Dezentrale Energiesysteme: Neue Technologien im liberalisierten Energiemarkt [3., überarb. und erw. Aufl.] 9783486714920, 9783486708851

Das Buch geht auf ein sehr breites Spektrum von verschiedenen Technologien ein und erörtert ausführlich deren thermodyna

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German Pages 483 [484] Year 2012

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Dezentrale Energiesysteme: Neue Technologien im liberalisierten Energiemarkt [3., überarb. und erw. Aufl.]
 9783486714920, 9783486708851

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Dezentrale Energiesysteme Neue Technologien im liberalisierten Energiemarkt

von

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl

3., überarbeitete und erweiterte Auflage

Oldenbourg Verlag München

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl leitet seit 2011 den Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik der Universität Erlangen Nürnberg. Zuvor lehrte er über 15 Jahre Energietechnik an der TU München, der Universität Rostock und an der Technischen Universität Graz.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2012 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0 www.oldenbourg-verlag.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Lektorat: Dr. Martin Preuß, Kristin Berber-Nerlinger Herstellung: Constanze Müller Titelbild: thinkstockphotos.de Einbandgestaltung: hauser lacour Gesamtherstellung: Grafik & Druck GmbH, München Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-486-70885-1 eISBN 978-3-486-71492-0

meinen Kindern

Vorwort Keine andere Technologie steht gleichzeitig so im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und in der Kritik wie die Energietechnik. Im Vordergrund des öffentlichen Bewusstseins stehen dabei vor allem die ökologischen Randbedingungen der Energiewandlung. Tschernobyl und die globale Erwärmung der Erdatmosphäre führten zu einer hohen Sensibilisierung der Gesellschaft für die Energiefrage. Das öffentliche Interesse führte allerdings dazu, dass die Forderung nach der verstärkten Nutzung regenerativer Energiequellen und neuer Technologien in immer stärkerem Widerspruch zu den wirtschaftlich und technisch realisierbaren Lösungsansätzen standen. Die Entwicklung der Energietechnik stand im 20. Jahrhundert überwiegend im Zeichen einer stetigen Verbesserung konventioneller Technologien für die Strom- und Wärmeversorgung. Versorgungssicherheit und die Qualität der Versorgung erreichten einen Stand, der in Zukunft kaum zu übertreffen ist. Das hohe Niveau der Energieversorgung durch Großanlagen und große Verbundnetze führte allerdings auch dazu, dass die Randbedingungen für die Entwicklung und Einführung neuer Technologien, wie beispielsweise den Brennstoffzellen, denkbar ungünstig waren. In den letzten Jahren zeichneten sich aber zwei neue Tendenzen ab, die in einigen Bereichen eine Neuorientierung der Energieversorgung nach sich ziehen werden: Zum einen finden die Forderungen nach einer Energieversorgung jenseits von fossilen Energieträgern auch ihren Niederschlag in den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Energiewirtschaft. Beispiele sind das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die Umsetzung des Kyoto-Protokolls, die den Einsatz von Biomasse, Wind und Sonne in der Energieversorgung vorantreiben. Zum anderen führt die Liberalisierung des Strommarktes zu einer Umstrukturierung, die zu Lasten der Versorgungssicherheit gehen wird und die deshalb die Entstehung kleiner Einheiten nach sich ziehen wird. Beide Tendenzen, die staatliche Förderung einer ökologisch nachhaltigen Energieversorgung und die Folgen der Liberalisierung des Strommarktes werden in den kommenden Jahren verstärkt zur Entwicklung von dezentralen Energiesystemen führen. Diese Systeme werden in vielen Fällen die bestehende Energieversorgungsstruktur aufgrund ihrer Effizienz, ihrer Flexibilität und, bei günstigen Randbedingungen, auch aufgrund wirtschaftlicher und ökologischer Vorteile sinnvoll ergänzen und teilweise auch ersetzen. Ziel dieser Arbeit ist es nicht, konventionelle Technologien und die Stromerzeugung in großen zentralen Kraftwerksanlagen in Frage zu stellen, sondern Nischen und Wege aufzuzeigen, die geeignet sind, die Entwicklung innovativer, dezentraler Technologien zu erleichtern und eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen durch Kraft-WärmeKopplung oder Brennstoffzellen zu ermöglichen.

VIII

Vorwort

Die technischen und wirtschaftlichen Nachteile von kleinen, dezentralen Energiesystemen gegenüber Großanlagen können nur dann kompensiert werden, wenn gleichzeitig konsequent ihre Vorteile – die hohe Effizienz der Kraft-Wärme-Kopplung und die Flexibilität dezentraler Versorgungsstrukturen – genutzt werden. Besonders die Chancen, die die Liberalisierung des Strommarktes bietet, sind geeignet, die Entwicklung von Zukunftstechnologien wie Brennstoffzellen und die Vergasung biogener Brennstoffe voranzutreiben, um im Interesse nachfolgender Generationen langfristig die Nachhaltigkeit unserer Energieversorgung sicher zu stellen. Diese Arbeit entstand aus verschiedenen Vorlesungen im Rahmen meiner Habilitation an der Technischen Universität München. Mein herzlicher Dank gilt Herrn Prof. Sattelmayer, TU München und Herrn Prof. Ziegler, TU Berlin für zahlreiche Anregungen und Diskussionen zu dieser Arbeit. Vor allem aber Herrn Prof. Hein danke ich für seine herzliche Unterstützung über viele Jahre in allen fachlichen und auch persönlichen Belangen. Stellvertretend für alle Mitarbeiter des Lehrstuhls für Thermische Kraftanlagen möchte ich auch meinen Freunden und Kollegen Prof. Markus Goldbrunner und Prof. Sotirios Karellas für die Überprüfung und Korrektur der Berechnungsbeispiele und den Mitarbeitern vom Oldenbourg Verlag für die gute Zusammenarbeit danken. Mit der überarbeiteten dritten Auflage soll den rasanten Umbrüchen der Energiewirtschaft der letzten Jahre Rechnung getragen werden. Durch die ungeahnte Dynamik des Zubaus erneuerbarer Energien innerhalb nur weniger Jahre und durch den Ausstieg aus der Kernenergie nach Fukushima, befindet sich die deutsche und europäische Energiewirtschaft im Umbruch. Die fluktuierende und überwiegend dezentrale Einspeisung erneuerbarer Energien und stetig steigende Energiepreise stellen Netze und Elektrizitätsversorgungsunternehmen vor gravierende Herausforderungen. Neben der Einführung dezentraler Versorgungsstrukturen nimmt die Bedeutung von Technologien für die Speicherung von Strom und Wärme stetig zu. Aus diesem Grund wurde ein zusätzliches Kapitel zur Energiespeicherung aufgenommen. Weitere Kapitel, beispielsweise die Abschnitte über Brennstoffzellen, die Biogaserzeugung und zur Stoff-Wärme-Kopplung – der so genannten Polygeneration – wurden wesentlich überarbeitet und ergänzt. Trotz der vielen Stunden, die die Ausarbeitung und Überarbeitung dieses Buches in Anspruch nahm, verfolgten meine liebe Frau Eva und meine Kinder Miriam, Anja, Valerie, Simona, Tobias und Lucia meine Arbeit stets mit großem Interesse. Umso wichtiger ist für mich die Hoffnung, mit dieser Arbeit einen Beitrag zu einer offeneren Diskussion der Energiefrage geleistet zu haben – einer Frage die sich gerade unseren Kindern stellen wird und die gerade unsere Kinder einmal uns stellen werden... Markt Indersdorf und Schwabach

Jürgen Karl

Inhalt Vorwort

VII

1

Einführung

1

1.1

Strukturen der Strom- und Wärmeerzeugung ............................................................. 1

1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4 1.2.5

Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen der Energiewandlung ........................................................................................................5 Energiebedarf und Weltbevölkerung .......................................................................... 5 Reichweite und Risiken fossiler Energieträger ........................................................... 8 Der Treibhauseffekt ..................................................................................................11 Die Entwicklung der internationalen Strommärkte ................................................... 14 Die Entwicklung Erneuerbarer Energien und der CO2- Emissionen ......................... 15

1.3 1.3.1 1.3.2 1.3.3 1.3.4 1.3.5

Probleme beim dezentralen Einsatz konventioneller Technologien .......................... 17 Technologien für dezentrale Stromerzeugung........................................................... 17 Einfluss der Anlagengröße auf die Wirtschaftlichkeit .............................................. 18 Einfluss der Anlagengröße auf die thermodynamische Effizienz ............................. 19 Einfluss der Anlagengröße auf die Flexibilität.......................................................... 20 Einfluss der Anlagengröße auf die Ökologie ............................................................ 20

2

Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3

Wirkungsgrade bei der Energiewandlung .................................................................21 Die Energiebilanz ......................................................................................................23 Der ideale Kreisprozess............................................................................................. 27 Die Exergiebilanz ......................................................................................................31

2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4

Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse .......................................38 Die thermische Konversion von Brennstoffen .......................................................... 38 Zustandsänderungen in Energiesystemen .................................................................73 Numerische Berechnung thermischer Prozesse ........................................................ 82 Thermodynamische Bewertung der Energiewandlung ............................................. 89

3

Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

3.1 3.1.1

Wärmeerzeugung ......................................................................................................97 Konzepte zur Wärmeversorgung ............................................................................... 99

21

97

X

Inhaltsverzeichnis

3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5

Wärmeerzeuger ...................................................................................................... 102 Feuerungskonzepte ................................................................................................. 106 Wirkungsgrade bei der Erzeugung von Nutzwärme ............................................... 109 Verbrennung von Festbrennstoffen ........................................................................ 122

3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3

Stromerzeugung in Wärmekraftwerken.................................................................. 133 Das klassische Dampfkraftwerk ............................................................................. 135 Gasturbinen-Kraftwerke ......................................................................................... 146 Kombinierte Kraftwerke......................................................................................... 158

3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4

Kraft-Wärme-Kopplung ......................................................................................... 161 Energiebilanz der Kraft-Wärme-Kopplung ............................................................ 161 Thermodynamische Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung ................................ 170 Wirtschaftliche Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung............................................ 181 Arbeitsmaschinen für die Kraft-Wärme-Kopplung ................................................ 184

3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3

Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung ..................................... 195 Die Vergasung von Festbrennstoffen ..................................................................... 195 Brenngasaufbereitung und Systemintegration ........................................................ 222 Stoff-Wärme-Kopplung und Polygeneration.......................................................... 229

3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3

Brennstoffzellen ..................................................................................................... 238 Funktionsweise von Brennstoffzellen .................................................................... 238 Wirkungsgrade von Brennstoffzellen ..................................................................... 242 Brennstoffzellen-Systeme ...................................................................................... 262

4

Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

4.1

Prinzipien für die Entwicklung thermodynamisch effizienter Energiesysteme....................................................................................................... 265 Optimierung des Carnot-Faktors ............................................................................ 266 Minimierung von Rauchgasverlusten ..................................................................... 271 Optimierung der thermodynamischen Systemintegration ...................................... 293 Zusammenfassung der Prinzipien für thermodynamisch effiziente Energiesysteme....................................................................................................... 303

4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.4 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.2.7 4.2.8 4.2.9 4.2.10 4.2.11

265

Prinzipien für die Entwicklung flexibler Energiesysteme ...................................... 306 Bedeutung der Flexibilität eines Energiesystems für die Versorgungssicherheit ............................................................................................ 306 Versorgungsicherheit in Stromnetzen .................................................................... 308 Lastmanagement und Anlageneinsatzplanung ....................................................... 313 Energiesysteme mit günstigem Teillastverhalten ................................................... 317 Leistungssteigernde Maßnahmen bei Dampfturbinen-Prozessen ........................... 329 Leistungssteigernde Maßnahmen bei Gasturbinen ................................................. 330 Flexibilisierung durch die Kraft-Wärme-Kopplung ............................................... 334 Virtuelle Kraftwerke’ und ‚Smart Grids‘ ............................................................... 338 Energiespeicherung und Speichertechnologien ...................................................... 340 Erweiterung des Brennstoffbandes ......................................................................... 348 Zusammenfassung der Prinzipien für flexible Energiesysteme .............................. 350

Inhaltsverzeichnis

XI

4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.3.5 4.3.6 4.3.7 4.3.8

Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme ................ 352 Wirtschaftliche Randbedingungen dezentraler Anlagen ......................................... 352 Maßnahmen zur Minimierung der Energieerzeugungskosten ................................. 379 Maßnahmen zur Erhöhung der Anlagenauslastung ................................................. 383 Peak-Shaving .......................................................................................................... 387 Wirtschaftliche Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung ............................................ 390 Erwirtschaftung von Zusatzerlösen ......................................................................... 394 Vermeidung von Planungsfehlern ........................................................................... 396 Zusammenfassung der Prinzipien für wirtschaftlich effiziente Energiesysteme ....................................................................................................... 413

4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5

Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme ................................ 416 Minderung der spezifischen CO2-Emissionen......................................................... 416 Verwendung regenerative Energieträger ................................................................. 419 Minimierung der Umweltbelastung durch Emissionen ........................................... 427 Minimierung der Umweltbelastungen durch Transport und Verteilung ................. 434 Zusammenfassung der Prinzipien für nachhaltige Energiesysteme ........................ 436

5

Zusammenfassung und Ausblick

5.1

Die Notwendigkeit der Entwicklung dezentraler Energiesysteme .......................... 439

5.2

Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme ....................................................................................................... 441

5.3

Lösungsansätze für die Umsetzung notwendiger Entwicklungsarbeiten ................ 443

6

Literatur

447

7

Anhang

457

7.1

Tabellenverzeichnis ................................................................................................ 457

7.2

Abbildungsverzeichnis ............................................................................................ 458

Stichwortverzeichnis

439

465

1

Einführung

1.1

Strukturen der Strom- und Wärmeerzeugung

Die wichtigsten Kriterien für die Auswahl von Energiesystemen waren in den vergangenen Jahrzehnten, neben den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Energiewandlung, stets die Sicherstellung der Versorgungssicherheit und der Versorgungsqualität. Die Stromerzeugung des zwanzigsten Jahrhunderts war geprägt durch die Entwicklung sehr großer, zentraler Kraftwerkssysteme. Der rasante Anstieg des Stromverbrauchs im Zuge der Industrialisierung konnte nur durch den Aufbau großer Verbundnetze mit zentralen Versorgungsstrukturen gesichert werden. Verbundnetze und Großkraftwerke wurden überwiegend von großen, überregionalen Versorgern betrieben. Im Schutz eines stark regulierten Energiemarktes entwickelten sich große Energieversorgungskonzerne, die ein Höchstmaß an Versorgungssicherheit gewährleisteten. Neben diesen großen, überregionalen Energieversorgern entwickelte sich eine Vielzahl kleinerer, kommunaler Energieversorger. Diese regionalen Energieversorger konzentrierten sich vor allem auf die Stromverteilung und arbeiteten eng mit den überregionalen Versorgern zusammen. Neben den regionalen Verteilnetzen betrieben diese kommunalen Versorger oft auch selbst größere Kraftwerkseinheiten. Die unter diesen Randbedingungen erzielten Stromerlöse dienten vielen Kommunen zur Refinanzierung defizitärer Bereiche bei öffentlichen Dienstleistungen, wie beispielsweise dem öffentlichen Nahverkehr. Im Gegensatz zur Stromerzeugung war der Wärmemarkt stets von dezentralen Strukturen geprägt. Eine wirtschaftliche Versorgung wurde hier durch sehr kleine, standardisierte Einheiten sichergestellt, die aufgrund hoher Stückzahlen kostengünstig und mit hoher Verfügbarkeit bereitgestellt werden konnten. Analog zu den elektrischen Netzen entstandenen weitverzweigte Gasversorgungsnetze, die mit Nahwärmenetzen und den Vertriebsorganisationen für den Verkauf von Heizöl konkurrierten. Die wichtigsten Kriterien, die die wirtschaftliche Situation eines Energiesystems bestimmten, waren sowohl bei der Stromversorgung als auch bei der Wärmeerzeugung bisher vor allem • •

Effizienz Verfügbarkeit und Versorgungssicherheit

und gegen Ende des 20. Jahrhunderts aufgrund veränderter, gesellschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen zunehmend auch die •

Umweltverträglichkeit eines Systems.

2

1 Einführung

Die wirtschaftliche Situation der Strom- und Wärmeerzeugung wird auch in Zukunft bestimmend für die Entwicklung und Realisierung neuer Konzepte bleiben. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden dabei vor allem von der Kostenstruktur einer Energieerzeugungsanlage, also den Strom- und Wärmegestehungspreisen, bestimmt. Bereits heute ist allerdings absehbar, dass die Liberalisierung des Strommarktes auch zu einer Minderung der Versorgungssicherheit führen wird. Verfügbarkeit und Versorgungssicherheit werden künftig eine untergeordnetere Rolle spielen. Dies liegt vor allem daran, dass der Spielraum für kostenintensive Wartungsarbeiten und Neuinvestitionen aufgrund der bisher nicht vorhandenen Wettbewerbssituation deutlich kleiner wird und Investitionen mit Abschreibungszeiten von mehreren Jahrzehnten die Ausnahme bilden werden. Diese langfristigen Investitionen wären insbesondere dann notwendig, wenn weiterhin auf bewährte und zuverlässige, aber auch auf hochwertige und damit investitionsintensive Technologien gesetzt werden soll. Unsichere wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen sowie die Risiken des Rohstoffmarktes werden aber die Investitionsbereitschaft für den Bau sehr großer, kapitalintensiver Anlagen wesentlich mindern. Hinzu kommt, zumindest in den Industriestaaten, die Tatsache, dass die Akzeptanz für den Bau von Großanlagen, wie großen Kohlekraftwerken, dem zugehörigen Braunkohletagebau oder gar der Bau von neuen Kernkraftwerken mehr und mehr abnehmen wird. Der Planungsaufwand wird durch die aufgrund von Bürgerprotesten immer aufwändigeren Genehmigungsverfahren und vor allem für die immer längeren Genehmigungszeiten unverhältnismäßig hoch und birgt zudem das Risiko, dass selbst eine erfolgte Bau- und Betriebsgenehmigung nachträglich auf dem Rechtsweg widerrufen werden kann. Im Falle des deutschen Kernkraftwerkes Mühlheim-Kährlich führte dies dazu, dass ein vollständig fertiggestelltes Kernkraftwerk nach dem Probebetrieb nicht in Betrieb gehen konnte. Ein ähnliches Schicksal ereilte ein bereits fertiggestelltes Kernkraftwerk in Österreich, dessen Inbetriebnahme per Volksentscheid verhindert wurde. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 ist die Nutzung der Kernenergie wohl auch in Deutschland auf absehbare Zeit beendet. Aber nicht nur der Bau und Betrieb von Kraftwerken und kerntechnischen Anlagen wird in Zukunft erheblich erschwert werden, selbst der Bau von Überlandleitungen oder vergleichsweise kleiner Müllverbrennungsanlagen wird künftig wesentlich problematischer. Ursachen für die abnehmende Akzeptanz sind nicht nur das „St.-Florians-Prinzip“ („not in my backyard!“), sondern auch die geringe Kenntnis in der Gesellschaft über die technischen und wirtschaftlichen Randbedingungen der Energiewirtschaft und eine weitgehend falsche Beurteilung des Standes der Technik in den Medien, der Politik und sogar im Management großer Konzerne. Hier werden aufgrund unrealistischer Erwartungshaltungen notwendige Entwicklungszeiten wesentlich unterschätzt und so langfristige Entwicklungsziele entweder nicht in Angriff genommen oder bereits nach kurzer Zeit wieder verworfen. Ein dritter Grund für die notwendige Änderung bestehender Kraftwerksstrukturen besteht darin, dass zunehmend auch nicht speicherbare, regenerative Energien genutzt werden. Die fluktuierende Einspeisung aus Windkraft und Photovoltaikanlagen führt dazu, dass an sonnigen Tagen oder an Tagen mit hohem Windaufkommen die Transportkapazitäten der Übertragungsnetze an ihre Grenzen stoßen, während diese Energien an anderen Tagen

1.1 Strukturen der Strom- und Wärmeerzeugung

3

keinen Beitrag zur Energieversorgung leisten. Die notwendige Reservehaltung für Windkraft und Photovoltaik wird dazu führen, dass aufgrund der geringen Anlagenauslastung kostengünstigere und auch kleinere, flexiblere Anlagen notwendig sein werden, um nur wenige Stunden im Jahr bei ungünstigen Wetterbedingungen die fehlende Stromerzeugung aus Wind und Sonne substituieren zu können. Eine besondere Rolle kommt dabei auch der Speicherung von Energie und insbesondere der Kombination dezentraler Energieversorgungsanlagen mit thermischen und elektrischen Speichern zu. Die abnehmende Investitionsbereitschaft, die immer schlechtere Akzeptanz und die steigenden Anforderungen an die Anlagenflexibilität werden also zunehmend den Neubau von Großanlagen einschränken. Ein Verzicht auf diese Technologien führt zwangsläufig zur Minderung der Versorgungssicherheit und kann nur durch den Betrieb einer größeren Anzahl von Anlagen mit erhöhter Anlagenflexibilität kompensiert werden. Dies wird auch bei der Stromerzeugung zwangsläufig zu einer verstärkten Nutzung von dezentralen Systemen führen. Die Anzahl der Anlagen für die Eigenversorgung von Betrieben und kommunalen Einrichtungen, beispielsweise zur Notstromversorgung oder zur Deckung des eigenen Wärmebedarfs durch die Verbrennung von Reststoffen aus der eigenen Produktion, wird stark steigen. Ein wesentlicher Beitrag zur Gewährleistung der notwendigen Versorgungssicherheit wird auch dadurch geleistet, dass durch den verstärkten Einsatz kleiner Anlagen die erhöhten Betriebsrisiken auf eine höhere Anzahl von Anlagen verteilt werden. Durch den Verbund mehrerer Kleinanlagen kann mit softwaregestützter Anlageneinsatzplanung und Lastmanagement-Systemen bedarfsgerecht reagiert werden. Zudem erhöht die höhere Anlagenanzahl die Redundanz bei der Strom- und Wärmeerzeugung. Neben der Minderung der Versorgungssicherheit, werden auch die Forderungen nach einem verstärkten Einsatz regenerativer Energien den Ausbau dezentraler Strukturen für die Stromerzeugung fördern. Die meist nur in geringen Mengen dezentral verfügbaren regenerativen Energien, wie beispielsweise die Wind- und Sonnenenergie oder Geothermie, lassen nur die Errichtung von Anlagen mit geringer Leistung zu. Vor allem auch die dezentrale Verfügbarkeit des regenerativen Energieträgers Biomasse erfordert dessen Nutzung in dezentralen, kleinen Anlagen. Biomasse und biogene Reststoffe fallen nur dezentral in kleinen Mengen, beispielsweise in landwirtschaftlichen oder holz- und lebensmittelverarbeitenden Betrieben an. Aufgrund ihrer geringen Energiedichte und dem daraus resultierenden logistischen Aufwand lohnt sich ein Transport von Biomasse nur bis zu einer bestimmten Anlagengröße. In den nächsten Jahrzehnten werden also zwei zusätzliche Kriterien entscheidend zur wirtschaftlichen Situation und damit zur Zukunftsfähigkeit eines Energiesystems beitragen: •

die Flexibilität des Systems



die Nachhaltigkeit des eingesetzten Primärenergieträgers

und Beide Kriterien werden zu einer verstärkten Nachfrage nach dezentralen Energiesystemen, auch für die Stromerzeugung führen. Im Folgenden sollen daher Kriterien für Beurteilung

4

1 Einführung

der Zukunftsfähigkeit von Energiesystemen abgeleitet und am Beispiel bereits heute verfügbarer Technologien diskutiert werden. Grundlage für die Bewertung jeder Technologie für die Energiewandlung ist die thermodynamische Berechnung des Energiesystems. In Kapitel II werden daher die thermodynamischen Grundlagen für die Berechnung von Energiesystemen abgeleitet und anhand von Beispielen erklärt. Kapitel III beschreibt die bisher in der Energietechnik eingesetzten Technologien zur Stromund Wärmeerzeugung. Neben konventionellen Technologien werden aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für kleine, dezentrale Systeme vor allem die Kraft-Wärme-Kopplung, die Vergasung von Festbrennstoffen und Brennstoffzellen ausführlich beschrieben. Die besonderen Herausforderungen für die Entwicklung dezentraler Versorgungssysteme werden in Kapitel IV diskutiert. Aufbauend auf den Grundlagen für die thermodynamische Berechnung werden allgemeingültige Prinzipien abgeleitet, die für die Entwicklung thermodynamisch effizienter Energiesysteme Anwendung finden müssen (Kap. 4.1). Der Forderung nach einer erhöhten Flexibilität von Energiesystemen kann durch neue Technologien zum Last- und Einsatzmanagement Rechnung getragen werden. Neben den Prinzipien für die Flexibilisierung des Anlageneinsatzes kommt allerdings auch der Flexibilisierung des Brennstoffbandes eine besondere Bedeutung zu (Kap. 4.2). Entscheidend für die Realisierbarkeit neuer Konzepte sind stets die wirtschaftlichen Randbedingungen. Im Gegensatz zu den Prinzipien für die Entwicklung thermodynamisch effizienter Anlagen, lassen sich die Grundsätze für einen wirtschaftlichen Betrieb von Großanlagen nicht auf die besonderen Randbedingungen kleiner, dezentraler Anlagen übertragen. Neben den Unterschieden in der Kostenstruktur großer und kleiner Anlagen wird in Kapitel 4.3 daher diskutiert, wie die Kraft-Wärme-Kopplung und eine erhöhte Anlagenflexibilität die wirtschaftlichen Nachteile kleiner Versorgungsanlagen kompensieren können. Die Erwärmung der Erdatmosphäre und die stetig wachsende Weltbevölkerung erfordern zunehmend den Einsatz umweltverträglicher Energieversorgungstechnologien. Neben der Erhöhung der Brennstoffausnutzung durch thermodynamisch effizientere Systeme ist deshalb ein verstärkter Einsatz von regenerativen Energieträgern unerlässlich (Kap. 4.4). Entscheidend für die Umsetzbarkeit der in Kapitel IV diskutierten Prinzipien sind allerdings die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Energieversorgung. Das wesentliche Dilemma für die Einführung neuer Technologien in der Energiewirtschaft sind vor allem lange Entwicklungszeiten, hohe Entwicklungs- und Investitionskosten und die volkswirtschaftliche Notwendigkeit, eine wesentliche Steigerung der Energiekosten zu vermeiden. In Kapitel V werden deshalb abschließend verschiedene Möglichkeiten erörtert, die geeignet sind, die notwendigen Entwicklungsarbeiten und Investitionen in neue innovative Technologien voranzutreiben.

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

1.2

Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen der Energiewandlung

1.2.1

Energiebedarf und Weltbevölkerung

5

Entscheidend für den künftigen, weltweiten Energieverbrauch sind die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung des Lebensstandards in den kommenden Jahren. Besonders das wirtschaftliche Wachstum in bevölkerungsreichen Schwellenländern, wie China und Indien, wird dazu führen, dass der Weltenergieverbrauch und damit auch der Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastungen erheblich zunehmen werden. In Abb. 1.1 ist die von der Shell AG bereits 1995 prognostizierte Entwicklung des weltweiten Primärenergieverbrauchs dargestellt [1.9]. Dieser Darstellung wurde ein Szenario mit einer 'nachhaltigen Entwicklung' zugrunde gelegt, das eine mäßige Bevölkerungsentwicklung und einen verantwortlichen Umgang mit Energie und natürlichen Ressourcen voraussetzt. Selbst bei diesem 'nachhaltigen Szenario' muss bis zum Jahr 2050 damit gerechnet werden, dass sich der Weltenergieverbrauch mehr als verdoppelt. Bemerkenswert ist dabei, dass die Shell-Studie davon ausgeht, dass der Zuwachs durch regenerative Energien wie Wind, Sonne und Biomasse gedeckt werden kann. Dabei ist ein Zuwachs bei der Nutzung fossiler Energieträger weniger durch deren Reichweite limitiert als vielmehr durch die vorhandenen Förderkapazitäten.

noch offen

Weltenergieverbrauch in Exajoule

1500

Geo- / ozeanische Energie

erneuerbare Energien

Solarenergie

1000

neue Biomasse

500

0

1900

Abb. 1.1:

Windenergie Wasserkraft trad. Biomasse Kernkraft Erdgas Erdöl Kohle

bisherige Energien

1920

1940

1960

1980

2000

2020

2040

2060

Prognostizierter Energiebedarf Weltenergieverbrauch bis 2060 (Shell-Studie, „Nachhaltiges Szenario“ [1.9])

6

1 Einführung

So wird bereits in den nächsten Jahren mit einem weiteren Anstieg des Rohölpreises allein aufgrund der Tatsache gerechnet, dass die Nachfrage den bestehenden Förderkapazitäten entspricht und der steigenden Nachfrage ein stagnierendes Angebot gegenüber steht. Die Nachfrage kann dann nur durch die Erschließung neuer Ölfelder befriedigt werden, die wiederum nur bei höheren Weltmarktpreisen wirtschaftlich ausgebeutet werden können. Die wichtigste Ursache für den Anstieg des Weltenergieverbrauchs wird die Angleichung des Lebensstandards zwischen den Schwellenländern wie China und Indien und den Industriestaaten in Nordamerika, Europa oder Fernost sein. Eine Erhöhung des Lebensstandards führt unweigerlich zu einem Anstieg des Energieverbrauchs. In Abb. 1.2 ist dies am Beispiel des durchschnittlichen Stromverbrauchs pro Einwohner für verschiedene Staaten dargestellt. Auf der x-Achse ist dabei der Anteil einzelner Regionen an der Weltbevölkerung aufgetragen. Der Pro-Kopf-Verbrauch ist dabei in den Industriestaaten Europas und Nordamerika am höchsten. Aus dieser Darstellung kann auch unmittelbar der gesamte Energieverbrauch der aufgetragenen Regionen aus den Flächen der einzelnen Säulen abgelesen werden. Dabei wird deutlich, dass bislang der Energieverbrauch in China nur einen geringen Anteil am weltweiten Stromverbrauch einnahm.

künftiger Energieverbrauch bei Angleichung des Lebensstandards in China oder Indien

6000

ca. 50 Exa-Joule

La tei na me Os rik tas a ien Mi t t No elo rda st u frik . a

8000

4000 heutiger Stromverbrauch ca. 502000 Exa-Joule

Ch ina

10000

0 0

1000

2000

3000

ca. 35 Exa-Joule

4000

künftiger Energieverbrauch bei Zunahme der Weltbevölkerung

üb We rige lt

12000 OE Pa CD z We ifiklä ste nde Ru uro r Os ßlan pa teu d u rop . a

pro Kopf-Verbrauch in kWh pro Jahr

14000

künftiger Energieverbrauch bei Angleichung des Lebensstandards weltweit: ca. 300 Exa-Joule

Ind ien

No rda me rik a

Geht man allerdings davon aus, dass sich aufgrund der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Lebensstandard in China dem Lebensstandard in den USA angleichen wird, muss davon ausgegangen werden, dass sich alleine dadurch der weltweite Stromverbrauch verdoppelt.

5000

6000

Weltbevölkerung in Millionen Abb. 1.2:

Welt-Stromverbrauch bei weltweiter Angleichung des Lebensstandards und des pro KopfVerbrauchs an Nordamerika [1.9]

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

7

Die klimatischen Bedingungen Chinas sind mit denen Nordamerikas vergleichbar, so dass bei gleichem Lebensstandard, beispielsweise für die Klimatisierung und in der Industrie, ein ähnlich hoher Pro-Kopf-Verbrauch entstehen würde. Selbst wenn ein vergleichbarer Lebensstandard nur von 10% der chinesischen Bevölkerung erreicht wird, wird dies zu einer erheblichen Zunahme des Weltstromverbrauches führen. Wie China ist derzeit eine Vielzahl von Schwellenländern dabei, den eigenen Lebensstandard und damit den Energieverbrauch an das Niveau westlicher Industriestaaten anzugleichen. Eine umfassende und detaillierte Analyse der zu erwartenden Probleme und Risiken eines umfassenden Bevölkerungswachstums und einer Angleichung des Lebensstandards veröffentlichte 1971 erstmals Dennis und Donella Meadows in Ihrem Bericht an den „Club of Rome“ über die „Grenzen des Wachstums“ [1.13]. Der Club of Rome wurde damit zum Vorreiter der Forderung nach einer ökologisch und nachhaltigen Wirtschafts-, Umwelt- und Energiepolitik, die mittlerweile nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung des Weltklimas auch von vielen Staaten und von der Europäischen Union aufgegriffen wurde und vorangetrieben wird. Die Forderungen nach einer nachhaltigen „Erdpolitik“ und Lösungsansätze, wie die 1989 von Ernst Ulrich von Weizsäcker vorgeschlagene Ökologische Steuerreform („... Die Preise müssen die Wahrheit sagen...“, [1.21]), finden mittlerweile teilweise ihre Umsetzung in der Politik und werden auch weiterhin das gesellschaftliche und politische Umfeld der Energiewirtschaft prägen. Ein enger Zusammenhang zwischen Wohlstand und Energieverbrauch wird auch am hohen Anteil der Energiekosten am Bruttoinlandsprodukt (BIP) einer Volkswirtschaft deutlich. Unabhängig vom Entwicklungsstand eines Staates betragen die Aufwendungen einer Volkswirtschaft für die Energieversorgung typischerweise um 10% des Bruttoinlandsproduktes. Anteil am BIP

Energiekosten Mrd. € 300 250

Stand 2008 Fernwärme Gas

200 150 Primärenergie

Strom

100

Heizöl Import

50 0

Abb. 1.3:

Inland

Kraftstoffe Kohle

mech. Energie

(BIP 2008: 2489 Mrd. €)

Endenergie 10 % 8%

Mobilität

6%

ProzessWärme

4%

RaumWärme

2% 0%

Energiekosten für die Bundesrepublik Deutschland in 2009 [1.1]

8

1 Einführung

So betrugen die Aufwendungen der Bundesrepublik Deutschland für die Energieversorgung im Jahre 2009 mit 260 Mrd. € etwa 10,4% des Bruttoinlandsproduktes. Die Hälfte der Kosten entfielen auf Aufwendungen für die Primärenergie und die andere Hälfte auf die Umwandlung in Endenergie wie Strom, Wärme oder Kraftstoffe (Abb. 1.3.).

1.2.2

Reichweite und Risiken fossiler Energieträger

Neben der Zunahme des Energiebedarfs wird auch die Verfügbarkeit der bisher überwiegend genutzten fossilen Energieträger die Energiewirtschaft nachhaltig beeinflussen. Dabei besteht heute ein Konsens darüber, dass weniger die absolute Reichweite von Kohle, Erdöl oder Erdgas die energiewirtschaftliche Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten prägen wird, sondern vielmehr die wirtschaftlich darstellbaren Förderkapazitäten und die politischen Randbedingungen in den Fördergebieten. Schon heute bestimmen politische Krisen in NahOst und Südamerika maßgeblich die Weltmarktpreise für Rohöl und damit mittelbar auch die Preise für Erdgas und Kohle. Deutlich wird die Abhängigkeit von den Förderkapazitäten vor allem auch am Beispiel des Erdgases. So stammen zwar 63% des in Europa verbrauchten Erdgases derzeit aus europäischer Produktion, allerdings ist aufgrund der hohen Fördermengen besonders die Reichweite europäischer Erdgasvorkommen beschränkt. So betrug die rechnerische Reichweite des größten europäischen Erdgasproduzenten Großbritannien bei gleichbleibender Förderrate im Jahr 2001 nur mehr 7 Jahre [1.17]. Ähnlich verhält es sich mit dem weltgrößten Erdgasverbraucher USA und Kanada. Derzeit kann der Erdgasverbrauch Nordamerikas noch weitgehend aus eigenen Vorkommen gedeckt werden, allerdings beträgt die rechnerische Reichweite der derzeit bekannten Erdgasreserven in den USA und Kanada nur noch wenige Jahre. Zwar besteht prinzipiell die Option, zusätzliche große MethanhydridVorkommen und so genanntes „Shale-Gas“ zu erschließen, deren Erschließung wird aber mit hohen Kosten und erheblichen ökologischen Risiken verbunden sein. Dennoch werden von Analysten besonders in Nordamerika große Erwartungen in Shale-Gas gesetzt. Dabei handelt es sich um Erdgas, das in porösen Gesteinsschichten gebunden ist und das durch Aufsprengen der gasführenden Gesteinsschichten erschlossen werden soll. Kritiker verweisen auf die hohen Kosten und Risiken der Technologie für das Grundwasser bei der Erschließung der Gesteinsschichten und für das Klima besonders bei unkontrollierter Freisetzung des Methans an die Atmosphäre. Auch in Europa muss die Erdgas-Versorgung langfristig durch die Gasvorkommen in Russland oder dem Nahen Osten gesichert werden. Bereits heute bezieht die Bundesrepublik Deutschland ca. 36% ihres Erdgasbedarfs aus den Staaten der ehemaligen UdSSR, die über ca. ein Drittel der weltweiten, heute erschließbaren Erdgasreserven verfügen. Daraus ergeben sich politische und wirtschaftliche Abhängigkeiten, die die Versorgungssicherheit mit Erdgas erheblich in Frage stellen können. In Abb. 1.4 ist das russische Erdgasnetz dargestellt, über das die Bundesrepublik Deutschland ihr Erdgas aus den Erdgasfeldern Sibiriens und Turkmenistans bezieht. Dabei wird deutlich, dass nicht nur politische Krisen in den Förderstaaten Russland, Turkmenistan und Usbekistan die Versorgung gefährden können, sondern auch Krisen in den Staaten, durch die Erdgaspipelines führen, insbesondere Aserbaidschan,

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

9

Armenien, Georgien, Kasachstan, aber auch Weißrussland, die Ukraine und Tschechien. Besonders bedenklich ist auch die Tatsache, dass die gesamten russischen Erdgasimporte über nur vier Übergabestellen erfolgen und zudem im russischen Erdgasnetz mehrere Engstellen existieren. So würde es genügen, wenn das Erdgasnetz, z.B. durch terroristische Anschläge auf die Pipeline oder einzelne Verdichterstationen, an zwei Stellen, beispielsweise in Weißrussland und der Ukraine unterbrochen würde, um die gesamten russischen Erdgaslieferungen vollständig zu unterbrechen. Zwar zeichnet sich das Erdgasnetz durch eine hohe Speicherfähigkeit aus und es werden große Erdgasspeicher betrieben, allerdings könnte bereits heute bei längeren Unterbrechungen der Erdgasbedarf von den anderen Erdgaslieferanten, wie Norwegen und den Niederlanden und durch die Eigenproduktion nicht gedeckt werden.

Kiel

Rostock

Hamburg Bremen

ukrainisches "Nadelöhr"

polnisches "Nadelöhr"

Berlin

tschechisches Weiss"Nadelöhr"

Hannover Leipzig Dresden

Düsseldorf

Polen

Russland

russland

Ukraine

Frankfurt am Main Saarbrücken

weißrussisches "Nadelöhr"

Nürnberg Stuttgart München

Abb. 1.4:

Erdgasnetz der ehemaligen UdSSR [1.8]

In jedem Fall würde bereits die Unterbrechung eines einzigen, der in Abb. 1.4 gezeigten „Nadelöhre“ das Gleichgewicht zwischen Bedarf und Förderung wesentlich stören und zu erheblichen Preisanstiegen führen. Dies ist insbesondere deshalb zu beachten, da derzeit vor allem der Zubau von Gaskraftwerken und Hausheizungen auf Erdgasbasis forciert wird und aufgrund der geringen europäischen Reserven die Abhängigkeit von Erdgaslieferungen aus den Staaten der ehemaligen UdSSR und aus dem Nahen Osten stetig zunehmen wird. Besonders deutlich wurde die bereits heute bestehende Abhängigkeit von russischen Erdgasreserven im Januar 2009, als beim Russisch-ukrainischen Gasstreit für mehrere

10

1 Einführung

Wochen die Erdgaslieferungen nach Westeuropa unterbrochen wurden. Dem Streit waren bereits Konflikte in den Wintern 2005/2006 und 2007/2008 vorangegangen, bei denen die Erdgaslieferungen in die Ukraine kurzzeitig unterbrochen oder gedrosselt wurden. Zwar betrafen Blockaden im russisch-weißrussischen Energiestreit 2007 überwiegend die ÖlLieferungen nach Westeuropa, allerdings sind auch die Erdgaslieferungen durch Weißrussland Gegenstand kontinuierlich schwelender Konflikte. Durch den Neubau von ErdgasPipelines durch die Ostsee („North-Stream“-Pipeline“) und über den Balkan („South Stream“ und „Nabucco-Pipeline“ sollen Abhängigkeiten der westeuropäischen Verbraucher künftig gemindert werden. Auch bei der Erdölproduktion wird die Verfügbarkeit nicht durch die Reichweite des Erdöls bestimmt werden, sondern durch die vorhandenen Förderkapazitäten. So wird bereits für die nächsten Jahre erwartet, dass durch den zunehmenden Benzinverbrauch, beispielsweise in China, der weltweite Erdölverbrauch nicht mehr mit den vorhandenen Förderkapazitäten gedeckt werden kann. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage würde damit gestört werden und zu einem weiteren Anstieg des Weltmarktpreises für Rohöl führen. Analysten gehen davon aus, dass der „Peak-Oil“ – die maximal mögliche weltweite Förderung von Erdöl – nahezu erreicht oder bereits überschritten ist und eine Verknappung und die damit verbundene weitere Verteuerung des Rohöls damit unausweichlich bevor steht. Bereits heute kann der weltweite Ölbedarf nur durch die zusätzliche Erzeugung von synthetischen Treibstoffen aus Erdgas (NGPL: Natural Gas Plant Liquids), Rohöl aus kanadischen und venezolanischen Teersanden und biogenen Treibstoffen vollständig gedeckt werden (Abb. 1.5).

Ölproduktion in Barrel pro Tag

100000

Prognose

NGPL 80000

andere

60000 40000 20000 0 1940

Abb. 1.5:

1950

1960

1970

1980

1990

2000

2010

2020

Weltweite Ölproduktion ([1.11]) und erwartetes Produktionsmaximum („Peak Oil“, basierend auf 15 gemittelten Prognosen nach [1.10]). NPGL: Natural Gas Plant Liquids: Synthetisches Öl aus Erdgas, andere: Ölsande, Bioethanol, Biotreibstoffe

Mögliche Folgen steigender Energiepreise werden besonders daran deutlich, dass ca. 10% des Bruttoinlandsproduktes eines Staates für die Bereitstellung von Energie aufgewendet

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

11

werden (Abb. 1.3). Bereits geringe Steigerungen der Energiekosten wirken sich damit signifikant auf die Wirtschaftsleistung eines Staates aus.

1.2.3

Der Treibhauseffekt

In den Vordergrund des öffentlichen Bewusstseins rückte in den letzten Jahren zunehmend die Erwärmung des Weltklimas durch den Treibhauseffekt. Der Treibhauseffekt wurde erstmals 1896 vom schwedischen Physiker Svante Arrhenius erklärt. Er quantifizierte aufgrund einfacher Bilanzen den „natürlichen Treibhauseffekt“ auf 33 K, die zu einer mittleren Temperatur der Erdatmosphäre von ca. 15°C führen [1.6]. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt würde die Temperatur der Erdatmosphäre im Mittel nur etwa –18 °C betragen. Die physikalischen Effekte, die zu einer Erwärmung der Erdatmosphäre führen sind also seit langem bekannt und können auch weitgehend quantifiziert werden. In Tab. 1.1 sind die einzelnen Beiträge der Bestandteile der Erdatmosphäre zusammengestellt. Der anthropogene Einfluss am Treibhauseffekt wird auf 0,5 – 1 K geschätzt. Der physikalische Effekt ist also weitgehend bekannt, allerdings werden die möglichen Folgen kontrovers diskutiert. Tab. 1.1:

Zusammensetzung der Erdatmosphäre und Beitrag zum Treibhauseffekt

Substanz

atmosphärischer Volumenanteil

CO2-Äquivalent

TemperaturErhöhung

H2O CO2 O3 N2O CH4 sonstige

2,6 % 360 ppm 0,03 ppm 0,3 ppm 1,7 ppm

0,04 1 3880 226 22,8

20,6 K 7,2 K 2,4 K 1,4 K 0,8 K 0,8 K

Indizien für einen anthropogenen Klimawandel Als Indizien für einen anthropogenen Klimawandel werden vor allem Klimamodelle (Computersimulationen), Erkenntnisse aus der Glaziologie (Rückgang von Gletschern), Eiskernanalysen, die Isotopenklimatologie an Bäumen und die Atmosphärenforschung mit boden-, luft- und satellitengestützten LIDAR-Messungen der Zusammensetzung der Erdatmosphäre gewertet. Für Beunruhigung sorgt mittlerweile auch die Zunahme lokaler Phänomene wie die Häufung der Sturmtiefs im Nordatlantik, Hurrikans und Taifune in Karibik und Pazifik, Trockenperioden beispielsweise in Australien, Überschwemmungen in Südamerika und Fernost, sowie extreme Niederschläge und Lawinenkatastrophen in Europa. Besonders diese Indizien werden von der Versicherungswirtschaft mit großem Argwohn verfolgt, da deren Aufwendung für die Begleichung der Schäden bei diesen lokal begrenzten Ereignissen erheblich zunahm.

12

1 Einführung

In Frühjahr des Jahres 2002 sorgten auch Meldungen für Aufsehen, dass mehrfach große Teile des westantarktischen Eisschildes, teilweise von der Größe des Saarlandes, abbrachen. Gerade das Abschmelzen dieses westantarktischen Eisschildes ist eines jener Szenarien, das für große Teile der Weltbevölkerung besonders fatale Folgen hätte, da es zu einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels und damit zur Überflutung von großen, teilweise dichtbesiedelten Küstenregionen führen würde. Große Besorgnis erzeugte auch die Meldung wonach erstmals im August 2008 die Arktis eisfrei war. Gegenargumente gegen einen anthropogenen Treibhauseffekt beziehen sich zum einen darauf, dass es auch in der früheren Erdgeschichte stets große Temperaturschwankungen gab. Argumentiert wird damit, dass Temperatur- und Wetterverteilung mit der Bildung von Sonnenflecken korreliert oder dass Magmaströmungen im Erdinneren Klimawechsel verursachen können. Zum anderen wird vor allem die Relevanz von Simulationsrechnungen in Frage gestellt, da der Betrag einzelner physikalischer Effekte wie der Beitrag des Wasserdampfes durch Wolkenbildung ("Beschattung der Erde"), der Beitrag von (Sulfat-)Aerosolen sowie der Einfluss von Ozeanen und Eismassen nur unzureichend quantifiziert werden kann. Daneben gibt es auch vielfach Autoren, die immer wieder mit physikalisch absolut unsinnigen Argumenten wie „CO2 absorbiert nicht im relevanten Wellenlängenbereich“ [1.20] oder „...die Rückübertragung abgestrahlter Energie durch CO2-Anteile in der Luft ist ausgeschlossen...“ [1.19] für Aufsehen sorgen und dennoch von Medien und Lobbyisten immer wieder zitiert werden. Besonders die Argumentation, dass der anthropogene Treibhauseffekt nur eine "unbedeutende Episode" in der Erdklimageschichte ist, trägt nicht dazu bei, die Klimadiskussion zu versachlichen und ihr in Politik und Gesellschaft das notwendige Gewicht zu verleihen. Folgen der globalen Erwärmung Neben den absehbaren Folgen der globalen Erwärmung wie • • • • •

der Verschiebung der Klimazonen der Ausbreitung von Tropenkrankheiten höheren Windgeschwindigkeiten und mehr Stürmen die existentielle Bedrohung der Wälder in gemäßigten und nördlichen Breiten die Zunahme der Wetter-Extrema

sorgen vor allem die unabsehbaren Folgen weiterer, bisher nicht eindeutig prognostizierbare Szenarien für Unruhe. Beispiele hierfür sind • •

der Anstieg des Meeresspiegels, die Änderung von Meeresströmungen (die Abnahme des Golfstromes, würde ein Absinken der Temperatur in Nordeuropa um mehrere °C nach sich ziehen)



das "Runaway greenhouse warming"

und

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

13

wonach die erhöhte Freisetzung von Methan in Sumpfgebieten aufgrund gestiegener Temperaturen und die Zunahme des Wasserdampfgehaltes in der Erdatmosphäre den Treibhauseffekt stetig verstärken würden [1.6]. Die wesentlichste Folge wäre wohl allerdings ein Umkippen des seit ca. 10.000 Jahren ungewöhnlich stabilen Weltklimas. Selbst die jüngere Erdgeschichte war geprägt von starken Temperaturschwankungen, die zu Eiszeiten und ständigen Verschiebungen der Klimazonen führten. Erst die ungewöhnliche Stabilität des Erdklimas in den letzten 10.000 Jahren führte dazu, dass die Menschheit zu Beginn der Steinzeit sesshaft werden und sich die frühen Hochkulturen entwickeln konnten. Besonders deutlich wird dies an den Ergebnissen von Eiskernbohrungen in Gletschern, die aufgrund der Temperaturabhängigkeit der Konzentration des Sauerstoffisotops O18 in der Atmosphäre die Temperaturänderungen dokumentieren (Abb. 1.6). niedrige Temperatur

hohe Temperatur

1000 Neuzeit

Warmzeit

7000 Jahre

20000

2000

Eiszeit

40000

Alter des Eiskerns

Bohrtiefe in m

10000

60000

Warmzeit

110000

3000

Konzentration des Sauerstoff-Isotops O18 im Eiskern

Abb. 1.6:

Schwankung der Temperatur der Nordhalbkugel (Ergebnis von Eiskernbohrungen in Grönland [1.6])

Ein Umkippen des seit 10.000 Jahren temperaturstabilen Klimas würde unweigerlich zu massiven Ernteverlusten führen und eine Ernährung der Weltbevölkerung wäre nicht mehr möglich. Die Folgen wären neben Hungerkatastrophen vermutlich auch gesellschaftliche Krisen und Kriege. Auch wenn Umfang und die zeitliche Entwicklung der Erwärmung des Weltklimas sowie eine endgültige Quantifizierung der Folgen zum heutigen Zeitpunkt nicht möglich ist, besteht mittlerweile in vielen Staaten ein parteiübergreifender Konsens darüber, das bereits die

14

1 Einführung

absehbaren Risiken der globalen Erwärmung zu hoch sind, um eine "endgültige Klärung" aller Details abzuwarten. Auch wenn dieser Konsens derzeit noch vielfach wirtschaftlichen Interessen untergeordnet wird, wird der gesellschaftliche Druck langfristig eine Umorientierung der Energiewirtschaft nach sich ziehen.

1.2.4

Die Entwicklung der internationalen Strommärkte

Wie die Energiekrise im amerikanischen Kalifornien zeigte, besteht bei großen ElektrizitätsVersorgungsunternehmen eine immer geringere Bereitschaft, die hohen Investitions-Risiken für den Bau großer, effizienter Kraftwerksanlagen zu tragen. So erfolgte in den USA in den neunziger Jahren nur noch ein geringer Ausbau der bestehenden Kraftwerks-Kapazitäten. Ältere Kraftwerksanlagen wurden trotz geringer Wirkungsgrade weit über die ursprünglich veranschlagte Betriebszeit hinaus betrieben. Der Bau von neuen, effizienten GrundlastKraftwerken wurde weitgehend vernachlässigt. Dies lag vor allem daran, dass Abschreibungszeiten von mehreren Jahrzehnten im liberalisierten Strommarkt für die meisten Unternehmen nicht mehr tragbar sind. In der Folge entstanden gegen Ende der neunziger Jahre Versorgungsengpässe, die schließlich vor allem im Sonnenstaat Kalifornien in einer Energiekrise gipfelten. Diese Entwicklung förderte die Entstehung vieler kleinerer, sogenannter Independent Power Producers (IPPs), die in kurzer Zeit vor allem mittlere und kleinere Gasturbinenanlagen errichteten, um schnell und flexibel auf dem Spotmarkt und den Strombörsen „Peak-Power“ anbieten zu können. Versorgungsengpässe und Kraftwerksausfälle führten zu Spitzenpreisen von mehreren Dollar pro Kilowattstunde. Großkraftwerke entstanden deshalb in den letzten Jahren überwiegend in weiterhin regulierten Energiemärkten, wie beispielsweise den fernöstlichen Schwellenländern, wie China und den „Tigerstaaten“ Malaysia, Singapur, Südkorea und Indonesien. Die neuen Großkraftwerke versorgen die Metropolen dieser Staaten, die aufgrund des rasch wachsenden, enormen Energiebedarfes nur mit großen, zentralen Kraftwerkstruktur versorgt werden können. Die zentralistischen politischen Strukturen erleichtern diesen Ländern auch wesentlichen den Aufbau großer, zentraler Kraftwerkseinheiten. Allerdings ist auch in diesen Staaten damit zu rechnen, dass sich in Folge des Wirtschaftswachstums auch außerhalb der Metropolen ein hoher Strombedarf einstellt. Aufgrund der enormen Entfernungen beispielsweise in China und Indien wäre der schnelle Aufbau eines großen, leistungsstarken Verbundnetzes wahrscheinlich zunächst mit außergewöhnlich hohen Kosten verbunden. Daher ist damit zu rechnen, dass dieser Aufbau dem schnell wachsenden Bedarf nicht gerecht werden kann. Eine Lösung liegt für viele abgelegenere Gegenden im Aufbau dezentraler Versorgungs-Strukturen, beispielsweise mit kleinen, flexiblen Kraftwerkseinheiten. Ein dritter Grund, für den zu erwartenden Aufbau dezentraler Versorgungsstrukturen kommt, wie bereits oben beschrieben, vor allem in den industrialisierten Staaten Mitteleuropas zur Geltung. Haupthindernis für den Bau neuer, großer Anlagen ist beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland die geringe Akzeptanz für große Kraftwerk-Standorte in der Bevölkerung. Bürgerinitiativen behindern nicht nur den Bau neuer Kraftwerke, sondern stellen auch den Umbau und die Modernisierung bestehender Großkraftwerke in Frage. Die

1.2 Gesellschaftliche, wirtschaftliche und ökologische Randbedingungen

15

Proteste gegen den Braunkohle-Tagebau „Garzweiler III“ [1.16] hatten gezeigt, dass die Akzeptanz neuer Großprojekte selbst dann äußerst gering ist, wenn massive, wirtschaftliche Interessen und Arbeitsplätze in der betroffenen Region zur Disposition stehen. Langwierige, aufwändige Genehmigungsverfahren mit der Notwendigkeit einer Bürgerbeteiligung, erhöhen wesentlich die Planungskosten und das Investitionsrisiko für potentielle Betreiber. All diese Gründe • •

die mangelnde Investitionsbereitschaft auf Grund langer Abschreibungszeiten, der erforderliche Zubau dezentraler Versorgungsstrukturen in den Schwellenländern



die mangelnde Akzeptanz für neue Großanlagen in den Industriestaaten

und

werden dazu führen, dass in den kommenden Jahrzehnten bestehende Kraftwerksstrukturen mit dezentralen Energiesystemen ergänzt werden müssen.

1.2.5

Die Entwicklung Erneuerbarer Energien und der CO2Emissionen

Das in der Bundesrepublik Deutschland 2000 eingeführten Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG, [1.5]) führte in den letzten Jahren zu einem starken Anstieg des Anteils erneuerbaren Energien an der Energieversorgung und vor allem zu einem starken Zubau von Windenergie und Photovoltaik. Aus der daraus resultierenden fluktuierenden Einspeisung regenerativen Stroms resultierte eine neue Herausforderung für die Energiewirtschaft.

9%

Anteil Primärenergie sonstige (Solarthermie, Geothermie) Biogas

15%

biogener Müll

6%

18%

12%

30%

Biomasse Photovoltaik

24%

9%

Anteil installierte Leistung

Photovoltaik

10 GW

18%

6%

3%

3%

Abb. 1.7:

36%

biogene Treibstoffe feste Biomasse

0% 1990

Anteil Stromerzeugung

2000

2009

0% 1990

Windkraft Wasserkraft 2000

2009

Windkraftt

12%

26 GW

6% 0% 1990

2000

2009

Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch, an der Stromerzeugung und an der installierten Kraftwerkleistung [1.7]

16

1 Einführung

Zwar betrug der Anteil an der Stromerzeugung aus Wind und Photovoltaik 2009 nur 6,5 % bzw. 1,1 % aufgrund der hohen installierten Leistung von 46 GW kam es im Dezember 2009 bereits zur Situation, dass 60% der deutschen Stromerzeugung aus Windenergie resultierte [1.18]. Erneuerbare Energien trugen 2009 mit 30,2 % zur insgesamt installierten Kraftwerksleistung bei – dies entspricht nahezu der installierten Kraftwerksleistung von Kohlekraftwerken (33,7%) und mehr als dem Doppelten der Leistung der bundesdeutschen Kernkraftwerke. Damit trug das EEG auch wesentlich zum Rückgang der CO2 Emissionen und dem Erreichen der Kyoto-Ziele. Der Anteil der Erneuerbaren Energien liegt in Deutschland signifikant über dem Anteil erneuerbarer Energien in der EU und der OECD. Eine weitere Ursache für den signifikanten Rückgang der CO2 Emissionen war die Wiedervereinigung in den 90er Jahren. Durch die Stilllegung und den Neubau von Kohlekraftwerken in der ehemaligen DDR wurden erhebliche CO2-Einsparungen erreicht. Kyoto-Ziel: - 21%

CO2-Äquivalent in Mio t/a

1400 1200

andere Treibhaus-Gase

1000 sonstige

800

Energiewirtschaft

600 400

Haushalte und Kleinverbraucher verarbeitendes Gewerbe

200 0 1990

Abb. 1.8:

2009: - 9,5 % unter Kyoto-Ziel

Verkehr 1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006

2009

Empfehlung IPCC: 50 bis 85% bis 2050

Entwicklung der CO2-Emissionen der Bundesrepublik Deutschland [1.1]

Dennoch liegt das Erreichen der Empfehlung des International Panel on Climate Change (IPCC) noch in weiter Ferne. Das IPCC prognostiziert in seinem vierten Sachstandsbericht, dass die CO2 Emissionen um 50% - 85% reduziert werden müssen, um die globale Erwärmung bis 2050 auf 2 - 2,4°C zu beschränken und zu stabilisieren [1.14].

1.3 Probleme beim dezentralen Einsatz konventioneller Technologien

1.3

Probleme beim dezentralen Einsatz konventioneller Technologien

1.3.1

Technologien für dezentrale Stromerzeugung

17

Dezentrale Energiesysteme sind in vielerlei Hinsicht großen, zentralen Versorgungsanlagen unterlegen. Die wesentlichen Nachteile dezentraler Energiesysteme sind eine wesentlich geringere thermodynamische Effizienz, höhere spezifische Investitions- und Wartungskosten sowie spezifisch höhere Schadstoffemissionen. Diese Nachteile resultieren im Wesentlichen aus der Tatsache, dass Herstellung und Betrieb von Kleinanlagen unverhältnismäßig teuer sind. Der technische Aufwand, der beispielsweise bei großen Dampfkraftwerken betrieben wird, um auch minimale Verbesserungen des elektrischen Wirkungsgrades zu erzielen, ist für Kleinanlagen nicht zu rechtfertigen. Diese Nachteile können nur durch die gezielte Nutzung der Vorteile kleiner dezentraler Systeme und durch die konsequente Verbesserung der Brennstoffausnutzung, beispielsweise durch die Kraft-Wärme-Kopplung oder durch den Einsatz von Brennstoffzellen, kompensiert werden. Ein wesentliches Hemmnis für die breite Einführung von dezentralen Anlagen zur Stromerzeugung sind allerdings die verfügbaren Arbeitsmaschinen. Wie in Abb. 1.9 dargestellt, ist ein wesentliches Problem nahezu aller Arbeitsmaschinen, dass sich der elektrische Wirkungsgrad mit abnehmender Anlagengröße reduziert. Dadurch ist die Stromerzeugung in kleinen Anlagen wirtschaftlich deutlich gegenüber der Erzeugung in Großanlagen benachteiligt. Besonders problematisch ist die Tatsache, dass nahezu alle Konzepte, die im kleinen Leistungsbereich noch akzeptable Wirkungsgrade aufweisen, wie der Gasmotor, Microturbinen oder Brennstoffzellen, prinzipiell mit gasförmigen oder flüssigen Brennstoffen betrieben werden müssen. Die Brennstoffkosten sind allerdings beim Einsatz von Erdgas oder Heizöl vergleichsweise hoch. Besonders nachteilig auf die Brennstoffkosten wirkt sich naturgemäß auch der Brennstoff-Verbrauch und damit der Wirkungsgrad der Anlagen aus. Wie in Kap. 4.3.1 gezeigt wird, kann eine ausschließliche Stromerzeugung mit Kleinanlagen bei heutigen Randbedingungen in Deutschland nicht wirtschaftlich werden. Auch die Kraft-WärmeKopplung mit Erdgas oder Heizöl als Brennstoff kann nur bei besonders günstigen Randbedingungen realisiert werden. Aus diesem Dilemma leitet sich ein Bedarf für Vergasungsverfahren ab, die geeignet sind, kostengünstige Festbrennstoffe, wie Biomasse oder Reststoffe, in brennbare Gase umzuwandeln und dadurch kostspieligere „Edelbrennstoffe“ wie Erdgas oder Heizöl zu substituieren.

18

1 Einführung Arbeitsmaschinen für flüssige und gasförmige Brennstoffe Arbeitsmaschinen auch für feste Brennstoffe geeignet

DampfturbinenKraftwerke

1000

für dezentrale Anlagen ungeeignet

Leistung in MW

100

kombinierte GUD-Kraftwerke

Gasturbinen

10

Microturbines Gasmotoren

ORC-Anlagen

1

Brennstoffzellen

Dampfmotor

0,1

für dezentrale Anlagen geeignet

Stirling-Motoren

0,01 0

20

40

60

80

Wirkungsgrad in %

Abb. 1.9:

1.3.2

Leistungsbereiche und Wirkungsgrade von Arbeitsmaschinen für die Stromerzeugung

Einfluss der Anlagengröße auf die Wirtschaftlichkeit

Ein wesentlicher Nachteil dezentraler Technologien ist stets, dass mit abnehmender Größe die spezifischen Kosten einer Anlage unverhältnismäßig ansteigen. Wie in Abb. 1.10 dargestellt, steigen beispielsweise die spezifischen Investitionskosten von DampfKraftwerken bei einer elektrischen Leistung von 1 bis 10 Megawatt auf das Fünf- bis Achtfache der Kosten von Großanlagen mit einer Leistung von 1000 Megawatt. Ähnlich verhält es sich mit Gasmotoren, Gasturbinen und Wärmeversorgungs-Anlagen. Hinzu kommt, dass im unteren Leistungsbereich nahezu ausschließlich Arbeitsmaschinen für gasförmige Brennstoffe zur Verfügung stehen (Abb. 1.9). Für Anlagen im Leistungsbereich unter 1 MWel stehen nur unverhältnismäßig teure Arbeitsmaschinen wie ORC-Anlagen, Dampfmotoren und Stirlingmotoren für die Nutzung von Rauchgasen aus Verbrennungsanlagen zur Auswahl. Gasmotoren, Gasturbinen und Brennstoffzellen können in Verbindung mit Festbrennstoffen nur mit vorheriger Vergasung und aufwändiger Gasreinigung eingesetzt werden. Vergasung und Gasreinigung sind in der Regel sehr teuer und werden bis auf wenige Demonstrationsanlagen bisher nur in großen Kraftwerkseinheiten realisiert. Eine Reduktion der spezifischen Investitionskosten kann für Kleinanlagen nur durch die Erhöhung der Stückzahlen, also durch Serienfertigung, erreicht werden.

1.3 Probleme beim dezentralen Einsatz konventioneller Technologien

19 60 %

5000

50 %

el. Wirkungsgrad

4000

40 %

3000

30 %

2000

20 % spez. Investitionskosten

1000 0

1

10

el. Wirkungsgrad

spezifische Investitionskosten in Euro/kWel

6000

10 % 100

1000

0%

Nettoleistung in MWel

Abb. 1.10:

1.3.3

Spezifische Investitionskosten von Dampfkraftwerken [1.2]

Einfluss der Anlagengröße auf die thermodynamische Effizienz

Ein weiteres Problem dezentraler Systeme ist die Abnahme des Systemwirkungsgrades mit abnehmender Anlagengröße. So erreichen beispielsweise kleine Dampfkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von 1 MW in der Regel nur elektrische Anlagenwirkungsgrade von unter 15%. Dies liegt zum einen daran, dass wirkungsgradsteigernde Maßnahmen, wie die regenerative Speisewasservorwärmung und die Zwischenüberhitzung, in diesem Leistungsbereich nicht wirtschaftlich realisiert werden können und zum anderen der Wirkungsgrad von Einzelkomponenten mit der Größe wesentlich abnimmt. Ein Beispiel hierfür sind die Spaltverluste der Dampfturbine, die naturgemäß bei gleichbleibender Spaltbreite mit abnehmender Schaufellänge zunehmen. Bezogen auf den gesamten Dampfstrom durch die Turbine nimmt der Leckdampfstrom durch Spaltdichtungen unverhältnismäßig zu. Dies ist der Hauptgrund, dass sich der innere Wirkungsgrad von Dampfturbinen mit abnehmender Leistung reduziert. Auch bei Gasmotoren und Gasturbinen reduziert sich der Wirkungsgrad mit abnehmender Leistung. Ausschlaggebend sind hier zusätzlich die Material- und Fertigungskosten. Bei Großanlagen können hochwertigere Materialien und aufwendigere Fertigungsverfahren eingesetzt werden. Einsparungen ergeben sich dagegen bei kleineren Anlagen durch die Standardisierung und Serienfertigung im Wesentlichen bei den Planungs- und Fertigungskosten. Materialkosten reduzieren sich bei der Fertigung von Kleinserien nur unwesentlich, so dass für Kleinanlagen keine besonders hochwertigen Materialien eingesetzt werden können. Dadurch reduzieren sich die zulässigen Betriebsparameter, vor allem Betriebsdrücke und Temperaturen, was bei der Wärmeerzeugung zu erhöhten Abgasverlusten und bei der Stromerzeugung zu reduzierten Wirkungsgraden führt.

20

1.3.4

1 Einführung

Einfluss der Anlagengröße auf die Flexibilität

Auch in Bezug auf die Anlagenflexibilität wirken sich erhöhte, spezifische Investitionskosten bei Kleinanlagen in der Regel negativ auf die geforderten Systemeigenschaften aus. Maßnahmen für die Realisierung variabler Stromkennzahlen bei der Kraft-Wärme-Kopplung (siehe Kap. 3.3.1 und Kap. 4.2.7) sind meist mit hohen Zusatzinvestitionen verbunden. Im Gegensatz zu einer großen Einzelanlage nimmt jedoch die Flexibilität eines Anlagenverbundes aus vielen Kleinanlagen wesentlich zu. So kann der Ausfall einzelner Anlagen im Verbund vieler Kleinanlagen leichter ausgeglichen werden als in einem Verbund von wenigen Großanlagen. Sollen sehr unterschiedliche Brennstoffe eingesetzt werden, wie das beispielsweise bei der Nutzung von Biomasse der Fall ist, ist die Nutzung kleinerer Anlagen oft vorteilhafter. Brennstoffe unterschiedlicher Art und Herkunft weisen häufig unterschiedliche Verbrennungseigenschaften auf. Änderungen der Stückigkeit oder der Feuchte eines Brennstoffes führen beispielsweise in großen Rostfeuerungen zu einem hohen regelungstechnischen Aufwand um einen gleichbleibend guten Ausbrand und geringe CO-Emissionen zu gewährleisten. Aus diesem Grund ermöglicht der Einsatz vieler kleiner, spezialisierter Verbrennungsanlagen die Nutzung eines breiteren Brennstoffbandes und erleichtert auch die wirtschaftliche, dezentrale Nutzung sehr kleiner Brennstofffraktionen.

1.3.5

Einfluss der Anlagengröße auf die Ökologie

Ein wesentlicher Nachteil von Kleinanlagen ist stets die höhere Umweltbelastung durch Emissionen. Da beispielsweise kleine Hausfeuerungen prinzipiell höheren Emissionsgrenzwerten unterliegen als große, genehmigungspflichtige Anlagen, könnten durch den Betrieb weniger Großanlagen die Emissionen bei der Wärmeerzeugung wesentlich reduziert werden. Die strengeren Grenzwerte für Großanlagen sind dadurch begründet, dass sich bei großen Anlagen der auf die Leistung bezogene, wirtschaftliche Aufwand für Primär- oder Sekundärmaßnahmen zur Emissionsminderung reduziert. Zusätzlich verbessern sich auch die technischen Möglichkeiten der Verbrennungsführung und der Emissionsüberwachung. Dagegen erhöht sich bei Großanlagen die Umweltbelastung durch die erforderlichen Transportkapazitäten. Der logistische Aufwand für die Versorgung eines großen Kraftwerksstandorts ist auch bei Brennstoffen mit hoher Energiedichte wie Kohle oder Öl erheblich und führt zu zusätzlichen Belastungen der Umwelt durch den Ausbau von Transportwegen und die Transporte an sich. Auch bezüglich der zu erwartenden CO2-Emissionen ist, wegen des erhöhten Wirkungsgrades und der damit geringeren spezifischen CO2-Emissionen, der Betrieb von Großanlagen vorzuziehen. Die CO2-Bilanz verbessert sich allerdings beim Einsatz von Kleinanlagen immer dann, wenn aufgrund der geringen Anlagengröße auch regenerative Energien, wie Biomasse oder Reststoffe, eingesetzt werden können.

2

Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

2.1

Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

Die Bereitstellung von Wärme oder elektrischer Energie erfolgt in der Regel durch die Verbrennung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe. Um die Effizienz von Energiesystemen zu beschreiben, werden gemeinhin Wirkungsgerade definiert. So werden beispielsweise elektrische Wirkungsgrade definiert, um die Qualität der Umwandlung eines Festbrennstoffes in elektrische Energie zu bewerten. Ein Wirkungsgrad beschreibt stets das Verhältnis zwischen einem Nutzen, also zum Beispiel der erzeugten elektrischen Energie oder Nutzwärme, und dem Aufwand, in der Regel die im Brennstoff enthaltene, chemisch gebundene Energie. Diese Umwandlung der chemisch gebundenen Energie eines Brennstoffes in Strom oder Wärme erfolgt aber nicht in einem einzigen, sondern in mehreren Prozessschritten. Aus einem Brennstoff muss zunächst im ersten Prozessschritt durch Verbrennung heißes Rauchgas erzeugt werden, das in einem zweiten Prozessschritt seine fühlbare Wärme an einen Wärmeübertrager (NutzwärmeErzeugung, Abb. 2.1) oder an einen Kreisprozess (Stromerzeugung, Abb. 2.2) abgibt. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung (Abb. 2.3) wird in einem 3. Prozessschritt aus der Abwärme der Stromerzeugung Nutzwärme gewonnen. Dadurch kann die Ausnutzung des Energieinhalts eines Brennstoffes bei der Stromerzeugung noch erhöht werden. Wie in Kap. 3.3 beschrieben, ist die Brennstoffausnutzung bei der Kraft-Wärme-Kopplung stets kleiner, als bei der ausschließlichen Nutzwärmeerzeugung. Dadurch dass sich bei der Kraft-WärmeKopplung in der Regel auch der Wirkungsgrad der Stromerzeugung reduziert, muss im Einzelfall diskutiert werden, ob die Brennstoffausnutzung bei der Kraft-Wärme-Kopplung gegenüber einer getrennten Erzeugung von Strom und Wärme Vorteile bietet. Grundlage für die Bestimmung eines Wirkungsgrades ist eine Bilanzierung der einem System zu- und abgeführten Energieströme. Sowohl die Effizienz der Verbrennung, also der Umwandlung des Festbrennstoffes in heißes Rauchgas, als auch die Übertragung der im Rauchgas enthalten Wärme an den Kreisprozess, können mit eigenen Wirkungsgraden beschrieben werden. Im einfachsten Fall errechnet sich der Gesamtwirkungsgrad einer Prozesskette aus dem Produkt der Wirkungsgrade der einzelnen Teilschritte.

22

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung 2. Schritt: Nutzwärmeerzeugung

1. Schritt: Brennstoff-Konversion

Dampferzeuger

Verbrennung

Warmwassererzeuger

Abb. 2.1:

Prozessschritte bei der Nutzwärmeerzeugung

1. Schritt: Brennstoff-Konversion

2. Schritt: Stromerzeugung Dampfkraftwerk

Verbrennung Gasturbine Verbrennungsmotor

Vergärung

Verbrennung

Vergasung

Heißgasmotor ORC-Prozess

Brennstoffzelle Abb. 2.2:

Prozessschritte bei der Stromerzeugung

Deutlich komplexer wird die Situation allerdings, wenn sich die einzelnen Prozessschritte gegenseitig beeinflussen. So ist es beispielsweise denkbar, dass ein geringer Verteilungswirkungsgrad eines Heiznetzes, zum Beispiel aufgrund einer reduzierten Isolierung des Rücklaufes, dadurch kompensiert wird, dass sich der Wirkungsgrad der Feuerung des Heizwerkes deutlich verbessert. Geringere Rücklauftemperaturen führen bei Heizkesseln mit Rauchgaskondensation zu erhöhten Kesselwirkungsgraden, weil die im Rauchgas enthaltene Wärme besser genutzt werden kann.

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung 1. Schritt: Brennstoff-Konversion

23 2. Schritt: Stromerzeugung

3. Schritt: Nutzwärmeerzeugung

Dampfkraftwerk Verbrennung Gasturbine

Vergärung

Verbrennung

Verbrennungsmotor

Dampferzeuger

Heißgasmotor

Warmwassererzeuger

ORC-Prozess

Vergasung

Brennstoffzelle Abb. 2.3:

2.1.1

Prozessschritte bei der Kraft-Wärme-Kopplung

Die Energiebilanz

Die Energiebilanz ist die Grundlage für die Definition eines energetischen Wirkungsgrades. Gemäß dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik gilt die Energieerhaltung, das heißt, dass die Summe der einem System zugeführten Energien gleich der Summe der abgeführten Energieströme ist. zugeführte Wärme

∑ Q zu

∑ (m ⋅ h )ein

∑ (m ⋅ h )aus

∂U ∂t

geleistete Arbeit W

Abb. 2.4: Energiebilanz eines durchströmten Systems

24

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Energieströme können einem System als thermisch oder chemisch gebundene Energie mit einem Massenstrom zugeführt werden. In diesem Fall beschreibt die Enthalpie h des zugeführten Stoffstromes entweder die fühlbare Wärme oder die chemisch gebundene Energie, den Heizwert eines Brennstoffes. Für technische Anlagen werden meist stationäre, durchströmte Systeme genutzt.

Energiebilanz (1. Hauptsatz) für stationäre, durchströmte Systeme Für stationär durchströmte Systeme ist die Änderung der Energie in einem System ∂U ∂t = 0 . Werden potentielle und kinetische Energien vernachlässigt, gilt daher der 1. Hauptsatz der Thermodynamik für stationär durchströmte Systeme

∑ Q zu

+

∑W = ∑ (m ⋅ h )

mit  m

h Q

zu- und abgeführte Massenströme in [kg/s] Enthalpie der zu- und abgeführten Massenströme in [kJ/kg] zu- und abgeführte Wärmeströme in [kW]

W

zu- und abgeführte (mechanische oder elektrische) Leistung in [kW]

2.1.1.1

Der elektrische und thermische Wirkungsgrad

Soll mit einem System Arbeit oder elektrischer Strom erzeugt werden, wird ein thermischer oder ein elektrischer Wirkungsgrad definiert. Der elektrische Wirkungsgrad definiert sich aus dem Verhältnis der gewonnenen elektrischen Leistung zur eingesetzten Feuerungswärmeleistung Q FWL . Definition des thermischen und elektrischen Wirkungsgrades Für die Umwandlung von Wärme Qzu in Arbeit W definiert sich der thermische Wirkungsgrad zu ηth =

W W = Q zu Q zu

Die Effizienz der Umwandlung von Wärme in elektrische Energie wird durch den elektrischen Wirkungsgrad

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

ηel =

25

Pel Pel =  B ⋅ Hu m Q FWL

Gl. (II-1)

beschrieben, mit Q zu

zu- und abgeführte Wärmeströme in [kW]

W

zu- und abgeführte (mechanische oder elektrische) Leistung in [kW] mit einem Brennstoff zugeführte Feuerungswärmeleistung in [kW]

Q FWL

Pel m B

zu- und abgeführte elektrische Leistung in [kW]

Hu

unterer Heizwert des zugeführten Brennstoffes in [kJ/kg]

2.1.1.2

zugeführter Brennstoffmassenstrom in [kg/s]

Der Brennstoffausnutzungsgrad

Der Brennstoffausnutzungsgrad bei der Erzeugung von Nutzwärme Ein Problem ergibt sich daraus, dass bei einer einfachen Definition des Wirkungsgrades als Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen die daraus resultierenden Wirkungsgrade nicht immer wirklich miteinander verglichen werden können. So ist es beispielsweise unsachgemäß, die für die Wärmeerzeugung maßgeblichen Wirkungsgrade mit den Wirkungsgraden der Stromerzeugung zu vergleichen. Arbeit oder elektrische Energie ist prinzipiell die höherwertige Energieform, da sie mit hohem technischem Aufwand erzeugt werden muss. Zudem ist die Erzeugung von elektrischer Energie immer mit höheren Verlusten behaftet, als die Erzeugung von Nutzwärme. Besonders bei der Umwandlung von Wärme in Arbeit über Kreisprozesse ist die Effizienz dieser Energiewandlung immer physikalisch limitiert (siehe Kap. 2.1.2). Für die Bewertung eines Wirkungsgrades für die Energiewandlung ist also zu unterscheiden, in welcher Form die Nutzenergie erzeugt wird. Um diese Unterscheidung zu gewährleisten, wurde der Begriff der Brennstoffausnutzungsgrad ηB eingeführt. Während der thermische Wirkungsgrad nur die erzeugte Arbeit bewertet, setzt der Brennstoffausnutzungsgrad die gesamte erzeugte Nutzenergie zur eingesetzten Energie ins Verhältnis. Der Brennstoffausnutzungsgrad ist damit auch der maßgebliche Wirkungsgrad für die thermodynamische Bewertung der Nutzwärmeerzeugung: Brennstoffausnutzungsgrad bei der Nutzwärmeerzeugung Der Brennstoffausnutzungsgrad ηB =

Q N Q N =  B ⋅ Hu m Q FWL

Gl. (II-2)

26

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung beschreibt die Effizienz der Nutzwärmeerzeugung aus einem Brennstoff mit erzeugte Nutzwärmeleistung in [kW]

Q N Q

FWL

m B Hu

mit einem Brennstoff zugeführte Feuerungswärmeleistung in [kW] zugeführter Brennstoffmassenstrom in [kg/s] unterer Heizwert des zugeführten Brennstoffes in [kJ/kg]

Der Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Der Brennstoffausnutzungsgrad wird üblicherweise auch immer dann verwendet, wenn Brennstoffenergie nicht ausschließlich in Arbeit oder elektrischen Strom umgewandelt wird, also beispielsweise auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung. Um den unmittelbaren, unzulässigen Vergleich der Wirkungsgrade der Strom- und Wärmeerzeugung zu umgehen, bezeichnet man auch bei der Kraft-Wärme-Kopplung (Kap. 3.3) den Wirkungsgrad für die Erzeugung von Nutzwärme als Brennstoffausnutzungsgrad:

Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Der Brennstoffausnutzungsgrad beschreibt bei der Kraft-Wärme-Kopplung das Verhältnis der elektrischen und thermischen Nutzenergie zur Feuerungswärmeleistung ηB =

P + Q N Pel + Q N = el   B ⋅ Hu m QFWL

Gl. (II-3)

mit Q N Pel

Q FWL m B

Hu

erzeugte Nutzwärmeleistung in [kW] zu- und abgeführte elektrische Leistung in [kW] mit einem Brennstoff zugeführte Feuerungswärmeleistung in [kW] zugeführter Brennstoffmassenstrom in [kg/s] unterer Heizwert des zugeführten Brennstoffes in [kJ/kg]

Dabei ist der erzeugte Strom immer als die höherwertige Energie zu betrachten. Um bei der Bewertung eines Konversionsprozesses dieser Höherwertigkeit Rechnung zu tragen, muss deshalb eine zusätzliche Kennzahl eingeführt werden, die das Verhältnis der erzeugten elektrischen Energie zur erzeugten Nutzwärme beschreibt. Die dafür übliche Stromkennzahl und der Stromanteil werden in Kap. 3.3 beschrieben.

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

27

Spezifischer Brennstoffverbrauch Weniger verbreitet ist der Begriff des spezifischen Brennstoffverbrauchs. Dabei handelt es sich um den Kehrwert des Brennstoffausnutzungsgrades, der sich besonders dann anbietet, wenn beispielsweise CO2-Reduktionspotentiale oder sonstige spezifische Emissionen dargestellt werden sollen. Der spezifische Brennstoffverbrauch Der spezifische Brennstoffbedarf wB errechnet sich aus dem Kehrwert des Brennstoffnutzungsgrades wB =

 B ⋅ Hu m P + Q el

N

=

1 ηB

Gl. (II-4)

mit Q N Pel m B

Hu

2.1.2

erzeugte Nutzwärmeleistung in [kW] zu- und abgeführte elektrische Leistung in [kW] zugeführter Brennstoffmassenstrom in [kg/s] unterer Heizwert des zugeführten Brennstoffes in [kJ/kg]

Der ideale Kreisprozess

Die Umwandlung von Wärme in mechanische Arbeit erfolgt in Kreisprozessen. Dabei wird einer Arbeitsmaschine stets Wärme auf hohem Temperaturniveau zugeführt und bei niedriger Temperatur abgeführt. Die bei diesem Prozess gewonnene Energie kann als mechanische Energie, also als 'technische Arbeit', abgeführt und genutzt werden. In der Regel wird die hohe Temperatur im System 1 durch eine Verbrennung erzeugt. Dies ist zum Beispiel in Otto- oder Dieselmotoren, Gasturbinen und Dampfkraftwerken der Fall. Es kann allerdings auch die Abwärme eines chemischen Prozesses oder solare Wärme als Wärmequelle genutzt werden. Die Wärme wird dann an ein Arbeitsfluid übertragen, das in einer geeigneten Maschine Arbeit verrichtet. Bei Kreisprozessen wird immer Wärme aus einem System auf hohem Temperaturniveau (System 1) entnommen und an ein System mit niedrigem Temperaturniveau (System 2) abgeführt (Abb. 2.5). In der Regel wird diese Energie an die Umgebung abgeführt. Die Wärmeabfuhr auf niedrigem Temperaturniveau ist in Kreisprozessen unabdingbar, da das Arbeitsfluid wieder in den Ausgangszustand zurückgeführt werden muss. Dies bedeutet, dass auch die Entropie des Arbeitsfluids im Kreisprozess durch die Wärmeabfuhr reduziert werden muss.

28

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Temperatur T

Die 'maximale Arbeit', die bei der Umwandlung von Wärme in mechanische Energie durch Kreisprozesse verrichtet werden kann, wird also immer dadurch limitiert, dass ein Teil der bei hoher Temperatur zugeführten Wärme bei niedriger Temperatur wieder abgeführt werden muss: System 1 (z.B. heißes Rauchgas)

T1

qzu wt Kreisprozess

T2

System 2 (z.B. Umgebung)

qab

Entropie s

Abb. 2.5:

Kreisprozess im T,s-Diagramm

Der Carnot-Wirkungsgrad und Carnot-Faktor Nach dem 1. Hauptsatz der Thermodynamik berechnet sich die erzielte 'technische Arbeit' eines Kreisprozesses aus der auf hohem Temperaturniveau zugeführt Wärme q zu und der auf niedrigem Temperaturniveau abgeführten Wärme q ab wt = q zu − q ab Wird nun Wärme qzu aus dem System 1 (hohes Temperaturniveau, Abb. 2.5) auf das System 2 (niedriges Temperaturniveau) übertragen, ändern sich die Entropien der Systeme entsprechend der Definition der Entropie ∆s1 =

q1 T1

∆s 2 =

q2 T2

Die Entropie des Gesamtsystems ändert sich deshalb um ∆s Gesamtsystem = ∆s 1 − ∆s 2 Nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik gilt immer ∆s Gesamtsystem ≥ 0 und für die abgeführte Wärme qab ≥

q zu ⋅ T2 T1

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

29

Für einen idealen Kreisprozess, beispielsweise dem Carnot-Prozess und dem Stirling-Prozess, gilt also  T  wt ,ideal = q zu ⋅  1 − 2  T1  

oder ηideal = ηCR =

wt ,ideal q zu

=1 −

T T2 = 1 − ab T1 Tzu

Gl. (II-5)

Für sonstige Kreisprozesse heißt der maximal erreichbare Wirkungsgrad ηCR ‚Carnot-Faktor’ und errechnet sich aus den mittleren Temperaturniveaus der Wärmezu- und Abfuhr: ηCR =

wt ,ideal q zu

=1 −

Tab Tzu

Gl. (II-6)

mit

ηCR ∆s1 ∆s2

T1, T zu

Carnot-Wirkungsgrad bzw. Carnot-Faktor Entropieänderung im System 1 (oberes Temperaturniveau) in [kJ/kgK] Entropieänderung im System 2 (unteres Temperaturniveau) in [kJ/kgK] oberes Temperaturniveau in [K]

T2, Tab qzu qab wt

unteres Temperaturniveau in [K] zugeführte Wärme in [kW] abgeführte Wärme in [kW] geleistete technische Arbeit in [kW]

Dieser ideale Wirkungsgrad eines beliebigen Kreisprozesses heißt Carnot-Faktor und gibt das Optimum für die Umwandlung von Wärme in Arbeit an. Die Umwandlung von Wärme in Strom unterliegt immer dem Carnot-Wirkungsgrad und ist immer mit Abwärmeverlusten verbunden. Da bei allen thermischen Prozessen das obere Temperaturniveau für die Wärmezufuhr oder das untere Temperaturniveau für die Wärmeabfuhr beispielsweise durch die zur Verfügung stehen Materialien bzw. durch die Umgebungsbedingungen limitiert sind, betragen die Abwärmeverluste meist deutlich mehr als 50 Prozent der zugeführten Wärme. Diese Verluste sind durch die Änderung des Umgebungszustandes physikalisch vorgegeben und beschreiben die minimalen Verluste eines idealen Kreisprozesses, den Carnot-Prozess. Neben diesen physikalisch unvermeidbaren Verlusten treten bei Kreisprozessen auch Verluste im Prozess selbst auf. Reibungsverluste, Wärmeverluste und Exergieverluste bei der Wärmeübertragung sind die wichtigsten Quellen für irreversible Verluste im Kreisprozess. Entscheidend für den theoretisch maximal erreichbaren Wirkungsgrad eines Kreisprozesses ist das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr. Bei Dampfkraftprozessen ist dieses Temperaturniveau im Wesentlichen durch das Temperaturniveau bei der Verdampfung, also dem Druck im Dampferzeuger, und von der erreichbaren Überhitzung des Frischdampfes festgelegt (Kapitel 3.2.1).

30

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung Tzu beim Dampfkraftprozess

Tzu beim Gasturbinenprozess

Thermischer Wirkungsgrad

100% 80% 60%

CarnotWirkungsgrad

GUD Kraftwerke

40% 20% 0%

GasturbinenKraftwerke

DampfturbinenKraftwerke

0

200

400

600

800

1000

1200

1400

mittleres Temperaturniveau der Wärmezufuhr in °C Abb. 2.6:

Der thermische Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses (Umgebungstemperatur 15°C) und das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr bei Kraftwerksprozessen

Bei einem mittleren Temperaturniveau bei der Wärmezufuhr im Verdampfer von ca. 250 bis über 400 °C muss der Wirkungsgrad eines Dampfkraftwerkes also immer weniger als der dieser Temperatur entsprechende Carnot-Wirkungsgrad (ca. 45 – 57%) betragen. Bei Gasturbinenprozessen liegt das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr auf das Arbeitsmedium wesentlich höher, da das bei der Verbrennung erzeugte Rauchgas direkt als Arbeitsmedium genutzt wird. Zudem ist die Verbrennungsluft beim Eintritt in die Brennkammer durch die Verdichtung schon erheblich vorgewärmt, wodurch sich das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr zusätzlich erhöht (Kap. 3.2.2). Wird bei kombinierten Gas- und Dampfturbinen-Prozessen (GUD-Prozess) durch einen nachgeschalteten Dampfkraftprozess zusätzlich auch das Temperaturniveau der Wärmeabfuhr reduziert, wird das hohe thermodynamische Potential der Rauchgase besonders effektiv genutzt (Abb. 2.6).

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

2.1.3

Die Exergiebilanz

2.1.3.1

Die 'maximale Arbeit' (Exergie)

31

Die 'maximale Arbeit', die im Kreisprozess verrichtet werden kann, ist gleichbedeutend mit der Arbeit, die durch einen Carnot-Prozess bei Wärmeabfuhr an die Umgebung (T0 = TU) verrichtet werden kann. Die Exergie ist eine Pseudo-Zustandsgröße, die die 'maximale Arbeitsfähigkeit' eines Fluids beschreibt. Die 'maximale Arbeitsfähigkeit' (Exergie) des Frischdampfes oder heißer Rauchgase limitiert also die bei idealen Prozessbedingungen (Carnot-Prozess) erzielbare Arbeit und damit den Carnot-Wirkungsgrad (siehe Kap. 2.1.2). Die Exergie wird analog zur Enthalpie und Entropie meist als spezifische Zustandsgröße in der Einheit in kJ/kg oder kJ/kmol angegeben:

Definition der spezifischen Exergie Die Exergie e eines Stoffstromes errechnet sich aus dessen Enthalpie und Entropie und den entsprechenden Zustandsgrößen bei Umgebungstemperatur Tu.

e = (h − hu ) − Tu (s − su ) + e0 mit h hu s su Tu e0

Enthalpie des Stoffstromes in [kJ/kg] Enthalpie des Stoffstromes bei Umgebungstemperatur in [kJ/kg] Entropie des Stoffstromes in [kJ/kgK] Entropie des Stoffstromes bei Umgebungstemperatur in [kJ/kgK] Umgebungstemperatur in [in K] freie oder Gibbs’sche Enthalpie des Stoffstromes (Bindungsenthalpie) in [kJ/kg]

Die freie oder Gibbs’sche Enthalpie des Fluids im Bezugszustand e0, also bei 0°C, beschreibt die chemische Bindungsenergie eines Stoffstromes und ermöglicht bei Zustandsänderungen mit chemischen Reaktionen die Berücksichtigung des Heizwertes eines Fluids. Analog zur Energiebilanz können mit dieser Definition komplette Kreisprozesse oder auch einzelne Teilprozesse bilanziert werden. Neben den über die Systemgrenzen übertragenen Exergieströmen, reduzieren auch die im Kreisprozess auftretenden Exergieverluste den erreichbaren Prozesswirkungsgrad. Exergieverluste treten vor allem auf • •

bei der Wärmeübertragung durch Wärmeverluste an die Umgebung (z.B. Abgasverluste)



durch Druckverluste.

und

32

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Während Wärme- und Druckverluste meist nur durch Verbesserung der eingesetzten Komponenten (Turbinenwirkungsgrade, Dampferzeugerwirkungsgrade) erreicht werden können, können die Exergieverluste bei der Wärmeübertragung auch durch die thermodynamische Optimierung der Kraftwerksschaltung verringert werden. Exergie der zu- und abgeführten Wärme

∑ E zuQ Exergie der zugeführten Stoffströme (mit Reaktionsenthalpien etc.)

