefbücher) und 36. Auch das Briefbuch mit der heutigen Signatur Lüne Hs. 15 hatte einst einen solchen Koperteinband aus dem Fragment einer makulierten liturgischen Handschrift.

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A. Einleitung

barden) mit dem Proprium der Messen vom 1. Fastensonntag (Invocabit) bis zum darauffolgenden Mittwoch (in der Fastenzeit haben auch die Werktage ein eigenes Meßproprium). Die liturgischen Stücke sind im Einzelnen: fol. 1r fol. 1r fol. 1r fol. 1v fol. 1v fol. 1v fol. 2r fol. 2r fol. 2r fol. 2v fol. 2v fol. 2v

Incipit

Position

Tag

Scapulis suis obumbrabit Scapulis suis obumbrabit Sicut oculi servorum Protector noster Revela* oculos meos Voce mea ad dominum clamavi* Domine, refugium factus es Dirigatur oratio mea In te speravi, domine Cum invocarem te Reminiscere miserationum Tribulationes cordis mei

Offertorium Communio Introitus Graduale Offertorium Communio Introitus Graduale Offertorium Communio Introitus Graduale

Dom. I in Quadragesima Dom. I in Quadragesima Feria II post Dom. I in XLa Feria II post Dom. I in XLa Feria II post Dom. I in XLa Feria II post Dom. I in XLa Feria III post Dom. I in XLa Feria III post Dom. I in XLa Feria III post Dom. I in XLa Feria III post Dom. I in XLa Feria IV post Dom. I in XLa Feria IV post Dom. I in XLa

Die dazugehörigen Psalmverse (in Introitus und Offertorium) sind jeweils eigens mit der Rubrik versus markiert. Das Offertorium am Montag nach dem ersten Fastensonntag beginnt hier mit den Worten Revela oculos meos, et considerabo mirabilia … statt Levabo oculos meos, et considerabo mirabilia …, und als Communio für diesen Tag hat die Handschrift noch ‚Voce mea ad dominum clamavi … timebo‘ etc.9, heute lautet sie ‚Ab occultis meis munda me, domine‘ etc.; ansonsten enstprechen Text und Melodie in allem dem allgemein üblichen Brauch. Das Doppelblatt muß sich ursprünglich in der Mitte einer Lage befunden haben, denn die Stücke des ersten und des zweiten Blattes stehen in ununter­ brochener inhaltlicher Folge. Im Falz sind die Durchstiche der Bindung erkennbar.

3. Textgeschichte Falls die hier dargestellte Chronik des Klosters Lüne in ihrer Gesamtheit (also nicht nur für die Jahre 1504–1512) auf tagesaktuelle Aufzeichnungen wie das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ zurückgehen sollte (die, mit Ausnahme zweier Fragmente aus den Jahren 1515 und 1517, für die Zeiträume von 1481 bis 1503 und von 1513 bis 1530 heute nicht mehr auffindbar sind), dann war es sicherlich die im Rahmen der Klosterreform aus Ebstorf nach Lüne gekommene Sakristanin Mechthild Redebere, die diese Aufzeichnungen im Jahre 1481 eingeführt hat. Allerdings sind die Nachrichten der hier vorliegenden Chronik für die Jahre von 1504 bis 9  Vgl. dazu den Aufsatz von Joseph Pothier, L’ancienne Communion ‚Voce mea‘ du 1er lundi de Carême, in: Revue de Chant grégorien, 1911, S. 133–139.



3. Textgeschichte

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1513 erheblich ausführlicher als für den ersten Zeitraum (1481–1503) – daraus kann man ableiten, daß auch die zugrundeliegenden Quellen für diese erste Periode deutlich knapper waren, als es das erhaltene ‚Amtsbuch der Sakrista‘ ist. Für den folgenden Zeitraum, über den nur fragmentarische Sakristei-Aufzeichnungen vorliegen (in Gestalt der losen Blätter zu den Jahren 1515 und 1517, die Nolte in die Hs. 23 eingelegt hat), fällt auch die hier edierte Chronik entsprechend wieder knapper aus, erst mit dem Jahr 1524 – und somit in großer zeitlicher Nähe zum wahrscheinlichen Zeitpunkt ihrer Redaktion – nimmt die Dichte der Nachrichten wieder zu, jetzt tritt die Auseinandersetzung mit der protestantischen Reformation in den Vordergrund. Insgesamt ergibt sich der Eindruck, daß die Redaktion der Chronik in ihrer vorliegenden Gestalt nicht zu ihrem Abschluß gelangt ist – zahlreiche leere Seiten künden davon, daß Platz gelassen wurde für weitere, komplementäre Angaben, die man den älteren Vorlagen noch entnehmen wollte, ohne daß es dazu gekommen wäre. Der eigentliche, berichtende Text der Chronik endet auf fol. 129v mit dem Jahr 1530, auf den folgenden 13 Blättern finden sich nur noch die kalendarischen Angaben für die Jahre 1531 bis 1533, jeweils gefolgt von mehreren leeren Seiten – diese kalendarischen Angaben könnten natürlich auch im voraus berechnet worden sein, was für die Redaktion der hier vorliegenden Handschrift auf das Jahr 1530 verweisen würde, eben dem letzten Jahr, das mit ‚inhaltlichen‘ Nachrichten gefüllt ist. Tatsächlich hatte eine zweite Redaktion der Chronik (HStA Hannover J 37) die Jahre 1500 bis 1561 (bzw. 1563, wiederum für die kalendarischen Angaben) zum Gegenstand, die Einträge bis zum Jahr 1530 decken sich zum Teil wörtlich mit der hier vorliegenden Fassung (und sind überwiegend wohl auch daraus geschöpft), allein die Nachrichten über die Sülfmeister, welche die Salinenbeteiligungen des Klosters Lüne verwalteten, müssen einer anderen Quelle entnommen sein. Diese zweite Handschrift ist im Jahre 1943 im Haupt-Staatsarchiv Hannover bei einem Luftangriff verbrannt, nur die vorher daraus publizierten Auszüge sind bekannt10. 10 Allgemeiner litterarischer Anzeiger 1801, S. 518, ausführliche Beschreibung der Handschrift in Nolte, Quellen und Studien (1932), S. 33–34. Das Staatsarchiv in Hannover hatte die Handschrift erst im Jahre 1883 aus Braunschweig erworben. Die veröffentlichten Auszüge betreffen die Jahre 1500 (Margarete von Werberghe lehrt die Kunst des Brettchengewebes), 1502 (Fertigstellung des Sybillen- und Prophetenteppiches, Tod des Verdener Bischofes Berthold von Landsberg), 1504 (Fieberepidemie), 1506 (Tod des Propstes Nikolaus Schomaker), 1509 (Jakob Heinemann lehrt die Kunst, aus alten Kaseln neue zu machen), 1510 (Rudolf von Hodenberg wird in die Gebetsverbrüderung aufgenommen), 1521 (Herzog Heinrich I. zieht nach Frankreich, Otto und Ernst übernehmen das Regiment), 1524 (aus Wittenberg kommen Nachrichten von einer neuen Irrlehre), 1525 (die Menschen werden Lutheraner), 1527 (Herzog Heinrich I. kommt aus Frankreich zurück), 1528 (Herzog Ernst I. heiratet Sophie von Mecklenburg-Schwerin), 1530 (die Prämonstratenser von Heiligenthal verlassen ihr Kloster), 1531 (die Benediktiner von St Michael zu Lüneburg werden lutherisch), 1532 (Boldewin von Mahrenholz, katholischer Abt von St. Michael zu Lüneburg, stirbt), 1546 (Herzog Ernst I. von Lüneburg stirbt), 1549 (Herzog Otto I. von

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A. Einleitung

4.  Frühere Rezeptionsgeschichte Eine im frühen 17. Jahrhundert auf Deutsch verfaßte, bis heute erhaltene Akte des Klosterarchives (Lüne, A 10/15) enthält einen Bericht (eigentlich mehrere voneinander zum Teil unabhängige Zeugnisse) über die lutherische Reformation des Klosters, vom ersten Besuch des Herzoges, am 26. April 1528, bis zum Tode des ehemaligen Propstes, Johannes Lorber, am 29. April 1539. Auf S. 16/17 der Akte findet sich eine längere niederdeutsche Passage – offenbar ist hier der Wortlaut einer Entgegnung wiedergegeben, die die Schwestern im Jahre 1534 an den Herzog richteten, um sich gegen die geforderte Einziehung weiterer Güter zu verwahren. Der übrige ‚Reformationsbericht‘ ist in hochdeutscher Sprache verfaßt, geschöpft ist er wohl (unter anderem) aus der hier vorliegenden ‚ersten‘, aber auch aus der – heute verlorenen – ‚zweiten‘ Redaktion der Klosterchronik (1500–1561, olim HStA Hannover J 37), insofern stellt er eine für diese Jahre des Umbruches nicht unbedeutende Sekundärquelle dar. Im Anschluß daran findet sich (S. 23–26) noch ein ‚Kurtze Register, waß sonst von Jahren zu Jahren passiert und vorgegangen‘, mit einigen Nachrichten aus dem Zeitraum von 1504 bis 1537 (die Jahre bis 1530, die zugleich Gegenstand der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik sind, nehmen darin die Seiten 23 und 24 ein). Dieser ‚Reformationsbericht‘ wurde 2004 vom Archivar der Klosterkammer, Wolfgang Brandis, veröffentlicht (in seinen ‚Quellen zur Reformationsgeschichte der Lüneburger Frauenklöster‘), Parallelen sind im Kommentar zur hier vorliegenden Edition der Klosterchronik verzeichnet (in den Anmerkungen zum jeweiligen Tagesdatum). Aus den Urkunden und Handschriften des Klosters Lüne hat ferner auch Ludwig Albrecht Gebhardi, Lehrer an der Ritterakademie zu Lüneburg, für seine ‚Collectanea‘ geschöpft, eine 15 Foliobände umfassende (ungedruckt gebliebene) Sammlung von Exzerpten zur Geschichte des Fürstentums Lüneburg (1762–1798, heute Niedersächsische Landesbibliothek Hannover, ms. XXIII, Bde. 848–862). Das Kloster Lüne hat er im Jahre 1764 besucht, die entsprechenden Aufzeichnungen (mit späteren Nachträgen, S. 404 datiert auf 1775) finden sich in Bd. 2 seiner Sammlung (ms. XXIII, Bd. 849, S. 394–417). Der erste Teil (bis S. 404) ist eine Aufnahme des materiellen Befundes – Baubestand, Inschriften, Wappen, Altäre, Statuen, Glasfenster, Grabsteine und vieles mehr finden sich hier im einzelnen beschrieben, und zum Teil auch abgezeichnet (so gibt es auf S. 394–395 die im Kreuzgang vorhandenen Wappen zu sehen, auf S. 395B einen Klosterplan, auf S. 395C und 397B insgesamt vier perspektivische Ansichten der Anlage, und auf S. 403 eine Abzeichnung der Grabplatte des Propstes Nikolaus Schomaker, gest. 1506). Der zweite Teil, ab S. 404, enthält ‚Anmerkungen und Zusätze zu Harburg und Herzog Franz von Giffhorn sterben), 1555 (Herbord von Holle, lutherischer Abt von St. Michael zu Lüneburg, stirbt) und 1559 (Herzog Franz-Otto von Lüneburg heiratet Elisabeth Magdalene von Brandenburg, stirbt aber kurz darauf; der katholische Erzbischof von Bremen und Bischof von Verden, Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel, stirbt).



4.  Frühere Rezeptionsgeschichte

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den Abhandlungen von dem adlichen Fräulein-Kloster Lüne, im 61. Stücke des Hannoverischen Magazins‘, versteht sich also als Ergänzung zu dem von Pastor Hans Christian Lemker zu St. Petri in Müden (Aller)11 unter dem Pseudonym ‚Paläophilus‘ veröffentlichten Aufsatz ‚Etwas zur Geschichte des jungfräulichen Klosters Lüne, neben Lüneburg gelegen, und insonderheit der ehemaligen Probstey allda‘, in: Hannoverisches Magazin, n° 61/62 (1764), Sp. 959–990. Während Lemker eine Reihe von Dokumenten im lateinischen Volltext wiedergibt (so etwa Sp. 967–969 den Inhalt des päpstlichen Privileges von 1374, für Propst Johannes Weigergang, in der Fassung des Notariatsinstrumentes vom 13. Dezember 1411, vgl. UB Lüne n° 497; Sp. 975–977 den Schiedsspruch des Abtes Boldewin von Wenden, zu St. Michaelis in Lüne, vom 19. November 1422, über die Zahlung von Synodalgeldern beim Tod des Propstes, vgl. UB Lüne n° 510; und besonders Sp. 981–983 auch den unten wiedergegebenen ‚Reformationsbericht‘ von 1481), findet sich bei Gebhardi, seinem Vorhaben entsprechend, überwiegend eine diskursive Darstellung der Ereignisgeschichte, zumeist mit Angabe der Fundstellen, die geeignet sind, Lemkers Präsentation zu ergänzen oder zu korrigieren, angereichert mit zahlreichen bibliographischen Verweisen. Auf S. 406/409–410 bietet Gebhardi zudem die Liste der Pröpste bis Johannes Weigergang (gest. 1412), mit den entsprechenden Belegen und einigen historischen Angaben, vor allem zu letzterem, gefolgt, S. 410–411, von der Liste der Priorinnen, von Liutgard (gestorben 1338 oder 1339) bis Mechthild Wilde (gestorben 1535). Darauf folgen einige Bemerkungen zur Annahme der Klosterreform im Jahre 1481, und dann (S. 411– 414) sehr ausführliche Nachrichten über die Amtszeiten der letzten drei Pröpste, Graurock (1457–1493), Schomaker (1494–1506) und Lorber (1506–1529), und schließlich (S. 414–417) Ausführungen zu den Rechtsverhältnissen des Klosters, besonders zu den Vogteirechten der Herzöge. In größerem Umfange aus der Lüner Klosterchronik schöpft Pastor Johannes Meyer für seine ‚Reformationsgeschichte des Klosters Lüne‘ (Zeitschrift der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 14, 1909, S. 162–221). Die Passagen zu den ersten Vorzeichen der lutherischen Reformation (nach 13. November 1524), zu den Geldforderungen des Herzoges, 6000 Gulden im Jahre 1526 (nach 8. November 1525), zum Besuch des Herzoges, mit der ersten lutherischen Predigt in Lüne (26. April 1528) und namentlich den ganzen Bericht über die Absetzung des Propstes, die Säkularisierung der Klostergüter und die erzwungene Einführung des lutherischen Predigers im Jahre 1529 druckt Meyer im lateinischen Volltext 11  Lemker (1703–1779) stammte aus Ebstorf und hatte in Lüneburg, Wittenberg und Helmstedt studiert. Von 1729–1742 war er Konrektor der landschaftlichen Schule an St. Michael zu Lüneburg, seit 1742–1750 Pastor zu Scharnebeck, und seit 1750 zu Müden, wo er eine Chronik über seine Amtszeit verfaßte. Die Identität Lemkers als Verfasser des oben genannten Aufsatzes ergibt sich nur aus einer auf 1775 datierten Marginalie im zweiten Band der Gebhardischen Collectaneen (wie oben, S. 404): „Weil ich erfahren habe, daß der Verfasser des Artikels Herr Pastor Lemker zu Müden ist …“. Hrn. Christhardt Meyer vom Kultur- und Heimatverein Müden (Aller) sei für die Bestätigung der Identität und die biographischen Informationen herzlich gedankt.

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A. Einleitung

ab, ebenso einige Aufzeichnungen über die Klosterreform des Jahres 1481 und die anschließenden Baumaßnahmen, die ihm zur Darstellung des Zustandes der Kommunität am Vorabend des Reformation dienen. Darüber hinaus hat Meyer auch die Briefsammlungen des Klosters Lüne nach Zeugnissen zur Einführung der Reformation recht gründlich durchsucht (besonders die heutigen Handschriften Lüne 30 und Lüne 15), und er gibt eine ganze Reihe von interessanten Briefen mehr oder weniger vollständig wieder. Als seine Vorlage benennt er ausdrücklich (S. 164) „ein Quartheft Klosterannalen von 1481 bis 1530, die für jedes Jahr zunächst eine Anzahl kalendarischer Angaben (Sonntagsbuchstaben, bewegliche Feste und dergleichen) enthalten und daran eine Chronik über das betreffende Jahr anschließen. Diese Klosterannalen beginnen mit der Klosterreform des 15. Jahrhunderts, welche in Lüne 1481 vollzogen und durch die Wahl der aus Ebstorf herübergekommenen Sophia von Bodendike zur Priorin abgeschlossen war“. Dieser Schilderung kann man nicht anders als dahingehend verstehen, daß Meyer aus der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik, also der heutigen Hs. Lüne 13 geschöpft haben will, und nicht etwa aus der verlorenen Klosterchronik HStA Hannover J 37 (die die Jahre 1501 bis 1561/1563 zum Gegenstand hatte). Trotzdem ist der bei Meyer wiedergegebene Text stellenweise ein anderer als derjenige, der sich in Hs. 13 findet – das wird etwa anhand der Passage zum 2. August 1529 (fol. 126r/v) deutlich: Der Celler Kanzler Johannes Förster kommt zum Sprechfenster des Klosters und verlangt, die Nonnen sollten die Absetzung des Propstes Lorber und die Einziehung der Klostergüter anerkennen; die Nonnen sind damit unzufrieden und antworten ausweichend, in Hs. 13 wollen sie domino Deo committere, ut ille aliter disponat (alles Gott anheimstellen, auf daß er anders verfüge), bei Meyer steht … sed volumus nuntium committere, ut ille aliter disponat (die Nonnen wollen einen Boten zum Herzog senden, damit dieser die Ernennung Haselhorsts rückgängig macht, in Hs. 13 ist das Subjekt ille Gott, dem das Anliegen anempfohlen wird, bei Meyer der Herzog). Weiter heißt es in der Handschrift, als Antwort auf die Frage, ob die Nonnen denn mit aller zeitlichen Notdurft hinreichend versorgt wären: per eum nescimus conquerere … bei Meyer hingegen praesenti nescimus conquerere …, dann hat Meyer praedicatorem recipere (statt accipere), dann qui conversus est (statt qui conversatus est, über Christus, der Umgang mit den Zöllnern und Sündern pflegte), und schließlich, zu angeblichen bösen Unterstellungen über den neuen Prediger ut quidam male de eo suspicant (statt suspicantur) – doch ist der Text der Hs. 13 an diesen Stellen ganz problemlos zu entziffern, es erscheint unwahrscheinlich, daß Meyer sich verlesen hat: Möglicherweise hat ihm doch eine andere Redaktion vorgelegen.



5.  Zur Vorgeschichte des Klosters

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5.  Zur Vorgeschichte des Klosters Das Kloster Lüne wurde im Jahre 1171 von Hildeswidis von Markboldestorp (Marmstorf, aus einem welfischen Ministerialengeschlecht) bei einer bestehenden Jakobuskapelle an der Alten Salzstraße gegründet, die von Lüneburg zum Elbübergang bei Artlenburg und weiter nach Lübeck führte. Diese Kapelle gehörte zum gut zwei Jahrhunderte älteren Benediktinerkloster St. Michael zu Lüneburg. Seit 1140 hatte einer der Mönche in einer Einsiedelei gehaust, die bei dem Kirchlein gelegen war, nun gestattete Abt Berthold von St. Michael Hildeswidis und ihren Gefährtinnen die Niederlassung auf seinem Klosterbesitz, Bischof Hugo von Verden sollte sie, mit Zustimmung Heinrichs des Löwen, am 9. Januar 1172 bestätigen. Bei der Weihe, im selben Jahr, schenkte der Verdener Bischof dem Kloster eine Reliquie vom Gewand des hl. Märtyrers Bartholomäus, der fortan als hauptsächlicher Klosterpatron verehrt werden sollte. Nach den Kanonissenstiften von Oldenstadt (seit 966 oder 973, aber 1133 in ein Benediktinerkloster verwandelt und neu besiedelt mit Mönchen aus Corvey) und Walsrode (seit 986, Einführung der Benediktsregel im Jahre 1255) war Lüne damit die dritte weibliche Gründung in einer Region, deren kirchliche Strukturen traditionell vom genannten Michaeliskloster (seit 956) und besonders von den beiden karolingischen Kollegiatstiften Ramelsloh und Bardowick geprägt waren. Uta Reinhardt deutet die anfänglich geringe Zahl von Konventualinnen (zehn im Jahre 1231) als Hinweis darauf, daß es sich auch bei Lüne zunächst um ein Kanonissenstift gehandelt haben könnte12. Bis zum Jahre 1270 stellten die Benediktiner von St. Michael die Pröpste des Klosters. Von Anfang an zeichnete sich Lüne durch seine Verbindungen mit dem einheimischen Adel und seine auch institutionelle Nähe zur aufblühenden Salzstadt Lüneburg aus. Dotiert war die Kommunität mit dem von der Stifterin eingebrachten Landbesitz in Nordborstel (wohl an der Straße von Harburg nach Stade, auf der Höhe des Heimfelder Forstes)13, sowie mit weiteren 13 Hufen Land und einer Pfannenherrschaft in der Saline von Lüneburg, die von Bardowicker Bürgern, dem 12 

Reinhardt, Lüne (2012), in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 939. Zur Lokalisierung von Nordbostel können drei Nachrichten aus dem 14. und 16. Jhdt. herangezogen werden: Vor dem 13. Dezember 1326 waren „fünf Häuser in Northborstolde“ durch den Tod des Bruno von Marboldestorpe (d. h. Marmstorf ) an Heinrich, Dietrich und Nikolaus von der Lieth gelangt, die sie ihrerseits an Werner, Gevehard und Godeward Grote verkauften; im Jahre 1373 bestätigt Herzog Bernd I. von Braunschweig-Lüneburg der Familie Grote den „Zehnten zu Nordtborstel“, und in einem Lehnbrief, den Herzog Ernst I. von Braunschweig Lüneburg am 11. Februar 1541 für Thomas und Werner Grote ausstellt, findet sich die wüste „Dorpstede Nortbostell“ genannt, so Kausche, Nordborstel (1976), S. 25–28; vgl. ders., Quellen zur Geschichte des Harburger Raumes (1977), S. 231, Nachtrag zu n° 380. Bis in das 14. Jahrhundert hat das Dorf Nordborstel also der Gründerfamilie des Klosters Lüne, den Herren zu Marmstorf gehört, und im 16. Jarhundert war es wüstgefallen. Es wird wohl auf der Nordseite des Heimfelder Forstes, südlich von Moorburg an der Straße von Harburg über Buxtehude nach Stade gelegen haben. Reinhardt (Art. ‚Lüne‘, 1984, Germania Benedictina, Bd. 11, S. 377–378) diskutiert die 13 

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A. Einleitung

Hamburger Domkapitel und Adligen erworben wurden. Der Grund, auf dem das Kloster selbst errichtet worden war, war wohl ein Geschenk der Mönche von St. Michael, später kamen Güter in Dalldorf und Kahlstorf hinzu. Gewinne investierte das Kloster vorzugsweise in Gestalt des Ankaufes weiterer Salinenanteile, im Jahre 1369 besaßen die Lüner Nonnen schon zwölf Pfannen, 51 Chor, zwei Plaustra und zwei Renten. Weiter verfügten die Benediktinerinnen über mehrere Häuser (dazu zählte ihr Stadthof, Auf dem Kauf 9) und seit 1391 auch über eine Mühle in der Stadt Lüneburg. Vor allem in das 14. Jahrhundert fiel auch der Erwerb eines umfangreichen Landbesitzes zwischen Ilmenau und Neetze, oftmals im Verbund mit Zehnt- und Vogteirechten. Im Jahre 1240 brannte die Anlage, die um die alte Jakobuskapelle gewachsen war, ab, und wurde in vergrößerter Form wieder aufgebaut. Spätestens in dieser Zeit wurde in Lüne – vielleicht unter dem Einfluß des Michaelisklosters – die Benediktinerregel eingeführt. Für das Jahr 1284 sind schon 60 sorores in Lüne belegt, es folgte eine Zeit der Konsolidierung. Der Lüner Propst Heinrich von Langlingen sollte im Jahre 1370 zum Bischof von Verden aufsteigen. Im Jahre 1372 fielen die Gebäude erneut den Flammen zum Opfer, im Zuge des anschließenden Wiederaufbaus im Stil der Backsteingotik entstand der älteste Teil des heute vorhandenen Baubestandes, darunter die Barbarakapelle, das Chorhaupt und die ersten drei Joche der Klosterkirche, sowie der nördliche Kreuzgangflügel. Eine schwere Krise erschütterte das Kloster, als Papst Urban V. im Jahre 1370 die vakante Lüner Propstei, die er zu diesem Zweck zur Konsistorialpfründe erhoben hatte, an den Kardinalbischof von Tusculum, Gilles Aycelin de Montaigu, seit 1356 Bischof von Thérouanne, verleihen wollte. Die Nonnen indes wählten stattdessen Conrad von Soltau, woraufhin der Papst Lüne mit Bann und Interdikt belegte. Der Elekt mußte verzichten, und nach einigen Wirrungen wurde der Streit im Jahre 1373 durch Gregor XI. dahingehend beigelegt, daß das Kloster den Kardinal mit der hohen Summe von 900 Gulden abfand, während der Papst seinerseits die Errichtung der geistlichen Pfründe wiederrief und dem Konvent das Recht verbriefte, seinen Propst fortan immer selbst zu wählen. Neuer Amtsinhaber wurde daraufhin Johannes Weigergang (1373–1412), der 1395 das Recht erlangte, als Propst die Beichten der Nonnen hören zu dürfen, insofern umfaßte sein Amt fortan also eine geistliche Jurisdiktion – mit der cura animarum – über die Gemeinschaft. Trotzdem war die rechtliche Situation des Klosters weiterhin nicht ganz unproblematisch – zwar hatte die Kommunität nun ein ‚freies Propstwahlrecht‘, doch war das Kloster dadurch nicht etwa exempt, der Ortsordinarius war weiterhin der Bischof von Verden, der für sich in Anspruch nehmen konnte, von Amts wegen als ordentliche Quelle eben jener geistlichen Jurisdiktion für das ganze Gebiet seines Bistums zu gelten, daraus leitete er das Recht ab, den von der Gemeinschaft gehier in der Urkunde vorgenommene Gleichsetzung Nordborstel = Heiligenrode, und gelangt zu der Auffassung, daß es sich um ein Mißverständnis handeln muß.



5.  Zur Vorgeschichte des Klosters

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wählten Kandidaten seinerseits erst durch seine bischöfliche Bestätigung in dessen Amt zu validieren. Dieses Konfirmationsrecht sollte sich im Jahre 1470 als Problem erweisen, als der Verdener Diözesanadministrator Berthold von Landsberg versuchte, dem Konvent seinen Kandidaten Otto Vulle als Propst aufzunötigen, weil er keinen anderen zu bestätigen bereit sei, obwohl in Lüne schon jahrelang Nikolaus Graurock seines Amtes waltete, den die Nonnen 1463 als Propst akzeptiert hatten, und der damals seinerseits der Wunschkandidat des damaligen Verdener Bischofes Johannes von Asel gewesen war. Zudem machten noch die Herzöge von Braunschweig-Lüneburg Vogteirechte über das Kloster geltend, darauf sollte sich Ernst I. im Jahre 1529 berufen, als er nach Lüne kam, um die Propstei (mit den dazugehörigen Gütern) einzuziehen und der Kommunität einen lutherischen Prediger zu verordnen. Trotz der hohen Schulden, die Lüne im Jahre 1373 zur Abfindung des Kardinals aufnehmen mußte, gelang es Weigergang, den Landbesitz des Klosters erheblich zu vermehren, er kaufte 42 Höfe und fünf Koten (während er gleichzeitig zehn Höfe und sechs Koten verkaufte), Wiesen, Holz- und Fischereirechte, sowie weitere Einkünfte aus der Saline, und wirkte öfter als Vermittler in politischen Auseinandersetzungen, unter anderem zwischen den Herzögen von Braunschweig-Lüneburg und der Stadt Lüneburg; 1399 war er Generalvikar des erwählten Bischofs von Verden, und 1408 wird er als Domkapitular genannt. In die Amtszeit seiner Nachfolger Heinrich von Bodenstedt (1412–1432) und Cord van Tzerstede (1433–1440) fällt die weitere wirtschaftliche Konsolidierung des Klosters. Im Jahre 1425 erreichte Lüne bei Papst Martin V. die Befreiung von der Zahlung von Synodal- und Exuviengeldern an den Bischof von Verden. Eine neue Krise stellte für das Kloster der ‚Lüneburger Prälatenkrieg‘ dar – Propst Dietrich Schaper (1442–1451/1457) hatte sich zum Sprecher der Partei der geistlichen Anteilseigner der Saline gemacht, die sich der Forderung des Stadtrates widersetzten, sie sollten sich, statt wie bisher mit einem Viertel, künftig mit der Hälfte ihrer Einkünfte an der Tilgung der Schulden der Stadt Lüneburg beteiligen, obwohl der Stadtrat, der ihm zu dieser Position verholfen hatte, das Gegenteil von ihm erwartete. Seit 1445 agitierte Schaper deshalb gegen den Rat, der ihm zunächst ein ‚Stadtverbot‘ aussprach und dann einen Prozeß zu seiner Absetzung anstrengte, mit dessen Führung der Propst von St. Michael, Leonhard Lange, als Beauftragter des Verdener Bischofs betraut wurde. Der Chronik des Jakob Schomaker, der die Partei des ‚Alten Rates‘ vertrat, zufolge hatte sich Schaper der Entfremdung des Klostergutes und eines unkirchlichen Lebenswandels schuldig gemacht, zudem hatte er es versäumt, zur Eröffnung des Prozesses gegen ihn zu erscheinen, daher wurde er Ende 1451 abgesetzt und exkommuniziert. Er floh nach Braunschweig und erwirkte dort die Annullierung der gegen ihn ergangenen Urteile, und da die Ratsherren sich weigerten, seine Wiedereinsetzung zuzulassen, bannte Papst Nikolaus V. im Jahre 1454 nun seinerseits den widersetzlichen Stadtrat. Aufgrund des Streites über die Verteilung der Lasten zur Schuldentilgung erlangte eine Ver-

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A. Einleitung

sammlung der Lüneburger Bürger unterdessen den Rücktritt des gebannten ‚Alten Rates‘, und setzte einen neuen, durch 60 Wahlmänner bestimmten ‚Neuen Rat‘ ein, dem Schapers Bruder Ulrich angehörte. Dietrich Schaper kehrte in der Folge als Stadtsyndikus nach Lüneburg zurück. Doch nachdem im Juli 1455 der alte Bürgermeister Johann Springintgut in Haft gestorben war, befahl Kaiser Friedrich III. die Freilassung und Wiedereinsetzung der verbliebenen Mitglieder des ‚Alten Rates‘. Dietrich Schaper versuchte, die Publikation des kaiserlichen Mandates in Lüneburg zu verhindern, zog sich dadurch den Zorn der Bürgerschaft zu (deren Vorbehalte gegen die Familien des ‚Alten Rates‘ inzwischen geschwunden waren), und mußte deshalb erneut nach Braunschweig fliehen, wo er 1465 verstarb, ohne sein Amt jemals zurückerlangt zu haben. Der Bischof von Verden, Johannes III. von Asel, besetzte die Propstei des Klosters Lüne daraufhin mit dem Bevenser Archidiakon Nikolaus Graurock, der 1452 bis 1457 Prokurator des (‚Alten‘) Rates gegen die Sülzprälaten gewesen war. Die Nonnen waren mit dieser Ernennung zunächst nicht zufrieden, erst 1463, als Graurock in einem Vergleich ihre herkömmlichen Rechte anerkannt hatte, waren sie bereit, ihn als ihren Propst zu akzeptieren. Es war Graurock, unter dem im Jahre 1481 die Bursfelder Reform in Lüne eingeführt wurde, die Handlung der vorliegenden Klosterchronik setzt hier ein14.

6.  Die Klosterreform Die Chronik der Hs. 13 beginnt mit der Annahme der Bursfelder Reform durch das Kloster Lüne im Oktober 1481 – dadurch daß diese Reform als konstitutives Ereignis an den Beginn des Textes gestellt wird, gewinnt sie, fast wie eine erneute Klostergründung, den Charakter eines zentralen Bezugspunktes, auf den die dann im folgenden geschilderte weitere Entwicklung der Gemeinschaft zurückgeführt wird. Die ‚Patenschaft‘15 über den Lüner Konvent hatte zu diesem Anlaß das Kloster Ebstorf übernommen, das sich bereits 1469 – nicht ganz ohne Anfangsschwierigkeiten – der Bursfelder Reform angeschlossen hatte16. Nun waren der dortige 14  Darstellung der Klostergeschichte nach Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 377–402, und dies., Lüne (2012), in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 938– 402. 15  Zur Filiation der Klosterreform und der Rolle von ‚Reformzentren‘, welche die ‚Reformnonnen‘ entsandten, vgl. Muschiol, Kloster Kirchheim (2016), S. 72–84. Muschiol spricht namentlich vom „Netzwerk der Reformkonvente“ und „geistlichen Migrantinnen“. Zum Genus der Reformchronistik vgl. (im Hinblick auf das Klarissenkloster Nürnberg) Vosding, Schreib die Reformation von Munchen gancz daher (2012); ebenfalls zu Süddeutschland: Proksch, Klosterreform und Geschichtsschreibung (1994). 16  Zur Reform des Klosters Ebstorf: Jaitner, Ebstorf (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 171–173; ders.: Benediktinerinnenkloster Ebstorf, S. 18–20. Eine wichtige Quelle für die Ebstorfer Reform ist die sogenannte ‚Ebstorfer Tischlesung‘ von 1494 (Ebstorf, Hs. 5, fol. 210r–215v), Edition in: Borchling, Litterarisches und geistiges Leben (1905), S. 361–407; speziell dazu:



6.  Die Klosterreform

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Propst, Matthias von dem Knesebeck17, und die Priorin, Mechtild von Niendorf18, mit sechs Ebstorfer Nonnen angereist, um ihrerseits die Schwestern an der Ilmenau Anteil an den Segnungen der neuen Observanz haben zu lassen. Auch die künftige Lüner Priorin, Sophia von Bodendike, und die neue Subpriorin, Gertrud von Eltzen, hatten sie mitgebracht – übrigens sollten nur die beiden letzteren bis an ihr Lebensende in Lüne verbleiben, die übrigen kehrten früher oder später in ihren Heimatkonvent zurück: Drei Jahre weilte Mechthild Redebere, die Sakristanin, in Lüne, und die Konversin Elisabeth Bockes übernahm für den gleichen Zeitraum die Verantwortung für die Küche. Harderadis Boltze und Margarete Schele hingegen, die die Kommunität in der neuen Singweise des Offiziums nach der Bursfelder Reform unterweisen sollten, blieben nur für kurze Zeit, sie reisten schon im Advent 1481 mit ihrer Priorin bzw. wenige Tage später nach Ebstorf zurück. Die Annahme der Reform bedeutete in Lüne einerseits, daß das Kloster die liturgischen Bestimmungen der Bursfelder Kongregation übernahm und vor allem für das Stundengebet ausschließlich die liturgischen Bücher verwendete, die auf den Bursfelder Generalkapiteln approbiert worden waren – dazu unten mehr. Auch auf die Einhaltung der kanonischen Altersgrenzen für Klostereintritt, Einkleidung und Profeß wurde besonders geachtet. Andererseits bedeutete die Reform aber auch eine strengere Disziplin im Hinblick auf die monastische Observanz, das betraf vor allem die Bereiche Privatbesitz (den die Nonnen nun nicht mehr behalten durften), Gemeinschaftsleben und Klausur. Namentlich mußten alle Mahlzeiten nun zusammen eingenommen werden, eine zusätzliche oder alternative private Vorratshaltung und Verpflegung, wie es sie vor der Reform vielleicht gegeben hatte, war nun nicht mehr erlaubt, ebenso war es den Nonnen nicht gestattet, andere Kleidungsstücke zu tragen oder zu besitzen als den einheitlichen, klösterlichen Habit. Den Klausurbereich des Klosters (mit dem Nonnenchor der Klosterkirche) durften die Profeßnonnen, abgesehen vom Falle einer Evakuierung der Gemeinschaft, etwa bei Kriegsgefahr, niemals verlassen, umgekehrt durfte außer den Nonnen selbst niemand anderes die Klausur betreten, nicht einmal die engsten Angehörigen der Konventualinnen (lediglich den Eltern wurde anläßlich der Einkleidung ihrer Töchter eine Führung durch den sonst unzugänglichen Teil des Klosters angeboten, wie aus einem Eintrag im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ zum 13. April 1505 hervorgeht). Uffmann, Rosengarten (1997), S. 213–224; siehe auch: Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung (2004), S. 281–287. 17  Matthias von dem Knesebeck, zunächst Kanzler der Herzöge Friedrich, Bernhard und Otto von Braunschweig-Lüneburg, seit 1464 Propst von Ebstorf, hatte seinen Konvent im Jahre 1469 für die Bursfelder Reform geöffnet, auch an der Reform des Klosters Medingen war er beteiligt gewesen, vgl. Jaitner, Ebstorf (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 173. 18  Mechthild von Niendorf war ihrerseits 1469 aus dem Kloster Hadmersleben zum Zwecke der Reform nach Ebstorf entsandt worden und wurde im Folgejahr dort zur Priorin gewählt, wie jetzt ihre Schülerin Sophia von Bodendike in recht jungem Alter, mit 30 Jahren. Sie starb 1495, vgl. Jaitner, Ebstorf (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 183; 188.

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A. Einleitung

Eine dritte Folge der Klosterreform war, daß die angeschlossenen Klöster sich fortan von Äbten visitieren ließen, die ihrerseits bzw. deren Klöster der Bursfelder Union angehörten. Selbst Mitglied der Bursfelder Kongregation wurde Lüne dadurch aber nicht, das war für Frauenklöster auch nicht die Regel, von den 60 weiblichen Konventen, die am Vorabend der Reformation der Bursfelder Observanz folgten, waren nur zwei (Klaarwater und Siloe) kanonisch inkorporiert (während der Kongregation im Jahre 1517 immerhin 94 Männerklöster als ‚Vollmitglieder‘ angehörten und auf dem Generalkapitel vertreten waren)19. Nähere Einzelheiten zur Klosterreform in Lüne sind einem ‚Reformbericht‘20 auf einem gesondert überlieferten Einzelblatt klein in-4° zu entnehmen, aufgezeichnet hat diesen Bericht wohl die im Text als scriptrix der Gruppe bezeichnete Sakristanin, Mechthild Redebere, die sicherlich auch als Erfinderin der tagebuchartigen Notizen im Stile des späteren ‚Amtsbuches der Sakrista‘ gelten kann: Anno domini M°CCCCLXXXI reformatum est monasterium Lune ex mandato reverendi patris dyocesis administratoris ecclesiae Verdensis, domini Bertoldi21, in vim sue specialis commissionis pro reformatione regularis observantie misit dominum Mathiam prepositum in Ebbekestorpp; Ottonem Vullen22, olim procurator noster existens, sed 19  20 

Engelbert, Art. Bursfelde, LexMa, Bd. 2, Sp. 1108–1109. Olim Hannover, Kgl. Bibliothek, ms. XXIII, Bd. 896, S. 113–116, Text aus: Nolte, Quellen und Studien (1932), S. 127–128. 21  Der Bischof, der die Reform des Klosters Lüne angeordnet hatte, ist Berthold von Landsberg, Bischof von Hildesheim (1481–1502) und Administrator von Verden, wo er zuvor (1470– 1481) Bischof gewesen war (Reimann, Berthold von Landsberg (1996), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches, Bd, 2, S. 405–406). Seine Residenz ist Schloß Rotenburg, Sophia von Bodendike, die aus Ebstorf eingeführte Reform-Priorin, ist seine Nichte. 22  Otto Vulle, Domdekan in Verden, vgl. UB Lüne, n° 599; 601; 602; 636. Im Jahre 1470 hatte der damalige Verdener Administrator Berthold von Landsberg Otto Vulle anstelle Graurocks zum Propst von Lüne machen wollen, Graurock mußte an der Kurie prozessieren, um sich die Propstei zu erhalten, vgl. RG IX 04323: Lunenis prepositus, priorissa et conventus monasterii sanctimonialium in Lune, Ordinis sancti Benedicti, Verdensis diocesis, […] Romane Ecclesie immediate subiecti; narratio quod Nicolaus Grawerok, prepositus et administrator dicti monasterii exposuit se ab ista prepositura (quam per plures annos possedit) contra earundem voluntatem per Ottonem Vullen (qui se in dictam preposituram intrusit) eiectum fuisse, hortatio quatenus eidem intruso non pareant, sed dicto Nicolao (vom 20. September 1470, Arm. XXXIX, 12 185rs); und RG IX 04964: Otto Brunswicensis et Luneburgensis dux. Narratio quod exposuit pape Nicolaus Grawerock, prepositus et administrator monasterii monialium in Lune, Ordinis sancti Benedicti, Verdensis diocesis, Romanae Ecclesiae immediate subiecti, se a dicta prepositura, quam per plures annos possedit, per quendam Ottonem Vullen, qui se in eam intrusit, eiectum fuisse; hortatio quatenus eidem Nicolao assistat, quod ipse Nicolaus possessionem recuperare possit (vom 13. September 1470, Arm. XXXIX, 12 184vs); sowie RG IX 04323: Lunensis prepositus, priorissa et conventus monasterii sanctimonialium in Lune, Ordinis sancti Benedicti, Verdensis diocesis. […] narratio quod papa intellexit e relatione Nicolai Graurock, prepositi dicti monasterii, Latini episcopi Tusculanensis cardinalis de Ursinis capellani et familiaris, eundem Nicolaum eadem prepositure suisque bonis spoliatum fuisse ac exinde quendam Ottonem se intrusisse, quodque hortatus est per aliquod breve ut dicto Nicolao preposito obedirent, quodque iterum desuper ad proconsules et consules Luneburgenses scripsit, hortans ut ipsi Nicolao faveant, mandatum quatenus eundem Nicolaum ad possessionem restituant (vom 26. April 1471, Arm. XXXIX, 12 138rs). Graurock erfreute sich offensichtlich der Unterstützung des Herzogs Otto V. von Lüneburg, in dessen Namen



6.  Die Klosterreform

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tunc decanus Verdensis, Hermannum Schuten23, ibidem canonicum; et Gerardum Halepagen24, vicarium in Buxstehude. Et hii deputati commissarii ad executionem commissionis processerunt et venerunt in die Luce evangeliste, feria 5a post vesperas25 ad ecclesiam nostram. Et Bertoldus, scriptor domini episcopi, legit conventui litteram ex parte episcopi missam, in qua annuntiavit adventum VII virginum de monasterio Ebbekestorpe, in crastino venturas ad reformandum monasterium. Feria 6a venerunt ipse virgines, quas suscepimus unanimiter et concorditer in vinculo caritatis. Et post missam iverunt processionaliter ad locum capittularem. Tunc dominus Gerardus fecit collationem. Qua finita iverunt nobiscum ad mensam. Postea iverunt spatiatim, et duximus [eos]26 in novum domum, prebent[e]s27 eis hospitalitatis gratia omnia beneficia caritatis, et ibidem comederunt et dormierunt. Die vero sabbati, in profesto XIm Virginum, cantavit conventus sollempnem |p. 114| missam ‚Salve‘ cum sequentia ‚Imperatrix‘, solito more28. Interea omnes isti predicti doer seine Klage vorbrachte, und er galt an der Kurie als Kaplan und familiaris des Kardinals Latino Orsini († 11. August 1477). Er war sowohl im September 1470 als auch im April 1471 persönlich in Rom, um seinen Fall selbst vorzutragen (e relatione Nicolai Graurock … also in eigener Sache: andernfalls würde hier der Prokurator genannt, den der Kläger mit der Wahrnehmung seines Anliegens betraut hat). Als familiaris des Kardinalbischofes von Tusculum wird der Lüner Propst auch bezeichnet in RG VII 02222 (24. April 1455; 5. Oktober 1455), RG VIII 03173 (4. Dezember 1460; 11. Februar 1463, dort als olim cardinalis … familiaris, sicherlich rührte die Aufnahme in die familia von einem früheren, längeren Romaufenthalt her) und RG IX 04747 (9. Mai 1467; 5. Juni 1467; 27. Juni 1469 und 20. Juli 1471). Am 20. Juli 1471 erlangte Graurock zudem auch eine Dispens, die es ihm gestattete, zusätzlich zum Archidiakonat Bevensen zugleich noch eine andere, eigentlich inkompatible Pfründe innezuhaben, unbeschadet seines Amtes als Propst in Lüne, in Anbetracht des Umstandes, daß letztere administratio nur ad solum priorisse et convtus dicti monasterii nutum amovibilis existit (also nur eine auf Widerruf übertragene Verwaltung, aber keine eigentliche Pfründe war, die als inkompatibel anrechenbar gewesen wäre, ibid., S 668 277rs), sowie eine Bestätigung seiner Wahl, die besagte, daß er als Propst von Lüne nicht ohne die Zustimmung der Priorin und des Konventes von Lüne entfernt werden dürfe (de confirmatione dicte electionis et de indulto de non amovendo absque priorisse et conventus admissione, ibid., S 668 278rs). Nun sollte der damals abgelehnte Otto Vulle, jetzt in seiner Eigenschaft als Verdener Domdekan also an der Reform des Klosters Lüne mitwirken. 23  Hermann Schuten, Kanoniker in Verden. 24  Gerhard Halepaghe[n], Vikar in Buxtehude und Beichtvater der Benediktinerinnen von Neukloster, wo er im Jahre 1469 die Bursfelder Reform eingeführt hatte, er war auch an der Reform von Buxtehude-Altkloster beteiligt, vgl. Schindler, Gerhard Halepaghen (1965), S. 35–45. 25 Die Visitationskommission traf einen Tag vor den Ebstorfer Nonnen in Lüne ein, am Abend des 18. Oktober 1481, dem Fest des hl. Evangelisten Lukas. 26  eos] in der Vorlage eis. 27  prebentes] in der Vorlage prebentis. 28  Der 20. Oktober 1482, Vorabend des Festes der hl. Ursula und ihrer (11000) Gefährtinnen, war ein festfreier Samstag, der Offiziant war daher gehalten, in der Konventmesse das Formular der ‚Missa [votiva] de S. Maria in sabbato‘ zu verwenden, für die Zeit nach Pfingsten (bis zum ersten Advent) war das die Messe ‚Salve sancta parens‘ (nach dem Introitus). In den Meßbüchern mehrerer norddeutscher Diözesen (darunter Hildesheim) gab es dazu eine Sequenz ‚Imperatrix gloriosa‘ (AH, Bd. 54, S. 352, n° 221), die sich nach der tridentinischen Reform nicht weiter erhalten hat. Im Bursfelder Missale war diese Sequenz nicht enthalten (Übersicht in: Rosenthal, Sequenzen, 1983, S. 162–163.

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A. Einleitung

mini loco capitulari aderant, et fiebat ab eis scrutinium more visitatorum per conventum atque singulas per IIIIor vel V, diligenti inquisitione examinantes de observantia regulari, et aliis non bene servatis29. Ad quod respon[di]mus30 meliori modo quo poteramus. Et post hoc iterum fiebat exhortatio ad conventum per predictum dominum Gerardum. Et post hec in presentia eorum atque totius conventus statuerunt Sophiam de Bodendike in priorissam, quam nominatim vocabant ad mattam31, committentes ei monasterium, et deposuerunt dominam priorissam Bertam Hoyers32. Similiter vocabant matrem Gertrudem de Eltzen, eidem committentes officium subpriorisse, et ut manum adiutricem porrigeret domine, et auxilium ferret assiduo labore. Quo facto etiam ipso mane conventus domine Sophie obedientiam fecit unanimiter, humiliter et concorditer, flexis genibus coram ea, sic dicentes: „Facio vobis obedientiam secundum gratiam“. Et ea respondente: „Suscipio obedientiam tuam“. Et tunc quelibet nostrarum resignavit ei claves suas, sed in officiis constitutis iussit retinere33. Exeuntibus illis supradictis viris ivimus ad mensam una cum mo- |p. 115| nialibus illis. Et tunc, cum vocatione Spiritus Sancti gratia34, vesperas in vigilia eiusdem Virginum XIm iuxta morem 29  Im Rahmen der kanonischen Visitation werden alle Nonnen einzeln befragt, um etwaige Mißstände aufzudecken. 30  respondimus] in der Vorlage respondebimus. 31  Die Matte vor dem Platz der Priorin im Kapitelsaal, wo die Prostration stattfindet, vgl. die durch Johannes Busch verfaßten Reformationsberichte der Klöster St. Mauritius/Halle (… qui coram nobis et conventu S. Mauritii ad mattam in capitulo se prostravit, ut doceremus eos formam culpas dicendi in capitulo, et fecit ibi omnia in culpas dicendo, in proclamando passive, in venia petenda, mattam osculando et similibus, juxta meam informationem …) und Derneburg (… dein ipsae omnes singulatim, excepta priorissa, ad mattam se prosternentes et surgentes culpas coram me praesidente et conventu collateraliter assidente proferebant …) – Johannes Buschius, De reformatione monasteriorum quorundam Saxoniae libri IV (Scriptores rerum Brunsvicensium, Hg. Leibniz (1710), Bd. 2, S. 505; 875). Eine textkritische, umfassend kommentierte Neuausgabe von Bertram Lesser erscheint in Kürze: Johannes Busch, Liber de reformatione monasteriorum – Briefe und Predigten. Textkritische Ausgabe. Mit einer Erstedition der Schriften von Hermann Ryd (Publikationen der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim), Turnhout (Brepols), im Druck; vgl. auch ders., Johannes Busch. Chronist (2005). 32  Berta Hoyer war 1468 zur Priorin von Lüne gewählt worden, nach ihrer Absetzung verblieb sie im Konvent und starb 1486, vgl. Nolte, Quellen und Studien (1932), S. 127; Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 397. Die alte Subpriorin, Kunegunde (‚Konneke‘) Greving (vgl. UB Lüne, n° 586 vom 22. März 1466) starb 1489 (wie die vorliegende Chronik verzeichnet – siehe dort). 33  Die Konventualinnen leisten der neuen Priorin den Gehorsamseid und übergeben ihr die Schlüssel, über die sie zur Ausübung ihrer jeweiligen Ämter bisher verfügt haben, zum Zeichen ihrer Bereitschaft, diese Ämter zu resignieren. So geschah es auch bei der Wahl ihrer Nachfolgerin, Mechthild Wilde, im Februar 1504, vgl. Schlotheuber, Wahl der Priorin (2005), S. 158. Die Bestimmungen zur Amtseinführung einer neuen Priorin finden sich im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 51v–53r (Text im Kommentar zum 14. Februar 1504), die Amtseinführung der Subpriorin wird auf fol. 53v–55r behandelt. 34  Anläßlich der Klosterreform und der Neubesetzung der klösterlichen Ämter werden vor der Vesper, um einen guten Ausgang des Unterfangens und gleichsam als Fürbitte für die neue Priorin, der Versikel ‚Veni, Sancte Spiritus, reple‘ etc. mit der Oration ‚Deus qui corda fidelium‘ etc. rezitiert, eventuell gefolgt vom Hymnus ‚Veni, Creator Spiritus‘. Anscheinend war das Eintreffen der Reformkommission unangekündigt erfolgt – wenn die Nonnen um die wichtigen Ereignisse



6.  Die Klosterreform

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observantie regularis incepimus cantare35, quod omnipotens conservare et confirmare dignetur in perpetuum. Amen. Reformatrices nostre fuerunt ex dicto monasterio Ebbekestorpe, videlicet domina Mechtildis de Nyndorpp, et mater Mechtildis Redebere, que fuit scriptrix earum, et eandem ad sacristam posuerunt, que etiam non modicum adhibuit auxilium in studio sancte religionis ac doctrine. Etiam sorores due sunt deputate ad officium cantricum, videlicet Harderadis Boltze, et Margarita Schele. Et Elyzabet Bockes, conversa, ad coquinam fuit posita, que videlicet soror satis et peroptime diligens, fidelis ac obsequiosa fuit omnibus, et multum benivola in dando. Et ipsa una cum matre M[echtildis] Redeberen hic per tres annos permansuerunt, et sunt revocate ad monasterium Ebbekestorpe, ubi finem suum feliciter terminaverunt. Sed venerabilis domina M[echtildis] de Nyndorpp hic per aliquot tempus mansit, prope Adventum domini, sed adhuc ea hic existente, post V [dies], vel VI dies post Luce, conventus, per omnia bene contenta, de singulis minimis et maximis ac in omnibus subpellectilibus habitis ac pecuniarum fecit resignationem integraliter, nihil retinentes nisi perspectis et eis licenciatis36. Et ea revertente ad monasterium suum assumpsit secum |p. 116| Harderadem Boltzen, sed M[argarita] Schelen hic per aliquot dies adhuc mansit, et postea revocavit eam. gewußt hätten, die ihnen bevorstanden, hätten sie dieses ‚Veni, Sancte Spiritus, reple‘ sicherlich schon als Novene zur Vorbereitung gebetet. 35  Im Kalendarium ist der 21. Oktober das Fest der 11000 Jungfrauen und Märtyrer (das heißt, der Gefährtinnen der hl. Ursula von Köln). Im Bursfelder Calendarium (vgl. Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 98; 274) ist das Fest XII lectionum (das entspricht dem Festgrad simplex – nach den späteren gesamtkirchlichen Okkurenzregeln hätten die Nonnen am Samstag, dem 20. Oktober, also nicht die erste Vesper des Heiligenfestes, sondern die erste Vesper vom Sonntages singen müssen, die Tagesheiligen bekommen dann nur eine commemoratio: An die Oration (collecta) des Sonntagsoffiziums werden die Magnifikatantiphon, der Versikel und die Oration aus dem Festoffizium angeschlossen. Um ihrerseits den Sonntag zu verdrängen, hätten die hl. 11000 Jungfrauen wenigstens duplex maius sein müssen). Im Jahre 1516 sollten die Priorin, Mechthild Wilde, und der Propst, Johannes Lorber, einen 10000-Jungfrauen-Altar (sic) stiften (der eventuell eine Rangerhöhung der hl. Ursula und ihrer Gefährtinnen zur Patronin gerechtfertigt hätte, zum Altar: Reinhardt, Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 945, von Ursulareliquien in Lüne ist hingegen nicht die Rede). Zu bemerken ist, daß der Name des fraglichen Festes hier, der Bursfelder Terminologie folgend, das Kollektiv der Gefährtinnen zum Gegenstand hat, unten hingegen, im Eintrag der Chronik zum 20. Oktober 1481, ist die hl. Ursula namensgebend. Diese Vesper war die erste, die nach den neuen liturgischen Büchern gesungen wurde, die anläßlich der Klosterreform beschafft wurden, die alten liturgischen Bücher wurden zerstört, vgl. dazu auch die in Anm. 16 genannten Berichte von der Reform des Klosters Ebstorf, dort hatten einige Begleitumstände der Reform offenbar für Unmut gesorgt – hec autem mutatio in divino servicio, amissio organorum, separacio a populo et ab ecclesia aliquibus fuit magna perturbatio et stimulus doloris, aus der ‚Ebstorfer Tischlesung‘, in: Borchling, Litterarisches und geistiges Leben (1905), S. 389. Aus Lüne finden sich keine Nachrichten über Widerstand gegen die Reform des Gottesdienstes. Zu den liturgischen Auswirkungen der Klosterreform in den Heideklöstern vgl. auch: Riggert-Mindermann, Klosterreform (2015), S. 119–128), zur Bursfelder Liturgie insgesamt Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers (1928); und Rosenthal, Sequenzen (1983); Officium capituli (1983); Martyrologium und Festkalender (1984). 36  Im Rahmen der Rückkehr zur strengeren Observanz geben die Nonnen ihr Privateigentum ab – Hausrat (subpellectilia) und Geld, sie behalten nur, was ihnen ausdrücklich gestattet ist.

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A. Einleitung

Venerabilis domina S[ophia] B[odendi]ken electa in priorissam, et mater Gertrudis de Eltzen in subpriorissam, regularem observantiam diligenter exequentes ad profectum sancte religionis gratia Dei perduxerunt. Et hec domina nobiscum mansit in XXXIII annum. Similiter mater subpriorissa, G[ertrud de] E[ltzen] hic pari modo permansit, et fuit diligens in officio suo, usque in finem vite sue. Et hec facta sunt anno Dei ut supra, tempore regiminis venerabilis domini prepositi Nicolai Grawerock, qui nobis paterne et pie prefuit ut pater karissimus. Et ipso die sancte Ursule dedit conventui ad confortationem et consolationem Iam tunnam hamburgensis servitie37, et album panem38, item ad coquinam dedit Iam frustrum lod visches, hoc est strumulus, et est parvus39. Item II kypp witlinges40 und II tunnas ore41, item III tunnas botteren, I tunnam etikes, item enen topp resyns, rys un II schepel grutte42, et aliam ad coquinam spectantia.

7.  Zum Entstehungskontext der vorliegenden Redaktion der Klosterchronik Während die hier vorliegende Chronik im wesentlichen die besondere Blütezeit des Klosters zum Gegenstand hat, die explizit auf die Klosterreform des Jahres 1481 zurückgeführt wird, fällt der Zeitpunkt ihrer Abfassung (wenigstens im Hinblick auf die hier behandelte Redaktion, die sich auf das Jahr 1530 datieren läßt) in eine Phase der existentiellen Bedrohung der Kommunität – sowohl ihre konfessionelle Identität als auch die Fortdauer als monastische Gemeinschaft überhaupt waren in Frage gestellt. Unter dem Eindruck der protestantischen Reformation in der Stadt Lüneburg waren schon seit mehreren Jahren die Klostereintritte ausgeblieben43, während es zahlreiche Sterbefälle gegeben hatte (die starken Eintrittsjahrgänge nach der Klosterreform von 1481 hatten inzwischen ein fortgeschrittenes Alter 37  Servitie steht sicherlich für cervisie – es handelt sich um ein Faß Hamburger Bier. 38  Weißbrot aus Weizenmehl, während die Alltagsspeise der Landbevölkerung Schwarz-

und (graues) Roggenbrot war, vgl. dazu Joachim Bumke: Höfische Kultur. Literatur und Gesellschaft im hohen Mittelalter, München12 2008, S. 240–241. 39  Ein knappes Lot Fische, und zwar Lachs (Striemel). 40  Zwei Kiepen Wittlinge (Merlan). Die Kiepe ist eigentlich der geschulterte Tragekorb, wird aber auch als Maßeinheit verwendet. 41  Zwei Fässer Lachsforellen (Meerforellen). 42  Drei Fäßchen Butter, ein Faß Essig, ein Topf Rosinen, Reis und zwei Scheffel Grieß. 43  Ausweislich der Klosterchronik hatte es zuletzt im Jahre 1521 drei Eintritte gegeben (Barbara Stöterogge, Margarete Bromes und Dorothea Bardewikes), im selben Jahr waren drei Nonnen gestorben. Für die folgenden Jahre verzeichnet die Chronik dann nur noch Sterbefälle (1522: zwei; 1523: null; 1524: drei; 1525: zwei; 1526: fünf ), aber keine Eintritte mehr. In den Jahren 1527 (vier Sterbefälle) und 1528 (zwei Sterbefälle) sollte jeweils noch eine Konversin eintreten, dann folgen noch einmal zwei Chornonnen-Kandidatinnen, die zehnjährige Anna Wilde, am 5. November 1528, und die ebenfalls zehnjährige dilecta soror Margarete Stöterogge, am 29. März 1529 – ob der Chronistin wohl bewußt war, daß sie hier den allerletzten Klostereintritt der alten, monastischen, Ära verzeichnete?



8.  Die kalendarischen Angaben

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erreicht). Im Juli 1529 hatte Herzog Ernst von Lüneburg den letzten katholischen Propst, Johannes Lorber, zum Amtsverzicht gezwungen, die Prälatur eingezogen und einen weltlichen Verwalter, den Amtmann Johannes Haselhorst, sowie einen lutherischen Prediger, Hieronymus Enkhusen, für das Kloster bestellt. In der Folge hatten die Lutheraner die Klosterkirche für ihren Gottesdienst in Beschlag genommen, der Konvent mußte (nach vergeblichen Versuchen, das Offizium weiterhin auf dem Nonnenchor zu singen) auf den Kreuzgang ausweichen. Im August 1529 war dann der Beichtvater, Heinrich Renert, der die Urkunden und Kultgegenstände des Klosters vor den Protestanten in Sicherheit gebracht hatte, einer Krankheit erlegen, allerdings war es den Nonnen noch gelungen, den langjährigen Kaplan Dietmar Spitzbart zu seinem Nachfolger zu berufen. Die Äbtissin, Mechthild Wilde (gestorben 1535) stand in dieser Zeit in regem Austausch mit ihren Kolleginnen in Ebstorf, Wienhausen und Walsrode, um sich über die Möglichkeiten zu verständigen, sich der schrittweisen Enteignung und Protestantisierung durch den Herzog zu erwehren, doch langfristig konnte dieser Widerstand keine Erfolgsaussichten haben. Zu Michaelis 1529 mußten dann die meisten Kleriker, der Kantor und die Ministerialen des Klosterhofes Lüne verlassen, weil die Kohabitation mit den Lutheranern unmöglich geworden war, vorläufig bleiben konnten (neben dem abgesetzten Propst) nur der Beichtvater und zwei Kapläne. Anfang 1530 kam der Herzog erneut nach Lüne und forderte ultimativ, den Klostergottesdienst künftig nach seiner neuen, lutherischen Kirchenordnung auszurichten, zu diesem Zeitpunkt bricht die Überlieferung der Klosterchronik ab, nur aus dem Briefwechsel der Nonnen ist bekannt, daß sie noch über den Tod der alten Priorin hinaus Widerstand gegen ihre Protestantisierung geleistet haben44. Während es sich also beim ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23) um tagesaktuelle Aufzeichnungen handelt, die von dem Anliegen der Klosterreform, einer sorgfältigen Dokumentation der Liturgie und der Prosopographie der Kommunität inspiriert waren, ist die hier vorliegende Niederschrift Ausdruck des Wunsches, in einer existentiellen Krise das Gedächtnis daran festzuhalten, wie es bisher gewesen war, aber künftig nicht mehr sein konnte.

8.  Die kalendarischen Angaben Den Einträgen zu einem jedem Jahr sind folgende kalendarische Angaben vorangestellt: 1. Die littera tabularis, der Osterbuchstabe, er besagt hier, auf den wievielten Tag nach dem 21. März (Frühlingsanfang) der Ostersonntag in dem jeweiligen Jahr fällt. Dazu projiziert man einen hypothetischen Zyklus aus einem un44  Zu den genannten Ereignissen vgl. den Text der Klosterchronik (unten dargestellt), und besonders auch: Meyer, Reformationsgeschichte (1909), passim.

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A. Einleitung

geraden (durchgezählt von A bis U) und einem geraden Mondmonat (durchgezählt von A bis T) auf den möglichen Osterzeitraum und beginnt die Zählung am 22. März (frühester möglicher Ostertermin) mit B. Die Buchstaben des ersten hypothetischen, am 22. März bereits angebrochenen Mondmonates werden mit einem nachgestellten Punkt, diejenigen des folgenden mit einem vorangestellten Punkt gekennzeichnet (Nota bene: Ein solcher Osterbuchstabe entspricht also nicht – oder nur zufällig, wenn nämlich am 21. März ein Neumond ist – dem Lunarbuchstaben des Ostersonntages im wirklichen, astronomischen Mondmonat). Im ersten hier aufgeführten Jahr 1481 (Osterbuchstabe .N) fiel Ostern also auf den 32. Tag nach dem 21. März, das heißt auf den 22. April, im folgenden Jahr 1482 (Osterbuchstabe S.) auf den 17. Tag nach dem 21. März, also auf den 7. April. 2. Die littera dominicalis, der Sonntagsbuchstabe, der bezeichnet, auf den wievielten Tag des neuen Jahres der erste Sonntag fällt, dazu werden die Tage vom 1. bis 7. Januar von A bis G durchgezählt, im Jahr 1481 war der erste Sonntag mithin der 7. Januar. Diese Angabe gestattet (durch einfaches Weiterzählen) die Berechnung der Verteilung der Wochentage auf die Kalenderdaten im weiteren Jahresverlauf. In Schaltjahren verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe nach dem 28. Februar, um dem ‚zusätzlichen‘ Tag Rechnung zu tragen. 3. Ein numerus tabulae rusticalis (von VI bis IX), der nicht zu den gebräuchlichen kalendarischen Angaben zählt. 4. Eine dictio tabularis (Incipit eines jährlich wechselnden Diktums), die, wie die vorstehende Angabe, kein Element der allgemeinen kirchlichen Komputistik ist. 5. Die Angabe der Position des jeweiligen Jahres im vierjährigen Zyklus der (solaren) Schaltjahre (Schaltjahr, in dem ein zusätzlicher Tag, der 29. Februar, eingefügt wird, ist jeweils der annus quartus, auch das Jahr 1500, weil noch der julianische, nicht der gregorianische Kalender gilt), diese Angabe wird hier irrtümlich als cyclus lunaris bezeichnet (im Allgemeinen ist der cyclus lunaris der 19-jährige Zyklus, der die Verteilung der Mondalter auf die Kalenderdaten zum Gegenstand hat, er wird mit der unten genannten ‚Goldenen Zahl‘ bestimmt). 6. Die littera primationis, welche die Position des Jahres in jenem 19-jährigen Zyklus bezeichnet, in dem sich die Verteilung der Mondphasen auf die Kalendertage des Sonnenjahres wiederholt, die 19 Jahre werden dazu von A bis T durchgezählt. Weil jeder Umlauf des Mondes um die Erde, der einen ‚synodischen‘ Monat konstituiert, nicht etwa 30 ganze Tage, sondern in Wirklichkeit nur 29 Tage und 12¾ Stunden dauert, ergibt sich im Laufe des metonischen Zyklus nicht nur eine sukzessive ‚ganztägige‘ Verschiebung der synodischen Monate gegenüber den Kalendermonaten, sondern auch eine sukzessive stundenweise Verschiebung (primatio) des hypothetischen, für den Mondzyklus zugrundegelegten Tagesbeginnes gegenüber dem Beginn des tatsächlichen, durch



8.  Die kalendarischen Angaben

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Sonnenauf- bzw. -untergang determinierten kalendarischen Tages. Bis zum Ende eines jeden metonischen Zyklus muß deshalb zusätzlich (zu den Epakten) noch ein Tag übersprungen werden, um den metonischen Zyklus und das Sonnenjahr wieder in Übereinstimmung zu bringen (damit am Ende des letzten Jahres Neumond wieder auf den 24. Dezember fällt, bei diesem sogenannten saltus lunae handelt es sich sozusagen um einen umgekehrten Schalttag). Daher bringt die littera primationis zugleich mit der absoluten Position im 19-jährigen metonischen Zyklus implizit auch die sukzessive Auseinanderbewegung des Beginnes des jeweiligen ‚Mondtages‘ gegenüber der Uhrzeit des solaren Tagesanfanges zum Ausdruck, die sich im Laufe dieses Zyklus ergibt45. Die Angabe der littera primationis ist hier redundant, weil sie sich unmittelbar aus dem gleich danach angegebenen numerus aureus ergibt (I = A, II = B etc., bis XIX = T). 7. Der numerus aureus, der die Position des Jahres im 19-jährigen metonischen Zyklus bezeichnet (siehe oben), Ausgangspunkt der Berechnung ist der 24. Dezember am Ende des Jahres 1 vor Christus (Neumond), der Beginn des nächsten Zyklus fällt also auf den 24. Dezember des Jahres 18 etc. – um den numerus aureus zu berechnen, genügt es daher, zum Zahlwert der jeweiligen Jahreszahl 1 zu addieren und von dieser Summe das nächstkleinere ganzzahlige Vielfache von 19 abzuziehen, der übrigbleibende Rest ist der gesuchte Term (von I bis XIX, der numerus aureus ist XIX, wenn sich die genannte Summe ohne Rest durch 19 teilen läßt. Beispiel: (1481 + 1) / 19 = 78, es bleibt kein Rest, der numerus aureus des Jahres 1481 ist also XIX, ein neuer metonischer Zyklus beginnt). 8. Das Datum des Sonntages Septuagesima, der den Beginn des Vorfastenzeit markiert (noch 70 Tage bis Ostern), und hier nach dem Incipit des Introitus als Sonntag ‚Circumdederunt‘ bezeichnet wird (im Beispieljahr 1481 am 18. Februar). 9. Das Datum des Ostersonntages (im Beispieljahr 1481 am 22. April, in der Handschrift ist kalendas Maii irrtümlich verschrieben zu kalendas Martii). 10. Das Datum des Pfingstsonntages (10. Juni 1481). 11. Das Datum des ersten Adventssonntages (2. Dezember 1481). Abgesehen vom numerus tabulae rusticalis und der jährlich wechselnden dictio, bei denen es sich um örtliche Referenzen handeln muß, stammen diese Angaben aus der traditionellen kirchlichen Komputistik und verleihen dem Text Anklänge an ein liturgisches Kalendarium – tatsächlich finden sich die Definitionen und Regeln, die etwa die Handhabung der Lunarbuchstaben, der Goldenen Zahl und der 45  Cummianus Hibernus, De controversia paschali, in: PL 87, Sp. 969–978; Beda, De temporum ratione, cap. 42, in: PL 90, Sp. 472–477; Rabanus Maurus, De computo, cap. 56, in: PL 107, Sp. 699–700; cf. Petrus de Mura, De computatione ecclesiastica, cit. du Cange, Bd. 7, Sp. 288 ‚saltus lunae‘.

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A. Einleitung

Sonntagsbuchstaben zum Gegenstand haben, in den Rubriken ‚De anno et eius partibus‘, die dem Kalendarium eines jeden Brevieres, normalerweise im Frühlingsband, vorangestellt sind. Im monastischen Kontext täglich rezitiert werden solche kalendarische Angaben46 zu Beginn der Lesung aus dem Martyrologium im Kapitelsoffizium nach der Prim, darauf folgt üblicherweise der Vortrag aus dem Nekrolog der eigenen Kommunität, das bedeutet, daß die Namen der Mitbrüder bzw. -schwestern verlesen werden, deren Todestag auf das jeweilige Kalenderdatum fällt, ggf. kommen dazu noch die Namen der verstorbenen Wohltäter der Gemeinschaft, und aller jener, die sich ihr zu Lebzeiten durch eine besondere Gebetsverbrüderung verbunden hatten. Die hier vorliegende Chronik ist kein solches Nekrologium, sie ist in der vorliegenden Gestalt nicht zur liturgischen Verlesung bestimmt47, aber sie ist das formalisierte Gedächtnis der Institution (anhand dessen sich ein liturgisches Nekrologium übrigens problemlos redigieren ließe). Die Sonntage von Septuagesima bis Quinquagesima (und sogar jene nach Pfingsten) werden wie die Fastensonntage und jene der Osterzeit nach ihrem Introitus bezeichnet: ‚Circumdederunt‘, ‚Exsurge‘ und ‚Estomihi‘ etc., wie es heute noch bei den Lutheranern Brauch ist. Einem mittelalterlichen deutschen Brauch folgend sind die Sonntage nach Pfingsten gegenüber der römischen Praxis um eine Woche verschoben: In Rom ist die Pfingstwoche mit der Non des Samstages vorbei, der auf den Pfingstsonntag folgt, weil der Oktavtag von Pfingsten hier nie als solcher begangen wurde. Für den folgenden Sonntag (also den ersten nach dem Pfingstsonntag) war stattdessen zunächst das Meßformular ‚Domine, in tua misericordia‘ vorgesehen. Als im Jahre 1334 das Dreifaltigkeitsfest (Trinitatis, mit dem Introitus ‚Benedicta sit sancta Trinitas‘ etc.) eingeführt wurde, verdrängte es an diesem Sonntag das Meßformular ‚Domine, in tua misericordia‘, das seitdem in den Kirchen, die dem römischen Brauch folgen, nur noch an den festfreien Werktagen in der auf Trinitatis folgenden Woche Anwendung findet. Nicht so hingegen im deutschen Sprachraum – seit karolingischer Zeit pflegte man hier nämlich am Oktavtag noch einmal das Meßformular vom Pfingstfest zu wählen, und begann die anschließenden ‚Sonntage nach Pfingsten‘ zwar in derselben Folge wie in Rom, aber erst eine Woche später – wenn in diesem Zusammenhang von dem ersten Sonntag nach Pfingsten, mit dem Introitus ‚Domine, in tua misericordia‘ die Rede ist, ist hier also nicht der erste Sonntag nach dem Pfingstsonntag, sondern der erste Sonntag nach der Pfingstoktav gemeint. Und als das Fest Trinitatis eingeführt wurde, blieb diese Zeitverschiebung, wenigstens in einigen Diözesen, zunächst erhalten: Anders als in Rom verdrängte das neue Fest in Deutschland also nicht etwa den Sonntag ‚Domine, in tua‘, sondern die bisher gefeierte Pfingstoktav, während ‚Domine in tua‘ als erster Sonntag nach Trinitatis erhalten blieb. In der Folge kamen alle weite46  Weitere Einzelheiten auch bei: Adriano Cappelli, Cronologia, cronografia, e calendario perpetuo, Mailand 1906 (7. Auflage 1998); Hermann Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 2 Bde., Hannover 1892–1898. 47  Auch als Tischlesung bietet sich die Textgestalt eigentlich nicht an.



9.  Der liturgische Kontext

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ren Sonntagsmessen aus dem Proprium de tempore, von ‚Factus est Dominus protector meus‘ einschließlich bis zum ersten Advent ausschließlich, gegenüber dem römischen Brauch jeweils mit einer einwöchigen ‚Verspätung‘ zur Anwendung48. Im Kloster Lüne war – wie in der Bursfelder Kongregation insgesamt üblich – diese alte ‚deutsche‘ Verteilung der Sonntage nach Pfingsten in Gebrauch, das belegen hier in der Chronik Einträge wie etwa derjenige zum 17. Juli 1511 (XVI° kalendas Augusti, feria Va ‚Dominus illuminatio‘) oder derjenige zum 18. Juli 1512 (XV° kalendas Augusti, sequenti die sancti Alexii, dominica ‚Dominus fortitudo‘). Die Datierung nach den Heiligenfesten im Kalendarium findet sich in der Chronik auch dort, wo das Offizium dieser Feste im jeweiligen Jahr nicht gefeiert werden konnte, weil es durch die Offizien des Sonntages oder höherer beweglicher Feste verdrängt wurde. Das Neujahrsdatum folgt dem ‚Inkarnationsstil‘ – hier in der Klosterchronik werden die Tage nach Weihnachten eines jeden Jahres entsprechend schon dem Folgejahr zugerechnet, wie etwa an einem Eintrag zum 29. Dezember 1510 deutlich wird (der sich folgerichtig als erster Eintrag gleich unter den kalendarischen Angaben zum Jahr 1511 findet). Das römische Kalenderdatum für den Sonntag Septuagesima (Introitus: ‚Circumdederunt‘) ist für die Jahre 1484, 1488 und 1492 richtig angegeben, ab 1496 ist es in allen Schaltjahren um jeweils einen Tag verschoben, der angegebene Tag wäre jeweils der Samstag vor Septuagesima. Die Uhrzeiten, die sich gelegentlich im Zusammenhang mit dem Ableben von Konventsmitgliedern finden, beziehen sich nicht auf die kanonischen ‚Stunden des Tages‘ (seit Sonnenaufgang), ihnen liegt vielmehr die moderne Aufteilung des Tages in zweimal zwölf Stunden zugrunde (von Mitternacht bis Mittag, und von Mittag bis Mitternacht), so verstirbt etwa im Jahre 1493 Propst Nikolaus Graurock hora sexta post cenam, also gegen 18.00 Uhr, nach dem Abendessen, und im Jahre 1496 die Nonne Gertrud Stöterogge ante prandium, hora XIa.

9.  Der liturgische Kontext Da die Zweckbestimmung des klösterlichen Lebens in erster Linie im Gotteslob, in der Rezitation des Offiziums liegt (und die Liturgie entsprechend auch den größten Teil des klösterlichen Tagesablaufes einnimmt), ist es nicht verwunderlich, daß liturgische Nachrichten einen wesentlichen Teil des ‚Amtsbuches der Sakrista‘ ausmachen, und in größerem Umfang auch in die hier vorliegende Chronik übernommen wurden. Anhand dieser Nachrichten läßt sich das Tagesprogramm der Nonnen recht präzise rekonstruieren. 48 

Binterim, Denkwürdigkeiten (1838), Bd. 5.1, S. 265–268.

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A. Einleitung

Im Spätmittelalter war es vielfach üblich, Matutin und Laudes (wie das heute noch bei den Kartäusern üblich ist) um Mitternacht zu rezitieren, in diesem Fall wird die Nachtruhe nach etwa vier oder fünf Stunden Schlaf unterbrochen, und im Anschluß an das officium nocturnum besteht die Gelegenheit, sich noch einmal für zwei, oder höchstens drei Stunden hinzulegen (im Sommer weniger als im Winter). Alternativ kann die Matutin auch in den frühen Morgenstunden gesungen werden, dann wird die ‚Teilung‘ der Nacht vermieden, in diesem Fall wählt man den Beginn so, daß die anschließenden Laudes auf die Zeit des Sonnenaufganges fallen. Grundsätzlich folgen sowohl im Falle der nächtlichen als auch der morgendlichen Rezitation Matutin und Laudes direkt aufeinander49. Der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘ von 1474 (siehe unten) gab der erstgenannten Option, also der nächtlichen Rezitation, den Vorzug, und sah entsprechend vor, daß man sich um Mitternacht, an Sonn- und Festtagen, wenn die Matutin besonders lang war, sogar schon um 23.00 Uhr in der Klosterkirche einzufinden hatte50. So wurde es auch in Lüne gehalten, das belegen Einträge zum 29. September 1512 (Anna van der Molen verstirbt post matutinas, circa horam 3am) und zum 19. August 1517 (Mechthild Elrendorp verstirbt post matutinas, circa horam secundam)51. Nur während der Hildesheimer Stiftsfehde, als die Nonnen für einige Tage in ihrer Lüneburger Stadtresidenz Zuflucht genommen hatten, wurde die Matutin ausnahmsweise morgens gebetet: Matutinas non cantavimus in nocte […], quia eramus nimis fesse ex longo itinere, et ex merore 49  Wenn

Matutin und Laudes sub uno rezitiert werden, sieht das Brevier der Weltgeistlichen den Fortfall der Oration, und ggf. auch der preces feriales der Matutin vor, auf den versus sacerdotalis folgt dann direkt das ‚Deus in adiutorium‘ der Laudes. Die Bursfelder Praxis indes sah anders aus – direkt angeschlossen wurden die Laudes hier ohnehin nur an Sonn- und Festtagen, doch fiel auch dann die Oration der Matutin nicht aus, lediglich die Konklusion wurde weggelassen. Im Ferialoffizium hingegen sollte die direkte Abfolge von Matutin und Laudes ausdrücklich vermieden werden, im ‚Liber ordinarius‘ heißt es zum Abschluß der werktäglichen Matutin entsprechend, daß auf das letzte Responsorium (denn von einem versus sacerdotalis ist hier nicht die Rede) die letania und dann die Collecta des Tages mit der vollen Konklusion folgen sollen: Post letaniam, id est kyrieeleison, christeeleison, kyrieeleison, dicimus orationem dominicam sub silentio usque ad illam partem ‚et ne nos‘, ad quam, cum responsum fuerit ‚sed libera nos‘ etc., superaddimus collectam, precedente et subsequente salutatione ‚Dominus vobiscum‘, et concluditur officium cum ‚Benedicamus Domino‘ (Liber ordinarius Bursfeldensis I, cap. 1, hg. Volk, Die erste Fassung, 1950, S. 138). Die preces feriales sind also verkürzt, in Gestalt von Kyrie und Pater gegenwärtig, darauf folgte die Oration (gerahmt vom ‚Dominus vobiscum‘ etc. – wenn die Lüner Nonnen die Matutin ohne Priester rezitierten, mußten sie stattdessen Domine, exaudi orationem meam – Et clamor meus ad te veniat sagen), abgeschlossen wurde das officium nocturnum mit Benedicamus Domino – Deo gratias. Danach sollte ein kurzer zeitlicher Abstand eingehalten werden (facto intervallo pro tempore competenti), bevor die Laudes mit ‚Deus in adjutorium‘ etc. eröffnet wurden (ebd., cap. 2, S. 139). Im Sonn- und Festtagsoffizium war das, wie gesagt, nicht der Fall, dort wurde nur die collecta der Matutin beibehalten, es entfielen aber ‚Dominus vobiscum‘ etc. und ‚Benedicamus Domino‘ etc., auf das ‚Amen‘ folgte also gleich ‚Deus in adjutorium‘ (ebd., cap. 3, S. 139). 50  Liber ordinarius Bursfeldensis II, cap. 3, dort wird eigens gesagt, es sei in nostra regione schwierig, Matutin und Laudes auf den Sonnenaufgang zu legen, propter nimiam diei et noctis inequalitatem. 51  Vgl. hierzu auch den Eintrag zum 2. Juli 1519.



9.  Der liturgische Kontext

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qui tunc permittente Deo venit super nos, sed de mane, circa horam Vam, legimus eas (2. Juli 1519) – das (recto tono oder gar privatim) gelesene Offizium, von dem hier die Rede ist, nimmt natürlich erheblich weniger Zeit in Anspruch, als das gesungene. Wenn die Nonnen morgens dann zum zweiten Mal aufstanden, wohnten sie als erstes einer hl. Messe bei – davon gab es im Tagesverlauf zwei, eine erste, gelesene vor der Prim, in der die Nonnen an den dazu bestimmten Feiertagen ggf. auch kommunizieren konnten, und die gesungene bzw. als Hochamt gefeierte Konventmesse im Anschluß an die Terz, gegen 10.00 Uhr52. Im Mai 1506 verfügte der Propst, Johannes Lorber, daß eine allererste Messe fortan schon um 05.00 Uhr morgens zelebriert werden sollte – sicher für die Konversinnen, die nicht verpflichtet waren, dem weiteren liturgischen Programm beizuwohnen, das die Profeßnonnen im Laufe des Vormittages zu absolvieren hatten. Auf die erste Messe folgten sofort die Prim, die – je nach Jahreszeit – gegen 07.00 Uhr zu Ende war53, und das Kapitelsoffizium, wozu sich alle aus der Kirche in den Kapitelsaal begaben, danach verteilten sie sich und gingen an ihr Tagewerk, wohl für höchstens zwei Stunden, bis zur Terz, darauf folgte die Konventmesse. Wenigstens an den Tagen, die keine Fasttage waren, gab es das prandium – die erste von zwei Mahlzeiten im Tagesverlauf – vor 11.00 Uhr54, anscheinend wurde die Sext erst danach rezitiert55. Die Non sang man am frühen Nachmittag, und 52  Vgl. 53  Vgl.

die Einträge zum 9. März 1513 und 14. März 1518. Eintrag zum 18. September 1524. Der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘ II (cap. 3) sah stattdessen vor, daß um 05.00 Uhr morgens zunächst die Prim gesungen, und das Kapitelsoffizium abgehalten werden sollte. Erst danach wurde ggf. die erste (von zwei) Konventmessen gelesen: Hora vero quinta vel paulo post yemis tempore pulsus fiet ad primam decantandam, quam, cum ‚Pretiosa‘ [d. h. die Lesung aus dem Martyrologium, mit dem folgenden Pretiosa in conspectu Domini mors sanctorum eius etc.] et tractatibus de Ordine [also die Lesung aus der Benediktsregel] expeditis, mox subsequatur missa matutinalis, si due misse in conventu decantande sint, et fuerit dies bine refectionis [also kein Fasttag]. Auch die Privatmessen sollten ggf. auf Prim und Kapitelsoffizium folgen. In Lüne hielt man es offenbar umgekehrt – erst Messe, dann Prim. Für die Fasttage sah der ‚Liber ordinarius‘ vor, daß eine allfällige erste Konventmesse und folgende Privatmessen erst im Anschluß an die Terz, und in der österlichen Fastenzeit sogar erst vor bzw. nach der Sext zelebriert werden sollten. 54  Vgl. Eintrag zum 2. Dezember 1526. Der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘ II (cap. 3) verfügte, daß die (zweite) Konventmesse grundsätzlich nach der Terz gesungen werden sollte (darauf folgte die Sext, und dann gab es die erste von zwei Mahlzeiten, die im Tagesverlauf gereicht wurden), außer an Fasttagen, dann wurde sie nach der Sext gesungen, und in der österlichen Fastenzeit erst nach der Non, also gegen 15.00 Uhr. In den beiden letzteren Fällen gab es erst nach dieser (ggf. zweiten) Messe und der darauffolgenden Hore die einzige Mahlzeit des Tages: Summa autem missa, sive precesserit alia missa conventualis, sive non, semper dicitur post tertiam regularem, dum bis reficimus [d. h. an Tagen, an denen man zweimal speist], et post sextam dum ieiunamus, excepto ieiunio quadragesime, in qua post nonam decantatur. 55  Der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘ II (cap. 3) hingegen forderte: Mariori autem misse semper subiungitur aliqua ex horis canonicis, videlicet tempore bine refectionis sexta, tempore ieiunii extra quadragesimam nona, in ieiunio vero quadragesime vespere. In der Fastenzeit mußte man mithin von Mitternacht bis nach der Vesper nüchtern bleiben. Unverkennbar ist die Tendenz, das Fastenbrechen im Kloster Lüne gegenüber den strengen Forderungen des Bursfelder ‚Liber ordinarius‘ zeitlich vorzuverlegen.

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A. Einleitung

die Vesper wurde im Winter schon vor 16.00 Uhr begonnen56 (im Sommer vielleicht etwas später). Das Abendessen (das von einer liturgischen Tischlesung begleitet wurde) wurde ggf. gegen 17.00 Uhr eingenommen57, gelegentlich ist von einem geistlichen Vortrag vor der Komplet die Rede, letztere ihrerseits fand, wie aus einem Eintrag zum 19. Oktober 1526 hervorgeht, gegen 19.00 Uhr statt – vielleicht wurde sie im Sommer, wenn es länger hell blieb, später gesungen. Die liturgischen Bücher, die im fraglichen Zeitraum im Kloster Lüne selbst in Gebrauch waren, sind, abgesehen von Fragmenten58, nicht erhalten geblieben, für die hier vorliegende Edition der Klosterchronik wurde davon ausgegangen, daß die Grundlage des Offiziums prinzipiell der benediktinische Ritus in Gestalt des ‚Breviarium Bursfeldense‘ war, wie es 1493 (zu einer Zeit, als Johannes Trithemius im Generalkapitel der Bursfelder Kongregation aktiv war) in Nürnberg, und dann 1496/1498 in Speyer gedruckt worden war59. Einen ersten Druck eines Bursfelder Breviers hatte es zuvor schon in Gestalt eines Reisebreviers (mit verkürzten Lesungen) gegeben, das 1486 durch die Äbte von Berge und Oldenstedt veranlaßt, und im Jahre 1488 durch den Drucker Johannes Koelhoff aus Köln (Johannes de Colonia) in der Stadt Lüneburg fertiggestellt wurde. Gegenüber dieser editio princeps sind die Ausgaben von 1493 und 1496/1498 vielfach verbessert und ergänzt60. Was die Rubriken betrifft, sind die Bursfelder Breviere eher knapp gehalten – die vollständigen ‚Regieanweisungen‘ (bzw. das ordinarium officii) finden sich, wie das in den monastischen Kongregationen allgemein üblich ist, in einem gesonderten ‚Liber ordinarius‘. Dessen ursprüngliche Redaktion war um 1447, zu Zeiten des Johannes von Hagen, ausgearbeitet und 1451 vom Kardinallegaten Nikolaus von Cues approbiert worden, 1474/1475 erschien eine neuredigierte, teilweise gekürzte, dafür aber um die jeweilige Haltung aller Beteiligten im Chor ergänzte Fassung, gedruckt wurde sie durch Konrad von Rodenberg im Kloster Marienthal61. Im 56 

Vgl. Eintrag zum 17. März 1527.

57  Vgl. Eintrag zum 23. Juni 1527. 58  Aus Fragmenten von makulierten

Choralbüchern und Brevieren wurden in einigen Fällen Koperteinbände für jüngere Manuskripte hergestellt, so auch für die hier vorliegende Klosterchronik, vgl. die Handschriftenbeschreibung. 59  Zugrundegelegt wurde hier, für den Kommentar zur Lüner Klosterchronik, die zweibändige Ausgabe des Bursfelder Breviers von Georg Stuchs, Nürnberg 1493 (Einzelheiten dazu: Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers, 1928, S. 60–61), in den Jahren 1496/1498 erschien dann schon die nächste Ausgabe, bei Peter Drach in Speyer. Mit Ausnahme des Festes der hl. Martyrer Johannes und Paulus (am 26. Juni, nur in der Ausgabe von 1496), des Festes der hl. Anna, das die Bursfelder Kongregation erst auf dem Generalkapitel in St. Martin in Köln im September 1493 eingeführt hatte (26. Juli), und den commemorationes der hl. Dominikus (am 5. August) und Franziskus (am 4. Oktober, beide nur 1496), sowie der Vigil der hl. Apostel Simon und Judas (27. Oktober, nur 1493) sind die Kalendarien der beiden Ausgaben strikt identisch (vgl. ebd., S. 233–247; Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 85; 104; 111). Die Angaben zur Messe beziehen sich, wenn nichts anderes vermerkt ist, auf die Ausgabe des Missale Bursfeldense von Peter Drach, Speyer 1498, die Johannes Trithemius redigiert hatte. 60  Volk, Die erste Fassung (1950), S. 186–190. 61  Volk, Die erste Fassung (1950), S. 126–138; 190–192.