∑ (m ⋅ e )ein

Exergie der abgeführten Stoffströme

∑ (m ⋅ e )aus

∂E ∂t

geleistete Arbeit W

Abb. 2.7:

Exergiebilanz eines durchströmten Systems

Ziel einer Exergieanalyse ist daher in der Regel die Lokalisierung von vermeidbaren Exergieverlusten. Besonders die bei der Wärmeübertragung auftretenden Exergieverluste bieten erhebliche Potentiale zur Verbesserung des Wirkungsgrades bei der Stromerzeugung. Die naheliegendste Methode ist die Bewertung einzelner Komponenten oder ganzer Prozesse anhand einer Exergiebilanz

Die Exergiebilanz Die Exergiebilanz um eine Komponente oder um einen Prozess lautet

∑ ∆E ein − ∑ ∆E aus + ∑ ∆E Q

=

∑ W +

Gl. (II-7)

I

mit der Exergie der zugeführten Stoffströme:

∑ ∆E

der Exergie der abgeführten Stoffströme:

∑ ∆E

ein

=

∑ (m ⋅ e)

aus

=

∑ (m ⋅ e)

zu

ab

der aus der Gibbs’sche n Hauptgleichung ∆E Q =: ∆G (Tu ) = ∆H − Tu ∆S

mit ∆H = Q

und ∆S = Q T abgeleiteten Exergie der zugeführten Wärme

∑ ∆E

Q

=



Q zu (T zu − Tu ) T zu

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

33

der Exergie der zu oder abgeführten technischen Arbeit:

∑W

und den irreversiblen Exergieverlusten

I

mit e  m Tzu

Exergie der zu- und abgeführten Massenströme in [kW/kg] zu- und abgeführten Massenströme in [kg/s] mittlere Temperatur der Wärmezufuhr in [K] zu- und abgeführte Wärme in [kW] Umgebungstemperatur in [K] Exergieänderung in [kW] Enthalpieänderung in [kW] Änderung der Gibbs’sche n Enthalpie in [kW] Entropieänderung in [kW/K] Irreversibilitätsrate oder Exergieverluste in [kW]

Q zu

Tu

∆E ∆H ∆G ∆S

I

Bei gegebenen thermodynamischen Zuständen und Energieströmen ist das Ergebnis dieser Exergiebilanz der irreversible Exergieverlust, die sogenannte Irreversibilitätsrate I . Diese Irreversibilitätsrate I ist ein Maß für die Exergieverluste des Prozesses und errechnet sich aus der irreversibel, z.B. durch Reibung erzeugten Entropieänderung eines Systems oder Stoffstromes: Definition der Irreversibilitätsrate Die bei einer Zustandsänderung auftretende Irreversibilitätsrate errechnet sich aus der irreversiblen Entropieerhöhung eines Stoffstromes oder eines Systems I = Tu ⋅∆S irrev.

mit Tu

∆S irrev.

2.1.3.2

Umgebungstemperatur in [K] irreversiblen Entropieänderungen in [kW/K]

Die Gouy-Stodola-Gleichung

Zweck der Exergieanalyse ist es, die wichtigen Irreversibilitätsquellen eines Prozesses zu lokalisieren. Die Exergiebilanzierung um einzelne Komponenten ist jedoch sehr aufwändig. Durchgesetzt hat sich deshalb überwiegend die vereinfachte Bewertung nach Gouy-Stodola [2.16]. Hier werden nicht die gesamten Exergieströme in und aus einer Komponente betrachtet, sondern nur die entstehenden Irreversibilitäten bestimmt.

34

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Gouy-Stodola-Gleichung zur Bestimmung der Irreversibilitätsrate Für stationär durchströmte Systeme ohne chemische Reaktionen vereinfacht sich die Exergiebilanz Gleichung (II-7) zu.

∑ (m ⋅ (h + T ⋅ s )) + ∑ Q u

zu

 T − Tu   = W + I ⋅  zu   T zu 

Formt man diese Gleichung in

∑ (m ⋅ h) + ∑ (m ⋅ T ⋅ s ) + ∑ Q u

zu



∑ Q

zu

Tu = W + I T zu

um, so vereinfacht sich die Exergiebilanz wegen

∑ (m ⋅ h )

+

∑ Q

 I = Tu ⋅  

∑ m

zu

(1. Hauptsatz)

= W

zu

ein

⋅ s ein −

∑ m

aus

⋅ s aus −

Q zu    zu 

∑T

Gl. (II-8)

mit h s Tu e

Q zu

Enthalpie des Stoffstromes in [kJ/kg] Entropie des Stoffstromes in [kJ/kg] Umgebungstemperatur in [K] Exergie der zu- und abgeführten Massenströme in [kW/kg] zu- und abgeführte Massenströme in [kg/s] mittlere Temperatur der Wärmezufuhr in [K] zu- und abgeführte Wärme in [kW]

I

Irreversibilitätsrate oder Exergieverluste in [kW]

 m

Tzu

Gleichung (II-8) kann sowohl auf vollständige Prozesse, als auch auf einzelne Teilkomponenten angewendet werden. Sie wird eingesetzt, um mit Exergieanalysen in Kraftwerksprozessen Verlustquellen systematisch aufzuspüren und die Schaltung von Kraftwerksprozessen thermodynamisch zu optimieren (Kap. 2.2.4.1).

2.1.3.3

Der reale Kreisprozess

Aus der Irreversibilitätsrate kann der exergetische Wirkungsgrad eines Gesamtsystems unmittelbar bestimmt werden:

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung

35

Wirkungsgrad eines realen Kreisprozesses Analog zum Carnot-Prozess bestimmt nach dem 2. Hauptsatz der Thermodynamik immer die Entropiebilanz eines Gesamtsystems den Wirkungsgrad eines realen Kreisprozesses: ∆s Gesamtsystem = ∆s 1 − ∆s 2 = ∆s irreversibel Dies bedeutet für den realen Kreisprozess ∆q ab =

∆q zu ⋅ T2 − T2 ⋅ ∆s irreversibel T1

Für den idealen Kreisprozess gilt also ∆wt , real = ∆q zu

 T  1− 2  T1 

  − T2 ⋅ ∆s irreversibel  

= 1 −

T2 I − T1 q zu

oder für T2 = Tu η real =

∆wt , real ∆q zu

mit

∆s1 ∆s2

q zu

Entropieänderung im System 1 (oberes Temperaturniveau) in [kJ/kgK] Entropieänderung im System 2 (unteres Temperaturniveau) in [kJ/kgK] oberes Temperaturniveau in [K] unteres Temperaturniveau in [K] Umgebungstemperatur in [K] zugeführte Wärme in [kJ/kg] abgeführte Wärme in [kJ/kg] geleistete technische Arbeit in [kJ/kg] zugeführter Wärmestrom in [kW/kg]

I

Irreversibilitätsrate oder Exergieverluste in [kW/kg]

T1 T2 Tu ∆qzu ∆qab ∆wt

2.1.3.4

Der exergetische Wirkungsgrad

Aus dem Wirkungsgrad für den realen Kreisprozess kann ein exergetischer Wirkungsgrad abgeleitet werden, der die tatsächlich erzeugte Arbeit zur maximalen Arbeit ins Verhältnis setzt: Der exergetische Wirkungsgrad Aus dem thermischen Wirkungsgrad des realen Kreisprozesses η real

= 1 −

T2 I − T1 q zu

36

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung kann unmittelbar ein exergetischer Wirkungsgrad abgeleitet werden:

ηex =

wt ,real η real = = ηCarnot wt ,ideal

1−

mit T1 T2 q zu

wt I

T2 I − T1 q zu I =1 − T q zu ⋅ ηCarnot 1− 2 T1

oberes Temperaturniveau in [K] unteres Temperaturniveau in [K] zugeführter Wärmestrom in [kW/kg] geleistete technische Arbeit in [kW] Irreversibilitätsrate oder Exergieverluste in [kW]

Die größten Exergieverluste treten bei Kraftwerksprozessen in der Regel unmittelbar bei der Verbrennung auf. Zwar wird der Energieinhalt des Brennstoffes bei der Verbrennung vollständig auf das Rauchgas übertragen, die Verbrennung ist aber auch mit Entropieänderungen verbunden [2.2]. Die Exergie der Brennstoffe unterscheidet sich daher von deren Enthalpie. Zudem unterliegt die freigesetzte Wärme im Folgenden bei der Konversion in Arbeit dem Carnot-Wirkungsgrad. Für die Berechnung der Exergie des Rauchgases darf nicht die Maximaltemperatur des Rauchgases eingesetzt werden, da nicht die gesamte Rauchgaswärme bei dieser Maximaltemperatur übertragen werden kann:

Beispiel: Exergieverluste bei der Verbrennung Die Exergie des bei einer Verbrennung erzeugten Rauchgases errechnet sich aus der bei der Abkühlung des Rauchgases gewinnbaren Arbeit E RG =

Tmax

Tmax

Tu

Tu

∫ dE RG =



T   1 − u T 

Tmax

  dQ RG = 



Tu

T   RG ⋅ c p , RG  1 − u m T 

 RG ⋅ c p , RG (Tmax − Tu ) − m  RG ⋅ c p , RG ⋅ Tu ⋅ ln =m   T  RG ⋅ c p , RG (Tmax − Tu ) − Tu ⋅ ln max  =m T u  

Die mit dem Brennstoff zugeführte Exergie E BS = Q RG = m RG ⋅ c p , RG (Tmax − Tu ) reduziert sich also um den Faktor:

Tmax = Tu

  dT = 

2.1 Wirkungsgrade bei der Energiewandlung 

E RG = E BS

37



(Tmax − Tu ) − Tu ⋅ ln Tmax  (Tmax − Tu )

 Tu 

Bei einer maximalen Verbrennungstemperatur von 2000 °C und einer Umgebungstemperatur von 15 °C beträgt der exergetische Wirkungsgrad ηEx

η Ex

E = RG = E BS

(2273 − 288 ) − 288 ⋅ ln 2273  (2273 − 288 )

 288  = 0,70

also lediglich 70 %. mit EBS ERG QRG Tmax Tu  RG m

cp,RG

ηEx

Exergie des Brennstoffes in [kJ] Exergie des Rauchgases in [kJ] Fühlbare Wärme des Rauchgases in [kJ] maximale Verbrennungstemperatur in [K] Umgebungstemperatur in [K] Rauchgas-Massenströme in [kg/s] spez. Wärmekapazität des Rauchgases in [kJ/kgK] exergetischer Wirkungsgrad der Verbrennung

Bei der Verbrennung gehen also 30% der im Brennstoff enthaltenen Exergie alleine durch die Umwandlung der chemisch gebundenen Energie in Wärme verloren (siehe auch [3.25] und Abb. 2.22). Aus diesem Grund ist die direkte Umwandlung chemisch gebundener Energie in Strom in Brennstoffzellen besonders vorteilhaft (siehe Kap. 3.5). Zusätzliche Exergieverluste entstehen bei der Verbrennung durch die zu leistende Reaktionsarbeit [2.2]. Durch eine Volumenverringerung bei der Verbrennung geht Arbeitsfähigkeit verloren. Dies ist beispielsweise bei der Verbrennung von Wasserstoff der Fall. Bei der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasserdampf verringert sich das (Norm-) Volumen um ein Drittel. Dies führt dazu, dass der thermodynamische Wirkungsgrad einer Brennstoffzelle mit zunehmender Temperatur sinkt (Kap. 3.5.2.2). Der Verlust an Arbeitsfähigkeit bei der Umsetzung von Wasserstoff bei hohen Temperaturen betrifft aber nicht nur die Brennstoffzelle. Der geringere Volumenstrom kann auch in Gasturbine oder Motor entsprechend weniger Arbeit leisten. Bei der Verbrennung von Methan treten dagegen fast keine zusätzlichen Exergieverluste durch die zu leistende Reaktionsarbeit auf, da sich abgesehen von der Änderung der Dichte durch die Erwärmung das Volumen bei der Reaktion nicht ändert. Die praktische Bedeutung des exergetischen Wirkungsgrades liegt darin, OptimierungsPotentiale eines Kreisprozesses zu veranschaulichen. Exergieanalysen werden darüber hinaus auch häufig eingesetzt, um verschiedene Varianten der Energiebereitstellung, insbesondere die Kraft-Wärme-Kopplung, thermodynamisch zu bewerten [2.21].

38

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

2.2

Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

Grundlage für die energetische Bewertung eines Energiesystems ist die Bestimmung von geeigneten Wirkungsgraden aus den bei der Energieumwandlung ablaufenden Prozessschritten. Gerade bei der Konzeption und Planung von Energiesystemen muss die Bestimmung dieser Wirkungsgrade rechnerisch erfolgen. Die theoretischen Grundlagen für die Berechnung der einzelnen Konversionsschritte liefert die Thermodynamik. In der Regel wird im ersten Schritt ein Brennstoff chemisch umgesetzt. Im einfachsten Fall liefert dann eine Verbrennungsrechnung die freigesetzte Wärme und die Rauchgaszusammensetzung (siehe Kap. 2.2.1.1). Die chemische Thermodynamik liefert dagegen die Zusammensetzung eines Brenngases aus der Vergasung eines Festbrennstoffes (Kap. 2.2.1.3). Für die Bilanzierung der nachgeschalteten Prozessschritte müssen die Zustandsänderungen eines Arbeitsmediums in den Komponenten eines Energiesystems, beispielsweise eines Wasser-Dampf-Kreislaufs, schrittweise berechnet werden (Kap. 2.2.2). Bei der Umwandlung in Arbeit sind, nach der Übertragung der Rauchgaswärme aus der Verbrennung, in der Regel noch eine oder mehrere Zustandsänderungen eines oder mehrerer Arbeitsmedien zu betrachten. Bei der Konversion von Festbrennstoffen kann darüber hinaus der Verbrennung eine Vergasung vorgeschaltet werden. Sehr aufwändig wird die energetische Betrachtung eines Energiesystems schließlich, wenn weitere Verfahrensschritte, beispielsweise eine Rauchgasreinigung oder eine Brennstoffaufbereitung, integriert werden sollen.

2.2.1

Die thermische Konversion von Brennstoffen

Zu Beginn der Konversion der chemisch gebundenen Energie eines Brennstoffes in Strom oder Nutzwärme steht die Verbrennung oder Vergasung des Brennstoffes. Die dabei ablaufenden chemischen Reaktionen bestimmen die Zusammensetzung und die Zustandsgrößen der entstehenden Reaktionsprodukte. Die Kenntnis dieser Größen ist unabdingbar für die weitere Berechnung der nachfolgenden Konversionsschritte und liefert darüber hinaus Informationen wie Emissionen und Ascheströme, die für den Betrieb eines Energiesystems erforderlich sind. Die Zustandsgrößen, wie Temperatur, Druck und Dichte, werden wesentlich von den Heizwerten der eingesetzten Brennstoffe und der Energiebilanz um die Feuerung oder den Vergaser bestimmt. Für die Berechnung des Heizwertes stehen verschiedene Korrelationen zur Verfügung, mit denen aus der chemischen Zusammensetzung eines Brennstoffes dessen Heizwert berechnet werden kann (siehe Kap. 2.2.1.2). Für die Berechnung der Zusammensetzung der Produktgase ist es dagegen erforderlich, die ablaufenden chemischen Reaktionen zu betrachten. Ausschlaggebend für die Zusammensetzung eines bei chemischen Reaktionen erzeugten Gasgemisches sind •

die Stöchiometrie, also die Stoffbilanz für jedes Element der beteiligten Edukte

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

und

39



die Gleichgewichtsthermodynamik, also die von Temperatur und Druck bestimme Zusammensetzung eines Produktgases, das sich im ‚chemischen Gleichgewicht’ befindet



die Reaktionskinetik, also die von Temperatur und Konzentrationsverhältnissen bestimmte Reaktionsgeschwindigkeit.

Im einfachsten Fall, der Verbrennung, sind die ablaufenden Reaktionen so stark exotherm, dass die chemischen Gleichgewichte nahezu vollständig auf der Seite der Produkte liegen. Im Falle der vollständigen Verbrennung kann also auf die Betrachtung der chemischen Gleichgewichte und der Reaktionskinetik verzichtet werden. Für die Bestimmung des Luftbedarfs für die Verbrennung und der Zusammensetzung des Rauchgases reicht es also aus, die Stoffbilanzen der Verbrennungsreaktionen zu berücksichtigen (siehe Kap. 2.2.1.2). Bei der Vergasung dagegen wird die Zusammensetzung wesentlich von den chemischen Gleichgewichten bestimmt. Für die Berechnung der Gaszusammensetzung sind neben den Stoffbilanzen zusätzlich die Gleichgewichtskonstanten der Teilreaktionen und die Energiebilanz zu berücksichtigen (siehe Kap. 2.2.1.3). Da bei real ausgeführten Vergasern das chemische Gleichgewicht aufgrund zu geringer Verweilzeiten der Produktgase im Reaktor in der Regel nicht erreicht wird, wird die Zusammensetzung zusätzlich von der Kinetik der Trocknung und Pyrolyse der Brennstoffpartikel und schließlich auch von der Kinetik der chemischen Reaktionen bestimmt. Da aufgrund der Inhomogenität der Brennstoffpartikel und der Komplexität der Diffusions- und Grenzflächenprozesse im Brennstoffpartikel eine einfache Modellierung der Reaktionskinetik nicht möglich ist, kann die tatsächliche Gaszusammensetzung nur experimentell bestimmt werden. Für thermodynamische Auslegungsrechnungen ist es daher üblich, entweder die näherungsweise gültige Gleichgewichtszusammensetzung zu berechnen oder experimentell ermittelte Werte für die Gaszusammensetzung zu verwenden.

2.2.1.1

Modellierung chemischer Reaktionen

Für die Bestimmung der Rauchgaszusammensetzung bei der Verbrennung genügt es in der Regel, die Stoffbilanzen der einzelnen Verbrennungsreaktionen zu betrachten. Bei vollständiger Umsetzung der Edukte errechnet sich die Zusammensetzung der Reaktionsprodukte aus den stöchiometrischen Koeffizienten einer Reaktion Stöchiometrische Koeffizienten und Reaktionslaufzahl Die bei der Reaktion umgesetzten Stoffströme der Reaktionsedukte und -produkte errechnen sich mit den stöchiometrischen Koeffizienten νi und der Reaktionslaufzahl ξ der allgemeinen Reaktionsgleichung

40

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

νA A +

ν B B ←→  νC C + ν D D

aus der allgemeinen Stoffbilanz für einen Reaktanden i. Für Reaktionen in geschlossenen Systemen gilt:

ni = ni , 0 + ν i ⋅ ξ

Gl. (II-9)

Für durchströmte Systeme gilt analog ni = ni , 0 + ν i ⋅ ξ

Gl. (II-10)

 als ‚Reaktionsgeschwindigkeit’ bewobei die zeitliche Ableitung der Reaktionslaufzahl ξ zeichnet wird.

mit ni,0, ni ,0

Stoffmenge bzw. Stoffstrom der Reaktanden A,B,C oder D vor der

ξ

Reaktion in [kmol] bzw. [kmol/s] Stoffmenge bzw. Stoffstrom der Reaktanden A,B,C oder D nach der Reaktion in [kmol] bzw. [kmol/s] stöchiometrischer Koeffizient des Reaktanden i in [kmol/kmol] Reaktionslaufzahl der Reaktion in [kmol]

 ξ

Reaktionsgeschwindigkeit in [kmol/s]

ni,, ni

νi

Im einfachsten Fall einer chemischen Reaktion werden alle Edukte vollständig umgesetzt. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Edukte im richtigen Verhältnis zueinander vorliegen: Stöchiometrische Reaktion Eine Reaktion heißt ‚stöchiometrisch’, wenn die Edukte in dem Verhältnis vorliegen, wie sie für eine vollständige Reaktion notwendig sind, wenn also gilt: n A = n A ,0 + ν A ⋅ ξ = 0

und n B = n B ,0 + ν B ⋅ ξ = 0

oder mit

n A,0 ν = A νB n B ,0

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse n A,0 , n B ,0

Stoffstrom der Edukte vor der Reaktion in [kmol/s]

n A , n B

Stoffstrom der Edukte nach der Reaktion in [kmol/s]

νA , νB

stöchiometrische Koeffizienten der Edukte in [kmol/kmol]

 ξ

Reaktionsgeschwindigkeit in [kmol/s]

41

Vollständiger Umsatz eines Edukts kann auch bei der Verbrennung nicht immer gewährleistet werden. Liegt ein Edukt im Überschuss vor, beispielsweise bei der überstöchiometrischen Verbrennung, bleibt dieser Überschuss auch im Produktgas enthalten. Um die stöchiometrischen Koeffizienten einer Reaktion zu bestimmen, muss für jedes in den Edukten enthaltene Element die Stoffbilanz betrachtet werden. Bestimmung stöchiometrischer Koeffizienten Die stöchiometrischen Koeffizienten der Reaktionsgleichung νA A +

ν B B ←→  νC C + ν D D

errechnen sich aus den Stoffbilanzen für die an der Reaktion beteiligten chemischen Elemente k

∑ x ⋅ (n i

k ,i

i

)

− n i ,0 = 0

und aus der molaren Konzentration xi,k des Elements k im Reaktanden i. Einsetzen von Gleichung (II-10) folgt damit

∑ xk ,i ⋅ ν i ⋅ ξ = 0 oder ∑ x k ,i ⋅ ν i = 0 i i

Sind n chemische Elemente an der Reaktion beteiligt, kann daraus mit k = 1 ... n ein lineares Gleichungssystem für die Bestimmung der stöchiometrischen Koeffizienten νi aufgestellt werden:

 x1, A   x 2, A     x n, A 

x1, B x 2, B 

x1,C x 2 ,C 

x n, B

x n ,C

x1, D   ν A     x 2, D   ν B   ⋅ =0    νC     x n, D   ν D 

mit

ni , 0

Stoffstrom der Reaktanden vor der Reaktion in [kmol/s]

ni νi

stöchiometrischer Koeffizient der Edukte in [kmol/kmol]

xk ,i

molare Konzentration des Elements k im Reaktanden i in [kmol/kmol]

Stoffstrom der Reaktanden nach der Reaktion in [kmol/s]

42

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

2.2.1.2

Verbrennung und Verbrennungsrechnung

Besonders geeignet ist dieser formale Ansatz für die Berechnung der stöchiometrischen Koeffizienten und die Modellierung chemischer Reaktionen für Kreislaufrechenprogramme. Veranschaulichen lässt er sich am Beispiel einer einfachen Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes: Beispiel: Stöchiometrische Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes Die Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHxOy lässt sich mit den stöchiometrischen Koeffizienten νi in allgemeiner Form durch die Reaktionsgleichung ν 1 ⋅ CH x O y +

ν 2 ⋅ O2 ← →

ν 3 ⋅ CO2

+ ν 4 ⋅ H 2O

ausdrücken [2.1]. Die stöchiometrischen Koeffizienten νi errechnen sich bei vollständigem Umsatz der Edukte aus den Stoffbilanzen für Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff: Stoffbilanz H:

x ⋅ν 1 + 0 ⋅ν 2 + 0 ⋅ν 3 + 2 ⋅ν 4 = 0

x ⋅ ν1 2

oder

ν4 = −

oder

ν 3 = − ν1

oder

x y  ν 2 = 1 + −  ⋅ ν1 4 2 

Stoffbilanz C:

1 ⋅ν 1 + 0 ⋅ν 2 + 1 ⋅ν 3 + 0 ⋅ν 4 = 0 Stoffbilanz O:

y ⋅ν1 + 2 ⋅ν 2 + 2 ⋅ν3 + 1 ⋅ν4 = 0

In Matrixschreibweise lautet die Gleichung für die Bestimmung der stöchiometrischen Koeffizienten ν1 bis ν4 ν 1   x 0 0 2    ν 2     1 0 1 0⋅  = 0  y 2 2 1  ν 3   ν    4 und führt zum selben Ergebnis. Für die Reaktion von einem kmol CHxOy gilt ν1 = -1. Die allgemeine Reaktionsgleichung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHxOy lautet also x y  CH x O y +  1 + −  O2 ←→ 4 2 

CO2 +

x ⋅ H 2O 2

mit νi

x,y

stöchiometrische Koeffizienten der Edukte und Produkte in [kmol/kmol] Molanteil Wasserstoff und Sauerstoff im Brennstoff

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

43

Für die Bestimmung der vier unbekannten stöchiometrischen Koeffizienten stehen mit den Stoffbilanzen für den Kohlenstoff, den Wasserstoff und den Sauerstoff also drei Bestimmungsgleichungen zur Verfügung. Der 4. Koeffizient wird willkürlich mit ν1 = –1 festgelegt. Die Stöchiometrie der bei der Verbrennung ablaufenden Reaktionen liefert die Grundlage für die klassische Verbrennungsrechnung. Ziele der Verbrennungsrechnung sind • •

die Bestimmung des Luftbedarfs für die Verbrennung, die Bestimmung der bei der Verbrennung freigesetzten Wärme



die Bestimmung der Zusammensetzung des entstehenden Rauchgases

und Allerdings ist es bei der Verbrennungsrechnung üblich, anstelle der molaren Zusammensetzung eines Brennstoffes die Massenanteile zu betrachten. Ist beispielsweise bei flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen nur die Summenformel eines Brennstoffes gegeben, müssen aus der Summenformel zunächst die Massenanteile des Brennstoffes bestimmt werden: Beispiel: Berechnung der Massenzusammensetzung von Phenol OH

~

Die Molmasse M C6 H 6 OH des Kohlenwasserstoffs Phenol mit der Summenformel C6H6OH beträgt ~ ~ ~ 6 ⋅ M C + 7 ⋅ M H + 1 ⋅ M O = 6 ⋅ 12 + 7 ⋅ 1 + 1 ⋅ 16 = 95 kg / kmol daraus errechnet sich der auf 1 kg Brennstoff bezogene ~ 6 ⋅ MC 6 ⋅ 12 Kohlenstoffgehalt c= ~ = = 75,79 % 95 M C6 H 6 OH ~ 7⋅M H 7 ⋅1 Wasserstoffgehalt = = 7 ,37 % h = ~ 95 M C6 H 6 OH ~ 1⋅ MO 1 ⋅ 16 Sauerstoffgehalt o= ~ = = 16 ,84 % 95 M C H OH 6

6

mit ~ Mi

c h o

Molmasse in [kg/kmol] Kohlenstoffgehalt in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt in [kg/kgBS]

Neben den Massenanteilen des Kohlenstoffes c, des Wasserstoffes h und des Sauerstoffes o im Brennstoff, werden vor allem bei Festbrennstoffen in der Regel auch der Massenanteil des Stickstoffes n und des Schwefels s berücksichtigt Die Anteile an nichtbrennbaren, mineralischen Bestanteilen werden im Aschegehalt a zusammengefasst.

44 Tab. 2.1:

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung Zusammensetzung von Festbrennstoffen (Literatur: [2.8], [2.11], [2.17], [2.20], [2.24], [2.13])

Brennstoff

Elementaranalyse des trockenen Brennstoffes

c

h

o

n

s

Wassergehalt

cl

a

in [kg/kg]tr Steinkohle

71-87

Braunkohle Heizöl EL Heizöl S

unterer Heizwert des trockenen Brennstoffes

w

Hu

in [kg/kg]f

in [MJ/kg]tr

4-8

4-11

0,7-2

3-7

3-5

ca. 31-33

60-73

5-8

14-27

0,5-4

1,3-3,2

52-65

ca. 25-29

85,5

13,5

0,1

42,6

0,8

84

11,5

Fichte

51,1

5,8

42,3

0,11

0,01

Buche

49,7

6,1

42,8

0,41

0,02

Kiefer

52,1

6,4

41,0

0,07

0,05

0,01

Pappel

49,9

6,1

42,2

0,29

0,05

Weide

47,7

5,7

44,7

0,43

0,03

Heu

45,5

6,1

39,2

1,14

Miscanthus

47,5

6,2

40,7

0,73

Triticale, Korn

43,5

6,4

45,3

1,68

0,11

0,07

2,1

16,9

44

6

43,2

1,08

0,19

0,07

4,4

17,3

43,9

5,9

42,4

0,42

0,05

0,26

6

17,1

Weizenstroh

44,3

5,3

42,9

0,57

0,14

0,5

6,21

16,5

Holzkohle

80,3

3,1

13

0,2

3,4

30,4

Torf

54,6

5,6

33,2

1,7

Rapsöl

57,8

20,2

8,2

2,76

Rapsmethylester (RME)

55,6

19,4

11,7

2,65

Altpapier

43,4

5,8

44,3

0,3

0,2

Tetrapack

54

7,79

34,4

0,16

0,08

0,06

3,5

Kompost

39,1

4,44

27,9

1,23

0,18

0,46

26,7

Tiermehl

40,8

5,9

23

7,7

0,6

Triticale, Ganzpflanze Triticale, Stroh

2,8

0,5 0,01

40,5

0,77

18,8

1,01

17,5

0,37

19,9

0,01

1,36

19,4

0,01

1,45

18,4

0,16

0,31

5,7

17,4

0,15

0,22

3,9

17,8

0,41

4,5

20,7 17

37,4

9

43,5

6

22,03

16,3 14,7 4,6

21,4

Eine besondere Rolle kommt bei der Verbrennungsrechnung der Feuchte des Brennstoffs zu. Deshalb unterscheidet man den Anteil des Wasserstoffes und des Sauerstoffes, der als Wasser im Brennstoff enthalten ist, von den im trockenen Brennstoff gebundenen Wasserstoff- und Sauerstoffanteilen h und o, indem man den Wassergehalt w einführt. Bei der Verwendung von tabellierten Brennstoffdaten ist aber zu beachten, dass die Zusammensetzung eines Brennstoffes je nach Herkunft erheblichen Schwankungen unterliegt. So variiert beispielsweise der Aschegehalt australischer Steinkohle zwischen 5 und 25%. Auch die in der Literatur angegeben Zusammensetzungen und Heizwerte der biogenen Brennstoffe variieren stark. In [2.4] sind die Elementaranalysen und Heizwerte von Kohlen aus mehreren

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

45

hundert Standorten tabelliert. Zudem ist stets zu beachten, ob die Elementarzusammensetzung des tatsächlichen Brennstoffes (‚as received’), des trockenen Brennstoffes (‚dry base’, siehe Tab. 2.1) oder die Zusammensetzung des trockenen, aschefreien Brennstoffes (‚dry and ash free’) angegeben ist. Berechnung des Luftbedarfs bei der Verbrennung Zu Beginn einer Verbrennungsrechnung ist stets der Luftbedarf für die vollständige, stöchiometrische Verbrennung eines Brennstoffes zu ermitteln. Dazu bestimmt man die stöchiometrischen Koeffizienten νi der Verbrennungsreaktion und aus der Summenformel des Brennstoffes. Ist nicht die Summenformel eines Brennstoffes, sondern dessen Elementarzusammensetzung, z.B. nach Tab. 2.1, gegeben, kann aus der mit den Massenanteilen gegebenen Elementarzusammensetzung eine Summenformel des Brennstoffes abgeleitet werden:

Bestimmung der Summenformel eines Brennstoffes aus dessen Elementarzusammensetzung Die Summenformel eines aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel bestehenden Brennstoffes errechnet sich aus der Elementarzusammensetzung und den Molmassen der Elemente entsprechend der Gleichung C

c ~ MC

H

h ~ MH

O

o ~ MO

S

s ~ MS

= C c H hO o S 12

1

16

s 32

mit ~ Mi

c h o s

νi

Molmasse der im Brennstoff enthaltenen Elemente in [kg/kmol] Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] stöchiometrische Koeffizienten der Edukte und Produkte in [kmol/kmol]

Diese Berechnung der Summenformel mit Hilfe der Elementarzusammensetzung erleichtert die direkte Bestimmung des Sauerstoffbedarfs und schließlich auch die Berechnung der Rauchgaszusammensetzung: Bestimmung des Luftbedarfs für die stöchiometrische Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes Die Bestimmung der stöchiometrischen Koeffizienten bei der stöchiometrischen Verbrennung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHxOySz nach der Gleichung ν 1 ⋅ CH x O y S z +

ν 2 ⋅ O2 ← →

ν 3 ⋅ CO2

+ ν 4 ⋅ H 2 O + ν 5 ⋅ SO2

46

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung führt zur allgemeinen Reaktionsgleichung für die Reaktion von 1 kmol Brennstoff x y   CH x O y S z +  1 + − + z  O2 ←→ 4 2  

CO2 +

x ⋅ H 2 O + z ⋅ SO2 2

Bei gegebener Elementarzusammensetzung gilt damit C c H hO o S 12

1

16

s 32

o s  c h s  c h → CO2 + H 2 O + SO2 +  + − +  O2 ← 12 2 32  12 4 16 ⋅ 2 32 

Gl. (II-11)

mit c h o s

νi

x, y, z

Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] stöchiometrische Koeffizienten der Edukte und Produkte in [kmol/kmol] Molanteil Wasserstoff, Sauerstoff und Schwefel in [kmol/kmol]

Der Sauerstoffbedarf für die stöchiometrische Verbrennung omin errechnet sich also unmittelbar aus dem stöchiometrischen Koeffizienten ν2. Je nach Anwendung wird der Sauerstoffbedarf auch in kmol/kgBS, in kg/kgBS oder Nm³/kgBS angegeben. So wird beispielsweise für die Auslegung von Feuerungen der erforderliche Volumenstrom der Verbrennungsluft benötigt. Um einen vollständigen Ausbrand zu garantieren oder um die Verbrennungstemperatur zu begrenzen, hat sich für die praktische Anwendung die Einführung der Luftzahl λ durchgesetzt: Luftbedarf bei der stöchiometrischen Verbrennung Der Luftbedarf für die stöchiometrische Verbrennung des Brennstoffes lmin eines trockenen Brennstoffes errechnet sich aus dem Sauerstoffbedarf  kg O2 omin   kg BS

 ~ h o s   c + − +   = M O2 ⋅  4 32 32   12 

und dem Sauerstoffanteil der trockenen Luft (23,2 Gew.-%) zu  kg Luft  32  c h o s  lmin  ⋅ + − +  = kg 0 232 12 4 32 32 ,    BS 

Gl. (II-12)

Der volumetrische Luftbedarf vmin berechnet sich aus dem Normvolumen von 22,41 m³/kmol und dem volumetrischen Anteil des Sauerstoffs in der Luft (21,0 vol.-%)  m ³ Luft  22,41  c h o s  vmin  ⋅ + − +  = , kg 0 21 12 4 32 32   BS  

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

47

Die Luftzahl λ beschreibt den Luftüberschuss bei der Verbrennung λ =

l lmin

Gl. (II-13)

mit l

Luftmenge in [kg/kgBS] Molmasse des Luftsauerstoffs in [kg/kmol]

c h o s

Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

~ M O2

Der Sauerstoff- bzw. der Luftbedarf kann also unmittelbar aus der Reaktionsgleichung der Verbrennung bestimmt werden und mit den aus einer Elementaranalyse gegebenen Massenanteilen des Brennstoffs ermittelt werden (siehe Tab. 3.3). Genau genommen gilt diese Gleichung nur für stickstofffreie Brennstoffe, da auch der Brennstoffstickstoff zu Stickoxiden oxidiert wird. Ein großer Teil des Brennstoffstickstoffes wird allerdings bei der Verbrennung, z.B. durch die Reaktion mit CO, nach der Reaktionsgleichung NO + CO  →

1 N 2 + CO2 2

wieder zu N2 reduziert [2.15]. Zusätzliche Fehler ergeben sich aus der Bildung von thermischen Stickoxiden, also bei Stickoxiden, die aus der Oxidation des in der Verbrennungsluft enthaltenen Stickstoffes bei hohen Flammentemperaturen entstehen. Da die Stickoxidbildung und deshalb auch der Sauerstoffbedarf für die Stickoxidbildung stark von den Verbrennungsbedingungen abhängt, wird sie bei der konventionellen Verbrennungsrechnung, genau wie die Oxidation der anderen, in geringeren Konzentrationen im Brennstoff enthaltenen Bestandteile (Cl, P etc.) in der Regel vernachlässigt. Berechnung der Rauchgaszusammensetzung und Rauchgasmenge Aus der Reaktionsgleichung für die Verbrennung Gl. (II-11) ist gleichzeitig die Zusammensetzung des Rauchgases gegeben. Neben den Reaktionsprodukten sind im Rauchgas zusätzlich die nicht reagierenden Bestandteile der Verbrennungsluft, im Wesentlichen der Luftstickstoff und zusätzlich der aus dem Wassergehalt des Brennstoffes entstandene Wasserdampf enthalten. Die Rauchgasmenge errechnet sich einfach mit einer Massenbilanz aus der pro kg trockenem Brennstoff zugeführten Luftmenge λ·lmin und der zugeführten Brennstoffmenge abzüglich des Ascheanteils 1 – a = c + h + w + s + o:

48

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung Die Berechnung des Rauchgasmassenstroms Bei der Verbrennung entsteht ein auf den eingesetzten trockenen Brennstoff bezogener Rauchgasmassenstrom µRG von kg   = λ ⋅ lmin + 1 − a kg  BS ,tr  

µ RG 

Für feuchte Brennstoffe erhöht sich der Rauchgasmassenstrom um den Wasseranteil w

µ RG

[kg ] kg BS , feucht

= λ ⋅ lmin ( 1 − w ) + 1 − a

mit

µRG λ

bezogener Rauchgasmassenstrom in [kgRG/kgBS] Luftzahl Luftbedarf für die stöchiometrische Verbrennung in [kgLuft/kgBS] Aschegehalt des Brennstoffes in [kgAsche/kgBS]

lmin a

Auch die Zusammensetzung der bei der Verbrennung entstehenden Verbrennungsprodukte kann unmittelbar aus der Reaktionsgleichung Gl. (II-11) abgelesen werden. Zweckmäßig ist es, auch hier die auf den eingesetzten Brennstoff bezogenen Produktmassen zu berechnen: Berechnung der Verbrennungsprodukte im Rauchgas Für die Reaktion von 1 kg Brennstoff nach der Reaktionsgleichung C c H hO o S 12

1

16

s 32

o s  c h s  c h → CO2 + H 2 O + SO2 +  + − +  O2 ← 12 2 32  12 4 16 ⋅ 2 32 

entstehen pro kg Brennstoff c ~ 11 ⋅c M CO2 = 12 3 h ~ = M H 2O + w = 9 ⋅ h + w 2

µ CO2 =

kg Kohlendioxid

µ H 2O

kg Wasserdampf

und µ SO2 =

s ~ M SO2 = 2 ⋅ s 32

kg Schwefeldioxid

Der Restsauerstoffgehalt errechnet sich aus dem Luftüberschuss µ O2 = 0,232 ⋅ (λ − 1) ⋅ lmin

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

49

mit bezogener Massenanteil einer Rauchgaskomponente in [kg / kgBS] bezogener Rauchgasmassenstrom in [kgRG / kgBS]

µi

µ RG

~ Mi

Molmasse einer Rauchgaskomponente in [kg / kmol]

λ

Luftzahl Luftbedarf für die stöchiometrische Verbrennung in [kgLuft/kgBS] Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wassergehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

lmin c h o s w

Neben den Verbrennungsprodukten sind im Rauchgas vor allem noch Sauerstoff, Stickstoff und in geringerem Umfang Argon enthalten. Stickstoff ist neben Sauerstoff in der Verbrennungsluft in der höchsten Konzentration enthalten (75,47 Gew.-%). Daraus können schließlich die Konzentrationsverhältnisse im Rauchgas berechnet werden: Berechnung der Zusammensetzung des Rauchgases Die Emissionen errechnen sich aus den auf den eingesetzten Brennstoff bezogenen Massenanteil µi und den bezogenen Rauchgasmassenstrom µRG wi =

µi µ RG

Die Konzentrationen der Hauptbestandteile des Rauchgases berechnen sich entsprechend aus den Gleichungen 11 ⋅c 0,232 ⋅ (λ − 1) ⋅ l min 3 wO2 = wCO2 = λ ⋅ l min + (1 − a ) λ ⋅ l min + (1 − a ) wH 2 O =

9⋅h + w λ ⋅ l min + (1 − a )

wN 2 =

0,7547 ⋅ λ ⋅ l min λ ⋅ l min + (1 − a )

wSO2 =

2⋅s λ ⋅ l min + (1 − a )

w Ar =

0,0128 ⋅ λ ⋅ lmin λ ⋅ l min + (1 − a )

mit µi µ RG

wi

λ

lmin a c

bezogener Massenanteil einer Rauchgaskomponente in [kg / kgBS] bezogener Rauchgasmassenstrom in [kgRG / kgBS] Konzentration einer Rauchgaskomponente in [kg / kgRG] Luftzahl Luftbedarf für die stöchiometrische Verbrennung in [kgLuft/kgBS] Aschegehalt des Brennstoffes in [kgAsche/kgBS] Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

50

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung h o s w

Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wassergehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

Ein wichtiges Ergebnis der Verbrennungsrechnung sind auch die entstehenden Emissionen, also die Konzentration der Rauchgasbestandteile im Rauchgas. Allerdings sind, wie die NOxEmissionen, auch die SO2-Emissionen stark von den Verbrennungsbedingungen abhängig. So kann durch die Zugabe von Additiven bei der Verbrennung oder bei der Verbrennung calziumreicher Brennstoffe ein großer Teil des gebildeten Schwefeldioxids als Sulfat in der Brennstoffasche gebunden werden. Die Verbrennungsrechnung liefert also nur einen Maximalwert für die SO2-Konzentration im Rauchgas, der beispielsweise bei der Verbrennung biogener Brennstoffe weit unterschritten wird (siehe Kap. 4.4.3.3). Neben diesen Hauptkomponenten sind in den Rauchgasen auch weitere Verbrennungsprodukte und Schadstoffe enthalten. So geht ein Teil des Ascheanteils des Brennstoffes als Flugstaub in das Rauchgas über. Daneben entstehen je nach Brennstoff und Verbrennungsbedingungen CO, höhere Kohlenwasserstoffe, Chlorverbindungen und sonstige Schadstoffe (siehe Kap. 4.4.3). Diese Schadstoffe beeinflussen allerdings die thermodynamische Effizienz eines Energiesystems in der Regel nicht und müssen daher für die thermodynamische Berechnung nur dann berücksichtigt werden, wenn entsprechende Rauchgasreinigungsanlagen in das Gesamtsystem integriert werden sollen. Für die praktische Anwendung ist es oft notwendig, die Zusammensetzung des Rauchgases in Volumenprozenten, also in Molanteilen anzugeben. Für die Umrechnung der Massenanteile in Volumenprozent müssen alle wesentlichen Rauchgasbestandteile bekannt sein, um die mittlere Molmasse des Rauchgases bestimmen zu können: Umrechnung von Massenanteilen in Volumenanteile Die Umrechnung in Volumenanteile erfolgt nach [2.24] mit der Gleichung

w xi = ~i Mi

   

∑ k

wk ~ Mk

   

−1

Die SO2 Konzentration im Rauchgas errechnet sich entsprechend aus x SO2 =

wSO2  wCO2 wH 2O wSO2 wO2 wN 2 w Ar   ⋅ + + + + + 64  44 18 64 32 28 40 

−1

mit wi xi

Konzentration einer Rauchgaskomponente in [kg / kgRG ] Konzentration einer Rauchgaskomponente in [kmol/kmolRG] bzw. [m³/m³RG] ~ M i Molmasse einer Rauchgaskomponente in [kg / kmol]

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

51

Berechnung des Heizwertes gasförmiger Brennstoffe Die Berechnung des Heizwertes von gasförmigen Brennstoffen setzt voraus, dass die Gaszusammensetzung bekannt ist. Heizwerte von gasförmigen Brennstoffen werden meist in kJ/m³, seltener in kJ/kg angegeben. Der volumenbezogene Heizwert berechnet sich entsprechend aus den Volumenanteilen xi der brennbaren Gasbestandteile und deren Heizwert. Der massenbezogene Heizwert ergibt sich analog aus den Massenanteilen im Brenngas: Berechnung des Heizwertes von brennbaren Gasgemischen Der Heizwert eines Brenngases errechnet sich aus der Konzentration der Brenngasbestandteile und deren Heizwert entsprechend der Gleichung H u ,n =

∑x

i

H un ,i

und

Hu =

∑w

i

H u ,i

mit Hu,i Hun,i wi xi

unterer Heizwert einer Gaskomponente nach Tab. 2.2 in [kJ/kg] unterer Heizwert einer Gaskomponente nach Tab. 2.2 in [kJ/m³] Massenanteil der Gaskomponente im Gasgemisch in [kg/kg] Volumenanteil der Gaskomponente im Gasgemisch in [kmol/kmol]

Neben dem unteren Heizwert Hu wird oft auch der obere Heizwert oder Brennwert Ho eines Brennstoffes verwendet. Dieser obere Heizwert Ho beschreibt die tatsächlich im Brennstoff chemisch gebundene Energie. Durchgesetzt hat sich dennoch der untere Heizwert Hu, da die bei einer Verbrennung freigesetzte chemisch gebundene Energie normalerweise nicht vollständig genutzt werden kann, da das gebildete und freigesetzte Wasser als Wasserdampf an die Umgebung abgegeben wird. Der obere Heizwert berücksichtigt dagegen zusätzlich zur Verbrennungsenthalpie des Brennstoffes die Enthalpie, die bei der Kondensation des im Rauchgas enthaltenen Wasserdampfes zusätzlich gewonnen werden kann. Dazu ist, wie oben beschrieben, der Anteil des im Rauchgas enthaltenen Wasserdampfes zu bestimmen und mit der Verdampfungsenthalpie des Wassers bei 25°C zu berücksichtigen: Der obere Heizwert (Brennwert) von brennbaren Gasen Die Umrechnung auf den oberen Heizwert erfolgt bei Brenngasen nach der Gleichung  18  Hu = Ho −  ⋅ h ⋅ r  2  mit Hu Ho r h

unterer Heizwert des Brennbaren Gases in [kJ/kg] oberer Heizwert (Brennwert) des Gases in [kJ/kg] Verdampfungsenthalpie des Wasserdampfes bei 25°C (2442 kJ/kg) Wasserstoffgehalt des Brenngases in [kg/kgBS]

52

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Zu beachten ist, dass in mehreren Quellen für die Umrechnung die Verdampfungsenthalpie des Wassers für 0° C angegeben wird (2501,6 kJ/kg, [2.25], [2.7]). Dieser Wert für die Verdampfungsenthalpie ist immer dann zu verwenden, wenn, wie bei Kreislaufrechenprogrammen üblich, die Heizwerte nicht auf den Normzustand (25°C, 1013,25 mbar), sondern auf 0°C bezogen sind. Tab. 2.2:

Der untere Heizwert brennbarer Gase im Normzustand (1,01325 bar, 25 °C) ([2.4])

Brenngas

Methan Wasserstoff Kohlenmonoxid Ethen Ethan Ethin (Acetylen) Propen Propan

Summenformel

unterer Heizwert in [kJ/kg]

unterer Heizwert in [kJ/m³]

Dichte im Normzustand (1,01325 bar, 25 °C)

CH4 H2 CO C2H4 C2H6 C2H2 C3H6 C3H8

50015 119986 10103 47160 47489 48223 45783 46357

35886 10784 12634 59475 64348 56493 87578 93224

0,718 0,090 1,251 1,261 1,355 1,172 1,913 2,011

Berechnung des Heizwertes von Festbrennstoffen Weitaus problematischer ist die Berechnung des Heizwertes von flüssigen und festen Brennstoffen, da der Heizwert nicht nur von der Elementaranalyse, sondern auch davon abhängt, wie die einzelnen Elemente im Brennstoff chemisch gebunden sind. Für die Berechnung des Heizwertes von Kohle wurden auf der Grundlage umfangreicher experimenteller Daten Gebrauchsformeln eingeführt, die es erlauben, den Heizwert mit guter Genauigkeit aus der Elementarzusammensetzung zu berechnen. Durchgesetzt haben sich die Heizwertberechnung nach Boie ([2.15],[2.9]) und die bereits 1912 abgeleitete, sogenannte Verbandsformel ([2.24],[2.4], [2.9]). Berechnung des Heizwertes von Festbrennstoffen Der untere Heizwert eines Hu Festbrennstoffes errechnet sich näherungsweise aus der ‚Verbandsformel’

H u = 33915 ⋅ c + 121425 ⋅ h + 10468 ⋅ s − 15178 ⋅ o − 2512 ⋅ w oder aus der Näherungsformel nach Boie

H u = 34835 ⋅ c + 93870 ⋅ h + 10465 ⋅ s + 6280 ⋅ n − 10800 ⋅ o − 2440 ⋅ w mit c h

Kohlenstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wasserstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse o s n w

53

Sauerstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Schwefelgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Stickstoffgehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS] Wassergehalt des Brennstoffes in [kg/kgBS]

Die Anwendung dieser Gleichungen auf andere Brennstoffe, wie flüssige Brennstoffe, Biomasse oder Reststoffe, führt zu Abweichungen von mehreren Prozent. Da der Heizwert unmittelbar in die Berechnung des Wirkungsgrades von Energiesystemen eingeht, sind die Abweichungen für die thermodynamische Prozessauslegung in der Regel nicht tolerierbar. Für diese Brennstoffe ist es daher zweckmäßig, den Heizwert experimentell zu bestimmen. Für die Umrechnung des Brennwerts auf den unteren Heizwert muss wieder die Kondensationswärme des im Rauchgas enthaltenen Wasserdampfes berücksichtigt werden. Für die Berechnung des Heizwertes des feuchten Brennstoffes ist zu beachten, dass sowohl der Wasserstoffgehalt h als auch der Brennwert in der Regel für den wasserfreien, trockenen Brennstoff gegeben ist (siehe Tab. 2.1). In diesem Fall sind beide Werte auf den feuchten Brennstoff zu beziehen: Berechnung des unteren Heizwertes feuchter Brennstoffe Der untere Heizwert eines feuchten Brennstoffes errechnet sich aus dem oberen Heizwert bzw. Brennwert des trockenen Brennstoffes nach der Gleichung kJ  18  ⋅ (1 − w) + w  ⋅ 2442 H u = H o,wf ⋅ (1 − w) −  h ⋅ 2 kg  

bzw. aus dem unteren Heizwert des trockenen Brennstoffes nach der Gleichung H u = H u ,wf ⋅ (1 − w) − w ⋅ 2442

kJ kg

mit Hu Ho,wf Hu,wf r h w

unterer Heizwert des feuchten Brennstoffes in [kJ/kg] oberer Heizwert des wasserfreien, trockenen Brennstoffes in [kJ/kg] unterer Heizwert des wasserfreien, trockenen Brennstoffes in [kJ/kg] Verdampfungsenthalpie des Wasserdampfes bei 25°C (2442 kJ/kg) Wasserstoffgehalt des wasserfreien, trockenen Brennstoffes in [kg/kgBS] Wassergehalt des feuchten Brennstoffes in [kg/kgBS]

Zu beachten ist außerdem, ob die Heizwerte für trockene oder feuchte Brennstoffe angegeben sind. Die experimentelle Heizwertbestimmung nach DIN 51900 liefert in der Regel den oberen Heizwert des trockenen, wasserfreien Brennstoffes (Index ‚wf’ bzw. ‚atro’ = ‚absolut trocken’) und wird oft auf den trockenen, aschefreien Brennstoff (Index ‚waf’) umgerechnet. Für die thermodynamische Prozessauslegung ist es aber notwendig, den

54

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

unteren Heizwert des feuchten, wasserhaltigen Brennstoffes Hu (Index w) zu verwenden 1. Besonders bei biogenen Brennstoffen ist es üblich, anstelle des Wassergehalts w eines Brennstoffes dessen Feuchte u anzugeben. Berechnung des Wassergehaltes aus der Brennstofffeuchte Die Umrechnung der Feuchte u in den Wassergehalt w erfolgt nach der Gleichung w=

mit u w

u 1+ u

bzw.

u =

w 1− w

Feuchte des Brennstoffes in kgWasser/kgTrockensubstanz Wassergehalt des Brennstoffes in kgWasser/kgBrennstoff

Bei biogenen Brennstoffen unterscheidet sich die chemische Zusammensetzung nur wenig. Naturbelassene Biomasse kann daher in holzartige und halmgutartige Brennstoffe eingeteilt werden, die sich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften ähnlich sind. Nach [2.18] genügt es für erste Abschätzungen, für holzartige Biomasse mit einem üblichem Aschegehalt von einem Brennwert der Trockensubstanz von Ho,wf = 20 MJ/kg und einem Wasserstoffgehalt h von 6% auszugehen. Für halmgutartige Brennstoffe beträgt der Brennwert des trockenen Brennstoffes aufgrund des höheren Aschegehalts im Mittel 18,6 MJ/kg und der Wasserstoffgehalt h ca. 5,5%. Daraus können für biogene Brennstoffe Gebrauchsformeln abgeleitet werden, die den Heizwert von naturbelassener Biomasse für viele Fälle hinreichend genau beschreiben: Heizwert naturbelassener Biomasse Der untere Heizwert naturbelassener Biomasse errechnet sich näherungsweise aus den Gleichungen für holzartige Biomasse H u = (18,7 − 21,1 ⋅ w) ⋅ 10 3 und H u = (17 ,4 − 19,8 ⋅ w) ⋅ 10 3

für halmgutartige Biomasse

mit Hu w

1

unterer Heizwert des feuchten Brennstoffes in [kJ/kg] Wassergehalt des feuchten Brennstoffes in [kg/kgBS]

Indizierung in der englisch-sprachigen Literatur: ar: ‚as received’ (feuchter, aschehaltiger Brennstoff) db: ‚dry base’ (trockene, aschehaltiger Brennstoff) daf: ‚dry base, ash free’ (trockener, aschefreier Brennstoff)

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

55

Nicht anwendbar sind diese Gebrauchsformeln für sehr aschereiche Brennstoffe und Brennstoffe mit eiweißhaltiger und ölhaltiger Biomasse, wie Olivenkerne oder Getreidekörner. Die Abhängigkeit des Heizwertes von der Brennstofffeuchte ist in Abb. 2.8 dargestellt. Feuchte u in kg/kgTS 50

20

100 150

unterer Heizwert Hu in MJ/kg

Olivenkerne

15

holzartige Biomasse

10 Klärschlamm

5

halmgutartige Biomasse

0

0%

20%

40%

60%

80%

Wassergehalt w in kg/kgBS

Abb. 2.8:

2.2.1.3

100%

Verdampfungsenthalpie des Wasserdampfes 2442 kJ/kg

Abhängigkeit des unteren Heizwertes biogener Brennstoffe von Wassergehalt w und Brennstofffeuchte u

Vergasung von Festbrennstoffen

Bestimmung der Brenngaszusammensetzung Wie oben beschrieben, kann ein vollständiger Umsatz in der Realität nur bei sehr stark exothermen Reaktionen, wie beispielsweise Verbrennungsprozessen, gewährleistet werden. Bei allen anderen chemischen Reaktionen, beispielsweise bei der Vergasung, muss für die Bestimmung der erreichbaren Produktgaszusammensetzung untersucht werden, bei welchem Umsatz ein ‚chemisches Gleichgewicht’ erreicht wird. Dies ist insbesondere dann notwendig, wenn eine Vielzahl chemischer Reaktionen möglich ist und auch Reaktionsprodukte untereinander weiter reagieren. Die Berechnung der zu erwartenden Zusammensetzung eines thermisch erzeugten Brenngases ist immer dann notwendig, wenn der Heizwert des Brenngases, die Verbrennungseigenschaften oder sonstige chemische und physikalische Eigenschaften bestimmt werden müssen. Wie in Kap. 3.4.1.4 beschrieben, läuft die thermische Vergasung eines Festbrennstoffes in drei Schritten ab: der Trocknung, der Pyrolyse und der eigentlichen Vergasung. Für die Berechnung der Brenngaszusammensetzung sind besonders die ersten beiden Schritte, die

56

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Trocknung und die Pyrolyse, nur sehr aufwändig zu modellieren. So lässt sich die Pyrolyse von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen mit der Summenformel CHmOn für die Modellierung nur näherungsweise mit einer allgemeinen Reaktionsgleichung beschreiben: Allgemeine Reaktionsgleichung für die Pyrolyse Die Pyrolyse kann mit der allgemeinen Reaktionsgleichung Wärme

CH m On   → ( 1 − n − x + y ) C

+ (n − y ) CO  m + − 2⋅ x − y H2  2 + x CH 4 + y H 2 O + höhere Kohlenwasserstoffe

beschrieben werden, mit n, m x, y

Molanteil Wasserstoff und Sauerstoff im Brennstoff Molanteil Methan und Wasserdampf im Brenngas

Es entsteht ein Gasgemisch aus Kohlenmonoxid, Wasserstoff, Wasserdampf, Methan und höheren Kohlenwasserstoffen, den sogenannten Teeren. Die Kinetik der Trocknung und Pyrolyse ist außerordentlich kompliziert und hängt neben den physikalischen Prozessbedingungen, wie Temperatur und Druck, vor allem von der Brennstoffzusammensetzung und Beschaffenheit ab. Größe und Feuchte bestimmen beispielsweise die Aufheizrate des Brennstoffpartikels und sind deshalb für Art und Konzentration der entstehenden Kohlenwasserstoffe ausschlaggebend. Entscheidend ist auch die Verweilzeit der Gaskomponenten im Partikel und im Reaktor. Diese Verweilzeit wird vor allem von der Porosität des Partikels und der Diffusionsgeschwindigkeit der Gaskomponenten im Brennstoffpartikel bestimmt. Stöchiometrie der thermischen Vergasung In der Praxis müssen bei der Modellierung der Pyrolyse stets experimentell bestimmte Werte oder empirische Korrelationen für die Festlegung der Gaszusammensetzung verwendet werden. Ist die Pyrolyse nur die Vorstufe für die eigentliche thermische Vergasung, kann die Gaszusammensetzung dagegen leichter aus thermodynamischen Zusammenhängen abgeleitet werden. Bei der Vergasung laufen im Reaktor gleichzeitig die in Tab. 3.11 und Tab. 3.12 (siehe Kap. 3.4.1) genannten homogenen und heterogenen Vergasungsreaktionen ab. Vernachlässigt man höhere Kohlenwasserstoffe und Teere, kommen bei der Vergasung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHnOm als Produkte Wasserdampf (H2O), Kohlenmonoxid (CO), Kohlendioxid (CO2), Wasserstoff (H2) und Methan (CH4) in Frage. Daraus ergibt sich die allgemeine Reaktionsgleichung für die thermische Vergasung:

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

57

Allgemeine Reaktionsgleichung für die Vergasung Die allgemeine Gleichung für die Vergasung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes lautet ν 1 CH n Om + ν 2 H 2 O + ν 3 O2 Wärme  → ν 4 CO + ν 5 H 2 + ν 6 CH 4 + ν 7 CO2 + ν 8 H 2 O + ν 9 O2

Gl. (II-14)

mit

νi

stöchiometrischer Koeffizient der Reaktanden in [kmol/kmol]

Sauerstoff (O2) ist bei der Vergasung im Produktgas nicht enthalten, da alle Reaktionen des Sauerstoffes so stark exotherm sind, dass, wie unten gezeigt, die chemischen Gleichgewichte nahezu vollständig auf der Seite der Produkte liegen. Der vorhandene Sauerstoff wird also vollständig umgesetzt. Dagegen bleiben Wasserdampf (H2O) und selbstverständlich auch Inertgase wie Stickstoff und Argon im Produktgas enthalten. Um die Produktgaszusammensetzung zu bestimmen, müssen also 9 stöchiometrische Koeffizienten der allgemeinen Reaktionsgleichung Gl. (II-14) berechnet werden. Da in diesem Beispiel allerdings nur die drei Elemente Wasserstoff (H), Kohlenstoff (C) und Sauerstoff (O) an den Reaktionen beteiligt sind, stehen für die Berechnung dieser 9 Unbekannten mit den Stoffbilanzen nur drei Bestimmungsgleichungen zur Verfügung. Wird, wie bei der Verbrennung, die Stoffmenge des reagierenden Brennstoffes willkürlich mit ν1 = –1 festgelegt, bleiben fünf Unbekannte. Energiebilanz bei der thermischen Vergasung Eine weitere Bestimmungsgleichung ergibt sich aus der zugeführten Wärme. Die meisten der ablaufenden Vergasungsreaktionen sind endotherm. Damit eine Reaktion also ganz oder teilweise ablaufen kann, muss Wärme bereitgestellt werden. Die 5. Bestimmungsgleichung für die Bestimmung der 9 stöchiometrischen Koeffizienten der allgemeinen Reaktionsgleichung (II-14) ist also die Energiebilanz der Reaktion:

Energiebilanz bei der Vergasung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen Die Energiebilanz eines Vergasungsreaktors errechnet sich mit der fühlbaren Wärme der zugeführten und abgeführten Stoffströme

∑ν i

i

⋅ c pm,i ⋅ Ti

der Bildungsenthalpie der beteiligten Gaskomponenten

58

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

∑ν i ⋅ H i0 i

und der zugeführten Wärme Q zu

∑ ν i ⋅ (c pm,i ⋅ Ti + H i0 ) = Qzu i

Läuft die Reaktion ohne Wärmetönung ab, werden also Edukte und Produkte bei derselben Temperatur zu- oder abgeführt, vereinfacht sich diese Gleichung zu.

∑ ν i ⋅ H i0 i

= Q zu = ∆H R

mit

cpm,i H i0

molare Wärmekapazität einer Komponente i in [kJ/kmolK] molare Bildungsenthalpie einer Komponente i in [kJ/kmol]

Q zu

zugeführte Wärme in [kJ]

∆HR

Reaktionsenthalpie der Vergasungsreaktion in [kJ/kmol]

Die molaren Bindungsenthalpien werden in Tabellen (z.B. in [2.1]) für die Standardbedingungen 25°C bzw. 293,15 K und 1013,25 mbar angegeben. Auch die aus diesen Bildungsenthalpien berechneten Reaktionsenthalpien werden deshalb auf diese Standardbedingungen bezogen: Beispiel: Reaktionsenthalpie der Methan-Reformierung Die Reaktionsenthalpie bei der Reformierung von Methan CH 4

+ H 2O ← →

CO + 3 H 2

errechnet sich aus den Standardbildungsenthalpien der Edukte 0 H CH = − 74 ,81 kJ / mol 4

H H0 2 O = − 241,82 kJ / mol

und der Produkte 0 H CO = − 110,53 kJ / mol

0 HH 2

= 0 kJ / mol

zu 0 0 ∆H R = − H CH − H H0 2O + H CO + 3 ⋅ H H0 2 = 4

kJ   kJ   kJ  kJ  = −  − 74,81 =  −  − 241,82  +  − 110,53  + 3 ⋅0 mol   mol   mol  mol  kJ = 206 ,10 mol

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

59

mit

∆H R

Reaktionsenthalpie bei 25°C in [kJ/mol]

H i0

molare Bindungsenthalpie eines Moleküls bei 25°C nach [2.1] in [kJ/mol]

Mit der Energiebilanz wird also ein weiterer stöchiometrischer Koeffizient der allgemeinen Reaktionsgleichung (II-14) festgelegt, wenn zugleich die Temperatur der Edukte und die Produktgastemperatur bekannt ist. Zu beachten ist dabei, dass die Temperatur der Edukte in der Regel geringer als die Reaktortemperatur und damit auch geringer als die Temperatur der Produkte ist. Ein Teil der von außen zugeführten Wärme oder der durch exotherme Vergasungsreaktionen freigesetzten Wärme muss also für die fühlbare Wärme des Produktgases aufgebracht werden. Im einfachsten Fall, bei der autothermen Vergasung (siehe Kap. 3.4.1.1), ist die zugeführte Wärme gleich null. Die für die endothermen Vergasungsreaktionen erforderliche Reaktionsenthalpie wird in diesem Fall vollständig durch gleichzeitig ablaufende exotherme Reaktionen, beispielsweise die partielle Oxidation des Kohlenstoffs zu CO, bereitgestellt. Die Temperatur im Reaktor stellt sich entsprechend der dabei freigesetzten Wärme ein. Die Temperatur im Reaktor und damit auch der Heizwert des Produktgases wird also letztlich durch das Sauerstoffangebot und damit durch die Luftzahl λ der Vergasungsreaktion festgelegt (siehe Abb. 3.62, siehe Kap. 3.4.1.4). Mit der Festlegung der dem Vergaser zugeführten Wärme ist also der Luftbedarf des Vergasers und damit der stöchiometrische Koeffizient ν3 festgelegt. Bei der allothermen Vergasung wird die Reaktionswärme für die endothermen Reaktionen ganz oder teilweise durch eine indirekte Beheizung des Reaktors zugeführt. Auch hier ist bei gegebener Temperatur des Produktgases durch die zugeführte Wärme festgelegt, welcher Anteil der Reaktionsenthalpie durch exotherme Reaktionen zusätzlich bereitgestellt werden muss. Auch bei der allothermen Vergasung ist also durch die zugeführte Wärme ∆Qzu der Luftbedarf des Vergasers und damit der stöchiometrische Koeffizient ν3 festgelegt. Im günstigsten Fall, wenn die Reaktionswärme vollständig durch die Beheizung des Reaktors sichergestellt werden kann, muss dem Vergaser keine Luft zugeführt werden. Es gilt dann ν3 = 0. Bestimmendes Gleichungssystem für die thermische Vergasung Mit den Stoff- und Energiebilanzen sind also 5 von 9 Unbekannten der allgemeinen Reaktionsgleichung (II-14) festgelegt. Die fehlenden vier Koeffizienten werden schließlich durch die Betrachtung der chemischen Gleichgewichte der ablaufenden Reaktionen bestimmt. Auf den ersten Blick stehen dazu 10 Reaktionen zur Verfügung. Das resultierende Gleichungssystem wäre also vielfach überbestimmt und nicht lösbar. Tatsächlich lassen sich die

60

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

in Tab. 3.11 und Tab. 3.12 genannten homogenen und heterogenen Vergasungsreaktionen allerdings zu nur vier Reaktionen zusammenfassen: Beschreibendes Gleichungssystem bei der Vergasung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe Die bei der Reaktion nach Gl. (II-14) ablaufenden Reaktionsgleichungen (1) C + O2 ← → CO2 (2)

2 C + O2

(3)

C + H 2O ← →

← →

2 CO

CO + H 2

(4)

C + CO2 ← → 2 CO

(5)

C + 2 H2 ← →

(6)

CO + 1 2 O2 ← →

CO2

(7)

H 2 + 1 2 O2 ← →

H 2O

(8)

CH 4 + 2 O2 ← →

(9)

CO + H 2 O ← →

(10)

CH 4 + H 2 O ← →

CH 4

CO2 + 2 H 2 O CO2 + H 2 CO + 3 H 2

lassen sich zu einem aus vier Gleichungen bestehenden, bestimmenden Gleichungssystem zusammen fassen. So lässt sich die heterogene Wassergasreaktion (3) durch eine einfache Kombination der Shift-Reaktion (9) und der Boudouard-Reaktion (4) nach der Vorschrift Gl. 3 = Gl. (4) + Gl.(9) darstellen:

+

(4 )

C + CO2 ←→ 2 CO

∆H R = + 172,5 kJ / mol

(9 )

CO + H 2 O ←→ CO2 + H 2

∆H R = − 41,2 kJ / mol

( 3)

C + H 2 O ←→ CO + H 2

∆H R = + 131,3 kJ / mol

Nähere Betrachtung zeigt, dass sich alle Reaktionsgleichungen beispielsweise durch die Gleichungen (4), (6), (9) und (10) darstellen lassen: Gl. (1) =2 * Gl. (6) + Gl.(4) Gl. (2) = Gl. (4) + Gl.(6) Gl. (3) = Gl. (4) + Gl.(9) Gl. (5) = Gl. (4) - Gl.(9) - Gl.(10) Gl. (7) = Gl. (6) + Gl.(9) Gl. (8) = Gl. (10) + 4 * Gl.(6) – 3 * Gl.(9)

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

61

Die Vergasung lässt sich also eindeutig mit vier Reaktionsgleichungen beschreiben. Geeignet sind dafür die •

die Boudouard-Reaktion



die Shift-Reaktion



die Oxidation von Kohlenmonoxid



die Reformierung

und

Sind die chemischen Gleichgewichte für diese vier Reaktionen bekannt, stehen damit die vier noch fehlenden Bestimmungsgleichungen zur Festlegung der stöchiometrischen Koeffizienten der allgemeinen Vergasungsgleichung (II-14) zur Verfügung. Gleichgewichtsthermodynamik Wie in [2.1] oder [2.24] beschrieben, befindet sich ein Gasgemisch immer dann im Gleichgewicht, wenn die Reaktionen so weit abgelaufen sind, dass die freie Gibbs’sche Enthalpie des entstandenen Gasgemisches minimal ist.

Freie Gibbs’sche Enthalpie Die freie Gibbs’sche Enthalpie eines Gasgemisches errechnet sich aus den chemischen Potentialen der Gaskomponenten µi = H i − T ⋅ Si

Die Temperaturabhängigkeit der Enthalpie Hi und der Entropie Si ist nach [2.1] vernachlässigbar gering. Der Entropieanteil des chemischen Potentials einer Komponente wird allerdings von der Konzentration bzw. den Partialdrücken der Gaskomponenten bestimmt: S i = S 0 ,i + R ⋅ ln

pi p + R ⋅ ln p p0

Für das chemische Potential einer Komponente i gilt also µ i = µ 0 ,i + R ⋅ T ⋅ ln

pi p + R ⋅ T ⋅ ln p p0

Die freie Gibbs’sche Enthalpie des Gasgemisches errechnet sich schließlich aus der Summe der chemischen Potentiale der Gaskomponenten G =

∑x i

mit

i

⋅µi =

∑ i

pi ⋅µi p

62

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung xi pi p0

p

Molanteil der Komponente i in [kmol/kmol] Partialdruck der Komponente i in [MPa]

R T G Si , S0,i

Bezugsdruck in [MPa] Systemdruck in [MPa] allgemeine Gaskonstante 8,31441 kJ/kmolK Temperatur in [K] Freie Gibbs’sche Enthalpie des Gasgemisches in [kJ/kmol] Entropie der Komponente i in [kJ/kmolK]

µ i , µ 0,i chemisches Potential der Komponente i in [kJ/kmol]

Die Änderung der freien Gibbs’sche Enthalpie ∆G bei einer chemischen Reaktion berücksichtigt dabei im Gegensatz zur Enthalpie ∆H nicht nur die Änderung der Bindungsenergien, sondern zusätzlich die Arbeit, die bei der Reaktion durch die notwendige Entropieänderungen ∆S freigesetzt oder benötigt wird. Erhöht sich beispielsweise das Volumen eines Gasgemisches, muss durch die Reaktion zusätzlich Expansionsarbeit an die Umgebung geleistet werden (siehe auch Kap. 3.5). Die Enthalpie H eines Gasgemisches wird nur dann minimal, wenn die exothermen Reaktionen vollständig abgelaufen sind. Um das Minimum der Freie Gibbs’sche Enthalpie G zu bestimmen, müssen zusätzlich die Entropieänderungen bei der Reaktion betrachtet werden (Abb. 2.9)

Enthalpie

Enthalpieänderung ohne Berücksichtigung der Entropieänderung

Enthalpieänderung mit Berücksichtigung der Entropieänderung („freie Gibb‘sche Enthalpie“)

0

Abb. 2.9:

Reaktionsenthalpie ∆HR

Thermodynamisches Gleichgewicht

Reaktionslaufzahl ξ

Minimum der freien Gibb‘sche Enthalpie

1

Änderung der freien Gibb’schen Enthalpie mit dem Reaktionsfortschritt und thermodynamisches Gleichgewicht

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

63

Das chemische Gleichgewicht Ein Gasgemisch ist genau dann im ‚chemischen Gleichgewicht’, wenn sich die Konzentrationen xi der Gemischkomponenten so einstellen, dass die freie Gibbs’sche Enthalpie minimal wird, wenn also für alle xi gilt

∂G ∂ = ∂xi ∂xi

∂x

∑k xk ⋅ µ k = ∑k ∂xki ⋅ µ k =: 0

Dies ist genau dann der Fall, wenn wegen



νi ⋅µi =



ν i ⋅ µ 0 ,i +



p p R ⋅ T ⋅ ln i ⋅  p p0

   

νi

=0

gilt ∆G 0 =

∑ν

i

⋅ µ 0 ,i = −

∑ R ⋅ T ⋅ ln

pi νi

p0 ∑ νi

Gl. (II-15)

∆G0 heißt freie Standard-Reaktionsenthalpie und beschreibt die bei einer Reaktion freisetzbare Energie. mit

xi

νi

pi p0 R T ∆G0

µi , µio

Molanteil der Komponente i in [kmol/kmol] stöchiometrischer Koeffizient eines Reaktanden in [kmol/kmol] Partialdruck der Komponente i in [MPa] Bezugsdruck 0,1013 [MPa] allgemeine Gaskonstante 8,31441 kJ/kmolK Temperatur in [K] Freie Gibbs’sche Reaktions-Enthalpie des Gasgemisches in [kJ/kmol] chemisches Potential der Komponente i in [kJ/kmol]

Mit welchen stöchiometrischen Koeffizienten νi das Gleichgewicht erreicht ist, hängt vor allem von Temperatur und Druck des Gasgemisches ab. Die Summe der chemischen Potentiale der Gaskomponenten aus Gleichung (II-15) kann aufgeteilt werden in einen partialdruckunabhängigen Anteil und in einen Anteil der vom Partialdruck der Einzelkomponenten und damit von den Konzentrationsverhältnissen abhängig ist. Der von den Konzentrationsverhältnissen unabhängige Anteil kann in einer Gleichgewichtskonstante zusammengefasst werden, mit deren Hilfe der partialdruckabhängige Anteil berechnet werden kann. Mit diesen nur noch von der Temperatur abhängigen Gleichgewichtskonstanten kann also die im chemischen Gleichgewicht vorliegende Gaszusammensetzung berechnet werden:

64

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung Definition der Gleichgewichtskonstante Aus Gleichung (II-15) kann für die allgemeine Reaktionsgleichung ν1 A +

B ← →

ν2

ν3 C + ν4 D

die Beziehung



1 ⋅ R ⋅T



ν i ⋅ µ 0 ,i = ln

∏p

i

p0 ∑

νi

νi

abgeleitet werden. Durch Umformen erhält man die Definition der Gleichgewichtskonstanten K einer chemischen Reaktion ln( K ) = −

∑ν

i

⋅ µ 0 ,i

R ⋅T

=−

∆G 0 R ⋅T

Allgemein gilt also für die Definition der Gleichgewichtskonstanten K die Gleichung ln K (T ) = ln

∏ pi ν

i

p0 ∑ ν i

Gl. (II-16)

mit

νi

pi p0 R T ∆G0

∆H0 ∆S0 µi , µio

stöchiometrischer Koeffizient eines Reaktanden in [kmol/kmol] Partialdruck der Komponente i in [MPa] Bezugsdruck 0,1013 [MPa] allgemeine Gaskonstante 8,31441 kJ/kmolK] Temperatur in [K] Freie Gibbs’sche Reaktions-Enthalpie des Gasgemischs bei 25°C, 1,013 bar in [kJ/kmol] Enthalpie des Gasgemisches bei 25°C, 1,013 bar in [kJ/kmol] Entropie des Gasgemisches bei 25°C, 1,013 bar in [kJ/kmol] chemisches Potential der Komponente i in [kJ/kmol]

Die theoretisch erreichbare Zusammensetzung des Brenngases wird von diesen Gleichgewichtskonstanten der Gasphasenreaktionen im Produktgas bestimmt. Das thermodynamische Gleichgewicht ist erreicht, wenn sich die Konzentrationen im Produktgas so eingestellt haben, dass Gleichung (II-16) erfüllt ist. Beispiel: Gleichgewichtskonstante bei der Vergasung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe Das Produktgas aus der thermischen Vergasung von kohlenstoffhaltigen Brennstoffen befindet sich dann im chemischen Gleichgewicht, wenn sich die folgenden Reaktionen im Gleichgewicht befinden:

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

65

Oxidation von Kohlenmonoxid CO + 1 2 O2 ← → CO2 Boudouard-Reaktion

C + CO2 ← → 2 CO

Shift-Reaktion

CO + H 2 O ← → CO2 + H 2

Methan-Reformierung

CH 4 + H 2 O ← → CO + 3 H 2

Die Gleichgewichtskonstanten für diese Reaktionen lauten

K CO −Oxiadtion =

K Boudouard =

K Reforming =

K Shift =

p CO2 ⋅ p00 ,5

=

p CO ⋅ p O0 ,25

2 p CO p0 ⋅ p CO2

p H3 2 ⋅ pCO

=

p H 2O ⋅ pCH 4 ⋅ p0 2

pCO2 ⋅ p H 2 pCO ⋅ p H 2O

=

xCO2 xCO ⋅ xO0 ,25

p  ⋅  0   p 

0 ,5

x2 p ⋅ CO p0 xCO2

=

x H3 2 ⋅ xCO x H 2O ⋅ xCH 4

 p   ⋅    p0 

2

xCO2 ⋅ x H 2 xCO ⋅ x H 2O

mit

pi p p0 K

Partialdruck der Komponente i in [MPa] Systemdruck in [MPa] Bezugsdruck 0,1013 MPa Gleichgewichtskonstante bei Reaktionsbedingungen

Die sich einstellenden Gleichgewichtskonzentrationen sind also nicht nur von den Gleichgewichtskonstanten, sondern zum Teil auch vom Systemdruck abhängig. Bei der Reformierungsreaktion und der Boudouard-Reaktion verschieben sich die Gleichgewichtszusammensetzungen des Produktgases bei hohen Drücken zu den Edukten. Dies kann einfach auch mit dem Prinzip von Le Chatelier [2.1] erklärt werden, wonach sich die Gleichgewichte so einstellen werden, dass einer Zunahme des Volumens bei der Reaktion entgegengewirkt wird. Bei der Reformierungsreaktion entsteht aus zwei Mol Edukten (CH4 und H2O) vier Mol Produkte (CO und 3 H2), wodurch sich das Gasvolumen verdoppelt. Mit zunehmendem Systemdruck steigt bei Reaktionen mit Volumenzunahme die durch Reaktion zu leistende Expansionsarbeit. Um diese Expansionsarbeit zu minimieren, verschieben sich die Gleichgewichte hin zu den Edukten. Bei der Shift-Reaktion und der CO-Oxidation bleibt dagegen das Gasvolumen konstant bzw. reduziert sich. Entsprechend ist die Gleichgewichtszusammensetzung der Shift-Reaktion unabhängig vom Systemdruck, wogegen die COOxidation mit zunehmendem Systemdruck begünstigt wird. Die Gleichgewichtskonstanten selbst sind temperaturabhängig. Werte für die Gleichgewichtskonstanten sind z.B. in [2.24] tabelliert. Mit guter Genauigkeit kann man die

66

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Gleichgewichtskonstanten aber auch aus den sogenannten Van’t Hoffschen Reaktionsisobaren berechnen. Beispiel: Bestimmung der Gleichgewichtskonstanten aus der Van’t-Hoff’schen Reaktionsisobaren Nach Van’t Hoff kann die Gleichgewichtskonstante aus der Gleichung ln( K ) =

− ∆G 0 ∆H 0 ∆S 0 =− + R ⋅T R ⋅T R

Gl. (II-17)

bestimmt werden. Bei einer Temperatur von 780°C und einem Druck von 5 bar beträgt die Gleichgewichtskonstante K der Shift-Reaktion ln( K ) = −

K Shift =

∆H 0 ∆S 0 4372 + = + − 3 ,9 = 0 ,25 (780 + 273,15 ) K R ⋅T R

pCO2 ⋅ p H 2 pCO ⋅ p H 2O

= 0,77

mit

pi p p0

Partialdruck der Komponente i in [MPa] Systemdruck in [MPa] Bezugsdruck 0,1013 MPa Gleichgewichtskonstante bei Reaktionsbedingungen Freie Gibbs’sche Enthalpie des Gasgemisches in [kJ/kmol]

K

∆G0

∆S 0 R

∆H R

Konstante der Van’t Hoffschen Reaktionsisobaren (Tab. 2.3) in [-] 0

Steigung der Van’t Hoffschen Reaktionsisobaren (Tab. 2.3) in [K]

Da die Reaktionsenthalpie ∆H0 und ∆S0 näherungsweise unabhängig von der Temperatur sind [2.24], wird ln(K) häufig als Gerade über 1/T dargestellt (Abb. 2.10). Die Gleichgewichtsthermodynamik beschreibt also die theoretisch erreichbare Gaszusammensetzung bei gegebenem Druck und Temperatur und liefert insgesamt vier zusätzliche Bestimmungsgleichungen für die Bestimmung der stöchiometrischen Koeffizienten der allgemeinen Reaktionsgleichung (II-14) für die Vergasung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe. Die Parameter der Vant’Hoffschen Reaktionsisobaren der wichtigsten Vergasungsreaktionen sind in Tab. 2.3 zusammengefasst

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

67

600 K

700 K

800 K

1000 K

25

1500 K

2000 K

30

20

ln(K)

15

CO-Oxidation

10

ShiftReaktion

5 0 -5

MethanReformierung

BoudouardReaktion

-10 0

0,0005

0,001

1/T in K

0,0015

0,002

-1

Abb. 2.10: Van’t Hoffsche Reaktionsisobaren für die Vergasungsreaktionen bei 1,013 bar

Falls Messwerte und die daraus abgeleiteten Vant-Hoff’schen Reaktionsisobaren nicht vorliegen, besteht eine zweite Möglichkeit, die Gleichgewichtskonstante zu bestimmen, darin, die Parameter der Vant’ Hoffschen Gleichung aus Tabellenwerten zu bestimmen. Die Reaktionsenthalpie ∆H0 und die Reaktionsenthalpie ∆S0 kann für die Reaktionsenthalpie unmittelbar aus den Bildungsenthalpien der beteiligten Edukte und Produkte berechnet werden. Die Bindungsenthalpien sind in umfangreiche Tabellen zum Beispiel in [2.1] für viele Verbindungen tabelliert.

Tab. 2.3:

Parameter der Vant’Hoffschen Reaktionsisobaren zwischen 500 und 1500 K und 1,013 bar

Shift-Reaktion Boudouard-Reaktion CO-Oxidation Methan-Reformierung

Steigung der Vant’Hoffschen Reaktionsisobaren − ∆H0/R in [1/K] 4372 -20659 34040 -26648

Konstante der Vant’Hoffschen Reaktionsisobaren ∆S0/R in [ - ] -3,9 21,2 -10,5 30,1

68

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Beispiel: Berechnung der Gleichgewichtskonstante für die Verbrennung von Wasserstoff Die GGW-Konstante der Wasserstoff-Oxidation bei einer Temperatur von 70°C

K =

p H 2 O ⋅ p01 2 p H 2 ⋅ pO1 2 2

kann aus der Vant-Hoffschen Reaktionsisobaren oder nach Gleichung (II-17) unmittelbar aus Tabellenwerten der Reaktions-Enthalpien und -Entropien (z.B. nach [2.1]) bestimmt werden:

ln K (70 °C ) = −

∆H 0 R ⋅T

+

∆S 0 R

=−

∑ν i H i0 + ∑ν i S i0

R ⋅T R kJ kJ − 241,82 ⋅ 10 3 + 0 + 0 − 130 ,68 − 0 ,5 ⋅ 205 ,14 + 188 ,83 kmol kmol ⋅ K = 79 ,415 =− + kJ kJ 8 ,31441 8 ,31441 ⋅ (70 + 273 ,15 )K kmol ⋅ K kmol ⋅ K

mit K

νi

∆H0 ∆S0 H i0 S i0

R T

Gleichgewichtskonstante stöchiometrischer Koeffizient eines Reaktanden in [kmol/kmol] molare Standard-Reaktionsenthalpie in [kJ/kmol] molare Standard-Reaktionsentropie in [kJ/kmolK] Bindungsenthalpie bei 25°C, 1013 mbar nach [2.1] in [kJ/kmol] Bindungsentropie bei 25°C, 1013 mbar nach [2.1] in [kJ/kmol] allgemeine Gaskonstante 8,31441 kJ/kmolK Temperatur in [K]

Partielle Oxidation Die einfachste Form der Vergasung stellt sich dann ein, wenn ein Brennstoff unterstöchiometrisch, also unter Sauerstoffmangel verbrannt wird und es entsteht ein aus Kohlenmonoxid, Wasserstoff und Kohlenwasserstoffen bestehendes brennbares Gas. Man spricht dann von autothermer Vergasung oder Partieller Oxidation. Die Partielle Oxidation kann entweder mit Luft oder Sauerstoff betrieben werden. Im ersten Fall verdünnt der in der Luft enthaltene Stickstoff das entstehende Brenngas. Bei der Sauerstoff-Vergasung stellen sich daher erheblich höhere Heizwerte ein. Die allotherme Wasserdampfvergasung (Reformierung) Der Begriff Reformierung wird nicht nur für die Umsetzung von Methan in Wasserstoff und Kohlenmonoxid verwendet, sondern wird auch für die Wasserdampfvergasung beliebiger Kohlenwasserstoffe oder kohlenstoffhaltiger Festbrennstoffe gebraucht. Im Idealfall entsteht auch bei der Reformierung von Kohlenwasserstoffen ein nur aus Wasserstoff und Kohlen-

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

69

monoxid zusammengesetztes Synthesegas. In der Realität kann dies allerdings aufgrund der konkurrierenden Reaktionsgleichgewichte erst bei sehr hohen Temperaturen erreicht werden. Der minimale Dampfbedarf für die vollständige Reformierung eines Kohlenwasserstoffs kann allgemein aus dessen Summenformel bestimmt werden: Allgemeine Reaktionsgleichung für allotherme Wasserdampfvergasung (Reformierung) Die allgemeine Gleichung für die allotherme Reformierung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHmOn lautet CH m On + ( 1 − n ) H 2 O

m  Wärme   →  + 1 − n  H 2 + CO 2  

Gl. (II-18)

Der minimale Dampfbedarf xD,min für eine vollständige Reformierung des kohlenstoffhaltigen Brennstoffes beträgt damit

x*D ,min = ( 1 − n )

 kmol H 2O  in    kmolCH nOm 

bzw. ~ MH O 18 ⋅( 1 − m ) = ⋅( 1 − n ) x D ,min = ~ 2 12 + m + 16 ⋅ n M CH mOn

 kg H O 2 in   kg CH mOn

  

Aus dem minimalen Dampfbedarf xD,min und dem tatsächlichen Dampfanteil xD definiert sich daraus der Dampfüberschuss

σ =

xD x D ,min

Gl. (II-19)

mit m n

~ M H 2O

Molanteil Wasserstoff im Brennstoff in [kmol/kmolBS] Molanteil Sauerstoff im Brennstoff in [kmol/kmolBS] Molmasse des Wasserdampfes in [kg/kmol]

~ M CH mOn Molmasse des kohlenstoffhaltigen Brennstoffes in [kg/kmol]

Analog zum Luftüberschuss bei der Verbrennung lässt sich mit diesem minimalen Dampfbedarf der Dampfüberschuss oder eine Dampfzahl σ bei der Reformierung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes ableiten. Wie die Luftzahl λ bei der Verbrennung hat auch die Dampfzahl σ erheblichen Einfluss auf den Wirkungsgrad des Prozesses. Ein hoher

70

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Dampfüberschuss führt zu Verlusten aufgrund des hohen Energiebedarfs für die Bereitstellung des Wasserdampfes. Zu geringe Dampfzahlen resultieren in einem unvollständigen Umsatz bei der Reformierung. Gleichgewichtszusammensetzung bei der allothermen Wasserdampfvergasung In Abb. 2.11 sind exemplarisch die theoretisch erreichbaren Gleichgewichtszusammensetzungen bei der Wasserdampf-Vergasung von Holzhackschnitzeln dargestellt. An dem Beispiel wird deutlich, dass hohe Temperaturen bei der thermischen Vergasung stets zu kleineren, energiereicheren Gaskomponenten wie H2 und CO führen, wogegen höhere Drücke aufgrund des Prinzips von Le Chatelier größere, mehratomige Moleküle, wie Methan und CO2, begünstigen. Ein besonders hoher Wasserstoffanteil lässt sich durch einen hohen Wasserdampfüberschuss erreichen. Dies setzt aber voraus, dass der im Produktgas verbliebene Wasserdampf nach der Vergasung auskondensiert wird. Sonderformen der Reformierung von Kohlenwasserstoffen Neben der allothermen Reformierung und der autothermen Vergasung wird auch von der trockenen Reformierung und von der autothermen Reformierung gesprochen. Bei der trockenen Reformierung wird der Wasserdampf durch Kohlendioxid ersetzt und es entsteht ein Synthesegas mit geringerem Wasserstoffgehalt: Allgemeine Reaktionsgleichung der trockenen Reformierung Die allgemeine Gleichung für die trockene Reformierung eines kohlenstoffhaltigen Brennstoffes mit der Summenformel CHnOm lautet CH m On + ( 1 − n ) CO2

m Wärme   →   H 2 + (2 − n ) CO 2

Gl. (II-20)

mit n m

Molanteil Wasserstoff im Brennstoff in [kmol/kmolBS] Molanteil Sauerstoff im Brennstoff in [kmol/kmolBS]

Bei der sogenannten autothermen Reformierung handelt es sich um eine Mischung aus allothermer Reformierung und partieller Oxidation, bei der Wasserdampf genau in der Menge zugeführt wird, bei der die freigesetzte Wärme aus der partiellen Oxidation gerade ausreicht, um die endothermen Reformierungsreaktionen aufrecht zu erhalten. Sinnvoll ist dies dann, wenn bei der Luftvergasung eine hohe Luftvorwärmung eine nennenswerte Zugabe von Wasserdampf erlaubt oder wenn anstelle von Luft Sauerstoff verwendet wird. Ziel der autothermen Reformierung ist es, den Wasserstoffgehalt im Synthesegas gegenüber der einfachen autothermen Vergasung zu erhöhen.

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

71

Die praktische Berechnung der Gaszusammensetzung Die Gleichgewichtszusammensetzung kann in der Regel nur iterativ bestimmt werden. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Größenordnungen der Gleichgewichtskonstanten bereitet die Berechnung der Gleichgewichtszusammensetzung in der Regel numerische Probleme. Vorteilhaft ist es daher, für die Berechnung der Brenngaszusammensetzung Reaktionslaufzahlen nach Gl. (II-10) zu verwenden. Diese Reaktionslaufzahlen ermöglichen es, aus den entsprechenden Stoffbilanzen, zunächst ohne Berücksichtigung der Gleichgewichtsthermodynamik, eine stöchiometrisch konsistente Brenngaszusammensetzung zu bestimmen. 100

H2O

1

H2

75

Gaszusammensetzung in vol-%

Gaszusammensetzung in vol-%

100

50 CH4

25 0

CO

CO2

500 600 700 800 900 10001100 1200

50 CH4 25 0

CO

0

3

Gaszusammensetzung in vol-%

Gaszusammensetzung in vol-%

25

CO2

CO 0

0.5

1.0

1.5

CO2 100

10 Dampfüberschuss

H2

50

H2

100

H2O

75

H2O

1

Vergasungstemperatur in °C 100

2

75

CH4

2.0

Systemdruck p in MPa

2.5

4

75 H2

50 25 0

CO 1

CO2

CH4

10

100

Dampfüberschuss

Abb. 2.11: Abhängigkeit der theoretisch erreichbaren Brenngaszusammensetzung bei der Wasserdampfvergasung (Reformierung) von Holzhackschnitzeln von den Reaktionsbedingungen 1. Temperaturabhängigkeit (atmosphärische Vergasung, ohne Dampfüberschuss) 2. Abhängigkeit vom Dampfüberschuss (800 °C, atmosphärische Vergasung), ohne Kondensation des Wasserdampfanteils) 3. Druckabhängigkeit (800 °C, ohne Dampfüberschuss) 4. Abhängigkeit vom Dampfüberschuss (800 °C, atmosphärische Vergasung, mit Kondensation des Wasserdampfanteils)

72

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Bewährt hat es sich, zur Bestimmung geeigneter Startwerte für die iterative Berechnung der Brenngaszusammensetzung von einer nur theoretisch gültigen Reaktionsgleichung für die Pyrolyse auszugehen. Praktische Berechnung der Brenngaszusammensetzung Die Brenngaszusammensetzung kann ausgehend von der idealisierten Reaktionsgleichung der Pyrolyse nach [II-21] CH m On  → (1 − m 4 − n ) C + m 4 CH 4 + n CO

mit den Reaktionslaufzahlen der Vergasungsreaktionen aus den Stoffbilanzen 0 n CO = n CO + n ⋅ n BS + 2 ⋅ ξ Boudouard − ξ CO −Oxidation − ξ Shift + ξ Re formierung 0 n CO2 = n CO − ξ Boudouard + ξ CO −Oxidation + ξ Shift 2 0 n H 2 = n H + 2

ξ Shift + 3 ⋅ ξ Re formierung

0 n H 2 O = n H − 2O

ξ Shift − ξ Re formierung

0 + n CH 4 = n CH 4

m ⋅ n BS − ξ Re formierung 4

n O2 = n O0 2 −

⋅ ξ CO −Oxidation

1 2

n C = (1 − m 4 − n ) ⋅ n BS − ξ Boudouard

mit n i ,0

Stoffstrom der Reaktanden vor der Reaktion in [kmol/s]

ni

Stoffstrom der Reaktanden nach der Reaktion in [kmol/s]

 ξ m,n

Reaktionsgeschwindigkeit in [kmol/s] Molanteile des Wasserstoffs und Sauerstoffs

Setzt man in diesem Gleichungssystem die Reaktionslaufzahlen für die Vergasungsreaktionen zu null, erhält man geeignete Startwerte für die Zusammensetzung des Produktgases. Durch schrittweises Ändern der Reaktionslaufzahlen kann so die Produktgaszusammensetzung bis zum Erreichen des thermodynamischen Gleichgewichtes mit gutem Konvergenzverhalten iteriert werden. Simulationsprogramme wie AspenPlus oder FactSage verwenden heute zumeist einen weiteren Ansatz für die Bestimmung des thermodynamischen Gleichgewichts eines Gasgemisches. Da das thermodynamische Gleichgewicht dadurch definiert wird, dass die freie Enthalpie im Gasgemisch minimal wird, genügt es, für das Gasgemisch ein Minimum der freien Gibb’schen Energie nach Gl. (II-15) zu bestimmen.