9.  Der liturgische Kontext

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Jahre 1528 erschien bei Johann Schöffer in Mainz ein Kapitels- und Ritenbuch, das Martyrologium, Benediktsregel, Ceremoniae und ‚Liber ordinarius‘ in einem Band vereinte, der vierte Teil ist mit dem 1474 erschienenen Druck textidentisch. Die Bursfelder Reformredaktion des monastischen Breviers zeichnet sich durch eine gewisse ‚festfeindliche‘ Tendenz aus – unverkennbar ist der Wunsch, daß das Ferialoffizium möglichst selten durch Heiligenfeste verdrängt werden möge. Entsprechend sind die zahlreichen Heiligen, die in den anderen liturgischen Büchern der Zeit die ‚kleinen‘ Feste des Kalendariums bestreiten, hier oftmals zu bloßen commemorationes degradiert, das heißt, es wurde an ihren Gedenktagen das Ferialoffizium rezitiert, und lediglich in Laudes und Vesper jeweils eine Antiphon, ein Versikel und eine Oration als Gedächtnis des Tagesheiligen angefügt. Nur ein überschaubarer Kreis von prominenteren Heiligen verfügte über ein eigenes Fest – dafür hatten diese Feste dann immer zwölf (und niemals drei) Lesungen in der Matutin, das Festoffizium hatte, mit anderen Worten, immer die Struktur des Sonntags-, und niemals die des Ferialoffiziums. In der Reihe der Festgrade folgt auf die commemoratio also direkt das festum XII lectionum (das nur insofern dem simplex der diözesanen Riten entspricht), gefolgt von den Graden duplex minus, duplex maius, medium, summum minus und summum maius62. In der Praxis wurden in Lüne aber viel mehr Heilige eines Festes gewürdigt, als dies in den Bursfelder Büchern vorgesehen war, das liegt zunächst daran, daß, wie es in Benediktinerklöstern allgemein üblich war, neben den Festen des eigenen, benediktinischen, zum Teil auch jene des diözesanen Kalendariums (Bistum Verden63), und namentlich natürlich die örtlichen Patrone 62  Im monastischen Offizium haben die Feste, anders als im Brevier der Weltgeistlichen, nicht neun, sondern zwölf Lesungen in der Matutin, die ersten beiden Nokturnen umfassen jeweils sechs Psalmen mit den passenden Antiphonen, gefolgt von Versikel, Pater noster und Absolutio, und dann entsprechend je vier (statt drei) Lesungen und Responsorien, in der dritten Nokturn gibt es drei alttestamentliche Cantica, und dann wiederum vier Lesungen und Responsorien. Die ‚kleinen‘ Heiligenfeste der diözesanen Breviere mit nur einer Nokturn (also drei Lesungen) in der Matutin und nur einer Vesper kennt die Bursfelder Tradition (anders als das ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V.) zunächst gar nicht, zudem beschränkt sich die commemoratio hier auf Laudes und Vesper (während sie im Brevier der Weltgeistlichen auch die letzte Lesung der Matutin mit sich bringen kann, siehe unten). Zur Tendenz, der Vermehrung der Heiligenfeste zu wehren, siehe Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 131. Eine zuweilen postulierte, aber umstrittene Abhängigkeit der liturgischen Bücher der Bursfelder Kongregation von römischen (kurialen) Vorlagen würde sich ggf. nicht zuletzt den Italienaufenthalten des Kongregationsgründers, Johannes Dederoth, verdanken können, offensichtlich waren als Vorbild speziell für das Kalendarium letztlich aber wohl die diözesanen Traditionen von Mainz und Trier, wo wichtige Mitgliedsklöster der ersten Generation gelegen waren, von größerer Bedeutung (Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers, 1928, S. 51–52; vgl. jedoch Rosenthal, wie oben, S. 133–135; 151). Die liturgische Feier der örtlichen Diözesan- und Kirchenpatrone, auch wenn sie in den benediktinischen Kalendarien nicht vorkamen, war von der Bursfelder Kongregation ausdrücklich vorgesehen (Volk, wie oben, S. 55; Rosenthal, wie oben, S. 113–120; 123–131; 151; 154). 63  Die bei Grotefend (Zeitrechnung, Bd. 2, S. 198–201) für das Verdener Kalendarium angegebenen Festgrade sind einem Missale Verdense des 13. Jahrhunderts entnommen und entsprechen nicht der im 15. und 16. Jahrhundert allgemein gebräuchlichen Terminologie, duplex maius und duplex minus heißen dort duplex celebre bzw. duplex non celebre, darauf folgen als nächstgerin-

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A. Einleitung

gefeiert wurden. Besonders für die Amtszeit des Propstes Johannes Lorber berichtet die hier vorliegende Chronik dann auch von der Einführung neuer, oder der Wiedereinführung von Festen, die vor der Annahme der Bursfelder Reform schon begangen wurden. Mehrfach findet sich der Hinweis darauf, daß Heiligenfeste, die auf einen Sonntag fielen, am folgenden Montag nachgeholt wurden, obwohl dazu keine Verpflichtung bestanden hätte, weil die Feste der jeweiligen Heiligen keine duplicia waren (eine commemoratio im Sonntagsoffizium hätte genügt). Die Psalmenverteilung des Bursfelder Breviers folgt der allgemein üblichen benediktinischen Ordnung – in der Matutin des Ferialoffiziums gibt es (nach Ps. 94 ‚Venite‘64 mit Invitatorium, und dem folgenden Hymnus) also immer zwölf Psalmen (verteilt auf zwei Nokturnen, mit je einer Antiphon für zwei Psalmen), sonntags zwölf Psalmen und als dritte Nokturn drei Cantica. In den Laudes ist der erste Psalm immer Ps. 50 ‚Miserere‘, es folgen zwei veränderliche Psalmen, das Canticum, und an letzter Stelle immer Ps. 148–150, zu einem zusammengefaßt, im officium de tempore per annum immer unter einer einzigen Antiphon. In der Vesper gibt es nur vier (statt fünf ) Psalmen, sonntags ebenfalls nur unter einer einzigen Antiphon (vgl. die untenstehende Übersicht). Im Sonntagsoffizium folgt am Schluß der Matutin auf das ‚Te Deum‘ das Tagesevangelium, dann der Hymnus ‚Te decet laus‘, darauf eine Oration (sonntags die collecta des Tages, im Ferialoffizium eine eigene, feststehende Oration, siehe unten). Ausdrücklich betont der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘: … quod nunquam officium divinum more canonicorum peragere Festgrade (officia) IX lectionum (wiederum unterteilt in celebre und non celebre), (officia) III lectionum, und suffragia, während sich die allgemein gebräuchliche Terminologie (wie sie sich auch im ‚Breviarium monasticum‘ der Kongregation von Monte Cassino wiederfindet, das von Julius II. im Jahre 1506 approbiert wurde) unterhalb der duplicia wie folgt fortsetzt: semiduplex, simplex, commemoratio. Die im Verdener Missale als III lectionum bezeichneten Feste sind also simplicia, und die suffragia sind commemorationes. Zu bemerken ist, daß die Verdener Feste IX lectionum, die unterhalb der duplicia stehen (und dort insofern den semiduplicia entsprechen), in den diözesanen Brevieren der Neuzeit in der Regel auch nur drei Lesungen haben (dabei werden die drei Lesungen de scriptura currente zu einer zusammengefaßt, und die beiden folgenden dem Proprium entnommen. Bei den simplicia hingegen werden die drei Lesungen de scriptura currente zu zweien zusammengefaßt (die zweite und dritte zu einer), und das Proprium enthält nur die dritte. Bei den Heiligenfesten, die drei Nokturnen und entsprechend neun Lesungen haben, werden die drei der ersten Nokturn de scriptura currente genommen, und die sechs Lesungen der beiden anderen Nokturnen aus dem Proprium, dabei werden die Lesungen 4–6 aus der Vita des Heiligen, und die Lesungen 7–9 aus der Homilie eines Kirchenvaters über das Tagesevangelium geschöpft). Im ‚Necrologium Verdense‘, das der Verdener Domdechant Heino von Mandelsloh (1503–1539) im Jahre 1525 herausgegeben hatte, sind leider keine Festgrade angegeben. An gedruckten liturgischen Büchern für das Bistum Verden existieren nur das Diurnale (Rostock, Barkhusen, 1508) und ein Diözesanproprium, das einem vorhandenen Missale (etwa dem für Halberstadt gedruckten) zwecks diözesaner Individualisierung beigebunden werden konnte (Promptuarium in officia Missarum, tam de tempore quam de sanctis, secundum ritum ecclesiae Verdensis, Lüneburg, Heyst, 1510). 64  Am Anfang der Matutin fehlt im Bursfelder Offizium der Psalm 3 ‚Domine quid multiplicasti‘, den die Benediktsregel (cap. 9) an dieser Stelle vorsieht. Der Text des Psalmes 94 ist, wie üblich, an allen Tagen (außer Epiphanie) derjenige der vetus itala, während der restliche Psalter natürlich der Vulgata entspricht.



9.  Der liturgische Kontext

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gimus, sed semper iuxta dispositionem Regulae [i. e. Benedicti], dicente beato Benedicto capitulo Regulae [decimo]: nunquam minus a duodecim psalmorum quantitate65 (in der Matutin – im Offizium der Säkularkleriker sind es nur neun). Die Hymnen sind (abweichend vom Breviarium monasticum Paulus’ V.) im officium de tempore per annum zur Matutin ‚Aeterne rerum conditor‘, zu den Laudes stets ‚Splendor paternae gloriae‘, und zur Vesper ‚Deus creator omnium‘. Der ‚Liber ordinarius Bursfeldensis‘ von 1447 betont in diesem Zusammenhang, daß, der Benediktsregel (cap. 9; 12; 13; 17) entsprechend, in den großen Horen grundsätzlich den ambrosianischen Texten der Vorzug gegenüber allen anderen Kompositionen, auch jenen des Prudentius, gegeben werden soll66 – wenigstens im Jahreskreis, offensichtlich hatte es Auseinandersetzungen darüber gegeben, ob man sich auch in den geprägten Zeiten und zu den Heiligenfesten immer nur auf die Hymnen des hl. Ambrosius beschränken müsse: Jüngere Feste, wie etwa Fronleichnam oder Allerheiligen, habe dieser Autor (und auch der hl. Benedikt, der allein die ambrosianischen Dichtungen vorgesehen hatte) ja noch gar nicht kennen können (und entsprechend liegen natürlich auch keine ambrosianischen Kompositionen für die betreffenden Offizien vor): Sane, si quis deprehenderit ympnos at nocturnos et matutinas et vespertinas laudes in tempore adventus domini, quadragesime, pasche, aut in alia quacunque sollempnitate aut festivitate sanctorum non esse Ambrosii, faciat ut supra scriptum est in prologo, paragrapho ultimo: Si cui … [vero in presenti ordinario quitquam occurerit, quod non placet, hic consultis capitulis Regulae, videlicet a non usque ad vicesimum inclusive, aut approbetur, aut consonum ut dissonum sancte Regulae et adversum corrigendum patribus offeratur, quibus in hoc a capitulo unionis committitur]. Nec enim in hac parte potuit fieri tanta deprivatio, quin aliqui remanerent et assumerentur non ambrosiani, tam propter auctoris incertitudinem, quam etiam festivitatis reverentiam, utpote sacramenti, omnium sanctorum, et viduarum ceterorumque huiusmodi, que longe post sanctum Benedictum et per consequens post Ambrosium in Ecclesia surrexerunt. Diversos autem ympnorum compositores, liguet evidenter, scilicet sicut Hylarium, Ambrosium, Fortuna[tium], Paulinum, Sedulium, Prudentium, Gregorium et nonnullos recentiores temporis viros ingeniosos nostri ordinis et alterius conditionis, ex quibus omnibus sanctus pater Benedictus solos ambrosianos elegit in nocturnis et matutinis et vesperis laudibus dicendos. In aliis autem officiis de talibus nil expressit, ut patet in capitulis Regulae nono, duodecimo, tertiodecimo, et septimodecimo, nisi quod on eodem capitulo septimodecimo dictatur, ympn[um] eiusdem hore (ex quo intelligitur ympn[os] earundem horarum) semper permanere eosdem per singulos dies67. 65  66 

Liber ordinarius Bursfeldensis I, cap. 1, hg. Volk, Die erste Fassung, 1950, S. 138. Omissis ympnis ‚Ales diei‘, cum similibus, qui extracti sunt de ympno Prundentii, solus Ambrosii, scilicet ‚Splendor‘ cotidie dicitur (zu den Laudes, ebd., cap. 2, S. 139). Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. wechseln die Hymnen von Laudes und Vesper je nach Wochentag, der hier erwähnte Text ‚Ales diei nuntius‘ ist dort etwa nur für die Laudes des Dienstages vorgesehen. 67  Ebd., cap. 3, S. 140.

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A. Einleitung

Vor jeder Lesung erbittet der Lektor den Segen mit den Worten Domne/Domna, iube benedicere, die wechselnde Segensformel ist der untenstehenden Übersicht zu entnehmen68. Die Struktur des Lektionars folgt genau der Benediktsregel, sonnund festtags gibt es also immer zwölf Lesungen (jeweils vier in jeder der drei Nokturnen), werktags prinzipiell drei Lesungen nach der ersten Nokturn und ein kurzes capitulum aus den Paulusbriefen nach der zweiten, aber an den Ferialtagen des Sommerhalbjahres werden die drei Lesungen de scriptura currente durch eine einzige altestamentliche lectio brevis ersetzt, die sich im Psalterteil zum entsprechenden Wochentag findet, also jede Woche wiederholt wird und auswendig vorgetragen werden kann – der Grund dafür sind die kurzen Nächte des Sommers, die Matutin (mit den Laudes) darf nicht zu lange dauern, sonst würde es sich kaum noch lohnen, sich danach noch einmal hinzulegen. Ein Vergleich der Texte mit dem nachtridentinischen monastischen Brevier Paulus’ V., wie es den meisten Lesern vor Augen stehen dürfte, muß hier auf das officium de tempore per annum beschränkt bleiben (von Epiphanie bis Septuagesima/Aschermittwoch jeweils ausschließlich, und von Trinitatis einschließlich bis zum ersten Advent ausschließlich – in den ‚geprägten Zeiten‘ gab es zum Teil noch weitergehende als die hier dargestellten Abweichungen): Die Texte des Invitatorium69, der genannten lectio brevis und des folgenden responsorium breve in der ersten Nokturn der Matutin vom Ferialoffizium stimmen hier mit dem monastischen Brevier Paulus’ V. gänzlich überein. Das genannte capitulum der zweiten Nokturn der Matutin ist in beiden Fällen, sowohl in Bursfelde als auch bei Paulus V., an allen Tagen 1. Cor. 16, 13–14 (‚Vigilate, state‘ etc.). Der Versikel der ersten Nokturn der Matutin hingegen weicht an vier von sieben Wochentagen vom Bestand des ‚Breviarium (romano-)monasticum‘ ab. Am Ende der zweiten Nokturn, nach dem capitulum, hat das Bursfelder Brevier einen eigenen, veränderlichen Versikel für jeden Wochentag im Psalter (bei Paulus V. ist es die ganze Woche über ‚Beati qui habitant‘ etc.). Ferner kennt das ‚Breviarium Bursfeldense‘ eine eigene, gleichbleibende Oration (‚Salva nos‘ etc.) zum Abschluß der Matutin an den Werktagen, die sich im ‚Breviarium monasticum‘ nicht findet (dort ist ggf. immer die collecta vom Tage vorgesehen). In den Laudes gibt es nur eine einzige Antiphon als Rahmen für die vier Psalmen (mit dem Canticum). Das capitulum der Laudes ist, ganz wie im ‚Breviarium monasticum‘, an allen Ferialtagen ‚Nox praecessit‘ etc. aus dem Römerbrief, das anschließende responsorium breve hingegen wechselt im Bursfelder Brevier je nach Wochentag, während es bei Paulus V. die ganze Woche über ‚Sana 68  Von einem ‚Pater noster‘ nach dem Versikel einer jeden Nokturn ist in den liturgischen Büchern der Bursfelder Kongregation keine Rede, ebensowenig von einer absolutio vor der ersten benedictio. Sobald der Versikel beendet ist, erbittet der Lektor ohne weiteres den Segen. 69  Mit Ausnahme der Invitatorien des Donnerstages und des Freitages, die untereinander vertauscht sind – Bursfelde, Donnerstag: Adoremus Dominum, quoniam ipse fecit nos, venite adoremus; Freitag: Dominum qui fecit nos, venite adoremus (im Breviarium monasticum Paulus’ V.: umgekehrt).



9.  Der liturgische Kontext

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animam‘ etc. ist. Der auf den Hymnus folgende Versikel der Laudes ist Montag bis Mittwoch, abweichend von Rom, ‚In matutinis, domine‘ etc., und Donnerstag bis Samstag ‚Repleti sumus mane‘ etc. – wie bei Paulus V. die ganze Woche über. Die Antiphon zum ‚Benedictus‘ weicht an drei von sechs Wochentagen vom ‚Breviarium monasticum‘ ab (sonntags ist sie ohnehin aus dem proprium). In der Prim vom Sonntag werden, abweichend vom ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V., nach Psalm 118 zunächst die Antiphon (Alleluia), das capitulum (‚Regi saeculorum‘ etc.), der Versikel (‚Exsurge, domine‘ etc. statt ‚Exsurge, Christe‘ etc.) und eine erste Oration (‚In hac hora huius diei‘ etc., mit ‚Dominus vobiscum‘ und ‚Benedicamus domino‘) rezitiert, erst dann folgen das Athanasianische Glaubensbekenntnis (‚Quicumque vult salvus esse‘ etc.), ein zweiter Versikel (‚Benedicat nos Deus‘ etc.) und eine zweite Oration (‚Omnipotens, sempiterne Deus‘ etc.). Das Athanasianum gewinnt so den Charakter einer commemoratio, die es im nachtridentinischen ‚Breviarium monasticum‘ nicht hat – die ‚eigentliche‘ Prim ist in Bursfelde gleichsam schon mit dem ersten ‚Benedicamus domino‘ abgeschlossen, erst dann wird der sonntägliche Zusatz ‚angehängt‘. Im Ferialoffizium hingegen sind capitulum, Versikel und Oration (‚Domine, Deus, qui ad principium huius diei‘ etc.) der Prim genau wie im römischen ‚Breviarium monasticum‘. Besondere preces feriales in Prim und Komplet, mit Versikeln und wechselseitiger confessio (Confiteor …; Misereatur …; Indulgentiam …) scheint es in der Bursfelder Praxis nicht gegeben zu haben. Vor der collecta einer jeden Hore (im Ferialoffizium) sind Kyrie und Pater (in der Prim auch Credo) vorgesehen. Im ‚Liber ordinarius‘ von 1447 werden sie als letania bezeichnet70. Die übrigen kleinen Horen unterscheiden sich vom Breviarium monasticum Paulus’ V. in erster Linie dadurch, daß die Oration in Bursfelde aus dem Psalter genommen wird (für jede Hore gibt es einen eigenen Sonntags- und einen Werktagstext), während sie bei Paulus V. (abgesehen von der gleichbleibenden Oration der Prim) immer vom Tage (im officium de tempore also diejenige vom letzten Sonntag) ist. Sonst erweisen sich nur die Antiphonen zur Non als unterschiedlich. In der Vesper gibt es sonntags nur eine einzige Antiphon als Rahmen für alle vier Psalmen (Sede a dextris meis, dixit Dominus domino meo), der Text der übrigen Psalmantiphonen weicht zum Teil vom ‚Breviarium monasticum‘ ab. Der Vesperhymnus ist im officium de tempore immer ‚Deus creator omnium‘ – es sollen ja nur von Ambrosius selbst verfaßte Texte verwendet werden, dann ist die Auswahl natürlich begrenzt (bei Paulus V. gibt es im Psalter verschiedene Hymnen für die 70  Schmidt, Zusätze (1986), S. 173, mit der Edition einer zeitgenössischen Liste zum Vergleich der Bursfelder, Kastler und Melker Gebräuche, S. 208–209; LO Bursfeldensis I, cap. 1, S. 138. Dort heißt es dazu: Post letaniam, id est Kyrieeleyson, Christeeleyson, Kyrieeleyson, dicimus orationem dominicam sub silentio, usque ad illam partem „et ne nos“, ad quam, cum responsum fuerit „sed libera nos“ etc., superaddimus collectam, precedente et subsequente salutatione ‚Dominus vobiscum‘, et concluditur officium cum ‚Benedicamus domino‘ (S. 138). Kyrie und Pater repräsentieren hier sozusagen die ganzen preces feriales.

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A. Einleitung

einzelnen Wochentage). Auch der Wortlaut der Magnifikatantiphonen im Psalter (von Montag bis Freitag, in den beiden Vespern des Sonntages sind sie ohnehin aus dem proprium) weicht mehr oder weniger von demjenigen des nachtridentinischen ‚Breviarium monasticum‘ ab. Während der Bursfelder Psalter und das Ordinarium weitgehend der allgemeinen monastischen Tradition entsprechen, weichen die Texte in den propria de tempore und de sanctis und auch im commune häufiger sowohl vom ‚Breviarium monasticum‘ der Kongregation von Monte Cassino, das Julius II. im Jahre 1506 promulgieren sollte, als auch, a fortiori, vom bereits genannten nachtridentinischen ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. ab (dessen Texte ja in größerem Umfang aus der Tradition des kurialen römischen Breviers geschöpft sind). Eigene Bursfelder Gebräuche und textliches Sondergut indes finden sich, mehr noch als im benediktinischen ‚Kernbestand‘ des Offiziums, vor allem auch in den historisch jüngeren ‚Zusätzen‘ zum Stundengebet. Eine erhebliche Varianz weisen die suffragia bzw. commemorationes communes auf, und namentlich die marianischen Antiphonen (mit Versikel und Oration), die täglich zum Abschluß der kanonischen Komplet rezitiert werden (in der Klosterchronik sollen sie mehrfach Erwähnung finden)71 (siehe nebenstehende Tabelle). Die täglichen suffragia am Ende von Laudes und Vesper sollten der ersten, um 1447 entstandenen Redaktion des Bursfelder ‚Liber ordinarius‘ zufolge zunächst nur die jeweiligen Kirchenpatrone und den hl. Benedikt zum Gegenstand haben72 (jeweils in Gestalt einer Antiphon, eines Versikels und einer Oration, ganz wie die partikulären commemorationes der Tagesheiligen, die kein eigenes Fest haben, oder deren Offizium einem höherrangigen weichen muß). Als drittes Suffragium (an allen Tagen nach Laudes und Vesper) hatte das Generalkapitel von 1470 die Antiphonen ‚Sub tuam protectionem confugimus‘ (Laudes) bzw. ‚Sub tuum praesidium confugimus‘ (Vesper, jeweils mit dem Versikel ‚Dignare me laudare te‘ etc. und der Oration ‚Concede famulos tuos‘ etc.) eingeführt73, ein solches marianisches 71  Wie man sieht, ist die Varianz der Antiphonen im Breviarium Bursfeldense erheblich größer, als das im Breviarium monasticum Paulus’ V. der Fall ist: Dort gibt es insgesamt vier marianische Antiphonen, hier sind es acht. Nur das ‚Regina coeli‘ der Osterzeit teilen sich beide Redaktionen, während das Bursfelder Brevier die übrigen Antiphonen, die im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. (und im römischen Brevier) für die geprägten Zeiten vorgesehen sind, im Wechsel auf die Wochentage des tempus per annum verteilt. 72  LO Bursfeldensis I, cap. 10, S. 146–147; vgl. Schmidt, Zusätze (1986), S. 171. 73  Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers (1928), S. 56; ders. (Hg.), Generalkapitelsrezesse (1955), Bd. 1, S. 148: […] electa et assumpta est beata virgo Maria in specialem protectricem et conservatricem nostre unionis; ideoque serventur subscripta suffragia perpetue ad vesperas et laudes, videlicet ad laudes antiphona ‚Sub tuam protectionem confugimus‘ etc., ad vesperas antiphona ‚Sub tuum presidium‘, cum versiculo ‚Dignare me laudare te‘ etc., collecta ‚Concede nos, famulos tuos‘ etc.; que suffragia infra octavam beate virginis Marie intermittuntur. Sabbathinis diebus vacantibus servetur summa missa absque symbolo dominicaliter de beata virgine Maria. An den Marienfesten und ggf. in deren Oktaven gibt es keine marianische commemoratio, weil das Tagesoffizium ohnehin de beata ist. An den festfreien Samstagen wird die Votivmesse de beata virgine in sabbato gelesen, und zwar wie eine Sonntagsmesse (mit Gloria), aber ohne Credo.

A.: Ave, spes nostra, Dei genitrix intacta V. wie im Advent: Ave Maria, gratia plena O. wie im Advent: Deus qui de beatae Mariae virginis utero (p. hyemalis, prop. de temp., fol. XVIIr)

A.: Sancta et immaculata virginitas V.: Post partum, virgo, inviolata O.: Deus qui salutis aeternae (p. hyemalis, prop. de temp., fol. XXIv)

[konnte aus den vorliegenden Ausgaben des Breviarium Bursfeldense nicht ermittelt werden]

A.: Regina coeli, laetare V.: Gaude Dei genitrix, Maria virgo, alleluia O.: Gratiam tuam, quaesumus Domine, mentibus* (p. aestivalis, prop. de temp., fol. Ir)

A. (So. und Di.): O florens rosa, mater Domini A. (Mo. und Do.): Ave, regina coelorum A. (Mi. und Sa.): Salve regina A. (Fr.): Alma redemptoris mater V.: Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum O.: Protege, quaesumus, Domine, famulos tuos subsidiis pacis

Weihnachten

2. Weihnachtstag bis Vorabend von ­Lichtmeß

Lichtmeß bis Karwoche

Osterzeit

Vorabend von Trinitatis bis Freitag vor dem ersten Advent74

A.: Salve regina V.: Ora pro nobis, sancta Dei genitrix O.: Omnipotens sempiterne Deus

A.: Regina coeli, laetare V.: Gaude Dei genitrix, Maria virgo, alleluia O.: Deus, qui per resurrectionem

A.: Ave regina coelorum V.: Dignare me laudare te O.: Concede, misericors Deus

A.: wie im Advent: Alma redemptoris mater V.: Post partum, virgo, inviolata O.: Deus qui salutis aeternae

A.: Alma redemptoris mater V.: Angelus Domini nuntiavit Mariae O.: Gratiam tuam, quaesumus Domine, mentibus

zum Vergleich: Breviarium romano-monasticum (Paulus V.)

9.  Der liturgische Kontext

74  Für die Zeit nach Pfingsten sind je nach Wochentag vier wechselnde Antiphonen vorgesehen, davon eine, die sich im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. überhaupt nicht findet (O florens rosa, mater domini, sponsa, o virgo mitis, o fecundissima vitis, clarior aurora pro nobis iugiter ora – mit der Textvariante sponsa statt speciosa). Diese Antiphonen sind hier der Druckausgabe des Breviarium Bursfeldense von 1561 (p. hyemalis, commune, fol. LIIIv–LIVr, bzw. p. aestivalis, commune, fol. LXIXr–v, im Anschluß an die Komplet) entnommen. In der Druckausgabe von 1493 findet sich nur die Rubrik: Salve regina et cetere usuales usque ad adventum domini diebus suis canentur cum versiculo et collecta consuetis (p. aestivalis, prop. de temp., fol. XXVIv), der Text selbst ist dort anscheinend nicht dargestellt.

A.: Ecce concipies et paries filium V.: Ave Maria, gratia plena O.: Deus qui de beatae Mariae virginis utero (p. hyemalis, prop. de temp., fol. Ir)

Advent

Breviarium Bursfeldense 1493 (1561)



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A. Einleitung

Gedächtnis nach Laudes und Vesper findet sich entsprechend dann auch im zweiten, 1474/1475 gedruckten ‚Liber ordinarius‘ der Bursfelder Kongregation – diese Suffragien entfielen an Marienfesten und in deren Oktaven, weil das Offizium an diesen Tagen ohnehin von der Gottesmutter war75. Von den sonst üblichen Kommemorationen (de sancta cruce im Werktagsoffizium, de omnibus sanctis werktags und an den simplicia etc. – die Kastler Kongregation kannte derer acht, in den römischen und diözesanen Büchern sind es immerhin fünf ) ist im Bursfelder ‚Liber ordinarius‘ keine Rede, allein das Allerheiligen-Suffragium findet sich in einem späteren Zusatz zur ersten Fassung des ‚Liber‘76 – aber nicht in seiner definitiven Redaktion (1474/1475) in der, mithin, die Zahl der suffragia auf drei begrenzt blieb (de beata, de S. Benedicto, de patrono)77. In Lüne ließ man es nicht dabei bewenden – so berichtet das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (in einem Eintrag zum 17. Juli 1507) von der Einführung dreier zusätzlicher suffragia am Schluß der ersten Vesper vom Sonntag, also am Samstagnachmittag – de beata (Antiphon ‚Salve regina‘ mit einer weiteren, nicht genannten Antiphon, Versikel und Oration, dabei hätte man, der Anordnung von 1470 gemäß, ohnehin schon ‚Sub tuum praesidium‘ rezitieren müssen), pro pace (Antiphon ‚Da pacem, Domine, in diebus nostris‘ etc., Versikel ‚Fiat pax in virtute tua‘ etc., Oration ‚Deus, a quo sancta desideria‘ etc.) und pro defunctis (Psalm 129 mit drei Orationen aus dem Totenoffizium), davon werden hier in der Klosterchronik nur die ersten beiden genannt (das Totensuffragium wurde sicherlich deshalb speziell am Samstag rezitiert, weil das allgemeine Totenoffizium, das an allen Ferialtagen zusätzlich zum kanonischen Offizium gesungen wurde, nach der ersten Vesper vom Sonntag entfiel – siehe unten). Wie es allgemein Brauch ist, wurde das kanonische Offizium des Tages mit Pater, Ave und Credo eröffnet und abgeschlossen, doch wurden diese eröffnenden Gebete dem Bursfelder Usus folgend nicht etwa vor der Matutin, sondern erst vor der Prim rezitiert, als Abschluß finden sie sich nach der Komplet des Marienoffiziums, darauf folgten noch der Angelus und allfällige Totengedächtnisse. Vor der Matutin gab es stattdessen drei Pater und drei Ave mit wechselnden Versikeln (Pater de coelis, Deus, miserere nobis; Fili redemptor mundi, Deus, miserere nobis; Spiritus sancte, Deus, miserere nobis). Vor den einzelnen Tageshoren waren, wie sonst auch üblich, jeweils ein Pater und ein Ave vorgesehen, das Pater am Ende der einzelnen Horen indes scheint in der Bursfelder Kongregation, mit Ausnahme des Kapitelsoffiziums, nicht vorgesehen gewesen zu sein78.

75 

Liber ordinarius Bursfeldensis II, cap. 17, Schmidt, Zusätze (1986), S. 175; 176. Volk, Die erste Fassung (1950), S. 182. Schmidt, Zusätze (1986), Edition einer zeitgenössischen Liste zum Vergleich der Bursfelder, Kastler und Melker Gebräuche, S. 208–209. 78  LO Bursfeldensis I, cap. 1 und 3 (vor der Matutin); 4 (vor der Prim); 5 (kleine Horen); 6 (nach der Komplet), S. 137; 139; 140;142–143; vgl. S. 180–182; Darstellung in: Schmidt, Zusätze (1986), S. 171–172. 76  77 



9.  Der liturgische Kontext

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Übersicht Um die Einordnung der liturgischen Nachrichten, die in der Lüner Klosterchronik häufiger überliefert sind, zu erleichtern, sei hier ein schematischer Überblick über das monastische Offizium, wie es sich nach den Büchern der Bursfelder Kongregation darstellt, und eine Tabelle mit der Verteilung des Psalters auf die Wochentage wiedergegeben. Dargestellt ist das officium de tempore per annum, also von Epiphanie bis Aschermittwoch jeweils ausschließlich und von Trinitatis einschließlich bis zum ersten Advent ausschließlich. In den geprägten Zeiten (Advent, Weihnachten, Quadragesima, Osterzeit bis Ende der Pfingstoktav) bleibt die Psalmenverteilung die gleiche, es wechseln hingegen die alttestamentlichen Cantica (in den Laudes), die Hymnen (in Matutin, Laudes und Vesper und die Doxologien der Hymnen in den kleinen Horen), die Antiphonen, Versikel, responsoria brevia, sowie die capitula und lectiones breves. Die untenstehende Übersicht gibt den Zustand wieder, der durch das Breviarium Bursfeldense von 1493 repräsentiert wird79. Wiedergegeben ist hier nur die Struktur des eigentlichen kanonischen Offiziums ohne die allfälligen Votivoffizien, die in Lüne (wie in allen Klöstern der benediktinischen Tradition) zusätzlich zu den kanonischen Horen rezitiert wurden, auf diese Votivoffizien (officium parvum beatae Mariae virginis, Totenoffizium, septem psalmi graduales …), die die Anzahl der täglich zu rezitierenden Psalmen an Werktagen leicht verdoppeln konnte, soll unten (im Anschluß an die Tabelle zur Psalmenverteilung) noch kurz eingegangen werden. Hinweis zur Darstellung: Einfach eingerückt wurden alle Elemente, die ein anderes Element einrahmen (z. B. die Antiphonen), das bzw. die jeweils ‚eingerahmten‘ Bestandteile des Offiziums (z. B. die Psalmen) sind doppelt eingerückt. I.  Vigilia (= Matutin) und Laudes A.  Officium dominicale (per annum) Die Struktur des Sonntagsoffiziums findet prinzipiell auch auf alle Feste Anwendung, insofern ‚kleine Feste‘ mit drei Lesungen bzw. des Struktur des Ferialoffiziums im Bursfelder Kalender ja nicht vorgesehen sind, die Psalmen und das Ordinarium sind entsprechend vom Sonntag, die restlichen Texte aus dem commune bzw. dem proprium des jeweiligen Festes. a.) Vigilia80 Eröffnung: yy Domine, labia … 79  Allerdings weist diese Ausgabe einige kleine Definitionslücken und Unklarheiten auf, es wurde daher ein Abgleich mit dem Bursfelder Brevier vorgenommen, das 1561 in Köln von Christophe Plantin aus Antwerpen gedruckt wurde. 80  Gebete vor dem Officium: 3 × Pater, Ave, Versikel (1. Pater de coelis, Deus, miserere nobis;

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A. Einleitung

yy Deus in adiutorium …81 yy Psalm 94 Venite [mit Invitatorium, per annum: Regem magnum adoremus, dominum] yy Hymnus, per annum: Aeterne rerum conditor82 1. Nokturn yy Antiphon, per annum: Domine in virtute tua laetabitur rex]83 ·· Psalm 20 Domine, in virtute tua laetabitur rex ·· Psalm 21 Deus, Deus meus, respice in me yy Antiphon, per annum: Domine in virtute tua laetabitur rex yy [Antiphon, per annum: Dominus regit me et nihil mihi deerit, in loco pascuae ibi me collocavit] ·· Psalm 22 Dominus regit me, et nihil mihi deerit ·· Psalm 23 Domini est terra, et plenitudo eius yy Antiphon, per annum: Dominus regit me et nihil mihi deerit, in loco pascuae ibi me collocavit yy [Antiphon, per annum: Oculi mei semper ad dominum] ·· Psalm 24 Ad te, domine, levavi oculos meos ·· Psalm 25 Judica me, domine, quoniam ego in innocentia mea ingressus sum yy Antiphon, per annum: Oculi mei semper ad dominum yy Versikel, per annum: Memor fui nocte nominis tui, domine / Et custodivi legem tuam84 yy Benedictio: Deus misereatur nostri, et benedicat nobis85 ·· 1. Lesung ·· Responsorium 2. Fili redemptor mundi, Deus, miserere nobis; 3. Spiritus sancte, Deus, miserere nobis). Normalerweise würde man als Eröffnung erwarten: Pater, Ave, Credo. Diese Gebete finden sich im Bursfelder Ordinarium aber erst vor der Prim, also vor dem eigentlichen Tagesoffizium (weil die laudes matutinae direkt im Anschluß an die vigilia = Matutin rezitiert werden). 81  Der ‚Liber ordinarius‘ bestimmt ausdrücklich, das auf das ‚Deus in adiutorium‘ der Matutin kein ‚Gloria Patri‘ folgt (LO Bursfeldensis I, cap. 1, S. 137). 82  Eigene Hymnen sehen das ordinarium de tempore bzw. das sanctorale für Advent, Quadragesima, Ostern bis Ende der Pfingstoktav und die Oktaven der Heiligenfeste vor. Im ‚Breviarium monasticum‘ findet sich der Hymnus ‚Aeterne rerum conditor‘ am Sonntag, aber erst zur Laudes, dafür hat letzteres in der Matutin vom Sonntag den Hymnus ‚Primo dierum omnium‘ (im römischen Brevier sollten die jesuitischen ‚Korrektoren‘ Urbans VIII. daraus ‚Primo die, quo Trinitas‘ machen). 83  Üblicherweise werden die Antiphonen vor den Psalmen nur vom Vorsänger angestimmt, um den Psalmton zu erreichen, und dann nur nach dem Psalm von allen komplett gesungen. 84  Wie im Breviarium monasticum Paulus’ V., doch folgen hier weder ‚Pater noster‘ noch absolutio auf den Versikel. 85  Vor jeder Lesung erbittet der Lektor den Segen mit den Worten Domne/Domna, iube benedicere, der Superior antwortet mit der wechselnden Segensformel. Diese benedictiones sind hier aus der Druckausgabe des Breviarium Bursfeldense von 1561 (pars hyemalis, commune, fol. LIIIr, bzw. pars aestivalis, commune, fol. LXVIIIv) ergänzt. In den Ausgaben von 1493 und 1496 konnten sie nicht ermittelt werden.



9.  Der liturgische Kontext

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yy Benedictio: Illuminet dominus vultum suum super nos, et misereatur nostri ·· 2. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Benedicat nos Deus, Deus noster, benedicat nos Deus ·· 3. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Ille nos benedicat, qui sine fine vivit et regnat ·· 4. Lesung ·· Responsorium (mit Gloria Patri)86 2. Nokturn yy [Antiphon, per annum: Dominus, defensor vitae meae] ·· Psalm 26 Dominus illuminatio mea, et salus mea ·· Psalm 27 Ad te, domine, clamabo, Deus meus, ne sileas a me yy Antiphon, per annum: Dominus, defensor vitae meae yy [Antiphon, per annum: Adorate dominum in aula sancta eius] ·· Psalm 28 Afferte domino, filii Dei ·· Psalm 29 Exaltabo te, domine, quoniam suscepisti me yy Antiphon, per annum: Adorate dominum in aula sancta eius yy [Antiphon, per annum: In tua iustitia libera me, domine] ·· Psalm 30 In te, domine, speravi, non confundar in aeternum ·· Psalm 31 Beati quorum remissae sunt iniquitates yy Antiphon, per annum: In tua iustitia libera me, domine yy Versikel, per annum: Media nocte surgebam ad confitendum tibi / Super iudicia iustificationis tuae yy Benedictio: Benedictione perpetua benedicat nos pater eternus ·· 5. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Unigenitus Dei filius nos benedicere et adiuvare dignetur ·· 6. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Spiritus sancti gratia illuminare dignetur corda nostra ·· 7. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: In unitate sancti Spiritus benedicat nos Pater et Filius ·· 8. Lesung ·· Responsorium 3. Nokturn (per annum) yy [Antiphon: Alleluia, alleluia, alleluia] ·· Canticum Isaiae 33,2–10 Domine, miserere nostri 86  Das letzte Responsorium einer jeden Nokturn (also das vierte, achte und zwölfte) enthält immer ‚Gloria Patri‘, vgl. LO Bursfeldensis I, cap. 1, S. 138.

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A. Einleitung

·· Canticum Isaiae 33,13–18 Audite qui longe estis ·· Canticum Eccli. 36,14–19 Miserere plebi tuae yy Antiphon: Alleluia, alleluia, alleluia87 yy Versikel, per annum: Exaltare, domine, in virtute tua / Cantabimus et psallemus virtutes tuas yy Benedictio: Evangelica lectio sit nobis salus et protectio ·· 9. Lesung88 ·· Responsorium yy Benedictio: Doctrinas evangelicas doceat nos paterna charitas ·· 10. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Sapientia Dei Patris evangelicis nos instruat disciplinis ·· 11. Lesung ·· Responsorium yy Benedictio: Intellectum sancti Evangelii aperiat nobis gratia Spiritus sancti ·· 12. Lesung ·· Responsorium Hymnus: Te Deum Evangelium (vom Tage) Hymnus: Te decet laus Collecta aus dem proprium de tempore89 b.) Laudes matutinae Deus in adjutorium …90 Gloria Patri … Alleluia Psalm 66 Deus misereatur nostri yy [Antiphon, per annum: Alleluia (7 ×)]91 87 

Cf. LO Bursfeldensis I, cap. 3, S. 140. Die letzten vier Lesungen sind immer Auslegungen der Kirchenväter zum Tagesevangelium, das nach dem ‚Te Deum‘ verlesen wird, ebd., cap. 3, S. 139. 89  Ausdrücklich ohne ‚Dominus vobiscum‘. Im Sonntagsoffizium soll die Laudes sub uno direkt im Anschluß an die Matutin rezitiert werden (LO Bursfeldensis I, cap. 3, S. 139), deshalb entfällt (anders als im ‚Breviarium monasticum‘) die Konklusion am Ende der Matutin. Der Vergleich mit den diözesanen Tradition könnte zu der Vermutung führen, daß entsprechend dann auch die collecta selbst entfallen müßte – der ‚Liber ordinarius‘ bezeugt aber, daß sie, dem Bursfelder Gebrauch zufolge, auch im Sonn- und Festtagsoffizium (d. h. obwohl die Laudes angeschlossen wird) rezitiert werden soll, ebd.: Finito Evangelio et ympno ‚Te decet laus‘, loco benedictionis, de qua in capitulo Regulae [i. e. Benedicti] undecimo, collectam dicimus, quam nec praecedit, nec subsequitur salutatio, nec ‚Benedicamus domino‘. Ein versus sacerdotalis ist offenbar nicht vorgesehen. 90  Dicto „… per omnia saecula saeculorum. Amen.“ intervallo nullo sequente imponitur versus ‚Deus in adjutorium meum‘, et continuatur matutina laus iuxta capitulum regulae duodecimum [i. e. Regulae Benedicti] – ebd, cap. 3, S. 139. 91  Nur in der Quadragesima haben die Psalmen der Laudes ihre eigenen Antiphonen – ebd., cap. 3, S. 140. 88 



9.  Der liturgische Kontext

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·· Psalm 50 Miserere mei Deus, secundum magnam misericordiam tuam92 ·· Psalm 117 Confitemini Domino, quoniam bonus … Dicat nunc Israel ·· Psalm 62 Deus, deus meus, ad te de luce vigilo ·· Canticum Danielis 3,57–88 Benedicite omnia opera (per annum) ·· Psalm 148–150 Laudate Dominum de caelis93 yy Antiphon, per annum: Alleluia (7x) Capitulum, per annum: Benedictio et claritas … (Apoc. 7,12) Responsorium breve, per annum: Hec est dies quam fecit dominus / Exultemus et laetemur in ea etc. (mit Gloria)94 Hymnus, per annum: Splendor paternae gloriae95 Versikel, per annum: Dominus regnavit, decorem indutus est / Indutus est dominus fortitudine.96 yy [Benediktusantiphon aus dem proprium de tempore] ·· Benedictus yy Benediktusantiphon aus dem proprium de tempore [Kyrie eleison, Pater noster] yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Collecta aus dem proprium de tempore yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias Allfällige commemorationes, suffragia (siehe unten)97 B.  Officium feriale (per annum) Die Antiphonen zu den Psalmen (und das Invitatorium zum Psalm 94), die lectio brevis mit dem responsorium breve der ersten Nokturn, und das capitulum mit dem 92  Der erste Psalm der Laudes (nach dem ‚vorausgeschickten‘ Psalm 66) ist jeden Tag ‚Miserere‘, das wird im ‚Liber ordinarius‘ von 1447 (cap. 2 und 3) ausdrücklich festgehalten, entspricht aber ohnehin der allgemein üblichen benediktinischen Psalmenverteilung. 93  Der letzte Psalm der Laudes ist jeden Tag ‚Laudate‘, auch das entspricht dem normalen monastischen Psalter – übrigens enthält auch im Brevier der Säkularkleriker der (wechselnde) letzte Psalm der Laudes immer das Stichwort laus bzw. laudare, daher kommt der Name der Hore. 94  Das ‚Breviarium monasticum‘ hat hier das Responsorium ‚Inclina cor meum, Deus, in testimonia‘ etc., der Text ‚Hec est dies quam fecit dominus‘ etc. ist dort der Osteroktav vorbehalten. 95 Das ‚Breviarium monasticum‘ hat in der Matutin vom Sonntag den Hymnus ‚Aeterne rerum conditor‘, der sich im Bursfelder Brevier nicht in den Laudes, sondern stattdessen in der Matutin findet. ‚Splendor paternae gloriae‘ ist im ‚Breviarium monasticum‘ der Hymnus der Matutin vom Montag. 96  So im Bursfelder Brevier von 1493. Im ‚Breviarium monasticum‘ lautet der Versikel: Dominus regnavit, decorem indutus est / Induit dominus fortitudinem et praecinxit se virtute (So auch im Bursfelder Brevier von 1561). 97  In der monastischen Tradition und in vielen diözesanen Brevieren werden die commemorationes und suffragia erst nach dem ‚Dominus vobiscum‘ etc. und ‚Benedicamus domino‘ etc. rezitiert, stehen also quasi außerhalb des eigentlichen Rahmens der kanonischen Hore, während sie in der römischen Tradition in diesen Rahmen eingeschlossen werden.

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A. Einleitung

Versikel der zweiten Nokturn sind (im officium de tempore per annum) aus dem Psalter vom Wochentag, die Benediktusantiphon aus dem proprium de tempore, der Hymnus indes ist (abweichend vom Breviarium monasticum Paulus’ V., das wechselnde Hymnen vorsieht) in der ganzen Woche wie am Sonntag ‚Aeterne rerum conditor‘ in der vigilia, und ‚Splendor aeterni patris‘ in den laudes matutinae. a.) Vigilia98 Eröffnung: yy Domine, labia … yy Deus in adiutorium …99 yy Psalm 94 Venite mit Invitatorium aus dem Psalter vom Wochentag yy Hymnus, per annum: Aeterne rerum conditor 1. Nokturn yy [Antiphon a] ·· 1. Psalm ·· 2. Psalm yy Antiphon a yy [Antiphon b] ·· 3. Psalm ·· 4. Psalm yy Antiphon b yy [Antiphon c] ·· 5. Psalm ·· 6. Psalm yy Antiphon c yy Versikel aus dem Psalter vom Wochentag100 yy [a. Winterhalbjahr:] ·· Benedictio: Domne/Domna, iube benedicere – [Benedictio]101 1. Lesung 98  Gebete vor dem Officium: 3 × Pater, Ave, Versikel (1. Pater de coelis, Deus, miserere nobis; 2. Fili redemptor mundi, Deus, miserere nobis; 3. Spiritus sancte, Deus, miserere nobis). 99  Kein ‚Gloria Patri‘. 100  Der Versikel weicht an vier von sieben Wochentagen vom ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. ab, vgl. die untenstehende Tabelle. Vom Pater, das man üblicherweise nach dem Versikel erwarten sollte, ist in den Bursfelder Büchern keine Rede. 101  Wenn es im Ferialoffizium nur eine Lesung gibt, wird immer die erste benedictio genommen, wenn es drei Lesungen gibt, nimmt man die ersten drei benedictiones (Texte in der Übersicht zum Sonntag). An Tagen, an denen eine homilia über das Tagesevangelium gelesen wird, sind die benedictiones aus der dritten Nokturn des Sonntages (aus den Rubriken der Druckausgabe des Breviarium Bursfeldense von 1561). Auch im Ferialoffizium ist keine absolutio vor den benedictiones vorgesehen, vgl. LO Bursfeldensis I, cap. 1: Post antiphonam ultimam primi nocturni, dicto versu, sine intermedio ad petitionem lectoris, dicentis: „Domne, iube benedicere“, presidens benedicit (S. 138).



9.  Der liturgische Kontext

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Responsorium102 ·· Benedictio: Domne/Domna, iube benedicere – [Benedictio] 2. Lesung Responsorium ·· Benedictio: Domne/Domna, iube benedicere – [Benedictio] 3. Lesung Responsorium (mit Gloria Patri)103 yy [b. Sommerhalbjahr:] ·· Benedictio: Domne/Domna, iube benedicere – [Benedictio] Lectio brevis aus dem Psalter vom Wochentag104 Responsorium breve aus dem Psalter vom Wochentag105 2. Nokturn yy [Antiphon, per annum: Alleluia]106 ·· 7. Psalm ·· 8. Psalm ·· 9. Psalm ·· 10. Psalm ·· 11. Psalm ·· 12. Psalm yy Antiphon, per annum: Alleluia yy Capitulum (aus den Paulusbriefen), per annum: Vigilate, [et] state … (1. Cor. 16,13–14) yy Versikel aus dem Psalter vom Wochentag107 [Kyrie, Pater] yy Dominus vobiscum … Oremus. 102  Die drei Responsorien zu den drei Lesungen der Matutin im Ferialoffizium werden ggf. von den zwölf Responsorien des vorhergehenden Sonntages genommen, und zwar montags und freitags das erste, zweite und dritte; dienstags und samstags das vierte, fünfte und sechste; mittwochs das siebte, achte und neunte; und donnerstags das zehnte, elfte und zwölfte, vgl. LO Bursfeldensis I, cap. 1, S. 138. 103  Die Benediktsregel (cap. 9) sieht drei Lesungen und Responsorien in der Matutin des Ferialoffiziums nur für das Winterhalbjahr vor. Im Sommerhalbjahr, wenn die Nächte kurz sind, soll stattdessen nur eine lectio brevis aus dem Alten Testament (auswendig) vorgetragen, und von einem responsorium breve gefolgt werden (cap. 10). Die Bursfelder Breviere tragen dieser Anordnung Rechnung und stellen dementsprechend im Psalterteil des Sommerbandes eine je nach Wochentag wechselnde lectio brevis mit responsorium breve dar, vgl. auch LO Bursfeldensis I, cap. 1: A festo Pasche usque ad kalendas Novembris privatis noctibus una lectio dicitur ad [primum] nocturnum cum brevi responsorio, iuxta capitulum Regulae decimum, et post versum ipsum breve responsorium ex integro repetitur (S. 138). 104 Im officium de tempore per annum wie im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. 105 Im officium de tempore per annum wie im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. 106  Nur in der Quadragesima gibt es eine eigene Antiphon für jeweils zwei Psalmen. 107  Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. die ganze Woche über: Beati, qui habitant in domo tua, domine / In saecula saeculorum laudabunt te.

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A. Einleitung

·· Oratio: Salva nos, omnipotens Deus, et lucem nobis concede perpetuam, et famulos tuos ab omni adversitate custodi. Per dominum … yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias.108 b.) Laudes Deus in adiutorium Gloria Patri … Alleluia Psalm 66 Deus misereatur nostri yy [Antiphon aus dem Psalter vom Wochentag] ·· Psalm 50 Miserere mei, Deus, secundum magnam misericordiam tuam ·· 2. Psalm ·· 3. Psalm ·· Canticum ·· Psalm 148–150 Laudate Dominum de caelis yy Antiphon aus dem Psalter vom Wochentag Capitulum: Nox praecessit … (Rom. 13, 12–13) Responsorium breve aus dem Psalter vom Wochentag Hymnus, per annum: Splendor paternae gloriae109 Versikel, per annum: Mo.–Mi.: In matutinis, domine, meditabor in te / Quia ­fuisti adiutor meus; Do.–Sa.: Repleti sumus mane misericordia tua / Exsultavimus et delectati sumus.110 yy [Benediktusantiphon aus dem Psalter vom Wochentag] ·· Benedictus yy Benediktusantiphon aus dem Psalter vom Wochentag [Kyrie, Pater] yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Collecta vom letzten Sonntag yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias. Allfällige commemorationes, suffragia (siehe unten)

108  Im Ferialoffizium behält die Matutin mithin ihre Konklusion, die Laudes folgen nicht sub uno, sondern erst nach einer kurzen Pause: Facto intervallo pro tempore competenti iuxta capitulum Regulae [i. e. Benedicti] … ebd., cap. 2, S. 139. 109  Siehe oben. 110  Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. die ganze Woche über ‚Repleti sumus‘ etc.



9.  Der liturgische Kontext

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II.  Prim und Kapitelsoffizium A.  Officium dominicale (per annum) a.) Prim111

Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia Hymnus: Iam lucis orto sidere yy [Antiphon: Alleluia (6x)] ·· Psalm 118 Aleph ·· Psalm 118 Beth ·· Psalm 118 Gimel ·· Psalm 118 Daleth yy Antiphon: Alleluia (6x) Capitulum, per annum: Regi saeculorum, immortali … (1. Tim. 1,17) Versikel: Exurge, domine, adiuva nos / Et libera nos propter nomen tuum. yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Oration: In hac hora huius diei … yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias Fides catholica Athanasii episcopi: Quicumque vult salvus esse … Versikel: Benedicat nos Deus, Deus noster, benedicat nos Deus / Et metuant eum omnes fines terrae. [Kyrie, Pater, Credo] yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Oration: Omnipotens, sempiterne Deus, qui dedisti famulis … yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias. b.) Kapitelsoffizium112 1.) Lesung aus dem Martyrologium: yy Benedictio: Domne/Domna, iube benedicere – In via mandatorum …113 ·· Martyrologium vom nächsten Tag114 111  Gebet vor dem Offizium: Pater, Ave, Credo. 112  Die vier Elemente des Kapitelsoffizium finden

sich mit fast gleichem Wortlaut überall, auch im Offizium der Säkularkleriker – bloß daß dort nicht der namensgebende Abschnitt aus der Benediktsregel (die für die Weltgeistlichen ja keine Geltung hat), sondern stattdessen Abschnitte aus den Bestimmungen der Diözesansynoden und Provinzialkonzilien verlesen werden. Zuweilen findet sich das Totengedächtnis an zweiter Stelle, gleich nach der Lesung aus dem Martyrologium. 113  In den diözesanen Brevieren ist kein Segen vor dem Vortrag des Martyrologium vorgesehen, dort beginnt der Lektor absolute mit den kalendarischen Angaben. 114  Der Vortrag des Martyrologium beginnt mit dem Kalenderdatum (im römischen Stil) und dem Mondalter: Kalendis Maii, luna decima, etc.; der Lektor trägt das Martyrologium recto tono vor und schließt mit: … et aliorum sanctorum martyrum, confessorum atque virginum. LO Burs-

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A. Einleitung

yy Versikel: Pretiosa in conspectu domini / Mors sanctorum eius. yy Oration: Isti et omnes sancti intercedant …115 2.) Bitte um Segen für das Tagewerk: yy Versikel: Deus in adiutorium … (3x) yy Gloria Patri yy Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison yy Pater yy Versikel: Respice, domine … yy Oration: Dirigere et sanctificare dignare … 3.) Das Kapitel aus der Benediktsregel: yy Adiutorium nostrum in nomine domini / Qui fecit coelum et terram. ·· Text der Benediktsregel zum jeweiligen Tag yy Tu autem, domine, miserere nostri / Deo gratias. 4.) Totengedächtnis116 ·· Nekrolog vom nächsten Tag117 yy Animae fratrum [sororum], familarum et benefactorum ordinis nostri requiescant in pace – Amen. yy Psalm 129 De profundis mit Requiem statt Gloria yy Pater yy Versikel: A porta inferi / Erue, domine, animas eorum. yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Oration: Absolve, domine, animas fidelium … yy Dominus vobiscum … yy Requiescant in pace – Amen.

feldensis I, cap. 4, S. 141. Es wird immer das Martyrologium vom Folgetag vorgetragen, weil es darauf ankommt, die jeweils zu berücksichtigenden liturgischen Gedächtnisse (oder Fasttage) im voraus anzukündigen – wenn das erst im Laufe des betreffenden Tages geschehen würde, wäre es zu spät. 115  So LO Bursfeldensis I, cap. 4, S. 141. Die Formel der Oration wechselt im Laufe der Zeit etwas durch die Hinzufügung des Namens Mariens, im ‚Breviarium Bursfeldense‘ von 1561 findet sich entsprechend: Sancta Maria, mater domini nostri Jesu Christi, et omnes sancti intercedant etc., im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. lautet sie, wie im römischen Brevier: Sancta Maria et omnes sancti intercedant etc. 116  Die Darstellung des Totengedächtnisses folgt hier dem LO Bursfeldensis II von 1474 (cap. 11), der die allgemein übliche Gestalt des Kapitelsoffiziums wiedergibt. Der Text des LO I von 1447 (cap. 4, S. 141) sieht stattdessen vor, daß die Namen der Verstorbenen erst im Anschluß, nach der Gewissenserforschung verlesen werden. 117  Analog zum Martyrologium wird auch der Nekrolog immer vom Folgetag verlesen – hier geht es ja darum, die Kommunität im voraus über die Verstorbenen zu unterrichten, für die es am nächsten liturgischen Tag (das heißt ab der Vesper) besonders zu beten gilt, dehalb muß die Ankündigung immer am Vortag erfolgen.



9.  Der liturgische Kontext

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B.  Officium feriale (per annum) a.) Prim118

Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia Hymnus: Iam lucis orto sidere yy [Antiphon aus dem Psalter vom Wochentag] ·· 1. Psalm ·· 2. Psalm ·· 3. Psalm yy Antiphon aus dem Psalter vom Wochentag Capitulum, per annum: Pacem et veritatem diligite … (Zach. 8,19) Versikel: Exurge, domine, adiuva nos / Et libera nos propter nomen tuum. [Kyrie, Pater, Credo] Dominus vobiscum … Oremus. yy Oration: Domine, Deus, qui ad principium huius diei … Dominus vobiscum … Benedicamus Domino / Deo gratias. b.) Kapitelsoffizium wie sonntags III. Terz Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia Hymnus: Nunc sancte nobis Spiritus yy [Antiphon] ·· 1. Psalm (So.: 118 He; Mo.: 118 Nun; Di.–Sa.: 119) ·· 2. Psalm (So.: 118 Vau; Mo.: 118 Samech; Di.–Sa.: 120) ·· 3. Psalm (So.: 118 Zajin; Mo.: 118 Ajin; Di.–Sa.: 121) yy Antiphon: So.: Alleluia (3x); Mo.: Adiuva me …; Di.–Sa.: Clamavi et exaudivit me … Capitulum, per annum: So.: Deus caritas est … (1. Jo. 4,16); Mo.–Sa.: Sana me, Domine … (Ier. 17,14) Versikel: So.: Ego dixi, domine, miserere mei / Sana animam meam quia peccavi tibi; Mo.–Sa.: Adiutor meus esto, ne derelinquas me / Neque despicias me, Deus, salutaris meus. [Kyrie, Pater] Dominus vobiscum … Oremus.

118 

Gebete vor dem Officium: Pater, Ave, Credo.

50

A. Einleitung

yy Oration: So.: Collecta vom Sonntag; Mo.–Sa.: Propitiare, Domine, supplicationibus nostris …119 yy Dominus vobiscum … Benedicamus Domino / Deo gratias. IV. Sext Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia Hymnus: Rerum potens, verax Deus yy [Antiphon] ·· 1. Psalm (So.: 118 Heth; Mo.: 118 Pe; Di.–Sa.: 122) ·· 2. Psalm (So.: 118 Theth; Mo.: 118 Sadem; Di.–Sa.: 123) ·· 3. Psalm (So.: 118 Ioth; Mo.: 118 Coph; Di.–Sa.: 124) yy Antiphon: So.: Alleluia (3x); Mo.: Aspice in me …; Di.–Sa.: Qui habitas in caelis … Capitulum, per annum: Alter alterius onera portate … (Gal. 6,2) Versikel: Dominus regit me, et nihil mihi deerit / In loco pascuae ibi me collocavit [Kyrie, Pater] yy Dominus vobiscum … Oremus. yy Oration: So.: Deus, qui conspicis omni nos virtute destitui …; Mo.–Sa.: Deus innocentiae restitutor …120 yy Dominus vobiscum … Benedicamus Domino / Deo gratias. V. Non Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia Hymnus: Rerum, Deus, tenax vigor yy [Antiphon] ·· 1. Psalm (So.: 118 Caph; Mo.: 118 Res; Di.–Sa.: 125) ·· 2. Psalm (So.: 118 Lamech; Mo.: 118 Syn; Di.–Sa.: 126) ·· 3. Psalm (So.: 118 Mem; Mo.: 118 Tau; Di.–Sa.: 127) ·· Antiphon: So.: Alleluia (3x); Mo.: Vide humilitatem meam …121; Di.–Sa.: Facti sumus sicut consolati …122 Capitulum, per annum: Empti enim estis pretio magno … (1 Cor. 6,20) Versikel: Ab occultis meis munda me, Domine / Et ab alienis parce servo tuo. [Kyrie, Pater] Dominus vobiscum … Oremus. 119  120 

Breviarium monasticum: Collecta vom Sonntag. Breviarium monasticum: Collecta vom Sonntag. 121  Breviarium monasticum: ‚Fiat manus tua, Domine‘ etc. 122  Breviarium monasticum: ‚Beati omnes‘ etc.



9.  Der liturgische Kontext

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·· Oration: So.: Gratiae tuae, quaesumus Domine, supplicibus tuis tribue largitatem …; Mo.–Sa.: Da nobis, quaesumus, perseverantem …123 yy Dominus vobiscum … Benedicamus Domino / Deo gratias. VI. Vesper Deus in adiutorium … Gloria Patri … Alleluia yy [Antiphon a] ·· 1. Psalm yy Antiphon a yy [Antiphon b] ·· 2. Psalm yy Antiphon b yy [Antiphon c] ·· 3. Psalm yy Antiphon c yy [Antiphon d] ·· 4. Psalm yy Antiphon d Capitulum, per annum: Benedictus Deus, et Pater … (2. Cor. 1,3–4)124 Responsorium breve, per annum: So.: Quam magnificata sunt opera …; Mo.–Fr.: Adiutorium nostrum …125; Sa.: Magnus, Dominus noster … Hymnus, per annum: Deus creator omnium126 Versikel, per annum: So.–Fr.: Dirigatur, Domine, oratio mea / Sicut incensum in conspectu tuo; nur Sa. (1. Vesper vom Sonntag): Vespertina oratio ascendat ad te, Domine / Et descendat super nos misericordia tua. yy [Magnifikatantiphon] ·· Magnifikat yy Magnifikatantiphon: So. und Sa.: aus dem Proprium; Mo.–Fr.: aus dem Psalter vom Wochentag [Kyrie, Pater] yy Dominus vobiscum … Oremus. ·· Collecta vom Sonntag (Sa.: vom folgenden Sonntag) yy Dominus vobiscum … Benedicamus domino / Deo gratias. 123 

Breviarium monasticum: Collecta vom Sonntag. Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. ist das Capitulum in der ersten Vesper vom Sonntag abweichend: ‚O altitudo divitiarium‘ etc. 125  Breviarium monasticum: Mo.–Fr.: ‚Benedicam Dominum in omni tempore‘ etc.; 126  Breviarium monasticum: täglich wechselnder Hymnus. 124 

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A. Einleitung

VII. Komplet [Lectio brevis: Fratres, sobrii estote (1. Pet. 5,8–9)]127 Adiutorium nostrum …; Pater [Converte nos, Deus salutaris noster / Et averte iram tuam a nobis] [Deus in adiutorium …] [Gloria Patri … Alleluia] yy [Antiphon] ·· Psalm 4 Cum invocarem exaudivit me Deus ·· Psalm 90 Qui habitat in adiutorio Altissimi ·· Psalm 133 Ecce nunc benedicite Dominum yy [Antiphon] Hymnus: Te lucis ante terminum Capitulum: Tu autem in nobis es … (Ierem. 14,9) Versikel: Custodi nos, Domine, ut pupillam oculi / Sub umbra alarum tuarum protege nos.128 [Kyrie, Pater] Dominus vobiscum … Oremus. yy Oration: Visita, quaesumus, Domine … Dominus vobiscum … Benedicamus Domino / Deo gratias. Benedictio: Benedictio Dei omnipotentis … Divinum auxilium maneat semper nobiscum / Et cum fratribus nostris absentibus. [Pater, Ave, Credo, marianisches Suffragium129] Zur Übersicht hier eine Tabelle der Psalmenverteilung, mit den Responsorien und Versikeln der Matutin, Laudes und Vesper, und den Antiphonen zu Benedictus und Magnificat an den Ferialtagen. Die Elemente hingegen, die im officium de tempore die ganze Woche über gleich bleiben (etwa das Capitulum), sind hier nicht dargestellt, sie sind der obenstehenden Übersicht zu entnehmen. Abweichungen vom ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. sind in den Fußnoten kenntlich gemacht. In den zeitgenössischen Büchern der Bursfelder Kongregation folgt die Darstellung des Psalters dem ‚archaischen‘ Stil: Alle Psalmen werden ihrer numerischen Reihenfolge gemäß hintereinander (wie sie im biblischen Buch der Psalmen stehen) wiedergegeben, dadurch werden die Psalmen 3–5, 35, 42, 50, 127 Die lectio brevis ist hier ergänzt aus dem Breviarium Bursfeldense von 1561 (pars hyemalis, commune, fol. LIIIv; bzw. p. aestivalis, commune, fol. LXIXv). 128  Das Offizium der Weltgeistlichen hat hier, zwischen Versikel und Oration der Komplet, den neutestamentlichen Hymnus ‚Nunc dimittis‘, mit Antiphon. Im monastischen Offizium findet er sich nicht. 129  Zu den wechselnden marianischen Suffragia (Antiphon, Versikel und Oration) vgl. obenstehende Tabelle.



9.  Der liturgische Kontext

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56, 62, 63, 64, 66, 75, 87, 89–91, 94, 117, 133, 142 und 148–150 als ‚überzählige‘ Psalmen im Zusammenhang von Horen dargestellt, in denen sie in Wirklichkeit nicht rezitiert werden (in der untenstehenden Übersicht sind sie an der Stelle, an der sie nicht rezitiert werden, grau hinterlegt). Tatsächlich rezitiert werden sie durchaus, aber andernorts, in Horen, die nicht durchgängig der numerischen Reihe der Psalmen folgen, in der Regel mithin in den Laudes, oder in der Komplet. Der Benutzer des Buches muß also wissen, daß er diese Psalmen, dort, wo sie stehen, überspringen muß. Dieses Arrangement hat (gegenüber der ‚modernen‘ Darstellung) den Nachteil, daß man den Wochenpsalter dem Buch nicht fortlaufend, in der Reihenfolge, in der die Psalmen zu rezitieren sind, entnehmen kann (man kann nicht einfach ‚weiterlesen‘, sondern muß hin- und herblättern). Dafür findet man alle Psalmen, auch jene, auf die an anderer Stelle nur verwiesen wird, mühelos ohne je eines Registers zu bedürfen. Vielfach werden die Psalmen ohnehin auswendig rezitiert. Nota bene: Dadurch, daß die Psalmen in den monastischen Psaltern traditionell ihrer numerischen Reihenfolge gemäß (also wie sie im biblischen Buch der Psalmen stehen) dargestellt werden, ihre Rezitation aber nicht einfach in fortlaufender Folge auf die Horen der Woche verteilt ist, ergibt sich für die Darstellung der einzelnen Horen im Psalter folgender Aufbau (er gilt im Wesentlichen bis heute für alle monastischen Breviere)130: – Prim, von Montag bis Samstag – Matutin und Laudes, von Sonntag bis Samstag – Vesper, Sonntag, und Montag bis zum 4. Psalm (115/116)131 – Prim, Terz, Sext und Non, nur Sonntag – Terz, Sext und Non, nur Montag – Terz, Sext und Non, Dienstag bis Samstag (an diesen Tagen gleich) – Vesper, Montag ab dem 5. Psalm (128), und Dienstag bis Samstag132

130 

In den Brevieren der Weltgeistlichen werden die Horen stattdessen ihrer zeitlichen Reihenfolge entsprechend dargestellt, dort kann man im Psalter also ‚einfach weiterlesen‘. Dafür bedarf es eines Registers, um die Psalmen zu finden. 131  In jüngeren Ausgaben werden die Vesper des Sonntages und der erste Teil der Vesper des Montages im Anschluß an Psalm 127 (Dienstag bis Samstag zur Non) dargestellt (dann stehen also alle Vespern, vom Sonntag bis Samstag) hintereinander. Dadurch wird die numerische Reihenfolge aber gestört, die Psalmen 109 bis 116 stehen dann zwischen den Psalmen 127 und 128. 132  In den älteren monastischen Psaltern wird die Komplet (an allen Tagen Ps. 4; 90 und 133) nicht eigens dargestellt, weil die Psalmen schon andernorts wiedergegeben sind (Ps. 3: mit den Psalmen der Prim des Montags; Ps. 90: mit den Psalmen der ersten Nokturn des Freitags; Ps. 133: mit den Psalmen der Vesper des Mittwochs).

33 Benedicam dominum

34 Judica, Domine, nocentes

21 Deus, Deus meus, respice

22 Dominus regit me

23 Domini est terra 36.1 Noli aemulari

35 Dixit iniustus ut delinquat

32 Exultate, justi

Montag

20 Domine, in virtute tua

1. Nokturn

Sonntag

Vigilia (Matutin)

48 Audite haec. omnes gentes

47 Magnus dominus, et laudabilis

46 Omnes gentes, plaudite

45 Deus noster refugium

Dienstag

66 Deus misereatur nostri

65 Jubilate Deo, omnis terra

64 Te decet hymnus, Deus

63 Exaudi Deus, orationem meam

62 Deus, Deus meus ad te

61 Nonne subiecta erit

60 Exaudi, Deus, deprecationem

59 Deus repulisti nos et destruxisti

Mittwoch

77.1 Attendite, popule meus

91 Bonum est confiteri Domino

90 Qui habitat in adiutorio

89 Domine, refugium

88.2 Tunc locutus es in visione

88.1 Misericordias Domini

87 Domine, Deus, salutis

75 Notus in Judaea 76 Voce mea ad Dominum

86 Fundamenta eius

85 Inclina, Domine, aurem

Freitag

74 Confitebimur tibi, Deus

73 Ut quid, Deus, repulisti

Donnerstag

103.2 Hoc mare magnum et spatiosum

103.1 Benedic, anima mea, Domino, Domine

102 Benedic, anima mea, Domino, et omnia

101 Domine exaudi … et clamor

Samstag

54 A. Einleitung

V.: Deus, in sancto via tua … LB: Sap. 3,9 Qui confidunt in domino … RB: Exultate Deo, adiutori nostro …

V.: Omnis terra adoret …134 LB: Sap. 1,1–2 Diligite iustitiam … RB: In te, domine, speravi …

V.: Immola deo sacrificium laudis … LB: Prov. 3 Dominus sapientia … RB: Deus, in nomine tuo …

V.: Delectare in domino …133 LB: Thren. 2 Consurge, lauda … RB: Benedicam dominum …

39 Exspectans exspectavi

27 Ad te, domine, clamabo

53 Deus, in nomine tuo

52 Dixit insipiens

134 

Breviarium monasticum: ‚Domine in coelo‘ etc. Breviarium monasticum: ‚Benedicite gentes‘ etc. 135  Breviarium monasticum: ‚Intret oratio mea‘ etc. 136  Breviarium monasticum: ‚Domine, exaudi‘ etc.

133 

38 Dixi custodiam vias meas

26 Dominus illuminatio mea

2. Nokturn

78 Deus venerunt gentes

67.2 Benedictus Dominus die quotidie

68.2 Exaudi me, Domine, quoniam benigna

68.1 Salvum me fac, Deus

80 Exsultate Deo, adiutori nostro

79 Qui regis Israel

77.2 Et dilexerunt eum in ore suo

51 Quid gloriaris in malitia

67.1 Exsurgat Deus, et dissipentur

37 Domine, ne in furore

50 Miserere mei, Deus, secundum

49 Deus deorum, Dominus locutus

25 Judica me, domine

Donnerstag

36.2 Declina a malo

Mittwoch

24 Ad te, domine, levavi

Dienstag

Montag

Sonntag

Vigilia (Matutin) (Forts.)

96 Dominus regnavit, exsultet

95 Cantate Domino … cantate

94 Venite exsultemus

V.: Beatus homo quem tu erudieris …135 LB: Sap. 1,6–7 Benignus est enim … RB: Misericordias tuas …

93 Deus ultionum Dominus

92 Dominus regnavit, decorem

Freitag

105.2 Et irritaverunt eum ad aquas

105.1 Confitemini Domino … Quis loquetur

V.: Quaerite dominum et confirmamini …136 LB: Eccli, 12,2–3 Benefac iusto … RB: Domine, exaudi …

104.2 Et intravit Israel in Aegyptum

104.1 Confitemini Domino, et invocate

Samstag

9.  Der liturgische Kontext

55



Canticum Eccli. 36,14–19 Miserere plebi tuae

nerstag.











Donnerstag







V.: Beati qui habitant …

84 Benedixisti, Domine

83 Quam dilecta tabernacula

82 Deus, quis similis erit tibi

81 Deus stetit in synagoga

Freitag







V.: Iubilate Deo omnis terra …

100 Misericordiam et judicium

99 Jubilate Deus, omnis terra

98 Dominus regnavit, irascantur

97 Cantate Domino … quia

Samstag







V.: Confitebor domino nimis …

108 Deus, laudem meam

107 Paratum cor meum

106.2 Dixit et stetit spiritus

106.1 Confitemini Domino … Dicant qui

Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. die ganze Woche über: ‚Beati, qui habitant‘ etc., dieser Versikel findet sich im Bursfelder Brevier nur am Don-



Canticum Isaiae 33,13–18 Audite qui longe estis

137 



Canticum Isaiae 33,2–10 Domine, miserere nostri



V.: Gaudebunt labia mea …

V.: Deus, vitam meam …

V.: Sedes tua, domine …137

3. Nokturn

72 Quam bonus Israel Deus

58 Eripe me de inimicis

44 Eructavit cor meum

71 Deus, judicium tuum

31 Beati quorum remissae sunt

57 Si vere utique iustitiam

70 In te, Domine, speravi

43 Deus, auribus nostris

56 Miserere mei, Deus, miserere

42 Judica me, Deus

Mittwoch 69 Deus in adiutorium

30 In te, domine, speravi

55 Miserere mei, Deus, quoniam

41 Quemadmodum desiderat

29 Exaltabo te, domine

Dienstag 54 Exaudi, Deus, orationem

Montag

40 Beatus qui intelligit

Sonntag

28 Afferte domino, filii

Vigilia (Matutin) (Forts.)

56 A. Einleitung

RB: Miserere mei, Deus … V.: In matutinis, Domine … AB: Visitavit et fecit redemptionem dominus plebis suae141

35 Dixit iniustus ut delinquat

Canticum Isaiae 12,1–6 Confitebor tibi, domine

148–150 Laudate Dominum de caelis

RB: Domine, in coelo …139 V.: In matutinis, Domine …140 AB: Benedictus, deus Israel

62 Deus, deus meus ad te

Canticum Danielis 3,57–88 Benedicite omnia opera

148–150 Laudate Dominum de caelis

RB: Haec est dies quam …138 V.: Dominus regnavit … AB: [aus dem Proprium]

Canticum Ezechiae Is. 38,10–20 Ego dixi in dimidio

56 Miserere mei, Deus, miserere

42 Judica me, Deus

RB: Exaudi nos, Deus salutaris … V.: In matutinis, Domine … AB: Erexit dominus cornu salutis in domo David, pueri sui142

148–150 Laudate Dominum de caelis

Canticum Annae 1. Reg. 2,1–10 Exsultavit cor meum

64 Te decet hymnus, Deus

63 Exaudi Deus, orationem meam

50 Miserere mei, Deus, secundum

Mittwoch

RB: Domine, refugium … V.: Repleti sumus mane … AB: In sanctitate serviamus Domino, et liberabit nos ab inimicis nostris

148–150 Laudate Dominum de caelis

Canticum Moysis Exod. 15,1–9 Cantemus Domino

89 Domine, refugium

87 Domine, Deus, salutis

50 Miserere mei, Deus, secundum

Donnerstag

148–150 Laudate Dominum de caelis RB: Auditam fac mihi … V.: Repleti sumus mane … AB: In viam pacis dirige nos, Domine143 RB: Ad annuntiandum mane … V.: Repleti sumus mane … AB: Per viscera misericordiae Dei nostri visitavit nos oriens ex alto

Canticum Moysis Deut. 32,1–43 Audite coeli quae loquor

142 Domine, exaudi … auribus

50 Miserere mei, Deus, secundum

Samstag

148–150 Laudate Dominum de caelis

Canticum Habacuc 3,1–19 Domine, audivi

91 Bonum est confiteri domino

75 Notus in Judaea

50 Miserere mei, Deus, secundum

Freitag

139 

Breviarium monasticum: ‚Inclina cor meum, Deus‘ etc. Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. die ganze Woche über: ‚Sana animam‘ etc. 140  Im ‚Breviarium monasticum‘ Paulus’ V. die ganze Woche über: ‚Repleti sumus‘ etc., dieser Versikel findet sich im Bursfelder Brevier nur vom Donnerstag bis Samstag. 141  Breviarium monasticum: ‚Erexit nobis‘ etc. 142  Breviarium monasticum: ‚De manu omnium‘ etc. 143  Breviarium monasticum: ‚Illuminare, domine, his‘ etc.

138 

148–150 Laudate Dominum de caelis

5 Verba mea auribus percipe

117 Confitemini Domino … dicat

50 Miserere mei, Deus, secundum

50 Miserere mei, Deus, secundum

50 Miserere mei, Deus, secundum

Dienstag

Montag

Sonntag

Laudes

9.  Der liturgische Kontext

57

2 Quare fremuerunt gentes

118.2 In quo corrigit

Montag

118.14 Lucerna pedibus meis

118.15 Iniquos odio habui

118.16 Feci iudicium

Sonntag

118.6 Et veniat super me

118.7 Memor esto verbi tui

6 Domine, ne in furore

5 Verba mea auribus

4 Cum invocarem exaudivit

118.5 Legem pone mihi

Terz

118.4 Adhaesit pavimento

118.3 Retribue servo tuo

1 Beatus vir qui non abiit

118.1 Beati immaculati

3 Domine quid multiplicasti

Montag

Sonntag

Prim

121 Laetatus sum in his

120 Levavi oculos meos

119 Ad Dominum cum tribularer

Dienstag

9.1 Confitebor tibi, Domine

8 Domine, dominus noster

7 Domine, Deus meus, in te

Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Mittwoch

11 Salvum me fac, Domine

10 In domino confido

9.2 Exurge, domine, non confortetur

Mittwoch

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Donnerstag

14 Domine, quis habitabit

13 Dixit insipiens

12 Usquequo, domine

Donnerstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Freitag

17.1 Diligam te, Domine

16 Exaudi, Domine, justitiam meam

15 Conserva me, Domine

Freitag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Samstag

19 Exaudiat te Dominus in die

18 Caeli enarrant

17.2 Cum sancto sanctus

Samstag

58 A. Einleitung

118.17 Mirabilia testimonia tua

118.18 Justus es, Domine

118.19 Clamavi in toto corde

118.8 Portio mea, domine

118.9 Bonitatem fecisti

118.10 Manus tuae fecerunt

118.21 Principes persecuti sunt

118.22 Appropinquet

118.12 In aeternum, Dmne.

118.13 Quomodo dilexi legem

Montag

113 In exitu Israel de Egypto

Sonntag

109 Dixit Dominus domino

Vesper

Montag

118.20 Vide humilitatem

Sonntag

118.11 Defecit in salutare tuum

Non

Montag

Sonntag

Sext

Mittwoch

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Mittwoch

129 De profundis clamavi

Dienstag

127 Beati omnes qui timent

126 Nisi Dominus aedificaverit

134 Laudate nomen Domini

133 Ecce nunc benedicite

Mittwoch

wie Dienstag

wie Dienstag

125 In convertendo wie Dienstag Dominus

Dienstag

124 Qui confidunt in Domino

123 Nisi quia Dominus erat

122 Ad te levavi oculos meos

Dienstag

138.1 Domine, probasti me

Donnerstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Donnerstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Donnerstag

142 Domine, exaudi … auribus

141 Voce mea ad Dominum

Freitag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Freitag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Freitag

144.2 Confiteantur tibi, Domine

Samstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Samstag

wie Dienstag

wie Dienstag

wie Dienstag

Samstag

9.  Der liturgische Kontext

59

wie Sonntag

wie Sonntag

90 Qui habitat in adiutorio

133 Ecce nunc benedicite

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

Mittwoch

Responsorium und Versikel wie Montag; AM: Fecit mihi Dominus magna qui potens est, et sanctum nomen eius146

Mittwoch

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

Donnerstag

Responsorium und Versikel wie Montag; AM: Deposuit potentes de sede et exaltavit humiles147

Donnerstag

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

Freitag

Responsorium und Versikel wie Montag; AM: Suscepit Israel puerum suum, recordatus dominus misericordiae suae148

Freitag

145  146 

Breviarium monasticum: Mo.‑Fr. ‚Benedicam Dominum in omni tempore‘ etc. Breviarium monasticum: Exsultet spiritus meus in Deo, salutari meo. Breviarium monasticum: Respexit Dominus humilitatem meam, et fecit in me magna qui potens est. 147  Breviarium monasticum: Fac, Deus, potentiam in brachio tuo; disperde superbos et exalta humiles. 148  Breviarium monasticum: Deposuit potentes, sanctos persequentes, et exaltavit humiles, Christum confitentes.

144 

Montag

wie Sonntag

Sonntag

4 Cum invocarem exaudivit

Dienstag

Responsorium und Versikel wie Montag; AM: In deo, salutari meo exultavit spiritus meus145

Komplet

Dienstag

Montag

RB: Adiutorium nostrum …144 V.: Dirigatur, Domine … AM: Magnificat anima mea Dominum [quia respexit Deus humilitatem meam]

Sonntag

RB: Quam magnificata … V.: Dirigatur, Domine … AM: [aus dem Proprium]

Vesper (Forts.)

wie Sonntag

wie Sonntag

wie Sonntag

Samstag

RB: Magnus Dominus noster … V.: Vespertina oratio ascendat … AM: [aus dem Proprium]

Samstag

60 A. Einleitung



9.  Der liturgische Kontext

61

Zusätzlich zum kanonischen Offizium (mit den oben genannten suffragia oder commemorationes am Ende von Laudes und Vesper), wurden in der Bursfelder Kongregation noch das ‚Officium parvum de beata Maria virgine‘, und das Totenoffizium als Votivoffizium rezitiert, die zweite Redaktion des ‚Liber ordinarius‘ (1474/1475) erwähnt auch das Kreuzoffizium149 (was das Fehlen eines suffragium de sancta cruce erklären würde), indes ist hier in der Lüner Klosterchronik nur von den ersten beiden, dem cursus (beatae Mariae virginis) und den vigiliae (als pars pro toto für das ganze Totenoffizium) die Rede, vom Kreuzoffizium, soweit erkennbar, nicht. Das ‚Officium parvum‘ sollte, so forderte es die ursprüngliche Redaktion des ‚Liber ordinarius‘ der Bursfelder Kongregation, jeweils vor den kanonischen Horen rezitiert werden, außer im Falle der Komplet, an welche es sich anschloß150. An bestimmten Festen konnte (nach der zweiten Fassung des ‚Liber ordinarius‘) die Rezitation privatim erfolgen151. Totenvesper und -matutin sollten, dem ersten ‚Liber ordinarius‘ der Bursfelder Kongregation zufolge, täglich nach der kanonischen Vesper, die Totenlaudes nach den kanonischen Laudes rezitiert werden, mit Ausnahme der Feste und derer Vigilien, der Karwoche, und der Oktaven von Ostern, Weihnachten und Pfingsten. An Ferialtagen erfolgte die Rezitation in choro, an Samstagen (deren Vesper ja schon zum Sonntagsoffizium gehört) und an Sonntagen nicht, das Totenoffizium konnte dann aber ex devotione aut alia rationabili causa privat gebetet werden. Die Vigil (Matutin) des officium defunctorum sollte, wenn dasselbe als tägliches Votivoffizium rezitiert wurde, drei Lesungen umfassen (es wurde also, je nach Wochentag, reihum eine der drei Nokturnen gebetet), wenn es aber für bestimmte (jüngst) Verstorbene des Konventes oder eine dem Konvent verbundene Person rezitiert wurde, neun Lesungen, also alle drei Nokturnen152. Im Kapitelsoffizium (nach der Prim) diente (im Anschluß an den Nekrolog) der Psalm ‚De profundis‘ mit Pater, Versikel und einer Oration als Memento der Toten153. Ferner kannte das Bursfelder Kalendarium monatliche Gedenktage für die Verstorbenen, im Wechsel wurde jeweils der verstorbenen Mitbrüder bzw. -schwestern, Wohltäter, Verwandten etc. unter anderem auch in Gestalt einer Totenmesse gedacht; in Lüne wurde dieser Forderung im Jahre 1506 mit der Einführung von jährlich vier Gedenktagen Rechnung getragen, deren Daten nicht immer mit denen des Bursfelder Kalendariums 149  LO Bursfeldensis II, cap. 7, Schmidt, Zusätze (1986), S. 175, vielleicht war die Rezitation des Kreuzoffiziums nur eine private Andachtsübung (ebd., S. 178). Der Text des Kreuzoffiziums findet sich in einem handschriftlichen Bursfelder Brevier des 15. Jhdts. (Bamberg, Staatsbib., Msc. lit. 73, fol. 78v–79v; vgl. Volk, Die erste Fassung, 1950, S. 184), nicht aber in den 1488, 1493 und 1496/1498 gedruckten Brevierausgaben. 150  LO Bursfeldensis I, cap. 21, S. 155; vgl. Schmidt, Zusätze (1986), S. 171. 151  LO Bursfeldensis II, cap. 5, Schmidt, S. 175. 152  LO Bursfeldensis I, cap. 22, S. 155; Darstellung nach: Schmidt, Zusätze (1986), S. 171. 153  LO Bursfeldensis I, cap. 4, S. 141; vgl. Schmidt, Zusätze (1986), S. 171.

62

A. Einleitung

übereinstimmten und in den Anfangsjahren zudem einem gewissen Wechsel unterworfen waren154. Die ‚Septem psalmi poenitentiales‘ mit den dazugehörigen Litaneien wurden der Bursfelder Tradition zufolge nur in der Fastenzeit montags, mittwochs und freitags (und an den dies rogationum, mit Prozession) in choro rezitiert155. Während das Bursfelder Brevier sowohl strukturell als auch textlich so manchen Detail-Unterschied, nicht nur gegenüber dem römischen, sondern auch gegenüber den Brevieren der anderen benediktinischen Kongregationen aufweist, gleichen die Texte des Bursfelder Missale sehr häufig denen des römischen Meßbuches (das sich seinerseits vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zu seiner definitiven Redaktion nach dem tridentinischen Konzil kaum verändern sollte). Sondergut – im Vergleich zum nachtridentinischen Missale Romanum – sind hier in erster Linie natürlich die Sequenzen, doch handelt es sich auch in diesem Fall (abgesehen von der Sequenz für die hl. Anna, deren Verfasser Johannes Trithemius war) nicht etwa um eigene Schöpfungen der Bursfelder Kongregation, vielmehr wurden bevorzugt die ältesten Traditionen rezipiert (also vor allem Notker von St. Gallen und Gottschalk von Aachen)156.

10.  Der Klostereintritt Nicht wenige Einträge der hier vorliegenden Chronik haben die Schritte der Initiation neuer Mitglieder in die monastische Kommunität zum Gegenstand: Die Kandidatinnen für das Kloster Lüne wurden dem Propst von ihren Eltern präsentiert – aufgenommen wurden, mit wenigen Ausnahmen, Mädchen ab einem Alter von frühestens fünf Jahren (häufig im Alter von sechs oder sieben, und höchstens mit zwölf )157, und zwar zunächst als Schülerinnen des Klosters (puellae – praktisch waren alle diese Schülerinnen dazu bestimmt, später Chornonnen zu werden158). Diese Ankunft im Kloster Lüne wird hier in der Klosterchronik mit den Worten venit in istud monasterium soror … verzeichnet, die erfolgreiche Entlassung aus der Schule (und aus der Obhut der scholastica) indes wird eigens mit den Worten 154 

Vgl. dazu den Kommentar nach 27. Oktober 1506. LO Bursfeldensis II, cap. 7, vgl. Volk, Die erste Fassung (1950), S. 180; Schmidt, Zusätze (1986), S. 172–173, mit der Edition einer zeitgenössischen Liste zum Vergleich der Bursfelder, Kastler und Melker Gebräuche, S. 208–209, dort abweichend: Gründonnerstag bis Karsamstag, mittwochs und freitags (in der Fastenzeit?) und an den dies rogationum. 156  Rosenthal, Sequenzen (1983), passim. 157  Das Statutenbuch des Kloster Lüne (Lüne, Hs. 14, fol. 1r; 2r) sieht als Höchstalter der Kandidatinnen zwölf Jahre vor, der Anbruch des dreizehnten Lebensjahres gilt als impedimentum, nach dem der Propst sich vor der Zulassung zu erkundigen hat. 158  Das Statutenbuch (ebd., fol. 1v) fordert: Sane ante omnia cavendum est, ne aliquando puellae seculari causa discendi litteras aut quavis alia occasione in hoc monasterium recipiantur, nisi seculo velint abrenuntiare, et Christo desponsari. 155 



10.  Der Klostereintritt

63

venerunt de scholis sorores … festgehalten. Gegen Ende der Schulzeit (frühestens mit zehn, zumeist im Alter von 13–15 Jahren) folgten die Einkleidung (mutatio habitus) durch den Propst (implizit entsprach sie der Ablegung der zeitlichen Gelübden, an diesem Tag erfolgte die Zuweisung eines Platzes im Chor), und das wenigstens einjährige Noviziat, danach die Profeß (fecerunt professionem sorores …), bei der die Kandidatin mündig, also mindestens zwölf Jahre alt sein mußte, durch diese ‚Ewigen Gelübde‘ vor einem Abt (aus der Bursfelder Kongregation) wurde sie unwiderruflich in den Stand der Religiosen integriert und war vollwertige Chornonne (zudem konnte sie an diesem Tag ihre eigene Einzelzelle beziehen – die Zisterzenserinnen des Heilig-Kreuz-Klosters bei Braunschweig nannten das mansatio). Sowohl die Zulassung zur Einkleidung, als auch die Zulassung zur Profeß mußten die Kandidatinnen selbst erbitten, ausgesprochen wurde sie dann einige Tage vor dem anberaumten Termin durch den Propst, der im Kapitel sein idoneum abgab. Hier in der Klosterchronik wird diese Zulassung nicht eigens berichtet, aber im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ ist gelegentlich davon die Rede (acceptabantur sorores …)159. Einige Zeit nach der Profeß erfolgte noch eine besondere Nonnenkrönung durch den (Verdener) Bischof, vermittels derer die Vermählung mit dem himmlischen Bräutigam noch einmal zum Ausdruck gebracht wurde (die coronatio, von der hier in der Chronik mit den Worten coronabantur sorores … berichtet wird). Die Riten dazu waren denen der Jungfrauenweihe des Pontificale entlehnt (die geweihten ‚Kronen‘ bestanden aus weißen Stoffstreifen mit roten Kreuzen). In Lüne regelten die anläßlich der Klosterreform angenommenen Reformstatuten (Lüne Hs. 14) einzelne Bedingungen dieser Initiation in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Bursfelder Kongregation. Konversinnen wurden in der Regel in einem Alter aufgenommen, in dem sie zu alt waren, um sie die ganze Klosterschule durchlaufen zu lassen (ab zwölf Jahren, das Höchstalter lag, „wegen der schweren Arbeiten, die von den Konversinnen erwartet wurden“, bei 25 Jahren)160. 159  160 

Vgl. den Kommentar zum 26. Juli 1506, 29. April 1509 und 13. September 1512. Zum Höchstalter der Konversinnen vgl. Statutenbuch des Klosters Lüne (Hs. 14), fol. 7v. Die Bestimmungen für die Chornonnen finden sich auf fol. 20r: De etate puellarum: Notandum etiam, quod puellarum etas discerni debet, ita ut nunquam aliqua puella ante quinquennium recipiatur in monasterium, nec ad noviciatum, nisi decem annos compleverit, sed si tunc maioris etatis fuerit, videlicet in XIIII° vel in XV° anno, non est curandum, sed tamen ultra non est in hoc actu protrahendum. Professio vero a nulla suscipiatur, nisi sit in XIII° anno, nec aliqua coronatur ante professionem, sed postea fiet coronatio, quando placet. Ausführliche Diskussion der Initiationsschritte in Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung (2004), S. 121–174. Von der Schulausbildung in den Heideklöstern (und namentlich den dictamina, den lateinischen Aufsätzen, die als Hausaufgabe anzufertigen waren) künden auch die Notizen der Ebstorfer Klosterschülerinnen (dazu Schlotheuber, Ebstorf und seine Schülerinnen, 2004, S. 193 und passim). In Lüne ließ man die Schulmädchen ungeweihte Stoffkronen tragen (die bei der Einkleidung wieder abgelegt und verwahrt wurden), um ihnen ihre spätere Nonnenkrönung in Aussicht zu stellen (Klostereintritt und Bildung, 2004, S. 136). Schlotheuber kommentiert besonders die symbolischen Riten, die die Einkleidung begleiten, und folgert, daß diese Zeremonie von den Beteiligten, mehr noch als die eigentlich konstitutive Profeß, als entscheidender Schritt des Standeswechsels wahrgenommen wurde (ebd., S. 134–147). Sie betont das Anliegen der Bursfelder Kongregation, die kanonischen

64

A. Einleitung

Hier in der Chronik wird im Zusammenhang mit der Aufnahme von Mädchen in das Kloster deren Alter zum Ankunftszeitpunkt vermerkt (anno etatis sue VII – im siebten Lebensjahr), gefolgt von der Angabe, seit welchem Tag genau die Kandidatin in das jeweilige Lebensjahr eingetreten war (de in die …) – diese Ergänzung war nicht unwichtig, um auch später das genaue Alter der Konventsmitglieder ermitteln zu können, wenn es etwa um das Mindestalter für die Zulassung zum Noviziat und zur Profeß ging (was auch daran erkennbar ist, daß diese Information bei den Einträgen zu potentiellen künftigen Professinnen fast immer festgehalten, aber bei den Konversen – wenigstens in den ersten Jahren – häufig weggelassen wurde, zudem waren letztere bei ihrem Eintritt ohnehin zumeist schon volljährig).

11.  Die sprachliche Gestalt Zur Sprache der Klosterchronik läßt sich bemerken, daß ‚typisch lateinische‘ Wendungen, namentlich die Partizipialkonstruktionen (participium coniunctum und ablativus absolutus) und der accusativus cum infinitivo kaum vorkommen, stattdessen bevorzugt die Verfasserin Nebensätze (häufig auf quod, gefolgt vom finiten Verb, anstelle eines AcI, und statt des PC bildet sie vielfach Relativsätze). Erzähltempus ist überwiegend der Perfekt, vereinzelt findet sich auch der Imperfekt, einige Formulierungen (etwa veniebat re – er kam zurück; ivimus re – wir gingen zurück) sind wörtlich aus dem Deutschen übersetzt und kein richtiges Latein. In großem Umfang zitiert oder paraphrasiert die Chronik das oben genannte ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Beispiele für diese Parallelen sind im Kommentar dargestellt), literarische Zitate hingegen finden sich, das ist im Hinblick auf Charakter und Gattung des Textes auch nicht verwunderlich, hier nicht.

12.  Hinweise zur Edition Die untenstehende Edition folgt dem Text der Handschrift Lüne 13. Die Varianten u/v, c/t, und i/j wurden nicht dargestellt, weil der Unterschied zwischen den betreffenden Buchstaben in der Handschrift selbst ohnehin nicht immer klar erkennbar und vielleicht auch von der Schreiberin gar nicht immer intendiert ist – der Übergang vom kleinen ‚t‘ zum kleinen ‚c‘ beispielsweise ist so fließend, daß in den Wörtern, die auf -tio oder -tia enden, eher von einem graphischen Isomorphismus zur Bezeichnung desselben Lautes, als von zwei unterschiedlichen Buchstaben die Rede Altersvorschriften für Einkleidung und Profeß zu wahren, in den hier vorliegenden Texten werde daher bewußt vermieden, die Präsentation der Kandidatinnen durch ihre Eltern als Oblation zu bezeichnen (ebd., S. 175–267). Die mansatio (der Bezug der eigenen Zelle) der Braunschweiger Zisterzienserinnen schließlich findet sich ebd. S. 264 (Edition des Konventstagebuches einer Zisterzienserin von Heilig-Kreuz); vgl. dies., Intellektuelle Ausbildung (2006), S. 67.



12.  Hinweise zur Edition

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sein muß. Im Hinblick auf diese Varianten wurde die Schreibweise des lateinischen Textes daher normalisiert, und namentlich auch ‚j‘ immer als ‚i‘ dargestellt, außer in Eigennamen, die herkömmlicherweise mit ‚J‘ geschrieben werden (Jesus, Johannes etc.). Ansonsten wurde der Buchstabenbestand der Handschrift originalgetreu wiedergegeben, auf eine orthographische Korrektur wurde bewußt verzichtet. Die Darstellung von Zahlen (römische/arabische Ziffern, Datumsangaben, Darstellung der Ordinalzahlen etc.) folgt dem tatsächlichen Zeichenbestand der Vorlage. Die Groß- und Kleinschreibung und die Zeichensetzung hingegen wurden im Interesse der Lesbarkeit normalisiert. Übliche Abkürzungen im lateinischen Text wurden stillschweigend aufgelöst. Die im Text zahlreich vorhandenen Namenskürzel wurden, soweit möglich, in eckigen Klammern aufgelöst, dabei steht die in der Handschrift vorhandene Abkürzung in Großbuchstaben – aus A. S. T. wird entsprechend A[lheydis] ST[üver]. Allfällige editorische Zusätze stehen in eckigen Klammern.

B. Text | fol. 1r| Anno ab incarnatione domini millesimo quadringentesimo octuagesimo primo1, Littera tabularis erat .N, Dominicalis erat G, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Parcitate‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis T, Aureus numerus XIX, XII° kalendas Martii Circumdederunt, X° kalendas [Maii]2 dies Pasche, IIII° ydus Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus domini. Eodem anno reformatum est monasterium Lune super feriam sextam, alia die post festum sancti Luce Ewangeliste, quod illo anno fuit super feriam quintam3. | fol. 1v| Sex virgines et una conversa venerunt hic de Ebbekestorpe pro reformatione [in marg.: feria sexta], et una ex illis nomine Sophia de Bodendike eligebatur in priorissam huius monasterii super sabbatum. Eodem die eligebatur una ex illis in subpriorissam nomine Gertrudis de Eltzen4. 1 

18. Februar 1481 22. April 1481 10. Juni 1481 2. Dezember 1481 19. Oktober 1481

millesimo quadringentesimo octuagesimo primo] darüber M°CCCC°LXXXI°. Maii] in der Handschrift Martii. Die Klosterreform wurde am Freitag, den 19. Oktober 1481 eingeführt (am Tage nach dem Fest des hl. Lukas), die am Vortag angereiste ‚Reformkommission‘ bestand aus dem Ebstorfer Probst, Matthias von dem Knesebeck, dem Verdener Domdekan, Otto Vulle, der zuvor Propst in Lüne gewesen war, dem Verdener Kanoniker Hermann Schuten, und dem Buxtehuder Vikar, Magister Gerhard Halepaghen, der schon an der Reform von Neukloster mitgewirkt hatte, zu den Einzelheiten vgl. den ausführlichen ‚Reformationsbericht‘, der in der Einleitung zur vorliegenden Klosterchronik wiedergegeben ist. 4  Am 19. Oktober 1481 selbst traf die Ebstorfer Priorin Mechthild von Niendorf in Lüne ein – dieser Konvent war schon im Jahre 1469 von Hadmersleben aus reformiert worden, auch die neue Äbtissin war damals von dort gekommen, die jetzt ihrerseits die Schirmherrschaft für die Reform des Klosters Lüne übernahm. Aus Ebstorf brachte sie sechs Schwestern mit: Sophia von Bodendike, die zur neuen Priorin in Lüne werden sollte, und Gertrud von Eltzen, die man für das 2  3 

68

B. Text

Item ipsa die de mane fecimus omnes dompna priorisse obedientiam, exceptis pueris et conversis, coram sacerdotibus et laycis, et ipsa hora resignavimus nostras claves5. Item eodem die fuit vigilia sancte Ursule, et ad vesperas incepimus cantare secundum reformationem6. Per omne illud tempus de Luce usque Nativitatis Christi non communicavimus, sed fui- | fol. 2r| mus occupate cum temporalibus, et presentavimus nostra bona ad manum superioris7. Item eodem anno fecit dominus Nikolaus Grawerock edificare domum confessionis, post festum Omnium Sanctorum8. Episcopus posuit nobis novum confessorem, dominum Conradum Wynkelman, qui fuit nobiscum duobus annis et postea introivit in religionem ad sanctam Mariam in Luneborch9.

20. Oktober 1481

1. November 1481

Amt der Subpriorin vorgesehen hatte, diese beiden Konventualinnen sollten bis an ihr Lebensende in Lüne bleiben, ferner Mechthild Redebere, die drei Jahre als Sakristanin in Lüne blieb, und die Konversin Elisabeth Bockes, für denselben Zeitraum verantwortlich für die Küche (sie reisten dann nach Ebstorf zurück). Nur kurze Zeit, bis zum Advent 1481, blieben Harderadis Boltze und Margarete Schele, die die Kommunität in der neuen Singweise des Offiziums nach der Bursfelder Reform unterweisen sollten. Zu den näheren Einzelheiten vgl. den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung. Die Bestimmungen zur Amtseinführung einer neuen Priorin finden sich im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 51v–53r (Text im Kommentar zum 14. Februar 1504), die Amtseinführung der Subpriorin wird auf fol. 53v–55r behandelt. 5  Zum Zeichen ihrer Bereitschaft, ihre bisherigen Ämter zu resignieren, vgl. den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung mit Anm. 33. 6  In der ersten Vesper von der hl. Ursula und ihren Gefährtinnen (eigentlich wäre wohl eher der 19. Sonntag nach Pfingsten vorrangig gewesen), am 20. Oktober 1481, sangen die Nonnen zum ersten Mal nach den neuen, dem Bursfelder Vorbild folgenden liturgischen Büchern, die im Rahmen der Klosterreform eingeführt wurden, vgl. dazu Einleitung, Anm. 35 (zum ‚Reformbericht‘) und die Hinweise zur Bursfelder Liturgie in der Einleitung. 7  Die Konventualinnen geben ihr Privateigentum ab, das sie nach der Ordensregel nicht besitzen dürfen, und bringen ihre Verhältnisse in Ordnung, um der Klosterreform zu entsprechen. Erst zu Weihnachten erhalten sie die Absolution, und kommunizieren danach wieder. 8  Propst in Lüne ist 1457–1493 Nikolaus Graurock (Liste der Pröpste in: Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 397). Bei der domus confessionis handelt es sich offenbar um einen besonderen, für die Beichte der Schwestern vorgesehenen Raum, den es vorher im Kloster nicht gegeben hat, seine Einrichtung könnte mit der Klosterreform im Zusammenhang stehen. Zur schwierigen Aufgabe des Beichtvaters in einem Nonnenkonvent vgl. Schlotheuber, Nullum regimen difficilius (2001), über das Zeugnis des ganz von der devotio moderna geprägten Frederik van Heilo, Augustinerchorherren der Windesheimer Kongregation im Kloster Mariä Heimsuchung von Haarlem, der in den 1440er Jahren die Schwesterngemeinschaften von Warmond, Leiden und Beverwijk (Nazarethkloster) betreut, und über seine Erfahrungen mehrere Schriften, darunter vor allem den ‚Tractatus contra pluralitatem confessorum et de regimine sororum‘ (u. a. Amsterdam, UB, cod. I. E. 26, fol. 3–68) verfaßt hatte. 9  Der Bischof ist Berthold von Landsberg, Bischof von Hildesheim (1481–1502) und Administrator von Verden, wo er vorher (1470–1481) Bischof gewesen war (vgl. Einleitung, Anm. 21, zum ‚Reformbericht‘). Der neue Beichtvater, Konrad Winkelmann, blieb nur zwei Jahre, 1483 trat er in das Franziskanerkloster Unserer Lieben Frauen in Lüneburg ein und stand nicht mehr zur Verfügung.



fol. 1v–3r

Ante festum Nativitatis Christi ivimus prima vice in reformationem ad confessionem, et in die Christi communicavimus prima vice10. Item in die sancti Vincentii fuit hic abbas | fol. 2 v| de Clusa et absolvit nos vitio proprietatis11. | fol. 3r| Anno domini etc. LXXXII°, Littera tabularis S., Dominicalis erat F, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Modeste‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis A, Aureus numerus I, III° nonas Februarii Circumdederunt, in die sancti Blasii, sed festum illius celebravimus feria secunda12, VII° ydus Aprilis erat dies Pasche, VII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno in die sancti Pauli confessoris13 venit in istud monasterium soror Titburgis Remstede, anno etatis sue X° de in die sanctorum apostolorum Philippi et Jacobi14.

69 25. Dezember 1481

22. Januar 1482

11. Februar 1482

7. April 1482 26. Mai 1482 1. Dezember 1482 10. Januar 1482

10  Auf die Annahme der Klosterreform folgte ein Zeitraum, in dem die Nonnen ihr Privateigentum abgaben, und ihre Verhältnisse mit der Ordensregel in Übereinklang brachten (siehe oben). Nun, zu Weihnachten, empfangen sie die Absolution und können wieder kommunizieren. 11  Der Besitz von Privateigentum zog nicht nur eine Indisposition foro interno – im Gewissen – nach sich (davon hatte sie Weihnachten schon ihr eigener Beichtvater losgesprochen), sondern konsituierte auch eine Irregularität foro externo, von der ein zuständiger Oberer des Ordens absolvieren mußte. Dazu kam am Festtag des hl. Vincentius von Valencia (22. Januar 1482) Wedego Rese, 1460–1505 Abt von Clus (im Stift Gandersheim, der dortige Abt Johannes Dederot hatte 1433 in Personalunion das Kloster Bursfelde dazugewonnen und die danach benannte Reform initiiert), siehe Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 383; zu Clus: Stumpf, Clus (1979), Germania benedictina, Bd. 6, S. 109–131. Gelegentlich dieses Besuches konnte sich der Abt wohl auch von der Durchsetzung der Reform überzeugen, vgl. Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 383. 12  Der Sonntag Septuagesima verdrängt in diesem Jahr das Fest des hl. Blasius (eigentlich 11. Februar) auf den folgenden Montag – die occurentia des Sonntages mit dem Heiligenfest zieht die translatio des letzteren nach sich, eigentlich ist der hl. Blasius nur simplex (in Bursfelde XII lectionum), und man hätte sich auf eine bloße commemoratio im Sonntagsoffizium beschränken können, doch steht es dem Offizianten frei, das Festoffizium an einem festfreien Tag als Votivoffizium nachzuholen. Im Anschluß an die Messe wird der populäre Blasiussegen gespendet. 13  Der Bursfelder Festkalender sieht für den 10. Januar eine commemoratio des hl. Einsiedlers Paulus von Theben vor – es handelt sich um einen der wenigen spezifisch monastischen Heiligen des Kalendariums. 14  Am letztvergangenen Festtag der hl. Apostel Philippus und Jakobus (1. Mai 1481) war die Kandidatin in das zehnte Lebensjahr eingetreten (sie war also neun Jahre alt). Sie starb am 16. November 1526. Katharina Remstede war von 1501 bis 1549 Äbtissin in Wienhausen.

70

B. Text

| fol. 3v| Item eodem anno in vigilia Conversionis sancti Pauli apostoli venerunt ad claustrum sorores Mechtildis Theghetow et Mechtildis de Herlingh, quarum una erat annorum XXV, alia erat annorum XII, et fuerunt prime converse in reformatione. Ducissa dedit eas intus15. In ipso anno in vigilia Ascencionis domini venit soror Margareta Grawerockes, conversa de Wynsen, anno etatis sue XXV° de in die Purificationis virginis Marie16. Item in eodem anno fecit dominus prepositus Nikolaus Grawerock edificare coquinam secundum reformationem, et cellarium, et etiam sal supra coquinam17.

24. Januar 1482

15. Mai 1482

| fol. 4r – vacat| | fol. 4v| Anno domini etc. LXXXIII°, Littera tabularis K., Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Vivite‘, Littera primationis B, Aureus numerus II, VII° kalendas Februarii Circumdederunt, in die sancti Policarpi, III° kalendas Aprilis dies Pasche, XV° kalendas Iunii dies Penthecostis, Pridie kalendas Decembris Adventus.

23. Februar 1483 30. März 1483 18. Mai 1483 30. November 1483

Eodem anno fecit dominus prepositus Nikolaus Grawerock edificare domum, in qua laboratur in sacristia, et etiam domum in qua reservantur ova18. 15 

Die beiden Konversinnen wurden von der Regentin des Fürstentums Lüneburg, Anna von Nassau-Dillenburg, präsentiert, die von 1478–1486 die Vormundschaft für ihren unmündigen Sohn Heinrich ausübte. 16  Margarete Graurock war mithin am 2. Februar 1482 in ihr 25. Lebensjahr eingetreten. 17  Sal ist ein deutsches Wort im lateinischen Text und bezeichnet hier den 1482 errichteten Sommerremter, im Verhältnis zur gleichzeitig erbauten neuen Küche liegt er um einige Stufen erhöht, und insofern supra coquinam (Reinhardt, Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 944). Der Hinweis auf die Errichtung der neuen Küche und dazugehöriger Vorratsräume im Zusammenhang mit der Klosterreform läßt vermuten, daß die Nonnen vorher nicht zur gemeinsamen Tafel verpflichtet waren, sie dürften auch eigenes Geschirr u. s. w. besessen haben (das sie jetzt abgeben mußten). 18  Die Bautätigkeit des Propstes schreitet fort: Nach dem Beichtzimmer (1481) und der neuen Küche (1482), die durch die Klosterreform erforderlich wurden, läßt er jetzt eine Werkstatt für die Sakristei und einen Vorratsraum für Eier errichten – das Kloster besaß offenbar viele Hühner. Kohwagner-Nikolai (Per manus sororum, 2006, S. 98) überlegt, ob in der genannten Werkstatt vielleicht auch an den Lüner Teppichen gearbeitet wurde.



fol. 3v–6v

Item in ipso anno venit in istud monasterium soror Katherina Grawerockes, | fol. 5r| conversa de Wynsen, ante vigiliam dedicationis ecclesie19, anno etatis sue XVII° de in die Parasceves20. Item eodem anno habuimus novum confessorem, dominum Bertoldum Bolen, qui fuit nobiscum unum annum. | fol. 5v| Anno domini etc. LXXXIIII°, Littera tabularis .I, Dominicalis D et C (bysextilis)21, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Sperantes‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis C, Aureus numerus III, XV° kalendas Martii Circumdederunt, XIIII° kalendas Maii dies Pasche, VIII° idus Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus. Eodem anno obiit soror Elyzabeth Meygers, sanctimonialis, in die novi anni super feriam quintam, post prandium hora secunda22. Item ipso anno in die sancti Iohannis ewangeliste post Nativitatem Christi mutaverunt iste sorores habitum M[agdalena] BO[ltzen], F. V., T[itburg] R[emstede], | fol. 6r| et quatuor converse. Item eodem anno habuimus novum confessorem, dominum Heynricum Munt, qui fuit magnus predicator, et mansit hic nisi unum annum.

71 22. August 1483

15. Februar 1484 18. April 1484 6. Juni 1484 28. November 1484 1. Januar 1484

27. Dezember 1484

| fol. 6v| Anno domini etc. LXXXV°, Littera tabularis O., 19  Zum Datum des Lüner Kirchweihfestes (23. August) vgl. den Kommentar zum 16. August 1510. 20  Katharina Graurock, sicherlich eine Verwandte des Propstes, Nikolaus Graurock, hatte ihr 16. Lebensjahr am 27. März 1483 vollendet – ihr Geburtstag war in ihrem Geburtsjahr, 1467, auf den Karfreitag gefallen (die Datierungen der Geburtstage nach einem beweglichen Fest beziehen sich immer auf das Datum dieses Festes im Geburtsjahr, nicht auf das Jahr des letztvergangenen Geburtstages, das wird aus einem Eintrag zum 7. April 1494 deutlich). Hier findet sich ausnahmsweise eine Altersangabe im Zusammenhang mit dem Eintritt einer Konversin. 21  Weil das Jahr 1484 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf: Vom 1. Januar bis Ende Februar ist er D (das heißt, der 4. Januar ist der erste Sonntag des Jahres), danach C. 22  Elisabeth Meygers verstirbt nach dem Mittagessen, gegen 14.00 Uhr (wie unten, im Eintrag zum Jahr 1493, deutlich wird, liegt den Uhrzeiten liegt die Aufteilung des Tages in zwei Mal zwölf Stunden zugrunde – dort stirbt Nikolaus Graurock hora sexta post cenam, also um 18.00 Uhr nach dem Abendessen).

72

B. Text

Dominicalis erat B, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Gratiam‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis D, III° kalendas Februarii Circumdederunt, in die Aldegundis virginis, III° nonas Aprilis dies Pasche, XI° kalendas Iunii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini.

30. Januar 1485 3. April 1485 22. Mai 1485 27. November 1485

Eodem anno habuimus novum confessorem, dominum Heynricum Doevel, qui fuit nobiscum in quintum annum23. | fol. 7r – vacat| | fol. 7v| Anno domini etc. LXXXVI°, Littera tabularis F., Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Domini‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis E, XI° kalendas Februarii Circumdederunt, in die sancti Vincentii, qui illo anno celebrabatur feria secunda24, VII° kalendas Aprilis dies Pasche, Pridie ydus Maii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus domini, videlicet in vigilia sancte Barbare. Eodem anno X° kalendas Februarii obiit mater Alheydis Berschaupe, feria secunda Circumdederunt, de mane, hora sexta25.

22. Januar 1486

26. März 1486 14. Mai 1486 3. Dezember 1486

23. Januar 1486

23  Die vorliegende Chronik wurde erst gegen 1530 auf Grundlage der ‚Amtsbücher der Sakrista‘ redigiert (näheres dazu in der Einleitung) und stellt gewissermaßen deren ‚Reinschrift‘ dar – deshalb ist es möglich, daß die Einträge zu einem bestimmten Jahr auf spätere Ereignisse vorausgreifen (im Jahre 1485 konnte man ja noch nicht wissen, daß Heinrich Doevel genau fünf Jahre bleiben würde). 24  Der Sonntag Septuagesima verdrängt in diesem Jahr das Fest der hl. Martyrer Vincentius und Anastasius (eigentlich 22. Januar) auf den folgenden Montag (die occurentia des Sonntages mit dem Heiligenfest zieht die translatio des letzteren nach sich, weil der hl. Vincentius simplex bzw. XII lectionum ist, hätte man sich auch auf eine bloße commemoratio im Sonntagsoffizium beschränken können, doch steht es dem Offizianten frei, das Festoffizium an einem festfreien Tag als Votivoffizium nachzuholen). 25  Adelheid Barskamp, hier als Alheydis Berschaupe bezeichnet, findet sich auf der Liste der Konventualinnen, die am 22. März 1466 einer Einigung mit dem damaligen Propst Nikolaus Graurock zustimmen (UB Lüne, n° 586, dort als ‚Alheit Berskampe‘)



fol. 6v–9r

| fol. 8r| Item eodem anno in die Conversionis sancti Pauli apostoli venit soror Elyzabeth Semmelbeckers in istud monasterium, super quartam feriam post Circumdederunt, anno etatis sue XI° de die sancti Georgii26. Item ipso anno obiit dompna Berta Hoyers VI kalendas Martii, videlicet in die sancti Mathie apostoli, feria sexta post dominica Reminiscere, post prandium, que fuit XIIII annos priorissa ante reformationem27. Item eodem anno III° nonas Maii obiit mater Alheydis Schacke, feria sexta post diem Ascencionis domini, hora quasi XIa in nocte, et eadem die celebrabatur sanctus Godehardus, qui fuit in die Ascencionis domini28. | fol. 8v| Item in ipso anno venit in istud monasterium soror Margareta Dytmers, conversa de Wynsen, in die sancti Petri ad Vincula, anno etatis sue XXIII°. | fol. 9r| Anno domini etc. LXXXVII°, Littera tabularis .F, Dominicalis erat G, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Ieiunate‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis F, Aureus numerus VI, III° ydus Februarii Circumdederunt, XVII° kalendas Maii dies Pasche, III° nonas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus.

73 25. Januar 1486

24. Februar 1486

5. Mai 1486

1. August 1486

11. Februar 1487 15. April 1487 3. Juni 1487 2. Dezember 1487

26  Elisabeth Semmelbecker hatte ihr zehntes Lebensjahr am 23. April 1485 vollendet. Am 30. September 1491 wurde sie aus der Schule entlassen. Aus der Lüner Ratsherrenfamilie Semmelbecker waren im Laufe des 15. Jahrhunderts schon mehrere Töchter in das Kloster Lüne eingetreten (vgl. UB Lüne). 27  Berta Hoyer, Priorin von 1468 bis zur Reform des Klosters im Oktober 1481, war abgesetzt worden, damit Sophia von Bodendike, die aus Ebstorf gekommene Reform-Priorin, ihr Amt übernehmen konnte, vgl. dazu den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung, mit Anm. 32. 28  Das Fest des hl. Godehard von Hildesheim ist eigentlich am 4. Mai, doch dieser Tag war im Jahre 1486 der Donnerstag Christi Himmelfahrt, deshalb wurde der hl. Godehard auf den folgenden Tag verschoben. Das war nur möglich, weil er im Verdener Regionalkalendarium als duplex maius (bzw. in der damaligen Verdener Terminologie duplex celebre) galt, sonst hätte er nicht auf einen der Tage in der Oktav von Himmelfahrt verlegt werden dürfen (im römischen Ritus sind sie semiduplex, im Breviarium Bursfeldense von 1493 ist kein Festgrad angegeben, doch verfügen die fraglichen Tage auch hier über ein entsprechendes Proprium, vgl. pars aestivalis, proprium de tempore, fol. XVIIIr).

74

B. Text

Eodem anno in die sanctorum apostolorum Philippi et Iacobis venit soror Katherina Semmelbeckers in istud monasterium, anno etatis sue V° de in die Omnium sanctorum29. Item soror Mechtilidis Moygelke venit in die sancte Crucis Inventionis, | fol. 9v| anno etatis sue X°, de in vigilia Purificationis virginis Marie30. Item ipso anno obiit soror Tytburgis Wevers, conversa, octava Nativitatis Marie, super sabbatum, hora secunda post prandium. Item in eodem anno obiit mater Margarete Semmelbeckers31, pridie Nonas Novembris, in die dominica, post prandium.

1. Mai 1487

3. Mai 1487

15. September 1487

4. November 1487

| fol. 10r – vacat| | fol. 10v| Anno domini etc. LXXXVIII°, Littera tabularis R., Dominicalis F et E (bysextilis)32, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Corpore‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis G, Aureus numerus VII, III° nonas Februarii Circumdederunt, VIII° ydus Aprilis erat dies Pasche, VIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus. Eodem anno fecerunt XXXVI sorores professionem in die gloriosi patris nostri Benedicti, cuius festum tunc occurebat feria sexta post Letare. Non communicaverunt ad manum abbatis, sed ad primam

3. Februar 1488 6. April 1488 25. Mai 1488 30. November 1488 21. März 1488

29  Katharina Semmelbecker hatte ihr viertes Lebensjahr am 1. November 1486 vollendet. Aus der Lüner Ratsherrenfamilie Semmelbecker waren im Laufe des 15. Jahrhunderts schon mehrere Töchter, und im Vorjahr (siehe oben) Elisabeth Semmelbecker in das Kloster Lüne eingetreten (vgl. UB Lüne). 30  Mechthild Moygelke hatte am 1. Februar 1487, dem Vorabend des Festes Mariä Lichtmeß, ihr neuntes Lebensjahr vollendet. 31  Nach Elisabeth und Katharina Semmelbecker (Eintritte im vergangenen und im laufenden Jahr) ist Margarete die dritte Repräsentantin der Familie, die in der vorliegenden Chronik erwähnt wird, sie ist eine Generation älter als die beiden erstgennanten, ihr Namen findet sich auf der Liste der Konventualinnen, die am 22. März 1466 einer Einigung mit dem damaligen Propst Nikolaus Graurock zustimmen (UB Lüne, n° 586). 32  Weil das Jahr 1488 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf: Vom 1. Januar bis Ende Februar ist er F (das heißt, der 6. Januar ist der erste Sonntag des Jahres), danach E.



fol. 9r–11v

missam cum conventu33, | fol. 11r| item altera die non communicabant, sed tertia die; conventus non communicavit34. Item eodem anno venerunt iste sorores in monasterium nostrum: Soror Heylwigis de Herlingh, in die sancti Vitalis, feria secunda Iubilate, anno etatis sue VI° de Cathedra sancti Petri35. Item soror Ermigardis Tzerstede, in die sanctorum Prothi et Iacincti, anno etatis sue VI° de in die Perpetue et Felicitatis36. Item soror Katharina Werners, III° nonas Novembris, anno etatis sue XI° de in vigilia sancti Viti37. Item soror Anna Wichmans, in die sancti | fol. 11v| Leonardi, anno etatis sue XII° de in die sancte Lucie38.

75

28. April 1488

11. September 1488

3. November 1488

6. November 1488

33  Die feierliche Profeß erforderte die Gegenwart eines Abtes und einen gewissen liturgischen und (im Hinblick auf die an diesem Tag zu bewirtenden Familien der Professinnen) auch organisatorischen Aufwand, deshalb fand sie nicht jedes Jahr statt, sondern man faßte eine größere Anzahl von Kandidatinnen zusammen (zu viele durften es allerdings auch nicht sein, sonst blieben nicht genug Sängerinnen für die Schola und Helferinnen für die Sakristei übrig). Die neuen Professinnen hatten, wie der ganze Konvent, schon in einer der Stillmessen morgens vor der Prim kommuniziert, nicht, obwohl das schöner gewesen wäre, aus der Hand des Abtes im Pontifikalamt nach der Terz, in welchem ihre Profeß stattfand – denn dafür hätten sie von Mitternacht bis weit nach Mittag nüchtern bleiben müssen (wenn das Pontifikalamt, mit Rücksicht auf die anreisenden Familien, gegen 11.00 Uhr beginnt, könnte die Kommunion, die Zeit für die Profeß selbst mit eingerechnet, kaum vor 13.00 Uhr stattfinden). So aber konnten die Nonnen am Vormittag vor dem Pontifikalamt schon etwas zu sich nehmen und blieben bei Kräften, nur der Zelebrant selbst (also der Abt) mußte natürlich nüchtern bleiben. Das für den Tag der Profeß gewählte Patronatsfest des Ordens, der Festtag des hl. Benedikt, war zwar ein Freitag und fiel in die Fastenzeit – doch galt nur das allgemeine freitägliche Abstinenzgebot, nicht das Fastengebot, was dem hl. Benedikt (summum maius im Bursfelder Kalendarium) zu verdanken war (der dafür aber ein strenges Fasten an seinem Vigiltag, dem 20. März, mit sich brachte: an diesem Tag durften die Schwestern nur eine einzige Mahlzeit und eine ‚kleine Stärkung‘ – etwa eine Scheibe Brot – zu sich nehmen, was zu ihrer Neigung beigetragen haben dürfte, das Pontifikalamt am Freitag nicht mit nüchternem Magen zu überstehen). Am Festtag selbst konnten die Schwestern und ihre Gäste also speisen, wieviel sie wollten – nur Fleisch (und wahrscheinlich auch Eier) durften es nicht sein, man mußte auf Fisch, Gebäck, Gemüse und Süßspeisen ausweichen. 34  Am folgenden Sonntag Judica, dem 23. März 1488 (in der gesungenen Konventsmesse nach der Terz), kommunizierten die Nonnen, die am Freitag ihre ewigen Gelübde abgelegt hatten, zum ersten Mal in ihrer Eigenschaft als Professinnen. Der restliche Konvent kommunizierte in dieser Messe nicht (spätestens Ostern dürften dann, soweit möglich, alle gemeinsam kommuniziert haben). 35  Heilwig von Harling hatte ihr fünftes Lebensjahr am 22. Februar 1488 vollendet, zu dieser Schwester vgl. UB Lüne, n° 631. In der Diözese Verden wurde, wie in den meisten deutschen Diözesen, nicht zwischen Petri Stuhlfeier zu Rom und zu Antiochia unterschieden, es gab hier nur ein Fest, deshalb ist das Datum eindeutig. 36  Irmgard Tzerstede hatte ihr fünftes Lebensjahr am 7. März 1488 vollendet, die Lüner Ratsfamilie Tzerstede ist im UB Lüne mehrfach repräsentiert. 37  Katharina Werner hatte ihr zehntes Lebensjahr am 14. Juni 1488 vollendet. 38  Anna Wichmann hatte ihr elftes Lebensjahr am 13. Dezember 1487 vollendet. Der hl. Einsiedler Leonhard von Limoges, an dessen Gedenktag sie im Kloster Lüne eintraf, findet sich als commemoratio im Bursfelder Kalendarium, aber nicht im Kalender des Bistums Verden.

76

B. Text

| fol. 12r| Anno domini etc. LXXXIX°, Littera tabularis .K, Dominicalis erat D, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Castigate‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis H, Aureus numerus VIII, XV° kalendas Martii Circumdederunt, XIII° kalendas Maii dies Pasche, VII° ydus Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus. Eodem anno obiit mater Conegundis Grevinghes39, feria quinta post dominica Esto mihi, videlicet III° nonas Martii, hora vespertina; et sanctus Switbertus fuit illo anno in dominica Esto mihi, sed festum illius celebrabatur feria secunda40. | fol. 12v| Item in ipso anno venerunt iste sorores in hoc monasterium, videlicet: Soror Sophia Vlatow, in die sancti Iacobi apostoli, anno etatis sue XIII° de in die Epiphanie domini41. Item Anna de Bülow, in profesto sancti Petri ad vincula, anno etatis sue XI°42.

15. Februar 1489 19. April 1489 7. Juni 1489 29. November 1489 5. März 1489

25. Juli 1489

31. Juli 1489

39  Kunegunde (‚Konneke‘) Greving war vor der Reform Subpriorin des Klosters Lüne gewesen (vgl. UB Lüne, n° 586 vom 22. März 1466). 40  Das Fest des hl. Bischofes Suitbert am 1. März fiel in diesem Jahr auf den Sonntag Quinquagesima (hier benannt nach seinem Introitus, ‚Esto mihi in Deum protectorem‘ etc.) und wurde deshalb am folgenden Sonntag nachgeholt. Der hl. Suitbert der Ältere († 1. März 713) war Missionsbischof unter anderem auch auf dem Territorium des späteren Bistums Verden gewesen (wo seine Missionserfolge gegen Ende des 7. Jhdts. durch den Sieg der Sachsen über die Brukterer wenigstens zum Teil zunichte gemacht wurden), die definitive Gründung des Bistums Verden erfolgte dann (wohl erst im Jahre 786) durch den hl. Suitbert den Jüngeren. Nicht immer war in Verden ganz klar, welchen der beiden Suitberte man am 1. März feierte, aber in jedem Fall war er Diözesanpatron, als solcher duplex maius (in Verden duplex celebre genannt) und mußte begangen, d. h. im Falle einer occurentia auf den nächsten festfreien Tag verschoben werden, man hätte sich nicht auf eine bloße commemoratio im Sonntagsoffizium beschränken dürfen. Hier handelt es sich also um eine gebotene Translation. 41  Sophia Vlatow hatte ihr zwölftes Lebensjahr am 6. Januar 1489 vollendet, sie starb am 15. September 1520. 42  Anna von Bülow sollte am 1. April 1492 eingekleidet, am 17. Februar 1494 aus der Schule entlassen, und am 1. November 1499 gekrönt werden. Ihre jüngere Schwester Engelheydis (‚Engelke‘) von Bülow sollte im Jahre 1502 in Lüne eintreten (siehe dort). Zu den beiden Schwestern vgl. UB Lüne, n° 675 vom 30. September 1514 (die Brüder Vicko, Heinrich und Tönnies von Bülow verschreiben dem Kloster Lüne, das ihre Schwestern Anna und Engelke aufgenommen hat, eine Rente von 10 Mark zugunsten der Kapelle St. Katharinen, und verkaufen ihm eine weitere Rente von 7½ Mark aus ihrem Dorf Gülden).



fol. 12r–13v

Item eodem anno coronabantur XI sorores in die sancti Bartholomei gloriosi patroni nostri, et non communicaverunt, in secundo die43. Item in ipso anno venit in hoc monasterium soror Gertrudis Loffhagen, conversa de Wynsen, post festum sancti Michaelis, anno etatis sue XVIII° de in die sancti Karoli44. | fol. 13r| Item eodem anno obiit mater Wolburgis Schütte, in die sancti Willebrordi episcopi, super sabbatum, hora vespertina45. | fol. 13v| Anno domini etc. XC, Littera tabularis erat .B, Dominicalis erat C, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Vos ipsos‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis I, Aureus numerus IX, VII ydus Februarii Circumdederunt, III° ydus Aprilis dies Pasche, III° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno venit dominus Heynricus Maes46, confessor, ante Circumdederunt, et fuit nobiscum in XV annum.

77 24. August 1489

30. September 1489

7. November 1489

7. Februar 1490 11. April 1490 30. Mai 1490 29. November 1490 6. Februar 1490

43  Der hl. Apostel Bartholomäus war Klosterpatron (zu den Patronen von Lüne vgl. Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, S. 377). Sein Fest fiel in diesem Jahr auf einen Montag, was den Nonnen einen strengen Fasttag am Vortag ersparte, weil am Sonntag grundsätzlich nicht gefastet wurde – da es sich um das Patronatsfest handelte, das wenigstens als duplex maius begangen wurde, hätte man die Vigil, einschließlich ieiunium, eigentlich auf den Samstag vorverlegen müssen, aber das war der Oktavtag von Mariä Himmelfahrt (ebenfalls duplex), also fiel das Vigil-Fasten in diesem Jahr ganz aus. Der Umstand, daß die elf neugekrönten Jungfrauen in der Messe ihrer Jungfernkrönung nicht kommuniziert haben (sondern erst am Tag darauf ), erklärt sich daraus, daß diese Zeremonie im Konventsamt nach der Terz, also erst am späten Vormittag stattfand, und es ihnen beschwerlich gewesen wäre, die lange Zeremonie nüchtern zu überstehen, vgl. dazu die Anmerkung zur Profeß im Vorjahr. Welcher Bischof die Nonnenkrönung vornahm wird nicht gesagt, es dürfte sicherlich der örtlich zuständige, nämlich Berthold von Landsberg (Verden) gewesen sein. Schlotheuber, Klostereintritt und Bildung (2004), S. 167–174 kommentiert die Nonnenkrönung ausführlich. 44  Gertrud Loffhagen hatte ihr 17. Lebensjahr am 28. Januar 1489 vollendet. Verden gehörte zu den Diözesen, wo der ‚Karlstag‘ (das Gedächtnis des hl. Kaisers Karls des Großen) begangen wurde, allerdings war das Fest nur simplex. 45  Der hl. Willibrord († 7. November 739) war, wie der hl. Suitbert, ein angelsächsischer Missionsbischof, der in Norddeutschland gewirkt hatte – im Verdener Kalendarium von 1486 findet sich sein Fest überraschenderweise nicht, in anderen Diözesen der Region wurde es begangen. 46  Zu Heinrich Maß (Maeß) vgl. UB Lüne, n° 639; 642 und 707. Auch im Briefwechsel der Nonnen taucht er mehrfach auf, so erbittet etwa am 8. November 1501 Gertrud von dem Brake, die Priorin von Neukloster (Buxtehude-Bredenbeck) seinen Besuch (Lüne, Hs. 15, Lage 2, fol. 5v– 7v).

78

B. Text

Item ipso anno obiit mater Reymburgis Wolmers, in nocte dominica Exurge, in die sancti Valentini martiris circa horam XIam noctis.

14. Februar 1490

| fol. 14r – vacat | | fol. 14v| Anno domini etc. XCI°, Littera tabularis O., Dominicalis erat B, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Delicta‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis K, Aureus numerus X, III° kalendas Februarii Circumdederunt, III° nonas Aprilis dies Pasche, XI° kalendas Iunii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus. Eodem anno obiit soror Gyselheydis Boltze, in die Vitalis martiris, feria quinta post Iubilate, hora XIa in nocte. Item in ipso anno fuerunt hic patres visitatores, in vigilia Visitationis Marie47. | fol. 15r| Item in eodem anno venit in istud monasterium soror Margareta Wichmans, in die sancti Lamberti, anno etatis sue XII° de in die sancti Urbani48. Item in ipso anno, in die sancti Ieronimi, venerunt de scholis E[lisabeth] S[e]M[melbecker] et M. I.49.

30. Januar 1491 3. April 1491 22. Mai 1491 27. November 1491 28. April 1491

1. Juli 1491

17. September 1491

30. September 1491

| fol. 15v – vacat | | fol. 16r| Anno domini etc. XCII, Littera tabularis .N, Dominicalis A et G (bysextilis)50, Numerus tabule rusticalis IX, 47  Diese Visitation ergab keine Beanstandungen, vgl. Reinhardt, Lüne (1984), Germania Benedictina, Bd. 11, S. 383. Das Bursfelder Generalkapitel, das vom 19. bis 31. August 1490 in St. Jakob zu Mainz stattgefunden hatte, hatte als Visitatoren für den sächsischen Kreis die Äbte von Bursfelde, Hildesheim (St. Michael und St. Godehard) und Huysburg bestimmt (Volk, Generalkapitelsrezesse (1955), S. 246). Regeln zur Visitation finden sich im ‚Statutenbuch‘ des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 79r–81v. 48  Margareta Wichmann hatte ihr elftes Lebensjahr am 25. Mai 1491 vollendet. Im Jahre 1488 war schon Anna Wichmann in das Kloster Lüne eingetreten (siehe dort). 49  Elisabeth Semmelbecker war am 23. April 1475 geboren, und am 25. Januar 1486 in das Kloster Lüne eingetreten. 50  Weil das Jahr 1492 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er A, danach G.



fol. 13v–17r

Dictio tabularis ‚Presbitero‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis L, Aureus numerus XI, XI° kalendas Martii Circumdederunt51, X° kalendas Maii erat dies Pasche, IIII° ydus Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus. Eodem anno, dominica Letare, mutaverunt habitum VI sorores A[nna de] B[ulow] etc.52 Item in ipso anno, in die Nerei et Achillei, venit soror Anna de Ghilten in istud monasterium, anno etatis sue IX° de Gregorii53.

79

19. Februar 1492 22. April 1492 10. Juni 1492 2. Dezember 1492 1. April 1492

12. Mai 1492

| fol. 16v – vacat | | fol. 17r| Anno domini etc. XCIII°, Littera tabularis S., Dominicalis erat F, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Fratres‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis M, Aureus numerus XII, III° nonas Februarii Circumdederunt, VII° ydus Aprilis erat dies Pasche, VII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, videlicet pridie ydus Aprilis, obiit dominus Mathias prepositus in Ebbeke, feria sexta in septimana Pasche54. Item in ipso anno in die Nicomedis martiris, qui fuit in vigilia sancte Trinitatis, venit soror Conegundis de Schulenborch | fol. 17v| in istud monasterium, anno etatis sue X° de in die sancti Iohannis ante portam latinam55.

3. Februar 1493 7. April 1493 26. Mai 1493 1. Dezember 1493 12. April 1493

1. Juni 1493

51  Die Redaktorin hat sich bei der Berechnung des Datums im römischen Kalenderstil nicht durch das Schaltjahr in Verwirrung bringen lassen – der 19. Februar ist XI° kalendas Martis, obwohl der Februar in diesem Jahr 29 Tage hat, denn der dies VI us [ante] kalendas Martis wird doppelt gezählt (daher heißt das Schaljahr bisextilis). 52  Anna von Bülow war am 31. Juli 1489 in Lüne eingetreten, am 17. Februar 1494 fand ihre Schulentlassung, und am 1. November 1499 ihre Nonnenkrönung statt. 53  Anna von Gilten hatte ihr achtes Lebensjahr am 12. März 1492 vollendet. 54  Der Ebstorfer Propst Matthias von dem Knesebeck hatte im Jahre 1481 an der Reform des Klosters Lüne mitgewirkt, vgl. dazu den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung. 55  Kunegunde von der Schulenburg hatte ihr neuntes Lebensjahr am 6. Mai 1493 vollendet.

80

B. Text

Item eodem anno obiit dominus Nicolaus Grawerock, prepositus in Lune, feria secunda post dominicam Factus56, que tunc occurrebat XV° kalendas Iulii, in profesto sanctorum martirum Marci et Marcelliani, hora sexta post cenam, cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in pace. Amen. Qui fuit noster prepositus in XXXVI annos, et prefuit nobis paterne et pie et in multis benefecit nobis57.

17. Juni 1493

| fol. 18r–19r – vacant | | fol. 19v| Anno domini etc. XCIIII°, Littera tabularis K., Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Iuvate‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis N, Aureus numerus XIII, VII° kalendas Februarii Circumdederunt, III° kalendas Aprilis dies Pasche, XV° kalendas Iunii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno dompna de Ebbeke fuit hic in Lune58. Item ipso anno, IIII° kalendas Martii, gratiosus dominus episcopus visitavit nos personaliter, feria quinta ante Oculi59.

26. Januar 1494 30. März 1494 18. Mai 1494 30. November 1494

26. Februar 1494

Bernhard und Margarete von der Schulenburg, wahrscheinlich ihre Eltern, werden im Jahre 1514, anläßlich der Stiftung der Katharinenkapelle, unter den Wohltätern und Freunden des Klosters genannt, für deren Seelenheil Messen gelesen werden (UB Lüne, n° 672) – sie müssen zu diesem Zeitpunkt also schon tot gewesen werden. 56  Der zweite Sonntag nach Pfingsten wird hier nach seinem Introitus benannt: Factus est dominus protector meus etc. – im Missale romanum ist das der zweite Sonntag nach dem Pfingstsonntag selbst (also der Sonntag in der Fronleichnamsoktav), in den mittelalterlichen Meßbüchern der deutschen Tradition hingegen ist der zweite Sonntag nach der Pfingstoktav (also der dritte Sonntag nach dem eigentlichen Pfingstsonntag) gemeint, denn seit karolingischer Zeit pflegte man hier an dem ersten Sonntag nach dem Pfingstsonntag nicht das Formular ‚Domine in tua‘, sondern, zum Gedächtnis der Pfingstoktav, noch einmal dasjenige des Pfingssonntages zu verwenden. Die daraus resultierende Verschiebung der Sonntage nach Pfingsten insgesamt um eine Woche nach hinten wurde dann auch nach der Einführung des Festes Trinitatis beibehalten. 57  Nikolaus Graurock, verstorben gegen 18.00 Uhr nach dem Abendessen, war im Jahre 1457 als Propst nach Lüne gekommen. 58  Mechthild von Niendorf, von 1470 bis zum ihrem Tode im Jahre 1495 Priorin von Ebstorf, hatte maßgeblich an der Reform des Klosters Lüne mitgewirkt, vgl. dazu den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung. 59  Bischof Berthold von Landsberg hatte 1481 den Anstoß zur Klosterreform gegeben, die Priorin Sophia von Bodendike war seine Nichte (vgl. den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung). Der Donnerstag vor Oculi war nicht der 26., sondern der 27. Februar 1494.



fol. 17v–21r

Item eodem anno feria 2a Invocavit venerunt IIIIor sorores de scholis A[nna de] B[ülow] etc60. | fol. 20r| Item eodem anno, VII° ydus Aprilis, feria tertia Quasimodo, venit soror Anna de Elzen in istud monasterium, anno etatis sue X° de in die Corporis Christi, et eodem anno fuit festum Translationis sancti Bartholomei, quando ipsa fuit nata61. Item ipso anno venit soror Gerburgis Garlopes, XII° kalendas Iulii, anno etatis sue X° de in die Panthaleonis martiris62. Item eodem anno venit soror Anna Griff in hoc monasterium in die sancti Augustini, anno etatis sue VII° de in die sancti Georgii63.

81 17. Februar 1494

7. April 1494

20. Juni 1494

28. August 1494

| fol. 20v – vacat | | fol. 21r| Anno domini etc. XCV°, Littera tabularis .K, Dominicalis erat D, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Invocando‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis O, Aureus numerus XIIII, 60 Möglicherweise

stellt dieser Eintrag in der Vorlage (wahrscheinlich einem ‚Amtsbuch‘ der damaligen ‚Sakrista‘) einen Nachtrag von anderer Hand dar – die Angabe des Wochentages (feria 2 a) enthält eine arabische Zahl, während sonst die römischen vorherrschen, die chronologische Ordnung ist nicht gewahrt (das Ereignis liegt zeitlich vor dem darüberstehenden), und von den Schwestern, die aus der Schule entlassen werden, wird hier in der Endredaktion nur eine – A. B. – mit ihrem Kürzel bezeichnet, für die anderen steht ‚etc‘, vielleicht ein Hinweis auf eine weniger lesbare Handschrift in der Vorlage, oder Anna von Bülow steht stellvertretend für ihren Abschlußjahrgang. Anna von Bülow war am 31. Juli 1489 in Lüne eingetreten und am 1. April 1492 eingekleidet worden, ihre Nonnenkrönung fand am 1. November 1499 statt. 61  Auch hier ist, wie bei dem Eintrag zum 26. Februar, die römische Datierung gegenüber dem Wochentag um einen Tag verschoben – der Dienstag nach Quasimodo war nicht der 7., sondern der 8. April 1494. Anna von Eltzen war am 17. Juni 1484 geboren – in ihrem Geburtsjahr fiel ihr Geburtstag, das Fest der Translation des hl. Bartholomäus, mit dem beweglichen Fest zusammen, nach dem ihre Geburt hier datiert wird, dem Donnerstag Fronleichnam. Der hl. Bartholomäus ist Klosterpatron, sowohl der Jahrestag seines Martyriums in Armenien, der 24. August, als auch der Jahrestag seiner Translation nach Italien (am 17. Juni, zuerst nach Lipari, dann nach Benevent und, im Jahre 983, nach Rom), werden gefeiert, dabei ist das Hauptfest, das sich auch im diözesanen Kalendarium findet, dasjenige im August, und das Translationsfest im Juni ein Eigenfest. Zum Problem der ‚Translation sancti Bartholomaei‘ vgl. auch den Kommentar zum 16. Mai 1518, und das Statutenbuch des Klosters Lüne (Hs. 14, fol. 69v), dort steht das Fest in einer Liste zwischen dem hl. Benedikt (11. Juli) und Mariä Himmelfahrt (15. August). 62  Gerburg Gerlop (Garlop) hatte ihr neuntes Lebensjahr am 28. Juli 1493 vollendet. Im UB Lüne finden sich zahlreiche Belege zur Lüneburger Ratsherrenfamilie Garlup (die dort genannte Gerburg ist aber eine andere, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelebt hat). 63  Anna Griff hatte ihr sechstes Lebensjahr am 23. April 1494 vollendet. Sie starb am 26. März 1528.

82

B. Text

XV° kalendas Martii Circumdederunt, XIII° kalendas Maii dies Pasche, VII° ydus Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno ydus Iunii, in vigilia sancte Trinitatis, obiit mater Mechtildis Dalenborghes hora Completorii64. Item in ipso anno venit soror Elyzabeth Dytmers, conversa de Wynsen, in die | fol. 21v| sancti Egidii, anno etatis sue XIII° de in die sancti Michaelis65. Item in eodem anno, in vigilia sanctorum martyrum Cosme et Damiani, obiit mater Elyzabeth Schefvotes, post prandium, hora secunda66. Item eodem anno mutaverunt habitum VI sorores in die Omnium sanctorum, K. E. etc. | fol. 22r| Anno domini etc. XCVI°, Littera tabularis O., Dominicalis erat C et B (bysextilis)67, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Gratiam‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis P, Aureus numerus XV, III° kalendas Februarii Circumdederunt68, III° nonas Aprilis dies Pasche, XI° kalendas Iunii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus. Eodem anno, in die Fabiani et Sebastiani martirum, venit soror Gertrudis Hoppenstede in istud monasterium, anno etatis sue IX° de in die Nativitatis Marie69.

15. Februar 1495 19. April 1495 7. Juni 1495 29. November 1495 13. Juni 1495

1. September 1495

26. September 1495

1. November 1495

31. Januar 1496 3. April 1496 22. Mai 1496 27. November 1496 20. Januar 1496

64  Das Completorium dürfte spätestens gegen 20.00 Uhr stattgefunden haben (die Vesper war um 17.00 Uhr, gefolgt von Abendessen, geistlichem Vortrag und/oder Rekreation). 65  Elisabeth Dittmers hatte ihr zwölftes Lebensjahr am 29. September 1494 vollendet. 66  Elisabeth Schefot wird auf der Liste der Konventsmitglieder genannt, die im Jahre 1466 eine Einigung mit Propst Nikolaus Graurock erzielen, UB Lüne, n° 586. 67  Weil das Jahr 1496 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er C, danach B. 68  Hier ist die römische Datierung gegenüber dem Wochentag um einen Tag verschoben, es muß pridie kalendas heißen. Diese Erscheinung wiederholt sich ab hier in allen Schaltjahren der Klosterchronik. 69  Gertrud Hoppenstedt hatte ihr achtes Lebensjahr am 8. September 1495 vollendet. Am 26. Februar 1504 wurde sie aus der Schule entlassen, am 26. Juli 1506 legte sie die Ewigen Gelübde ab, und am 17. Mai 1509 empfing sie die Nonnenkrönung.



fol. 21r–24r

| fol. 22v| Item in ipso anno, in die sancte Anne, obiit de nocte hora secunda mater Gertrudis de Eltzen, que fuit prima subpriorissa in reformatione, et fuit in officio XV annis, cuius anima per misericordiam Dei requiescat in pace. Amen70. Item in eodem anno, in vigilia sancte Ursule, obiit mater Gertrudis Stoterogge, super quintam feriam, ante prandium hora XIa71.

83 26. Juli 1496

20. Oktober 1496

| fol. 23r – vacat | | fol. 23v| Anno domini etc. XCVII°, Littera tabularis F., Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Sancti‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis Q, Aureus numerus XVI, XI° kalendas Februarii Circumdederunt, VII° kalendas Aprilis dies Pasche, Pridie ydus Maii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus. Eodem anno venit in istud monasterium, Letare, soror Margareta Marquardes, conversa de Wynsen, anno etatis sue XXII°. Item in ipso anno dominus prepositus et pius [supra lin.: pater] noster, magister Nicolaus Schomaker, fecit pro- | fol. 24r| longare chorum nostrum, anno reformationis XVII°, et anno prepositure sue VI°, anno prioratus domine Sophie de Bodendike, pie matris nostre, XVII°72.

22. Januar 1497 26. März 1497 14. Mai 1497 3. Dezember 1497 5. März 1497

70  Zur ersten Subpriorin nach der Klosterreform, Gertrud von Eltzen, die im Jahre 1481 aus Ebstorf gekommen war, vgl. den ‚Reformbericht‘ in der Einleitung. Ein Kondolenzschreiben, das die Nonnen von Ebstorf anläßlich ihres Todes an ihre Mitschwestern in Lüne richteten, hat sich in Lüne, Hs. 15, Lage 3, fol. 5v–10r erhalten, die Trauer um Gertrud von Eltzen ist auch Gegenstand des Briefes Lage 15, fol. 7r–7v. Aus einem Schreiben in Lage 25, fol. 8r geht hervor, daß die Subpriorin vor ihrem Tode längere Zeit krank war – die Adressatin des Briefes, wahrscheinlich eine Nonne in Ebstorf, hatte sie auf ihrem Krankenlager besucht, nun wird sie über ihren Tod unterrichtet. Eine weitere ‚Todesanzeige‘ ist der folgende Brief Lage 25, fol. 8r–8v (Hinweis von Henrike Lähnemann, Oxford). 71  Die Lüneburger Ratsherrenfamilie Stöterogge hatte im 15. Jahrhundert mehrere Bürgermeister gestellt, die auch im UB Lüne mehrfach belegt sind. Gertrud Stöterogge war gegen 11.00 Uhr vormittags, vor dem Mittagessen verstorben. 72  Die Notwendigkeit zur Verlängerung des Chores hatte sich vermutlich aus der Zunahme der Konventsmitglieder seit der Reform im Jahre 1481 ergeben – tatsächlich sind in der vorliegenden Chronik mehr Eintritte als Sterbefälle verzeichnet. Der erhöhte Nonnenchor befindet sich im Westen der Kirche (also dem Hauptaltar gegenüber), von seiner Erweiterung um ein mit Sterngewölbe versehenes Joch ist auch die Rede bei Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 393. Die Bedeutung dieser Baumaßnahme – bei weitem die wichtigste seit dem Beginn

84

B. Text

Item eodem anno fecit idem dominus prepositus turrim edificare et fornacem parare73. | fol. 24 v – vacat | | fol. 25r| Anno domini etc. XCVIII°, Littera tabularis .F, Dominicalis erat G, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Spiritus‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis R, Aureus numerus XVII, III° ydus Februarii Circumdederunt, XVII° kalendas Maii dies Pasche, III° nonas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus. Eodem anno, sequenti die sancti Vincentii, obiit mater Gertrudis Gerlopes74, feria tertia, de nocte, hora XIa. Item ipso anno, in die Inventionis sancte Crucis, obiit mater Mechtilidis Apenborges, super quintam feriam, post prandium hora secunda. | fol. 25v| Item in eodem anno, in die sancti Bonifatii, qui tunc occurebat feria tertia Penthecostes, mutaverunt habitum A. L. et G. R. et due converse.

11. Februar 1498 15. April 1498 3. Juni 1498 2. Dezember 1498 23. Januar 1498

3. Mai 1498

5. Juni 1498

| fol. 26r – vacat| | fol. 26v| Anno domini etc. XCIX°, Littera tabularis L., Dominicalis erat F, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Preces‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis S, Aureus numerus XVIII, VI° kalendas Februarii Circumdederunt, II° kalendas Aprilis dies Pasche,

27. Januar 1499 31. März 1499

der Chronik – wird auch anhand der ausführlichen Datierung nach Amtsjahren des Propstes und der Priorin deutlich. 73  Der Ofen dürfte sich in der westlichen Erweiterung der 1482 angelegten Küche befunden haben, vgl. Reinhardt, Lüne (2012), Niedersächsisches Klosterburch, S. 944. 74  Nicht zu verwechseln mit der 1494 eingetretenen Gerburg Gerlop.



fol. 24r–27r

XIIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, Cathedra sancti Petri, venerunt de scholis VI sorores, K. E. etc., E[lisabeth] G[arleghes] et G[ertrud] S[e]M[melbecker] sunt comisse. Item ipso anno obiit mater Elyzabeth Wytkes, in die sancti Viti martyris, super sabbatum, post prandium hora secunda. | fol. 27r| Item eodem anno in die Nativitatis Marie fecerunt XV sorores professionem, K. E. etc.75. Item ipso anno, in die Omnium sanctorum, coronabantur XII sorores, A[nna von] B[ülow] etc.76. Item eodem feria secunda Ad te levavi venit in istud monasterium soror Anna Bere, conversa de Wynsen, anno etatis sue XXX° de in die sancte Anne77. Item in ipso anno ivit Garde, sed in anno C° ceciderunt eos, in die sancti Valentini martiris78. Item eodem anno iacuerunt XXXVI sorores infirme in papulis [supra lin.: maselê], de Epiphania domini usque Iudica, et tamen numquam legimus horas, sed cantavimus, pueri iacuerunt in scholis79. 75 

85 19. Mai 1499 1. Dezember 1499 22. Februar 1499

15. Juni 1499

8. September 1499

1. November 1499

2. Dezember 1499

Dezember 1499 bis Februar 1500 6. Januar bis 24. Februar 1499

Die letzte Profeß hatte im Jahre 1488 stattgefunden, damals hatten 36 Nonnen die ewigen Gelübde abgelegt. Diese Profeß war die erste nach der Reform gewesen, vielleicht erklärt sich daraus die große Zahl der Kandidatinnen. Jetzt genannt wird K. E., die erst vor sieben Monaten aus der Schule entlassen war, und damit sicherlich zu den jüngsten Professinnen gehörte. 76  Die letzte Jungfrauenkrönung hatte vor zehn Jahren, 1489, stattgefunden. In diesem Jahr (am 31. Juli) war auch die jetzt genannte Anna von Bülow in das Kloster eingetreten, damals war sie zehn, bei ihrer Einkleidung (am 1. April 1492) 13 Jahre, bei ihrer Schulentlassung (am 17. Februar 1494) 15, und nun, bei ihrer Nonnenkrönung, entsprechend 20 Jahre alt. 77  Anna Bere hatte ihr 29. Lebensjahr am 26. Juli 1499 vollendet, am 26. Juli 1506 legte sie die Gelübde ab. Sie starb am 17. März 1527. Ad te levavi animam meam etc. ist der Introitus des ersten Adventssonntages. 78  Die ‚Schwarze Garde‘, ein Landsknechtsregiment, das zunächst im Solde der Herzöge Johann IV. und Erich von Sachsen-Lauenburg, dann im Dienste des dänischen Königs Johann I. stand, zog durch das Land, am 1. Advent sollte sie Neukloster (Buxtehude-Bredenbeck) gänzlich zerstören. In der Schlacht bei Hemmingstedt indes, am 17. Februar 1500, wurde die 4000 Mann starke Einheit von den Dithmarschern vernichtend geschlagen, dabei fiel auch ihr Kommandant, Thomas Slentz (Walther Lammers, Die Schlacht bei Hemmingstedt, Neumünster 1953). Der hier genannte Valentinstag ist der 14. Februar. Im Gegensatz zum Kloster Lüne wurde das Kloster Neukloster (Buxtehude-Bredenbeck) von der Schwarzen Garde schwer geschädigt, vom Wiederaufbau zeugt ein Brief der Priorin, Gertrud von dem Brake, an den Lüner Propst Nikolaus Schomaker (Lüne, Hs. 15, Lage 2, fol. 5v–7v). 79  Welche Krankheit die Nonnen hatten, ist nicht ganz klar, in jedem Fall ging sie mit einem pustulösen Hautausschlag (papulae) einher, eine zeitgenössische Hand hat mit roter Tinte über der Zeile ‚maselê‘ (= Maselsucht, Miselsucht) ergänzt, womit ein (lepröser) Aussatz gemeint ist. Die Kranken fehlten natürlich im Chor, trotzdem wurde das Offizium, mit verminderter Besetzung, weiterhin gesungen, nicht recto tono rezitiert.

86

B. Text

| fol. 27v| Anno domini M° quingentesimo, Littera tabularis .K, Dominicalis erat E et D (bysextilis)80, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Supplices‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis T, Aureus numerus XIX, XV° kalendas Martii Circumdederunt81, XIII° kalendas Maii dies Pasche82, VII° ydus Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in vigilia Visitationis Marie, obiit soror Margarita Wychmans, de nocte, circa horam quartam, super quartam feriam83. | fol. 28r| Item in ipso anno, ante festum sancti Michaelis, fuit hic quedam virgo nomine Margareta de Werberghe, que erat iuxta ducissa, et didicit nobis arte textendi super latulis corporalia, amictas et stolas84,

8. März 1500 19. April 1500 7. Juni 1500 29. November 1500 1. Juli 1500

29. September 1500

80  Weil das Jahr 1500 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er E, danach D. 81  Die römische Datierung ist ganz falsch, es müßte die VIII° [ante] idus Martii heißen. 82  Die römische Datierung ist um einen Tag verschoben, es müßte die XIV° [ante] kalendas Maii heißen. 83  Margareta Wichmann war am 17. September 1491 in das Kloster Lüne eingetreten (siehe dort), damals war sie elf Jahre alt. Sie verstarb im Alter von 20 Jahren. 84  Die als Kantenbesatz auf corporale, Amikt und Stola aufgebrachten Streifen wurden nicht auf normalen Webstühlen, sondern als ‚Brettchengewebe‘ auf schmalen Rahmen (den ‚Brettchenwebstühlen‘) hergestellt, diese Technik gestattete eine abwechslungsreichere Darstellung von Ikonographie und Schrift, als dies bei einem normalen Gewirke der Fall gewesen wäre, zudem konnte ein solches ‚Brettchengewebe‘ zwei Schauseiten aufweisen (während es sonst nur eine gegeben hätte). Im Falle des Amiktes handelte es sich wohl um den Besatz der Kragenpartie (collare oder parura, bzw. kragen, schilt oder brederken = Brettchen). Für nähere Auskünfte zum ‚Brettchengewebe‘ als Kantenbesatz sei Frau Dr. Tanja Kohwagner-Nikolai (Universität Bamberg) herzlich gedankt. Das corporale ist das quadratische Leinentuch, auf dem während der Wandlung die Hostie liegt, in beiden Richtungen auf je ein Drittel gefaltet paßt es in die bursa, aus der es der Zelebrant zu Beginn der Messe, noch vor dem Stufengebet, entnimmt und auf dem Altar ausbreitet. Das Amikt oder humerale, ebenfalls aus weißem Leinen, ist das Schultertuch, das die ministri sacri (Priester, Diakon und Subdiakon) am Altar unter der Albe tragen, sein oberer Rand wird in den Kragen geschlagen, und es wird vor der Brust mit zwei langen Schnüren zusammengebunden – diese beiden Objekte gehören quasi zur liturgischen ‚Wäsche‘, die der Priester frisch der Sakristei entnimmt und (normalerweise über die Woche) bei sich behält, anschließend werden sie gewaschen und gebügelt (das corporale muß, weil es mit dem Allerheiligsten in Berührung kommt, von einem Kleriker nach besonderen Vorschriften gewaschen werden, für die Amikte gibt es, genauso wie für die manutergia zur liturgischen Händewaschung, keinen speziellen Bestimmungen). Die stola hingegen dürfte um 1500 in Lüne aus gefärbter Wolle (sonst vor allem auch aus Seide) bestanden haben, sie bildet zusammen mit einer Kasel (bzw. je einer Dalmatika für Diakon und Subdiakon) und einem Manipel einen zusammenhängenden Satz liturgischer Obergewänder, der in der Sakristei aufbewahrt



fol. 27v–30v

87

et dormivit in laqueare infra claustrum, cum duabus sororibus conversis85. | fol. 28v–29r – vacant| | fol. 29v| Anno domini M°VCI°, Littera tabularis .B, Dominicalis erat C, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Depresso‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis A, Aureus numerus I, VII ydus Februarii Circumdederunt, III° ydus Aprilis dies Pasche, III° kalendas Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus86. Eodem anno in die sancte Gertrudis venit soror Alheydis Stüvers in istud monasterium, anno etatis sue XII° de in die sancte Aldegundis virginis87. Item in ipso anno venerunt de scholis IIe sorores, A. L. et G. R., et in die sancti Switberti episcopi, feria 2a Invocavit, E[lisabeth] S[ch]N[everding] sunt commisse.

7. Februar 1501 11. April 1501 30. Mai 1501 28. November 1501 17. März 1501

1. März 1501

| fol. 30r – vacat| | fol. 30v| Anno domini M°VCII°, Littera tabularis G., Dominicalis erat B, wird (seit dem 15. oder 16. Jahrhundert normalerweise in der liturgischen Tagesfarbe), oft gehören auch noch ein Kelchvelum und eine Bursa, eventuell auch ein Pluviale (Rauchmantel) dazu. 85  Die Jungfer aus der Umgebung der Herzogin von Lüneburg, Anna von Nassau-Dillenburg, nächtigte mit zwei Laienschwestern auf dem hölzernen Sparrenboden (laqueare) im Klausurbereich des Konventes (aber nicht im dormitorium der Nonnen). In einem Eintrag zum 21. September 1508 über den Neubau des Dormitoriums wird berichtet, daß der Propst, Johannes Lorber, zunächst die neuen Zellen gesegnet habe: ter aspergit in omnes cellas, dann folgt: Etiam ascendit in laqueare, ibique similiter aspersit – dem ist zu entnehmen, daß mit laqueare der Dachboden über dem Zellentrakt gemeint sein muß. Kohwagner-Nikolai (Per manus sororum (2006), S. 99) erwähnt den Besuch der Margarete von Werberghe und stellt einen Zusammenhang zu den wenig später in Lüne entstandenen ‚Pelikanlaken‘ her, die in der fraglichen Technik ausgeführt sind. 86  Auch hier ist die römische Datierung um einen Tag verschoben, es müßte heißen die IV° [ante] kalendas Decembris. 87  Alheydis (Adelheid) Stüver hatte ihr elftes Lebensjahr am 30. Januar 1501 vollendet, sie hatte die Tagesheilige ihres Geburtstages zum Namenspatron. Am 13. April 1505 wurde sie eingekleidet, am 26. Juli 1506 legte sie die Ewigen Gelübde ab, am 22. Februar 1507 wurde sie aus der Schule entlassen, und am 17. Mai 1509 empfing sie die Nonnenkrone.

88

B. Text

Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Corpore‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis B, Aureus numerus II, X° kalendas Februarii Circumdederunt, VI° kalendas Aprilis dies Pasche, Ydus Maii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in die sancti Godehardi, qui fuit in vigilia Ascencionis domini88, obiit dominus, dominus Bertoldus de Landesberge, Hildensemensis et Verdensis diocesium episcopus, cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in sancta pace. Amen89. | fol. 31r| Item in ipso anno consuerunt90 sorores tapete cum Sybillis et prophetis91.

23. Januar 1502 27. März 1502 15. Mai 1502 27. November 1502 4. Mai 1502

88  Der hl. Godehard von Hildesheim ist duplex maius und verdrängt daher die Vigil von Himmelfahrt, die nur simplex ist. Von den drei Bittagen vor Himmelfahrt (feria 2 a bis feria 4 a in rogationibus, mit Fasten) blieb in diesem Jahr somit nur der Montag übrig – denn auf den Dienstag fiel das Fest Kreuzerhöhung. Allerdings war das Ferialoffizium am 3. und 4. Mai in Gestalt einer gebotenen commemoratio (wenigstens in den Laudes) repräsentiert. Am 4. Mai selbst begann das Offizium von Himmelfahrt mit der ersten Vesper, mit commemoratio des hl. Godehard (die hier vorliegende Überschneidung der zweiten Vesper eines Offiziums mit der ersten Vesper des folgenden nennt man concurrentia). 89  Zu Berthold von Landsberg, Bischof von Hildesheim (1481–1502) und Administrator von Verden, wo er zuvor (1470–1481) Bischof gewesen war, vgl. den Kommentar zur Einleitung. 90  consuerunt hier von consuo (nähen). 91 Zu den Stickarbeiten der Nonnen vgl. Kohwagner-Nikolai, Per manus sororum (2006), passim. Die Lüner Teppiche sind alle im sog. ‚Klosterstich‘ als Stickerei mit farbiger Wolle auf Leinengrund ausgeführt. Diese Technik fand sich zu diesem Zeitpunkt, wenigstens soweit dabei Wolle verwendet wurde, ausschließlich in Frauenklöstern (während Bildteppiche in Seidenoder Goldstickerei durchaus auch in Werkstätten mit männlichem Personal ausgeführt wurden, ebd., S. 7–8). Die Teppiche wurden überwiegend zum Verbleib im Kloster, als saisonal wechselnder Behang für die Kirche angefertigt (ebd. S. 123–134). Der hier genannte, 510 × 408 cm große Sybillen-Prophetenteppich (Beschreibung ebd., n° 40, S. 344–353) befindet sich noch heute im Kloster Lüne, er zeigt in einem rechteckigen Bildfeld mit 35 (5 × 7) Medaillons die Geburt Christi (in der Mitte), umgeben von vier Christus-Allegorien (Pelikan, Phönix, Löwe und Einhorn), den Symbolen der vier Evangelisten (in den vier Ecken), sowie den 14 Propheten und 12 Sybillen (in den übrigen Medaillons, jeweils durch Spruchbänder mit dem Namen und durch Attribute ausgewiesen), die die Geburt Christi vorhergesagt hatten – die jeweiligen Weissagungen finden sich als Inschrift in den kreisrunden Rahmen der Medaillons. Die Auswahl dieser Zitate ist (so Kohwagner-Nikolai, S. 348) offensichtlich (aber vielleicht indirekt) dem 1481 erschienenen Werk ‚Sybillarum et prophetarum de Christo vaticinia‘ des Filippo de Barberi entnommen. Sicher war dieser Teppich als Kirchenbehang für die Weihnachtszeit konzipiert. Die Inschrift im Rahmen des rechteckigen Bildfeldes besagt: Anno dominice incarnationis millesimo quingentesimo domina Sophia de Bodendike, priorissa, procuravit ac fecit consuere istud tapete, anno regiminis sui vicesimo, per manus sororum hic in monasterio Lunensi tunc degentium, ad laudem et honorem summi Dei et sue dilecte genitricis Marie, sanctique Bartholomei, regalis apostoli, gloriosi patroni nostri, anno octavo prepositure



fol. 30v–32v

89

| fol. 31v – vacat | | fol 32r| Item ipso anno, sequenti die sancti Valentini, venit in hoc monasterium soror Margareta Sanders, [in mg.: conversa], anno etatis sue XIX de in die sancte Margarete virginis92. Item eodem anno venit soror Mechtildis Schroders in istud monasterium, in die sanctorum Nerei et Achillei martirum, IIII° ydus Maii, anno etatis sue XIII° de Iudica93. Item ipso anno feria 3a dominica Respice, videlicet in profesto sancti Viti, venit soror Anna van der Molen in istud monasterium, anno etatis sue X° de in die sancti Nicolai94. Item in eodem anno, in profesto sancti Augustini, super sabbatum, venit soror Anna Schele | fol. 32v| in istud monasterium, anno etatis sue XIII° de in vigila vigilie Natalis domini95. Item in ipso anno, dominica die post Mauritii, venit soror Engelheydis de Bulow in istud monasterium, anno etatis sue VII° de festo Nativitatis virginis Marie96.

15. Februar 1502

12. Mai 1502

14. Juni 1502

27. August 1502

25. September 1502

reverendi domini ac patris nostri Nicolai Schomaker, in den vier Ecken sind die Wappen des Propstes, Nikolaus Schomaker, und der Priorin, Sophia von Bodendike, zu entdecken (es stehen sich jeweils zwei identische Wappen diagonal gegenüber). Architektonische Elemente in der Bordüre verweisen auf die Bauplastik des Klosters Ebstorf. Kohwagner-Nikolai (S. 351) identifiziert anhand der Monogramme als Stickerinnen: Gertrud [V]ulle, A. S. E., Katharina Semmelbecker, Elisabeth Hokens, Gertrud Semmelbecker, K. R., S[ophia] V[latow] und Margarete Rosenhagen. 92  Margarete Sanders hatte ihr 18. Lebensjahr am 13. Juli 1501 vollendet, am 13. April 1505 wurde sie eingekleidet. Sie war auf den Namen des Tagesheiligen ihres Geburtstages getauft worden. 93  Mechthild Schröder hatte ihr zwölftes Lebensjahr am 13. Februar 1502 vollendet. 94  Anna van der Molen hatte ihr neuntes Lebensjahr am 6. Dezember 1501 vollendet, am 13. April 1505 wurde sie eingekleidet, und am 17. März 1508 aus der Schule entlassen. Sie starb am 29. September 1512, im Alter von 19 Jahren. Zur Lüneburger Ratsherrenfamilie van der Molen finden sich zahlreiche Belege im UB Lüne, im 15. und 16. Jahrhundert stellte sie mehrere Bürgermeister. Der Sonntag mit dem Introitus ‚Respice in me et miserere mei‘ etc. ist der dritte Sonntag nach Pfingsten, in den deutschen Meßbüchern des Mittelalters sind damit allerdings der dritte Sonntag nach der Pfingstoktav gemeint, so erklärt sich, daß dieses Meßformular hier am erst 12. Juni 1501 (und nicht am 5. Juni) zur Anwendung kommt, während es an diesem Tag nach dem Missale romanum schon ‚Dominus illuminatio mea‘ etc. (also dasjenige vom vierten Sonntag nach Pfingsten) hätte sein müssen. Der Vorabend des Festes des hl. Vitus war ein Dienstag. 95  Zur Datierung des Geburtstages steht in der Handschrift de VI a vigilie Nativitatis, das ist etwas befremdlich. Offensichtlich hatte die Redaktorin den Heiligabend so sehr als quasi selbständiges Fest (und nicht als Vorabend des 25. Dezember) verstanden, daß man ihm seinerseits eine ‚Vigil‘ verpassen konnte. In diesem Fall hätte Anna Schele also ihr zwölftes Lebensjahr am 23. Dezember 1501 vollendet. 96  Engelheydis (‚Engelke‘) von Bülow hatte am 8. September 1502 ihr sechstes Lebensjahr vollendet. Am 29. April 1509 wurde sie eingekleidet, am 30. September 1511 aus der Schule entlassen, am 2. Juli 1513 legte sie die Ewigen Gelübde ab, und am 11. Juni 1514 empfing sie die Nonnenkrönung. Ihre ältere Schwester Anna war bereits im Jahre 1489 in Lüne eingetreten (Belege zur Familie: siehe dort), und hatte im Jahre 1499 die Jungfrauenkrönung empfangen. Das Fest

90

B. Text

Item in eodem anno, in die sancti Sixti, obiit mater Tytburgis Sommers, soror, sabbatum, post missam, hora Xa97. Item in ipso anno, dominica die post Michaelis, videlicet in die Leodegarii, obiit mater Tytburgis Tobynges, post prandium, hora 2a98. | fol. 33r| Anno domini etc. III°, Littera tabularis .G, Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Depromite‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis C, Aureus numerus III, Pridie ydus Februarii Circumdederunt, XVI° kalendas Aprilis dies Pasche, Pridie nonas Iunii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus domini99.

6. August 1502

2. Oktober 1502

12. Februar 1503 16. April 1503 4. Juni 1503 3. Dezember 1503

| fol. 33r–34r – vacant | des hl. Mauritius, der 22. September, war im Jahre 1502 ein Donnerstag. Wenn Anna von Bülow an einem Sonntag in Lüne angekommen ist, muß es sich um den 25. September gehandelt haben. 97  Dieser Angabe läßt sich entnehmen, daß sie Konventsmesse um 10.00 Uhr beendet war, sie hat sich an die Terz angeschlossen, die an Werktagen überlicherweise um 9.00 Uhr gesungen wurde (und etwa 10 bis 15 Minuten dauert). 98  Der auf das Fest des hl. Michael (29. September) folgende Sonntag fiel auf den Gedenktag des hl. Leodegar von Autun, den 2. Oktober (simplex bzw. III lectionum in Verden, aber nur commemoratio in der Bursfelder Kongregation – in diesem Jahr hatte er ohnehin kein Fest, weil er auf einen Sonntag fiel). Das Fest des hl. Leodegar – saint Léger – ist, mit einer Reihe von anderen Heiligen im Verdener Kalendarium, ein Souvenir der ‚Patenschaft‘, die das Erzbistum Reims über das Bistum Hildesheim bei dessen Gründung im 9. Jahrhundert übernommen hatte – von dort kamen nicht nur die Grundausstattung an liturgischen Büchern und einer der ersten Hildesheimer Bischöfe, Ebo von Reims (845–851), sondern auch die Reliquien, die die Patrozinien der ältesten Kirchengründungen im norddeutschen Raum bestimmen sollten (Erich Riebartsch, Geschichte des Bistums Hildesheim 815 bis 1024, Hildesheim 1985, passim; vgl. auch Hedwig Röckelein, Reliquientranslationen nach Sachsen im 9. Jhdt. (= Francia, Beihefte, Bd. 48), Stuttgart 2002). So sind etwa die Patrone des Stiftes Ramelsloh, 40 km westlich von Lüneburg, die Reimser Diözesanpatrone Sixtus und Sinnitius, und der Patron der alten Kirche in Suderborg (Kreis Uelzen, 50 km südlich von Lüneburg) ist der hl. Remigius von Reims. Patron mehrerer Frauenklöster und der alten Pfarrkirche in Hittfeld (40 km nordwestlich von Lüneburg) ist der hl. Mauritius, saint Maurice d’Agaune, dessen Reliquien im Rhônetal auf ehemals burgundischem Territorium ruhen, das im 6. Jahrhundert an das Frankenreich angeschlossen wurde, eine prominente Position nimmt auch der hl. Dionysius von Paris ein, der im Verdener Kalendarium sogar als duplex maius (bzw. celebre) gilt, 99  Weitere Einträge für das Jahr 1503 finden sich nicht, dabei wäre reichlich Platz dafür vorhanden gewesen (die Blätter 33v–34r sind, wie viele andere der Handschrift auch, leer – hier wird deutlich, daß die Redaktion der vorliegenden Chronik, für die wenigstens teilweise auf ältere Unterlagen zurückgegriffen wurde, nicht zur ihrem Abschluß gelangt ist).



fol. 32v–35r

| fol. 34v| Anno domini etc. IIII°, Littera tabularis S., Dominicalis G et F (bysextilis)100, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Affectu‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis D, Aureus numerus IIII, III° nonas Februarii Circumdederunt101, VII° ydus Aprilis dies Pasche, VII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno obiit dompna priorissa Sophia de Bodendike, sub collatione, in die Purificationis virginis Marie, que fuit illo anno feria VIa ante Circumdederunt. Et fuit reformatrix huius monasterii, et prefuit nobis in XXIII. annum, cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in pace. Amen102. | fol. 35r| Item ipso anno, in die sancti Valentini martyris, electa est venerabilis dompna Mechtildis Wylde in priorissam huius monasterii. Abbas de Oldenstat, dominus Iohannes, et dominus prepositus, Nicolaus Schomaker, elegerunt eam, et dominus Heynricus Maes, noster confessor, et dominus Nicolaus Crasman, noster capellanus, et Iohannes Tegheler, custos nostre ecclesie, fuerunt ibi notarii et testes, et nos dedimus consensum concorditer et unanimiter103. Item 100 

91

4. Februar 1504 7. April 1504 26. Mai 1504 1. Dezember 1504 2. Februar 1504

14. Februar 1504

Weil das Jahr 1504 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er G, danach F. 101  Auch hier ist die römische Datierung um einen Tag verschoben, es müßte pridie nonas heißen. 102  Der formelhafte Zusatz … cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in pace findet sich bei den Nachrichten über den Tod herausgehobener Mitglieder der Gemeinschaft, so auch anläßlich des Todes des Propstes, Nikolaus Schomaker, im Februar 1506. Dieser Todesfall ist die älteste Nachricht, die sich im ‚Kurtzen Register‘, dem Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, verzeichnet findet (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1502 [tatsächlich 1504] ist die Sophie Badendick, domina, gestorben, welche von Ebstörp hierher geführet und gebracht ward Anno 1481, und 23 Jahr domina gewest“. 103  Die Wahl der neuen Priorin, Mechthild Wilde, wird durchgeführt von Abt Johannes von Oldenstadt (Uelzen), OSB, im Amt von 1482 bis 1506 (vgl. Osten, Oldenstadt (1979), Germania benedictina, Bd. 6, S. 389–400); und Nikolaus Schomaker, Propst in Lüne von 1493–1506 (vgl. Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 396). Übrigens hatte der Oldenstedter Abt im Jahre 1493 schon an Schomakers eigener Wahl mitgewirkt (vgl. Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 3, fol. 10v–11r). Die drei Zeugen sind der Beichtvater der Nonnen, Heinrich Maß (Maeß), er war von 1490 bis 1504 in Lüne (nähere Einzelheiten im Kommentar zum Jahr 1490); der Priester Nikolaus Craßmann, der bisherige Prokurator der Klosters Lüne, der im November 1504 die Nachfolge des Heinrich Maß als Beichtvater der Kommunität antreten sollte (vgl. UB

92

B. Text

eodem die, post prandium, fecimus ei obedientiam in presentia abbatis, et prepositi, et confessoris. | fol. 35v| Item ipso anno obiit mater Elyzabeth Provestes, feria tertia Estomihi, circa horam XIam, ante prandium104.

18. Februar 1504

Lüne, n° 640; 669; 670); und der Priester Johann Tegeler, Vikar an St. Johannis in Lüne (ebd., n° 661). Ein ausführlicher Bericht über die Wahl hat sich erhalten in Lüne, Hs. 24, fol. 1–3, ab fol. 4 folgen dann eigene Aufzeichnungen der Neugewählten über ihre Amtseinführung, dazu: Schlotheuber, Wahl der Priorin (2005), S. 145–158. Diesem Bericht von der Hand einer nicht genannten Nonne läßt sich entnehmen, daß die beiden Wahlleiter, Schomaker und der Abt, sieben Kompromißwählerinnen bestimmten und alle Konventualinnen einzeln nach ihren Wünschen befragen ließen, anschließend einigten sich die sieben Kompromißwählerinnen dann auf einen der Vorschläge, übrigens war es die Sakristanin, L[uitgard] G[ronehagen], die zuerst Mechthild Wilde nominiert hatte. Die Bestimmungen zur Amtseinführung einer neuen Priorin finden sich im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 51v–53r: Ordo ad eligendum priorissa. [V]acante prioratu, providendum est de nova priorissa, que cum consilio et voluntate domini prepositi est a conventu eligenda, et talis electio iuxta antiquam consuetudinem istius monasterii fieri debet infra quatuordecim dies primi tricenarii defuncte priorisse, cessante impedimento legitimo. Igitur, sepulture officio diligenter expleto, prepositus cum confessore veniat ad capitulum et faciat sororibus exhortationem aliquam, consolando eas de amissione matris spiritualis, que transivit de labore ad requiem, ubi optinuit bravium, pro quo in agone huius seculi cucurrit; et finita collatione ammoneat eas, ut in electione nove semper sollicite sint servare unitatem spiritus in vinculo pacis et sororie caritatis. | fol. 52r| Quo facto, mittatur pro abbate aliquo de observantia unionis Bursfeldensis, qui electioni interesse debet; quo presente, iuxta modum et formam in Ceremoniis expressam capitulo CXXIIII° fieri debet electio, quod capitulum dabitur preposito excopiatum. Facta electione, mox electa ab abbate et preposito introducatur ad ecclesiam, campanis omnibus sonantibus, et decantetur a conventu ympnus ‚Te Deum laudamus‘, abbate inchoante, et prosternatur interim electa coram altari. Finito vero ympno, subsequatur abbas versum „Confirma hoc, Deus …“ etc.; „A Domino factum est istud …“; „Oremus. Actiones nostras …“; „Omnipotens sempiterne Deus, qui facias mirabilia …“; „Pretende, Domine …“ etc.; et dicto ‚Amen‘, erigatur electa, et collocetur in stallo suo. | fol. 52v| Insuper reducatur ad capitulum, et requiratur ab ea electionis de se facte consensus. Deinde, servato iuris ordine, mox electa veniat ante dominum prepositum, flexis genibus ab eo rogando confirmationem, qui auctoritate Dei omnipotentis et sedis apostolice eam immediate confirmare debet: „In nomine Patris, et Filii, et Spiritus sancti“. Et ipsa electa nullatenus ab episcopo confirmationem rogare vel suscipere debet, quia ad prepositum huius monasterii, qui tempore fuerit, devolvitur potestas confirmandi priorissam, ipse siquidem in hoc actu plenariam habet auctoritatem, prout semper hucusque servatum est. Igitur antequam ipsi electe et confirmate traditur realis possessio, suscipiatur ab ea iuramentum in Cerimoniis expressum, quod incipit: „[E]go, soror N., in priorissam“ etc. | fol. 53r| Hiis omnibus rite peractis, omnes professe, tam monache quam converse, per ordinem, flexis genibus, obedientiam ei prestent manualem. Officiales etiam, resignantes officiis suis, assignent ei claves, quibus use fuerint in eisdem. Tradentur ei etiam claves monasterii, omniumque utensilium, iurium et bonorum monasterii possessio ei assignetur in signum realis et actualis possessionis. Ipsa vero priorissa dicta officia eisdem resignantibus denuo usque ad meliorem deliberationem, aut certe aliis secundum beneplacitum voluntatis sue commitat cum resignatione clavium earundem. De hinc abbas cum preposito exeat monasterium, et si prepositus proprio sponte abbati voluerit aliquit dare, in suo erit arbitrio, quia ex iuris debito non tenetur. 104  Der Introitus des Sonntages Quinquagesima lautet Esto mihi in Deum protectorem etc.; das Mittagessen dürfte nach der Sext um 12.00 Uhr stattgefunden haben.



fol. 35r–36v

Item eodem anno obiit mater Wycbergis Tobynges, sabbato ante Oculi mei, VII° ydus Martii, videlicet in die Quadraginta militum, post missam, hora Xa105. Item eodem anno feria secunda Sicut oculi venerunt de scholis sorores A. B. et G[ertrud] H[oppenstede]106. Item in ipso anno non cecidit nix usque in nocte Felicis in pincis, tunc descendit modicum. Sed in die Agnetis descendit habundatur, et fuit frigus usque ad incensionem nove lune107. | fol. 36r| Item eodem anno, in die sancti Godehardi episcopi, venit soror Margareta de Gylten in istud monasterium, super sabbatum, anno etatis sue VI° de Nativitatis Marie108. Item ipso anno venit soror Anna Tzerstede, XIIII° kalendas Iulii. videlicet in die Marci et Marcelliani martyrum, super 3am feriam, anno etatis sue VII° de in die sancti Laurentii109. Item eodem anno iacuerunt nostrarum multe infirme in febribus et tertianis110 per totum annum et tres domus erant infirmis replete, numerus earum erat XXXIIa. Et una, nomine Gertrudis Vulle, migravit in eodem morbo. Alie que non iacuerant in febribus male valuerunt in pectore, ita quod nesciverunt cantare sive | fol. 36v| legere. Et tamen nunquam legimus horas canonicas, sed cantavimus, ut 105  Zu

93 9. März 1504

26. Februar 1504

14. Januar 1504 21. Januar 1504

4. Mai 1504

18. Juni 1504

Wichburg Tobing (Töbing) vgl. UB Lüne, n° 542, datiert um 1440 – damals ging es um ihre Präsentation, sie dürfte also im Alter von etwa 75 Jahren verstorben sein. Der 10. März 1504 war der dritte Fastensonntag (Introitus: Oculi), der Vortag das Fest der hl. 40 Martyrer von Sebaste, dieses Fest findet sich weder im Verdener, noch im Bursfelder Kalendarium, wohl aber in demjenigen des 1501 verabschiedeten und 1506 von Julius II. approbierten Breviarium monasticum (wenn auch als bloße Kommemoration). Für den 6. August 1524 verzeichnet die Klosterchronik den Tod der Elisabeth Tobing (Töbing), für den 18. September 1524 den der Anna Tobing (Töbing). 106  Sicut oculi servorum in manibus dominorum suorum etc. ist der Introitus des Montages nach dem ersten Fastensonntag – in der Fastenzeit haben die Werktage ein eigenes Proprium. Die Profeß der beiden Schwestern fand am 26. Juli 1506 statt (siehe dort). 107  Der nächste Neumond war am 4. Februar 1504. 108  Margerete von Gilten hatte ihr fünftes Lebensjahr am 8. September 1503 vollendet. Am 29. April 1509 wurde sie eingekleidet, am 1. März 1512 aus der Schule entlassen, und am 2. Juli 1513 legte sie die Ewigen Gelübde ab. 109  Anna Tzerstede hatte ihr sechstes Lebensjahr am 10. August 1503 vollendet. Die Lüner Ratsherrenfamilie Tzerstede ist im UB Lüne mehrfach repräsentiert, im Jahre 1488 war bereits Irmgard Tzerstede in das Kloster Lüne eingetreten. 110 Die febris tertiana ist ein intermittierendes, alle drei Tage wiederkehrendes Fieber – üblicherweise wird damit die Malaria bezeichnet, doch davon kann in Lüneburg keine Rede sein, weil der Erreger dort nicht verbreitet ist. Die Brust- bzw. Atemwegsbeschwerden, die im folgenden genannt werden, lassen an grippeähnliche Symptome denken (doch hätte eine normale Virusgrippe nicht das ganze Jahr gedauert). Von dem hier erwähnten Fieber, das die Kommunität das ganze Jahr 1504 über plagte, ist auch in einem der ‚Lüner Briefe‘ (Hs. 15, Lage 12, fol. 9v–10v) die Rede, die Verfasserin berichtet, daß sie selbst von der Erkrankung betroffen war und deshalb nicht viel zustande gebracht hat.