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

73

Mit entsprechenden numerischen Verfahren ist es so möglich, die Gaszusammensetzung im thermodynamischen Gleichgewicht zu bestimmen, ohne die genauen Reaktionspfade zu kennen. Einfluss der Reaktionskinetik Die tatsächlich erreichte Gaszusammensetzung wird allerdings zusätzlich von der Kinetik der Vergasung bestimmt. Da das thermodynamische Gleichgewicht theoretisch erst nach unendlich langer Reaktionszeit erreicht wird, bestimmt die Reaktionszeit, also die Verweilzeit der Produktgase im Reaktor die Gaszusammensetzung. Beschleunigt wird das Erreichen des Gleichgewichts durch den Einsatz von Katalysatoren. Bei der Vergasung von Festbrennstoffen sind allerdings nicht die obengenannten heterogenen und homogenen Vergasungsreaktionen geschwindigkeitsbestimmend. Die erforderliche Verweilzeit wird überwiegend durch Wärmeleitung und Diffusionsprozesse bei der Trocknung und der Pyrolyse der Brennstoffpartikel und damit von deren Größe und der Struktur bestimmt. Eine einfache Berechnung der Reaktionsgeschwindigkeit aus den Reaktionsbedingungen und der Arrheniusgleichung ist daher nicht möglich. Die Brenngaszusammensetzung von technisch ausgeführten Vergasern kann daher nur experimentell bestimmt werden. Für die Bewertung des Vergasungsprozesses empfiehlt es sich, nach [2.14] aus der gemessenen Brenngaszusammensetzung die tatsächlichen Reaktionslaufzahlen zu bestimmen und mit den theoretisch im thermodynamischen Gleichgewicht erreichbaren Reaktionslaufzahlen zu vergleichen.

2.2.2

Zustandsänderungen in Energiesystemen

Thermische Prozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass ein Arbeitsmedium, beispielsweise Dampf oder Rauchgas, in einem Energiesystem verschiedenen Zustandsänderungen ausgesetzt ist. Bei diesen Zustandsänderungen wird Energie in Form von Arbeit oder Wärme aufgenommen und freigesetzt. Für die thermodynamische Bewertung oder die Auslegung eines Energiesystems, also für die Berechnung des thermischen Wirkungsgrades oder für die Dimensionierung von Rohrleitungen und Wärmertauscherflächen, sind daher die Zustandsänderungen des Arbeitsmediums zu berechnen, um die dabei umgesetzten Energien zu ermitteln. Aus der Vielzahl möglicher Zustandsänderungen (vgl. [2.5]) eines Fluids sind für die praktische Berechnung eines Energiesystems vor allem die idealisierten Zustandsänderungen im stationär durchströmten System zu betrachten. Für stationär durchströmte Systeme wird bevorzugt die Enthalpie zur Beschreibung des energetischen Zustandes verwendet, da sich die Enthalpieänderung unmittelbar aus der zugeführten Wärme ∆q = T ⋅ ds und der zugeführten technischen Arbeit ∆w = v ⋅ dp berechnet.

74

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung Zustandsänderungen in stationär durchströmten Systemen Aus der Energiebilanz des stationär durchströmten Systems  ⋅ ∆h = Q + W m

und der Definition der Enthalpie

dh = T ⋅ ds + v ⋅ dp gilt für die spezifische zugeführte Wärme stets

q = T ⋅ ds und die spezifische geleistete Arbeit

w = v ⋅ dp mit h s v T p Q

spezifische Enthalpie des Arbeitsfluids in [kJ/kg] spezifische Entropie des Arbeitsfluids in [kJ/kg] spezifisches Volumen des Arbeitsfluids in [m³/kg] Temperatur in [°C] Druck in [MPa] zu- und abgeführte Wärmeströme in [kW]

W q

zu- und abgeführte Leistung in [kW] zu- und abgeführte Wärme in [kJ/kg] zu- und abgeführte Arbeit in [kJ/kg] Massenstrom des Arbeitsfluids in [kg/s]

w

 m

Daraus ergeben sich für stationär durchströmte Systeme unmittelbar drei für die praktische Anwendung bedeutsame Arten idealer Zustandsänderungen. Im Einzelnen sind dies •

Isobare Zustandsänderungen (dp = 0: Zu- und Abfuhr von Wärme)



Isentrope Zustandsänderungen (ds = 0: Zu- und Abfuhr von Arbeit)



Isotherme oder Isenthalpe Zustandsänderungen (dh = 0: Zu- und Abfuhr von Arbeit und Wärme).

und

In Tab. 2.4 sind Beispiele für diese Zustandsänderungen zusammengestellt. Ziel der Berechnung thermischer Prozesse ist es stets, die Änderung der Temperatur bzw. Enthalpie und des Druckes eines Arbeitsfluids bei der Zustandsänderung zu bestimmen. Sonstige Zustandsänderungen, beispielsweise die instationären Zustandsänderungen in Kolbenmaschinen, werden bei der thermischen Prozessauslegung mit Kreislaufrechenprogrammen wie stationäre Zustandsänderungen betrachtet. So kann die Verdichtung, Erwärmung und Expansion der Luft bzw. des Rauchgases in einem Kolbenmotor als eine Überlagerung von isobarer Wärmezufuhr und isentropen Zustandsänderungen interpretiert werden.

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse Tab. 2.4:

75

Zustandsänderungen in stationär durchströmten Systemen

Ideale Zustandsänderung isobare Zustandsänderung

Komponente Wärmeübertrager

Beispiele Dampferzeuger Warmwassererzeuger Abhitzedampferzeuger Kondensator Speisewasservorwärmer Heizkondensator Mischvorwärmer Luftvorwärmer Rekuperator

isentrope Zustandsänderung

adiabate Arbeitsmaschine (z.B. Strömungsmaschine)

Verdichter Pumpe Gas- und Dampfturbine

isotherme /isenthalpe Zustandsänderung

adiabate Drossel

Rohrleitungen Ventile

nicht-adiabate Arbeitsmaschine Verdichter mit interner Kühlung Turbine mit Wärmezufuhr

Der thermodynamische Zustand des Abgases kann aus der zugeführten (Brennstoff)-Wärme und der geleisteten Arbeit eindeutig bestimmt werden. Auch die polytrope Zustandsänderung in einer realen Strömungsmaschine kann als Überlagerung einer isothermen, adiabaten Drosselung mit einer isentropen Expansion interpretiert werden. Für die Darstellung der Zustandsänderungen hat sich für Kreisprozesse das T,s-Diagramm durchgesetzt (s.u.).

2.2.2.1

Isobare Zustandsänderungen

Die einfachsten Zustandsänderungen in durchströmten Systemen sind isobar, d.h. sie laufen ohne Änderung des Druckes im Arbeitsfluid ab. Dies ist bei allen Formen der Wärmeübertragung näherungsweise der Fall. Im T,s-Diagramm werden für die isobare Erwärmung zwei Fälle unterschieden. Einfache Flüssigkeiten oder Gase erwärmen sich bei Wärmezufuhr. Ändert sich dagegen, wie bei der Verdampfung, der Aggregatszustand des Fluids, bleibt die Temperatur unverändert. Die Menge der zugeführten Wärme kann wegen dQ = Tds im T,sDiagramm direkt aus der Fläche unter der Linie für die Zustandsänderung abgelesen werden (Abb. 2.12). Die Berechnung der Zustandsänderung erfolgt aus dem 1. Hauptsatz: Berechnung isobarer Zustandsänderungen im durchströmten System Eine Wärmezufuhr führt bei einer isobaren Zustandsänderung zur Zunahme der Enthalpie des Fluids  ⋅ (h2 − h1 ) ∆Q = m

Für isobare Zustandsänderungen ohne Phasenübergang gilt daher

76

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

h2 = h1 +

∆Q  m

T2 = T1 +

∆Q  ⋅cp m

p 2 = p1

Für isobare Zustandsänderungen mit Phasenübergang gilt entsprechend

p2 = p1

Q zu

zu- und abgeführte Wärmeströme in [kW]

ar 1b

∆Q > 0 7,0

3 200 00 bar

isobare Verdampfung

700

(Wasser)

600 500 400 300 200

∆Q > 0

100 0

8,0

7,5

6 100 b bar 20 0 bar ar b a r 1 b 5 b ar ar

6,5

0,1 bar

0

1

800

bar ar 5b

6,5

7,0

400 300 200

∆Q < 0

100

2 3 4 5 6 7 8 Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

Abb. 2.12: Isobare Zustandsänderungen im T,s-Diagramm

8,0

7,5

500

0

ar

∆Q < 0

(Wasser)

600

bar 10 1b

isobare Kondensation

700

20

(Luft)

40 b

bar

isobare Abkühlung

3 200 00 bar

5b

ar

10 b

(Luft)

2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0

100

b ar

isobare Erwärmung

40

2000 1800 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0

ar

 m

Enthalpie des Stoffstromes vor und nach der Zustandsänderung in [kJ/kg] Druck im Stoffstrom in [MPa] Temperatur des Stoffstromes in [°C] spez. Wärmekapazität des Stoffstromes in [kJ/kgK] zu- und abgeführte Massenströme in [kg/s]

bar 20 bar ar

h1,2 p1,2 T1,2 cp

800

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

T2 = T1

100

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

mit

∆Q  m

6 100 b bar 20 0 bar ar bar 5 1 b ba r ar

h2 = h1 +

0,1 bar

0

1

2 3 4 5 6 7 Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

8

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

2.2.2.2

77

Isentrope Zustandsänderungen

Isentrope Zustandsänderungen zeichnen sich dadurch aus, dass die spezifische Entropie des Arbeitsfluids konstant bleibt. Wegen dq = Tds wird bei der isentropen Zustandsänderung keine Wärme übertragen. Stattdessen wird die technische Arbeit dh = dw = vdp verrichtet. Anwendungen mit isentroper Zustandsänderung sind Strömungsmaschinen, wie Pumpen, Verdichter und Turbinen. Isentrope Zustandsänderungen können nur dann realisiert werden, wenn bei der Zustandsänderung keine irreversiblen Verluste, beispielsweise durch Reibung oder Leckagen (z.B. Spaltverluste an den Schaufelenden von Dampfturbinen), auftreten. Tatsächlich sind Strömungen in real ausgeführten Pumpen, Verdichtern oder Turbinen immer verlustbehaftet. Da in technisch ausgeführten Aggregaten eine ideal isentrope Verdichtung nicht realisiert werden kann, wird ein isentroper Wirkungsgrad eingeführt, der die reale Enthalpieänderung zur isentropen Enthalpieänderung ins Verhältnis setzt.

Der isentrope Wirkungsgrad Der isentrope oder innere Wirkungsgrad ηi beschreibt das Verhältnis der maximal möglichen Enthalpieänderung zur tatsächlichen Enthalpieänderung einer näherungsweise reversibel adiabaten (isentropen) Zustandsänderung. Bei einer Expansion definiert sich der innere Wirkungsgrad aus ∆h R ∆hs Bei einer Kompression lautete die Definition des inneren Wirkungsgrades η i , Expansion =

η i , Kompression =

∆hs ∆h R

mit

∆hs ∆hR ηi

maximale Enthalpieänderung bei reversibel adiabater (isentroper) Zustandsänderung in [kJ/kg] tatsächliche Enthalpieänderung der realen Zustandsänderung in [kJ/kg] innerer bzw. isentroper Wirkungsgrad der Strömungsmaschine

Dieser isentrope oder innere Wirkungsgrad ηi setzt die tatsächlich geleistete Arbeit zur theoretisch, also bei isentroper Zustandsänderung maximal möglichen Arbeit, ins Verhältnis und beschreibt so die inneren Verluste in der Dampfturbine. Abb. 2.13 zeigt den isentropen und den realen Expansionsverlauf in einer Dampfturbine im T,s-Diagramm. Die Entropiezunahme ist vollständig auf innere Verluste wie Spaltverluste, Reibungsverluste oder Abströmverluste zurückzuführen. Die Entropiezunahme führt zu einer Erhöhung des Dampfgehaltes x und damit zu einer Erhöhung der Enthalpie des Dampfes am Turbinenaustritt.

78

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung 800 30 200 0 bar 100 b bar a r 60 ba r

Zustand am Eintritt der Turbine

600 500

20 ba r

400 300

100 0

1 ba r

Zustand am Austritt einer idealen Turbine

Zustand am Austritt einer realen Turbine

5 ba r

200

1 9 x = = 0, 0,8 x = x

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

700

0,1 bar

0

1

2

3 4 5 6 Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

7

8

Abb. 2.13: Isentrope und reale Expansion in einer Dampfturbine im T,s-Diagramm

Für die Darstellung des Expansionsverlaufes in der Dampfturbine und des isentropen oder inneren Wirkungsgrades ist das h,s-Diagramm üblich (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

600 °C

10 0b ar

500 °C

30 ba r

400 °C

ba r

3400

10

3200 3000

3

r ba

2800

1 x=1

2600

x=

2400

0,9

0,8

200 °C ar b 0,3 r 100 °C ba 0,1 ar 3b r a 0,0 1b 0,0

0,7

2000

x=

2200

x=

300 °C

r ba

∆hR

3600

∆hs

3800

Enthalpie h in kJ/kg

700 °C

30 0b ar

4000

5,0

5,5

6,0

6,5

7,0

7,5

8,0

8,5

9,0

Entropie s in kJ/kg K

Abb. 2.14: Isentrope und reale Expansion in einer Dampfturbine im h,s-Diagramm

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

79

Hier wird die Verringerung der Enthalpieänderung und wegen dh = dw = v dp die Verringerung der geleisteten Arbeit graphisch anschaulich. Für die Berechnung der Zustandsänderung in einer Strömungsmaschine ist also stets zunächst die reversible, isentrope Zustandsänderung zu berechnen, bevor mit Hilfe des inneren Wirkungsgrades die tatsächliche Enthalpie des Arbeitsfluids am Austritt bestimmt werden kann. Zu unterscheiden ist auch die Enthalpieänderung bei der Expansion (Druckminderung) und der Kompression (Druckerhöhung). Im ersten Fall reduziert sich das Enthalpiegefälle durch die inneren Verluste, wogegen es sich im zweiten Fall erhöht (Abb. 2.15). Im Falle inkompressibler Medien, wie bei der Druckerhöhung in Wasser durch Pumpen, kann die Enthalpieänderung einfach aus der Druckerhöhung berechnet werden: Isentrope Zustandsänderung inkompressibler Medien in Pumpen Die Zustandsänderung in Pumpen kann aus der Gleichung h2 = h1 +

∆hs ( p 2 − p1 ) v ( p 2 − p1 ) = h1 + = h1 + ηi , P ηi , P ρ ⋅ ηi , P

berechnet werden. Die Austrittstemperatur errechnet sich entsprechend aus t 2 = t1 +

v ( p 2 − p1 ) ( p 2 − p1 ) = t1 + ηi , P ⋅ c p ηi , P ⋅ ρ ⋅ c p

mit t1,2 p1,2 h1,2 v

Temperatur des Arbeitsfluids in [°C] Druck des Arbeitsfluids in [MPa] spezifische Enthalpie des Arbeitsfluids in [kJ/kg] spezifisches Volumen des Arbeitsfluids in [m³/kg] ρ Dichte des Arbeitsfluids in [kg/m³] cp spezifische Wärmekapazität des Arbeitsfluids in [kJ/kgK] ηi,P innerer Wirkungsgrad der Pumpe Index 1 Zustand beim oberen Druckniveau Index 2 Zustand beim unteren Druckniveau

Im Falle kompressibler Arbeitsfluide, wie Luft oder Rauchgas, kann näherungsweise davon ausgegangen werden, dass sich das Fluid wie ein ideales Gas verhält. Isentrope Zustandsänderung kompressibler Medien Gilt für kompressible Medien das ideale Gasgesetz p ⋅ v = R ⋅T

kann eine isentrope Zustandsänderung mit dem Isentropenexponenten κ und der Gleichung

80

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung κ

p 2  T2 , S = p 1  T1

 κ −1   

beschrieben werden. Für die Kompression des idealen Gases in einem Verdichter berechnet sich die Enthalpie am Verdichteraustritt aus

h2

κ −1  1  p 2  κ − = h1 + ⋅ c p ⋅T1 ⋅  p  η i ,V  1  

  1  

Gl. (II-21)

Bei der Expansion des idealen Gases in einer Turbine gilt für die Austrittsenthalpie h1

h1 = h2 − ηi ,T

κ −1    p1  κ ⋅ c p ⋅ T1 ⋅ 1 −  p    2 

    

Gl. (II-22)

mit Temperatur des Arbeitsfluids [in K ] Druck des Arbeitsfluids in [MPa] spezifische Enthalpie des Arbeitsfluids in [kJ/kg] spezifisches Volumen des Arbeitsfluids in [m³/kg] ρ Dichte des Arbeitsfluids in [kg/m³] κ Isentropenexponent des Arbeitsfluids [-] cp spez. Wärmekapazität des Arbeitsfluids in [kJ/kg K] ηi,T innerer Wirkungsgrad der Turbine ηi,V innerer Wirkungsgrad des Verdichters Index 1 Zustand beim oberen Druckniveau Index 2 Zustand beim unteren Druckniveau T1,2 p1,2 h1,2 v

Kompression

Expansion

(Pumpe, Verdichter)

spezifische Entropie s in kJ/kg K

p1 =

st. con

st. con

∆hR

st. con = p 1

spezifische Enthapie h in kJ/kg

∆hR

p2 =

∆hs

spezifische Enthapie h in kJ/kg

st. con p2 =

∆hs

(Gas- und Dampfturbine)

spezifische Entropie s in kJ/kg K

Abb. 2.15: Isentrope und reale Expansion bei der Expansion und der Kompression im h,s- Diagramm

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

81

Tatsächlich sind der Isentropenexponent κ und die spezifische Wärmekapazität cp temperatur- und druckabhängig. Die Gleichungen (II-21) und (II-22) gelten also nur näherungsweise.

2.2.2.3

Isotherme Zustandsänderungen

800

800

ar 20 b ar b ar

400

400

200

200

0

0

5b

ar

ba r

isotherme Kompression 600

...

ar

1b

ar

1000

7,0 8,0 6,5 7,5 Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

40 b

1200

1000

600

isotherme Expansion

10

1400

1b

ar

1600

100

ar

20 b ar bar

adiabate Drossel

5b

1200

10

1400

2000 . Q=W=0 1800

40 b

1600

100

Temperatur des Arbeitsfluids T in °C

2000 . Q=W=0 1800

b ar

Isotherme Zustandsänderungen sind einfach nur dann zu realisieren, wenn dem Fluid keine Arbeit oder Wärme zugeführt wird. Bei einer adiabaten Drosselung ändert sich entsprechend der Druck und gleichzeitig die Entropie des Fluids. Die Enthalpie, also die Summe aus dem Entropieterm Tds und Arbeitsterm vdp, bleibt konstant. Bei idealen Gasen bleibt bei der adiabaten Drosselung auch die Temperatur des Gases unverändert. Bei realen Gasen kann sich bei der Drosselung durch den Thomsen-Joule-Effekt [3.93] allerdings auch die Temperatur ändern.

...

7,0 8,0 6,5 7,5 Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

Abb. 2.16: Isotherme bzw. isenthalpe Expansion im T,s-Diagramm

Soll bei einer isothermen Zustandsänderung Wärme übertragen werden, muss gleichzeitig Arbeit verrichtet werden. Beispiele sind die isotherme Wärmezufuhr beim Carnot- und beim Ericssonprozess. Die isotherme Wärmezufuhr ist thermodynamisch ideal, da das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr gleichzeitig der höchsten Prozesstemperatur entspricht. Die aufgrund von Materialeigenschaften maximal zulässige Prozesstemperatur entspricht also dem für den Prozesswirkungsgrad maßgeblichen mittleren Temperaturniveau der Wärmezufuhr. Die Wirksamkeit der Zwischenkühlung und Zwischenerhitzung in Gasturbi-

82

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

nenprozessen beruht im Wesentlichen darauf, dass Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr im Jouleprozess mit diesen Maßnahmen einer isothermen Zustandsänderung angenähert werden.

2.2.2.4

Zustandsänderungen in Kolbenmaschinen

Obwohl Verbrennungsmotoren keine stationär durchströmten Systeme sind, ist es zweckmäßig, sie bei der Berechnung von Energiesystemen als solche zu betrachten, da sie in der Regel stationär in einem System mit weiteren stationär durchströmten Aggregaten, wie Wärmeübertragern, betrieben werden. Die im Kolben ablaufenden Zustandsänderungen der Verbrennungsluft und des Rauchgases lassen sich für die praktische Anwendung entsprechend in einer unbestimmten Zustandsänderung zusammenfassen, bei der sich die Austrittsenthalpie der Rauchgase einfach aus den zu- und abgeführten Energieströmen berechnen lässt.

2.2.3

Numerische Berechnung thermischer Prozesse

2.2.3.1

Grundlagen der rechnergestützten Kreislaufrechnung

Für die Berechnung thermodynamischer Prozesse wird eine Vielzahl kommerzieller Programme angeboten [2.10]. Eingesetzt werden diese Kreislaufrechenprogramme von Anlagenplanern und Ingenieurbüros in erster Linie für die Projektierung neuer Anlagen, um beispielsweise den Aufbau einer Kraftwerksschaltung festzulegen und die Schaltung thermodynamisch zu optimieren. Aus der Kreislaufrechnung ergeben sich dann neben den Wirkungsgraden die wichtigsten Parameter für die Anlagenauslegung, wie Massenströme und Temperaturniveaus in einzelnen Kreislaufkomponenten oder die erforderlichen Wärmeübertragerflächen. Eingesetzt werden Kreislaufrechenprogramme auch von Anlagenbetreibern bei der Überwachung bestehender Anlagen. Dabei können nach der Abbildung einer bestehenden Anlage Auswirkungen von Umbaumaßnahmen und Teillastbetrieb auf den Anlagenwirkungsgrad abgeschätzt werden. In Verbindung mit einer Messwertvalidierung werden diese Tools außerdem zur Prozessanalyse bei Abnahmemessungen eingesetzt. Diese Programme lösen im Wesentlichen Massenbilanzen und Energiebilanzen für jedes Objekt des Kreislaufes. Die Berechnung einer Schaltung erfolgt in drei Schritten. Zunächst muss die Schaltung definiert werden, das heißt, es muss ein Gleichungssystem erstellt werden, das die Schaltung mathematisch beschreibt (Definition der Schaltung, 2.2.3.2). Danach werden gegebene Größen (z.B. Frischdampfparameter oder die gewünschte Anlagenleistung) und die für die verwendeten Modellgleichungen (s.u.) notwendigen Kenngrößen (Wirkungsgrade, Druckverluste etc.) festgelegt (Parametrierung, Kap. 2.2.3.3). Im letzten Schritt erfolgt die eigentliche Optimierung (Kap. 2.2.3.4) des Kreislaufs. Ergebnis einer solchen ‚Kreislaufrechnung’ ist schließlich ein Schaltplan der Anlage, in dem die Massenströme und thermodynamischen Zustände für jede Stelle der Schaltung gegeben sind (Abb. 2.18). Die angebotenen Softwarepakete können grundsätzlich in zwei Klassen eingeteilt werden, in Programme mit sequentieller Berechnung des abgebildeten Kreislaufs und mit paralleler oder gleichungsorientierter Berechnung des Kreislaufs. Im ersten Fall werden die einzelnen

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

83

Energie- und Massenbilanzen unter Verwendung mehr oder weniger aufwändiger Modellgleichungen für jede Komponente des Kreislaufs sequentiell berechnet. Da Informationen immer nur in "Berechnungsrichtung" weiter getragen werden, kann die Festlegung von Vorgabewerten am Ende einer Berechnungssequenz (z.B. Vorgabe der BrennkammerAustrittstemperatur bei Gasturbinenprozessen) das Konvergenzverhalten verschlechtern. Beim parallelen Verfahren ist dagegen der Aufwand für die Definition des den Kreislauf beschreibenden Gleichungssystems höher. Aus den verwendeten Modellgleichungen ergibt sich ein nichtlineares Gleichungssystem, dessen Lösung unter Umständen die Vorgabe sehr genauer Startwerte erfordert.

167.7 2776 64.5 280.31

167.7 2776 64.5 280.31

2055

2776

64.5 280.31

65

bar

280 33.31

°C %

167.7 1210 64.5 274.88

1382 2770 11.5 186.05

1888 2776 64.5 280.31

Frischdampfdruck Frischdampftemperatur Wirkungsgrad

1382 11.5

2960 260

1544 2770 11.5 186.05

1.371e+006

G 1784 2504.1 11.5 186.05 2055 913.25 73.5 213

103.8 2597 21.5 216.06

271.5 794.62 21.5 187

2055 788.32 73.5

239.5 789.92 11.5 186.05

42.21 2779.1 4.25 163.04

239.5 789.98 12 186.06

185 511 792.44 12 186.61

1112 2320.2 0.04 28.983

162.3 2770 11.5 186.05

105 2679.1 2.25 123.99

33.87 467.12 1.5 111.37

673.3 767.81 11.5 181.05

89.11 2571.8 0.7 89.959

1340 468.71 4.25 111.7

mass[kg/s] p[bar]

123 355.75 0.7 84.959

h[kJ/kg] t[°C] 2055 624.14 73.5 147.13

2055 614.13 4.25 145.82

1235 466.07 4.25 111.08

105 499.74 4.25 119.03

1235 280.73 4.25 67

1235 117.77 4.25 28.019

1235 117.23 0.04 27.983

105 499.46 2.25 118.99

Abb. 2.17: Beispiel für das Ergebnis einer Kreislaufrechnung (Schaltung eines Siedewasserreaktors)

Da die Rechenleistung und der erforderliche Hauptspeicherbedarf mittlerweile bei beiden Verfahren eine untergeordnete Rolle spielen, und weil mittlerweile für beide Verfahren robuste und ausgereifte Lösungs-Algorithmen zur Verfügung stehen, spielt der verwendete Algorithmus für den Benutzer nur dann eine Rolle, wenn zum Beispiel bei der Optimierung der Schaltung eine sehr schnelle Lösung erforderlich ist. Einige Software-Pakete kombinieren inzwischen auch die Vorzüge beider Vorgehensweisen und arbeiten mit semiparallelen Verfahren (z.B. [2.9]).

2.2.3.2

Definition des Kreislaufs

Im ersten Schritt der Kreislaufrechnung, der Definition des Kreislaufs, wird die gesamte Schaltung mathematisch abgebildet. Das heißt, die für jedes Element gültigen Energie- und

84

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Massenbilanzen sind aufzustellen. Zusätzliche Verknüpfungsgleichungen geben die Verschaltung der einzelnen Komponenten wieder. Dazu sind um jede Komponente Bilanzgrenzen zu ziehen, aus denen sich die entsprechenden Bilanzgleichungen ableiten. In dem in Abb. 2.18 dargestellten Beispiel ergeben sich für die drei Komponenten des Druckluft-Kreislaufs je drei Energie- und drei Massenbilanzen. Die ablaufenden Zustandsänderungen (siehe T,s-Diagramm) liefern zusätzliche Gleichungen, aus denen die Enthalpieänderungen in den Komponenten berechnet werden können. Das daraus resultierende Gleichungssystem kann entweder sequentiell oder simultan berechnet werden. m1,aus h1,aus

Verdichter P2

Verdichter

p=

Bilanzgrenze 2

1

m1,ein h1,ein

Turbine m2,aus h2,aus

Bilanzgrenze 3

m3,aus h3,aus

m3,ein h3,ein .

Temperatur T in °C

P1

m2,ein h2,ein

Bilanzgrenze

st. con

Turbine P2

P1

Kühler

p=

. Q3

st. con

Kühler

spezifische Entropie s in kJ/kg K

Q3

Abb. 2.18: Bilanzgrenzen und T,s-Diagramm einer Druckluft-Turbine

Sequentielles Verfahren Beim sequentiellen Verfahren sind die Bilanzgleichungen explizit aufzustellen. Dadurch können Massenströme und Enthalpien für jedes Element der Reihe nach berechnet werden. Verwendet werden neben den Massen- und Energiebilanzen noch sogenannte Verknüpfungsgleichungen, die festlegen, in welche Komponente die aus einer Komponente austretenden Massenströme einströmen und Modellgleichungen, die beispielsweise die Zustandsänderungen in Verdichter oder Turbine beschreiben:

Beispiel: Definition eines Kreislaufs mit Druckluftturbine (sequentielle Berechnung) Für die sequentielle Berechnung der in Abb. 2.18 dargestellten Schaltung stehen für die Bestimmung der 15 Unbekannten (5 Unbekannte pro Komponente, siehe Abb. 2.18) 14 Gleichungen zur Verfügung: Komponente 1 (Verdichter): (1) Massenbilanz:

 1,aus = − m  1,ein m

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

1 = h1,ein + c p T1,ein ηVD

(2) Modellgleichung:

h1,aus

(3) Energiebilanz:

P1 = − h1,ein ⋅ m 1,ein + h1,aus

(

   p 2  p  1  ⋅ m 1,aus

85

   

κ −1 κ

)

  − 1  

Verknüpfungsgleichungen zwischen Komponente 1 (Verdichter) und Komponente 2 (Turbine): (4)

m 2,ein = − m 1,aus

(5)

h2,ein = h1,aus

Komponente 2 (Turbine): (6) Massenbilanz:

m 2,aus = − m 2,ein κ −1   p1  κ   = h2,ein −η i ,T c p T2 1 −    p2   

(7) Modellgleichung:

h2,aus

(8) Energiebilanz:

P2 = h2,ein ⋅ m 2,ein + h2,aus ⋅ m 2,aus

    

Verknüpfungsgleichungen zwischen Komponente 2 (Turbine) und Komponente 3 (Kühler): (9)

m 3,ein = − m 2,aus

(10)

h3,ein = h2,aus

Komponente 3 (Kühler): (11) Massenbilanz:

m 3,aus = − m 3,ein

(12) Energiebilanz:

 3,ein + h3,aus ⋅ m  3,aus Q 3 = − h3,ein ⋅ m

(

)

Verknüpfungsgleichungen zwischen Komponente 3 (Kühler) und Komponente 1 (Turbine): (13)

m 1,ein = m 3,aus

(14)

h1,ein = h3,aus

Dieses Gleichungssystem scheint unterbestimmt, da nur 14 Gleichungen für die Berechnung von 15 Unbekannten aus Abb. 2.18 zur Verfügung stehen. Tatsächlich ist es aber bereits überbestimmt, da die 6 Gleichungen für die Berechnung der 6 Massenströme (Massenbilanzen und Verknüpfungsgleichungen) keine weitere Gleichung mehr zulassen, die die Höhe der Massenströme bestimmen könnte. Daher können nur fünf dieser Gleichungen verwendet werden, so dass insgesamt nur 13 Gleichungen zur Bestimmung der 15 Unbekannten zur

86

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Verfügung stehen. Aus diesem Grund sind im 2. Schritt, der Parametrierung, zusätzliche Gleichungen einzuführen (Kap. 2.2.3.3). Dabei könnten beispielsweise die gewünschte Leistung der Turbine und die Lufttemperatur nach dem Kühler vorgegeben werden. Die sequentielle Vorgehensweise ist auch für die Umsetzung in Tabellenkalkulationsprogrammen besonders geeignet. Selbst aufwändige Schaltungen können mit Tabellenkalkulationsprogrammen iterativ berechnet werden, falls geeignete Stoffwertbibliotheken zur Verfügung stehen. Im Beispiel kann dazu bei gegebener Turbinenleistung und Kühleraustrittstemperatur ein Schätzwert für den Luftmassenstrom vorgegeben und so lange variiert werden, bis sich die gewünschte Turbinenleistung einstellt. Paralleles (simultanes) Verfahren Beim parallelen Verfahren werden zur Bestimmung der 15 Unbekannten aus Abb. 2.18 alle Massenbilanzen, Energiebilanzen, Modellgleichungen und Verknüpfungsgleichungen implizit in ein Gleichungssystem zusammengefasst: Beispiel: Definition eines Kreislaufs mit Druckluftturbine (Parallele Berechnung) Für die parallele („simultane“) Berechnung der Schaltung stehen wie bei der sequentiellen Berechnung 13 linear unabhängige Gleichungen zur Verfügung:

1  0 0  0  0 0  0 0  1  0 0  0 0 

1 0 0 0 0 0 1 1 0 0

0 0

0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 m 1,ein 0 0 0 0 0 0

0 0

0 0

0 0

0 0

0 0

0 0 0 0

0 m 1,aus 0

0 0

0 0

0 0 0

0 0 1 0 0 1

m 3,aus 0 0 0 0 −1

m 2,ein

m 2,aus

0 0 0

0 0 0 1 0

0 0 0 0 0

0 1 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 1 0 0

m 3,ein 0 0 0 0

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0

1 0

0 1

0 −1

0 0

0 0 0 0 0

0

0

0

1

0 0 −1

0 0 0 0 1

0 0 0 0 1

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0 0 0 0 0

0

0 0 0 0

0

0 0

 m 1,ein  0   m 1,aus  0   m 2,ein 0   m 2,aus  0   m 3,ein  0   m 3,aus  1   h1,ein  0  ⋅ h1,aus  0   h2,ein  0   h2,aus  0   h3,ein  0   h3,aus  0   ∆P1  0   ∆P2   ∆Φ 3

0       0      0      0     0     0   κ −1      κ ⋅ c T     p 1,ein  p 2 − 1    h1,ein +   p  η  VD 1   =       κ −1        p1  κ    h    2,ein − ηi ,T c p T2 1 −  p    2        0       0      0     0      0  

Die ersten drei Zeilen beschreiben die Massenbilanzen, die Zeilen 4-6 die Energiebilanzen und die Zeilen 7-8 die beiden ‚Modellgleichungen’ für Verdichter und Turbine. In den Zeilen 9-13 finden sich schließlich fünf der oben beschriebenen Verknüpfungsgleichungen wieder. Wie beim sequentiellen Verfahren muss wieder auf eine der Massenbilanzen oder Verknüpfungsgleichungen verzichtet werden, um zu vermeiden, dass ein überbestimmtes Gleichungssystem entsteht. Das entstehende Gleichungssystem ist nichtlinear und muss iterativ gelöst werden.

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

87

Modellierung einzelner Komponenten Für die Nachrechnung der in einzelnen Komponenten ablaufenden Reaktionen und Zustandsänderungen werden die entsprechenden Modellgleichungen in der Regel in eigene Programmmodule zusammengefasst. Diese „Modelle“ können beliebig detailliert ausgearbeitet werden. So kann zum Beispiel der Wirkungsgrad ηi,V in Abhängigkeit von Massenströmen und Last angegeben werden, um das Teillastverhalten einer Gasturbine genauer berechnen zu können. Auch für die Simulation von Dampferzeugern werden oft komplexe Unterprogramme für die Berechnung von Druckverlusten oder übertragenen Wärmeströmen verwendet. In vielen Fällen werden Kraftwerke nicht im Auslegungspunkt, sondern in anderen, vom Idealbetrieb abweichenden Zuständen betrieben. Dies ist zum Beispiel schon dann der Fall, wenn die Randbedingungen wie Außentemperatur oder Luftdruck nicht den bei der Auslegung zugrunde gelegten Bedingungen – z.B. den ISO-Bedingungen mit 15 °C und 1013 mbar – entsprechen. Häufig werden Kraftwerke auch in Teillast oder kurzfristig auch in Überlast betrieben. In beiden Fällen ändern sich in der gesamten Schaltung Massenströme und die thermodynamischen Zustände. Die sich einstellenden Änderungen können, wie die Expansion in einer Gasturbine, zwar oft mit physikalischen Modellen wiedergegeben werden, in den meisten Fällen ändern sich die ablaufenden Prozesse aber in sehr komplexer Weise. In den Fällen, in denen sich die physikalischen Prozesse nicht mehr durch einfache Gleichungen, wie beispielsweise Gl. (II-22) beschreiben lassen, ist es üblich, die Änderung wesentlicher Parameter mit Kennfeldern abzubilden. So wird das komplexe Teillast- und „Off-Design“-Verhalten von Gasturbinen in der Regel mit geeigneten Kennfeldern beschrieben (siehe Kap. 4.2.4.2).

2.2.3.3

Parametrierung des Systems

Ziel der Parametrierung ist es, aus dem unterbestimmten Gleichungssystem durch Vorgabe noch fehlender Parameter ein lösbares, eindeutig bestimmtes Gleichungssystem abzuleiten. Durch die Einführung der Modellgleichungen bei der Definition des Kreislaufs sind zusätzliche Unbekannte in das beschreibende Gleichungssystem eingeführt worden. Insgesamt wurden zu den 15 Unbekannten aus Abb. 2.18 zusätzlich 6 Gleichungsparameter eingeführt. Das aus Massenbilanzen, Energiebilanzen, Modellgleichungen und Verknüpfungsgleichungen gebildete Gleichungssystem ist also vielfach unterbestimmt und kann erst dann gelöst werden, wenn ausreichend viele, bestimmende Gleichungen zusätzlich vorgegeben werden. Deshalb müssen für die Bestimmung der insgesamt 21 Unbekannten entweder die 9 fehlenden Parameter fest vorgegeben werden, oder durch zusätzliche Gleichungen berechnet werden:

Beispiel: Parametrierung eines Kreislaufs mit Druckluftturbine Für die Berechnung der Druckluftturbine werden folgende Vorgabewerte und Modellparameter gegeben:

88

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

(14) (15) (16) (17) (18) (19) (20) (21)

∆P2 = 100 kW

Leistung der Turbine Druck nach dem Verdichter Druck vor dem Verdichter Temperatur vor Verdichter innerer Wirkungsgrad des Verdichters innerer Wirkungsgrad der Turbine spez. Wärmekapazität der Luft Isentropenexponent der Luft

p2 = 10 bar p1 = 1 bar t1,ein = 25°C ηi,VD = 75% ηi,T = 85% cp =1,004 kJ/kgK κ = 1,4

Aus diesen Parametern errechnet sich ein erforderlicher Luftmassenstrom von 0,364 kg/s: 0.364 10

397.2 385.2

135.4 kW

G 100 kW

0.364 1

25.236 25

0.364 1

m [kg/s] p[bar]

122.45 121.04

h[kJ/kg] t[°C]

Da in den meisten Fällen nicht unmittelbar die für die Energiebilanzen notwendige Enthalpie, sondern beispielsweise Druck und Temperatur gegeben sind, muss die Enthalpie der Stoffströme mit geeigneten Stoffwertbibliotheken berechnet werden. Auch für die Berechnung dieser Stoffwerte sind eigene Programmmodule notwendig. Die Enthalpie von Wasser und Wasserdampf wird dabei meist nach der international anerkannten IFC-67-Formulation 1967 [2.22] oder der neueren IAPWS-IF97-Formulation berechnet [2.27]. Auf diesen Gleichungen basieren auch die üblichen Wasserdampftafeln. Da für die Berechnungen meist Druck und Temperatur vorgegeben werden müssen, werden beide Werte bei der Nachrechnung des Kreislaufs stets mit berechnet. Für die Berechnung der Stoffeigenschaften von Rauchgasen sind eigene Programmmodule erforderlich. Wird zusätzlich, z.B. bei der Verbrennung, die Nachrechnung von chemischen Reaktionen notwendig, müssen neben Energie- und Massenbilanzen noch Stoffbilanzen berechnet werden. Praktische Problemstellung bei der Kreislaufrechnung Bei der Parametrierung besteht das Problem, hinreichend viele Parameter durch Konstanten oder mit Modellgleichungen festzulegen, ohne redundante, sich widersprechende Angaben vorzugeben. Dieser Schritt stellt bei Programmen mit simultaner Berechnung das größte Problem dar, da die Algorithmen für die Lösung des Gleichungssystems zwar Unterbestimmtheit oder Redundanzen erkennen, jedoch keine Hinweise auf die physikalisch sinnvolle oder zweckmäßige Parametrierungen geben können. Der Vorteil von sequentiellen Lösungsverfahren besteht darin, dass eine Lösung in der Regel auch bei überbestimmten

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

89

Datensätzen zustande kommt. Vom Anwender ist aber dann genau zu prüfen, welche der sich unter Umständen widersprechenden Angaben während der Iteration geändert wurden. Die Ausarbeitung eines in sich konsistenten Datensatzes für parallele Lösungsalgorithmen erfordert vom Anwender eine genaue Beachtung physikalischer Abhängigkeiten im Kreislauf. Sie trägt dadurch aber wesentlich zum genaueren Verständnis dieser Zusammenhänge bei.

2.2.3.4

Optimierung von thermischen Prozessen

Für die Optimierung von Kreisprozessen müssen zwei Arten der Optimierung unterschieden werden, die Parameteroptimierung und die Strukturoptimierung. Bei der Parameteroptimierung wird die Wirkungsgradverbesserung durch Änderung der Prozesstemperaturen, beispielsweise durch die Anhebung der Frischdampftemperatur oder durch die Änderung der Druckniveaus der Speisewasservorwärmer angestrebt. Diese Art der Optimierung kann mit vielen kommerziell verfügbaren Kreislaufrechenprogrammen bereits automatisiert durchgeführt werden. Aufwändiger ist dagegen die Strukturoptimierung. Hier soll der Wirkungsgrad durch eine Änderung der Kraftwerksschaltung, beispielsweise durch Hinzufügen einzelner Komponenten optimiert werden. Auch die Verschaltung der Komponenten untereinander beeinflusst den Wirkungsgrad eines Systems und wird bei der Strukturoptimierung variiert. Derzeit wird die Strukturoptimierung von kommerziellen Kreislaufrechenprogrammen nicht angeboten. Die Strukturoptimierung ist daher bislang Aufgabe des Entwicklers. Ein universelles Hilfsmittel ist hier die exergetische Analyse des Prozesses. Exergieanalysen liefern Hinweise darauf, an welchen Stellen im Kreislauf die höchsten Verluste an Arbeitsfähigkeit auftreten. Sie bieten damit die Möglichkeit, die Struktur gezielt zu verändern und so den Wirkungsgrad eines Energiesystems zu verbessern.

2.2.4

Thermodynamische Bewertung der Energiewandlung

2.2.4.1

Exergetische Bewertung thermischer Prozesse

Für die thermodynamische Bewertung einer Energiewandlungskette reicht die Verwendung von energetischen Wirkungsgraden oft nicht aus, da die energetischen Wirkungsgrade die unterschiedliche Wertigkeit von Arbeit und Wärme nicht berücksichtigen. Um diese unterschiedliche Wertigkeit zu quantifizieren, wurde in der Thermodynamik der Begriff der Exergie, der Arbeitsfähigkeit eines Fluids, eingeführt (siehe Kap. 2.1.3.1). Neben der Berechnung energetischer Wirkungsgrade ist die Exergieanalyse eine weitere, wichtige Möglichkeit zur Bewertung der Energiewandlung. So können die Exergieverluste in einer Schaltung anhand der Irreversibilitätsrate (Kap. 2.1.3.2) für die einzelnen Komponenten bestimmt werden und zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Diese Form der exergetischen Analyse ist besonders vorteilhaft, wenn komplexe Kraftwerksschaltungen optimiert werden. Die Exergieanalyse gibt Hinweise, an welchen Stellen der Kraftwerksschaltung mit einer Strukturoptimierung, zum Beispiel durch das Einfügen zusätzlicher Speisewasser-Vorwärmer, die Exergieverluste besonders effektiv gemindert werden können.

90 . 5.508 1.033

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung 54.584 25

96,55 60

2506.1 1856.8

110.1 1.033

3422.2 500

96,55 60

3422.2 500

el. Wirkungsgrad 36,0 %  35,8 % 110,1 1.033

el. Leistung 100 MW  99,6 MW

1947.1 1482,7

60.00 bar 96,55 60.6 110,1 1.013 96,55 62.1

941,45 219,29

335.04 291.59

20.00 bar

8.00 bar

92,74 8

96,55 3137,6 20 349,56

2940,9 245,63

G

2.30 bar 83,75 2.3

2725,3 130,63

818,72 192

72,38 0.04

Anzapfmassenstrom 3,81 kg/s 8,78 kg/s 110,1 1.013

3,811 3137,6 20 349,56

227,46 200

221.31 °C

96,55 62.1

8,986 8

729,08 171,6 83,75 8

Druck im SWB 8 bar  4 bar

2224,3 28.983

476,14 113,39

96,55 8

720,95 170,42

2940,9 245,63

Anzapfmassenstrom 8,99 kg/s 3,82 kg/s

72,38 0.04

121.37 28.973

Kondensatmassenstrom 72,38 kg/s 72,56 kg/s 11.38 2.3

525,66 124,69

mass[kg/ s] p[bar]

h[kJ/kg] t[°C]

Abb. 2.19: Änderungen in einem einfachen Dampfkraftwerk bei geändertem Druckniveau im Speisewasserbehälter

In Abb. 2.20 sind die nach Gl. (II-8) berechneten Irreversibilitätsraten in einem einfachen Dampfkraftwerk (siehe Abb. 2.21) angegeben. Wie erwartet, treten die größten Exergieverluste unmittelbar im Dampferzeuger durch die Verbrennung und die Wärmeübertragung auf den Wasser-Dampf-Kreislauf auf. Daneben tragen vor allem die inneren Verluste der Dampfturbine und die Irreversibilitätsraten bei der Wärmeübertragung in den Vorwärmern zu den Exergieverlusten bei. In Abb. 2.20 sind die Exergieverluste für zwei Fälle dargestellt. Im ersten Fall liegt der Druck im Speisewasserbehälter wie im Beispiel bei 8 bar, im zweiten Beispiel wird der Druck auf 4 bar reduziert. Zwar reduzieren sich mit dem Druck auch die Exergieverluste im Speisewasserbehälter, gleichzeitig steigen allerdings die Exergieverluste im Hochdruckvorwärmer, in der Dampfturbine und im Kondensator an und der Wirkungsgrad sinkt von 36,0 auf 35,8%. Die Erhöhung der Exergieverluste im Hochdruck-Vorwärmer errechnet sich daraus, dass ein höherer Anzapfmassenstrom kondensiert wird und sich zudem die Temperaturdifferenzen im Wärmeübertrager erhöhen (siehe Kap. 2.2.4.2).

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

91

Exergieverluste im Dampferzeuger

Abgasverluste Überhitzer Verdampfer Economiser Verbrennung

43 369 kW 78 718 kW

Druck im Speisewasserbehälter 4 bar

Speisewasserbehälter Niederdruck-Vorwärmer Kondensator Speisewasserpumpe

Druck im Speisewasserbehälter 8 bar

Kondensatpumpe

0

5000

10000

Exergieverluste im Kreisprozess

Dampfturbine Hochdruck-Vorwärmer

15000

20000

Exergieverluste in kW Abb. 2.20: Exergieverluste in einem einfachen Dampfkraftwerk mit unterschiedlichen Druckniveaus im Speisewasser-Vorwärmer

Die zusätzlichen Exergieverluste in Dampfturbine und Kondensator werden durch einen erhöhten Massenstrom im Niederdruckteil der Turbine und im Kondensator verursacht. Durch die höhere Enthalpie des Anzapfdampfes bei der Variante mit einem Speisewasserdruck von 8 bar genügt für das Erreichen einer Speisewasserendtemperatur von 192 °C in der Summe ein geringer Anzapfmassenstrom. Dadurch steigen Massenstrom und Exergieverluste in Niederdruckturbine und Kondensator. Problematisch ist allerdings die isolierte Betrachtung des exergetischen Wirkungsgrades von Kreisprozessen [2.5]. Dabei wird oft vernachlässigt, dass der Kreisprozess nur ein Teil einer Energiewandlungskette darstellt. Wird nicht gleichzeitig die vorgeschaltete Verbrennung und die Übertragung der Rauchgaswärme auf den Kreisprozess in die Betrachtung einbezogen, kann die Bewertung zu irrelevanten Ergebnissen führen. Erhöht man beispielsweise, wie in Abb. 2.21 dargestellt, das Druckniveau des Hochdruck-Speisewasservorwärmers von 20 auf 40 bar, stellen sich im WasserDampf-Kreislauf tatsächlich geringere Exergieverluste ein. Durch die Erhöhung des Anzapfdruckes steigt zudem die Speisewasserendtemperatur bei gleicher Auslegung des Hochdruckvorwärmers von 192 °C auf 213 °C an. Aufgrund der erhöhten Speisewasservorwärmung könnte man daraus eine Erhöhung des elektrischen Wirkungsgrades ableiten. Tatsächlich aber zeigt die Rechnung, dass sich bei gleicher Feuerungswärmeleistung die elektrische Leistung und damit der Wirkungsgrad durch die Anhebung des Anzapfdruckes reduziert.

92

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung 5.623 1.033

54.584 25

112.4 1.033

101.2 60

2506.1 1856.8

3422.2 500

101.2 60

3422.2 500

Dampfmassenstrom 96.6  99,2 kg/s 112.4 1.033 2024 60.5

el. Leistung 100 MW  98 MW

1932 1472.5

1216.5 276.09

60.00 bar 101.2 60.6 112.4 1.013

1006.3 233.28

335.04 291.59

40.00 bar

101.2 3309.1 Anzapfdruck: 40 440.32 20 bar  40 bar

6.00 bar

90.65 6

2891.3 219.01

G

2.30 bar 84.96 2.3

2728.7 132.26

Speisewasser-Temp. 192 °C 213 °C

213.32 °C

10.56 40 112.4 1.013

252.27 221.31

221.31 °C

Abgas-Temperatur 200 °C 222 °C

101.2 62.1

678.74 159.99 10.56 40

1050.9 242.77

73.48 0.04

2227 28.983

73.48 0.04

121.37 28.973

3309.1 440.32 10.56 40

1050.9 242.77

84.96 6

474.47 113.03

5.688 6

2891.3 219.01

73.48 6 101.2 6

670.42 158.84

11.48 2.3

523.68 124.69

mass[kg/ s] p[bar]

122.16 29.031

h[kJ/kg] t[°C]

Abb. 2.21: Änderungen in einem einfachen Dampfkraftwerk bei geändertem Druckniveau des Hochdruck-Vorwärmers

Die Exergieanalyse liefert hierfür nur dann die Erklärung, wenn nicht nur der WasserDampf-Kreislauf, sondern auch der Rauchgaspfad bilanziert wird. Obwohl die Wärmeübertragung im Dampferzeuger bei gleicher Dimensionierung tatsächlich mit geringeren Exergieverlusten realisiert werden kann, steigt die Abgastemperatur und damit der Abgasverlust aufgrund der höheren Speisewassertemperatur an und führt insgesamt zu erhöhten Exergieverlusten. Aus demselben Grund wird oft auch der Stirling-Prozess thermodynamisch überbewertet. Da der Stirling-Prozess dem Carnot-Prozess sehr nahe kommt und theoretisch den Carnot-Wirkungsgrad erreicht, führt eine isolierte Betrachtung des Stirlingprozesses zu sehr hohen exergetischen Wirkungsgraden. Dabei wird allerdings vernachlässigt, dass die isotherme Wärmezufuhr sehr ungünstig für eine exergetisch vorteilhafte Nutzung der Rauchgaswärme ist (siehe Kap. 4.1.2.1). Während die Exergieanalyse sich für die Lokalisierung von Exergieverlusten bei der Optimierung komplexer Prozesse bewährt hat, ist die Verwendung des exergetischen Wirkungsgrades für die Bewertung des Gesamtprozesses nicht üblich. Auch wenn verschiedene Energieformen, wie Arbeit, Wärme oder Kälte zueinander gewichtet werden sollen, bleibt die exergetische Analyse oft abstrakt und wird in der praktischen Anwendung selten eingesetzt.

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

93

Auch für die Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung wird oft die Exergie herangezogen, um die unterschiedliche Wertigkeit von Strom und Wärme zueinander ins Verhältnis zu setzen [2.21]. Zwar ermöglicht die Exergiebetrachtung auch eine differenzierte und thermodynamische exakte Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung, der Begriff der Exergie bleibt aber abstrakt und findet deshalb nur für theoretische Studien Anwendung. Stattdessen hat sich zur Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung in der praktischen Anwendung die Stromkennzahl durchgesetzt (siehe Kap. 3.3.1.1).

2.2.4.2

Bewertung thermischer Prozesse mit dem Q,t-Diagramm

Wärmeströme im Q,t-Diagramm Anschaulicher als die exergetische Analyse einer Prozesskette ist die Betrachtung der Energiewandlungskette im Q,t-Diagramm. Q,t- Diagramme sind vor allem für die Darstellung von Wärmeübertragern üblich. Wie in Abb. 2.22 am Beispiel eines Dampferzeugers dargestellt, kann aus dem Q,t-Diagramm unmittelbar abgelesen werden, welche Wärmeströme im Dampferzeuger bei welchen Temperaturniveaus übertragen werden können. 2000 Überhitzer

Verdampfer

70 %

Economizer

Temperatur in °C

1600 Rauchgastemperatur

1400

65 %

1200 1000 800 600

60 %

Wasser- und Dampftemperatur

55 % 50 %

tFD

400

tAbgas

200 0

0%

tSW 20%

40%

60%

80%

40 % 30 % 20 % 10 %

Exergie des Rauchgases in %

1800

100%

übertragene Wärme Q Kesselwirkungsgrad ηK Abgasverluste

Abb. 2.22: Q,t-Diagramm für einen Dampferzeuger

Auch die in einem Kreisprozess ablaufenden Zustandsänderungen können im Q,t-Diagramm dargestellt werden. Werden im Q,t-Diagramm zusätzlich die Zustandsänderungen in einem nachgeschalteten Kreisprozess eingetragen, kann wieder unmittelbar abgelesen werden, welche Wärmeströme des Rauchgases auf welchem Temperaturniveau genutzt werden.

94

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung

Darüber hinaus kann unmittelbar abgelesen werden, welche Energie vom Kreisprozess an die Umgebung abgeführt wird und welcher Anteil der Rauchgaswärme letztlich als mechanische Arbeit genutzt werden kann. Auch bei der Darstellung von Kreisprozessen ist es zweckmäßig, die Temperatur der Arbeitsfluide über die gesamte, bei einer Verbrennung freigesetzte Brennstoffwärme aufzutragen (Abb. 2.22). Im Q,t-Diagramm des Carnot-Prozesses (Abb. 2.23) wird besonders deutlich, dass nie die gesamte Rauchgaswärme auf einen nachgeschalteten Kreisprozess übertragen werden kann. Da die Rauchgastemperatur bei der Übertragung von Wärme immer oberhalb der maximalen Prozesstemperatur des Arbeitsfluids des Carnot-Prozesses liegen muss, können im dargestellten Beispiel nur 50% der tatsächlich zur Verfügung stehenden Rauchgaswärme auf den Carnot-Prozess übertragen werden.

qzu

T,s-Diagramm eines Carnot-Prozesses mit ηth = 66 % T1

Temperatur in °C

Temperatur in °C

Da im Carnot-Prozess selbst Wärme abgeführt werden muss, kann zudem nur ein Teil der übertragenen Wärme in Arbeit umgewandelt werden. Im Beispiel werden also auch bei idealen Prozessbedingungen trotz des hohen Wirkungsgrades des Carnot-Prozesses nur 33% der Rauchgaswärme tatsächlich in Arbeit umgewandelt.

Ra uc hg as tem pe rat ur

isotherme Wärmezufuhr isentrope Expansion

∆wt

T0 qab

unteres Temperaturniveau ηK = 50 % des Carnot-Prozesses

Entropie s

0%

20%

oberes Temperaturniveau des Carnot-Prozesses

isentrope Kompression isotherme Wärmeabfuhr

40% 60% Brennstoffwärme Q

80%

100%

maximaler Wärmenutzungsgrad ("Kesselwirkungsgrad") maximaler thermischer Wirkungsgrad

Rauchgasverluste

ηth = 33 % Abwärmeverluste des Carnot-Prozesses

Abb. 2.23: Q,t-Diagramm für einen Carnot-Prozess mit vorgeschalteter Verbrennung

2.2 Die thermodynamische Berechnung thermischer Prozesse

95

Bei der isentropen Expansion reduziert sich durch die geleistete Arbeit die Enthalpie des Arbeitsfluids und dadurch auch dessen Temperatur und Exergie. Bei der isothermen Expansion wird die zugeführte Wärme ohne Temperaturänderung in mechanische Arbeit umgewandelt. Ein Teil der bei der Expansion geleisteten Arbeit wird prozessintern für die isentrope und isotherme Kompression genutzt. Dadurch erhöht sich wieder die Temperatur des Arbeitsfluids. Für die Gesamtbilanz ist schließlich neben den Rauchgasverlusten die an die Umgebung abgeführte Abwärme des Kreisprozesses ausschlaggebend. Das Q,tDiagramm eignet sich also nicht nur zur Darstellung eines Wärmeübertragers, sondern auch zur anschaulichen Darstellung der Effizienz einer Energiewandlungskette. Dabei können auch wirkungsgradsteigernde Maßnahmen, wie die prozessinterne Rückführung von Wärme und die Kraft-Wärme-Kopplung, veranschaulicht werden (Kap. 4.1). Die Exergiebilanz im Q,t-Diagramm Die Darstellung im Q,t-Diagramm ist nicht nur deshalb vorteilhaft, weil erkannt werden kann, welche Anteile der Brennstoffwärme tatsächlich in nachgeschalteten Prozessschritten genutzt werden, es liefert auch gleichzeitig indirekt eine Aussage über die exergetische Effizienz einer Prozesskette. Die Temperatur des Rauchgases ist ein Maß für die im Prozess zur Verfügung stehenden Arbeitsfähigkeit (siehe Abb. 2.22). Zu Beginn der Wärmeübertragung steht noch ein großer Teil der Arbeitsfähigkeit des Brennstoffes zur Verfügung. Die Exergieverluste bei der Verbrennung betragen etwa 30% und sind prinzipiell nicht vermeidbar (siehe Kap. 2.1.3.4). Mit abnehmender Rauchgastemperatur mindert sich die zur Verfügung stehende Exergie des Rauchgases. Wird die Rauchgaswärme, wie beim Dampfkraft-Prozess, dann noch auf ein anderes Arbeitsfluid übertragen, steht eine noch geringere Arbeitsfähigkeit zur Verfügung. Die Exergieverluste im Wärmeübertrager können unmittelbar aus dem Q,t-Diagramm abgelesen werden. Exergieverluste bei der Wärmeübertragung

m 1,aus s1,aus

Die Gouy-Stodola-Gleichung Gl. II-8

 I = Tu ⋅  



m ein ⋅ s ein −



m aus ⋅ s aus +



Q zu   T  m 2 ,aus s2 ,aus 

vereinfacht sich für einfache Wärmeübertrager zu I = Tu ⋅ [m 1 ⋅ ∆s 1 + m 2 ⋅ ∆s 2

m2 ,ein s2 ,ein

m1 ,ein s1 ,ein

]

Die Irreversibilitätsrate bei der Wärmeübertragung errechnet sich also unmittelbar aus der Entropieänderung der Wärmeströme ∆s1 = mit

dq

∫T

1

und ∆s 2 =

dq

∫T

2

96

2 Thermodynamische Grundlagen der Energiewandlung s1,2 Tu

Entropie der Stoffströme in [kJ/kg] Umgebungstemperatur in [°C]

m 1, 2

zu- und abgeführte Massenströme in [kg/s]

T1,2 dq

mittlere Temperatur der Wärmezufuhr in [°C] zu- und abgeführte Wärme in [kJ/kg] zu- und abgeführte Wärmeströme in [kW] Umgebungstemperatur in [°C]

Q zu

Tu

In einem Q,1/T -Diagramm können die Entropieänderungen der Massenströme unmittelbar aus den in Abb. 2.24 dargestellten Flächen abgelesen werden. Entsprechend sind auch im Q,t-Diagramm die Flächen zwischen den Fluidtemperaturen ein Maß für die Entropieänderung und damit für die Exergieverluste bei der Wärmeübertragung. Das Q,t-Diagramm ist also gleichzeitig eine indirekte und anschauliche Darstellung der Exergieänderung bei der Energiewandlung und eignet sich deshalb auch zur thermodynamischen Bewertung kompletter Energiesysteme. Temperatur des warmen Fluids

1/Tu 2

∆s2

∆s1

dq

Temperatur t in °C

1/T in K -1

Entropieänderung des kalten Fluids

1 q

q

2 1

Temperatur des kalten Fluids

Tu

Entropieänderung des warmen Fluids dq

q in kJ/kg Abb. 2.24: Q,t-Diagramm und Q,1/T-Diagramm bei der Wärmeübertragung

q in kJ/kg

3

Energiesysteme für die Stromund Wärmeerzeugung

Die Stromerzeugung erfolgt heute überwiegend in Wärmekraftwerken. Zwar werden neben diesen Wärmekraftwerken auch eine Vielzahl von Wasserkraftwerken, Windkraft- und Photovoltaikanlagen betrieben, die Stromerzeugung aus Wasserkraft spielt allerdings nur in wenigen, wasserreichen und bergigen Regionen, wie beispielsweise Österreich, der Schweiz oder auch in Skandinavien und Kanada, eine wesentliche Rolle. Windkraftanlagen und Photovoltaik tragen an wind- und sonnenreichen Tagen bereits erheblich zur Stromerzeugung in Mitteleuropa bei. Da die Einspeisung diskontinuierlich erfolgt, liegt ihr Beitrag allerdings übers Jahr gemittelt noch unter 10% (vgl. Tab. 3.5). Die in Wärmekraftwerken eingesetzten Technologien bilden auf absehbare Zeit auch die Grundlage für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme. Neben der Nutzung von Wasser, Wind und Sonne wird stets auch die Nutzung der in Brennstoffen gebundenen Energie unverzichtbar bleiben. Ein Ziel für die Entwicklung zukunftsfähiger, dezentraler Energiesysteme muss es daher sein, 1.

die thermodynamische Effizienz der Energieumwandlung zu optimieren

2.

verstärkt erneuerbare, CO2-neutrale Brennstoffe einzusetzen.

und Da für beide Ziele die Kenntnis thermodynamischer und technischer Zusammenhänge unerlässlich ist, sollen im Folgenden die Grundlagen der bereits verfügbaren Technologien für die Strom- und Wärmeerzeugung und deren Bedeutung für die Einführung dezentraler Systeme dargestellt werden.

3.1

Wärmeerzeugung

Die Bereitstellung von Wärme für Raumheizung und Erzeugung von Prozesswärme ist in den gemäßigten Breiten neben dem Verkehr die wichtigste Ursache für die Emission von CO2. Der Bedarf an Warmwasser, Prozess- und Raumwärme betrug 2009 in der Bundesrepublik Deutschland mit 55,8 % mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauches. Dies entspricht 36,7 % des Primärenergieverbrauches der BRD. Damit trägt die Erzeugung von Nutzwärme bei Berücksichtigung der mit Strom erzeugten Wärme mit ca. 40% am stärksten zur Emission des Treibhausgases CO2 bei (Tab. 3.1). Die Bereitstellung von Wärme erfolgt derzeit überwiegend durch die direkte Verbrennung von Heizöl und Erdgas und zu geringeren Anteilen über die Kraft-Wärme-Kopplung und die direkte Nutzung von Strom.

98

Tab. 3.1:

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Anteil der Energieträger für die Bereitstellung von Nutzwärme in der BRD für das Jahr 2008 [1.7]

Energieträger

Endenergiebedarf

Anteil am Endenergiebedarf für Raumheizung und Prozesswärme

Anteil am Primärenergie-bedarf der BRD

Anteil an den CO2 -Emissionen der BRD1)

PJ

in % 8,7 % 20,6 % 44,3 % 9,4 % 8,9 % 6,7 %

in % 3,1 % 9,6 % 15,8 % (3,3 %) 3,2 % 2,4 %

4,8 % 9,0 % 14,6 % (9,3 %) 3,7 % 0,0 %

1,3 %

0,5 %

0,0 %

100,0 %

33,4 % 2)

28,4 % 2)

Kohle Heizöl Erdgas Strom Fernwärme Erneuerbare - davon Biomasse Sonstige

441 1045 2245 475 451 340 (335) 64,5

Summe

5065

1) 2)

in %

CO2-Emissionsfaktoren nach [3.98] und [3.26] ohne Nutzwärmeerzeugung aus Strom

Der größte Anteil der erzeugten Nutzwärme wird also mit fossilen Energieträgern bereitgestellt. In den letzten Jahren entstanden zunächst vor allem in Österreich und schließlich auch in Bayern zahlreiche Nahwärmenetze mit Holzfeuerung. Neben einer aktiven Förderpolitik begünstigte in Österreich vor allem die dort angesiedelte holzverarbeitende Industrie und das entsprechend hohe Restholzaufkommen die Entstehung dieser Heiznetze. Mit dem regenerativen Energieträger Biomasse wurden 2009 335 PJ Nutzwärme erzeugt. Dies entspricht ca. 6,6 % der in der BRD erzeugten Nutzwärme. Neben Österreich sind vor allem die skandinavischen Länder (Schweden, Finnland) führend bei der energetischen Nutzung von Holz. Daneben verzeichnet auch die solarthermische Erzeugung von Nutzwärme hohe Zuwachsraten. Ihr wird ein technisches Potential von 150 – 770 PJ, das sind 3-14% des gesamten Raumwärmebedarfs, zugesprochen [3.49]. Derzeit werden allerdings nur ca. 15 PJ Raumwärme solarthermisch erzeugt. Die Solarthermie trägt damit mit 0,3 % nur unwesentlich zur Deckung des Nutzwärmebedarfs der Bundesrepublik Deutschland bei [1.7].

3.1 Wärmeerzeugung

99

3.1.1

Konzepte zur Wärmeversorgung

3.1.1.1

Kleinfeuerungsanlagen

Die am weitesten verbreitete Methode zur Erzeugung von Nutzwärme sind Hausfeuerungen, mit denen dezentral Heiz- und Brauchwasser erzeugt wird. Die Wärme wird in der Regel über ein Warmwasser-Verteilnetz und Konvektionsheizkörper im Haushalt verteilt. Abgas (ca. 70 - 200 °C)

Vorlauf (ca. 40 - 90°C)

Rücklauf (ca. 30 - 60 °C) Kesselanlage Abb. 3.1:

Hausheizung mit Kleinfeuerungsanlage

Wichtigstes Merkmal der hier genutzten Kleinfeuerungsanlagen ist der hohe Automatisierungsgrad. Die in großen Stückzahlen produzierten Anlagen werden vollautomatisch entsprechend den Umgebungsbedingungen und dem Wärmebedarf geregelt. Eine besondere Herausforderung für Kleinfeuerungsanlagen für Festbrennstoffe ist die automatische Beschickung. Während für Öl- oder gasgefeuerte Heizanlagen einfache Ölpumpen oder Durchflussregler eingesetzt werden, sind beispielsweise für die Beschickung von Hackschnitzel- oder Scheitholzfeuerungen aufwändige Fördereinrichtungen notwendig. Auch der Ascheanteil soll nach Möglichkeit kontinuierlich aus der Feuerung ausgetragen werden, um einen mit Öl- und Gasfeuerungen vergleichbaren Komfort zu bieten. Aus diesem Grund wurden in den letzten Jahren Pelletfeuerungen entwickelt. Holzpellets sind kleine Presslinge aus Sägerestholz, die aufgrund ihrer Herstellung eine hohe Homogenität, geringe Feuchte und einen geringen Ascheanteil aufweisen. Sie eignen sich daher ideal für die automatisierte Beschickung von Kleinfeuerungsanlagen. Pelletfeuerungen sind dennoch aufwändiger und teurer als vergleichbare Öl- und Gasfeuerungen und erfordern daher kostengünstige Produktionsverfahren und effektive Vertriebsstrukturen für die Pellets, damit sie preisgünstiger als Öl und Gas angeboten werden können.

100

3.1.1.2

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Nahwärmeversorgung mit Heizwerken

Die Nahwärmeversorgung mit kleineren Heizwerken wird traditionell für die Versorgung von Standorten mit hoher Abnehmerdichte eingesetzt. Industriebetriebe mit hohem Prozesswärmebedarf erzeugen Wärme zentral in eigenen Heizzentralen und verteilen die Wärme über ein Warmwasser- oder Dampfnetz an die Endabnehmer. Die Verteilung erfolgt oft auf unterschiedlichen Temperaturniveaus. Die Wärme wird in der Regel mit Großwasserraumkesseln (Abb. 3.6) kostengünstig aus Öl oder Gas produziert. Besonders gefördert wird der Ausbau von Nahwärmenetzen in kleineren Gemeinden und Städten. Während der Bau von kleineren Heizwerken für Wohngebiete aufgrund der geringen Anschlussdichte für den Betrieb mit Öl oder Erdgas keine Vorteile bringt, wird der Bau solcher Heizwerke für die Nutzung von Biomasse öffentlich gefördert und damit stark forciert. Vor allem in Bayern begünstigte die aktive Förderpolitik des Landwirtschaftsministeriums die Entstehung zahlreicher biomassegefeuerter Heizwerke mit Nahwärmeversorgung. Motivation für die Förderung war neben den ökologischen Vorteilen vor allem das Interesse von Waldbauern-Vereinigungen, den Absatzmarkt für Bruch- und Schwachholz zu verbessern. Auch in den neuen Bundesländern erfährt die energetische Nutzung von Biomasse für die Nahwärmeversorgung einen Boom. Hier werden zunehmend Biomassefeuerungen nachgerüstet, um z.B. veraltete Braunkohlefeuerungen zu ersetzen. Motivation war hier allerdings meist die Erwartung der beteiligten Investorengruppen, durch Abschreibungsmodelle und durch die Zufeuerung auch belasteter Reststoffe wie Altholz, Klärschlamm und Lebensmittelresten, Gewinne zu erzielen. Das Wärme-Verteilnetz wird überwiegend mit Kunststoff-Mantelrohren ausgeführt [3.106]. Um eine Systemtrennung zwischen Heiznetz und den einzelnen Verbrauchern zu gewährleisten, werden bei den einzelnen Wärmeabnehmern Übergabestationen eingerichtet. Diese Übergabestationen tragen insbesondere dazu bei, dass sich Störungen im Bereich eines Kunden nicht auf das gesamte Netz auswirken. Wichtig ist beim Betrieb eines Heiznetzes, dass die Wärmeabnehmer auch bei geringer Wärmeabnahme eine hohe „Spreizung“, also eine deutliche Minderung der Rücklauftemperatur gegenüber der Vorlauftemperatur sicherstellen. Die übertragene Wärmemenge ist, neben dem Durchfluss, auch von dieser Spreizung, also von der Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf abhängig. Wird die in der Auslegung angenommene Spreizung nicht eingehalten, muss mehr Warmwasser durch das Netz gepumpt werden. In der Folge steigen die für die Netzpumpen benötigte Energie und auch die Wärmeverluste im Netz. Zudem beeinträchtigen zu hohe Rücklauftemperaturen den Wirkungsgrad der Feuerung (s.u.). Herkömmliche Hausheizungssysteme mit Thermostatventilen können die erforderliche Minderung der Rücklauftemperatur nicht sicherstellen. In der Hausverteilung wird bei vermindertem Wärmebedarf üblicherweise nicht die Durchflussmenge des Heizwassers reduziert, sondern durch die Thermostatventile einfach nur eine Durchströmung der Heizkörper vermieden. Dadurch wird in der Hausverteilung ständig unverändert warmes Heizwasser im Kreis gepumpt und es steht kein Heizwasser mit geringerem Temperaturniveau an der Wärmeübergabestation zur Verfügung, mit dem die Rücklauftemperatur des gesamten Heiznetzes gemindert werden könnte.

3.1 Wärmeerzeugung

101

Heizwerk

Rücklauf (ca. 60 - 90 °C)

Vorlauf (ca. 90- 130°C)

Wärmeübergabestation

Abb. 3.2:

3.1.1.3

Schema einer Nahwärmeversorgung mit Biomasse-Heizwerk

Fernwärmeversorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung

Heiznetze zur großflächigen Fernwärmeversorgung sind vor allem in den neuen Bundesländern, aber auch in westdeutschen Großstädten weit verbreitet. Hier wird Heizwärme meist durch Kraft-Wärme-Kopplung mit größeren Heizkraftwerken erzeugt und in große Warmwasser- oder Dampfnetze eingespeist. In Großstädten, wie beispielsweise München, entstanden so große Wärmeverbundnetze, die sich durch ihre Größe und durch die Einspeisung an mehreren, über das Versorgungsgebiet verteilten Kraftwerksstandorten und Heizwerken auszeichnen. Betreiber dieser Fernwärmenetze sind meist kommunale Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVUs) und Stadtwerke (Abb. 3.3). Ein wesentlicher Vorteil der großer Fernwärmenetze in städtischen Ballungsräumen gegenüber kleineren Nahwärmenetzen in ländlichen Gegenden sind die weitaus geringeren Netzverluste. Nahwärmenetze in ländlichen Gegenden erreichen aufgrund der geringeren Besiedelungsdichte und der geringeren Anschlussleistungen nur geringe Wärmebelegungen. Üblich sind Netzverluste zwischen 20 und 25%. In städtischen Ballungsräumen sind dagegen Netzverluste von 5 – 10 % realistisch [3.22]. In großen Fernwärmenetzen waren in früheren Jahren vor allem Dampfnetze üblich. So existieren bis heute im weltweit ältesten Fernwärmenetz in New York Dampfversorgungsleitungen ohne Rücklauf. Das Kondensat und die im Kondensat enthaltene Restwärme gehen verloren. Neuere Netze werden in der Regel als Heißwassernetze ausgeführt, da mit Dampfnetzen erheblich höhere Dampf- und Wärmeverluste in den Rohrleitungen und den Übergabestationen anfallen. Moderne Dampfnetze werden vor allem für die Versorgung einzelner industrieller Verbraucher eingesetzt, wenn große Wärmeleistungen auf hohem Temperaturniveau bereitgestellt werden sollen.

102

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Heißwassernetze Nord und Freimann (140 °C)

Heizkraftwerk Nord

Inselnetz Freiham Heißwassernetz Sendling (140 °C)

Inselnetz Riem Heizkraftwerk Süd Heißwassernetz Perlach (140 °C)

Abb. 3.3:

3.1.2

Fernwärmenetze der Stadtwerke München ([3.104], [3.47], [3.3])

Wärmeerzeuger

Die Nutzwärme wird in der Regel mit einem Wärmeerzeuger aus dem Rauchgas einer Feuerung gewonnen. Im einfachsten Fall werden Kaminöfen und Kachelöfen mit Holzpellets und Scheitholz betrieben, die Ihre Strahlungswärme direkt an die zu beheizenden Räume abgeben. Diese Öfen ergänzen üblicherweise ein wasserführendes Heizungssystem. Wasserführende Wärmeerzeuger werden mit Wärmepumpen, solarthermischen Anlagen und vor allem mit Rauchgasen aus Feuerungen betrieben. Die Übertragung der Nutzwärme aus der fühlbaren Wärme der Rauchgase einer Feuerung auf das Wärmeverteilnetz erfolgt in einer Kesselanlage. Im einfachsten Fall einer Kleinfeuerungsanlage sind dies wassergekühlte Brennkammern oder Rauchrohrkessel. Bei einfachen öl- und gasgefeuerten Kesselanlagen reicht aufgrund der hohen Verbrennungstemperaturen eine Kühlung des Feuerraumes um dem Rauchgas genügend Wärme zu entziehen. Bei Pelletfeuerungen werden die Rauchgase zusätzlich durch wassergekühlte Rauchrohre geleitet (Abb. 3.4). Kernproblem ist dabei die Verschmutzung der Rauchrohre durch mitgerissene Aschepartikel oder – bei schlechter Verbrennung - Rußpartikel und Teere. Üblich ist die automatisierte Abreinigung, beispielsweise mit Federpaketen, mit denen die Rohrwände von Zeit zu Zeit gereinigt werden.

3.1 Wärmeerzeugung

103 Rauchrohre

Rauchgas

Abreinigung (Federn)

Vorlauf

Wassertasche

(zum Wärmeverteilnetz)

Rücklauf

(vom Wärmeverteilnetz)

Feuerung

Abb. 3.4: Aufbau des Rauchrohrkessels einer Pelletfeuerung

Auch bei größeren Feuerungsleistungen von mehreren hundert kW bis zu wenigen MW kommen mit Feststofffeuerungen Rauchrohrkessel zum Einsatz. In Kombination mit Unterschubfeuerungen oder Rostfeuerungen (siehe Kap. 0) werden sie für die Versorgung größerer Gebäude wie Schulen oder Nahwärmenetze eingesetzt.

Rauchgas

Rauchrohre Wendekammer

Wasserkessel Vorlauf

(zum Wärmeverteilnetz)

Rücklauf

Wassertaschen im Feueraum

(vom Wärmeverteilnetz)

Feuerung

Abb. 3.5: Aufbau des Rauchrohrkessels mit Hackschnitzelfeuerung

104

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Da beim Einsatz von Hackschnitzeln oder Rindenabfällen die Aschefrachten wesentlich höher sind, als beim Einsatz von Holz-Pellets, gestaltet sich die Abreinigung der Rauchrohre bei größeren Feuerungen erheblich aufwändiger. In der Regel werden die Rauchrohre vollautomatisch mit pneumatischen Rußbläsern oder mechanischen Abreinigungssystemen gereinigt. Bei öl- und gasgefeuerten Anlagen zur Versorgung größerer Objekte oder Nahwärmenetze werden Großwasserraumkessel eingesetzt. Aufgrund der höheren Verbrennungstemperaturen und der aschefreien Verbrennung können die Rauchrohre mit einem Flammrohr kombiniert werden. Großwasserraumkessel werden als Warmwassererzeuger und als Sattdampferzeuger mit Feuerungsleistungen von bis ca. 40 MW und für Drücke bis 30 bar angeboten. Sattdampf 1 - 25 bar

Druckbehälter Wendekammer

Rauchgas

Rauchrohre

Flammrohr

Wendekammer Speisewasser

Brenner Abb. 3.6:

Schema eines Großwasserraumkessels

Für große Feuerungsanlagen zur Erzeugung von Hochdruckdampf werden Wasserrohrkessel eingesetzt, um die hohen Drücke im Wasserdampf-Kreislauf beherrschen zu können. In den Rohren strömt dann nicht Rauchgas sondern das zu erwärmende Wasser oder ein WasserDampf-Gemisch. Im Bereich der Feuerung sind die Rohre zu Flossenwänden verschweißt, die als Strahlungsheizflächen den Feuerraum umschließen und kühlen. In den nachgeschalteten Rauchgaszügen kühlen Konvektionsheizflächen das Rauchgas weiter ab (Abb. 3.7). Mit so genannten Naturumlauf-Kesseln werden Strahlungsheizflächen im Feuerraum mit siedendem Wasser besonders effektiv gekühlt. Merkmal kleinerer Kesselanlagen, wie sie beispielsweise für Biomasse-Kraftwerke eingesetzt werden, ist die Trommel, die am höchsten Punkt des Kessels für eine Trennung des in den Verdampferrohren entstandenen Wasserdampfgemisches sorgt. Am Trommelboden wird gesättigtes Wasser aus der Trommel entnommen und in die Verdampferheizflächen eingespeist. Dabei wird im Naturumlauf der Dichteunterschied zwischen dem gesättigten Wasser in den Fallrohren des Verdampfers und dem Wasser-Dampf-Gemisch in den vertikalen Verdampferrohren der Flossenwände genutzt. Das Wasserdampf-Gemisch strömt zurück in die Trommel, in der sich Dampf und

3.1 Wärmeerzeugung

105

flüssiges Wasser trennen. Der in der Trommel abgetrennte Sattdampf wird schließlich im Überhitzer auf die gewünschte Frischdampftemperatur gebracht und in eine nachgeschaltete Dampfturbine geleitet oder als Sattdampf direkt in ein Heiznetz eingeleitet.

Frischdampf

Ist das Rauchgas hinreichend weit abgekühlt, wird die Rauchgaswärme in den nachgeschalteten Konvektionsheizflächen zur Überhitzung des Sattdampfes und Vorwärmung des Speisewassers genutzt.

Sattdampf

zur Turbine

Wasser / Dampf

Brennstoff

Wasser / Dampf

Wasser

Trommel

Economizer Speisewasser Tertärluft Rauchgas

Sekundärluft

Frischlüfter Flossenwand des Dampferzeugers

Asche

Primärluft

zum / vom Luftvorwärmer

Wasser

Wasser – Dampf – Gemisch

Überhitzer

Abb. 3.7:

Schema eines Naturumlauf-Wasserrohrkessels („Trommelkessel“) mit Rostfeuerung

Bei sehr großen Kesseln, beispielsweise in Kohlekraftwerken, kommen so genannte Zwangdurchlaufdampferzeuger zum Einsatz um Drücke bis 300 bar zu realisieren. Der Feuerraum ist dann wiederum mit Flossenwänden gekühlt. Allerdings wird das WasserDampf-Gemisch in den Strahlungsheizflächen des Zwangdurchlaufdampferzeugers vollständig verdampft, die Trennung von Siedewasser und Dampf in der Trommel kann daher entfallen.

106

3.1.3

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Feuerungskonzepte

Feuerungen für gasförmige oder flüssige Brennstoffe können konstruktiv sehr einfach ausgeführt werden. Für Haushaltsfeuerungen werden meist kleine Vormischbrenner eingesetzt, bei denen durch eine Luftstufung oder konstruktive Maßnahmen, wie Drall- oder Stauscheiben, eine homogene, schadstoffarme Flamme eingestellt wird. Feststofffeuerungen sind für dezentrale Energiesysteme besonders für die Verbrennung von Biomasse und Reststoffen von Bedeutung. Verbrennungssysteme für die Verbrennung von Biomasse entsprechen weitgehend den Systemen, die zur Verbrennung von Kohle entwickelt und umfassend erprobt sind. So werden für die Verbrennung von Biomasse, wie zur Verbrennung von Kohle, Rostfeuerungen, Staubfeuerungen und Wirbelschichtfeuerungen eingesetzt. Die speziellen Anforderungen bei der Verbrennung von Biomasse führten außerdem zur Entwicklung spezialisierter Feuerungssysteme wie Ganzballenfeuerungen oder Drehkegelrostfeuerungen. Besonders im unteren Leistungsbereich sind UnterschubFeuerungen weit verbreitet. Bei biogenen Brennstoffen sind jedoch einige wesentliche Unterschiede in den Brennstoffeigenschaften, wie zum Beispiel der hohe Gehalt an flüchtigen Bestandteilen oder die niedrigen Ascheerweichungstemperaturen zu berücksichtigen. Besondere Bedeutung kommt der Auswahl des Verbrennungssystems auch aus wirtschaftlichen Gründen zu. Je größer die Feuerungsleistung ist, umso wichtiger kann es sein, die Feuerung für ein breites Brennstoffband auszulegen, um z.B. auch saisonal anfallende Biomasse einsetzen zu können. Die Einschränkung auf einen Monobrennstoff, z.B. Holzhackschnitzel, erlaubt andererseits eine auf den speziellen Brennstoff zugeschnittene Feuerung zu verwenden, die deshalb auch preiswerter sein kann. Unterschubfeuerungen Unterschubfeuerungen werden vor allem für kleine, dezentrale Anwendungen im Leistungsbereich von einigen 100 kW eingesetzt. Voraussetzung ist ein niedriger Aschegehalt und eine hohe Homogenität des Brennstoffes. Eine Förderschnecke presst den Brennstoff von unten in die Feuerung und erzeugt so ein kleines Brennstoffbett (Abb. 3.8a). Allerdings ist ein kontinuierlicher Ascheaustrag konstruktiv nur schwer zu realisieren. Die hohe Homogenität des Brennstoffes ist notwendig, um einen möglichst problemlosen Brennstofftransport in der Förderschnecke zu gewährleisten. Eingesetzt werden Unterschubfeuerungen vor allem für Holzhackschnitzel und Sägespäne. Die Investitionskosten sind vergleichsweise gering. Rostfeuerungen Rostfeuerungen (Abb. 3.8b) sind die am weitesten verbreiteten Feuerungssysteme im Leistungsbereich zwischen 1 und 100 MWFWL. Rostfeuerungen sind besonders geeignet für die Verbrennung von homogenen Brennstoffen wie Holzhackschnitzel und Restholz. Große Probleme bereiten allerdings, aufgrund ihrer niedrigen Ascheschmelztemperaturen, halmgutartige Brennstoffe, wie Heu oder Stroh. Eine Überschreitung der Ascheschmelztemperatur führt zur Schlackebildung und kann besonders beim Abfahren des Rostes zum Verkleben einzelner Rostelemente führen. Aus diesem Grund werden wassergekühlte

3.1 Wärmeerzeugung

107

a) Unterschubfeuerung

b) Rostfeuerung

Rauchgas Brennstoff

Sekundärluft

Brennstoff

Rauchgas

Sekundärluft

Sekundärluft Primärluft Asche

Asche Primärluft

d) zirkulierende Wirbelschichtfeuerung

c) stationäre (blasenbildende) Wirbelschichtfeuerung

Rauchgas Riser Zyklon

Rauchgas

Brennstoff

Rauchgas und Bettmaterial

Sekundärluft

Downer

Sekundärluft Primärluft

Primärluft

f) Ganzballen-Feuerung

e) Staubfeuerung Rauchgas Primärluft

staubförmiger Brennstoff

Abb. 3.8:

Strohballen ("Zigarrenfeuerung")

Sekundärluft

Asche

Feuerungssysteme für Festbrennstoffe

Rostfeuerung

108

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Rostfeuerungen und Rostfeuerungen mit Rauchgasrezirkulation für die Verbrennung aschereicher Brennstoffe eingesetzt. Rostfeuerungen existieren in unterschiedlichsten Bauformen. Für kleine Leistungen werden Vorschub-, Treppen- und Rückschubroste eingesetzt. Besonders für größere Feuerungsleistungen sind Wanderroste und Walzenroste üblich. Gemeinsam ist den meisten Bauformen, dass durch die Bewegung der Rostelemente ein kontinuierliches „Schüren“ des Brennmaterials die Vermischung und Umwälzen des Brenngutes im Feuerraum und damit einen besseren Ausbrand bewirkt. Eine Sonderform ist der sogenannte Vibrationsrost, bei dem durch periodisches Vibrieren der geneigten Rostfläche eine Bewegung des Brenngutes erreicht wird. Wirbelschichtfeuerungen Wirbelschichtfeuerungen werden vor allem in großen Feuerungssystemen eingesetzt. In Wirbelschichtfeuerungen wird die Verbrennungsluft von unten in ein Sandbett geblasen. Die Sandpartikel werden durch den Luftstrom in Schwebe gehalten und es entsteht ein turbulent durchmischtes Wirbelschicht-Sandbett, das sich ähnlich wie eine Flüssigkeit verhält (‘fluidized bed’). Das Sandbett wird mit einem externen Startbrenner auf Temperaturen um 800-900°C vorgeheizt. Die Brennstoffpartikel werden schließlich mit einer Wurfbeschickung oder durch eine Förderschnecke in das heiße Sandbett gefördert und verbrennen dort mit einem geringen Luftüberschuss. Die Betttemperatur ist sehr homogen und aufgrund der geringen Verbrennungstemperaturen entstehen nur geringe NOx-Emissionen. Man unterscheidet stationäre, blasenbildende Wirbelschichten (BFB: ‘bubbling fluidized beds’, Abb. 3.8c) und zirkulierende Wirbelschichtfeuerungen (CFB: ‘circulating fluidized beds’, Abb. 3.8d). Ein wesentlicher Vorteil der Wirbelschichttechnologie ist die hervorragende Wärmeübertragung in der Wirbelschicht. Hohe Wärmeübergangskoeffizienten zwischen Bettmaterial und Heizflächen erlauben eine effiziente Kühlung und damit eine Verbrennung mit niedrigem Luftüberschuss und hohen Wirkungsgraden. Allerdings sind diese Tauchheizflächen einer hohen Erosionsbelastung ausgesetzt. Bei Brennstoffen mit niedrigen Ascheschmelztemperaturen werden Wirbelschichtfeuerungen meist unterstöchiometrisch mit einer Luftzahl zwischen 0,6 und 0,8 betrieben. Nach der Zugabe der Sekundärluft wird eine Luftzahl von ca. 1,2 bis 1,4 eingestellt. Sie erlauben darüber hinaus die Verbrennung sehr inhomogener Brennstoffe. Durch den hohen Wärmeinhalt des Bettmaterials können auch Brennstoffe mit sehr unterschiedlichem Wassergehalt eingesetzt werden. In Japan kommen stationäre Wirbelschichtfeuerungen deshalb bevorzugt in kleineren Müllverbrennungsanlagen zum Einsatz. Ein weiterer Vorteil der Wirbelschichtfeuerung ist die Möglichkeit, durch Zugabe von Kalk eine in-situ Entschwefelung des Rauchgases zu realisieren. Probleme bereitet bei der Verbrennung von Biomasse oft die geringe Dichte der Brennstoffpartikel. Holz- und Kokspartikel schwimmen auf der Bettoberfläche auf und führen zu einer geminderten Wärmeentbindung in der Wirbelschicht. Dieser Effekt muss bei der Auslegung der Feuerung besonders beachtet werden.