94

B. Text

optime potuimus111. Similiter cursum beate Marie virginis112, septenas113 et vigilias tam ad laborem quam post vesperas in choro numquam pretermisimus. Item ipso anno consuerunt sorores tapete, in quo continetur Yesse cum arbore114. 111 

Vgl. den Eintrag zur Erkrankung des Jahres 1499. cursus beatae Mariae virginis handelt es sich um eine alternative Bezeichnung für das ‚Officium parvum beatae Mariae virginis‘ (vgl. DACL, Bd. 12, Sp. 2012–2013), das als Votivoffizium zusätzlich nach jeder einzelnen Hore des kanonischen Offiziums rezitiert wird (nach der Prim: vor dem Officium capituli). Als Matutin wird in der Regel nur eine Nokturn (mit drei Psalmen) rezitiert, am Sonntag, Montag und Donnerstag die erste; am Dienstag und Freitag die zweite; am Mittwoch und Samstag die dritte). Das ‚Officium parvum‘ enthält im Gegensatz zum kanonischen Officium kaum veränderliche Teile, selbst die Lesungen zur Matutin werden der Verteilung drei Nokturnen folgend wiederholt, nur für die Advents-, Weihnachts- und Osterzeit gibt es andere Texte, ebenso ändern sich die Oration, sowie die Antiphonen und Versikel der Taghoren nur in diesen Zeiten. Wegen der geringen Varianz der Texte kann man dieses Votivoffizium leicht auswendig lernen, zur Rezitation wird dann kein Buch benötigt. In den monastischen Orden ist die Rezitation des ‚Officium parvum‘ zumeist geboten, für den Weltklerus ad devotionem. 113 Eine septena sind die ‚Septem psalmi poenitentiales‘ mit den anschließenden Litaneien und Orationen, wie das ‚Officium parvum beatae Mariae virginis‘ werden sie möglichst auswendig rezitiert, es ist dann also kein Buch erforderlich. Wenn es sich bei den an dritter Stelle genannten ‚Vigilien‘ auch um ein Votivoffizium handeln soll, dann wird wahrscheinlich das Totenoffizium (bzw. dessen Matutin) gemeint sein, das man zusätzlich zum kanonischen Offizium für verstorbene Konventsmitglieder, Verwandte und Wohltäter rezitierte. Wie das ‚Officium parvum‘ enthält es kaum veränderliche Teile und kann auswendig gelernt werden. Die Matutin des Totenoffiziums umfaßt prinzipiell drei Nokturnen mit insgesamt neun Psalmen und Lesungen, doch wird, wenn es als Votivoffizium verwendet wird, immer nur jeweils eine der drei Nokturnen reihum rezitiert. 114  Allgemeine Bemerkungen zu den Teppichen (Wollstickerei im ‚Klosterstich‘ auf Leinengrund) finden sich im Kommentar zur Notiz über den Sybillen-Propheten-Teppich (nach Mai 1502). Der hier genannte, 377 × 283 cm große Teppich mit der ‚Wurzel Jesse‘ hat sich im Kloster Lüne selbst erhalten (Beschreibung in Kohwagner-Nikolai, Per manus sororum (2006), n° 41, S. 354–357), er zeigt im unteren Teil auf einem Bett liegend den Stammvater Jesse, aus seinem Bauch wächst der Stammbaum, dessen erster Sproß, König David, als Kniefigur mit Harfe dargestellt ist, dann die weiteren Könige von Salomon bis Joschija, oben Maria mit Jesuskind im Lüchtenkranz, die unbefleckt empfangene ‚Frau im Sternenzeichen‘ der Apokalypse, eine Taube im Laubwerk symbolisiert den Hl. Geist. Die Wurzel hat die Form eines Weinstocks, so verweist sie zugleich auf das eucharistische Opfer Christi und auf Jn 15,4–8 (ego sum vitis vos palmites). In den Ecken des Außenrahmens finden sich die Wappen des Propstes, Nikolaus Schomaker, der Priorin, Sophia von Bodendike, und des Bischofs von Hildesheim und Verden, Berthold von Landsberg (zu bemerken ist, daß die beiden letzteren bei der Fertigstellung des Teppiches 1505 schon tot waren). Die Umschrift (Anno legis gratie millesimo quingentesimo tertio fecit domina Sophia de Bodendike consuere istud tapete per manus sororum hic in Lune degentium, ad laudem Dei, et sue dilecte matris Marie, et sancti Bartholomaei patroni nostri, anno reformationis vicesimo tertio) gibt als Beginn der Stickerei das Jahr 1503 an, das ‚23. Jahr der Klosterreform‘ (die weiterhin als zentraler Bezugspunkt gilt). Kohwagner-Nikolai (S. 357) identifiziert als Stickerinnen Gheseke Schapers, Elisabeth Hokens, Elisabeth Schneverding und Kunegunde (Cunigunde) von der Schulenburg, sie äußert die Vermutung, der Wandbehang sei in der Weihnachtszeit und am Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens zum Einsatz gekommen. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 61v) wird von der Fertigstellung des Teppichs mit folgenden Worten berichtet: Isto anno, quarta feria Circumdederunt, in die Vincentii martyris [22. Januar 1505], presentaverunt sorores G[heseke] S[chapers], E[lisabeth] H[okens], K. R., S[ophia] V[latow], E[lisabeth] S[chneve]R[ding], 112 Beim



fol. 36v–37r

Item eodem anno habuit sancta Affra prima vice commemorationem ad vesperas et ad laudes et summam missam in reformatione115. Item in ipso anno celebravimus octavam sancti Bartholomei gloriosi patroni nostri dupliciter, et fuit super sabbatum. Ab illo anno et deinceps fuit annuatim oc- | fol. 37r| tava duplex festum, sed infra octavam cantavimus missam dominicaliter116.

95 7. August 1504

31. August 1504

C[unegunde von] S[chulenburg], tapete cum Yesse. Ipsa die manserunt de collatione et de completorio [die Schwestern waren vom geistlichen Vortrag und von der Komplet dispensiert]. Altera die, quando cum calidis lapidibus [den sog. Gnidelsteinen zum Glätten] paraverunt, manserunt de vesperis, de collatione, et completorio. Ter attulerunt bonam servitiam [den Schwestern, die den Teppich zur Präsentation vorbereiteten, und deshalb von geistlichem Vortrag, Vesper, und Komplet fernblieben – vermutlich verpaßten sie auch das Abendessen – wurde bei ihrer Arbeit gutes Bier gereicht]. Et dompna priorissa dedit eis pro earum labore auream rosam apotecalem, barbam, et amigdala. Die ‚goldene Rose‘ war wohl eine kleine Klosterarbeit in Rosenform, in der Art der sogenannten ‚Paradiesgärtlein‘ (jardin clos), wie sie sich in Kloster Ebstorf in größerer Zahl erhalten haben. Die von dort bekannte Ausführung besteht aus Kunstblumen aus Kupferdraht, Pergament (als Untergrund für die Blätter und Blütenblätter) und Seide, die auf einen rechteckigen Träger aufgebracht und mit zahlreichen Reliquien sowie den dazugehörigen Authentiken umgeben wurden. Andernorts, so auch in Walrode, haben diese Paradiesgärtlein häufig die Gestalt verglaster Kästchen mit Reliquienbehältnissen oder Andachtsbildern (deren bildplastischer Inhalt, auch hier zumeist in Blumenform, konnte zuweilen auch aus Holz geschnitzt oder aus Papier gefertigt sein) – für die fraglichen Rosen gab es in Mecheln eine regelrechte Serienfertigung, vgl. Appuhn, Paradiesgärtlein (1968); ferner zu Wienhausen ders., Fund kleiner Andachtsbilder (1965); Fund vom Nonnenchor (1973). Die Barbe ist der aus weißem Leinen angefertigte untere Teil des Nonnenschleiers, der den Hals verdeckt (vgl. auch Kohwagner-Nikolai, S. 110), und dazu gab es Mandeln. 115  Die hl. Afra von Augsburg (am 7. August) findet sich im Bursfelder Kalendarium von 1493/1496 nicht (auch nicht im ‚Breviarium monasticum‘, das Julius II. im Jahre 1506 approbieren sollte, am fraglichen Tag steht dort nur der hl. Martyrer Donatus verzeichnet, lediglich im Missale des Benediktinerstiftes Melk von 1483 taucht sie auf ). Auch das Verdener ‚Necrologium‘ von 1525 kennt die hl. Afra nicht, wohl aber das handschriftliche Verdener Missale aus dem 13. Jhdt., dessen Kalendarium bei Grotefend (Zeitrechnung, Bd. 2, S. 198–201) dargestellt ist. Im Halberstädter Missale von 1511 schließlich, das mit einem Diözesananhang für Verden in Umlauf gebracht wurde, finden sich im Kalenderteil am 7. August beide Heilige, sowohl der hl. Donatus, als auch die hl. Afra, verzeichnet – beide sind simplex, im Hauptteil des Meßbuches stehen entsprechend nacheinander eine Messe des hl. Donatus mit commemoratio der hl. Afra, und eine Messe der hl. Afra mit commemoratio des hl. Donatus. Wenn nämlich die beiden Feste gleichwertig waren, konnte man sich für eines der beiden Offizien entscheiden, und das andere, jeweils nicht gewählte, erhielt eine commemoratio in (erster) Vesper, Laudes und Konventmesse (in der diözesanen Liturgie auch die letzte Lesung in der Matutin, das ist in den Bursfelder Büchern nicht vorgesehen). Der fragliche Diözesanhang (das ‚Promptuarium ecclesiae Verdensis‘) selbst bietet schließlich Donati episcopi et martyris, et Affre und verordnet das Meßformular ‚Clamaverunt‘ (das ist ‚Clamaverunt iusti‘ etc., wie am Tag der hl. 40 Martyrer von Sebaste). Die Formulierung der hier vorliegenden Chronik läßt erahnen, daß in Lüne grundsätzlich das Offizium vom hl. Donatus gesungen wurde, und daß die hl. Afra vor der Klosterreform vielleicht schon einmal eine Kommemoration hatte, die nach 1481 nicht beibehalten wurde. Nun, im Jahre 1504, entschied man sich, die Heilige doch wieder eines Gedächtnisses zu würdigen. Die Meß-Kommemoration betrifft nur die Still- und Konventmessen (d. h. nicht die allfälligen sonst vor der Prim mit Assistenz gelesenen Messen), deshalb steht hier im Text ad summam missam (wahrscheinlich wurde die Konventmesse als Hochamt, das heißt levitiert, gefeiert). 116  Das Patronatsfest des Klosters Lüne, das Fest des hl. Apostels Bartholomäus am 24. August, war im Jahre 1504 auf einen Samstag gefallen, entsprechend fiel auch der Oktavtag, der

96

B. Text

Item eodem anno in nocte sancti Magni confessoris obiit mater Gertrudis Vulle circa horam XIam super sextam feriam117. Item ipso anno in die sancti Augustini episcopi cepit noster confessor dominus Henricus Maes egrotare in tertiana. Ante festum Omnium sanctorum audivit ultima vice confessionem. In sancto die communicavimus post tertiam, ante Mariam, sub uno118. Sequenti die animarum fuit dies regularis, et tunc communicavimus ibidem. In nocte sancti Iohannis ewangeliste, post festum Nativitatis Christi, obiit, super feriam 6am, et est sepultus ad sanctam Mariam in Luneborch119. | fol. 37v| Item eodem anno feria 2a Dicit Dominus120 electus est dominus Nicolaus Crasman in confessorem, a tota congregatione

6. September 1504

28. August 1504 31. Oktober 1504 1. November 1504 2. November 1504 27. Dezember 1504

28. November 1504 21. September 1504 4. Dezember 1504

31. August, wieder auf einen Samstag. Nach dem Bursfelder Brevier (und auch im Bistum Verden) hätte der hl. Bartholomäus keine Oktav bekommen, seine ‚Aufwertung‘ ergibt sich aus seiner Eigenschaft als patronus principalis. Die während der Oktav ggf. erforderlichen festspezifischen Lesungen für die Matutin fanden sich daher nicht im Brevier (dort gab es die Oktav ja nicht), sie mußten einem ‚Octavarium‘ entnommen werden (sofern denn ein solches existierte). Wenn der Oktavtag selbst duplex war, dann hatten auch die Tage in der Oktav (die nicht schon durch andere Feste, wie dasjenige des hl. Augustinus am 28. August, oder die Enthauptung Johannes des Täufers, am 29., besetzt waren) ihrerseits alle das Proprium vom Fest (Antiphonen, Hymnen, Responsorien etc. – im römischen Ritus wären sie semiduplicia gewesen). Allerdings war dieses Oktav-Offizium nicht geeignet, dasjenige des in die Oktav fallenden Sonntages zu verdrängen, im Beispieljahr 1504 war das der 25. August: An diesem Tag bekam der hl. Bartholomäus nur eine commemoratio, Messe und Horen waren vom Sonntag. Wenn weiter berichtet wird: … sed infra octavam cantavimus missam dominicaliter, so ist damit indes – das legt zumindest das Adverb dominicaliter nahe – die Form gemeint, wie die Messe an den Tagen in der Oktav gesungen wurde, nämlich (so scheint es) wie sonntags, also mit Gloria und Credo. 117  Es gab zwei Gedenktage eines hl. Magnus – doch der andere, am 19. August, war Märtyrer, während hier der Abt gemeint ist, der sich nur im benediktinischen, nicht im Verdener Kalendarium findet. Im Jahre 1504 fiel seine commemoratio auf einen Freitag. 118  Wie oben (anläßlich der Profeß im Jahre 1488) dargestellt, dürfte die gemeinsame Kommunion (sub uno) in der Konventmesse nach der Terz nicht die Regel gewesen sein, deshalb wird sie hier erwähnt. Die Kommunionspendung in der Messe fand offensichtlich vor dem Marienaltar, das war der Hauptaltar im Chorhaupt, statt, zu den Altären der Klosterkirche vgl. Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 393–394. 119  Die Rede ist weiterhin vom Beichtvater, Heinrich Maß (Maeß), der am 27. Dezember 1504 verstarb und in der Marienkirche zu Lüneburg bestattet wurde, das war die Kirche des Franziskanerklosters westlich des Rathauses, dort war 1483 der damalige Beichtvater Konrad Winkelmann eingetreten. Diese Kirche hat sich nicht erhalten, und in den Konventsgebäuden ist heute die Ratsbibliothek. Der Todesfall findet sich auch im ‚Kurtzen Register‘, dem Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, verzeichnet (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1504 ist zu Lühne gestorben Henricus Maes, unser confessor, unser Beichtpfaffe, und begraben zu S. Marien in Lüneburg“. 120  ‚Dicit Dominus: Ego cogito‘ etc. ist prinzipiell der Introitus des 23. Sonntages nach Pfingsten (wobei nach einer mittelalterlichen deutschen Tradition nicht die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, sondern diejenigen nach der einstmals dort begangenen Pfingstoktav gezählt wurden, auch dann noch, als letztere durch das Fest Trinitatis verdrängt worden war). Wenn noch weitere Sonntage bis zum ersten Advent folgen, wird dieser Introitus an diesen dominicae vacantes



fol. 37r–v

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concorditer et unanimiter, qui fuit fidelis famulus noster in XVIII annum. Suam primam missam cantavit in die sancti Mathei apostoli, anno autem sacerdotii sui [supra lin.: XVI°] electus est in confessorem. In die sancti Barbare posuit se prima vice ad ordinem, et fuit noster confessor in XIII annum121. wieder aufgegriffen (nach der ‚deutschen‘ Zählweise hätte das Meßformular ‚Dicit Dominus‘ im Jahre 1504 also am 10., 17., und 24. November zur Anwendung kommen müssen, weil hier nach dem 23. Sonntag nach Trinitatis noch zwei weitere eingeschaltet wurden). Allerdings bestand im Bistum Verden der Brauch, in Jahren, in denen es mehr als 23 Sonntage nach Trinitatis gab, zunächst das Formular des 22. Sonntages, ‚Si iniquitates‘ einmal zu wiederholen, und erst danach an den verbleibenden Sonntagen bis zum ersten Advent ‚Dicit Dominus‘ zu singen (vgl. Grotefend, Zeitrechnung, Bd. 1, S. 46). In Verden waren im Jahre 1504 entsprechend der 3. und der 10. November ‚Si iniquitates‘, während der 17. und der 24. November ‚Dicit Dominus‘ waren. In einigen benediktinischen Gemeinschaften schließlich wurde ‚Dicit Dominus‘ überhaupt nur am letzten Sonntag vor dem ersten Advent verwendet, während an allen Sonntagen vom 22. nach Trinitatis bis zum vorletzten vor dem ersten Advent ‚Si iniquitates‘ wiederholt wurde (ebd., S. 45). In diesem Fall wäre also nur der 24. November ‚Dicit Dominus‘ gewesen. Nun soll Craßmann am Donnerstag nach ‚Dicit Dominus‘ gewählt worden sein – in Verdener Perspektive kämen also der 21. und der 28. November in Frage (beide Tage waren festfrei), doch wenn im Kloster Lüne der diözesane Kalender gegolten hätte, hätte man hier dann wahrscheinlich eine eindeutigere Formulierung gewählt. Im Umkehrschluß kann man also davon ausgehen, daß der benediktinische Brauch gegolten hat, und mithin der 28. November gemeint ist. 121  Weiter erhellt wird der Eintrag über den neuen Beichtvater, Nikolaus Craßmann, durch die Vorlage, das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 60v–61r), dort lautet die Notiz: Item dominus Nicolaus Crasman electus est in confessorem a tota congregatione unanimiter et concorditer V feria Dicit dominus. In die Barbare posuit se prima vice ad ordinem audiendo confessionem. Etiam fuit fidelis famulus noster in curia nostra in XVIII annum. Suam primam missam cantavit in die Mathei apostoli et ewangeliste, summa missa fuit de Matheo (cantrix accepit ad tertiam, et fuit sum- | fol. 36v| mum Kyrie et Sanctus), anno autem sacerdotii sui XVI. Der neue Beichtvater wurde am Donnerstag nach dem Sonntag ‚Dicit dominus‘ (am 28. November 1504, siehe oben) einstimmig von der ganzen Kommunität gewählt (also zu einem Zeitpunkt, als sein Vorgänger, Heinrich Maeß, schon länger erkrankt war, aber noch lebte – letzterer hatte erst vier Tage zuvor, am 31. Oktober, zum letzten Mal die Beichte gehört, es war wohl absehbar, daß er sich nicht mehr erholen würde, und man mochte auch nicht das Risiko eingehen, längere Zeit ohne Beichtvater zu bleiben). Am Tag der hl. Barbara, dem 4. Dezember 1504, stand Craßmann dann zum ersten Mal für die Beichten der Nonnen zur Verfügung. Er war zuvor schon 18 Jahre geistlicher Prokurator des Klosters Lüne gewesen und hatte als solcher auf dessen Stadthof in Lüneburg residiert (in dieser Eigenschaft bezeugt er im Jahre 1493 das Testament des damaligen Propstes Nikolaus Graurock, UB Lüne, n° 640, und noch im Jahre 1504 die Wahl der neuen Priorin, siehe oben zum laufenden Jahr). Es war wohl schon länger vorgesehen, daß er in das Kloster Lüne wechseln sollte, denn am 21. September, dem Festttag des hl. Apostels und Evangelisten Matthäus, war er zum ersten Mal für die Kommunitätsliturgie eingeteilt worden, anstelle des Hebdomadarius hatte er die Konventmesse zelebriert (und war wohl auch der Offiziant in Matutin, Laudes und Prim). Ab der Terz hatte dann die als Vorsängerin für die laufende Woche eingeteilte Nonne das Chorgebet angestimmt (die Horen konnten die Nonnen ggf. auch ohne priesterlichen Offizianten rezitieren), währenddessen konnte Craßmann in der Sakristei die liturgischen Gewänder für das unmittelbar folgende Hochamt anlegen (die Terz mußte er dann später privatim nachholen). Die Formulierung suam primam missam ist nicht ganz eindeutig, man könnte meinen, es handelte sich um seine erste Messe überhaupt, die Primiz – doch er war, wie die Verfasserin ergänzt, im 16. Jahre seines Priestertums, also 1488 oder 1489 geweiht. In dieser Messe wurde das Ordinarium (Kyrie, Gloria, Sanctus, Agnus Dei) nach der Melodie für die höchsten Feste gesungen – man könnte an die heutige römische

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B. Text

| fol. 38r| Anno domini etc. V°, Littera tabularis C., Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis V, Dictio tabularis ‚Cordis‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis E, Aureus numerus V, XIIII° kalendas Februarii Circumdederunt, X° kalendas Aprilis dies Pasche, V° ydus Maii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno in profesto sanctorum martyrum Tyburtii et Valeriani, dominica Iubilate, mutaverunt habitum quatuor sorores et una conversa, A[lheydis] ST[üver]. etc.122

19. Januar 1505 23. März 1505 11. Mai 1505 30. November 1505 13. April 1505

Messe IV (Kyrie ‚Cunctipotens genitor Deus‘) denken. Die procura für das Kloster Lüne konnte Craßmann schon übernehmen, bevor er die höheren Weihen empfangen hatte (wenn sie mit einem beneficium dotiert war, mußte er allerdings mindestens Kleriker sein), er hatte sie offensichtlich schon seit 1486 inne (im Gegensatz zur Chronik scheinen die Aufzeichnungen des ‚Amtsbuches‘ in der Regel nicht die Kenntnis der zum Tagesdatum künftigen Ereignisse vorauszusetzen, der fragliche 18-jährige Zeitraum muß also als 1504 erfüllt betrachtet werden). Auch im ‚Kurtzen Register‘, dem Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne ist die Wahl verzeichnet (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1505 [tatsächlich 1504] ist wiederümb erwehlet worden zu unserem confessor (Beichtpater) Nicolaus Crasmann, und gelebet 18 Jahr, welcher Anno 1516 resigniret und abgedancket, und Anno 1517 gestorben und in vigilia Exaltationis [13. September 1517] auff unsem Kloster Kirchhofe begraben, deme gefolget und succediret Hinricus Renert“. 122  ‚Iubilate Deo omnis terra‘ etc. ist der Introitus des dritten Sonntages nach Ostern. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 62r–62v) enthüllt die Namenskürzel der übrigen Kandidatinnen, die an diesem Tag eingekleidet wurden: Item isto anno, idus Aprilis, in profesto sanctorum martyrum Tyburtii et Valeriani, dominica Iubilate, mutaverunt iste sorores habitum: A[lheydis] ST[üver], M. C., A[nna van der] M[olen], A. C., et M[argarete] SA[nders], conversa. Sabbato ad vesperas iverunt solutis crinibus cum victas [i. e. vittis] et coronis, et steterunt in choro coram cantrice illos duos dies. Dominica die ad ‚Vidi aquam‘ aspersit domina priorissa primo sponsas, deinde suppriorissam, et conventum per choros. M. S. E. fuit ebdomadaria, et legit versum cum collecta super aspersionem in sua sede. Cursum beate Virginis omisimus ad 3 am et ad 6 am, et ad alias horas semper legimus. Missa conventualis fuit ‚Resurrexi‘, summum Kyrie et Sanctus, 2 m Alleluia ‚Su[r]rexit altissimus‘ de dominica ‚Iubilate‘, sequentia ‚Laudes salvatori‘. Statim post aspercionem veniebat dominus prepositus in chorum, cum sacerdotibus, et cantavit missam. Paren- | fol. 62v| tes fuerunt ibi etiam presentes totam missam. Finita missa iverunt omnes pariter de choro. Illo die non intraverunt claustrum, sed habuerunt qu[i]libet proprium diem, quod claustrum perspexerunt. In illa septimana, in 3 a feria, fuerunt A[lheydis] ST[üver] et A. C. parentes hic intus. Soror A[lheydis] ST[üver] mater dedit ei ad vestionem argenteam ymaginem sancte Aldegundis, sorores quelibet argenteum coclier, Schelesche et Berdewikesche quelibet I um postulatensem fi; item M. C. mater argenteum bacarium, due tradite sorores quelibet r[henensem] fi, et minima soror postulatensem fi; item A[nna van der] M[olen] pater I om nobulem, mater dimidium nobulem; sororius M. Schelepe pers[onaliter] lubicensem fi, soror argenteum coclier, A. Senwerdingh r[henensem] fi; item A. C. mater argenteam ymaginem sancte Clare, Berdewikesche coclier,



fol. 38r–v

Item ipso anno venit in istud monasterium soror Elyzabeth Nyebures, in die sancti Oswaldi, super 3am feriam, anno etatis sue XII° | fol. 38v| de dominica ante Martini123. Item eodem anno venit in hoc monasterium soror Margareta Wychtembeke, XVII° kalendas Decembris, in profesto sancti Oth-

99 5. August 1505

15. November 1505

Bromesche et Heymansche quelibet postulensem fi. Am Vorabend und am Tage ihrer Einkleidung kamen die Mädchen mit offenen Haaren in die Klosterkirche, sie trennten sich von ihren Haarbändern (vittae – der Ablativ vittis ist verschrieben zu victas, bei der Einkleidung wurden ihnen die Haare geschnitten), und von den ‚vorläufigen‘ Nonnenkronen, die sie bei ihrer Aufnahme in das Kloster bekommen hatten (vgl. Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. 136, Beschreibung im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 2v). Fortan, nach ihrer Einkleidung, sollten sie nur noch den Schleier tragen (und die endgültige Krone, dann unter dem Schleier verborgen, gab es ggf. im Rahmen einer besonderen Nonnenkrönung, aber erst nach der Profeß). In der Vesper des Vorabends, im Nachtoffizium, in Prim und Terz, und zu Beginn der Messe, in der sie eingekleidet werden sollten, hatten die Kandidatinnen noch keinen Platz im Chorgestühl, sie standen daher mit der Vorsängerin mittig zwischen den (einander gegenüberstehenden) Bankreihen. An dem von den Feierlichkeiten beanspruchten Sonntag unterließ man die gemeinschaftliche Rezitation des ‚Officium parvum beatae Mariae virginis‘ nach der Terz und nach der Sext, nach dem Liber Ordinarius der Bursfelder Kongregation war das erlaubt (LO Bursfeldensis II, cap. 5, Schmidt, S. 175). In der Osterzeit wird zur Austeilung des Weihwassers (bei der Einzugsprozession) das ‚Vidi aquam‘ statt des ‚Asperges me‘ gesungen, eigentlich ist die Besprengung Aufgabe des Zelebranten, die genannte Subpriorin ist wohl Wichburg Provest (vgl. UB Lüne n° 667, vom 30. August 1510). M. S. E. war die Hebdomadarin, also die Vorbeterin für die laufende Woche, beginnend mit der Vesper am Samstagabend, sie intonierte die dazugehörigen Versikel (‚Ostende nobis, Domine, misericordiam tuam‘ etc.) mit der Oration (‚Exaudi nos, Domine, sancte Pater‘ etc.) … auch das obliegt eigentlich dem Priester, der die Messe zelebriert. Für diese Messe, in der die Einkleidung stattfinden sollte (sicher das Konventamt nach der Terz) wählte man das Formular von der Osternacht, mit dem Introitus ‚Resurrexi, et adhuc tecum sum‘ etc., nur der zweite Alleluiavers (Surrexit altissimus de sepulcro qui pro nobis pependit in ligno – eine Textvariante zu ‚Surrexit dominus‘ etc.) wurde aus dem Meßformular des Tages (also des dritten Sonntages nach Ostern) genommen (Missale Bursfeldense, 1498, fol. 101r, im römischen Missale findet sich dieser Vers stattdessen am Dienstag in der Osteroktav, während der zweite Alleluiavers für den Sonntag Iudica dort ‚Christus resurgens ex mortuis‘ etc. lautet). Das Meßordinarium wurde nach der Melodie für die höchsten Feiertage gesungen – jetzt, in der Osterzeit, sollte man an die heutige römische Messe I (Kyrie ‚Lux et origo‘) denken. Die Sequenz, ‚Laudes salvatori voce‘ etc. (zugeschrieben Notker von St. Gallen), gehört wiederum in die Messe des Ostersonntages, dort findet sie sich auch im Missale der Bursfelder Kongregation (fol. 92v; vgl. Rosenthal, Sequenzen (1983), S. 162), das das bekanntere ‚Victimae paschali laudes‘ den Tagen in der Osteroktav vorbehält. Die Eltern der Kandidatinnen wohnten der Messe mit der Einkleidung in der Klosterkirche bei, an den folgenden Tagen erhielten sie die Gelegenheit, in Kleingruppen den Klausurbereich des Klosters zu besichtigen (eine nicht unumstrittene Praxis, die Bedingungen dieser Besuche finden sich im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, auf fol. 4v–5v angegeben, dort ist genau geregelt, welche Räume der Propst den Gästen im Einvernehmen mit der Priorin zeigen darf, etwa den Nonnenchor, das Refektorium, und die Werkstätten, aber nicht die Zellen oder die Wirtschaftsräume, in denen es „nichts erbauliches zu sehen gibt“, wer mit den Gästen sprechen darf, nämlich niemand, der dazu nicht von der Priorin ermächtigt ist, und ob die Gäste im Kloster bewirtet werden dürfen, die Rede ist von Torten und Latwergen, die ihnen normalerweise nicht verabreicht werden sollen, doch kann der Propst die Erlaubnis zu einem gemeinsamen Mahl der Gäste mit den Nonnen erteilen, das vor 16.00 Uhr beendet sein muß). Hier im Amtsbuch werden im Folgenden auch die Geschenke aufgezählt, die die Eltern ihren Töchtern und anderen Nonnen zu dieser Gelegenheit machten – die Lesung wird dadurch verunklart, daß die Redakteurin hier auf den Gebrauch des Datives und des Genitives

100

B. Text

mari confessoris, super sabbatum, anno etatis sue X° in die sancti Georgii124. Item in ipso anno dominus prepositus N[ikolaus] S[chomaker] perexit Hyltensem125, feria 4a post Egidii, et ibidem cepit egrotare in febribus. In vigiliam Exultationis sancte Crucis veniebat re126 ad locum istum, et eadem febre erat gravatus usque Michaelis. Et in eodem die perexit in civitatem Luneborch sedens in currum, ibique iacuit in tertiana usque quando migravit, in vigilia Purificationis Marie127. Item eodem anno fuit festum Annuntiationis beate Marie virginis 3a feria Pasche, et celebra- | fol. 39r| batur solito more sabbato ante Domine ne longe, sed feria 3a Pasche, quando fuit rectus dies, tunc can-

3. September 1505 13. September 1505 29. September 1505 1. Februar 1506

15. März 1505

weitgehend verzichtet, Schenker wie Beschenkte stehen meistens im Nominativ. Die Eltern der Adelheid Stüver schenkten ihrer Tochter zur Einkleidung ein silbernes Bildnis der hl. Adelgundis, an deren Festtag sie geboren worden war (vgl. Eintrag zum 17. März 1501), einer jeder der übrigen (an diesem Tag eingekleideten) Schwestern einen silbernen Löffel, zudem der Anna Schele und der von Bardowick jeweils einen Postulatsgulden; die Mutter der M. C. gab – so scheint es – ihrer eigenen Tochter einen silbernen Becher, den beiden älteren der mit ihr eingekleideten Schwestern jeweils einen Rheinischen Gulden, und der kleinsten einen Postulatsgulden; Anna van der Molen erhielt einen Nobel (englische Goldmünze) von ihrem Vater, und einen halben von ihrer Mutter, wem wessen Schwager einen Lübischen Gulden schenkte, wird nicht ganz klar, ebenso bleiben Spender und Empfänger eines silbernen Löffels im Dunkeln, und jemand aus der weitverzweigten Familie Schneverding gab oder bekam einen Rheinischen Gulden; die Mutter der A. C. schenkte – wahrscheinlich ihrer Tochter – ein silbernes Bildnis der hl. Clara, die vorgenannte von Bardowick bekam einen Löffel, und Gertrud Bromes und eine weitere Nonne jeweils einen Postulatsgulden. Zu dieser Passage vgl. auch Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. 142; 146. 123  Elisabeth Niebur (Nyebur) hatte ihr elftes Lebensjahr am 10. November 1504 vollendet. Am 29. April 1509 wurde sie (relativ bald, angesichts ihres fortgeschrittenen Alters) eingekleidet, am 30. September 1511 aus der Schule entlassen, und am 2. Juli 1513 legte sie die Ewigen Gelübde ab. Sie starb am 27. August 1525, im Alter von 31 Jahren. 124  Margarete Wychtenbeke (wohl verschrieben aus ‚Wittenbeke‘) hatte ihr neuntes Lebensjahr am 23. April 1505 vollendet. Am 29. April 1504 wurde sie eingekleidet, am 2. Juli 1513 empfng sie die Nonnenkrönung. Der hier zur Datierung des Eintrittes herangezogene hl. Othmar findet sich nur im benediktinischen, nicht im Verdener Kalendarium. 125  Nach dem Tode des Berthold von Landsberg bestand die Personalunion zwischen Hildesheim und Verden nicht weiter, der neue Bischof von Verden, Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel, war bei seinem dortigen Amtsantritt schon Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge im Erzbistum Bremen. Neuer Hildesheimer Bischof hingegen war zunächst (1502) Erich II., dann (ab 1503) dessen Bruder Johannes IV. von Sachsen-Lauenburg. Was auch immer den Lüner Propst also nach Hildesheim geführt haben mag – ein amtlicher Besuch beim zuständigen Ortsbischof des Klosters war es nicht (meistens residierten die Hildesheimer Bischöfe ohnehin nicht in der Stadt, sondern in Steuerwald), eher stand die Reise mit einer Domherrenstelle in Zusammenhang, die Schomaker in Hildesheim besaß. 126  Die Formulierung veniebat re ist deutsch gedacht – ‚er kam zurück‘. 127 Wie im Vorjahr schon dem Beichtvater, Heinrich Maeß, wird auch dem scheidenden Propst ein intermittierendes, in dreitägigem Abstand wiederkehrendes Fieber attestiert. In südlichen Gefilden würde man eine Malaria-Erkrankung vermuten, doch der Erreger (bzw. die als Zwischenwirt erforderliche Mückenart) ist in Lüneburg nicht verbreitet.



fol. 38v–39v

101

taverunt sacerdotes antiphonam ‚Hec est dies‘, post vesperas, in organis, et antiphonam ‚Regina celi‘ omiserunt128. | fol. 39v| Anno domini etc. VI°, Littera tabularis .C, Dominicalis erat D, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Deposcite‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis F, Aureus numerus VI, VI° ydus Februarii Circumdederunt, Pridie ydus Aprilis dies Pasche, Pridie kalendas Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno in vigilia Purificationis virginis Marie, dominica 2a Adorate, de nocte, hora prima obiit dominus Nicolaus Schomaker qui fuit noster prepositus in XIII annum, cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in pace. Amen129.

8. Februar 1506 12. April 1506 31. Mai 1506 29. November 1506 1. Februar 1506

128  In diesem Jahr fiel das Fest Mariä Verkündigung (25. März) auf den Osterdienstag. Seine Feier wurde nicht etwa am nächstfolgenden freien Tag (nach dem Weißen Sonntag) nachgeholt, sondern vielmehr vorverlegt – auf den Samstag vor dem Palmsonntag (Introitus: ‚Domine, ne longe‘ etc.), das war in diesem Jahr der 15. März. Entsprechend wurde am eigentlichen (kalendarischen) Festtag, dem 25. März, dann das Offizium vom Osterdienstag gesungen (‚Haec [est] dies quam fecit dominus, exultemus et laetemur in ea‘ aus Ps. 117 ist die Antiphon, die vom Ostersonntag bis zum Weißen Samstag in Laudes und Vesper an die Stelle von Capitulum, Hymnus und Versikel tritt), die marianische Antiphon für die Osterzeit (‚Regina coeli, laetare, alleluia‘, etc.) wurde weggelassen. Zumindest in der Vesper gab es also keine commemoratio des verschobenen Festtages – nach der Komplet hingegen dürften die Nonnen das ‚Regina coeli‘ mit Versikel (‚Gaude Dei genitrix, virgo Maria, alleluia‘ etc., anstelle des römischen ‚Gaude et laetare‘ etc.) und Oration (‚Gratiam tuam, quaesumus Domine, mentibus nostris infunde‘ etc., statt des römischen ‚Deus qui per resurrectionem‘ etc., vgl. Breviarium Bursfeldense 1493, pars aestivalis, proprium de tempore, fol. Ir) ohnehin gesungen haben, denn das mußten sie an jedem Tag von der Ostervigil bis zum Freitag in der Pfingstoktav (nur bis zum Freitag, weil die Komplet am folgenden Samstag schon von Trinitatis war, da wurde dann schon ‚Salve, regina‘ gesungen). Es ist zu bemerken, daß die gregorianischen Stücke des Offiziums bis zum 19. Jhdt. nicht durchgängig zu einer Orgelbegleitung gesungen wurden – und wenn zu festlichen Anlässen die Orgel zum Einsatz kam, dann oft strophen- bzw. versweise abwechselnd mit der Sänger[innen]schola. In Ebstorf war eine (vorher offenbar schon existente) Orgelbegleitung zum Offizium anläßlich der Klosterreform abgeschafft worden, diese Maßnahme war bei einigen Konventualinnen auf Unverständnis gestoßen, vgl. die ‚Ebstorfer Tischlesung, in: Borchling, Litterarisches und geistiges Leben (1905), S. 389. 129  ‚Adorate Deum omnes angeli eius‘ etc. ist der Introitus des dritten (nicht des zweiten) Sonntages nach Epiphanie, der in diesem Jahr auf den 25. Januar fiel. Das Formular wird bis Septuagesima wiederholt, und so war am 1. Februar (am Vortag des Festes Mariä Lichtmeß) zum zweiten Mal ‚Adorate‘. Von der Erkrankung Schomakers war bereits in einem Eintrag zum Vorjahr die Rede, am 1. Oktober 1505, zwei Tage nach seinem Eintreffen in Lüneburg, hatte er sein (erstes)

102

B. Text

Feria VIa Circumdederunt, in profesto sancti Valentini, veniebat Iohannes Lor- | fol. 40r| bere in curiam, hora 2a post prandium. Dominica Exurge, de mane hora VIIIa, est electus in capitolio coram testibus: Abbas de sancto Michaele cum suo fratre, prepositus de Wynhusen, duo proconsules, duo consules, noster confessor, unus cappellanus, II° scholares interfuerunt electioni130.

13. Februar 1506

15. Februar 1506

Testament aufgesetzt (UB Lüne, n° 661). Dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 64r) ist zu entnehmen, daß der Propst am 26. Januar 1506 um 14.00 Uhr die Sterbesakramente empfangen hatte, am selben Tag hatten sich die beiden Bürgermeister, Jakob Schomaker und Hartwig Stöterogge, ins Kloster Lüne begeben, um die bevorstehende Neuwahl zu besprechen (siehe unten). 130  ‚Exsurge, quare obdormis, Domine‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Sexagesima. Die Wahl des neuen Propstes, Johannes Lorber (er sollte bis 1529 bleiben, als Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg im Rahmen der lutherischen Reformation seinen Rücktritt erzwang), fand im Kapitelsaal des Klosters statt, ausweislich der hier vorliegenden Chronik wohnten der Wahl als Zeugen bei: Der Abt des Benediktinerklosters St. Michael in Lüneburg, Boldewin II. von Mahrenholz (im Amt 1505–1532, verschwägert mit Alverich von Bodendike, er starb an einem Schlaganfall, als der neue Prior, Herbord von Holle, den Mönchen das lutherische Abendmahl verabreichte, ausführliche Darstellung in: Weyhe-Eimke: Die Äbte des Klosters St. Michaelis (1862), S. 122–142; vgl. Reinhardt, Lüneburg. St. Michael (1979), Germania benedictina, Bd. 6, S. 344); dessen Bruder Johannes von Mahrenholz, später Domdechant zu Halberstadt, der 1516 gegen den Willen des Herzogs zum Propst in Medingen gewählt wurde und das Amt erst 1519, nach dem Tod des herzoglichen Kandidaten und einer neuerlichen Wahl, antreten konnte (vgl. Reinhardt, Medingen (1994), Germania benedictina, Bd. 12, S. 525; 540); der Propst des Zisterzienserinnenklosters von Wienhausen, Johannes Lunde (im Amt 1502–1507, vgl. Leerhoff, Wienhausen (1994), Germania benedictina, Bd. 12, S. 782); die vier genannten Vertreter des Lüneburger Rates (deren Präsenz das Interesse der Stadt an der Wahl dokumentiert), und zwar die beiden proconsules (Bürgermeister) Jakob Schomaker und Hartwig Stöterogge, wie sich dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ entnehmen läßt (siehe unten), und zwei Ratsherren (consules); ferner der neue Beichtvater Nikolaus Craßmann (siehe oben den Eintrag zum Jahre 1504); ein capellanus, vielleicht der im Jahre 1504 anläßlich der Wahl der Mechthild Wilde genannte Johann Tegeler; und zwei namenlose scholares. Allerdings war dies nur die förmliche Wahl vor Zeugen, auf Initiative der Priorin hatten sich die Schwestern nämlich schon am 30. Januar (also am letzten Lebenstag des alten Propstes) formlos (und in Abwesenheit der allgegenwärtigen Bürgermeister) auf Lorber als neuen Propst geeinigt. Nähere Einzelheiten zur Wahl finden sich im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 64v–66r, zu beobachten ist, daß die dort genannte Liste der Zeugen von derjenigen, die sich hier in der Chronik findet, abweicht, obwohl der restliche Wortlaut des ‚Amtsbuches‘ zum Teil in die Chronik übernommen wurde, eine Abhängigkeit also durchaus besteht). Am 26. Januar, an dem Tag, an dem der alte Propst auf seinem Krankenlager in Lüneburg die Sterbesakramente empfangen sollte, hatten sich die beiden Bürgermeister nach Lüne begeben, um mit den Nonnen die bevorstehende Neuwahl zu besprechen, dazu versammelten sie die älteren Konventsmitglieder in der Sakristei (fol. 64r: Ipsa die, de mane, hora die[i] octava, venerunt proconsules, videlicet heer Jacobus Schomaker et Hertwicus Stoterogge, in armarium, propter electionem novi, ibi fuerint presentes seniores, usque ad M. S.), die Sitzordnung der Profeßschwestern im Chor und überhaupt ihre Rangfolge untereinander ergab sich aus ihrer Anciennität, also dem Profeßalter, einbestellt wurden mithin M. S. selbst, und alle Schwestern, die gleichzeitig mit oder zeitlich vor ihr die ewigen Gelübde abgelegt hatten. Am Donnerstag, den 29. Januar, gab es dann eine Krisensitzung, weil Nikolaus Schomaker nach dem Empfang der Sterbesakramente noch versucht hatte, sein Testament zugunsten seiner Freunde (und zuungunsten des Klosters) zu ändern, die hinzukommenden Bürgermeister versprachen, sich gegen die Gültigkeit dieser allerletztwilligen Verfügungen zu verwenden (unter anderem sollte Schomaker aus seiner Hinterlassenschaft den Druck des ‚Etherologium‘, einer Gedichtsammlung seines Freundes Hinrich Boger finanzieren, der Band



fol. 39v–40r

Item ipso anno, sabbato ante Reminiscere, fecit frater Nicolaus modo collationem in armario de indulgentia quam papa illo anno dedit, et de confessione131.

103 7. März 1506

erschien 1506 bei Barkhusen in Rostock, vgl. dazu einen Brief Bogers an Schomaker, in Lüne, Hs. 15, Lage 2, fol. 14v – Lage 3, fol. 1r. Derartige Ausgaben gingen natürlich zu Lasten des Klosters, das entsprechend weniger erbte). Ferner galt es auch, die Schlüssel des scheidenden Propstes sicherzustellen. Jakob Schomaker sagte zu, den Nonnen dessen Klosterschlüssel auszuhändigen, nicht aber diejenigen seines Wohnhauses im Klosterbezirk (fol. 64v: Ipsa die, post nonam, convocavit domina priorissa matres et sorores usque ad V. C., et dixit de testamento quod fecit post unxionem suis amicis, claustro valde modicum, et statim iterum venerunt proconsules in armarium qui dixerunt quod testamentum secundum non ligaret, ipsi vellent disponere, nos tamen de electione concordaremus, et requisimus claves monasterii, et dixit heer Jacobus [Schomaker], quod claves ad claustrum nobis vellet reddere, sed ad prepositi domum non). Am Folgetag, Freitag, dem 30. Januar, unterbreitete die Priorin ihren Mitschwestern den Vorschlag, den Kleriker Johannes Lorber zum neuen Propst zu wählen. Dazu befragte sie alle Konventualinnen und erlangte ihre Zustimmung. Auch wenn die ‚offizielle‘ Wahl vor Zeugen erst einige Tage später erfolgen sollte, lag die entscheidende ‚inoffizielle‘ Absprache über die Person des Nachfolgers also schon zu Lebzeiten seines Vorgängers vor (fol. 64v: Feria sexta statim post capellam dixit priorissa toto conventui de electione, et interrogavit unamquamque personam, si essent contente de Johanne Lorbere, et responderunt omnes: „quod vobis placet“). In der Mittagsrekreation verschaffte sie sich, begleitet von einigen Zeuginnen, Zugang zur Wohnung des alten Propstes (fol. 64v–65r: Ipsa die inter spatium fuit priorissa cum senioribus in prepositi domo, qualiter intraverunt, hoc nescio). Am Sonntag, den 1. Februar, morgens nach der Prim, verkündete die Priorin dem Konvent das in der Nacht erfolgte Ableben des Nikolaus Schomaker, und sogleich begann man mit dem Totenoffizium und den Gebeten um eine gute Neuwahl. Nach der ersten Messe wurden die Zeugen für die förmliche Wahl des neuen Propstes bestimmt – dazu präsentierte sich, angeführt vom Beichtvater, Nikolaus Craßmann, das ganze männliche Gefolge des Konventes. Es waren die Bürgermeister, die den Nonnen zu dieser Maßnahme geraten hatten, um sicherzustellen, daß ihnen wegen dieser Wahl später keine Auseinandersetzungen mit dem Herzog drohten (fol. 65r: Missa finita, statim interfuit confessor capitolium cum scholaribus; Johanne, custode; organista, O[t]tone; cellerario, Joachim; et fratre Johanne, dispensatore, qui fuerunt testes ad novum electum, et imploravimus Spiritum Sanctum legendo psalmu[m] ‚Ad te levavi‘ cum antiphona ‚Veni, Sancte Spiritus‘, et [hoc] flexis genibus, et interrogaverunt unamquamque. Consules suaserunt nobis, ut nostram familiam pro testibus acciperemus, ne ipsi cum duce ad tedium venirent propter nos). Am Mittag, nach der Sext, kamen die beiden Bürgermeister wieder, Verdruß bereitete weiter das Testament des alten Propstes, und auch der Umstand, daß die Priorin schon eigenmächtig in dessen Wohnung eingedrungen war (fol. 65v: Finita sexta venerunt iterum II prenominati proconsules ad capitulium, propter electionem novi. Ipsis capitolium exeuntibus rixavit heer Jacobus cum priorissa propter testamentum, et quod sine suo s[c]itu in prepositi domo fuerit). Am 5. Februar kamen dann die Testamentsvollstrecker, betraten mit Zeugen die Wohnung des alten Propstes, und stellten das Inventar auf (fol. 65v: Item in die Agathe virginis et martyris fuerunt hic testamentarii, et inierunt in domum et scripserunt omnia quid ibi fuit, cum nostris hominibus). Der designierte neue Propst, Johannes Lorber, traf am Freitag, den 13. Februar, in Lüne ein (fol. 65v: Feria VIa Circumdederunt in profesto sancti Valentini, veniebat dominus Johannes Lorbere ad locum istum, hora 2a post prandium). Am Folgetag, Samstag, dem 14. Februar, wurde beschlossen, seine neuerliche (altera vice), nun förmliche Wahl und Amtseinführung auf den Sonntag anzusetzen, und die beiden Bürgermeister sagten ihr Kommen zu (fol. 65v–66r: In sabbato dixit mater V. P. ad capitulum, quod dominica die deberet introduci. De vespere demandaverunt proconsules, quod de | fol. 66r| mane vellent hic esse, et vellent eum altera vice eligere coram testibus). Am nächsten Morgen fanden sich dann, neben den übrigen Zeugen, und dem Prior von Wienhusen, auch der Abt von St. Michaelis (der am 1. Februar schon einmal in Lüne gewesen war und einen Brief des Herzogs mitgeteilt hatte), sowie dessen Bruder (der später Propst in Medingen werden sollte, siehe oben) im Kapitelsaal ein.

104

B. Text

Quarta feria Reminiscere posuit se confessor ad ordinem, et fecimus confessionem super indulgentiam. Septem ecclesias visitavimus infra

11. März 1506

Der Abt sprach den Segen, der Kandidat bekam die Gelegenheit ein Schreiben vorzutragen (vielleicht ein Fehler der Verfasserin, man hätte erwarten sollen, daß Lorber seiner Wahl nicht selbst beiwohnte, und daß stattdessen die Priorin die kanonischen Beglaubigungsschreiben seines Ordinarius vortrug). Nach erfolgter Wahl verließ man den Kapitelsaal und begab sich in die Klosterkirche, wo der Beichtvater, Craßmann, Lorber das Wahlergebnis verkündete (fol. 66r: In dominica die, hora […] VIII venerunt ad capitolium, videlicet abbas de sancto Michaele; cum suo fratre; prepositus de Winhusen; due prenominati proconsules; nostri sulfmestere, heer Johann Snewerdingh, heer Johann Daringh; noster confessor; et scolares octo; et custos. Abbas dixit ‚Benedicite‘, deinde legit noster prepositus litteram. Et quando iverunt de capitolio, tunc dixit confessor in ecclesia preposito quod esset electus). Ein Rückblick auf die Wahl des 1539 verstorbenen Johannes Lorber findet sich auch in dem deutschen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne (Klosterarchiv A 10/15), der Anfang des 17. Jhdts. redigiert wurde und offensichtlich aus der hier vorliegenden lateinischen Klosterchronik schöpft (S. 21–22, Text bei Brandis, Quellen, S. 386–387): „Folgett wie eß mit der Wahl eines praepositi, absonderlich Herrn Johan Lorbern ist, mit seinem Absterben und Tode ist zugegangen. Anno 1506 in vigilia Purificationis, des Tages vor Marien Reinigung oder Lichtmeßen, starb Herr Nicolaus Schomaker, der unser praepositus war und unser Verwalter aller unser Güter, und zwar in die 13 Jahre, und lag von S. Michaelis an biß an sein Ende in Lüneburg. Sein Bruder, Herr Jacobus Schomaker, Bürgermeister, recommendirte unß den Johannem Lorber, der auch auff und durch unser Schreiben beruffend zu Lühne auffn Hofe kam. Von deßen Erwehlung schrieb der Fürst an das Closter, welcheß der abbas von S. Michaelis in Lüneburg vor dem Fenster denen Closterjunffern vorlaß. Da folget nun, waß daß Closter für Ceremonien gebrauchet bei Introduction dieses neuen praepositi: wie nemlichen nach allen geendigten Missen, Klockenklange, Collecten etc. der Hertzog Henricus und die Hertzogin, der Herr praepositus etc. ins Capittelhauß sein gegangen, da den einer, so da genennet wird Otto, den Confirmationsbrieff abgelesen, worauff der neue praepositus knieend in aller Gegenwart einen Eid ablegen müßen, daß er dem Closter treu sein wolle, etc.; nach dieser Confirmation hatt der Fürst dem Convente zugeredet also: wie sie nun einen nach ihrem Gefallen von seinen lieben Getreuen erwehlet, und er ihn ihnen adjungiret und confirmiret, dem Kloster wol vorzustehen und es zu verthetigen. Drauff hatt der Fürst und Fürstinne im Capittelhause unß allergnädigst valediciret, etc.; voraus zu ersehen, das nicht nur zur Reformationszeit unsers gnädigen Fürsten und Herren seelige Vorfahren (christmilder Gedächtniß) über dieses Closter Macht bekommen [gestrichen: gehabt], sondern schon, da es noch im Papstum gewest, dieselbe albereits an ihme gehabt. [in marg.: Am S. Vits Tage, in die Vitalis] Dieser Johan Lorber, praepositus, ist feria 2 da post Iubilate, id est am Dienstage nach Jubilate [tatsächlich: Montag] Anno 1539 des abendß nach 7 Uhr gestorben, der da jährlich auß den Salzgütern 500 Taler zu haben hatte, und in dem großen Hause des Closters un Lüneburg mit unser Werdinne (Wirthinne) wohnete (weiln auch ander Leute unser Hauß inne hatten zu bewohnen), und zwar von der Zeit an, da er abgesetzt und von unserm Hofe gleichsahm verjagt worden war. Daß andern Tages nach seinem Tode ward eß unß angesaget, das er wäre gestorben, und wir sandten zu Johann Döring, einen guten Freund zu bitten, das der herauß käme, unß und die domina zu trösten, welches den Ludolph Stöterogge that, aber sie konten unß doch nirgend womit helffen, wie eß unß woll wäre hochnöthig gewest. Er war darauff am [gestrichen: des] abends begraben zu S. Lambert vor dem großen Altare, in Linnen [gestrichen: Kappe] eingewickelt. Also wurden die Priester und Geistlichen begraben, weiln doch die Lutheraner nichtes halten auff die Geistlichkeit. Den LeichenStein hatt er ihme bei seiner Lebenßzeit zu rechte machen und behauen laßen“. Mehrfach hatte sich das Kloster Lüne das Recht auf die freie Wahl des Propstes durch die Kommunität bestätigen lassen (durch Papst Gregor XI., am 5. Oktober 1373, in: UB Lüne, n° 366, vgl. n°s 367–369; 445; 496; 514). Inwieweit die Herzüge von Braunschweig-Lüneburg die Vogteirechte (mit einem Nominationsrecht für die Pröpste) über die Klöster in ihrem Herrschaftsbereich beanspruchen konnten, war umstritten, bei der Gesamtbelehnung durch Maximilian I. im Jahre 1495 hatten sie sich entsprechende Rechte bestätigen lassen (Wolgast, Einführung der Reformation, 2014, S. 52).



fol. 40r–v

monasterium. Primam ecclesiam tenuimus in choro, 2am ante hostium ecclesie, 3. ante Mariam, 4. in armario, 5. in capitolio, 6. in refectorio, VIIam in infirmitorio, et legimus V Pater | fol. 40v| noster et Ave Maria in quolibet loco132. Etiam legit confessor litteram de indulgentia ante communionem, post ‚Miser[e]atur‘, in die sancti Benedicti, et in die Annuntiationis Marie133.

105

21. März 1506 25. März 1506

131  Der geistliche Vortrag des Beichtvaters, Nikolaus Craßmann, hatte den Ablaß, den Julius II. in der gegenwärtigen Fastenzeit gestiftet hatte, zum Gegenstand. Wesentliche Voraussetzung zu seiner Gewinnung sind Beichte, Kommunion, Gebet nach der Meinung des hl. Vaters, und der Besuch von sieben Kirchen, die für die sieben Patriarchalbasiliken der Stadt Rom stehen, so daß der Begünstigte einen Teil der Ablässe, die sonst einer Wallfahrt nach Rom vorbehalten sind, gleichsam zu Hause, in seiner eigenen Region erlangen kann – zu solchen Gelegenheiten wurden zuweilen sieben bestimmte Kirchen in der jeweiligen Region benannt, die es im fraglichen Zeitraum anstelle der römischen Stationskirchen zu besuchen galt, in Helmstedt etwa lautete die Bestimmung des Ablasses (im Jahre 1489): „dat se mosten gan to VII Kerken, alze to Rom de Woenheit is in dem Gulden Jare, de hir worden mit des Pawes Wapen uthgemarket unde geteekent, by namen: Sunte Steffens, Sunte Luders, Unser Leven Fruwen Berch, to den Augustyneren, to Sunte Jurgen, Sunte Wolbergen unde de Capelle up dem Grawenhoue“ etc. – es folgen die gewöhnlichen Ablaßbedingungen, aus Miedema, Indulgentiae (2003), S. 450, ähnlich z. B. auch Braunschweig oder Minden anläßlich des im Rahmen der Legation des Nikolaus Cues verliehenen Ablasses (ebd., S. 448). Weil die Nonnen aber klausuriert sind, können sie auch diese sieben Kirchen nicht besuchen. Daher wird ihnen innerhalb der Klausur ein Ersatz geschaffen – sieben Altäre oder Stationen, die es ihnen gestatten, die zur Gewinnung des Ablasses erforderliche Wallfahrt zu unternehmen, ohne die Mauern des Klosterbezirkes zu verlassen. Zur Option, zu Hause zu bleiben und die römischen Stationskirchen bei sich, sozusagen ‚intra muros‘, zu besuchen, vgl. ebd., Kap. 6 ‚Pilger ohne Weg. Die Pilgerfahrt im Geist‘, S. 398–462. Im Kloster Medingen wurde 1495 eine Abschrift des ‚Sionspilgers‘ des Felix Fabri angefertigt, der quasi als Reiseführer für die mentale Fahrt nach Jerusalem, Loreto und Rom dienen konnte (Hs. Wien, Schottenkloster, cod. 413), und im Katharinenkloster in Augsburg hatte man zum Zwecke der geistigen Romfahrt sogar (in den Jahren 1499–1504 angefertigte) Bilder der fraglichen sieben Stationskirchen in den Kreuzgang gehängt, dieses Kloster hatte 1487 ein Privileg von Papst Innozenz VIII. erlangt, das ihm die ständige Gewinnung des Wallfahrtsablasses ‚zu Hause‘ gestattete, dazu Schawe, Rom in Augsburg (1999); Gärtner, Römische Basiliken (2003). Über ein ähnliches Privileg verfügte z. B. auch das Klarissenkloster St. Ursula in Villingen, es hatte zur Vermittlung den päpstlichen Zeremonienmeister Johannes Burckhard bemüht (Miedema, S. 427–429). Normalerweise hingegen ist die Substitionsmöglichkeit auf bestimmte Zeiten, etwa eine bestimmte Fastenzeit oder ein römischen Jubiläum beschränkt (so auch Miedema, S. 433). 132  Am folgenden Mittwoch legten die Nonnen die zur Gewinnung des Ablasses erforderliche Beichte ab und verrichteten die Wallfahrt zu ihren sieben ‚Kirchen‘ – neben der Klosterkirche waren das Altäre oder Stationen im Portal der Klosterkirche, vor dem Marienaltar im Kreuzgang, in der Sakristei, im Kapitelsaal, im Refektorium, und in der Krankenstation. Überall rezitierten sie jeweils fünf ‚Pater noster‘ und fünf ‚Ave Maria‘ in den Anliegen des Papstes. 133  Zu den Bedingungen für den Gewinn des Ablasses gehörte neben der Beichte, dem Besuch der sieben ‚Kirchen‘ und dem Gebet secundum intentionem sancti patris auch der Kommunionempfang, dazu waren den Schwestern offenbar die beiden genannten Tage, das Patronatsfest des Ordens (der hl. Benedikt, am 21. März) und das Fest Mariä Verkündigung (am 25. März), angezeigt worden. In diesen beiden Messen verlas der Beichtvater den Ablaß, und zwar unmittelbar vor dem eigentlichen Kommunionritus: Dem damaligen Brauch folgend hatten alle Anwesenden, oder wenigstens die Altarassistenz, nach den Orationen ‚Domine Jesu Christe …‘, ‚Perceptio Cor-

106

B. Text

Eodem anno, X° kalendas Aprilis, feria 2a Letare, dominus prepositus, Johannes Lorber, est introductus solito more. Finita missa venerunt ad capitolium dominus prepositus, dux, et ducissa, abbas et sui fratres, et proconsules et consules, nostri sacerdotes et multi alii viri. Tunc fecit prepositus iuramentum coram abbate in genibus, et coram eis omnibus. Deinde dedit ei abbas claves monasterii et legit ei suam lectionem de cerimoniis, stando134. | fol. 41r| Item in die sancti Ambrosii episcopi qui fuit illo anno sabbato ante ‚Domine ne longe‘, venit ad capittulum et fecit collationem ad latinum. Finita collatione dedit libros solito more. Deinde fecimus ei omnes obedientiam, exceptis sororibus que non fuerunt professe, et pueris, dicentes: „Facio vobis obedientiam, secundum gratiam … “135.

23. März 1506

4. April 1506

poris … ‘ etc. ein zweites Mal das ‚Confiteor‘ rezitiert, darauf hatte der Zelebrant mit ‚Misereatur vestri …‘, ‚Indulgentiam, absolutionem … ‘ etc. geantwortet. Danach wurde der Wortlaut des Ablasses eingeschoben, dann folgte mit ‚Domine, non sum dignus … ‘ etc. die Kommunionspendung. 134 Zur Amtseinführung des neuen Propstes, Johannes Lorber, am Montag nach Laetare, waren erschienen: Der Herzog von Braunschweig-Lüneburg, Heinrich I., dessen Frau, Margarete von Sachsen, der Abt des Benediktinerklosters St. Michaelis in Lüneburg, Boldewin II. von Mahrenholz, dessen Brüder, Johannes von Mahrenholz (siehe oben, anläßlich der Wahl des Propstes), und Konrad von Mahrenholz, Schloßherr zu Weferlingen (Weyhe-Eimke: Die Äbte des Klosters St. Michaelis, 1862, S. 138); die beiden Lüneburger Bürgermeister, Jakob Schomaker und Hartwig Stöterogge, weitere Ratsherren, die Geistlichen des Hauses (zu denen etwa der Beichtvater, Nikolaus Craßmann, und der capellanus, Johann Tegeler, zählten), „und viele andere Männer“. Die Vereidigung fand nach der Messe im Kapitelsaal statt, Lorber empfing die Klosterschlüssel, und der Abt verlas das entsprechende Kapitel aus dem ‚Ceremoniale benedictinum‘. Die Anwesenheit des Herzoges bei der Amtseinführung darf nicht als eine Einsetzung des neuen Propstes durch den Herzog interpretiert werden – diese Frage sollte später, im Jahre 1529, noch eine Rolle spielen, als es nämlich darum ging, ob der Herzog (nunmehr Ernst I.) das Recht habe, den Propst abzusetzen (was vielleicht der Fall gewesen wäre, wenn er ihn zuvor selbst eingesetzt hätte). 135 ‚Domine, ne longe‘ ist der Introitus des Palmsonntages. Zur ‚Distributio librorum in capite Quadragesime‘ sagt der LO Bursfeldensis II (cap. 31): Dominica prima XLme, mane in capitulo, cum loquendum fuerit de ordine, legatur a lectore Martyrologii per in directum capitulum Regule de observatione XLme, videlicet ‚Licet omni tempore‘, et pars ultima precedentis capituli, scilicet ‚in Quadragesime vero diebus‘; qua lecta et exposita cantor libros quos fratres sibi precedente die (reportatis quos antea habuerant) elegerunt per ipsum in capitulum delatos iussu presidentis distribuat secundum ordinem fratribus qui eos ambabus manibus pre gaudio divinarium scripturarum suscipiant, modice inclinantes. Huic autem capitulo omnes, etiam infirmi, quantum valitudo corporalis permittit, monachi et novicii interesse debent, codices suscepturi. Postea presidens deputet unum aut duos e fratribus qui horis quibus vacandum est lectioni per totum annum circumiant monasterium, et officinas, eius [i. e. ea] sollicitius explorando, si forte sint aliqui vacantes ocio aut fabulis, seu alias inordinate se gerentes, et si tales reperti fuerint, ac semel et secundo ammoniti non emendaverint, secundum Regulam taliter corripiantur, ut aliis cedat in exemplum. Die Formel des Eides lautet: … obedientiam secundum gratiam mihi collatam a Deo, et facultatem virium mearum, damit greift sie eines der drei Elemente (nämlich das des Gehorsams gegenüber den Oberen) wieder auf, das so schon Gegenstand der Ewigen Gelübde war, die die Nonnen bei ihrer Profeß abgelegt haben – damals haben sie Armut, Keuschheit und Gehorsam versprochen. Die Schwestern, die noch keine Profeß abgelegt haben (und, a fortiori, die Schülerinnen) sind daher von diesem Eid befreit.



fol. 40v–41v

Item, ipso anno, VIII kalendas Maii, feria VIa Quasimodo, sequenti die sancti Georgii, consecratum est altare in ecclesia Rode136. Item, eodem anno venit in hoc monasterium soror Anna Kreye, feria sexta Misericordia, in die apostolorum Philippi et Jacobi, anno etatis sue XII° de in die sancti Michaelis137. Item, in die sancti Godehardi episcopi, venit soror Mechtildis de Elten, feria 2a Jubilate, | fol. 41v| in hoc monasterium, anno etatis sue VI° de Nativitatis Marie138. Item ipso anno conduxit dominus prepositus, Johannes Lorbere, unum sacerdotem ad cantandum omni die hora quinta primam missam139. Dominica Exaudi cantaverunt prima vice missam ‚Benedicta‘ in organis, et antequam inceperunt missam, cantaverunt antiphonam ‚Veni, Sancte Spiritus‘, prepositus legit collectam ‚Deus qui corda‘140.

107 24. April 1506

1. Mai 1506

4. Mai 1506

24. Mai 1506

136  Gemeint ist die Kapelle zu Rade (südlich von Schwiederstorf ), die dem Kloster zu Lüne unterstand, in einem Dokument vom 17. März 1509 (UB Lüne, n° 665) wird sie als „unser Capellen, Rode gelegen“ bezeichnet. Für die Konsekration eines Altares wird ein Bischof benötigt. Der örtlich zuständige Bischof war eigentlich Christoph von Braunschweig-Lüneburg, erwählter Bischof von Verden, er residierte im nicht allzu fernen Rotenburg, doch hatte er zu diesem Zeitpunkt das kanonische Mindestalter von 30 Jahren noch nicht erreicht (er war 1487 geboren) und darum die Bischofsweihe noch nicht empfangen können – erst ab Januar 1519 sollte er seine bischöflichen Funktionen wahrnehmen. Die bischöflichen Sakramente und Sakramentalien spendeten unterdessen seine Weihbischöfe. ‚Quasi modo geniti infantes‘ etc. ist der Introitus des Weißen Sonntages. 137  ‚Misericordia Domini plena est terra‘ etc. ist der Introitus des zweiten Sonntages nach Ostern. Anna Kreye hatte ihr elftes Lebensjahr am 29. September 1505 vollendet. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 73v) berichtet, daß sie erst am 22. Februar 1507 in die Klosterschule aufgenommen wurde (siehe dort), bis dahin hatte sie nicht im Klausurbereich des gewohnt, noch zu Weihnachten 1506 hatte sie außerhalb des Klosters kommuniziert (vielleicht war das ihre Erstkommunion). Am 29. April 1509 wurde sie eingekleidet, am 30. September 1511 wurde sie aus der Schule entlassen, und am 2. Juli 1513 legte sie die Ewigen Gelübde ab. 138  ‚Jubilate Deo omnis terra‘ etc. ist der Introitus des dritten Sonntages nach Ostern. Mechthild von Eltzen hatte ihr fünftes Lebensjahr am 8. September 1505 vollendet. 139  Der Propst führte ein, daß die erste Messe des Tages fortan schon um fünf Uhr morgens gefeiert wurde (der Zelebrant muß zuvor wenigstens Matutin und Laudes rezitiert haben, er kann sie auf den Vorabend vorziehen). Im Prinzip konnte diese Messe wöchentlich den verschiedenen Geistlichen des Hauses im Wechsel zugeteilt werden (so wie, üblicherweise, die Verteilung der Zelebranten auf die festen Meßzeiten und Altäre überhaupt einem wöchentlichen Turnus folgt, als ‚Hebdomadarius‘ wird dabei jeweils der Priester bezeichnet, der in der laufenden Woche die Konventmesse nach der Terz zelebriert und dem Chorgebet vorsteht), vielleicht gab es aber auch einen ‚Frühmessner‘, der jeden Tag immer nur diese Messe um fünf Uhr las. Der frühe Termin gestattete es den Konversinnen, die nicht zum ganzen kanonischen Offizium verpflichtet waren, frühmorgens eine Messe zu hören, und dann ihren Tätigkeiten in der Klosterwirtschaft nachzugehen, und wer in dieser Messe kommunizierte, konnte danach schon etwas zu sich nehmen. 140  ‚Exaudi, Domine, vocem meam‘ etc. ist der Introitus des Sonntages in der Oktav von Christi Himmelfahrt, in dieser Messe wurde zum ersten Mal das (polyphone) Ordinarium (Kyrie, Gloria etc.) aus der Choralmesse ‚Benedicta es, coelorum regina‘ mit Orgelbegleitung gesungen (diese Messe sollte im 16. Jahrhundert als Vorlage für mehrere berühmte Vertonungen dienen, etwa von Morales und Palestrina). Wohl im Rahmen einer Novene zur Vorbereitung des Pfingstfes-

108

B. Text

Item eodem anno, in profesto sancti Johannis et Pauli, fuit hic prima vice stationarius beati Antonii, de vespere, hora quinta. Sacerdotes iverunt ei obviam cum cantu, cantantes responsorium ‚Justum deduxit …‘, cum versiculo et collecta. Deinde fecit brevem sermonem de sancto Anthonio, postea tenuerunt solito more141.

25. Juni 1506

tes, am nächsten Sonntag, wurde vor der Messe das Responsorium (keine Antiphon) ‚Veni, Sancte Spiritus, reple tuorum corda fidelium‘ etc. gesungen, gefolgt von der dazugehörigen Oration ‚Deus qui corda fidelium Sancti Spiritus illustratione docuisti‘ etc., die der Propst rezitierte. 141 Der stationarius war der ‚Antoniusbote‘, ein Vertreter des Antoniterordens, der mit einer Reliquie des hl. Antonius des Einsiedlers durch das Land reiste und Spenden für seinen Orden sammelte (die stationes sind die Städte seines Reiseweges, normalerweise kam er jährlich). Diese Sammelfahrten waren ein besonderes Privileg des Antoniterordens, das ihm u. a. Papst Clemens IV. in der Bulle ‚Ex parte dilectorum‘ vom 17. April 1265 verliehen hatte; das unten erwähnte Glockengeläut bei der Ankunft des Spendensammlers und die Einzelheiten des Empfanges in den Pfarrkirchen hatte für die Kirchenprovinz Mainz (welcher Verden angehörte) Erzbischof Matthias von Buchegg (am 3. September 1322) angeordnet. Der Auftritt des Boten kulminierte in einer Segnung mit dem Reliquiar (bzw. durch Berührung des Reliquiars), dabei konnten die Gläubigen einen Ablaß erlangen. Einzelheiten zu den Sammelfahrten der Antoniter im deutschen Sprachraum finden sich in zwei Aufsätzen von Jakob Rauch: Die Almosenfahrten der Höchster Antoniter (1950), und ‚Der Antoniterorden‘ (1957), und dann besonders bei Mischlewski, Grundzüge der Geschichte des Antoniterordens (1976). Für nähere Hinweise sei Prof. Albrecht Eckhardt in Oldenburg herzlich gedankt. Unterwegs wurde der stationarius von den Ortsgeistlichen und weltlichen Notabeln, aber auch in strategisch günstig gelegenen Klöstern beherbergt und beköstigt, im benachbarten Buxtehude etwa wohnte er beim mehrfach erwähnten Magister Gerhard Halepaghen, dazu: Eckhardt, Almosensammlungen der Grünberger Antoniter (1974), S. 147– 149. Wie aus dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (siehe unten) hervorgeht, blieb er in Lüne zum Abendessen, übernachtete aber in der Stadt. Das ganze Bistum Verden lag im ‚Einzugsgebiet‘ des Antoniterklosters Grünberg, dazu: ebd., S. 113–160, und ders., Antoniter als Almosensammler (1989); Spuren almosensammelnder Antoniter (1994); Grünberger Antoniusboten (1995); Lichtenberg und Grünberg (1998); Grünberger Antonius-Boten … Quellenfund (2010). Für die Erlaubnis zu ihren Sammelfahrten zahlten die Antoniter dem Verdener Bischof jährlich 60 rheinische Gulden. In Fintel bei Rotenburg gab es eine Antoniuskapelle, deren Spendenaufkommen 1443 hälftig den Grünberger Antonitern (und hälftig dem Bischof ) zugute kam, im weiteren Verlauf des 15. Jhdts. gründete der Orden dort eine eigene Terminei, dazu: ders., Antoniterkapelle in Fintel (1993); Art. Fintel, in: Niedersächsisches Klosterbuch (2012), Bd. 1, S. 390–392; Antoniter-Terminei Fintel (2012/2013); Lürssen, Sankt Antonius Kirche (1993). Für das Erzbistum Bremen hat sich das Mitgliedschaftsbuch einer Antonius-Bruderschaft erhalten, dessen sich der Antoniusbote bei seiner jährlichen Rundreise bediente, um den Mitgliedsbeitrag einzusammeln, es enthält etwa 2000 Namen. Über besonders viele Förderer verfügten die Antoniter in Stade, dazu: Eckhardt, Almosensammlungen (1974), S. 135–145. Für das Bistum Verden ist ein solches Mitgliedsbuch leider nicht bekannt, aber eine ganze Reihe von Lüneburger Testamenten des 15. Jhdts. belegen, daß der Antoniusbote bzw. die Antoniusbruderschaft auch in dieser Stadt auf zahlreiche Unterstützer zählen konnten. Viele Erblasser bedachten eine größere Zahl von geistlichen Einrichtungen jeweils mit kleineren Beträgen, und oft verbunden mit dem Wunsch nach einer liturgischen memoria, und immer wieder findet sich unter den Begünstigten der Antoniusbote, der zumeist in einem Zuge mit dem Boten Unserer Lieben Frauen zu Verden genannt wird, von dem hier in der Klosterchronik auch noch (nämlich im April 1507) die Rede sein soll, der älteste Beleg stammt von 1410, aus den 1450er und 1460er Jahren finden sich eine Reihe von Verfügungen, in denen die Antoniusbruderschaft erbt, vor allem in Testamenten ab 1473 ist dann regelmäßig ausdrücklich wieder vom Antoniusboten die Rede (Lüneburger Testamente, n°s 80; 148; 160; 217; 233; 235; 239; 240; 247; 261; 267; 270; 278). Die hier in der Chronik genannten Elemente des Empfanges in



fol. 41v–42r

| fol. 42r| Item ipso anno, in sancte Anne, que fuit in dominica, fecerunt professionem sex sorores, et due converse, A[lheydis] ST[üver] etc.; abbas de sancto Michaele velavit eas142.

109 26. Juli 1506

der Kirche haben die Gestalt einer liturgischen commemoratio. Im Breviarium Bursfeldense findet sich das Responsorium ‚Justum deduxit Dominus per vias rectas … in laboribus‘ mit dem Versikel ‚Immortalis est enim memoria illius‘ etc. nach der letzten (zwölften) Lesung der Matutin im commune de confessore non pontifice, dazu gehört die Oration ‚Deus qui nos beati Antonii confessoris tui annua solemnitate‘ etc., es wäre aber auch denkbar, daß die Elemente des Empfanges aus der diözesanen Tradition geschöpft sind, dort stehen der Versikel ‚Justum deduxit Dominus per vias rectas … regnum Dei‘ mit der Antiphon ‚Hic vir despiciens mundum‘ etc. und der Oration ‚Intercessio nos, quaesumus Domine, beati Antonii abbatis‘ etc. für die liturgische commemoratio des hl. Antonius, die aus den Elementen der Vesper im commune de confessore non pontifice gebildet wird, in jedem Fall gilt diese liturgische statio natürlich der Reliquie, die von den Geistlichen des Hauses in die Kirche geleitet wird, nicht dem Antonitermönch. Dem tenuerunt am Schluß des Eintrages fehlt hier in der Chronik das nötige Akkusativobjekt, doch wird der weitere Fortgang der Ereignisse durch die Parallelüberlieferung im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ erhellt – der Antoniusbote war während der Vesper eingetroffen und zum Abendessen geblieben, danach wurden die Glocken geläutet (damit aus der Umgebung alle hinzukamen), und man begab sich wieder in die Kirche, um die Reliquien zu verehren und der Predigt des Mönches zu lauschen. Anschließend zog der Spendensammler weiter in die Stadt Lüneburg, und die Nonnen gingen zurück ins Refektorium (Lüne Hs. 23, fol. 69r: Item in profesto sancti Johannis et Pauli fuit hic legatus sancti Antonii, de vespere, ad V, et fuit sub cena. Tunc surreximus a cena et pulsamus cum omnibus campanis. Sacerdotes iverunt ei obviam cum cantu, cantantes responsorium ‚Justum deduxit‘ cum versu et collecta. Rogatus fecit brevem sermonem in ecclesia, de sancto Anthonio. Confessor portavit interim reliquias in chorum. Sacrista benedixit claustrum cum hoc. Finito sermone cantaverunt responsorium in organis de sancto Anthonio. Inter responsorium ivit in curiam et pronuntiavit populo, tunc recessit a nobis, et remeavit in civitatem, et tunc ivimus re ad refectorium, lectrix incepit ubi dimisit … der Ausdruck ivimus re – wir gingen zurück – ist ‚deutsch gedacht‘). Die Formulierung fuit hic prima vice läßt vermuten, daß Lüneburg auch in den folgenden Jahren auf der Reiseroute des Antoniters mit der Reliquie stand – aber nicht für lange, 1527 wurde das Kloster Grünberg säkularisiert, der Antoniusbote kam nicht mehr. 142  Linneborn, Reformation der Benedictiner-Klöster (1899), S. 101, stellt im Hinblick auf die Statuten für die Frauenklöster der Bursfelder Kongregation fest, daß die Konversschwestern (die nicht zum Chorgebet verpflichtet waren, und auch die Jungfrauenweihe nicht empfingen) hier die gleiche Profeß ablegten, wie die Chornonnen. Die neuen Professinnen empfingen den Schleier aus der Hand des Abtes von St. Michael in Lüneburg, Boldewin II. von Mahrenholz (1505–1532, vgl. oben den Kommentar zur Neuwahl des Propstes, Johannes Lorber, im Februar 1506). Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 69r–70r) heißt es zu dieser Profess: Isto anno fecerunt iste sorores professionem, videlicet A. R., G[ertrud] H[oppenstede], A[lheydis] ST[üver], M. C., A[nna van der] M[olen], A. C., et II converse, A[nna] BE[re] et M[argarete] SA[nders]. Due sorores fuerunt de scolis, ad IIII or adhuc in scolis. In vigilia Marie Magdalene rogaverunt conventum in capittulo ido[neum], quod debuerat contingere in die Marie Magdalene, sed non contigit propter absentiam prepositi. In nocte iverunt | fol. 69v| in lectum. In vigilia Jacobi dominus prepositus est reversus. In die sancti Jacobi fecit dominus prepositus collationem super sal ad latinum et twectonicum, et dedit eis fraternitatem, statim post primam missam. In die sancte Anne que fuit super dominicam diem fecerunt professionem. Prima missa psallebatur ad IIII or. Cursum beate Marie virginis non legebatur ad 3 am et ad VI am. Asperges cantavit conventus. Dompna priorissa aspersit primo sponsas, deinde suppriorissam, et conventum per choros. M. S. E. fuit collectaria et legit versos et collectam super aspersionem in sua sede. In vigilia ad vesperas steterunt coram cantrice illos IIII or dies, et ubique iverunt in processionem, V. H. et E[lisabeth] S[c]N[neverding] paraverunt eas. Missa fuit de sancta Anna per totum, sine sequentia, et cantavimus summum Kyrie et Sanctus. H. E. et A[nna] G[riff] cantaverunt letaniam. Abbas de sancto Michaele velavit eas, et cantavit summam missam, et fecit collationem post officium, per totum

110

B. Text

Item eodem anno fecit dominus prepositus, Johannes Lorber, meliorare totum monasterium nostrum, capitolium fecit prolongare. Caad latinum, M. T. et H. E. fratres fuerunt astantes. Post officium iacuerunt in sedibus iuxta organis et manserunt ibi totam VI am. Post VI am iverunt de sedibus et steterunt coram succentrice ante banka. Tunc complicatis manibus oscu- |fol. 70r| bantur primo a domina priorissa, de hinc ab omnibus matribus et sororibus, et etiam de infirmis que fuerunt de lecto. Etiam comederunt in refectorio in illo die, et in 3 a die etiam. Domina fuit ad mensam. Etiam abstinuerunt se ab esu carnium de 3 a feria ‚Domine in tua‘ usque post Bartholomei. Illo die habuimus letum diem de domino preposito N[icolao] S[chomaker] pie memorie. Priorissa non dedit gratiam per diem usque in 3 am feriam. Von den sechs Profeßkandidatinnen waren zwei schon aus der Schule entlassen (darunter Gertrud Hoppenstede, am 26. Februar 1504), die anderen vier (Alheydis Stüver, Anna van der Molen, und zwei weitere) noch nicht. Die kanonische Prozedur sieht vor, daß die Bewerberinnen sich im Kapitel zu Wort melden, und von sich aus darum bitten, zu den Ewigen Gelübden zugelassen zu werden (vgl. dazu auch Schlotheuber, Klostereintritt, 2004, S. 152), das geschah am Vorabend des Festes der hl. Maria Magdalena, dem 21. Juli 1506. Die Zulassung durch den Propst (das idoneum – vgl. idoneare, du Cange, Bd. 4, Sp. 285) sollte am nächsten Tag erfolgen, aber der Propst war nicht da. Die Kandidatinnen gingen zu Bett (gemeint ist wohl: anstatt die Nacht betend in der Kirche zu durchwachen). Am 24 Juli kam der Propst zurück, so daß er dann am Folgetag, dem Fest des hl. Apostels Jacobus maior, die erbetene Zulassung aussprechen konnte, dazu hielt er in dem bereits mehrfach erwähnten „Saal über der Küche“ (dem 1482 errichteten Sommerremter) die übliche Ansprache, in der die Kandidatinnen auf die Tragweite der Verpflichtungen hingewiesen werden, die sie einzugehen beabsichtigen. Diese Ansprache erfolgte auf Latein und Deutsch (Schlotheuber, ebd., S. 153: Et tunc faciat eis aliquam exhortationem premonendo eas de molestiis, temptationibus, et difficultatibus in conversatione regulari, in resignatione proprietatis, in cohibendis propriis voluntatibus, et obedientia sectanda ipsis occursuris, de rigore ordinis, ad quem perpetue deinceps erunt obligate, ita ut de iugo Regule sine damnationis sue periculo numquam se excutere potuerint – aus dem Statutenbuch des Klosters Lüne, Lüne Hs. 14, fol. 23r). Zugleich wurden die künftigen Vollmitglieder der Gemeinschaft in die Gebetsverbrüderung des Klosters aufgenommen, sie hatten jetzt Anspruch auf das Gebetsgedächtnis der Kommunität, wenn sie starben, wurden sie in das Nekrolog eingetragen. Am Tag der Profeß selbst gab es eine erste Messe schon um 04.00 Uhr morgens – so konnten auch diejenigen Schwestern einer hl. Messe beiwohnen, die danach durch den Empfang des Abtes, die Scholaprobe, das Eindecken der Festtafel u. s. w. in Anspruch genommen waren. Wie schon bei der Einkleidung am 13. April 1505 wurde auch an diesem Festtag auf die gemeinschaftliche Rezitation des ‚Officium parvum beatae Mariae virginis‘ nach Terz und Sext verzichtet, dafür war keine Zeit. Die Priorin teilte, zum ‚Asperges‘ vor dem Konventamt, in dem die Profeß stattfinden sollte, das Weihwasser aus, zunächst besprengte sie die Profeßkandidatinnen, dann die Subpriorin (wohl Wichburg Provest, vgl. UB Lüne n° 667, vom 30. August 1510), dann den Rest der Kommunität, normalerweise ist das Aufgabe des Zelebranten. Die Hebdomadarin, wie schon im Vorjahr, 1505, M. S. E., rezitierte die dazugehörigen Versikel (‚Ostende nobis, Domine, misericordiam tuam‘ etc.) und die Collecta (‚Exaudi nos, Domine, sancte Pater‘ etc.). An den vier Tagen von ihrem Aufnahmegesuch bis zu ihrer Profeß saßen die Kandidatinnen nicht mehr bei den Novizinnen, aber sie hatten auch noch keinen Platz im oberen Teil des Chorgestühles, bei den Professinnen, deshalb standen sie in der Mitte, beim Pult der Sängerschola, wie es schon an den Tagen vor ihrer Einkleidung der Fall gewesen war (vgl. Eintrag zum 13. April 1505). V. H. und Elisabeth Schneverding hatten sie hergerichtet. Das Meßformular war dasjenige vom Tagesheiligen, der hl. Anna, die in Lüne besonders verehrt wurde – seit 1507 wurde sie als medium festum begangen (vgl. Eintrag zum 26. Juli 1507), während sie im Bursfelder Kalendarium immerhin duplex maius war. In beiden Fällen war sie damit geeignet, die Sonntagsmesse (vom 7. Sonntag nach Trinitatis, der entsprechend kommemoriert werden mußte) zu verdrängen. Die von Johannes Trithemius verfaßte Sequenz ‚Exultent in hac die‘ hingegen, die das Bursfelder Generalkapitel von 1493 dem Festformular zugeordnet hatte, ließ man in dieser Messe ausfallen (die Zeremonie war sehr lang, und es gab ohnehin genug zu singen). Das Meßordinarium wurde nach der Melodie für die höchsten Feiertage ge-



fol. 42r

pittulum tenuimus sic diu super sal, collationem in refectorio, una vice mandatum in ambitu143. Item ipso anno, feria 3a ‚Domine in tua‘, dedit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] in capitulo fraternitatem omnibus presentibus nostris, tam vivis quam defunctis, et etiam presentibus omnium sororum que post nos ventur[e]144 sunt in hunc locum. Mater subpriorissa rogavit eis orationem dominicam cum venia, solito more145.

111

16. Juni 1506

sungen – man könnte an die heutige römische Messe IV (Kyrie ‚Cunctipotens genitor Deus‘) denken. Die Allerheiligenlitanei zur Prostration der Kandidatinnen, unmittelbar vor der Profeß, wurde von H. E. und Anna Griff gesungen, üblicherweise knien die Vorbeterinnen dazu auf Betschemeln im Mittelgang, hinter den Bewerberinnen, die ihrerseits vor den Altarstufen liegen, in Lüne könnte die räumliche Situation etwas anders ausgesehen haben, insofern die Profeß auf der Nonnenempore stattfand. Der Abt von St. Michael zu Lüneburg, Boldewin II. von Mahrenholz (im Amt 1505–1532, Weyhe-Eimke: Die Äbte des Klosters St. Michaelis (1862), S. 122–142; vgl. Reinhardt, Lüneburg. St. Michael (1979), Germania benedictina, Bd. 6, S. 344), der gerade im vergangenen Februar, anläßlich der Neuwahl des Propstes in Lüne gewesen war (siehe dort), zelebrierte das Hochamt, nahm die Gelübde entgegen, legte den Nonnen den geweihten Schleier an, und hielt nach der Messe die Ansprache, ganz auf Latein. Die neuaufgenommenen Professinnen wohnten der Sext (sicher direkt im Anschluß an Messe und collatio, damit man danach gleich zum Mittagessen schreiten konnte) auf Betschemeln bei der Orgel bei, danach traten sie zur Bank (wohl im hinteren Teil der Empore, quer zwischen der Orgel und dem pulpitrum der subcantrix) – im Rahmen der Zeremonie waren ihnen die Hände gebunden worden, und der Abt hatte ihre gebundenen Hände geküßt, nun taten es ihm die Priorin, und die restlichen Alt-Professinnen gleich (vgl. Schlotheuber, wie oben, S. 154–155), dazu kamen auch die Kranken aus der Krankenstation, anschließend speisten die Neu-Professinnen mit den übrigen und der persönlich anwesenden Priorin im Refektorium (wenn das hier berichtet wird, scheint es nicht immer so gewesen zu sein – nach der Klosterreform von 1481 müßte man eigentlich eine gemeinsame Tafel an allen Tagen erwarten). Der vorletzte Satz ist vielleicht dahingehend zu verstehen, daß der verstorbene Propst Nikolaus Schomaker ein Festmahl zu seinem Andenken gestiftet hatte. 143  Der neue Propst, Johannes Lorber, greift die Bautätigkeiten wieder auf, die auch unter seinen Vorgängern, dem 1493 verstorbenen Graurock, und dem 1506 verstorbenen Schomaker, einen breiteren Raum eingenommen hatten. Schomaker hatte namentlich schon den Nonnenchor der Klosterkirche vergrößern lassen (vgl. den Eintrag zum Jahre 1497), nun ist der Kapitelsaal an der Reihe. Während der Umbauarbeiten fand das tägliche Kapitel im Sommerremter statt (dem sal supra coquinam, den Graurock 1482 anläßlich der Errichtung einer neuen Küche hatte anlegen lassen, siehe dort, auffällig ist, daß stets das deutsche Wort sal im lateinischen Text steht), der geistliche Vortrag (collatio) im Refektorium, und die von der Benediktsregel (cap. 35.9 bzw. 53.13) vorgesehene rituelle Fußwaschung ein Mal im Kreuzgang (sie heißt mandatum, weil dazu der Bibeltext ‚Mandatum novum do vobis‘ etc., Jo. 13.34, rezitiert wird). Die Wendung sic diu für ‚solange‘ ist ‚deutsch gedacht‘. Der Eintrag im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 70r–70v) berichtet von den Renovierungsarbeiten mit ganz ähnlichen Worten, es ist ihm auch noch zu entnehmen, daß nicht nur der Kapitelsaal vergrößert, sondern auch das ganze Kloster neu gestrichen wurde. 144  venture] in der Handschrift venturi. 145  ‚Domine, in tua misericordia‘ etc. ist der Introitus des ersten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, weil man ursprünglich am Oktavtag noch einmal das Meßformular vom Fest aufzugreifen pflegte. Daher blieb dieser Sonntag in den deutschen Meßbüchern erhalten, als das Dreifaltigkeitsfest (‚Trinitatis‘, mit dem Introitus ‚Benedicta sit sancta Trinitas‘ etc.) eingeführt und auf den ersten Sonntag nach dem Pfingstsonntag gelegt wurde, während es im römischen Meßbuch von diesem

112

B. Text

| fol. 42v| Item in ipso anno ivit dominus prepositus prima vice cum sacerdotibus in die animarum per circuitum post primam missam, cantando responsorium ‚Absolve‘ cum collecta ‚Fidelium‘. Et sermo fiebat in ecclesia, post ewangelium, ad primam missam. Post prandium cantaverunt sacerdotes vigilias. Et in secundo die Omnium sanctorum iverunt etiam per circuitum et cantaverunt responsorium ‚Absolve‘, etc., ab illo anno, et deinceps146. Item eodem anno instituit dominus prepositus, Johannes Lorber, quod omnibus quintis feriis venerabile sacramentum defertur ad altare, statim post primam, et sacerdotes cantant responsorium ‚Homo quidam‘; deinde sacerdos qui debet missam cantare cantat ‚O salutaris hostia‘, et ‚Uni trinoque‘; post hec incipit missam ‚Cibavit‘; post missam ‚O sacrum‘, cum versiculo et collecta; et ‚Tantum ergo‘ etc., ab illo anno in deinceps147.

2. November 1506

verdrängt wird, so daß das ursprünglich für diesen Sonntag vorgesehene Meßformular dort jetzt nur noch an den festfreien Werktagen der Woche Anwendung findet. Hier in Lüne ist mit dem Dienstag nach ‚Domine in tua‘ also der 16. Juni 1506 gemeint. Die fraternitas ist die Gemeinschaft der geistlichen Güter, die die gegenseitige Teilhabe an den Früchten der Seelmessen, Ablässe etc. zum Gegenstand hat, vgl. du Cange, Bd. 3, Sp. 593, ‚fraternitas‘, n° 3–5. Die genannte Subpriorin war zu dieser Zeit wahrscheinlich Wichburg Provest (belegt in UB Lüne n° 667 vom 30. August 1510). 146  Am Allerseelentag kann jeder Priester drei Messen für die Verstorbenen lesen. Neu eingeführt wird eine Votivprozession durch die Kirche, bei der die Geistlichen des Hauses das Responsorium ‚Absolve, Domine, animas eorum‘ etc., mit der Oration von Allerseelen, ‚Fidelium, Deus, omnium conditor et redemptor‘ etc. intonieren (vielleicht befand sich in der Kirche irgendein Grabmal, das als statio symbolisches Ziel der Prozession sein konnte). Nach dem Mittagessen singen sie das Totenoffizium (wie aus dem Eintrag zum Juni 1504 deutlich wird, bezeichnet vigiliae hier offensichtlich das ganze Totenoffizium, nicht nur dessen Matutin). An den Tagen in der Oktav von Allerheiligen wiederholt sich die Prozession (zu bemerken ist, daß durch den Besuch eines Friedhofes an jedem dieser Tage ein Ablaß für die Verstorbenen gewonnen werden kann, wiederum zu den üblichen Bedingungen, Beichte, Gebet, und Kommunion – möglicherweise symbolisierte die Prozession einen solchen Besuch, wenn sie nämlich, wie oben vermutet, ein in der Kirche oder ihrer Umgebung belegenes Grab zum Ziel hatte). 147  Die Aussetzung des Allerheiligsten erfolgt jeden Donnerstag, weil dieser Tag dem Gedächtnis des Letzten Abendmahles mit der Einsetzung des Meßopfers vorbehalten ist. Gesungen wurde dazu die Antiphon (kein Responsorium) ‚Homo quidam fecit coenam magnam‘ etc. (eigentlich Benedictusantiphon am Sonntag in der Oktav von Fronleichnam, in Frage käme ferner die Antiphon ‚Homo quidam dives ab Arimathaea‘ etc., aber dann wäre kein besonderer textlicher Bezug zum Gründonnerstag bzw. zum Altarsakrament gegeben). Die beiden folgenden Hymnenstrophen (O salutaris Hostia, / Quae cœli pandis ostium, / Bella premunt hostilia; / Da robur, fer auxilium. / Uni trinoque Domino / Sit sempiterna gloria, / Qui vitam sine termino / Nobis donet in patria. / Amen.) sind die beiden letzten des Hymnus ‚Verbum supernum prodiens‘ (der ganze Hymnus, der sechs Strophen umfaßt, wird an Fronleichnam zur Laudes gesungen), die in dieser Gestalt, separat, auch gerne in der Messe, nach der Elevation, intoniert werden. Es folgt die ‚Missa [votiva] de sanctissimo Eucharistiae sacramento‘ mit dem Introitus ‚Cibavit eos ex adipe frumenti‘ etc., die der Zelebrant an jedem festfreien Donnerstag nach Pfingsten (bzw. Epiphanie) verwenden kann (offensichtlich wird sie vor dem ausgesetzten Allerheiligsten gelesen), danach der sakramentale Segen mit der Antiphon ‚O sacrum convivium, in quo Christus sumitur‘ etc. (eigentlich Mag-



fol. 42v–43r

Item ipso anno habuit sanctus Oswaldus prima vice commemorationem ad vesperas, et ad laudes, et summam missam in reform[atione]148. | fol. 43r| Item ipso anno in vigilia apostolorum Symonis et Jude obiit mater Richeydis Mollens, de mane circa horam quartam, super 3am feriam. Item eodem anno instituit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] quatuor memorias que observande sunt singulis annis cum vigiliis et missis, diebus infrascriptis, videlicet in Februario, in die sancti Mauri, celebrabitur anniversarius149 omnium superiorum, fratrum et sororum nostre congregationis; in Maio, in die sancti Vitalis, agitur anniversarius omnium parentrum nostrorum; in Augusto, in die sancti Alexii, celebrabitur anniversarius omnium benefactorum qui hic a principio suam perpetuam memoriam perdu[x]erunt150; in Octobri, in die sancti Calixti, agitur anniversarius omnium egenorum et desolatorum quorum anniversarius nunquam celebratur151.

113 5. August 1506

27. Oktober 1506

nifikatantiphon an Fronleichnam), mit dem dazugehörigen Versikel (V.: Panem de coelo praestitisti eis, / R.: Omne delectamentum in se habentem) und der Oration (‚Deus qui nobis sub sacramento mirabilis passionis tuae‘ etc.), dazu wird dem Zelebranten der Rauchmantel umgelegt, das ‚Tantum ergo‘ (mit Inzens), der eigentliche Segen mit der Monstranz, und die Repositio des Allerheiligsten in den Tabernakel. 148  Der heilige Märtyrer-König Oswald von Northumbria († 642) ist simplex im Bistum Verden (im Schwesterbistum Hildesheim verehrt man sein Haupt, das, in ein kostbares Reliquiar gefaßt, im Domschatz aufbewahrt wird), aber er fehlt im benediktinischen Kalendarium. Wie im Falle der hl. Affra (vgl. den Eintrag zum 7. August 1504) scheint es, daß er in Lüne früher schon einmal eine commemoratio (zur ersten Vesper, Laudes und Messe) hatte, die nach der Einführung der Klosterreform zunächst nicht beibehalten wurde, und jetzt wieder aufgenommen wird. Im Officium wird die commemoratio aus den Benedictus- bzw. Magnifikatantiphonen mit dem dazugehörigen Versikel und der Oration gebildet, wie sie sich im commune unius martyris finden (Vesper: A. ‚Iste sanctus pro lege Dei‘ etc.; V. ‚Gloria et honore coronasti‘ etc.; O. ‚Praesta, quaesumus Domine, omnipotens Deus‘ etc.; Laudes: A. ‚Qui odit animam suam in hoc mundo‘ etc.; V. ‚Justus ut palma florebit‘ etc.; O. wie oben), in der Messe nur die entsprechenden Orationen. 149 Zu anniversarius wäre jeweils dies zu ergänzen, um die männliche Form (dann als Adjektiv) zu begründen, sonst müßte hier anniversarium stehen. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 71v, vgl. fol. 46r) steht anniversarium. 150  perduxerunt] in der Handschrift perduerunt. 151  Auch hier steht vigiliae wieder für das ganze Totenoffizium, nicht nur für die Matutin. Die vier Seelenmessen, für die verstorbenen Oberen und Mitbrüder (bzw. -schwestern), Verwandten und Wohltäter, und für die Armen Seelen, derer niemand gedenkt, sollen künftig zelebriert werden: am Tag des hl. Maurus (am 15. Januar – im ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 46r, findet sich am 15. Januar 1507 zunächst eine Messe für die verstorbenen Verwandten (parentes), nicht für die Oberen und Mitbrüder, im Jahre 1510 hingegen (fol. 51v) gibt es am 15. Januar dann vigiliae omnium superiorum, ebenso (fol. 56r) auch am 15. Januar 1512); sodann, ausweislich der hier vorliegenden Chronik, am Tag des hl. Vitalis (am 28 April, IV kalendas Maii – laut ‚Amtsbuch der Sakrista‘, fol. 71v, stattdessen am Tag des hl. Vitus, am 15, Juni, doch zum Jahre 1509 findet sich tatsächlich ein Eintrag (fol. 50r), der eine Messe omnium parentum nostrorum etc. im April zum Gegenstand hat, in diesem Jahr allerdings am 26., feria quinta sancti Marci, und im Jahre 1510 (fol. 52v) 2 a feria Jubilate, am 22. April, wiederum omnium parentum nostrorum, erst

114

B. Text

| fol. 43v| Anno domini etc. VII°, Littera tabularis P., Dominicalis erat C, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Divinum‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis G, Aureus numerus VII, Pridie kalendas Februarii Circumdederunt, Pridie nonas Aprilis dies Pasche, X° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in die Christi, legit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] in choro missam ‚Lux fulgebit‘, et finita missa communicavit conventus152. Item ipso anno, cathedra sancti Petri, venerunt de scholis III sorores, A[lheydis] ST[üvers] etc.153

31. Januar 1507 4. April 1507 23. Mai 1507 28 November 1507 25. Dezember 1506

22. Februar 1507

im Jahre 1511 (fol. 55r) ist das anniversarium dann am 28. April); drittens am Tag des hl. Alexius (am 17. Juli, XVI kalendas Augusti – eine solche Messe, wiederum für die verstorbenen Verwandten, findet sich im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ für den 17. Juli 1508 verzeichnet, fol. 48r); und viertens am Tag des hl. Calixtus (14. Oktober – das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ hingegen verzeichnet (auf fol. 48v) ein Offizium omnium egenorum zunächst am 16. Oktober, dem Tag des hl. Gallus, so in den Jahren 1508 (fol. 48v) und 1509 (fol. 51r), und erst im Jahre 1510 (fol. 53v) erstmals am Tag des hl. Calixtus, ebenso dann im Jahre 1511, auf. fol. 55v). Auffällig ist, daß diese Verfügungen, abgesehen von der ersten, die sich in ähnlichen Worten auf fol. 71v im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ wiederfindet, diesem so zunächst nicht wörtlich zu entnehmen sind, offensichtlich liegt hier in der Chronik eine Vereinfachung vor, die nur das (bekannte) Endergebnis einer Entwicklung darstellt, die mit der Einführung irgendwelcher Seelenmessen im Jahre 1506/1507 begonnen hat, ohne daß die hier genannten Termine von Anfang an festgestanden hätten. Im übrigen ist die Datierung ohnehin unklar, die Feste des hl. Maurus und des hl. Calixtus liegen wirklich im Januar bzw. Oktober, die anderen beiden aber nicht im Mai und August, sondern im April und Juli (auf Mai und August käme man nur, wenn man den römischen Kalenderstil zugrundelegt, und die Tage vor den Kalenden schon zum Folgemonat zählt). Derartige Totengedächtnisse zu festen Kalenderdaten waren durchaus keine Erfindung des neuen Propstes, sondern von der Bursfelder Kongregation ausdrücklich vorgesehen, im Kalenderteil der Brevierausgaben von 1493 und 1496/1498 findet sich sogar monatlich ein Gedenktag für reihum wechselnde Begünstigte: commemoratio abbatum: 7. Januar; commemoratio fundatorum: 7. April; commemoratio fratrum: 7. Februar; 4. Mai; 4. August; 4. Oktober; commemoratio benefactorum: 3. März; 6. Juni; 3. September; 2. Dezember; commemoratio parentum: 4. Juli; nur im November gab es kein spezielles Totengedächtnis, weil auf den 2. November ohnehin die commemoratio omnium defunctorum fiel (vgl. Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 85–86); das entsprechende Totenoffizium mit den jeweils wechselnden Orationen findet sich im Bursfelder Brevier (Ausgabe von 1493) im Anschluß an das ‚Officium parvum de beata Maria virgine‘ im Psalterteil, fol. LXVIIr–LXXr in beiden Bänden. 152  ‚Lux fulgebit hodie super nos‘ etc. ist der Introitus der zweiten (in aurora) der drei Messen am Weihnachtstag. 153  Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 73v) berichtet über diese Schulentlassung: In die Cathedra sancti Petri, qui fuit 2 a feria ‚Sicut oculi‘, emancipate sunt iste sorores a scholis: A[lhey-



fol. 43v–44r

Item eodem anno, feria Va Pasche, fuit hic prima vice stationarius beate Marie virginis, de | fol. 44r| vespere, hora quinta. Sacerdotes iverunt ei obviam, et tenuerunt omnia solito more, ab illo anno et deinceps154.

115 8. April 1507

dis] ST[üvers], M. C., et A. C.; M[agdalene] B[oltze] sunt commisse. Thema collationis prepositi erat: ‚Honora patrem et matrem‘ etc., et tota collatio erat de obedientia. Ipso die veniebat soror A[nna] K[reye] ad scholas, et non fuit ad hunc annum ad claustrum, et communicavit in die Christi extra scolam. ‚Sicut oculi servorum in manibus dominorum suorum‘ etc. ist der Introitus des Montages nach dem ersten Fastensonntag (in der Fastenzeit haben die Werktage ein eigenes Proprium). Die Predigt des Propstes hatte Mt. 15,4 zum Gegenstand. Anna Kreye war offiziell schon am 1. Mai 1506 (knapp vor ihrem 12. Geburtstag) in das Kloster Lüne eingetreten, hatte sich bisher aber noch nicht im Klausurbereich installiert – vielleicht waren vorerst keine Plätze in der Schule frei gewesen. Noch zu Weihnachten hatte sie außerhalb des Klosters kommuniziert (vielleicht war das ihre Erstkommunion), erst jetzt, am Tage der Schulentlassung der drei obengenannten Schwestern, wird sie eingeschult. 154  Nach dem ‚Antoniusboten‘ im vergangenen Juni kam nun erstmals der stationarius beatae Mariae virginis nach Lüne, im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (siehe unten) heißt er legatus beate et gloriose virginis Marie – wie dem Eintrag dort zu entnehmen ist, blieb er, im Gegensatz zu seinem Antoniter-Kollegen im Vorjahr, nicht nur zum Abendessen, sondern auch über Nacht. Aus den oben (im Zusammenhang mit dem Antoniusboten) erwähnten Lüneburger Testamenten des 15. Jhdts. geht hervor, daß er für die Bruderschaft ‚Unserer Lieben Frauen‘ in Verden sammelte (Lüneburger Testamente, n°s 80; 148; 160; 217; 233; 235; 239; 240; 244; 247; 261; 267; 270; 278), zu dieser Bruderschaft vgl. Pfannkuche, Geschichte des Bisthumes Verden (1834), S. 176–178. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 74r) wird über den Besuch dieses Spendensammlers mit folgenden Worten berichtet: VI° idus Aprilis, V a feria Resurrexi, fuit hic legatus beate et gloriose virginis Marie, de vespere, ad V [i. e. hora quinta], ante collationem. Statim psalluimus [i. e. psallimus] cum omnibus campanis; sacerdotes iverunt ei obviam, et cantaverunt responsorium ‚Felix namque‘, cum versiculo ‚Gaude, Dei genitrix, virgo‘, cum collecta ‚Prosit‘. Post collectam portavit confessor reliquias in chorum; sacrista benedixit claustrum cum hoc, inter completorium, una soror processit cum candela. Reliquias retinuimus in choro. Legatus pernoctavit in curia de nocte. De mane fecit sermonem in ecclesia, post ewangelium, ad primam missam, thema fuit ‚Sicut lilium inter spinas‘. Post capitulum legit qualibet persona in choro rosarium. Post missam recessit a nobis, et cantaverunt responsorium ‚Felix namque‘, et psalluimus [i. e. psallimus] iterum. Zum Empfang wurde also gesungen: Das Responsorium ‚Felix namque es sacra virgo‘ etc. (im Breviarium Bursfeldense Responsorium nach der letzten, also zwölften Lesung zur Matutin des kanonischen Offiziums an den Festen Mariä Heimsuchung, 2. Juli, und Mariä Geburt, am 8. September, sowie nach der letzten, also dritten, Lesung zur Matutin im Officium parvum de beata Maria virgine), sodann der Versikel ‚Gaude Dei genitrix, virgo‘ etc., und die Oration ‚Prosit nobis semper‘ etc., sie gehören zu einer commemoratio beatae Mariae virginis in der Osterzeit, entweder als suffragium in Laudes und Vesper (im Ferialoffizium vom Weißen Sonntag bis Pfingsten), oder aber sie folgen in dieser Kombination auf die marianische Antiphon in der Osterzeit, ‚Regina coeli‘, die nach der Komplet (und ad libitum auch nach der Vesper bzw. anstelle des ‚Angelus‘) gesungen wird, so etwa im ‚Liber ordinarius‘ des Aachener Marienstiftes (14. Jhdt., Domarchiv Aachen, Hs. G1, fol. 29rb; hg. von Andreas Möhlig: Kirchenraum und Liturgie, Köln 2016, S. 107), und namentlich auch in den (handschriftlichen) liturgischen Büchern der Windesheimer Kongregation (Exemplar Huntington Library, Hs. HM 1131, Lage 4, fol. 52v), nicht aber im Breviarium Bursfeldense, dort ist der Versikel von Ostern bis Himmelfahrt zwar ‚Gaude Dei genitrix, virgo‘ etc., doch es folgt dann die Oration ‚Gratiam tuam, Domine, mentibus nostris infunde‘ etc. (natürlich bestand keine Verpflichtung, beim Empfang des Marienboten etwa ausschließlich die Texte des kanonischen Offiziums zu rezitieren). Der legatus durfte den Klausurbereich nicht betreten, deshalb übergab er seine Reliquie zwecks Kloster-Segnung für die Dauer der Komplet an die Sakristanin, anschließend verblieb sie im Chor der

116

B. Text

Item ipso anno fuit sanctissmus pater noster Benedictus super dominicam diem; illo die et deinceps annuatim abstinuimus nos ab esu carnium, etiam omnes pueri155. Item eodem anno instituit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] cantari a sacerdotibus ‚Salve regina‘ omnibus sabbatibus post vesperas, hora quarta, cum una alia antiphona de beata Virgine, cum versi-

21. März 1507

17. Juli 1507

Klosterkirche, er selbst nächtigte im Gebäude des Wirtschaftshofes (in curia). Am nächsten Morgen hielt er in der ersten Messe (vor der Prim) eine Predigt über Cant. 2.2. Nach dem Kapitels­ offizium beteten alle in der Klosterkirche (wo die Reliquie wahrscheinlich immer noch zugegen war) einen Rosenkranz, und nach der Konventmesse (nach der Terz) machte sich der Marienbote auf den Weg. 155  Das Patronatsfest des Ordens, der Gedenktag des hl. Benedikt, fiel in diesem Jahr auf den vorletzten Sonntag der Fastenzeit, Judica. Natürlich sind weder der Sonntag noch das Fest des Ordensgründers als solche Abstinenztage – allerdings schreibt die Benediktsregel den Ordensangehörigen vor, auf das Fleisch ‚vierfüßiger Tiere‘ insgesamt, das heißt das ganze Jahr über zu verzichten (RB 39.11: Carnium vero quadrupedum omnimodo ab omnibus abstineatur comestio, praeter omnino debiles aegrotos – Geflügel ist erlaubt). Ein pietätvoller Einfall der Nonnen brachte sie dazu, sich, dem hl. Benedikt zu Ehren, wenigstens einmal im Jahr, an seinem Festtag, an dessen Vorschriften zu halten. Daß in Lüne ansonsten durchaus Fleisch verzehrt wurde, belegt u. a. eine Nachricht zu einem Grillabend der Kommunität anläßlich der Renovierung eines Gebäudeteiles (‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 84v, vgl. Kommentar zum 25. Juni 1510). Als Vorwand mag den Nonnen eine Dispens Innocentius’ VIII. oder Alexanders VI. gedient haben – im Jahre 1493 hatte der Abt von Huysburg, Johannes II. Stoppel, (angeblich im Namen des Bursfelder Generalkapitels) ihrem damaligen Propst Nikolaus Graurock angeboten, sich mit 10 Gulden an den Kanzleigebühren (in Höhe von insgesamt 300 Gulden) für eine römische Bulle zu beteiligen, die es den begünstigten Frauenklöstern, die der Bursfelder Kongregation verbunden waren, gestatten sollte, in Abweichung von der Benediktsregel außerhalb von Septuagesima und Advent dreimal in der Woche Fleisch zu servieren (pro fragilitate sexus sui – Briefsammlung, Lüne, Hs. 15, Lage 6, fol. 4r–5r). Im Statutenbuch des Klosters Lüne heißt es entsprechend (Hs. 14, fol. 68r/v): De esu carnium. [L]icet Regula sancti Benedicti esum carnium quadrupedum omnino interdicit, tamen speciali dispensationis gratia summi pontificis, domini Innocentii quinti [gest. 1276, kommt nicht in Frage, es kann sich nur um Innocentius VIII., gest. 1492, handeln], omnibus ordinis predicti monialibus in observantia Bursfeldensi, sicut et monachis conceditur, ut diebus illis, quibus esus carnium de iure non est prohibitus, in tribus prandiis qualibet ebdomada, etiam in refectorio, carnibus huiusmodi propter sexus fragilitatem vesci licite et libere valeant, exceptis Adventus Domini et Septuagesime, ac communionis temporibus, prout in transsumpto privi- | fol. 68v| legiorum super esum carnium et aliorum indultorum dato clare confinetur. Et quia pro eodem acquirendo XII –a nostro monasterio expositi sunt, idcirco indulto ipso sicut cetere moniales participamus, consensu patrum visitatorum nostri ordinis. Im Rezess des fraglichen Generalkapitels indes, vom 1. bis 3. September 1493 (Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, Bd. 1, S. 261–269) ist von einer solchen Dispens aber nicht die Rede. Das Generalkapitel des Jahres 1512, dem Mißbräuche zu Ohren gekommen waren, sollte dann noch einmal unterstreichen, daß ein Abrücken vom benediktinischen Abstinenzgebot nicht in Frage kam (ebd., S. 423). Linneborn (Reformation der Benedictiner-Klöster, 1899, S. 102), berichtet über die Statuten für die Frauenklöster der Bursfelder Kongregation: [Die Donaten] „waren nicht an die volle Strenge der Regel gebunden, so war ihnen ein dreimaliger Fleischgenuß in der Woche […] gestattet“, woraus man im Umkehrschluß folgern kann, daß er den Chornonnen und Konversen normalerweise nicht gestattet war. Zur Praxis in St. Michael/Lüneburg vgl. Weyhe-Eimke: Die Äbte des Klosters St. Michaelis (1862), S. 131 – der Abt, Boldewin II. von Mahrenholz, erwirbt im Jahre 1519 für 4 Gulden eine Dispens, die es ihm gestattet, Fleisch zu essen, womit belegt wäre, daß er es ohne Dispens nicht essen durfte.



fol. 44r–v

culo et collecta. Deinde cantant duo scholares antiphona ‚Da pacem‘ cum versiculo et collecta, solito more. In die sancti Alexii cantaverunt prima vice156. Item ipso anno instituit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] cantari omnibus terciis feriis missam de sancta Anna ante primam. In die sancti Laurentii can- | fol. 44v| taverunt prima vice in organis157.

117

10. August 1507

156  Der neue Propst führt drei zusätzliche suffragia nach der ersten Vesper vom Sonntag, also am Samstagnachmittag ein – hier in der Klosterchronik werden nur zwei davon ausdrücklich genannt, im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 74v) finden sich alle drei: Isto anno instituit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] omnibus sabbatis post vesperas cantari in ecclesia a sacerdotibus ‚Salve regina‘ cum una alia antiphona de beata virgine, cum versiculo et collecta. Post collectam due scholares incipiunt antiphonam ‚Da pacem, Domine, in diebus nostris‘, et sacerdotes subsequentes usque ad finem. Completa autem hec antiphona ter, sequitur versus ‚Fiat pax‘, cum collecta ‚Deus, a quo‘. Finitis hec antifonis, sequitur psalmus [in mg.: ‚De profundis‘], cum collectis ‚Da nobis‘, […] sacerdotum, ‚Deus, cuius‘, et ‚Fidelium‘. Completis autem hiis omnibus, agitur pulsum campane ter, sicut post completorium. In die Alexii cantaverunt prima vice. Diese neuen suffragia sind also: 1.) de beata – die Antiphon ‚Salve regina‘ mit einer weiteren Antiphon, Versikel und Oration (dazu unten mehr); 2.) pro pace die Antiphon ‚Da pacem, Domine, in diebus nostris‘ etc., mit dem dazugehörigen Versikel ‚Fiat pax in virtute tua‘ etc., und der Oration (‚Deus, a quo sancta desideria‘ etc., wie dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ zu entnehmen ist); 3.) pro defunctis – Psalm 129 ‚De profundis‘ und drei Orationen aus dem Totenoffizium, ‚Da nobis, quaesumus Domine‘, ‚Deus cuius proprium est misereri et parcere‘ etc., und ‚Fidelium omnium conditor et redemptor‘. Eine Übersicht zu den suffragia findet sich in der Einleitung (Kap. ‚Der liturgische Kontext‘). Hier kann noch bemerkt werden, daß als marianisches Gedächtnis nach der Vesper an allen Tagen (also nicht nur samstags) eigentlich, nämlich seit dem Bursfelder Generalkapitel des Jahres 1470, die Antiphon ‚Sub tuum praesidium confugimus‘ etc. mit dem Versikel ‚Dignare me laudare te‘ etc. und die Oration ‚Concede famulos tuos‘ etc. vorgeschrieben waren (vgl. Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers, 1928, S. 56; ders. (Hg.) Generalkapitelsrezesse, 1955, Bd. 1, S. 148). Es bleibt offen, ob das hier von Johannes Lorber angeordnete ‚Salve regina‘ anstelle des ‚Sub tuum praesidium‘ oder zusätzlich zu diesem rezitiert wurde. In jedem Fall hätte man ‚Salve regina‘ nach der Komplet erwartet, allerdings nicht das ganze Jahr über, sondern nur an den Tagen vom Ende der Pfingstoktav bis zum ersten Advent ausschließlich (in der Brevierausgabe von 1493 findet sich entsprechend am Samstag vor Trinitatis zur Komplet die Rubrik: Salve regina et cetere usuales usque ad adventum domini diebus suis canuntur cum versiculo et collecta consuetis – pars aestivalis, proprium de tempore, fol. XXVIv, das ‚Salve regina‘ ist dort im Wechsel mit anderen Antiphonen jeweils mittwochs und samstags an der Reihe); nur das 1506 von Julius II. approbierte Breviarium monasticum hatte das ‚Salve regina‘ grundsätzlich auch am Schluß der Vesper vorgesehen (so steht es im Ordinarium, S. 457 in der Ausgabe Venedig 1513), doch war das nicht der Bursfelder Brauch. 157  Im Prinzip spricht nichts dagegen, an einem festfreien Werktag außerhalb der Advents-, Fasten- und Osterzeit (an dem man sonst das Meßformular vom vergangenen Sonntag nehmen würde), die Messe eines bestimmten Heiligen (unabhängig davon, ob er schon an einem anderen Tag über ein eigenes Fest verfügt, oder bloß im Martyrologium steht) ad devotionem als Votivmesse zu lesen (wenn der Heilige über ein eigenes Fest verfügt, nimmt man dazu das Meßformular von diesem Tag, doch ohne ‚Gloria‘, wenn er kein eigenes Fest hat, alles aus dem ‚Commune‘) – doch daß diese Messen den Tagesheiligen verdrängen, ist eigentlich nicht vorgesehen, zumindest wenn letzterer nicht nur simplex ist. Der hl. Laurentius aber ist im Bursfelder Kalendarium duplex maius (und damit den Aposteln gleichrangig, vgl. Rosenthal, Martyrologium, S. 94). Immerhin konnten die Nonnen seiner wenigstens in der Konventmesse nach der Terz noch gedenken. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 74v) findet sich praktisch der gleiche Eintrag.

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B. Text

In die dedicationis cantaverunt duas missas ante primam. Prima missa erat ‚Terribilis‘ in organis parvulis, usque ad epistolam, tunc inceperunt missam de sancta Anna, et cantaverunt ambas missas sub uno in fine158. Item ab illo anno et deinceps annuatim in die animarum non iuverunt sorores ad laborem, sed tenebant strictissimum silentium, et comedimus semel lacticinium. Statim post lectionem legimus vigilias de IX lectionibus. Post completorium accepimus disciplinam, et legimus ‚Verba mea‘ in choro, in die animarum et etiam in die omnium sanctorum159.

23. August 1507

2. November 1507

158  Natürlich können in einer Kirche mehrere Priester gleichzeitig ihre Messen lesen (sofern sie dafür verschiedene Altäre benutzen), und nichts spricht dagegen, daß sie (an festfreien Tagen) dabei unterschiedliche Meßformulare verwenden (der eine die Messe vom letzten Sonntag in grün, der zweite diejenige seines Lieblingsheiligen in rot, der dritte ein Requiem in schwarz …), doch dafür hat die westliche Kirche, nicht ohne Grund, die Form der Stillmesse vorgesehen, die Stillmesse heißt, weil man nichts hören soll (die einzelnen Zelebranten sollen einander ausdrücklich nicht stören). Daß eine Kommunität gleichzeitig zwei verschiedene gesungene Messen mit Orgelbegleitung verfolgt, ist unüblich. ‚Terribilis est locus iste‘ etc. ist der Introitus vom Kirchweihfest. Für die wöchentlich begangene hl. Anna, die anscheinend auch am Kirchweihtag nicht ausfallen durfte (siehe oben), mußte man unterdessen ‚Gaudeamus omnes in Domino‘ etc. singen. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 74v) findet sich der Sachverhalt mit fast den gleichen Worten beschrieben. Auffällig ist, daß sich seit dem Amtsantritt des neuen Propstes Neuerungen häufen, die eine merkliche Abkehr von der liturgischen Disziplin darstellen, die man dem Kloster anläßlich der Reform im Jahre 1481 verordnet hatte, und die seitdem wohl 25 Jahre beobachtet worden war, zum Teil sind diese Neuerungen offensichtlich grotesk. Wie dem Statutenbuch des Klosters Lüne (Hs. 14, fol. 66r) zu entnehmen ist, wurde das Kirchweihfest am Vorabend des Patronatsfestes (St. Bartholomaeus) gefeiert, also am 23. August, vgl. dazu den Kommentar zum 16. August 1510. 159  Im Prinzip soll das monastische Schweigen ohnehin alle Tage beobachtet werden (Regula benedicti, 6), doch absolut ist nur das ‚Große Schweigen‘ nach der Komplet (Regula benedicti, 42.8), tagsüber erfordert die Arbeit der Nonnen gewisse Ausnahmen. Wenn am Allerseelentag ein vollständiges Schweigen verordnet und der Genuß von Milchspeisen auf eine einzige Mahlzeit beschränkt wird, dann soll diesem Tag damit ein ausgesprochener Bußcharakter, vergleichbar dem der Fastenzeit, verliehen werden, doch diesmal geht es speziell natürlich um die stellvertretende Buße für die Verstorbenen. Nicht ganz konsequent ist die selbst ausgedachte Speise-Vorschrift: Entweder ein Tag ist Abstinenztag (damals betraf die Abstinenz nicht nur Fleisch, sondern, unter Umständen, auch Milchspeisen und Eier), dann gilt dieses Abstinenzgebot den ganzen Tag, oder aber ein Tag ist kein Abstinenztag, dann dürfen diese Speisen den ganzen Tag genossen werden (wenn der Tag hingegen ein Fasttag wäre, müßte man sich auf eine einzige Mahlzeit beschränken – aber das würde dann für alle Speisen gelten). Wenn hier gesagt wird, daß die Schwestern an Allerseelen nicht bei der Arbeit ‚mithelfen‘ sollten, dann setzt das voraus, daß sie, dem monastischen Gebot ora et labora entsprechend, an den anderen Tagen durchaus einen gewissen Anteil am klösterlichen labor manualis (im Garten, in der Küche, an den Fischteichen …) übernahmen, die meiste Arbeit wurde aber sicherlich von den Konversinnen verrichtet. Die Matutin des Totenoffiziums wurde an diesem Tag erst nach der geistlichen Schriftlesung am Abend rezitiert. Wenn (an anderen Tagen) das Totenoffizium (für einen bestimmten Verstorbenen) zusätzlich zum kanonischen Offizium rezitiert wird, wird von den drei Nokturnen der Matutin (mit jeweils drei Psalmen und drei Lesungen) je nach Wochentag immer nur eine gebetet. An Allerseelen aber ist das Totenoffizium das liturgische Offizium, deshalb müssen alle drei Nokturnen rezitiert werden (entsprechend gibt es neun Lesungen). Der ‚Ordo ad disciplinam faciendam‘ findet sich im Anhang des Breviarium monasticum, das Julius II. 1506 promulgiert hatte (S. 453 in der Ausgabe Venedig 1513). Der



fol. 44v

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Item eodem anno consuerunt sorores magnum tapete, in quo continetur magna stella cum Resurgente160. Psalm ‚Verba mea auribus‘ (Ps. 5) steht im Totenoffizium an erster Stelle in der ersten Nokturn der Matutin. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 75r) berichtet von weiteren Bußübungen einzelner Nonnen, einige davon sind eher der eigenen Phantasie, als dem Geist des kirchlichen Gehorsams geschuldet: Item in die animarum non eant sorores ad laborem, sed teneatur ab omnibus summum silentium, omne annuatim. Isto anno legit qualibet persona post sextam septenam pro defunctis [die ‚Septem psalmi poenitentiales‘ mit den dazugehörigen Litaneien], et quindecim gradus pro omnibus animabus [die 15 ‚Psalmi graduales‘ mit Versikel und Orationen]. Post nonam legimus preces sub uno, cum oratione ‚Christe, Fili‘ (‚Christe, Fili Dei vivi, miserere‘ etc.). Etiam comedimus semel lacticinium. Soror E[rmingard] T[zerstede] comedit de terra, E. M. bibit de terra ad collationem, K. S. accepit disciplinam in capitulo. Statim post lectionem legimus vigilias de IX lectionibus, post completorium accepimus disciplinam. In die omnium sanctorum legimus ‚Verba mea‘ in choro, similiter in die animarum. Interessanterweise wird einige Zeilen darunter noch berichtet, bei der Votivprozession in der Klosterkirche habe man, neben dem Responsorium ‚Absolve‘ und dem ‚Libera‘, die man an dieser Stelle ohnehin erwarten würde, auch noch die marianische Antiphon ‚Tota pulchra es, Maria‘ gesungen – diese Antiphon steht nicht mit den anderen (‚Salve regina‘, ‚Regina coeli‘ etc.) im Breviarium monasticum, sondern entstammt einer etwas jüngeren franziskanischen Tradition. 160  Allgemeine Bemerkungen zu den Teppichen (Wollstickerei im ‚Klosterstich‘ auf Leinengrund) finden sich im Kommentar zur Notiz über den Sybillen-Propheten-Teppich (nach Mai 1502). Auch der hier behandelte, 475 × 420 cm große ‚Osterteppich‘ hat sich erhalten (Beschreibung in Kohwagner-Nikolai, Per manus sororum (2006), n° 44, S. 367–375), er wurde 1949 vom Kloster Lüne an das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe abgegeben. Im Zentrum der Darstellung findet sich, flankiert von zwei inzensierenden Engeln, der auferstandene Christus, mit Wundmalen und Osterfahne, der sich aus dem Sarkophag erhebt, davor liegen die beiden Wächter. Dieses Motiv steht in einem Medaillon, das von einem Spruchband umgeben ist, es besagt: Ego sum alpha et omega, et stella matutina, ego qui loquor iustitiam, et propugnator sum ad salvandum. Exultet iam angelica turba (Apc. 1,8; 22,16; Is. 63,1; Incipit des Osterlobes, nach der Prozession mit der Osterkerze, am Beginn der Wortliturgie). Das Medaillon liegt seinerseits auf einem siebenzackigen Stern, der von sieben musizierenden Engeln und einem weiteren Spruchband umgeben ist, dessen Wortlaut ist: Stella matutina est Christus, qui resurgens lumen eternitatis mundo intulit et diem nobis eternitatis resurgendo aperuit. Ecce, lucifer matutinus qui regressus ab inferis humano generi serenus illuxit, nobilitas anni, mensium, decus atque dierum. (erster Teil, Stella matutina …: Paraphrase von Albertus Magnus, Expositio in Apocalypsim, visio I, cap. II, ähnlich auch im Kommentar des Nicolaus Lyranus zu Apoc. 22,16; zweiter Teil, Ecce lucifer …: Paraphrase von Rupertus Tiutiensis, De divinis officiis libri decem, lib. 6, cap. 32; dritter Teil, Nobilitas …: Aus dem ‚Salve festa dies‘ etc. des Venantius Fortunatus, Prozessionshymnus vor der Messe am Ostersonntag). Weitere konzentrische Bänder tragen Darstellungen der veschiedenen Mondphasen und Glocken, oberhalb davon finden sich die Sonne, und zwei musizierende Engel, aus dem äußeren Band wachsen zwei blühende Bäume, links mit einem Adler, der ein Adlerjunges im Schnabel der Sonne entgegenträgt (Hodie renovata est ut aquile iuventus Christi – nach Psalm 102,5), zwei weitere Adlerjungen sitzen im Nest, rechts ein Baum in Flammen, mit einem Phönix der sich aus dem Feuer erhebt (Hodie fenix renovat se in ardore ignis – aus dem ‚Physiologus‘). Unterhalb des Medaillons gibt es einen dritten Baum mit einem Kuckuck, und in den unteren Ecken sitzen ein Pelikan, der sich die Brust aufreißt, um mit seinem Blut seine Jungen zu nähren (Hodie pellicanus vivificavit pullos – wiederum aus dem ‚Physiologus‘, das Bild ist durch die Strophe ‚O pie pelicane‘ etc. aus dem Fronleichnamshymnus ‚Adoro te devote‘ etc. des Thomas von Aquin allgemein verbreitet), sowie ein Löwe, der seinen totgeborenen Jungen den Lebensodem einhaucht (Hodie leo resuscitavit catulos suos). Außen besagt ein rechteckiges, umlaufendes Schriftband: Anno partus virginei M° quingentesimo quarto fecit venerabilis dompna priorissa, Sophia de Bodendike, istud tapete consuere per manus sororum monialium hic in Lune tunc degentium, ad honorem Dei, et sue dilecte matris Marie, ac sancti Bartholomaei, regalis apostoli, gloriosi patronis nostri, reformationis huius mo-

120

B. Text

| fol. 45r| Item ipso anno presentaverunt sorores tapete cum septem apparitionibus161. nasterii anno vicesimo tertio, et ipso anno eadem venerabilis dompna feliciter suum diem clausit extremum, cuius anima requiescat in pace. Amen. In den vier Ecken der Bordüre kann man die Wappen des alten und des neuen Propstes (Nikolaus Schomaker und Johannes Lorber), sowie der alten und der neuen Priorin (Sophia von Bodendike und Mechthild Wilde) entdecken. Wie beim WurzelJesse-Teppich ist also die Klosterreform im Jahre 1481 der Bezugspunkt der Datierung. Kohwagner-Nikolai, der die Beschreibung dieses Teppichs (mit Ausnahme der ersten beiden Vorlagen zum ‚Stella … ‘-Spruchband und der Deutung des Adlers) entnommen ist, identifiziert als Stickerinnen: Gertrud (Geseken, Trude) Bromes, Kunigunde (Cunegunde) von Schulenburg, Elisabeth Schneverding, Gertrud Hoppenstedt und Margarete Rosenhagen. Zu bemerken ist, daß offenbar das Arrangement des äußeren Rahmens (Bordüre mit Spruchband und Wappen) während des Herstellungsprozesses an die veränderte Situation, die durch das Ableben des bisherigen Propstes und der bisherigen Priorin entstanden war, angepaßt wurde, als der Teppich im Jahre 1504 entworfen wurde, lebten die beiden ja noch. Einer Aufzeichnung Mechthild Wildes zufolge präsentierte ihr Schwester Margarete Rosenhagen am 22. Februar 1504, also unmittelbar nach ihrem Amstantritt, den (damals also schon existierenden) Entwurf des hier vorliegenden Motives (Lüne, Hs. 24, fol. 2v, vgl. Kohwagner-Nikolai, S. 373). Vorbild für die Darstellung des Auferstandenen war, nach Kohwagner Nikolai (S. 370) ein etwa 1410 entstandener Altar, der sich bis 1654 in Lüne befunden hat und heute in Mölln steht. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 63v) vermag über den hier behandelten Teppich zu berichten: Eodem anno, in sabbato ante Viti [14. Juni 1505], inceperunt consuere sorores K. R., S[ophia] V [latow], E[lisabeth] S[chneve]R[ding], C[unegunde von] S[chulenburg], G. R., A. R., et G[ertrud] H[oppenstede] magnum tapete. Auf fol. 76v wird die Fertigstellung des Wandbehanges verzeichnet: Item sexta feria Cantate [26. Mai 1508] presentaverunt iste sorores K. R., S[ophia] V[latow], E[lisabeth] S[chneve]R[ding], C[unegunde von] S[chulenburg], G. R., A. R., et G[ertrud] H[oppenstede] magnum tapete de resurgente. Domina priorissa dedit eis pro earum labore auream aquilam apotecalem, unum pan[n]um, unam crateram cum amigdala. Die aurea aquila apotecalis war vielleicht eine kleine Klosterarbeit, ein ‚Paradiesgärtlein‘, wie es das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ schon in einem Eintrag zum 22. Januar 1505 als Belohnung für die Arbeiterinnen des Wurzel-Jesse-Teppichs erwähnt hatte (fol. 61v – vgl. den Kommentar zum Juni 1504), damals war von einer rosa aurea apotecalis die Rede. Im hier vorliegende Fall wäre der bildplastische Inhalt des Kästchens dann wohl ein (textiler) Adler gewesen, auf oder um den herum Reliquien und die dazugehörigen Authentiken angebracht werden konnten. Dazu gab es, wie schon im Jahre 1505 bei der Präsentation des Wurzel-Jesse-Teppiches, ein Textil und Mandeln. 161  Der 365 × 307 cm große Auferstehungsteppich befindet sich auch heute noch im Kloster Lüne (Beschreibung in Kohwagner-Nikolai, Per manus sororum (2006), n° 42, S. 358–362). In vier Zeilen mit je vier Bildfeldern werden dargestellt: 1.) Die Auferstehung Christi (Titel: Resurrexio domini); 2.) Die Erscheinung des auferstandenen Christus vor Maria, seiner Mutter (apokryph, Titel: Hic apparet matri sue), mit dem Spruchband: Salve, sancta parens (Incipit der Missa votiva de beata Maria virgine in sabbato); 3.) Die Begegnung des Auferstandenen mit Maria Magdalena (Hic Magdalene), Spruchbänder: Maria und Rabbi; 4.) Die Erscheinung vor den drei Marien (Hic tribus Mariis), Spruchband: Avete; 5.) Die Erscheinung vor Petrus (Hic apparet Petro); Die Erscheinung vor den Jüngern von Emmaus (Hic duobus discipulis euntibus in Emaus), Spruchbänder: O stulti et tardi corde und Mane nobiscum, Domine (Luc. 24,25/29); 6.) Die Erscheinung vor allen Jüngern (Hic omnibus discipulis), Spruchband: Pax vobis. Habetis hic aliquid, quod … (Luc. 24,41); 7.) Der Thomaszweifel (Hic apparet Thome), Spruchbänder: Infer digitum tuum huc und Dominus meus et deus (Jo. 20,27/28); 8.) Die Erscheinung des Auferstandenen am See von Tiberias (= Genezareth, Titel: Hic septem discipulis ad mare Tiberiadis); 9.) Der wunderbare Fischfang (Hic trahunt rethe); 10.) Die Mahlzeit des Auferstandenen mit den Jüngern (Hic manducant cum Jesu), Spruchband: Venite, prandete (Jo. 21,12); 11.) Die Erscheinung Jesu in Galiläa mit dem Taufbefehl (Hic apparet in Galilaea), Spruchband: Data est michi potestas; 12.) Ein Mahl des Auferstandenen mit den Jüngern in Abendmahlssaal (Hic in cenaculo in Ierusalem); 13.) Die Himmelfahrt Christi



fol. 45r

Item eodem anno fuit sancta Anna super 2am feriam, et celebravimus de ea medium festum prima vice in reformatione, et tenuimus omnia ut in commune non virginum, exceptis subscriptis: In primis vesperis super psalmos ‚Sicut malus‘, collectam ‚Omnipotens sempiterne Deus, qui beatam Annam‘ ad horas consuetas. Missa ‚Gaudeamus‘, per totum, sequentiam ‚Exultent in hac die‘ etc.162

121 26. Juli 1507

(Hic ascendit in coelum). Es ergeben sich nur 14 (nicht 16) Szenen, weil die Erscheinung vor den Emmausjüngern und die Erscheinung am See von Tiberias auf je zwei Bildfelder verteilt sind. Alle Szenen sind biblisch, mit Ausnahme der Erscheinung des Auferstandenen vor seiner Mutter (und eventuell dem zweiten Mahl mit den Jüngern, im Abendmahlssaal, das im Evangelium so nicht näher präzisiert wird). Die Erscheinung vor Maria und die Vierzehnzahl der Erscheinungsszenen verweisen auf die ‚Meditationes de Vita Christi‘ (Pseudo-Bonaventura) als wahrscheinliche Vorlage. Der Text des umlaufenden Rahmens lautet: Anno domini M° quingentesimo tertio fecit domina Sophia de Bodendike, priorissa, consuere istud tapete per manus sororum in Lune, ad laudem Dei, et sue genitricis Marie, ac sancti Bartholomei, patroni nostri, anno XXIII° reformationis, daneben finden sich die Wappen des Propstes (Nikolaus Schomaker, gest. 1506) und der Priorin (Sophia von Bodendike, gest. 1504) zu Beginn der Arbeiten. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ berichtet (Hs. 23, fol. 73v) zu diesem Teppich: Item isto anno, feria tertia Invocavit, in vigilia sancti Mathie apostoli [23. Februar 1507], presentaverunt iste sorores K. E., H. E., A[nna] G[riff], et A. L. tapete cum septem apparitionibus. Sequenti die Mathie, videlicet quinta feria, quando posuerunt imperlatum, illo vespere manserunt de collatione et completorio [am Abend der Fertigstellung, als der Schmuckbesatz angebracht wurde, waren die beteiligten Schwestern von geistlichem Vortrag und Komplet befreit]. Et quid domna priorissa eis dedit pro earum labore, hoc nescio. 162  Das Fest der hl. Anna als duplex maius am 26. Juli hatte die Bursfelder Kongregation auf dem Generalkapitel in St. Martin in Köln im September 1493 eingeführt, hg. Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, Bd. 1, S. 261–269: Quoniam credimus unionem et observantiam nostram sanctorum meritis et intercessionibus feliciorem posse subsistere, si eos pro posse condignis laudibus veneremur, idcirco ad instantiam et petitionem quorundam patrum ex nostris pro honore omnipotentis Dei et gloriose virginis Marie ad nostre unionis tutamen sanctam et venerandam et Deo dignam matronam virginis Marie genitricem sanctam Annam in protectricem una cum filia gloriosissima eligentes festum eius de unanimi omnium patrum consensu et voluntate assumimus, celebrandum sub duplici sollemnitate maiori, quod deinceps per totam observantiam nostram et unionem Bursfeldensem sollemniter celebrabitur VII. kalendas Augusti, que est altera die Jacobi apostoli, ut duplex maius, in quo festo hore canonice tam diurne quam nocturne una cum officio missali sollemniter agentur de sancta non virgine, sicut in die sancte Elizabeth, preter epistolam, que erit ‚Sapientia laudabit animam suam‘ [Sir. 24]. Ad missam tamen sequentia ‚Stirpe Maria‘, preter duos penultimos versus cantabitur sicut in fine huius recessus variante et signata sub eadem nota concordans habetur. Verum, ad tollendas omnes super hac re orituras scrupulositates, volumus hanc huius festi institutionem nostram vim et robur certissimi habere statuti ita, ut non sit deinceps necessaria aliqua approbatio vel confirmatio, sed perpetuis futuris temporibus inviolabiliter ab omnibus nostre observantie cultoribus sine aliqua contradictione celebretur. Der Text der Sequenz findet sich entsprechend im Anhang des Rezesses (ebd., S. 269), er stammt von Johannes Trithemius. Die 1493 von Georg Stuchs in Nürnberg gedruckten Breviere enthalten das Fest noch nicht, es findet sich erstmals in den 1496/1498 von Peter Drach zu Speyer herausgegebenen Exemplaren. Erst 1511 wurde präzisiert, daß die hl. Anna keine erste Vesper haben sollte, die zu Lasten der zweiten Vesper des hl. Jakobus (ebenfalls duplex maius, aber als Apostel höherrangig) gegangen wären (Volk, Geschichte des Bursfelder Breviers, 1928, S. 60–63; Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 95; 111). Im 1506 von Julius II. approbierten Breviarium monasticum findet sich die hl. Anna nicht (ihre Verehrung hatte sich im 15. Jhdt. vor allem in Deutschland sehr verbreitet, nach Italien war sie wohl nicht gelangt), in den verschiedenen von Grotefend ausgewerteten Benediktiner-Kalendarien (Zeitrechnung, Bd. 2, 2. Abteilung, S. 6) hingegen ist sie, ganz wie in Bursfelde, stets duplex maius (und im Eigenkalender des Bistums Verden immerhin

122

B. Text

| fol. 45v| Anno domini etc. VIII°, Littera tabularis O., Dominicalis B et A (bysextilis)163, Numerus tabule rusticalis X, Dictio tabularis ‚Misero‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis H, simplex). Die hier berichtete Aufwertung ihres Festes durch den neuen Propst, Johannes Lorber, entspricht also einer Tendenz, die in den liturgischen Büchern der Bursfelder Kongregation ohnehin schon realisiert, und auch in den übrigen Benediktinerklöstern des deutschen Sprachraumes anzutreffen war (zur besonderen Verehrung der hl. Anna durch Johannes Trithemius, der ab 1491 im Generalkapitel der Bursfelder Kongregation aktiv war und die Brevierausgabe von 1496/1498 veranlaßt hatte, vgl. Rosenthal, Sequenzen, 1983, S. 167; ders., Martyrologium, 1984, S. 111). Diese Verehrung manifestierte sich in Lüne zudem auch noch in Gestalt einer wöchentlich (nämlich jeden Dienstag) zelebrierten Votivmesse (vgl. dazu den obenstehenden Eintrag zum August 1507) – damit freilich war der neue Propst über die Vorgaben des Ordens merklich hinausgegangen, diese Votivmesse war so nirgends vorgesehen. Die Formulierung hier in der Chronik, man habe das Fest der hl. Anna in diesem Jahr erstmals seit der Reformation als medium festum begangen (während der Bursfelder Kalender sie nur als duplex maius führt), kann wohl als Hinweis auf die Sequenz in der Messe verstanden werden, das war normalerweise ein Charakteristikum der summa und media festa (vgl. ders., Sequenzen, 1983, 165; eine Liste der media festa findet sich in ders., Martyrologium, 1984, S., 94, die hl. Anna ist nicht dabei) – das komplette Programm für das Stundengebet, mit zwei Vespern und zwölf Lesungen in der Matutin, fand der Bursfelder Ordnung zufolge ja ohnehin auf alle Feste Anwendung (seien sie summa, media, duplicia oder XII lectionum – ‚kleine‘ Feste mit der Struktur des Ferialoffiziums waren ausdrücklich nicht vorgesehen, vgl. dazu die Einleitung). Alles, was nicht im Proprium (Messe: Missale Bursfeldense 1498, fol. CCXXVIIr) stand, wurde aus dem commune non virginum geschöpft. Als Eigentexte des Festes werden hier namentlich erwähnt: In der ersten Vesper die Antiphon ‚Sicut malus inter ligna silvarum‘ (entweder als einzige Antiphon vor dem ersten und nach dem letzten, also vierten Psalm, oder, unter Beibehalt der ersten drei aus dem commune, nur zum vierten, vgl. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 28 Helmst., fol. 69v, dort ist ‚Sicut malus‘ die fünfte Antiphon zur Vesper am Fest der unbefleckten Empfängnis Mariens, im Bursfelder Brevier hat die Vesper, der benediktinischen Psalmenordnung entsprechend, wohlgemerkt nur vier, nicht fünf Psalmen), die Collecta war in der Messe und zu allen Horen (außer Prim und Komplet natürlich) ‚Omnipotens sempiterne Deus, qui beatam Annam in genitricis unigeniti tui matrem eligere dignatus es, concede propitius‘ etc., aus dem Proprium, dazu gab es die von Johannes Trithemius verfaßte Sequenz ‚Exsultent in hac die cuncti famulantes Domino‘ etc. (sie findet sich in der Druckausgabe des Missale Bursfeldense von 1498 im Anhang, auf fol. CCLXv, und auch in den handschriftlichen Missalia der Kongregation, etwa im auf das Jahr 1501 datierten Missale des Kölner Benediktinerklosters St. Martin, wo 1493 das Generalkapitel die Einführung des Festes beschlossen hatte, heute Köln, Dom- und Diözesanbibliothek, Hs. 1520, fol. 135v; Text in AH, Bd. 10, S. 129, n° 169); diese 1493 eingeführte Sequenz blieb in der Bursfelder Kongregation bis 1603/1604 erhalten, dann entschied sich das Generalkapitel zugunsten des (vielleicht auch von Trithemius verfaßten) ‚Stirpe Anna ex regia‘ etc. (1534 war der wahlweise Gebrauch beider Sequenzen gestattet worden, vgl. Rosenthal, Sequenzen, 1983, S. 166–168). Der Rest der Messe war aus dem commune (Introitus: Gaudeamus omnes in Domino, diem festum celebrantes sub honore Annae matris Mariae, de cuius solemnitate gaudent angeli etc. – in diesem Introitus wird nach sub honore nur der Name des jeweiligen Tagesheiligen eingesetzt). 163  Weil das Jahr 1508 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er B, danach A.



fol. 45v–46r

Aureus numerus VIII, XI° kalendas Martii Circumdederunt164, IX° kalendas Maii dies Pasche, III° ydus Iunii dies Penthecostes, III nonas Decembris Adventus. Eodem anno in die Christi predicavit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] prima vice in ecclesia post ewangelium ad primam missam165. Item eodem anno, feria Va Exurge, fuerunt hic presentes visitatores166. Dominica ‚Esto michi‘ omisimus communionem167. | fol. 46r| Item eodem anno venit soror Anna Lorbere in istud monasterium, feria Va Invocavit, in die sancti Cyriaci martyris, anno etatis sue VII° de in die divisionis apostolorum168. Item ipso anno, feria 6a Invocavit, in die sancte Gertrudis, venit soror A[nna van der] M[olen] de scholis. Illo die tenuimus bis capitulum, ideo quod dominus prepositus inter primam demandavit quod noluit venire, et post capitulum demandavit quod vellet venire. Item eodem anno venit soror Elyzabeth Rogghenbukes in hoc monasterium, VI° ydus Aprilis, sabbato ante Iudica, anno etatis sue VII° de dominica Iubilate169.

164 Tatsächlich

123 20. Februar 1508 23. April 1508 11. Juni 1508 3. Dezember 1508 25. Dezember 1507

2. März 1508

5. März 1508 16. März 1508

17. März 1508

8. April 1508

X° kalendas Martii. gibt es drei Messen (in nocte, in aurora, und in die), offenbar hatte es bisher in der ersten Messe keine Homilie gegeben (stattdessen wurde wahrscheinlich in der Messe vom Tage gepredigt). Wie dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 75v) zu entnehmen ist, war das Thema ‚Evangelizo vobis‘ (Luc. 2,10, aus dem Evangelium der Messe, Luc. 2,1–14). 166  ‚Exsurge, quare obdormis, Domine‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Sexagesima. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (fol. 75v) steht wörtlich der gleiche Text. Das Bursfelder Generalkapitel, das vom 30. August bis 1. September 1506 in St. Jakob zu Mainz getagt hatte, hatte als Visitatoren für die verschiedenen, namentlich genannten, voll inkorporierten Klöster in der Landschaft um Weser und Elbe die beiden Äbte von Hildesheim, St. Michael und St. Godehard, benannt, von der Visitation der nicht voll inkorporierten Frauenklöster ist in dem Rezess nicht eigens die Rede (Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, S. 370). 167  ‚Esto mihi in Deum protectorem‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Quinquagesima. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (fol. 75v) steht wörtlich der gleiche Text. 168  Der hl. Cyriacus wurde nur in Bremen/Hamburg am 16. März (seinem Todestag) gefeiert, im Verdener (Fest) und im Bursfelder Kalendarium (commemoratio) findet er sich am 8. August (dem Jahrestag der Translation seiner Reliquien), im Martyrologium steht er zu beiden Terminen. Anna Lorber hatte ihr sechstes Lebensjahr am 15. Juli 1507 vollendet. 169 Elisabeth Roggenbuck (Hs. 23, fol. 76r: Rochghenbuck) hatte als ihren Geburtstag den Sonntag Jubilate angegeben (den dritten Sonntag nach Ostern, mit dem Introitus ‚Iubilate Deo omnis terra‘ etc.), in ihrem Geburtsjahr, 1501, war das der 2. Mai, sie hatte also ihr sechstes Lebensjahr am 2. Mai 1507 vollendet. Sie starb am 2. Dezember 1526. 165  Weihnachten

124

B. Text

Item ipso anno, in die apostolorum Philippi et Jacobi, cantavit dominus Dytmarus Spiszebart suam primam missam, qui fuit noster custos in 2m annum. Cantor de domina nostra predicavit170. | fol. 46v| Item eodem anno, non[i]s171 Septembris, in profesto sancti Magni confessoris, venit soror Elyzabeth Ravens in istud monasterium, pro conversa, super 3am feriam, anno etatis sue XIIII° de in die sancti apostolorum Philippi et Jacobi172. Item ipso anno fecit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] edificare novum dormitorium. In vigilia sancti Mathei apostoli straverunt173 sorores in novas cellas. In secundo die, post prandium, hora 2a, stetimus congregate secundum ordinem in eodem novo dormitorio, et dominus prepositus legit ‚In principio‘ et psalmum ‚Miserere‘ cum conventu. Deinde legit collectam, item psalmum ‚Quam dilecta‘, cum collectis, et ter aspergit in omnes cellas. Etiam ascendit in laqueare, ibique similiter aspersit. Priori anno inceperunt edificare174.

1. Mai 1508

5. September 1508

20. September 1508 21. September 1508

170  Zum Neupriester Dietmar Spitzbart[h] (Hs. 23, fol. 76r: Ditmer Spisbare) vgl. UB Lüne, n° 667; 700, aus den Jahren 1510 und 1526. Spitzbart war Weltgeistlicher (Diözese Verden), die Primizpredigt war über die Gottesmutter (üblicherweise predigt der Primziant nicht selbst, sondern lädt einen befreundeten Geistlichen ein), das Thema war, wie sich dem ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 76r) entnehmen läßt, ‚In domo patris mei‘ etc. (Jo. 14,2). Am 10. August 1529 (siehe dort) sollte er, in der Nachfolge Heinrich Renerts, zum Beichtvater der Kommunität gewählt werden. 171  nonis] in der Handschrift nonas (aber der Akkusativ steht nur nach ante, nicht an den Nonen selbst). 172  Im Bursfelder Kalendarium steht der hl. Magnus am 6. September (commemoratio), im Bistum Verden wird er am 19. August gefeiert. Elisabeth Raven hatte ihr 13. Lebensjahr am 1. Mai 1508 vollendet, zu der Ratsherrenfamilie Raven (Rauen) finden sich einige Dokumente im UB Lüne. 173  straverunt] sraverunt, korrigiert zu straverunt. 174  Dies ist die zweite Baumaßnahme, die dem neuen Propst, Johannes Lorber, zugeschrieben wird, im Jahre 1506, dem Jahr seiner Wahl, hatte er bereits den Kapitelsaal vergrößern und das Kloster neu streichen lassen. Das neue dormitorium ist kein herkömmlicher Schlafsaal, sondern in Einzelzellen unterteilt, es liegt über dem Refektorium und ist von einer Treppe im Westteil des nördlichen Kreuzgangflügels aus zugänglich. Uta Reinhardt (Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 395) berichtet im Einklang mit der hier vorliegenden Nachricht vom Einbau der Zellenwände und einer dreiteiligen Holzdecke im 16. Jahrhundert, der so geschaffenen Gestalt habe der Korridor seine Bezeichnung als ‚Sarggang‘ zu verdanken. Am Festtag des hl. Apostels Matthäus erfolgte die Segnung der neuen Wohnungen. Mit ‚In principio‘ dürfte der Prolog des Johannesevangeliums gemeint sein (Schlußevangelium in jeder Messe, außer Weihnachten), es folgten die Psalmen ‚Miserere mei, Deus‘ (Ps. 50) und ‚Quam dilecta [sunt] tabernacula tua‘ (Ps. 83), jeweils mit den Orationen, die die eigentliche Segensformel beinhalteten. Vor der Publikation des ‚Rituale romanum‘ (1614), und noch weit bis in das 18. Jahrhundert waren die Riten der Segnungen sehr vielfältig und sind erheblich weniger faßbar als diejenigen der Messe und des Offiziums, daher läßt sich nicht mit Sicherheit sagen, welche Orationen der Propst nach den beiden Psalmen jeweils rezitierte. Das ‚Rituale romanum‘ (lib. 9, cap. 5) bietet für die Segnung eines neuen Hauses ‚Benedic, Domine, Deus omnipotens, domum istam‘ etc. oder ‚Te Deum patrem omnipotentem suppliciter exoramus pro hac domo‘ etc. bzw. ‚Benedic, Domine, thalamum



fol. 46r–47v

Item eodem anno, octava Corporis Christi, cecidit par- | fol. 47r| vula campana de turri, quando sacerdotes per curiam iverunt cum venerabili sacramento. Et in ipso anno fecit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] novam campanam reparare, post festum omnium sanctorum175. Item eodem anno, in die sancti Sixti pape et martyris, super dominica, obiit soror Elyzabeth Meygers, conversa, hora 2a post prandium176. Item in ipso anno, in vigilia sancte Ursule, obiit mater Albergis Ertborges, post prandium, post horam 2am, super sextam feriam177. Item eodem anno, V° kalendas Martii, videlicet sabbato ante ‚Exurge‘, obiit dominus Apel, qui fuit noster capellanus longo tempore, hora secunda post prandium obiit178. | fol. 47v| Item ipso anno, sabbato ante Cantate, XIII° kalendas Junii, obiit dominus Georgius, sacerdos, qui fuit noster capellanus179. Item eodem anno fuit octava Corporis Christi in die apostolorum Petri et Pauli, et celebravimus festum de apostolis per totum, octa-

125 28. Juni 1508 1. November 1508

6. August 1508

20. Oktober 1508

26. Februar 1508

20. Mai 1508

29. Juni 1508

hunc, ut omnes‘ etc., es kann sich um diese, aber auch um örtlich vorliegende andere Texte gehandelt haben, in jedem Fall erfolgte danach die Besprengung mit Weihwasser, der Propst vergaß dabei auch den neuen Dachboden nicht (von einem laqueare war auch schon in einem Eintrag zum 29. September 1500 die Rede, dort nächtigte damals mit zwei Konversinnen eine Dame, die den Nonnen die Anfertigung von ‚Brettchengeweben‘ beibringen sollte). Uta Reinhardt (ebd.) berichtet, diese mit einem Spitztonnengewölbe gedeckte Konstruktion trage die Bezeichnung ‚Uhlenflucht‘. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet darüber hinaus (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1508 ist daß Krankenhauß gebauet“ (zu diesem Krankenhaus: Reinhardt, Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 941). 175  Wie aus dem untenstehenden Eintrag zum selben Datum hervorgeht, wurde die Glocke bei dem Sturz nicht zerstört. Die Sakramentsprozession war auf den Mittwoch vorverlegt worden, weil die Oktav von Fronleichnam (eigentlich am 29. Juni 1508) in diesem Jahr auf das Fest der hl. Apostel Petrus und Paulus fiel. Die älteste heute erhaltene Glocke aus dem Kloster Lüne stammt von 1505 (jetzt im Museum für das Fürstentum Lüneburg, vgl. Reinhardt, Lüne (2012), Niedersächsisches Klosterburch, S. 944), es gibt aber keinen Anlaß zu der Annahme, daß es sich hierbei um die damals abgestürzte und wiederaufgehängte Glocke handeln würde (letztere muß ja auch sehr klein gewesen sein). 176  Zur Familie Meyger finden sich einige Nachrichten im UB Lüne. 177  Im UB Lüne finden sich unter den Lüner Nonnen eine Abele und eine Elisabeth Ertborg (n° 595 und 667). Vielleicht ist Abele (so in einem deutschsprachigen Dokument, demzufolge sie kurz vor 1469 in Lüne eingetreten sein muß) ja ein Spitzname für Albergis. 178  Den Exsequien für den verstorbenen Kaplan wird im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 47v) breiter Raum eingeräumt. Im Testament des Nikolaus Graurock von 1493 (UB Lüne, n° 640) werden die vier damaligen Kapläne des Klosters genannt, darunter ein ‚Apollo Nidensten‘, der sicher mit dem hier genannten ‚Apel‘ identisch ist (wie aus dem folgenden Eintrag hervorgeht, wurden die Kapläne mit dem Vornamen bezeichnet). 179  ‚Cantate Domino canticum novum‘ etc. ist der Introitus des vierten Sonntages nach Ostern. Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ berichtet von den Exsequien auf fol. 48r.

126

B. Text

va habuit nisi commemorationem ad vesperas et ad laudes. Ante primam fuit missa ‚Cibavit‘, secunda de apostolis. Post eandem missam cantavimus ad chorum missam ‚Cibavit‘ dupliciter cum sequentia, post tertiam cantavimus summam missam de sanctis apostolis. Ipso die cantaverunt sacerdotes vesperas de venerabili sacramento, in vigilia cantaverunt vesperas de apostolis180. Item in vigilia apostolorum anticipavimus processionem, et ivimus cum venerabili sacramento per circuitum. Et sacerdotes iverunt etiam per | fol. 48r| circuitum. Dominus prepositus non fuit domi. Confessor portavit venerabile sacramentum. Et dum sacerdotes prope ecclesiam venissent, cecidit minima campana de turri, et visa est sacerdotibus quasi volare, ignorantes quo cecidisset. Tunc invenimus eam in cymeterio sine ulla lesione cecidisse in terra, ita quod nec unus lapis

28. Juni 1508

180  Die Einträge zu diesem Jahr sind eher ‚thematisch‘ als streng chronologisch sortiert, weil sie aus unterschiedlichen Faszikeln des ‚Amtsbuches der Sakrista‘ zusammengesucht sind. Vom 29. (bzw. 28.) Juni war oben schon einmal im Abschnitt über die Baumaßnahmen (nämlich im Hinblick auf die während der Prozession abgestürzte Glocke) die Rede, danach waren die Sterbefälle des Jahres an der Reihe, nun folgen liturgische Nachrichten. Die beweglichen Feste lagen in diesem Jahr spät, der Oktavtag von Fronleichnam (duplex maius) fiel auf das Apostelfest (summum minus) und mußte daher weichen, die erste Vesper (am Mittwochabend) und die Laudes (mit der Matutin und den kleinen Horen) waren entsprechend von den hl. Petrus und Paulus, die Fronleichnamsoktav bekam nur eine commemoratio (alles wie am Festtag selbst – Vesper: A. ‚O quam suavis est‘ etc., V. ‚Panem de coelo‘ etc., O. ‚Deus, qui nobis sub sacramento‘ etc.; Laudes: A. ‚Ego sum panis vivus‘ etc., V. ‚Posuit fines tuos pacem‘ etc., O. wie oben). Nicht ganz konsequent ist, daß die zweite Vesper (am Donnerstagabend) dann, gleichsam als ‚Abschiedsgruß‘ an die Oktav noch einmal dem Fronleichnamsoffizium den Vorrang ließ, eigentlich hätte auch sie den Apostelfürsten gelten müssen. Für die erste Messe wählte der Zelebrant das (für die ganze Oktav geltende) Formular ‚Cibavit eos ex adipe frumenti‘ etc. von Fronleichnam (eigentlich hätte er nur die Apostelmesse lesen dürfen), die Schola sang dazu das Propium mit der Sequenz ‚Lauda, Sion, salvatorem‘ etc. (dupliciter heißt hier nicht ‚doppelt‘, sondern besagt, daß die Messe dem Festgrad duplex entsprechend gesungen wurde, so wie in der vorliegenden Chronik andernorts auch von dominicaliter und ferialiter die Rede ist), unmittelbar darauf folgte die Terz und die zweite gesungene Messe, nämlich die Konventmesse, die als Hochamt (also levitiert) gefeiert wurde, erst sie war dann diejenige von den hl. Aposteln Petrus und Paulus, ‚Nunc scio vere, quia misit Dominus‘ etc.; offensichtlich war es in Lüne üblich, für die beiden Messen, denen die Kommunität beiwohnte (normalerweise eine Stillmesse vor der Prim, und die Konventmesse nach der Terz) unterschiedliche Formulare zu wählen (eine gewisse Auswahl des Meßformulares ist dem Zelebranten aber eigentlich nur an Werktagen und, in bestimmten Fällen, an den festa simplicia gestattet). Vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 13r: Post eandem [i. e. primam] missam cantavimus ad chorum, missam ‚Cibavit‘ dupliciter, cum sequentia, sicut priori die. Illo die habuimus II as missas ad chorum. Et statim cantavimus tertiam cum summa missa, de apostolis. Hier in der Chronik ist der betreffende Satz mit roter Tinte gestrichen – weil die Kopistin nicht verstanden hatte, daß sich eandem nicht auf das folgende missam, sondern auf die vorher genannte Prim bezieht, hatte sie zunächst geglaubt, es habe an dem betreffenden Tag drei Messen gegeben, davon seien die ersten beiden ‚Cibavit‘ gewesen. Tatsächlich aber hatte die Kommunität nur zwei Messen beigewohnt. Weil aber auch die erste davon an diesem Tage gesungen war, mußte sie viel längern dauern, als das bei einer Stillmesse der Fall gewesen wäre, deshalb hatte man sie ausnahmsweise nach, und nicht vor der Prim zelebriert, denn es galt zu vermeiden, daß die Terz unmittelbar auf die Prim folgte.



fol. 47v–48v

in tecto, nec unus flos in cymiterio ex ea lesus esset, pro quo Deus pius et misericors sit benedictus in secula181. In die sancti Pauli legit confessor missam in choro post tertiam sancte Trinitati, pro gratiarum actione. Interim legimus nos preces sancte Trinitati, et historiam ‚Gloria tibi, Trinitas‘ et XII ‚Pater noster‘ sancto Bartholomeo182. Item ipso anno habuit sancta Margaretha XII lectiones prima vice in reformatione, et tenuimus duplex festum de ea183. Similiter habuimus etiam duplex festum de | fol. 48v| Divisione omnium apostolorum, ab illo anno et deinceps184. Item eodem anno habuimus octava Michaelis commemorationem ad vesperas et ad laudes, et summam missam de angelis, prima vice in reformatione185. Item in ipso anno feria 3a Exsurge cantavimus prima vice in reformatione ad chorum missam ‚Sicut oculi‘ pro salute vivorum186.

127

30. Juni 1508

13. Juli 1508

15. Juli 1508

6. Oktober 1508

29. Februar 1508

181  Es bestand offenbar der Brauch, die Fronleichnamsprozession mit dem Altarsakrament am Oktavtag zu wiederholen, weil dieser im Jahre 1508 auf das Fest der hl. Petrus und Paulus fiel, wurde diese Prozession auf den Mittwoch vorgezogen. Da Johannes Lorber abwesend war, trug der Beichtvater, Nikolaus Craßmann die Monstranz. Wie dem obenstehenden Eintrag zu entnehmen ist, konnte die bei dem Sturz unbeschädigt gebliebene kleine Glocke nach Allerheiligen wieder aufgehängt werden. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet dazu (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1508 ist eine Klocke auß dem Thurm gefallen, welche wieder geweihet und per Johann Lorber wiedergegeben und aufgehenget worden“. 182  Zur Danksagung (dafür, daß der Sturz der Glocke ohne schlimme Folgen geblieben war) las Craßmann die Votivmesse ‚de sanctissima Trinitate‘ (Introitus ‚Benedicta sit, sancta Trinitas‘ etc.), sowohl das römische als auch das Bursfelder Meßbuch sehen pro gratiarum actione dieses Formular vor (Missale Bursfeldense 1498, fol. CXLVr). Mit ‚Gloria tibi, Trinitas‘ kann die Sequenz ‚Gloria tibi, Trinitas, et aequalis deitas‘ etc. gemeint sein (historia steht in diesem Kontext für ‚Reimoffizium‘). 183  Im Verdener Diözesankalender ist die hl. Margareta nur trium lectionum, und bei den Benediktinern beschränkt sich ihr liturgischer Grad auf den einer commemoratio (nach Bursfelder Brauch hätte sie in der Matutin dann eigentlich gar keine Lesung – und in der Brevierausgabe von 1493, pars aestivalis, proprium de sanctis, fol. XXVIIIv steht auch wirklich keine, das ganze officium nocturnum ist vom Wochentag). 184 Der Zwölfbotentag (Mc. 16,19–20) war im Verdener Kalendarium duplex non celebre (d. h. duplex minus), und bei den Benediktinern der Kongregation von Monte Cassino duplex (mit zwölf Lesungen) – aber im Bursfelder Kalender taucht das Fest vor 1534 überhaupt nicht auf, nicht einmal als commemoratio (vgl. Rosenthal, Martyrologium, 1984, S. 36; 88; 90). 185  Eigentlich hat der hl. Michael (am 29. September) keine Oktav (es sei denn, er wäre Kirchenpatron), aber der 6. Oktober ist festfrei, nichts hindert den Zelebranten daran, als Meßformular die Votivmesse ‚de angelis‘ (Introitus: ‚Benedicite Dominum, omnes angeli eius‘ etc.) zu wählen, deren Proprium weitgehend dem des Festtages (vom hl. Michael) entspricht. Passenderweise würde man erwarten, daß dazu dann auch das Meßordinarium (Kyrie, Gloria etc.) ‚de angelis‘ (die heutige römische Messe VIII) gesungen wurde, aber das hat in der heute vorliegenden Form im Jahre 1508 noch nicht existiert, es ist das jüngste Ordinarium im römischen Graduale, einige Stücke stammen aus dem 15., aber andere erst aus dem weiteren Verlauf des 16. Jahrhunderts. 186  ‚Exsurge, quare obdormis, Domine‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Sexagesima. ‚Sicut

128

B. Text

Et in eadem septimana, feria 6a, ‚Si iniquitates‘ pro peccatis, etiam prima vice187. Item eodem anno, feria 3a Cantate, cantavimus ad chorum missam de angelis dupliciter sicut in Cantuali habetur, per totum, prima vice in reformatione188. Item feria 4a fuit summa missa de patronis, ferialiter. Item eodem anno, in die conceptionis sancti Johannis Baptiste, quando est dedicatio altaris in choro, fuit summa missa ‚Dicit dominus‘, sicut | fol. 49r| in Graduale habetur, cum sequentia ‚Psallat Ecclesia‘, et cantavimus dupliciter prima vice in reformatione189. Item eodem anno cantavimus sequentiam ‚Ad laudes‘ in die sancti Jeronimi, prima vice in reformatione, ab illo anno et deinceps190. Item ipso anno in die sancti Severini episcopi, quando est dedicatio altaris ante Mariam, tunc cantavimus ibidem missam ‚Dicit domi-

3. März 1508

23. Mai 1508

24. Mai 1508 24. September 1508

30 September 1508

23. Oktober 1508

oculi servorum in manibus dominorum suorum‘ etc. ist zunächst eigentlich der Introitus vom Montag nach dem ersten Fastensonntag, die Texte des Meßformulares lassen dasselbe aber auch als Votivmesse für die Lebenden geeignet erscheinen (neben dem Introitus, aus Ps. 122,2, namentlich die Lesung, Ez. 34,11–16, das Graduale, Ps. 83,10/9, und das Offertorium, Ps. 118,18;26;73), entsprechend findet sich das Formular im Missale Bursfeldense (Ausgabe 1498, fol. CLr) noch einmal unter der Überschrift ‚pro salute vivorum‘. 187 ‚Si iniquitates observaveris, Domine‘ etc. ist zunächst eigentlich der Introitus des 22. Sonntages nach Pfingsten (in der mittelalterlichen deutschen Tradition: nach Trinitatis), es ist aber nicht ungewöhnlich, daß das Proprium einer Votivmesse, sofern die Texte inhaltlich passen, aus dem proprium de tempore geschöpft wird (anläßlich des glimpflich überstandenen Glockensturzes hatte oben, im Juli 1508, der Beichtvater, Craßmann, zur Danksagung ja schon die Messe von Trinitatis gelesen). So verhält es sich auch hier. Thema der Messe ‚Si iniquitates‘ ist die Vergebung der Sünden bzw. die Verschonung des Sünders, und im Missale Bursfeldense findet sie sich tatsächlich unter den Votivmessen und trägt dort die Überschrift ‚pro peccatis‘. (Ausgabe 1498, fol. CLIv). Das römische (nachtridentinische) Meßbuch indes schlägt als Votivmesse in dem gleichen Anliegen (‚pro remissione peccatorum‘) stattdessen das Meßformular vom Aschermittwoch vor (Introitus: ‚Misereris omnium‘ etc.). 188  ‚Cantate Domino canticum novum‘ etc. ist der Introitus des vierten Sonntages nach Ostern. Die Missa de angelis, sicut in Cantuali ist nicht unbedingt die VIII. römische Messe in ihrer heutigen Gestalt, denn einige Teile dieser Messe sind erst im Laufe des 16. Jahrhunderts komponiert worden. Vielleicht ist eine Votivmesse zu den hl. Engeln gemeint. 189  ‚Dicit Dominus: ego cogito cogitationes pacis etc. ‘ ist eigentlich der Introitus des 23. Sonntages nach Pfingsten und der folgenden Sonntage bis zum ersten Advent (in der mittelalterlichen deutschen Tradition: 23. Sonntag nach Trinitatis, oder nur des letzten Sonntages vor dem ersten Advent), hier als Votivmesse, ‚Psallat Ecclesia, mater illibata‘ etc. ist die Sequenz der Messe vom Kirchweihtag (Verfasser: Notker von St. Gallen), sie findet sich auch im Bursfelder Missale (Rosenthal, Sequenzen, 1984, S. 163). Vgl. die Einträge zum 23. Oktober 1508, und zum 27. September 1516. Das Fest der Conceptio s. Johannis Baptistae findet sich nur im Bremer und Hamburger Kalender, nicht aber in denjenigen der Bursfelder Benediktiner, und der Diözesen Verden und Hildesheim. 190  ‚Ad laudes salvatoris, ut mens‘, Commune unius pontificis, AH 54 n° 88; Rosenthal, Sequenzen (1984), S. 163.



fol. 48v–50v

129

nus‘, ut supra; dominus prepositus cantavit. Sextam et nonam cantavimus in eodem loco, et stetimus per choros191. | fol. 49v – vacat | | fol. 50r| Anno domini etc. IX, Littera tabularis T., Dominicalis erat G, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Destinari‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis I, Aureus numerus IX, Pridie nonas Februarii Circumdederunt, VI° ydus Aprilis dies Pasche, VI° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus domini. Eodem anno in vigilia Christi statim post aspersionem ante summam missam consecravit suffraganeus, dominus Martinus, parvulam [infra: campanam] que illo anno de turri ceciderat, et vocavit eam Katherinam. Ipso anno fuit vigilia Christi super dominicam, et sacerdotes responderunt ad omnia sub consecratione. | fol. 50v| Post consecrationem cantavit suffraganeus summam missam, et sub eadem missa legit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] ‚Hodie scietis‘ in choro192. 191 

4. Februar 1509 8. April 1509 27. Mai 1509 2. Dezember 1509 24. Dezember 1508

Vgl. die Einträge zum 24. September 1508, und zum 27. September 1516. Zum Marienaltar vgl. Reinhardt, Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch (2012), Bd. 2, S. 945. 192 Der suffraganeus war der Dominikaner Martin von Fürstenwalde, der am 26. November 1503 auf den Titel des Bistums Acre geweiht, und den Diözesen Halberstadt und Verden als Weihbischof zugeteilt worden war (vgl. Gatz, Bischöfe, Bd. 2, S. 795 Anm. 17; S. 842, Anm. 73). Das Bistum Verden bedurfte seiner zur Spendung der bischöflichen Sakramente und Sakramentalien, weil der 1502 erwählte Diözesanbischof Christoph von Braunschweig-Lüneburg (geb. 1487, vgl. ebd., S. 100–103) die kanonische Altersgrenze noch nicht erreicht, und deshalb die Bischofsweihe noch nicht empfangen hatte. Offensichtlich ist von Fürstenwalde vor 1513 verstorben – in diesem Jahr wurde ein neuer Titularbischof von Acre konsekriert. Sein Nachfolger als Weihbischof in Verden, Christopher Radelennes OP, sollte am 29. September 1518 zur Nonnenkrönung nach Lüne kommen. Die Glockenweihe (Ritus im Pontificale romanum, pars secunda) ist eine recht aufwändige Zeremonie – sie erfolgt nicht in situ, sondern bevor die Glocke an ihren endgültigen Platz im Glockenturm gelangt, dazu wird sie zunächst in einem allseitig zugänglichen, provisorischen Gestell frei aufgehängt. Der von mindestens einem Diakon sekundierte, und mit den Pontifikalien angetane Bischof wird auf einem Faldistorium bei der Glocke inthronisiert. Nach der Rezitation der Psalmen 50, 53, 56, 66, 69, 85, und 129 weiht der Bischof zunächst Salz und Wasser, vermischt beides, wäscht mit der Lösung die Glocke, und die Assistenten trocknen sie mit einem Leinentuch ab, dazu werden die Psalmen 145–150 rezitiert. Als nächstes salbt der Bischof die Glocke mit dem Krankenöl (ein erstes, das er wieder abwischt, und dann sieben Kreuzzeichen, dazu wird Psalm 28 gesungen), und dann mit dem hl. Chrisam (vier weitere Kreuzzeichen), dazu werden die

130

B. Text

Item eodem anno instituit dominus prepositus J[ohannes] L[orber], quod omnibus quintis feriis venerabile sacramentum defertur ad altare post vesperas hora 4a. In primis cantatur versus ‚Tantum ergo‘, deinde responsorium ‚Discubuit‘, etc., solito more, ab illo anno et deinceps193. Item ipso anno in die Valentini martiris convocavit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] totam congregationem et legit nobis litteram indulgentiarum quam dedit conventui pro memoria prefatus dominus episcopus Martinus, quam dominus prepositus ab eo obtinuit, scilicet ad antiphonam ‚O sacrum‘ XLa dies quotiens cantatur, ad responsorium ‚Discu- | fol. 51r| buit‘, ad versum ‚Tantum ergo‘, ad ‚O salutaris hostia‘, ad missam ‚Cibavit‘, ad antiphonam ‚Tota pulchra‘, et ad ‚Salve regina‘; item dominicis diebus post circuitum ad ‚Absolve, domine‘ cum versu et collecta XLa dies omnibus ibidem praesentialiter existentibus194. Item eodem anno, sabbato ante Iubilate, in die sancti Vitalis, obiit soror Magdalena Boltze post prandium circa horam primam195.

14. Februar 1509

28. April 1509

entsprechenden Versikel, Antiphonen und Orationen rezitiert. Danach wird die Glocke inzensiert (unterdessen singt man Psalm 76), die Zeremonie schließt mit einer Lesung aus dem 10. Kapitel des Lukasevangeliums. Zur Glockenweihe vgl. auch ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 78r: In vigilia Christi, statim post aspersionem ante summam missam, consecravit dominus Martinus, episcopus suffraganus parvulam campanam, que illo anno cecidit de turri in festo Corporis Christ, et vigiliam Christi habuimus super dominicam diem memento. Sacerdotes responderunt ad omnia, conventus non, et prefatus episcopus cantavit summam missam, omittendo ‚et pax eius‘. Finita missa unus ministrorum qui ei astiterant ad altare dixit ‚Humiliate‘, et dominus episcopus dedit benedictionem sub hoc. Item sub eadem missa legit dominus episcopus missam in choro. Item in die Christi legit iterum dominus episcopus missam post capitulum, et communicavit conventum in unum. Die pax nach dem ‚Libera nos‘ hat im Pontifikalamt eine besondere, von der Messe eines gewöhnlichen Pristers abweichende Form, vorgesehen ist: Diakon: Humiliate vos ad benedictionem (Antwort:) – Deo gratias. Bischof: Et pax eius sit semper vobiscum (Antwort:) – Amen. Der Weihbischof hatte diese pax an der vorgesehenen Stelle in der Messe ausgelassen, dafür rief der Diakon sein ‚Humiliate‘ am Schluß der Messe, vor dem bischöflichen Segen. Mit den Worten Hodie scietis quia dominus veniet etc. beginnen Introitus und Graduale der Messe am Vigiltag von Weihnachten. 193  Das Responsorium ‚Discubuit Jesus et discipuli eius‘ wurde in der älteren Forschung als lutherische Schöpfung angesehen, stammt aber aus einer zisterziensischen Tradition, vgl. Schulz, Discubuit Jesus (1981), S. 27–48. 194  Der Weihbischof, Martin von Fürstenwalde OP, war am 24. Dezember 1508 in Lüne gewesen, am 17. Mai 1509 wird er noch einmal anläßlich der Nonnenkrönung genannt. Vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 78v: In die Valentini martiris convocavit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] totam congregationem et legit nobis litteram indulgentiarum quam dedit conventui pro memoria prevatus dominus episcopus Martinus, suo sigillo insignatam, in qua continetur indulgentia data, quam dominus prepositus obtinuit ab eo, scilicet ad antiphonam ‚O sacrum‘ XL dies, quotiens cantatur, similiter ad responsorium ‚Discubuit‘, ad versum ‚Tantum ergo‘, ad ‚O salutaris hostia‘, ad missam ‚Cibavit‘, etiam ad antiphonam ‚Tota pulchra‘, ad ‚Salve regina‘; item dominicis diebus post circuitum ad ‚Absolve‘ cum versu et collecta XL dies todidem omnibus personaliter existentibus. ‚Tota pulchra es, amica mea‘ ist im Breviarium Bursfeldense 1493 die Magnifikatantiphon zur ersten Vesper von Mariä Himmelfahrt (Proprium de sanctis, fol. 39r–39v). 195  Vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23), 50r.



fol. 50v–51r

Item ipso anno, dominica Iubilate, mutaverunt habitum VI sorores et una conversa, E[ngelheydis von] B[ülo]V etc.196

131 29. April 1509

196  Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 79v–80r) berichtet über die Einkleidung: Isto anno, sabbato ante Misericordia, acceptabantur iste sorores, videlicet E[ngelheydis von] B[ülo] W, M[aragerete von] G[ilten], A. S. R., E[lisabeth] N[iebur], M[argarete] VJ[ittenbeke], A[nna] K[reye]; et E. A., conversa. E. A. fuit nunc ad claustrum de in die Magni confessoris. Summa missa fuit ‚Salve‘ cum ‚Ave preclara‘, et legerunt rosarium quelibet pro preposito. Dominica Iubilate mutaverunt habitum. Sabbato de mane iverunt cum vittis et peplis ad vesperas, habuerunt nunc peplum super et steterunt in eorum | fol. 80r| loco; ideo quod M[agdalena] BO[ltze] migravit illo die. In dominico die, post 3 am, cantaverunt sacerdotes ‚Vidi aquam‘, et iverunt per circuitum. Post circuitum veniebat dominus prepositus in chorum cum sacerdotibus et secularibus; patres et matres, fratres et sorores fuerunt ibi omnes presentes totam missam. Inter Kyrie iverunt omnes ad sacrificium. Missa fuit ‚Resurrexi‘ per totum, ut supra, et tenuimus sicut patet in alia quaterna, preter post collectam ‚Deus qui corda‘ etc. cantaverunt due sorores letaniam, sicut in vigilia Pasche, T[itburg] R[emstede] et K. E. cantaverunt et steterunt coram cantrice in sedibus, et quando dedit eis fraternitatem, tunc incepit cantrix antiphonam ‚Congregavit nos Christus‘ etc., et antiphonam ‚Introduxit‘, cum collecta. Post collectam aspersit eas, et incepit antiphonam ‚Regina celi‘, quam conventus prosequebatur usque in finem, cum collecta, et tunc fecit brevem sermonem, thema fuit ‚Mundus autem gaudebit‘. Finita missa incepit dominus prepositus ‚Te Deum laudamus‘, quem conventus cantavit per choros, cum collecta. Post missam iverunt omnes pariter de choro. ‚Misericordia Domini plena est terra‘ etc. ist der Introitus des zweiten Sonntages nach Ostern, an seinem Vorabend, dem 21. April 1509, wurden die Kandidatinnen zur Einkleidung zugelassen – vgl. den Kommentar zum 13. April 1505, in diesem Jahr hatte die letztvergangene Einkleidungszeremonie stattgefunden, ebenfalls am Sonntag Iubilate (‚Iubilate Deo omnis terra‘ etc. ist der Introitus des dritten Sonntages nach Ostern). Zu der jetzigen Kohorte zählt auch eine Konversin, deren Klostereintritt hier im ‚Amtsbuch‘ (und in der Klosterchronik) unter dem fraglichen Tagesdatum nicht verzeichnet worden war – deshalb wird bei dieser Gelegenheit der Hinweis darauf nachgeholt, daß sie seit dem 6. September 1508 in Lüne weilte, dem Gedenktag des hl. Abtes (nicht des Märtyrers) Magnus, der sich nur im Bursfelder, aber nicht im Verdener Kalendarium findet. An dem Samstag, an dem die Zulassung ausgesprochen wurde, war das Meßformular dasjenige der Votivmesse ‚de beata Maria virgine in sabbato tempore paschali‘ – deren Introitus lautet ‚Salve, sancta parens‘ etc., wie im ‚Commune de beata Maria virgine‘. Dazu wurde die Sequenz ‚Ave praeclara maris stella‘ des Herimannus Contractus gesungen, die das Missale Bursfeldense 1498 eigentlich für das Fest der Visitatio beatae Mariae virginis vorgesehen hatte (am 2. Juli, vgl. auch Rosenthal, Sequenzen, 1983, S. 163). Am Vorabend ihrer Einkleidung (am Samstag, den 28. April 1509, an dem Tag, an dem Magdalena Boltze gestorben war – de mane soll hier wohl den Vortag, nicht den Morgen bezeichnen), kamen die Kandidatinnen mit ihren Festkleidern (pepla – sie trugen zu dieser Gelegenheit zum letzten Mal in ihrem Leben weltliche Tracht) und den Haarbändern (vittae), derer sie fortan ebenfalls nicht mehr bedüfen sollten, in die Vesper (vgl. Kommentar zum 13. April 1505). Am Sonntag fand dann, im Konventamt nach der Terz, die Einkleidung statt, die Priester stimmten das ‚Vidi aquam‘ an und zogen durch die Kirche, um die Anwesenden mit Weihwasser zu besprengen – das ist im übrigen auch die übliche Vorgehensweise, im Jahre 1505 hatte stattdessen die Priorin den Segensgestus vollzogen. Die Familien der Kandidatinnen wohnten der Einkleidung ihrer Töchter bzw. Schwestern bei, zu dieser Gelegenheit durften sie den Nonnenchor betreten, der sonst den Nonnen selbst vorbehalten war. Während des Kyrie wird im Hochamt zum ersten Mal der Altar beweihräuchert, vielleicht bezog der Zelebrant, der dabei von der Altarassistenz begleitet wird, auch den Tabernakel mit ein, in dem das Altarsakrament (= sacrificium) aufbewahrt wurde. Wie schon im Jahre 1505 wählte man das Meßformular von der Osternacht (Introitus ‚Resurrexi et adhuc sum tecum‘ etc.), nicht dasjenige des gegenwärtigen Sonntages, wozu eigentlich die Verpflichtung bestanden hätte – zu den Einzelheiten verweist das Amtsbuch hier offenbar auf die ‚andere Lage‘ seiner selbst (fol. 62r– 62v), wo von der Zeremonie die Rede ist, die vier Jahre zuvor stattgefunden hatte, mit dem Unterschied indes, daß jetzt nach der Collecta ‚Deus qui corda fidelium sancti Spiritus illustratione

132

B. Text

Item ipso anno, feria secunda Penthecostes cantavit dominus Johannes Schymmelpenningh suam primam missam. Cantor de beata Virgine predicavit197. | fol. 51v| Item eodem anno, in die Ascensionis domini nostri Jesu Christi coronabantur VI sorores A. R., G[ertrud] H[oppenstede] etc.; suffraganeus aspersit conventum inter ‚Vidi aquam‘, et ivit nobiscum per circuitum, cum astantibus, preposito et confessore, et sequebantur processionem post dominam priorissam198.