3.1 Wärmeerzeugung

109

Staubfeuerungen Staubfeuerungen (Abb. 3.8e) sind ähnlich aufgebaut, wie Brenner für gasförmige oder flüssige Brennstoffe. Die Feststoffe werden fein aufgemahlen in den Brenner eingeblasen und dort gestuft verbrannt. Staubfeuerungen werden vor allem für Kohlestaub und Sägemehl eingesetzt. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass sie einfach mit konventionellen Großwasserraumkesseln kombiniert werden können. Spezielle Feuerungssysteme für die Verbrennung biogener Brennstoffe Die Vielfalt des Brennstoffes Biomasse führte zu mehreren sehr spezialisierten Feuerungssystemen. Besonders in Dänemark werden für die Verbrennung von Stroh Ganzballenfeuerungen (‘Zigarrenfeuerungen’, Abb. 3.8f [2.15]) eingesetzt. Allerdings bereitet auch die Zigarrenfeuerung aufgrund des hohen Flüchtigengehaltes und der niedrigen Ascheschmelztemperatur von Stroh große Probleme durch hohe CO-Emissionen und den Austrag von unvollständig verbrannten Strohpartikeln. Die flüchtigen Bestandteile verbrennen äußerst schnell und unkontrolliert. Durch dieses „Strohfeuer“ entstehen einerseits hohe Temperaturen, die zur Ascheerweichung führen, und andererseits Zonen mit unvollständiger Verbrennungen und CO-Strähnen. Aus diesem Grund werden Ballenfeuerungen meist mit Rostfeuerungen für die Zufeuerung mit Holzhackschnitzeln kombiniert. Ein weiteres vielversprechendes Feuerungskonzept sind Drehkegelfeuerungen („SchoppeBrennkammer“ [3.12]). Durch die Rotation eines Drehkegels wird ein „Endlosrost“ erzeugt, der die Verbrennung von inhomogenen Brennstoffen mit unterschiedlichsten Verweilzeiten ermöglicht

3.1.4

Wirkungsgrade bei der Erzeugung von Nutzwärme

3.1.4.1

Verluste bei der Erzeugung von Nutzwärme

Die Erzeugung von Nutzwärme erfolgt in der Regel durch Verbrennung von gasförmigen, flüssigen oder festen Brennstoffen in einer geeigneten Feuerung und einem nachgeschalteten Wärmeübertrager. Im Wärmeübertrager wird die bei der Verbrennung freigesetzte Wärme auf einen Wärmeträger, meist Heißwasser oder Dampf übertragen und über ein Verteilnetz der Nutzung für die Raumheizung oder als Prozesswärme zugeführt. In der Feuerung entstehen Strahlungsverluste, Rauchgasverluste und Ascheverluste. Die Strahlungsverluste sind abhängig von der Raumtemperatur und der Oberflächentemperatur des Kessels, also von der Isolierung. Ascheverluste treten nur bei Festbrennstoffen durch die fühlbare Wärme der Asche und durch unverbrannte Anteile in der Asche auf. Maßgeblich für die Ascheverluste sind daher der Restkohlenstoffgehalt (TOC) in der Asche 2 und die Aschetemperatur.

2

TOC: total organic carbon

110

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung Rauch- bzw. Abgasverluste Strahlungsverluste

Brennstoffwärme

Ascheverluste Verteilungsverluste

Nutzwärme

Abb. 3.9:

Verluste bei der Erzeugung von Nutzwärme

Genau wie die Strahlungsverluste spielen auch Ascheverluste bei Feuerungen in der Regel eine untergeordnete Rolle. Die wesentlichen Verluste entstehen bei der Übertragung der Wärme im Wärmeübertrager aufgrund der Tatsache, dass das Rauchgas aus dem Wärmeübertrager über den Kamin stets mit erhöhter Temperatur austritt. Die dabei entstehenden Rauchgasverluste sind abhängig vom CO-Gehalt im Abgas, der Abgastemperatur und dem Abgas-Massenstrom, also dem Luftüberschuss λ bei der Verbrennung (Kap. 2.2.1.2). Ein Luftüberschuss ist stets notwendig, um sicherzustellen, dass die zulässigen Grenzwerte für CO-Emissionen eingehalten werden. Ausschlaggebend für die Rauchgas- oder Abgasverluste sind also Massenstrom, Zusammensetzung und Temperatur der Rauchgase am Austritt des Wärmeübertragers:

Rauchgasverluste bei der Erzeugung von Nutzwärme Die Abgasverluste Q RG errechnen sich bei vollständiger Verbrennung aus dem Rauchgasmas-

 RG , der spezifischen Wärmekapazität c p, RG des Rauchgasgemisches und der Absenstrom m gastemperatur t RG zu  RG ⋅ c p , RG ⋅ t RG Q RG = m

mit

3.1 Wärmeerzeugung

 RG m

cp,RG tRG

111

Rauchgasmassenstrom in [kg/s] spez. Wärmekapazität des Rauchgases in [kJ/kgK] Rauchgastemperatur in [°C]

Neben den Verlusten der Feuerung und den Kesselverlusten treten zusätzliche Verluste bei der Wärmeverteilung auf. Diese Verteilungsverluste hängen in erster Linie von der Länge, der Betriebstemperatur und der Isolierung des Verteilnetzes ab. Hinzu kommen Druckverluste, die in Warmwassernetzen durch Netzpumpen aufgebracht werden müssen und in Dampfnetzen die elektrische Nutzleistung der Dampfturbine mindern. Aus den Verteilungsverlusten kann ein Verteilungswirkungsgrad ηV abgeleitet werden, der die über das Jahr gemittelten Netzverluste beschreibt:

Definition des Verteilungswirkungsgrades Der Verteilungswirkungsgrad oder Verteilungsnutzungsgrad berechnet sich nach [3.101] aus den jährlichen spezifischen Wärmeverlusten des Verteilnetzes und der Netzlänge l bei einer Betriebsdauer von 8760 Stunden pro Jahr h   ηV = Q H  Q H + 8760 ⋅ ∆qV ⋅ l  a  

mit QH ∆qV

l

Jahreswärmeverbrauch in [MWh/a] spezifische Wärmeverluste in [W/m] Netzlänge [m]

Wesentlicher Vorteil der dezentralen Wärmeversorgung mit Hausfeuerungen sind die geringen Verteilungsverluste im Hausbereich. Treten diese Verluste im beheizten Bereich eines Gebäudes auf, tragen sie sogar zur Wärmebereitstellung bei. Nachteilig sind Verluste im Gebäudebereich allerdings dadurch, dass sie die Leistung der eigentlichen Heizkörper reduzieren und deshalb höhere Vorlauftemperaturen notwendig werden, die wiederum den Kesselwirkungsgrad mindern (siehe Kap. 4.1.2). Nah- und Fernwärmenetze werden dagegen meist im Boden verlegt. Wärmeverluste gehen damit unwiederbringlich verloren und mindern die Effizienz der Wärmeversorgung. Ein wichtiger Parameter für die auftretenden Wärmeverluste ist, neben dem Aufbau und der Isolierung der verwendeten Rohrleitungen, die Beschaffenheit des Erdreiches. Feuchte Böden oder gar die Verlegung im Grundwasser erhöhen die Verluste erheblich. Neben der Art der verwendeten Rohrleitungen und der Isolierung bestimmen natürlich auch Vor- und Rücklauftemperaturen des Heiznetzes die Verteilungsverluste.

112

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Tab. 3.2:

Übliche Verteilungsnutzungsgrade [3.101],[3.106], [3.22]

Verteilungsnutzungsgrad

min

max

Stockwerksheizungen mit Wärmeerzeugern in Räumen

1,00

Stockwerksheizungen mit Wärmeerzeugern innerhalb der Wohnung

0,98

Wärmeerzeugung im Gebäude

0,96

Blockheizungen für mehrere Gebäude

0,92

0,94

Nahwärmenetze

0,75

0,85

große Fernwärmenetze

0,88

0,95

Wärmeverluste spezifische Wärmeverluste ∆qV

3.1.4.2

min

max

15 W/m

20 W/m

Das Q,t-Diagramm bei der Nutzwärmeerzeugung

Besonders geeignet für die Darstellung der Rauchgasverluste und damit der Effizienz der Wärmeübertragung ist das Q,t-Diagramm. Es beschreibt die im Kessel übertragene Wärmemenge und ermöglicht so eine Darstellung des Temperaturgefälles im Wärmeübertrager und der entstehenden Rauchgasverluste:

Temperatur in °C

Ra uch gas tem per atu r Grädigkeit g = tAbgas- tR Vorlauftemperatur tV 0

0%

20%

Abgastemperatur tAbgas Rücklauftemperatur tR

Temperatur des Wärmeträgers 40%

60%

80%

100%

übertragene Wärme QN /QRG

Abb. 3.10: Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers

Die Temperatur des Abgases bestimmt die ‚Grädigkeit’, also die Größe des Wärmeübertragers und die Temperatur des Wärmeträgers am Rauchgasaustritt. Die Grädigkeit eines Wärmeübertragers ist die kleinste Temperaturdifferenz zwischen Heizmedium und Kühlmedium. Die kleinste Temperaturdifferenz tritt am sogenannten „Pinch-Point“ auf. Bei einfachen Wärmeübertragern liegt der Pinch-Point meist am Ein- oder Austritt eines Fluids.

3.1 Wärmeerzeugung

113

Bei Dampferzeugern oder Speisewasservorwärmern kann der Pinch-Point dagegen auch im Inneren des Wärmeübertragers liegen. In jedem Fall bestimmt die Wärmeübertragerfläche die erreichbare, kleinste Temperaturdifferenz zwischen Heizmedium und Kühlmedium. Die Grädigkeit ist also ein Maß für die Größe und deshalb auch für die Kosten eines Wärmeaustauschers. Der Einfluss der Rücklauftemperaturen auf den Kesselwirkungsgrad ist in Abb. 3.11 dargestellt. Bei einer Grädigkeit des Kessels von 100 K kann das Rauchgas bei einer Rücklauftemperatur von 60 °C auf 160 °C abgekühlt werden. Beträgt die Rücklauftemperatur dagegen 120 °C, steigt die Abgastemperatur auf 220 °C. Die daraus resultierenden Abgas-Verluste können anschaulich im Q,t-Diagramm dargestellt werden. Bei einer adiabaten Verbrennungstemperatur von 2000 °C sinkt der Kesselwirkungsgrad im Beispiel von 92 auf 89 Prozent.

2000 1800

Temperatur in °C

1600

Ra uch gas tem per atu r

1400 1200 1000 800 600

tAbgas = 220°C tAbgas = 160°C

Wassertemperatur

400 200 0

0%

20%

40%

60%

80%

tR = 120°C tR = 60°C 100%

übertragene Wärme Q

ηK = 89 % ηK = 92 % Abb. 3.11: Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers bei verschiedenen Rücklauftemperaturen des Heizwassers

Niedrige Rücklauftemperaturen führen also zu geringeren Rauchgasverlusten und deshalb zu höheren Kesselwirkungsgraden. Besonders effektiv kann daher stets die Erwärmung von Heizwasser erfolgen. Geringe Rücklauftemperaturen reduzieren die Abgastemperatur und führen so zur verbesserten Wärmenutzung. Gerade im häuslichen Bereich hat sich deshalb in den letzten Jahren die Niedertemperaturheizung durchgesetzt. Rücklauftemperaturen von

114

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

unter 60 °C ermöglichen auch ohne Brennwerttechnologie Kesselwirkungsgrade von deutlich über 90 Prozent. Rauchgasverluste sind prinzipiell nicht vermeidbar. Verbrennungsprozesse erzeugen stets Rauchgas, das mit erhöhter Temperatur an die Umgebung abgeführt werden muss. Für diesen Umstand gibt es neben der Grädigkeit des Wärmeübertragers im Wesentlichen noch zwei Gründe: Die TA Luft [3.19][3.21] schreibt vor, dass Rauchgase über Kamine in die Umgebung abgeleitet werden müssen, um die Immissionsbelastung in unmittelbarer Umgebung einer Verbrennungsanlage zu begrenzen. Die erforderliche Höhe des Kamins errechnet sich zum einen aus der Schadstoffbelastung des Rauchgases und zum anderen aus der Abgastemperatur. Um die Immissionsbelastung nicht unzulässig hoch werden zu lassen, müssen zusätzlich die geologischen Gegebenheiten und andere, in unmittelbarer Nähe einer Feuerungsanlage vorhandene Emittenten berücksichtigt werden. Die Rauchgasableitung über Kamine erfordert erhöhte Rauchgastemperaturen um einen ausreichend großen Dichteunterschied zwischen Rauchgas und Umgebungsluft und damit einen ausreichend großen Auftrieb im Kamin zu gewährleisten. Ein weiterer Grund, der die Rauchgastemperatur nach unten begrenzt, ist der Chlor- und Schwefelgehalt des Brennstoffes. Das bei der Verbrennung entstehende Schwefeldioxid SO2 und der gebildete Chlorwasserstoff bilden mit dem im Rauchgas enthaltenen Wasserdampf Schwefelsäure und Salzsäure mit relativ hohen Taupunkttemperaturen. Wird der Säuretaupunkt unterschritten, kondensiert konzentrierte Säure aus, die im Rauchgaskanal zu Korrosionsschäden führt. Der Säuretaupunkt limitiert vor allem die zulässige minimale Abgastemperatur bei großen Braun- und Steinkohlefeuerungen [III-12], [III-16]. In den Fällen, in denen die Abgastemperatur nicht durch eine hohe Schadstoffbelastung und damit durch die erforderliche Rauchgastemperatur am Kamin oder den Säuretaupunkt limitiert wird, wird die Abgastemperatur nur noch von der Grädigkeit des Kessels und der Temperatur des Wärmeträgers begrenzt. Dann bestimmt nur noch die Rücklauftemperatur eines Heiznetzes oder das Temperaturniveau einer Fußbodenheizung den tatsächlich erreichbaren Kesselwirkungsgrad eines Wärmeerzeugers.

3.1.4.3

Die adiabate Verbrennungstemperatur

Noch wichtiger als die Rücklauftemperatur des Heizmediums, ist für den Brennstoffausnutzungsgrad die sogenannte adiabate Verbrennungstemperatur. Sie bestimmt den Rauchgasmassenstrom, der notwendig ist, um eine bestimmte Wärmemenge zu übertragen. Bei hohen Verbrennungstemperaturen kann dieselbe Wärmemenge mit einer wesentlich geringeren Rauchgasmenge übertragen werden. Da die Abgastemperatur meist durch die Rücklauftemperatur des Heizmediums und die Bauart des Heizkessels festgelegt ist, erhöhen sich mit der Rauchgasmenge auch die Rauchgasverluste. Wie im Q,t-Diagramm in Abb. 3.12 dargestellt, erhöhen sich die Abgasverluste eines Warmwassererzeugers bei einer minimal zulässigen Abgastemperatur von 220 °C durch die Verringerung der adiabaten Verbrennungstemperatur von 2000 °C auf 800 °C von 11 auf 27,5 %. Die maximale, adiabate Verbrennungstempera-

3.1 Wärmeerzeugung

115

tur tad,max stellt sich dann ein, wenn die Verbrennung vollständig und ohne Luftüberschuss abläuft: Definition der adiabaten Verbrennungstemperatur Die adiabate Verbrennungstemperatur tad ist die Temperatur des Rauchgases, die bei einer Verbrennung ohne Wärmeabfuhr, beispielsweise in einer ungekühlten Brennkammer aufgrund der Enthalpie der mit der Verbrennungsluft und dem Brennstoff zugeführten Wärmeströme einstellen würde: t ad =

Q Brennstoff + Q Luft m RG ⋅ c p , RG

=

m B ⋅ (H u + c B t B ) + m L c p , L t L m RG ⋅ c p , RG

Gl. (III-1)

Werden Brennstoff und Luft bei der Bezugstemperatur von 0 °C zugeführt, vereinfacht sich Gleichung (III-1) zu t ad ,0 =

Q Brennstoff m RG ⋅ c p , RG

=

m B ⋅ H u m RG ⋅ c p , RG

=

Hu

(λ ⋅ l min + 1)⋅ c p, RG

Gl. (III-2)

mit Hu

B m L m

m RG

lmin

λ

cp,RG cp,B cp,L tRG tB tL

Heizwert des Brennstoffes bei 25 °C, 1013 mbar Massenstrom des Brennstoffes in [kg/s] Massenstrom der Verbrennungsluft in [kg/s] Massenstrom des Rauchgases in [kg/s] spez. Luftbedarf nach Tab. 3.3 in [kg/kgBS] Luftzahl spez. Wärmekapazität des Rauchgases in [kJ/kgK] spez. Wärmekapazität des Brennstoffes in [kJ/kgK] spez. Wärmekapazität der Luft in [kJ/kgK] Rauchgastemperatur in [°C] Temperatur des Brennstoffes in [°C] Temperatur der Luft in [°C]

Anmerkung: Da der Heizwerte näherungsweise nicht von der Temperatur abhängig ist, kann für Hu der üblicherweise verwendete Heizwert bei Standardbedingungen (25°C, 1,013 bar) eingesetzt werde

Eine adiabate Verbrennung ohne Luftüberschuss ist bei heizwertreichen Brennstoffen technisch nur mit hohem Aufwand realisierbar, da die üblicherweise eingesetzten Materialien den hohen Verbrennungstemperaturen nicht standhalten. Eine weitere Limitierung entsteht besonders bei Festbrennstoffen aus den Schmelztemperaturen der anfallenden Asche. Besonders Brennstoffe mit niedrigschmelzenden Aschen führen bei einer Verbrennung mit zu hohen Temperaturen zur Verschlackung der Feuerung oder zu Anbackungen im Rauchgaskanal. Besonders die stöchiometrische Verbrennung mit reinem Sauerstoff ist technisch in ungekühlten Brennkammern nicht handhabbar.

116

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Tab. 3.3:

Beispiele für die maximale adiabate Verbrennungstemperaturen und den minimalen Luftbedarf (λ = 1, Bezugstemperatur 0°C)

Methan (mit Luft) Methan (mit Sauerstoff) Wasserstoff Steinkohle (trocken) Braunkohle (trocken) Braunkohle (w = 50%) Holzhackschnitzel w = 15% Holzhackschnitzel w = 30% Holzhackschnitzel w = 30%

2000 1800

unterer Heizwert Hu

minimaler Luftbedarf lmin

in [kJ/kg]

in [kg/kgBS]

50015 50015 119986 31,3 – 33,7 25,7 – 28,7 12,8 – 14,3 15535 12370 8150

17,19 3,99 34,21 10,6 – 11,2 8,6 – 9,5 4,3-4,8 5,1 4,2 3,0

spez. Wärmekapazität des heißen Rauchgases

maximale adiabate Verbrennungstemperatur tad,max

in [kJ/kgK]

in [°C]

1,35 2,04 1,52 1,24 – 1,28 1,28 - 1,29 1,32-1,35 1,32 1,34 1,37

2041 4928 2237 2120 - 2220 2080 - 2180 1630 - 1720 1775 1634 1387

Tad = 2000°C (λ = 1)

Temperatur in °C

1600 1400 1200 1000 800

Rauchgastemperatur TAd = 800°C (λ = 2,5)

600 400 200 0

0%

tAbgas = 220°C tR = 120°C

Wassertemperatur 20%

40%

60%

80%

100%

übertragene Wärme Q

ηK = 72,5 % ηK = 89 %

Abb. 3.12: Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers bei verschiedenen adiabaten Verbrennungstemperaturen

3.1 Wärmeerzeugung

117

In Abb. 3.13 ist die Abhängigkeit der adiabaten Verbrennungstemperatur von Holzhackschnitzeln von der Luftzahl λ und der Brennstofffeuchte dargestellt. Die maximale Verbrennungstemperatur von über 1800 °C wird nur für absolut trockene Holzhackschnitzel bei einer Verbrennung ohne Luftüberschuss erreicht. Mit zunehmendem Luftüberschuss (λ > 1) nimmt die Rauchgastemperatur ab, da sich die Rauchgaswärme auf einen größeren Rauchgasmassenstrom verteilt. Für λ < 1 nimmt die adiabate Verbrennungstemperatur ab, da die Brennstoffwärme nicht vollständig umgesetzt wird. Bei dieser unterstöchiometrischen Verbrennung verbleibt noch ein Teil des Heizwertes im Produktgas, der in einer nachgeschalteten Verbrennung genutzt werden kann. Bei der Vergasung wird dieser Effekt genutzt, um aus Festbrennstoffen brennbare Gase zu erzeugen, die in Gasmotoren oder Gasturbinen zur Stromerzeugung eingesetzt werden können. Soll, wie in Abb. 3.13 dargestellt, die maximale Feuerraumtemperatur beispielsweise auf 900 °C limitiert werden, stehen 3 Möglichkeiten zur Auswahl. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, den Luftüberschuss entsprechend zu erhöhen. Dadurch verringert sich allerdings der Wirkungsgrad der Feuerung. Diese Maßnahme wird deshalb nur bei sehr kleinen Feuerungen angewendet.

adiabate Verbrennung

2250 2000

Wassergehalt w = 0 % Feuchte u = 0 %

1750

w = 15 % u = 18 %

1500 1250

w = 30 % u = 43 %

1000 750 500

w = 50 % u = 100 %

250 0

0

1

2

3

Luftzahl λ [−]

4

adiab. Verbrennungstemperatur tad in °C

adiab. Verbrennungstemperatur tad in °C

Häufiger werden Feuerungen dagegen unterstöchiometrisch betrieben. Bei Rostfeuerungen vermeidet man dadurch zu hohe Temperaturspitzen, die den Verbrennungsrost schädigen könnten. Um einen vollständigen Ausbrand zu gewährleisten, wird erst oberhalb des Rostes Sekundärluft zugegeben. Die hohen Verbrennungstemperaturen treten dadurch erst in den Bereichen der Feuerung auf, in denen weder die Materialbelastung, noch zu niedrige Schmelztemperaturen der Brennstoffasche Probleme bereiten und die Feuerung schädigen können. nicht adiabate Verbrennung

2250

(Heizflächen führen 30% der Wärme ab)

2000 1750

Wassergehalt w = 0 % Feuchte u = 0 %

1500

w = 15 % u = 18 %

1250 1000

Solltemperatur 900 °C w = 30 % u = 43 %

750 500 w = 50 % u = 100 %

250 0

0

1

2

3

4

Luftzahl λ [−]

Abb. 3.13: Abhängigkeit der adiabaten Verbrennungstemperatur von Holzhackschnitzeln von der Brennstofffeuchte u und der Luftzahl λ

118

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Die dritte Möglichkeit die maximale Verbrennungstemperatur zu begrenzen besteht darin, die Brennkammer zu kühlen (nicht-adiabate Verbrennung, siehe Abb. 3.13). In den meisten Fällen werden Feuerungen gleichzeitig unterstöchiometrisch betrieben und gekühlt. Dadurch können Temperaturspitzen vollständig vermieden werden. Diese gestufte Verbrennung wird vor allem eingesetzt um NOx-Emissionen zu begrenzen. Diese einfache Primärmaßnahme vermeidet zum einen die Bildung von thermischem NO und zum anderen wird durch den hohen CO-Gehalt nach der unterstöchiometrischen Verbrennung bereits gebildetes Brennstoff-NO reduziert (Kap. 2.2.1.2 ).

3.1.4.4

Der Kesselwirkungsgrad

Vernachlässigt man weitere Verluste, beispielsweise Verluste durch unvollständige Verbrennung, Strahlungsverluste und Ascheverluste, erhält man eine vereinfachte Gleichung für den Brennstoffausnutzungsgrad bei der Nutzwärmeerzeugung, dem sogenannten Feuerungs- oder Kesselwirkungsgrad: Definition des Kesselwirkungsgrades Der Kesselwirkungsgrad ηK definiert sich aus dem Verhältnis zwischen erzeugter Nutzwärme und der mit dem Brennstoff und der Verbrennungsluft zugeführten Wärme: ηK =

Q N =  Q B + Q L

Q N  B (H u + c B t B ) + m  L c p, L t L m

Damit gilt auch ηK =

 RG m

Q N ⋅ c p , RG ⋅ t ad

mit Q N

Hu

B , m  L , m RG m

Q B , Q L , Q RG

cp,RG cp,B cp,L tRG tB tL

erzeugte Nutzwärmeleistung in [kW] Heizwert des Brennstoffes bei 25°C, 1013 mbar Massenstrom des Brennstoffes, der Verbrennungsluft und des Rauchgases in [kg/s] Wärmeleistung des Brennstoffes, der Luft und des Rauchgases in [kW] spez. Wärmekapazität des Rauchgases in [kJ/kgK] spez. Wärmekapazität des Brennstoffes in [kJ/kgK] spez. Wärmekapazität der Luft in [kJ/kgK] Rauchgastemperatur in [°C] Temperatur des Brennstoffes in [°C] Temperatur der Luft in [°C]

3.1 Wärmeerzeugung

119

Der Einfluss der adiabaten Verbrennungstemperatur auf den Kesselwirkungsgrad kann auch aus einer einfachen Energiebilanz abgeleitet werden. Aufgrund des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik errechnet sich die erzeugte Nutzwärme aus der Differenz der zugeführten Energie und der Summe aller Energieverluste also vor allem der Rauchgasverluste. Da die Rauchgasverluste, also die mit dem Rauchgas über den Kamin an die Umgebung abgegebene Wärme, die gesamten Verluste dominieren, ist es für vereinfachte Betrachtungen zulässig, nur diese Rauchgasverluste bei der Bilanzierung zu berücksichtigen:

Definition eines vereinfachten Kesselwirkungsgrades: Bei Vernachlässigung sonstiger Verluste ergibt sich aus der Energiebilanz für die Berechnung der erzeugten Nutzwärme die Gleichung Q N

 RG ⋅ c p , RG ⋅ t ad − m  RG ⋅ c p , RG ⋅ t Abgas ≈ Q RG − Q Abgas = m

Daraus errechnet sich der Feuerungswirkungsgrad mit η K =:

 RG ⋅ c p , RG ⋅ t ad m

 RG ⋅ c p , RG ⋅ t Abgas −m

 RG ⋅ c p , RG ⋅ t ad m

zu ηK =

1−

 RG ⋅ c p , RG ⋅ t Abgas m Q

Gl. (III-3)

RG

oder ηK = 1 −

t Abgas t ad

Gl. (III-4)

mit Q N

erzeugte Nutzwärmeleistung in [kW]

m RG

Massenstrom des Rauchgases in [kg/s]

Q RG

Wärmeinhalt des Rauchgases am Kesseleintritt in [kW]

Q Abgas

Wärmeinhalt des Rauchgases am Kesselaustritt in [kW]

cp,RG tad tAbgas

spez. Wärmekapazität des Rauchgases in [kJ/kgK] Rauchgastemperatur am Kesseleintritt in [°C] Rauchgastemperatur am Kesselaustritt in [°C]

Entscheidend für den Kesselwirkungsgrad ist also das Verhältnis aus der Abgastemperatur und der adiabaten Verbrennungstemperatur der Feuerung. Nach DIN 1942 [3.17] kann der Wirkungsgrad einer Feuerung entweder direkt oder indirekt bestimmt werden. Die direkte Methode bestimmt unmittelbar die erzeugte Nutzwärme und setzt sie ins Verhältnis zur zugeführten Wärme. Da die messtechnische Bestimmung der erzeugten Nutzwärme, insbesondere die Messung von Massenströmen, bei Dampferzeugern mit großen Messunsi-

120

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

cherheiten behaftet ist, wird die erzeugte Nutzwärme bei der indirekten Messung aus den bei der Wärmeerzeugung aufgetretenen Verlusten bestimmt. Der Effizienz der Wärmeerzeugung kommt auch eine besondere Bedeutung für die thermodynamische Effizienz der Stromerzeugung und der Kraft-Wärme-Kopplung zu. Da Verbrennung und Wärmenutzung auch bei der Erzeugung von Strom und bei der KraftWärme-Kopplung am Anfang bzw. am Ende der Prozesskette stehen, ist die Minimierung der Rauchgasverluste für die Entwicklung thermodynamisch effizienter Energiesysteme stets entscheidend.

3.1.4.5

Effizienz der Wärmeerzeugung bei der Abwärmenutzung

Auch bei der Abwärmenutzung entscheidet die Rauchgastemperatur vor dem Kessel über den Wirkungsgrad der Nutzwärmeerzeugung. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung der Abgaswärme einer Gasturbine oder eines Gasmotors im Abhitzedampferzeuger. Bei Abhitzedampferzeugern ist beispielsweise anstelle der adiabaten Verbrennungstemperatur die Temperatur vor dem Dampferzeuger zu setzen. Aus dem Q,t-Diagramm (Abb. 3.14) wird auch deutlich, dass die Abwärmenutzung aufgrund des geringeren zur Verfügung stehenden Temperaturniveaus immer mit wesentlich schlechteren Wirkungsgraden erfolgt, als die direkte Wärmeerzeugung.

tAbgas = 172°C tSW = 90°C

700 Temperatur in °C

600 500

Verdampfer

Überhitzer

Economizer

Trommel

Verdampfer

tRG = 600°C

Überhitzer

Rauchgastemperatur

tFD = 450°C

400

tFD = 450°C

Pinch-Point

300

tRG = 600°C

tRG,PP = 284 °C

ts (20 bar) = 212°C

200

tAbgas = 172°C

100 0

Economizer

tSW = 90°C

Wassertemperatur 0%

20%

40%

60%

80%

übertragene Wärme Q

ηK = 71 %

Abb. 3.14: Q,t-Diagramm eines 1-Druck Abhitzedampferzeugers

100%

3.1 Wärmeerzeugung

121

Beim Abhitzedampferzeuger wird das Kesselspeisewasser zunächst im Economizer nahezu auf Sättigungstemperatur erwärmt. Der Abhitzedampferzeuger ist als Naturumlaufkessel ausgeführt (Kap. 3.1.2). Die Grädigkeit des Dampferzeugers wird im Gegensatz zu einfachen Heißwassererzeugern nicht durch die kleinste Temperaturdifferenz am Kesselein- oder Austritt festgelegt. Der Pinch-Point liegt beim Abhitzedampferzeuger zwischen Verdampferheizflächen und Economizer und wird daher durch die Größe des Verdampfers festgelegt. Wird, wie im Beispiel (Abb. 3.14), mit einer Rauchgastemperatur von 600 °C Frischdampf bei 20 bar mit 450 °C erzeugt, hängt der erreichbare Kesselwirkungsgrad wieder von der Temperatur des Speisewassers ab. Dieses Speisewasser muss vor dem Eintritt in den Abhitzedampferzeuger wie bei konventionellen Dampfkraftwerken in einem Entgaser auf 90 bis 120 °C vorgewärmt werden, damit durch die erhöhte Temperatur Reste von gelöstem Sauerstoff ausgetrieben werden (Kap. 3.2.1.2). Selbst bei einem Entgaserdruck von 0,7 bar (Vakuumentgaser) kann mit der entsprechenden Speisewassertemperatur von 90 °C im Beispiel nur ein Kesselwirkungsgrad von 71% erreicht werden. Der geringe Kesselwirkungsgrad bei der Abwärmenutzung ist insbesondere für die KraftWärme-Kopplung von entscheidender Bedeutung. Arbeitsmaschinen mit hoher Abgastemperatur, wie beispielsweise offene Gasturbinen oder SOFC-Brennstoffzellen, ermöglichen eine wesentlich effizientere Abwärmenutzung, als Arbeitsmaschinen mit Abwärme auf niedrigerem Temperaturniveau. Besonders ungünstig für die Kraft-Wärme-Kopplung sind daher Mikroturbinen (Kap. 3.2.2) und PEM-Brennstoffzellen (Kap. 3.3).

3.1.4.6

Restsauerstoffgehalt und typische Betriebsbereiche von Feuerungen

Eine weitere Möglichkeit zur Beschreibung der Effizienz einer Feuerung ist der Restsauerstoffgehalt im Abgas. Der Restsauerstoffgehalt errechnet sich unmittelbar aus dem Luftüberschuss bei der Verbrennung: Berechnung des Restsauerstoffgehalts bei der Verbrennung Die Luftzahl λ bei der Verbrennung mit Luft mit dem volumetrischen Sauerstoffgehalt von 21% errechnet sich aus dem Restsauerstoffgehalt im Rauchgas xO2 näherungsweise zu λ≈

0 ,21 0 ,21 − xO2

Umgekehrt berechnet sich der Restsauerstoffgehalt xO2 damit aus 1  xO2 ≈ 0 ,21 ⋅  1 −  λ 

Besondere Bedeutung kommt dem Restsauerstoffgehalt im Abgas bei der Emissionsmessung zu. Um ein Verfälschen der Emissionsgrenzwerte durch Verdünnen mit Falschluft zu

122

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

vermeiden, wird neben den zu kontrollierenden Schadstoffkonzentrationen stets zeitgleich der Restsauerstoffgehalt gemessen. Die geltenden Grenzwerte sind auf einen für die Feuerungsart typischen Bezugssauerstoffgehalt bezogen: Beispiel: Umrechnung von gemessenen Emissionswerten auf den Bezugssauerstoffgehalt bei der Verbrennung von Holzhackschnitzeln Bei der Verbrennung von Holzhackschnitzeln in einer Kleinfeuerung mit einer Feuerungsleistung von 40 kW wird für den CO-Gehalt im Rauchgas ein Viertelstundenmittelwert xCO von 2,8 g/Nm³ bei einem Restsauerstoffgehalt xO2 von 15,6% gemessen.

Die Umrechnung auf den in der 1. BImSchV definierten Bezugssauerstoffgehalt xO2,B von 13% ergibt für den auf den Bezugssauerstoffgehalt bezogenen Emissionswert xCO ,B =

0 ,21 − xO2 ,B 0 ,21 − xO2

⋅ xCO =

0 ,21 − 0 ,13 ⋅ 2 ,8 0 ,21 − 0 ,156

g Nm³

=

4 ,15

g Nm³

und eine Überschreitung des geltenden Grenzwertes um 0,15 g/Nm³ mit xCO xO2 xCO,B x O2,B

gemessener CO-Gehalt im Rauchgas in [g/Nm³] gemessener Sauerstoff-Gehalt im trockenen Rauchgas in [vol-%] bezogener CO-Gehalt im Rauchgas in [g/Nm³] Bezugssauerstoffgehalt in [vol-%]

Der Bezugssauerstoffgehalt ist in den geltenden Vorschriften für jede Feuerungsart festgelegt und entspricht üblichen, in ausgeführten Feuerungen auftreten Werten. Aus dem Bezugssauerstoffgehalten können also unmittelbar übliche Luftzahlen einer Feuerungsart abgeleitet werden. Bei der Festlegung des Bezugssauerstoffgehalts durch den Gesetzgeber wird nicht nur der eingesetzte Brennstoffe, sondern auch die Leistungsgröße berücksichtigt.

3.1.5

Verbrennung von Festbrennstoffen

3.1.5.1

Brennstoffe mit niedrigschmelzenden Aschen

Ascheschmelzverhalten von Festbrennstoffen Eine für die Verbrennung wesentliche Eigenschaft von Festbrennstoffen ist die zum Teil sehr niedrige Ascheerweichungstemperatur. Während Holz eine sehr Ascheerweichungstemperatur (ca. 1400 °C bis 1500 °C) aufweist, schmelzen Aschen von Halmgütern oder verschiedenen biogenen Rückständen aus lebensmittelverarbeitenden Betrieben schon bei sehr niedrigen Temperaturen (unter 900 °C).

3.1 Wärmeerzeugung

123 24 18 12

Gasturbinen

1)

1,3)

Holz, Stroh… < 1 MW 2) Müll, Holz, Stroh… > 1 MW 1,4) Zementwerke 1) Kohlefeuerungen 1- 50 MW 1) Kohlefeuerungen > 50 MW 3) Verbrennungsmotoren 1) Öl- und Gasfeuerungen 1,2,3,4) 1) "Bezugssauerstoff"

6,0

Luftzahl λ

Trockner

5,0 4,0 3,0 2,5 2,0 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1

nach TA Luft "Bezugssauerstoff" nach 1. BImSchV 3) "Bezugssauerstoff" nach 13. BImSchV 4) "Bezugssauerstoff" nach 17. BImSchV 2)

0

5

10

15

20

Restsauerstoffgehalt im Abgas in %

Abb. 3.15: Bezugssauerstoffgehalte und typische Luftzahlen λ von Feuerungen

Die niedrigen Sinter- und Ascheerweichungstemperaturen führen bei Wirbelschichtfeuerungen zum Verkleben der Bettpartikel (Coating und Agglomeration, siehe Abb. 3.19) und zu Anbackungen an den Brennkammerwänden und den Heizflächen [4.4], [4.42]. An den Überhitzerheizflächen führen Überschreitungen der Ascheerweichungstemperaturen zu Anbackungen, die den Wärmeübergang reduzieren und gegebenenfalls aufwändig abgereinigt werden müssen. In Tab. 3.4 sind Ascheschmelztemperaturen von Festbrennstoffen zusammengestellt. Die Ascheschmelzeigenschaften müssen stets im Einzelfall mit Schmelzversuchen (nach DIN 51730) bestimmt werden. Sie variieren nicht nur von Brennstoff zu Brennstoff, sondern sind auch von der Herkunft und Vorbehandlung des Brennstoffes abhängig. Zwar existieren auch Arbeiten, die das Ascheschmelzverhalten mit chemischen Modellen anhand der chemischen Zusammensetzung der Brennstoffe beschreiben [4.56]; die so gewonnenen Daten sind allerdings meist ungenau. Insbesondere bei Brennstoffgemischen kann sich die Ascheschmelztemperatur durch die Bildung von Eutektika reduzieren und muss daher gesondert untersucht werden. Eine weitere, wichtige Rolle spielen Bettmaterial und Ausmauerungen in Wirbelschicht- und anderen Feuerungen. Auch hier bilden sich oftmals Eutektika, die die Schmelztemperatur des reinen Brennstoffes zusätzlich reduzieren. Die Ascheschmelztemperatur hat daher einen entscheidenden Einfluss auf die Auswahl des Feuerungssystems. Ascheschmelzverhalten in Rostfeuerungen Bei Rostfeuerungen und Unterschubfeuerungen führen niedrige Ascheschmelztemperaturen oft zur Verschlackung des Rostes. Insbesondere bei inhomogenen Brennstoffen oder bei ungleichmäßiger Beschickung des Rostes entstehen durch lokalen Luftüberschuss und nahstöchiometrische Verbrennung oft besonders heiße Zonen im Brennstoffbett.

124 Tab. 3.4:

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung Ascheschmelztemperaturen von Festbrennstoffen nach DIN 51730 (nach [2.18],[2.20],[2.11], [3.84])

Biomasse

Sinterpunkt

Erweichungspunkt

[°C]

[°C] 970

Braunkohle Steinkohle

Halbkugeltemperatur [°C]

Fliesstemperatur

1410

[°C]

1250

Holzrinde

1250

1320

1340

Getreidekörner

710

740

800

850

Getreide-Ganzpflanzen

850

870

1040

1080

Grasschnitt, Heu

830-1130

950-1230

1030-1280

1100-1330

Miscanthus

1050-1270

820-980

820-1160

960-1290

Sägemehl (Kiefer)

1150

1180

1200

1225

Raps, Presskuchen

1000

1120

1140

1140

Raps, Ganzpflanzen Fichte Stroh Altholz Karton/Kunststoff-Abfälle (Tetrapack)

1140

1505

1650

1705

1110-1340

1410-1640

1630->1700

>1700

930

960

1170

1210

990-1110

1120-1180

1230-1500

1250-1700

1210

1360

1700

1700

Diese ‚Hot spots‘ führen lokal zu Temperaturen von deutlich über 1000 °C und damit zu einer Überschreitung der Ascheschmelztemperatur und zur Schlackebildung. Erstarrt diese Schlacke, führt dies dazu, dass einzelne Rostelemente miteinander verkleben. Dies hat meist kostspielige Schäden zur Folge. Ein weiteres Problem der Hot Spots sind heiße Rauchgassträhnen. Anders als bei Flüssigkeiten steigt die Viskosität von Gasen mit zunehmender Temperatur. Heiße Rauchgase sind daher hochviskos. Entstehen also durch heiße Zonen heiße Strähnen, werden diese meist nur unzureichend mit kälterem Rauchgas vermischt und führen daher auch im Bereich der Konvektionsheizflächen lokal zu Überhitzungen und verstärkt zu Anbackungen an den Überhitzerheizflächen Die wichtigste Maßnahme zur Vermeidung von Schäden durch Schlackebildung in Rostfeuerungen besteht darin, konsequent eine Überschreitung der Ascheschmelztemperatur zu vermeiden. Im einfachsten Fall geschieht dies dadurch, dass der Luftüberschuss so gewählt wird, dass eine ausreichende Kühlung des Brennstoff-Bettes durch den Luftüberschuss gewährleistet ist. Dies geht allerdings zu Lasten des Wirkungsgrades der Feuerung. Abhilfe schaffen hier wassergekühlte Roste, die es ermöglichen, auch mit geringem Luftüberschuss niedrigere Verbrennungstemperaturen sicherzustellen. Weitaus problematischer ist es, Schäden durch die Verschlackung des Rauchgaskanals und von Heizflächen in den Rauchgaszügen wirksam zu begegnen. Gerade bei Brennstoffen mit hohem Feinanteil werden glühende Brennstoffpartikel ausgetragen.

3.1 Wärmeerzeugung

125

Überhitzer-Heizflächen

Anbackungen, Chlorkorrosion

COSträhnen

heiße Strähnen

kalte Zonen (λ < 1) 1200 °C

unzureichende Durchströmung des Brennstoffbettes

1400-1800 °C Rostelemente < 800 °C

'Hot spots' (λ = 1) zu starke Durchströmung des Brennstoffbettes

Verschlackung

Primärluft

Abb. 3.16: Folgen einer ungleichmäßigen Beschickung von Rostfeuerungen

Wird beim Ausglühen der Brennstoffpartikel die Ascheerweichungstemperatur überschritten, treffen klebrige Aschepartikel auf die Heizflächen und Wänden des Feuerraums und bilden große Wächten und Anbackungen (Abb. 3.17). Die Anbackungen reduzieren den Wärmeübergang, verengen den Rauchgaskanal und verursachen Hochtemperatur-Chlorkorrosion (Kap. 3.1.5.2). Auch mit dem Rauchgas ausgetragene Alkaliendämpfe und Alkaliaerosole verstärken die Verschlackung der Rauchgaszüge. Alkalichloride wie Kalium-Chlorid verkleben Aschepartikeln miteinander und verstärken die Verschlackung des Rauchgaskanals und die Korrosionsneigung.

126

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Abb. 3.17: Anbackungen an den Überhitzerheizflächen einer Biomasse-Feuerung [3.63]

Ascheschmelzverhalten in Wirbelschichtfeuerungen Wirbelschichtfeuerungen weisen den prinzipiellen Vorteil auf, dass die Verbrennungstemperatur meist auf 800 - 900 °C limitiert ist und durch die ideale Durchmischung im Wirbelbett keine lokalen Überhitzungen zu erwarten sind. Zusätzliche Probleme entstehen allerdings dadurch, dass vor allem Brennstoffaschen mit hohem Alkali- und Erdalkalianteilen an den Partikeln des Bettmaterials niedrigschmelzende Eutektika bilden. Besonders das im üblicherweise verwendeten Quarzsand enthaltene SiO2 bildet mit Alkalisalzen, z.B. KCl, besonders niedrigschmelzende Eutektika (siehe Abb. 3.18) mit Schmelztemperaturen unter 800 °C [4.56]. Die Partikel des Bettmaterials werden durch die so entstehenden Aschemischungen bedeckt (Coating) und verkleben zu großen Agglomeraten. Dadurch kommt schließlich die Fluidisierung lokal zum Erliegen und es entstehen heiße und kalte Zonen, die zum Agglomerieren und Festbacken des gesamten Bettes führen können. Ein weitere Ursache für die Agglomeration von Bettmaterial sind unverbrannte Brennstoffpartikel, die sich nach dem Abschalten der Wirbelschicht noch im Bettmaterial befinden können. Hier genügen kleinste Mengen an Falschluft, die auch bei abgeschalteter Wirbelschicht stets durch das Bett strömt, um die Brennstoffreste zu oxidieren. Dadurch wird lokal Brennstoffwärme freigesetzt, die aufgrund der schlechten Wärmeleitung im Festbett nicht abgeführt werden kann. Es entstehen lokal hohe Temperaturen, die auch bei Brennstoffen mit vergleichsweise hohen Ascheschmelztemperaturen zur Agglomeration des Bettmaterials führen können. Problematisch sind aus dem gleichen Grund auch Zonen mit geringer oder fehlender Durchmischung, beispielsweise auf Luftdüsen oder in schlecht fluidisierten Ecken der Brennkammer. Auch hier kommt es deshalb oft zur Bildung von Agglomeraten und Anbackungen.

3.1 Wärmeerzeugung

127

1700

flüssige Phase

1600

1400

1100 1000

feste Phase K2O * 4 SiO2

1200

K2O * 2 SiO2

1300 K2O * SiO2

Schmelztemperatur in °C

1500

900 800 700

30

40

50

60

K2O

70

niedrigschmelzende Eutektika 80

90

100 %

SiO2

Abb. 3.18: Phasendiagramm für SiO2 (Quarzsand) und KCl [3.79]

ursprüngliches Bettmaterial

bei Verbrennungsversuchen gebildete Agglomerate

Abb. 3.19: Agglomerate aus Quarzsand und Asche aus der Verbrennung von Biomasse [3.79]

Die einfachste und effektivste Maßnahme zur Minderung der Agglomeratbildungsgefahr besteht darin, Bettmaterialien zu verwenden, die keine niedrigschmelzenden Eutektika mit den Aschekomponenten bilden. So neigen Bettmaterialien wie Olivin ((FexMg2-x)SiO4), calcinierter Dolomit (CaOxMgO), Magnesit (MgO), Mullit (2SiO2x3Al2O3) oder ZirkoniumSand (ZrSiO4) nicht zur Bildung von Eutektika [III-32]. Zudem verbessern beispielsweise Dolomit und Olivin durch ihre katalytischen Eigenschaften die Verbrennung und reduzieren so CO- und Kohlenwasserstoff-Emissionen. Vermeidung von Verschlackung und Ascheagglomeration Die wichtigsten Maßnahmen zur Vermeidung von Verschlackung von Feuerungen sind die Auslegung der Feuerung, die Rauchgasrezirkulation und vor allem die gestufte Verbrennung.

128

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Besonders für die Verbrennung von aschereicher Biomasse wie Rinde oder Altholz hat sich die Rauchgasrezirkulation durchgesetzt. Wie beim Luftüberschuss wird durch die Beimischung von abgekühltem Rauchgas der Massenstrom durch die Feuerung erhöht und die adiabate Verbrennungstemperatur herabgesetzt. Im Gegensatz zur Verbrennung mit Luftüberschuss erhöht sich dadurch allerdings nicht der Abgasmassenstrom am Kamin und damit auch nicht der Abgasverlust der Feuerung, da die der Primärluft zugemischte Rauchgasmenge ja zuvor am Kesselaustritt entnommen wurde. Neben der Minderung der Verbrennungstemperatur bewirkt die Rauchgasrezirkulation auch einen zweiten, besonders für die Verbrennung von Brennstoffen mit einem hohen Gehalt an flüchtigen Bestandteilen vorteilhaften Effekt. Durch die Minderung der Sauerstoffkonzentration und die Rückführung von Kohlendioxid und Wasserdampf wird die Verbrennungsgeschwindigkeit auf dem Rost wesentlich herabgesetzt. Durch die Verlangsamung der Verbrennung der flüchtigen Bestandteile wird die Freisetzung von Wärme auf dem Rost vermindert und die Bildung von Hot-spots und hohen NOx-Emissionen weitgehend vermieden. Nachteilig ist allerdings der erhöhte elektrische Eigenbedarf für das Rezirkulationsgebläse. Besonders effizient vermeiden lassen sich Verschlackung und Ascheagglomeration durch eine gestufte Verbrennung. Durch eine unterstöchiometrische Verbrennung mit geringen Primärluftmengen in der Feuerung werden hohe Temperaturen vermieden. Vor der Zugabe von Sekundärluft kann dem Rauchgas Wärme entzogen werden und die sich in der Folge einstellenden Temperaturen werden reduziert (siehe Kap. 3.1.4.3). So werden beispielsweise biomassegefeuerte stationäre Wirbelschichtfeuerungen unterstöchiometrisch mit einer Luftzahl zwischen 0,4 und 0,6 und mit Temperaturen von 700-800 °C betrieben. Erst im Freeboard der Feuerung werden nach der Zugabe von Sekundärluft Temperaturen über 1000 °C erreicht. Auch für die Verbrennung von Stroh in Ganzballenfeuerungen wird dieses Prinzip genutzt. Die Strohballen verschwelen mit geringen Temperaturen in einer Primärbrennkammer und erst die Schwelgase erreichen in der Nachverbrennung höhere Temperaturen. Die niedrigschmelzende Asche verbleibt im Bereich geringer Temperaturen und das Verschlacken der Feuerung wird vermieden.

3.1.5.2

Brennstoffe mit hohem Chlorgehalt

Schadensbilder der Hochtemperatur-Chlorkorrosion Ein ernstes Problem stellt der hohe Chlorgehalt vieler Brennstoffe dar. So ist zum Beispiel bei der Verbrennung von Stroh und Heu verstärkt mit Hochtemperatur-Chlorkorrosion zu rechnen. Die Hochtemperatur-Chlorkorrosion ist neben wasser-dampfseitigen Korrosionsschäden und der Erosionskorrosion die wichtigste Schadensursache in Dampfkraftwerken [4.47]. Sie wurde besonders in Müllverbrennungsanlagen beobachtet und führte dort, vor allem im Überhitzerbereich, zu erheblichen Schäden. Typisches Erscheinungsbild der Chlorkorrosion ist die Bildung einer leicht ablösbaren, vielschichtigen Oxidschicht von 0,1 bis 0,3 mm Stärke. Diese Zunderschicht wird in der Regel von einem dünnen Aschebelag bedeckt. Wesentliches Merkmal ist, dass der Wanddickenverlust der betroffenen Rohre sehr

3.1 Wärmeerzeugung

129

viel größer als die Dicke der gebildeten Oxidschicht ist. Für die Hochtemperatur-ChlorKorrosion wurden folgende Schadensmechanismen angegeben [4.49]: •

Sulfatierung von Alkali- und Erdalkalichloriden in Belägen auf der Rohrwand,



Direkter Angriff von Cl2 bzw. HCl auf die Rohrwand,



die Bildung niedrigschmelzender Metallchlorid-Eutektika,



die Alkalisulfat-Korrosion



Erosion

und

Materialabtrag 7 mm (ursprüngliche Wandstärke 20 mm)

Abb. 3.20: Schadensbilder der Hochtemperatur-Chlorkorrosion [4.47]

Dabei dominieren die „Sulfatierung von Alkali- und Erdalkalichloriden an der Rohrwand“ und der direkte Chlorangriff durch HCl. Der Korrosionsprozess bei der „Sulfatierung von Alkali- und Erdalkalimetallen in Ablagerungen“ läuft vereinfacht [4.32] in drei Schritten ab:

Schadensmechanismus der Hochtemperatur-Chlor-Korrosion (Sulfatierung von Alkali- und Erdalkalimetallen in Ablagerungen) Die bei der Verbrennung entstehenden Alkalichloride gehen aufgrund ihrer hohen Flüchtigkeit in die Gasphase über und lagern sich an den Heizflächen ab. Dort wird durch die Sulfatierung der Alkalichloride mit SO2 Chlor freigesetzt: (1) Chlor-Bildung:

SO2 + O2 + 2 KCl →

K 2 SO4 + 2 Cl 2

Dieses Chlor bildet im zweiten Schritt an der Rohroberfläche Eisenchlorid (2) Chlorangriff:

Fe + Cl 2



FeCl 2 ↑

130

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung das aufgrund des bei Temperaturen um 500°C hohen Dampfdruckes von der Eisenoberfläche abdampft und in der Ascheschicht schließlich wieder unter der Bildung von Eisen-(III)-Oxid regeneriert wird: (3) Chlorfreisetzung:

3 FeCl2

+ 2 O2 →

Fe 3 O4 + Cl2

Dadurch steht das Chlor erneut für einen Angriff der Eisenoberfläche (2.Schritt) zur Verfügung.

Das Eisenchlorid verdampft in Abhängigkeit von der lokalen Betriebstemperatur und wird schließlich im Belag durch Reaktion mit Sauerstoff oder auch SO2 wieder zersetzt. Das entstehende Eisenoxid bildet eine Zunderschicht, die leicht erodiert oder durch mechanische Belastungen abgetragen werden kann. Dadurch, dass das Chlor nicht chemisch gebunden bleibt, sondern sich bei der Eisenoxidbildung ständig regeneriert, kann der Korrosionsprozess, nachdem er einmal begonnen hat, nur dadurch gestoppt werden, dass die Ablagerungen aufwändig entfernt werden [4.48]. In Großanlagen bleibt allerdings oft nur der Austausch der Heizflächen, weshalb die Vermeidung der Hochtemperatur-Chlorkorrosion stets oberstes Ziel ist. Rohroberfläche Fe + Cl 2 → Fe Cl 2 ↑

FeCl2 Ascheablagerungen: SO 2 + O 2 + 2 KCl → K 2 SO 4 + Cl 2

Cl2 Oxidschicht: → Fe 3 O 4 + 3 Cl 2 3 FeCl 2 + 2 O 2 

Abb. 3.21: Schadensmechanismus der Hochtemperatur-Chlorkorrosion

Entscheidend für das Entstehen der Hochtemperatur-Chlorkorrosion ist neben der Temperatur an den Heizflächen also vor allem die Konzentration an SO2 im Rauchgas und die Menge an Alkalichloriden (z.B. NaCl und KCl) in den aus der Feuerung ausgetragenen Aerosolpartikeln. Bei hohen Chlorgehalten kann der Angriff auch direkt durch HCl oder Cl2 erfolgen. Auch hier bildet sich zunächst an der Rohrwand Eisenchlorid, das bei Temperaturen um 500 °C teilweise verdampft. Das Eisenchlorid kann sich unter Bildung von Eisenoxid wieder regenerieren und steht dann unter der sich bildenden Zunderschicht erneut für die Korrosion des Rohrmaterials zur Verfügung.

3.1 Wärmeerzeugung

131

Vermeidung der Hochtemperatur-Chlorkorrosion Die Rauchgase in Müllverbrennungsanlagen zeichnen sich durch einen besonders hohen Chlorgehalt aus, der vor allem aus der Verbrennung PVC-haltiger Abfälle resultiert. Ein hoher Anteil von Chlor im Brennstoff ist daher stets die Hauptursache von Korrosionsschäden in Müllverbrennungsanlagen. In diesen Müllverbrennungsanlagen werden deshalb an besonders gefährdeten Stellen mechanische Vorrichtungen zum Schutz der Berohrung, wie keramische Halbschalen oder keramische Formsteine, eingesetzt. Auch der Einsatz von Additiven, die die Bildung von Ablagerungen vermindern, wurde getestet. Der wesentliche Unterschied der Müllverbrennungsanlagen zu konventionellen Kohlekraftwerken besteht allerdings darin, dass besonders an hochbelasteten Stellen hochtemperatur- und korrosionsbeständige Werkstoffe (AC66, Incoloy 625, Incoloy 825) eingesetzt werden [4.44]. Zwar sind die Chlorgehalte, und damit die Abtragsraten in konventionellen, fossil befeuerten Kraftwerken mit bis zu 100 - 500 nm/h geringer als in Müllverbrennungsanlagen (bis 1000 nm/h, das entspricht einigen mm pro Jahr). Allerdings traten in der Vergangenheit auch hier Schäden durch Hochtemperatur-Chlorkorrosion auf. Ursachen für die HochtemperaturChlorkorrosion in fossilen Kohlekraftwerken sind neben dem Chlorgehalt im Brennstoff vor allem [4.32] •

reduzierende Bedingungen durch Flammenberührung, unvollständige Verbrennung



überhöhte Wandtemperaturen durch unzureichende Durchströmung

und •

mechanische Belastungen durch Temperaturänderungen oder Verformung von Rohrschlangen.

Reduzierende Bedingungen verhindern die Bildung festhaftender Oxide an der Rohroberfläche und begünstigen daher den Chlorangriff. Auch die sogenannte „CO-Korrosion“ ist deshalb eine Sonderform der Hochtemperatur-Chlorkorrosion. Hohe Wandtemperaturen verursachen auch einen erhöhten Dampfdruck des Eisenchlorids, führen deshalb zum verstärkten Verdampfen von FeCl2 und beschleunigen daher den Korrosionsvorgang. Mechanische oder thermische Belastungen führen zum verstärkten Abtrag der sich bildenden Zunderschicht und erleichtern wieder die Diffusion von SO2 und O2 in der Ablagerung. Ausschlaggebend für das Auftreten der Hochtemperatur-Chlorkorrosion ist primär der Chlorgehalt eines Brennstoffes. In Abb. 3.22 sind die Chlorgehalte verschiedener Festbrennstoffe zusammengestellt. Dabei ist zu beachten, dass vor allem halmgutartige, biogene Brennstoffe besonders hohe Chlorgehalte aufweisen. Bemerkenswert ist auch das unerwartete Auftreten der Chlorkorrosion in zirkulierenden Wirbelschichtfeuerungen selbst bei sehr niedrigen Chlorgehalten (Rheinische Braunkohle: 0,035 %, [4.41]). Diese Beobachtung erklärt sich vor allem aus dem, auch von Müllverbrennungsanlagen bekannten Einfluss des Schwefelgehalts in der Feuerung und im Rauchgas. Für die Sulfatierung der Alkalichloride reichen in Ablagerungen an den Heizflächen im Rauchgaskanal bereits geringste SO2 Konzentrationen im Rauchgas aus. Niedrige Schwefelgehalte in der Brennkammer führen demgegenüber zu einer verstärkten Bildung von Alkali-

132

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

und Erdalkalichloriden bei der Verbrennung, da eine frühzeitige Sulfatbildung bereits bei der Verbrennung und im Rauchgaspfad unterbleibt. Diese „mangelnde Sulfatierung“ [4.49] gleich bei der Verbrennung führt daher zu erhöhten Alkalichloridanteilen im Rauchgas, die an den Heizflächen Chlorkorrosion auslösen. Die interne Entschwefelung in Wirbelschichtfeuerungen erhöht daher das ohnehin durch die Erosionsbelastung erhöhte Schadensrisiko. Beschrieben wurde in [4.41] auch das Phänomen der chlorinduzierten Stillstandskorrosion, die durch den bei der in-situ-Entschwefelung erhöhten Kalkanteil im Bettmaterial begünstigt wird. Der Schwefeleinfluss wird mittlerweile auch gezielt in großen biomassegefeuerten Kraftwerken genutzt, indem durch die gezielte Zudosierung eines schwefelhaltigen Additivs („ChlorOut“) die Einbindung der Alkalien durch die Sulfatierung bereits bei der Verbrennung gefördert wird [3.34]. 0,2 %

0,1 %

0,4 %

0,3 %

Kohle Hackgut (Fichte) Rinde (Fichte) Miscanthus Ganzpflanzen (Triticale) Grasschnitt Stroh

bis 1%

Landschaftspflegeheu 0

500

1000

1500

2000

2500

3000

3500

4000

Chlorgehalt in mg/kg Abb. 3.22: Chlorgehalt verschiedener Festbrennstoffe

Die einfachste und wirksamste Maßnahme zur Vermeidung der HochtemperaturChlorkorrosion ist die Absenkung der Frischdampftemperatur an den Überhitzerflächen So wird bei Müllkraftwerken die Frischdampftemperatur in der Regel auf 410-420 °C begrenzt. Auch Biomassefeuerungen werden für maximale Frischdampftemperaturen von 450 °C ausgelegt, falls chlorhaltige Brennstoffe verbrannt werden sollen [4.71].

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

3.2

133

Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

Zwar beträgt der Strombedarf in der Bundesrepublik Deutschland nur etwa ein Drittel des Wärmebedarfs, da die Stromerzeugung aber naturgemäß mit wesentlich geringeren Wirkungsgraden erfolgt, als die Nutzwärmeerzeugung, muss für die Bereitstellung von Elektrizität nahezu dieselbe Primärenergie aufgewendet werden, wie für die Wärmeerzeugung. Besonders problematisch ist dabei, dass ein großer Teil der elektrischen Energie aus Braun- und Steinkohle, also aus Brennstoffen mit hohen spezifischen CO2-Emissionen, erzeugt wird. Nur dadurch, dass ca. 23% des Strombedarfs CO2-frei in Kernkraftwerken erzeugt wird, sind die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung mit denen der Nutzwärmeerzeugung vergleichbar.

Tab. 3.5:

Anteil der Energieträger zur Stromerzeugung in der BRD für das Jahr 2009 [1.7]

Kraftwerksart

Installierte Nettoleistung

Stromerzeugung Anteil an der Stromerzeugung (brutto)

Anteil am Primärenergieverbrauch

Anteil an den CO2 – Emissionen1)

in [MW]

[in PJ]

Kernenergie

21507

485,8

23,0 %

11,0 %

-

Braunkohle

22442

524,1

24,8 %

10,2 %

15,5 %

Steinkohle Erdgas und sonstige gasförmige Stoffe Heizöl

29031

388,3

18,4 %

6,9 %

9,9 %

23147

283,7

13,4 %

4,6 %

3,9 %

5154

34,7

1,6 %

0,6 %

0,7 %

Photovoltaik

9914

23,7

1,1 %

0,2 %

-

Wasserkraft

10348

68,6

3,2 %

0,5 %

-

Windkraft

25777

139,1

6,6 %

1,0%

-

Biomasse

4519

91,7

4,3 %

2,8 %

-

Sonstige

1217 153056

75,5 2115,1

3,6 % 100,0%

1,0 % 42,1%

29,9%

Summe 1

CO2-Emissionsfaktoren nach [3.98]

Die klassischen Kraftwerke zur Erzeugung von Elektrizität aus Festbrennstoffen sind Dampfkraftwerke. Ein wesentliches Merkmal von Dampfkraftwerken ist, dass sie erst in großen Einheiten effizient und gleichzeitig wirtschaftlich realisiert werden können. Während moderne Kohlekraftwerke im Leistungsbereich von mehreren hundert Megawatt elektrischer Leistung durchaus mit Wirkungsgraden von 40 bis 45 % realisiert werden, erreichen Dampfkraftwerke mit Dampfturbinen bei elektrischen Nennleistungen von wenigen MW oft nur Wirkungsgrade von unter 20 % (siehe Abb. 1.9). Gleichzeitig steigen aber die spezifischen Investitionskosten (€/kW) von Dampfkraftwerken im unteren Leistungsbereich unverhältnismäßig stark an. Klassische Dampfkraftwerke nach dem Clausius-Rankine-

134

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Prozess sind daher dezentral nur in Verbindung mit der Kraft-Wärme-Kopplung wirtschaftlich einsetzbar und erfordern daher adäquate Wärmeabnehmer. Besonders als Spitzenlastkraftwerke und als Industriekraftwerke werden Gasturbinenprozesse eingesetzt. Der wesentliche Vorteil solcher Gasturbinenkraftwerke sind die vergleichsweise geringen spezifischen Investitionskosten, kurze Bauzeiten und geringe Anfahrzeiten. Dem gegenüber stehen in der Regel hohe Brennstoffkosten, da nur gasförmige oder flüssige Brennstoffe wie Erdgas oder Heizöl eingesetzt werden können. Steht Brenngas beispielsweise als Grubengas oder als Nebenprodukt in der petrochemischen Industrie kostengünstig zur Verfügung, können Gasturbinenkraftwerke besonders wirtschaftlich betrieben werden. Besonders hohe Wirkungsgrade lassen sich durch die Kombination von Gas- und Dampfkraftwerken, also mit kombinierten Gas- und Dampfturbinen-Prozessen (GUD- bzw. Combined-Cycle-Prozess) erreichen. Bei diesen GuD-Kraftwerken wird Gas zunächst in einer Gasturbine zur Stromerzeugung genutzt. Die Abwärme der Gasturbine erzeugt in einem Abhitzedampferzeuger überhitzten Dampf, der in einem nachgeschalteten Dampfkraftprozess zusätzlich für die Stromerzeugung genutzt wird. Für dezentrale Anwendungen mit Kraft-Wärme-Kopplung kommen nur Arbeitsmaschinen mit geringeren Nennleistungen in Frage. Neben der Anlagenleistung ist vor allem auch ein hoher Wirkungsgrad notwendig. Wie in Abb. 1.9 dargestellt, widersprechen sich für klassische Kraftwerkskonzepte die Forderungen nach hohen Wirkungsgraden und kleinen Nennleistungen. Zudem besteht das Problem, dass alle Arbeitsmaschinen mit einem guten Verhältnis zwischen Nennleistung und Anlagenwirkungsgrad mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden müssen. Den besten Kompromiss zwischen Anlagengröße und Wirkungsgrad bieten in einigen Jahren wohl Brennstoffzellen. Allerdings bestehen bei allen Brennstoffzellen besonders hohe Anforderungen an die Gasreinigung. Eine interessante Alternative für sehr kleine Anwendungen mit akzeptablen Wirkungsgraden bieten die sogenannten Microturbines, also Kleingasturbinen mit Abgasrekuperator. Ausschlaggebend für eine sichere Versorgung mit Elektrizität ist die installierte Nettoleistung eines Kraftwerksparks. Da elektrische Energie in großen Mengen nicht speicherbar ist, muss die installierte Nettoleistung des Kraftwerksparks ausreichen, um den Strombedarf aller Verbraucher jederzeit zu decken. Dies ist trotz der scheinbar hohen Überkapazität auch in der Bundesrepublik Deutschland nicht immer problemlos zu gewährleisten. Die Jahreshöchstlast, also die maximal bezogene elektrische Leistung betrug am 14. November 2000 um 18:00h ca. 76800 MW. Von der installierten Kraftwerksleistung von 113624 MW standen zu diesem Zeitpunkt nur ca. 80600 MW zur Verfügung. Die Leistungsreserve betrug also zu diesem Zeitpunkt nur 3800 MW. Das bedeutet, dass bereits der Ausfall eines großen Kraftwerkblocks eine uneingeschränkte Versorgung gefährdet hätte. Wichtige Kenngrößen eines Kraftwerksparks sind auch die Anlagenauslastung und mittleren Wirkungsgrade der installierten Kraftwerke. Die Anlagenauslastung kann einfach aus der installierten Nettoleistung und der Stromerzeugung aus Tab. 3.5 berechnet werden. Aus der Stromerzeugung und dem Primärenergiebedarf errechnet sich ein mittlerer Wirkungsgrad für jede Kraftwerksart (Tab. 3.6). Zu beachten ist dabei, dass der mittlere Wirkungsgrad für Gaskraftwerke sowohl hocheffiziente GUD-Kraftwerke, als auch einfache Gasturbinenkraftwerke mit niedrigem Wirkungsgrad berücksichtigt.

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken Tab. 3.6:

135

Anlagenauslastung und Bruttowirkungsgrad der Stromerzeugung in der BRD für das Jahr 2009 (aus Tab. 3.5 berechnet) Anlagenauslastung (Jahresvolllaststunden)

BruttoWirkungsgrad

in [MWh/MW] Kernenergie

6274

33,0 %

Braunkohle

6487

38,3 %

Steinkohle

3715

42,1 %

Erdgas und sonstige gasförmige Stoffe

3404

46,2 %

Heizöl

1871

44,9 %

Wasserkraft

1841

(100 %)

Wind

1499

(100 %)

Photovoltaik

664

(100 %)

Biomasse

5638

24,7 %

3.2.1

Das klassische Dampfkraftwerk

Das Arbeitspferd für die Stromerzeugung ist auch heute noch das klassische Dampfkraftwerk. In 2009 wurden in der BRD ca. 70 Prozent des Strombedarfes mit Dampfkraftwerken gedeckt. Dabei wurden 23,0 % aus Kernenergie, 18,4 % aus Steinkohle und 24,8 % Braunkohle und ca. 2 % aus Biomasse erzeugt (siehe Tab. 3.5). Obwohl in den 70er Jahren auch mehrere öl- und gasbefeuerte Dampfkraftwerke errichtet wurden, tragen diese aufgrund der hohen Brennstoffpreise nur wenig zur Stromerzeugung bei und werden zunehmend durch effizientere kombinierte Gas- und Dampfkraftwerke ersetzt (siehe Kap. 3.2.3). Die maximale Größe eines Kraftwerksblockes wird durch den Generator limitiert. Derzeit werden große Kraftwerksblöcke mit einer Leistung von 1000 – 1300 MWel ausgeführt. Ein Merkmal moderner Dampfkraftwerke sind die aufwändigen Anlagen für die Rauchgasreinigung und das Fehlen eines Schornsteins. Die Ableitung der Rauchgase erfolgt bei modernen Kohlekraftwerken über den Kühlturm, wobei die geringe Dichte des im Kühlturm entstehenden Wasserdampfes ausgenutzt wird, um auch Rauchgase mit geringen Abgastemperaturen mit ausreichender Überhöhung an die Umgebung abzuführen (siehe Abb. 3.23). Die Stromerzeugung in Dampfkraftwerken aus regenerativen Energien spielt bislang eine untergeordnete Rolle. Derzeit existieren einige wenige solarthermische Kraftwerke, bei denen große Spiegel Sonnenenergie in einen Solar-Receiver fokussieren und dadurch Dampf erzeugen. Die hohen Temperaturen und die extrem hohen Wärmestromdichten im Receiver führen allerdings zu hohen Anforderungen an die eingesetzten Materialien.

136

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Kesselhaus

(Dampferzeuger)

Maschinenhaus

Kühltürme

(Dampfturbine, Kondensator, Generator)

Kohlelager Rauchgasreinigung

(Entstaubung, Stickoxidmindernug, Entschwefelung)

Abb. 3.23: Aufbau eines Dampfkraftwerks

Deutlich weiter verbreitet sind derzeit bereits Dampfkraftwerke, die mit biogenen Festbrennstoffen befeuert werden. Gerade die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) [1.5] und der Biomasseverordnung [4.69] führten zu einem Boom bei der Planung und beim Neubau von altholz- und hackschnitzelbefeuerten Dampfkraftwerken im Leistungsbereich zwischen 5 und 20 MWel.

3.2.1.1

Der Clausius-Rankine-Prozess

Abb. 3.24 zeigt ein Prozessschaltbild eines einfachen Dampfkraftprozesses. Der bei Dampfkraftwerken eingesetzte Kreisprozess ist der Clausius-Rankine-Prozess. (Abb. 3.25). Im ersten Schritt wird der Druck des Speisewassers in der Speisewasserpumpe auf einen Druck zwischen 30 und 300 bar gebracht (0  1). Die Wärmezufuhr erfolgt in einem Dampferzeuger, in dem das Wasser zunächst auf die dem Betriebsdruck entsprechende Siedetemperatur erwärmt wird (1  2), verdampft (2  3) und schließlich auf Temperaturen zwischen 400 und 600 °C überhitzt wird (3  4). Der so erzeugte Frischdampf wird anschließend in einer Dampfturbine auf den im Kondensator herrschenden Druck entspannt (4  5). Die dabei geleistete Arbeit wird im Generator in elektrischen Strom umgewandelt. Die Wärmeabfuhr erfolgt im Kondensator nahezu bei Umgebungstemperatur (5  0).

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken 4

137

Dampfturbine

Dampferzeuger 2 , 3 Speisewasserpumpe

1

Generator 5

Kondensator Speisewasserbehälter

0

Abb. 3.24: Prozessschaltbild eines einfachen Dampfkraftprozesses

Die ablaufenden Zustandsänderungen werden üblicherweise im T,s-Diagramm dargestellt (Abb. 3.25). Erwärmung, Verdampfung und Überhitzung (1  4) erfolgen genau wie die Kondensation (5  0) im idealen Clausius-Rankine-Prozess isobar, während die Druckerhöhung in der Speisewasserpumpe (0  1) und die Entspannung in der Dampfturbine (4  5) idealerweise reversibel adiabat, also isentrop ablaufen. Bevor das kondensierte Wasser zurück in den Dampferzeuger gepumpt wird, wird es mit Kondensatpumpen in einen Speisewasserbehälter gepumpt, in dem es auf Temperaturen von über 100 °C erwärmt wird. Diese Erwärmung ist aus betrieblichen Gründen notwendig, um eventuell im Speisewasser gelösten Sauerstoff zu entfernen und dadurch Korrosionsschäden vorzubeugen. Die Speisewasservorwärmung wird aber auch eingesetzt, um den Wirkungsgrad des Kreisprozesses zu steigern. Zu diesem Zweck werden weitere Speisewasservorwärmer vorgesehen, die mit Anzapfdampf aus der Turbine beheizt werden (Abb. 3.26). Dieser Anzapfdampf bestimmt den Druck und damit die Temperaturniveaus in den Speisewasservorwärmern und damit auch die Erwärmung des Speisewassers. Durch die Entnahme von Dampf aus der Turbine steht zwar weniger Dampf für die Stromerzeugung zur Verfügung, der Leistungsminderung steht aber eine Erhöhung des Wirkungsgrades gegenüber (siehe Kap. 3.2.1.2).

138

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung 800

600

4

500 400 3

2

5 ba r

300

20 ba r

30 200 0 bar 100 b bar a r 60 ba r

200

1 ba r

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

700

100 0

1 0

0

0,1 bar

1

2

3

4

5

6

7

5

8

Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

Abb. 3.25: Einfacher Dampfkraftprozess (Clausius-Rankine-Prozess) im T,s-Diagramm

Ein weiterer erwünschter Effekt stellt sich durch die Speisewasservorwärmung dadurch ein, dass sich der Dampfvolumenstrom im Niederdruckteil der Turbine reduziert. Im Niederdruckteil sind aufgrund der geringen Dichte des Dampfstromes die Strömungs-Querschnitte und die Schaufellängen sehr groß. Niederdruckturbinen sind daher überproportional teuer und erreichen nur deutlich geringere Wirkungsgrade als Hochdruckturbinen. Durch die regenerative Speisewasservorwärmung reduzieren sich also auch die spezifischen Investitionskosten für die Dampfturbine. Eine weitere, übliche Maßnahme zur Erhöhung des Wirkungsgrades ist die Zwischenüberhitzung des Dampfes. Dabei wird der Frischdampf zunächst in einer Hochdruckturbine auf Drücke um 50-60 bar entspannt und anschließend in den Dampferzeuger zurückgeführt. Dort wird der Dampf erneut auf Temperaturen bis 600 °C erhitzt und schließlich vollständig in der Dampfturbine entspannt. Die Zwischenüberhitzung ist konstruktiv sehr aufwändig und wegen der hochwertigen Materialien sehr teuer. Meist wird deshalb nur eine einfache Zwischenerhitzung eingesetzt. Nur in Ausnahmefällen wurde auch eine doppelte Zwischenüberhitzung realisiert. Ein gewünschter Nebeneffekt der Zwischenüberhitzung besteht darin, dass sich die Dampfnässe des Dampfes im Niederdruckteil reduziert. Der Entspannungsverlauf in der Dampfturbine wird üblicherweise im h,s-Diagramm dargestellt (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. und Abb. 3.27).

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

139

Zwischenüberhitzer

Überhitzer

HochdruckDampfturbine

NiederdruckDampfturbine

HochdruckSpeisewasservorwärmer

Generator

Speisewasserpumpe Speisewasserbehälter

Kondensator NiederdruckSpeisewasservorwärmer Kondensatpumpe

Abb. 3.26: Prozessschaltbild eines Zwischenüberhitzung

Dampfkraftprozesses

mit

Speisewasservorwärmung

und

Im h,s-Diagramm in Abb. 3.27 wird deutlich, dass sich durch die Zwischenüberhitzung eine geringere Dampfnässe einstellt. Dampfturbinen tolerieren nur Dampfnässen bis ca. 15%, weshalb Kraftwerke mit hohen und überkritischen Frischdampfdrücken nur mit Zwischenüberhitzung realisiert werden können. Hohe Dampfnässen entstehen auch, wenn die maximale Frischdampftemperatur auf vergleichsweise niedrige Temperaturen begrenzt ist. Dies ist zum Beispiel bei Kernkraftwerken der Fall. Die Turbinen in Druckwasser- oder Siedewasserreaktoren sind deshalb stets mit aufwändigen Entwässerungssystemen ausgestattet. Der Clausius-Rankine-Prozess eignet sich in zweifacher Hinsicht besonders für den Einsatz in Wärmekraftwerken. Zum einen erfolgt die Wärmeabfuhr an die Umgebung isotherm und bei sehr niedriger Temperatur. Kondensatoren werden nahezu bei Umgebungstemperatur betrieben. In besonders günstigen Fällen, beispielsweise bei Dampfkraftwerken mit Fließoder Meerwasserkühlung, kann die Abwärme sogar bei noch tieferer Temperatur abgeführt werden.

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

3800

3200

r ba 1

2800

x=1

2600

x=

2400

x=

x=

0,9

0,8

300 °C

r ba

200 °C ar b °C 0,3 r 100 ba r 0,1 a 3b r a 0,0 1b 0,0

0,7

2000

400 °C

3

3000

2200

500 °C

10

3400

600 °C

ba r

Z üb wisch erh en itzu ng

Enthalpie h in kJ/kg

3600

700 °C

30 ba r

30 0b ar

4000

10 0b ar

140

5,0

5,5

6,0

6,5

7,0

7,5

8,0

8,5

9,0

Entropie s in kJ/kg K

Abb. 3.27: Entspannungsverlauf in der Dampfturbine mit Zwischenüberhitzung (h,s-Diagramm)

Auch der zweite, wesentliche Vorteil des Clausius-Rankine-Prozesses beruht auf dem niedrigen Temperaturniveau der Wärmeabfuhr. Dadurch kann auch die Rauchgaswärme ideal genutzt werden. Bei einfachen Dampfkraftprozessen ohne aufwändige Speisewasservorwärmung kann das Rauchgas auf Temperaturen abgekühlt werden, die nur von weiteren physikalischen Randbedingungen, wie dem Säuretaupunkt des Rauchgases oder die für den Kamin erforderliche Eintrittstemperatur, nach unten limitiert werden (Kap. 3.1.4.2). Der ClausiusRankine-Prozess erlaubt also prinzipiell auch eine sehr effiziente Nutzung des Rauchgases und kann deshalb für die ausschließliche Stromerzeugung mit wesentlich geringen Rauchgasverlusten betrieben werden als Gasturbinenkraftwerke, Stirlingmotoren oder auch Hochtemperaturbrennstoffzellen. Ein weiterer Vorteil des Dampfkraftwerkes ist die ideale Kombinierbarkeit von Wärmeerzeugung und Kreisprozess. Da die Verbrennung in einer eigenen Feuerung erfolgt, können auch kostengünstige Festbrennstoffe wie Kohle oder Altholz genutzt werden. Besonders in großen Kohlekraftwerken mit Kohlestaubfeuerungen kann die Verbrennung mit sehr niedrigem Luftüberschuss realisiert werden, was wiederum die Abwärmeverluste wesentlich reduziert. Ein wesentlicher Grund dafür, dass sich Dampfkraftwerke in den vergangenen Jahrzehnten in so großem Umfang durchsetzen konnten, besteht neben deren Eignung für kostengünstige Festbrennstoffe auch darin, dass mit erprobter Technik besonders große Kraftwerkseinheiten realisiert werden können. Die von den großen Energieversorgern an wenigen Standorten

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

141

betriebenen Großkraftwerke waren in der Vergangenheit ein Garant für ein Höchstmaß an Versorgungssicherheit. Diese Versorgungssicherheit konnte durch den Einsatz bewährter Technik, hohe Qualitätsstandards, besonders geschultem Fachpersonal und einen hohen Instandhaltungsaufwand gewährleistet werden.

3.2.1.2

Der thermische Wirkungsgrad von Dampfkraftwerken

Der Wirkungsgrad von Dampfturbinenkraftwerken wird berechnet, indem schrittweise die den einzelnen Komponenten zu- und abgeführten Wärmeströme und die zu- und abgeführte Arbeit bilanziert werden. Für die Berechnung des Prozesses sind neben den Wirkungsgraden der Komponenten Angaben zu den Zustandsgrößen im Wasser-Dampf-Kreislauf wie Sättigungstemperaturen und Drücke, Enthalpien und Entropien notwendig. Für die Berechnung dieser Zustandsgrößen werden Wasserdampftafeln [2.22] oder h,s-Diagramme verwendet. Für die rechnergestützte Prozessrechung werden aus experimentellen Daten abgeleitete Zustandsgleichungen verwendet, die in Kreislaufrechenprogrammen oder als Programmbibliotheken umgesetzt und kommerziell erhältlich sind (siehe Kap. 2.2.3).

Beispiel: Berechnung eines Dampfkraftprozesses In einem Dampfkraftwerk erzeugt der Dampferzeuger 18 t/h Frischdampf mit 500 °C und 60 bar, der in einer Kondensationsturbine auf 30 °C entspannt werden soll. Das Kondensat wird mit der Speisewasserpumpe ohne Vorwärmung in den Dampferzeuger gepumpt Ziel ist die Berechnung der elektrischen Netto-Leistung und des elektrischen NettoWirkungsgrades.

Dampfturbine

Dampferzeuger

Generator Speisewasserpumpe

Kondensator Speisewasserbehälter

Angaben: Frischdampfmassenstrom Frischdampftemperatur Frischdampfdruck Kondensationstemperatur Dampferzeugerwirkungsgrad

5 kg/s (=18 t/h) 500 °C 60 bar 30 °C 90%

 FD m

TFD pFD TKO

ηDE

innerer Wirkungsgrad der Speisewasserpumpe el. Wirkungsgrad des Speisewasserpumpen-Motors innerer Wirkungsgrad der Dampfturbine mechanischer Wirkungsgrad der Dampfturbine Generator-Wirkungsgrad

ηi,SWP ηM ηi,T ηmech ηG

75% 95% 80% 95% 98%

142

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

1.Schritt: Berechnung der elektrischen Leistung der Speisewasserpumpe Die elektrische Leistung der Speisewasserpumpe errechnet sich aus der Enthalpieerhöhung des Speisewassers (dh = v dp) und den Wirkungsgraden von Pumpe und Motor Pel ,SWP =

∆p SWP 1 ⋅ ⋅ m FD ηi ,SWP ⋅ η M ρ SW (30 °C ) =

(60 − 0 ,042 ) ⋅ 10 2 kPa ⋅ 5 kg s = 42 ,3 kW 1 ⋅ 0 ,75 ⋅ 0 ,95 995 ,7 kg m³

2.Schritt: Berechnung der Temperaturerhöhung in der Speisewasserpumpe Die Erwärmung des Speisewassers in der Speisewasserpumpe errechnet sich aus der Enthalpieerhöhung ∆TSWP =

∆p SWP 1 ⋅ ηi ,SWP c p ,SW (30 °C ) ⋅ ρ SW (30 °C ) =

(60 − 0 ,042 ) ⋅ 10 2 kPa = 1,9 K 1 ⋅ 0 ,75 4 ,17 kJ K ⋅ kg ⋅ 995 ,7 kg m³

3.Schritt: Berechnung der Feuerungswärmeleistung des Dampferzeugers Für die Berechnung der Feuerungswärmeleistung ist die Enthalpieänderung im Dampferzeuger zu bilanzieren.

(

m Q DE = FD ⋅ hFD (500 °C ,60 bar ) − c p ,SW (31,9 °C ) ⋅ TSW η DE =

1 kg ⋅5 ⋅ 0 ,9 s

)

  kJ kJ  3422 − 4 ,17 ⋅ 31,9 °C  = 18 ,317 MW ⋅ kg K kg  

4. Schritt: Berechnung der elektrischen Leistung der Turbine Für die Berechnung der Leistung der Turbine ist zunächst aus einer Wasserdampftafel oder einem h,s-Diagramm die Enthalpie des Abdampfes am Turbinenaustritt bei isentroper Entspannung zu bestimmen:

kJ kJ   hs ,KO = h(s FD (500 °C ,60 bar ), p ′ (TKO )) = h  6 ,88 , 0 ,042 bar  = 2076 K kg   Die tatsächliche Enthalpie des Abdampfes errechnet sich dann aus dem isentropen Wirkungsgrad der Dampfturbine ηi

hKO = hFD − ηi ,T (hFD − hs ,KO ) = = 3422

 kJ kJ kJ  kJ − 0 ,8 ⋅  3422 − 2076  = 2345 kg kg kg kg  

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

143

Mit dieser Austrittsenthalpie kann schließlich die elektrische Leistung der Dampfturbine berechnet werden:

Pel ,T = η mech η G ⋅ m FD (h FD − h KO ) =  kJ kJ  = 0,95 ⋅ 0,98 ⋅ 5 kg s ⋅  3422 − 2348  = 5013 kW kg kg   5.Schritt: Berechnung des elektrischen Wirkungsgrades des Prozesses Der elektrische Netto-Wirkungsgrad errechnet sich aus der elektrischen Leistung der Turbine und der Speisewasserpumpe und der Feuerungswärmeleistung des Dampferzeugers η el =

Pel ,T − Pel , SWP 5013 − 42,3 = = 27 ,1 % 18317 Q DE

Wirkungsgradverbessernde Maßnahmen beim Clausius-Rankine-Prozess Wesentlichen Einfluss auf den Wirkungsgrad des Clausius-Rankine-Prozesses haben naturgemäß Temperatur und Druck des Frischdampfes. In Abb. 3.28 ist der Einfluss der Frischdampfparameter auf den elektrischen Wirkungsgrad dargestellt. Die mittlere Temperatur der Wärmezufuhr nimmt mit steigender Frischdampftemperatur zu. Aus Abb. 3.28 wird deutlich, dass auch der Frischdampfdruck stark in die Erhöhung des Wirkungsgrades eingeht. Dies liegt daran, dass das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr bei unterkritischen Dampferzeugern wesentlich von der Verdampfungstemperatur bestimmt wird. Die Verdampfungstemperatur steigt wiederum mit dem Frischdampfdruck und wirkt sich auf die Erhöhung der mittleren Temperatur der Wärmezufuhr stärker aus, als die Erhöhung der Maximaltemperatur am Überhitzeraustritt (Abb. 3.29). Um das Temperaturniveau der Wärmezufuhr anzuheben, wird das Speisewasser so weit wie möglich, in der Regel bis nahezu Sättigungstemperatur vorgewärmt. Dazu wird auf verschiedenen Druckniveaus Dampf aus der Turbine entnommen. Neben der Wirkungsgradsteigerung wird die regenerative Speisewasservorwärmung auch aus betrieblichen Gründen eingesetzt. So wird stets auch ein Speisewasservorwärmer als Mischvorwärmer ausgeführt. Dieser ‚Speisewasserbehälter’ oder ‚Entgaser’ erfüllt vor allem zwei Zwecke. Zum einen dient er als Pufferbehälter und zum anderen muss das Speisewasser erwärmt werden, um Sauerstoffreste, die beispielsweise durch das Vakuum im Kondensator oder durch die Zugabe von Frischwasser in den Wasserdampfkreislauf eingebracht wurden, zu entfernen. Die Löslichkeit des Sauerstoffes verringert sich mit zunehmender Temperatur. Im Speisewasserbehälter entweicht also der zuvor gelöste Sauerstoff und wird über eine Brüdendampfleitung an die Umgebung abgeleitet.

144

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

fmp C da 600° h c r s Fri eratu 0°C p m 57 te

8%

°C 540

6%

°C 510

4% 2% 0%

16%

8

14%

6

A Vor nzahl wä der rms tufe n

Änderung des thermischen Wirkungsgrades

Änderung des thermischen Wirkungsgrades

10%

8

18%

12%

12% 10% 8%

4 2

6% 4% 2% 0%

80

100

120

140

50

0

160

Frischdampfdruck in bar

100

150 200 250

300

350

Vorwärmtemperatur in °C

Abb. 3.28: Änderung des thermischen Wirkungsgrades durch eine Anhebung der Frischdampfparameter und durch die regenerative Speisewasservorwärmung [2.25]

800 300 200 b bar 1 00 b a r 60 ba ar r

600 500 200 bar

300

60 bar 20 bar

200 100 0

r

5 ba r

400

1 ba

Temperatur des Arbeitsfluids T in °C

700

0,1 bar

0

1

2

3

4

5

6

7

8

Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK Abb. 3.29: T,s-Diagramm des Clausius-Rankine-Prozesses bei unterschiedlichen Drücken im Dampferzeuger

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

145

In sehr großen Kohle- oder Kernkraftwerken werden bis zu acht Speisewasservorwärmer eingesetzt. Die Berechnung des Wirkungsgrades des Kraftwerks wird durch die regenerative Speisewasservorwärmung deutlich aufwändiger. Durch die Wärmeübertragerfläche und den Betriebsdruck der Vorwärmer ist vorgegeben, wie viel Dampf aus der Turbine entnommen wird. Der Betriebsdruck des Speisewasservorwärmers wird dabei von der Position der Anzapfung in der Turbine vorgegeben. Eine weitere übliche wirkungsgradverbessernde Maßnahme für sehr große Anlagen ist, wie bereits oben beschrieben, die Zwischenüberhitzung des Dampfes. Dabei wird Dampf, der zuvor in einer Hochdruckturbine entspannt wurde, wieder zurück in den Dampferzeuger geleitet und ein zweites, in seltenen Fällen auch ein drittes Mal überhitzt. Auch dadurch erhöht sich das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr und damit der elektrische Wirkungsgrad des Gesamtprozesses. Ein wesentlicher Vorteil der Zwischenüberhitzung ist auch, dass sich gerade bei Prozessen mit hohen Dampfdrücken die Dampfnässe in der Turbinenendstufe wesentlich verringert.

3.2.1.3

Der Dampfkraftprozess im Q,t-Diagramm

Die Exergieverluste im Dampfkraftprozess beruhen im Wesentlichen auf den hohen Temperaturdifferenzen im Dampferzeuger. Aufgrund der zur Verfügung stehenden Materialien ist die maximale Prozesstemperatur bei Dampfkraftprozessen heute auf maximal 600°C limitiert. Ein wesentlicher Vorteil des Dampfkraftprozesses besteht darin, dass durch den effizienten Wärmeübergang im Verdampfer die Verbrennung bei hohen Temperaturen und damit mit geringem Luftüberschuss erfolgen kann. Zudem kann die Rauchgastemperatur im Gegensatz zum Carnot- oder Stirling-Prozess (siehe Abb. 2.23) auch auf niedrigem Temperaturniveau genutzt werden. Dem daraus resultierenden Wirkungsgradvorteil stehen aber die hohen Exergieverluste bei der Wärmeübertragung im Dampferzeuger gegenüber. Wesentliche Wirkungsgradverbesserungen würden daher eine signifikante Erhöhung der Frischdampfparameter erfordern. Wie in Abb. 3.30 deutlich wird, wirkt die regenerative Speisewasservorwärmung einer effizienten Nutzung der Rauchgaswärme entgegen. Dem erhöhten Wirkungsgrad des Clausius-Rankine-Prozesses steht bei der regenerativen Speisewasservorwärmung also eine verminderte Rauchgasausnutzung gegenüber, die nur durch einen nachgeschalteten Luftvorwärmer kompensiert werden kann. Zu beachten ist bei dieser Darstellung, das in real ausgeführten Dampferzeugern die Verdampfer im Bereich der höchsten Rauchgastemperaturen angeordnet sind, da die hohen Wärmestromdichten im Feuerraum nur durch den exzellenten Wärmeübergang beim Sieden im Verdampfer abgeführt werden können.

146

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung 2000 1800

Ra uch ga ste mp era tur

Temperatur in °C

1600 1400 1200 1000 800 600 400

Übe rhitz ung

Expansionsarbeit 200 in der Turbine 0 0%

Erwä rmun g

Verdampfung

regenerative Speisewasservorwärmung

isotherme Wärmeabfuhr 20%

40%

60%

80%

100%

Brennstoffwärme Q Wärmenutzungsgrad ("Kesselwirkungsgrad") thermischer Wirkungsgrad

ηK = 80 - 95 % Rauchgasverluste

ηth = 30 - 45 % Abwärmeverluste des Clausius-Rankine-Prozesses

Abb. 3.30:

Q,t-Diagramm eines einfachen Dampfkraftprozesses (Frischdampfparameter 60 bar, 550°C)

Bei ausgeführten Anlagen erhöht sich zudem der Kesselwirkungsgrad, da als letzte Heizfläche stets ein Luftvorwärmer im Dampferzeuger vorgesehen ist (siehe Kap. 4.1.2). Bei großen, kohlegefeuerten Kraftwerksblöcken sind dem eigentlichen Dampferzeuger aufwändige Wärmeverschiebesysteme nachgeschaltet, die eine weitere Abkühlung der Rauchgase vor dem Eintritt in die Rauchgasentschwefelungsanlage und deren Wiederaufheizung vor dem Einleiten in den Kamin ermöglichen.

3.2.2

Gasturbinen-Kraftwerke

3.2.2.1

Der Joule-Prozess (einfacher Gasturbinenprozess)

Der thermodynamische Vergleichsprozess für Gasturbinensysteme ist der Joule-Prozess (Abb. 3.31). Ein Verdichter komprimiert Luft aus der Umgebung auf Drücke zwischen 8 und 32 bar (1  2). Die Luft erwärmt sich dabei auf Temperaturen zwischen 300 und 650 °C.