28. Mai 1509

17. Mai 1509

docuisti‘ etc. (die ihrerseits weder zum gewählten Meßformular der Osternacht, noch zum Sonntag Iubilate, sondern zum Pfingstsonntag gehört, vgl. Missale Bursfeldense 1498, fol. 109v – aber sie wird auch mit dem Versikel ‚Veni, sancte Spiritus‘ etc. kombiniert) zwei Vorsängerinnen, Titburg Remstede und K. E., die Litanei aus der Ostervigil rezitierten, üblicherweise knien sie dazu auf Betschemeln in der Mitte. Zur Aufnahmehandlung selbst stimmte dann die Scholaleiterin zunächst die Antiphon ‚Congregavit nos Christus ad glorificandum seipsum‘ etc. (eigentlich zur Fußwaschung am Gründonnerstag) an, sodann ‚Introduxit me rex in cellam vinariam‘, aus Ct 2,4 in Verbindung mit 1,3 – als (recto tono vorzutragende) Lesung steht der Text im Breviarium Bursfeldense 1493 (Proprium de sanctis, fol. 49v), als siebte Lesung zur Matutin am Fest Mariä Geburt (8. September, hier mit dem ergänzten rex), im Breviarium romano-monasticum Urbans VIII. stattdessen erste Lesung vom Fest Mariä Heimsuchung (ohne rex), vorher im Brevier der Kongregation von Monte Cassino (Venedig 1506) erste Lesung zur Matutin am ersten Tag in der Oktav von Mariä Himmelfahrt (16. August) etc. – die fragliche Antiphon auf denselben Text allerdings findet sich nicht dort, sondern stattdessen nur in einigen handschriftlichen Antiphonaren, zum einen als Psalmantiphon zur Vesper am Fest Mariä Geburt (ohne rex – z. B. ms. Berlin SBB mus. 40047, fol. 103v), oder aber zur Vesper an Mariä Himmelfahrt (ms. Klosterneuburg, Augustiner-Chorherrenstift 1018, fol. 109v), dort aber, in Klosterneuburg, steht die Antiphon nur in jenem der Antiphonare, das für den Gebrauch in Frauenklöstern bestimmt ist, das ‚männliche‘ Pendant hat einen anderen Text (‚Iubilemus tibi virgo‘ etc. – aus: Norton; Carr, Liturgical manuscripts, 2011, S. 90; 155). Der Text aus dem Hohenlied wird in einem Kondolenzbrief der Ebstorfer Priorin Barbara von Hodenberg zum Tode der Lüner Subpriorin Gertrud Elzen zitiert (datiert 31. Juli 1496, Lüne Hs. 15, Lage 3, fol. 5v–10r), Das ‚Regina coeli, laetare‘ etc. ersetzt als marianische Antiphon für die Osterzeit das ‚Salve regina‘. Thema der Predigt des Propstes war Jo. 16,20 Mundus autem gaudebit, vos autem contristabímini, sed tristítia vestra vertetur in gaudium. Nach der Messe wurde zur Danksagung das ‚Te Deum‘ (seitenweise im Wechsel) gesungen, dann gab es einen großen Auszug. 197  Der Primiziant predigt üblicherweise nicht selbst. Um in der Messe predigen zu dürfen, muß der hier genannte cantor selbst Priester oder wenigstens Diakon sein. 198  Der Weihbischof ist Martin von Fürstenwalde OP, der oben schon im einem Eintrag zur Glockenweihe am 24. Dezember 1508 genannt worden war, im Februar hatte er dem Kloster einen Ablaß für die Rezitation eucharistischer und marianischer Antiphonen zur Sakramentsandacht verliehen (Kommentar dort). Vielleicht hatte er sich länger in Lüne aufgehalten, oder war dort häufiger zu Gast. Auch zur Nonnenkrönung (Pontificale romanum, prima pars) bedurfte es seiner Mitwirkung. Vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 80v: Item in die Ascensionis domini nostri Jesu Christi fuerunt iste sorores coronate, videlicet A. R., G[ertrud] H[oppenstede], A[lheydis] ST[üver], M. C. et A. C.; ad III pulsabatur prima missa, ad IIII or cantavimus primam; post capitulum legit dominus prepositus missam in choro, et communicavit conventum in unum. Post missam iverunt per circuitum, statim post circuitum intravit dominus episcopus in choro cum astantibus et secularibus personis, in tertiam preparavit se in choro. Item cantavimus ‚Vidi aquam‘, dominus episcopus aspersit conventum, et iverunt omnes nobiscum per circuitum, et iverunt post dominam. A. J. et H. E. cantaverunt letaniam et quomodo tenuimus hoc, habetur in alia littera. Die erste Messe findet schon um



fol. 51r–52r

Item in ipso anno, in die sancte Trinitatis, consecrata est nova capella, quam fecit dominus J[ohannes] L[orber] edificare in honorem sancte Katherine, et gloriose virginis Marie. Summa missa fuit de festo. Post missam incepit episcopus officium cum sacerdotibus, conventus nichil habuit cum hoc ad faciendum199. Missam ‚Terribilis‘ cantaverunt sacerdotes in organis200. Item eodem anno, sequenti die Corporis Christi, statim post capitulum legit qualibet persona in choro coram venerabili sacramento sequentiam ‚Lauda | fol. 52r| Syon‘ et VII Pater, ‚Ave, fructus‘, ab illo anno et deinceps annuatim illo die201. Item ipso anno 2a feria ‚Domine in tua‘ dedit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] in capitulo fraternitatem omnibus benefactoribus nostris qui sibi perpetuam memoriam paraverunt, sicut domino

133 3. Juni 1509

8. Juni 1509

11. Juni 1509

03.00 Uhr morgens statt, so können auch die Schwestern teilnehmen, die im weiteren Tagesverlauf mit dem Empfang des Prälaten und der praktischen Organisation der Festlichkeiten betraut sind. Die Prim wird entsprechend auf 04.00 Uhr morgens vorgezogen, daran schließt sich das Kapitelsoffizium an, die Stillmesse des Propstes beginnt mithin merklich vor 05.00 Uhr. Die ganze Kommunität kommuniziert schon in dieser Messe – danach müssen die Nonnen nicht weiter nüchtern bleiben, was sicher auch dazu betragen soll, daß die Kandidatinnen für die Nonnenkrönung während der langen Zeremonie bei Kräften bleiben. Die Pontifikalgewänder werden dem Bischof üblicherweise in der Kirche von den (männlichen) Assistenten angelegt, dazu gibt es eigene Gebete und Riten, währenddessen singen die Nonnen die Terz. Zu Beginn des Pontifikalamtes, in dem die Nonnenkrönung stattfindet, ist es selbstverständlich der Zelebrant (nicht etwa, wie bei der Profess am 26. Juli 1506, die Priorin), der durch die Kirche zieht und die Anwesenden mit Weihwasser besprengt, dazu wird in der Osterzeit das ‚Vidi aquam‘ (statt des ‚Asperges‘) gesungen, die Messe beginnt mit einem großen Einzug (aller Geistlichen und Religiosen, nicht nur der Altarassistenz) A. J. und H. E. singen die Litanei während der Prostration der Kandidatinnen, unmittelbar vor dem Krönungsritus. 199  Das ist ‚deutsch gedacht‘ – der Weihbischof rezitierte das Offizium mit den Klerikern des Hauses, die Nonnen „hatten damit nichts zu tun“. 200  ‚Terribilis est locus iste‘ ist das Incipit der Messe vom Kirchweihtag. Die hl. Katharina, nunmehr Kapellenpatronin, erfährt in der Folge eine besondere liturgische Würdigung – jeden Freitag gibt es eine Kreuzprozession, deren Ziel die neue Kapelle ist, dazu wird das Responsorium ‚Surge virgo‘ (von der hl. Katharina) gesungen (Eintrag zum 15. Juni 1509), und ihr Fest (am 25. November) wird künftig, ab 1510 (siehe dort) als summum gefeiert. Von dieser Gründung ist auch im ‚Kurtzen Register‘, dem Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne die Rede (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1500 [tatsächlich 1509] ist durch Johann Lorbern, praepositus, die Capelle bey der Lühner Kirche, S. Cathrinen Capelle genannt, gebaut worden und am Feste S. Trinitatis consecriret und eingeweihet. Zu dieser Capelle hatte eine, Flodewelsche genannt, gegeben 60 Taler Anno 1511“. 201  Die Fronleichnamssequenz ‚Lauda, Sion, salvatorem‘ (Thomas von Aquin), 7 Pater noster, und dann wahrscheinlich die Antiphon ‚Ave, fructus salutaris‘, oder aber das ‚Ave Maria‘, gefolgt z. B. von der Sequenz ‚Fructus arbor salutaris‘ (AH 40 n° 124) o. ä. – es ist nicht erkennbar, ob ‚Ave‘ und ‚Fructus‘ zusammengehören, auch das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 81r) vermag zur Klärung dieser Frage nichts beizutragen, dort heißt es nur: … sequentiam ‚Lauda Syon‘, VII Pater noster, et communicavimus in dominico die.

134

B. Text

Bernardo, et G. Sporeken202 etc.; mater subpriorissa rogavit eis orationem dominicam etc.203 Item eodem anno instituit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] quod omnibus sextis feriis post vesperas, hora 4a, debet sancta Crux deferri in novam cappellam, et sacerdotes cantare ‚O Crux gloriosa‘ cum versu et collecta de sancta Cruce; item responsorium de sancta Katharina, ‚Surge virgo‘, cum versu et collecta; ‚De profundis‘ cum collecta, et antiphonam de omnibus sanctis, iterum cum collecta, ab illo anno et deinceps. In die sancti Viti cantaverunt prima vice204. | fol. 52v| Item in ipso anno fecit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] edificare textrinum domum, et novam ferream fenestram pro hospitibus205. Item eodem anno, sequenti die Innocentum, cantavimus ad summam missam sequentiam ‚Eya recolamus‘, prima vice in reformatione, et missam dupliciter, tantum semel, ab illo anno et deinceps annuatim206.

15. Juni 1509

29. Dezember 1509

202  Im UB Lüne (n° 351) gibt es einen Priester namens Johannes Spörcken (= Sporeke); ebenso taucht die Familie Sporeke[n] in der Sammlung Lüneburger Testamente auf (n°s 79 und 95). 203  ‚Domine in tua‘ ist der Introitus des ersten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, vgl. den Eintrag zum 16. Juni 1506. Die Wohltäter haben Anspruch auf ein ständiges Gebetsgedenken, das schon zu ihren Lebzeiten in den jährlichen Messen pro benefactoribus (vgl. Eintrag nach 27. Oktober 1506) und einer memoria in den preces ihren Ausdruck findet. Nach ihrem Ableben werden sie zudem auch in den Nekrolog des Klosters eingetragen, so daß ihre Namen jährlich, am Vortag ihres Jahresgedächtnisses, im Kapitelsoffizium (nach der Prim) verlesen werden. An Folgetag (ihrem Todestag) gilt ihnen dann (kollektiv, zusammen mit den anderen im Nekrolog zum jeweiligen Tag verzeichneten Verstorbenen) das Totenoffizium, das in Lüne täglich zusätzlich zum kanonischen Offizium rezitiert wurde. Zugunsten besonderer Wohltäter kann sich die Kommunität auch zu einer jährlichen Seelenmesse am Todestag verpflichten, davon ist hier aber nicht speziell die Rede. Im Gegenzug versprechen die in die Gebetsverbrüderung aufgenommenen Förderer ein tägliches Vaterunser für das Kloster. Der Ritus der Aufnahme in die Bruderschaft wird in einem Eintrag zum 21. Mai 1510 beschrieben. Die genannte Subpriorin war zu dieser Zeit Wichburg Provest (belegt in UB Lüne n° 667 vom 30. August 1510). 204  Die neue Kapelle ist die zwei Wochen zuvor konsekrierte Katharinenkapelle. 205 Das textrinum ist eine Webstube, vgl. du Cange, Bd. 8, Sp. 91. Die Redakteurin scheint nicht vor Augen gehabt zu haben, daß domus weiblich ist. Das ‚eiserne Fenster‘ ist das vergitterte Fenster, das sich überlicherweise bei der Klosterpforte befindet (zuweilen auch in einer Art Sprechzimmer, das dann als parlatorium bezeichnet wird), es gestattet, klosterfremden Personen (die die Klausur nicht betreten dürfen), ihre Anliegen den (klausurierten) Nonnen vorzutragen. Diese Fenster (bzw. deren eiserne Gitter) waren offensichtlich eine Spende, vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 82r [zum 24. November 1509]: Isto anno misit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] edificare textrinum domus, et novam fenestram ad hospites. In vigilia Katharine legimus orationem dominicam sub capitulo, et rosarium pro illis qui nobis fenestras dederunt. Vom fraglichen Sprechfenster soll in einem Eintrag zum 14. Juli 1529 noch die Rede sein – Propst Johannes Lorber, den Herzog Ernst I. am Vortag zum Amstverzicht gezwungen hatte, wandte sich durch das Gitter an die Priorin, um ihr von den Geschehnissen zu berichten. 206 Die Heiligenfeste der ersten drei Tage nach Weihnachten sind alle wenigstens duplex



fol. 52r–54r

Item ipso anno habuit sanctus Quirinus commemorationem ad vesperas et ad laudes, et [retinuit] summam missam, prima vice in reformatione207. Item eodem anno, et anno X° et XI°, fuit hic in nostra curia quidam scholaris, nomine Jacobus Heyneman, qui didicit nobis artem renovandi antiquas casulas et birras; etiam didicit nobis artem colorandi fila etc.208

135 30. April 1509

| fol. 53r–53v – vacat | | fol. 54r| Anno domini etc. X°, Littera tabularis L., Dominicalis erat F, (26. Dezember: Hl. Stephanus, medium; 27. Dezember: Hl. Johannes Evangelista, medium; 28. Dezember: Hl. Unschuldige Kinder, duplex minus), an diesen Tagen ist das Offizium aus dem proprium der jeweiligen Heiligen (mit eigenen Sequenzen in der Messe), erst am 29. Dezember ist es zum ersten Mal von der Weihnachtsoktav (und dann noch einmal am 30. Dezember). Dieser Tag in der Weihnachtsoktav wurde dupliciter (wie ein festum duplex, also mit Sequenz) begangen, in Lüne sang man zum Konventamt (nach der Terz, aber – tantum semel – nicht zur ersten Messe) ‚Eya, recolamus laudibus piis digna‘ etc. wie in der 2. Messe (in aurora) vom Weihnachtstag. Am 31. Dezember ist das Offizium vom Hl. Sylvester (XII lectionibus), und der Oktavtag selbst, der 1. Januar, ist das Fest ‚Circumcisio Christi‘, das dann wieder als festum medium (mit eigener Sequenz) begangen wird. 207  In den Kalendarien der Bursfelder Kongregation und des Bistums Verden findet sich der hl. Märtyrer Quirinus überhaupt nicht, in der Kirchenprovinz Mainz (zu der das Bistum Verden gehört) wird seine Translation am 30. April gefeiert. Das in einigen anderen Diözesen verbreitete Fest seines Martyriums am 30. März hingegen ist hier wahrscheinlich nicht gemeint, weil dieser Tag im Jahre 1509 der Vorabend des Palmsonntages war, an dem die fragliche commemoratio ausgeschlossen gewesen wäre. Das zweite Prädikat des Satzes, das die summa missa zum Akkusativobjekt hat, ist in der Vorlage unklar, vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 16v: Item sanctus Quirinus habuit commemorationem ad vesperas et ad laudes, et [tenuit] summam missam per totum, sicut Christophori, prima vice in reformatione. Im ‚Amtsbuch‘ folgt dieser Eintrag auf eine Notiz zum 3. November 1509, und es geht weiter mit dem 2. Dezember – doch im November gibt es keinen hl. Quirinius. 208  Dieser Eintrag findet sich auch unter den wenigen Nachrichten, die aus der zweiten – verlorenen – Redaktion der Klosterchronik überliefert sind (Allgemeiner litterarischer Anzeiger 1801, Sp. 518). Birras ist sicherlich ein falscher Akkusativ Plural zu birrum (n.) – eigentlich müßte es birra heißen (es gibt auch die Form birrus, m., Acc. Pl. birros, vgl. du Cange, Bd. 1, Sp. 664). Gemeint ist hier der Chormantel (auch pluviale, cappa oder planeta) für die Prozession (u. a. zum ‚Asperges‘ vor dem Hochamt am Sonntag), die feierliche Vesper (mit zwei oder vier ‚Pluvialisten‘ auf den Sedilien beiderseits des Offizianten), und die Sakramentsandacht (mit sakramentalem Segen). Er wird aus den gleichen Materialien (Grundstoff Wolle oder Seide, mit Besatz) und in den gleichen Techniken wie die Meß-Kasel hergestellt, hat aber eine andere Form (in Gestalt eines Umhanges mit Schließe vor der Brust). Die verwendeten, reich verzierten Stoffe und der metallische oder textile Besatz können sehr kostbar sein und verschleißen rasch an den Stellen, an denen das Gewebe geknickt wird, es lohnt sich, verschlissene Stücke zu zerlegen und die Einzelteile neu zu arrangieren. Offensichtlich war das Kloster ständig daran interessiert, Spezialisten einzuladen, die das textile Repertoire der Kommunität zu erweitern vermochten, neun Jahre zuvor (vgl. Eintrag zum 29. September 1500) war schon eine Dame zu Gast gewesen, die den Nonnen die Kunst des ‚Brettchengewebes‘ beigebracht hatte.

136

B. Text

Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Curas‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis K, Aureus numerus X, VI° kalendas Februarii Circumdederunt, Pridie kalendas Aprilis dies Pasche, XIIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, feria VIa ante dominicam Exurge, in vigilia Purificationis virginis Marie, obiit soror Margareta Rosenhaghen, de mane ad novem. Item ipso anno in [festo] sancti Johannis Ewangeliste post summam missam legit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] cum sacerdotibus psalmum ‚Deus misereatur nostri‘ | fol. 54v| et Ewangelium ‚In principio‘ cum collecta, et benedixit vinum, ab illo anno et deinceps in illo die209.

27. Januar 1510 31. März 1510 19. Mai 1510 1. Dezember 1510 1. Februar 1510

27. Dezember 1509

209  Die Tage nach Weihnachten werden hier in der Klosterchronik schon zum Folgejahr gezählt, vgl. unten (zum Jahre 1511) den Eintrag zum 29. Dezember 1510. Am Fest des hl. Johannes des Evangelisten bleibt der Zelebrant nach dem Schlußevangelium (Jo. 1,1–14) auf der Evangelienseite des Altares und segnet den Johanneswein – zum Gedenken an ein Wunder des Apostels: Der heidnische Magier Aristodemus hatte versucht, den Heiligen kurz nach seiner Ankunft auf Patmos mit einem Kelch vergifteten Weines zu ermorden, Johannes segnete den Kelch, trank davon und blieb unversehrt (daher ist sein Atrribut ein Kelch, in dem eine kleine Schlange sitzt). Welches Formular 1510 in Lüne konkret vorgelegen haben mag, läßt sich schwer belegen – im ‚Rituale romanum‘ (von 1614, tit. ‚De benedictionibus‘, Appendix) sieht die Segnung des Johannesweines folgendermaßen aus: In Festo sancti Joannis Apostoli et Evangelistae, expleta omino missa maiore, hoc est post ultimum Evangelium, sacerdos, retentis omnibus paramentis, excepto manipulo, vinum a populo oblatum in memoriam et honorem sancti Joannis, qui venenum innocue sumpsit, benedicit hoc modo: V. Adjutorium nostrum in nomine Domini. R. Qui fecit caelum et terram. V. Dóminus vobíscum. R. Et cum spíritu tuo. / Orémus. [Oratio:] Benedícere et consecráre digneris, Dómine Deus, dextera tua hunc calicem vini et cujuslibet potus, et præsta, ut per merita sancti Joannis Apostoli et Evangelistæ, omnes in te credentes et de calice isto bibentes benedicantur, et protegantur. Et sicut beatus Joannes de calice bibens venenum, illaesus omníno permansit, ita omnes, hac die in honorem beati Joannis de calice isto bibentes, meritis ipsius ab omni aegritudine veneni, et noxiis quibusvis absolvantur, et corpore ac anima se offerentes, ab omni culpa liberentur. Per Christum Dominum nostrum etc., R. Amen. Benedic, Domine, hanc creaturam potus, ut sit remedium salutare omnibus sumentibus, et praesta per invocationem sancti nominis tui, ut, quicumque ex eo gustaverint, tam animae quam corporis sanitatem, te donante, percípiant. Per Christum Dóminum nostrum etc., R. Amen. Et benedictio Dei omnipotentis, Patris, et Fílii, et Spiritus Sancti, descendat super hanc creaturam vini, et cujuslibet potus, et maneat semper. R. Amen. Et aspergatur aqua benedicta. Es gibt auch noch eine längere Segensformel mit Psalm 22 ‚Dominus regit me‘ (im Hinblick auf den Vers et calix meus inebrians, quam praeclarus est), Kyrie, Pater, den üblichen Versikeln, gefolgt von drei Orationen. Anschließend wird der Wein an die umstehenden Gläubigen abgegeben, die sich von seinem Genuß, wie es die Segensformel besagt, die Bewahrung ihrer Gesundheit erhoffen.



fol. 54r–55r

Item eodem anno, dominica Cantate, in die sancti Vitalis martyris, obiit soror Mechtildis Schroders, sub refectione, hora XIIa210. Item ipso anno, XII° kalendas Junii, videlicet feria 3a Penthecostes, fuit hic dominus Rodolphus de Hodenberghe, miles, cum uxore sua, Sybilla, et rogaverunt nostram fraternitatem. Eodem die, statim post prandium, venit dominus prepositus cum eis ad capitolium, indutus superpellicio et stola, et totus conventus, omnes pueri, et etiam converse erant ibi presentes. Tunc legimus stando subscriptos psalmos: ‚Deus misereator nostri‘, ‚Levavi‘, ‚Ecce, quam bonum‘, ‚Ecce nunc‘. Deinde legit dominus prepositus antiphonam ‚Ubi domino‘ etc., tunc genicu- | fol. 55r| lavimus usque in finem. ‚Kyrie eleison‘, ‚Pater noster‘ (dominus prepositus) … ‚et ne nos‘; ‚Memor esto‘, ‚Salvos fac‘, ‚Mitte eis‘, ‚Esto eis‘, ‚Domine, ex[audi]‘, ‚Dominus vobiscum‘, collecta ‚Domine, Jesu Christe‘, item ‚Domine, Jesu Christe‘, sicut in nova regula habetur. Post benedictionem dedit ipse nobis et sua domina nobis omnibus manum, etiam pueris et conversis, in signum quod eos suscepimus in nostram fraternitatem. Postea dedit dompne C marcas in manum, coram nobis omnibus. Istud fecimus prima vice in reformationem211.

137 28. April 1510

21. Mai 1510

210  Das Mittagessen wird hier als refectio (Stärkung) bezeichnet, im darunterstehenden Eintrag auch als prandium. In der benediktinischen Tradition ist die Hauptmahlzeit des Tages das Abendessen (cibum in der Klosterchronik). Ein Frühstück war ursprünglich gar nicht vorgesehen, wie es heute noch bei den Kartäusern der Brauch ist. 211  Der Freiherr von Hodenberg, ein Verwandter der Priorin zu Ebstorf, und seine Frau werden in die Gebetsverbrüderung des Klosters aufgenommen, vgl. dazu den Kommentar zum 4. Juni 1509. Der Propst steht der Aufnahmezeremonie vor, er trägt ein Surplis (also einen weißen Chorrock) und darüber eine Stola. Die pueri, die dem Ritus beiwohnen, sind die jüngsten Schülerinnen der Klosterschule. Rezitiert werden zunächst die Psalmen 66, 120, 132, und 133 – abgesehen von Psalm 66 (‚Deus misereatur nostri‘), der täglich zu Beginn der Laudes intoniert wird, zählen sie alle zu den psalmi graduales (Ps. 119–133), in denen die Bitte um das Erbarmen Gottes und den Nachlaß der Sünden zum Ausdruck gebracht wird. Wenn der Freiherr später einmal verstorben sein wird, werden die gleichen Psalmen im Rahmen des Totengedächtnisses erneut für ihn gebetet. Die Antiphon Ubi duo vel tres congregati sunt in nomine meo, ibi sum in medio eorum (nach Mt. 18,20) evoziert die Verbundenheit in Christus. Darauf folgen: Kyrie eleison – Christe eleison – Kyrie eleison; das ‚Pater noster‘, das der Propst, wie in der Messe, bis … et ne nos inducas in tentationem leise alleine rezitiert, alle antworten: Sed libera nos a malo; dann die Versikel: V. Memor esto, Domine, congregationis tuae / R.  Quam possedisti ab initio. V. Salvos fac servos tuos / R.  Deus meus, sperantes in te. V. Mitte eis, Domine, auxilium de sancto / R.  Et de Sion tuere eos. V. Esto eis, Domine, turris fortitudinis / R.  A facie inimici. V. Domine, exaudi orationem meam. / R.  Et clamor meus ad te veniat. V. Dominus vobiscum. / R.  Et cum spiritu tuo; danach zwei Orationen, die beide mit ‚Domine, Jesu Christe, [qui]‘ beginnen. Grundsätzlich läßt sich festhalten, daß sowohl die Struktur des Ritus (Kyrie – Pater – Versikel – mehrere Orationen) als auch der Wortlaut der Versikel dem ubiquitären Schema entsprechen, das sich (mutatis mutandis) in fast jeder der Segenshandlungen, wie sie im ‚Benedictionale‘ stehen, wiederfindet – aber auch in den preces nach der Allerheiligenlitanei (die an den drei Bittagen vor Himmelfahrt, aber auch vor der Spendung der Weihen rezitiert wird). Die zweite, nicht im Original erhaltene Redaktion der Klosterchronik berichtet von diesem Ereignis recht knapp: Feria 3 a Penthecostes fuit hic dominus Rodolphus de Hodenberghe, miles, cum uxore sua,

138

B. Text

Item eodem anno, sabbato ante ‚Factus‘, fuit hic dompna de Ebbeke, B[arbara de] H[odenberg], cum aliis duabus sororibus, et una conversa, et manserunt nobiscum VIII dies212. Item ipso anno fecit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] meliorare novum domum quam dominus prepositus Heynricus Bodenstede fecit edificare213. | fol. 55v| Item eodem anno iacuit fere totus conventus in pectore, praeter 4 sorores, et hoc duravit de Vincula Petri usque ad festum Dedicationis. Et tamen nunquam legimus horas canonicas, sed sem-

8. Juni 1510

vor 24. Juni 1510

1. August 1510

Sibilla, et rogaverunt nostram fraternitatem, et dedit domine C marcas (Allgemeiner litterarischer Anzeiger 1801, Sp. 518 – allerdings erscheint denkbar, daß die dort wiedergegebenen Einträge gegenüber der Vorlage gekürzt sind, wie das bei älteren Editionen häufiger der Fall ist). Von einer ähnlichen Aufnahmezeremonie ist zum nächsten Mal in einem Eintrag zum 9. September 1511 die Rede (siehe dort), am 13. Oktober 1512 wurden die Eltern des Propstes, Johannes Lorber, und die Gebetsverbrüderung aufgenommen (siehe dort). 212  ‚Factus est dominus‘ etc. ist der Introitus des zweiten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, vgl. den Eintrag zum 16. Juni 1506. Am 18. Juni 1510 sollte Barbara von Hodenberg, nach Ebstorf zurückgekehrt, einen Dankbrief für die gewährte Gastfreundschaft und ein bei dieser Gelegenheit überlassenes Bild der hl. Anna an den Lüner Propst, Johannes Lorber, richten (Lüne Hs. 15, Lage 4, fol. 14r–15v). 213  Heinrich von Bodenstedt war Propst 1412–1433. Wie das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 84v) zu berichten vermag, servierte die Priorin dort am Johannestag (24. Juni 1510) Brathähnchen und Grillfleisch für die ganze Kommunität: Isto anno iussit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] novum domum de meliorare, quod dominus prepositus Hynricus Bodenstede iussit edificare. Sequenti die Iohannis Baptiste dedit conventui gratiam post cibum, et comedimus ibidem cum ea assatum pullum et farcinia, etc. (= farcina, vgl. du Cange, Bd. 3, Sp. 414). Dabei gilt es zu bedenken, daß die Benediktsregel den Ordensangehörigen eigentlich vorschreibt, auf das Fleisch ‚vierfüßiger Tiere‘ insgesamt zu verzichten (RB 39.11: Carnium vero quadrupedum omnimodo ab omnibus abstineatur comestio, praeter omnino debiles aegrotos) – das Hähnchen war durchaus regelkonform, die farcina waren es potentiell weniger. Sehr erhellend ist in diesem Zusammenhang ein Eintrag zum 21. März 1507 (siehe dort), in dem berichtet wird, daß sich die Schwestern am Gedenktag ihres Ordensgründers, des hl. Benedikt, des Fleischgenusses enthalten wollten – offensichtlich als Andenken an die von letzterem formulierte Ordensregel, während sie das restliche Jahr über (im Umkehrschluß, und sicherlich im Rahmen der allgemein gültigen Abstinenztage) eben doch dem esus carnium frönten. Als Vorwand mag den Nonnen eine Dispens Innocentius’ VIII. oder Alexanders VI. gedient haben – im Jahre 1493 hatte der Abt von Huysburg, Johannes II. Stoppel, (angeblich im Namen des Bursfelder Generalkapitels) ihrem damaligen Propst Nikolaus Graurock angeboten, sich mit 10 Gulden an den Kanzleigebühren (in Höhe von insgesamt 300 Gulden) für eine römische Bulle zu beteiligen, die es den begünstigten Frauenklöstern, die der Bursfelder Kongregation verbunden waren, gestatten sollte, in Abweichung von der Benediktsregel außerhalb von Septuagesima und Advent dreimal in der Woche Fleisch zu servieren (pro fragilitate sexus sui – Briefsammlung, Lüne, Hs. 15, Lage 6, fol. 4r–5r), vgl. Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 68r/v (zitiert im Kommentar zum 21. März 1507). Im Rezess des fraglichen Generalkapitels indes, vom 1. bis 3. September 1493 (Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, Bd. 1, S. 261–269) ist von einer solchen Dispens nicht die Rede. Das Generalkapitel des Jahres 1512, dem Mißbräuche zu Ohren gekommen waren, sollte dann noch einmal unterstreichen, daß ein Abrücken vom benediktinischen Abstinenzgebot nicht in Frage kam (ebd., S. 423).



fol. 55r–v

per cantavimus, ut optime potuimus. Sorores scolares et layci pueri steterunt cum libris et iuverunt nobiscum ad matutinas214. Sequenti die Assumptionis Marie usque post festum Dedicationis ecclesie non ivimus ad laborem, sed quelibet legit septenas et vigilias sola, propter instans festum. Sed post vesperas legimus semper vigilias in choro in commune215. Item ipso anno, in die sancti Brictii, legimus Iam orationem dominicam sub capitulo, et Ium ‚Magnificat‘, et VII ‚Ave Maria‘ post capi-

139

16. August 1510

13. November 1510

214  Nur die Chornonnen waren zum vollen Offizium verpflichtet, die Klosterschülerinnen wohnten (wie auch die Konversen) wahrscheinlich einem Teil der Horen – wohl der Vesper, vielleicht auch der Komplet – bei. Hier erwähnt werden die jüngsten, noch nicht eingekleideten Klosterschülerinnen (layci pueri), und jene, die schon eingekleidet waren, aber noch keine Gelübde abgelegt hatten (sorores scolares). Die eigens genannten Bücher enthalten vielleicht den Psalter – im Hinblick auf die Psalmen der Horen, an denen die Schülerinnen normalerweise nicht ständig teilnahmen, und die sie deswegen nicht auswendig kannten, vgl. ‚Amtsbuch der Sakrista‘, Hs. 23, fol. 84v. 215 Die septenae sind die ‚Septem psalmi poenitentiales‘ mit den anschließenden Litaneien und Orationen, die vigiliae stehen als pars pro toto für das Totenoffizium, das als Votivoffizium zusätzlich zum kanonischen Offizium rezitiert wird. Oben war bemerkt worden, daß das kanonische Offizium, der grassierenden Krankheit zum Trotz, weiter in choro gesungen wurde. Anders hingegen verhielt es sich mit den Votivoffizien – es war ja ausdrücklich erlaubt, es an Sonn- und Festtagen bei einer privaten Rezitation bewenden zu lassen (LO Bursfeldensis II, cap. 5, vgl. Schmidt, Zusätze als Problem, S. 175), und von dieser Möglichkeit machen die Nonnen an den Tagen in der Oktav von Mariae Himmelfahrt bis zum Kirchweihfest Gebrauch. Hier in der Klosterchronik lautet der Akkusativ im letzten Satz richtig propter instans festum (neutrum) – im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Hs. 23, fol. 84v) steht stattdessen: … propter instantem festum, sed in choro semper legimus, post vesperas. Das heißt: Nach der Vesper blieben die Nonnen im Chorgestühl, aber statt das Totenoffizium gemeinschaftlich zu singen, rezitierte es jede leise für sich, das dauert nicht einmal halb so lange und schont die Stimme. Das Datum des Kirchweihfestes wird hier nicht genannt, der hier vorliegende Eintrag läßt vermuten, daß es einige Tage nach dem 16. August gefeiert wurde, und wahrscheinlich vor dem 28. August, denn das ist das Datum des nächsten Eintrages im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 84v). Dem Statutenbuch des Klosters Lüne (Hs. 14, fol. 66r) schließlich läßt sich entnehmen, daß es am Vortag des Patronatsfestes (St. Bartholomaeus) begangen wurde, also am 23. August. Dieser Befund wird auch durch einen auf den Tag sancti Adriani martyris, anno etc. XXVIII datierten Brief einer Lüner Nonne (Hs. 15, Lage 33, fol. 6r–7r) bestätigt. Gegenstand des Briefes ist der Dank für ein anläßlich des Kirchweihfestes als Geschenk empfangenes Heiligenbildchen, das vielleicht hl. Bartholomäus darstellt – fol. 6r: Regi sponso immortali in prefiguratione sollempnitatis et dedicationis ecclesie ei letibundo corde adherere […] Gratiarum actiones reddamus vor de utermaten suverike hilghe blade, dar gy uns mede beghavet hebt ad dedicationem. O cum quantis gaudiis wy de suscipierden, unde nit anders, sunder ift venerandus patronus noster beatus Bartholomeus, unde nostri apostoli sulven weren kamen de celo [… – fol. 7r] … qui nobis concedat ita celebrare gaudia materialis templi, ut ad eterna gaudia beate Jerusalem felici cursu pervenire valeatis [Anspielung auf die Liturgie des Kirchweihfestes – Transkription Philipp Trettin, Düsseldorf ]. Im Bursfelder Kalendarium steht der hl. Martyrer Hadrian von Nikomedia am 8. September, dem Jahrestag der Überführung seiner Reliquien nach Rom – allerdings nur als Kommemoration, sein Festoffizium wird durch dasjenige des Festes der Geburt Mariä verdrängt. Andernorts wurde deshalb das liturgische Gedächtnis des hl. Hadrian zuweilen auch auf den 4. März (seinen Todestag) verlegt, das war aber weder Verdener noch benediktinischer Brauch. Für das Jahr 1511 verzeichnet das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne Hs. 23, fol. 22v) das Kirchweihfest zwischen den Einträgen zum 20. Juli und zum 4. Oktober.

140

B. Text

tulum sub uno pro illis, qui nobis Martini miserunt vinum et ancas, etc., et hoc fecimus annuatim ab illo anno, et deinceps, post Martinum216. | fol. 56r–56v – vacat | | fol. 57r| Item ipso anno obiit mater Anna Wichmans, feria 2a Gaudete, XVII° kalendas Decembris, de mane, hora Va. Postquam deportata fuit ante Mariam, finito responsorio ‚Libera‘ et collecta, cantavimus ‚Salve regina‘ submissa voce. Dompna priorissa incepit, et legit collectam ‚Protege‘. Et hoc fecimus ab illo die et deinceps, quando aliquis post mortem ante Mariam deportatur217. Item eodem anno habuit sanctus Lyvinus commemorationem ad laudes, et ad vesperas, et summam missam, prima vice in reformatione218. Item ipso anno fiebat festum sancti Clementis duplex; et festum sancte Katherine virginis summum, ab illo anno et deinceps, propter petitionem domini prepositi J[ohannes] L[orber]. Et tenuimus omnia sicut in ceteris summis festivitatibus219.

16. Dezember 1510

12. November 1510

23. und 25. November 1510

| fol. 57r – vacat | | fol. 57v| Anno domini XI° etc., Littera tabularis .L, Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis IX, 216  Am

Martinstag hatte die Kommunität Wein und Gänse geschenkt bekommen (während die Benediktsregel den Verzehr vierfüßiger Tiere generell verbietet, ist der Genuß von Geflügel an bestimmten Tagen gestattet). Zwei Tage darauf beteten die Nonnen für ihre Wohltäter im Kapitelsoffizium. Dieser Brauch – offensichtlich gab es den Wein und die Gänse jährlich – dokumentiert die Verbundenheit der Lüneburger Familien mit ‚ihren‘ Benediktinerinnen. 217  ‚Gaudete in domino semper‘ etc. ist der Introitus des dritten Adventssonntages, es muß XVI kalendas Ianuarii heißen, nicht Decembris. Der Marienaltar, vor dem die Verstorbene aufgebahrt wurde, befand sich im Kreuzgang. Das Responsorium ‚Libera me, Domine, de morte aeterna‘ etc. stammt aus dem Totenoffizium (zur Matutin, nach der letzten Lesung), die Oration könnte etwa ‚Protege, Domine, famulos tuos subsidiis pacis‘ etc. gewesen sein. Keinen direkten Bezug zum Totenoffizium hat die marianische Antiphon, ‚Salve regina‘ – sie paßt eigentlich überall (andernorts gab es auch eine eigene marianische Antiphon für das Totenoffizium, ‚Languentibus in purgatorio‘, eine Dichtung des 15. Jhdts. in Strophenform, aber die war in Niedersachsen wohl nie verbreitet). 218  Der hl. Bischof Livinus (Lièvin) von Gent findet sich in einem Verdener Kalendarium aus dem 13. Jhdt. (Grotefend, Zeitrechnung, Bd. 2, S. 201), er wurde in den Erzdiözesen Hamburg und Mainz (dort am 13. November) verehrt. Im Bursfelder Kalendarium ist er nicht zu finden. 219  Im Bursfelder Kalendarium ist der hl. Papst Clemens XII lectionum (Verden entsprechend: IX lectionum), die hl. Katharina von Alexandrien ist (sowohl in Bursfelde als auch in Verden) duplex maius – beide Feste erfahren also eine Rangerhöhung. Die hl. Katherina könnte diese Aufwertung dem Umstand verdanken, daß sie Patronin der im Vorjahr neu errichteten Kapelle war.



fol. 55v–58r

Dictio tabularis ‚Adiuvamen‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis L, Aureus numerus XI, XIIII° kalendas Martii Circumdederunt, XII° kalendas Maii dies Pasche, VI° ydus Iunii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno venerunt iste sorores in hoc monasterium, videlicet soror Gertrudis Naghels, conversa, sequenti die Innocentum, dominica ‚Dum medium‘, anno etatis sue XV° de in die Nativitatis Marie220. Item ipso anno, feria 2a ‚Dum medium‘, venit soror Margareta Pralß, anno | fol. 58r| etatis sue X° de in vigilia Assumptionis Marie221. Item eodem anno feria 2a Circumdederunt venit soror Ursula Wichtenbeke, anno etatis IX° die in die sancte Anne222. Item ipso anno, sabbato ante Exurge, videlicet Cathedra sancti Petri, venit soror Tytburgis Bomgarde, conversa, anno etatis sue XIII°223. Item eodem anno, feria Va Invocavit, sequenti die sancti Gregorii, de nocte, hora prima obiit mater Wyndelheidis Hucksers224. Item ipso anno, XVI° kalendas Augusti, feria Va ‚Dominus illuminatio‘, fuit hic abbatissa de Wynhusen, cum duabus sororibus, et una conversa225. 220 

141

16. Februar 1511 20. April 1511 8. Juni 1511 30. November 1511 29. Dezember 1510

30. Dezember 1510

17. Februar 1511

22. Februar 1511

13 März 1511

17. Juli 1511

‚Dum medium silentium‘ etc. ist der Introitus des Sonntages in der Weihnachtsoktav. Hier wird deutlich, daß die Tage nach Weihnachten schon zum folgenden Jahr gerechnet wurden – es muß sich, nach heutiger Schreibweise, um den 29. Dezember 1510 gehandelt haben (der 29. Dezember 1511 war kein Sonntag), doch hier in der Klosterchronik zählt dieser Tag schon zum Jahr 1511. Gertrud Nagel hatte ihr 14. Lebensjahr am 8. September 1510 vollendet. 221 Margarete Prals hatte ihr 9. Lebensjahr am 14. August 1510 vollendet, sie wurde am 6. Juni 1514 eingekleidet, und starb am 4. September 1526. Am 7. November 1517 sollte ihr Katharina Prals in das Kloster Lüne folgen. Ein Theoderich Prals (oder Pralels) hatte ein Benefizium am Marien-Magdalenen-Altar der St. Johanniskirche zu Lüneburg inne. Als er 1525 starb, veranlaßte die Lüner Profeßschwester Geseken (Gertrud) Bromes, die als Erbin des Stifters, Roleken Rambeken, über die Kollatur der Pfründe verfügte, die Verleihung an dessen Verwandten Hieronymus Prals (oder Pralels), beide waren ihrerseits de progenie sive parentela dicti Roleken, so berichtet es ein Brief vom 25. September 1525 (Lüne Hs. 15, Lage 1, fol. 7r–8r). 222 Ursula Wichtenbeke hatte ihr 8. Lebensjahr am 26. Juli 1510 vollendet. Zur Familie Wichtenbeke vgl. Lüneburger Testamente, n°s 78; 216; 239 und 283. 223  ‚Exsurge, quare obdormis, domine‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Sexagesima. Zur Familie Bomgarden vgl. Lüneburger Testamente, n°s 16; 17; 18; 20 und 74. 224  ‚Invocabit me‘ etc. ist der Introitus am ersten Fastensonntag. 225  ‚Dominus illuminatio‘ ist der Introitus des vierten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, vgl. den Ein-

142

B. Text

| fol. 58v| Item eodem anno, in die Abdon et Sennen, fuit hic stationarius S. Valentini, prima vice, statim post vesperas; tunc pulsavimus, sacerdotes exierunt ei obviam, et cantaverunt ‚Justum deduxit‘; post responsorium portavit dominus prepositus reliquias in chorum. De mane fecit sermonem in ecclesia, post Ewangelium, ad primam missam. Post missam cantaverunt iterum ‚Justum deduxit‘, et tunc recessit a nobis, et nunquam est reversus226. Item ipso anno, sequenti die Assumptionis Marie, fecimus prima vice communem orationem. Statim post ‚Salve‘ incepit dompna priorissa responsorium ‚Ave sponsa‘, sicut habemus post scriptum. Et ivimus

30. Juli 1511

31. Juli 1511

16. August 1511

trag zum 16. Juni 1506. Die Äbtissin von Wienhausen war Katharina Remstede (1501–1549), im September 1523 und im September 1527 weilte sie erneut in Lüne zu Gast (siehe dort). 226  Am Beispiel dieses Eintrages wird erneut deutlich, daß es sich beim ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23) um die tagesaktuellen Aufzeichnungen handelt, anhand derer die Klosterchronik erst in einem gewissen zeitlichen Abstand (in diesem Fall von etwa 19 Jahren) redigiert wurde – im ‚Amtsbuch‘ (fol. 86r) lautet der Text nämlich: In die Abdon et Sennen fuit hic nuntius S. Valentini, prima vice, statim post vesperas; tunc pulsavimus, et sacerdotes iverunt ei obviam, et cantaverunt responsrium ‚Justum deduxit‘; post responsorium portavit dominus prepositus in chorum. De mane fecit sermonem in ecclesia, post Ewangelium, ad primam missam. Post missam recessit a nobis, et cantaverunt iterum ‚Justum deduxit‘ – daß der Valentinsbote nie wieder kommen würde, konnte die Verfasserin im Jahre 1511 ja noch nicht wissen. Der genannte nuntius oder stationarius S. Valentini ist ein Spendensammler des Benediktinerpriorates Rufach im Elsaß (damals Bistum Basel), dieses 1183 auf Initiative des Straßburger Bischofs Heinrich von Hasenburg gegründete Kloster hing ursprünglich von Notre Dame aux Champs in Metz ab. Auf dem nahe bei Rufach gelegenen Isenburghügel verehrte man seit 1001 eine Kopfreliquie des hl. Valentin von Rätien, die nach Berichten von Heilungswundern zum Ziel einer Krankenwallfahrt wurde. In der Folge gründeten die Benediktiner dort ein Spital zur Versorgung von Epileptikern, das – dank der Spendengelder – unter Prior Johannes Sanzetti († 1506) in den Jahren 1468/1469 erneuert und vergrößert werden konnte (Barth, Heiltumführer, 1954, S. 103–111; Sudhoff, Epileptikerheim, 1913, S. 449– 455). Noch im Jahre 1517 hatten die Rufacher Mönche dem Erzbischof von Mainz 150 Gulden für die Erlaubnis bezahlt, in seinem Zuständigkeitsbereich auch weiterhin Sammlungen zugunsten dieses Hospitals durchführen zu dürfen (Winterhager, Verkündigung des St. Petersablasses, 2017, S. 584). Hier in der Klosterchronik war schon von den ‚Boten‘ des hl. Antonius (im Juni 1506), und der Liebfrauenbruderschaft zu Verden die Rede (im April 1507). Im Gegensatz zu diesen beiden Heiltumsfahrten sollte die Sammeltätigkeit des Hospitals zu Rufach die Reformation überdauern, noch im 17. Jhdt. war sie weit verbreitet. Päpstliche, bischöfliche und kaiserliche Privilegien seit dem frühen 14. Jhdt. bevollmächtigten die ‚Valentinsboten‘ und schützten sie gegen Nachahmer (vgl. etwa RI, Bd. XI.1 n° 3128 – Privileg König Sigismunds vom 3. Mai 1418) – und zuweilen auch gegen ihre eigene Neigung, sich mit der Kasse, den Pferden und der Reliquie selbständig zu machen („So sin auch etliche Personen, den der Prior emphele, in die Bete zu faren, und gebe yn darumbe iren genannten Lone, und lihe in darezu des egenanten Closters Pferde, Crucze und Heiligtum, Brieffe, Bruderschafft, und ander Ding, die da gehören zu der Bete sant Valentins, und das derselben eins teils uff und in der Bete sant Valentins faren und heischen, und das Oppfer und Almosen uffheben, und darnach nit allein mit dem Almosen und Oppfer, sunder auch mit den Pferden, silbern Cruczen, Heiligtum, Brieffen, Bruderschafften und andern Dingen usser Lande faren und entfuren“ – aus einem Mandat Ruprechts III. von der Pfalz, vom 10. Februar 1404, in: Regesta chronologico-diplomatica Ruperti regis romanorum, n° 1677). Das anläßlich des Empfanges der Reliquie intonierte Responsorium ‚Justum deduxit dominus‘ etc. (aus dem commune confessoris non pontificis) hatte man in Lüne auch schon zum Einzug der Antoniusreliquie am 25. Juni 1506 gesungen (siehe dort).



fol. 58v–59v

processionaliter per circuitum, et qualibet legit rosarium. De mane non ivimus ad laborem, sed | fol. 59r| sed servavimus strictissimum silentium227. Item in septimana Nativitatis et Conceptionis Marie fecimus hoc ­iterum. Tunc portavit dompna priorissa ymaginem beate Marie virginis, et subpriorissa ymaginem sancte Anne, et una de senioribus ­ymaginem sancti Bartholomei ante processionem. Et sic tenuimus post omnes festivitates beate Marie virginis ab illo anno et deinceps228. Item ipso anno in vigilia Cosme ivimus processionaliter per circuitum et legimus IX ‚O virgo virginum‘, sicut habemus postscriptum229. Item eodem anno sequenti die Nativitatis Marie, in die sancti Gorgonii martyris de mane ad VIII° fuit hic Vlodewelche et rogavit nostram fraternitatem, et de- | fol. 59v| dit nobis LXa marcis ad capellam sancte Katharine, et tenuimus omnia sicut quando dominus Rodolphus de Hodenberghe fraternitatem rogavit, excepto quod in primis legimus ‚Veni, sancte spiritus‘ cum versu et collecta230. Item ipso anno feria VIa quatuor temporum ante Mathei venit soror Gertrudis Ravens in istud monasterium, anno etatis sue X231.

143

8. September 1511 8. Dezember 1511

26. September 1511

9. September 1511

19. September 1511

227  ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23), fol. 86v: Sequenti die Assumptionis Marie fecimus communem orationem, statim post ‚Salve‘ incepit dompna priorissa responsorium ‚Ave sponsa‘, etc., sicut patet in alia littera, et ivimus processionaliter per circuitum, et legimus qualibet rosarium, de mane non ivimus ad communem laborem, sed strictissimum silentium servavimus. 228  Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 86v) ist weniger ausführlich: Item in septimana Nativitatis et Conceptionis beate Marie fecimus iterum, circumportavit dompna priorissa ymaginem beate Marie, subpriorissa ymaginem beate Anne. Die genannte Subpriorin, die das Bildnis der hl. Anna trug, war Wichburg Provest (vgl. UB Lüne, n° 667, vom 30. August 1510). 229  ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23), fol. 86v: Item in vigilia Cosme ivimus iterum processionaliter per circuitum, et legimus qualibet IX ‚O virgo‘ sicut patet in alia littera. 230  Der Freiherr Rudolf von Hodenberg war am 21. Mai 1510 eine Gebetsverbrüderung mit dem Kloster eingegangen (siehe dort). Zu Beginn der Zeremonie werden rezitiert: Der Pfingsthymnus ‚Veni Sancte Spiritus, et emitte coelitus‘ etc., oder das Responsorium Veni, Sancte Sprititus, reple tuorum corda fidelium et tui amoris in eis ignem accende / Emitte spiritum tuum, et creabuntur, et renovabis faciem terrae; mit der Oration: ‚Oremus. Deus qui corda fidelium Sancti Spiritus illustratione‘ etc.; die Vlodewedelche war wahrscheinlich die Lüneburger Bürgerin Gertrud (Geseken) Flottwedel, im Jahre 1514 wird sie mit ihrem verstorbenen Mann Dietrich als Stifterin zugunsten der Katharinenkapelle genannt (UB Lüne, n° 672, freundlicher Hinweis von Philipp Trettin, Düsseldorf ), im Jahre 1517 verschreibt sie dem Kloster Lüne testamentarisch eine Rente von 10 Mark zu einer Memorialstiftung zugunsten ihres Mannes (UB Lüne, n° 680, cf. Lüneburger Testamente n° 289), im selben Jahr schenkt sie dem Kloster Scharnebeck eine Rente von 10 Mark aus dem Zoll zu Lüneburg (UB Scharnebeck, n° 785). 231  Am 5. September 1508 war bereits eine Elisabeth Ravens, im 14. Lebensjahre, als soror nach Lüne gekommen. Vielleicht waren die beiden Schwestern.

144

B. Text

Item eodem anno in die sancti Jeronimi venerunt de scholis III sorores E[ngelheydis von] B[ülo]V, etc., E[lisabeth] S[ch]N[everding] sunt commisse232. Item ipso anno, in nocte Divisionis apostolorum, cantavimus prima vice versum ‚Nos hac die‘, statim post pulsationem ad magnas matutinas, et nunquam obmisimus ab illo. Item ipso die cantavimus sub secreto post | fol. 60r| elevationem venerabilis sacramenti antiphonam ‚Media vita‘, flexis genibus, ab illo die et deinceps omni die, preter in summis, mediis, et duplicibus festivitatibus. Etiam non cantetur amplius dominicis diebus et infra octavas summorum festivitatum, videlicet Epiphanie, Corporis Christi, et Ascensionis, etc.233. Item eodem anno in die Cene cantavimus prima vice in reformatione ad mandatum responsorium ‚Accessit‘, et antiphonam ‚In diebus illis‘, post psalmum ‚Deus misereatur nostri‘234.

30. September 1511

15. Juli 1511

17. April 1511

| fol. 60v| Anno domini etc. XII°, Littera tabularis .B, 232  Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 87r) finden sich die Namenskürzel aller drei Novizinnen: Item in die Jeronimi emancipate sunt iste sorores a scholis, E[ngelheydis von] B[ülo] V, E[lisabeth] N[iebur], A[nna] K [reye]; E[lisabeth] S[ch]N[everding] sunt commisse. 233  Nos hac die tibi gregatos serva, virgo, in lucem mundi, qua prodisti paritura coelorum lumen, ursprünglich aus der Sequenz vom Fest Mariä Geburt, ‚Stirpe Maria regia‘ etc., und die Antiphon ‚Media vita morte sumus‘ etc., ursprünglich wohl Antiphon zum ‚Nunc dimittis‘ der Komplet in der Fastenzeit, beide zugeschrieben Notker von St. Gallen. ‚Media vita‘ wurde offenbar zur Messe, in der Stille nach der Elevation gesungen, an der Stelle, wo allgemein ‚O salutaris hostia‘ üblich ist. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 22r) steht die 1. Singular cantavi: Item in nocte Divisionis apostolorum cantavimus antiphonam ‚Nos hac die‘, statim post pulsationem ante magnas matutinas [in mg.: et nunquam omisimus]. Ipso die cantavi etiam sub secreto post elevationem venerabilis sacramenti antiphonam ‚Media vita‘, flexis genibus, omni die. [In] summis festivitatibus non cantavimus. Der Zusatz Etiam non cantetur amplius etc. findet sich nur hier in der Chronik, nicht im ‚Amtsbuch‘ – dessen Redakteurin konnte 1511 ja noch nicht wissen, daß das damals eingeführte ‚Media vita‘ im Jahre 1530 in den Messen der Sonn- und Festtage nicht mehr gesungen werden sollte. 234  Das ‚mandatum‘ ist die Fußwaschung der Gründonnerstagsliturgie – nach der Vesper wird zunächst der Altar entblößt (dazu kann man den Psalm 21 ‚Deus, Deus meus, respice in me‘ singen), dann folgt als erste Antiphon ‚Mandatum novum do vobis‘ etc. (aus Jo. 13.34). In Lüne wurde weiter gesungen: Psalm 67 ‚Deus misereatur nostri‘ etc., das Responsorium Accessit ad pedes Jesu peccatrix mulier Maria, et osculata est, et lavit lacrimis, et tersit capillis, et unxit unguento (nach Luc. 7,37–38, auch als Responsorium zur Matutin am Fest der hl. Maria Magdalena), und dann die Antiphon In diebus illis mulier, quae erat in civitate peccatrix, ut cognovit quod Jesus accubuit in domo Symonis leprosi, attulit alabastrum unguenti, et stans retro secus pedes domini Jesu lacrimis coepit rigare pedes eius, et capillis capitis sui tergebat, et osculabatur pedes eius et unguento ungebat (wiederum nach Luc. 7,37–38; auch Magnifikatantiphon am Fest der hl. Maria Magdalena). Zu bemerken ist, daß sich das ‚Accessit‘ zur Fußwaschung im Offizium der Regularkanoniker findet, aber eigentlich nicht bei den Benediktinern, bzw. im ‚Liber ordinarius Bursfeldensis II‘ (cap. 36 hat den Gründonnerstag zum Gegenstand), auch die Antiphon ‚In diebus illis‘ findet dort keine Erwähnung (wo sie, etwa in der Diözesanliturgie, zum ‚mandatum‘ gesungen wird, begleitet sie den Psalm 119 ‚Beati immaculati‘).



fol. 59v–61r

Dominicalis erat D et C (bysextilis)235, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Incipiam‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis M, Aureus numerus XII, VII° ydus Februarii Circumdederunt236, III° ydus Aprilis dies Pasche, III° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno in die sancti Switberti, qui fuit feria 2a Invocavit, venerunt de scholis III sorores, M[argarete von] GJ[lten] etc., K[atharina] S[emmelbecker] fuerunt commisse237. Item ipso anno fuerunt hic domini prepositi J[ohannis] L[orber] parentes de in die sancti Augustini usque in diem | fol. 61r| sancti Luce. In profesto sancti Kalixti pape et martyris de mane dedimus eis fraternitatem, et tenuimus omnia ut supra238. Item eodem anno acceptabantur III sorores et II converse, M. L. etc., in vigilia Exaltationis sancte Crucis, de mane super 2am feriam. Domini prepositi J[ohannis] L[orber] fuit ibi presens239. Item ipso anno in die sancti Mathei Ewangeliste mutaverunt habitum prescripte sorores M. L. etc., super 3am feriam. Summa missa fuit de sancto Matheo per totum240.

145

8. Februar 1512 11. April 1512 30. Mai 1512 28. November 1512 1. März 1512

28. August 1512 bis 18. Oktober 1512; 13. Oktober 1512

13. September 1512

21. September 1512

235  Weil das Jahr 1512 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er D, danach C. 236 Tatsächlich VI° ydus Februarii. 237  Anscheinend nicht im ‚Amtsbuch der Sakrista‘. 238  Die Eltern des Propstes wurden in die Gebetsverbrüderung des Klosters aufgenommen, von der oben schon mehrfach die Rede war (vgl. die Einträge zum 21. Mai 1510, dort mit den Elementen der Aufnahmezeremonie, und zum 9. September 1511). 239  Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 88r) finden sich die weiteren Namenskürzel: Item in ipso anno acceptabantur iste sorores, videlicet M. L., A. O., E. O., et II converse, G. N. et T. O., in vigilia Exaltationis sancte Crucis, super 2 am feriam de mane. Thema fuit ‚Veni de Libano‘ etc. [Das Thema der Predigt war Ct. 4,8: Veni de Líbano, sponsa mea, veni de Líbano, veni, coroneberis]; prepositi mater fuit ibi presens. Die genannten Kandidatinnen waren zur Einkleidung zugelassen worden – vgl. den folgenden Eintrag. 240  Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (ebd.) fährt fort: Dominica sequenti fuit summa missa ‚Spiritus domini‘. In die Mathei apostoli sunt vestite. Summa missa ‚Os iusti‘ per totum, summum Kyrie et Sanctus. E. B. M. et A. J. cantaverunt letaniam, et tenuimus ut patet in alia quaterna, preter antiphonam, erat ‚Tota pulchra‘. Inter ‚Deum laudamus‘ iverunt omnes pariter de choro. […] Campana percussit III am quando ivimus ad mensam. Post cibum venerunt omnes intus et iverunt per claustrum. Am 19. September 1512 wurde die missa votiva de Spiritu sancto um den Beistand des Heiligen Geistes gesungen, mit dem Introitus ‚Spiritus Domini replevit orbem terrarum‘ etc. – eigentlich hätte man das Meßformular vom 15. Sonntag nach Pfingsten nehmen müssen (Introitus ‚Inclina, Domine‘ etc., gemäß der deutschen Tradition, der zufolge die Sonntage nach der Pfingstoktav gezählt wer-

146

B. Text

Item eodem anno XV° kalendas Augusti, sequenti die sancti Alexii, dominica ‚Dominus fortitudo‘, obiit Johannes Kleysken, qui fuit noster confrater in curia longo tempore. Hora XIIa obiit post prandium241. | fol. 61v| Item ipso anno in die sancti Petri ad vincula, super dominicam, obiit mater Elyzabeth Hokens, de vespere, circa horam quintam242. Item eodem anno, in nocte sancti Michaelis, obiit soror Anna van der Molen, post matutinas, circa horam 3am, super quarta feriam243.

18. Juli 1512

1. August 1512

29. September 1512

den). Am Apostelfest, dem 21. September 1512, fand dann die Einkleidung statt, das Meßformular war ‚Os iusti meditabitur sapientiam‘, aus dem ‚Commune confessoris non pontificis‘, wie es für den hl. Matthäus vorgeschrieben ist. Das Meß-Ordinarium wurde auf den Ton für die höchsten Feste gesungen – man könnte an die heutige römische Messe IV (Kyrie ‚Cunctipotens genitor Deus‘) denken. E. B. M. und A. J. sangen die Litanei unmittelbar vor der eigentlichen Einkleidungshandlung in der Messe. Alles wurde so gehalten, wie beim letzten Mal (am 29. April 1509), außer, daß die Antiphon ‚Tota pulchra es Maria‘ etc. (vgl. den Kommentar zum 14. Februar 1509) gesungen wurde. Zum ‚Te Deum‘ setzte sich der große Auszug aus der Kirche in Bewegung, das Pontifikalamt war zu der Zeit zu Ende, zu der üblicherweise die Terz gesungen wurde (an diesem Tag hatte man sie vorgezogen, vgl den Eintrag zum 17. Mai 1509). Nach dem Festmahl bestand die Gelegenheit zur Besichtigung des Klausurbereiches (den normalerweise nur die Nonnen selbst betreten – ihrerseits aber nicht verlassen – durften). 241  ‚Dominus fortitudo plebis suae‘ ist der Introitus des sechsten Sonntages nach Pfingsten, wobei nach der mittelalterlichen deutschen Tradition nicht die Sonntage nach dem Pfingstsonntag, sondern diejenigen nach der Pfingstoktav gezählt wurden (auch dann noch, als letztere durch das Fest Trinitatis verdrängt worden war), entsprechend ist hier der 18. Juli 1512 gemeint. Im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 56r–v) heißt es: XV° kalendas Augusti, sequenti die Alexii, hora XII a, media die, super dominicam ‚Dominus fortitudo‘ | fol. 56v|, obiit Johannes Kleyseke, qui fuit frater noster in curia multis annis. 242  Das Namenskürzel der Elisabeth Hokens ist auf mehreren der berühmten Lüner Teppiche erhalten, so auf dem hier in der Klosterchronik erwähnten Sybillen-Prophetenteppich (1502) und dem Wurzel-Jesse-Teppich (1504). In der Sammlung Lüneburger Testamente (n°s 67 und 109) findet sich eine Familie Hoke. 243  Anna van der Molen war am 6. Dezember 1492 geboren, und am 14. Juni 1502 in das Kloster eingetreten, am 13. April 1505 wurde sie eingekleidet, und am 17. März 1508 aus der Schule entlassen. Sie starb im Alter von 19 Jahren. Zur Lüneburger Ratsherrenfamilie van der Molen finden sich zahlreiche Belege im UB Lüne, im 15. und 16. Jahrhundert stellte sie mehrere Bürgermeister. Aus dem hier vorliegenden Eintrag läßt sich entnehmen, daß die Matutin um 03.00 Uhr morgens schon vorbei war – diese Zeitangabe wird im übrigen vom ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 57v) bestätigt: Item isto anno obiit etiam soror Anna van der Molen, anno etatis sue XX, in nocte Michaelis, post matutinas ad tres, super quartam feriam. Statim post exitum legimus vigilias, secundum consuetudinem. Ante primam pulsabatur ei; post capitulum deportabatur funus ante Mariam; post tertiam cantavimus missam ‚Si enim‘, sub secreto cantavimus ‚Media vita‘; finita sexta fuit missa de festo; post cibum cantaverunt sacerdotes vigilias, conventus cantavit etiam; et tunc est sepulta; prima collecta ‚Inclina … famule‘, 2 a ‚Omnipotens, sempiterne Deus, cui nunquam‘, et fide. Post vesperas legimus vigilias que ad diem pertinuit. Offensichtlich wurde die Matutin also nicht, wie andernorts üblich, frühmorgens gesungen, sondern mitten in der Nacht, und man legte sich danach noch einmal für einige Stunden zu Bett – in der monastischen Tradition gibt es beide Gewohnheiten. An diesem Tag aber wurde nach der (gerade beendeten) kanonischen Matutin die Matutin des Totenoffiziums für die Verstorbene rezitiert. Nach der Prim (das heißt zum Kapitelsoffizium, in dem ihrer gedacht wurde), wurde die Totenglocke für sie geläutet, anschließend



fol. 61r–62v

| fol. 62r| Anno domini etc. XIII°, Littera tabularis G., Dominicalis erat B, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Facere‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis N, Aureus numerus XIII, X° kalendas Februarii Circumdederunt, VI° kalendas Aprilis dies Pasche, Idus Maii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, VII° ydus Martii, feria 4a ‚Dum sanctificatus‘, obiit soror Mechtildis Elbeke, conversa, inter summam missam circa horam Xam244. Item ipso anno, octava sancti Johannis Ewangeliste, venit in istud monasterium soror Elyzabeth Stoterogge, anno etatis sue X° de Annuntiationis Marie245. | fol. 62v| Item eodem anno, in die Visitationis Marie, super sabbatum, fecerunt professionem VI sorores et una conversa. Abbas de Oldenstad velavit eos, E[ngelheydis von] B[ülo]V etc.246

147

23. Januar 1513 27. März 1513 15. Mai 1513 27. November 1513 9. März 1513

3. Januar 1513

2. Juli 1513

wurde der Leichnam vor dem Marienaltar im Kreuzgang aufgebahrt. Nach der Terz, also zu der Uhrzeit, die für das Konventamt vorgesehen war, gab es die Totenmesse mit dem Introitus ‚Si enim credimus quod Jesus mortuus est‘, während der Kanonstille wurde die Notker von St. Gallen zugeschriebene Antiphon ‚Media in vita morte sumus‘ gesungen (vgl. Eintrag zum 15. Juli 1511). Die Messe vom Festtag, Michaelis, wurde nach der Sext (also vor dem Mittagessen) nachgeholt. Am Nachmittag sangen Priester und Kommunität die weiteren Horen des Totenoffiziums, und die Verstorbene wurde begraben. Die genannten Orationen sind wohl erstens ‚Inclina, Domine, aurem tuam ad preces nostras‘ etc. mit ut animam famulae statt animam famuli (aus dem Totenoffizium), und zweitens ‚Omnipotens, sempiterne Deus, cui nunquam sine spe misericordiae‘ etc., die in Gegenwart des Verstorbenen (also im ‚Requiem in praesentia funeris‘, und zur Beerdigung) hinzugefügt wird. 244  ‚Dum sanctificatus fuero in vobis‘ etc. ist der Introitus des Mittwoches nach dem vierten Fastensonntag. 245  Elisabeth Stöterogge hatte ihr neuntes Lebensjahr am 25. März 1512 vollendet, sie wurde am 10. August 1516 eingekleidet, am 22. Februar 1518 aus der Schule entlassen, und starb am 19. Oktober 1526 (siehe dort). Hartwig Stöterogge (gest. 1539), verheiratet mit Margarete Stöterogge d. Ä. (geb. Staketo) war viele Jahre Bürgermeister von Lüneburg, hier in der Klosterchronik begegnen uns außerdem noch Gertrud Stöterogge (gest. 1496), Barbara Stöterogge (Eintritt 1521), Anna Stöterogge (gest. 1521) und Margarete Stöterogge d. J. (Eintritt 1529) – sie war die allerletzte Kandidatin, die das Kloster noch zu den alten Bedingungen, vor der protestantischen Reformation, erreichen sollte. Eine andere Tochter des Hartwig Stöterogge, Margarete Stöterogge d. M. (1493–1567) war im Jahre 1504 in Medingen eingetreten und dort im Jahre 1524 zur Äbtissin gewählt worden, 1554 nahm sie unter dem Druck ihres Bruders, Nikolaus Stöterogge (gest. 1561, seit 1550 seinerseits Bürgermeister von Lüneburg), das lutherische Bekenntnis an. 246  Letzter Abt des Benediktinerklosters Oldenstadt war Heino Gottschalk (1506–1529, gest.

148

B. Text

Item in ipso anno, dominica Jubilate, fuerunt hic patres visitatores247. Item eodem anno, sequenti die Ascensionis Domini, in die sancti Johannis ante portam Latinam, venit in istud monasterium soror Alheydis Saghers, conversa, anno etatis sue XV°, de in die sancti apostolorum Symonis et Jude248.

17. April 1513

6. Mai 1513

| fol. 63r–65r – vacant | | fol. 65v| Anno domini etc. XIIII°249, Littera tabularis .G, Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Prosaicam‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis O, Aureus numerus XIIII, Pridie ydus Februarii Circumdederunt, XVI° kalendas Maii dies Pasche, Pridie nonas Iunii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus domini.

12. Februar 1514 16. April 1514 4. Juni 1514 3. Dezember 1514

1541, vgl. Vogtherr, Art. Oldenstadt, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 3, S. 1140). Die Konversinnen legten die gleichen Gelübde wie die Chornonnen ab (Linneborn, Reformation der Benedictiner-Klöster, 1899, S. 101). Das ‚Amtsbuch der Sakrista‘ (Lüne, Hs. 23, fol. 27v) weiß zu berichten: In die Visitationis Marie fecerunt iste sorores professionem, videlicet E[ngelheydis von] B[ülo]V, M[argarete von] GJ[lten], A. S. R., E[lisabeth] N[iebur], M[argarete] VJ[ttenbeke], A[nna] K[reye], et I a conversa, E. A.; dominus abbas de Oldenstad velavit eas. S[ophia] V[latow] et A. L. cantaverunt letanias, etc. – die Allerheiligenlitanei, die während der Prostration der Profeßkandidatinnen intoniert wird. 247  ‚Jubilate Deo‘ etc. ist der Introitus des dritten Sonntages nach Ostern. Das Bursfelder Generalkapitel, das vom 29. bis 31. August 1512 in Bursfelde getagt hatte, hatte als Visitatoren für die (voll inkorporierten) Klöster der Diözesen Verden, Minden, Paderborn, Münster und Osnabrück die Äbte von Clus und Oldenstadt bestimmt (Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, S. 425). 248  Alheydis (Adelheid) Saghers (im UB Lüne gibt es eine Familie Sagerer) hatte ihr 14. Lebensjahr am 28. Oktober 1512 vollendet. 249  Abgesehen von einem losen Blatt mit einigen Ereignissen des Jahres 1515 enden die Aufzeichnungen des erhaltenen ‚Amtsbuches der Sakrista‘ mit dem Jahr 1513, für die 17 noch folgenden, hier in der Klosterchronik dargestellten Jahre liegt gegenwärtig also keine Parallelüberlieferung mehr vor. Unklar ist mithin, aus welchen Quellen die jetzt noch folgenden Aufzeichnungen der Chronik (die ja erst 1530 redigiert wurde) geschöpft sind. Übrigens haben die Einträge zum Jahr 1514 nur den Monat Juni zum Gegenstand, diejenigen zum Jahre 1516 nur die zweite Jahreshälfte ab Juli, diejenigen zum Jahre 1517 nur die Monate August bis November etc. – vielleicht hat eine denkbare Fortsetzung des ‚Amtsbuches der Sakrista‘ für diese Jahre in einer so fragmentarischen Form vorgelegen, daß man sie später nicht für würdig befunden hat, aufgehoben zu werden.



fol. 62v–68v

Eodem anno, sequenti die sancti Bonifatii, feria 3a Pentecostes, mutaverunt habitum III sorores et una conversa, M[argarete] P[rals] etc.250. Item in ipso anno, in die sancte et individue Trinitatis, que fuit illo anno in die sancti Barnabe apostoli, coronabantur VI sorores, E[ngelheydis von] B[ülo]V etc.251. | fol. 66r| Item in ipso anno, sequenti die Nativitatis sancti Johannis Baptiste, venit in istud monasterium soror Anna Wytkes, anno etatis sue XII° de in die Trium regum252.

149 6. Juni 1514

11. Juni 1514

25. Juni 1514

| fol. 66v–68r – vacant| | fol. 68v| Anno domini etc. XV°, Littera tabularis T., Dominicalis erat G, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Tabulam‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis P, Aureus numerus XV, Pridie nonas Februarii Circumdederunt, VI° ydus Aprilis dies Pasche, VI° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in vigilia sancti Silvestri pape, venit in istud monasterium soror Dorothea Elvers, super sabbatum, anno etatis sue X° de in die sancti Marci Ewangelistae253.

4. Februar 1515 8. April 1515 27. Mai 1515 2. Dezember 1515 30. Dezember 1514

250  Margarete Prals, geboren am 14. August 1501, war am 30. Dezember 1510 in das Kloster Lüne eingetreten (siehe dort), sie starb am 4. September 1526. 251  Das Dreifaltigkeitsfest, das im Jahre 1334 auf den ersten Sonntag nach Pfingsten gelegt wurde, ist summum und verdrängt den hl. Apostel Barnabas auf den folgenden Montag. Zur Nonnenkrönung bedurfte es eines Bischofes – wahrscheinlich kam der seit 1512 amtierende Verdener Weihbischof Christopher Radelennes OP, der in den Einträgen zu den Nonnenkrönungen am 29. September 1518 und am 3. April 1524 namentlich genannt wird. 252  Anna Wittkes (oder Wytkes) hatte ihr elftes Lebensjahr am 6. Januar 1514 vollendet. Sie wurde am 10. August 1516 eingekleidet und am 22. Februar 1518 aus der Schule entlassen. 253  Dorothea Elvers hatte ihr neuntes Lebensjahr am 25. April 1514 vollendet. Am 16. Mai 1518 wurde sie eingekleidet, am 26. Juli 1520 wurde sie aus der Schule entlassen, und am 3. April war sie unter den letzten Nonnen, an denen in Lüne die Nonnenkrönung vollzogen wurde. Am 9. Februar 1520 sollte dann Katharina Elvers in das Kloster Lüne eintreten, zwei Wochen darauf, am 23. Februar 1520, Gertrud Elvers.

150

B. Text

Item ipso anno, in die sancti Blasii martyris, venit in istud monasterium soror Anna Schoma- | fol. 69r| kers, super sabbatum, anno etatis sua X°, de in die Nativitatis virginis Marie254. Item eodem anno, in die sancti Mauritii, super sabbatum, venit soror Magdalena Sneverdinghes, anno etatis sue VIII°, de in die Purificationis Marie255.

3. Februar 1515

22. September 1515

| fol. 69r–71r – vacant | | fol. 71v| Anno domini etc. XVI°, Littera tabularis C., Dominicalis erat F et E (bysextilis)256, Numerus tabule rusticalis V, Dictio tabularis ‚Annis‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis Q, Aureus numerus XVI, XIIII° kalendas Februarii Circumdederunt257, X° kalendas Aprilis dies Pasche, V° ydus Maii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini. | fol. 72r| Item eodem anno resignavit noster confessor dominus Nicolaus Crasmann suum officium. Ante festum sancte Marie Magdalene sedit ultima vice ad ordinem. Item ipso anno in die sancti Cyriaci martyris electus est in confessorem dominus Heynricus Renert, a tota congregatione concorditer et unanimiter, qui fuerat noster cappellanus in quintum annum de Michaelis258.

20. Februar 1516 23. März 1516 11. Mai 1516 30. November 1516 21. Juli 1516

8. Juli 1516

254 Anna Schomaker hatte ihr neuntes Lebensjahr am 8. September 1514 vollendet, am 26. Juli 1520 wurde sie aus der Schule entlassen. Sicherlich handelte es sich um eine Verwandte des verstorbenen Propstes, Nikolaus Schomaker. und seines Bruders, des Lüneburger Bürgermeisters Jakob Schomaker. 255  Magdalena Schneverding hatte ihr siebtes Lebensjahr am 2. Februar 1515 vollendet. Für den 1. Mai 1524 verzeichnet die Klosterchronik den Tod der Gertrud Schneverding. Eine Elisabeth Schneverding taucht als Stickerin mehrerer der Lüner Teppiche auf, im Jahre 1535 sollte sie Mechthild Wilde im Amt der Priorin nachfolgen. Sie starb 1540. Im UB Lüne (n° 688) gibt es u. a. auch eine Adelheid (Alheid) Schneverding – im Jahre 1523 hatten es zwischen ihr und dem Kloster Streit um die Besiedung eines Salzgutes gegeben (n° 688). In der Sammlung Lüneburger Testamente ist die Familie unter verschiedenen Namensformen (Snewerdighe, Snewerdinck, Snewerding, Snewerdingk) reichlich vertreten. 256  Weil das Jahr 1516 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er F, danach E. 257 Tatsächlich XIII° kalendas Februarii. 258  Man riskierte nicht, ohne Beichtvater dazustehen – als Crasmann seine Kräfte schwinden sah, wurde zuerst ein Nachfolger gewählt, erst dann gab der bisherige Inhaber sein Amt ab. Cras-



fol. 68v–74v

Item eodem anno in die sancti Laurentii martyris, super dominica, mutaverunt habitum due sorores, E[lisabeth] ST[öterogge], et A[nna] V. [= Wittkes]259 Item in ipso anno, in die sanctorum martyrum Cosme et Damiani, quando est dedicatio altaris in infirmatorio, tunc cantavimus ibidem summam missam ‚Dicit dominus‘, sicut in Graduale | fol. 72v| habetur, cum sequentia ‚Psallat Ecclesia‘. Dominus prepositus celebravit, et nos stetimus per choros et cantavimus dupliciter260. Item eodem anno in die sancti Jeronimi venerunt de scholis VI sorores, M. L., etc., super feriam 3am. E[rmingard] T[zerstede] sunt commisse. Item in ipso anno, in die sancti Galli confessoris, venit in istud monasterium soror Anna Marenholte, anno etatis sue VIII°, de in die As[cens]ionis261 domini, super 5am feriam262. Item eodem anno in die sancti Bernwardi episcopi obiit soror Margareta Smedes, super quintam feriam de mane circa horam 5am263.

151 10. August 1516

27. September 1516

30. September 1516

16. Oktober 1516

20. November 1516

| fol. 73r–74r vacant | | fol. 74v| Anno domini etc. XVII°, Littera tabularis .C, mann sollte ein gutes Jahr später, am 13. September 1517 versterben (siehe dort). Renert seinerseits starb im August 1529, wenig nachdem Herzog Erich das Klosterregiment an sich gerissen hatte. Die Nonnen wählten Dietmar Spitzbart zu seinem Nachfolger (siehe dort). 259  Die beiden Schwestern sollten am 22. Februar 1518 aus der Schule entlassen werden. Elisabeth Stöterogge war am 25. März 1503 geboren, sie trat am 3. Januar 1513 in Lüne ein. Sie starb am 19. Oktober 1526 (siehe dort). Anna Wittkes war am 6. Januar 1503 geboren, und am 25. Juni 1514 in Lüne eingetreten. 260  ‚Dicit Dominus: ego cogito cogitationes pacis etc.‘ ist eigentlich der Introitus des 23. Sonntages nach Pfingsten und der folgenden Sonntage bis zum ersten Advent (in der mittelalterlichen deutschen Tradition: 23. Sonntag nach Trinitatis), oder nur des letzten Sonntages vor dem ersten Advent, hier als Votivmesse, ‚Psallat Ecclesia, mater illibata‘ etc. ist die Sequenz der Messe vom Kirchweihtag (Verfasser: Notker von St. Gallen), sie findet sich auch im Bursfelder Missale (Rosenthal, Sequenzen, 1984, S. 163). Vgl. die Einträge zum 24. September und 23. Oktober 1508. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet entsprechend (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1516 ist die Einweihung des Altarß in dem Krankenhause geschehen“. 261  Ascensionis] in der Handschrift Assencionis. 262  Anna von Mahrenholz, sicher eine Verwandte des Abtes von St. Michaelis zu Lüne, Boldewin II. von Mahrenholz, hatte angegeben, daß sie an Himmelfahrt geboren war; in ihrem Geburtsjahr, 1509, war das der 17. Mai. Sie hatte enstprechend ihr siebtes Lebensjahr am 17. Mai 1516 vollendet (aus einem Eintrag zum 7. Januar 1494 wird deutlich, daß die Datierungen des Geburtstages nach beweglichen Festen sich immer auf das Datum dieses Festes im Geburtsjahr, nicht auf das Jahr des letztvergangenen Geburtstages beziehen). 263  Mit dem hl. Bernward (Bischof 993–1022) dient hier ein Hildesheimer Heiliger als Referenz. Im Verdener Kalendarium findet er sich eigentlich nicht. Zum hl. Godehard von Hildesheim (Fest am 4. Mai) vgl. Einträge zu den Jahren 1486, 1502, 1504, und 1506.

152

B. Text

Dominicalis erat D, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Inclusam‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis R, Aureus numerus XVII, VI° ydus Februarii Circumdederunt, Pridie ydus Aprilis dies Pasche, Pridie kalendas Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. | fol. 75r| Item in ipso anno, in nocte sancti Magni confessoris, super dominica, obiit mater Mechtilids Elderendorpes, post matutinas, circa horam secundam264. Item eodem anno in vigilia Exaltationis sancte Crucis obiit noster confessor, dominus Nicolaus Crasmann, super dominica, et in die sancte Crucis est sepultus in nostrum cymiterium, post summam missam. Commendationem ante sepulturam tenuerunt sacerdotes in ecclesia iuxta feretrum. Deinde portaverunt eum sacerdotes in claustrum, et tunc incepimus legere, et tenuimus omnia sicut ad sepultura nostrarum sororum. In alium annum vixit de Marie Magdalene usque Crucis, postquam resignavit officium265. Item eodem anno habuerunt sorores in novo dormitorio dormientes multas ter- | fol. 75v| rores ibidem. Ideo straverunt omnes de illo, ante festum sancti Michaelis. Sed post festum Omnium sanctorum restraverunt in illud. Et cum terrore mansit ibidem ut antea fuit, usque quod domino Deo placuit. Item eodem anno celebravimus prima vice summum festum in die Michaelis, ab illo anno et deinceps, quod ante fuerat medium festum266.

8. Februar 1517 12. April 1517 31. Mai 1517 29. November 1517 19. August 1517

13. September 1517

29. September 1517 1. November 1517

29. September 1517

264  In der Sammlung Lüner Testamente (n° 263) ist eine Familie Elrendorp belegt, die auch im UB Lüne (n° 577) auftaucht, ferner findet sich unter den Testamenten der Name Elringedorp (n° 190). Auch hier läßt die Uhrzeit vermuten, daß die Matutin nicht frühmorgens rezitiert wurde, sondern um Mitternacht, und daß die Nonnen danach ein zweites Mal schlafen gingen (vgl. Eintrag zum 29. September 1512). 265  Crasmann hatte am Vorabend des Festes der hl. Maria Magdalena, am 21. Juli 1516 sein Amt an den jüngeren Heinrich Renert abgegeben (siehe dort). Mit der commendatio ante sepulturam dürfte nicht die ‚Commendatio animae‘ (Rituale romanum, tit. 5, cap. 7) gemeint sein, die im Augenblick des Verscheidens am Sterbebett rezitiert wird, sondern die Exsequien in Gegenwart des Verstorbenen (Rituale romanum, tit. 6, cap. 3), der dazu in der Klosterkirche aufgebahrt wird. Normalerweise dürften sie auch ein Sterbeamt (Requiem) umfaßt haben, an das sich die ‚Absolutio super defunctum‘ anschließt, danach wird der Verstorbene hinausgetragen und begraben. 266  Da es kein commune für die Engelfeste gibt, sind ohnehin alle Stücke aus dem proprium,



fol. 74v–78r

Item in ipso anno venit in istud monasterium soror Cecilia Schilders, in vigilia sancti Leonardi confessoris, super quintam feriam, anno etatis sue XI° de in die sancte Cecilie virginis267. Item eodem anno in die sancti Willebrordi confessoris venit soror Katharina Prals in istud monasterium, super sabbatum, anno etatis sue XI° de die Nativitatis | fol. 75v| sancti Johannis Baptistae268.

153 5. November 1517

7. November 1517

| fol. 76v–77v vacant | | fol. 78r| Anno domini etc. XVIII°, Littera tabularis P., Dominicalis erat C, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Fratres‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis S, Aureus numerus XVIII, Pridie kalendas Februarii Circumdederunt, Pridie nonas Aprilis dies Pasche, X° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, feria 2a Invocavit, in die sancti Petri, venerunt de scholis due sorores, E[lisabeth] ST[öterogge], et A[nna] V. [= Wittkes]; E[lisabeth] S[ch]N[everding] sunt commisse269.

31. Januar 1518 4. April 1518 23. Mai 1518 28. November 1518 22. Februar 1518

die Psalmen sind, der Bursfelder Ordnung entsprechend (die ja keine festa III lectionum kennt), vom Sonntag. 267  Das Bursfelder Kalendarium würdigt den hl. Abt Leonhard einer commemoratio, in den Diözesen Verden und Hildesheim wird er nicht gefeiert. Cäcilia Schilders hatte ihr zehntes Lebensjahr an ihrem Namenstag, dem 22. November 1516 vollendet. 268  Auch der hl. Bischof Willibrord zählt zu den Heiligen, die im Bursfelder Kalendarium mit einer commemoratio verzeichnet sind, derer die Diözesen Hildesheim und Verden aber nicht gedenken. Katharina Prals [Pralels] hatte ihr zehntes Lebensjahr am 24. Juni 1517 vollendet, am 30. Dezember 1510 war bereits Margarete Prals in das Kloster Lüne eingetreten. Ein Theoderich Prals (oder Pralels) hatte ein Benefizium am Marien-Magdalenen-Altar der St. Johanniskirche zu Lüneburg inne. Als er 1525 starb, veranlaßte die Lüner Profeßschwester Geseken (Gertrud) Bromes, die als Erbin des Stifters, Roleken Rambeken, über die Kollatur der Pfründe verfügte, die Verleihung an dessen Verwandten Hieronymus Prals (oder Pralels), beide waren ihrerseits de progenie sive parentela dicti Roleken, so berichtet es ein Brief vom 25. September 1525 (Lüne Hs. 15, Lage 1, fol. 7r–8r). 269  Das Fest Cathedra Petri fiel auf den Montag nach dem ersten Fastensonntag. Elisabeth Stöterogge (geb. 3. Januar 1503, eingetreten 3. Januar 1513) und Anna Wittkes (geb. 6. Januar 1503, eingetreten 25. Juni 1514) waren am 10. August 1516 eingekleidet worden.

154

B. Text

Item in ipso anno, Dominica Exaudi, in die Translationis sancti Bartholomei apostoli, mutaverunt habitum due sorores, D[orothea] ­E[lvers], et A[nna] SC[homaker]270. | fol. 78v| Item in ipso anno, pridie ydus Martii, obiit mater Elyzabeth Ertborghes, dominica Letare, inter summam missam circa horam Xam. Item eodem anno, dominica infra octavam Visitationis virginis Marie, obiit soror Alheydis Soestes, conversa, de nocte circa horam Xam. Item in ipso anno, in die sancte Marie Magdalene, fecerunt professionem VIII sorores, et III converse. Abbas de sancto Michaele velavit eas271. Item eodem anno, in die sancti Jacobi apostoli, venit in istud monasterium soror Cecilia Lorber, anno etatis sue IIII° de in die sancte Gertrudis virginis. In rotulam traximus eam, et mansit hic nobiscum272. | fol. 79r| Item in ipso anno, in die sancte Anne, venit in istud monasterium soror Margareta Wermers, conversa, anno etatis sue XIIII° de in die sancti Georgii martyris273.

16. Mai 1518

14. März 1518

4. Juli 1518

22. Juli 1518

25. Juli 1518

26. Juli 1518

270  ‚Exaudi, Domine, vocem meam‘ etc. bezeichnet sowohl das Incipit des Introitus des Sonntages in der Oktav von Himmelfahrt (‚Exaudi, Domine … adiutor‘) als auch dasjenige des fünften Sonntages nach Pfingsten (‚Exaudi Domine … tibi‘, wobei nach deutscher Tradition nicht die Sonntage nach dem Pfingstsonntage, sondern die nach der Pfingstoktav gezählt werden) – im Jahre 1518 waren das der 16. Mai und der 4. Juli, die ‚Translatio sancti Bartholomaei‘ hingegen (es geht wohl um die Translation von Lipari nach Benevento) wurde ggf. am 17. Juni gefeiert, das Hauptfest des Apostels ist am 24. August. Das Nebenfest war für das Kloster Lüne deshalb von Relevanz, weil der hl. Bartholomäus Klosterpatron war. Wie die Daten zusammenpassen, kann hier nicht geklärt werden, auch ein Eintrag zum 7. April 1494, in dem die ‚Translatio sancti Bartholomaei‘ als Geburtstag einer eintretenden Kandidatin bezeichnet wird, bereitet in dieser Hinsicht Probleme – das Fest soll in ihrem Geburtsjahr (1484) mit Fronleichnam zusammengefallen sein. Im Statutenbuch des Klosters Lüne, Hs. 14, fol. 69v, findet sich eine Liste der Feste, an denen im Kloster Lüne Weißbrot serviert wird, dort steht die ‚Translatio sancti Bartholomaei‘ zwischen dem hl. Benedikt (11. Juli) und Mariä Himmelfahrt (15. August). Dorothea Elvers war am 25. April 1505 geboren und am 30. Dezember 1514 in Lüne eingetreten, am 3. April war sie unter den letzten Nonnen, an denen in Lüne die Nonnenkrönung vollzogen wurde; Anna Schomaker war am 8. September 1505 geboren und am 3. Februar 1515 in Lüne eingetreten. Die Schulentlassung der beiden hier genannten Schwestern fand am 26. Juli 1520 statt. 271  Der Abt von St. Michael zu Lüneburg, um den es hier wahrscheinlich geht (theoretisch könnte auch der Abt von St. Michael in Hildesheim gemeint sein, denn die dortigen Benediktiner gehörten, im Gegensatz zu ihren Lüneburger Mitbrüdern, der Bursfelder Kongregation an), war von 1505 bis 1532 Boldewin von Mahrenholz (Reinhardt, Art. Lüneburg/Benediktiner, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 959). 272  Cäcilia Lorber, sicher eine Verwandte des Propstes Johannes Lorber, hatte ihr drittes Lebensjahr am 17. März 1518 vollendet. Aufgrund ihres zarten Alters kam die Kandidatin im Kinderwagen. Am 21. Oktober 1528 wurde sie eingekleidet. 273  Margarete Wermers hatte ihr 13. Lebensjahr am 23. April 1518 vollendet.



fol. 78r–81v

Item eodem anno, in die sancti Michaelis archangeli, coronabantur VIII sorores, M. L. etc.; suffraganeus nomine Cristofferus coronavit eas274. Item in ipso anno, in die sancti Jeronimi, venit in istud monasterium soror Elizabeth Fathouwers, anno etatis sue X° de 2a feria ante festum Penthecostes275. Item eodem anno iacuerunt multe sorores infirme in verrucis [supra lin.: Pocken] de post festum sancti Michaelis usque ad festum Nativitatis Christi, […] domus erant pleni infirmis.

155 29. September 1518

30. September 1518

29. September 1518 24. Dezember 1518

| fol. 79v–81r vacant| | fol. 81v| Anno domini etc. XIX, Littera tabularis .P, Dominicalis erat B, Numerus tabule rusticalis X, Dictio tabularis ‚Quingentis‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis T, Aureus numerus XIX, X° kalendas Martii Circumdederunt, VIII° kalendas Maii dies Pasche, Pridie ydus Iunii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini.

274 

20. Februar 1519 24. April 1519 12. Juni 1519 27. November 1519

Der Verdener Weihbischof Martin von Fürstenwalde OP, der am 24. Dezember 1508 zur Glockenweihe und dann am 17. Mai 1509 zur Nonnenkrönung in Lüne gewesen war, ist inzwischen tot, jetzt kommt sein Nachfolger, der Dominikaner Christopher Radelennes (oder Radeleff, vgl. Gatz, Bischöfe, Bd. 2, S. 560; 785; 842), der im Jahre 1512 die Bischofweihe auf den Titel des Bistums Constantia (in Thrakien) empfangen hatte und nach 1536 verstorben sein muß, er war der Erzdiözese Bremen-Hamburg, und der Diözese Verden als Weihbischof zugeteilt, deren erwählter Diözesanbischof weiterhin Christoph von Braunschweig-Lüneburg war (Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge in Bremen 1500, erwählter Bischof von Verden 1502, erwählter Erzbischof von Bremen 1511, gest. 1558), der 1487 geborene Welfenfürst, der seit 1505 auf der Rotenburg residierte, hatte die Bischofsweihe erst einige Zeit nach Erreichung des kanonischen Mindestalters von 30 Jahren empfangen – seine ersten Pontifikalämter las er am 6. Januar 1519 in Bremen und am 2. Februar 1519 in Verden. Vorher, das heißt, die ganze Zeit seit 1502, war die Spendung der bischöflichen Sakramente und Sakramentalien gänzlich an die beiden Weihbischöfe delegiert gewesen. Radelennes sollte am 3. April 1524 erneut zur Nonnenkrönung nach Lüne kommen. Eine weitere Nonnenkrönung im Kloster Lüne, nach jener von 1509, verzeichnet die Klosterchronik auch noch für den 11. Juni 1514 – wahrscheinlich war es damals auch Radelennes, der die Zeremonie geleitet hatte. 275  Elisabeth Fatthauer (Fathouwers) hatte angegeben, daß sie am Montag vor Pfingsten geboren war, in ihrem Geburtsjahr, 1509, war das der 21. Mai. Ihr neuntes Lebensjahr hatte sie entsprechend am 21. Mai 1518 vollendet (zur Datierung des Geburtstages nach beweglichen Festen vgl. den Eintrag zum 7. Januar 1494).