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

147

Brenngas

Brennkammer 800 - 1500 °C

8 - 32 bar

3 2 Verdichter

Turbine

1

Generator 4

Rauchgas

Luft

440 - 620 °C

Abb. 3.31: Der einfache Gasturbinenprozess

In einer adiabaten Brennkammer wird so viel Brenngas zugegeben, bis eine Gasturbineneintrittstemperatur von 800 – 1500 °C erreicht ist (2  3). Wie die Frischdampftemperatur im Dampfkraftwerk wird auch die Gasturbineneintrittstemperatur durch die zur Verfügung stehenden Materialien limitiert. Das heiße Rauchgas wird schließlich in der eigentlichen Turbine auf Umgebungsdruck entspannt und kühlt dabei auf Temperaturen zwischen 440 und 620 °C ab (3  4) [3.5]. Abgasmassenstrom und Abgastemperatur bestimmen die Abgasverluste der Gasturbine und damit den Wirkungsgrad des Gasturbinenprozesses.

r

ba

ba

3 5b

ar

10

1200

r

ba

10

1400

20

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

1600

40

0b

ar

1800

r

2000

1000 800 600

4

2

400

1

ba

200 0

6,5

1

7,0

7,5

8,0

Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK

Abb. 3.32: Der ideale Gasturbinenprozess im T,s-Diagramm

r

148

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Die Turbine treibt nicht nur den Generator, sondern gleichzeitig den Verdichter an. Verdichter, Turbine und Generator sitzen deshalb in der Regel auf derselben Welle (Einwellenmaschinen). Nur für kleinere Gasturbinen werden auch Zweiwellenmaschinen realisiert, bei denen Verdichter und Generator jeweils durch eine eigene Turbine angetrieben werden. In Abb. 3.32 ist der offene Gasturbinenprozess im T,s-Diagramm dargestellt. Beim idealen Jouleprozess erfolgt die Verdichtung der Ansaugluft (1  2) isentrop, die adiabate Erwärmung in der Brennkammer isobar (2  3) und die Entspannung in der Gasturbine wiederum isentrop (3  4). Geschlossen wird der Kreisprozess über den (isobaren) Luftaustausch mit der Umgebung (4  0). Gasturbinen kleiner Leistung sind meist Derivate von Flugtriebwerken und zeichnen sich durch besonders niedrige Investitionskosten aus. Im oberen Leistungsbereich werden dagegen Gasturbinen eingesetzt, die besonders für den stationären Einsatz optimiert wurden.

3.2.2.2

Der thermische Wirkungsgrad des einfachen GasturbinenProzesses

Der thermische Wirkungsgrad des idealen Jouleprozesses kann direkt aus den Zustandsänderungen berechnet werden. Ausschlaggebend ist ausschließlich das Druckverhältnis der Gasturbine, also das Verhältnis zwischen Brennkammerdruck und Umgebungsdruck [2.25]:

Der Wirkungsgrad des idealen Jouleprozesses Der Wirkungsgrad des idealen Joule-Prozesses errechnet sich unabhängig von der Turbineneintrittstemperatur TiT aus dem Druckverhältnis π =

p p2 = 3 p1 p4

zu η th = 1 − π



κ −1 κ

mit p2, p3 p1, p4

π κ

Druck in der Brennkammer in [bar] Umgebungsdruck in [bar] Druckverhältnis der Gasturbine Isentropenexponent der Luft und des Rauchgases [-]

Tatsächlich gilt dieser Wirkungsgrad nur für Gasturbinen mit isentroper Verdichtung und Entspannung. Für reale Gasturbinenprozesse stellt sich für den thermischen Wirkungsgrad ein Maximum bei einem optimalen Druckverhältnis ein, das neben den isentropen Wirkungsgraden von Verdichter und Turbine vor allem von der Gasturbineneintrittstemperatur t3

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

149

abhängt (Abb. 3.33). Eine zusätzliche Abweichung vom idealen Gasturbinenprozess ergibt sich daraus, dass sich auch der Isentropenexponent κ des Rauchgases gegenüber dem Isentropenexponent der Verbrennungsluft ändert.

thermischer Wirkungsgrad ηth

60%

r ideale ess z o r p le Jou

50% 40%

t3 = 1200 °C t3 = 1000 °C t3 = 800 °C

30% 20%

t3 =

10%

60 0° C

0% 0

5

10

15

20

25

Druckverhältnis π

Abb. 3.33: Abhängigkeit des thermischen Wirkungsgrades des Gasturbinenprozesses von der Turbineneintrittstemperatur t3 (isentroper Wirkungsgrad des Verdichters ηi,VD = 0,88, isentroper Wirkungsgrad der Turbine ηi,T = 0,9)

Für die Berechnung des Wirkungsgrades einer einfachen Gasturbine sind nacheinander die Zustandsänderungen in Verdichter, Brennkammer und Turbine zu betrachten:

Beispiel: Berechnung eines offenen Gasturbinenprozesses Bei einer Gasturbine mit dem Druckverhältnis von π = 16 ist die Gasturbineneintrittstemperatur auf 1200 °C begrenzt. Ziel der Berechnung ist die Bestimmung der elektrischen Leistung und des elektrischen Wirkungsgrades der Gasturbine: Angaben: Temperatur der Umgebungsluft Umgebungsdruck Temperatur des Brenngases Gasturbineneintrittstemperatur Ansaugluftmassenstrom

t1 p1 tB t3 m L

15 °C 1 bar 15 °C 1200 °C 13,22 kg/s

isentroper Wirkungsgrad des Verdichters isentroper Wirkungsgrad der Turbine mechanischer Wirkungsgrad der Gasturbine Generator-Wirkungsgrad Heizwert des Brenngases

ηi,VD ηi,T ηm ηG Hu

80,0% 88,0% 98 % 95 % 50303 kJ/kg

150

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung spez. Wärmekapazität des Brenngases cp,B spez. Wärmekapazität der Luft cp,L bei 1 bar spez. Wärmekapazität der Luft cp,L bei 16 bar spez. Wärmekapazität des Rauchgases cp,RG bei 1 bar spez. Wärmekapazität des Rauchgases cp,RG bei 16 bar Isentropenexponent der Luft κL bei 15° Isentropenexponent des Rauchgases κRG bei 1200°

2,169 kJ/kgK 1,004 kJ/kgK 1,033 kJ/kgK 1,093 kJ/kgK 1,163 kJ/kgK 1,4 1,266

1. Schritt: Berechnung der Verdichterendtemperatur Die Austrittsenthalpie der verdichteten Verbrennungsluft errechnet sich aus der Eintrittsenthalpie der Verbrennungsluft h1 = c p , L ⋅t 1 = 1,004

kJ kJ ⋅ 15 °C = 15,06 kgK kg

und Gl.(II-21) unter Vernachlässigung der Druckabhängigkeit der spezifischen Wärmekapazität cp und des Isentropenexponenten κ näherungsweise zu: κ L −1    p 2  κ L   h2 = h1 + − 1 = ⋅ c p ,L ⋅T1 ⋅   η i ,VD p  1     1,4 −1   1 kJ  16  1,4  − 1 = 452 ,1 = 15 ,06 + ⋅ 1,004 ⋅(15 + 273 ,15 ) ⋅   0 ,80 1 kg    

1

Dies entspricht einer Verdichterendtemperatur t2 von t2 =

h2 466 ,8 = = 437 ,6 °C c p ,L 1,033

2. Berechnung des Brenngasmassenstromes Aus der Bilanz um die Brennkammer

(m L + m B )⋅ c p,RG ⋅ t3 = m B ⋅ (c p,B ⋅ t B + H u ) +

m L ⋅ c p , L ⋅ t 2

errechnet sich der erforderliche Brennstoffmassenstrom zu

B = m

(

 L ⋅ c p ,RG ⋅ t 3 − c p ,L ⋅ t 2 m

)

c p ,B ⋅ t B + H u − c p ,RG ⋅ t 3 =

=

13 ,22 ⋅ (1,163 ⋅ 1200 − 1,093 ⋅ 437 ,6 ) = 0 ,2549 kg / s 2 ,169 ⋅ 15 + 50303 − 1,163 ⋅ 1200

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

151

3. Berechnung der Abgastemperatur t4 Die Abgastemperatur t4 errechnet sich aus der Enthalpie des Abgases mit den oben genannten Vereinfachungen nach Gl. (II-22) κ RG −1    p 4  κ RG  ⋅T3 ⋅ 1 −     p3  

   =   1,266 −1    1  1,266 = 1,163 ⋅ 1200 − 0 ,88 ⋅ 1,163 ⋅ (1200 + 273 ,15 ) ⋅ 1 −   16     h4 = h3 −η i ,T ⋅ c p ,RG

zu t4 =

 kJ   = 629 kg  

h4 629 ,6 = = 575 °C c p ,RG 1,093

4. Berechnung der elektrischen Leistung und des Wirkungsgrades Die Enthalpieänderungen in Verdichter und Turbine bestimmen schließlich die elektrische Leistung der Gasturbine  RG (h3 − h4 ) − m  L (h2 − h1 )) = 4238 kW Pel = η m ⋅η G ⋅ (Pi ,T − Pi ,VD ) = η m ⋅η G ⋅ (m

Der elektrische Wirkungsgrad der Gasturbine beträgt damit

η el =

Pel = 33 ,1% m B ⋅ H u

Bei der Berechnung der Gasturbine ist zu beachten, dass sich die spezifischen Wärmekapazitäten aufgrund der unterschiedlichen Druck- und Temperaturniveaus im Prozess ändern. Auch der Isentropenexponent κ ist druck- und vor allem temperaturabhängig und ändert sich zudem mit der Zusammensetzung des Rauchgases. Es ist allerdings hinreichend genau, für die Bestimmung von cp und κ zur Berechnung der isentropen Zustandsänderung den Zustand der Luft oder des Rauchgases am Eintritt des Verdichters oder der Turbine zu verwenden. Wichtig ist lediglich, für deren Bestimmung jeweils dieselben Zustände zugrunde zu legen. Wie bei den Dampfkraftwerken kann auch bei Gasturbinen durch eine Zwischenerhitzung der Wirkungsgrad gesteigert werden [2.25]. Realisiert wird dies durch eine gestufte Verbrennung in speziell entwickelten Ringbrennkammern, die mit besonders kurzen ‚Tütenbrennern’ in die Gasturbine integriert werden.

3.2.2.3

Der Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator)

Eine besondere Bauform des Gasturbinenprozesses sind Gasturbinenprozesse mit Rauchgaswärmeübertrager (Rekuperatorgasturbinen). Hier wird die Abwärme des Abgases genutzt, um die bereits verdichtete Verbrennungsluft vor dem Eintritt in die Brennkammer mit einem Luft/Rauchgas-Wärmeübertrager (Rekuperator) vorzuwärmen. Durch die Brennstoffeinspa-

152

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

rung kann der Wirkungsgrad der Gasturbine erhöht werden. Interessant ist dies besonders bei sehr einfachen, kleinen Gasturbinen mit niedrigem Verdichtungsverhältnis. 6 Rauchgaswärmeübertrager (Rekuperator)

Rauchgas 250 - 350 °C Brenngas

3

Brennkammer

3 - 5 bar

800 - 1000 °C

4

2

Verdichter

Generator

Turbine 1

Luft

5

Abb. 3.34: Der Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator-Gasturbine)

Bei Gasturbinen mit hohem Verdichtungsverhältnis ist die Verdichterendtemperatur bereits zu hoch, um durch das zur Verfügung stehende Gasturbinenabgas noch erwärmt werden zu können. Rekuperatorgasturbinen werden derzeit besonders als sogenannte Mikroturbinen für dezentrale Anwendungen entwickelt (Kap.3.3.4.3).

3.2.2.4

Der thermische Wirkungsgrad des Gasturbinen-Prozesses mit Wärmeübertrager

Die im Rekuperator übertragene Wärmemenge hängt vor allem vom Temperaturgefälle zwischen verdichteter Luft und Rauchgas ab. Besonders niedrige Abgastemperaturen sind deshalb vor allem dann zu erreichen, wenn die Verdichterendtemperatur niedrig bleibt, also bei geringer Druckerhöhung im Verdichter. Der thermische Wirkungsgrad hängt also neben dem Rekuperator-Wirkungsgrad vor allem vom Druckverhältnis der Turbine ab (Abb. 3.36). Dieses bedeutet, dass die RekuperatorGasturbine im Gegensatz zur einfachen Gasturbine mit sehr niedrigem Druckverhältnis betrieben werden muss, was sich wiederum günstig auf die Produktionskosten auswirkt und auch den Einsatz sehr kleiner Einheiten rechtfertigt. Bei idealen Zustandsänderungen und bei unendlich großem Wärmeübertrager kann das Rauchgas bis auf die Verdichterendtemperatur abgekühlt werden. Wie beim einfachen Gasturbinenprozess kann wieder ein maximaler theoretischer Wirkungsgrad für den idealen Gasturbinenprozess mit Rauchgas-Rekuperator abgeleitet werden [2.25]:

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

153

Der Wirkungsgrad des idealen Gasturbinenprozesses mit Wärmeübertrager Der Wirkungsgrad des idealen Gasturbinenprozess mit Rauchgas-Rekuperator errechnet sich unabhängig von der Turbineneintrittstemperatur TiT aus dem Druckverhältnis π=

p2 p1

zu κ −1

η th = 1 −

T1 π κ T3

mit p2 p1 T2 T1

Druck in der Brennkammer in [bar] Umgebungsdruck in [bar] Temperatur nach dem Verdichter in [K] Umgebungstemperatur in [K] Druckverhältnis der Gasturbine Isentropenexponent der Luft und des Rauchgases

π κ

Ausschlaggebend für den thermischen Wirkungsgrad einer realen Rekuperatorgasturbine sind vor allem die Abgasverluste und deshalb der Wirkungsgrad des Rekuperators: Definition des Rekuperator-Wirkungsgrades Der Wirkungsgrad des Rekuperators beschreibt die Temperaturerhöhung der Verbrennungsluft, bezogen auf die theoretisch maximal erreichbare Temperaturerhöhung [3.29] (Abb. 3.35) ε=

t3 − t2 t5 − t2

mit t2 t3 t5

Lufttemperatur am Rekuperatoreintritt in [°C] Lufttemperatur am Rekuperatoraustritt in [°C] Rauchgastemperatur am Rekuperatoreintritt in [°C]

Bei unendlich großem Wärmeübertrager ist der Wirkungsgrad 100% und die Brennkammereintrittstemperatur ist gleich der Abgastemperatur der Turbine t5. Vergleichbare Gasturbinen ohne Rauchgasrekuperator mit denselben Komponenten, würden bei offenen Gasturbinenprozessen lediglich Wirkungsgrade von 10 bis 12 Prozent erreichen (siehe Abb. 4.23). Technische Probleme bereitet derzeit vor allem der Rauchgasrekuperator, da hier große Wärmeströme bei großen Temperaturgradienten übertragen werden müssen und zum anderen niedrige Druckverluste realisiert werden müssen. Ein weiteres Problem besteht darin, dass durch die kompakte Bauform hohe Heizwerte des Brenngases erforderlich sind, und die Brennkammer zudem an die Zusammensetzung des Brenngases angepasst sein muss.

154

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung 2000 r r

ba ba

20

10

4

1000

5b

1200

ar

10

ba

r

1400

800 600

1

3

200 0

6,5

ba

r

5 6

t 3 - t2

400

t5 - t2

Temperatur des Arbeitsfluids t in °C

1600

40

0b

ar

1800

2 1

∆Q

7,0

8,0

7,5

Entropie des Arbeitsfluids s in kJ/kgK Abb. 3.35: Der Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator-Gasturbine) im T,s-Diagramm

TiT = 1000

60%

TiT = 800 40%

°C

°C

TiT = 600

π =1

thermischer Wirkungsgrad

80%

°C reale Rek gastu uperatorrbine

20%

0% 0

2

4

6

8

10

12

Druckverhältnis π Abb. 3.36: Idealer und realer Wirkungsgrad von Rekuperatorgasturbinen

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

3.2.2.5

155

Gasturbinenprozesse im Q,t-Diagramm

Die Betrachtung von Gasturbinenprozessen im Q,t-Diagramm vereinfacht sich gegenüber der Darstellung des Dampfkraftprozesses dadurch, dass die Verbrennungsluft und das Rauchgas die Arbeitsfluide des Kreisprozesses sind. Allerdings ist bei der Betrachtung der Gasturbinenprozesse zu berücksichtigen, dass die Verbrennungsluft schon mit einer erheblich erhöhten Temperatur in die Brennkammer eintritt. Die tatsächliche Gasturbineneintrittstemperatur ist also erheblich höher, als die nach Gleichung (III-2) aus dem Luftüberschuss berechnete adiabate Verbrennungstemperatur tad,0. Im Q,t-Diagramm kann die Verdichtung also als „Luftvorwärmung“ betrachtet werden. Da die Wärme für die Luftvorwärmung nicht unmittelbar aus dem Brennstoff entsteht, sondern durch eine prozessinterne Rückführung von Arbeit oder Wärme, ist es zweckmäßig, die Abszisse des Q,t-Diagramms entsprechend zu erweitern. Dadurch können im Q,t-Diagramm die Erwärmung der Luft im Verdichter und der Verdichtereigenbedarf unmittelbar abgelesen werden (siehe Abb. 3.37). Die Temperaturerhöhung durch die Verbrennung in der Brennkammer kann als Vertikale dargestellt werden, da dem der Brennkammer zugeführten Luft-Brennstoff-Gemisch bei der Verbrennung selbst keine Wärmeströme zugeführt werden, sondern die im Brennstoff enthaltene chemische gebundene Wärme lediglich in fühlbare Wärme umgewandelt wird. Aus der Darstellung im Q,t-Diagramms in Abb. 3.37 wird deutlich, dass die adiabate Verbrennungstemperatur tad,0, also die aus der Verbrennung des Brennstoffs ohne Luftvorwärmung resultierende Rauchgastemperatur, deutlich unter der tatsächlichen Brennkammertemperatur liegt. Die Verbrennung in der Gasturbinenbrennkammer erfolgt also mit erheblichem Luftüberschuss. 1600

3

1200 1000 800 600

Verbrennung

Temperatur in °C

1400

400 200

"Luftvorwärmung" durch den Verdichter

Turbineneintrittstemperatur t3

Exp ansi on

adiabate Verbrennungstemperatur tad,0

4 2

Verd ichtu ng

1

0 -60%

-40%

-20%

0%

20%

Luftvorwärmung

thermischer Wirkungsgrad Verdichter-Eigenbedarf

Turbinenaustrittstemperatur t4

40%

60%

80%

100%

Brennstoffwärme Q

ηth = 20-38% Nutzleistung

Rauchgasverluste ( = Abwärmeverluste des Joule-Prozesses)

Abb. 3.37: Q,t-Diagramm des einfachen Gasturbinenprozesses (vgl. Abb. 3.31)

156

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Luftvorwärmung im Rekuperator

Temperatur in °C

900 800 700 600 500 400

Turbineneintrittstemperatur t3

4 Ex pan

Verbrennung

1000

sio n

Wä isoba r me r e zuf u hr

3

300

5

Wä isob rm are ea bfu h

200

2

100

Turbinenaustrittstemperatur t4

Ve rd

adiabate Verbrennungstemperatur tad,0

6

r

ich tu

ng

1

0

"Luftvorwärmung" durch den Verdichter

-200%

-150%

-100%

-50%

Luftvorwärmung

Abgastemperatur t6

0%

50%

100%

Brennstoffwärme Q

thermischer Wirkungsgrad

ηth = 25 - 40 % Luftvorwärmung im Rekuperator

VerdichterEigenbedarf

Rauchgasverluste Nutz- (= Abwärmeverluste des leistung Joule-Prozesses)

Abb. 3.38: Q,t-Diagramm des Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator-Gasturbine, vgl. Abb. 3.33)

Wie in Kap. 3.1.4.3 beschrieben, wirkt sich die niedrige adiabate Verbrennungstemperatur und der entsprechend hohe Luftüberschuss besonders nachteilig auf die Nutzung der Abwärme, zum Beispiel in kombinierten Gas- und Dampfturbinen-Prozessen (Kap. 3.2.3) oder bei der Kraft-Wärme-Kopplung (Kap. 3.3) aus. Im obigen Beispiel errechnet sich die adiabate Verbrennungstemperatur nach Gleichung (III-2) aus dem Luftüberschuss und dem Heizwert des Brenngases: Beispiel:

Berechnung der adiabaten Verbrennungstemperatur bei Gasturbinenprozessen

Die adiabate Verbrennungstemperatur kann für die im Beispiel auf S. 149 berechnete Gasturbine unmittelbar aus dem Ansaugluftmassenstrom und dem berechneten Brennstoffmassenstrom berechnet werden gegeben: Ansaugluftmassenstrom m L Brennstoffmassenstrom m B

13,22 kg/s 0,2518 kg/s

Die aus der Brennstoffwärme resultierende adiabate Verbrennungstemperatur tad,0 errechnet sich aus Gleichung (III-2)

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

t ad ,0 =

157

Hu

(λ ⋅ l min + 1)⋅ c p, RG

und den Luft- und Brennstoffmassenströmen mit λ ⋅ l min =

m L m B

=

13,22 kg s kg = 52,5 0,2518 kg BS s kg BS

zu t ad ,0 =

Hu

(λ ⋅ l min + 1)⋅ c p, RG

=

50015

(52,5 + 1)⋅ 1,116

= 837 ,7 °C

Aus dem Luftbedarf für die vollständige Verbrennung nach Tab. 3.3 ergibt sich für die Verbrennung von Methan (lmin = 17,19 kg/kgBS ) ein Luftverhältnis 3,05.

In der Turbine kühlt sich das Rauchgas im Beispiel auf ca. 600 °C ab. Ein Teil der dabei umgesetzten Rauchgaswärme (ca. 350 K) stammt aus der Verdichtung der Verbrennungsluft. Der Rest (ca. 850 K) wurde mit der fühlbaren Wärme des Brennstoffes und der Luft vor dem Verdichter und mit der chemisch gebundenen Energie des Brennstoffes aufgebracht. Im Q,tDiagramm resultiert die während der Abkühlung von 1200 °C auf 600 °C umgesetzte Energie also nur zum Teil aus dem Brennstoff. Etwa zwei Drittel der umgesetzten Energie stammen aus der als „Verdichtereigenbedarf“ prozessintern zurückgeführten Wärme. Aus der Energiebilanz um die gesamte Turbine folgt, dass die Wärme des Rauchgases im Temperaturbereich von ca. 830 °C bis 600°C der elektrischen Leistung der Turbine entspricht. Noch deutlich größer ist der prozessintern zurückgeführte Wärmestrom bei der Rekuperatorgasturbine (Abb. 3.38). Hier trägt zusätzlich zum Verdichter die im Rekuperator übertragene Wärme zur Vorwärmung der Verbrennungsluft bei. Beispiel: Berechnung der adiabaten Verbrennungstemperatur einer Rekuperatorgasturbine Der Microturbinen-Hersteller Capstone spezifiziert für seine Mikroturbine 330 eine elektrische Leistung von 30 kW bei einem elektrischen Wirkungsgrad von 27% [3.39]. Bei einer Abgastemperatur von 261 °C verbleiben im Abgasmassenstrom 84,7 kW Wärme. gegeben: el. Leistung der Mikroturbine Pel el. Wirkungsgrad der Mikroturbine ηel Abgastemperatur tAbgas Abwärme im Abgas Heizwert des Erdgases Hu spez. Wärmekapazität des Rauchgases bei 1 bar cp,RG

30 kW 27 % 261 °C 84,7 kW 50303 kJ/kg 1,085 kJ/kgK

Aus der Definition des el. Wirkungsgrades errechnet sich der Brennstoffbedarf zu

158

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Pel η el ⋅ H u

m B =

=

30 = 0,0022 kg s 0,27 ⋅ 50303

Der Luftmassenstrom m L kann schließlich aus der im Abgas enthaltenen Wärme berechnet werden: m L =

Q Abgas c p , RG ⋅ t Abgas

− m B =

84,7 − 0,0022 = 0,297 kg s 1,085 ⋅ 261

Die adiabate Verbrennungstemperatur tad,0 resultiert wieder aus Gleichung (III-2) und den Luft- und Brennstoffmassenströmen λ ⋅ l min =

m L 0,297 kg s kg = = 135 m B 0,0022 kg BS s kg BS

zu t ad ,0 =

Hu

(λ ⋅ l min + 1) ⋅ c p, RG

=

50303

(135 + 1) ⋅ 1,085

= 340,9 °C

Aus dem minimalen Luftbedarf lmin errechnet sich mit dem minimalen Luftbedarf für die Verbrennung von Methan von 17,19 kg/kgBS (Tab. 3.3) ein Luftverhältnis 7,85.

Der Luftüberschuss der Mikroturbine ist also ein Vielfaches größer, als der Luftüberschuss eines einfachen Gasturbinenprozesses. Dies ist insbesondere dann von großer Bedeutung, wenn die Mikroturbine für die Kraft-Wärme-Kopplung eingesetzt werden soll (Kap. 3.3).

3.2.3

Kombinierte Kraftwerke

Um die Vorteile des Clausius-Rankine-Prozesses und des Joule-Prozesses gleichzeitig zu nutzen, entstanden in den vergangenen Jahren kombinierte Gas- und DampfturbinenKraftwerke. Bei diesen GuD-Kraftwerken wird Gas zunächst in einer Gasturbine zur Stromerzeugung genutzt. Die Abwärme der Gasturbine erzeugt in einem Abhitzedampferzeuger überhitzten Dampf, der in einem nachgeschalteten Dampfkraftprozess zusätzlich Strom erzeugt. Dadurch werden mit Erdgas als Brennstoff heute elektrische Wirkungsgrade von nahezu 60 Prozent erreicht. Neben der hervorragenden Brennstoffausnutzung zeichnen sich kombinierte Kraftwerke wie Gasturbinen auch durch geringe spezifische Investitionskosten aus. Der größte Anteil des Stromes wird in kombinierten Kraftwerken in der Gasturbine erzeugt. Das Abgas der Gasturbine wird in einen Abhitzedampferzeuger eingeleitet und dabei von ca. 500 – 600 °C auf unter 200 °C abgekühlt. Aufgrund der vergleichsweise geringen Rauchgastemperatur werden allerdings nur Frischdampftemperaturen von um 450 – 500 °C erreicht.

3.2 Stromerzeugung in Wärmekraftwerken

3.2.3.1

159

Der thermische Wirkungsgrad von kombinierten Kraftwerken

Im Vergleich zu herkömmlichen Dampfkraftwerken ist der Wirkungsgrad des nachgeschalteten Dampfkraftprozesses beim GUD-Kraftwerk geringer. Zum einen werden gerade in Industriekraftwerken nur relativ kleine Dampfturbinen eingesetzt und zum anderen können aufgrund der geringen Rauchgastemperatur nur moderate Frischdampfparameter erreicht werden. Die wesentliche Einschränkung ist aber der geringe Wärmenutzungsgrad des Abhitzedampferzeugers. Da Gasturbinen stets mit einem hohen Luftüberschuss betrieben werden (siehe Kap. 3.2.2), spielen die Abgasverluste für den GUD-Prozess eine wesentliche Rolle. Dabei erhöht der hohe Luftüberschuss in der Gasturbine die Abgasverluste nicht nur durch den hohen Rauchgasmassenstrom. Der hohe Rauchgasmassenstrom wirkt sich auch ungünstig auf die Abgastemperatur aus. Die minimal erreichbare Abgastemperatur wird durch die Grädigkeit des Abhitzedampferzeugers, also die minimale Temperaturdifferenz zwischen Rauchgas und Wasser im Abhitzedampferzeuger bestimmt. Wie im Q,t-Diagramm des Abhitzedampferzeugers (Abb. 3.14) deutlich wird, führt das ungünstige Verhältnis zwischen Massenstrom und Wärmekapazität von Rauchgas und Speisewasser dazu, dass im Economizer nur eine geringe Abkühlung der Rauchgase erreicht wird.

Abhitzedampferzeuger

Brenngas

Speisewasserpumpe

Brennkammer

Verdichter

Gasturbine Luft

Dampfturbine

Rauchgas

Generator

Entgaser

Kondensator

Abb. 3.39: Kombiniertes Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk mit Eindruck-Abhitzedampferzeuger

160

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Entscheidend für den Wirkungsgrad des GUD-Prozesses ist also nicht ein optimaler Wirkungsgrad des Dampfkraftprozesses, sondern die optimale Nutzung der im Gasturbinenabgas enthaltenen Wärme. Dies bedeutet, dass mit zunehmendem Frischdampfdruck zwar der Wirkungsgrad des Dampfturbinenprozesses steigt, der Gesamtwirkungsgrad aber unter Umständen aufgrund der höheren Abgastemperatur sinkt [3.67]. Auch die sonst übliche Speisewasservorwärmung verringert die Rauchgasausnutzung und wird deshalb, abgesehen vom Entgaser, beim GUD-Prozess nicht eingesetzt. 1600

1200 1000

Verbrennung

Temperatur in °C

1400

800 600 400

"Luftvorwärmung" durch den Verdichter

0 -60%

adiabate Verbrennungstemperatur tad,0 Turbinenaustrittstemperatur t4

Verd ichtu ng

200

Turbineneintrittstemperatur t3

Exp ansi on

-40%

-20%

0%

20%

Luftvorwärmung

thermischer Wirkungsgrad

Abgastemperatur

Wasser-DampfKreislauf 40%

60%

80%

100%

Brennstoffwärme Q

ηth = 35 - 58%

Verdichter-Eigenbedarf Nutzleistung der Gasturbine

Rauchgasverluste

Abwärmeverluste des Nutzleistung der Dampfkraft-Prozesses Dampfturbine

Abb. 3.40: Q,t-Diagramm des GUD-Prozesses

Eine übliche Methode, um die Rauchgasausnutzung zu erhöhen, sind Zwei- oder DreidruckAbhitzedampferzeuger. Durch die Einführung einer zweiten Druckstufe können die Temperaturdifferenzen zwischen Speisewasser und Abgas wesentlich verringert werden.

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

3.3

Kraft-Wärme-Kopplung

3.3.1

Energiebilanz der Kraft-Wärme-Kopplung

3.3.1.1

Stromanteil und Stromkennzahl

161

Eine besonders wirksame Möglichkeit, den Brennstoffausnutzungsgrad bei der Stromerzeugung zu erhöhen, besteht darin, die Abwärme einer Arbeitsmaschine für Heizzwecke zu nutzen. Bei den meisten Prozessen zur Stromerzeugung lohnt sich die Kraft-WärmeKopplung alleine deshalb, weil die Abwärme einer Arbeitsmaschine auf hohem Temperaturniveau anfällt und sich der Wirkungsgrad der Stromerzeugung durch die nachgeschaltete Abwärmenutzung nicht mindert. Dies ist beispielsweise bei Gasturbinenprozessen und bei Otto- oder Dieselmotoren generell der Fall. Zwar verringert sich durch die Kraft-WärmeKopplung in der Regel die Brennstoffausnutzung gegenüber der alleinigen Erzeugung von Wärme, da aber auf eine Stromerzeugung nicht generell verzichtet werden kann, verbessert die Nutzung der Abwärme stets die Brennstoffausnutzung. Differenzierter ist die Situation zu betrachten, wenn für die Wärmeerzeugung nicht Abwärme auf hohem Temperaturniveau genutzt werden soll, sondern Wärme, die ansonsten für die Stromerzeugung zur Verfügung stehen würde. So wird beim Dampfkraftprozess für die Wärmeerzeugung Dampf aus der Turbine entnommen, der dann nicht mehr für die Stromerzeugung zur Verfügung steht. In diesem Fall sind Strom und Wärme im Einzelfall zueinander zu gewichten um die Effizienz eines Prozesses zu bewerten. Die Kraft-Wärme-Kopplung wird oft dadurch in Frage gestellt, dass es durchaus effizienter sein kann, Strom und Wärme getrennt zu erzeugen (s.u.). Da die Brennstoffausnutzung der alleinigen Wärmeerzeugung stets höher ist, als bei der Kraft-Wärme-Kopplung und zudem die elektrischen Wirkungsgrade großer, hocheffizienter Kraftwerke stets besser sind, als die elektrischen Wirkungsgrade von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen kleinerer Leistung, kann es, global betrachtet, energetisch günstiger sein, Strom und Wärme getrennt zu erzeugen. Zudem ist sowohl die Anlagengröße als auch die Anlagenauslastung stark von den zu versorgenden Wärmeverbrauchern abhängig. Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen können daher nicht zu jeder Zeit zur Deckung des Strombedarfs eingesetzt werden. Für die energetische Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung wird der in Kap. 2.1.1.2 definierte Brennstoffausnutzungsgrad oder auch der spezifische Brennstoffverbrauch herangezogen. Dabei ist Strom stets als die höherwertige Energie zu betrachten, da die Umwandlung von Strom in Wärme stets vollständig erfolgen kann, während die Umwandlung von Wärme in Strom immer durch den Carnot-Wirkungsgrad limitiert wird, also stets nur teilweise möglich ist. Um den Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung sinnvoll beurteilen zu können, muss also neben dem Brennstoffausnutzungsgrad immer angegeben werden, in welchem Verhältnis zueinander Strom und Wärme erzeugt werden. Üblich ist die Verwendung einer aus dem Verhältnis der Strom- zur Nutzwärmeerzeugung gebildeten Stromkennzahl σ:

162

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Definition der Stromkennzahl σ Die Stromkennzahl ist das Verhältnis der erzeugten elektrischen Leistung Pel zur Nutzwärmeleistung Q N : σ=

Pel Q N

Gl. (III-5)

Eine mittlere Stromkennzahl errechnet sich entsprechend aus der erzeugten Arbeit und Wärme σ=

Wel QN

mit Pel

elektrische Netto-Leistung in [kWel] Nutzwärmeleistung in [kWth] elektrische Netto-Arbeit in [kWhel] Nutzwärme in [kWhth]

Q N

Wel

QN

Bei der Stromkennzahl σ = 0 wird ausschließlich Wärme, für σ → ∞ nur Strom erzeugt. Zweckmäßig ist auch die Definition eines Stromanteils, der die Stromerzeugung zur gesamten Nutzenergie ins Verhältnis setzt: Definition des Stromanteils x Der Stromanteil x ist das Verhältnis der erzeugten elektrischen Leistung bzw. Arbeit zur gesamten erzeugten Nutzleistung bzw. Nutzenergie:

x =

Pel Pel

+ Q N

=

η el ηB

bzw.

x =

Wel Wel + Q N

Gl. (III-6)

mit Pel

QN

elektrische Netto-Leistung in [kWel] Nutzwärmeleistung in [kWth] elektrische Netto-Arbeit in [kWhel] Nutzwärme in [kWhth]

ηel ηB

elektrischer Wirkungsgrad Brennstoffausnutzungsgrad

Q N

Wel

Für die energetische Beurteilung der Kraft-Wärme-Kopplung ist immer zu beachten, dass Endverbraucher nicht nur Wärme, sondern auch Strom benötigen. Das Verhältnis von

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

163

1000 800 600 400

Prozesswärme

Raumwärme

Ju li

Au gu st Se pte mb er Ok tob er No ve mb er De ze mb er

Y

Ju ni

Ap ril

Mä rz

Strom

0

Ma i

200

Ja nu ar Fe br ua r

Energiebedarf in der BRD in PJ

Stromverbrauch zu Wärmeverbrauch der Endnutzer ist selbstverständlich individuell verschieden und variiert zudem, als Zielgröße für Stromanteil und Stromkennzahl kann aber das Verhältnis zwischen dem energetischen Endverbrauch einer Volkswirtschaft in Form von Wärme und in Form von Strom herangezogen werden. Da Strom und Wärmeverbrauch sich im Jahresverlauf ändern, variieren auch Stromanteil und Stromkennzahl. In Abb. 3.41 ist die Änderung des Strom- und Wärmeverbrauchs dargestellt. Der über einen Monat gemittelte Stromverbrauch ändert sich dabei nur geringfügig, während der Raumwärmebedarf naturgemäß stark von der Jahreszeit abhängt. Richtwerte für den Anteil des monatlichen Wärmeverbrauchs am Jahreswärmeverbrauch sind in der VDI 2067 vorgegeben [3.101].

100% 90% 80% 70%

Stromkennzahl

60% 50% 40% 30% 20%

Stromanteil

10%

Au gu st Se pte mb er Ok tob er No ve mb er De ze mb er

Ju li

Ju ni

Ma i

Ap ril

Mä rz

0%

Ja nu ar Fe br ua r

mittlere Stromkennzahl und Stromanteil in der BRD

Abb. 3.41: Monatlicher Strom- und Wärmeverbrauch in der BRD in 1999/2000 (aus [3.90])

Abb. 3.42: Monatlicher Stromanteil in der BRD in 1999/2000 (aus [3.90])

164

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Setzt man voraus, dass der Prozesswärmebedarf übers Jahr weitgehend konstant bleibt, variierte der Stromanteil zwischen den Winter- und den Sommermonaten zwischen 20 und 38 %. Die Stromkennzahl bewegte sich entsprechend zwischen 0,2 und 0,6. (Abb. 3.42). Durch den Anstieg des Stromverbrauchs und die gleichzeitige Minderung des Wärmebedarfs durch Effizienzsteigerungen und eine verbesserte Gebäudedämmung stieg der Stromanteil in den Letzten Jahren erheblich (Tab. 3.7). Die Kraft-Wärme-Kopplung ist also daran zu messen, inwieweit der erforderliche Stromanteil von bis zu 40% - 50% gedeckt werden kann. Neben der jahreszeitlichen Schwankung ist auch zu beachten, dass das Verhältnis der erforderlichen thermischen und elektrischen Leistung im Vergleich zum gemittelten Strom- und Wärmebedarf im Tagesverlauf noch weitaus stärker variiert. Tab. 3.7:

Stromkennzahl und Stromanteil in der Bundesrepublik Deutschland

mittlerer Bedarf mit Warmwasser und Prozesswärme [1.7] 1996 2008

maximale Leistung (1995, ohne Prozesswärme [1.6]) Sommer Winter

3.3.1.2

mittlerer Stromanteil

mittlere Stromkennzahl

6005 5073

0,25 0,31

0,33 0,45

in [GW]

in [GW]

max. Stromanteil

max. Stromkennzahl

37 46

2 171

0,94 0,21

15 0,27

Strombedarf

Nutzwärmebedarf

in [PJ]

in [PJ]

1974 2272

Vergleich der Kraft-Wärme-Kopplung mit der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme

Die ‚Wirkungsgrad-Legende’ Die Forderung nach Kraft-Wärme-Kopplung wird meist damit begründet, dass sich die Brennstoffausnutzung durch die Nutzung der Abwärme der Stromerzeugung erhöht. Bei vereinfachter Betrachtung der Stromerzeugung ergeben sich für die Kraft-WärmeKopplung tatsächlich höhere Brennstoffausnutzungsgrade als bei der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme (Abb. 3.43). Die Betrachtung setzt allerdings KWK-Anlagen voraus, deren elektrischer Wirkungsgrad sich nicht wesentlich von dem der Stromerzeugung bei getrennter Erzeugung unterscheidet. Zu beachten ist dabei allerdings, dass sich bei der KraftWärme-Kopplung sowohl der elektrische Wirkungsgrad, als auch der Wärmenutzungsgrad

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

165

gegenüber der getrennten Erzeugung aufgrund der verringerten Anlagengröße und der in der Regel schlechteren Rauchgasausnutzung reduzieren (siehe Kap. 4.1.2). Zudem muss die Wärme der KWK-Anlage über ein Nah- oder Fernwärmenetz verteilt werden. Dadurch entstehen Verluste, die bei getrennter Erzeugung mit Kleinfeuerungen zur Wärmeversorgung nicht entstehen.

getrennte Erzeugung

Verluste der Stromerzeugung

KraftWärmeKopplung

60% G

40%

100%

Strom

30%

G

100%

Minderung des elektrischen Wirkungsgrades

60%

55 % Verluste der Wärmeerzeugung

(Nutz-) Wärme

55%

15% Verluste der KWK

5%

Brennstoffeinsatz 160% Verluste 65% Brennstoffausnutzungsgrad 60 %

Brennstoffeinsatz 100 % Verluste 15 % Brennstoffausnutzungsgrad 85 %

Abb. 3.43: Beispielhafter Vergleich der Kraft-Wärme-Kopplung mit der getrennten Erzeugung ohne Wärme-Verteilungsverluste

Der Brennstoffausnutzungsgrad ist bei vergleichbarem Kesselwirkungsgrad immer bei reiner Wärmeerzeugung am höchsten. Dies liegt daran, dass die Verluste bei der Wärmeerzeugung im Wesentlichen mit dem Abgas an die Umgebung abgeführt werden. Wird die im Kessel oder einer Brennkammer erzeugte Nutzwärme dagegen zur Stromerzeugung genutzt, entstehen aufgrund des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik unweigerlich zusätzliche Verluste. Sowohl für die Stromerzeugung, als auch für die Wärmeerzeugung wird Arbeitsfähigkeit des Rauchgases verbraucht. Bei der Stromerzeugung wird ein großer Teil der Arbeitsfähigkeit zur Erzeugung der Arbeit und zur Deckung der inneren Verluste genutzt. Bei der Wärmeerzeugung muss ein Teil der Arbeitsfähigkeit des Rauchgases verbraucht werden, um die Übertragung von Wärme zu ermöglichen. Dadurch verringert sich der Wirkungsgrad der Wärmenutzung, also der Kesselwirkungsgrad, mit abnehmender Exergie des Rauchgases. Bei der Kraft-Wärme-Kopplung kann also immer nur ein Teil der zur Verfügung stehenden

166

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Arbeitsfähigkeit für Strom- oder Wärmeerzeugung genutzt werden. Eine Reduzierung der für die Stromerzeugung zur Verfügung stehenden Arbeitsfähigkeit führt zur Verringerung des elektrischen Wirkungsgrades, eine Minderung der für die Wärmeerzeugung zur Verfügung stehenden Exergie reduziert den Wärmenutzungsgrad. Dadurch reduziert sich bei der Kraft-Wärme-Kopplung notwendigerweise auch der Gesamtwirkungsgrad gegenüber der reinen Wärmeerzeugung. Dies führt dazu, dass die Brennstoffausnutzung bei der Kraft-Wärme-Kopplung nicht notwendigerweise höher ist, als bei einer getrennten Erzeugung von Strom und Wärme. Abhängigkeit des Brennstoffausnutzungsgrades vom Stromanteil Der Brennstoffausnutzungsgrad hängt sowohl bei der Kraft-Wärme-Kopplung, als auch bei der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme in erster Linie vom Stromanteil x ab:

Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Der Stromanteil x nach Gleichung (III-6) errechnet sich aus x =

ηel , KWK Pel = ηB Pel + Q N

Bei gegebenem elektrischen Wirkungsgrad beträgt der Brennstoffausnutzungsgrad ηB daher ηB =

ηel , KWK x

Ist nicht der elektrische Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage, sondern der Kesselwirkungsgrad für die Nutzung der Abwärme der Stromerzeugung ηK,KWK gegeben, errechnet sich der Brennstoffausnutzungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung wegen η K , KWK =

η B − ηel , KWK 1 − ηel , KWK

zu ηB =

η K , KWK 1 − x + η K , KWK ⋅ x

mit Pel

Q N

el. Leistung in [kW] Nutzwärmeleistung in [kW]

ηK,KWK Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung ηB Brennstoffausnutzungsgrad ηel,KWK elektrische Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung x

Stromanteil nach Gl. (III-6)

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

167

Für x = 1 wird nur Strom erzeugt. Der Brennstoffausnutzungsgrad entspricht dann dem elektrischen Wirkungsgrad. Für den hypothetischen Fall x = ηel wird der Brennstoffausnutzungsgrad 100%. Dies bedeutet, dass die Abwärme der Stromerzeugung vollständig für die Wärmeerzeugung genutzt wird. (ηK,KWK = 100%). Auch bei der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme ist der Brennstoffausnutzungsgrad unmittelbar vom Stromanteil x abhängig. Der Brennstoffausnutzungsgrad errechnet sich wieder aus der erzeugten Nutzenergie und der eingesetzten Brennstoffwärme: Brennstoffausnutzungsgrad bei der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom Bei der getrennten Erzeugung errechnet sich der Brennstoffausnutzungsgrad aus der Nutzleistung und der Feuerungswärmeleistung der Stromerzeugungs- und der Wärmeerzeugungsanlagen: ηB =

Pel + Q N + Q

Q FWL,el

FWL , N

Die Feuerungswärmeleistungen werden dabei von den Wirkungsgraden der Einzelanlagen bestimmt: P Q N Q FWL,el = el und Q FWL, N = η el ηK

Wird unter der Verwendung des Stromanteils x für die Nutzwärmeleistung  = Pel (1 − x ) Q N x

eingesetzt, errechnet sich daraus für den Brennstoffausnutzungsgrad der getrennten Erzeugung die Gleichung ηB =

ηel ⋅ η K x ⋅ η K + (1 − x ) ⋅ ηel

mit Pel

el. Leistung in [kW]

Q N

Nutzwärmeleistung in [kW]

Q FWL,el

Feuerungswärmeleistung der Stromerzeugung in [kW]

Q FWL, N

Feuerungswärmeleistung der Nutzwärmeerzeugung in [kW]

ηK ηB ηel

Kesselwirkungsgrad des Wärmeerzeugers Brennstoffausnutzungsgrad elektrische Wirkungsgrad der Stromerzeugung Stromanteil nach Gl. (III-6)

x

168

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Die Abhängigkeit des Brennstoffausnutzungsgrades vom Stromanteil ist in den Abb. 3.44 und Abb. 3.45 dargestellt. In den Abbildungen wird deutlich, dass die Brennstoffausnutzung bei der getrennten Erzeugung tatsächlich höher sein kann, als bei den technisch und wirtschaftlich realisierbaren Systemen für die Kraft-Wärme-Kopplung. Besonders die getrennte Erzeugung in GUD-Anlagen und mit Brennwertkesseln erreicht Brennstoffausnutzungsgrade, die mit der Kraft-Wärme-Kopplung bei ähnlich hohen Stromanteilen nicht erreichbar sind. Dieser Vergleich erfordert allerdings eine sehr differenzierte Betrachtung. So ist die Minderung des Wärmenutzungsgrades bei der Abwärmenutzung bei kleinem Stromanteil wesentlich geringer als bei der Kraft-Wärme-Kopplung mit hohen elektrischen Wirkungsgraden. Anteil Wärmeerzeugung

Kraft-Wärme-Kopplung 100% 100%

80%

60%

40%

20%

ηK,KWK = 90 % 0%

ηK,KWK = 6

75%

Brennstoffnutzungsgrad

0%

getrennte Erzeugung GUD + Brennwertkessel: ηel = 60 % , ηK = 105 %

ηel,KWK = 30 % 50%

25%

BRD-Mix: ηel = 36 % , ηK = 90 %

Gasturbine + Ölkessel Bj. 1970 ηel = 20 %, ηK = 75 %

ηel,KWK = 20 %

ηel,KWK = 10 % 0% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Anteil Stromerzeugung Abb. 3.44: Vergleich der Kraft-Wärme-Kopplung mit der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme

Deshalb kann der Betrieb einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage selbst dann effizienter als die Kombination von GuD-Kraftwerken und Brennwertkesseln sein, wenn mit der KraftWärme-Kopplungs-Anlage nur ein elektrischer Wirkungsgrad von 10% erreicht wird und, wie bei Holzfeuerungen oft üblich, eine Rauchgaskondensation eingesetzt wird. Ein wesentlicher Beitrag zum Erreichen des erforderlichen Stromanteils von 20-40% (siehe Abb. 3.42) wird dadurch allerdings nicht geleistet. Auf der anderen Seite ist zudem zu beachten, dass bei der Kraft-Wärme-Kopplung in den meisten Fällen die Nutzwärme über große Verteilnetze zum Wärmeabnehmer transportiert werden muss. Die dabei anfallenden Wärmeverluste mindern wiederum den Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung und sprechen daher eher für eine getrennte

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

169

Erzeugung. In jedem Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Brennstoffausnutzung, die sich mit den Wirkungsgraden von durchschnittlichen Heizungsanlagen und Kraftwerken ergibt, fast immer geringer ist, als bei der Kraft-Wärme-Kopplung. In der Regel werden durch die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen Altanlagen substituiert, so dass die Kraft-Wärme-Kopplung in diesen Fällen stets eine verbesserte Brennstoffausnutzung nach sich zieht. Vor allem dann, wenn durch die Kraft-Wärme-Kopplung der Einsatz regenerativer Brennstoffe möglich wird, ist die Kraft-Wärme-Kopplung einer getrennten Erzeugung mit fossilen Energieträgern vorzuziehen. Anteil Wärmeerzeugung 100%

80%

60%

100%

20%

0%

w,KWK

Pelletofen ηK = 90%

0%

ηK,KWK = 6

75%

KWK ηel = 20%, mit Wärmeverteilung

50%

ηel,KW

ηel,KWK

Winter

erforderlicher 25% Stromanteil 0% 0%

20%

Sommer

Brennstoffnutzungsgrad

40%

KWK ηel = 20%, ohne = 90 % η Wärmeverteilung

40%

K

= 30

= 20

%

ηel,KWK = 10

%

60%

%

80%

BiomasseKraftwerk ηel = 35%

100%

Anteil Stromerzeugung Abb. 3.45: Brennstoffausnutzung und erforderlicher Stromanteil bei der Nutzung biogener Brennstoffe

170

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

3.3.2

Thermodynamische Bewertung der Kraft-WärmeKopplung

3.3.2.1

Q,t-Diagramm für die Kraft-Wärme-Kopplung

Die thermodynamische Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung ist stets problematisch, da keine allgemeingültige Bewertung des Stroms und der erzeugten Nutzwärme zueinander möglich ist. Einfache Bewertungsansätze mit Hilfe der Stromkennzahl berücksichtigen nicht das Temperaturniveau der Nutzwärme und führen damit beispielsweise zu einer ungleichen Bewertung des Wirkungsgrades von Gegendruckdampfturbinen bei unterschiedlichen Gegendrücken. Exergetische Bewertungsansätze sind wenig anschaulich. Zudem lassen sich wesentliche Exergieverluste, wie beispielsweise die Rauchgasverluste, nicht eindeutig der Strom- oder Wärmeerzeugung zuordnen. 2000

Wärmeerzeugung

Stromerzeugung

1800

Temperatur in °C

1600

Abgasverluste

1400

Rau chg ast em per atu r

1200 1000 800 600 400 200 0

0%

20%

40% 60% übertragene Wärme Q

Stromerzeugungsanteil xs

0%

el. Wirkungsgrad 0 % bei der KWK

ηel,KWK

Brennstoffausnutzungsgrad bei der KWK 0 %

ηel,KWK

80%

Wärmeerzeugungsanteil xw

100%

100 % 100 %

(1-xs) ηK,KWK

ηB,KWK Kessel-Wirkungsgrad 0% bei der KWK

Abb. 3.46: Q,t-Diagramm für die Kraft-Wärme-Kopplung

Verluste bei der Stromerzeugung

ηK,KWK

100 %

Abgasverluste 100 %

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

171

Ein einfacher Ansatz für die Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung besteht darin, den energetischen Aufwand für die Stromerzeugung und die Wärmeerzeugung getrennt zu betrachten und daraus einen Wirkungsgrad für die Stromerzeugung und die Wärmenutzung zu ermitteln, der unmittelbar mit der getrennten Erzeugung verglichen werden kann. Am Q,t-Diagramm (Abb. 3.46) lässt sich anschaulich darstellen, dass von der bei einer Verbrennung freigesetzten Wärmemenge Q tatsächlich ein Teil der im Rauchgas enthaltenen Brennstoffwärme der Erzeugung von Strom zugeordnet werden kann und ein Teil der Erzeugung von Nutzwärme. Zudem geht stets ein Teil der Rauchgaswärme als Abgasverlust verloren. Diese getrennte Betrachtung der für die Stromerzeugung und die Wärmeerzeugung eingesetzten Anteile der Brennstoffwärme erlaubt eine sehr anschauliche energetische Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung. Bei der Auftragung dieser Anteile im Q,t-Diagramm wird gleichzeitig das zur Verfügung stehende Temperaturniveau des Rauchgases und damit indirekt die für die einzelnen Prozessschritte zur Verfügung stehende Exergie veranschaulicht (siehe Kap. 2.2.4.2). Dadurch impliziert diese Darstellung indirekt auch eine exergetische Bewertung der KraftWärme-Kopplung. Wie im Folgenden gezeigt wird, können mit dem Stromerzeugungsanteil xs einfache Beziehungen zwischen dem elektrischen Wirkungsgrad einer Arbeitsmaschine mit und ohne Kraft-Wärme-Kopplung abgeleitet werden, die einen unmittelbaren Vergleich mit der getrennten Erzeugung erlauben. Wird der Anteil der für die Stromerzeugung genutzten Wärme an der gesamten Brennstoffwärme Q FWL mit Q S bezeichnet ergibt sich die folgende Definition für den in Abb. 3.46 dargestellten ‚Stromerzeugungsanteil’ xs:

Definition des Stromerzeugungsanteils xs Wie in Abb. 3.46 dargestellt, setzt sich die bei der Verbrennung freigesetzte Rauchgaswärme Q FWL = Q S + QW

zusammen aus der für die Stromerzeugung genutzten Brennstoffwärme Q S und der für die Nutzwärmeerzeugung eingesetzten Brennstoffwärme QW . Der in einer Arbeitsmaschine genutzte Stromerzeugungsanteil xS ist also xs

=

Q S Q FWL

Gl. (III-7)

Analog kann entsprechend ein Wärmeerzeugungsanteil xw xw =

QW  QFWL

definiert werden.

= 1 − xs

172

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung mit Q FWL Q

mit einem Brennstoff zugeführte Feuerungswärmeleistung in [kW]

QW

Brennstoffwärmeleistung für die Wärmeerzeugung in [kW]

S

Brennstoffwärmeleistung für die Stromerzeugung in [kW]

Dieser Stromerzeugungsanteil xs ist nicht zu verwechseln mit dem Stromanteil x nach Gl. (III-6). Im Gegensatz zum Stromanteil x beschreibt der Stromerzeugungsanteil xs nicht den Anteil des erzeugten Stroms an der insgesamt erzeugten Nutzenergie, sondern den Anteil der Brennstoffenergie, die ausschließlich der Stromerzeugung zugeordnet werden kann. Er kann also nicht wie der Stromanteil aus der elektrischen Leistung und der Nutzwärme berechnet werden, sondern muss mit dem elektrischen Wirkungsgrad und dem Kesselwirkungsgrad angegeben werden. Die Umrechnung des Stromerzeugungsanteils xs nach Gleichung (III-7) in den Stromanteil x nach Gl. (III-6) kann unmittelbar aus dem Brennstoffausnutzungsgrad abgeleitet werden:

Umrechnung zwischen Stromanteil x und Stromerzeugungsanteil xs Der Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung errechnet sich nach Abb. 3.46 aus η B = η el , KWK + (1 − x s )⋅ η K , KWK Mit der Definition des Stromanteils nach Gl. (III-6) x =

η el , KWK ηB

ergibt sich der Stromanteil x damit aus x =

η el , KWK

η el , KWK + (1 − x s ) ⋅ η K , KWK

mit

ηel,KWK ηK,KWK ηB xs x

elektrischer Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung Kessel-Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Brennstoffausnutzungsgrad nach Gl. (II-2) Stromerzeugungsanteil nach Gl. (III-7) Stromanteil nach Gl. (III-6)

Gl. (III-8)

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

3.3.2.2

173

Varianten der Kraft-Wärme-Kopplung

Je nachdem, ob für die Nutzwärme-Erzeugung ein Teil der im Rauchgas enthaltenen Wärme oder die Abwärme eines Kreisprozesses verwendet wird, sind verschiedene Varianten für die Realisierung der Kraft-Wärme-Kopplung möglich. Prinzipiell sind drei Fälle zu unterscheiden: 1. Fall: Die Abwärme der Stromerzeugung verbleibt vollständig im Rauchgas Der einfachste Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass die Brennstoffwärme einem System zugeführt wird, das unmittelbar elektrische Arbeit und Abwärme erzeugt. Dies entspricht der Situation bei offenen Gasturbinenprozessen. Hier wird bei der Verbrennung in der Brennkammer mit einem bestimmten Luftverhältnis ein Teil der Rauchgaswärme genutzt, um in der Turbine Arbeit zu erzeugen. Das Rauchgas verlässt die Turbine mit einer hohen Abgastemperatur, die schließlich für die Wärmeerzeugung genutzt werden kann. Die Abwärme der Stromerzeugung steht beim 1. Fall daher vollständig für die Nutzwärmeerzeugung zur Verfügung.

Q FWL Verbrennung

Q RG Stromerzeugung

Pel

Q RG Nutzwärmeerzeugung

Q N Q Abgas

Bei einer Verringerung des Stromerzeugungsanteils xs, also bei einer Erhöhung der Gasturbinenabgastemperatur, verringert sich im gleichen Maß der elektrische Wirkungsgrad. Dieser 1. Fall ist insbesondere auch dann von Bedeutung, wenn Prozesse mit Hochtemperatur-Brennstoffzellen betrachtet werden sollen. Bei Hochtemperatur-Brennstoffzellen werden in der Regel die gesamten Verluste mit dem Abgas abgeführt und stehen also wie bei den Gasturbinen vollständig für die Nutzwärmeerzeugung zur Verfügung. 2. Fall: Die Abwärme der Stromerzeugung verbleibt teilweise im Rauchgas Der zweite Fall der Kraft-Wärme-Kopplung unterscheidet sich vom ersten Fall dadurch, dass der Stromerzeugungsanteil der Brennstoffwärmeleistung nicht zu 100 % in Strom umgewandelt wird, sondern in Q FWL einem mit weiteren Verlusten behafteten Prozess genutzt wird. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn nur ein Teil Verbrennung der Rauchgaswärme auf einen Kreisprozess übertragen wird Q RG und der andere Teil der Rauchgaswärme für die NutzwärmeStromPel erzeugung eingesetzt wird. Ein Beispiel hierfür ist der erzeugung Stirlingprozess mit Abwärmenutzung. Das Rauchgas wird Q Abwärme Q RG zunächst abgekühlt, um die notwendige Wärme auf den NutzwärmeStirlingmotor zu übertragen. Der Rest der nutzbaren Q N erzeugung Rauchgaswärme wird wie bei der Gasturbine genutzt, indem das Rauchgas in einem Abhitzedampferzeuger oder Q Abgas Abhitzewarmwassererzeuger bis zur Abgastemperatur abgekühlt wird.

174

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung xs

xs

xw

1.Fall

2.Fall

∆xs

3.Fall

Temperatur

Temperatur

Temperatur übertragene Wärme Q

xw

xs

xw

übertragene Wärme Q

∆Pel übertragene Wärme Q nur Stromerzeugung

ηel,KWK

ηel,KWK

ηK,KWK Abgasverluste

ηK,KWK

Verluste bei der Stomerzeugung

ηel Abgasverluste

Abgasverluste

Kraft-Wärme-Kopplung

ηel,KWK

ηw,KWK

Abb. 3.47: Möglichkeiten für die Kraft-Wärme-Kopplung im Q,t-Diagramm 1. Fall: Gasturbinen, Hochtemperatur-Brennstoffzellen mit Abwärmenutzung 2. Fall: Stirling-Motor, ORC-Prozess mit Wärmeabfuhr bei Umgebungstemperatur 3. Fall: Gegendruck-Dampfturbinen, Motor-BHKW bei Nutzung der Abwärme aus der Motorkühlung

Im Gegensatz zur Gasturbine oder Hochtemperatur-Brennstoffzelle (1.Fall) fällt im Kreisprozess aber zusätzlich Abwärme auf niedrigem Temperatur-Niveau an, die nicht weiter für die Wärmeerzeugung genutzt wird. Genutzt wird in diesem Fall also nur die Abwärme des Rauchgases und nicht die Abwärme des Kreisprozesses, da die Wärme des Kreisprozesses möglichst bei Umgebungstemperatur abgeführt werden sollte. Die für die Stromerzeugung genutzte Rauchgaswärme unterliegt also einem zusätzlichen Stromerzeugungs-Wirkungsgrad. Ein weiteres Beispiel sind ORC-Prozesse, die mit einem Teil der Rauchgaswärme betrieben werden, wenn deren Abwärme nicht in Niedertemperatur-Netzen genutzt werden kann und über Kühltürme abgeführt wird. 3. Fall: Die Abwärme der Stromerzeugung verbleibt nicht im Rauchgas Der dritte mögliche Fall der Kraft-Wärme-Kopplung ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht Rauchgaswärme, sondern Abwärme des Stromerzeugungsprozesses, also beispielsweise eines Kreisprozesses, für die Nutzwärmeerzeugung verwendet wird. Das wichtigste Beispiel sind Dampfturbinenprozesse, bei denen der Dampf nicht vollständig für die Stromerzeugung verwendet wird, sondern in Gegendruckturbinen oder

Q FWL Verbrennung

Q RG Stromerzeugung

Pel

Q Abwärme Q Abgas

Q N

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

175

Entnahme-Kondensationsturbinen für die Nutzwärmeerzeugung entnommen wird. Im Q,tDiagramm kann dies anschaulich so dargestellt werden, dass die im Dampferzeuger auf den Dampf übertragene Wärme nur zum Teil dem Stromerzeugungsanteil zugeordnet wird. Wie in Abb. 3.47 dargestellt, lässt sich also auch in diesem Fall eindeutig ein bestimmter Anteil der bei der Verbrennung erzeugten Rauchgaswärme entweder der Stromerzeugung oder der Nutzwärmeerzeugung zuordnen. Dieser 3. Fall ist immer auch dann gegeben, wenn die Nutzwärme bei der Kühlung einer Arbeitsmaschine gewonnen wird, wie dies beispielsweise bei Verbrennungsmotoren der Fall ist. Hier wird ein wesentlicher Teil der Nutzwärme in der Regel dem Kühlwasser und dem Ölkühler entnommen.

3.3.2.3

Minderung des Wärmenutzungsgrades bei der Kraft-WärmeKopplung

Minderung des Kesselwirkungsgrades durch die Stromerzeugung Wie oben erklärt, mindert sich durch die Kraft-Wärme-Kopplung stets der Kesselwirkungsgrad einer nachgeschalteten Wärmeerzeugung, da für die Wärmeübertragung im Rauchgas eine geringere Exergie zur Verfügung steht. Mit zunehmendem Anteil der Brennstoffwärme, der für die Stromerzeugung verwendet wird, steigt daher der Anteil der Rauchgasverluste an der für die Nutzwärmeerzeugung zur Verfügung stehenden Abwärme. Wie bei der getrennten Wärme- oder Stromerzeugung ist es zweckmäßig, auch bei der KraftWärme-Kopplung für die Nutzung der im Rauchgas enthaltenen Abwärme (1. und 2. Fall) einen Kesselwirkungsgrad zu definieren. Da das Temperaturniveau der nutzbaren Rauchgaswärme bei der Kraft-Wärme-Kopplung stets geringer ist, als bei der getrennten Wärmeerzeugung, sind die Kesselwirkungsgrade bei der Kraft-Wärme-Kopplung kleiner als bei der ausschließlichen Nutzwärmeerzeugung. Um dennoch die Effizienz eines Warmwassererzeugers oder eines Abhitzedampferzeugers mit der Effizienz eines Kessels für die ausschließliche Wärmeerzeugung vergleichen zu können, ist es daher sinnvoll, die Abgasverluste zu vergleichen.

Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Der Kesselwirkungsgrad der Abwärmenutzung lässt sich analog zum Kesselwirkungsgrad bei der Wärmeerzeugung definieren als Verhältnis der für die Wärmeerzeugung zur Verfügung stehenden Wärmemenge QW und der erzeugten Nutzwärme Q N , KWK = Q W − Q Abgas

Die Abgasverluste limitieren auch bei der Wärmeübertragung den Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung auf

176

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung η K , KWK =

Q W − Q Abgas Q W

Bei einer getrennten Erzeugung würden die gleichen Abgasverluste dem Kesselwirkungsgrad η K ,0 =

Q FWL − Q Abgas Q FWL

entsprechen. Bei gleichen Abgasverlusten kann der Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-WärmeKopplung wegen η K , KWK =

(

)

(

)

(1 − x s )⋅ Q FWL − 1 − η K ,0 ⋅ Q FWL Q W − 1 − η K ,0 ⋅ Q FWL =  (1 − x )⋅ Q Q W

s

FWL

mit den Beziehungen η K , KWK =

η K ,0 − x s 1 − xs

η K ,0 = η K , KWK ⋅ (1 − xs ) + xs

unmittelbar mit dem Kesselwirkungsgrad ηK,0 bei getrennter Erzeugung verglichen werden. Q FWL

mit dem Brennstoff zugeführte Feuerungswärmeleistung in [kW]

Q N , KWK Nutzwärmeleistung bei der Kraft-Wärme-Kopplung in [kW] Q Abgas

Abgasverluste in [kW]

QW

Brennstoffwärmeleistung für die Wärmeerzeugung in [kW] Stromerzeugungsanteil nach Gl. (III-7) Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Kesselwirkungsgrad bei der ausschließlichen Wärmeerzeugung

xs

ηK,KWK ηK,0

Für den Grenzfall xs = 0 entspricht der Kesselwirkungsgrad ηK,KWK dem Kesselwirkungsgrad ηK und dem Brennstoffnutzungsgrad ηB. Wird nur Strom erzeugt (xs = ηK,0), ist ηK,KWK = 0, da die gesamte, nicht für die Stromerzeugung genutzte Rauchgaswärme mit dem Abgas verloren geht. Mit zunehmendem Stromanteil verschlechtert sich also der Kesselwirkungsgrad und damit die Wärmeerzeugung bei der Kraft-Wärme-Kopplung. In Abb. 3.48 ist dargestellt, mit welchem Wirkungsgrad bei der ausschließlichen Nutzwärmeerzeugung der Kesselwirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung verglichen werden muss. So entspräche beispielsweise der Kesselwirkungsgrad eines Abhitzedampferzeugers von 60% bei der in Abb. 3.48 eingetragenen Gasturbinenanlage bei der getrennten Erzeugung einem Wirkungsgrad von ca. 75%. Durch die vorgeschaltete Stromerzeugung reduziert sich im Beispiel der erreichbare Kesselwirkungsgrad also um 15%:

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung vergleichbarer Abhitzekessel ohne Gasturbine, λ = 1,05

177

vergleichbarer Abhitzekessel ohne Gasturbine, λ = 2,5

vergleichbarer Kesselwirkungsgrad ηK,0 bei ausschließlicher Wärmeerzeugung

100%

ηK,KWK =90 % ηK,KWK =80 %

90% 80% 70%

ηK,KW

60% 50%

= 60

K

η

K,K

40%

WK

ηK

30%

%

0% =4

K ,KW

0% =2

Gasturbine ηel = 32%, λ = 2,5 Abhitzedampferzeuger ηK,AHDE = 60%

20% 10% 0% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Stromerzeugungsanteil xs

Abb. 3.48: Vergleichbarer Kesselwirkungsgrad bei der ausschließlichen Nutzwärmeerzeugung in Abhängigkeit vom Stromerzeugungsanteil xs (1. und 2. Fall der Kraft-Wärme-Kopplung)

Minderung des Kesselwirkungsgrades durch den veränderten Luftüberschuss Neben der Tatsache, dass durch die Stromerzeugung ein geringerer Teil der Brennstoffwärme für die Nutzwärmeerzeugung zur Verfügung steht, verringert sich der Wärmenutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung auch dadurch, dass die Verbrennung in Arbeitsmaschinen meist mit einem höheren Luftüberschuss durchgeführt wird, als die Verbrennung bei der Wärmeerzeugung. Entsprechend der Gleichung (III-2) ist der maximale Kesselwirkungsgrad ηk,0, wie in Abb. 3.12 und Abb. 3.13 dargestellt, von der adiabaten Verbrennungstemperatur und damit vom Luftüberschuss, mit dem die Arbeitsmaschine betrieben wird, abhängig. Wird einem Wärmeerzeuger ein Gasmotor, eine Gasturbine oder eine Brennstoffzelle vorgeschaltet, erhöhen sich daher der Luftüberschuss und die Abgasverluste des gesamten Prozesses. Minderung des Wärmenutzungsgrades durch Verteilungsverluste Bei der thermodynamischen Bewertung der Kraft-Wärme-Kopplung muss auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Abwärme in der Regel nicht in unmittelbarer Nähe der Arbeitsmaschine genutzt werden kann, sondern über ein Nahwärmenetz zu den Verbrauchern transportiert werden muss. Bei der Verteilung entstehen zusätzliche, zum Teil hohe Verluste (siehe Kap. 3.1.4.1), die schließlich die Energiebilanz der Kraft-WärmeKopplung belasten.

178

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

3.3.2.4

Minderung des elektrischen Wirkungsgrades bei der KWK

Genau wie der Kesselwirkungsgrad mindert sich in vielen Fällen auch der Wirkungsgrad der Stromerzeugung durch die Kraft-Wärme-Kopplung. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich durch die Abwärmenutzung die Prozessparameter des Kreisprozesses verändern. Analog zur Minderung des Kesselwirkungsgrades kann auch die Abhängigkeit des elektrischen Wirkungsgrades vom Anteil der für die Stromerzeugung eingesetzten Brennstoffwärme mit Hilfe des Stromerzeugungsanteils xs dargestellt werden: Der elektrische Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung Stammt die zur Wärmeerzeugung genutzte Abwärme der Stromerzeugung vollständig oder teilweise aus dem Rauchgas (1. und 2. Fall der Kraft-Wärme-Kopplung) bleibt der elektrische Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung gegenüber der ausschließlichen Wärmeerzeugung unverändert: η el ,0 = η el , KWK Stammt die zur Wärmeerzeugung genutzte Abwärme der Stromerzeugung nicht aus dem Rauchgas (3. Fall der Kraft-Wärme-Kopplung), mindert sich der elektrische Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung um den Faktor xs xs = x s , max η K ,0

Der elektrische Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung entspricht damit dem elektrischen Wirkungsgrad bei ausschließlicher Stromerzeugung η el ,0 =

η K ,0 xs

⋅ η el , KWK

mit xs

ηel,KWK ηel,0 ηK,0

Stromerzeugungsanteil nach Gl. (III-7) elektrischer Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung elektrischer Wirkungsgrad bei der ausschließlichen Stromerzeugung Kesselwirkungsgrad bei der ausschließlichen Wärmeerzeugung

Wird also für die Nutzwärmeerzeugung nur die im Rauchgas enthaltene Wärme genutzt, wird die Stromerzeugung von der nachgeschalteten Wärmenutzung nicht beeinflusst (1. und 2. Fall der Kraft-Wärme-Kopplung). Die Prozessparameter des Kreisprozesses bleiben unverändert und der elektrische Wirkungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung entspricht dem Wirkungsgrad bei der ausschließlichen Stromerzeugung. Wird dagegen, wie bei Dampfkraftwerken mit Gegendruck- oder Entnahme-Kondensationsturbinen, die Abwärme eines Kreisprozesses genutzt, um Nutzwärme zu erzeugen, muss die Abwärme des Kreisprozesses auf einem erhöhten Temperaturniveau abgeführt werden (3. Fall der Kraft-WärmeKopplung). Der Anteil der für die Stromerzeugung zur Verfügung stehenden Brennstoffwärme xs reduziert sich entsprechend.

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

179

Damit entspricht der bei der Kraft-Wärme-Kopplung erzielte elektrische Wirkungsgrad also deutlich höheren Wirkungsgraden bei der ausschließlichen Stromerzeugung. Für die Berechnung des Stromerzeugungsanteils muss die Änderung des elektrischen Wirkungsgrades im Detail untersucht werden. Wird beispielsweise die Abwärme eines Motors genutzt, wird der elektrische Wirkungsgrad durch die Nutzung der Abwärme nicht geändert. Beim Dampfturbinenprozess mindert sich der Wirkungsgrad dagegen, da der Dampfmassenstrom nicht mehr vollständig in der gesamten Turbine zur Verfügung steht.

Beispiel: Änderung des Wirkungsgrades eines Dampfturbinenprozesses durch die Kraft-Wärme-Kopplung Wird in einer Entnahme-Kondensationsturbine oder in einer Gegendruckturbine Dampf entnommen, mindert sich die elektrische Leistung entsprechend dem nicht genutzten Enthalpiegefälle in der Dampfturbine. Für den Stromerzeugungsanteil xs gilt dann x s = η K ,0 ⋅

η el , KWK η el ,0

= η K ,0 ⋅

Pel , KWK Pel ,0

Mit dem Anteil des Anzapfmassenstromes am gesamten Dampfmassenstrom m A m FD errechnet sich der Stromerzeuganteil mit

(m FD − m A ) ⋅ (hFD − hKO ) + m A ⋅ (hFD − h A ) m FD (hFD − hKO )

xs

= η K ,0 ⋅

xs

 m = η K ,0 ⋅ 1 + A  m FD

zu

  hFD − h A    hFD − hKO 

   − 1    

mit xs

ηel,KWK ηel,0 ηK,0

Pel,KWK Pel,0

A m

 FD m

hFD hA

Stromerzeugungsanteil nach Gl. (III-7) elektrischer Wirkungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung elektrischer Wirkungsgrad bei der ausschließlichen Stromerzeugung Kesselwirkungsgrad bei der ausschließlichen Stromerzeugung elektrische Leistung bei der Kraft-Wärme-Kopplung in [kW] elektrische Leistung bei der ausschließlichen Stromerzeugung in [kW] Anzapfmassenstrom in [kg/s] Frischdampfmassenstrom in [kg/s] Enthalpie des Frischdampfes in [kJ/kg] Enthalpie des Abdampfes am Kondensatoreintritt in [kJ/kg]

180

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Bei der Gegendruckturbine wird der gesamte Dampfmassenstrom auf erhöhtem Druckniveau entnommen. Wird Dampf auf mehreren Druckniveaus entnommen, kann der Stromerzeugungsanteil analog abgeleitet werden. Bei gegebenen Dampfparametern kann aus dieser Beziehung also die Abhängigkeit des Stromerzeugungsanteils vom Anzapfmassenstrom berechnet werden. Die Minderung des elektrischen Wirkungsgrades einer typischen Entnahme-KondensationsTurbine mit einer elektrischen Leistung von 10 MW mit zunehmender Dampfentnahme für die KWK ist in Abb. 3.49 dargestellt.

Stromkennzahl 100%



2

1

0,7

0,5

0,4

90%

GesamtWirkungsgrad

80%

60% 50% 40% 30%

10

20%

5

elektrischer Wirkungsgrad

10%

el. Leistung in MW

Wirkungsgrad

70%

0% 0

5

10

15

20

25

30

Fernwärme in MW Abb. 3.49: Minderung des elektrischen Wirkungsgrades und des Brennstoffausnutzungsgrades eines 10 MWel-Dampfkraftwerkes mit zunehmender Fernwärmeauskopplung

Bei voller Fernwärmeauskopplung mindern sich Stromertrag und elektrischer Wirkungsgrad also um ca. 30%. Der Stromanteil sinkt dabei von 0,9 auf 0,6.

3.3.2.5

Änderung der Brennstoffausnutzung durch die Kraft-WärmeKopplung

Bei der Nutzung der im Rauchgas enthaltenen Abwärme (1. und 2. Fall der Kraft-WärmeKopplung) errechnet sich der Brennstoffausnutzungsgrad der Kraft-Wärme-Kopplung ηB,KWK nach Gl. (III-8) einfach aus dem elektrischen Wirkungsgrad ηel,KWK und einem Kesselwirkungsgrad ηK,KWK. Der Brennstoffausnutzungsgrad sinkt mit zunehmendem Stromerzeugungsanteil xs und wird vor allem vom Kesselwirkungsgrad ηK,KWK bestimmt (siehe Abb. 3.50).

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

181

Wird für die Wärmeerzeugung die Abwärme der Stromerzeugung genutzt (3. Fall) entspricht dieser Brennstoffausnutzungsgrad ηB,KWK unabhängig vom Stromerzeugungsanteil unmittelbar dem Kesselwirkungsgrad ηK,0 der Stromerzeugung. Für diesen 3. Fall fällt mit dem Rauchgas keine nutzbare Wärme an. Die gesamte, im Abgas enthaltene Wärme geht entsprechend als Abgasverlust verloren und es gilt ηK,KWK = 0. Der Wärmenutzungsgrad ηw,KWK errechnet sich dann unmittelbar aus der gesamten, auf den Kreisprozess übertragenen Rauchgaswärme und damit aus dem maximal möglichen Kesselwirkungsgrad ηK,0. Wie in Kap. 4.3.5 gezeigt wird, entscheiden Stromanteil und Brennstoffausnutzungsgrad über die Wirtschaftlichkeit der Kraft-Wärme-Kopplung. Zwar erhöhen sich die Erlöse aus der Kraft-Wärme-Kopplung nicht notwendigerweise gegenüber den Erlösen der ausschließlichen Wärmeerzeugung, die Kraft-Wärme-Kopplung ermöglicht aber in vielen Fällen eine Erhöhung der Anlagenauslastung und kann dadurch die wirtschaftliche Situation einer Versorgungsanlage verbessern. 100%

Brennstoffausnutzungsgrad ηB0 bei der Kraft-Wärme-Kopplung

90%

ηK,KWK = 60%

80% 70%

ηel,K

ηel,K

WK

WK

60%

=1 5%

ηK,KWK = 90%

=3 0%

50% 40% 30%

ηK,KWK = 60% ηK,KWK = 90%

20% 10% 0% 0%

20%

40%

60%

80%

100%

Stromerzeugungsanteil xs Abb. 3.50: Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung (2. und 3. Fall)

3.3.3

Wirtschaftliche Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung

Vorteile für die dezentrale Stromerzeugung Ein wesentliches Argument für die Kraft-Wärme-Kopplung ist die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von dezentralen Anlagen. Durch die verbesserte Brennstoffausnutzung können derzeit bei der Wärmeerzeugung stets deutlich höhere Erlöse bei gegebenem Brennstoffeinsatz erzielt werden, als bei der

182

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Stromerzeugung (siehe Kap. 4.3.5.1, Tab. 4.11). Die Kraft-Wärme-Kopplung ist daher die einzige Möglichkeit, spezifisch teure, dezentrale Technologien für die Stromerzeugung einsetzen zu können. Ein Beispiel für sehr teure Technologien sind Brennstoffzellen, für die aufgrund der eingesetzten Materialien auch bei sehr großen Anlagen nicht mit einer substantiellen Kostenreduktion zu rechnen ist. Brennstoffzellen eignen sich daher auch bei geringem elektrischem Wirkungsgrad für die Realisierung sehr kleiner Systeme mit exzellenter Brennstoffausnutzung, wenn zusätzlich zum Strom noch Nutzwärme erzeugt werden kann. Hinzu kommen vielversprechende betriebliche Eigenschaften, wie ein ausgezeichnetes Teillastverhalten, die beispielsweise in virtuellen Kraftwerken genutzt werden können (Kap. 4.2.8) Vorteile für den Einsatz regenerativer Brennstoffe Ein zweiter, wichtiger Aspekt beim Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen ist der eingesetzte Brennstoff. So ist die Kraft-Wärme-Kopplung der getrennten Erzeugung in fossil befeuerten GuD-Kraftwerken und Brennwertkesseln immer dann vorzuziehen, wenn regenerative Brennstoffe wie Biomasse oder Reststoffe energetisch genutzt werden. Regenerative Energieträger wie Biomasse und Reststoffe können nur in kleinen, spezifisch teuren Anlagen zweckmäßig genutzt werden, da sie nur dezentral zur Verfügung stehen. Sollen diese Brennstoffe, wie im Kreislaufwirtschaft-Gesetz gefordert [3.62], in großem Umfang energetisch verwertet werden, ist die Kraft-Wärme-Kopplung unabdingbar. Vorteile für die Bereitstellung von Reserve- und Spitzenlast Bei der Argumentation für oder gegen die Kraft-Wärme-Kopplung sind zusätzlich noch zwei wesentliche Aspekte zu betrachten. So werden in den nächsten Jahrzehnten nicht nur hocheffiziente GuD-Kraftwerke entstehen. Als Spitzenlast und Reservekraftwerke werden auch weiterhin weniger effiziente Gasturbinen-Kraftwerke eingesetzt, die die Stromgestehungskosten durch die geringe Anlagenauslastung mit hohen Kapital- und Bereitstellungskosten belasten. Diese Spitzenlastkraftwerke könnten beispielsweise durch den Einsatz von sehr viel effizienteren ‚virtuellen’ Kraftwerken’ ersetzt werden. Eine besonders sinnvolle Alternative sind daher Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit flexibler Stromkennzahl. Diese Anlagen können über geeignete Lastmanagement-Systeme zentral gesteuert werden, um auf Anforderung des Lastverteilers des Netzbetreibers kurzfristig zusätzlich Strom zu produzieren (Kap. 4.2.3). Aufgrund der guten Speichereigenschaften von Heiznetzen wird eine solche Fahrweise die Wärmeerzeugung meist nur unwesentlich beeinträchtigen. Gleichzeitig können hohe Bereitstellungskosten für Spitzenlastkraftwerke eingespart werden. Neben den bereits heute verfügbaren Kraft-Wärme-Kopplungs-Systemen mit flexibler Stromkennzahl, wie beispielsweise Cheng-Cycle-Kraftwerken, bieten sich in den kommenden Jahrzehnten vor allem Mikroturbinen und dezentrale Brennstoffzellen-Anlagen für derartige Anwendungen an.

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

3.3.3.1

183

Folgerungen für den Einsatz der KWK

Das Hauptargument für einen verstärkten Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplung ist also nicht eine gegenüber der getrennten Erzeugung prinzipiell erhöhte Brennstoffausnutzung. Wirkungsgradvorteile ergeben sich bei gegebenem Stromanteil für die Kraft-WärmeKopplung gegenüber der getrennten Erzeugung immer dann, •

wenn die Arbeitsfähigkeit der Abwärme einer Arbeitsmaschine nicht mehr wirtschaftlich genutzt werden kann, weil, wie beim Gasmotor, das Temperaturniveau für Nachschaltprozesse zu niedrig ist,



wenn die Kombination mit einem Nachschaltprozess (z.B. GUD-Prozess) nicht wirtschaftlich realisiert werden kann.



wenn die Wirkungsgradverluste der Stromerzeugung klein sind gegenüber dem Zugewinn an Wärmeleistung (z.B. Gegendruck-Dampfturbine)

Wie in Abbildung Abb. 3.44 und Abb. 3.45 dargestellt, liegen die bei der Kraft-WärmeKopplung üblichen Brennstoffausnutzungsgrade mit 70 bis 80 Prozent unter dem rechnerischen Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kombination von GuD-Kraftwerken und Brennwertkesseln beim derzeit in der Bundesrepublik Deutschland erforderlichen Verhältnis zwischen Strom- und Wärmeerzeugung. Die übers Jahr gemittelte Brennstoffausnutzung ist in der Regel noch deutlich niedriger. Allerdings ist auch die Realisierung von deutlich effizienteren Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen möglich, da auch bei der Kraft-WärmeKopplung eine Abwärmenutzung mit Brennwerttechnologie denkbar ist. Werden mit der Kraft-Wärme-Kopplung bei ausreichend effizienter Abwärmenutzung nicht Stromerzeugungsanlagen, sondern Wärmeversorgungsanlagen substituiert, könnte die Kraft-WärmeKopplung die Brennstoffausnutzung in Deutschland beim geforderten Stromanteil im Vergleich zum derzeit eingesetzten Energieerzeugungsmix deutlich verbessern. Daraus ergeben sich zwei Folgerungen: 1. Nach Möglichkeit ist der Ausbau von hocheffizienten GuD- und IGCC-Kraftwerken und Brennwertkesseln voranzutreiben, um ältere und weniger effiziente KraftwerksKapazitäten und Heizanlagen zu ersetzen. 2. Parallel dazu sollte gleichberechtigt der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden, um •

auch dadurch ältere und weniger effiziente Kraftwerks-Kapazitäten und Heizanlagen zu ersetzen,



die Entwicklung bislang sehr teurer, hocheffizienter Technologien wie Brennstoffzellen zu fördern,



den Einsatz regenerativer Brennstoffe zu forcieren

und •

kostspielige und ineffiziente Reserve- und Spitzenlastkraftwerke zu ersetzen.

184

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Aufgrund steigender Erdgaspreise und infolge der Liberalisierung des Strommarktes ist in den nächsten Jahrzehnten nicht mit einem nennenswerten Ausbau von GuD-Kraftwerken zu rechnen. Zudem ist aufgrund der gesellschaftlichen und politischen Randbedingungen eine weiter zunehmende Abhängigkeit vom Erdgas problematisch. Wegen des überschaubareren Investitionsvolumens pro Anlage ist also ein Ausbau der KraftWärme-Kopplung in den nächsten Jahren wahrscheinlicher und besonders beim Einsatz regenerativer Energieträger aus ökologischen und volkswirtschaftlichen Gründen auch sinnvoll.

3.3.4

Arbeitsmaschinen für die Kraft-Wärme-Kopplung

3.3.4.1

Leistungsbereiche von Arbeitsmaschinen

Ein wesentliches Kriterium für die Auswahl einer Arbeitsmaschine für die Kraft-WärmeKopplung ist zunächst der Leistungsbereich der Arbeitsmaschine (Abb. 1.9). Die thermische Anlagenleistung ist bei der Kraft-Wärme-Kopplung in der Regel durch die Wärmeabnehmer limitiert. Große Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit Dampfkraftwerken kommen daher nur in großen, städtischen Wärmenetzen oder in großen Industriebetrieben mit hohem Prozesswärmebedarf zum Einsatz. In solchen Industriekraftwerken werden überwiegend Dampfturbinenprozesse und Gasturbinen mit Abhitzekesseln mit einer elektrischen Leistung von einigen MW bis zu einigen hundert MW eingesetzt. Besonders für die dezentrale Nutzungen kommen dagegen nur deutlich kleinere Anlagen mit einer elektrischen Leistung von einigen 100 kW zum Einsatz. In der Regel sind das Gasmotoren-Blockheizkraftwerke (BHKW), da sich Gasmotoren durch hohe elektrische Wirkungsgrade bis 42% auszeichnen [3.4]. Der elektrische Wirkungsgrad ist neben der Leistung das zweite wichtige Kriterium für die Auswahl der Arbeitsmaschine. Für dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sind daher kleine, hocheffiziente Arbeitsmaschinen notwendig. Hier tritt allerdings das Problem auf, dass im unteren Leistungsbereich fast ausschließlich Arbeitsmaschinen für gasförmige Brennstoffe zur Verfügung stehen. Für den Betrieb mit Festbrennstoffen stehen nur Arbeitsmaschinen mit elektrischen Wirkungsgraden von deutlich unter 20% zur Verfügung. Selbst kleine Dampfturbinenkraftwerke erreichen im Leistungsbereich um 1 MWel nur elektrische Wirkungsgrade um 12-15%. Wie in Abb. 1.9 dargestellt, benötigen alle Konzepte mit höheren Wirkungsgraden gasförmige Brennstoffe. Besonders nachteilig ist dies für die Nutzung von Festbrennstoffen, wie Biomasse oder Reststoffe. Diese Brennstoffe fallen dezentral und zu geringen Kosten an und würden sich daher ideal für die dezentrale energetische Nutzung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen anbieten. Besonders in Industriebetrieben der lebensmittel- und holzverarbeitenden Industrie sind oft auch die entsprechenden Wärmeabnehmer vorhanden, so dass für diese Betriebe durch die energetische Verwertung der Reststoffe zum einen der energetische Eigenbedarf

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

185

kostengünstig gedeckt werden kann und zum anderen teure Entsorgungskosten vermieden werden können. Allerdings scheitert der Einsatz dieser Reststoffe für Kraft-Wärme-Kopplung derzeit daran, dass keine geeigneten Anlagenkonzepte wirtschaftlich realisiert werden können: Für Dampfturbinenanlagen ist der Wärmebedarf meist zu gering. Der elektrische Wirkungsgrad von Stirlingmotoren oder ORC-Anlagen reicht meist nicht aus, um die hohen zusätzlichen Investitionskosten durch Stromerlöse kompensieren zu können. Eine Lösung besteht darin, Festbrennstoffe zu vergasen und die dabei entstehenden Brenngase in nachgeschalteten Gasmotoren, Gasturbinen oder Brennstoffzellen zu nutzen (siehe Kap. 3.4.)

3.3.4.2

Kraft-Wärme-Kopplung mit Festbrennstoffen

Dampfturbinen für die Kraft-Wärme-Kopplung Dampfturbinen werden für die Kraft-Wärme-Kopplung vor allem zur Versorgung großer Fernwärmenetze und in Industriekraftwerken zur Erzeugung von Prozesswärme eingesetzt. Kleine Dampfturbinenkraftwerke werden meist mit Gegendruck-Dampfturbinen ausgeführt. Dabei wird der Dampf im Heiznetz oder in einem Heizkondensator bei Temperaturen um 120 – 180 °C kondensiert. Dadurch ist kein Kondensator notwendig, und die Dampfturbine baut deutlich kleiner und kostengünstiger. Allerdings können Gegendruck-Dampfturbinen nur dann betrieben werden, wenn im Heiznetz genügend Wärme abgenommen wird. Die Stromkennzahl einer GegendruckDampfturbine ist stets konstant und erlaubt die Produktion von Strom nur in dem Maße, wie im Heiznetz Wärme benötigt wird. Steht kein Prozesswärme-Abnehmer zur Verfügung, der auch in den Sommermonaten für die notwendige Grundlast sorgt, werden Gegendruckdampfturbinen meist nur im Winter und in der Übergangszeit betrieben. Die geringe Anlagenauslastung ist natürlich besonders ungünstig für die Wirtschaftlichkeit des Betriebs. Deutlich günstiger ist die Anlagenauslastung bei Entnahme-Kondensations-Turbinen. Hier wird der Heizdampf aus einer Anzapfung der Turbine entnommen. Der restliche Dampf wird vollständig über den Niederdruckteil der Turbine entspannt und im Kondensator kondensiert. Besonders für kleine Anlagen werden mittlerweile auch Entnahme-Kondensationsturbinen mit abschaltbarem Niederdruckteil angeboten [3.37]. Dadurch dass nicht ständig ein großer Teil des Dampfes durch den Niederdruckteil entspannt werden muss, können auch im Winter Wärmebedarfsspitzen gedeckt werden, die ansonsten einen größeren Dampferzeuger oder eine Umgehung der Turbine erfordert hätten. Auch ein weiterer Nachteil herkömmlicher Entnahme-Kondensations-Turbinen wird durch solche „Twin-Turbinen“ vermieden: Aufgrund des Dampfkegelgesetzes sinkt bei hoher Dampfentnahme der Druck an der Anzapfung (siehe Kap. 4.2.4.2) Dies bedeutet, dass sich, gerade bei hohem Wärmebedarf, aufgrund der sinkenden Sattdampftemperatur, auch das im Heizkondensator zur Verfügung stehende Temperaturniveau reduziert. Bei Entnahme-Kondensationsturbinen mit abschaltbarem Niederdruckteil kann der Druck im Heizkondensator dagegen leichter geregelt werden.