156

B. Text

Eodem anno obiit imperator Maximilianus, et in ipso anno, in mense Junio, electus est imperator Karolus276. | fol. 82r| Item in ipso anno erat magna gwerra et discordia inter principes Brunswicenses, et principem istius provincie, ducem Hynricum de Luneborch, qui despoliaverunt et combusterunt claustra et villas. Et de illis, quas non devastaverunt, requisierunt magnam summam pecunie, et multa mala fecerunt provinciis et hominibus. Idcirco misimus omnia nostra clenodia et ornamenta ecclesie in civitatem Luneborch277. Item eodem anno, sequenti die Nativitatis sancti Johannis Baptistae, videlicet sabbato ante ‚Domine in tua‘, de mane post horam VIIam, misimus in civitate omnes nostras sistas, capsas et latulas, ac omnia utensilia totius claustri. Deinde circa horam XIIam, consilio quiusdam proconsulis et aliorum fautorum | fol. 82v| nostri monasterii, reliquimus coacte nostrum claustrum, cum maximo merore, lacrimis et suspiriis, et ivimus processionaliter, preeunte sancta cruce, et domino preposito, cum venerabili dompna priorissa, in civitatem Luneborch. Ibi fuimus in nostra domo sex dies, quasi alteri filii Israel in captivitate babilonica. Canonicas horas et aliud spiritale debitum legimus cotidie, pariter et matutinas persolvimus, de mane circa horam Vam, interdum media nocte. Ante et post prandium legimus versum, simul ante mensam stando, similiter ad cenam, et una da sororibus legit ad mensam278.

12. Januar 1519 28. Juni 1519

25. Juni 1519

276  Abgesehen von den Ausführungen zur lutherischen Reformation und der damit einhergehenden Säkularisation der Klöster und einer Nachricht zur Aachener Heiligtumsfahrt im Jahre 1524 ist dies die einzige ‚weltgeschichtliche‘ Nachricht, die sich hier in der Klosterchronik findet. Der Tod Kaiser Maximilians I. und die Wahl seines Enkels, des künftigen Kaisers Karls V., wurden offenbar als besondere Zäsur wahrgenommen. 277  In der Hildesheimer Stiftsfehde standen sich Heinrich der Mittlere, 1486–1520 Herzog von Lüneburg, der den Hildesheimer Bischof Johann IV. von Sachsen-Lauenburg unterstütze, und Heinrich II. (der Jüngere), 1514–1568 Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, sowie dessen Onkel, Erich I., 1495–1540 Fürst von Calenberg-Göttingen, gegenüber, die das Stift Hildesheim erobern wollten und sich dazu mit einigen Hildesheimer Adeligen verbündet hatten. Das angegebene Datum ist dasjenige der Schlacht von Soltau, aus dem die Hildesheimer als (vorläufige) Sieger hervorgingen. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 23, Text in: Brandis, Quellen, S. 387): „Anno 1519 ist ein große Uneinigkeit und Streit gewest unter den Braunschweigisch und Lüneburgisch Herren, welche die Klöster, ihre Güter und Vorwercke spoliiret und beraubet, drümb sandten wir alle unsere beste Clenodis und Vedeste nach Lüneburg; des folgenden Tages sein wir selbst hinringe zogen, n[äm]p[lich] am Johannes Baptistae (S. Johannes des Täufers) Festtage, und blieben da in unserm Hause in die 6 Tage, und kamen in vigilia Visitationis wieder nach Lühne“. 278  ‚Domine, in tua misericordia‘ etc. ist der Introitus des ersten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, vgl. den Eintrag zum 16. Juni 1506. Am Samstag allerdings hätte man die Votivmesse ‚Beatae Ma-



fol. 81v–83v

Post diem venerunt ad nos parentes, consanguinei, et amici nostri, sed hoc fuit nobis magis gravamen et distractio quam solatium. | fol. 83r| Numerus personarum fuit illa vice LXXXVII, cum pueris et conversis. Una vice legit nobis missam dominus Dytmarus, noster cappellanus279. In vigilia Visitationis Marie, super 6am feriam, remisimus omnia nostra bona de civitate ad claustrum, exceptis clenodiis, et privilegiis, ac ornamentis ecclesie, et verspertino tempore, circa horam Vam, ivimus de civitate processionaliter, precedente sancta cruce, in magno ymbre, quem non curavimus pro desiderio redeundi ad monasterium nostrum, unde cum lacrimis et dolore cordis nostri exuimus coacte. In primo introitu clausti legimus ante Mariam ‚Salve regina‘, cum ceteris antiffonis et versibus, sicut solemus post capitulum280. Matutinas non cantavimus in nocte Visitationis Marie, quia eramus nimis fesse ex lon- | fol. 83v| go itinere, et ex merore qui tunc permittente Deo venit super nos, sed de mane, circa horam Vam, legimus eas, pariter in nova via. Ante primam cantavimus versum ‚Nos hac die‘ etc., deinde incepimus cantare primam, et alias horas solito more. Summam missam cantavimus dupliciter, et non ivimus per circuitum ante missam. Post missam cantavimus hymnum ‚Te Deum laudamus‘, pro gratiarum actione281.

157 26. Juni 1519

1. Juli 1519

2. Juli 1519

riae virginis in sabbato‘ erwartet. Die mitgenommenen sistae sind cistae (die Behälter des Kirchenschatzes, hier wohl in Gestalt von ‚Kisten‘). Zuflucht nahmen die Nonnen, auf das Anraten eines der Bürgermeister hin, in ihrem Stadthaus (Auf dem Kauf 9). Das Exil – die babylonische Gefangenschaft – der Nonnen in den schützenden Mauern der Stadt Lüneburg dauerte vom 25. bis zum 1. Juli, die Rückkehr der Kommunität in die schmerzlich vermißte Einsamkeit der klösterlichen Klausur erfolgte also ganz offensichtlich auf die Nachricht hin, daß mit der Schlacht von Soltau (28. Juni 1519) eine Entscheidung zugunsten des Lüneburger Herzoges und seiner Verbündeter gefallen war. Heinrich der Jüngere war vernichtend geschlagen, sein Onkel Erich von Calenberg gar in Hildesheimer Gefangenschaft geraten – weitere Plünderungen durch Braunschweiger Truppen waren nun vorerst nicht mehr zu befürchten. Während ihres Aufenthaltes in ihrem Stadthaus rezitierten die Nonnen die Matutin zuweilen morgens um fünf, zuweilen um Mitternacht (dann legten sie sich ein zweites Mal schlafen). Kanonisch erlaubt ist beides – es scheint, daß sie normalerweise, im Kloster, der zweiten Option den Vorzug gaben (vgl. die Einträge zum 29. September 1512 und zum 19. August 1517). Das Tischgebet – ‚Benedicite‘ und ‚Gratias‘ – wurde von allen stehend rund um die Tafel verrichtet – es gab kein erhöhtes Pult für die Lektorin. 279  Die Messe las der Kaplan Dietmar Spitzbart (vgl. Eintrag zum 1. Mai 1508), im Jahre 1529, nach dem Tod Heinrich Renerts, sollten ihn die Nonnen zu ihrem Beichtvater erwählen. 280  Das ‚Salve regina‘ sangen die Nonnen vor dem Marienaltar im Kreuzgang. 281  Weil die Nonnen müde sind (das Kloster Lüne liegt 1,9 km vom Stadthaus der Nonnen entfernt), singen sie Matutin und Laudes ausnahmsweise nicht um Mitternacht, sondern ‚lesen‘ sie bloß, morgens um fünf, wie sie das schon während ihres Exiles gehalten haben. Das Stadthaus in der nova via, heute Auf dem Kauf 9, wird auch im Eintrag zum 1. August 1529 genannt, vgl. dazu Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 386–387). Die Rezitation des Verses Nos hac die tibi gregatos serva, virgo, in lucem mundi, qua prodisti paritura coelorum lumen, ursprünglich aus der Sequenz vom Fest Mariä Geburt, ‚Stirpe Maria regia‘ etc., zugeschrieben Notker

158

B. Text

Virgines de Ebbekestorpe et de Medinghen fuerunt etiam eadem vice in civitate, propter eadem causam suprascriptam. | fol. 84r| Item eodem anno fecit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] testudines parare super tres partes nostri ambitus, sed quarta pars, ubi altare est, habuit testudinem antiquitus, illam fecit dealbare. Ante festum Nativitatis Johannis Baptistae inceperunt edificare282. Item in ipso anni fecit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] capitolium decolorare. Ad ieiunium inceperunt illud.

24. Juni 1519

2. März 1519

| fol. 84v – vacat | | fol. 85r| Anno domini etc. XX°, Littera tabularis T., Dominicalis erat A et G (bysextilis)283, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Triginta‘, Cyclus lunaris quarta, Littera primationis A, Aureus numerus I, Pridie nonas Februarii Circumdederunt284, VI° ydus Aprilis dies Pasche, VI° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in die sancti Karoli regis, venit in istud monasterium soror Gertrudis Schomakers, super 6am feriam, anno etatis sue IX° de in die sancti Barnabe apostoli285.

5. Februar 1520 8. April 1520 27. Mai 1520 2. Dezember 1520 28. Januar 1520

von St. Gallen, hatte die Kommunität am 15. Juli 1511 eingeführt (siehe dort), eigentlich sollte er (gleichsam als marianisches suffragium) vor der Matutin gesungen werden, doch heute wurde das ‚Nos hac die‘ vor der Prim nachgeholt. Die Messe vom Fest der Heimsuchung Mariens wird so gefeiert, als ob das Fest den Grad duplex hätte – also mit vermindertem Aufwand, denn im Bursfelder Kalendarium ist es summum, im Verdener sollemne. Namentlich wird auf die große Einzugsprozession (als Umgang mit Vortragekreuz) verzichtet (der Zelebrant zieht also, begleitet allein von der Altarassistenz, direkt von der Sakristeitür zu den Altarstufen). Dafür gibt es nach der Messe das ‚Te Deum‘ als Danksagung für die glückliche Heimkehr. 282  Die ‚Schilde‘ sind offenbar die gemauerten Füllungen der bis dahin zum Innenhof hin geöffneten Bögen des Kreuzganges. 283  Weil das Jahr 1520 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er A, danach G. 284  Es müßte nonis Februarii heißen. 285  Gertrud Schomaker, sicher eine Verwandte des verstorbenen Propstes, Nikolaus Schomaker, hatte ihr achtes Lebensjahr am 11. Juni 1519 vollendet, am 10. Juni 1522 wurde sie eingekleidet, und am 22. März 1527 wurde sie aus der Schule entlassen.



fol. 83v–86r

Item in ipso anno, in vigilia sancte Scholastice virginis, venit soror Katherina Elvers, anno | fol. 85v| etatis sue XI° de in vigilia Penthecostes, super quintam feriam286. Item eodem anno venit in istud monasterium soror Gertrudis Elvers, in vigilia sancti Mathie apostoli, super 5am feriam, anno etatis sue XI°, quia illo die fuit nata287. Item in ipso anno, dominica Oculi, in vigilia sancti Gregorii, fuerunt hic patres visitatores288. Item eodem anno, sequenti die sancti Johannis ante portam latinam, qui tunc celebrabatur feria 2a Cantate, venit in istud monasterium soror Katharina Wylde, anno etatis sue V° de in die sancti Michaelis. Nos traximus eam in rotulam, et mansit hic289. Item in ipso anno, in die Divisionis apostolorum, | fol. 86r| mutaverunt habitum V sorores, et una conversa, M[agdalena] S[ch]N[everding], etc., super dominicam. Item eodem anno, in die sancte Anne, venerunt de scholis due sorores, D[orothea] E[lvers], et A[nna] SC[homaker], super 5am feriam290. Item ipso anno, octava Nativitatis Marie, obiit soror Sophia de Vlatow, super sabbatum, post prandium, circa horam 2am291. Item eodem anno fecit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] novas bancas per ambitum, et superius in nova via parare292.

159 9. Februar 1520

23. Februar 1520

11. März 1520

7. Mai 1520

15. Juli 1520

26. Juli 1520

15. September 1520

286  Katharina Elvers war am 26. Mai 1509 geboren – in jenem Jahr war ihr Geburtstag der Samstag vor dem Pfingstsonntag. Ihr letztvergangener (zehnter) Geburtstag (der 26. Mai 1519) war auf einen Donnerstag gefallen. Am 30. Dezember 1514 war bereits Dorothea Elvers in das Kloster Lüne eingetreten, und zwei Wochen auf Katharina sollte noch eine Gertrud Elvers folgen (siehe jeweils dort). 287  Gertrud Elvers kam an ihrem elften Geburtstag in das Kloster Lüne. Zwei Wochen zuvor war Katharina Elvers eingetreten, im Dezember 1514 hatte es schon eine Dorothea Elvers gegeben (siehe jeweils dort). 288  Im Bursfelder Generalkapitelsrezess von 1519 finden sich die 1518 benannten Visitatoren bestätigt (Volk, Generalkapitelsrezesse, 1955, S. 478), im Jahre 1518 war bestimmt worden, daß die Klöster der Diözese Hildesheim durch die Äbte von Huyburg und Clus visitiert werden sollten, für das Erzbistum Bremen waren Huysburg und Rastede zuständig (ebd., S. 472). 289  In diesem Jahr mußte das Fest des hl. Johannes vor der lateinischen Pforte – duplex minus in Bursfelde bzw. duplex non celebre in Verden – dem Sonntag ‚Cantate‘ weichen, das ist der vierte Sonntag nach Ostern. Am folgenden Montag wurde es nachgeholt (gebotene Translation). Katharina Wilde hatte ihr viertes Lebensjahr am 29. September 1519 vollendet und kam aufgrund ihres zarten Alters im Kinderwagen. 290  Die Einkleidung der beiden Schulabsolventinnen hatte am 16. Mai 1518 stattgefunden. Dorothea Elvers war am 25. April 1505 geboren, und am 30. Dezember 1514 in Lüne eingetreten, Anna Schomaker war am 8. September 1505 geboren und am 3. Februar 1515 in Lüne eingetreten. Beide waren am 16. Mai 1518 eingekleidet worden. 291  Sophia von Vlatow war am 6. Januar 1477 geboren, und am 25. Juli 1489 in Lüne eingetreten. Sie starb im Alter von 43 Jahren. 292  Der Kreuzgang, dessen Öffnungen zum Garten bzw. Friedhof im Vorjahr mit Mauerfüllungen geschlossen worden waren, wird nun durch die Aufstellung von Bänken verschönert.

160

B. Text

| fol. 86v–88r vacant| | fol. 88v| Anno domini etc. XXI°, Littera tabularis L., Dominicalis erat F, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Duobus‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis B, Aureus numerus II, VI° kalendas Februarii Circumdederunt, Pridie kalendas Aprilis dies Pasche, XIIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno fecit dompna priorissa M[echthild] V[ilde] III magnas sistas parare, et IIas parvas, et unam ad monstrantias293. | fol. 89r| Item in ipso anno, sequenti die sancti Servatii, feria 3a Exaudi, venit in istud monasterium soror Barbara Stoterogghe, anno etatis sue XIII° de in die sancti Mauritii294. Item eodem anno, in die sancti Cyriaci martyris, obiit mater Anna Stoterogghe, super 5am feriam, de mane hora quarta.

27. Januar 1521 31. März 1521 19. Mai 1521 1. Dezember 1521

14. Mai 1521

8. August 1521

293  Wie schon im Eintrag zum 25. Juni 1519 schreibt auch hier die Redaktorin sistae statt cistae – gemeint sind die Behälter für die vasa sacra, ihre Form hängt von dem jeweils zu bergenden Gegenstand ab. Für einen Kelch oder ein Ciborium etwa sollte man einen Kasten aus Holz oder festem Leder in Gestalt eines Kegelstumpfes, Zylinders oder Quaders erwarten, normalerweise mit einem textilen Einsatz, für eine Monstranz oder ein größeres Reliquiar eine textile Haube, die über den Gegenstand gestülpt wird, vielleicht auch ein Etui aus zwei Halbschalen mit den Umrissen des enthaltenen Objektes. Hier hingegen scheint es sich um größere ‚Kisten‘ im Wortsinne zu handeln – schließlich soll eine davon mehrere Monstranzen aufnehmen. Vielleicht hatte das unfreiwillige Exil während der Hildesheimer Stifsfehde (vgl. den Kommentar zum Juni 1519) die Nonnen von der Notwendigkeit überzeugt, transportable Behältnisse für ihren Kirchenschatz zu besitzen. 294  ‚Exaudi, Domine, vocem meam‘ etc. ist das Incipit des Introitus des Sonntages in der Oktav von Himmelfahrt. Barbara Stöterogge hatte ihr zwölftes Lebensjahr am 22. September 1521 vollendet. Die Lüneburger Ratsherrenfamilie Stöterogge hatte im 15. Jahrhundert mehrere Bürgermeister gestellt, die auch im UB Lüne mehrfach belegt sind, so hatte anläßlich der Neuwahl des Propstes, Johannes Lorber, im Januar 1506 (siehe dort) der damalige Bürgermeister Hartwig Stöterogge das Kloster Lüne aufgesucht. Für den 20. Oktober 1496 verzeichnet die Klosterchronik den Tod der Gertrud Stöterogge, am 3. Januar 1513 trat Elisabeth Stöterogge ein, Anna Stöte­ rogge starb am 8. August 1521, und der letzte hier in der Chronik verzeichnete Klostereintritt ist derjenige der zehnjährigen Margarete Stöterogge (der Jüngeren), am 29. März 1529. Margarete Stöterogge die Mittlere indes, eine Tochter des oben genannten Bürgermeisters, war Äbtissin in Medingen.



fol. 86v–92r

Item ipso anno, in vigilia sancti Laurentii martyris, venit in istud monasterium soror Margareta Bromes, super 6am feriam, anno etatis sue VIII° de in die sancti Jacobi apostoli295. Item eodem anno, in die Decollationis sancti Johannis Baptistae, venit soror Dorothea Bardewikes in istud monasterium, super 5am feriam, anno etatis sue X° de in die sancti Bartholomei, gloriosi patronis nostri296. | fol. 89v| Item ipso anno, sequenti die sancti Othmari confessoris, obiit soror Mechtildis van den Berghe, super dominicam, de mane, hora Xa297. Item eodem anno, in profesto sancte Lucie virginis, obiit soror Tytburgis Bomgarde, conversa, super 5am feriam, post prandium, circa horam primam. Item in ipso anno, dominica ante vigiliam vigilie Christ, obiit soror Elyzabeth Twedorppes, post prandium, circa horam 2am298.

161 9. August 1521

29. August 1521

17. November 1521

12. Dezember 1521

22. Dezember 1521

| fol. 90r–91v vacant| | fol. 92r| Anno domini etc. XXII°, Littera tabularis .L, Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Designatis‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis C, Aureus numerus III, XIIII° kalendas Martii Circumdederunt, XII° kalendas Maii dies Pasche, VI° ydus Iunii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini.

16. Februar 1522 20. April 1522 8. Juni 1522 30. November 1522

295  Margarete Bromes hatte ihr siebtes Lebensjahr am 25. Juli 1521 vollendet. Mit Gertrud (Geseken, Trude) Bromes hatte sie eine Verwandte im Kloster. 296  Dorothea Bardewikes hatte ihr neuntes Lebensjahr am 24. August 1521 vollendet. Sie war die drittletzte Profeßnonnen-Kandidatin, die das Kloster Lüne zu den alten Bedingungen erreichte. Die Familie Bardewikes (van Bardewik, Bardewic) ist in der Sammlung Lüneburger Testamente mehrfach belegt. Der namensgebende Ort Bardowick, der Hauptort des historischen Bardengaues, liegt 7 km flußabwärts (also nördlich) von Lüneburg an der Ilmenau, einer (umstrittenen) Hypothese von Richard Drögereit zufolge soll im 8. Jahrhundert die Gründung einer Bischofskirche an dieser Stelle erwogen, dann aber zugunsten von Verden verworfen worden sein. 297  Der hl. Abt Othmar hat eine commemoratio im Bursfelder Kalendarium – in Verden wird seiner nicht gedacht. 298  ‚Memento nostri, Domine, in beneplacito populi tui‘ etc. war der Introitus des vierten Adventssonntages (heute ‚Rorate coeli desuper‘ etc.). Auch hier ist wieder von einer ‚Vigil der Vigil von Weihnachten‘ die Rede.

162

B. Text

Eodem anno, in nocte Circumcisionis Domini, ante matutinas, hora IXa, obiit mater Wolbergis Cruselmans, super feriam 4am. Item in ipso anno, feria 6a ante dominicam Exurge, in profesto sancti Petri, obiit mater Elyzabeth Sensinghes, post prandium, circa horam 2am299. | fol. 92v| Item eodem anno, in profesto sancti Barnabe apostoli, feria 3a Penthecostes, mutaverunt habitum 4or sorores, G[ertrud] SC[homaker]300, etc. Item in ipso anno, post festum Purificationis Marie, iacuerunt multe sorores infirme in pectore.

1. Januar 1522

21. Februar 1522

10. Juni 1522

2. Februar 1522

| fol. 93r–95r vacant | | fol. 95v| Anno domini etc. XXIII°, Littera tabularis Q., Dominicalis erat D, Numerus tabule rusticalis VII, Dictio tabularis ‚Numeris‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis D, Aureus numerus IIII, Kalendas Februarii Circumdederunt, Nonas Aprilis dies Pasche, IX° kalendas Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, feria quinta ‚Esto mihi‘, venerunt de scholis III sorores, M[agdalena] S[ch]N[everding] etc.; E[lisabeth] S[ch]N[everding] sunt commisse301. Item in ipso anno in die sancti Michaelis, fuit hic abbatissa de Wynhusen, et mansit hic in tertium diem302.

1. Februar 1523 5. April 1523 24. Mai 1523 29. November 1523 19. Februar 1523

29. September 1523

| fol. 96r–98v vacant|303

299 

‚Exsurge, quare obdormis, Domine‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Sexagesima. Gertrud Schomaker war am 11. Juni 1511 geboren, und am 28. Januar 1520 in das Kloster Lüne eingetreten, am 22. März 1527 wurde sie aus der Schule entlassen. 301  ‚Esto mihi in Deum protectorem‘ etc. ist der Introitus des Sonntages Quinquagesima. 302  Äbtissin von Wienhausen war 1501 bis 1549 Katharina Remstede (Brandis, Art. Wienhusen, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 3, S. 1528), im Juli 1511 war sie schon einmal in Lüne zu Gast gewesen, im September 1527 sollte sie wiederkommen (siehe jeweils dort). 303  Zwischen den als 97 und 98 gekennzeichnet Blättern findet sich ein weiteres, unbeschriftetes Blatt, das Nolte bei der Paginierung übersehen hat (97bis). 300 



fol. 92r–99v

| fol. 99r| Anno domini etc. XXIIII°, Littera tabularis G., Dominicalis erat C et B (bysextilis)304, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Apicum‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis E, Aureus numerus V, X° kalendas Februarii Circumdederunt305, VI° kalendas Aprilis dies Pasche, Idus Maii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno fecit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] novam tabulam parare in ecclesia ad summum altare, et antiquam, que fuerat in ecclesia cum XII apostolis, dedit nobis in choro, in ieiunio, ante festum sancti Benedicti306. | fol. 99v| Item eodem anno, feria 5a ‚Esto mihi‘, sequenti die Scholastice, venerunt de scholis V sorores, A[nna van] M[ahrenholz], etc. Item ipso anno, dominica ‚Quasi modo‘ que fuit in vigilia sancti Ambrosii, coronabantur XI sorores, suffraganeus Christofforus coronavit eas, D[orothea] E[lvers], etc.307. Item eodem anno, in die apostolorum Philippi et Jacobi, qui fuerunt dominica Vocem, obiit mater Gertrudis Sneverding, inter collationem, hora sexta308.

163

24. Januar 1524 27. März 1524 15. Mai 1524 27. November 1524 20. März 1524

11. Februar 1524

3. April 1524

1. Mai 1524

304  Weil das Jahr 1524 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er C, danach B. 305  Eigentlich müßte es IX° kalendas Ianuarii heißen. 306  Johannes Lorber ließ den neuen, heute noch vorhandenen Hochaltar mit dem Bildnis der Passion Christi anfertigen. Das vorher dort vorhandene Retabel mit Aposteldarstellungen (der Bartholomäusschrein), wurde auf dem Nonnenchor aufgestellt (vgl. Reinhardt, Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 945). Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet darüber (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 24, Text in: Brandis, Quellen, S. 388): „Anno 1524 ist über dem hohen Altar unten in der Kirchen die Flügel gemacht per Johan Lorber, die andern […] hat die domina aufs Chor genommen zu dem Altar. 307  Christopher Radelennes OP, Weihbischof in den Diözesen Bremen-Hamburg und Verden, war schon am 29. September 1518 (und vielleicht auch am 11. Juni 1514) zur Nonnenkrönung in Lüne gewesen. Die hier verzeichnete Nonnenkrönung des Jahres 1524 ist die letzte, auch gibt es in der Klosterchronik keinen Hinweis darauf, daß danach noch einmal ein Bischof nach Lüne kommen konnte. Dorothea Elvers war am 25. April 1505 geboren, und am 30. Dezember 1514 in das Kloster Lüne eingetreten. Am 16. Mai 1514 wurde sie eingekleidet, und am 26. Juli 1520 aus der Schule entlassen. 308  ‚Vocem iocunditatis‘ etc. ist der Introitus des fünften Sonntages nach Ostern.

164

B. Text

Item in ipso anno, in nocte sancti Sixti pape et martyris, obiit mater Elyzabeth Tobinges, post matutinas, circa horam quartam, super sabbatum309. | fol. 100r| Item eodem anno, sequenti die sancti Lamberti, obiit soror Anna Tobinghes, super dominicam diem, post primam, hora VIIa310. Item eodem anno fuit iubileus beate Marie virginis Aquisgrani311. Item eodem anno dedit papa Clemens septimus ex pia intentione indulgentiam sicut in iubileo, remissionem omnium peccatorum, a culpa et a pena. Sed non fiebant stationes, et non dabatur in sistam, sicut solitum est in iubileo, quia predictus papa non dedit illam indulgentiam causa pecunie, sed solum propter salutem animarum, maxime pro religiosis, et pro illis qui nequunt Romam pergere in iubileo. Et mandavit auctoritate apostoli- | fol. 100v| ca, ut omnes, qui hanc indulgentiam digne vellent promereri, primo confiterentur peccata sua in contritione cordis. Dedit etiam illam libertatem, quod quilibet confiteri posset suo proprio confessori, vel alium eligere, quem vellet, quod nunquam permittitur in iubileo, quia tunc constituuntur legati et penitentiarii, quibus tunc datur auctoritas audiendi confessiones et absolvendi penitentes. Secundo mandavit predictus papa, quod illa vice312 nulla publica penitentia iniungetur confessis, nec etiam maximis peccatoribus, nisi tantum, ut dicerent V Pater noster et V Ave Maria in honorem passionis Christi, unde omnis indulgentia provenit, legendo in una ebdomada, videlicet feria 4a, feria 6a, sabbato, et in dominica; et ut fideliter orarent pro fide catholica, pro statu Ecclesie, pro pace et unitate, pro fame et pestilentia, | fol. 101r| et ceteris causis, que tunc erant in bulla enumerate.

6. August 1524

18. September 1524

17. Juli 1524 5. November 1524

309  Für den 9. März 1504 verzeichnet die Klosterchronik den Tod der Wichburg Tobing (Töbing), für den 18. September 1524 den der Anna Tobing (Töbing) – alle drei waren wohl vor der Klosterreform in Lüne eingetroffen, denn ihr Eintritt ist hier in der Chronik nicht verzeichnet. 310  Vgl. den Kommentar zum 6. August 1524. 311  Die Aachener Heiligtumsfahrt findet alle sieben Jahre statt, sie beginnt am Vorabend des Weihefestes des Domes (17. Juli) und dauert zwei Wochen. Gegenstand der Verehrung sind Berührungsreliquien, darunter eine als Gewand Mariens bekannte Tunika, die Karl der Große aus Konstantinopel bekommen und dem neuerrichteten Aachener Dom im Jahre 799 geschenkt hat. Die mit einem Ablaß versehene Wallfahrt war Gegenstand protestantischer Kritik. Mit einem Eintrag über den Tod Kaiser Maximilians I. und die Wahl seines Enkels Karl im Jahre 1519 verbindet die hier vorliegende Nachricht, daß ein unmittelbarer Bezug zu Geschehnissen im Kloster nicht erkennbar ist. 312  vice] in der Hs. versehentich verdoppelt.



fol. 99v–101v

Tertio mandavit, quod omnes deberent ieiunare ad oleum predictis tribus diebus, videlicet feria 4a, feria 6a, et sabbato, comedendo semel in die. Quarto mandavit, quod in dominica sequenti omnes deberent accedere ad venerabile sacramentum Corporis et Sanguinis Christi, et ad illam sacram communionem dedit predictus papa Clemens plenariam remissionem omnium peccatorum, a culpa et pena. Item s[c]iendum est, quod in illa indulgentia papa non dedit specialem absolutionem, sed confitentes absolvebantur communi absolutione, quia vigor indulgentie secundum intentionem et auctoritatem apostolici non erat illa vice in absolutione, sed in perceptione venerabilis sacramenti. Item mandavit apostolicus, quod in qua civitate vel in quo monasterio illa indulgentia vellent promereri, | fol. 101v| omnes in una ebdomada accederent ad confessionem, et etiam omnes in simul ieiunarent in ipsa ebdomada prescriptis tribus feriis, et dominica omnes in unum communicarent313. Item in ipso anno, sabbato post festum Omnium sanctorum, fecit nobis collationem in armario quidam pater Ordinis sancti Francisci in Luneborgh nomine Anthonius, post prandium hora prima. Et declaravit nobis modum promerendi suprascriptam indulgentiam, et dixit quod papa non obligavit penitentes ad faciendam generalem confessionem de omnibus peccatis, sed tantum de illis de quibus unusquisque adhuc haberet gravamen in conscientia. Thema fuit: ‚State ergo succincti lumbos vestros … in preparationem Evangelii pacis‘ etc.314.

165

5. November 1524

313  Clemens VII. hatte die Gewinnung der Ablässe von der Gabe von Almosen unabhängig gemacht, und damit einer wichtigen Kritik der Lutheraner Rechnung getragen (DTC, Bd. 7. Sp. 1620), deshalb gab es dieses Mal keine Almosen-Sammelkiste (non dabatur in sistam). Das angesproche Heilige Jahr ist dasjenige von 1525, das am 24. Dezember 1524 eröffnet werden sollte. Zum Vergleich haben die Nonnen den Ablaß vor Augen, den sie im März 1506 gewonnen hatten, damals galt es, eine ‚geistige Wallfahrt‘ zu den sieben römischen Stationskirchen zu unternehmen, die im Klausurbereich des Klosters symbolisch nachgebildet waren. Ein wichtiges Privileg des Heiligen Jahres sind die Ausweitungen der Kompetenzen der Beichtväter, aus der sich für die Gläubigen die hier dargestellte Freiheit ergibt, die für den Ablaß erforderliche Beichte bei einem Priester ihrer eigenen, freien Wahl abzulegen. Die den Büßern auferlegten Gebetsintentionen lassen die Anliegen der Kirche der Zeit erkennen – an erster Stelle finden sich der katholische Glaube, die Lage der Kirche, der Frieden und die Einheit. Mit der Gebetsbuße sind drei Fast- und Abstinenztage verbunden (mittwochs, freitags und samstags – wie in einer Quatemberwoche, es darf an diesen Tagen nur eine Mahlzeit eingenommen werden). Zu den üblichen Bedingungen zur Gewinnung des Ablasses zählt neben der Beichte auch die sakramentale Kommunion. Der Ablaß wird durch die bloße Erfüllung der Bedingungen gewonnen, ohne daß es einer besonderen Formel (vgl. Rituale romanum, Appendix, Benedictiones reservatae, tit. II, art. 5) bedürfte, zu deren Gebrauch der Beichtvater (über seine allgemeine Beichtvollmacht hinaus) eigens ermächtigt werden müßte. 314  Ein Franziskanerpater aus St. Maria zu Lüneburg erläutert in der Sakristei die Bedingun-

166

B. Text

Item, altera die, in dominica, videlicet in die sancit Leonardi, cantavimus ad chorum missam | fol. 102r| ‚Spiritus Domini‘ pro imploranda gratiam Spiritus sancti315. Feria 3a, videlicet in die 4or Coronatorum posuit se confessor ad ordinem, et sedit V dies, usque sabbato post prandium316. Feria 4a, feria 6a, et sabbato ieiunavimus, sicut a papa fuit mandatum. Feria quinta ieiunavimus etiam illo anno ad oleum, sancto Martino. In die sancti Martini non communicavimus illa vice317. Dominica sequenti, videlicet in die sancti Bructii, celebravimus festum Illationis virginis Marie, prima vice super dominicam, secundum institutionem episcopi huius diocesis, domini Christoferi. Et communicavimus super indulgentiam; ante communionem legit nobis confessor in choro magnam abolutionem. | fol. 102v| Omnes pueri fuerunt etiam ad confessionem, sed parvi non communicabant. Etiam fuerunt ad matutinas, propter indulgentiam, in nocte Illationis virginis Marie318. Item eodem anno venit in istas provincias heresis cuiusdam falsi doctoris et apostate nomine Martini Luther, qui antea fuerat monachus Ordinis sancti Augustini in civitate Wyttenberghe. Et ex instinctu

6. November 1524

8. November 1524

9. bis 12. November 1524 11. November 1524 13. November 1524

gen zur Gewinnung des Ablasses. Die Poenitenten werden nicht zur Generalbeichte verpflichtet – wenn sie sich sicher sind, daß ihre früheren Beichten gültig waren, dürfen sie sich jetzt auf das Bekenntnis der aktuellen, noch nicht gebeichteten Sünden beschränken. Das Thema seiner Predigt war Eph. 6,14–15: State ergo succincti lumbos vestros in veritate, et induti loricam justitie, et calceati pedes in preparatione Evangelii pacis. 315  Am Sonntag war die gesungene Messe (wohl die Konventmesse nach der Terz) die missa votiva de Spiritu sancto, um den Beistand des Heiligen Geistes, mit dem Introitus ‚Spiritus Domini replevit orbem terrarum‘ etc. – eigentlich hätte man das Meßformular vom nachgeholten 4. Sonntag nach Epiphanie verwenden müssen (Introitus wie am 3. Sonntag nach Epiphanie: ‚Adorate Deum, omnes angeli eius‘ etc.). Der hl. Leonhard findet sich im Bursfelder, aber nicht im Verdener Kalendarium. 316  Die Formulierung usque sabbato (mit dem Ablativ als Antwort auf die Frage ‚wann?‘) ist ‚deutsch gedacht‘ – in gutem Latein würde diese Angabe (als Endpunkt eines zeitlichen Verlaufes) im Akkusativ stehen. 317 Während der Bußzeit verzichten alle auf den Kommunionempfang. Erst am Sonntag, wenn die vorgeschriebenen Fastentage und Gebetsbußen absolviert sind, empfangen sie das Sakrament. 318  Das Fest Mariä Opferung wird in Hildesheim, Verden und Paderborn als Illatio Mariae (Mariä Einführung) bezeichnet, eigentlich liegt es auf dem 26. November (am 80. Tag nach der Geburt Mariens, die am 8. September gefeiert wird, erfolgte dem jüdischen Gesetz entsprechend ihre Darstellung im Tempel, derer man an diesem Tag gedenkt, so wie man 40 Tage nach Weihnachten die Darstellung Christi im Tempel feiert). Der Verdener Bischof Christoph von Braunschweig-Lüneburg (ernannt 1502, gest. 1558) hatte offenbar verfügt, daß das Fest künftig am ersten Sonntag nach Martini gefeiert werden sollte, wohl um die Anzahl der Festtage zu vermindern – vgl. Eintrag zum 14. November 1529. Den Nonnen gestattete die Betrachtung der Darstellung Mariens im Tempel die Erinnerung an ihre eigene Auserwählung, und die Weihe, kraft derer sie von der Welt getrennt, und zum Gottesdienst bestimmt waren. Eine bildliche Darstellung der Illatio Mariae findet sich auf dem Schnitzaltar der Klosterkirche von Wienhausen.



fol. 101v–104v

dyaboli dictavit novas falsas glossas super totam Bibliam, cum quibus seduxit magnam partem Christi fidelium, et maxime per verba sancti Evangelii, et per epistolas sancti Pauli, quas in sinistram partem interpretavit, et decepit tam principes quam subditos, nobiles et ignobiles, doctos et indoctos, clericos et laycos, monachos et monachas, maxime in his teutonicis regionibus. | fol. 103r| Etiam dedit prenominatus hereticus principibus potestatem, ut despoliarent ecclesias et claustra, et acciperent calices et monstrantias, ac alia clenodia ex auro et argento, ac ornamenta ecclesie ad cultum Dei pertinentia, et omnia eorum bona, et ut ecclesias et claustra penitus destruerent. Claustralibus utriusque sexus dedit falsam libertatem, ut frangerent sua vota, et exirent de claustris et nuberent, quod fecerunt multi ad hoc coacti et contra suam voluntatem, etiam multi ex instinctu dyaboli et ex propra presumptione et lascivia; et nupserunt monachi monachabus, et monache monachis, et etiam secularibus personis, et vixerunt in magna paupertate | fol. 103v| et discordia, et tandem miserabili et mala morte finierunt vitam suam, quod heu sine lacrimis et gemitu non est dicendum aut cogitandum. Libros antiquorum sanctorum doctorum, qui nominantur ecclesiastici, fecit predictus apostata comburere; et suas novas falsas glossas dictavit, ex instinctu dyaboli. Fecit imprimere arte impressoria multa milia librorum, et vendere, cum quibus multa milia hominum decepit, et ad infernum traxit. Etiam fecit comburere cruces, et ymagines sanctorum, quas dixit esse simulachra. Sal et aquam benedictam interdixit benedici in ecclesiis; candelas, thus, et omnia ad honorem et laudem Dei pertinentia, ac omnia bona opera interdixit ac destruxit, et omnem potestatem ecclesiasticam et sancta concilia deposuit. | fol. 104r| Missas instituit cantari tewtonice, et in alia forma, qua a sanctis catholicis patribus instituta est. Etiam interdixit omnia bona opera, virginalem castitatem, ieiunia, orationes, sabbata, processiones, letanias, vesperas, matutinas, et alias horas cantari; missas et vigilias pro defunctis, memorias defunctorum in XXX°, et in anniversario eorum, et bona opera que hactenus in sancta Ecclesia laudabiliter in remedium omnium animarum facta sunt. Precepta Ecclesie iussit a Christi fidelibus non observari sed sperni, et dixit ea esse statuta homini; et ut in die veneris, in quadragesima, ac ceteris diebus ex precepto Ecclesie prohibitis comederent carnes, ova et lacticinium, non ex necessitate, sed ex contemptu; | fol. 104v| et ut

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B. Text

corpora mortuorum sepelirentur velud irrationabilia animalia, ac in remedium animarum eorum omnino nichil boni agerentur. Sacramenta sancte Ecclesie, videlicet sacre confirmationis, sacre unctionis, ordinis, confessionis, et penitentie, pro nichilo habuit. Alia tria, videlicet sacramentum sacri baptismatis, et matrimonii, ac venerabile sacramentum Corporis et Sanguinis Christi, miro et inaudito modo pervertit. Et ut layci319 sacramentum Corporis Christi manibus tractarent, et sub utraque specie sumerent, mandavit. Reliqua mala et blasphemias, que prenominatus hereticus Martinus et alii heretici per eum decepti ac depravati fecerunt et dixerunt [infra lin.: contra] sacramenta sancte Ecclesie, contra Deum | fol. 105r| et sanctos eius, contra castissimam Dei genitricem, virginem Mariam, contra fidem catholicam, et contra precepta sancte Ecclesie, omnia enumerare esset abhominabile et horribile omnibus legentibus et audientibus, et non sunt digna nec scriptis nec verbis, ideo hic pretermitto. Sed rogemus Dominum et illuminet corda eorum, et ut nos conservet a suprascripto errore, ac avertat iram suam a nobis, quia, heu, multiplicata sunt mala in terra320 in diebus nostris321. 319 

layci] vor dem Wort gestrichen sa … (Wortanfang von sacramentum, folgt auf layci).

320  I Mcc. 1,10. 321 Der hier vorliegende

Exkurs über einige Auswirkungen der lutherischen Reformation könnte aus einer Handreichung geschöpft sein, die den Nonnen zur Warnung mitgeteilt wurde – Johannes Meyer (Reformationsgeschichte, 1909, S. 171–172) schreibt dazu: „Möglicherweise ist die Darstellung der lutherischen Lehre in den Klosterannalen abhängig von einem Traktat, der zur Belehrung der Klöster über die Gefahr der neuen Ketzerei 1529 von einem suffraganeus Christophorus der Priorin von Lüne, Mechthild Wilde, eingehändigt und nach Durchsicht durch einen D. Augustinus in Lüneburg, vermutlich Augustin von Getelen, von dieser nach Ebstorf weitergesandt wurde, mit der Bitte, ihn auch den benachbarten Klöstern zugehen zu lassen. Der Brief, mit dem die Priorin Wilde den Traktat nach Ebstorf sendet, findet sich“ [in Lüne, Hs. 30, fol. 159r, n° 548]: Sub regali sancte Crucis vexillo ubique defendi, venerabilis domina utique et fautrix my dilecta, vestre reverentie insinuo me esse in sospitate, quam etiam pius dominus in vobis dignetur prolongare; ceterum, venerabilis domina, gratiarum actiones dico pro bonis tortulis [Törtchen], de synt mik uter maten anname. Ille qui in clibano amoris [Gerhohus Reicherspergensis, Commentarius aureus in Psalmos et cantica ferialia, in Ps. 29,3–6, in: PL 193, Sp. 1262; Richardus S. Victoris, De differentia sacrificii Abrahae a sacrificio beatae Mariae Virginis, in: PL 196, Sp. 1056; etc.] piscatus est, de mote dat vorschulden, unde gheve juw wedder ex favo dulcedinis et amare passionis gustum mellitum [Gerhohus Reicherspergensis, ibid., in Ps. 10, Vers 18 bis Ende, Sp. 783; vgl. Gregorius I papa, Homilia 24,5, in Ioan. 21, 1–14, in: PL 76, Sp. 1187; Rabanus Maurus, Homilia 8 (feria 3a) in Luc., in: PL 110, Sp. 150, etc. – anhand von Gregor und Rabanus Maurus erklärt sich auch der hier erwähnte Fisch], dar gy wedder moten van confortert werden in anima et corpore. Etiam, venerabilis et karissima domina, ik sende vestre reverentie ad presens quendam tractatum de iß my gheven a reverendo domino gratioso suffraganeo Christoforo, unde iß mik ok so in bevel dan, dat ik juw denne scholde ok uth scriven laten, et etiam destinando ad aliqua adiacentia monasteria, videlicet Medingh, Isenhaghen, Damke [wohl Dambeck], unde scholden den tractatum jo aver seen unde corrigeren laten a doctore Augustino in Luneborch. Unde des iß gheschen, unde hebbe juwen ok ghescreven, unde corrigert laten, unde bydde, dat gy den vordan ok willen senden ad prefata monasteria, dat se der ketterie halven, dede leyder iß beyde, in ghestliken unde in werliken, konnen irkennen vera vel iniusta. Karissima domi-



fol. 104v–106r

| fol. 105v| Anno domini etc. XXV°, Littera tabularis .G, Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Ebdomadas‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis F, Aureus numerus VI, Pridie ydus Februarii Circumdederunt, XVI° kalendas Maii dies Pasche, Pridie nonas Iunii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus domini. | fol. 106r| Item in ipso anno, in vigilia sancti Augustini, episcopi obiit soror Elyzabeth Nyenbures, de mane circa horam VIIam, super dominica322. Item eodem anno, in die 4or Coronatorum, obiit soror Margareta Nyenborghes, post matutinas, hora 2a, super quartam feriam. Item in ipso anno, et anno VI°, dedimus nostris duobus principibus Ottoni et Ernesto X M Rinenses florenas, computatum super VIII solidos. Et accepimus primitus tributa super claustrum in nostra bona salinaria323.

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12. Februar 1525 16. April 1525 4. Juni 1525 3. Dezember 1525 27. August 1525

8. November 1525

na, unde willen dat ok so promoveren, dat se dat ex Medingh vordan willen senden ad alia monasteria, dat syn begher moghe vorvullet werden. Item, venerabilis domina, alze gy beden laten hebt III elen ad pallam altaris, de sende ik dominationi vestre, unde ere juw dar meden, unde sende juw juwe geldeken wedder [der Stoff für ein Altartuch ist ein Geschenk]. Cum hiis commendo venerabilitatem vestram sub protectione sancte Crucis, que vos custodiat a cunctis laqueis inimicorum omnium. Amen. Anno domini etc. XXIX°. Der Verfasser dieses Traktates war also der Verdener Weihbischof Christopher Radelennes OP (vgl. den Kommentar zum 29. September 1518). Den Lübecker Dominikaner Augustinus van Gethelen (1495–1558) hatte der Diözesanbischof, Christoph von BraunschweigLüneburg, entsandt, um der lutherischen Lehre zu wehren, bis 1530 wirkte er als Prediger an St. Johannis auf dem Sande in Lüneburg, dann vertrieb ihn der Rat (Gatz, Bischöfe, Bd. 2, S. 102; ADB, Bd. 49, S. 336–339). Der Brief ist nicht datiert, doch läßt die mehrfache Nennung des hl. Kreuzes vermutet, daß er in der Karwoche oder in zeitlicher Nähe zum Fest Kreuzauffindung bzw. Kreuzerhöhung verfaßt wurde (Vesperhymnus ist jeweils ‚Vexilla Crucis prodeunt‘). 322  Elisabeth Niebur war am 5. August 1505 in Lüne eingetreten (siehe dort), sie starb im Alter von 31 Jahren. 323  Von 1520 bis 1527 regierten die beiden Brüder Otto I. und Ernst I. von BraunschweigLüneburg das Fürstentum Lüneburg gemeinsam (ihr Vater Heinrich I. weilte unterdessen im Exil in Frankreich; Otto I. sollte 1527, nach einer nicht standesgemäßen Heirat, auf das Fürstentum Lüneburg verzichten, er erhielt die Herrschaft Harburg als Abfindung). Wie aus einem Brief der Priorin, Mechthild Wilde, an den Rat der Stadt Lüneburg vom 28. Januar 1526 hervorgeht, hatte der Herzog zunächst (im Jahre 1525) 4000 rheinische Gulden gefordert und erhalten – das Kloster, das diese Summe nicht flüssig hatte, mußte sich das Geld seinerseits zu hohen Zinsen leihen. Nun forderte der Herzog noch einmal 6000 Gulden, fällig bis Ostern (vgl. Meyer, Reformationsgeschichte, 1909, S. 173–174). Der Priorin war klar, daß sie dieses Geld nicht wiedersehen würde, ratlos wandte sie sich an die Lüneburger Ratsherren, die ja die leiblichen Verwandten und die

170

B. Text

| fol. 106v–108v – vacant | | fol. 109r| Anno domini etc. XXVI°, Littera tabularis M., Dominicalis erat G, nächsten Nachbarn der Nonnen seien, um Beistand – doch kam sie, wie der Eintrag in der Klosterchronik belegt, um die Zahlung nicht herum. Neben der daraus resultierenden Verschuldung besonders fürchten mußte sie auch, daß das Einlenken des Klosters Lüne dem Herzog als Präzedenzfall dienen sollte, auch die anderen Klöster, von denen er ebenfalls Geld gefordert hatte, zur Zahlung zu bewegen. Deshalb wollten die Lüner Nonnen wenigstens nicht als erste zahlen – sonst riskierten sie, wider Willen zur Ursache des Verderbes der anderen Klöster zu werden, und sich den Unmut ‚der Leute‘ zuzuziehen; Hs. 30, fol. 128r, Brief n° 458: Unse othmodige flitege ghebed to Gade dem Heren alletyd to voren, ersamen, hochwisen, vorsichtigen leven heren. unde besundergen, groten frunde! So itzundes vor ogen is, wo God de Here de werlt myd velen plagen straffet, unde aldermest leyder de ghestelken, unde de bose gest, de dar alle gude werke hatet, reygerd nu leyder in der werlde unde bringet dat towege, dat de ere unde de denst Gades wert ghelegert, de hilgen gestelken orden, van den hilgen vederen anghesettet, werden vornichteget, clostere unde ander Gades huße, de tor ere Gades ghestichtet synt, in velen steden vorstord unde vorbrent, unde de armen ghestelken kyndere, de sik Gade dem Heren hebben gheoffert, werden voriaget unde van den eren vordreven, so dat se van nod unde armodes wegen moten in der werlde lopen alze bisterne, vorschuchterde schape, unde weten nicht, wor se henne scholt, dat me billiken nu wol seggen mach den klegelken sproke des propheten Jeremie: „Quomodo obscuratum est aurum, mutatus est color optimus. dispersi sunt lapides sanctuarii in capite omnium platearum“ [Lam. 4,1], dat Gade in den hemmele mote enbarmen; ersamen, gunstigen, leven heren, so is juw ane allen twivel wol bewust, wo use gnedigen heren unde landesfursten erer gnaden schulde halven uns armen ghestelken kynderen besward, unde uns myd drouwworden dar to drenget, da wy sampt den anderen closteren, alze Ebbekestorpe, etc., sodane grote schulde schollen betalen; unde alze wy van unsen wirdigen leven heren, den praveste synt berichtet, dat wy van unsen closter schollen VI M fi up dessen tokamenden Pasken uthgeven; unde dat ist uns unmogelick, unde ensteyt uns ock [gestrichen: nicht …] nene wiis to donde. Wy bedenken unde fruchten unses closters ewige vorderf, unde den unvorwinliken groten schaden, de uns darvan entstan mochte, anghesen dat wy vede grote mercklike, grote tynze upp unse closter hebben ghenamen, der IIII M fi halven, de wy eren frustliken gnaden ane dat upgelt in enen summen wedder use conscientiam myd bedroveden, bitteren herten am latesten musten geven. So sint wy itzundes hoge bekummert unde seer bedrovet, dat wy wol moget spreken: „Angustie nobis sunt undique, et quod eligendum sit, ignoramus“, etc. [siehe unten] Wy kont wol irkennen, dat sodane grote schulde wilt betalt syn, unde dat wy motet van noden tholeggen, unde dat wille wy ock dem gantzen lande to dem besten unde, grotteren schaden to vermydende, gherne don, lick anderen closteren, so verne alze dat redelik unde mogelik is, unde dat wy de eersten nicht dorven wesen; wente to unsen groten schaden mote wy noch vorsprock lyden, van den luden, dat me secht, wy syn de jennen, de dat anderen closteren up dat liff bringen, etc.; alzo, leven heren, valle wy juwe ersamheyde an myd bedroveden herten demodigen biddende, gy uns juwen guden rad in dessen swaren saken willen mededelen, wo wy uns darinne hebben mogen, dat wy so grote summen nicht dorven uthleggen, unde ock nicht dorven fruchten, dat de fursten unse closter mochten vorstoren unde dal breken, so dat wy vanander ghedelet unde vorsprawet worden, dat God afkere. Unde denket jo an, dat wy juwer ersamheyt blodesbewant synt, unde gy synt use crone, wente al uses lyves wolvard, tovorsicht unde hulpe steyt by juwer ersamheyt. Gy kont unde moget uns nicht vorlaten. Wy synt jo juwe negesten nabere, unde en naber netet jo wol des anderen. Et quia amicus amico semper condolet, so twivele wy dar nicht ane, gy werden unse notht unde bedrofnissen bet to herten nemende, alze wy juw schriven kont, unde werden uns ock sunder trost unde antworde nicht latende, nach den dat wy negest Gade unde syner leven Moder nene groter confidencien hebben, ane in juwen ersamheyden, de wy Gade [supra lin: dem Heren] bevalen sunt unde zalich to langen tyden. Datum dominica Circumdederunt, anno etc. XXVI°. Die Wendung Angustie nobis sunt undique, et quod eligendum sit, ignoramus ist zusammengesetzt aus Dan. 13,22 (angustiae mihi sunt undique)



fol. 106v–109v

Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Pariles‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis G, Aureus numerus VII, V° kalendas Februarii Circumdederunt, Kalendas Aprilis dies Pasche, XIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° nonas Decembris Adventus domini. Eodem anno, sequenti die sancti Matthie apostoli, dominica Reminiscere, fuit hic venerabilis domina de Ebekkestorppe, unam horam, cum subpriorissa et duabus sororibus, et statim perexit324. Item in ipso anno, feria 6a ante festum Penthecostes, perexit domina priorissa M[echthild] V[ilde] in civita- | fol. 109v| tem, in curru,

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28. Januar 1526 1. April 1526 20. Mai 1526 2. Dezember 1526 25. Februar 1526

18. Mai 1526

und Phil. 1,22 (quid eligam ignoro) – aber in der hier vorliegenden Gestalt findet sie sich in cap. 7 der ‚Legenda de sanctis martyribus interfectis in Hamburgh, et in Ebbekestorp reconditis‘ (über die nordelbische Mission zur Zeit Ludwigs des Frommen, in: Scriptores rerum Brunsvicensium, Hg. Leibnitz, 1707, Bd. 1, S. 187) – dort allerdings aus dem Munde der heidnischen Fürsten, die dem Siegeszug der christlichen Missionare ratlos gegenüberstehen. Das zugrundeliegende Zitat aus dem Buche Daniel – die Worte Susannas im Bade – sollte seinerseits als Vorlage für das deutsche Kirchenlied ‚Bedrängt von allen Seiten her‘ dienen, das stammt zwar erst aus dem 18. Jahrhundert, doch konnten sich die Lüner Nonnen seiner Aussage schon jetzt anschließen. Die zitierte Passage aus den Klageliedern des Jeremias findet sich in der ersten Nokturn der ‚Düsteren Mette‘ des Karsamstag. Den Bemühungen der Priorin zum Trotz wurde zwei Monate darauf auch die zweite Tranche des Gesamtbetrages von 10000 Gulden ausgezahlt – in der Urkunde Kl. Lüne 649 vom 31 März 1526 (UB Lüne n° 699) quittierte der Herzog den Empfang von 5000 Gulden mit den Worten: Von gots gnaden wy Otto und Ernst, gebrudere, hertogen to Brunswigk und Luneborgh, bekennen openbar vor uns, unse nachkomen und alßwerne, dat wy von deme werdigen unsem andechtigen rade und getruwen hern Johanne Lorbern, proveste tho Lune, mede von wegen dessulvigen closters vifdusenth gude, vulwichtige rinische golth gulden, so he uns tho afflegungh der groten und swaren up uns gewossen schulde, und erreddunge unser, und des furstendhomes boßwerunge u th g e g e ve n un d vo r gestregkt, enthfangen hebben. Welckorer vifdusenth gulden upgemelter werunge wy gedachte fursten genanten provest und das closter quid, ledich und los geven in und mith kraft dusses breves alßo jegendwordigen. Hebben des tho urkunde unse ingesegelle unden an dussen breff withlyken heiten hangen. Im vefteinhundersten und sosundetwintigsten jahre, ahm hilligen Pasche avende. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet lapidar (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 24, Text in: Brandis, Quellen, S. 388): „Anno 1526 hatt das Closter dem Fürsten 6000 reinische Gülden gegeben, weiln er gedreuet, es zu reformiren“. 324  Priorin von Ebstorf war von 1518 bis 1552 Elisabeth von Dannenberg, wie ihre Lüner Kollegin Mechthild Wilde sah sie sich enormen Geldforderungen des Herzoges, Erich I. von Braunschweig-Lüneburg, ausgesetzt (1523 und 1526 jeweils 4000 Gulden), und widersetzte sich dessen Bestrebungen, ihr Kloster unter lutherische Kirchenhoheit zu zwingen. Während der Gefangenschaft des Propstes, Heino von dem Werder, hatte Erich I. dem Kloster bereits im Jahre 1525 einen lutherischen Verwalter verordnet, der sich nach der Befreiung des Propstes nicht mehr entfernen ließ (Jaitner, Ebstorf, 1984, Germania benedictina, Bd. 11, S. 174–175; 188). Als Zeitangabe ist wohl per unam horam gemeint – die Ebstorfer Priorin und ihre drei Begleiterinnen hielten sich eine Stunde in Lüne auf und reisten gleich wieder ab.

172

B. Text

cum subpriorissa, et sua cappellana E. M., ac sua scriptrice E[lisabeth] G[arleghes], propter monstrantiam, quam nescivimus carere in festo Corporis Christi. Et mansit ibi unam horam, et statim est reversa ad claustrum cum predictis matribus325. | fol. 110r| Item in ipso anno, sequenti nocte Divisionis omnium apostolorum, hora Xa, obiit mater Lutgardis Gronhaghens, super feriam secundam. Item eodem anno, pridie nonas Septembris, obiit dilecta soror nostra, Margareta Prals, super 3am feriam, de nocte post matutinas, hora tertia. Cuius anima per piissimam misericordiam Dei requiescat in pace. Amen326. Item eodem anno, [supra lin.: ante vigiliam]327 Undecim milium virginum, obiit soror Elyzabeth Stoterogge, super feriam 6am, post completorium, hora VIIa328.

16. Juli 1526

4. September 1526

19. Oktober 1526

325  Im Juni 1519, während der Hildesheimer Stiftsfehde, hatten die Nonnen ihren Kirchenschatz zur Sicherheit in ihr Lüneburger Stadthaus gebracht (siehe dort), aber später sicher wieder zurückgeholt. In einem Eintrag zum Jahre 1521 war dann von der Anfertigung von Kisten – unter anderem für mehrere Monstranzen – die Rede, vielleicht rechneten die Nonnen damit, ihre Wertgegenstände bald wieder transportieren zu müssen. Aber warum sich die für die Fronleichnamsprozession (am 31. Mai) erforderliche Monstranz jetzt wieder in Lüneburg befindet, wird hier nicht gesagt. Normalerweise dürfen die Nonnen den Klausurbereich des Klosters nicht ohne wichtigen Grund verlassen – und man sollte eigentlich erwarten, daß einer der Hausgeistlichen die Monstranz in der 2 km entfernten Stadt abholen könnte. Vielleicht hatten die Nonnen das kostbare Schaugefäß ja verpfänden müssen, um den Kredit zu sichern, der es ihnen gestattete, dem Herzog die geforderten 10000 Gulden zu geben (siehe oben), und es bedurfte jetzt der Autorität der Priorin, um das Sakralobjekt wenigstens leihweise kurzfristig zurückzuerhalten. Man kann vermuten, daß die bei dieser Gelegenheit genannte Schreiberin E. G. (wahrscheinlich Elisabeth Garleghes) auch die Redakteurin der vorliegenden Klosterchronik ist. In einem Eintrag zum 22. Februar 1499 ist E. G. die Novizenmeisterin, der die Schulabgängerinnen anvertraut werden. 326  Margarete Prals war am 14. August 1501 geboren, am 30. Dezember 1510 in das Kloster Lüne eingetreten, und am 6. Juni 1514 eingekleidet worden. Sie verstarb im Alter von 25 Jahren. Zu Katharina Prals, vielleicht ihrer Schwester, vgl. den Eintrag zum 7. November 1517. Die hier ergänzte Formel cuius anima per piissimam misericordiam Dei requiescat in pace findet sich sonst nur bei den Nachrichten über den Tod höherrangiger Persönlichkeiten – am 17. Juni 1493 beim Tod des Propstes Nikolaus Graurock, am 26. Juli 1496 beim Tod der Subpriorin Gertrud Elzen, am 4. Mai 1502 beim Tod des Bischofs Berthold von Landsberg, am 2. Februar 1504 beim Tod der Priorin Sophia von Bodendike, und am 1. Februar 1506 beim Tod des Propstes Nikolaus Schomaker. Vielleicht hatte Margarete Prals ihrerseits ein wichtiges Klosteramt bekleidet – man könnte überlegen, ob es sich bei ihr um die (zuletzt in den Einträgen zum 25. Februar und zum 18. Mai 1526 erwähnte) Subpriorin handelt. Erstaunlich wäre dann aber, daß dieses besondere Amt hier, anläßlich ihres Todes, nicht genannt wird – möglicherweise ist der Zusatz der Gebetsformel an dieser Stelle also nur ein persönlicher Ausdruck einer besonderen Verbundenheit seitens der Verfasserin. In einem auf den 8. September 1528 datierten Brief einer Lüner Nonne (Lüne Hs. 15, Lage 33, fol. 6r–7r) wird als subpriorissa G. V. genannt. 327  ante vigiliam] über der Zeile, darunter gestrichen in die. 328  Diesem Eintrag läßt sich entnehmen, daß die Komplet im Winter gegen 19.00 Uhr gesungen wurde – im Sommer, wenn es später dunkel wurde, vielleicht später. Elisabeth Stöterogge war am 25. März 1503 geboren, und am 3. Januar 1513 in Lüne eingetreten, sie starb im Alter von 23



fol. 109v–113r

Item in ipso anni, in nocte sancti Othmari, obiit mater Tytburgis Remstede, super feriam 6am, post matutinas, hora tertia329. Item eodem anno, IIII nonas Decembris, dominica ‚Ad te levavi‘, obiit soror Elyzabeth Roggenbukes, post prandium, hora XIa330.

173 16. November 1526

2. Dezember 1526

| fol. 110v–112r – vacant| | fol. 112v| Anno domini etc. XXVII°, Littera tabularis .M, Dominicalis erat F, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Sicut‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis H, Aureus numerus VIII, XIII° kalendas Martis Circumdederunt, XI° kalendas Maii dies Pasche, V° ydus Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, sequenti die sancti patris nostri Benedicti, venit de scholis soror Gertrud Schomakers, feria 6a ante dominicam Oculi, E[lisabeth] S[ch]N[everding] est commissa331. [in mg.: †]332 Item ipso anno dominica ‚Domine in tua‘, in vigilia sancti Johannis Baptiste, obiit soror Mechtildis Theghetouwe, ante cenam, hora Va333. | fol. 113r| Item in ipso anno, in die sancti Gertrudis virginis, que fuit illo anno dominica Reminiscere, obiit soror Anna Bere, conversa, post vesperas, hora 4a334.

17. Februar 1527 21. April 1527 9. Juni 1527 1. Dezember 1527 22. März 1527

23. Juni 1527

17. März 1527

Jahren. Weitere Nonnen aus der Familie Stöterogge waren Gertrud (gest. 1496), Barbara (Eintritt 1521), Anna (gest. 1521) und Margarete (Eintritt 1529). 329  Titburg Remstede war am 1. Mai 1472 geboren und am 10. Januar 1482 in Lüne eingetreten, sie starb im Alter von 54 Jahren. 330  ‚Ad te levavi animam meam‘ ist der Introitus des ersten Adventssonntages. Elisabeth Roggenbuck war am 2. Mai 1501 geboren, und am 8. April 1508 in Lüne eingetreten. Sie wurde 25 Jahre alt. 331  Gertrud Schomaker war am 11. Juni 1511 geboren, am 28. März 1520 in das Kloster Lüne eingetreten, und am 22. Juni 1522 eingekleidet worden. 332  Vor den Einträgen zum 23. Juni 1527 und zum 27. August 1527 finden sich in margine jeweils Kreuze mit roter Tinte nachgetragen, die in der restlichen Chronik nicht vorkommen. 333  ‚Domine, in tua misericordia‘ etc. ist der Introitus des ersten Sonntages nach Pfingsten, wobei in der römischen Tradition die Sonntage nach dem eigentlichen Pfingstsonntag, einer alten deutschen Tradition zufolge aber diejenigen nach dem Oktavtag von Pfingsten gezählt wurden, vgl. den Eintrag zum 16. Juni 1506. 334  Anna Bere war am 26. Juli 1470 geboren, und am 1. November 1499 in Lüne eingetreten.

174

B. Text

Item eodem anno, in die sancte et individue Trinitatis, que fuit illo anno sequenti die sancti Viti, obiit mater Elyzabeth Garleghes, de mane, hora quarta. [in mg.: †]335 Item in ipso anno, in vigilia sancti Augustini episcopi, obiit mater Mechtildis Brunswikes, de nocte circa horam Xam, super 3am feriam. Item eodem anno, XVII kalendas Ianuarii, obiit mater Margareta Schapers, feria 2a Gaudete, post prandium, hora 2a336. Item in ipso anno, XIIII° kalendas Ianuarii, obiit confrater noster Otto Wyttorp, super quintam feriam. Et in die sancti Thome apostoli sepultus in nostrum cymeterium, infra claustrum337. | fol. 113v| Item eodem anno, III° nonas Iunii, feria 2a Exaudi, venit in istud monasterium soror Katherina Heytmans, conversa, anno etatis sue XXVI° de in die Cene, que fuerat ancilla in allodio in quintum annum338. Item in ipso anno, in die sanctorum martyrum Cosme et Damiani, fuit hic abbatissa de Wynhusen, cum 4or sororibus, et mansit hic unam noctem. In vigilia Michaelis perexit339.

16. Mai 1527

27. August 1527

16. Dezember 1527

19. Dezember 1527 21. Dezember 1527

3. Juni 1527

27. September 1527

| fol. 114r–114v – vacat | | fol. 115r| Anno domini etc. XXVIII°, Littera tabularis .C, Dominicalis erat E et D (bysextilis)340, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Superius‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis I, Aureus numerus IX, VI° ydus Februarii Circumdederunt341,

9. Februar 1528

Sie starb im Alter von 56 Jahren. Wenn die Vesper um 16.00 Uhr schon zu Ende war, wurde sie wohl sehr früh gesungen. 335  Vgl. Eintrag zum 23. Juni 1527. 336  ‚Gaudete in domino semper‘ etc. ist der Introitus des dritten Adventssonntages. 337  Der Friedhof befindet sich im Innenhof des Kreuzganges. Bei dem Verstorbenen handelt es sich offenbar um einen Laienbruder (Konversen) des Klosterhofes. 338  ‚Exaudi, Domine, vocem meam‘ etc. ist der Introitus des Sonntages in der Oktav von Christi Himmelfahrt. Katharina Heitmann war am 24. März 1502 geboren, in ihrem Geburtsjahr war das der Gründonnerstag. Vor ihrer Aufnahme als Konversin war sie Magd auf dem Klosterhof. 339  Äbtissin von Wienhausen war 1501 bis 1549 Katharina Remstede (Brandis, Art. Wienhusen, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 3, S. 1528), sie war schon im Juli 1511 und im September 1523 in Lüne zu Gast gewesen (siehe jeweils dort). 340  Weil das Jahr 1528 ein Schaltjahr ist, verschiebt sich der Sonntagsbuchstabe im Jahresverlauf. Bis Ende Februar ist er E, danach D. 341  Eigentlich müßte es V° idus Februarii heißen.



fol. 113r–115v

Pridie ydus Aprilis dies Pasche, Pridie kalendas Iunii dies Penthecostes, III° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, sequenti die sancte Gertrudis, que fuit feria 4a Oculi, venit in istud monasterium soror Elyzabeth Clawes, conversa, anno etatis sue XIX° de dominica ante festum Mauritii342. | fol. 115v| Item in ipso anno, sequenti die Annuntiationis Marie, obiit soror Anna Griff, feria 5a ante Judica, de mane circa horam VIam343. Item eodem anno, XVII° kalendas Maii, obiit mater Gertrudis Bromes, quarta feria Pasche, hora 5a, ante cenam344. Item in ipso anno est combusta tota civitas Wynsen in duobus horis, ita ut nec unus stipis vel lapis ibi remaneret, feria quinta Pasche, de mane hora IXa345. Item eodem anno, dominica Misercordia, fuerunt nostri principes in nostra curia, qui habuerunt iuxta se hereticos, qui cantaverunt post nostram primam teutonicos psalmos, et alias laycales leysas. Deinde predicavit unus ex eis, sed nos clausimus omnia hostia et ivimus ad capitulum. Post capitulum ivimus ante Mariam, usque post predicationem ivimus in chorum346.

175 12. April 1528 31. Mai 1528 29. November 1528 18. März 1528

26. März 1528

15. April 1528

16. April 1528

26. April 1528

342  Elisabeth Clawes war am 18. September 1519 geboren, in ihrem Geburtsjahr war das der Sonntag vor dem Fest des hl. Mauritius (22. September). Die Familie Clawes ist in der Sammlung Lüneburger Testamente mehrfach belegt. 343  Anna Griff war am 23. April 1488 geboren, und am 28. August 1494 in das Kloster Lüne eingetreten, sie wurde 40 Jahre alt. 344  In einem Brief vom 25. September 1525 (Lüne Hs. 15, Lage 1, fol. 7r–8r) tritt eine Geseken Bromes – wohl die jetzt verstorbene Gertrud – in Erscheinung, als Erbin des Stifters eines Benefiziums am Marien-Magdalenen-Altar der St. Johannis-Kirche zu Lüneburg, Roleken Rambeken, verfügte sie über die Kollatur dieser Pfründe und veranlaßte die Verleihung an einen Priester namens Hieronymus Prals (oder Pralels), beide waren de progenie sive parentela dicti Roleken. Zwischen den Familien Prals (hier im Kloster Lüne durch Margarete Prals vertreten) und Bromes bestanden vielleicht verwandtschaftliche Beziehungen. 345  Am 18. Juli 1528 sollte Herzog Ernst I. die seit 1348 (Terminei) bzw. 1477 (Konvent) dort ansässigen Franziskaner zwingen, die Stadt Winsen (Luhe) zu verlassen. Die bisher von ihnen mitbetreute gotische Pfarrkirche St. Marien hatte den Großbrand überstanden (Kuper, Art. Winsen, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 3, S. 1547). 346  ‚Misercordia Domini plena est terra‘ etc. ist der Introitus des zweiten Sonntages nach Ostern. Die Herzöge sind weiterhin Ernst I. von Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Lüneburg, und sein Bruder, Herzog Otto I. von Harburg (Elbe). Vgl. Meyer, Reformationsgeschichte, 1909, S. 174. Der deutsche ‚Reformationsbericht‘ aus dem 17. Jahrhundert (Brandis, Quellen, S. 372) berichtet hierzu: „Anno 1528, Domini Misericordias, ist unser Fürst auf unseren Chor gekommen und hatte bei sich viele Ketzer, die da post nostram primam gesungen teutsche Psalmen und Leysas, id est Kyrie eleison; darauff hat einer gepredigt; aber wir schloßen alle Türen zu und gingen ins Capitelhaus, von da zum S. Marien Altar bis nach der Predigt, dann gingen wir wieder auf den Chor“.

176

B. Text

| fol. 116r–116v – vacat | | fol. 117r| Item in ipso anno, in die Undecim milium virginum, mutaverunt habitum 4or sorores, et due converse, C[ecilia] L[orber] etc.347. Item eodem anno, nonas Novembris, in vigilia sancti Leonardi confessoris, venit in istud monasterium soror Anna Wylde, anno etatis sue XI° de in die sancti Oswaldi regis et martyris348.

21. Oktober 1528

5. November 1528

| fol. 117v–119r – vacant| | fol. 119v| Anno domini etc. XXIX, Littera tabularis H., Dominicalis erat C, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Tytulus‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis K, Aureus numerus X, IX° kalendas Februarii Circumdederunt, V° kalendes Aprilis dies Pasche, XVII° kalendas Iunii dies Penthecostes, IIII° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, feria 6a Letare, venit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] ad capitulum et dedit libros solito more, in die sancti Gregorii pape. Inter primam intravit capitolium cum confessore, quia habebat [sub lin.: ulcera] in cruribus, et post primam intravit conventus processionaliter. Post capitulum exivit conventus antequam prepositus349. | fol. 120r| Item eodem anno in die sancti Gregorii pape, qui fuit feria 6a Letare, venit in istud monasterium dilecta soror nostra Margareta Stoterogge, post prandium circa horam primam, anno etatis sue XI° de post festum sancte Margarete virginis350.

24. Januar 1529 28. März 1529 16. Mai 1529 28. November 1529 12. März 1529

12. März 1529

347  Cäcilia Lorber war am 17. März 1515 geboren, und am 25. Juli 1518 in das Kloster Lüne eingetreten. Ihr Jahrgang ist der letzte im Kloster Lüne eingekleidete. 348  Anna Wilde hatte ihr zehntes Lebensjahr am 5. August 1528 vollendet. Sie ist die vorletzte Kandidatin, deren Eintritt hier in der Klosterchronik verzeichnet wird. 349  Wegen der Geschwüre an seinen Beinen nahm der Propst nicht an der liturgischen Prozession von der Kirche in den Kapitelsaal teil, sondern ging voraus, und erwartete die Nonnen dort. 350  Margarete Stöterogge hatte ihr zehntes Lebensjahr am 14. Juli 1528 vollendet. Der Eintrag zu ihrem Eintritt ist ausführlicher als sonst gestaltet – die Kandidatin wird als dilecta bezeichnet, und es wird die Uhrzeit ihrer Ankunft angegeben. Der Grund dafür mag einerseits darin liegen, daß der Bericht sich jetzt dem unmittelbar zurückliegenden eigenen Erleben der Redakteurin nä-



fol. 116r–120v

177

Item ipso anno deposuit Ernestus dux de Luneborch omnes prelatos de prelatura, et privavit eos eorum auctoritate et honore, ac preposuit monachis et virginibus laycum procuratorem de suis curialibus qui eos procurarent. Sed abbatem de sancto Michaele in Luneborch non deposuit351. Item eodem anno duxit omnibus claustralibus utriusque sexus per totam provinciam, ac etiam canonicis ad Bardewick, et in omnes urbes et villas unum hereticum predicatorem, qui omnes fuerant monachi, et erant apostate, ac habebant mulieres et parvulos, et predi| fol. 120v| caverunt omnes contra sacramenta sancte Ecclesie, ac omnia bona opera dixerunt esse dyabolica opera, et non esse meritoria. Etiam perverterunt sancta Ewangelia, et totam Sacram Scripturam falsa doctrina, ac dixerunt in predicatione multa inutilia et inhonesta verba, de quibus melius est silere quam loqui vel scribere352. hert – wenn die Klosterchronik 1530 redigiert wurde, ist die zehnjährig eingetretene dilecta soror jetzt elf und der Verfasserin direkt vor Augen, zum anderen vielleicht auch das Bewußtsein, daß es sich um den letzten hier in der Chronik verzeichneten Klostereintritt handelt (dem lange Jahre ohne jeden Neuzugang vorausgegangen waren). 351  Boldewin II. von Mahrenholz (Abt seit 1505, gestorben 1532) verblieb nominell im Amt, konnte aber die Reformation seines Konventes, die Herzog Erich I. ‚der Bekenner‘ sehr aktiv betrieb, nicht verhindern. Seit 1530 wurde in St. Michael lutherisch gepredigt, 1531 wurde gar der Reformator Urbanus Rhegius zum Prädikanten bestellt. Der alte Abt starb im Jahre 1532, nachdem er entdeckt hatte, daß der neue Prior, Herbord von Holle, den Mönchen das lutherische Abendmahl verabreichte. Herbord von Holle wurde neuer Abt, und als solcher vom Verdener Bischof, Christoph von Braunschweig-Lüneburg bestätigt, obwohl dieser selbst katholisch blieb. Im folgenden Jahr, 1533, sollte dann der Herzog die Klostergüter einziehen. Siehe Weyhe-Eimke: Die Äbte des Klosters St. Michaelis (1862), S. 122–142; Reinhardt, Lüneburg. St. Michael (1979), in: Germania benedictina, Bd. 6, S. 344; dies., Lüneburg St. Michael (2012), in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 950. 352  Der 1529 gefaßte Beschluß der Lüneburger Landstände, die „päbstischen Mißbräuche“ abzuschaffen, hatte auch im Kanonikerstift Bardowick (7 km flußabwärts von Lüneburg an der Ilmenau) die Ernennung eines lutherischen Predigers, Matthias Ginderich, zur Folge, die Kanoniker waren zu diesem Zeitpunkt überwiegend noch katholisch, und Erzbischof Christoph von Bremen und Verden versuchte, das Stift durch Vereinigung mit dem Verdener Domstift für den alten Glauben zu erhalten. Doch bis zum Jahre 1543 waren die meisten der alten Stiftsherren gestorben, oder sie hatten resigniert, und so konnte Herzog Ernst auch Bardowick seinem persönlichen Kirchenregiment unterstellen – Elster, Bardowick (2012), in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 1, S. 36–37. Die folgenden Ereignisse, beginnend mit dem 13. Juli 1529, bilden den Gegenstand eines deutschsprachigen ‚Reformationsberichtes‘ aus dem 17. Jahrhundert (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15), der offensichtlich aus der verlorenen ‚zweiten‘ Klosterchronik 1500–1561 (olim Hannover, HStA J37), und für den ersten Teil, bis 1530, vielleicht auch aus der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik geschöpft ist, die entsprechenden Passagen finden sich bei Brandis, Quellen, S. 372–387, darin (S. 372–373): „Hierauf folget die Reformations-Historia: Anno Domini 1529 hat unser Fürst allen Klosterleuten beiderlei Geschlechts in seinem ganzen Fürstentume, auch den Canonicis zu Bardowick und also in allen Städten und Dörfern allenthalben einen Ketzerischen (also nennen die Päpstischen einen lutherischen Priester) mitgebracht und verordnet oder eingesetzt, welche doch vormals selbst Mönche gewesen, nun abgefallen und Weib und Kinder haben.

178

B. Text

Item in ipso anno, in die sancte Margarete virginis, feria 3a, venit prenominatus dux Ernestus cum cancellario Johanne Fursten et aliis curialibus in nostram curiam, de mane, circa horam quintam, et ipso die deposuerunt dominum nostrum prepositum Johannem Lorberen de prelatura, post prandium, ac prescripserunt ei litteram super resignationem prelature, cum omni iure et regimine, ac omnibus ad prelaturam pertinentibus. At ille, videns se undique coangustatum, et esse in maximo periculo corporis, consensit eis absque perfecta deliberatione, et nostro consen- | fol. 121r| su, et sigillavit litteram suo proprio sigillo, sed non sigillo claustri, et ideo non ligat, quia prelatura cum suo iure non pertinet prelato sed claustro, et est preposito pro tempus vite sue concessa. Eadem die post vesperas, hora quinta, venit Valentinus Lorber, frater domini prepositi, et intimavit dompne priorisse quod dominus prepositus J[ohannes] L[orber] esset depositus de prelatura353.

13. Juli 1529

13. Juli 1529

Diese alle miteinander haben wieder die Sacramente der heiligen Kirche, wider alle guten Werke gelehrt und gepredigt, wie das sie vom Teufel gestifftet und nichtes verdieneten. Sie haben auch die ganze heilige Schrift verkehrt und die heiligen Evangelien falsch ausgelegt, und in ihren Predigten viele unnütze Dinge der Gemeinde vorgetragen, welche besser zu verschweigen sind, als darüber zu reden oder zu schreiben“. 353  Einen Kanzler des Fürstentums Lüneburg (in Celle) gab es seit 1515, zweiter Inhaber des Amtes war, als Nachfolger seines Bruders Ludwig Förster, von 1521–1540 Johannes Förster (auch Furster), licenciatus utriusque iuris, gest. 15. November 1547, eine treibende Kraft der Reformation – auf seine Initiative ist namentlich die Inventarisierung des Kirchengutes zurückzuführen, denn er strebte die Säkularisierung der Klöster an, siehe Ohe, Zentral- und Hofverwaltung, 1955, S. 97–99 und passim. Der Wortlaut des Johannes Lorber abgenötigten Amtsverzichtes (HStA Celle Or. 100 Lüne 13) findet sich in UB Lüne n° 704: Ick Johann Lorber, probst zu Lüne, bekenn in und mit krafft dieses brieffs vor mich und allermenniglich, das ich mit guedter vorbedacht auß redelichen und genugßamen beweglichen ursachen mich darzu bewegende, auch in betrachtunge meins althers und leibs schwacheit dem durchleuchtigen hoichgepornen fursten und herrn, herrn Ernst herzogen zu Braunßweig und Luneburg, meynem gnedigen herrn als dem landesfursten und patron und seiner furstlichen gnaden erben und nachkomen die verwaltung und administration der probstey seyner furstlichen gnad kloesters Lune mit aller regierung freywillig zugestellet und unbenotigt abgetreten bin, und seiner furstlichen gnaden die zcu regieren und zu verwalten uffgelassen habe, so das sein furstliche gnad hinfurter dieselbig probstey mit allen und iglichen iren in- und zugehoringen, wie die sein gefunten werden, genant sein oder genant moegen werden, nichts außbescheiden, verwalten und regieren sollen und moegen, ahn meyn und eyns ideren verhinderunge, und sich als eyn vorweßender furste zcu nodturfft und erhaltunge des kloesters, der begebenen perßonen und mit anderer gepurlicher und nodturfftiger außrichtunge und sonst mit aller ihrer gerechtigkeit, in- und zubehorynge der zu gebrauchen und dar midde zu gebaren habe, und oberlasse dieselbigen probstey alßo hyr midde gegenwartigk in der besten form und masse, als sich das zu rechte eigenet und gepuret und aller bestendigst und krefftigst sein sall, kann und magk. Gerede ock und gelobe bey meynen waren trewen und ehren, widder solche ubirlassunge und resignation nhu oder in zukunfftigen zeiten keinerley weisse zu handtlen oder zu thunde oder auch zu schaffen gethan werden, sondern die festiglichen, unwidderuefflichen und woll zu halten. Alle puncta und artikel diesser verschreybung und eynen ideren in sonderheyt gelobe ick Johann Lorber obgemelt bey meynen ehren und waren trewen und an eydes stadt getrewlich und wall zu halten ahn alle geferde. Des zu urkunde hab ich berurte Johan meyn ingesegel hyr undten wießentlich gehenget und myt eygener handt underschrieben. Datum Lune, im funfzehenhundersten und newnundzwanzigsten



fol. 120v–121r

Altera die, videlicet in vigilia Divisionis omnium apostolorum, super feriam 4am, inter primam, venit dominus prepositus ante ferream fenestram, et dixit dompne priorisse omnia [supra lin.: que] priori die acciderant, et quod cancellarius de mane ei promiserat, quod non

179 14. Juli 1529

jhar, am tage Margarete. Ego Johannes Lorber propria manu subscripsi et sigillum meum appendi. Der Propst kann zwar persönlich auf die Prälatur verzichten, dann fällt sie an das Kloster zurück, und die Nonnen können einen neuen Propst wählen, aber der Fortbestand des Amtes als solches steht nicht zu seiner Verfügung. Die Versorgung Lorbers wurde zunächst in einer Verfügung der Priorin und des Konventes vom 31. August 1529 (UB Lüne n° 707) geregelt – der Propst sollte auf dem Klostergelände, in der Wohnung des verstorbenen Beichtvaters Heinrich Maeß, wohnen bleiben und bekam eine Rente und verschiedene Einkünfte aus den Salzpfannen des Klosters zugesichert, doch kam es darüber zu Streit mit Herzog Ernst. Das Notariatsprotokoll UB Lüne n° 708 vom 19. Januar 1530 (Kl. Lüne, Urkunde 655) belegt den förmlichen Protest Lorbers gegen seine Absetzung, die Dokumente UB Lüne 709–711 (18. Februar 1530 und 24. März 1530) haben dann die weitere Regelung seines Unterhaltes mit dem Herzog zum Gegenstand. Der ‚Reformationsbericht‘ (Klosterarchiv, A 10/15) fährt fort (Brandis, Quellen, S. 373–374, offenbar werden nacheinander zwei verschiedene Quellen zum selben Ereignis paraphrasiert): „Hoc anno Christi 1529, am Fest der heiligen Jungfrau St. Margareten, feria tertia, kam selbst in Person unser gnädiger Fürst und Herr, Herzog Ernst (der die Sophie, Fräulein von Mecklenburg, anno 1528 geheiratet), mit seinem Kanzler, Johann Förster, und anderen vom Hofe, mit Johann Haselhorst und dem Prediger Jeronymo Engbüren [= Enkhusen] etc. auf unseren Hof des Morgens früh um 5 Uhr und tat uns große Gewalt. Zu der Zeit war Propst Johannes Lorber, und Domina zu Lüne Mechtild Wild. An demselben Tag war der Johannes Lorber, praepositus, abgesetzt, blieb zwar auf dem Hof und wohnte nahe bei der Elmen Alre, und ließ ein schönes Haus bauen, und wurde mit 300 Taler, Holz, Feuerung, Korn und allem Zubehör versorgt. Aber dies, sein (des Propstes) Haus ließ Herzog Ernst 1528 … 30 ganz herunterreißen und nahm die Steine und das Holz zum Bauen seines Hauses, das er zu Medingen bei der Kirche bauen ließ. Unser ehrwürdiger Herr praepositus, Johannes Lorber, hat die Propstei auf unserem Hof besessen 24 Jahre, und seiner Schwachheit halber öfter abdanken wollen, aber die Priorin, Mechtild Wilde, hat ihn immer gebeten, daß er bei ihnen bis an sein Ende bleiben wolle. Mit des Propstes Absetzung ging es also zu: Anno 1529, am Tag vor dem Fest der hl. Margarete, kam des Herrn Präpositus Bruder, Valentin Lorber, an das eiserne Gitter oder Fenster, und kündigte der Domina Priorin Mechtild Wilde an, daß der Herzog folgenden Tages kommen würde, redete auch mit ihr und der Mater Elisabet Meding, und brachte ihnen an, wie der Fürst unseren Präpositus (wie er es bei anderen Klöstern getan) absetzen würde, erinnerte und riet ihnen, sie sollten nach seinem Bruder, ihrem Präpositus, schicken, der damals aber in der Stadt Lüneburg war, daß er herauskäme und den Fürste empfing und pollicitirte für sie. Da baten sie ihn, daß er es dem Präpositus wolle ansagen, was er aber nicht tun wollte, und auch nicht getan hat, wie sie hernach erfuhren, sondern hat einen vom Hofe (namens Cordt von Schwiegeln) gebeten, der da eben auf dem Hofe zu Lüne war, daß der mit uns reden wollte, welches er auch getan; der erwehrte gleichfalls und gab auch den Rat, daß mans unsrem Präpositus hinschrieb, daß er nicht zögere, länger fort zu sein, damit nicht der Fürst ihn verweisen könne, er würde den Hof zu Lüne nicht besser in acht halten. Am Tage nun S. Margarete, gegen abend, setzte man unsern praepositus, Johannes Lorber ab, welcher unserm Gottesdienst in der Kirche wohl vorstand und sein Amt 24 Jahre treu und fleißig verrichtete, daß er also mit Consens und Willen von der Praepositur abdankte, und sie mit allen Pertinenzien und Zubehör unserem Fürsten uns seinen Erben (jedoch ohne unseren Consens und Willen) übergab. Daraufhin ward ihm ein Resignationsbrief von allen Rechten und Pertinenzien vorgeschrieben und gegeben, welchen Brief er unterschrieb und mit seinem eigenen, und nicht des Klosters Pettschaft versiegelte. Und also bindet uns sein Brief nicht, denn die Propstei mit allen Rechten steht nicht dem Propst, sondern dem Kloster zu, und nur dem praepositus Zeit seines Lebens zu verwalten übergeben wird“.

180

B. Text

deponeretur de prelatura, sed post prandium [supra lin.: fecit] ut ei placuit354. | fol. 121v| Eadem die post capitulum venit dompna priorissa in capitolium, et indicavit conventui omnia de resignatione prelature, et de sigillatione littere, et dixit quod nequaquam deberemus consentire. Etiam dixit in quali periculo dominus prepositus illo die fuerat, et quod curiales eum observaverant in omnibus viis suis, ne hoc indicaret dompne priorisse, et conventui, ante resignationem prelature et sigillationem littere. Item eadem die, in vigilia Divisionis omnium apostolorum post prandium circa horam 2am, venit dux in ambitum ante hostium ecclesie, cum cancellario, et domino preposito J[ohanne] L[orber], ac procuratore, Johanne Haselhorst, et predicante Jeronimo, ac multis curialibus. Tunc dixit cancellarius dompne priorisse et toto conventui, quod dominus prepositus resignasset prelaturam cum omni iure et regimine, ac omnibus bonis ad eam pertinentibus, voluntarie et non coacte in omni amicitia, causa senectutis | fol. 122r| sue, et quod dux accepisset ad se regimen prelature cum omni iure et bonis ad eam pertinentibus, et ipse dux vellet esse pater, patronus, et defensor noster, et providere nobis paterne in bonis temporalibus, et in hiis que sunt ad salutem animarum nostrarum. Ses nos contradiximus omnes unanimiter quod illa resignatio fuisset facta absque nostra voluntate, et nostro consensu, et ideo nullatenus possemus consentire, sed manere iuxta nostra libertate ac privilegiis que habuimus auctoritate apostolica et imperatorum [in marg.: et principum], et retinere nostrum prepositum quem elegeramus secundum cerimonias nostras, et privilegia, et post mortem eius alium eligere secundum consuetudinem nostram et libertatem. Ad quod respondit dux, et dixit coram omnibus ibidem astantibus quod nostra privilegia non essent fracta, et dominus prepositus deberet nobiscum cantare, loqui, claustrum intrare, et omnia agere [in marg.: secundum] nostram consuetudinem; preter regimen prelature et administrationes vellet ipse retinere. Tunc dixit dominus prepositus licet resignasset prelaturam, tamen non resignaverat curam animarum, nostram obedien- | fol. 122v| et clausuram. Et cum dominus prepositus adhuc loqueretur cum duce, et dompna priorissa, tunc rogaverunt aliqui ex nobis cancellarium, ut rogaret ducem quo permitteret nos manere in nostro claustro et reddere domino Deo vota nostra, ac divina agere in cantando et legendo, et manere iuxta nostris privilegiis, solito more.

14. Juli 1529

14. Juli 1529

354  Das ‚eiserne Fenster‘ ist das vergitterte Sprechfenster an der Klosterpforte, Lorber selbst hatte es einst einbauen lassen (vgl. Eintrag nach 15. Juni 1509).



fol. 121r–123v

Ad quod respondit cancellarius hec omnia agere sicut unquam fecimus, et intentio sui gratiosi ducis non esset, ut nos destrueret, sicut principes aliarum provinciarum sua claustra destruxerunt, sed ut in omnibus nobis bene provideret. Sed mentitus est omnia que dixit, ut postea rei eventus probavit, quia nichil eorum que nobis promiserat adimplevit. Et in brevi tempore paulatim divina deposuit, preposito curiam interdixit, et ei nec cantare, nec loqui nobiscum permisit, sicut postea adhuc clarius in locis suis patebit355. Post hec dixerunt nobis dux et cancellarius [in marg.: de predicante] quem secum duxerant quod deberet nobis verbum Dei predicare, et nos illum audire, quia ‚Non in solo pa- | fol. 123r| ne vivit homo, sed in omni verbo quod procedit de ore Dei‘. Ad quod respondimus: „Audivimus quod fuerit monachus. Quid boni potest aliis docere qui ipsemet non est bonus?“. Respondit dux ridendo: „Quis dixit vobis quod fuit monachus?“. Respondit dompna priorissa: „Si fuit prior, certum est quod etiam fuerit monachus. Tamen, si ea [supra lin.: que] predicat non sunt contra Deum, tunc admittemus, aliter non“. De procuratore nichil dixerunt nobis, sed erat ibi presens cum aliis in ambitu356. Post hec recesserunt a nobis in omni amicitia, dux et cancellarius cum aliis, quia eorum voluntas erat adimpleta. Sed quali dolore et tristitia tunc erant gravata corda nostra ab illo die, propter violentiam que nobis tunc facta erat, solus Deus s[c]it357 qui omnium corda solus agnoscit. Item eadem die constituit dux Johannem Haselhorst in procuratorem totius curie et omnium bonorum nostrorum. Ac predicatori commisit, ut omnibus | fol. 123v| tertiis feriis, etquintis feriis, predicaret de mane, hora octava, ac omnibus dominicis, et vacantibus diebus, bis, de mane, hora octava, et post prandium, hora XIIa. Quod fecit, ut ei iussum fuerat. Tandem perrexit dux cum suis eadem die post prandium circa horam tertiam. Hec prescripta facta sunt anno XXIIII° prelature domini Johannis Lorbere, qui prefuit nobis paterne et pie, et in multis benefecit nobis358.