186

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung Entnahme-KondensationsDampfturbine mit abschaltbarem Niederdruckteil

EntnahmeKondensationsDampfturbine

GegendruckDampfturbine

Kupplung

Wärmeabnehmer

Kondensator Wärmeabnehmer

Wärmeabnehmer

Kondensator

Abb. 3.51: Dampfturbinenanlagen für die Kraft-Wärme-Kopplung

Organic - Rankine - Cycle Eine der wenigen Arbeitsmaschinen im Leistungsbereich von wenigen 100 kW, die sich für den Einsatz von Festbrennstoffen eignet, ist der Organic-Rankine-Cycle, der ORC-Prozess. Der ORC-Prozess entspricht weitgehend dem Dampfturbinenprozess. Anstelle des Arbeitsmediums Wasser wird allerdings ein organisches Arbeitsmittel, wie beispielsweise wie Toluol oder Pentan verwendet. Da die Temperaturniveaus in diesem Kreisprozess weitaus geringer sind, wurde der ORC-Prozess überwiegend für die Abwärmenutzung entwickelt und vor allem in geothermischen Kraftwerken eingesetzt. Durch das geringe verfügbare Temperaturgefälle werden allerdings nur sehr niedrige elektrische Wirkungsgrade von 12-18% erreicht. In Ermangelung anderer geeigneter Arbeitsmaschinen wird der ORC-Prozess auch in Biomasse-Heizkraftwerken eingesetzt [3.76]. Ein Thermoölkreislauf überträgt dabei die Wärme einer Biomassefeuerung auf den ORC-Kreisprozess. Dabei ist zu beachten, dass die von den Herstellern angegebenen elektrischen Wirkungsgrade zum einen den Kesselwirkungsgrad des Thermoölkessels vernachlässigen und zum anderen von einer Rücklauftemperatur des Heiznetzes von 60 °C ausgehen. Die niedrige Rücklauftemperatur ist vor allem dann erforderlich, wenn mit dem Rücklauf die Abwärme des ORC-Prozesses abgeführt wird. Berücksichtigt man, dass der Thermoölkessel mit Biomassefeuerung aufgrund der Ölrücklauftemperatur um 250 °C nur einen Kesselwirkungsgrad von unter 80% erreichen kann, sinken die tatsächlich erreichbaren elektrischen Wirkungsgrade auf ca. 12 – 14%. Eine weitere Einschränkung ist dadurch gegeben, dass nur selten Heiznetz-Rücklauftemperaturen von 60 °C gewährleistet werden können. Den geringen Wirkungsgraden stehen erhebliche betriebliche Vorteile des ORC-Prozesses gegenüber. So laufen die Aggregate auch mit geringem Wartungsaufwand und im Betrieb ohne Beobachtung nahezu ohne Personalaufwand. Für die Einbindung des ORC-Prozesses sind prinzipiell vier Varianten denkbar (Abb. 3.52). Bei der ersten Variante wird die Abwärme des ORC-Prozesses vollständig im Heiznetz genutzt. In diesem Fall ist die Stromkennzahl σ konstant und die Anlagenauslastung ist, wie bei der Gegendruck-

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

187

Dampfturbine, immer von der Wärmeabnahme abhängig. Bei der zweiten Variante kann der ORC-Prozess auch ohne Wärmebedarf im Heiznetz, also mit variabler Stromkennzahl betrieben werden, wenn gleichzeitig die Abwärme über einen Kühlturm abgeführt wird. Weitgehend unabhängig voneinander können ORC und Heiznetz bei der 3. Variante betrieben werden. Im Gegensatz zu den ersten beiden Varianten wird beim parallelen Betrieb von ORC und Heiznetz der Wirkungsgrad der Feuerung nicht durch die Anhebung der Rücklauftemperatur des Heiznetzes durch die ORC-Abwärme beeinträchtigt.

Variante 1

Variante 3

ThermoölKreislauf

Feuerung

ThermoölKreislauf

ORC-Prozess

Wärmeabnehmer Kühlturm

Feuerung ORC-Prozess Heiznetz

Heiznetz

Variante 2 ThermoölKreislauf

Wärmeabnehmer

Variante 4 Kühlturm

Feuerung

Wärmeabnehmer

ThermoölKreislauf

Kühlturm

Feuerung ORC-Prozess Heiznetz

Wärmeabnehmer

Heiznetz

ORC-Prozess

Abb. 3.52: Einbindung des ORC-Prozesses bei der Kraft-Wärme-Kopplung

Wesentlicher Vorteil dieser Variante ist, wie bei den Entnahme-KondensationsDampfturbinen mit abschaltbarem Niederdruckteil, dass der ORC-Prozess zur Deckung der Wärmebedarfsspitzen kurzzeitig ganz abgeschaltet werden kann und dadurch eine kleinere und kostengünstigere Feuerung eingesetzt werden kann. Auf den ersten Blick wenig vorteilhaft erscheint die vierte Variante: Wird der ORC-Prozess mit dem Rücklauf des Heiznetzes betrieben, steht nur ein sehr geringes Temperaturniveau zur Verfügung, das nur sehr geringe elektrische Wirkungsgrade ermöglicht. Zieht man allerdings in Betracht, dass bei den meisten Anwendungen die Rücklauftemperatur eines Heiznetzes zu hoch ist und deshalb den Wirkungsgrad der Feuerung reduziert, wird deutlich, dass auch diese Variante Vorteile bietet. Besonders wenn, wie bei Biomassefeuerungen üblich eine Rauchgaskondensation eingesetzt werden soll, muss die Rücklauftemperatur des Heiznetzes in der Regel mit Kühltürmen reduziert werden. Wird stattdessen ein ORC-

188

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Prozess mit Pentan als Arbeitsmedium eingesetzt, reduziert sich die erforderliche Kühlturmleistung und es können zusätzliche Stromerlöse erwirtschaftet werden. Besonders attraktiv ist der ORC-Prozess vor allem für die Verstromung bisher ungenutzter von Abwärme. Ein Beispiel hierfür ist die Abwärme der Gasmotoren in Biogasanlagen. In vielen Fällen ist allerdings die zur Verfügung stehende Leistung gering. Aus diesem Grund werden ORC Module im Leistungsbereich von deutlich unter 100 kW entwickelt [3.87]. Anstelle von Turbinen kommen für die Expansion dann modifizierte Schrauben oder ScrollVerdichter in Frage. Stirlingmotor Immer wieder diskutiert für die Kraft-Wärme-Kopplung mit Biomasse wird der Stirlingmotor [3.8]. Dadurch dass die Verbrennung beim Stirlingmotor extern, also nicht im Kolben abläuft, können auch aschehaltige Festbrennstoffe eingesetzt werden. Der Stirlingmotor zeichnet sich dadurch aus, dass er theoretisch einen besonders hohen Wirkungsgrad erzielen könnte, da er durch die isotherme Wärmezu- und abfuhr dem Carnot-Prozess besonders nahe kommt. Da allerdings Kreisprozessen immer eine Verbrennung vorgeschaltet ist, mindern nicht nur die Verluste des Kreisprozesses, sondern auch die vorgeschaltete Verbrennung die Brennstoffausnutzung. Die bei der Verbrennung entstehenden Rauchgasverluste limitieren die dem Kreisprozess zugeführte Wärme. Die Abgastemperatur beim Stirlingmotor muss stets höher sein, als das obere Temperaturniveau der Wärmezufuhr. Bei üblichen Konfigurationen mit oberen Kreisprozess-Temperaturen von 650 °C bedeutet dies, dass das Rauchgas nur bis Temperaturen um 700 °C abgekühlt werden kann. Besonders bei Biomassefeuerungen kann aufgrund der niedrigen zulässigen Verbrennungstemperaturen also nur ein kleiner Teil der Rauchgaswärme zur Stromerzeugung genutzt werden. Real ausgeführte Stirlingmotoren erreichen mit einer Gasfeuerung derzeit einen elektrischen Gesamtwirkungsgrad von - für kleine Arbeitsmaschinen beachtlichen - 30%. Soll für die Beheizung allerdings nicht Gas, sondern beispielsweise Biomasse in einer Rostfeuerung mit einem λ von 2,5 und einer adiabaten Verbrennungstemperatur von 1000 °C eingesetzt werden, reduziert sich, wie in Kap. 4.1.2 beschrieben, der Kesselwirkungsgrad drastisch auf ca. 30% und der Stromerzeugungswirkungsgrad bei gleichen inneren Verlusten des Stirlingmotors auf gerade noch ca. 14%. Dies bedeutet, dass ein Stirlingmotor mit Festbrennstoffen nur sinnvoll für die Kraft-WärmeKopplung eingesetzt werden kann. Dampfmotoren Eine weitere Alternative zur Dampfturbine ist der Dampfmotor. BHKWs mit Biomassefeuerung nutzen Sattdampf oder leicht überhitzten Dampf und Dampfkolbenmotor und Dampfschraubenmotoren. Der Nachteil dieses Konzeptes ist, wie beim ORC-Prozess, dass nur ein geringes Temperaturgefälle im Dampfmotor genutzt werden kann. Die Frischdampftemperatur eines 140 kW-Spilling-Motors beträgt 280 °C bei einem Frischdampfdruck von 21 bar. Der Dampf wird in den Kolben des Motors auf 1,5 bar und 110 °C expandiert und anschließend kondensiert. Aufgrund des elektrischen Eigenbedarfs erzeugt diese Anlage eine elektrische Nettoleistung von 110 kW bei einem elektrischen Wirkungsgrad von 6,8%. Bei

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

189

einer Rücklauftemperatur von 90 °C wird ein Brennstoffausnutzungsgrad von ca. 72% erreicht [3.44]. Dampfkolbenmotoren werden in Verbindung mit Lineargeneratoren mit kleinsten Leistungen auch für die Mikro-KWK angeboten [3.43]. Ein wesentlicher Durchbruch ist dadurch gelungen, dass durch geeignete Materialpaarungen auf eine Ölschmierung des Motors verzichtet werden kann. Dadurch kommt das Kondensat nicht mit Öl in Berührung, das ansonsten im Dampferzeuger zu erheblichen Problemen führen würde. Ein wesentlicher Nachteil ist der im Gegensatz zum ORC-Prozess höhere Personalbedarf für den Betrieb des Dampfkessels. Neben dem Dampfmotor werden auch Dampfschraubenmotoren eingesetzt [3.75]. Der wesentliche Vorteil der Dampfschraubenmotoren besteht darin, dass die Expansion auch vollständig im Nassdampfgebiet ablaufen kann und der Dampfschraubenmotor daher mit Sattdampf betrieben werden kann. Direkt gefeuerte Gasturbinenprozesse Für die Stromerzeugung mit Festbrennstoffen kommen prinzipiell auch Gasturbinenprozesse in Frage. So werden beispielsweise direkt mit Festbrennstoffen gefeuerte Gasturbinenprozesse für die Nutzung von Kohle eingesetzt. Dabei werden die in druck-aufgeladen Wirbelschichtfeuerungen erzeugten Rauchgase in einer aufwändigen Heißgasreinigung mit Multizyklonen von Staub und Aschepartikeln gereinigt, bevor das heiße Rauchgas in der Turbine entspannt wird (Abb. 3.53). Allerdings sind die maximal zulässigen Rauchgastemperaturen vor der Turbine sind durch die Erweichungstemperatur der im Rauchgas enthaltenen Aschepartikel limitiert und beschränken daher den erreichbaren Wirkungsgrad des Prozesses. Zudem führen die im Rauchgas enthaltenen Alkalien zu Anbackungen in den Zyklonen und Turbinen und reduzieren die Verfügbarkeit der Anlagen.

Festbrennstoff (z.B. Biomasse)

Heißgaszyklon

Feuerung Turbine Asche Verdichter

Generator

Luft

Abb. 3.53: Direkt gefeuerter Gasturbinenprozess mit rekuperativen Wärmeübertragern

190

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Indirekt gefeuerte Gasturbinen Vielversprechender für Kraft-Wärme-Kopplung mit kleinen, dezentralen Anlagen sind indirekt gefeuerte Gasturbinenprozesse. Zwar ist durch die dann notwendige Wärmeübertragung vom Rauchgas der Feststofffeuerung auf den Gasturbinenprozess die Gasturbineneintrittstemperatur zusätzlich limitiert, dafür wird die Turbine nicht unmittelbar mit Partikeln und Alkalien aus der Feuerung ausgesetzt. Für die Wärmeübertragung können rekuperative oder regenerative Wärmeübertrager eingesetzt werden. Werden rekuperative Wärmeübertrager eingesetzt, bietet es sich an, wie bei Mikroturbinen üblich auch die Abwärme der Gasturbine für die Vorwärmung des Arbeitsmediums zu nutzen. Mit diesem Konzept sind elektrische Wirkungsgrade um 20% erreichbar [3.54]. Festbrennstoff (z.B. Biomasse)

Luft Feuerung

Luftvorwärmer (Rekuperator)

Turbine Verdichter

Generator Luft

Rauchgas

Abb. 3.54: Indirekt gefeuerter Gasturbinenprozess mit rekuperativen Wärmeübertragern

Besonders robust sind dagegen Gasturbinen mit regenerativen Wärmeübertragern. Vor allem in der Stahlindustrie wurden zur Nutzung der Abwärme des Hochofenprozesses Schüttungen aus Stahlkugeln oder Gesteinsschüttungen wechselweise mit heißen Abgasen beaufschlagt. Rauchgas RauchgasRegenerator ("Pebble-Heater") Turbine

Feuerung Festbrennstoff (z.B. Biomasse)

Verdichter Luft

Luft

Generator

Abb. 3.55: Indirekt gefeuerter Gasturbinenprozess mit regenerativen Wärmeübertragern („PebbleHeater“)

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

191

Mit diesen so genannten Pebble-Heatern kann auch die Wärme für einen indirekt gefeuerten Gasturbinenprozess bereitgestellt werden. Durch die Filterwirkung der Schüttung und eine günstige Strömungsführung werden Partikel aus dem Rauchgas zurückgehalten. Wird die Schüttung kontinuierlich erneuert, gelangen die abgeschiedenen Partikel nicht zur Turbine [3.71].

3.3.4.3

Kraft-Wärme-Kopplung mit gasförmigen Brennstoffen

Kraft-Wärme-Kopplung mit Gasmotor Die klassische Arbeitsmaschine für die Nutzung gasförmiger Brennstoffe im kleinen Leistungsbereich ist der Gasmotor. Ein großer Vorteil des Gasmotors besteht darin, auch Gase mit sehr niedrigen Heizwerten mit guten Wirkungsgraden umsetzen zu können. Neben den üblichen Motorkonzepten, wie dem Otto- oder dem Dieselmotor, werden besonders für Schwachgase Sonderkonzepte, wie der Zündstrahl-Dieselmotor, angeboten, mit dem selbst Brenngase mit Heizwerten unter 2000 kJ/m² verstromt werden können. Beim ZündstrahlDieselmotor wird kurz vor der Zündung des eigentlichen Treibgases eine kleine Menge Sekundär-Brennstoff, meist Propan oder Dieselöl, in den Kolben eingedüst und gezündet. Der dadurch entstehende ‚Zündstrahl’ garantiert eine schnelle und gleichmäßige Verbrennung auch sehr heizwertarmer Gase und sichert so einen stabilen Betrieb des Motors auch bei sehr schlechter Gasqualität. Große Gasmotoren erreichen heute Wirkungsgrade von über 40 Prozent. Für die Nutzbarkeit eines Schwachgases ist allerdings nicht nur der Heizwert eines Gases ausschlaggebend, sondern vor allem auch die laminare Flammen-Geschwindigkeit und die Zündfähigkeit des Gasgemisches. Die laminare Flammen-Geschwindigkeit steigt vor allem mit zunehmendem Wasserstoffanteil. So genügen bei ausreichend hohem Wasserstoffanteil bereits Heizwerte von unter 2000 kJ/m³ für den stabilen Betrieb eines Gasmotors (Abb. 3.56). Zu beachten ist allerdings stets auch die Klopffestigkeit des Gases, die wiederum mit zunehmendem Wasserstoffanteil abnimmt.

15

40 % C3H8 60 % CO2

0

40 % CH4 60 % CO2

5

28 % CH4 72 % N2

10 15 % H2 85 % N2

minimaler Heizwert in kJ/m³

20

Gaszusammensetzung Abb. 3.56: Heizwertlimits von Gasgemischen für Gasmotoren ( [3.35])

192

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Gasmotoren sind im unteren Leistungsbereich auch die wichtigsten Arbeitsmaschinen für Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen mit Festbrennstoffen. Durch eine vorgeschaltete Vergasung der Festbrennstoffe entsteht ein brennbares Gas, das nach einer geeigneten Brenngasaufbereitung in Gasmotoren genutzt werden kann. Der große Nachteil aller Kolbenmaschinen bei der Nutzung dieser Brenngase besteht allerdings darin, dass das Brenngas vor dem Eintritt in den Gasmotor stark abgekühlt werden muss, um eine ausreichende Verdichtung des Brenngas-Luftgemisches zu gewährleisten. Der erforderliche Hubraum eines Kolbenmotors steigt nicht nur mit abnehmendem Heizwert des Gases, sondern aufgrund der abnehmenden Gasdichte auch mit der Brenngastemperatur. Bei der Abkühlung eines Brenngases, beispielsweise aus einem Holzvergaser kondensieren die im Brenngas enthaltenen höheren Kohlenwasserstoffe – die sogenannten Teere. Diese Teere führen zu erheblichen betrieblichen Problemen im Motor und verursachen oft schwere Schäden (siehe Kap. 3.4). Durchgesetzt hat sich der Betrieb von Kolbenmotoren mit Gasen aus der anaeroben Fermentation, aus Kläranlagen und für die Nutzung von Deponiegas. Im kleinsten Leistungsbereich werden derzeit sogenannte Mini-BHKW vertrieben. Diese Mini-BHKW werden vor allem für Mehrfamilienhäuser angeboten und erreichen mit Erdgas im Leistungsbereich unter 200 kW elektrische Wirkungsgrade um 25-35%. Ein Beispiel hierfür ist das BHKW-Modul „Dachs“ der Fa. Senertec, das bei einer elektrischen Leistung von 5,5 kW einen elektrischen Wirkungsgrad von 27% erreicht [3.56]. Beim Betrieb eines BHKW mit Heizöl liegt der Wirkungsgrad sogar noch höher, da dann nicht Ottomotoren, sondern Dieselmotoren eingesetzt werden [3.5]. Kraft-Wärme-Kopplung mit Standard-Gasturbinen Besonders geeignet für die Kraft-Wärme-Kopplung sind auch Gasturbinenanlagen, weil die Abwärme bei einfachen Gasturbinenprozessen auf hohem Temperaturniveau anfällt. Einfache Gasturbinenprozesse werden deshalb vor allem für Industriekraftwerke eingesetzt, um in einem nachgeschalteten Abhitzedampferzeuger Prozesswärme zu erzeugen. Gasturbinen eignen sich zudem für die Nutzung von Grubengas oder von flüssigen Brennstoffen, wie Heizöl oder Raffinerierückständen. Ein wesentlicher Vorteil von Gasturbinenanlagen sind der im Vergleich zu Dampfturbinenanlagen geringere Personalaufwand und die erheblich geringeren Investitionskosten. Für die Kraft-Wärme-Kopplung in kleinen, dezentralen Anlagen ist die Leistung von konventionellen Gasturbinenprozessen oft zu groß. Gasturbinen mit einer elektrischen Leistung von unter 1 MW erreichen im optimalen Betriebspunkt Wirkungsgrade von um 20 % und sind daher dem Gasmotor weit unterlegen. Erst bei einer Leistung von ca. 4 MW und mehr werden von den meisten Anbietern elektrische Wirkungsgrade von um 30% angegeben [3.5]. Kraft-Wärme-Kopplung mit Microturbines Eine interessante Technologie zur Realisierung von kleinen KWK-Einheiten im Leistungsbereich von einigen Kilowatt, sind sogenannten Rekuperator-Gasturbinen oder Microturbines. Vor allem in den USA arbeiten mehrere Firmen an der Entwicklung kostengünstiger, serientauglicher Microturbines, die vor allem als Notstromaggregate oder für die Reduzie-

3.3 Kraft-Wärme-Kopplung

193

rung des - in Folge der Liberalisierung des Strommarktes in den USA auch für Kleinverbraucher - hohen Leistungspreises für Strombezugsspitzen eingesetzt werden („Peak-Shaving“, siehe Kap. 4.3.4). Mikroturbinen sind kleine Gasturbinen mit Rauchgas-Wärmeübertrager („Rekuperator“, siehe Kap. 3.2.2, [3.16], [3.103]). Ein vergleichsweise hoher Wirkungsgrad wird dadurch erreicht, dass die Abwärme des Rauchgases genutzt wird, um die bereits verdichtete Verbrennungsluft vor dem Eintritt in die Brennkammer vorzuwärmen (Abb. 3.34). Der Rekuperator erlaubt die Nutzung der Abwärme des offenen Gasturbinenprozesses für die Vorwärmung der verdichteten Verbrennungsluft unmittelbar vor deren Eintritt in die Brennkammer. Dadurch entstehen vergleichsweise hohe elektrische Wirkungsgrade von bis zu 30% auch bei sehr kleinen Einheiten. Wesentlicher Unterschied zu herkömmlichen Gasturbinen ist, dass für den Wirkungsgrad des Aggregats in erster Linie nur noch der Rauchgas-Wärmeübertrager ausschlaggebend ist. Hohe isentrope Wirkungsgrade von Verdichter und Turbine sind im Gegensatz zu offenen Gasturbinen nicht mehr entscheidend. Vor allem aber die Tatsache, dass das Wirkungsgradoptimum nicht mehr bei hohen Brennkammerdrücken sondern bei geringen Drücken von 2-4 bar liegt, führt dazu, dass sehr einfache und kostengünstige, meist einstufige Radialverdichter und -turbinen eingesetzt werden können. Verschiedene Hersteller kündigen für Mikroturbinen Preise zwischen 400 und 500 € pro Kilowatt elektrischer Leistung an [3.11]. Dieser außergewöhnlich niedrige Preis soll durch Serienproduktion und sehr einfache Komponenten erreicht werden. Marktführer ist derzeit die Firma Capstone aus Los Angeles, USA, die bereits in größeren Stückzahlen Microturbinen mit einer elektrische Leistung von 28 und 200 Kilowatt und elektrischen Wirkungsgraden zwischen 26 und 30 Prozent anbietet. Der aktuelle Preis von Mikroturbinen liegt aufgrund der bislang noch zu geringen Stückzahlen noch zu hoch für einen breiten Einsatz. Wesentlicher Vorteil der Mikroturbinen sind die im Vergleich zu konkurrierenden Technologien (Brennstoffzellenheizgeräte, Mini-BHKW) niedrigeren Wartungs- und Investitionskosten. Entsprechend finden diese Mikroturbines vor allem für die Kraft-Wärme-Kopplung großes Interesse. Der wesentliche Nachteil ist allerdings der hohe Luftüberschuss im Abgas, der für eine effiziente Abwärmenutzung besonders niedrige Rücklauftemperaturen erfordert. Besonders Stromversorger können darüber hinaus von der hohen Flexibilität der Anlagen profitieren und die Möglichkeit nutzen, über eine Online-Steuerung ‚virtuelle Kraftwerke’ aufzubauen und Reservekapazitäten einzusparen. Mikroturbinen bieten hervorragende Lastwechseleigenschaften. Mehrere Anlagen können über größere Gebiete verteilt werden und über geeignete Lastmanagement-Systeme miteinander gekoppelt werden. Solche ‚virtuellen Kraftwerke’ können schnell und flexibel auf Lastanforderungen reagieren und so mit hoher Flexibilität und Redundanz zur Deckung plötzlicher Lastanforderungen beitragen. Besonders attraktiv ist auch die Nutzung von Biogas oder Deponiegas. Hier werden oft die geltenden Emissionsgrenzwerte, beispielsweise für CO, durch die sonst üblichen Gasmotoren nur schwer erreicht. Die kontinuierliche Verbrennung der Gase in der Gasturbinenbrennkammer ist wesentlich vorteilhafter, als die diskontinuierliche Verbrennung in Motoren und führt deshalb zu geringeren Schadstoffemissionen.

194

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Ein weiteres Mikroturbinen-Konzept ist die Kombination von Mikroturbinen mit Hochtemperatur-Brennstoffzellen, besonders mit den Solid Oxide Fuel Cells (SOFC). Dabei arbeitet die Brennstoffzelle als Brennkammer der Mikroturbine. Zum einen weisen diese Brennstoffzellen bei erhöhtem Druck erhöhte Wirkungsgrade auf und zum anderen reduziert sich ihr Wirkungsgrad dadurch, dass das Abgas mit hoher Temperatur die Brennstoffzellen verlässt. Auch der Anteil an brennbaren Gasen im Abgas der Brennstoffzellen reduziert deren Wirkungsgrad. Die Brennstoffzelle wandelt nur zwischen 70 und 90 Prozent des Brenngases in Strom um, der Rest verlässt die Brennstoffzelle ungenutzt. Erhöht man mit dem ungenutzten Brenngas die Temperatur des Brennstoffzellenabgases, kann die so gewonnene Wärme in der Gasturbine zusätzlich genutzt werden. Wird die Abwärme durch die Entspannung in einer Gasturbine reduziert, wird dadurch nicht nur mehr Strom erzeugt, sondern zugleich der Eigenbedarf für den Verdichter gedeckt und die Verbrennungsluft vor dem Eintritt in die Brennstoffzelle vorgewärmt. Der Wirkungsgrad des Brennstoffzellen-Systems wird durch die Kombination mit Mikroturbinen wesentlich erhöht. Der Wirkungsgrad der Brennstoffzellen-Module von Siemens-Westinghouse erhöht sich durch die Mikroturbine beispielsweise beim Betrieb mit Erdgas von 49 auf 57 Prozent [3.14].

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

3.4

Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

3.4.1

Die Vergasung von Festbrennstoffen

3.4.1.1

Begriffe und Definitionen

195

Die Erzeugung brennbarer Gase aus Festbrennstoffen wird dann besonders wichtig, wenn Biomasse oder Reststoffe in kleinen, dezentralen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen genutzt werden sollen, da im unteren Leistungsbereich keine effizienten Arbeitsmaschinen für Festbrennstoffe zur Verfügung stehen. Die Nutzung von Biomasse ist dabei besonders vorteilhaft, da sie einen hohen Anteil flüchtiger Bestandteile und einen hohen Wasserstoffanteil aufweist. Prinzipiell gibt es drei verschiedene Wege, flüssige oder gasförmige Brennstoffe aus Festbrennstoffen zu erzeugen – die Vergärung, die Pyrolyse und die thermische Vergasung. Der derzeit am weitesten verbreitete Prozess ist die anaerobe Vergärung oder Fermentation in Biogasanlagen. Landwirtschaftliche Reststoffe werden durch Mikroorganismen zusammen mit Fest- und Flüssigmist in großen Fermentern in ein methanreiches Gas umgewandelt. In vielen Fällen werden den Fermentern auch sogenannte Co-Substrate wie Küchenabfälle, Fette oder Treber zugegeben, die zum einen die Gasqualität erhöhen und zum anderen die Möglichkeit bieten, Entsorgungserlöse zu erwirtschaften. Die anaerobe Fermentation erlaubt auch die Nutzung von halmgutartiger Biomasse, wie Gräser und Stroh. Allerdings sollte dann die Cellulose vor der Zugabe in den Fermenter hydrolisiert werden, um den Umsatz im Fermenter zu erhöhen. Die anaerobe Fermentation kann derzeit nicht angewendet werden, wenn holzartige, also ligninhaltige Brennstoffe eingesetzt werden sollen. Allerdings werden auch Mikroorganismen entwickelt, die auch ligninhaltige Biomasse in Ethanol umsetzen können; diese Mikroorganismen sind aber derzeit noch nicht verfügbar. Der Erfolg dieser Entwicklungen hängt vor allem auch davon ab, ob die erforderlichen Konversionsraten erzielt werden und zugleich die Resistenz und Robustheit der Mikroorganismen gewährleistet werden kann. Die Vergasung von holzartiger Biomasse, Kohle und sonstigen Reststoffen verlangt deshalb thermische Konversionsprozesse. Die schnelle Pyrolyse oder Flash-Pyrolyse zielt besonders auf die Erzeugung flüssiger, lagerfähiger Brennstoffe. Diese Pyrolyseöle entstehen bei der Zersetzung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe bei Temperaturen um 500 °C. Auch die Erzeugung von Holzkohle durch eine langsame Pyrolyse („Niedertemperaturvergasung“) wird vorgeschlagen, um einen transportfähigen, heizwertreichen Brennstoff zu erzeugen, der für die Herstellung von Aktivkohle oder für die Mitverbrennung in Kohlekraftwerken geeignet ist [3.107]. Die thermische Vergasung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe beginnt bei Temperaturen oberhalb von 700 °C. Man unterscheidet die autotherme und die allotherme Vergasung. Die

196

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Vergasung ist ein endothermer Prozess; das bedeutet, dem Vergaser ist Wärme auf hohem Temperaturniveau zuzuführen. Bei autothermen Vergasern wird die Reaktionswärme durch eine partielle Oxidation der Kohlenwasserstoffe mit Luft im Inneren des Vergasers bereitgestellt. Der wesentliche Nachteil dieses Konzeptes resultiert daraus, dass bei der partiellen Oxidation auch Rauchgas entsteht, das aufgrund des hohen CO2 und H2O Anteils, vor allem aber aufgrund eines hohen Stickstoffanteils das Produktgas verdünnt. Der Heizwert des entstandenen Gases reduziert sich entsprechend und das Gas kann nur in Arbeitsmaschinen verwertet werden, die auch bei niedrigen Heizwerten noch arbeiten. Bei der allothermen Vergasung wird die Reaktionswärme ganz oder teilweise aus einer externen Wärmequelle gedeckt. Dadurch wird die Verdünnung des Produktgases vermieden und es entstehen Brenngase mit wesentlich höheren Heizwerten. Eine spezielle Form der allothermen Vergasung ist die Wasserdampfvergasung, die sogenannte Reformierung chemisch gebundene Energie 70 -85 %

allotherme Vergasung

chemisch gebundene Energie 122 %

100 % fühlbare Wärme 15-30 %

Brennstoff 100 %

134 % fühlbare Wärme 12%

Brennstoff 100 %

Nutzgas 100 %

(Heizwert 2 000 - 5 000 kJ/kg)

64 %

Vergaser

34 30 kW kW

Vergaser

Abwärme 30%

Brennkammer

Nutzgas 70 %

70 %

autotherme Vergasung

(Heizwert > 10 000 kJ/kg)

Abb. 3.57: Energiefluss bei der autothermen und der allothermen Vergasung

Das Produktgas aus der Wasserdampfvergasung zeichnet sich durch einen erhöhten Heizwert und einen bemerkenswert hohen Wasserstoffanteil von bis über 50% aus. Da das Produktgas aus der Reformierung von fossilen Kohlenwasserstoffen vielfach als Ausgangsprodukt für vielerlei Syntheseprozesse (Ammoniaksynthese, Methanolsynthese etc.) eingesetzt wird, wird es als Synthesegas bezeichnet. Dieses Synthesegas ist vor allem für den Einsatz in Brennstoffzellen oder als Ausgangsstoff für die Herstellung regenerativer Treibstoffe (z.B. Wasserstoff aus Biomasse, Kap. 3.4.3.1) interessant. Eine übliche Kennzahl für die Bewertung eines Vergasungsverfahrens ist der sogenannte Kaltgaswirkungsgrad, der die im erzeugten Brenngas enthaltene chemisch gebundene Energie ins Verhältnis zur eingesetzten Brennstoffenergie setzt:

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

197

Kaltgaswirkungsgrad Der Kaltgaswirkungsgrad ηG eines Vergasers ηG =

 G ⋅ H u ,G m  mF ⋅ H u ,F

beschreibt das Verhältnis der chemisch gebundenen Energie des Brenngases, bezogen auf die Feuerungswärmeleistung  F ⋅ H u ,F Q FWL = m

des Vergasers mit Q FWL G m

F m

Hu,G Hu,F

Feuerungswärmeleistung des Vergasers in [kW] Massenstrom des erzeugten Brenngases in [kg/s] Massenstrom des Festbrennstoffes in [kg/s] unterer Heizwert des erzeugten Brenngases in [kJ/kg] unterer Heizwert des Festbrennstoffes in [kJ/kg]

Der Hauptnachteil der allothermen Vergasung besteht darin, dass ein Teil des Brennstoffes oder des erzeugten Brenngases abgezweigt werden muss, um den Wärmebedarf des Reaktors zu decken. Der Kaltgaswirkungsgrad des allothermen Vergasers ist daher meist deutlich niedriger, als der mit der autothermen Vergasung erreichbare Wirkungsgrad. Der wesentliche Vorteil der allothermen Vergasung besteht darin, dass aufgrund des höheren Heizwertes die Nutzung des Brenngases nicht auf die Verbrennung im Kolbenmotor beschränkt ist. Dadurch können auch Konzepte mit Heißgasreinigung realisiert werden und so das Teerproblem umgangen werden. Allerdings sind allotherme Vergaser aufgrund der hohen erforderlichen Wärmeströme technisch nur schwer zu realisieren. Während also das Teerproblem die wesentliche technische Herausforderung bei autothermen Vergasern ist (Kap. 3.4.2.1), bleibt der Wärmeeintrag in den Vergaser die wichtigste Aufgabenstellung für die Entwicklung von allothermen Vergasern und Reformern (Kap. 3.4.1.5).

3.4.1.2

Die Flash-Pyrolyse

Die schnelle Pyrolyse oder Flash-Pyrolyse zielt besonders auf die Erzeugung flüssiger, lagerfähiger Brennstoffe. Diese Pyrolyseöle entstehen bei der Zersetzung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe bei Temperaturen um 500 °C. Entscheidend ist dabei eine extrem hohe Aufheizrate von bis zu 500 K/s. Dadurch soll vermieden werden, dass langkettige Kohlenwasserstoffe durch thermisches Cracken in niedermolekulare gasförmige Komponenten

198

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

zerfallen. Die hochmolekularen Kohlenwasserstoffe werden anschließend rasch abgekühlt und bilden so einen flüssigen, teerähnlichen Brennstoff. Hauptproblem ist dabei bislang die dauerhafte Konservierung des Öles. Der im Vergleich zu fossilen Ölen wesentlich erhöhte Sauerstoffanteil fördert die Polymerisation des Öles, so dass sich aus dem Öl innerhalb weniger Stunden ein klebriger, hochviskoser Feststoff bildet. Um die Polymerisation zu vermeiden, muss sichergestellt werden, dass keine kohlenstoffhaltigen Feststoffpartikel im Öl enthalten sind. Da die Pyrolyse einen hohen Anteil langkettiger und verzweigter Kohlenwasserstoffe voraussetzt, kommt sie vor allem für die Umwandlung ligninhaltiger Biomassen und von Kunststoffabfällen in Frage.

Tab. 3.8:

Elementarzusammensetzung von Pyrolyseölen und Heizöl [3.6], [2.24]

Zusammensetzung C H N S O Asche Wasser Heizwert Hu

3.4.1.3

Pyrolyseöl 55 - 62 % 6% 0,3 % 0,1 % 30 - 40 % 0,2 % 18 - 25 % 15 - 17 MJ/kg

Heizöl 85,9 % 13,3 % 0,2 % 0,3 % 0,7 % 42 MJ /kg

Die Vergärung

Die Produktion von Biogas war in der Vergangenheit überwiegend auf landwirtschaftliche Betriebe beschränkt. Der Anlagenbestand in der BRD wurde für das Jahr 1999 auf 700 bis 750 Anlagen geschätzt. Hinzu kamen 252 Anlagen für die Nutzung von Deponiegas und 224 Anlagen für die Nutzung von Klärgas aus der biologischen Abwasserbehandlung [2.23]. Der durch das Erneuerbare Energien Gesetz EEG [1.5] ausgelöste Boom der Biogasbranche führte innerhalb weniger Jahre bis 2011 zu einer Verzehnfachung des Anlagenbestands auf 7000 Anlagen [3.41]. Die Hauptedukte für die anaerobe Fermentation waren Gülle und Mist aus der Tierhaltung. Hinzu kamen in Folge des EEG so genannte „Nawaros“ – Nachwachsende Rohstoffe, vor allem Mais und Getreideganzpflanzen. In vielen Fällen werden zusätzlich pflanzliche Reststoffe und organische Abfälle wie Heu, Grasschnitt, Straßenbegleitgrün oder Biertreber verwertet. Andere übliche Co-Substrate sind Klärschlamm, Lebensmittelreste und Fette. Das erzeugte Biogas wird in Gastanks oder im Fermenter zwischengespeichert und schließlich in Gasmotoren für die Erzeugung von Wärme und Strom genutzt. Aufgrund des hohen Methananteils von bis zu 75% und des daraus resultierenden hohen Heizwerts von über 20 000 kJ/kg ist das Biogas hervorragend für die Nutzung in Gasmotoren und sogar in Microturbinen geeignet. Wirtschaftliche Vorteile eröffnen sich auch daraus,

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

199

dass Lebensmittelreste und Küchenabfälle umgesetzt werden können. Die Nutzung von Küchenabfällen erfordert allerdings eine vorherige Hygienisierung der Speisereste. Durch kurzzeitiges Erhitzen auf über 70 °C werden Keime und unerwünschte Bakterien abgetötet.

Mist

Co-Substrate

Entschwefelung Biogas

Fermenter

Gasmotor

Biogas tank Heiznetz

Abb. 3.58: Schematischer Aufbau einer Biogas-Anlage

Technische Probleme verursacht der oft hohe Schwefel- und Ammoniakgehalt im Biogas. Der H2S Anteil muss daher vor der Nutzung im Motor mit Aktivkohlefiltern aus dem Biogas entfernt werden. Biochemische Grundlagen der Vergärung Man unterscheidet die Vergärung mit mesophilen und thermophilen Mikroorganismen. Mesophile Bakterien erlauben eine sehr stabile Fermentation bei Temperaturen um 35-38 °C. Die notwendige Verweilzeit der Substrate im Fermenter beträgt allerdings zwischen 25 und 40 Tagen. Thermophile Bakterien setzen die Substrate bei Temperaturen um 60 °C dagegen sehr viel schneller um, verlangen aber sehr stabile Prozessbedingungen [3.1], [ 2.15]. Die Fermentation verläuft in vier Schritten, der Hydrolyse, der Säurebildung, der Acetatbildung und schließlich der Methanbildung: Beim Fermentationsprozess werden Zucker, Stärke und Fette gut abgebaut, aber nur bis zu 50 Prozent der im Substrat enthaltenen Zellulose umgesetzt. Lignin wird nicht abgebaut. Der Gärrest enthält daher oft große Mengen Zellulose und Lignin [3.9], die den Wirkungsgrad der Anlage erheblich mindern. Als Kenngröße für den erreichbaren Umsatz wird meist die Methanausbeute yCH4 angegeben.

200

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung Ausgangsmaterial (Eiweiße, Kohlenhydrate, Proteine) 1. Schritt

Hydrolyse

Hydrolytische Bakterien

Einfache organische Bausteine (Aminosäuren, Fettsäuren, Zucker) 2. Schritt

Säurebildung

Niedere Fettsäuren (Propionsäure, Buttersäure) 3. Schritt

Fermentative Bakterien Weitere Produkte (Milchsäure, Alkohole usw.) Acetogene Bakterien

Acetatbildung

Essigsäure 4. Schritt

H2 + HCO3 Methanbildung

Methanogene Bakterien

Biogas CH4 + CO2

Abb. 3.59: Ablauf der anaeroben Fermentation

Definition der Methanausbeute Die Methanausbeute y CH 4 =

VCH 4 m oTM

=

VCH 4 x oTM ⋅ m Sub

bezeichnet den Methanertrag in VCH in [m³/s] bezogen auf die im Substrat enthaltenen organischen Anteile,

4

mit

 Sub m

organischen Anteile im Substrat (ODM) 3 in [kg/s] Substrat-Massenstrom in [kg/s]

yCH 4

Methanausbeute in [m³/kg]

VCH 4

Methanertrag in [m³/s]

xoTM

Anteil der organischen Bestandteile im Substrat in [kg/kg]

 oTM m

3

oTM = organische Trockenmasse

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

201

Die Methanausbeute wird im Wesentlichen dadurch bestimmt, wie gut die im Substrat enthaltenen Kohlenwasserstoffe in Methan umgesetzt werden können. Allerdings wird auch bei idealen Bedingungen eine verlustfreie Umsetzung nicht erreicht:

Beispiel: Theoretischer Methanertrag bei der Konversion von Glucose Bei der Umsetzung von Glucose mit der Summenformel C6H12O6 nach der Gleichung C6 H 12 O6  → 3 CH 4 + 3 CO2

errechnet sich die Methanausbeute yCH 4 aus dem molaren Volumen Vm des als ideales Gas

~

angenommenen Methans und der molaren Masse M C6 H 12 O6 yCH 4 =

n CH 4 ⋅ Vm ~ n C6 H 12O6 ⋅ M C6 H 12O6

=

der Glucose zu

m³ 3 ⋅ 22 ,414 m³ kmol = 0 ,3736 kg 1 ⋅ 180 kmol kg

Der maximale thermische Wirkungsgrad der Konversion beträgt damit

η CH 4 =

yCH 4 ⋅ H u ,V ,CH 4

m C6 H 12 O6 ⋅ H u ,C6 H 12 O6 =

=

0 ,3736 m³ kg ⋅ 35886 kJ m³ = 86 ,0 % 15 567 kJ kg

mit i m

Stoffmenge der Edukte und Produkte in [kmol/s] Substrat-Massenstrom in [kg/s]

H u ,i

unterer Heizwert in [kJ/kg] bzw. [kJ/m³]

yCH 4

Methanausbeute in [m³/kg]

Vm

molare Masse in [kmol/kg] molares Volumen 22,414 m³/kmol

ni

~ Mi

Für die Berechnung der Methanausbeute ist zu beachten, dass die in der Literatur angegebenen Werte entweder auf die Feuchtmasse (FM), auf die Trockenmasse (TM) oder auf die organische Trockenmasse (oTM) bezogen sein können. Da sowohl die Feuchte als auch der mineralische Anteil im Substrat stark variiert, ist es sinnvoll, die Methanausbeute auf den organischen Anteil des Substrats xOTM zu beziehen. Die organische Trockenmasse kann wiederum auf feuchtes Substrat oder auf trockenes Substrat bezogen werden. Der Methanertrag variiert stark mit den Wachstums- und Erntebedingungen der eingesetzten Pflanzen. Werte für den Gehalt an organischen Anteilen und übliche Methanausbeuten sind in Tab. 3.9 zusammengestellt..

202

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Tab. 3.9:

Methanausbeute trockener Substrate [3.7], [3.9]

Substrat

xODM

yCH 4

Methananteil im Biogas

in [Gew.-%] der Feuchtmasse

in [m³ / kgODM]

in [Vol.-%]

Rindergülle

6,4 – 10

0,17 – 0,63

53 – 62

Schweinegülle

1,3 – 7,1

0,3 – 0,88

47 – 68

60

0,38

51

Hühnermist Kartoffeln

17 – 20

0,59 – 0,82

50 – 57

Grassilage

25 – 46

0,21 – 0,7

52 – 56

Maissilage

24 – 36

0,3 – 1,13

47 – 69

Roggensilage

23 – 42

0,57 – 0,79

50 – 68

Luzerne- Grüngut

19 – 36

0,54 – 0,6

63 – 68

Roggen

23 – 58

0,49 – 0,68

59 – 62

Weizen

85

0,33 – 0,41

52 – 55

Triticale

30 – 64

0,6 – 0,8

50 – 69

in [Gew.-%] der Trockenmasse

in [m³ / kgODM]

Apfel-Treber

86

0,3 – 0,4

Gemüse

76

0,4

96 – 98

0,7 – 0,75

Brotabfälle Kartoffelschalen

90

0,55

Raps-Presskuchen

97

0,58 – 0 ,62

90 – 95

0,5 – 0,6

Küchenabfälle Fette

96

0,7 – 1

Tiermehl

90

0,5 – 0,8

Gras

76 – 80

0,45 – 0,5

Getreidestroh

85 – 89

0,3 – 0,6

Unüblich ist dagegen die Angabe eines elektrischen Wirkungsgrades oder eines Brennstoffausnutzungsgrades für die Vergärung. Dadurch dass besonders bei cellulose- oder ligninhaltigen Biomassen und Reststoffen ein großer Anteil des Heizwertes im Faulschlamm verbleibt und nicht in brennbare Gase umgesetzt wird, sind die erreichbaren Wirkungsgrade dieser Verfahren gering. Analog zum Kaltgaswirkungsgrad bei der thermischen Vergasung ist es zweckmäßig, für die Vergärung einen Konversionswirkungsgrad zu definieren: Beispiel: Konversionswirkungsgrad bei der Biogaserzeugung Bei der Fermentation von Weizenstroh wird eine Methanausbeute von 0,4 m³/kgODM erzielt. Aus dem Heizwert des trockenen Strohs (Hu = 17400 kJ/kg, siehe Tab. 2.1) und dem Anteil organischer Bestandteile im Trockensubstrat (xODM = 0,9) errechnet sich ein Konversionswirkungsgrad von

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

ηCH 4 =

VCH 4 ⋅ H u ,V ,CH 4  Sub ⋅ H u ,Sub m

=

203

yCH 4 ⋅ xODM ⋅ H u ,V ,CH 4 H u ,Sub

0,4 ⋅ 0,9 ⋅ 35886 = = 74,2 % 17400

mit VCH 4

Methanertrag in [m³/s]

 Sub m

Substrat-Massenstrom in [kg/s]

yCH 4

Methanausbeute in [m³/kg]

xODM

Anteil der organischen Bestandteile im Substrat in [kg/kg] unterer Heizwert der Trockensubstanz (Tab. 2.1) in [kJ/kg] volumetrischer, unterer Heizwert des Methans (Tab. 2.2) in [kJ/m³]

Hu,Sub

H u ,V ,CH 4

Die Konversionswirkungsgrade variieren allerdings wie die Methanausbeuten erheblich und erreichen nur bei idealen Bedingungen Konversionswirkungsgrade von über 70%. Zudem geht ein Teil der Verluste als Abwärme des Fermenters verloren. Der überwiegende Anteil der Verluste bleibt jedoch in organischer Form im Faulschlamm enthalten. Zusätzliche Verluste entstehen bei der Silage der eingesetzten Substrate. Um Substrate ganzjährig für die Biogasanlage zur Verfügung stellen zu können, werden Nachwachsende Rohstoffe (Nawaros) wie Mais oder Getreideganzpflanzen in Fahrsilos, Hochsilos oder Ballensilos luftdicht gelagert. Die einsetzende Milchsäuregärung lässt den pH-Wert absinken und verhindert das Wachstum gärschädlicher Bakterien und Pilze. Je nach Dauer verlieren die Substrate bei der Silage allerdings bis zu zehn Prozent ihres Energieinhaltes. Fermenterbauarten Für die Vergärung feuchter und trockener Substrate sind vor allem stehende Fermenter (Abb. 3.60a) und liegende Propfenstromfermenter (Abb. 3.60b) verbreitet. Beide Fermenterbauarten wurden ursprünglich für die Nassfermentation entwickelt. Große Rührwerke halten die Substrate in Bewegung und sorgen dafür, dass keine Schwimmschichten entstehen, die die Gasbildung behindern würden. Durch das Propfenstromprinzip sind in den liegenden Fermentern höhere „Raumbelastungen“ möglich, es ist also bei gegebener Substratzugabe ein geringeres Reaktorvolumen notwendig, als bei stehenden Fermentern. Besonders für die Abfallbehandlung wurde die Trockenfermentation in Boxenfermenter (Abb. 3.60c) entwickelt. Die trockenen Substrate werden dazu in Boxen eingebracht, die nach der Beschickung gasdicht verschlossen werden. Über mehrere Wochen werden die Substrate mit einem wässrigen „Perkolat“ berieselt. Das mit den Mikroorganismen beladene Perkolat sickert durch die Substratschüttung. Wie bei der Flüssigfermentation werden die organischen Anteile des Substrats dabei anaerob abgebaut. Die Gärreste werden in der Regel anschließend einer Kompostierung zugeführt um auch die holzartigen Anteile des Biomülls zu verwerten.

204

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

a) Gasmembran

GroßflügelRührwerk Schwimmschichten

Rohrheizung Isolation

b)

Paddelrührwerk

Schwimmschichten

Rührmotor

Substratzufuhr

c)

Substratabzug

Isolation Heizleitung Im Rührwerk

Sedimentabzug

Stahltank

Perkolatverteiler Perkolatkreislauf Perkolatspeicher

Wandheizungen

Abb. 3.60: Fermenterbauarten: stehende Fermenter (oben), Pfropfenstromfermenter (Mitte) und Boxenfermenter (unten)

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

205

Aufgrund der besonderen Förderung des EEG 2004 für die Trockenfermentation [1.5] wurden schließlich auch stehende Fermenter und Propfenstromfermenter mit besonders hohen Feststoffanteilen betrieben. Der Begriff der Trockenfermentation wurde daher zuletzt auch auf konventionelle Biogasanlagen angewendet.

3.4.1.4

Thermische Vergasung

Die thermische Vergasung von Festbrennstoffen hat bereits seit vielen Jahrzehnten Tradition. Bereits mit Beginn des 19. Jahrhunderts wurden erste Anlagen zur thermochemischen Vergasung betrieben. In vielen europäischen und nordamerikanischen Städten wurde Stadtgas erzeugt, um mit Gaslaternen öffentlicher Plätze und Straßen zu beleuchten. Dazu wurden ersten Gasnetze aufgebaut, die mit überwiegend aus Kohle erzeugten Brenngasen betrieben wurden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste große industrielle Vergasungsanlagen eingesetzt um Wasserstoff und Synthesegase für die Ammoniak-Synthese zu erzeugen. Mit dem 1922 patentierten Winkler-Vergaser wurde zunächst diskontinuierlich „Wassergas“ in Wirbelschichtvergaser erzeugt. Die stationäre Wirbelschicht wurde mit Luft fluidisiert und durch Verbrennung der Kohle auf Temperaturen um 1100-1200 °C aufgeheizt. Anschließend wurde die Wirbelschicht mit Wasserdampf „geblasen“ um Wasserdampfgehalte bis 45% zu generieren [3.105]. Durch den Betrieb mit Wasserdampf-Sauerstoff-Gemischen war 1930 in Leuna ein kontinuierlicher Betrieb mit entsprechend hohen Wasserstoffgehalten möglich. Die damals errichteten Winkler-Vergaser waren in Leuna bis in die 80er Jahre in Betrieb. Schon in den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde angestrebt, durch die Konversion von Festbrennstoffen brennbare Gase zu erzeugen, die z. B. in Gasmotoren oder Gasturbinen für die Stromerzeugung genutzt werden können. Bis heute wird daran gearbeitet, den Festbrennstoff Kohle zu vergasen, um die Kohle in kombinierten IGCCKraftwerken, also in GuD-Kraftwerken mit integrierter Vergasung 4, effizienter als in herkömmlichen Dampfkraftprozessen einsetzen zu können. Besonders aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts stammen viele Entwicklungen für die Vergasung von Holz. Diese Holzvergaser wurden während des Zweiten Weltkriegs in Deutschland und Frankreich vor allem deshalb entwickelt, um die Abhängigkeit von Ölimporten zu reduzieren. 5 Viele Vergaserkonzepte basieren noch heute auf der damals entwickelten Technologie des Imbertvergasers (Abb. 3.61). Das gewichtigste Argument für eine Vergasung biogener Festbrennstoffe resultierte aus der Tatsache, dass gerade für kleine, dezentrale Anwendungen fast ausschließlich Arbeitsmaschinen zur Verfügung stehen, die auf gasförmige oder flüssige Brennstoffe angewiesen sind.

4 5

IGCC = Integrated Gasification Combined Cycle VDI-Zeitschrift, August 1940: "... Durch Erlaß des Reichsverkehrsministers vom 16. September 1939 ist die Umstellung von Kraftwagen auf Antrieb mit nichtflüssigen Kraftstoffen gesetzlich angeordnet worden ... Wesentlich ist dabei der Gedanke, daß es sich hierbei nicht etwa um ein Behelfsmittel für die Zeit des Krieges handelt, sondern daß nach Beendigung des Krieges der Generatorenantrieb eine bedeutende Rolle im deutschen Kraftfahrwesen spielen wird..."

206

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Sollen in dezentrale Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen auch Festbrennstoffe effizient verstromt werden, ist die Vergasung dieser Brennstoffe unumgänglich.

Abb. 3.61: Festbettvergaser aus "Holzgaserzeuger für Lastwagenantrieb", VDI-Zeitschrift, August 1940.

Die Vergasung ist aber auch eine Schlüsseltechnologie für die Herstellung von Treibstoffen aus den regenerativen Energieträgern Biomasse und Reststoffen. So kann Wasserstoff in großem Umfang nur durch die Vergasung bzw. Reformierung kohlenstoffhaltiger Brennstoffe gewonnen werden. Auch für die Herstellung von Methanol oder synthetischen Treibstoffen aus biogenen Rohstoffen muss aus Festbrennstoffen erst ein wasserstoffreiches Synthesegas erzeugt werden, das dann in Methanol oder synthetisches Benzin weiterverarbeitet werden kann. Ein dritter Bereich, für den die Vergasung eine der Schlüsseltechnologien darstellt, ist die Entwicklung CO2-freier Kohlekraftwerke. Besonders in den USA wird die Abtrennung und anschließende Deponierung von CO2 bei der Verstromung fossiler Brennstoffe diskutiert. Viele Verfahren für die CO2-Abtrennung setzen allerdings eine vorherige Vergasung voraus,

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

207

da CO2 aus dem Brenngas mit weitaus geringerem Aufwand abgetrennt werden kann als aus dem Rauchgas [3.30]. Dass sich die Vergasung bis heute nicht durchsetzen konnte, liegt zum einen an der geringen Qualität der erzeugten Brenngase und zum anderen an den hohen Kosten der Vergasungstechnologie. Das wichtigste Hemmnis für kleine Anlagen ist allerdings nach wie vor das Teerproblem (s.u.). Physikalische Grundlagen der thermochemischen Vergasung Die Vergasung eines Festbrennstoffes läuft in drei Schritten ab. Der langsamste und damit der geschwindigkeitsbestimmende Schritt ist die Trocknung des Brennstoffpartikels, bei dem zunächst der Wassergehalt verdampft und das Brennstoffpartikel gleichzeitig erwärmt werden muss. Bei Temperaturen oberhalb von 250 °C beginnt die Pyrolyse des Brennstoffes. Die ersten Kohlenwasserstoffe und flüchtigen Bestandteilen beginnen auszugasen und gleichzeitig wird die Ligninstruktur der Biomasse ‚gecrackt’. Vor allem bei Temperaturen oberhalb von 600 °C werden große Mengen hochmolekularer, meist aromatischer Kohlenwasserstoffe freigesetzt, die sogenannten Teere. Erst bei Temperaturen oberhalb von 700 °C beginnt der eigentliche Vergasungsprozess (Tab. 3.10).

Tab. 3.10:

Prozessschritte bei der thermischen Vergasung von kohlenstoffhaltigen Festbrennstoffen [3.84]

Trocknung bis ca. 200 °C

Pyrolyse ca. 200 – ca. 700 °C

H2O H2O

H2O

Antracen Toluol

CO

CH4

H2

O

Furfural CH3

OH

Naphtalin • Ausgasen des Wasseranteils • Aufheizen des Brennstoffpartikels

Vergasung ab ca. 700 °C

Phenol

• ab 250 °C Depolymerisation, Abspaltung niedermolekularer Elemente • ab 350°C Bruch aliphatischer Bindungen, Ausgasen von CH4 und niedermolekularen Kohlenwasserstoffen (flüchtige Bestandteile) • ab 600 °C Cracken der Ligninstruktur, Bildung von Aromaten (Benzol, Toluol, Naphthalin...) • Entstehung von Restkoks

H2

CH4 H2

CO

CO

• partielle Oxidation des Restkokses und der Kohlenwasserstoffe • heterogene Vergasungsreaktionen (Vergasung des Restkoksanteils) • homogene Vergasungsreaktionen (Einstellung der GasgleichgewichtsZusammensetzung der Gasphase) • Entstehung von CO, H2 und CH4

208

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Die bei der Pyrolyse entstandenen Kohlenwasserstoffe werden zu Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgesetzt (homogene Vergasungsreaktionen) und der zurückgebliebenen Restkoks wird durch die sogenannten heterogenen Vergasungsreaktionen wiederum in Kohlenmonoxid und Wasserstoff umgesetzt. Die dabei ablaufenden Reaktionsgleichungen sind in Tab. 3.11 und Tab. 3.12 zusammengestellt. Prinzipiell zu unterscheiden sind die Luftvergasung und die Vergasung mit Wasserdampf, die sogenannte allotherme Reformierung. Die Vergasung mit Luft ist gleichbedeutend mit einer unterstöchiometrischen Verbrennung. Während bei der stöchiometrischen Verbrennung (Luftzahl λ = 1) aufgrund der freigesetzten Verbrennungsenthalpie im Produktgas, in diesem Fall dem Rauchgas, Temperaturen von 1800 °C und mehr erreicht werden, sinkt die Temperatur des Produktgases mit abnehmender Luftzahl trotz des abnehmenden Produktgasmassenstroms, da keine vollständige Umwandlung des Heizwertes in Wärme mehr erfolgt. Die nicht umgesetzte Reaktionsenthalpie des Brennstoffes bleibt in chemisch gebundener Form als Kohlenmonoxid, Wasserstoff und Methan erhalten. In dem Maße, wie sich die Temperatur des Produktgases mit abnehmender Luftzahl reduziert, nimmt der Heizwert des Gases zu (siehe Abb. 3.62).

Tab. 3.11:

Heterogene Vergasungsreaktionen [2.14]

Oxidation von Kohlenstoff Partielle Oxidation von Kohlenstoff heterogene Wassergasreaktion Boudouard-Reaktion hydrierende Vergasung

Tab. 3.12:

− 406 kJ / mol

C + O2 →

CO2

− 123 kJ / mol

C + O2 → 2 CO + 119 kJ / mol

C + H 2 O → CO + H 2 + 162 kJ / mol

C + CO2 → − 87 kJ / mol

C + H 2  →

exotherm exotherm

endotherm

2 CO

endotherm

CH 4

exotherm

Homogene Vergasungsreaktionen (Gasphasenreaktionen), [2.14], [3.25]

Oxidation von Kohlenmonoxid Oxidation von Wasserstoff (Knallgasreaktion) Oxidation von Methan

CO +

1 −283 kJ / mol O2 → 2

CO2

H2 +

1 −242 kJ / mol O2 → 2

H 2O

exotherm exotherm

− 802 kJ / mol

exotherm

− 42 kJ / kg

exotherm

CH 4 + 2 O2 → CO2 + 2 H 2 O

Shift-Reaktion

CO + H 2 O  → CO2 + H 2

Reformierung

CH 4 + H 2 O → CO + 3 H 2

+ 206

kJ / kg

endotherm

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

209

Die Zusammensetzung des Produktgases ergibt sich im Idealfall aus dem thermodynamischen Gleichgewicht der ablaufenden Reaktionen. So entstehen bei diesem Prozess neben Kohlenmonoxid auch nennenswerte Mengen an Wasserstoff, Methan und natürlich auch Kohlendioxid. Durch diese unterstöchiometrische Verbrennung oder Luftvergasung können Heizwerte bis ca. 5000 kJ/kg erzeugt werden. Eine weitere Steigerung des Heizwerts ist allerdings nicht möglich, weil bei einer weiteren Reduktion der Luftzahl λ die resultierende Prozesstemperatur unter 800 °C abfällt.

allotherme Wasserdampf-Vergasung ("Reformierung") bei 800, 900 und 1000 °C

2000

stöchiometrische Verbrennung

18 000 allotherme Luftvergasung bei 1200 °C

16 000 14 000

1800 1600 1400

Rauchgas / Brenngastemperatur

12 000 10 000

1200 1000 800

8 000 6 000 4 000 2 000 0

0.0

0.2

0.4

600

autotherme Luftvergasung

allotherme Luftvergasung bei 800 °C

Temperatur in °C

Heizwert des Produktgases in kJ/kg

20 000

400 200

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

0

Luftverhältnis λ

Abb. 3.62: Einfluss der Vergasungstemperatur auf den Heizwert des Produktgases

Die partielle Oxidation des Kohlenstoffs reicht für eine weitere Erwärmung des Produktgases nicht aus. Mit abnehmenden Temperaturen verschieben sich nicht nur die thermodynamischen Gleichgewichte und damit die mögliche Gaszusammensetzung, die Vergasungsreaktionen laufen auch deutlich langsamer ab. Bei Temperaturen unter 700 °C laufen schließlich keine Vergasungs-Reaktionen mehr ab und es wird kein Brennstoff mehr umgesetzt. Eine Vergasung mit noch geringeren Luftverhältnissen und höheren Heizwerten ist nur dann möglich, wenn dem Vergasungsreaktor zusätzlich Wärme zugeführt wird. Diese Prozessführung nennt man allotherme Vergasung. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass dem Reaktor im Gegensatz zur autothermen Vergasung, Wärme aus einer externen Wärmequelle zugeführt werden muss (Abb. 3.57). Eine Sonderform der allothermen Vergasung, ist die sogenannte Wasserdampfvergasung oder Reformierung (siehe Kap. 2.2.1.3). In diesem Fall ist im Gegensatz zur Luftvergasung

210

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

kein Sauerstoff im Vergasungsmittel vorhanden und es laufen vorwiegend die Wassergasreaktion, die Shiftreaktion und die Reformierungsreaktion ab. Die Wasserdampfvergasung ist besonders deshalb von Vorteil, weil mit diesem Prozess sehr wasserstoffreiche Brenngase mit hohen Heizwerten erzeugt werden können. Die Berechnung der Gaszusammensetzung ist in Kap. 2.2.1.3 beschrieben. Wie in Abb. 2.11 dargestellt, hängt die theoretisch erreichbare Gaszusammensetzung im thermodynamischen Gleichgewicht vor allem von der Temperatur, dem Druck, der Zusammensetzung des Brennstoffs und dem zugeführten Vergasungsmittel (Luft, Sauerstoff oder Wasserdampf) ab. So erhöht sich mit zunehmenden Temperaturen der Wasserstoff- und Kohlenmonoxidanteil im Brenngas, während sich die thermodynamischen Gleichgewichte mit steigenden Drücken zugunsten des Methans und des Kohlendioxids verschieben.

Tab. 3.13:

Typische Heizwerte biogener Brenngase

Zusammensetzung

CH4 H2 CO Biogas (Vergärung) autotherme Luftvergasung (ohne Luftvorwärmung) autotherme Luftvergasung (mit Luftvorwärmung 400°C) autotherme Sauerstoffvergasung allotherme Reformierung trockenes Produktgas) allotherme Reformierung feuchtes Produktgas)

Heizwert

Heizwert

Dichte im Normzustand

in [kJ/kg]

in [kJ/ m³]

in [kg/m³]

50010 119980 10100 ca. 18 000 – 22 000 2 000 – 5 000

35880 10780 12630 ca. 18 000 – 20 000 2 000 – 5 000

0,72 0,09 1,25 ca. 1

6 000 – 7 500

6000 – 7 500

6 000 – 11 000

6000 – 11 000

12 500 - 15 000

11 000 – 14 000

7 000 – 12 000

5 000 – 10 000

ca. 0,6 – 0,7

Die thermodynamischen Gleichgewichte werden allerdings meist nicht erreicht, da die Verweilzeit der Gase in den Reaktoren in der Regel nicht ausreicht, um eine vollständige Umsetzung von Kohlenwasserstoffen und Teeren zu gewährleisten. Die tatsächliche Gaszusammensetzung wird daher von der Reaktionskinetik bestimmt, die sich allerdings aufgrund der stark unterschiedlichen Morphologie der Brennstoffpartikel nur unzureichend modellieren lässt. Der langsamste und damit geschwindigkeitsbestimmende Schritt bei der Vergasung ist die Trocknung des Partikels. Die Trocknungsgeschwindigkeit hängt von der Wärmeleitung im Partikel und damit von der Partikelgröße, Feuchte und Dichte sowie von der Diffusion des Wasserdampfes und der Pyrolysegase aus dem Inneren an die Oberfläche des Partikels ab. Letztlich bestimmt die Verweilzeit des Produktgases im Reaktor bzw. der verwendete Katalysator, inwieweit das thermodynamische Gleichgewicht im Produktgas erreicht werden kann. Die Reaktionskinetik ist insbesondere auch für den

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

211

Teergehalt im Brenngas von Bedeutung und damit entscheidend für die Nutzbarkeit des Gases in nachgeschalteten Arbeitsmaschinen. In Tab. 3.13 sind typische Heizwerte von Produktgasen aus der thermochemischen Vergasung zusammengefasst. Zu beachten ist dabei der Unterschied zwischen volumenbezogenen und massebezogenen Heizwerten. Wasserstoffreiche Gase weisen aufgrund der geringen Dichte des Wasserstoffgases vergleichsweise niedrige volumenbezogene Heizwerte auf, obwohl sie sich wegen des hohen Wasserstoffanteils durch sehr gute Verbrennungseigenschaften auszeichnen. Die tastsächliche Gaszusammensetzung hängt also auch wesentlich vom Vergasungsverfahren ab. Prinzipiell unterschiedlich sind die Gaszusammensetzungen aus der autothermen Luftvergasung, der allothermen Wasserdampfvergasung (Reformierung) und der Vergasung mit reinem Sauerstoff. Die Bandbreite der in der Literatur dokumentierten Gaszusammensetzungen ist Tab. 3.14 zusammengestellt.

Tab. 3.14:

Typische Zusammensetzung biogener Brenngase [2.15], [3.74]

Komponenten

Anteil bei der autothermen Luftvergasung1) in vol-%

H2 CO CO2 CH4 höhere Kohlenwasserstoffe N2 1)

3.4.1.5

6,0 –19 (12,5) 9,0 – 21 (16,3) 11 – 19 (13,5) 3,0 – 7,0 (4,4) 0,5 – 2,0 (1,2) 42 – 60 (52)

Anteil bei der allothermen Wasserdampfvergasung und der autothermen Vergasung mit Sauerstoff1) in vol-% 26 – 55 (38,1) 20 – 40 (28,1) 15 – 30 (21,2) 4,0 – 14 (8,6) 1,5 – 5,5 (3,0) 0

Durchschnittswerte in Klammern

Vergaserkonzepte

Prinzipiell stehen für die Vergasung von Festbrennstoffen sehr unterschiedliche Verfahren zur Auswahl. Im unteren Leistungsbereich sind sogenannte Festbettvergaser am weitesten verbreitet. Diese Festbettvergaser entsprechen im Wesentlichen den in den vierziger Jahren entwickelten Holzvergasern (Abb. 3.61). Vor allem bei Großanlagen sind dagegen Flugstromvergaser und Wirbelschichtvergaser üblich. Langsame Pyrolyse (Niedertemperaturvergasung) Die langsame Pyrolyse entspricht weitgehend den Prozessen, die seit Jahrhunderten bei der Herstellung von Holzkohle ablaufen. Einem Pyrolyseprozess wird nur so viel Luft zugegeben, dass eine Reaktionstemperatur von 400-600 °C aufrechterhalten wird. Dadurch entstehen brennbare Gase, die entweder unmittelbar verbrannt werden können (z.B. Schwelbrennverfahren [3.10]), oder in einem nachgeschalteten Prozess weiter in hochwerti-

212

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

ges Synthesegas umgesetzt werden (z.B. Thermoselect-Verfahren [3.89], Carbo-V Verfahren [3.108] und gestufte Reformierung [3.72]). Der bei der Niedertemperaturvergasung entstehende Restkoks kann entweder energetisch oder, z.B. als Aktivkohle, stofflich genutzt werden. Für dezentrale Anwendungen kann die Niedertemperaturvergasung eingesetzt werden, um z.B. dezentral anfallende Biomasse teilweise energetisch zu nutzen. Der dabei anfallende Restkoks hat eine weitaus höhere Energiedichte als die ursprüngliche Biomasse und kann daher mit geringeren Transportkosten und geringerem logistischem Aufwand einer zentralen Nutzung, z.B. in Dampfkraftwerken oder Zementwerken zugeführt werden. Der Heizwert des Pyrolysegases ist sehr hoch, da die Pyrolyse ein energie-neutraler bzw. leicht exothermer Prozess ist. Der Heizwert der entstehenden Kohlenwasserstoffe wird durch die Zugabe von Luft nur geringfügig gemindert. Die Handhabung des Pyrolysegases ist allerdings extrem problematisch, da nur beheizte Ventile und Armaturen in die Pyrolysegasleitungen eingesetzt werden können. Besonders bei Anfahrprozessen kondensieren Teere an den Rohrwänden und in den Ventilen. Eine Beheizung der Rohre und Armaturen führt zur Verkokung und Polymerisation der Teere und damit zu besonders schwer entfernbaren Belägen. Festbettvergaser Bei den Festbettvergasern unterscheidet man prinzipiell drei Bauformen: den Gleichstrom-, den Gegenstrom- und den Querstromvergaser. Die einfachste Bauform ist der sogenannte Gegenstrom-Vergaser. Gegenstrom-Vergaser können deutlich kleiner realisiert werden als Gleichstrom-Vergaser. Dies liegt vor allem an der Strömungsführung im Reaktor. Die Vergasungsluft wird unter dem Festbett zugegeben und strömt zuerst durch die Verbrennungs- oder Oxidationszone. Das hier entstehende heiße Rauchgas strömt anschließend durch die sogenannte Reduktionszone und die Trocknungszone, in der es das Holz erwärmt. Die höchsten Temperaturen entstehen bei λ = 1am Übergang zwischen Reduktions- und Oxidationszone. Mit zunehmendem Sauerstoffmangel reduziert sich die Temperatur im Festbett, die Biomasse wird vom Produktgas zunächst vergast, dann pyrolysiert und getrocknet. Durch diese Strömungsführung durchströmt das Produktgas also unmittelbar vor dem Austritt aus dem Reaktor die Pyrolyse- und die Trocknungszone und reichert sich dabei mit Schwelgasen und Teeren an. Diese Strömungsführung ist besonders günstig für die Wärmeübertragung von der Oxidationszone in die Vergasungszone (Reduktionzone) des Reaktors, und erlaubt deshalb die Realisierung besonders kleiner Vergaser. Dadurch dass das Holzgas oder Generatorgas erst zuletzt die Pyrolysezone passiert, enthält dieses Gas allerdings selbst bei günstigen Reaktionsbedingungen einen besonders hohen Teeranteil von über 100 g/m³ und hohe Staubfrachten.

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

213

Biomasse Produktgas λ = 0,2 - 0,6

Trocknungszone Pyrolyse

Gastemperatur

Luftzahl λ

Vergasung (Reduktionszone)

λ=1

Verbrennung (Oxidationszone) Luft

700 - 900 °C

Luft

20 - 400 °C

1500 - 2000 °C

λ=∞

Asche

Abb. 3.63: Strömungsführung und Reaktionszonen im Gegenstromvergaser („aufsteigende Vergasung“, „Updraft Gasifier“)

Deutlich niedriger ist dagegen der Teergehalt des Produktgases von Gleichstrom- oder Querstromvergasern, der im Wesentlichen dem klassischen Imbertvergaser (Abb. 3.61) entspricht. Hier passiert die Luft zunächst gemeinsam mit dem Brennstoff eine Trocknungszone und wird deshalb nur sehr langsam erwärmt. Die Luft durchströmt anschließend die Pyrolysezone und erst danach die Oxidationszone. Die Wärmeübertragung kann ausschließlich durch Wärmeleitung und Wärmestrahlung im Festbett erfolgen, es findet keine konvektive Wärmeübertragung über das Vergasungsmittel statt. Die Aufheizung des gesamten Vergasers kann also nicht wie beim Gegenstromvergaser einfach durch die Übertragung der im Rauchgas enthaltenen Wärme auf die zu trocknenden Brennstoffpartikel realisiert werden. In der Oxidationszone werden überwiegend die flüchtigen Bestandteile der Biomasse und die in der Pyrolysezone entstandenen Schwelgase verbrannt. Mit abnehmendem Sauerstoffgehalt schlägt die Verbrennung schließlich in eine Vergasung um, bei der überwiegend der verbliebene Restkoks umgesetzt wird. Das dabei entstehende Holzgas wird unterhalb des Festbettes aus dem Vergaser abgezogen. Die in der Pyrolysezone entstehenden Teere müssen also vor dem Austritt aus dem Vergaser zunächst die Verbrennungszone und anschließend die Vergasungszone passieren. Dadurch werden die höheren Kohlenwasserstoffe und Teere entweder verbrannt oder zumindest gecrackt.

214

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung Biomasse Luft

Luft

20 - 400 °C

λ=∞

Trocknungszone Pyrolyse Verbrennung (Oxidationszone) Vergasung (Reduktionszone)

Luftzahl λ

Gastemperatur λ=1

1500 - 2000 °C

λ = 0,2 - 0,6 700 - 900 °C

Asche

Produktgas

Abb. 3.64: Strömungsführung und Reaktionszonen im Gleichstromvergaser („absteigende Vergasung“, „Downdraft Gasifier“)

Mit Gleichstrom-Vergasern kann im Labormaßstab deshalb Holzgas mit Teerkonzentrationen von unter 100 mg/m³ erzielt werden. Der wesentliche Vorteil des Gleichstomvergasers ist also die effiziente Umsetzung von Teeren in der aus heißem Restkoks bestehenden Reduktionszone. Probleme bereitet allerdings bis heute die Umsetzung in größeren Anlagen. Entscheidend für die Gasqualität ist vor allem die Homogenität des Festbettes und des Brennstoffes. Entscheidend für die Gasqualität ist ein homogenes Glutbett in der Oxidationszone. Bei zu unterschiedlicher Stückigkeit, hohem Feinanteil oder bei sich ändernder Brennstofffeuchte kann keine gleichmäßige Reaktion und kein gleichmäßiger Abbrand des Festbettes mehr erfolgen. Es kommt zu ungleichmäßiger Temperaturverteilung und damit zu unvollständig umgesetzten Gassträhnen. Brückenbildung und Kanalbildung im Festbett trägt zusätzlich zum Austrag eines unvollständig umgesetzten Produktgases bei und so kommt es auch bei Gleichstromvergasern oft zur Bildung von Gasen mit hohen Teergehalten. Ein weiterer Nachteil des Gleichstromvergasers ist naturgemäß auch, dass die Trocknung des Brennstoffes sehr langsam vor sich geht, und damit sehr große Reaktoren erforderlich sind. Aufgrund der hohen Temperaturbelastung und den daraus resultierenden hohen Materialanforderungen ist dies stets mit hohen Investitionskosten verbunden. Es existiert eine Vielzahl verschiedener Festbettvergaser-Bauarten. Auch werden immer wieder kleinere Modellprojekte durchgeführt, bei denen das entstehende Holzgas mehr oder weniger erfolgreich im Gasmotor genutzt wird. Ein zuverlässiger Dauerbetrieb von Festbettvergasern ist bis heute die Ausnahme, da eine gleichbleibende Hackschnitzelqualität nur schwer zu kontrollieren ist. Die meisten Forschungsarbeiten beschäftigen sich heute mit der Optimierung von Sonderformen der Festbettvergaser. Aus diesen Arbeiten sind verschiedenste Konzepte entstanden die allerdings stets nur autotherm betrieben werden und

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

215

nur Schwachgase mit Heizwerten um 5000 KJ/m³ erzeugen, die naturgemäß nur in Gasmotoren genutzt werden können. Gestufte Vergasung Um den Vorteil des effizienten Teerabbaus in einer heißen aus Koks bestehenden Reduktionszone eines Gleichstrom-Vergasers zu nutzen, wurden verschiedene Konzepte zur „gestuften Vergasung“ vorgeschlagen und erfolgreich demonstriert. Beim „Wamsler-Thermoprozessor“ wurde einem einfachen Gegenstromvergaser eine Restkoks-Wirbelschicht nachgeschaltet. Besonders hohe Gasqualitäten wurden durch die Kombination einer langsamen Pyrolyse mit einer nachgeschalteten Reduktionszone erzielt. Der an der Dänischen Technischen Hochschule (DTU) in Kopenhagen erstmals demonstriere „Viking Gasifier“ erzielte mit einem einer Pyrolyseschnecke nachgeschaltetem KoksFestbett sehr teerarme Gase (Abb. 3.65). Ein entscheidender Vorteil des Konzeptes besteht darin, das die Pyrolysestufe mit der Abwärme des Gasmotors beheizt wird und so besonders hohe Anlagen-Wirkungsgrade möglich werden.

Biomasse

heisses Rauchgas

Pyrolyse

partielle Oxidation (Reduktionszone)

beheizte Förderschnecke

Lufteintrag

katalytische Crackung der Teere

Koksbett

Holzgas Asche

Abb. 3.65: Strömungsführung und Reaktionszonen des „Viking-Gasifiers“ (Gestufte Vergasung)

Flugstromvergasung Am weitesten verbreitet in der technischen Anwendung in Großanlagen ist die Flugstromvergasung. Sie wurde erstmals 1952 beim Koppers-Totzek-Gasgenerator eingesetzt. Neuere Verfahren sind das Shell-Verfahren und das Texaco-Verfahren, die vorwiegend für die Synthesegaserzeugung in der chemischen Industrie kommerziell eingesetzt werden [2.14].

216

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Für die Stromerzeugung in großen IGCC-Kraftwerken wurde von Krupp-Uhde in den 80er Jahren das Prenflo-Verfahren entwickelt und im Kraftwerk Puertollano demonstriert. Vor allem für die Vergasung von Biomasse und Reststoffen wurde in den letzten Jahren das CarboV-Verfahren entwickelt [3.108, 3.91]. Beim CarboV-Verfahren wird Biomasse zunächst in einer vorgeschalteten Niedertemperaturvergasung pyrolysiert. Das entstandene Pyrolysegas wird in den Flugstromvergaser eingeleitet und bei hohen Temperaturen in Synthesegas umgesetzt (Abb. 3.66). Luft/ Sauerstoff

Kohlestaub- bzw. PyrolysegasBrenner

Pyrolysegas Kohlenstaub Synthesegas

Reaktor

1000-1500 °C

Schlacke

Quenchwasser Koksstaub

Schlackeaustrag

Quencher

Wasserbad

Abb. 3.66: Strömungsführung und Reaktionszonen im Flugstromvergaser (Beispiel: CarboV-Vergaser)

Bei der Flugstromvergasung wird beispielsweise Kohlestaub bei sehr hohen Temperaturen um 1500 °C unterstöchiometrisch verbrannt. Derart hohe Temperaturen können aber nur durch eine starke Luftvorwärmung und durch die Sauerstoffvergasung erreicht werden. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, dass durch die hohen Temperaturen höhere Kohlenwasserstoffe weitestgehend gecrackt werden und dadurch nahezu teerfreie Produktgase entstehen, die in Gasmotoren genutzt werden können. Die Flugstromvergasung kommt für die dezentrale Nutzung biogener Brennstoffe in Kleinanlagen vor allem deshalb nicht in Frage, weil sie aufgrund der besonders hohen spezifischen Investitionskosten für die Luftzerlegungsanlage nur für Großanlagen oder für Anlagen zur Entsorgung von Reststoffen einsetzbar sind.

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

217

Autotherme Wirbelschichtvergaser Wirbelschichtvergaser kommen traditionell für größere Anlagen in Frage. Wie für die Verbrennung stehen gleichermaßen stationäre, blasenbildende oder zirkulierende Wirbelschichten zur Auswahl. Autotherme Wirbelschichtvergaser werden für Großanlagen meist als zirkulierende Wirbelschichtvergaser ausgeführt. Sie entsprechen weitgehend der zirkulierenden Wirbelschichtverbrennung und unterscheiden sich von dieser prinzipiell nur dadurch, dass sie mit höherer Brennstoffzufuhr und deshalb unterstöchiometrisch betrieben werden. Die autotherme zirkulierende Wirbelschichtvergasung wird beispielsweise im IGCCKraftwerk in Värnamo, Schweden eingesetzt. Sie ist zudem vor allem für die Mitverbrennung von biogenen Brennstoffen in großen Kohlekraftwerken und Zementwerken eine interessante Option. Werden Biomasse oder Reststoffe in einer zirkulierenden Wirbelschichtvergasung vergast, kann das entstehende Produktgas mit Schwachgasbrennern im Dampferzeuger eines großen Kohlekraftwerks oder im Calcinator eines Zementwerks verbrannt werden. Solche Vergasungsanlagen wurden bereits an mehreren Standorten erfolgreich demonstriert (z.B. Rüdersdorf [3.68], Zeltweg [3.86]) Allotherme Wirbelschichtvergaser Besonders interessant ist die Wirbelschicht-Technologie besonders deshalb, weil nur mit Wirbelschichtreaktoren eine allotherme Vergasung realisiert werden kann. Hauptproblem bei der Realisierung einer allothermen Vergasung ist der Wärmeeintrag in den Vergaser. Bei der Vergasung von Holzhackschnitzeln müssen theoretisch ca. 30% der Brennstoffwärmeleistung zugeführt werden, um einen vollständigen Umsatz des Brennstoffes und damit den maximalen Heizwert zu erreichen. Um die gewünschten hohen Heizwerte zu realisieren, muss die für die endothermen Vergasungsreaktionen notwendige Wärme also aus externen Wärmequellen in den Vergasungsreaktor eingebracht werden, ohne, wie bei der autothermen Vergasung, das entstehende Brenngas mit Rauchgas zu verdünnen. Bei Festbettvergasern ist durch die schlechten Wärmeleiteigenschaften des Festbetts eine Übertragung der erforderlichen hohen Wärmeströme in den Reaktor technisch nicht möglich. Mit Wirbelschichten kann die erforderliche Wärme dagegen durch die ideale Vermischung in der Wirbelschicht vergleichsweise gut in den Reaktor eingebracht und optimal verteilt werden. Allotherme Wirbelschichtvergaser mit Wärmeeintrag durch Austausch von heißem Inertmaterial Prinzipiell bestehen zwei Möglichkeiten, den Wärmeeintrag in den Vergasungsreaktor zu realisieren. Die erste Möglichkeit besteht darin, heißes Bettmaterial zu zirkulieren. So existieren mehrere Verfahren, bei denen das Bettmaterial, in den meisten Fällen Quarzsand, zunächst in einer Wirbelschicht-Verbrennung erwärmt wird und anschließend aus der WirbelschichtBrennkammer ausgetragen und in einen Wirbelschichtvergaser eingetragen wird. Die heißen

218

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Sandpartikeln geben dort die in der Brennkammer aufgenommene Wärme an die Brennstoffpartikel ab und werden nach deren Abkühlung zusammen mit dem bei der Vergasung entstandenen Restkoks wieder in die Brennkammern zurückgeführt. Der Restkoks wird schließlich in der Wirbelschichtbrennkammer verbrannt und stellt so die Wärme für den allothermen Vergasungsprozess bereit. Das bekannteste Verfahren, bei dem die allotherme Vergasung durch die Zirkulation von Bettmaterial realisiert wird, ist das Battelle-Verfahren („SilvaGas“-Vergaser [3.2], [3.80]). Wie oben beschrieben wird hier heißes Bettmaterial aus einer Wirbelschichtbrennkammer ausgetragen und in einen Wirbelschichtvergaser eingebracht. Das im Vergaser erzeugte Brenngas wird gereinigt und in einer Gasturbine genutzt.

BrennkammerZyklon

VergaserZyklon

Sand

Sand und Restkoks

Dampf

gereinigtes Produktgas

Luft

Wäscher

Trockner

BrennstoffBehälter

Asche

Wärmerückgewinnung

Brennkammer

Brennstoff

Zyklon

Vergaser

Rauchgas

Wasser

Wärmerückgewinnung

Abb. 3.67: Anlagenschema des Battelle-Vergasers [3.2]

Der im Vergaser entstandene Restkoks wird zusammen mit dem abgekühlten Bettmaterial zurück in die Wirbelschichtbrennkammer gefördert und deckt dort teilweise den Wärmebedarf für die Verbrennung. Im Gegensatz zu autothermen Vergasungsverfahren findet dadurch keine Vermischung des erzeugten Brenngases mit den bei der Verbrennung erzeugten Rauchgasen statt und ein hoher Heizwert kann realisiert werden. Nach demselben Prinzip arbeitet der „intern zirkulierende Wirbelschichtvergaser“ (FICFBVergaser) der TU Wien, der erstmals im österreichischen Güssing demonstriert wurde 6. Seit 2001 wird die Vergasungsanlage mit einem Gasmotor überaus erfolgreich betrieben. Durch einen nachgeschaltete Wäscher konnten die von Motorenherstellern geforderten Grenzwerte für Teer und Staub sicher eingehalten werden [3.81].

6

FICFB = Fast Internal Circulating Fluidized Bed

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung

219

heisses Rauchgas

Synthesegas

Vergaser (stationäre Wirbelschicht)

Biomasse

zirkulierendes Bettmaterial

Brennkammer (zirkulierende Wirbelschicht) Siphon

Lufteintrag

Abb. 3.68: Anlagenschema des Güssing-Vergasers [3.36]

Aufgrund des Erfolges dieses Vergasungskonzeptes wurden in der Folge weitere Anwendungen dieser Zweibett-Wirbelschichten bzw. „Dual-Fluidized-Bed“ (DFB-Vergaser) demonstriert. So konnten beispielsweise durch die Verwendung von CaO/CaCO3 als Bettmaterial mit dem so genannten AER-Prozess (Adsorption Enhanced Reforming) Wasserstoffgehalte bis 70 % demonstriert werden [3.59]. Auch die von der DMT entwickelte „Gestufte Reformierung“ („Blauer Turm von Herten“) arbeitet nach einem ähnlichen Prinzip [3.72]. Hier werden Keramikkugeln in einer Feuerung erhitzt und als Wärmeträger in einen Pyrolysereaktor eingebracht. Der Austausch des heißen Bettmaterials stellt hohe Anforderungen an die Technik und ist daher vor allem für Anlagen mit Feuerungswärmeleistungen von mehreren Megawatt geeignet. Allotherme Wirbelschichtvergaser mit indirekter Beheizung Für kleinere Anwendungen wäre es dagegen vorteilhaft, Wirbelschichten indirekt, das heißt durch das Einbringen von Heizflächen in die Wirbelschicht, zu beheizen. Diese indirekte Beheizung von Wirbelschichten wurde vor allem in den 70er Jahren durch die damalige Bergbauforschung in Essen verfolgt. Die Konzepte sahen den Einsatz von indirekt beheizten Hochtemperatur-Winkler-Vergasern (HTW-Vergaser) vor, um die Abwärme eines Hochtemperatur-Reaktors für die Vergasung von Kohle zu nutzen [2.26]. Als Wärmeträger kommen bei dieser indirekten Beheizung einer Wirbelschicht aufgrund der hohen Prozesstemperaturen fast ausschließlich gasförmiger Medien in Frage. Probleme

220

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

bereitet dabei allerdings stets der schlechte gasseitige Wärmeübergang an der Innenseite der Wärmeübertrager. Aufgrund der niedrigeren Wärmeübergangskoeffizienten an der Innenseite der Wärmeübertragerrohre werden keine ausreichend hohen Wärmestromdichten erreicht um dem Reaktor mit der zur Verfügung stehen Wärmeübertragerfläche genug Wärme zuführen zu können. Die Entwicklungen der Bergbauforschung in den 70er Jahren sahen deshalb vor, die in die Wirbelschicht integrierten Wärmeübertragerrohre mit heißem Helium oder Rauchgas mit Drücken bis 40 bar zu durchströmen [3.61]. Eine interessante Alternative für die allotherme Reformierung bietet derzeit die Firma MTCI aus Baltimore, USA an. Hier werden Pulsbrenner zur Beheizung eines Wirbelbettes eingesetzt, die sich dadurch auszeichnen, dass der gasseitige Wärmeübergang durch energiereiche Schallwellen wesentlich verbessert wird [3.31], [3.69]. Neben den hohen Wärmeübergangskoeffizienten besteht ein wesentlicher Vorteil des Pulsbrenners auch darin, dass die Verbrennung teilweise erst im Resonanzrohr stattfindet. Da das Resonanzrohr in die Wirbelschicht integriert ist, wird die Wärme erst im Reaktor freigesetzt, wodurch die Rauchgastemperatur und damit die thermische Belastung des Materials am Eintritt des Wärmeübertragerrohres wesentlich reduziert wird. Dies erlaubt den Betrieb mit kleineren Luftverhältnissen und geringeren Abwärmeverlusten. Ein weiteres Konzept zur Realisierung eines indirekt beheizten Wirbelschichtvergasers ist der sogenannte Heatpipe-Reformer, der an der Technischen Universität München im Rahmen eines EU Projektes entwickelt wurde. Wärmeleitrohre, sogenannte Heatpipes, bieten sich immer dann an, wenn hohe Wärmestromdichten realisiert werden sollen. Tatsächlich lassen sich mit Heatpipes wesentlich höhere Wärmeströme realisieren als beispielsweise mit Pulsbrennern oder rauchgasbeheizten Wärmeübertragern [3.50], [3.51]. Die Funktionsweise von Heatpipes ist einfach. In einem geschlossenen Behälter befindet sich eine Flüssigkeit im thermodynamischen Gleichgewicht mit dem eigenen Dampf. Der sich einstellende Druck entspricht dem Sättigungsdruck des Arbeitsmediums bei der eingestellten Temperatur. Dadurch dass sich im gesamten System die flüssige und gasförmige Phase im Gleichgewicht befinden, herrscht auch im gesamten System die gleiche Temperatur. Wird an einem Ende Wärme entzogen, kondensiert an dieser Stelle Dampf. Wird Wärme zugeführt, verdampft das Arbeitsmedium an der entsprechenden Stelle. Im Betrieb stellt sich die Betriebstemperatur der Heatpipe so ein, dass die in der Verdampferzone eingebrachten Wärmeströme den in der Kühlzone abgezogenen Wärmeströmen entsprechen. Für den Rücktransport des Arbeitsfluids aus der Kühlzone in die Verdampferzone sorgt entweder die Schwerkraft oder eine Kapillarstruktur [3.18]. Die Heatpipes übertragen beim Heatpipe-Reformer die Wärme einer bei etwa 900 °C betriebenen stationären Wirbelschichtbrennkammer in einen druckaufgeladenen Wirbelschichtreformer [3.28]. Dort werden Holzpellets und Holzhackschnitzel bei ca. 800 °C in ein wasserstoffreiches Synthesegas umgesetzt. Der Brennstoffeintrag in den druckaufgeladenden Reformer erfolgt über ein einfaches Schleusensystem und einen Fallschacht unten in den Wirbelschicht-Reformer.

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung Dampf Rauchgas

221

Synthesegas

WirbelschichtReformer

Heatpipes

WirbelschichtBrennkammer

Abb. 3.69: Aufbau des Biomass Heatpipe-Reformers [3.50]

Durch die integrierte Bauform erlaubt das Heatpipe-Reformer-Prinzip die Realisierung besonders kleiner Vergasungsanlagen mit eine3 thermische Leistung zwischen 500 kW und 5 MW. Aufgrund des hohen Heizwertes und des Betriebsdruckes von 5 bar und eignet sich der Heatpipe Reformer besonders für die Kombination mit Mikroturbinen [3.50] und für die Synthese, beispielsweise von Substitute Natural Gas (SNG, siehe Kap.3.4.3.1) [3.52]. Der wesentliche Nachteil der allothermen Vergasung besteht darin, dass ein Teilstrom des Brenngases vor der Gasturbine abgezweigt werden muss, um die Wärme für den allothermen Vergasungsprozess bereitzustellen. Besonders bei Großanlagen, insbesondere bei kombinierten Kraftwerken mit integrierter Vergasung (IGCC Kraftwerken) ist der daraus resultierende Wirkungsgradverlust höher, als der Wirkungsgradverlust durch den erhöhten Eigenbedarf für die Verdichtung der Vergaserluft bei der druckaufgeladenen autothermen Vergasung. Wesentliche Vorteile bietet die allotherme Vergasung dann, wenn in Zukunft Hochtemperatur-Brennstoffzellen eingesetzt werden können. In diesem Fall kann beispielsweise die Abwärme einer SOFC-Brennstoffzelle für die indirekte Beheizung eines allothermen Vergasers genutzt werden. Dadurch kann der gesamte erzeugte Brenngasstrom auf hohem Temperaturniveau genutzt werden und es ergeben sich deutliche Wirkungsgradvorteile gegenüber autothermen Vergasern (Kap. 4.1.3.4). Trotz des erhöhten technischen Aufwands ist also die allothermen Wasserdampfvergasung in Wirbelschichten der autothermen Wirbelschichtvergasung vor allem dann vorzuziehen, wenn aufgrund des zu geringen Heizwertes oder des zu hohen Teergehaltes keine geeignete Arbeitsmaschine für die Nutzung eines autotherm erzeugten Schwachgases zur Verfügung steht.

222

3 Energiesysteme für die Strom- und Wärmeerzeugung

Sonderkonzepte Neben den Festbett-, Flugstrom,- und Wirbelschichtvergasern gibt es noch eine Vielzahl weiterer Vergasungskonzepte, wie beispielsweise das British-Lurgi-Verfahren [3.13] oder das 2sv-Verfahren. Allerdings ist bis auf die Flugstromvergasung bis heute kein Verfahren in größerem Umfang kommerziell eingeführt.

3.4.2

Brenngasaufbereitung und Systemintegration

Brenngasaufbereitung und Systemintegration bestimmen entscheidend die technische Realisierbarkeit und die Kostensituation der Stromerzeugung und der Kraft-WärmeKopplung mit integrierter Vergasung. Das wesentliche Problem besteht darin, dass Brenngase aus der Vergasung im Gegensatz zum Erdgas nicht ohne Aufbereitung in einer Arbeitsmaschine eingesetzt werden können. Ein wichtiges Kriterium für die Einsetzbarkeit einer Arbeitsmaschine ist der Heizwert des Brenngases und die Brenngaszusammensetzung. Schwachgase aus der autohermen Vergasung können beispielsweise nicht in herkömmlichen Gasturbinen umgesetzt werden, da die Brennkammergeometrie stets an die Verbrennungseigenschaften von Methan angepasst ist und die erforderliche Reaktionszeit für die Verbrennung heizwertarmer Gase nicht gewährleistet werden kann. Auch beim Einsatz von wasserstoffreichen Brenngasen müssen die Brennkammern von Standard-Gasturbinen modifiziert werden. Das wichtigste Kriterium für die Einsetzbarkeit einer Arbeitsmaschine sind allerdings die im Produktgas enthaltenen Verunreinigungen wie Staub und Aschepartikel, korrosive Bestandteile wie H2S oder Chlorverbindungen, Alkalien und Schwermetalle und vor allem höhere Kohlenwasserstoffe, die Teere. Die Hersteller von Motoren, Gasturbinen oder auch von Brennstoffzellen spezifizieren meist sehr niedrige Grenzwerte für die Beladung von Brenngasen, die allerdings nur selten auf Betriebserfahrungen beruhen. Solche Grenzwerte sind in Tab. 3.15 zusammengefasst. Den erforderlichen Gasreinigungstechnologien kommt daher eine Schlüsselrolle für die technische und wirtschaftliche Umsetzbarkeit von Konzepten mit integrierter Vergasung zu. Neben den erreichbaren Abscheideleistungen ist auch die thermische Integration der Gasreinigung von Bedeutung, da die Brenngase in den meisten Fällen, z.B. vor der Reinigung in Wäschern, weitgehend abgekühlt werden müssen. Für die Lösung des Teerproblems gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten: 1.

den Einsatz „teerfreier Vergaser“, also durch die Vergasung bei Temperaturen von weit über 1000 °C (Flugstromvergasung, s.o.)

2.

die Abtrennung der Teere durch geeignete Sekundärmaßnahmen (Kap. 3.4.2.1)

3.

Systeme mit Heißgasreinigung und Verbrennung der Teere in der Arbeitsmaschine (Kap. 3.4.2.2)

3.4 Strom- und Wärmeerzeugung mit integrierter Vergasung Tab. 3.15:

223

Schadstoff-Grenzwerte für die Nutzung von Brenngasen [3.74], [3.94], [3.85]

Komponenten

Einheit

Verbrennungs-motor

Gasturbine

Brennstoffzelle

Partikelgehalt Partikelgröße Teergehalt Alkaliengehalt (K,Na) NH3 Schwefelgehalt (H2S, COS) CO

mg/Nm³ µm mg/Nm³ mg/Nm³

< 50 < 10 < 100 k.A.

< 30 0%

Cash-Flow in Euro

200.000 €

-400.000 € -600.000 €

maximaler Kreditrahmen

Jahresgewinn

-800.000 € -1.000.000 €

kumulierter Cash-Flow 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Geschäftsjahr

Abb. 4.66: Cash-Flow-Betrachtung bei einer Erhöhung der Netzverluste von 20 auf 25 %

Szenario „Erhöhte Deponierungskosten“ Genau wie die Erhöhung der verbrauchsgebundenen Kosten aufgrund zu geringer Anlagenwirkungsgrade, gefährden bereits geringfügige Änderungen der angesetzten Brennstoffkosten oder zu gering angesetzte Kosten für Hilfsstoffe und für die Ascheentsorgung den Jahresüberschuss. Werden vom Planer beispielsweise die angesetzten Kosten nicht verifiziert oder wird versäumt die kalkulierten Kosten durch Brennstofflieferverträge langfristig abzusichern, kann auch dies zu Fehlinvestitionen führen. Beispiel: Cash-Flow bei erhöhten Aschedeponierungskosten Aufgrund steigender Entsorgungspreise betragen die Deponierungskosten für die Brennstoffasche nicht 50 €/t sondern 200 €/t. Die Entsorgungskosten steigen dadurch von jährlich 21 000 auf 84 000 € In den ersten 5 Betriebsjahren ergeben sich daraus folgende Jahreskosten (in 1000 €) Kapitalkosten Heizwerk Netz Zinsen verbrauchsgeb. Kosten Betriebskosten Sonstige Kosten Wärmeerlöse Jahresgewinn (Cash-Flow) kumulierter Cash-Flow

VDI 2067

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

5. Jahr

-143,3 -161,4 -633,0 -127,9 -109,8 1223,2 47,8

-143,3 -80,7 0,0 -316,5 -127,9 -109,8 458,7 -319,5 -319,5

-143,3 -145,3 -25,6 -569,7 -127,9 -109,8 978,6 -142,9 -462,4

-143,3 -153,3 -37,0 -601,4 -127,9 -109,8 1146,8 -25,9 -488,3

-143,3 -161,4 -39,1 -633,0 -127,9 -109,8 1207,9 -6,5 -494,8

-143,3 -161,4 -39,6 -633,0 -127,9 -109,8 1223,2 8,2 -486,6

Auch in diesem Beispiel wird der maximale Kreditrahmen nicht gefährdet. Durch die Entsorgungskosten werden aber die gesamten Jahreserlöse aufgezehrt, so dass ein positiver Return-of-Invest nicht zustande kommen kann.

404

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Besonders bei der Feuerung von Holzhackschnitzeln mit Rindenanteilen fallen vergleichsweise große Aschemengen an. Zu unterscheiden ist hier Rostasche (ca. 95% des Ascheaufkommens) und Flugasche (ca. 5% des Ascheaufkommens). Während die Rostasche aus der Verbrennung naturbelassener Brennstoffe in der Regel unbedenklich auf Felder ausgebracht werden kann, muss die schadstoffbelastete Flugasche teuer deponiert werden. Auch die hoch schadstoffbelasteten Kondensatschlämme der Rauchgaskondensation müssen mit hohen Kosten deponiert werden.

500000

-500000 -1000000 -1500000 -2000000

maximaler Kreditrahmen

Insolvenz?

Cash-Flow in Euro

0

Jahresgewinn kumulierter Cash-Flow

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Geschäftsjahr

Abb. 4.67: Cash-Flow-Betrachtung bei einer Erhöhung der Ascheentsorgungskosten von 50 auf 200 €/t

Szenario „Reduzierte Wärmeabnahme“ Ein besonders schwerwiegender Planungs-Fehler liegt immer dann vor, wenn die Anlage nicht bedarfsgerecht ausgelegt wurde, wenn also die Anlagenauslastung und die Jahresvollaststunden hinter den Erwartungen zurückbleiben. Für eine zu geringe Auslastung gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: 1. Fall: Die Wärmeabnahme bleibt hinter den Erwartungen zurück: Dies ist dann der Fall, wenn die Wärmebedarfsberechnungen mit zu hohen spezifischen Bedarfszahlen durchgeführt wurde, wie dies z.B. bei Niedrigenergiehäusern oder neuen Reihenhäusern oft geschieht. Ein weiterer Grund ist oft die Nutzung zusätzlicher Energiequellen durch die Wärmekunden, beispielsweise durch Kachelöfen oder Solarkollektoren oder die Durchführung von Wärmedämm-Maßnahmen. 2. Fall: Die Anzahl der Wärmeabnehmer bleibt hinter den Erwartungen zurück: Dieser Fall unterscheidet sich zwar vom ersten dadurch, dass sich in günstigen Fällen auch geringfügig die Investitionskosten durch eine geringere Anzahl von Anschlussleitungen reduziert, sie ist aber gerade deshalb von großer Bedeutung, weil die Anschluss-

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme

405

bereitschaft potentieller Abnehmer immer dann besonders gering ist, wenn bestehende Heizanlagen ersetzt werden sollen. Durch die geringere Wärmeabnahme mindern sich zwar immer auch die verbrauchsgebundenen Kosten. Das Verhältnis der Erlöse zu den kapitalgebundenen Kosten reduziert sich aber und führt im ungünstigsten Fall dazu, dass die Jahreskosten nicht mehr gedeckt werden können.

Beispiel: Cash-Flow bei reduzierter Wärmeabnahme Die Betreibergesellschaft kann 10 % weniger Kunden gewinnen, als für die Planung zugrunde gelegt wurde. Da das Verteilnetz schon vorab fertiggestellt wurde, können die Netzkosten nicht reduziert werden. Durch die geringere Wärmeabnahme mindert sich die Anzahl der Jahresvolllaststunden der Biomassefeuerung von

z =

Q B , Hackschnitzel + Q B,Restholz QB = =  Q FWL Q FWL =

12500 MWh + 12500 MWh h = 5000 5 MW a

auf z=

(

0,9 ⋅ QB , Hackschnitzel + QB,Restholz 0 ,9 ⋅ Q B =  Q Q FWL

=

)

=

FWL

0,9 ⋅ (12500 MWh + 12500 MWh ) h = 4 500 5 MW a

In den ersten 5 Betriebsjahren ergeben sich daraus folgende Jahreskosten (in 1000 €) Kapitalkosten Heizwerk Netz Zinsen verbrauchsgeb. Kosten Betriebskosten Sonstige Kosten Wärmeerlöse Jahresgewinn (Cash-Flow) kumulierter Cash-Flow

VDI 2067

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

5. Jahr

-143,3 -161,4 -513,0 -127,9 -109,8 1100,9 45,5

-143,3 -80,7 0,0 -256,5 -127,9 -109,8 412,8 -305,3 -305,3

-143,3 -145,3 -24,4 -461,7 -127,9 -109,8 880,7 -131,7 -437,0

-143,3 -153,3 -35,0 -487,4 -127,9 -109,8 1032,1 -24,5 -461,6

-143,3 -161,4 -36,9 -513,0 -127,9 -109,8 1087,1 -5,2 -466,7

-143,3 -161,4 -37,3 -513,0 -127,9 -109,8 1100,9 8,2 -458,6

Ein ROI kann so innerhalb der Nutzungsdauer der Anlage wieder nicht erwirtschaftet werden. Auch der maximale Kreditrahmen wird beinahe erreicht. Wichtig ist daher, dass auch der Wärmeabsatz bereits in der Planungsphase durch entsprechende Vorverträge

406

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

gesichert wird. Auf der anderen Seite bietet eine erhöhte Anschlussbereitschaft auch große Gewinnpotentiale. So verdoppeln sich bei einer um 20% erhöhten Anschlussbereitschaft innerhalb der ersten 10 Betriebsjahre die Gewinne. Anstatt des veranschlagten kumulierten Cash-Flows von rund 540 000 € werden dann mehr als 1,1 Mio. € erwirtschaftet. 100000

Cash-Flow in Euro

0 -100000

Jahresgewinn kumulierter Cash-Flow

-200000 -300000 -400000 -500000

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Geschäftsjahr

Abb. 4.68:

Cash-Flow-Betrachtung bei einer um 10 % geringeren Anschlussbereitschaft

Szenario „Reduzierte Zeitverfügbarkeit“ Ähnlich schwerwiegend sind die Konsequenzen auch, wenn der Planer ein ungeeignetes Anlagenkonzept erstellt, das den Anforderungen des zur Verfügung stehenden Brennstoffes nicht genügt oder ein zuverlässiger Betrieb durch die Betreibergesellschaft nicht sichergestellt werden kann. In diesen Fällen reduziert sich die Verfügbarkeit der Biomassefeuerung und die Versorgung muss durch den Spitzenlastkessel mit dem teureren Erdgas erfolgen. Die verbrauchsgebundenen Kosten steigen dadurch erheblich. Beispiel: Cash-Flow bei reduzierter Anlagenverfügbarkeit Aufgrund technischer Probleme bei der Brennstoffzufuhr kann die Anlage nur mit einer Zeitverfügbarkeit von 85 % betrieben werden. Dadurch müssen anstatt der veranschlagten 5000 MWh pro Jahr 8750 MWh mit dem Spitzenkessel erzeugt werden. In den ersten 5 Betriebsjahren ergeben sich daraus folgende Jahreskosten (in 1000 €) Kapitalkosten Heizwerk Netz Zinsen verbrauchsgeb. Kosten Betriebskosten Sonstige Kosten

VDI 2067

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

5. Jahr

-143,3 -161,4 -652,8 -127,9 -109,8

-143,3 -80,7 0,0 -326,4 -127,9 -109,8

-143,3 -145,3 -26,4 -587,5 -127,9 -109,8

-143,3 -153,3 -39,3 -620,2 -127,9 -109,8

-143,3 -161,4 -43,0 -652,8 -127,9 -109,8

-143,3 -161,4 -45,5 -652,8 -127,9 -109,8

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme Wärmeerlöse Jahresgewinn (Cash-Flow) kumulierter Cash-Flow

1223,2 28,0

458,7 -329,4 -329,4

978,6 -161,5 -490,9

1146,8 -47,0 -537,9

1207,9 -30,3 -568,2

407 1223,2 -17,4 -585,6

In diesem Beispiel können die Jahreskosten auch nach erfolgtem Ausbau nicht mehr gedeckt werden. Die Erfahrung zeigt, dass die Zeitverfügbarkeit von Biomassefeuerungen besonders in den ersten Betriebsjahren erheblich hinter den Erwartungen zurückbleibt. Eine Zeitverfügbarkeit von 100% wird schon allein aufgrund vorgeschriebener Wartungsarbeiten nicht erreicht. Allerdings wird ein Betreiber Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten meist in die Sommermonate verlegen, wenn der Biomassekessel aufgrund zu geringer Auslastung sowieso nicht betrieben werden kann. Ungeplante Anlagenstillstände in den Wintermonaten sind dagegen besonders fatal. 0 Jahresgewinn

-200000 -300000

kumulierter Cash-Flow

-400000

maximaler Kreditrahmen

-500000 -600000 -700000 -800000

Insolvenz

Cash-Flow in Euro

-100000

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Geschäftsjahr

Abb. 4.69: Cash-Flow-Betrachtung bei einer Zeitverfügbarkeit von 85%

Der Ausfall des Biomassekessels an einem kalten Wintertag verursacht zusätzliche Brennstoffkosten in Höhe von mehreren tausend Euro. Ein 4- bis 5-wöchiger Anlagenstillstand im Januar oder Februar reicht unter Umständen also schon aus, den kalkulierten Jahreserlös einer Anlage vollständig aufzuzehren.

4.3.7.2

Kennzahlen zur Bewertung wirtschaftlicher Rahmenbedingungen

Das wichtigste Werkzeug zur Vermeidung von Planungsfehlern ist die Definition und Nutzung geeigneter Kennzahlen, aus denen die Wirtschaftlichkeit eines Energieversorgungssystems bereits in frühen Planungsphasen abgeleitet werden kann. Ein erster Anhaltspunkt für die Wirtschaftlichkeit sind neben den Wirkungsgraden (s.u.) die spezifischen Investitionskosten einer Anlage. Vergleiche mit bestehenden Anlagen bieten einen Eindruck, ob ein wirtschaftlicher Anlagenbetrieb erwartet werden kann. Vielfach werden spezifische Investitionskosten überbewertet, da Brennstoffpreise und vor allem die Anlagenauslastung oft eine wesentlich größere Rolle spielen. Aussagekräftig sind die spezifischen Investitionskosten allerdings nur in Verbindung mit Angaben zu den Brennstoffpreisen und der

408

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

10 €/M W h

Anlagenauslastung. In Abb. 4.70 sind die zulässigen Investitionskosten für ein Heizwerk mit einer Feuerungsleistung von 1 MW in Abhängigkeit dieser beiden Parameter dargestellt. Die Bewertung von spezifischen Investitionskosten ist also nur in Verbindung mit der Anlagenauslastung (z.B. Jahresvollbenutzungsstunden nach VDI 2067) sinnvoll. Während eine Gasfeuerung oft schon mit 1000 bis 2000 Vollbenutzungsstunden wirtschaftlich betrieben werden kann, erfordert der Betrieb einer Biomassefeuerung in der Regel mindestens 3000 Vollbenutzungsstunden pro Jahr für einen wirtschaftlichen Betrieb. Anlagen die überdimensioniert wurden, oder „auf Vorrat“ ausgelegt wurden, können in den wenigsten Fällen wirtschaftlich betrieben werden.

15

80000 64000

Heizkraftwerk (40% Förderung σ variabel)

1500 1000

0

1000

2000

3000

4000

Kraftwerk (40% Förderung) 5000

6000

7000

48000 32000

Wh 10 €/M

Heizwerk (40% Förderung)

500 0

96000

Wh €/M

16000

zulässige kapitalgebundene Kosten in Euro/a

2000

Br 5 €/M en Wh ns tof fko ste n

Heizkraftwerk (40% Förderung σ const)

2500

10 €/M Wh

zulässige spezifische Investitionskosten in Euro/kWFWL

3000

0

8000

jährliche Volllastbetriebsstunden in h/a

Abb. 4.70: Zulässige Investitionskosten für ein Heizwerk und ein Heizkraftwerk mit 1 MW Feuerungswärmeleistung mit üblichen Randbedingungen

Bewertung der Wärmebelegung und der Anschlussdichte Ein wesentliches Indiz für die Wirtschaftlichkeit eines Konzeptes zur Wärmeversorgung eines Gebietes über ein zentrales Heizwerk mit Verteilnetz ist die Anschlussdichte, d.h. die Summe der Anschlussleistungen bezogen auf die Trassenlänge des Verteilnetzes. Günstige Randbedingungen sind dann gegeben, wenn Verteilnetze eine Anschlussdichte von etwa 1 bzw. 1,2 kW/mTrasse aufweisen [3.77], [3.82]. Die Anschlussdichte hängt also von der Bebauungsdichte und der Bausubstanz ab. Großabnehmer wie Schwimmbäder oder Industriebetriebe wirken sich besonders günstig auf die Anschlussdichte aus, da mit nur einer Leitung hohe Leistungen übertragen werden. Auch Ortszentren mit Krankenhäusern und großen Hotels bieten in der Regel sehr gute Randbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb eines Heiznetzes. Ein weiteres Indiz für die Wirtschaftlichkeit eines Fernwärmekonzeptes ist die Wärmebelegung des Verteilnetzes. Die Wärmebelegung beschreibt das Verhältnis der jährlich

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme

409

Stromerzeugung

9000

9000

ηel= 50%:

3000-5500 Euro/kW

8000 7000

% 50 l=

5000

ηe

4000

η

3000 2000

30% el =

ηel= 20%

1000

ηel= 50%: 4000-8000 Euro/kW

8000

ηel= 20%: 800-1500 Euro/kW

6000

Kraft-Wärme-Kopplung

10000

=5 0%

10000

7000

η

el

zulässige spezifische Investitionskosten in Euro/kWel

verkauften Wärmemenge zur Länge des Netzes (Trassenlänge). Hohe Werte deuten auf eine gute Auslastung des Netzes hin. Als Zielwert sollten 1200 kWh/m angestrebt werden [3.82]. Da die Wirkungsgrade von Feuerungsanlagen in der Regel nicht zu sehr voneinander abweichen, spielen sie als Kennzahl für die wirtschaftliche Bewertung einer Wärmeversorgungsanlage eine weniger wichtige Rolle. Bei Stromerzeugungsanlagen sind sie dagegen, neben der Anlagenauslastung, die wichtigste Kenngröße für die Wirtschaftlichkeit. Dies wird aus Abb. 4.71 deutlich. Bei Vernachlässigung von Personal- und Wartungskosten variieren die zulässigen spezifische Investitionskosten beispielsweise bei Stromerlösen von 8 ct/kWh mit der Anlagenauslastung und dem elektrischem Wirkungsgrad von 800 bis 8000 € pro kW elektrischer Leistung.

6000

ηel =

5000 4000

ηel=

3000

0

2000

4000

6000

8000

jährliche Volllastbetriebsstunden in h/a

20%

2000

ηel= 20%: 2000-3500 Euro/kW

1000 0

0

% 30

0

2000

4000

6000

8000

jährliche Volllastbetriebsstunden in h/a

Abb. 4.71: Zulässige spezifische Investitionskosten für Stromerzeugungsanlagen und bei der KraftWärme-Kopplung in Abhängigkeit von der Anlagenauslastung (Brennstoffkosten 18 €/MWh, Abschreibungszeit 20 Jahre, Zinssatz 7%, Stromerlöse 8 ct/kWh, Wärmenutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung 40%)

4.3.7.3

Vermeidung von Planungsrisiken

Planungsrisiken, die zu den in Kap. 4.3.7.1 beschriebenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen, lassen sich prinzipiell nicht vollständig vermeiden. Aufgabe des Planers ist es daher, die Risiken richtig zu bewerten und gegebenenfalls nach Lösungen zu suchen, wie diese Risiken reduziert oder vermieden werden können. Genehmigungsrisiko Ein wirtschaftliches Risiko ergibt sich aus dem Genehmigungsverfahren immer dann, wenn durch eine Verzögerung des Baufortschrittes Kapitalkosten aus bereits geleisteten Investitionen nicht oder erst verspätet mit den erwarteten Einnahmen bedient werden können.

410

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Die Genehmigungspflicht von Energieerzeugungsanlagen hängt vor allem von den eingesetzten Brennstoffen und der Anlagengröße ab. Sie wird auf der Grundlage des BundesImmissionsschutzgesetzes (BImSchG) in der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung (4. BImSchV) festgelegt [3.21]. Besonders gering ist das Genehmigungsrisiko natürlich, wenn ein Genehmigungsverfahren von Anfang an vermieden werden kann. Dazu kann es sinnvoll sein, die Anlagengröße auf die in Tab. 4.13 angegebenen Anlagengrößen zu beschränken. Die Genehmigungspflicht lässt sich nach dem BImSchG aber auch dadurch umgehen, dass die Anlage beispielsweise als Versuchsanlage nicht ‚gewerblichen Zwecken’ dient, oder nicht ‚im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen verwendet’ wird. Nach der 2003 novellierten 4. BImSchV gilt dies allerdings nur für Anlagen im Technikumsmaßstab, die der Forschung, Entwicklung und Erprobung’ neuer Verfahren oder der Erprobung neuer ‚Einsatzstoffe, Brennstoffe’ und ‚Erzeugnisse’ dienen. Die 4. BImSchV legt keine Emissionsgrenzwerte fest, sondern entscheidet nur über die Genehmigungspflicht und klassifiziert die Anlagen. Emissionsgrenzwerte werden in eigenen Verordnungen festgelegt. Anlagen mit geringerer Anlagengröße unterliegen der Kleinfeuerungsanlagenverordnung, der 1. BImSchV, die neben Emissionsgrenzwerten auch Mindestwirkungsgrade und deren Überwachung vorschreibt. Für größere Anlagen gelten die ‚Verordnung über Großfeuerungs- und Gasturbinenanlagen’ (13. BImSchV) und die ‚Technische Anleitung Luft’ (TA Luft), die die von Feuerungsanlagen verursachten Immissionsbelastungen der Umwelt reglementiert. Emissionsgrenzwerte für Anlagen zur Entsorgung von Reststoffen aller Art sind in der 17. BImSchV ("Verordnung über Verbrennungsanlagen für Abfälle und ähnliche brennbare Stoffe") festgelegt. Diese Verordnung wurde vor allem für Müllverbrennungsanlagen konzipiert und zeichnet sich deshalb durch besonders strenge und detaillierte Vorschriften für das Verbrennungsverfahren, Emissionsgrenzwerte und die Erfassung von Emissionswerten aus. Eine Sonderrolle nimmt dabei die Verbrennung von Altholz ein. Altholz wird in der Altholzverordnung [4.68] in vier Klassen eingeteilt. Die Verbrennung belasteter Althölzer der Klassen III und IV setzt immer eine Anlagengenehmigung nach 17. BImSchV voraus. Ist eine Feuerungsanlage nach Nummer 1.2 des Anhangs zur 4. BImSchV genehmigungspflichtig, wie dies beispielsweise für Holzhackschnitzelfeuerung mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als 1 MW der Fall ist, ist mit einer unverhältnismäßigen Verzögerung der Realisierung durch das Genehmigungsverfahrens in der Regel nicht zu rechnen. Ist nicht beabsichtigt, belastete „Billigmacher“ einzusetzen, die eine Genehmigung nach der 17. BImSchV erfordern, ist auch keine Bürgerbeteiligung nach §10 des BImSchG während des Genehmigungsverfahrens erforderlich, die das Genehmigungsverfahren stets sehr aufwändig werden lässt. Das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach §19 des BImSchG bietet zudem den Vorteil, dass auch alle notwendigen weiteren Genehmigungsverfahren, wie beispielsweise baurechtliche oder wasserrechtliche Genehmigungen von der Genehmigungsbehörde koordiniert werden. Genehmigungsbehörden sind je nach Bundesland die Landratsämter oder Landesbehörden. Werden die Genehmigungsbehörden bereits frühzeitig mit eingebunden, erfolgt die Genehmigung in der Regel zügig und problemlos. Wird dagegen die Genehmigung einer Anlage nach der 17. BImSchV beantragt, wird das Verfahren vor allem auch wegen der notwendigen Öffentlichkeitsbeteiligung sehr aufwändig.

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme Tab. 4.13:

411

Genehmigungspflichtige Anlagen [3.21],[4.68] genehmigungsfrei1)

vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach § 19 BImSchG

Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG

Genehmigung nach 17. BImSchV

Kohle gasförmige Brennstoffe (Erdgas, Grubengas, Biogas, Synthesegas)

< 1 MWFWL < 10 MWFWL

1 – 50 MWFWL 10 – 50 MWFWL

> 50 MWFWL > 50 MWFWL

– –

Heizöl EL

< 20 MWFWL

20 – 50 MWFWL

> 50 MWFWL



naturbelassenes Holz

< 1 MWFWL

1 – 50 MWFWL

> 50 MWFWL



Altholz, Klasse I

< 1 MWFWL

1 – 50 MWFWL

> 50 MWFWL



Altholz, Klasse II

< 1 MWFWL

1 – 50 MWFWL

> 50 MWFWL



Altholz, Klasse III



0,1 – 1 MWFWL

> 1 MWFWL



Altholz, Klasse IV



0,1 – 1 MWFWL

> 1 MWFWL





0,1 – 1 MWFWL

> 1 MWFWL





0,1 – 1 MWFWL

> 1 MWFWL



Reststoffe nach § 1, Abs. (3), 17. BImSchV, z.B. • pflanzlichen Abfällen aus der Land- und Forstwirtschaft • pflanzlichen Abfällen aus der Nahrungsmittelindustrie (nur mit Wärmenutzung) • Korkabfälle, Tierkörper sonstige Reststoffe 1)

Betrieb nur mit „Regel-Brennstoffen“ nach §3 1. BImSchV erlaubt

Hinsichtlich einer Genehmigung sind vornehmlich zwei Risiken zu sehen. Das erste Risiko ergibt sich aus einer möglichen Bürgerbeteiligung und der Umweltverträglichkeitsprüfung. Das BImSchG schreibt für Großanlagen und für Anlagen nach der 17. BImSchV die "Unterrichtung der Öffentlichkeit" vor. Auch bei Anlagen zur Verbrennung von sortenreinen, biogenen Reststoffen oder Lebensmittelresten besteht die Gefahr, dass eine geplante Anlage in der Öffentlichkeit als "Müllverbrennungsanlage" gesehen wird und die Genehmigung deshalb durch Einsprüche verzögert oder behindert wird. Dies ist besonders dann zu erwarten, wenn durch eine Anlage Wohngebiete, z.B. durch Lärm, Brennstofflieferungen oder Geruchsbelästigung, beeinträchtigt werden. Das zweite Risiko besteht darin, dass die geforderten Emissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden. Werden Emissionsgrenzwerte nicht eingehalten, erlischt die Betriebsgenehmigung und die Anlage muss stillgelegt werden. Problematisch ist dabei, dass die 17. BImSchV, Abs. (2) für verschiedene Emissionen insgesamt drei Grenzwerte vorschreibt. So müssen nicht nur die kontinuierlich zu messenden Emissionen innerhalb enger Grenzwerte gehalten werden, zusätzlich müssen auch Tagesmittelwerte und Halbstundenmittelwerte eingehalten werden. Für die Emissionen von Kohlenmonoxid bedeutet dies beispielsweise Grenzwerte von 50 mg/m³ für die Tagesmittelwerte, 100 mg/m³ für die Halbstundenmittelwerte und zusätzlich

412

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

müssen 90% der innerhalb von 24 Stunden kontinuierlich erfassten Messwerte unter 150 mg/m² liegen. Diese Staffelung ist dadurch begründet, dass im Betrieb, zum Beispiel beim Anfahren der Anlage, CO-Spitzen auftreten können, die geltende Grenzwerte kurzfristig um das Vielfache überschreiten. Dem gegenüber steht der Vorteil eines rechtsgültigen Genehmigungsbescheides nach einem erfolgreichen Genehmigungsverfahren der es Gegnern einer Anlage ggf. wesentlich erschwert, gegen den Betrieb einer bereits genehmigten Anlage vorzugehen. Kann für den Betrieb einer Energieversorgungsanlage, beispielsweise beim Betrieb mit biogenen Reststoffen, keine Genehmigung nach 17. BImSchV erwirkt werden, bleiben dem Betreiber zwei Alternativen: Der Betreiber kann sich auf die Verbrennung von Brennstoffen nach §1, Abs. (3) beschränken (z.B. pflanzliche Abfälle aus der Land- und Forstwirtschaft etc.), für die die Bestimmungen der 17. BImSchV ausdrücklich nicht gelten. Ohne Einschränkungen können auch Brennstoffe nach Nummer 1.2 oder 8.2 des Anhangs zur 4. BImSchV verbrannt werden, also z.B. ausdrücklich auch gestrichenes oder beschichtetes Holz (Ausnahme: Brennstoffe mit halogenorganischen Beschichtungen oder Holzschutzmitteln, wie Altholz nach Klasse III und IV der Altholzverordnung). Allerdings ist dies im Allgemeinen wirtschaftlich nur dann möglich, wenn in der Nähe der Anlage größere Mengen dieser Brennstoffe anfallen (z.B. in Holzverarbeitenden Betrieben). Risiken des Brennstoffmarktes Der Preis von Erdgas wird sich auch weiterhin am Erdölpreis orientieren und ist deshalb von den politischen Randbedingungen in den arabischen Ländern abhängig. Ausschlaggebend wird dabei in den nächsten Jahren weniger die Reichweite der vorhandenen Erdöl- und Erdgasreserven sein, sondern vielmehr inwieweit der aktuelle Verbrauch durch vorhandene Förderkapazitäten gedeckt werden kann. Besonders beim Rohöl wird schon in naher Zukunft mit Engpässen gerechnet. Bei Erdgas wird durch die steigende Zahl der Gasturbinenanlagen weltweit mit einer deutlichen Erhöhung des Preisniveaus gerechnet. Auch der jüngste Anstieg des Rohölpreises, sowie eine mögliche, weitergehende steuerliche Belastung fossiler Energieträger, lassen eine weitere Zunahme der Kosten für Erdöl und Erdgas erwarten. Genau wie die Preise fossiler Brennstoffe unterliegen auch die Preise von regenerativen Brennstoffen starken Preisschwankungen. Während die Preise für Waldhackschnitzel in den letzten Jahren durch Windwurf und Überschwemmungen zeitweise stark gefallen sind, ist aufgrund der steigenden Zahl von Holzfeuerungen und Biomasse-Kraftwerken mit einer steigenden Nachfrage nach Resthölzern zu rechnen. Besonders das Auftreten neuer Großabnehmer in der näheren Umgebung eines Standortes ist bei Anlagenplanungen zu beachten. Vorteilhaft ist es stets, wenn die Brennstoffe lokal entstehen, wenn also zum Beispiel ein großes Sägewerk als potentieller Lieferant vorhanden ist.

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme

413

Die Risiken des Brennstoffmarktes können dadurch gemindert werden, dass über Lieferverträge die Versorgung einer Anlage langfristig sichergestellt wird. Dadurch werden zwar zukünftige Gewinnaussichten bei fallenden Brennstoffpreisen geschmälert, die Grundversorgung sollte aber aus zwei Gründen unbedingt sichergestellt werden: Zum einen sind Energieversorgungsanlagen meist kapitalintensive und sehr langfristige Investitionen und erfordern daher eine hohe Planungssicherheit. Zum andern reagieren die Jahresgewinne, wie in Kap. 4.3.7.1 gezeigt, äußerst sensitiv auf Änderungen der Brennstoffpreise, führen also schnell zum Scheitern eines Investments. Sonstige Risiken Genau wie durch das Genehmigungsrisiko entstehen auch Risiken durch langwierige Entscheidungsprozesse der Fördergeber [4.59], die nicht nur die Planungskosten erhöhen, sondern auch Bauzeitverzögerungen verursachen können. Die gängige Praxis, vorläufige Förderbescheide zu erlassen, birgt ein Restrisiko, ist aber ein wesentliches Instrument zur Minderung von Planungsrisiken. Ähnlich wie die Risiken des Brennstoffmarktes bestehen auch Risiken beim Wärme- und Stromabsatz. Sind die Bedarfszahlen allerdings zuverlässig kalkuliert und ist die Wärmeabnahme durch Vorverträge weitgehend gesichert, hat der Planer diese Risiken ausreichend berücksichtigt. Auch bei den Stromerlösen nach dem EEG entsteht in der Regel kein Risiko, da zum einen ein parteiübergreifender Konsens besteht, regenerative Energien weiterhin zu fördern, und zum anderen als Fördergrundlage die gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten, die zum Zeitpunkt der Erteilung der Betriebsgenehmigung relevant waren („Bestandsschutz“).

4.3.8

Zusammenfassung der Prinzipien für wirtschaftlich effiziente Energiesysteme

In Tab. 4.14 sind die Prinzipien für die Entwicklung wirtschaftlich effizienter Energiesysteme zusammengefasst und bewertet. Das wichtigste Prinzip bei der Realisierung dezentraler Anlagen ist dabei in jedem Fall, überdimensionierte Anlagen und damit Anlagen mit zu geringer Anlagenauslastung zu vermeiden. Zudem wird die Wirtschaftlichkeit maßgeblich von der Flexibilität einer Anlage, beispielsweise zur Vermeidung von Strombezugsspitzen oder für die Erhöhung der Anlagenauslastung durch eine variable Kraft-Wärme-Kopplung, bestimmt.

414 Tab. 4.14:

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme Zusammenfassung wirtschaftlicher Prinzipien für die Entwicklung und Realisierung dezentraler Energiesysteme

Prinzipien und Grundsätze

Maßnahme

Maßnahmen zur Minimierung der Energieerzeugungskosten Minderung der Investitions- - Standardisierung und Serienfertigung kosten Minderung der verbrauchs- Minderung des spezifischen Brennstoffverbrauchs gebundenen Kosten - Einsatz kostengünstiger Brennstoffe („Billigmacher“) Minderung der Betriebs- und sonstigen Kosten

- Anlagen-Automatisation - Betrieb ohne Beaufsichtigung - Verwendung standardisierter, wartungsfreundlicher Komponenten

Vermeidung von Anlagenschäden

- Vermeidung von Korrosionsschäden und Verschlackung durch den Einsatz unproblematischer Brennstoffe - Online-Monitoring - Vorbeugende Instandhaltung

Erhöhung der Anlagenauslastung Minimierung der - Nutzung von Reserve und Spitzenlastkesseln Anlagengröße - Nutzung von Notstromaggregaten Nutzung von Wärmespeichern

Kraft-Wärme-Kopplung mit variabler Stromkennzahl

- Nutzung der Speicherfähigkeit von Wärmeverteilnetzen - Nutzung von Kurzzeitspeichern - Nutzung von Langzeitspeichern - Einsatz flexibler Technologien - Abführen der Abwärme der Stromerzeugung an die Umgebung

Erwirtschaftung von Zusatzerlösen Peak-Shaving - Bereitstellung von Spitzenstrom am Spot-Markt - Vermeidung von Strombezugsspitzen

Bedeutung für dezentrale Energiesysteme

Seite



S.379 ff

     

 –  

S. 383ff



S.385ff

 –  

S. 385ff S. 390ff

 

S. 388ff

Erzielen von Entsorgungserlösen

- Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe - Mitverbrennung von Reststoffen - Entsorgung von sortenreinen Reststoffen

 

S. 394ff

Produktion von Wertstoffen

- „Stoff-Wärme-Kopplung“ - Herstellung synthetischer Treibstoffe - „Wasserstoff aus Biomasse“ - Herstellung von Aktivkohle und Biokoks - Erzeugung verwertbarerer Asche

 – –  

S. 396ff

4.3 Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme Vermeidung von Planungsfehlern Orientierung an Erfahrungen - Vermeidung von Überdimensionierung und Ausbau von ausgeführten Anlagen „auf Vorrat“ - Entkopplung von Planungshonoraren und Förderung von der Anlagengröße - frühzeitige Berücksichtigung der Abnehmerstruktur

Verwendung von Kennzahlen

Vermeidung von Planungsrisiken

   --

415

  

- realistische Zeitplanung - Berücksichtigung möglicher Änderungen am Brennstoff- und Energiemarkt

 

- Anlagenauslastung (Anzahl der Jahresvolllaststunden) - spezifischen Investitionskosten - Wärmebelegung und Anschlussdichte - Wirkungsgrade



- Vermeidung von Genehmigungsrisiken - Beantragung vorläufiger Genehmigungs- und Förderbescheide - Langfristige Verträge für Brennstofflieferung - Langfristige Verträge für Wärme- und Stromabsatz

 

von hoher Bedeutung von Bedeutung von geringer Bedeutung nicht von Bedeutung nicht anwendbar

S. 396ff

S. 407ff

  

 

S. 409ff

416

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

4.4

Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

4.4.1

Minderung der spezifischen CO2-Emissionen

Aufgrund der bereits heute sichtbaren Folgen des Klimawandels (siehe Kap. 1.2.3) ist die Emission von Treibhausgasen das weitaus größte Problem der Energiewandlung. Wichtigstes Kriterium für die ökologische Bewertung eines Energiesystems sind daher zweifellos die auf die erzeugte Wärme oder Arbeit bezogenen CO2-Emissionen. Die CO2-Emissionen bei der Energieerzeugung können entweder durch die Nutzung CO2armer oder CO2-freier Brennstoffe oder durch die Erhöhung des Brennstoffausnutzungsgrades reduziert werden. Bei einer genaueren Betrachtung muss zusätzlich das bei der Brennstoffaufbereitung oder beim Brennstofftransport entstehende CO2 mit bilanziert werden. So ist z.B. die Nutzung von Wasserstoff nie „CO2-frei“, da Wasserstoff in der Regel aus der Reformierung kohlenstoffhaltiger, also meist fossiler Brennstoffe gewonnen wird. Aber nicht nur für die Herstellung des Wasserstoffes, auch für dessen Verdichtung, Transport und Lagerung muss Energie aufgewendet werden, die in der Regel aus fossilen Quellen stammt. Eine wesentliche Menge CO2 wird stets auch beim Bau einer Anlage freigesetzt. Aus diesem Grund ist strenggenommen auch die Kernenergie nicht CO2-frei, da beispielsweise beim Bau von Kernkraftwerken große Mengen Zement verarbeitet werden. Die Zementherstellung ist ein überaus energieintensiver Prozess. Die dabei verursachten CO2-Emissionen entsprechen in der BRD beinahe 10% der CO2 Emissionen aus der Verbrennung von Kohle [4.28]. Ähnlich energieintensiv sind auch die Stahlerzeugung und die Herstellung von Silizium für Photovoltaik-Anlagen.

4.4.1.1

CO2-Reduktion durch Effizienzsteigerung und Brennstoffauswahl

Eine in jedem Fall wirksame Maßnahme zur Minderung von CO2-Emissionen ist stets die Erhöhung der thermodynamischen Effizienz eines Prozesses. Die Reduzierung des auf die erzeugte Arbeit oder Wärme bezogenen Brennstoffverbrauchs führt unmittelbar zur Minderung der bei der Verbrennung entstehenden CO2-Emissionen. Daneben spielt aber auch die Zusammensetzung des Brennstoffes eine wesentliche Rolle. Wasserstoffreiche Brennstoffe, wie Methan, Biomasse oder andere Kohlenwasserstoffe, beziehen einen großen Teil der freigesetzten Verbrennungswärme aus der Oxidation des im Brennstoff gebundenen Wasserstoffes. Dadurch wird insgesamt pro umgesetzter Kilowattstunde Brennstoffwärme weniger CO2 freigesetzt. In Tab. 4.15 sind die pro umgesetzter kWh Brennstoffwärme freigesetzten Mengen an CO2 zusammengestellt. Dabei wird deutlich, dass die spezifischen CO2-Emissionen aufgrund des hohen Kohlenstoffgehaltes und des niedrigen Heizwertes bei der Braunkohle am höchsten sind.

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme Tab. 4.15:

417

Spezifische CO2-Emissionen fossiler Brennstoffe

Brennstoff

unterer Heizwert in kJ/kg 29000-33000 8000-12000 42600 50015

Steinkohle Braunkohle Erdöl Erdgas

Spezifische CO2-Emissionen in kg pro kWh Heizwert 0,34-0,35 0,37-0,43 0,26 0,20

Der Einfluss des elektrischen Wirkungsgrades auf die Stromerzeugung ist in Abb. 4.72 dargestellt. Aus der Abhängigkeit der Emissionen wird deutlich, dass sich die spezifischen CO2-Emissionen durch die Effizienzsteigerung auch beim Einsatz fossiler Brennstoffe erheblich reduzieren lassen. So sinken die Emissionen bei der Nutzung von Braunkohle um ca. 30%, wenn bestehende Altanlagen mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 32% durch Neuanlagen mit einem elektrischen Wirkungsgrad von 42% ersetzt werden. Allerdings betragen die spezifischen Emissionen dann immer noch mehr als das Doppelte eines erdgasbefeuerten GUD-Kraftwerkes.

4.4.1.2

CO2-Abtrennung

Carbon-Capture- and Storage (CCS) – also die Abtrennung von CO2 bei der Nutzung fossiler Energieträger wird seit einigen Jahren für große Kohlekraftwerke diskutiert. Dabei werden verschiedenste Verfahrenskonzepte vorgeschlagen, die eine Abtrennung und Deponierung des bei der Verbrennung erzeugten CO2 ermöglichen. Man unterscheidet •

Pre-Combustion-Sequestration



Post-Combustion-Sequestration



Oxyfuel-Prozesse

und Die Pre-Combustion-Sequestration zielt darauf ab, durch Vergasung von Kohle ein Brenngas zu erzeugen, in dem durch die Shift-Reaktion der CO-Anteil unmittelbar in CO2 umgewandelt wird, um dann vor der Verbrennung aufgrund der deutlich kleineren Massenströme eine effiziente Abtrennung des Kohlendioxids, beispielsweise durch die Druck-WechselAbsorption oder die Rectisol-Wäsche zu ermöglichen [4.19]. Bei den alternativ dazu vorgeschlagenen Oxyfuel-Prozesse wird ein Brennstoff mit reinem Sauerstoff verbrannt. Das dabei entstehende Rauchgas besteht nur aus CO2 und Wasserdampf. Wird der Wasserdampf auskondensiert, kann das CO2 als Inertgas einfach abgetrennt werden.

418

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Besonders für die Nachrüstung bestehender Kraftwerke eignen sich die Verfahren zur PostCombustion Sequestration, bei denen das CO2 mit Amin-Wäschen oder CaO/CaCO3Kreisläufen (Carbonate-Looping-Prozesse) aus dem Rauchgas entfernt wird. Auch die Einleitung von Rauchgasen in Gewächshäuser wird oft als Maßnahme zur CO2Abtrennung genannt. Zwar profitieren die Pflanzen im Gewächshaus durch diese „CO2Düngung“ und der CO2-Anteil im Abgas wird tatsächlich abgereichert. Allerdings wird dabei das CO2 aus den fossilen Brennstoffen nur kurzzeitig zwischengespeichert, bevor es beispielsweise bei der Verrottung der Pflanzen endgültig in die Atmosphäre entweicht. Für kleine, dezentrale Anlagen werden diese Maßnahmen keine wesentliche Rolle spielen. Allerdings ist es bei Brennstoffzellenprozessen möglich, gezielt CO2 abzutrennen.

spezifische CO2-Emissionen in kg/kWhel

2,5

Steinkohle

2,0

Braunkohle

1,5

Altanlagen

-30%

Neuanlagen

Erdöl

1,0

Erdgas

0,5

0,0 0%

20%

40%

60%

elektrischer Wirkungsgrad

Abb. 4.72: Abhängigkeit der spezifischen CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung vom elektrischen Wirkungsgrad

Bei der SOFC-Brennstoffzelle wird im Gegensatz zu herkömmlichen Verbrennungsprozessen das entstehende CO2 nicht mit der Verbrennungsluft und anderen Verbrennungsprodukten vermischt. In der Zelle wandern Sauerstoffionen von der Kathode zur Anode und bilden dort mit dem Erdgas CO2 und Wasserdampf, die in hoher Konzentration im Anodenabgas enthalten sind. Verzichtet man darauf, das Anodenabgas mit dem Kathodenabgas zusammenzuführen und setzt die im Anodenabgas üblicherweise noch vorhandenen Brennstoffreste in einer nachgeschalteten Zelle vollständig um, ist im Anodenabgas im günstigsten Fall nur noch Wasserdampf und Kohlendioxid enthalten, das durch eine Partialkondensation leicht vom Wasserdampf abgetrennt werden kann. Die

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

419

nachgeschaltete Zelle liefert aufgrund der geringen Brennstoffkonzentration keine Leistung mehr und wird daher als Sauerstoffpumpe bezeichnet [4.62]. Die SOFC-Brennstoffzelle bietet also die Möglichkeit auch bei kleinen, dezentralen Anlagen mit vergleichsweise einfachen Mitteln CO2 aus der Nutzung fossiler Energieträger abzutrennen und deren Austreten in die Atmosphäre zu vermeiden.

4.4.2

Verwendung regenerative Energieträger

4.4.2.1

Die energetische Nutzung von Biomasse

Die energetische Nutzung von Biomasse ist seit vielen Jahren ein Schwerpunkt nationaler und internationaler Fördermaßnahmen. Biomasse gilt als regenerativer, CO2-freier Energieträger. Zwar beträgt das technische Potenzial der Nutzung dieses Energieträgers nur etwa 8-10% des Primärenergieeinsatzes in der BRD und in Europa [1.6], Biomasse eignet sich aber im Besonderen für die Substitution von den fossilen Festbrennstoffen, wie Steinund Braunkohle, und kann daher wesentlich zur Minderung von CO2-Emissionen beitragen. Ein Vorteil gegenüber anderen regenerativen Energieträgern wie Wind und Sonne besteht darin, dass der Energieinhalt der Biomasse bedarfsorientiert eingesetzt werden kann und keine zusätzliche Speicherung erforderlich ist. Ein weiterer Vorteil der Biomasse besteht auch darin, dass große Potenziale – vor allem in Schwellenländern wie China und Indien bereits schon heute wettbewerbsfähig genutzt werden können.

CH4

CO2

Biomasse Biomasse-Verbrennung

Abb. 4.73:

CO2

Biomasse natürliche Verrottung

CO2-Bilanz der energetischen Nutzung von Biomasse

420

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Die Bezeichnung der Biomasse als „CO2-frei“ oder „CO2-neutral“ resultiert daraus, dass bei der Verbrennung genau die Menge an CO2 freigesetzt wird, die vorher beim Pflanzenwachstum aus der Atmosphäre assimiliert wurde (Abb. 4.73). Im Gegensatz zur natürlichen Verrottung der Biomasse und biogener Reststoffe in Wäldern oder auf Deponien wird zusätzlich die Entstehung weiterer Treibhausgase wie Methan vermieden. Im Gegensatz dazu wird beim Anbau von Energiepflanzen, z.B. durch den Einsatz von Düngemitteln, indirekt CO2 aus fossilen Brennstoffen freigesetzt, da bei einem extensiven Anbau von Energiepflanzen der Flächenertrag für eine energetische Nutzung meist zu gering ist. Aus diesem Grund ist aus ökologischer Sicht die energetische Nutzung von biogenen Reststoffen in der Regel dem Einsatz von schnellwachsenden Energiepflanzen, wie Miscanthus und Triticale vorzuziehen. Brennstoffeigenschaften Für die energetische Nutzung von Biomasse stehen prinzipiell dieselben Verfahren zur Verfügung, die bereits für die Nutzung fossiler Brennstoffe verbreitet sind. Der wichtigste Unterschied resultiert aus den gegenüber der Kohle wesentlich geringeren Heizwerten biogener Brennstoffe. Vor allem bei erntefrischen oder sehr feuchten Brennstoffen liegen die massebezogenen Heizwerte (in kJ/kg) deutlich unter den Heizwerten von Stein- und auch von Braunkohle. Von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit der Nutzung biogener Brennstoffe ist der volumenbezogene spezifische Heizwert – die Energiedichte (in kJ/m³). Zwar sind bei trockenen Brennstoffen durchaus vergleichsweise hohe massebezogene Heizwerte von ca. 16 000 - 18 000 kJ/kg üblich. Aufgrund der geringeren Energiedichte erhöht sich aber beispielsweise der logistische Aufwand für den Transport von Holzhackschnitzeln auf das zehnfache gegenüber dem Transport von Steinkohle. Für den Transport von Strohballen ist sogar die 30-fache Transportkapazität erforderlich, wie für den Transport von Heizöl mit demselben Energieinhalt (Tab. 4.16). Das Einzugsgebiet für Heiz- oder Kraftwerke zur Nutzung von Biomasse ist also aufgrund hoher Transportkosten limitiert. Biogene Brennstoffe eignen sich daher besonders für den Einsatz in kleinskalierten, dezentralen Einheiten. Die zweite wesentliche Brennstoffeigenschaft von „Biomasse“ ist die große Inhomogenität der Brennstoffe oder von Brennstoffmischungen. So stellt die Verbrennung von halmgutartigen Brennstoffen fundamental andere Anforderungen an die Feuerungstechnik, wie die Verbrennung von Holzhackschnitzeln. Selbst bei der Nutzung von Monobrennstoffen, wie Holzhackschnitzeln, variieren z.B. Brennstofffeuchte und Stückigkeit oft so stark, dass eine effiziente und umweltgerechte Verbrennung nur mit hohem technischem Aufwand gewährleistet werden kann. Schließlich stellt auch der hohe Gehalt an flüchtigen Bestandteilen und die Brennstoffzusammensetzung hohe Anforderungen an die eingesetzte Verbrennungstechnologie. Prinzipiell zu unterscheiden sind halmgutartige und holzartige Biomassen, Ölpflanzen sowie tierische Biomasse und Mikroorganismen. Während sich die Zusammensetzung halmgutarti-

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

421

ger Brennstoffe überwiegend aus der Cellulosestruktur (Summenformel C6H10O5) ableitet, überwiegt in holzartigen Brennstoffen die Liginstruktur mit einem leicht erhöhten Kohlenstoffanteil (Summenformel CH1,23O0,38). Protein- oder ölhaltige Brennstoffe weisen meist einen reduzierten Kohlenstoffanteil auf, dagegen sind vor allem Stickstoff, aber auch Schwefelgehalt, deutlich erhöht (Abb. 4.74). 100 % Wasserstoff Methan CH4 Rapsöl CH1,70O0,26

Methanol CH3OH

H2O

Rohöl ohle Braunk

ohle Steink

Torf

Cellulose C6H10O5 Lignin CH1,23O0,38

azit Anthr

100 % Kohlenstoff

CO

CO2

100 % Sauerstoff

Abb. 4.74: Zusammensetzung biogener und fossiler Brennstoffe im Dreiecksdiagramm

Zwei weitere Eigenschaften biogener Brennstoffe erfordern bei Biomassefeuerungen besondere Aufmerksamkeit. Die erste, problematische Eigenschaft ist der oft hohe Chlorgehalt der Brennstoffe. Besonders Alkalichloride führen zur HochtemperaturChlorkorrosion an Verdampfer- und Überhitzerheizflächen. Ein zweites Problem stellen die oft niedrigen Ascheerweichungstemperaturen von zum Teil unter 800 °C dar, die zu Anbackungen an Heizflächen und Brennkammerwänden führen. Bei Wirbelschichtfeuerungen verursachen niedrige Ascheerweichungstemperaturen Agglomeration der Bettpartikel und bei Rostfeuerungen eine Verschlackung des Rostes (siehe Kap. 4.2.10). Derzeit befassen sich verschiedene nationale und internationale Institutionen mit der Standardisierung von biogenen Brennstoffen. Die wichtigsten Kriterien sind dabei die Eigenschaften der Brennstoffe, die eine zuverlässige Handhabung und Verbrennung der Brennstoffe beeinflussen, also die Feuchte, die Konsistenz und Stückigkeit und der Heizwert [4.17], [4.63].

422

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Mitverbrennung von Biomasse Das effizienteste Konzept, große Mengen biogener Brennstoffe bei hohen Wirkungsgraden energetisch zu nutzen, besteht darin, die Biomasse in existierenden Kohlekraftwerken zuzufeuern. Bei dieser Mitverbrennung können bis zu 20 % der Kohle durch einen biogenen Brennstoff substituiert werden. Bei der einfachsten Variante wird die Biomasse mit der Kohle vermischt. So kann z.B. der biogene Brennstoff in Kohlemühlen zermahlen und in konventionellen Kohlestaubbrennern verbrannt werden. Zwar ist diese Variante mit den geringsten Investitionskosten verbunden, wegen der schlechten Mahlbarkeit der meisten Biomassen wird aber meist diskutiert, die Biomasse stattdessen extern zu verbrennen oder zu vergasen (s.u.). Besonders geeignet für die Mitverbrennung sind Wirbelschichtfeuerungen, bei denen biogene Brennstoffe meist ohne allzu aufwändige Vorbehandlung direkt in die Brennkammer zugegeben werden können. Bei einer externen Verbrennung, z.B. auf Rostfeuerungen, kann die Feuerung an die spezielle Anforderungen der Biomasse angepasst werden. Das heiße Rauchgas wird schließlich in den Feuerraum eines großen Kohlekraftwerks eingeleitet und passiert gemeinsam mit dem Rauchgas aus der Kohleverbrennung den Rauchgasweg des Dampferzeugers, insbesondere auch die Rauchgasreinigung. Die Umsetzung des Brennstoffes in elektrische Energie erfolgt mit dem hohen Wirkungsgrad des Dampfkraftwerks. Technisch zu lösen ist bei dieser Variante das Problem, dass große Öffnungen in die Flossenwände des Dampferzeugers geschnitten werden müssen, und damit Schieflagen, d. h. heiße Strähnen und Anbackungen im Feuerraum entstehen können. Zudem drohen wasserdampfseitig vor allem bei Zwangdurchlaufdampferzeugern Strömungsinstabilitäten. Auch verschiebt sich die Wärmeentbindung im Rauchgas von den Strahlungsheizflächen zu den Konvektionsheizflächen. Die dritte Variante für die Mitverbrennung besteht darin, die Biomasse extern zu vergasen und nur das entstehende Schwachgas in den Feuerraum eines existierenden Kohlekraftwerkes einzuleiten. Diese Variante beeinflusst den Betrieb des Dampferzeugers am geringsten, ist aber mit vergleichsweise hohen Investitionskosten verbunden. Verbrennung von Biomasse Die meisten, für die Verbrennung von biogenen Festbrennstoffen eingesetzten Feuerungssysteme (Rostfeuerung, Staubfeuerung und Wirbelschichtfeuerung) entsprechen weitgehend den Feuerungssystemen, die auch für die Verbrennung von Kohle eingesetzt werden. Allerdings sind bei allen Feuerungssystemen aufgrund der besonderen Brennstoffeigenschaften Modifikationen notwendig. Während holzartige Brennstoffe weitgehend unproblematisch sind, stellt, wie oben beschrieben, die Verbrennung von halmgutartigen Brennstoffen, wie Heu, Stroh oder vielen Energiepflanzen, besondere Anforderungen an das Verbrennungssystem. Hauptproblem sind hierbei Ascheschmelztemperaturen und der oft hohe Chlorgehalt. Neben der Brennstoffkonsistenz, den stark unterschiedlichen Brennstofffeuchten und den dadurch stark variierenden

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

423

Heizwerten, bereiten vor allem die stark unterschiedlichen chemischen Zusammensetzungen biogener Brennstoffe bei der Verwertung in herkömmlichen Verbrennungsanlagen oft Probleme. Ein für die Verbrennungseigenschaften besonders wichtiger Unterschied zur Kohle ist der hohe Anteil flüchtiger Bestandteile biogener Brennstoffe. Die Verbrennung läuft dadurch sehr viel schneller ab und ist daher schlechter zu kontrollieren. Besonders bei der Verbrennung halmgutartiger Biomasse entstehen bei solchen „Strohfeuern“ oft hohe CO-Emissionen, die neben dem hohen Chlorgehalt und dem ungünstigen Ascheschmelzverhalten eine effiziente und zuverlässige Verbrennung dieser Brennstoffe erheblich erschweren. Die Rostfeuerung ist für die Verbrennung von Biomasse besonders im Leistungsbereich von einigen hundert kWFWL bis ca. 70 MWFWL verbreitet. Im Bereich von wenigen hundert kW und einigen MW ist die einfachere Unterschubfeuerung üblich. Pelletfeuerungen werden derzeit für Hausfeuerungen stark gefördert, allerdings sind die Brennstoffkosten derzeit aufgrund der starken Nachfrage hoch. Unterschub- und Rostfeuerungen eignen sich besonders für homogene Brennstoffe. Wegen des hohen Speichervermögens des Bettmaterials sind Wirbelschichtfeuerungen für Verbrennung inhomogener Biomasse gut geeignet. Allerdings ist dabei die geringe Dichte der Brennstoffpartikel zu berücksichtigen. Stromerzeugung aus Biomasse Prinzipiell werden für die Nutzung biogener Brennstoffe die gleichen Kraftwerkssysteme diskutiert, wie für die Nutzung von Braun- und Steinkohle. Demgegenüber ist aber die Feuerungsleistung eines Kraftwerks mit biogenen Festbrennstoffen dadurch begrenzt, dass der Einzugsbereich aufgrund der geringen Energiedichte durch die hohen Transportkosten je nach Brennstoffart auf maximal ca. 10 - 100 MW beschränkt ist. Die Alternative zum klassischen Dampfkraftwerk sind Kombi-Kraftwerke mit integrierter Vergasung (IGCC). Diese Kraftwerkstypen erreichen mit Kohle zwar prinzipiell Wirkungsgrade bis 50%. Aufgrund der geringen Anlagengröße erreichen bestehende IGCC-Anlagen, wie die BioFlow-Anlage in Värnamo [3.88], beim Betrieb mit Biomasse nur unwesentlich höhere Wirkungsgrade als vergleichbare Dampfkraftwerke.

4.4.2.2

Die energetische Nutzung von Reststoffen

Der Einsatz biogener Brennstoffe wird vielfach diskutiert, um durch den Anbau von „Energiepflanzen“ fossile Brennstoffe zu substituieren. Derzeit ist allerdings vor allem die Nutzung der in der Landwirtschaft anfallenden Reststoffe von hohem Interesse. So fallen in der Bundesrepublik Deutschland jährlich Resthölzer mit einem Primärenergiegehalt von ca. 420 PJ und Stroh und Landschaftspflegematerialien mit einem Primärenergiegehalt von ca. 160 PJ an. Damit könnten ca. 16 % der derzeit genutzten Braun- und Steinkohle substituiert werden. Hinzu kommen 125 PJ Ernterückstände und organische Reststoffe aus der lebensmittelverarbeitenden Industrie und nicht genutzte Potentiale an Schwachholz (130 PJ) und Holzzuwachs (156 PJ) [3.49]. Derzeit entstehen bundesweit vor allem Heizwerke zur Nahwärmeversorgung, die mit biogenen Brennstoffen, in der Regel Holzhackschnitzel, betrieben werden.

424

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

In der Bundesrepublik Deutschland wird in naher Zukunft vor allem die Nutzung organischer Reststoffe interessant. Die Entsorgung von Reststoffen wird gerade für kleine und mittlere Unternehmen der holz- und der lebensmittelverarbeitenden Industrie in den kommenden Jahren mit erheblich steigenden Kosten verbunden sein. Derzeit fallen in der Bundesrepublik jährlich 15 - 25 Mio. t organischer Reststoffe (Kartoffelschalen, Frittierfette, Treber etc.) in der lebensmittelverarbeitenden Industrie an [3.40]. Hinzu kommen etwa 34 Mio. t Industriehölzer (z.B. Sägemehl) und 8 Mio. t Gebrauchthölzer („Altholz“), die derzeit nur zu etwa 10 % energetisch genutzt werden [3.70]. Nach [3.49] errechnet sich allein aus biogenen Reststoffen ein Primärenergiepotential von mehr als 800 PJ oder mehr als 200 Mrd. kWh pro Jahr (Abb. 4.75). Demgegenüber wurden 2001 in der BRD ca. 3500 PJ oder knapp 1000 Mrd. kWh Primärenergie aus Braun- und Steinkohle eingesetzt [3.97]. Die mit den organischen Reststoffen verfügbare Primärenergie entspricht also fast 25 % der derzeit in Deutschland genutzten Primärenergie aus Braun- und Steinkohle.

1200

Braun- und Steinkohle

1000 800 600

400 Reststoffe aus der lebensmittelverarbeitenden 200 Industrie

biogene Reststoffe

verfügbare Primärenergie in Mrd kWh

Die TA Siedlungsabfall schreibt vor, dass seit 2005 endgültig nur noch Reststoffe mit Restkohlenstoffgehalten von weniger als 3 % deponiert werden dürfen. Die Deponierung als kostengünstige Entsorgungsmöglichkeit für kohlenstoffhaltige Brennstoffe wie Altholz (vor allem Bauholz), Biomüll oder Lebensmittelabfällen fällt damit ab 2005 aus. Die energetische Verwertung bietet also die Möglichkeit, die auf die Betriebe zukommenden Entsorgungskosten zu reduzieren und gleichzeitig ganz oder teilweise den energetischen Eigenbedarf zu decken. Zudem wird ein aktiver Beitrag zur Reduzierung von CO2 Emissionen geleistet, da durch die Nutzung der Reststoffe fossile Energieträger substituiert werden und zusätzlich noch die Entstehung des hochwirksamen Treibhausgases Methan beim Abbau der Reststoffe bei der Kompostierung oder Deponierung vermieden wird.

0 Industrieholz

Altholz

Waldrestholz, Stroh

Abb. 4.75: In Deutschland pro Jahr verfügbare Primärenergie aus organischen Reststoffen (ohne Waldrestholz, Schwachholz etc., Basis 2001, /7/, /8/)

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

425

Ein Markt für die ausschließliche Stromerzeugung aus naturbelassenen Reststoffen (überwiegend landwirtschaftliche Reststoffe wie Olivenkerne, Reisstroh, Baumwollreste, Erdnuss-Schalen) existiert vor allem in Regionen ohne geeignete Wärmeabnehmer in Südeuropa oder in Schwellenländern wie China und Indien. In diesen Ländern besteht ein nahezu unbegrenzter Bedarf an kleinen, dezentralen Kraftwerkseinheiten, mit denen trotz der fehlenden Netz-Infrastruktur eine Versorgung mit Elektrizität auch in entlegenen Gegenden aufgebaut werden kann. Als Energieträger kommen in diesen Gegenden meist nur regenerative Energien, vor allem biogene Brennstoffe, in Frage.

4.4.2.3

Nutzung von Wasser, Wind und Sonne

Die stärksten Zuwachsraten bei den regenerativen Energieträgern konnte in der Bundesrepublik Deutschland den letzten Jahren beim Bau von Windkraftanlagen verzeichnet werden. Vor allem in den Küstenregionen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins entstanden große Windparks, die bis Anfang 2002 eine installierte Nennleistung von 8500 MWel erreichten. Bis 2009 war bereits eine Nennleistung von 26 GWel am Netz. Probleme bereitet vor allem die Netzeinbindung. Da die Erzeugung weitab von den Verbrauchszentren erfolgt, sind die Kapazitäten der bestehenden Verteilnetze bereits weitgehend erschöpft. Obwohl durch die verbreitete Nutzung von Windkraftanlagen Schwankungen in der Netzeinspeisung durch lokale Flauten bereits weitgehend reduziert sind, besteht durch die Einspeisung von Windkraftanlagen ein erhöhter Regelbedarf im Stromnetz. Schwierigkeiten bereitete in den letzten Jahren vor allem die Regelung, dass Windkraftanlagen bei einem zu starken Abfall der Netzfrequenz, z.B. nach dem Ausfall einer größeren Kraftwerkseinheit vom Netz genommen werden mussten. Auch die immer noch schlechte Prognostizierbarkeit des Windaufkommens bereitet bei der Frequenzhaltung Probleme und verursacht hohe Kosten für die Reservehaltung. Die derzeit aufgrund des vorhandenen Kraftwerksparks übliche Praxis, die Windeinspeisung mit konventionellen Dampfkraftwerken zu besichern, ist aufgrund der beschränkten Laständerungseigenschaften von Dampfkraftwerken besonders bei einer weiteren Zunahme der Stromeinspeisung aus Windkraftanlagen ungeeignet. In der Konsequenz müssen Windkraftanlagen daher in Zukunft verstärkt durch geeignete flexible Spitzenlast-Kraftwerke, wie Gasturbinenanlagen oder virtuelle Kraftwerken ergänzt werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Einspeisung aus der Windenergie oft gut mit den Lastanforderungen übereinstimmt und die Erzeugung, wie bei der Photovoltaik überwiegend in den Mittagsstunden einsetzt, führt dazu, dass die Reservekraftwerke nur mit einer geringen Anlagenauslastung als Spitzenlastkraftwerke betrieben werden können. Diskutiert wird auch, Windkraftanlagen gezielt für die Frequenzstützung einzusetzen. Auch die Erzeugung mit Windkraftanlagen lässt sich durch die Verstellung der Rotorblätter gezielt steuern. Durch die gezielte Minderung der Erzeugung oder Abschaltung von Windkraftanlagen kann die Einspeisung also auch im Sekundenbereich gesteuert werden, wodurch bei einer entsprechenden Vergütung der Regelleistung mit großen Off-Shore-Anlagen ähnlich wie mit Pumpspeicherkraftwerken eine Frequenzstützung möglich wäre. Allerdings ist natürlich aufgrund der CO2-Freiheit und aufgrund der Tatsache, dass keine Brennstoffkosten anfallen, die maximal, mögliche Nutzung der Windenergie zu bevorzugen.

426

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Auch die Nutzung der Photovoltaik und der Wasserkraft aus bestehenden Anlagen ist in jedem Fall zu bevorzugen, da diese Primärenergie kostenlos zur Verfügung steht. Bei der Planung von Photovoltaik-Anlagen ist aber auch der kumulierte Energieaufwand bei der Herstellung einer Anlage zu berücksichtigen. Die Herstellung von Solarzellen ist sehr energieaufwändig. Berücksichtig man die bei der Herstellung eingesetzte Primärenergie, so wird deutlich, dass die CO2-Bilanz der Photovoltaik nach heutigem Stand der Technik keineswegs wesentlich günstiger ist, als beispielsweise die Nutzung von Erdgas. In Abb. 4.76 werden die spezifischen CO2-Emissionen für verschiedene Stromerzeugungsanlagen verglichen. Für die Photovoltaikanlagen wurde dabei eine Nutzungsdauer von 20-30 Jahren zugrunde gelegt. Für die konventionellen Kraftwerkstechnologien wurde eine Nutzungsdauer von 25 Jahren angesetzt. amorphe Solarzellen

monokristaline Solarzellen

Photovoltaikanlage Windkraftanlage ηel = 58 %

Wasserkraftwerk

ηel = 38 %

GUD-Kraftwerk, Erdgas Kernkraftwerk

ηel = 33 %

ηel = 30 %

ηel = 42 %

Braunkohle-Dampfkraftwerk Steinkohle-Dampfkraftwerk ηel = 33 %

ηel = 45 % 0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

spezifische CO2-Emissionen in kg/kWh

Abb. 4.76: Spezifische Treibhausgas-Emissionen von Kraftwerksanlagen (nach [4.8])

Die Nutzung der Solarenergie ist also aufgrund des hohen Energieaufwandes bei der Herstellung mit hohen CO2-Emissionen verbunden. Dies äußert sich darin, dass die Amortisationszeit für die eingesetzte Primärenergie je nach Zellentechnologie und zugrunde gelegtem Stromerzeugungs-Mix zwischen 5 und 15 Jahre beträgt. Ähnlich ist die Bilanz bei der thermischen Nutzung von Solarenergie in Sonnenkollektoren. Hier beträgt die primärenergetische Amortisationszeit zwischen 5 und 13 Jahren [4.8]. Allerdings kann damit gerechnet werden, dass sich der Energieverbrauch bei der Fertigung durch neue Technologien, wie Dünnschichtzellen, neue Fertigungsverfahren und die Steigerung der Effizienz von Solarzellen in den kommenden Jahren weiter reduziert. Besonders günstig sind naturgemäß die kumulierten Treibhausgasemissionen aus der Nutzung der Kernenergie, Wasserkraftwerken und Windkraftanlagen. Die kumulierten CO2-

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

427

Emissionen betragen hier weniger als 10 % der kumulierten CO2-Emissionen aus der Nutzung von Erdgas in GUD Kraftwerken. Während die Treibhausemissionen bei der Nutzung von fossilen Energieträgern überwiegend aus deren Verbrennung stammen, resultieren die Emissionen bei den regenerativen Energieträgern überwiegend aus der Herstellung der Anlagen. Bei der Kernenergie entfallen ca. 70% der kumulierten CO2-Emissionen auf die Brennstoffaufbereitung und 30% auf den Bau der Kraftwerke. Besonders günstig ist die CO2-Bilanz bei der energetischen Nutzung von Biomasse. Zieht man hierbei in Betracht, dass durch die Verbrennung biogener Brennstoffe die Entstehung besonders schädlicher Treibhausgase, wie Methan aus der natürlichen Verrottung von Biomasse, vermieden wird, errechnen sich sogar negative spezifische Treibhausgas-Emission [4.43]. Das wesentliche Argument gegen die Einführung regenerativer Energieträger, wie die Windenergie und Photovoltaik ist die Tatsache, dass die Verfügbarkeit dieser Energieträger weder garantiert, noch beeinflusst werden kann. Deshalb wird intensiv über die Speicherung dieser Energieformen diskutiert. In der Öffentlichkeit wird dabei vor allem Wasserstoff als Möglichkeit zur dauerhaften und leicht abrufbaren Speicherung von Energie propagiert. So lange allerdings der Anteil der regenerativer Energien aus Wind und Sonne gering ist, ist es beispielsweise aufgrund der hohen Verluste bei der Wasserstofferzeugung durch Elektrolyse sinnvoller, die erzeugte regenerative Energie direkt ins Netz einzuspeisen. Die Bereitstellung von Reserveleistung mit kostengünstigen Gasturbinenanlagen ist wahrscheinlich mit geringerem Aufwand zu realisieren, als der Aufbau einer „Wasserstoffwirtschaft“ mit teuren, ineffizienten Elektrolyseuren, Wasserstoff-Druckspeichern und Leitungssystemen. [4.72], [4.9].

4.4.3

Minimierung der Umweltbelastung durch Emissionen

Bei der Konversion von Brennstoffen werden notwendigerweise auch Schadstoffe an die Umgebung emittiert. In der Regel sind dies Schadstoffe, die bei der Verbrennung aus Inhaltstoffen des Brennstoffes entstehen. Die wichtigsten Schadstoffe sind entsprechend Kohlenmonoxid, Stickoxide, Schwefeldioxid und Staub. Besonders bei der Verbrennung von belasteten Brennstoffen entstehen zusätzlich Chlorwasserstoff (HCl) und Fluorwasserstoff (HF). Auch Schwermetalle und Alkalien gehen bei der Verbrennung überwiegend in die Gasphase über, kondensieren aber bei abnehmender Rauchgastemperatur bevorzugt an Feinstaubpartikeln. Die zulässigen Grenzwerte für die Emission dieser Schadstoffe sind für die nach der 4. BImSchV genehmigungspflichtigen Anlagen in der Bundesrepublik Deutschland durch die TA Luft geregelt. Kleinanlagen unterliegen der 1. BImSchV, die nur Grenzwerte für Kohlenmonoxid vorschreibt. Für die Verbrennung von Reststoffen gelten die in der 17. BImSchV festgelegten Emissionsgrenzwerte ([3.21], siehe Kap. 4.3.7.3). Entsprechend werden Maßnahmen zur Emissionsminderung nur bei größeren, genehmigungspflichtigen Anlagen eingesetzt. Zudem sind die Emissionsgrenzwerte nach Anlagengröße gestaffelt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass eine effiziente Abgasreinigung bei kleinen, dezentralen Anlagen nicht wirtschaftlich darstellbar ist.

428

4.4.3.1

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Nutzung schadstoffarmer Brennstoffe

Die einfachste Maßnahme zur Vermeidung umweltbelastender Emissionen besteht darin, Brennstoffe zu verwenden, die aufgrund ihrer Zusammensetzung und ihrer Verbrennungseigenschaften von Haus aus eine geringe Emissionsbelastung verursachen. Besonders geeignet sind hier naturgemäß gasförmige und flüssige Brennstoffe, wie Erdgas, Erdöl oder auch Wasserstoff. Wasserstoff wird vielfach deshalb propagiert, weil bei dessen Verbrennung zunächst nur Wasserdampf entsteht. Gasförmige Brennstoffe sind nicht nur aufgrund ihrer Zusammensetzung besonders geeignet, sie sind auch besonders vorteilhaft, da die Verbrennung sehr gleichmäßig und kontrolliert ablaufen kann. Besonders die Entstehung von CO kann in Gasbrennern weitgehend vermieden werden. Die Entstehung von Staubemissionen ist bei der Verbrennung von Erdgas ausgeschlossen. Ungünstiger sind dagegen stets Festbrennstoffe. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Festbrennstoffe mit Schadstoffen wie Schwefel, Chlor oder auch Schwermetallen belastet sind. Unvermeidbar ist auch die Entstehung von Staubemissionen, da stets ein Teil der unverbrennbaren Aschebestandteile mit dem Rauchgas aus der Feuerung ausgetragen werden. Auch die Verbrennungsführung ist bei der Verbrennung von Festbrennstoffen wesentlich erschwert und führt oft zu hohen COEmissionen. Besonders die heute noch weitverbreitete Nutzung einfacher Holzfeuerungen führt zu hohen gesundheitlichen Belastungen der Bevölkerung. Neben den Kohlenmonoxid- und Kohlenwasserstoff-Emissionen führt auch die Emission von Feinstäuben und Aerosolen zu großen Beeinträchtigungen. Aus diesem Grund wird beispielsweise in den USA und vor allem in Kanada aktiv versucht, die Nutzung kleiner, ineffizienter Holzöfen in ländlichen Gegenden zu reduzieren und diese Feuerungen durch modernere, optimierte Pellet- oder Scheitholzfeuerungen zu ersetzen [4.35]. Auch in Afrika wird unter der Federführung der Weltbank versucht, die Verwendung von Holz in einfachen offenen Feuerstellen einzuschränken. Holzöfen und offene Feuerstellen werden in ganz Afrika traditionell zum Kochen verwendet. Dadurch werden auch in Gegenden mit geringer Vegetation letzte Holzreste weitgehend aufgebraucht. Dadurch dass die Feuerstellen meist in geschlossenen Räumen ohne geeigneten Kamin betrieben werden, ergeben sich erhebliche gesundheitliche Belastungen. Aus diesem Grund wird derzeit beispielsweise auf Initiative der Weltbank versucht, die Nutzung von Holz durch die Nutzung von „Millenium-Gelfuel“, einem pastösen Brennstoff auf Ethanolbasis abzulösen [4.65].

4.4.3.2

Maßnahmen zur Minderung von CO-Emissionen

CO-Emissionen sind aus zweierlei Gründen besonders sorgfältig zu vermeiden. Zum einen resultiert Kohlenmonoxid aus einer unvollständigen Verbrennung. Dies bedeutet, dass der Heizwert des Brennstoffes nur unvollständig genutzt wurde und sich durch die CO-Anteile die mit dem Rauchgas an die Umgebung abgegebenen Verluste erhöhen. Vor allem aber sind CO-Anteile zu vermeiden, da hohe Kohlenmonoxidkonzentrationen besonders gesundheitsschädlich sind. Die wichtigste Maßnahme zur Reduzierung von CO-Emissionen ist eine optimierte Verbrennungsführung. CO-Emissionen sind zum einen von der Verbrennungstemperatur und zum anderen vom Luftüberschuss abhängig. Besonders bei der Verbrennung von Festbrennstoffen auf Rostfeuerungen oder Unterschubfeuerungen kann eine inhomogene

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

429

Beladung des Brennstoffbettes dazu führen, dass sich lokale Zonen mit Luftmangel einstellen.

CO in mg/m³

Betriebsbereich der Feuerung 10

5

10

4

10

3

10

2

10

1

Grenzwert nach 1. BImSchV für Holzfeuerungen von 100 - 500 kWFWL

1

2

CO in mg/m³

Betriebsbereich der Feuerung 10

5

10

4

10

3

10

2

10

3

4

5

6

Luftzahl λ

Grenzwert nach 1. BImSchV für Holzfeuerungen von 100 - 500 kWFWL

1

1000

800

600

400

200

0

Verbrennungstemperatur in °C Abb. 4.77: Abhängigkeit der CO-Emissionen einer Holzhackschnitzel-Feuerung vom Luftüberschuss und der Verbrennungstemperatur

Da sich die heißen Rauchgase aufgrund ihrer hohen Viskosität im Rauchgaspfad fast nicht vermischen, entstehen CO-Strähnen, die zu unzulässig hohen CO-Emissionen führen. Diese CO-Strähnen können besonders bei kleinen Feuerungen nur dadurch wirksam vermieden werden, dass ein ausreichend hoher Luftüberschuss sichergestellt wird, so dass sich in keinem Bereich der Feuerung Zonen mit Luftmangel ausbilden können. In Abb. 4.77 ist die Abhängigkeit der CO-Emissionen am Beispiel einer Unterschubfeuerung dargestellt. In diesem Fall ist eine Luftzahl λ = 1,6-1,8 notwendig, um ausreichend niedrige COEmissionen sicherzustellen. Aus dieser Darstellung wird allerdings auch deutlich, dass ein zu hoher Luftüberschuss wiederum zu erhöhten CO-Emissionen führt. Dies liegt daran, dass mit dem Luftüberschuss die Verbrennungstemperatur absinkt, so dass sich die Verbrennungsgeschwindigkeit verlangsamt und eine vollständige Oxidation des Kohlenstoffes in der von der Feuerung vorgegebenen Verweilzeit nicht mehr möglich ist. Aus diesem Grund muss die

430

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Feuerung auf einen optimalen Luftüberschuss eingestellt werden. Der Luftüberschuss wird entsprechend in Verbindung mit einer Lambda-Sonde meist für die Regelung der Verbrennung verwendet.

4.4.3.3

Maßnahmen zur Minderung von SO2-Emissionen

Die Minderung von SO2-Emissionen ist bei kleinen, dezentralen Anlagen in der Regel nicht erforderlich. Im Gegensatz zu großen Kraftwerksanlagen existieren für genehmigungsfreie Kleinfeuerungsanlagen bis 1 MWFWL keine Grenzwerte für die Emission von Schwefeldioxid. Zudem ist beispielsweise bei der Verbrennung biogener Brennstoffe nur mit geringen Schwefelemissionen zu rechnen. Zum einen ist der Schwefelgehalt beispielsweise in Holz wesentlich geringer als in Stein- oder Braunkohle. 0,2 %

0,1 %

0,3 %

Kohle

0,4 %- 2 %

Hackgut (Fichte) Rinde (Fichte) Grasschnitt Stroh Ganzpflanzen (Triticale) Miscanthus Landschaftspflegeheu 0

500

1000

1500

2000

2500

3000

Schwefelgehalt in mg/kg Abb. 4.78: Schwefelkonzentrationen verschiedener Brennstoffe

Zum anderen wirkt sich bei biogenen Brennstoffen auch der hohe Kalzium- und KaliumAnteil in der Brennstoffasche besonders vorteilhaft auf die SO2-Einbindung aus. Die in der Brennstoffasche enthaltenen Alkali- und Erdalkalibestandteile bilden bei der Verbrennung mit Schwefel bereits in der Feuerung bevorzugt Sulfate (z.B. CaSO4). Durch diese Einbindung des Schwefeldioxids in die Brennstoffaschen werden bis zu 95% des im Brennstoff enthaltenen Schwefels in der Feuerung zurückgehalten und in Staubfiltern abgeschieden. Ist bei größeren Anlagen aufgrund der verwendeten Brennstoffe dennoch mit unzulässig hohen SO2-Emissionen zu rechnen, werden die SO2-Anteile mit geeigneten Sekundärmaßnahmen abgetrennt. Unüblich sind bei Kleinanlagen die bei Kohlekraftwerken eingesetzten Rauchgasentschwefelungsanlagen mit einer Nasswäsche oder einer Sprühadsorption. Bei Biomasse-Feuerungen hat sich vor allem die Trockenabsorption durchgesetzt. Bei diesem Verfahren wird nach der Feuerung ein trockenes Kalkhydrat-Gemisch in den Rauchgasstrom eingeblasen, das, wie die in der Brennstoffasche enthaltenen Alkali- und Erdalkalianteile, das im Rauchgas enthaltene SO2, SO3, aber auch Chlorwasserstoff (HCl) oder Fluorwasserstoff (HF) bindet. Die

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

431

Absorptionsprodukte bestehen im Wesentlichen aus den Kalziumverbindungen wie Kalziumsulfit (CaSO3 x ½ H2O), Kalziumsulfat (CaSO4 x ½ H2O) und Kalkstein (CaCO3). Diese Absorptionsprodukte werden im nachgeschalteten Entstaubungssystem abgetrennt.

Reingas

Absorber

Entstaubung

Kamin

Kalkhydrat H2O

Rohgas

Staub, CaSO4 etc.

Abb. 4.79: Trockene Entschwefelung für Feuerungsanlagen im kleinen Leistungsbereich (DeSoxVerfahren)

4.4.3.4

Maßnahmen zur Stickoxidminderung

Für die Minderung von Stickoxidemissionen kommen in kleinen, dezentralen Anlagen überwiegend Primärmaßnahmen zum Einsatz. Wie bei den SO2-Emissionen existieren für kleine, genehmigungsfreie Verbrennungsanlagen keine Emissionsgrenzwerte für Stickoxide. Stickoxide wie NO und NO2 werden bei der Verbrennung vor allem bei hohen Temperaturen als „thermische Stickoxide“ aus der Oxidation des Luftstickstoffs gebildet. Da die NOxBildungsrate stark temperaturabhängig ist, muss bei der Verbrennung die Bildung sehr heißer Zonen vermieden werden. Dies ist einer der wesentlichen Gründe für eine gestufte Verbrennungsführung. In der ersten Verbrennungsstufe wird die Zugabe der Primärluft daher so eingestellt, dass sich eine reduzierende Atmosphäre mit niedrigen Temperaturen bildet. Vor der Zugabe der Sekundärluft erfolgt bereits eine Abkühlung der Rauchgase, wodurch maximale Verbrennungstemperaturen entstehen, die deutlich unter der adiabaten Verbrennungstemperatur bei der dann eingestellten Luftzahl λ liegen. Ein zweiter, noch wichtigerer Effekt der gestuften Verbrennung liegt darin begründet, dass sich durch die reduzierende Atmosphäre das thermodynamische Gleichgewicht der

432

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Stickoxidbildung aufgrund des Sauerstoffmangels zugunsten des Stickstoffes verschiebt. Durch den Sauerstoffmangel werden auch zuvor gebildete Stickoxide wieder zu N2 und O2 reduziert. Dieser Effekt wird beispielsweise auch in Zementwerken genutzt, um NOxEmissionen zu reduzieren. Da für den Klinkerprozess Temperaturen von 2000 °C im Drehrohrofen notwendig sind, bilden sich bei der Zementherstellung unweigerlich hohe Konzentrationen an thermischen Stickoxiden. Aus diesem Grund werden in einem, dem Drehrohrofen nachgeschalteten „Calcinator“ Brennstoffe mit einem hohen Anteil an flüchtigen Bestandteilen zugegeben, die in kurzer Zeit den im Rauchgas enthaltenen Restsauerstoff aufbrauchen, eine reduzierende Atmosphäre bilden und die zuvor gebildeten Stickoxide weitgehend reduzieren. Bei Gasfeuerungen werden heiße Zonen der Flamme durch die Gestaltung des Brenners vermieden. Durch Stauscheiben oder durch die Aufprägung eines Dralls wird versucht, im Flammenbereich eine Rezirkulationszone einzustellen, durch die sich die Verbrennungsgeschwindigkeit reduziert und die lokalen Flammentemperaturen herabgesetzt werden. Neben gestufter Verbrennung und Rauchgasrezirkulation mindert auch die Eindüsung von Wasser oder Dampf in die Flamme die Bildung von thermischen Stickoxiden. Besonders in GasturbinenBrennkammern ist es üblich, Stickoxidemissionen durch die Kühlung der Flamme mit Dampf oder Wasser zu mindern. Neben den bei der Verbrennung entstehenden thermischen Stickoxiden, werden besonders bei der Verbrennung biogener Brennstoffe auch Stickoxide aus dem im Brennstoff enthaltenen Stickstoff gebildet. Dieser Brennstoff-Stickstoff tritt bei der Verbrennung von stickstoffhaltigen Festbrennstoffen und flüssigen Brennstoffen auch bei niedrigen Verbrennungstemperaturen auf. In Abb. 4.80 sind die Stickstoffanteile verschiedener Brennstoffe aufgetragen. 2%

1%

3%

Kohle Hackgut (Fichte) Hackgut (Pappeln, Weiden) Stroh Rinde (Fichte) Miscanthus Ganzpflanzen (Triticale) Landschaftspflegeheu Nadeln (Fichte) Grasschnitt 0

5000

10000

15000

20000

25000

Stickstoffgehaltgehalt in mg/kg Abb. 4.80: Stickstoffkonzentrationen verschiedener Brennstoffe

30000

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme

433

Im Gegensatz zum Schwefelgehalt ist der Stockstoffanteil bei vielen biogenen Brennstoffen gegenüber dem Stickstoffanteil von Kohle erhöht. Besonders Gräser und halmgutartige Stoffe weisen oft sehr hohe Stickstoffgehalte auf. Allerdings variiert hier der Stickstoffgehalt sehr stark mit der Herkunft der Brennstoffe. Dies beruht darauf, dass der Stickstoffanteil überwiegend von den eingesetzten Stickstoffdüngern verursacht wird. Besonders stickstoffreich sind eiweißhaltige Brennstoffe, also insbesondere Ölsaaten oder tierische Reststoffe. Hier stammt der Stickstoff überwiegend aus den im Eiweiß enthaltenen Peptidketten. Hohe Stickstoffemissionen entstehen auch bei der Verbrennung von Spanplatten. Hier resultiert der Stickstoff aus den in Leimbestandteilen enthaltenen Stickstoffverbindungen. Kann mit geeigneten Primärmaßnahmen, also vor allem mit einer gestuften Verbrennung, der NOx-Anteil in den Rauchgasen nicht weit genug reduziert werden, ist es erforderlich, die Stickoxidemissionen durch geeignete Sekundärmaßnahmen weiter abzusenken. Im Gegensatz zu großen Kraftwerksanlagen kommen bei kleinen Feuerungen überwiegend nichtkatalytische NOx-Minderungsmaßnahmen (SNCR = ‚Selective Non Catalytic Reduction’) zum Einsatz. Dabei wird bereits in der Feuerung, also bei hohen Temperaturen, Ammoniak zugegeben, das, wie beim in großen Kohlekraftwerken eingesetzten SCRVerfahren (‚Selective Catalytic Reduction’), eine Reduzierung der zuvor gebildeten Stickoxide bewirkt. Allerdings sind die bei der Ammoniak Zudosierung entstehenden Betriebskosten bei kleinen Anlagen oft problematisch. Zudem besteht die Gefahr, dass geringe Mengen Ammoniak in der Feuerung nicht vollständig umgesetzt werden. Durch diesen „Ammoniak-Schlupf“ kann eine unzulässig hohe Geruchsbelastung in der Umgebung der Feuerungsanlage entstehen.

4.4.3.5

Maßnahmen zur Minderung von Staub-Emissionen

Ein wesentliches Problem bei der Verbrennung von Festbrennstoffen sind die stets entstehenden Staub-Emissionen. Die Emission von Stäuben resultiert aus dem Anteil unverbrennbarer, anorganischer Bestandteile des Brennstoffes, also dem Aschegehalt. Zwar wird bei den meisten Feuerungssystemen ein Großteil der anfallenden Aschebestandteile (bis 95%) beispielsweise als Rostasche direkt in der Feuerung abgeschieden. Ein Teil der mineralischen Bestandteile wird allerdings bei der Verbrennung vom Rauchgasstrom mitgerissen und muss mit geeigneten Staubfiltern aus dem Rohgas abgeschieden werden. Üblich sind dafür vor allem Elektro- und Gewebefilter. Zu beachten ist, dass die dabei abgetrennte Filterasche oft mit hohen Schadstoffanteilen belastet ist. Schwermetalle wie Cadmium, Quecksilber oder Chrom gehen wie Alkali- und Erdalkalimetalle bei den hohen Verbrennungstemperaturen in die Dampfphase über und kondensieren bei der Abkühlung der Rauchgase an den mitgerissenen Feinstaubpartikeln. In Abb. 4.81 sind die Aschegehalte verschiedener Festbrennstoffe gegenübergestellt. Je nach Herkunft des Brennstoffes variiert der Aschegehalt erheblich. So trägt mitunter die Verschmutzung eines Brennstoffs wesentlich zur Erhöhung des Ascheanfalls in der Feuerung bei.

434

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

16% 14% 12% 10%

max

8%

4%

min

6%

2%

Steinkohle

Braunkohle

Stroh- und Ganzpflanzen

Altholz

Restholz

Sägespäne

Hackgut ohne Rinde

Hackgut mit Rinde

Rinde

0%

Abb. 4.81: Aschegehalt verschiedener Festbrennstoffe

4.4.4

Minimierung der Umweltbelastungen durch Transport und Verteilung

Ein wesentlicher Vorteil dezentraler Energiesysteme besteht darin, dass sich immer dann, wenn dezentral anfallende Brennstoffe erzeugernah genutzt werden, der Aufwand für den Brennstoff-Transport reduziert. Wird dagegen der Brennstoff, wie im Falle des Erdgases oder des Heizöls, nicht dezentral bereitgestellt, erhöht sich durch die dezentrale Nutzung der Aufwand für Transport und Verteilung. Entscheidend für den logistischen Aufwand und die damit verbundene Umwelt-Belastungen ist die Energiedichte eines Brennstoffes. In Tab. 4.16 sind die Energiedichten verschiedener Brennstoffe verglichen. Die Energiedichte von Heizöl ist bis zu 30 mal höher als die Energiedichte von Strohballen. Dies bedeutet, dass sich der Aufwand beim Transport von Stroh unverhältnismäßig erhöht. Eine Nutzung von Stroh kann sinnvoll deshalb nur dezentral erfolgen. Besonders bei Brennstoffen mit geringer Energiedichte, wie Biomasse oder Reststoffen, kann der Transportaufwand durch eine geeignete Brennstoffaufbereitung erheblich gemindert werden. So kann beispielsweise durch das Pressen von Ballen die Energiedichte von Stroh nahezu verdreifacht werden. Besonders effektiv ist auch das Brikettieren oder Pelletieren von Holzresten. Holzpellets weisen nicht nur aufgrund der geringen Feuchte eine besonders hohe Energiedichte auf. Durch die hohe Dichte einzelner Pellets (ca. 1000 kg/m³) und die guten Schütteigenschaften ist auch die Schüttdichte erheblich höher als die von Holzhackschnitzeln.