181

14. Juli 1529

355 Der weltliche Verwalter ist der Amtmann Johannes Haselhorst, herzoglicher Rat und Oberhauptmann des Amtes Winsen (Ohe, Zentral- und Hofverwaltung, 1955, S. 81, 115–116), der lutherische Prediger Hieronymus Enkhusen (Enckhausen), ein ehemaliger Dominikanerprior. Iuxta (zweimal) steht eigentlich mit dem Akkusativ. 356  Das Bibelzitat ist Mt. 4,4. Daß Enkhusen zuvor Prior eines Klosters gewesen war, bestätigt Schlöpke, Chronicon (1704), S. 361, der aber vielleicht bloß aus der Klosterchronik schöpft. 357  scit] in der Handschrift sit. 358  Die hier in Lüne Hs. 13 vorliegende Fassung ist offenbar eine Abschrift, das belegen die

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B. Text

Item in ipso anno erant in nostra curia duo cappellani, nomine Johannes Snor et Johannes Wygandus, qui dederunt se etiam ad illam heresiam que tunc erat, et deposuerunt in festo sancte Marie Magdalene missas que fieri solebant omnibus 2is feriis in ecclesia Rode, et etiam alia divina que ibidem fieri solebant certis diebus in remedium omnium animarum. Prenominati cappellani deposuerunt etiam in | fol. 124r| nostra ecclesia multa divina in missis, vesperis, et stationibus, quod eis ignoscat optimus Deus359. Item eodem anno fuit dies sancti Petri ad vincula in die dominica, tunc tenuimus diem regularem, solito more, sed communicavimus ante Mariam in ambitu. Et ab illo anno usque in die Pasche inclusive communicavimus omni tempore in ambitu propter predicatorem et alios hereticos qui tunc erant in nostra curia, et etiam propter populum qui tunc confluebat ad nostram ecclesiam de Luneborch, ad audiendum hereticum qui verbum Dei pronuntiabat. Numerus eorum sepe fuit septingenti vel octingenti, interdum, plus vel minus. Ad Ewangelium venit confessor cum venerabili Sacramento in ambitum, et communicavit conventum, ne heretici parent nobis

22. Juli 1529

1. August 1529

vielen zuerst ausgelassenen, und dann (von derselben Hand) auf dem Seitenrand ergänzten Wörter. Vgl. dazu den Kommentar zu 2. August 1529. Breiten Raum nimmt die Schilderung der hier berichteten Ereignisse im deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ (Klosterarchiv, A 10/15) ein, der Anfang des 17. Jahrhunderts redigiert wurde (Brandis, Quellen, S. 373–379), offenbar werden auch hier wieder nacheinander zwei verschiedene Quellen paraphrasiert. Der erste Teil (S. 5–9 der Akte, bei Brandis S. 373–377) ist, mit Ausnahme des Beginnes, eine bloße Übersetzung aus der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik – oder vielleicht aus einer parallelen Redaktion, die Vorlage könnte natürlich auch die zerstörte ‚zweite‘ Chronik gewesen sein, deren Wortlaut unbekannt ist („Mit des Propstes Absetzung ging es also zu …“, siehe oben, Anm. zum 13. Juli 1529, weiter auf S. 6 der Akte mit „Des andern Tages Apostelteilung kam der Herr praepositus um 1 Uhr an unser eisernes Gitter und überbrachte der priorissa alles, was sich am vorigen Tage mit ihm begeben hatte …“ bis „… auch wegen des Volcks, das do häuffig auß Lüneburg heraußlieff zu hören den neuen Ketzer, der Ihnen Gottes Wort vorpredigte, und deren Zahl öft bei 70 in die 80 gewest, nimern oder mehr“). Darauf folgt (S. 10–12 der Akte, bei Brandis S. 377–379) eine zweite, davon unabhängige Schilderung, die einer anderen Vorlage entnommen sein muß („Dieser Kloster-Reformation hatt eine andere Klosterjunffer weitläufiger also beschrieben: Anno 1529 setzte Hertzog Ernst, unser gnädiger Fürst und Herr, unsern Prälaten ab …“ bis „… dabei und dazu der Nicolas Crasman, ein Beichtpfaffe dieses Ortes, 100 Taler vermachet“). Diese Redaktion enthält (abgesehen von einigen Beobachtungen zur Amtszeit des Propstes Lorber, ganz am Schluß) keine anderen Informationen als die erste, doch ist ihr Wortlaut davon unabhängig, und die Rechtfertigung des Propstes, nach der Unterzeichnung seiner Resignation, wird in direkter Rede wiedergegeben. Im Anschluß, auf S. 13 der Akte (S. 379 bei Brandis) findet sich dann die Paraphrase der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik fortgesetzt (ab „Anno 1529 kam abermahlen der Cantzler vor das eiserne Fenster, vom Fürsten abgefertigt …“). Der Bericht über die Absetzung des letzten Propstes und die Einsetzung des weltlichen Amtmannes ist auch dargestellt in Meyer, Reformationsgeschichte, 1909, S. 174–177. 359  Vgl. den Eintrag zum 29. September 1529. Die Kapelle zu Rade (südlich von Schwiederstorf ) gehörte zum Kloster Lüne (UB Lüne, n° 665; Reinhardt, Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch, 2012, Bd. 2, S. 941), vgl. Eintrag zur Altarweihe am 24. April 1506.



fol. 123v–125r

destructionem, vel confusionem. Post missam ivimus in chorum, et cantavimus 3am. Post 3am incepit predicare, tunc ivimus ad capitulum, et post capitulum ivit quelibet in cellam suam, vel ante Mariam, sive in novam viam, et oravit360. | fol. 124v| Quando prescriptus monachus et hereticus prima vice predicavit, post recessu ducis, tunc iussit nobis dompna priorissa, ut omnes audiremus predicationem. Tunc predicavit quod ieiunia, vigilie et oratio, ac omnia bona opera non essent meritoria. Altera vice, videlicet in dominica, non audivimus. Feria 3a audivimus iterum, tunc dixit quod sacramenta sancte Ecclesie nichil essent, preter sacramentum baptismatis, et sacramentum Corporis Christi. Tunc iussit nobis dompna priorissa chorum exire, inter predicationem, et ab illo die nunquam audivimus suam predicationem, quia non edificabat audientes361. Item in ipso anno, sequenti nocte post diem sancti Petri ad vincula, infirmabatur noster confessor quodam novo morbo, qui tunc vocabatur morbus sudoris, vel sudor anglicus, in quo morbo multi iacuerunt usque in mortem, et multi obierunt il- | fol. 125r| la vice. Feria 2a post primam incepit missam ‚Si enim‘, ad graduale ivit de eccle-

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15. Juli 1529

2. August 1529

360  Um eine Verunehrung des Altarsakramentes durch die Lutheraner zu vermeiden, wird die Kommunion fortan im Kreuzgang gespendet. Schritt für Schritt werden die Schwester aus ihrer Klosterkirche verdrängt – Enkhusen ist der erste vom Herzog bestellte lutherische Prediger für Lüneburg, die Anhänger der neuen Lehre kommen aus der Stadt, um ihn zu hören, denn dort hält der Rat (dem sich der Herzog vorerst noch nicht widersetzen mag) noch an dem altgläubigen Dominikaner Augustinus van Gethelen fest (1495–1558, vgl. Kommentar nach 13. November 1524). Erst ein Jahr darauf mußte der letzte bischöflich bestellte Stadtprediger das Feld räumen, und 1531 schickte der Herzog dann Urbanus Rhegius nach Lüneburg. Das Stadthaus in der nova via, heute Auf dem Kauf 9, wird auch im Eintrag zum 2. Juli 1519 genannt, vgl. dazu Reinhardt, Lüne (1984), Germania benedictina, Bd. 11, S. 386–387. Wie aus dem obenstehenden Eintrag zum 14. Juli 1529 hervorgeht, mußte Enkhusen sonn- und feiertags um 12.00 Uhr eine zweite Predigt halten (nach einer ersten, die um 08.00 Uhr morgens stattfinden sollte), dadurch war die Klosterkirche belegt, die Schwestern mußten sich zur Betrachtung auf ihre Zellen oder vor die Marienstatue im Kreuzgang zurückziehen. 361  Der Auftritt des Herzogs fällt auf einen Mittwoch – die Antrittspredigt Enkhusens wird also frühestens am Donnerstag, den 15. Juli 1529, stattgefunden haben, vielleicht eher am darauffolgenden Sonntag (18. Juli 1529), die Schwestern kamen, um seine Predigt anzuhören. Am darauf folgenden Sonntag – entsprechend am 18. oder am 25. Juli, hörten die Schwestern seine Predigt nicht an. Der auf diesen Sonntag folgende Dienstag, an dem die Nonnen noch einmal ‚probehörten‘, muß also der 20. oder der 27. Juli 1529 gewesen sein. Auch die Ereignisse des 15. Juli 1529, und der weitere Fortgang der Reformation, die Erfahrungen mit dem lutherischen Prediger und der erzwungene Fortgang der katholischen Geistlichen, werden in dem deutschen ‚Reformationsbericht‘ (Lüne, Klosterarchive, Akte A10/15) ausführlich wiedergegeben (S. 13–14 der Akte, bei Brandis, Quellen, S. 379–381), der deutsche Text ist offensichtlich von der lateinischen Klosterchronik abhängig. Ab S. 15 der Akte („Anno 1531 am Marien Geburtstage …“) hat der weitere ‚Reformationsbericht‘ dann den Zeitraum von 1531 bis 1539 zum Gegenstand, der von der hier vorliegenden ‚ersten‘ Klosterchronik nicht mehr abgedeckt wird, vielleicht war ja die (verlorene) ‚zweite‘ Klosterchronik (olim Hannover, HStA J 37) die Vorlage für diese Ausführungen.

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B. Text

sia in lectum. Vespertino tempore, hora 4a obiit. Post completorium dicit dompna priorissa conventui quod esset mortuus. Tunc statim pulsabatur ei novies, secundum morem sacerdotis, et nos legimus ei vigilias cum IX lectionibus in capitulo, et ‚Verba mea‘. Circa horam VIIIam portaverunt corpus eius in ecclesiam, et posuerunt illud ante altare sancti Johannis362. Altera die, ante primam, et etiam post primam habuit missam ‚Si enim‘, deinde missam ‚Salve‘. Summa missa fuit de sancto Stephano. Post prandium cantaverunt sacerdotes vigilias. Post illas vigilias portaverunt funus in cymeterium nostrum, et ibi tenuerunt commendationem, sed non erat rectum. Post sepulturam legimus septenam in ambitu, et tunc statim cantavit conventus vigilias in ambitu363. Idem confessor noster dominus Heynricus Renert fuit noster cappellanus in quintum annum, et XIII | fol. 125v| annos noster confessor, et illa vice, antequam obiit, multa laboravit pro nobis, deportando

3. August 1529

362  Heinrich Renert hatte das Amt des Beichtvaters 13 Jahre innegehabt (vgl. Eintrag zum 8. Juli 1516), die Messe mit dem Introitus ‚Si enim credimus quod Jesus mortuus est‘, während derer ihn die tödliche Erkrankung befiel, war passenderweise ein Sterbeamt. Zum Graduale mußte er die Zelebration abbrechen, also etwa 15 Minuten nach dem Beginn, er erlag dem Leiden nach knapp neun Stunden. Der ‚Englische Schweiß‘ war erstmals im August 1485 in London aufgetreten, nach einem neuerlichen Ausbruch im Mai 1529 breitete er sich, zuerst über Amsterdam und Calais, auf dem Kontinent aus. Die Seuche erreichte Hamburg am 25. Juli 1529 mit einem Frachtschiff aus England, dessen Besatzung mehrheitlich auf der Überfahrt verstorben war, in der Hansestadt dauerte sie drei Wochen und forderte 1100 Todesopfer. Ende des Monates erreichte die Krankheit Lübeck, Bremen und Verden. Fast alle Erkrankten starben vier bis zwölf Stunden nach dem Auftreten der ersten Symptome (wer einen Tag überlebte, galt als gerettet – das war der Fall der Anne Boleyn). Danach trat die Erkrankung auf dem Festland nicht wieder auf, in England gab es noch 1551 eine letzte Epidemie. Seit 1578 werden keine Fälle mehr berichtet. Die Ursachen der Seuche sind unklar, wahrscheinlich handelte es sich um eine Virusinfektion, die auch Vögel befiel (die ebenso daran zu Grunde gingen), die meisten Opfer waren männlich und mittleren Alters. Aus Lemser, Der Englische Schweiß, 1937, S. 476–504. Zur Komplet war die ganze Kommunität in der Klosterkirche versammelt, das war (eher als das Abendessen) ein angemessener Moment, um den am Nachmittag eingetretenen Todesfall zu verkünden. Wenn die Matutin des Totenoffiziums als Votivoffizium rezitiert wird, betet man, je nach Wochentag reihum, nur eine der drei Nokturnen (es gibt also nur drei Lesungen). Wenn das Totenoffizium aber für einen bestimmten Verstorbenen, etwa anläßlich seines Todes oder seiner Beisetzung, gebetet wird, nimmt man alle drei Nokturnen, es gibt also neun Lesungen. Der Psalm ‚Verba mea auribus‘ (Ps. 5) leitet die erste der drei Nokturnen ein, in Lüne wird er (wie dem Eintrag zum 4. August 1529 zu entnehmen ist) auch noch einmal zusätzlich für den Verstorbenen gebetet. 363  Am nächsten Tag war das Meßformular wieder ‚Si enim credimus quod Jesus mortuus est‘ – doch dieses Mal für Renert selbst, der 24 Stunden zuvor die nämlichen Worte an derselben Stelle intoniert hatte. Danach gab es, wohl ebenfalls für sein Seelenheil, die Votivmesse ‚beatae Mariae virginis‘ mit dem Introitus ‚Salve sancta parens‘, das Konventamt war vom Tag, dem Fest der Auffindung der Gebeine des hl. Erzmärtyrers Stephanus. Die ‚commendatio animae‘ fand am Grab des Verstorbenen, nicht in der Kirche statt, das war ‚nicht richtig‘ – vielleicht hatte der lutherische Prediger die Kirche in Beschlag genommen. Nach der Beisetzung wurden die ‚Septem psalmi poenitentiales‘ für Renert rezitiert, auch hier steht vigiliae wieder als pars pro toto für das ganze Totenoffizium.



fol. 125r–126v

nostra clenodia [sub lin.: et etiam nostra privilegia] de loco ad locum, de domo ad domum, cuius anima per piam misericordiam Dei requiescat in pace. Amen364. Altera die post mortem confessoris obiit Johannes Seger, noster dispensator, hora VIIa de sero. Sacerdotes cantaverunt ei vigilias et missam, et conventus legit vigilias in choro, post vesperas, cum IX lectionibus, et Ium ‚Verba mea‘ qualibet sola365. Feria 4a obiit magister paterfamilias, hora VIIa de sero366. Feria 6a, due aurige367. Dominica, una virgo, nomine Alheydis, que comparaverat prebendam in nostra curia, et fuerat ibi XIX annos368. Isti prenominati obierunt omnes in suprascripto novo morbo sudoris, in una septimana. | fol. 126r| Eadem vice iacuit etiam tabernarius cum sua uxore, et alii tres in nostra curia in eodem morbo, sed convaluerunt, Et in claustro conservavit nos dominus per suam magnam misericordiam. Item eodem anno, sequenti die sancti Petri ad vincula, super 2am feriam, venit iterum cancellarius ante ferream fenestram, missus a duce, post prandium, hora XIIa, cum domino preposito J[ohanne] L[orber], et presentavit nobis procuratorem, et dixit iterum quod suus gratiosus dux accepisset ad se regimen prelature cum omni iure et omnibus bonis ad illam pertinentibus, et quod procurator Johannes Haselhorst omnia nostra bona deberet super accipere, et comparare ac administrare, sicut fecerat dominus noster prepositus, et nobis dare non minus, sed plus. Tunc dixit dompna priorissa: „Hoc nescimus consentire, quia factum est contra omnium nostrum velle, sed volumus domino Deo committere, ut ille aliter disponat“. Tunc interrogavit cancellarius, | fol. 126v| si procurator nobis etiam satis 364 

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4. August 1529

4. August 1529 6. August 1529 8. August 1529

2. August 1529

Vgl. Eintrag zum 25. Juni 1519. schon für den verstorbenen Beichtvater wird wiederum das volle Totenoffizium, mit allen drei Nokturnen in der Matutin rezitiert, und zwar im Anschluß an die Vesper – das Nachtoffizium darf auf den Nachmittag des Vortages vorgezogen werden, der früheste erlaubte Beginn liegt üblicherweise zwei Stunden vor Sonnenuntergang. In Lüne wurde das Totenoffizium täglich als Votivoffizium rezitiert, auch in diesem Fall wurde die Matutin immer antizipiert (dann mit einer Nokturn bzw. drei Lesungen). Zusätzlich rezitierte jede Schwester den Psalm 5 für den Verstorbenen (siehe oben). Der dispensator war der Ökonom des Klosters, der Zahlungen und Einnahmen verbuchte. 366  Der verstorbene Familienvater kann (aber muß nicht) der oben genannte Ökonom, Johannes Seger, gewesen sein (der 4. August war der fragliche Mittwoch – aber natürlich könnte zufällig genau zur gleichen Stunde, etwa in der Stadt Lüneburg, noch eine weitere Person gestorben sein). 367  Es ist denkbar, daß die beiden verstorbenen Fuhrleute in Diensten des Klosters standen – vielleicht wird hier aber ganz allgemein von den Opfern berichtet, die der ‚Englische Schweiß‘ in der Stadt Lüneburg gefordert hat. 368  Von solchen Präbenden, deren Begünstigte auf dem Klostergelände wohnten, ist in der Klosterchronik sonst nicht die Rede. 365  Wie

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B. Text

dedisset pro tempus quo fuerat in curia. Ad quod respondit dompna priorissa: „Per eum nescimus conquerere, quia hoc esset nimis mane, et quia venit in plenam curiam et invenit ibi oves et boves, ac omnia necessaria“. Post hoc rogavimus eum quod vellet predicatorem accipere de curia, quia esset nobis inutilis, et sua predicatio non edificaret, et esset hereticus. Ad quod respondit: „Si vobis videtur quod sit malus, permittite tamen eum habitare vobiscum, exemplo Salvatoris nostri, quia conversatus est cum publicanis, et peccatoribus. Tandem litigavit nobiscum, et dixit: „Vos estis in gratia mei gratiosi ducis, sed si non vultis ei obedire, tunc oportet vobis timere quod veniatis in eius indignationem. Et ipse vult esse pater et defensor vester, ac nunquam ascendit in cor eius quod vellet vos destruere, ut quidam male de eo suspicantur“. Hec et multa plura dixit nobis, et tandem recessit cum procuratore. Sed dominus prepositur mansit ibi adhuc | fol. 127r| modicum cum dompna priorissa, deinde abiit369. Item in ipso anno, in die sancti Laurentii martyris, super feriam 3am, post capitulum, electus est dominus Dytmarus Spiszebart in confessorem, a tota congregatione, concorditer et unanimiter, qui fuerat custos nostre ecclesie in 2m annum, et noster capellanus in XXIIm annum, de in die apostolorum Philippi et Jacobi. Eodem die post vesperas dedit ei dominus prepositus J[ohannes] L[orber] auctoritatem papalem, sicut habemus ex privilegiis nostris. Ante vigiliam Assumptionis posuit se prima vice ad ordinem370.

10. August 1529

369  Die in Hs. 13 vorliegende Fassung des Textes ist offenbar sekundär (im Bericht über die Ereignisse des 14. Juli 1529 wird das auch anhand der vielen zuerst ausgelassenen, und dann von derselben Hand auf dem Seitenrand ergänzten Wörter deutlich). Die hier wiedergegebene Passage zum 2. August 1529 (bis procuratore) findet sich auch bei Meyer (Reformationsgeschichte, 1909, S. 182). Der bei Meyer wiedergegebene Text ist in einigen Punkten ein anderer, als derjenige, der sich in hier Hs. 13 findet, so hat Meyer … sed volumus nuntium committere, ut ille aliter disponat (statt Deo committere – bei Meyer wollen die Nonnen einen Boten zum Herzog senden, damit dieser die Ernennung Haselhorsts rückgängig macht, in Hs. 13 ist das Subjekt ille Gott, dem das Anliegen anempfohlen wird). Weiter heißt es in der Handschrift per eum nescimus conquerere … bei Meyer hingegen praesenti nescimus conquerere …, dann hat Meyer praedicatorem recipere (statt accipere), dann qui conversus est (statt qui conversatus est) und schließlich suspicant (statt suspicantur) – vgl. dazu die Überlegungen im Abschnitt ‚Rezeptionsgeschichte‘ der Einleitung. 370  Am 1. Mai 1508 (siehe dort) hatte der damalige Neupriester Dietmar Spitzbart seine Primizmesse in der Klosterkirche gefeiert, zuvor war er zwei Jahre lang Küster gewesen. Als ‚Kaplan‘ werden hier in der Klosterchronik nicht nur die Meßpriester an den Altären der Klosterkirche selbst, sondern auch die Inhaber der Kapellen bezeichnet, die dem Kloster inkorporiert waren, solche Kapellen gab es unter anderem in Rade (vgl. die Einträge zum 24. April 1506 und zum 22. Juli 1529) und Betzendorf mit Barnstedt (vgl. auch Lüne, Hs. 15, Lage 2, fol. 14r, zur Gangolf-Kapelle, die Propst Nikolaus Graurock 1480 im Klosterbezirk gestiftet hatte, 1531 wurde sie durch den Lüneburger Steuereinnehmer Hans Schaden zerstört), ferner verfügte das Kloster über die Patronatsrechte in Adendorf, Hanstedt, Thomasburg und Reinstorf, in der Stadt Lüneburg zudem über die Kapelle des Hospitals St. Nikolaihof, eine Vikarie am Barbaraaltar der St. Lambertikirche, und eine Vikarie am Elisabethaltar in der Sakristei der St. Johanneskirche (vgl. Reinhardt, Lüne,



fol. 126v–128r

Item eodem anno, circa festum sancti Michaelis, derelinquerunt nos omnes nostri sacerdotes et scholare, organista et custos ecclesie, ac etiam multi de ministris [supra lin.: in] curia, quia noluerunt cohabitare cum hereticis, preter noster confessor et 2° cappellani, Johannes et Andreas, manserunt hic; qui celebraverunt omni die de Michelis | fol. 127v| usque feria 4a Pasche, tunc agitavit eos cancellarius de curia371. Prenominati sacerdotes cantaverunt etiam omni die missam post primam, solito more, et vesperas in solemnitatibus, et consuetis diebus, ac tenuerunt stationes, quintis et sextis feriis ac sabbatis, usque in Pascha. Et in ieiunio ‚Salve regina‘ hora 4a, et nullum adiutorium habuerunt, nec de David qui erat custos ecclesie, ac cellerario qui veniebat raro ad ecclesiam372. Item in ipso anno in die sancti Michaelis inter vesperas venerunt ante rotulam Johannes Snor, et Johannes Wygandus qui fuerant nostri cappellani, et facti sunt heretici, et dixerunt quod vellent ire de servitio, ac valedixerunt nobis. Sed tamen manserunt hic dimidium annum, et comederunt nostrum panem gratis. Nunquam cantaverunt ab illo die cum sacerdotibus, sed cum laycis teutonicos | fol. 128r| psalmos et leysas. Interdum predicaverunt secundum novum modum. Tandem constituit eos dux super villas, et ambo acceperunt uxores373.

187 29. September 1529

29. September 1529

2012, in: Niedersächsisches Klosterbuch, Bd. 2, S. 941). Das Kloster war nicht in die Bursfelder Kongregation inkorporiert – es war nicht exempt, sondern unterlag der Jurisdiktion des Ortsbischofes. Deshalb lag die Beichtvollmacht eigentlich bei dem örtlich zuständigen Pfarrer, der sie für seinen Sprengel vom Bischof empfangen hatte. Es bedurfte eines besonderen Privileges, damit die Nonnen bei ihren eigenen Geistlichen – dem Propst, bzw. dem von ihm dazu delegierten Priester – beichten durften. Ein solches Privileg hatte Lüne im Jahre 1395 erworben (ebd.; Text in UB Lüne, n° 445), das Privileg stammt von Bonifatius IX. (urbanistische Obödienz), weil es während des Großen Abendländischen Schismas erlangt worden war, wurde es 1425 von Martin V. noch einmal bestätigt (n° 514). Am Vortag von Mariä Himmelfahrt hörte Spitzbart zum ersten Mal die Beichte der Nonnen – sicherlich sollten sie am Festtag kommunizieren. 371  Zu Ostern 1530 mußten auch die beiden Kapläne das Kloster verlassen, seitdem gab es keine hl. Messe mehr in Lüne. Das ‚Kurtze Register‘, der Anhang zum Anfang des 17. Jahrhunderts verfaßten deutschsprachigen ‚Reformationsbericht‘ des Klosters Lüne, berichtet darüber (Lüne, Klosterarchiv, A 10/15, S. 25, Text in: Brandis, Quellen, S. 389): „Anno 1530 in der Osterwochen war hir der Cantzler unsers gnädigsten Fürsten und vertrieb alle Priester (Pfaffen) von unserem Hofe. Von dem Tage an hatten wie keine Messe [ergänzt: da sein die Pfaffen vertrieben] mehr […]. Die vertriebenen Pfaffen waren unsere 2 Capelläne, Herr Johann und Herr Andreas, und David, unser Küster. Dieser Cantzler verbot unß auch die Communion, Messe etc., welche wir von daher nicht mehr gehabt. Am Sonnabend sungen wir weinende den Introitus ‚Exaudi‘ etc., dem man am Aschermittwochen zu singen pflegt“. 372 Die stationes sind hier nicht die Prozessions-Stationen (als Totengedächtnis, etwa in der Osterwoche), sondern die Sakramentsandachten, die der Propst eingeführt hatte (vgl. Einträge nach 2. November 1506, zum 24. Dezember 1508, zum 14. Februar 1509 und zum 8. Juni 1509). Bei Meyer (Reformationsgeschichte, 1909, S. 188) steht quartis feriis statt quintis feriis. 373  Vgl. den Eintrag zum 22. Juli 1529.

188

B. Text

Item eodem anno, in die sancti Gereonis, super dominica, venerunt heretici de Luneborch ad audiendam predicationem secundum morem, et quando erat inter nonam, inter secundum psalmum, tunc inceperunt cantare suos teutonicos psalmos et leysas, sed nos non cessavimus cantare nonam, capitulum, versum, et collectam legimus pariter, et sic produximus nonam usque ad finem. Eodem die dedit dominus prepositus J[ohannes] L[orber] conventui dedicationem, cuilibet persone unum par cultellorum, papirum, species et cynciber374. Item in ipso anno, ante vigiliam sancti Martini, super feriam 3am, peperit uxor predicatoris filium in nostra curia. In die Illationis Marie que celebrabatur dominica prima post Martini, secundum morem dyosesis, | fol. 128v| finita predicatione, post prandium, circa horam 2am, baptizavit predicator filium suum in pelvi, propriis manibus, coram omni populo. Aquam attulerat de puteo, et pelvis steterat super summo altari. Verba que dicuntur pueris in baptismate, videlicet ‚Abrenuntias sathane‘, et ‚Credis in unum Deum‘, etc., et etiam alias benedictiones, omnia dixit in teutonico. Quod voluit, hoc dixit, et quod noluit, hoc obmisit. Alique de nostris sororibus fuerant in choro, que illic venerant orandi gratia, audierunt hec prescripta que heretici fecerunt in nostra ecclesia. Puerum vocavit Albertum, et procurator noster ac II° cives de Luneborch facti sunt patrini375. Item eodem anno, in die sancte Katharine virginis, obiit soror Mechtildis de Herlingh, super 4am feriam, de mane, circa horam octavam. Item in ipso anno, in die sancti Thome apostoli, fuit dominus prepositus in electione magistri putei376.

10. Oktober 1529

9. November 1529

14. November 1529

25. November 1529

21. Dezember 1529

374  Zum Kirchweihfest, eigentlich am 23. August (zum Datum vgl. Lüne, Hs. 14, fol. 66r), mußte der Propst an alle Mitglieder der Kommunität kleine Gaben verteilen – so ist es im Statutenbuch des Klosters festgehalten (ebd., fol. 63r): Sciendum autem, quod dominus prepositus pro iudicio paterne dilexionis tenetur singulis annis omnibus sororibus, etiam conversis et laycis puellas, aliquit dare pro encenio dedicationis. Uno anno dabit cultellos, priorisse unum par cultellorum, alio anno pulchros crosibulos [Trinkschalen], priorisse unum de quartario [Hohlmaß], item poterit dare papirum vel amigdala, vel uvas passas [Rosinen], aut species apothecales sive aromaticas, scilicet zinciber, vel muscatas, aut cynamonum [Ingwer, Muskat, Zimt], et huiusmodi, vel quitquit reverencie sue placuerit. Im Jahre 1529 wurden diese Gaben verspätet, nämlich erst im Oktober verteilt. 375  Bischof Christopher Bremen und Verden hatte verfügt, daß das Fest der Darstellung Mariens im Tempel (eigentlich 26. November) in seinen Diözesen künftig am ersten Sonntag nach Martini begangen werden sollte, vgl. Eintrag zum 13. November 1524. Ein Taufbecken gab es in der Klosterkirche (die ja nie als Pfarrkirche gedient hatte) natürlich nicht. 376 Der magister putei ist der Sülfmeister der Saline zu Lüneburg.



fol. 128r–132v

| fol. 129r| Anno domini etc. XXX°, Littera tabularis .H, Dominicalis erat B, Numerus tabule rusticalis IX, Dictio tabularis ‚Prefigurat‘, Cyclus lunaris secundus, Littera primationis L, Aureus numerus XI, Idus Februarii Circumdederunt377, XV° kalendas Maii dies Pasche, Nonas Iunii dies Penthecostes, V° kalendas Decembris Adventus domini. Eodem anno, in nocte Christi, incepit dominus confessor Dytmarus ymnpum ‚Te Deum laudamus‘, et legit Ewangelium, et collectam ante missam. Prepositus erat in civitate. Item in ipso anno, in die melliflue Nativitatis Christi, cantaverunt sacerdotes ante primam ‚Lux | fol. 129v| fulgebit‘, et post primam ‚Puer natus‘. Dominus Andreas cantavit primam missam, et dominus Johannes 2am, ac dominus confessor [sub lin.: ‚Dominus] dixit‘ et ‚Puer natus‘. Inter ‚Dominus dixit‘ legit dominus Johannes missam in ambitu, et inter primam legit confessor ‚Lux fulgebit‘ in choro. Quilibet tenuit illo die III missas378. Item eodem anno, in die Christi, cantavimus nonam ante prandium, propter hereticus, ne pararent destructionem, sicut in die Gereonis379.

189

13. Februar 1530 17. April 1530 5. Juni 1530 27. November 1530 24. Dezember 1529

25. Dezember 1529

| fol. 130r–132r – vacant | | fol. 132v| Anno domini etc. XXXI°, Littera tabularis V., Dominicalis erat A, Numerus tabule rusticalis VII, 377  378 

Es müßte idibus heißen. Weihnachten kann jeder Priester drei Messen lesen: in nocte (oder in galli cantu) ‚Dominus dixit ad me: Filius meus es tu‘ etc.; in aurora ‚Lux fulgebit hodie super nos‘ etc., und in die ‚Puer natus est nobis‘ (jeweils nach dem Introitus). Reihum sang jeder der drei Priester eine dieser drei Messen für die Kommunität, die anderen beiden lasen währenddessen ihre Stillmessen. Um ein levitiertes Amt wird es sich wenigstens bei ‚Dominus dixit‘ nicht gehandelt haben – dafür müßten ja wenigstens drei Geistliche gleichzeitig am Altar zugegen sein (der Zelebrant, assistiert von einem Diakon, der mindestens Diakon sein muß, und einem Subdiakon, der mindestens Kleriker sein muß, weiter braucht man mindestens zwei Akolythen, die normalerweise auch Kleriker sein sollten, einen Thuriferar und einen Zeremoniar) – aber von einem der drei verbliebenen Priester wird ja berichtet, daß er währenddessen eine Stillmesse las: die drei für ein Hochamt erforderlichen ministri sacri dürften also nicht zur Verfügung gestanden haben. 379  Vgl. Eintrag zum 10. Oktober 1529.

190

B. Text

Dictio tabularis ‚Ebdomade‘, Cyclus lunaris tertius, Littera primationis III, Aureus numerus XII, Nonas Februarii Circumdederunt, V° ydus Aprilis dies Pasche, V° kalendas Iunii dies Penthecostes, III° nonas Decembris Adventus domini.

5. Februar 1531 9. April 1531 28. Mai 1531 3. Dezember 1531

| fol. 133r–135v – vacant| | fol. 136r| Anno domini etc. XXXII°, Littera tabularis L., Dominicalis erat G et F (bysextilis)380, Numerus tabule rusticalis VI, Dictio tabularis ‚Quando‘, Cyclus lunaris quartus, Littera primationis N, Aureus numerus XIII, VI° kalendas Februarii Circumdederunt381, Pridie kalendas Aprilis dies Pasche, XIIII° kalendas Iunii dies Penthecostes, Kalendas Decembris Adventus domini.

28. Januar 1532 31. März 1532 19. Mai 1532 1. Dezember 1532

| fol. 136v–140r – vacant| | fol. 140v| Anno domini etc. XXXIII°, Littera tabularis .D, Dominicalis erat E, Numerus tabule rusticalis VIII, Dictio tabularis ‚Incipiant‘, Cyclus lunaris primus, Littera primationis O, Aureus numerus XIIII, V° ydus Februarii Circumdederunt, Idus Aprilis dies Pasche382, Kalendas Iunii dies Penthecostes, Pridie kalendas Decembris Adventus domini.

9. Februar 1533 13. April 1533 1. Juni 1533 30. November 1533

| fol. 141r – vacat | 380  Das Jahr 1532 war ein Schaltjahr. Bis zum 28. Februar war der Sonntagsbuchstabe G, danach F. 381  In Wirklichkeit V° kalendas Februarii. 382  Es müßte idibus heißen.

C. Literaturverzeichnis 1.  Gedruckte liturgische Bücher a.  Bursfelder Kongregation [Breviarium] fratrum observantialium ordinis sancti Benedicti per Germaniam, 2 Bde., Nürnberg (Georg Stuchs) 1493. [Breviarium] fratrum observantialium ordinis sancti Benedicti per Germaniam, 2 Bde. (in einem), Speyer (Peter Drach) 1496/1498. Breviarium reverendorum fratrum ordinis divi Benedicti de observantia per Germaniam, cum extensis lectionibus […] nuper in Egmundensi monasterio et iam iterum accuratissime castigatum, 2 Bde., Köln/Antwerpen (Christophe Plantin) 1561. Caeremoniae Bursfeldenses: siehe unten, unter ‚Albert‘. Collectarius [fratrum observantialium ordinis sancti Benedicti per Germaniam], 2 Bde., Bamberg 1485. Liber ordinarius Bursfeldensis I: siehe unten, unter ‚Volk‘. Ordinarius ordinis sancti Benedicti de observantia Bursfeldensi, Marienthal 1474 (zitiert als LO Bursfeldensis II). Martyrologium ordinis sancti Benedicti; Cerimonie nigrorum monachorum ordinis sancti Benedicti de observantia Bursfeldensi; Regula ordinis sancti Benedicti; [Liber] ordinarius divinorum nigrorum monachorum ordinis sancti Benedicti de observantia Bursfeldensi, Mainz (Johann Schöffer) 1528. Missale ordinis sancti Benedicti, Speyer (Peter Drach) 1498.

b.  Bistum Verden Promptuarium in officia Missarum, tam de tempore quam de sanctis, secundum ritum ecclesiae Verdensis, Lüneburg, Heyst, 1510. Necrologium Verdense: siehe unten, unter ‚Mandelslo‘. Missale Halberstattensis episcopatus, Speyer 1511 (Ausgabe des Meßbuches, an die das ‚Promptuarium Verdense‘ angebunden wurde).

2. Urkundenbücher Brosius, Dieter: Urkundenbuch des Klosters Scharnebeck (ed. Dieter Brosius). Lüneburger Urkundenbuch, 13. Abteilung (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, Bd. 37, Teil 1), Hildesheim 1979 (abgekürzt als UB Scharnebeck).

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C. Literaturverzeichnis

– Urkundenbuch des Klosters Lüne (= Lüneburger Urkundenbuch, 6. Abteilung; Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen, Bd. 263), Hannover 2011 (abgekürzt als UB Lüne). Reinhardt, Uta: Lüneburger Testamente des Mittelalters. 1323–1500 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXVII: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens im Mittelalter, Bd. 22), Hannover 1996 (abgekürzt als Lüneburger Testamente).

3.  Studien und Quelleneditionen Albert, Marcel: Caeremoniae Bursfeldenses (= Corpus consuetudinum monasticarum, Bd. 13), Siegburg 2002. Appuhn, Horst: (mit Christian Heusinger) Der Fund kleiner Andachtsbilder des 13.–17. Jahrhunderts in Kloster Wienhausen, in: Niederdeutsche Beiträge zur Kunstgeschichte 4 (1965), S. 157–238. – Die Paradiesgärtlein des Klosters Ebstorf, in: Lüneburger Blätter 19/20 (1968), S. 1–10. – Der Fund vom Nonnenchor (= Kloster Wienhausen, Bd. 4), Wienhausen 1973. Binterim, Anton Joseph: Die vorzüglichsten Denkwürdigkeiten der Christ-Katholischen Kirche aus den ersten, mittlern und letzten Zeiten, mit besonderer Rücksichtnahme auf die Disciplin der katholischen Kirche in Deutschland, 7 Teile, 2Mainz 1838. Borchling, Conrad: Litterarisches und geistiges Leben in Kloster Ebstorf am Ausgange des Mittelalters, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 4 (1905), darin (S. 361–407): Edition der sog, ‚Ebstorfer Tischlesung‘. Brandis, Wolfgang: Quellen zur Reformationsgeschichte der Lüneburger Frauenklöster, in: Studien und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter (= Studies in Medieval and Reformation Thought, Bd. 99), hg. von Eva Schlotheuber, Falk Eisermann und Volker Honemann, Leiden/Boston 2004, S. 357–398. Brosius, Dieter: Die lüneburgischen Klöster in der Reformation, in: Bernhard Lohse (Hg.): Reformation vor 450 Jahren. Eine lüneburgische Gedenkschrift, Lüneburg 1980, S. 95–111. Engelbert, Pius OSB: Art. Bursfelde, in: Lexikon des Mittelalters, Stuttgart o. J., Bd. 2, Sp. 1108–1110. Gärtner, Magdalene: Römische Basiliken in Augsburg. Nonnenfrömmigkeit und Malerei um 1500 (= Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen, Bd. 23), Augsburg 2002. Hascher-Burger, Ulrike: Verborgene Klänge. Inventar der handschriftlich überlieferten Musik aus den Lüneburger Frauenklöstern bis ca. 1550, Hildesheim 2008. Hirbodian, Sigrid; Kurz, Petra: Die Chronik der Magdalena Kremerin im interdisziplinären Dialog (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, Bd. 76), Ostfildern 2016. Jaitner, Klaus: Art. Ebstorf, in: Germania Benedictina, Bd. 11: Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1984, S. 165–192. – Das Benediktinerinnenkloster Ebstorf im Mittelalter (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen XXXVII: Quellen und Untersuchungen zur Geschichte Niedersachsens im Mittelalter, Bd. 11), Hildesheim 1988.



3.  Studien und Quelleneditionen

193

Kausche, Dietrich: Die Wüstung Nordborstel, in: Harburger Jahrbuch 15 (1975/1976), S. 25–28. – Quellen zur Geschichte des Harburger Raumes im Mittelalter, in: Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 63 (1977), S. 217–232. Kohwagner-Nikolai, Tanja: Per manus sororum. Niedersächsische Bildstickereien im Klosterstich (1300–1583), München 2006. Lammers, Walther: Die Schlacht bei Hemmingstedt, Neumünster 1953. Leerhoff, Heiko, Art. Wienhausen, in: Germania Benedictina, Bd. 12: Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1994, S. 756–796. Lemker, Hans Christian (Pseudonym: Paläophilus): Etwas zur Geschichte des jungfräulichen Klosters Lüne, neben Lüneburg gelegen, und insonderheit der ehemaligen Probstey allda, in: Hannoverisches Magazin, n° 61/62 (1764), Sp. 959–990. Leibniz, Gottfried Wilhelm (Hg.): Scriptores rerum Brunsvicensium, Hannover, Bd. 1, 1707; Bd. 2, 1710 (darin: Johannes Buschius, De reformatione monasteriorum quorundam Saxoniae libri IV). Lemser, Heinz: Der Englische Schweiß in seiner Abhängigkeit von Rasse, Boden und Klima. Ein Beitrag zur Geomedizin der Seuche, in: Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten 119 (1937), S. 476–504. Lesser, Bertram: Johannes Busch – Chronist der Devotio moderna. Werkstruktur, Überlieferung und Rezeption (= Tradition – Reform – Innovation. Studien zur Modernität des Mittelalters, Bd. 10), Frankfurt am Main 2005. – (Hg.) Johannes Busch, Liber de reformatione monasteriorum – Briefe und Predigten. Textkritische Ausgabe. Mit einer Erstedition der Schriften von Hermann Ryd (Publikationen der Akademie der Augustiner-Chorherren von Windesheim), Turnhout (im Druck). Linneborn, Johannes: Die Reformation der westfälischen Benediktinerklöster im 15. Jahrhundert durch die Bursfelder Kongregation (= Studien und Mittheilungen aus dem Benedictiner- und dem Cistercienser-Orden, 20), Münster 1899. Mandelslo, Heino von (Hg.): Necrologium Verdense, o. O. 1525 (Text in: Altes und Neues aus den Herzogthümern Bremen und Verden, Bd. 9, S. 263–310). Meyer, Johannes: Zur Reformationsgeschichte des Klosters Lüne, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 14 (1909), S. 162–221. Miedema, Nine Robijntje: Rompilgerführer in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Die ‚Indulgentiae ecclesiarium urbis Romae‘ (deutsch/niederländisch). Edition und Kommentar (= Frühe Neuzeit, Bd. 72), Berlin 2003. Muschiol, Gisela: Kloster Kirchheim im Reformnetzwerk der Dominikanerinnen, in: Die Chronik der Magdalena Kremerin im interdisziplinären Dialog (Hg. Sigrid Hirbodian; Petra Kurz = Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde, Bd. 76), Ostfildern 2016. Nolte, Ernst: Quellen und Studien zur Geschichte des Nonnenklosters Lüne bei Lüneburg. 1. Teil: Die Quellen. Die Geschichte Lünes von den Anfängen bis zur Klostererneuerung im Jahre 1481 (= Studien zur Kirchengeschichte Niedersachsens, Bd. 6), Göttingen 1932 (mehr nicht erschienen). Nolte, Ernst: Das Kloster Lüne und seine Insassen, in: Zeitschrift für niedersächsische Familienkunde 14 (1932), S. 105–112. Norton, Michael Lee; Carr, Amelia: Liturgical manuscripts, liturgical practice, and the women of Klosterneuburg, in: Traditio 66 (2011), S. 67–170.

194

C. Literaturverzeichnis

Ohe, Hans Joachim von der: Die Zentral- und Hofverwaltung des Fürstentums Lüneburg (Celle) und ihre Beamten, 1520–1648, Celle 1955. Osten, Gerhard: Art. Oldenstadt, in: Germania Benedictina, Bd. 6: Die Benediktinerklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1979, S. 389–400. Pfannkuche, Christian Gottlieb: Die […] Geschichte des vormaligen Bisthumes und jetzigen Herzogthumes Verden (2 Bde., Bd. 1: Die ältere Geschichte; Bd. 2: Die neuere Geschichte), Verden 1834. Proksch, Constance: Klosterreform und Geschichtsschreibung im Spätmittelalter (= Kollektive Einstellungen und sozialer Wandel im Mittelalter, Neue Folge, Bd. 2), Köln 1994. Reimann, Michael: Art. Berthold von Landsberg, in: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 bis 1648 (Hg. Clemens Brodkorb; Erwin Gatz), Bd. 2, Berlin 1996, S. 405–406. Reinhardt, Uta: Art. Lüneburg. St. Michael, in: Germania Benedictina, Bd. 6: Die Benediktinerklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1979, S. 325–348. – Art. Lüne, in: Germania Benedictina, Bd. 11: Die Frauenklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1984, S. 377–402. – Art. Medingen, in: Germania Benedictina, Bd. 12: Die Männer- und Frauenklöster der Zisterzienser in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1994, S. 518–547. – Art. Lüne, in: Niedersächsisches Klosterbuch (Hg. Josef Dolle), Bielefeld 2012, Teil 2, S. 938–947. Riggert-Mindermann, Ida-Christine: Die Klosterreform und ihre Auswirkungen auf die Lüneburger Klöster, in: Wolfgang Brandis; Hans-Werner Stork (Hg.): Weltbild und Lebenswirklichkeit in den Lüneburger Klöstern. IX. Ebstorfer Kolloquium, vom 23. bis 26. März 2011, Berlin 2015, S. 119–128. Rosenthal, Anselm OSB: Die Sequenzen des Bursfelder Missales. Zur Untersuchung von Hubert Vogt, in: Archiv für Liturgiewissenschaft 25 (1983), S. 161–168. – Das Officium capituli der Bursfelder Kongregation, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 94 (1983), S. 483–496. – Martyrologium und Festkalender der Bursfelder Kongregation. Von den Anfängen der Kongregation 1446 bis zum nachtridentinischen Martyrologium 1584 (= Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinertums, Bd. 35), Münster 1984. Schawe, Martin: Die Basilikabilder aus dem Katharinenkloster (Ausstellungskatalog Alte Pinakothek, München), München 1999. Schindler, Margarete: Der Buxtehuder Magister Gerhard Halepaghen, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 37 (1965), S. 35–45. Schlöpke, Christian: Chronicon oder Beschreibung der Stadt und des Stiffts Bardewick, vor und nach der Zerstörung, darinn zugleich Unterschiedliches von dem Zustand des alten Sachsen-Landes, so wohl im Heydentum, als nach eingeführter christlichen Religion enthalten, Lübeck 1704. Schlotheuber, Eva: Nullum regimen difficilius et periculosius est regimine feminarum. Die Begegnung des Beichtvaters Frederik van Heilo mit den Nonnen in der Devotio moderna, in: Spätmittelalterliche Frömmigkeit zwischen Ideal und Praxis (= Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe, Bd. 15), hg. von Berndt Hamm und Thomas Lentes, Tübingen 2001, S. 45–84.



3.  Studien und Quelleneditionen

195

– Klostereintritt und Bildung. Die Lebenswelt der Nonnen im späten Mittelalter (= Spätmittelalter und Reformation, Neue Reihe, Bd. 24), Tübingen 2004. – Ebstorf und seine Schülerinnen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in: Studien und Texte zur literarischen und materiellen Kultur der Frauenklöster im späten Mittelalter (= Studies in Medieval and Reformation Thought, Bd. 99), hg. von Dies., Falk Eisermann und Volker Honemann, Leiden/Boston 2004, S. 169–221. – Die Wahl der Priorin, in: Frömmigkeit – Theologe – Frömmigkeitstheologie. Contributions to European Church History. Festschrift für Berndt Hamm zum 60. Geburtstag (= Studies in the History of Christian Traditions, Bd. 124), hg. von Roland Liebenberg, Gudrun Litz und Heidrun Munzert, Leiden/Boston 2005, S. 145–158. – Die intellektuelle Ausbildung der Nonnen, in: Kloster und Bildung im Mittelalter, hg. von Nathalie Kruppa und Jürgen Wilke (= Veröffentlichungen des Max-Planck-Institutes für Geschichte, Bd. 218; Studien zur Germania sacra, Bd. 28), Göttingen 2006, S. 61–87. – The ‚Freedom of their Own Rule‘ and the Role of the Provost in Women’s Monasteries of the Twelfth and Thirteenth Centuries, in: Partners in Spirit. Women, Men, and Religious Life in Germany, 1100–1500, hg. von Fiona J. Griffiths und Julie Hotchin (Medieval Women. Texts and Contexts, Bd. 24), Turnhout 2014, S. 109–144. – Intellectual Horizons. Letters from a Northern German Convent (with a Textual Appendix), in: A Companion to Mysticism and Devotion in the Late Middle Ages, hg. von Elizabeth Andersen und Henrike Lähnemann, Leiden 2014, S. 343–383. – Daily Life, Amor Dei, and Politics in the Letters of the Benedictine Nuns of Lüne in the Fifteenth and Sixteenth Centuries, in: Nuns’ Literacies in Medieval Europa. The Kansas City Dialogue, hg. von Virginia Blanton, Veronica O’Mara und Patricia Stoop (= Medieval Women. Texts and Contexts, Bd. 27), Turnhout 2015, S. 249–267. Schmidt, Albert OSB: Zusätze als Problem des monastischen Stundengebets im Mittelalter (= Beiträge zur Geschichte des alten Mönchtums und des Benediktinertums, Bd. 36), Münster 1986. Schulz, Frieder: Discubuit Jesus. Verbreitung und Herkunft eines evangelischen Abendmahlsgesanges, in: Jahrbuch für Liturgik und Hymnologie 25 (1981), S. 27–48. Stumpf, Paschasia: Art. Clus, in: Germania Benedictina, Bd. 6: Die Benediktinerklöster in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Bremen (Hg. Ulrich Faust), St. Ottilien 1979, S. 109–131. Uffmann, Heike: Wie in einem Rosengarten. Die Ebstorfer Klosterreform im Spiegel von Chronistik und Tischlesung, in: In Treue und Hingabe. 800 Jahre Kloster Ebstorf (= Schriften zur Uelzener Heimatkunde, Bd. 13), Ebstorf 1997. Volk, Paulus OSB: Zur Geschichte des Bursfelder Breviers, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 46 (1928), S. 49–92; 175– 201; 233–258. – Die erste Fassung des Bursfelder Liber ordinarius, in: ders. (Hg.), Fünfhundert Jahre Bursfelder Kongregation. Eine Jubiläumsgabe, Münster 1950, S. 126–192 (zitiert als LO Bursfeldensis I). Vosding, Lena: Schreib die Reformation von Munchen gancz daher. Teiledition und historische Einordnung der Nürnberger Klarissenchronik um 1500 (= Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Hg. Stadtarchiv Nürnberg, Bd. 37), Nürnberg 2012. Walther, Hans (Hg): Proverbia sententiaeque latinitatis medii aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer Anordnung (Bd. 1–6). Göttin-

196

C. Literaturverzeichnis

gen 1963–1969; Schmidt, Paul Gerhard (Hg.): Proverbia sententiaeque latinitatis medii ac recentioris aevi. Lateinische Sprichwörter und Sentenzen des Mittelalters in alphabetischer Anordnung (Bd. 7–9), Göttingen 1982–1986. Weyhe-Eimke, Arnold von: Die Äbte des Klosters St. Michaelis zu Lüneburg, Celle 1862. Wolgast, Eike: Die Einführung der Reformation und das Schicksal der Klöster im Reich und in Europa (= Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, Bd. 89), Gütersloh/Heidelberg 2014.

4.  Abgekürzt zitierte Quellensammlungen und Nachschlagewerke AH – Analecta hymnica medii aevi, hg. von Guido Maria Dreves und Clemens Blume, 55 Bde., Leipzig 1886–1909. du Cange – Charles du Fresne, sieur du Cange: Glossarium mediae et infimae latinitatis, erweiterte Neuausgabe von Léopold Favre, 10 Bde., Niort 1883–1887. PL – Patrologiae cursus completus. Series latina (von Jacques Paul Migne veranlaßte, zum Teil modifizierte Neudrucke bestehender Ausgaben), 217 Bde., Paris (Montrouge) 1844– 1855, Indexbände 1862–1865. RG – Repertorium Germanicum. Verzeichnis der in den Registern und Kameralakten vorkommenden Personen, Kirchen und Orte des Deutschen Reiches, seiner Diözesen und Territorien (herausgegeben vom Deutschen Historischen Institut Rom), bisher 9 Bde., Rom seit 1916. RI – Regesta Imperii, hg. von der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (seit 1829).

5.  Literaturergänzung zu den Heiltumsfahrten1 Chmel, Joseph: Regesta chronologico-diplomatica Ruperti regis romanorum, Frankfurt/ Main 1834. Eckhardt, Albrecht: Almosensammlungen der Grünberger Antoniter zwischen Mittelgebirge und Nordsee. Mit einem Beitrag zur Identifizierung des Bruderschaftsbuches in Bremen, in: Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde, Neue Folge, Bd. 32, 1974, S. 113–160. – Die Antoniter als Almosensammler in den Diözesen Bremen und Verden, in: Zur Hilfe verbunden. 550 Jahre St. Antonii-Bruderschaft zu Stade 1439–1989 (Hg. Jürgen Bohmbach; Helmut Speyer, Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv Stade, Bd. 11), Stade 1989, S. 31–54. – Die Antoniterkapelle in Fintel, in: Antoniter-Forum 1 (1993), S. 7–16. – Spuren almosensammelnder Antoniter zwischen Weser und Ems, in: Auf den Spuren des heiligen Antonius. Festschrift für Adalbert Mischlewski zum 75. Geburtstag (Hg. Peter Friess), Memmingen 1994, S. 60–64. 1  Betrifft nur die drei in der Klosterchronik genannten stationarii: sancti Antonii, im Juni 1506, beatae Mariae virginis, im April 1507, und sancti Valentini, im Juli 1511.



5.  Literaturergänzung zu den Heiltumsfahrten

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– Grünberger Antoniusboten im Raum Osnabrück, in: Antoniter-Forum 3 (1995), S. 21– 27. – Lichtenberg und Grünberg. Die Ablösung der Tochterniederlassung vom Mutterhaus, in: Antoniter-Forum 6 (1998), S. 7–16. – Grünberger Antonius-Boten im Raum Osnabrück. Ein neuer Quellenfund, in: Antoniter-Forum 18 (2010), S. 78–82. – Art. Fintel – Antoniter (Terminei), in: Niedersächsisches Klosterbuch (Hg. Josef Dolle), Bielefeld 2012, Teil 1, S. 390–392. – Die Antoniter-Terminei Fintel. Ein Beitrag im Niedersächsischen Klosterbuch, in: Antoniter-Forum 20/21 (2012/2013), S. 117–123. Lürssen, Dirk: Sankt Antonius Kirche und Antoniterorden. Ein Beitrag zur Finteler Kirchengeschichte, in: Rotenburger Schriften 78/79 (1993), S. 75–121. Mischlewski, Adalbert: Grundzüge der Geschichte des Antoniterordens bis zum Ausgang des 15. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Leben und Wirken des Petrus Mitte de Caprariis (= Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte, Bd. 8), Köln/ Wien 1976. Rauch, Jakob: Die Almosenfahrten der Höchster Antoniter am Ausgang des Mittelalters, in: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte, Bd. 2 (1950), S. 163–174; – Der Antoniterorden, in: Archiv für Mittelrheinische Kirchengeschichte, Bd. 9 (1957), S. 33–50. Sudhoff, Karl: Ein spätmittelalterliches Epileptikerheim (Isolier- und Pflegespital für Fallsüchtige) zu Rufach im Oberelsaß, in: Archiv für Geschichte der Medizin 6.6 (1913), S. 449–455. Winterhager, Wilhelm Ernst: Die Verkündigung des St. Petersablasses in Mittel- und Nordeuropa 1515–1519. Politische Bedingungen und Konsequenzen, in: Andreas Rehberg (Hg.), Ablaßkampagnen des Spätmittelalters, Berlin 2017, S. 565–610.

D. Personenregister Die Einträge sind nach folgendem Schema aufgebaut: Name, Vorname, Funktion(en), ggf. Geburtsdatum, ggf. Sterbedatum – Belege in der Klosterchronik Angegeben wird jeweils das Tagesdatum des Eintrages in der Klosterchronik (oder des dazugehörigen Kommentares), aus dem der Beleg geschöpft ist. Bloß graphische Varianten der Eigennamen (Elyzabeth statt Elisabeth) werden nicht dargestellt, die Schreibweise im ‚Urkundenbuch des Klosters Lüne‘ bzw. in den ‚Lüneburger Testamenten‘ belegter Namen wurde diesen gegenüber in der Regel beibehalten. Die Datensammlung, die dem Personenregister überwiegend zugrundeliegt, ist von Dr. Philipp Trettin (Düsseldorf ) angelegt worden.

1.  Klosterpersonen in Lüne1 Abbenborch, Mechthild, Nonne, † 03.05.1498–03.05.1498 (Tod) Bardowick (Bardewik), Dorothea, (Nonne)2, *24.08.1512–29.08.1521 (Klostereintritt) Barskamp (Berskampe, Berschaupe), Adelheid (Alheydis), Nonne, † 23.01.1486– 23.01.1486 (Tod) Behr (Bere), Anna, Konversin, *26.07.1470, † 17.03.1527–02.12.1499 (Klostereintritt, kommt aus Winsen), 26.07.1506 (Profeß), 17.03.1527 (Tod) Berge, von dem, Mechthild, Nonne, 17.11.1521–17.11.1521 (Tod) Bodenstedt, von, Heinrich, Propst in Dannenberg, danach (1412) Propst in Lüne, † 1433– 25.06.1510 (Erbauer eines Klostergebäudes)

1  Verzeichnet sind hier diejenigen Personen, die wenigstens einmal der Hausgemeinschaft des Klosters Lüne im kirchenrechtlichen Sinne angehört haben. Entsprechend finden sich hier die Kapläne Johannes Schnor und Johannes Weigand, auch wenn sie ihre Posten verlassen haben und lutherisch geworden sind, nicht aber die auf Zeit von Ebstorf nach Lüne entsandten Schwestern Mechthild Redebere und Elisabeth Bockes, weil davon ausgegangen werden kann, daß sie während ihrer Entsendung in Ebstorf inkorporiert geblieben sind (siehe unten, Teil II). Auch nicht verzeichnet sind hier der lutherische Prediger Hieronymus Enkhusen (weil davon auszugehen ist, daß er einer Inkorporation in das kanonisch verfaßte Haus Lüne nicht zugestimmt hätte; und seine vorherige Inkorporation in den Dominikanerorden kann durch seinen Religionswechsel als erloschen betrachtet werden, deshalb findet er sich in Teil III) und der herzogliche Güterverwalter Johannes Haselhorst (Teil III). 2  Wahrscheinlich hatte Dorothea Bardowick nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen.

200

D. Personenregister

Bodenteich (Bodendike), von, Sophia, Nonne in Ebstorf, dann (1481) Priorin in Lüne, † 02.02.1504–19.10.1481 (kommt als Priorin nach Lüne), nach 05.03.1497 (Neubau des Chores), 02.02.1504 (Tod) Bolen, Berthold, Beichtvater – nach 22.08.1483 (bleibt für ein Jahr) Boltzen (Boltze), Giselheid, Nonne, † 28.04.1491–28.04.1491 (Tod) Boltzen (Boltze), Magdalena, Nonne, † 28.04.1509–27.12.1484 (Einkleidung), 22.02.1507 (Novizenmeisterin); 28.04.1509 (Tod) Bomgarden (Bomgarde), Titburg, Konversin, † 12.12.1521–22.02.1511 (Klostereintritt), 12.12.1521 (Tod) Bromes, Gertrud (Trude, Geseke), Nonne, † 15.04.1528–15.04.1528 (Tod) Bromes, Margarete, (Nonne)3, *25.07.1514–09.08.1521 (Klostereintritt) Brunswich (Brunswikes), Mechthild, Nonne, † 27.08.1527–27.08.1527 (Tod) Bülow, von, Anna, Nonne – 31.07.1489 (Klostereintritt), 01.04.1492 (Einkleidung), 17.01.1497 (Schulentlassung), 01.11.1499 (Nonnenkrönung) Bülow, von, Engelheid (Engelke), Nonne, *08.09.1496–25.09.1502 (Klostereintritt), 29.04.1509 (Einkleidung), 30.09.1511 (Schulentlassung), 02.07.1513 (Profeß), 11.06.1514 (Nonnenkrönung) Clawes, Elisabeth, Konversin, *18.09.1519–18.03.1528 (Klostereintritt) Craßmann, Nikolaus, Kaplan, dann (1504) Beichtvater, ferner Notar und Prokurator des Klosters Lüne, † 13.09.1517–14.02.1504 (wohnt als Kaplan der Wahl der Priorin bei), 28.11.1504 (Wahl zum Beichtvater nach Resignation des Heinrich Maß), 04.12.1504 (hört Beichte), 15.02.1506 (wohnt der Wahl des Propstes bei), 07.03.1506 (erklärt Ablaßbedingungen), 21.03.1506 (verkündet Ablaß), 28.06.1508 (Fronleichnamsprozession), 30.06.1508 (liest Messe zur Danksagung), 21.07.1516 (Resignation), 13.09.1517 (Tod) Cruselman, Walburg (Wolbergis), Nonne, † 01.01.1522–01.01.1522 (Tod) Dahlenburg, Mechthild, Nonne, † 13.06.1495–13.06.1495 (Tod) Doevel, Heinrich, Beichtvater – 1485 (bleibt für fünf Jahre) Dytmers, Elisabeth, Konversin, *29.09.1482–01.09.1495 (kommt aus Winsen) Dytmers, Margarete, Konversin – 01.08.1486 (kommt aus Winsen) Elbeke, Mechthild, Konversin, † 09.03.1513–09.03.1513 (Tod) Elrendorp (Elderendorpes), Mechthild, Nonne, † 19.08.1517–19.08.1517 (Tod) Eltzen, von, Anna, Nonne, *17.06.1484–07.04.1494 (Klostereintritt) Eltzen, von, Gertrud, Nonne in Ebstorf, dann (1481) Subpriorin in Lüne, † 26.07.1496– 19.10.1481 (kommt anläßlich der Klosterreform aus Ebstorf ), 26.07.1496 (Tod) Eltzen, Mechthild, Nonne, *08.09.1500–04.05.1506 (Klostereintritt) Elvers, Dorothea, Nonne, *25.04.1505–30.12.1514 (Klostereintritt), 16.05.1518 (Einkleidung), 26.07.1520 (Schulentlassung), 03.04.1524 (Nonnenkrönung) Elvers, Gertrud, Nonne, *23.02.1509–23.02.1520 (Klostereintritt) Elvers, Katharina, Nonne, *26.05.1509–09.02.1520 (Klostereintritt) Ertborg, Albergis (Abele), Nonne, † 20.10.1508–20.10.1508 (Tod) Ertborg, Elisabeth, Nonne, † 14.03.1518–14.03.1518 (Tod) Fathouwers, Elisabeth, Nonne, *21.05.1509–30.09.1518 (Klostereintritt) Garleghes, Elisabeth, Nonne, scriptrix, † 16.05.1527–22.02.1499 (Novizenmeisterin), 18.05.1526 (begleitet Priorin nach Lüneburg), 16.05.1527 (Tod) 3  Wahrscheinlich hatte Margarete Bromes nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen.



1.  Klosterpersonen in Lüne

201

Garlop (Gerlop), Gerburg (Gebeke), Nonne, *28.07.1484–20.06.1494 (Klostereintritt) Garlop (Gerlop), Gertrud, Nonne, † 23.01.1498–23.01.1498 (Tod) Gilten, von, Anna, Nonne, *12.03.1484–12.05.1492 (Klostereintritt) Gilten, von, Margarete, Nonne, *08.09.1498–04.05.1504 (Klostereintritt), 01.03.1512 (Schulentlassung), 02.07.1513 (Profeß) Graurock (Grawerock), Katharina, *27.03.1467–22.08.1483 (kommt aus Winsen) Graurock (Grawerock), Margarete, Konversin, *02.02.1458–15.05.1482 (kommt aus Winsen) Graurock (Grawerock), Nikolaus, Kleriker der Diözese Verden, Archidiakon von Bevensen, dann (1457) Propst in Lüne, † 17.06.1493–01.11.1481 (läßt Beichtzimmer errichten), nach 15.05.1482 (läßt Küche, Vorratsraum und Saal errichten), vor 22.08.1483 (läßt Werkstatt errichten), 17.06.1493 (Tod) Greving, Kunigunde (Konneke), Nonne, bis 1481 Subpriorin in Lüne, † 05.03.1489– 05.03.1489 (Tod) Griff, Anna, Nonne, *23.04.1488, † 26.03.1528–28.08.1494 (Klostereintritt), 26.07.1506 (singt Litanei), 12.02.1507 (präsentiert Teppich), 26.03.1528 (Tod) Gronehagen (Grunhagen), Luitgard, Nonne, sacrista, † 16.07.1526–14.02.1504 (schlägt Mechthild Wilde als neue Priorin vor), 16.07.1526 (Tod) Harling (Herlingh), von, Heilwig, Nonne, *22.02.1483–28.03.1488 (Klostereintritt) Harling (Herlingh), von, Mechthild, Konversin, † 25.11.1529–24.01.1482 (Klostereintritt, wird vorgestellt durch Anna von Nassau-Dillenburg, Fürstin von Lüneburg), 25.11.1529 (Tod) Heitmann, Katharina, Magd auf dem Klosterhof, dann Konversin, *24.03.1502– 03.06.1527 (Klostereintritt) Hokens, Elisabeth, Nonne, † 01.08.1512–01.08.1512 (Tod) Hoppenstedt (Hoppenstede), Gertrud, Nonne, *08.09.1487, † 1564 (lt. Nolte) – 20.01.1496 (Klostereintritt), 16.02.1504 (Schulentlassung), 26.07.1506 (Profeß), 17.05.1509 (Nonnenkrönung) Hoyers, Berta (Berteke), Nonne, von 1468 bis 1481 Priorin in Lüne, † 24.02.1486– 24.02.1486 (Tod) Hucksers, Windelheid, Nonne, † 13.03.1511–13.03.1511 (Tod) Kleisken, Johannes, Laienbruder auf dem Klosterhof, † 18.07.1512–18.07.1512 (Tod) Kreye, Anna, Nonne, *29.09.1494–01.05.1506 (Klostereintritt), 29.04.1509 (Einkleidung), 30.09.1511 (Schulentlassung), 02.07.1513 (Profeß) Loffhagen, Gertrud, Konversin, *28.01.1472–30.09.1489 (kommt aus Winsen) Lorber, Anna, Nonne, *15.07.1501–16.03.1508 (Klostereintritt) Lorber, Cäcilia, Nonne, *17.03.1515–25.07.1518 (Klostereintritt), 21.10.1528 (Einkleidung) Lorber, Johannes, Kanoniker in Kassel, dann (1506) Propst in Lüne, † 29.04.1539– 13.02.1506 (kommt nach Lüne), 15.02.1506 (Wahl zum Propst), 23.03.1506 (Amtseinführung), nach 26.07.1506 (läßt Kapitelsaal vergrößern), 02.11.1506 (führt Prozession ein), 25.12.1506 (liest Messe), 17.07.1507 (führt Suffragium ein), 10.08.1507 (führt Votivmesse ein), 25.12.1507 (Predigt), 28.06.1508 (Fronleichnamsprozession), 21.09.1508 (segnet neues Dormitorium), 23.10.1508 (liest Messe), 01.11.1508 (läßt Glocke reparieren), 24.12.1509 (liest Messe), 03.06.1509 (läßt Katharinenkapelle errichten), 15.06.1509 (führt Kreuzprozession ein), vor 29.12.1509 (läßt Webstube und Sprechfenster errichten), 21.05.1510 (nimmt Ritter von Hodenberg in Gebetsverbrüderung auf ), 23.11.1510 (erhöht Festgrad), 25.11.1510 (erhöht Festgrad), 28.08.1512

202

D. Personenregister

(empfängt Besuch seiner Eltern), 13.09.1512 (läßt Kandidatinnen zur Einkleidung zu), 13.10.1512 (nimmt Eltern in Gebetsverbrüderung auf ), 27.09.1516 (liest Messe), vor 24.06.1519 (läßt Bauarbeiten im Kreuzgang ausführen), 25.06.1519 (bringt Urkunden und Reliquien vor Krieg in Sicherheit), 20.03.1524 (läßt Altarretabel herstellen), 12.03.1529 (teilt Lektüre aus), 13.07.1529 (wird von Herzog Ernst I. zum Rücktritt gezwungen), 14.07.1529 (behält sich Seelsorge vor), 02.08.1529 (wohnt Besuch des Kanzlers Förster bei), 10.08.1529 (gewährt Spitzbart Beichtvollmacht), 10.10.1529 (gibt Nonnen übliche Gaben), 21.12.1529 (nimmt an Wahl des Sülfmeisters teil), 24.12.1529 (ist in Lüneburg) Mahrenholz, (von), Anna, Nonne, dann (1562) Priorin in Lüne, *17.05.1509, † 1580 (lt. Nolte) – 16.10.1516 (Klostereintritt), 11.02.1524 (Schulentlassung) Marquard (Markward), Margarete, Konversin – 05.03.1497 (kommt aus Winsen) Maß, Heinrich, Beichtvater, † 27.12.1504–06.02.1490 (Amtsantritt), 14.02.1504 (wohnt der Wahl der Priorin bei), 27.12.1504 (Tod) Medingen, (von), Elisabeth, Nonne – 13.07.1529 (empfängt Nachricht über Absetzung des Propstes) Meygers, Elisabeth, Nonne, † 01.01.1484–01.01.1484 (Tod) Meygers, Elisabeth, Konversin, † 06.08.1508–06.08.1508 (Tod) Molen, von der, Anna, Nonne, *06.12.1492, † 29.09.1512–14.06.1502 (Klostereintritt), 13.04.1505 (Einkleidung), 26.07.1506 (Profeß), 17.03.1508 (Schulentlassung), 29.09.1512 (Tod) Mollens, Richeidis, Nonne, † 27.10.1506–27.10.1506 (Tod) Moygelke (Moilke, Moyleke), Mechthild, *01.02.1478–03.05.1487 (Klostereintritt) Munt, Heinrich, Beichtvater – nach 27. Dezember 1484 (bleibt für ein Jahr) Nagel, Gertrud, Konversin, *18.09.1496–29.12.1510 (Klostereintritt) Nidensten, Apollo (Apel), Kaplan, † 26.02.1508–26.02.1508 (Tod) Niebur (Nyebures), Elisabeth, Nonne, *10.11.1493, † 27.08.1525–05.08.1505 (Klostereintritt), 29.04.1509 (Einkleidung), 30.09.1511 (Schulentlassung), 02.07.1513 (Profeß), 27.08.1525 (Tod) Nienburg (Nyenborghes), Margarete, Nonne, † 08.11.1524–08.11.1524 (Tod) Pralß (Pralels), Katharina, Nonne, *24.06.1507–07.11.1517 (Klostereintritt) Pralß (Pralels), Margarete, Nonne, *14.08.1501, † 04.09.1526–30.12.1510 (Klostereintritt), 06.06.1514 (Einkleidung), 04.09.1526 (Tod) Provest, Elisabeth, Nonne, † 18.02.1504–18.02.1504 (Tod) Provest (Pravest), Wichburg, Nonne, subpriorissa – 13.04.1505 (zugegen bei Einkleidung, vgl. Kommentar), 16.06.1506 (fordert Gebet von Mitgliedern der Gebetsverbrüderung), 26.07.1506 (zugegen bei Profeß, vgl. Kommentar), 11.06.1509 (fordert Gebet von Mitgliedern der Gebetsverbrüderung), 08.09.1511 (trägt Bildnis der hl. Anna bei Prozession), 08.12.1511 (trägt Bildnis der hl. Anna bei Prozession) Raven, Elisabeth, Konversin, *01.05.1495–05.09.1508 (Klostereintritt) Raven, Gertrud, Nonne oder Konversin – 19.09.1511 (Klostereintritt) Renert, Heinrich, Kaplan, dann (1516) Beichtvater, † 02.08.1529–08.07.1516 (wird zum Beichtvater gewählt), 08.11.1524 (hört Beichte), 13.11.1524, 12.03.1529 (wohnt Kapitelsoffizium bei), 01.08.1529 (spendet Kommunion im Kreuzgang), 02.08.1529 (Krankheit und Tod) Römstedt (Remstede), Titburg, Nonne, *01.05.1473, † 16.11.1526–10.01.1482 (Klostereintritt), 27.12.1484 (Einkleidung), 16.11.1526 (Tod)



1.  Klosterpersonen in Lüne

203

Roggenbukes (Rochghenbuck), Elisabeth, Nonne, *02.05.1501, † 02.12.1526–08.04.1508 (Klostereintritt), 02.12.1526 (Tod) Rosenhagen, Margarete, Nonne, † 01.02.1510–01.02.1510 (Tod) Saghers, Adelheid (Alheydis), Konversin, *28.10.1498–06.05.1513 (Klostereintritt) Sanders, Margarete, Konversin, *13.07.1483–15.02.1502 (Klostereintritt), 13.04.1505 (Einkleidung), 26.07.1506 (Profeß) Schack, Adelheid (Alheydis), Nonne, † 05.05.1486–05.05.1486 (Tod). Schapers, Margarete, Nonne, † 16.12.1527–16.12.1527 (Tod) Schefot (Schefvotes), Elisabeth (Ilsebe), † 26.09.1495–26.09.1495 (Tod) Schele, Anna, Nonne, *23.12.1489–27.08.1502 (Klostereintritt)4 Schilders, Cäcilia, Nonne, *22.11.1506–05.11.1517 (Klostereintritt) Schimmelpfennig (Schymmelpenningh), Johannes, Priester – 28.05.1509 (Primiz) Schneverding (Sneverdinghes), Elisabeth, Nonne, dann (1535) Priorin in Lüne, † 1540 (lt. Nolte) – 01.03.1501 (Novizenmeisterin), 30.09.1511 (Novizenmeisterin), 22.02.1518 (Novizenmeisterin), 19.02.1519 (Novizenmeisterin), 22.03.1527 (Novizenmeisterin) Schneverding (Sneverdinghes), Gertrud, Nonne, † 01.05.1524–01.05.1524 Schneverding (Sneverdinghes), Magdalena, Nonne, *02.02.1508–22.06.1515 (Klostereintritt), 15.07.1520 (Einkleidung), 19.02.1523 (Schulentlassung) Schnor (Snor), Johannes, Kaplan (auch Kapelle zu Rode) – 22.07.1529 (liest nicht mehr die Messe, verläßt seinen Posten), 29.09.1529 (wird lutherisch, bleibt ein halbes Jahr in Lüne, verläßt das Kloster, heiratet, wird in Verwaltungsamt eingesetzt) Schomaker, Anna, Nonne, *08.09.1505–03.02.1515 (Klostereintritt), 16.05.1518 (Einkleidung), 26.07.1520 (Schulentlassung) Schomaker, Gertrud, Nonne, *11.06.1511–28.01.1520 (Klostereintritt), 10.06.1522 (Einkleidung), 22.03.1527 (Schulentlassung) Schomaker, Nikolaus, Dompropst in Lübeck, Domdekan in Verden, Domherr in Hildesheim, dann (1493) Propst in Lüne, † 01.02.1506–05.03.1497 (läßt Chor vergrößern), 14.02.1504 (wohnt Wahl der Priorin bei), 03.09.1505 (reist nach Hildesheim, erkrankt), 01.02.1506 (Tod) Schröder (Schroders), Mechthild, Nonne, *13.02.1490, † 28.04.1510–12.05.1502 (Klostereintritt), 28.04.1510 (Tod)5 Schulenburg, von der, Kunigunde, Nonne, *06.05.1484, † 1551 (lt. Kohwagner-Nikolai) – 01.06.1493 (Klostereintritt) Schütte (Schutte), Walburg (Wobbeke), Nonne, † 07.11.1489–07.11.1489 (Tod) Seger, Johannes, Verwalter, † 04.08.1529–04.08.1529 (Tod) Semmelbecker, Elisabeth, Nonne, *23.04.1475–25.01.1486 (Klostereintritt) Semmelbecker, Gertrud, Nonne, infirmatrix, † 1532 (lt. Nolte) – 22.02.1499 (Novizenmeisterin) Semmelbecker, Katharina, Nonne, Subpriorin, dann (1540) Priorin in Lüne, *01.11.1482, † 1563 (lt. Nolte) – 01.05.1487 (Klostereintritt), 01.03.1512 (Novizenmeisterin) Semmelbecker, Margarete (Greteke), Nonne, † 04.11.1487–04.11.1487 (Tod) Sensing (Sensinghes), Elisabeth (Ilseben), Nonne, † 21.02.1522–21.02.1522 (Tod) 4  Vielleicht

handelt es sich bei Anna Schele um die im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ mit A. C. bezeichnete Person (13.04.1505 Einkleidung, 26.07.1506 Profeß, 22.02.1507 Schulentlassung, 17.05.1509 Nonnenkrönung) 5  Vielleicht handelt es sich bei Mechthild Schröder um die im ‚Amtsbuch der Sakrista‘ mit M. C. bezeichnete Person (13.04.1505 Einkleidung, 26.07.1506 Profeß, 22.02.1507 Schulentlassung, 17.05.1509 Nonnenkrönung)

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D. Personenregister

Smed (Smedes), Margarete, Nonne, † 20.11.1516–20.11.1516 Soestes, Adelheid (Alheydis), Konversin, † 04.07.1518–04.07.1518 (Tod) Sommers, Titburg, † 06.08.1502–06.08.1502 (Tod) Spitzbart (Spiszebart), Dietmar, Kleriker der Diözese Verden, Kaplan, dann (1529) Beichtvater – 01.05.1508 (Primiz), 26.06.1519 (liest Messe im Klosterhof zu Lüneburg), 10.08.1529 (wird zum Beichtvater gewählt), 29.09.1529 (bleibt in Lüne), 24.12.1529 (liest Messe), 25.12.1529 (liest Messe) Stöterogge, Anna (Anneke), Nonne, † 08.08.1521–08.08.1521 (Tod) Stöterogge, Barbara, (Nonne)6, *22.09.1509–14.05.1521 (Klostereintritt) Stöterogge, Gertrud, Nonne, † 20.10.1496–20.10.1496 (Tod) Stöterogge, Elisabeth, Nonne, *25.03.1503, † 19.10.1526–03.01.1513 (Klostereintritt), 10.08.1516 (Einkleidung), 22.02.1518 (Schulentlassung), 19.10.1526 (Tod) Stöterogge, Margarete, (Nonne)7, *14.07.1518–12.03.1529 (Klostereintritt) Stüver (Stüvers), Adelheid (Alheyd), Nonne, *30.01.1490–17.03.1501 (Klostereintritt), 13.04.1505 (Einkleidung), 26.07.1506 (Profeß), 22.02.1507 (Schulentlassung) Thegetow, Mechthild, Konversin, † 23.06.1527–24.01.1482 (Klostereintritt, wird vorgestellt durch Anna von Nassau-Dillenburg, Fürstin von Lüneburg), 23.06.1527 (Tod) Töbing (Tobinges), Anna, Nonne, † 18.09.1524–18.09.1524 (Tod) Töbing (Tobinges), Elisabeth, Nonne, † 06.08.1524–06.08.1524 (Tod) Töbing (Tobinges), Titburg, Nonne, † 02.12.1502–02.12.1502 (Tod) Töbing (Tobinges), Wichburg (Wycbergis), Nonne, † 09.03.1504–09.03.1504 (Tod) Twedorpp (Twedorppes), Elisabeth, Nonne, † 22.12.1521–22.12.1521 (Tod) Tzerstede (Czerstede), Anna, Nonne, *10.08.1497–18.06.1504 (Klostereintritt) Tzerstede (Czerstede), Irmgard (Ermingardis), Nonne, *07.03.1483–11.09.1488 (Klostereintritt), 30.09.1516 (Novizenmeisterin) Vlatow, Sophia, Nonne, *06.01.1477, † 15.09.1520–25.07.1489 (Klostereintritt), 15.09.1520 (Tod) Vulle, Gertrud (Geske), Nonne, † 06.09.1504–06.09.1504 (Tod) Weigand (Wygandus), Johannes, Kaplan (auch Kapelle zu Rode) – 22.07.1529 (liest nicht mehr die Messe, verläßt seinen Posten), 29.09.1529 (wird lutherisch, bleibt ein halbes Jahr in Lüne, verläßt das Kloster, heiratet, wird in Verwaltungsamt eingesetzt) Wermers, Margarete, Konversin, *23.04.1505–26.07.1518 (Klostereintritt) Werners, Katharina, Nonne, *14.06.1478–03.11.1488 (Klostereintritt) Wevers, Titburg, Konversin, † 15.09.1487–15.09.1487 (Tod) Wichmann, Anna, Nonne, *13.12.1476, † 16.12.1510–06.11.1488 (Klostereintritt), Tod (16.12.1510) Wichmann, Margarete, Nonne, *25.05.1480, † 01.07.1500–17.09.1491 (Klostereintritt), 01.07.1500 (Tod) Wichtenbeke, Ursula, Nonne, *26.07.1502–17.02.1511 (Klostereintritt) Wilde, Mechtild, Nonne, dann (1504) Priorin zu Lüne, † vor 24.12.1535–14.02.1504 (Wahl), 16.06.1506 (errichtet Gebetsverbrüderung), 27.10.1506 (richtet Memorialmessen ein), 11.06.1509 (schließt Wohltäter in Gebetsverbrüderung ein), vor 24.06.1510 (läßt Gebäude renovieren), 16.12.1510 (singt Suffragium), 08.09.1511 (führt Prozes6  Wahrscheinlich hatte Barbara Stöterogge nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen. 7  Wahrscheinlich hatte Margarete Stöterogge nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen.



2.  Klosterpersonen in Ebstorf, Medingen und Wienhausen

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sion mit Bildnis Mariens ein), 08.12.1511 (führt Prozession mit Bildnis Mariens ein), 02.03.1519 (läßt Kapitelsaal ausmalen), 25.06.1519 (bringt Kommunität in der Stadt Lüneburg in Sicherheit), nach 15.09.1520 (läßt Bänke im Kreuzgang aufstellen), vor 14.05.1521 (läßt Behältnisse für die vasa sacra anfertigen), 18.05.1526 (begibt sich nach Lüneburg um Monstranz zurückzuerlangen), 13.07.1529 (empfängt Nachricht über Absetzung des Propstes), 14.07.1529 (wehrt sich gegen Einziehung der Prälatur), 18.07.1529 (bricht Anhörung der Predigt ab), 02.08.1529 (verkündet Tod des Beichtvaters, verwehrt sich gegen Verwaltung der Klostergüter durch Haselhorst, fordert Entfernung Enkhusens) Wilde, Katharina, (Nonne)8, *29.09.1515–07.05.1520 (Klostereintritt) Wilde, Anna, (Nonne)9, *05.08.1518–21.10.1528 (Klostereintritt) Winkelmann, Konrad, Beichtvater dann (1483) Franziskaner an St. Maria zu Lüneburg – 01.11.1481 (bleibt für zwei Jahre) Witik (Wytkes, Witeke), Anna, Nonne, *06.01.1503–25.06.1514 (Klostereintritt), 10.08.1516 (Einkleidung), 22.02.1518 (Schulentlassung) Wittenbeken (Wychtembeke), Margarete, Nonne, *23.04.1496–15.11.1505 (Klostereintritt), 29.04.1509 (Einkleidung), 02.07.1513 (Profeß) Wittorf (Wyttorpe), (von), Otto, Laienbruder, † 19.12.1527–19.12.1527 (Tod), 21.12.1527 (Bestattung) Wolmers, Reimburg, Nonne, † 14.02.1490–14.02.1490 (Tod)

2.  Klosterpersonen in Ebstorf, Medingen und Wienhausen10 Bockes, Elisabeth, Ebstorf, Konversin (Köchin) – 19.10.1481 (kommt anläßlich der Klosterreform aus Ebstorf nach Lüne, übernimmt dort die Küche, geht nach drei Jahren zurück nach Ebstorf ) Boltzen (Boltze), Harderad, Ebstorf, Nonne – 19.10.1481 (unterrichtet Lüner Nonnen in der Singweise des Offiziums nach Bursfelder Brauch) Dannenberg, von, Elisabeth, Ebstorf, Priorin – 25.02.1526 (besucht Lüne) Hodenberg, Barbara von, Ebstorf, Priorin – 08.06.1510 (besucht Lüne) Knesebeck, von dem Matthias, Ebstorf, Propst – 12.04.1493 (Tod) Lunde, Johannes, Wienhausen, Propst – 15.02.1506 (wohnt Wahl des Lüner Propstes bei) Mahrenholz, von, Johannes, (Bruder des Abtes Boldewin II. von Mahrenholz) Domdekan zu Halberstadt, dann (1516/1518) Propst zu Medingen – 15.02.1506 (wohnt Wahl des Lüner Propstes bei), 23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei) Niendorf, von, Mechthild, Ebstorf, Priorin – vor 26.02.1494 (besucht Lüne)

8  Wahrscheinlich hatte Katharina Wilde nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen. 9  Wahrscheinlich hatte Anna Wilde nicht mehr die Gelegenheit, öffentlich die Ewigen Gelübde abzulegen. 10  Verzeichnet sind hier diejenigen Personen, die den Hausgemeinschaften der Klöster Ebstorf, Medingen oder Wienhausen im kirchenrechtlichen Sinne angehört haben, ohne wenigstens einmal kanonisch in das Haus Lüne inkorporiert gewesen zu sein, also auch die auf Zeit nach Lüne entsandten Ebstorfer Schwestern Elisabeth Bockes und Mechthild Redebere.

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D. Personenregister

Redebere, Mechthild, Ebstorf, Nonne, sacrista – 19.10.1481 (kommt anläßlich der Klosterreform aus Ebstorf nach Lüne, übernimmt dort die Sakristei, geht nach drei Jahren zurück nach Ebstorf Römstedt (Remstede), Katharina, Wienhausen, Äbtissin – 17.07.1511 (besucht Lüne), 29.09.1523 (besucht Lüne), 27.09.1527 (besucht Lüne) Schele, Margarete, Ebstorf, Nonne – 19.10.1481 (unterrichtet Lüner Nonnen in der Singweise des Offiziums nach Bursfelder Brauch)

3.  Weltliche Personen Enkhusen (Enckhausen), Hieronymus, ehemaliger Dominikanerprior – 14.07.1529 (wird von Herzog Ernst I. als lutherischer Prediger zu Lüne eingesetzt), 15.07.1529 (predigt in der Klosterkirche), 18.07.1529 (Nonnen verlassen Kirche bei Predigt), 02.08.1529 (Kanzler Förster fordert sein Bleiben, gegen den Willen der Nonnen). 09.11.1529 (wird Vater), 14.11.1529 (tauft seinen Sohn) Enkhusen (Enckhausen), Albert, Sohn des lutherischen Predigers, *09.11.1529–09.11.1529 (Geburt), 14.11.1529 (Taufe) Flottwedel (Vloedewedelche), Gertrud (Geseke), Bürgerin zu Lüneburg – 09.09.1511 (wird in Gebetsverbrüderung aufgenommen und spendet für Katharinenkapelle) Förster, Johannes, Kanzler in Celle, † 15.11.1547–13.07.1529 (kommt mit Herzog Ernst I. nach Lüne, um die Prälatur zu kassieren), 02.08.1529 (kommt nach Lüne, besteht auf Verwaltung der Güter durch Haselhorst und Verbleiben des Predigers Enkhusen, gegen den Willen der Nonnen), nach 17.04.1530 (vertreibt alle Priester aus Lüne, vgl. Kommentar zum 29.09.1529) Haselhorst, Johannes, Oberhauptmann des Amtes Winsen – 14.07.1529 (wird von Herzog Ernst I. als Verwalter der eingezogenen Klostergüter eingesetzt), 02.08.1529 (Kanzler Förster besteht auf Verwaltung durch Haselhorst, gegen den Willen der Nonnen) Heinemann, Jakob, scholaris – nach 30.04.1509 (unterweist die Nonnen in der Restaurierung von Paramenten) Hodenberg, von, Rudolf (Rolef ), Ritter – 21.05.1510 (wird in Gebetsverbrüderung aufgenommen), 09.09.1511 Hodenberg, von, Sybilla, Freifrau (Gattin des Rudolf ) – 21.05.1510 (wird in Gebetsverbrüderung aufgenommen) Lorber, Valentin, Bruder des Propstes Johannes Lorber – 13.07.1529 (berichtet über Absetzung des Propstes) Mahrenholz, von, Konrad (Cord), Bruder des Abtes Boldewin II. von Mahrenholz, Schlossherr zu Welferlingen – 23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei) Schomaker, Jakob (der Jüngere), Bruder des Propstes Nikolaus Schomaker, Rat und Bürgermeister zu Lüneburg, † 09.02.1539–15.02.1506 (wohnt Wahl des Lüner Propstes bei), 23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei) Stöterogge, Hartwig, Rat und Bürgermeister zu Lüneburg – 15.02.1506 (wohnt Wahl des Lüner Propstes bei), 23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei) Werberghe (Werbergen), Margareta, Weblehrerin – 29.09.1500 (unterweist die Nonnen in der Anfertigung von Brettchengeweben)



4.  Fürsten und Prälaten

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4.  Fürsten und Prälaten (in alphabetischer Reihenfolge der Vornamen) Anna von Nassau-Dillenburg, Gräfin von Katzenelnbogen, Fürstin von Lüneburg, † 08.04.1513–24.02.1482 (präsentiert zwei Konversen) Berthold II. von Landsberg, Bischof von Verden, dann (1481) Bischof von Hildesheim und Administrator von Verden, † 04.05.1502–01.11.1481 (veranlaßt Klosterreform), 26.02.1494 (zur Visitation in Lüne), 04.05.1502 (Tod) Boldewin II. von Mahrenholz, Abt von St. Michael zu Lüneburg, † 1532–15.02.1506 (wohnt Wahl des Lüner Propstes bei), 23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei), 26.07.1506 (zur Profeß in Lüne), 22.07.1518 (zur Profeß in Lüne), nach 12.03.1529 (bleibt im Amt) Clemens VII. (Giulio de’Medici), Papst, † 25.09.1534–05.11.1524 (gewährt Ablaß) Christoph von Braunschweig-Wolfenbüttel, Bischof von Verden und (1511) Erzbischof von Bremen, † 22.01.1558–13.11.1524 (verfügt Translation des Festes Mariä Opferung) Christopher Radelennes OP, Weihbischof für die Diözesen Bremen-Hamburg und Verden, † 07.05.1536–29.09.1518 (zur Nonnenkrönung in Lüne), 03.04.1524 (zur Nonnenkrönung in Lüne) Ernst I. von Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Lüneburg (1520–1527 gemeinsam mit Otto I., danach allein), † 11.01.1546 – nach 08.11.1525 (verlangt 10000 rheinische Gulden), 26.04.1528 (kommt mit lutherischem Prediger nach Lüne), nach 12.03.1529 (setzt Prälaten ab und enteignet Kirchengut), 13.07.1529 (kommt nach Lüne um Prälatur einzuziehen) Heino Gottschalk, 1506–1529 Abt von Oldenstadt, † 1541–02.07.1513 (zur Profeß in Lüne) Heinrich I. (der Mittlere) von Braunschweig-Lüneburg, Herzog von Lüneburg (reg. bis 1520), † 19.02.1532–23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei), vor 25.06.1519 (Hildesheimer Stiftsfehde) Heinrich II. (der Jüngere) von Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Braunschweig-Wolfenbüttel, † 11.06.1568 – vor 25.06.1519 (Hildesheimer Stiftsfehde) Johannes, 1482 Abt von Oldenstadt, † 1506–14.02.1504 (wohnt Wahl der Lüner Priorin bei) Karl V. (Habsburg), Kaiser HRR, † 21.09.1558–28.06.1519 (Wahl) Margarete von Sachsen, Fürstin von Lüneburg, † 07.12.1528–23.03.1506 (wohnt Amtseinführung des Lüner Propstes bei) Martin von Fürstenwalde OP, Weihbischof für die Diözesen Halberstadt und Verden, † vor 1513–24.12.1508 (zur Glockenweihe in Lüne), 14.02.1509 (verleiht Ablaß), 17.05.1509 (zur Nonnenkrönung in Lüne) Maximilian I. (Habsburg), Kaiser HRR, † 12.01.1519–12.01.1519 (Tod) Otto I. von Braunschweig-Lüneburg, Fürst von Lüneburg (1520–1527 gemeinsam mit Ernst I.), dann (1527) Fürst von Harburg/Elbe, † 11.08.1549 – nach 08.11.1525 (verlangt 10000 rheinische Gulden), 26.04.1528 (kommt mit lutherischem Prediger nach Lüne)