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme Tab. 4.16:

435

Volumetrischer Heizwert (Energiedichte ) fester Brennstoffe [2.11],[2.18],[3.75]

Brennstoff

Schüttgewicht

Vergleichsfaktor

in [kg/m³]

Energiedichte in [103 MJ/m³]

840

36.0

1 (Bezugswert)

Heizöl Steinkohle

870

27.8

1.3

Scheitholz1)

300 – 475

4.7 – 7.4

4.9 – 7.7

Holzhackschnitzel1)

195 – 260

3.0 – 4.0

8.9 – 11.9

Rinde1)

205 – 320

3.2 – 5.0

7.2 – 11.3

Sägemehl1)

110 – 170

1.7 – 2.6

13.6

Hobelspäne

90 – 153

1.4 – 2.4

15.1

Quaderballen, Heu, Stroh etc. 1)

120 – 160

1.7 – 2.3

15.6 – 20.8

1)

Rundballen1)

85 – 104

1.2 – 1.5

24.0 – 29.4

Quaderballen, Ganzpflanzen1)

190 – 216

2.7 – 3.1

11.6 – 13,1

144

2.1

17.3

Rundballen, Ganzpflanzen1) 1)

Stroh, gehäckselt

59 – 65

0.8 – 0.9

38.4 – 42.3

Ganzpflanzen, gehäckselt1)

150

2.2

16.6

Getreidekörner1)

760

10.9

3.3

500 – 650

9.2 – 12.0

3.0 – 3.9

Holzpellets1) 1)

Feuchte 15%

Feuchte u in % 12000

6000

Rinde

4000

600

Holzhackschnitzel

gehächseltes Stroh 0

10

Holzpellets

500

Holzhackschnitzel

400

Rinde

300 200

Ballen

2000

Getreidekörner

700

Holzpellets

8000

20

30

Wassergehalt w in Gew.-%

Hobelspäne 40

50

100

50

800

Schüttgewicht in [kg/m³]

Energiedichte in [MJ/m³]

100

Getreidekörner

10000

0

Feuchte u in % 50

Ballen

100 0

0

10

Hobelspäne gehächseltes Stroh 20

30

40

50

Wassergehalt w in Gew.-%

Abb. 4.82: Einfluss des Wassergehaltes auf Schüttgewicht und Energiedichte biogener Brennstoffe

436

4 Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Bemerkenswert ist auch, dass sich durch eine Brennstofftrocknung die Energiedichte von Holzhackschnitzeln oder Rinde nur unwesentlich erhöht. Das Volumen einer Brennstoffschüttung ändert sich bei der Trocknung nur unerheblich. Zwar erhöht sich durch die Brennstofftrocknung der auf die Brennstoffmasse bezogene Heizwert, da sich aber gleichzeitig das Schüttgewicht bei der Trocknung reduziert, bleibt der volumenbezogene Heizwert, die Energiedichte, nahezu unverändert. Die Feuchte eines Brennstoffes beeinflusst also im Wesentlichen dessen Gewicht und nicht das beim Transport von Brennstoffen mit geringer Energiedichte ausschlaggebende Volumen. Das Volumen und damit die erforderliche Transportkapazität lässt sich nur durch eine Kompaktierung wie das Pressen von Ballen oder das Pelletieren reduzieren. Aus diesem Grund hat es sich beispielsweise in Schweden bewährt, Holzhackschnitzel vor dem Transport zu innerstädtischen Heizwerken unmittelbar nach der Ernte zu pelletieren umso die Transportkosten und Verkehrsbelastung zu reduzieren.

4.4.5

Zusammenfassung der Prinzipien für nachhaltige Energiesysteme

Für die umweltverträgliche Erzeugung von Strom und Wärme sind vor allem die Emissionen von Treibhausgasen ausschlaggebend. Dabei spielen, wie in Tab. 4.18 zusammengefasst, die für Großanlagen diskutierten Maßnahmen, wie die Effizienzsteigerung und CO2-Abtrennung, für kleine, dezentrale Energiesysteme eine untergeordnete Rolle. Demgegenüber können in dezentralen Energiesystemen in höherem Maße regenerative Energien eingesetzt werden. Regenerative Energieträger, wie Biomasse oder Solarenergie, spielen für die Minderung von Treibhausemissionen in dezentralen Energiesystemen deshalb eine entscheidende Rolle.

Tab. 4.17:

Zusammenfassung ökologischer Prinzipien für die Entwicklung und Realisierung dezentraler Energiesysteme

Prinzipien und Grundsätze

Maßnahme

Minderung der spezifischen CO2-Emissionen CO2-Reduktion durch - Verwendung von Methan und Kohlenwasserstoffen Effizienzsteigerung und - Substitution von Altanlagen Brennstoffauswahl

Bedeutung für dezentrale Energiesysteme

 –

Seite

S.416ff

4.4 Prinzipien für die Entwicklung ökologischer Energiesysteme CO2-Abtrennung

Verwendung regenerative Energieträger

- Vergasung bzw. Reformierung mit CO-Shift und CO2-Abtrennung aus dem Brenngas - Abtrennung des CO2 aus dem Rauchgas - CO2-Düngung in Gewächshäusern - SOFC-Brennstoffzellen mit Kondensation des Anodenabgases

437 – ––  

- energetische Nutzung von Biomasse



- energetische Nutzung von Reststoffen - Nutzung von Wasser, Wind und Sonne

 

Minimierung der Umweltbelastung durch Emissionen Nutzung schadstoffarmer - Verbrennung von flüssigen und gasförmigen Brennstoffe Brennstoffen

S. 417ff



S. 419ff

S. 428ff

Minderung von COEmissionen

- Optimierung des Luftüberschusses - Vermeidung von Strähnenbildung - λ-Regelung

  

S. 428ff

Minderung von SO2Emissionen

- Verwendung schwefelarmer Brennstoffe - Verwendung kalziumreicher Brennstoffe - Nasswäsche - Sprühabsorption - Trockenabsorption - Verwendung stickstoffarmer Brennstoffe - gestufte Verbrennung - ‚Selective Catalytic Reduction’ - ‚Selective Non-Catalytic Reduction’

  – –    – 

S. 430ff

- Verwendung aschearmer Brennstoffe - Zyklonabscheider - Gewebefilter - Elektrofilter

   

Maßnahmen zur Stickoxidminderung

Maßnahmen zur Minderung von Staub-Emissionen

Minimierung Umweltbelastungen durch Transport und Verteilung Erzeugernahe Nutzung von - Nutzung von Reststoffen der holz- und Reststoffen Lebensmittelverarbeitenden Industrie Kompaktieren von - Pelletieren Brennstoffen - Brikettieren - Pressen von Ballen    --

von hoher Bedeutung von Bedeutung von geringer Bedeutung nicht von Bedeutung nicht anwendbar

   

S. 431ff

S. 433ff

S. 434ff

5

Zusammenfassung und Ausblick

5.1

Die Notwendigkeit der Entwicklung dezentraler Energiesysteme

In Europa und den Industrieländern werden vor allem zwei Entwicklungen in den kommenden Jahren eine verstärkte Nachfrage nach dezentralen Energiesystemen begründen: Die erste Ursache ist die Minderung der Versorgungssicherheit in Folge der Liberalisierung des Strommarktes. Die Liberalisierung wird auch in Europa dazu führen, dass kleine Stadtwerke und „Independend Power Producers“ zu den etablierten ElektrizitätsVersorgungs-Unternehmen (EVU) in Wettbewerb treten. Dabei sind diese kleinen Unternehmen darauf angewiesen, sich im Wettbewerb durch Nischenprodukte wie „GreenEnergy“ oder „Öko-Power“ gegenüber großen Stromversorgern zu behaupten. Weitere attraktive Märkte für kleinere Unternehmen sind die Sicherung einer netzunabhängigen Eigenversorgung, Entsorgungsdienstleistungen oder die Versorgung mit Strom und Wärme als Energiedienstleister (Contractor). All diese Konzepte verlangen den Einsatz kleiner und vor allem flexibler Energiesysteme. Neben den Nachteilen der Liberalisierung, vor allem der Verminderung der Versorgungssicherheit, werden insgesamt die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Liberalisierung überwiegen. Auch wenn langfristig eine Minderung der Energieversorgungskosten in Europa aus den verschiedensten Gründen eher unwahrscheinlich ist, wird real existierender Wettbewerb dazu führen, dass, wie in allen anderen Bereichen einer Volkswirtschaft, durch das Ausschöpfen von Rationalisierungspotentialen Kostensteigerungen minimiert werden. Vor allem aber besteht die Hoffnung, dass im Zuge der Liberalisierung eine erhöhte Risikobereitschaft und Offenheit der Betreiber für den Einsatz innovativer, neuer Technologien dazu führt, dass die Chancen für die Markteinführung dieser innovativen Konzepte deutlich steigen. Im Schutze des regulierten Strommarktes der vergangenen Jahrzehnte entwickelten einige große EVU eine konservative Haltung, die dazu führte, dass dem Einsatz neuer Technologien und Versorgungskonzepte, wie Brennstoffzellen und virtuellen Kraftwerken, mit großem Argwohn begegnet wird. So wird bis heute die Notwendigkeit einer Neuorientierung der Energiewirtschaft und sogar die globale Erwärmung der Erdatmosphäre, trotz der in Kap. 1.2.3 beschriebenen, eindeutigen Indizien, von einzelnen Vertretern von Verbänden und Unternehmen in Frage gestellt.

440

5 Zusammenfassung und Ausblick

Die Liberalisierung und der Ausstieg aus der Kernenergie wird also dazu führen, dass durch die Entstehung neuer, innovationsfreudigerer Wettbewerber die Chancen für die Einführung neuer Technologien im Vergleich zu den vergangenen Jahren steigen werden. Die zweite Entwicklung, die den Einsatz dezentraler Energiesysteme vorantreiben wird, ist die gesellschaftliche und politische Forderung nach einem verstärkten Einsatz regenerativer Energieträger und die immer geringere Akzeptanz gegenüber großtechnischen Stromerzeugungsanlagen wie Kohle- oder Kernkraftwerken. Die Forderung nach dem verstärkten Einsatz regenerativer Energien kann nur dadurch erfüllt werden, dass, wie bei der Wärmeerzeugung, auch bei der Stromerzeugung verstärkt dezentrale Versorgungsstrukturen aufgebaut werden. Regenerative Energien wie Wind, Sonne oder Biomasse können nur dann einen wesentlichen Beitrag zur Energieversorgung leisten, wenn sie vor Ort eingesetzt werden. Aufgrund Ihrer geringen Energiedichte können beispielsweise Biomasse und Reststoffe nur dezentral – und damit nur in kleinen Einheiten sinnvoll genutzt werden. Allerdings ist dazu die Entwicklung neuer Konzepte und Technologien unerlässlich. Da konventionelle Dampfturbinen für die Stromerzeugung nur für Großanlagen angeboten werden und geeignete Vergasungskonzepte bisher nicht verfügbar sind, wird Biomasse derzeit überwiegend zur Wärmeerzeugung in Heizwerken mit Nahwärmenetzen eingesetzt. Herkömmliche Kraftwerkstechnologien, wie Dampfkraftwerke, sind für dezentrale Anwendungen aufgrund der überproportional hohen Investitionskosten nur bei der Verbrennung von Reststoffen (Altholz) wettbewerbsfähig. Wird Biomasse verbrannt, stehen im Leistungsbereich unter 1 MWel nur exotische Technologien wie der ORC-Prozess (‚Organic-Rankine-Cycle‘) und Stirlingmotoren zur Verfügung, die aufgrund ihrer hohen spezifischen Investitionskosten, geringer Wirkungsgrade oder technischer Probleme nur bei sehr günstigen Randbedingungen und Abnehmerstrukturen eingesetzt werden können. Neben den ökologischen Vorteilen regenerativer Energieträger ist die politische Forderung nach deren Einsatz auch dadurch begründet, dass die aus dem Einsatz fossiler Energieträger resultierenden politischen Abhängigkeiten reduziert werden sollen. Besonders die Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas birgt erhebliche gesellschaftlich und politische Risiken, die aufgrund der Verteilung der weltweiten Lagerstätten nur durch den Einsatz anderer Primärenergieträger gemindert werden kann. Die immer geringere Akzeptanz gegenüber großtechnischen Stromerzeugungsanlagen wie Kohle- oder Kernkraftwerken, kann nur dadurch kompensiert werden, dass auch für den Einsatz fossiler Technologien kleine Systeme mit hoher Effizienz eingesetzt werden. Dies kann nur durch die Kraft-Wärme-Kopplung oder den Einsatz von Brennstoffzellen geleistet werden. Neben den Folgen der Liberalisierung wird also auch die Forderung nach einem verstärkten Einsatz regenerativer Energieträger und die immer geringere Akzeptanz gegenüber konventionellen Großtechnologien einen verstärkten Bedarf nach dezentralen Energiesystemen begründen.

5.2 Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

5.2

441

Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

Sollen verstärkt dezentrale Energiesysteme zum Einsatz kommen, müssen gezielt deren im Kap. 4 beschrieben, spezifischen Vorteile genutzt werden, um trotz der vielfältigen Nachteile im Wettbewerb mit zentralen Erzeugerstrukturen bestehen. Die großen Nachteile dezentraler Energiesysteme, wie die geringere Effizienz, die höheren spezifischen Investitions- und Wartungskosten und die zusätzliche Umweltbelastung aufgrund erhöhter Schadstoffemissionen, können nur durch den Einsatz innovativer, hochintegrierter Systeme ausgeglichen werden. Schlüsseltechnologien hierfür sind die Kraft-Wärme-Kopplung und die Brennstoffzellen, die wiederum Fortschritte bei der Entwicklung neuer Vergasungskonzepte, der Heißgasreinigung oder von Softwaretools für ein aktives Lastmanagement und die Einsatzoptimierung erfordern. Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung thermodynamisch effizienter Energiesysteme Die ersten Grundsätze für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme resultieren aus der Forderung nach einer Optimierung der thermodynamischen Effizienz dieser Systeme. Dabei spielt die wichtigste Maßnahme zur Erhöhung der Effizienz von großen Kraftwerksanlagen die Optimierung des Carnot-Faktors (Kap. 4.1.1) aufgrund des dafür erforderlichen, hohen apparativen Aufwandes bei kleinen Systemen eine eher untergeordnete Rolle. Zusätzliche Wärmeübertrager oder der Einsatz teurerer Materialien verursacht eine weitere Zunahme der spezifischen Investitionskosten, die durch die mögliche Wirkungsgradverbesserung nur schwer zu kompensieren ist. Wesentlich entscheidender ist bei einfachen, kleinen Systemen die Minimierung der Rauchgasverluste (Kap. 4.1.2) durch die Absenkung der Abgastemperatur und vor allem durch die Absenkung des Abgasmassenstromes, also des Luftüberschusses bei der Verbrennung. Ein wichtiges Prinzip, das sich auch bei Kleinanlagen mit vertretbaren apparativem Aufwand umsetzen lässt ist die prozessinterne Rückführung von Wärme durch eine geeignete Systemintegration. Auch Maßnahmen, wie die Luftvorwärmung oder die Brennstofftrocknung, führen zu einer Minderung der Abgasverluste. Der wesentliche Vorteil der prozessinternen Rückführung von Wärme resultiert aber daraus, dass die nutzbare Wärme für die Stromerzeugung auf höherem Temperaturniveau – oder im Falle der Rückführung von Wärme für die interne oder externe Reformierung – auf höherem Exergieniveau zur Verfügung steht (Kap. 4.1.3). Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung flexibler Energiesysteme Die wichtigsten Maßnahmen für die Entwicklung flexibler Energiesysteme bestehen darin, dass kleine, dezentrale Energiesysteme im Verbund koordiniert betrieben werden. Notwendig dafür sind geeignete softwaregestützte Systeme für ein aktives Lastmanagement und die

442

5 Zusammenfassung und Ausblick

Anlageneinsatzplanung (Kap. 4.2.3). Aber auch der gezielte Einsatz von Energiesystemen mit günstigem Teillastverhalten oder günstiger Leistungscharakteristik kann wesentlich zur Flexibilität eines Energiesystems beitragen (Kap. 4.2.4, 4.2.5 und 4.2.6). Besonders die Kraft-Wärme-Kopplung bietet wertvolle Freiheitsgrade, wenn die eingesetzten Systeme eine flexible Stromkennzahl aufweisen, oder die Speicherfähigkeit eines Wärmenetzes genutzt werden kann. Besondere Vorteile verspricht die Kopplung solcher KraftWärme-Kopplungsanlagen mit geeigneten Lastmanagementsystemen zu Virtuellen Kraftwerken, die sich einerseits durch eine hohe Verfügbarkeit und andererseits durch ein hervorragendes Teillastverhalten auszeichnen (Kap. 4.2.7 und 4.2.8). In Folge des starken Ausbaus von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen gewinnt die Speicherung von Strom und Wärme an Bedeutung. Aufgrund ihrer Speicherkapazität und der flexiblen Einsetzbarkeit sind vor allem Druckspeicher und chemische Speicher zum Ausgleich der fluktuierenden Einspeisung aus Wind und Sonne geeignet. Besonders wichtig für den flexiblen Einsatz von Festbrennstoffen ist die Nutzung eines breiten Brennstoffbandes. Dies kann durch den Einsatz von Einzelanlagen realisiert werden, die für die Verbrennung von Festbrennstoffen auch bei unterschiedlichster Brennstoffbeschaffenheit geeignet sind. Diese Verbrennungs- oder Vergasungsanlagen sollen zum einen den Einsatz sehr inhomogener Brennstoffe tolerieren und zum anderen die Nutzung von Problembrennstoffen mit ungünstigem Ascheschmelzverhalten und hohem Chlorgehalt erlauben. Alternativ dazu kann ein breites Brennstoffband auch durch den Einsatz vieler kleinerer, spezialisierter Feuerungssysteme oder durch eine vorgeschaltete Brennstoffaufbereitung realisiert werden (Kap. 4.2.10). Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung ökonomisch effizienter Energiesysteme Die wirtschaftliche Effizienz eines Energiesystems kann naturgemäß am einfachsten dadurch realisiert werden, dass mit den Investitions-, Verbrauchs-, Betriebs- oder sonstigen Kosten die Kosten der Energieerzeugung minimiert werden. (Kap. 4.3.2). Besonders wichtig ist allerdings die Erhöhung der Anlagenauslastung, beispielsweise durch eine angepasste Anlagengröße, die Nutzung von Wärmespeichern oder die Kraft-WärmeKopplung. (Kap. 4.3.3). Durch die Erhöhung der Anlagenauslastung verteilen sich die bei Kleinanlagen überproportional hohen Investitionskosten auf eine größere Energiemenge, wodurch sich die spezifischen Wärme- oder Stromgestehungskosten, also die Kosten pro erzeugter kWh entsprechend mindern. Besonders für dezentrale Anlagen ist die Reduzierung von Strombezugskosten durch PeakShaving oder die Erwirtschaftung von Zusatzerlösen, beispielsweise aus der Entsorgung von Reststoffen attraktiv. (Kap. 4.3.4 und 4.3.6). Wie die Vergangenheit gezeigt hat, gilt es aber auch Fehler bei der Planung von dezentralen Energieversorgungsanlagen zu vermeiden. (Kap. 4.3.7). Diese Planungsfehler führten vielfach dazu, dass Anlagen nicht mit der erforderlichen Anlagenauslastung betrieben werden konnten. Dies liegt vor allem daran, dass die Honorare der Anlagenplaner noch immer oft von der Investitionssumme abhängig sind

5.2 Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung dezentraler Energiesysteme

443

und damit mit zunehmender Anlagengröße steigen. Aufgrund der Tatsache, dass beim Betrieb von Energieversorgungsanlagen hohe Umsätze mit vergleichsweise geringen Umsatzrenditen erzielt werden, genügen bereits geringe Abweichungen von den kalkulierten Jahreskosten, um für den Betreiber hohe Verluste zu verursachen. Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung ökologisch effizienter Energiesysteme Ökologische Vorteile ergeben sich beim Betrieb von kleinen, dezentralen Anlagen gegenüber den wesentlich effizienteren Großanlagen nur dadurch, dass Kleinanlagen besser geeignet sind, regenerative, CO2-freie Primärenergieträger einzusetzen, oder dass sich, bei günstigen Randbedingungen, die Brennstoffausnutzung durch die Kraft-Wärme-Kopplung gegenüber der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme erhöht. Beim Einsatz fossiler Energieträger, wie Erdgas oder Kohle, erhöhen sich dagegen in der Regel bei Kleinanlagen die CO2- und Schadstoff-Emissionen. Dies liegt vor allem daran, dass aufgrund der geringeren Effizienz mehr Brennstoff umgesetzt werden muss und zudem ein weitaus geringerer Aufwand für die Verbrennungsführung und die Rauchgasreinigung betrieben werden kann.

5.3

Lösungsansätze für die Umsetzung notwendiger Entwicklungsarbeiten

Die Entwicklung neuer Technologien für die dezentrale Erzeugung von Strom und Wärme wurde in den letzten Jahren sowohl von öffentlichen Institutionen, als auch von Seiten der Industrie nur wenig unterstützt. Besonders in der Bundesrepublik Deutschland wurde die ohnehin mit geringem finanziellen Aufwand vorangetriebene Brennstoffzellenentwicklung großer Anlagenbauer wie Siemens oder ABB in den 90er Jahren weitgehend eingestellt oder ausgelagert. Nahezu alle derzeit in der Markteinführung befindlichen Brennstoffzellen-Konzepte basieren auf US-amerikanischen Entwicklungen. Selbst viele europäische Vorreiter beziehen die Stacks für ihre Brennstoffzellen-Systeme aus den USA und beschränken sich auf die Entwicklung der Peripherie, die Optimierung der Fertigung und die Vermarktung. Der wesentliche Grund dafür, dass in Deutschland keine vielversprechenden Eigenentwicklungen entstehen konnten, sind die in der Energietechnik außergewöhnlich langen Entwicklungszeiten. Aufgrund des hohen Investitionsbedarfs und der langen Zeiten für Tests und Demonstration bestand in der Vergangenheit nur eine geringe Bereitschaft von Seiten der potentiellen Investoren, neue Konzepte aufzugreifen und voranzutreiben. Neben dem außergewöhnlich hohen Kapitalbedarf für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in der Energietechnik, verhinderten auch die geringen Gewinnaussichten und die hohen Risiken Neuentwicklungen. Der hohe Standard konventioneller Technologien ist mit neuen Technologien in der Regel bis heute nicht erreichbar. Zum einen können konventionelle

444

5 Zusammenfassung und Ausblick

Technologien, wie Dampfturbinen-Kraftwerke oder Gasturbinen auf eine Jahrzehnte lange Tradition und Optimierungsarbeit zurückblicken, durch die sowohl die Effizienz, als auch die Verfügbarkeit einen für neue Technologien kurzfristig nicht erreichbaren Standard setzen. Zum anderen müssen neue Technologien zunächst stets mit kleinen, ineffizienteren und damit spezifisch teuren und nicht konkurrenzfähigen Einheiten eingeführt und demonstriert werden. Die niedrigen Energiepreise und die mäßige Performance neuer, unausgereifter Technologien bieten großen Unternehmen wenig Anreiz für langfristig angelegte Forschungs- und Entwicklungsprojekte. Um die notwendige Entwicklung neuer Technologien zu forcieren, gilt es daher, die bestehenden Hemmnisse zu umgehen. Dabei gilt es, besonders zwei Probleme zu überwinden: Die Möglichkeiten zur Kompensation des ersten Problems, der geringen Effizienz und der wirtschaftlichen Nachteile neuer und deshalb a priori kleinskalierter, dezentraler Energiesysteme sind Gegenstand dieser Arbeit. Besonders die wesentlich erhöhte Flexibilität kleiner, dezentraler Systeme und die ökologischen Vorteile der Kraft-Wärme-Kopplung und dezentral verfügbarer, regenerativer Energien sind vor dem Hintergrund der Liberalisierung des Energiemarktes und der gesellschaftlichen Umorientierung geeignet, die Nachteile kleiner, ineffizienterer Energiesysteme zu kompensieren. Nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Interesses werden sich ausreichend viele Nischenanwendungen und Demonstrationsprojekte finden, die geeignet sind, die notwendigen Entwicklungsarbeiten voranzutreiben und so eine breite Markteinführung vorzubereiten. Deutlich problematischer wird die Überwindung des zweiten Problems, den langen, notwendigen Entwicklungsarbeiten und den daraus resultierenden hohen Kosten und Risiken. Da weder große Konzerne, noch staatliche Stellen die notwendigen Ressourcen für langfristige Entwicklungsprogramme bereitstellen, können die Entwicklungsarbeiten oft nur mit Hilfe der staatlichen Grundfinanzierung an Hochschulen oder Forschungsinstituten durchgeführt werden. Naturgemäß können Entwicklungsarbeiten an diesen Instituten aufgrund der sehr breiten Ausrichtung und der begrenzten personellen und finanziellen Mittel nur mit geringer Intensität vorangetrieben werden. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma bieten unter Umständen Risikokapitalgesellschaften. Diese Gesellschaften verfügen oft über erhebliche finanzielle Ressourcen. Da sich diese Gesellschaften überwiegend über öffentliche Investmentfonds refinanzieren oder öffentlichkeitswirksame Börsengänge anstreben, sind diese Gesellschaften beständig auf der Suche nach populären Investments. Das öffentliche Interesse, besonders an „grünen“ Energie- und Umwelttechnologien, führte dazu, dass in den letzten Jahren mehrere Fondgesellschaften gegründet wurden, die sich auf den Energiesektor spezialisierten. Es kam auch zu einigen Börsengängen neuer Unternehmen aus dem Energiebereich (z. B. Farmatic, Repower). Zudem versprechen sich traditionelle Venture-Capital-Gesellschaften aufgrund der Liberalisierung des Energiemarktes ähnliche Gewinnaussichten, wie sie bei der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes realisiert werden konnten. Ein Beispiel für die erfolgreiche Entwicklung neuer Technologien ist die Firma Capstone aus Los Angeles. Mit Hilfe von Risikokapitalgebern war es Capstone möglich, über einen Zeitraum von zehn Jahren mit hohem personellem Aufwand eine völlig neue Generation von Mikroturbinen zu

5.3 Lösungsansätze für die Umsetzung notwendiger Entwicklungsarbeiten

445

entwickeln, die schließlich im Jahre 2000 zum erfolgreichen Börsengang des Unternehmens führten. Ein zweiter möglicher Ausweg bestünde darin, wie in den siebziger und achtziger Jahren bei der Einführung der Kernenergie, im erforderlich hohem Umfang staatliche Ressourcen bereitzustellen und analog zu den damals entstandenen Kernforschungszentren geeignete Forschungseinrichtungen zu etablieren, die mit der notwendigen Intensität die Entwicklung neuer Technologien vorantreiben. Hauptmotor für die Einrichtung der Kernforschungszentren war der Konsens, die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und damit von den krisengefährdeten Regionen des Nahen Ostens und Südamerikas zu mindern. Diese Notwendigkeit ist heute aktueller denn je, allerdings ist ein Konsens über die Förderung der Entwicklung neuer Technologien derzeit nicht erkennbar. Dies liegt vor allem daran, dass der Streit um die „richtige“ Technologie und den am besten geeigneten Primärenergieträger einen Konsens verhindert und eine Umorientierung blockiert. Dabei wird in der politischen und gesellschaftlichen Diskussion, aber auch in Fachkreisen die Tatsache ignoriert, dass es weder die „richtige“ Technologie noch den „geeignetsten“ Primärenergieträger gibt. Vielmehr liegt auch die Zukunft darin, einen Mix aus verschiedensten Energieträgern und Technologien so zu nutzen, dass auf der einen Seite die Deckung des ständig zunehmenden Bedarfs und auf der anderen Seite die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung nachhaltig gesichert ist. „Ziel muss es sein, nicht das beste System zu finden, sondern eine Vielzahl ‚guter’ Systeme zu definieren, die für verschiedene Anwendungen, verschiedene Standorte und verschiedene Betreiber ihre individuellen Vorteile zur Geltung bringen und geeignet sind, ältere, weniger effiziente Systeme optimal zu ersetzen.“ [1.15]. Auch dezentrale Energiesysteme wie Brennstoffzellen, Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen und Konzepte für die energetische Nutzung von Biomasse können ihren Beitrag dazu leisten, in verschiedensten Bereichen „ältere, weniger effiziente Systeme optimal zu ersetzen“ und damit die Nachhaltigkeit unserer Energieversorgung zu verbessern. Auch wenn sie bei weitem nicht geeignet sind, zentrale Systeme und Versorgungsstrukturen vollständig zu substituieren, werden sie in den kommenden Jahren einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung leisten, der es rechtfertigt und notwendig macht, im Interesse nachfolgender Generationen und parallel zu anderen notwendigen Entwicklungen in der Energietechnik, auch die Entwicklung dezentraler Energiesysteme voranzutreiben.

6

Literatur

Literatur zu Kapitel I [1.1] [1.2] [1.3] [1.4] [1.5] [1.6] [1.7] [1.8] [1.9] [1.10] [1.11] [1.12] [1.13] [1.14] [1.15] [1.16] [1.17] [1.18] [1.19] [1.20] [1.21]

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450 [3.34] [3.35] [3.36] [3.37] [3.38] [3.39] [3.40] [3.41] [3.42] [3.43] [3.44] [3.45] [3.46] [3.47] [3.48] [3.49] [3.50] [3.51] [3.52] [3.53] [3.54] [3.55] [3.56] [3.57] [3.58] [3.59]

[3.60] [3.61] [3.62] [3.63]

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6 Literatur [3.64] [3.65] [3.66] [3.67] [3.68] [3.69] [3.70] [3.71] [3.72] [3.73] [3.74] [3.75] [3.76] [3.77] [3.78] [3.79] [3.80] [3.81] [3.82] [3.83] [3.84] [3.85] [3.86] [3.87] [3.88] [3.89] [3.90]

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452 [3.91] [3.92] [3.93] [3.94] [3.95] [3.96] [3.97] [3.98] [3.99] [3.100] [3.101] [3.102] [3.103] [3.104] [3.105] [3.106]

[3.107] [3.108] [3.109]

6 Literatur Starlfinger, J., Flugstromvergaser im IGCC-Kraftwerksprozess, BWK 55 (2003), Nr. 6, S. 4852 Stassen H., Koele H.-J., The use of LCV-gas from biomass gasifiers in internal combustion engines, in Biomass Gasification ans Pyrolysis, cpl press, Newbury, 1997 Stephan, K., Mayinger, F..: Thermodynamik, Band 1: Einstoffsysteme, 15. Auflage, SpringerVerlag, Berlin, 1998 Stolten, D. Brennstoffzellentechnologie – Technische Grundlagen und Entwicklung, in Brennstoffzellen und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung, ASUE (Hrsg.), Vulkan-Verlag, Essen, 2001 Stucki, S., Biollaz, S., Treibstoffe aus Biomasse, MTZ Motortechnische Zeitschgrift 62 (2001) 4, S. 308-312 Süddeutsche Zeitung vom 28.2.2001 Thöne, E., Fahl, U.: Energiewirtschaftliche Gesamtsituation, BWK, Bd. 54 (2002) Nr. 4, S. 30-40 Umweltbundesamt, CO2-Emissionsfaktoren für die deutsche Berichterstattung atmosphärischer Emissionen, www.umweltbundesamt.de, Stand 8.1.2012 Unger,Ch., Ising, M., Mechanismen und Bedeutung der Teerbildung und Teerbeseitigung bei der thermnochemischen Umsetzung fester Kohlenstoffträger, DGMK Tagungsbericht 20022,Hamburg, 2002, S. 131-142 VDI Wärmeatlas, VDI-Verlag, 7. Erweiterte Auflage, Düsseldorf, 1994 VDI-Richtlinie 2067, Berechnung der Kosten von Wärmeversorgungsanlagen, Blatt 1, Betriebstechnische und wirtschaftliche Grundlagen, Beuth Verlag, Berlin, 1983 Verordnung über die Erzeugung von Strom aus Biomasse (Biomasseverordnung – BiomasseV), vom 21. Juni 2001, Watts, J. “Microturbines: a new class of Gas turbine engine” Global gas turbine News Vol. 39 (1999) No. 1, pp. 4 - 8 Wenz, A., Rechnergestützte Anlageneinsatzplanung und –optimierung ind Querverbundsystemen, Herbert Utz Verlag, München, 2000 Winkler, F. Verfahren zur Herstellung von Wassergas, Patentschrift, DE 437970, 1922 Winter, W., Plank, J., Optimierte Dimensionierung und Betrieb von Rohrleitungssystemen für dezentrale Biomasseheizwerke, Forschungsbericht, Endbericht Phase I 1999, Ingenieurbüro BIOS Graz, Austria, Bayerisches Zentrum für angewandte Energieforschung e.V. Garching, Deutschland Wolf, B., Meyer, B., Verfahrenstechnik und Hauptausrüstungen der mehrstufigen Vergasung von Kohle und Biomasse nach dem CarboV-Verfahren, DGMK Tagungsbericht 20001,Hamburg, 2000, S. 205-212 Wolf, B., Von der Kohle – zur Biomassevergasung, DGMK Tagungsbericht 2002-2,Hamburg, 2002, S. 53-62 Zintl, F. Öhman, T., Proc. 10th Int. Conf. Biom. f. Energy, Würzburg, 1998, 1348 –1350

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454 [4.37] [4.38] [4.39] [4.40] [4.41] [4.42] [4.43] [4.44] [4.45] [4.46] [4.47] [4.48] [4.49] [4.50] [4.51] [4.52] [4.53] [4.54] [4.55] [4.56] [4.57] [4.58] [4.59]

6 Literatur Karl, J. Dezentrale Verwertung von Biomasse und biogenen Reststoffen, Tagungsband zum Kongress Energie Innovativ 2002, VDI-Verlag, Düsseldorf, 2002, S. 49 - 60 Karl, J., Hein D. Integration von Brennstoffzellensystemen in KWK-Anlagen mit allothermer Vergasung, Tagungsband zum Kongress Energie Innovativ 2002, VDI-Verlag, Düsseldorf, 2002, S. 337 - 348 Klinder, K. PEM-Niederdrucktechnik-Brennstoffzellen von Vaillant für den Einsatz im Mehrfamilienhaus, in Brennstoffzellen und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung, ASUE (Hrsg.), Vulkan-Verlag, Essen, 2001 Lokurlu, A., Einsatz der oxidkeramischen Brennstoffzellen SOFC bei der Stromerzeugung, kombiniert mit nachgeschalteten GUD-Anlagen und integrierter Kohlevergasung, VDIBerichte 1594, Bochum, (2001), 171-180 Meyer, B., Willmes, O., Röper, B., Mechanismen der chlorinduzierten Korrosion von Wirbelschichtheizflächen, VGB Kraftwerkstechnik 75 ( 1995), H. 12, S. 1043 – 1048 Natarajan, E. et al., Experimental determination of bed agglomeration tendencies of some common agricultural Residues in Fluidized bed combustion and Gasification systems, Biomass and Bioenergy, Vol. 15, No. 2, pp 163-169, 1998 Overend, R., Combined Application of Biomass for Energy, Products and Climate Protection, Proc. of the 12th European Conf. on Biomass for Energy, Amsterdam, 2002 Plür, R., Erfahrungen und Maßnahmen zur Reduzierung von Korrosion und rauchgasseitiger Ablagerungen auf den Heizflächen von Müllverbrennungsanlagen, VGB Kraftwerkstechnik 70 ( 1990), H. 8, S. 694 – 702 Quaschnik, V. Hanitsch, R. Lastmanagment einer zukünftigen Energieversorgung, BWK 51 (1999), Nr. 10, S. 64-67 Raak, H., Brennstoffzellen für die Hausenergieversorgung: SOFC von Sulzer Hexis, in Brennstoffzellen und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung, ASUE (Hrsg.), Vulkan-Verlag, Essen, 2001 Reichel, H.-H., Korrosionserscheinungen in Industrie- und Heizkraftwerken, VGB Kraftwerkstechnik 77 ( 1997), H. 11, S. 920 – 926 Reichel, H.-H., Rauchgasseitige Korrosion in fossilbefeuerten Kraftwerken, VGB Kraftwerkstechnik 68 ( 1988), H. 2, S. 168 – 197 Riedl, R., Aktive Oxidation an Wärmeübertragerrohren eines Biomassefernheizwerkes, VGB Kraftwerkstechnik 77 ( 1997), H. 7, S. 591-596 Rössler,J., Messerer, S., Herstellung von Wasserstoff, Fachhochschule Darmstadt, 2005 Ruchser, M., Leitfaden für die Errichtung von Bioenergieanlagen, EFO, Bonn, 2000 Sander, K. Kostenentwicklung stationärer Brennstoffzellensysteme , BWK 53 (2001), Nr. 11, S. 42-49 Schaefer, H.: Elektrische Kraftwerkstechnik, Springer-Verlag, Berlin, 1978 Sauer, D., Optionen zur Speicherung elektrischer Energie in Energieversorgungssystemen mit regenerativer Stromerzeugung , RWTH Aachen, 2007 Schölkopf, W., Reuß, M., Oberdorf, Ch., Solar gestützte Nahwärmeanlagen mit saisonalem Wärmespeicher und integrierten Wärmepumpen, Tagungsband zum Kongress Energie Innovativ 2002, VDI-Verlag, Düsseldorf, 2002, S. 37-48 Seidl. D., Untersuchung der Problempunkte beim Betrieb einer Wirbelschichtfeuerung, Diplomarbeit TU München, 1997 Spangenberg, Ch., Einsatzoptimierung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen mit Gasturbinen, Dissertation TU München, 1998 Stahl, K.,Einsatzgebiete und Entwicklungspotential der PAFC, in Brennstoffzellen und MikroKraft-Wärme-Kopplung, ASUE (Hrsg.), Vulkan-Verlag, Essen, 2001 Steer, T., Schuster, S., Hein, D., Biomass-Cogeneration-Plant Schongau-Altenstadt The Way from the isea to realisation, Proc. Of the Int. Conference on Biomass for Energy and Industry, Würzburg, Germany Juni 1998, S. 303-306

6 Literatur [4.60] [4.61] [4.62] [4.63] [4.64] [4.65] [4.66] [4.67] [4.68] [4.69] [4.70] [4.71] [4.72] [4.73]

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7

Anhang

7.1

Tabellenverzeichnis

Tab. 1.1: Tab. 2.1: Tab. 2.2: Tab. 2.3: Tab. 2.4: Tab. 3.1: Tab. 3.2: Tab. 3.3: Tab. 3.4: Tab. 3.5: Tab. 3.6: Tab. 3.7: Tab. 3.8: Tab. 3.9: Tab. 3.10: Tab. 3.11: Tab. 3.12: Tab. 3.13: Tab. 3.14: Tab. 3.15: Tab. 3.16: Tab. 3.17: Tab. 3.18: Tab. 4.1: Tab. 4.2: Tab. 4.3: Tab. 4.4: Tab. 4.5:

Zusammensetzung der Erdatmosphäre und Beitrag zum Treibhauseffekt ............................ 11 Zusammensetzung von Festbrennstoffen (Literatur: [2.8], [2.11], [2.17], [2.20], [2.24], [2.13]) ...................................................................................................................... 44 Der untere Heizwert brennbarer Gase im Normzustand (1,01325 bar, 25 °C) ([2.4]) ................................................................................................................................... 52 Parameter der Vant’Hoffschen Reaktionsisobaren zwischen 500 und 1500 K und 1,013 bar .............................................................................................................................. 67 Zustandsänderungen in stationär durchströmten Systemen................................................. 75 Anteil der Energieträger für die Bereitstellung von Nutzwärme in der BRD für das Jahr 2008 [1.7] .............................................................................................................. 98 Übliche Verteilungsnutzungsgrade [3.101],[3.106], [3.22] ............................................... 112 Beispiele für die maximale adiabate Verbrennungstemperaturen und den minimalen Luftbedarf (λ = 1, Bezugstemperatur 0°C) ....................................................... 116 Ascheschmelztemperaturen von Festbrennstoffen nach DIN 51730 (nach [2.18],[2.20],[2.11], [3.84]) .............................................................................................. 124 Anteil der Energieträger zur Stromerzeugung in der BRD für das Jahr 2009 [1.7]........... 133 Anlagenauslastung und Bruttowirkungsgrad der Stromerzeugung in der BRD für das Jahr 2009 (aus Tab. 3.5 berechnet) ............................................................................. 135 Stromkennzahl und Stromanteil in der Bundesrepublik Deutschland ................................. 164 Elementarzusammensetzung von Pyrolyseölen und Heizöl [3.6], [2.24] ........................... 198 Methanausbeute trockener Substrate [3.7], [3.9]............................................................... 202 Prozessschritte bei der thermischen Vergasung von kohlenstoffhaltigen Festbrennstoffen [3.84] ...................................................................................................... 207 Heterogene Vergasungsreaktionen [2.14] .......................................................................... 208 Homogene Vergasungsreaktionen (Gasphasenreaktionen), [2.14], [3.25] ........................ 208 Typische Heizwerte biogener Brenngase ............................................................................ 210 Typische Zusammensetzung biogener Brenngase [2.15], [3.74] ........................................ 211 Schadstoff-Grenzwerte für die Nutzung von Brenngasen [3.74], [3.94], [3.85] ................ 223 Maßnahmen zur Teerabscheidung ...................................................................................... 224 Brennstoffzellen-Konzepte [4.2] ......................................................................................... 239 Überspannungen von Brennstoffzellen ............................................................................... 255 Zusammenfassung thermodynamischer Prinzipien ............................................................. 304 5-Stufen-Plan zur Beherrschung von Großstörungen mit Frequenzeinbruch [4.67] .......... 312 Systemvergleich zur Größenordnung der Speicherdichte unterschiedlicher Energieformen .................................................................................................................... 341 Zusammenfassung der Prinzipien für die Entwicklung flexibler Energiesysteme ............... 350 Annuitätenfaktor a in Abhängigkeit von Zinssatz und Abschreibungsdauer....................... 356

458 Tab. 4.6: Tab. 4.7: Tab. 4.8: Tab. 4.9: Tab. 4.10: Tab. 4.11: Tab. 4.12: Tab. 4.13: Tab. 4.14: Tab. 4.15: Tab. 4.16: Tab. 4.17:

7.2 Abb. 1.1:

7 Anhang Investitionskosten von Stromerzeugungsanlagen, (Kostenbasis 1999/2000) ..................... 364 Spezifische Investitionskosten für Wärmeerzeugungsanlagen in [€/kW], [4.34], [2.23], [3.20], [2.18], [4.51] ............................................................................................. 371 Spezifische Investitionskosten für Wärmeverteilnetze (Kunststoffmantelrohre Durchmesser 25 – 250, Kosten pro Meter Trassenlänge, [4.34], [2.23], [3.20]) .............. 371 Spezifischer Wärmebedarf von Einzelverbrauchern pro m² Wohn- bzw. Nutzfläche ......... 373 Vollbenutzungsstunden von Einzelverbrauchern ............................................................... 374 Erzielbare Wärmepreise (Stand April 2002, [3.47],[4.7]) ................................................. 376 Modifiziertes Kurzverfahren nach VDI 2067 [3.101] Beispiel: Biomasseheizwerk 5 MWth mit Heiznetz ........................................................................................................... 378 Genehmigungspflichtige Anlagen [3.21],[4.68] ................................................................ 411 Zusammenfassung wirtschaftlicher Prinzipien für die Entwicklung und Realisierung dezentraler Energiesysteme .......................................................................... 414 Spezifische CO2-Emissionen fossiler Brennstoffe .............................................................. 417 Volumetrischer Heizwert (Energiedichte ) fester Brennstoffe [2.11],[2.18],[3.75] .......... 435 Zusammenfassung ökologischer Prinzipien für die Entwicklung und Realisierung dezentraler Energiesysteme ............................................................................................... 436

Abbildungsverzeichnis

Prognostizierter Energiebedarf Weltenergieverbrauch bis 2060 (Shell-Studie, „Nachhaltiges Szenario“ [1.9]) ............................................................................................. 5 Abb. 1.2: Welt-Stromverbrauch bei weltweiter Angleichung des Lebensstandards und des pro Kopf-Verbrauchs an Nordamerika [1.9] ......................................................................... 6 Abb. 1.3: Energiekosten für die Bundesrepublik Deutschland in 2009 [1.1]......................................... 7 Abb. 1.4: Erdgasnetz der ehemaligen UdSSR [1.8] ............................................................................... 9 Abb. 1.5: Weltweite Ölproduktion ([1.11]) und erwartetes Produktionsmaximum („Peak Oil“, basierend auf 15 gemittelten Prognosen nach [1.10]). NPGL: Natural Gas Plant Liquids: Synthetisches Öl aus Erdgas, andere: Ölsande, Bioethanol, Biotreibstoffe........................................................................................................................ 10 Abb. 1.6: Schwankung der Temperatur der Nordhalbkugel (Ergebnis von Eiskernbohrungen in Grönland [1.6]) ................................................................................. 13 Abb. 1.7: Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch, an der Stromerzeugung und an der installierten Kraftwerkleistung [1.7]....................................... 15 Abb. 1.8: Entwicklung der CO2-Emissionen der Bundesrepublik Deutschland [1.1] ......................... 16 Abb. 1.9: Leistungsbereiche und Wirkungsgrade von Arbeitsmaschinen für die Stromerzeugung ................................................................................................................... 18 Abb. 1.10: Spezifische Investitionskosten von Dampfkraftwerken [1.2] ................................................ 19 Abb. 2.2: Prozessschritte bei der Stromerzeugung .............................................................................. 22 Abb. 2.3: Prozessschritte bei der Kraft-Wärme-Kopplung .................................................................. 23 Abb. 2.5: Kreisprozess im T,s-Diagramm ............................................................................................ 28 Abb. 2.6: Der thermische Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses (Umgebungstemperatur 15°C) und das mittlere Temperaturniveau der Wärmezufuhr bei Kraftwerksprozessen ............................................................................................................ 30 Abb. 2.7: Exergiebilanz eines durchströmten Systems......................................................................... 32 Abb. 2.8: Abhängigkeit des unteren Heizwertes biogener Brennstoffe von Wassergehalt w und Brennstofffeuchte u ....................................................................................................... 55

Abbildungsverzeichnis Abb. 2.9: Abb. 2.10: Abb. 2.11: Abb. 2.12: Abb. 2.13: Abb. 2.14: Abb. 2.15: Abb. 2.16: Abb. 2.17: Abb. 2.18: Abb. 2.19: Abb. 2.20: Abb. 2.21: Abb. 2.22: Abb. 2.23: Abb. 2.24: Abb. 3.1: Abb. 3.2: Abb. 3.3: Abb. 3.4: Abb. 3.5: Abb. 3.6: Abb. 3.7: Abb. 3.8: Abb. 3.9: Abb. 3.10: Abb. 3.11: Abb. 3.12: Abb. 3.13: Abb. 3.14: Abb. 3.15: Abb. 3.16: Abb. 3.17: Abb. 3.18: Abb. 3.19: Abb. 3.20: Abb. 3.21: Abb. 3.22: Abb. 3.23:

459

Änderung der freien Gibb’schen Enthalpie mit dem Reaktionsfortschritt und thermodynamisches Gleichgewicht ...................................................................................... 62 Van’t Hoffsche Reaktionsisobaren für die Vergasungsreaktionen bei 1,013 bar .................67 Abhängigkeit der theoretisch erreichbaren Brenngaszusammensetzung bei der Wasserdampfvergasung (Reformierung) von Holzhackschnitzeln von den Reaktionsbedingungen.......................................................................................................... 71 Isobare Zustandsänderungen im T,s-Diagramm .................................................................. 76 Isentrope und reale Expansion in einer Dampfturbine im T,s-Diagramm ............................ 78 Isentrope und reale Expansion in einer Dampfturbine im h,s-Diagramm ............................ 78 Isentrope und reale Expansion bei der Expansion und der Kompression im h,sDiagramm ............................................................................................................................ 80 Isotherme bzw. isenthalpe Expansion im T,s-Diagramm ...................................................... 81 Beispiel für das Ergebnis einer Kreislaufrechnung (Schaltung eines Siedewasserreaktors)............................................................................................................ 83 Bilanzgrenzen und T,s-Diagramm einer Druckluft-Turbine ................................................. 84 Änderungen in einem einfachen Dampfkraftwerk bei geändertem Druckniveau im Speisewasserbehälter ........................................................................................................... 90 Exergieverluste in einem einfachen Dampfkraftwerk mit unterschiedlichen Druckniveaus im Speisewasser-Vorwärmer ......................................................................... 91 Änderungen in einem einfachen Dampfkraftwerk bei geändertem Druckniveau des Hochdruck-Vorwärmers ................................................................................................. 92 Q,t-Diagramm für einen Dampferzeuger.............................................................................. 93 Q,t-Diagramm für einen Carnot-Prozess mit vorgeschalteter Verbrennung ........................ 94 Q,t-Diagramm und Q,1/T-Diagramm bei der Wärmeübertragung....................................... 96 Hausheizung mit Kleinfeuerungsanlage .............................................................................. 99 Schema einer Nahwärmeversorgung mit Biomasse-Heizwerk............................................ 101 Fernwärmenetze der Stadtwerke München ([3.104], [3.47], [3.3]) ................................... 102 Aufbau des Rauchrohrkessels einer Pelletfeuerung............................................................ 103 Aufbau des Rauchrohrkessels mit Hackschnitzelfeuerung .................................................. 103 Schema eines Großwasserraumkessels .............................................................................. 104 Schema eines Naturumlauf-Wasserrohrkessels („Trommelkessel“) mit Rostfeuerung....................................................................................................................... 105 Feuerungssysteme für Festbrennstoffe ............................................................................... 107 Verluste bei der Erzeugung von Nutzwärme ....................................................................... 110 Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers ..................................................................... 112 Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers bei verschiedenen Rücklauftemperaturen des Heizwassers ............................................................................. 113 Q,t- Diagramm eines Warmwassererzeugers bei verschiedenen adiabaten Verbrennungstemperaturen ................................................................................................ 116 Abhängigkeit der adiabaten Verbrennungstemperatur von Holzhackschnitzeln von der Brennstofffeuchte u und der Luftzahl λ.................................................................. 117 Q,t-Diagramm eines 1-Druck Abhitzedampferzeugers ....................................................... 120 Bezugssauerstoffgehalte und typische Luftzahlen λ von Feuerungen ................................. 123 Folgen einer ungleichmäßigen Beschickung von Rostfeuerungen ...................................... 125 Anbackungen an den Überhitzerheizflächen einer Biomasse-Feuerung [3.63] .................. 126 Phasendiagramm für SiO2 (Quarzsand) und KCl [3.79] .................................................... 127 Agglomerate aus Quarzsand und Asche aus der Verbrennung von Biomasse [3.79] .................................................................................................................................. 127 Schadensbilder der Hochtemperatur-Chlorkorrosion [4.47] ............................................. 129 Schadensmechanismus der Hochtemperatur-Chlorkorrosion ............................................ 130 Chlorgehalt verschiedener Festbrennstoffe ........................................................................ 132 Aufbau eines Dampfkraftwerks ........................................................................................... 136

460

7 Anhang

Abb. 3.24: Prozessschaltbild eines einfachen Dampfkraftprozesses.................................................... 137 Abb. 3.25: Einfacher Dampfkraftprozess (Clausius-Rankine-Prozess) im T,s-Diagramm .................. 138 Abb. 3.26: Prozessschaltbild eines Dampfkraftprozesses mit Speisewasservorwärmung und Zwischenüberhitzung ......................................................................................................... 139 Abb. 3.27: Entspannungsverlauf in der Dampfturbine mit Zwischenüberhitzung (h,sDiagramm) ......................................................................................................................... 140 Abb. 3.28: Änderung des thermischen Wirkungsgrades durch eine Anhebung der Frischdampfparameter und durch die regenerative Speisewasservorwärmung [2.25] ................................................................................................................................. 144 Abb. 3.29: T,s-Diagramm des Clausius-Rankine-Prozesses bei unterschiedlichen Drücken im Dampferzeuger................................................................................................................... 144 Abb. 3.30: Q,t-Diagramm eines einfachen Dampfkraftprozesses (Frischdampfparameter 60 bar, 550°C) ........................................................................................................................ 146 Abb. 3.31: Der einfache Gasturbinenprozess ...................................................................................... 147 Abb. 3.32: Der ideale Gasturbinenprozess im T,s-Diagramm ............................................................. 147 Abb. 3.33: Abhängigkeit des thermischen Wirkungsgrades des Gasturbinenprozesses von der Turbineneintrittstemperatur t3 (isentroper Wirkungsgrad des Verdichters ηi,VD = 0,88, isentroper Wirkungsgrad der Turbine ηi,T = 0,9)...................................................... 149 Abb. 3.34: Der Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator-Gasturbine) ...................... 152 Abb. 3.35: Der Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (Rekuperator-Gasturbine) im T,sDiagramm .......................................................................................................................... 154 Abb. 3.36: Idealer und realer Wirkungsgrad von Rekuperatorgasturbinen ........................................ 154 Abb. 3.37: Q,t-Diagramm des einfachen Gasturbinenprozesses (vgl. Abb. 3.31) ................................ 155 Abb. 3.38: Q,t-Diagramm des Gasturbinenprozess mit Wärmeübertrager (RekuperatorGasturbine, vgl. Abb. 3.33) ................................................................................................ 156 Abb. 3.39: Kombiniertes Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerk mit EindruckAbhitzedampferzeuger........................................................................................................ 159 Abb. 3.40: Q,t-Diagramm des GUD-Prozesses ................................................................................... 160 Abb. 3.41: Monatlicher Strom- und Wärmeverbrauch in der BRD in 1999/2000 (aus [3.90]) ........... 163 Abb. 3.42: Monatlicher Stromanteil in der BRD in 1999/2000 (aus [3.90]) ...................................... 163 Abb. 3.43: Beispielhafter Vergleich der Kraft-Wärme-Kopplung mit der getrennten Erzeugung ohne Wärme-Verteilungsverluste ..................................................................... 165 Abb. 3.44: Vergleich der Kraft-Wärme-Kopplung mit der getrennten Erzeugung von Strom und Wärme ......................................................................................................................... 168 Abb. 3.45: Brennstoffausnutzung und erforderlicher Stromanteil bei der Nutzung biogener Brennstoffe ......................................................................................................................... 169 Abb. 3.46: Q,t-Diagramm für die Kraft-Wärme-Kopplung ................................................................. 170 Abb. 3.47: Möglichkeiten für die Kraft-Wärme-Kopplung im Q,t-Diagramm ..................................... 174 Abb. 3.48: Vergleichbarer Kesselwirkungsgrad bei der ausschließlichen Nutzwärmeerzeugung in Abhängigkeit vom Stromerzeugungsanteil xs (1. und 2. Fall der Kraft-Wärme-Kopplung) ...................................................................................... 177 Abb. 3.49: Minderung des elektrischen Wirkungsgrades und des Brennstoffausnutzungsgrades eines 10 MWel-Dampfkraftwerkes mit zunehmender Fernwärmeauskopplung..................................................................................................... 180 Abb. 3.50: Brennstoffausnutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung (2. und 3. Fall) .................... 181 Abb. 3.51: Dampfturbinenanlagen für die Kraft-Wärme-Kopplung .................................................... 186 Abb. 3.52: Einbindung des ORC-Prozesses bei der Kraft-Wärme-Kopplung ...................................... 187 Abb. 3.53: Direkt gefeuerter Gasturbinenprozess mit rekuperativen Wärmeübertragern ................... 189 Abb. 3.54: Indirekt gefeuerter Gasturbinenprozess mit rekuperativen Wärmeübertragern ................ 190 Abb. 3.55: Indirekt gefeuerter Gasturbinenprozess mit regenerativen Wärmeübertragern („Pebble-Heater“) ............................................................................................................. 190 Abb. 3.56: Heizwertlimits von Gasgemischen für Gasmotoren ( [3.35]) ............................................. 191

Abbildungsverzeichnis Abb. 3.57: Abb. 3.58: Abb. 3.59: Abb. 3.60: Abb. 3.61: Abb. 3.62: Abb. 3.63: Abb. 3.64: Abb. 3.65: Abb. 3.66: Abb. 3.67: Abb. 3.68: Abb. 3.69: Abb. 3.70: Abb. 3.71: Abb. 3.72: Abb. 3.73: Abb. 3.74: Abb. 3.75: Abb. 3.76: Abb. 3.77: Abb. 3.78: Abb. 3.79: Abb. 3.80: Abb. 3.81: Abb. 3.82: Abb. 3.83: Abb. 3.84: Abb. 4.1: Abb. 4.2: Abb. 4.3: Abb. 4.4: Abb. 4.5: Abb. 4.6:

461

Energiefluss bei der autothermen und der allothermen Vergasung.................................... 196 Schematischer Aufbau einer Biogas-Anlage ....................................................................... 199 Ablauf der anaeroben Fermentation .................................................................................. 200 Fermenterbauarten: stehende Fermenter (oben), Pfropfenstromfermenter (Mitte) und Boxenfermenter (unten) ............................................................................................... 204 Festbettvergaser aus "Holzgaserzeuger für Lastwagenantrieb", VDI-Zeitschrift, August 1940. ....................................................................................................................... 206 Einfluss der Vergasungstemperatur auf den Heizwert des Produktgases ........................... 209 Strömungsführung und Reaktionszonen im Gegenstromvergaser („aufsteigende Vergasung“, „Updraft Gasifier“) ...................................................................................... 213 Strömungsführung und Reaktionszonen im Gleichstromvergaser („absteigende Vergasung“, „Downdraft Gasifier“).................................................................................. 214 Strömungsführung und Reaktionszonen des „Viking-Gasifiers“ (Gestufte Vergasung) ......................................................................................................................... 215 Strömungsführung und Reaktionszonen im Flugstromvergaser (Beispiel: CarboVVergaser) ............................................................................................................................ 216 Anlagenschema des Battelle-Vergasers [3.2] ..................................................................... 218 Anlagenschema des Güssing-Vergasers [3.36] .................................................................. 219 Aufbau des Biomass Heatpipe-Reformers [3.50] ............................................................... 221 Typische Teergehalte verschiedener Vergaserkonzepte ..................................................... 225 Aufbau einer Teerwäsche mit Rapsmethylester (RME) ...................................................... 226 Wirkungsgrad von Gasmotoren und Gesamtanlagen beim Betrieb mit biogenen Gasen [3.42]...................................................................................................................... 228 Prozesskette zur Erzeugung von Sekundär-Energieträgern aus Biomasse ......................... 229 Aufbau der Druckwechsel-Adsorption (Pressure-Swing-Adsorption, PSA)........................ 231 Verfahren für die Methanisierung von Synthesegas [3.53] ............................................... 233 Überschlägige Energiebilanz der Erzeugung von Biomethan für die Einspeisung ins Erdgasnetz [3.52] ......................................................................................................... 235 Effizienz der Nutzungspfade für SNG aus Biomasse [3.52] ............................................... 236 Prinzipieller Aufbau der PEM-Brennstoffzelle ................................................................... 240 Prinzipieller Aufbau der SOFC-Brennstoffzelle ................................................................. 241 Aufbau von planaren und tubulären SOFC-Brennstoffzellen ............................................. 241 Abhängigkeit des thermodynamischen Wirkungsgrades von Partial- und Umgebungsdrücken beim Betrieb mit Luft (Sauerstoffkonzentration an der Kathode 21%) ..................................................................................................................... 254 Strom-Spannungskennlinie einer PEM-Brennstoffzelle beim Betrieb mit Luft und mit Sauerstoff [3.60] ........................................................................................................... 258 Gemessene Strom-Spannungskennlinie von PEM und SOFC-Brennstoffzellen bei verschiedenen Betriebstemperaturen.................................................................................. 259 Wirkungsgrade und Zellenspannungen von Brennstoffzellen ............................................. 261 Q,t-Diagramm des Clausius-Rankine-Prozesses mit erhöhten Frischdampfparametern und reduzierter Kondensationstemperatur.................................. 267 Abhängigkeit des mittleren Temperaturniveaus der Wärmezufuhr und des CarnotWirkungsgrades von den Frischdampfparametern ............................................................. 268 Q,t-Diagramm eines des Clausius-Rankine-Prozesses mit Speisewasservorwärmung und Zwischenüberhitzung. ........................................................ 269 T,s-Diagramm des Jouleprozesses mit Zwischenkühlung und Zwischenerhitzung ............. 270 Einfluss des Luftüberschusses bei der Verbrennung auf den Gesamtwirkungsgrad eines Stirlingprozesses........................................................................................................ 273 Abhängigkeit des Kaltgaswirkungsgrades eines allothermen Vergasers vom Luftüberschuss in der Brennkammer der Vergasungsanlage ............................................. 275

462 Abb. 4.7: Abb. 4.8: Abb. 4.9: Abb. 4.10: Abb. 4.11: Abb. 4.12: Abb. 4.13: Abb. 4.14: Abb. 4.15: Abb. 4.16: Abb. 4.17: Abb. 4.18: Abb. 4.19: Abb. 4.20: Abb. 4.21: Abb. 4.22: Abb. 4.23: Abb. 4.24: Abb. 4.25: Abb. 4.26: Abb. 4.27: Abb. 4.28: Abb. 4.29: Abb. 4.30: Abb. 4.31: Abb. 4.32: Abb. 4.33: Abb. 4.34: Abb. 4.35: Abb. 4.36: Abb. 4.37: Abb. 4.38: Abb. 4.39: Abb. 4.40:

7 Anhang Kesselwirkungsgrad eines Gaskessels nach Gl. (III-4) in Abhängigkeit von der Rücklauftemperatur............................................................................................................ 277 Q,t-Diagramm eines Abhitzedampferzeugers mit Vakuumentgaser (Betriebsdruck 0,7 bar) und Überdruckentgaser (Betriebsdruck 2 bar)..................................................... 278 Q,t-Diagramm eines Abhitzedampferzeugers mit Vorwärmschleife................................... 278 Einfluss der Brennkammerkühlung auf den Kesselwirkungsgrad ...................................... 280 Q,t-Diagramm des Stirlingprozesses mit Wirbelschichtfeuerung und bei PEMBrennstoffzellen ................................................................................................................. 281 Einfluss der gestuften Verbrennung auf die maximale Feuerungstemperatur.................... 282 Änderung der adiabaten Verbrennungstemperatur in einer Gasturbine durch die Zwischenerhitzung ............................................................................................................. 283 Möglichkeiten für die Kraft-Wärme-Kopplung mit MCFC-Brennstoffzelle und Zusatzfeuerung ................................................................................................................... 284 Q,t-Diagramm einer MCFC-Brennstoffzelle mit nachgeschalteter Zusatzfeuerung .......... 286 Q,t-Diagramm eines Dampferzeugers mit Rauchgasrezirkulation..................................... 287 Q,t-Diagramm des Joule-Prozesses mit Zwischenkühlung. ............................................... 289 Rauchgaskondensation im h,x-Diagramm (Verbrennung von Erdgas mit λ = 1) .............. 291 Q,t-Diagramm eines Brennwertkessels mit Rauchgaskondensation (Verbrennung von Methan mit λ = 1) ....................................................................................................... 291 Q,t-Diagramm eines Dampferzeugers mit Luftvorwärmung .............................................. 295 Q,t-Diagramm eines Warmwassererzeugers mit Luftvorwärmung bei einer maximal zulässigen Verbrennungstemperatur ................................................................... 296 Einfluss der Luftvorwärmung und der Brennstofffeuchte auf den Kaltgaswirkungsgrad bei der Vergasung (autotherme Luftvergasung bei 800 °C) ........... 297 Energiefluss-Diagramm bei Microturbinen ....................................................................... 298 ChengCycle-Anlage der TU München ............................................................................... 298 Humid-Air-Turbine (HAT Prozess) .................................................................................... 299 Vereinfachte Energiebilanz von Hochtemperatur-Brennstoffzellensystemen mit integrierter Vergasung (autotherme Luftvergasung, 800 °C) ............................................ 301 Vereinfachte Energiebilanz von Hochtemperatur-Brennstoffzellensystemen mit integrierter Vergasung (allotherme Luftvergasung, 800 °C) ............................................. 301 Vereinfachte Energiebilanz der TopCycle-Schaltung ........................................................ 302 Anteil der Windenergie an der erzeugten Leistung am 25./26.12.2009 [1.18] ................... 308 Statische Frequenzkennlinie eines Verbundnetzes ............................................................. 311 Frequenzverhalten eines Verbundnetzes nach dem Ausfall eines 1300 MW Kraftwerkes [4.20] ............................................................................................................ 313 Typischer Anlageneinsatzplan der Stadtwerke München [3.104] ...................................... 314 Volllast und Teillast eines Dampfkraftwerks mit Festdruck-Regelung (links) und Gleitdruck-Regelung (rechts) im T,s-Diagramm ................................................................ 320 Änderung der Frischdampfzustände an einer Gegendruckturbine bei FestdruckRegelung ............................................................................................................................ 321 Änderung der Frischdampfzustände an einer Gegendruckturbine bei Gleitdruckregelung ............................................................................................................ 321 Kennfeld für den spezifischen Wärmeverbrauch einer Gasturbine mit Leitschaufelverstellung ...................................................................................................... 322 Änderung der thermodynamischen Zustände in einer Gasturbine ohne Leitschaufelverstellung (Kleinanlagen) ............................................................................. 323 Änderung der thermodynamischen Zustände in einer Gasturbine mit Leitschaufelverstellung (Großanlagen).............................................................................. 323 Teillast eines offenen Gasturbinenprozesses im T,s-Diagramm ......................................... 324 Einfluss von Umgebungstemperatur und Umgebungsdruck auf die Leistung des Gasturbinenprozesses ........................................................................................................ 326

Abbildungsverzeichnis Abb. 4.41: Abb. 4.42: Abb. 4.43: Abb. 4.44: Abb. 4.45: Abb. 4.46: Abb. 4.47: Abb. 4.48: Abb. 4.49: Abb. 4.50: Abb. 4.51: Abb. 4.52: Abb. 4.53: Abb. 4.54: Abb. 4.55: Abb. 4.56:

Abb. 4.57: Abb. 4.58: Abb. 4.59: Abb. 4.60: Abb. 4.61: Abb. 4.62: Abb. 4.63: Abb. 4.64: Abb. 4.65: Abb. 4.66: Abb. 4.67: Abb. 4.68: Abb. 4.69: Abb. 4.70:

463

Kennfelder für die Temperaturabhängigkeit der Leistung einer Gasturbine ...................... 327 Gegendruck-Schaltung des Heizkraftwerks am Stammgelände der TU München .............. 330 Verdunstungskühlung und indirekte Kühlung im h,x-Diagramm........................................ 331 Vergleich der mit indirekter Kühlung (mit Absorptionskälteanlage) und Verdunstungskühlung (Ansaugluftsättigung) erreichbaren el. Zusatzleistung einer 28 MW Gasturbine ............................................................................................................. 333 Betriebskennfeld von Dampfturbinenanlagen für die Kraft-Wärme-Kopplung .................. 335 Betriebskennfeld der Cheng-Cycle-Anlage der TU München ............................................. 336 Lastgänge des Campus Garching der TU München ........................................................... 337 Wirkungsgrade einer offenen Gasturbine und eines Mikroturbinen-Clusters bei verringertem Leistungsbedarf............................................................................................. 339 Wasserkraftwerke und Wasserturbinen: Laufwasserkraftwerke (a), Speicherkraftwerke (b) und Pumpspeicherkraftwerke (c)................................................... 343 Druckluftspeicher: diabates Druckluft-Speicherkraftwerk (a), adiabates Druckluft-Speicherkraftwerk .............................................................................................. 343 Strom-Spannungs-Kennlinie und thermoneutraler Betrieb einer HochtemperaturElektrolysezelle................................................................................................................... 346 Energiebilanz bei der Erzeugung von „Windgas“ ............................................................. 347 Einfluss der Anlagenauslastung auf die Jahreskosten und auf die spezifischen Strom- bzw. Wärmegestehungskosten ................................................................................. 362 Einfluss der Anlagenauslastung auf die Stromgestehungskosten am Beispiel eines Gasturbinen- und eines Dampfkraftwerks ......................................................................... 363 Beispiel für Stromerlöse bei der Verstromung von Biomasse (Annahmen: Investitionskosten 4000 €/kWel, Zins 8%, Abschreibungsdauer 12 Jahre, s.o.) .................. 368 Kostenstruktur (Jahreskosten) eines 500-kWFWL Heizwerks ohne Nahwärmenetz und eines Heizwerks mit 5 MWFWL (2 MWFWL Biomasse, 3 MWFWL Heizöl) und Nahwärmenetz (Zinssatz 6%, Abschreibungsdauer 15 Jahre, 2000 bzw. 4500 Vollbenutzungsstunden, Brennstoffkosten 12,5 €/MWh, Investitionskosten aus [4.34]) ................................................................................................................................ 377 Kostendegression in Abhängigkeit von der kumulierten Produktionsmenge ...................... 379 Beispiel für den Wärmebedarf und die mittleren Außentemperaturen im Fernwärme-Versorgungsgebiet der Stadtwerke München [3.104] ..................................... 384 Geordnete Jahresdauerlinie für ein Biomasse-Heizwerk mit Spitzenlastkessel .................. 384 Aufbau einer mechanisch angetriebenen Kompressionswärmepumpe (a) und einer thermisch angetriebenen Absorptionswärmepumpe (b)...................................................... 387 Spotpreis für elektrischen Strom an der Leipziger Strombörse (Leipziger Power Exchange GmbH, LPX) [4.29] ........................................................................................... 388 Beispiel für die Erlöse bei der Kraft-Wärme-Kopplung in Abhängigkeit vom Stromanteil (Wärmeerlöse 45 €/MWhth, Stromerlöse 90 €/MWhel) .................................... 391 Geordnete Jahresdauerlinie der Wärmeverbraucher und Erlössituation eines Heizwerks und einer Kraft-Wärme-Kopplung beim Betrieb mit Biomasse (Annahmen: ........................................................................................................................ 393 Cash-Flow und Return-of-Invest (ROI) des Referenzfalles................................................. 400 Cash-Flow-Betrachtung bei Verzögerung der Inbetriebnahme um 6 Monate .................... 401 Cash-Flow-Betrachtung bei einer Erhöhung der Netzverluste von 20 auf 25 % ................ 403 Cash-Flow-Betrachtung bei einer Erhöhung der Ascheentsorgungskosten von 50 auf 200 €/t.......................................................................................................................... 404 Cash-Flow-Betrachtung bei einer um 10 % geringeren Anschlussbereitschaft.................. 406 Cash-Flow-Betrachtung bei einer Zeitverfügbarkeit von 85% ........................................... 407 Zulässige Investitionskosten für ein Heizwerk und ein Heizkraftwerk mit 1 MW Feuerungswärmeleistung mit üblichen Randbedingungen ................................................. 408

464

7 Anhang

Abb. 4.71: Zulässige spezifische Investitionskosten für Stromerzeugungsanlagen und bei der Kraft-Wärme-Kopplung in Abhängigkeit von der Anlagenauslastung (Brennstoffkosten 18 €/MWh, Abschreibungszeit 20 Jahre, Zinssatz 7%, Stromerlöse 8 ct/kWh, Wärmenutzungsgrad bei der Kraft-Wärme-Kopplung 40%) .......... 409 Abb. 4.72: Abhängigkeit der spezifischen CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung vom elektrischen Wirkungsgrad ................................................................................................ 418 Abb. 4.73: CO2-Bilanz der energetischen Nutzung von Biomasse ...................................................... 419 Abb. 4.74: Zusammensetzung biogener und fossiler Brennstoffe im Dreiecksdiagramm .................... 421 Abb. 4.75: In Deutschland pro Jahr verfügbare Primärenergie aus organischen Reststoffen (ohne Waldrestholz, Schwachholz etc., Basis 2001, /7/, /8/) .............................................. 424 Abb. 4.76: Spezifische Treibhausgas-Emissionen von Kraftwerksanlagen (nach [4.8]) ..................... 426 Abb. 4.77: Abhängigkeit der CO-Emissionen einer Holzhackschnitzel-Feuerung vom Luftüberschuss und der Verbrennungstemperatur ............................................................. 429 Abb. 4.78: Schwefelkonzentrationen verschiedener Brennstoffe ......................................................... 430 Abb. 4.79: Trockene Entschwefelung für Feuerungsanlagen im kleinen Leistungsbereich (DeSox-Verfahren) ............................................................................................................. 431 Abb. 4.80: Stickstoffkonzentrationen verschiedener Brennstoffe ......................................................... 432 Abb. 4.81: Aschegehalt verschiedener Festbrennstoffe ....................................................................... 434 Abb. 4.82: Einfluss des Wassergehaltes auf Schüttgewicht und Energiedichte biogener Brennstoffe ......................................................................................................................... 435

Stichwortverzeichnis Abgasverluste 110, 113 Abhitzedampferzeuger 121, 158, 298 Abschreibungsdauer 359 Absorptionskältemaschine 332 Absorptions-Wärmepumpe Ammoniak-Wasser- 386 Lithium-Bromid- 386 absteigende Vergasung 214 Activation-Overvoltage 256 Adam und Eva Projekt 234 Additive 50

Anschlussleistung 372 Aromaten 207 Ascheerweichungstemperatur 106 Aschegehalt 44, 434 Ascheschmelztemperatur 124 Ascheschmelzverhalten 122 Ascheverluste 110 aufsteigende Vergasung 213 Austauschstromdichte 256 Auxiliary Power Unit 240 Battelle – Verfahren 218

adiabate Verbrennungstemperatur 114, 118, 156

Betriebsgebundene Kosten 365

AER-Prozess 219

Betriebskosten 352

Agglomeration 123

Bezugssauerstoffgehalt 122

Aktivierungsüberspannung 256

BHKW 365

Aktivierungs-Überspannung 255

Billigmacher 348, 380

Alkalichloride 125

Bindungsenthalpie 58

Alkalien 222

Biochar 237

Alkaline Fuel Cell 238

Biogas 193, 198

Altholz 424

Biokoks 396

Ammoniaksynthese 196

BioLiq-Verfahren 237

Anlagenauslastung 361, 373, 385, 392, 408

Biomasse 419

Anlageneinsatzplan 314

Biomasseheizwerk 377, 399

Anlageneinsatzplanung 309, 313, 334

Biomassekraftwerk 366

Annuitätenfaktor 359

Biomethan 229, 231

Anode 242

Bio-Raffinerie 230

Ansaugluft-Kühlung 316

Bipolarplatte 242

Anschlussdichte 408

Blackout 309

466 Blauer Turm 219 Blockheizkraftwerke 184 Boudouard-Reaktion 61, 208 Brenngasaufbereitung 222 Brennkammerkühlung 279 Brennstoffaufbereitung 350 Brennstoffausnutzungsgrad 25, 166 bei der KWK 26, 180 Brennstoffkosten 356 Brennstofftrocknung 436 Brennstofftrockung 296 Brennstoffzelle 238 Brennstoffzellen 121, 182 Brennstoffzellenheizgeräte 193 Brennwert 51 Brennwertkessel 168 Brikettierung 350 Bruttoinlandsprodukt 7 Butler-Volmersche-Gleichung 256 Carbon-Capture- and Storage 417 CarboV-Verfahren 216, 288 Carnot-Faktor 28, 267 Carnot-Faktors 265 Carnotisierung 266 Carnot-Prozeß 29 Carnot-Wirkungsgrad 28, 238, 265 Cash Flow 352 Cash-Flow 356, 398 chemisches Quenchen 288, 304 Cheng-Cycle 182, 298, 336 Chlorangriff 129 Clausius-Rankine-Prozess 136, 266, 268 CO2-Abtrennung 417 CO2-Emissionen 416 CO2-freie Kohlekraftwerke 206 Coating 123 Comflux-Verfahren 234 Concentration Overvoltage 257 Co-Substrate 195

Stichwortverzeichnis Cracken katalytisches 224 thermisches 224 Dampfbedarf 69 Dampfkegelgesetz 319 Dampfkolbenmotor 364 Dampfkraftwerk 133, 135 Dampfmotor 18, 188 Dampfnässe 138 Dampfturbine 136 Dampfzahl 69 Deponiegas 193, 198 Deponierungskosten 403 Direct-Methanol-Fuel Cell 239 downdraft gasifier 214 Drehkegelfeuerung 109 Druckluftspeicher adiabate 343 diabate 343 Druck-Wechsel-Adsorption 231 DVGW-Richtlinie 346 Effizienzsteigerung 416 Einsatzoptimierung 313 Einwellenmaschinen 148 Elektrolyse 344 Elektrolyt 242 Elektromotorische Kraft 245 Elementaranalyse 44 Elementarzusammensetzung 198 Emissionen 427 von Kohlenmonoxid 428 von SO2 430 von Stickoxiden 431 Emissionsgrenzwerte 20, 410 Emissionsminderung 427 Energiebilanz 23 Energiedichte 434 Energiespeicherung 340 Entgaser 277 Entnahme-Kondensationsturbine 185, 334

178, 180,

Stichwortverzeichnis Entschwadung 292 Entsorgungserlöse 367, 394 Entsorgungskosten 185 Erdgasnetz 9 Ericsonprozess 81 Erneuerbare Energien Gesetz 15 Eutektika 123 Evaporation Cooling 332 Exergie 31 Exergieanalyse 32, 92 Exergieanalysen 89 Exergiebilanz 31 Exergieverluste 31, 37, 90 Faradayscher Wirkungsgrad 260

467 direkt gefeuerte 189 indirekt gefeuerte 190 Gasturbinenprozess 134 Gegendruckdampfturbine 329 Gegendruck-Dampfturbinen 185 Gegendruckturbine 178, 334 Genehmigungsbehörde 410 Genehmigungsrisiko 409 geordneten Jahresdauerlinie 383 geschlossener Gasturbinenprozesse 151 Gestufte Reformierung 219 gestufte Verbrennung 282, 431 Gewebefilter 225 Gibb’sche Enthalpie 61, 244

Faulschlamm 202

Gibb'sche Enthalpie 31

Fermentation anaerobe 199

Gleichgewichtskonstante 63 Gleichgewichtsthermodynamik 39

Fermenter 195 Bauarten 203 Boxen- 203 liegende 203 Propfenstrom- 203

Gleichgewichtszusammensetzung 70

Fernwärmenetze 101

Grädigkeit 112, 114, 159

Festbettvergaser 212

Großwasserraumkessel 100, 104

Festdruckregelung 319

GuD-Kraftwerke 134, 158

Feuerungswärmeleistung 24

Güssing 228

FICFB-Vergaser 218, 225

h,s-Diagramm 138

Fischer-Tropsch-Synthese 237

HAT-Prozess 299

Fixkosten 361

Heatpipe-Reformer 220, 302

Flash-Pyrolyse 195

Heißgasreinigung 223, 226, 228

Flugstromvergasung 215

Heizkondensator 185

fluktuierende Einspeisung 307

Heizwert 44, 52 gasförmiger Brennstoffe 51 naturbelassener Biomasse 54 von Festbrennstoffen 52

Fogging 331 freie Enthalpie 31, 244 Frequenzeinbruch 310

Gleichzeitigkeitsfaktor 375 Gleitdruckregelung 319 Gouy-Stodola-Gleichung 33

Frequenzhaltung 311

Heizwerte biogener Brenngase 210

Frequenzkennlinie 310

Heizwertspannung 242

Frequenzstützung 425

Hochtemperatur-Brennstoffzelle 173, 300

Ganzballenfeuerung 106

Hochtemperatur-Chlorkorrosion 128

Gasturbine

Holzvergaser 205, 223

468

Stichwortverzeichnis

HTW-Vergaser 219

Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung 386

Humid Air Turbine 299

Kraft-Wärme-Kopplung 161, 334, 361, 385, 390

Hybridsysteme 264 Hygienisierung 199 IGCC-Kraftwerke 183, 205, 226 Independent Power Producers 14 Indirekte Kühlung 332 innere Verluste 303 in-situ-Entschwefelung 132 Instandhaltungskosten 352, 360, 376, 381 interne Reformierung 239, 300 Investitionskosten 364, 370, 379, 394 Irreversibilitätsrate 33, 90 ISO-Bedingungen 87, 317 Jahresausnutzungsgrad 360 Jahreskosten 377, 394 Joule-Prozess 146, 267, 269 Kalifornische Energiekrise 308 Kaltgasreinigung 223, 227 Kaltgaswirkungsgrad 196 Kapitalgebundene Kosten 352 Kathode 242 Kennfelder 87, 322 Kennzahlen 407 Kerzenfilter 225 Kesselwirkungsgrad 118, 119, 121, 175, 277, 292, 360 Klärgas 198 Kleinfeuerungsanlagen 99 Kleingasturbinen 134 Knallgasreaktion 208 Kombinierte Kraftwerke 158, 423 Kondensator 136 Kondensatstop 329 Kondensatstopp 311 Konvektionsheizflächen 104 Konversionswirkungsgrad 202 Konzentrations-Überspannung 257 Kosten-Degressionsrate 380

Kreislaufrechnung 82 Kreisprozess idealer 27 realer 34 Kunststoff-Mantelrohre 100 Kurzfristplanung 315 Kyotoziele 16 Langfristplanung 315 langsame Pyrolyse 211 Lastabwurf 312 Lastmanagement 313 Lastprognosen 313 Laufwasserkraftwerke 342 Le Chatelier, Prinzip von 65 Leistungsbereich 17 Leitschaufelverstellung 322 Liberalisierung 5, 390 Lignin 199 Lithium-Ionen-Batterien 348 Luftbedarf 43, 45 Luftüberschuss 115, 177, 274 Luftvorwärmung 272, 288, 294, 305 Luftzahl 115, 209, 295 Massenanteil 43 Materialkosten 19 maximale Arbeit 31 MCFC-Brennstoffzelle 285 Membranprozesse 231 Methanausbeute 199 Methanierung 233 Methanol 396 Methanolsynthese 196 Microturbine 134, 182, 192, 297, 364, 389 Mikronetze 397 Milchsäuregärung 203 Mini-BHKW 192 Minutenreserve 312

Stichwortverzeichnis

469

mittleres Temperaturniveau der Wärmezufuhr 30

Pelletfeuerungen 99, 102

Mitverbrennung 368, 422

Pelletierung 350

Modellierung chemischer Reaktionen 39

PEM-Brennstoffzelle 281 Personalkosten 360, 375

Molten Carbonate Fuel Cell 238

Phosphoric Acid Fuel Cell 238

Momentan-Optimierung 315

Photovoltaik 426

Nahwärmenetze 101

Pinch-Point 112

Nahwärmeversorgung 100

planares Konzept 241

Naphthalin 224

Planungsfehler 396

Nassfermentation 203

Planungsrisiken 409

Naturumlaufkessel 104, 121

Polarisationseffekte 255

Nawaros 198

Polygeneration 229

Nernst’sche Spannung 243

Polymer Electrolyte Membrane Fuel Cell 238

Netzfrequenz 310

Post-Combustion-Sequestration 417

Netzverluste 101, 401

Pre-Combustion-Sequestration 417

Niedertemperatur-Heiznetze 276

Prenflo-Verfahren 216

Niedertemperaturvergasung 211

Primärenergiebedarf 133

Notstromaggregat 192

Primärenergieverbrauch 5

NOx –Emissionen 282

Primärregelung 311

NOx Minderung 287

Primerenergieverbrauches 97

Off-Design-Betrieb 316

Prozessanalyse 82

Off-Design-Verhalten 87

Pulsbrenner 220

Online-Lastmanagement 315

Pumpgrenze 324, 333

Online-Monitoring 383

Pumpspeicherkraftwerke 342

Optimierung von Kreisprozessen 89

Pyrolyse 56, 195, 197

ORC-Anlagen 18

Q,t – Diagramm 112

ORC-Prozess 174, 186, 279, 364 Organic-Rankine-Cycle 186 Overvoltage 255 Oxyfuel-Prozesse 417 parallele Berechnung Berechnung

Siehe

Parameteroptimierung 89 Parametrierung 87 Partielle Oxidation 68, 208, 262 Peak-Oil 10 Peak-Power 14 Peak-Shaving 334, 387 Pebble-Heater 190

Pelletieren 434

simultane

Q,t-Diagramm 93 des Carnot-Prozesses 94 des Dampfkraftprozesses 145, 267 des Gasturbinenprozesses 155 des GUD-Prozesses 160 eines Dampferzeugers 93 für die KWK 170 Querstromvergaser 213 Rapsmethylester 225, 226 Rauchgaskondensation 168, 290 Rauchgasrezirkulation 128, 287 Rauchgasverluste 110, 119, 271 Rauchrohrkessel 103

470

Stichwortverzeichnis

Reaktionsarbeit 246

Shale-Gas 8

Reaktionsenthalpie 58

Shift-Reaktion 61, 208, 417

Reaktionskinetik 39, 73

Silage 203

Reaktionslaufzahl 71

simultane Berechnung 82

Reaktionsquotienten 249

SOFC-Brennstoffzelle Siehe Solid Oxide Fuel Cell

Reaktions-Überspannung 257 Redox-Flow-Batterien 348 Reformierung 61, 68, 208, 262 allotherme 196, 208 autotherme 70, 262 trockene 70 regenerative Speisewasservorwärmung Siehe Speisewasservorwärmung regenerative Treibstoffe 196 Rekuperator-Gasturbinen 286 Reservekraftwerke 182 Resistance-Overvoltage 257 Restkoks 207 Restsauerstoffgehalt 121 Reststoffe 394, 423 Return-of-Invest 352, 355, 398 reversible Brennstoffzellenspannung 246 Röhrenkonzept 240 ROI Siehe Return-of-Invest Rostfeuerung 106 Rostfeuerungen 123 Runaway greenhouse warming 12 Sabatier-Reaktion 232 Sauerstoffbedarf 46 Sauerstoffvergasung 216 Säuretaupunkt 114, 293 Schadstoffemissionen 193 schnelle Pyrolyse 195 Schüttdichte 434 Schwachgas 221 Schwefelgehalt 223 SCR-Verfahren 433 Second Generation Fuels 230 Sekundärregelung 311 sequentieller Berechnung 82

Solid Oxide Fuel Cell 194, 238, 418 Spaltverluste 19 Spannungswirkungsgrad 255 Speicher Carbonat- 348 chemische- 344 Kavernen- 343 Latentwärme- 342 Wärme- 341 Speichertechnologien 340 Speisewasserbehälter 137 Speisewasserpumpe 137 Speisewasservorwärmung 293 Speisewasservorwärmung 137, 145, 267 spezifische Investitionskosten 18, 407 spezifischen Investitionskosten 353 spezifischer Brennstoffverbrauch 27 Spitzenlastkraftwerke 134, 182 Spotmarkt 387 Spreizung 100 Staubfeuerung 106, 109 Stickoxide 431 STIG-Prozess 298 Stirlingmotor 18, 188, 271, 280 Stirling-Motor 364 Stirlingprozess 173 Stöchiometrie 39 stöchiometrische Koeffizienten 39, 41 stöchiometrische Reaktion 40 Stodola 319 Stoffbilanz 41 Stoff-Wärme-Kopplung 229, 293 Stoffwerte 88 Strahlungsheizflächen 104

Stichwortverzeichnis

471

Strahlungsverluste 110

Twin-Turbinen 185

Stromanteil 161, 164, 172

Übergabestation 100

Strombörsen 388

Überschussstrom Speicherung von 347

Stromerzeugungsanteil 171 Stromerzeugungskosten 354 Stromkennzahl 161, 164 Strom-Spannungs-Kennlinie 258 Stromwirkungsgrad 259 Strukturoptimierung 89 Substitute Natural Gas 229, 232, 293 Sulfatierung 129 Summenformel 43 Synthesegas 196 synthetische Treibstoffe 396 synthetischen Treibstoffe 206

Überspannungen 255 UCTE-Netz 309 Unterschubfeuerungen 106 updraft gasifier 213 Vakuumentgaser 121, 278 Van’t Hoffsche Reaktionsisobare 66 variable Kosten 361 variable Stromkennzahl 187, 385 Värnamo 226 verbrauchsgebundene Kosten 352, 359, 380 Verbrauchsgebundene Kosten 365

Tafel-Diagramm 256

Verbrennung 42 stöchiometrische 46 unterstöchiometrische 208 von Biomasse 422

Tageseinsatzplanung 315

Verbrennungsrechnung 42, 44

Tauchheizflächen 280

Verbrennungstemperatur 157

Taupunkt 293

Verdichtereigenbedarf 157

technische Arbeit 27

Verdunstungskühlung 331

Teere 207, 223, 227

Vergärung 195, 198

Teergehalt 223

Vergaser Dual-Fluidized-Bed 219 Gegenstrom 212 Gleichstrom 213

Systemintegration 222, 293 TA Luft 114

Teillast 87, 316 Teillastverhalten 317 von Brennstoffzellen 327 von Dampfkraftwerken 318 von Feuerungen 328 von Gasturbinen 322 von Turbinen 317 von Verteilnetzen 328 Terra Preta 237 thermische Stickoxide 431 Thomsen-Joule-Effekt 81 TopCycle-Schaltung 300 Transfer-Überspannung 255 Treibhauseffekt 11 TREMP System 234 Trockenfermentation 203

Vergasung 55, 195 allotherme 59, 196, 275 autotherme 59, 196 gestufte 215 hydrothermale 237 Vergasungsreaktionen heterogene 60 homogene 60 Versicherungskosten 360 Versorgungssicherheit 306 Verteilungsverluste 111, 177 Verteilungswirkungsgrad 22, 111 Viking Gasifier 215 virtuelle Kraftwerke 182, 193, 328, 338

472 Vollbenutzungsstunden 374 vorbeugende Instandhaltung 383 Vorwärmschleife 277 Wamsler-Thermoprozessor 215 Wärmebedarf 372 Wärmebedarfsberechung 372 Wärmebelegung 408 Wärmeerzeugung 97 Wärmegestehungskosten 358 Wärmepreise 376 Wärmespeicher 385 Wasserdampfvergasung 68, 196 Wassergasreaktion 208 Wasserrohrkessel 104 Wasserstoff 229, 230, 427 Widerstands-Überspannung 257 Windgas 347 Windkraftanlagen 425

Stichwortverzeichnis bei der KWK 175 bei der Stoff-Wärme-Kopplung 234 des geschlossenen GT-Prozesses 152 des GuD-Prozesses 159 des Joule-Prozesses 148 des ORC-Prozesses 186 des Stirlingmotors 271 elektrischer 24, 178 exergetischer 35 isentroper 77 thermischer 24, 141 thermodynamischer 243 von Biogasanlagen 202 von Brennstoffzellen 242 Wirtschaftlichkeitsrechnung 352 Wirtschaftlichkeitsrechung dynamische 352 statische 352 Zellulose 199 Zementherstellung 432 Zusammensetzung biogener Brenngase 211

Winkler-Vergaser 205

Zusatzfeuerung 285

Wirbelschicht blasenbildende 108

Zustandsänderungen 73, 137 Zwangdurchlaufdampferzeuger 105

Wirbelschichtfeuerung 106, 108, 126 stationäre 108 zirkulierende 108

Zweiwellenmaschine 148

Wirbelschichtvergaser allotherme 217 autotherme 217, 226 Wirkungsgrad 17, 148, 409 bei der Elektrolyse 346

Zwischenerhitzung 269 Zwischenerwärmung 283 Zwischenkühlung 269, 289 Zwischenüberhitzung 138, 145, 268